ei ni 2 nn ln a nr nn nn tige hin Ai un a ni nn Ann ee > Wut men TEE nn en ee nn eh er Tan ne . ni Kunde Ries > ie LS PERS a MT nn £ Bu u ne u a a un nn en witne Di = - nn nn nen eh a nn men nn in nn nn A ee; ern. we nun nen a et nn > | \ - v via ge | .. en Dell Sad de ee EB Eee “rum u. |. mitm ns v E nn - ats De raten onesugne nennen ehe ee ne BEL SEE ER A De A Be ec ak a BET ck rn ne Me 5 eine Be pn ne han Re Ay ee .. U 5 - there Dee Peer N een then tn nn te eigene m An Mh sn ce nn ee ee re Ann Anne nn m nn ee nn ne ande m ne ta ne Rz ! | : | Ba | . ee any or . de > . .n" ...,n nnd a Ze 7 or Eu a A et we Sr . a nun. . yr ® .. £ . . be . r | i = en = erh ar ne 1eh hr Baht ie ne u. Zu '. ER, FAR . ur mi zum rare. * - .- nr Ve nn Di en en hehe En de a Te Te ee ne ’ een Ana Men ver e ee ne s . ._. em 5 DT rn u Le. 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December 1889. 1 Seite Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens, nebst Beiträgen zur Kenntnis der Anatomie der Philodiniden und der systematischen Stellung der Bäderthiere. Von L. H. Plate. (Mit Taf. L.). . : 2... ... A Die Hornzähne der Batrachierlarven. Von E. Gutzeit. (Mit Taf. ITu. IIL) 43 Das Genus Gastrodelphys. Von J. H. List. (Mit Taf. IV— VII u. 5 Holzschn.) 74 Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. VonK.Lippitsch. BEN Elenne A2Holzsehn:) 2 2... 0.002 20% nn BET Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. Von O.See- Bere N Bal, IX u. Xu. 6 Holzschn.) . ... . „24. .2.2.2.2000%74168 Zweites Heft. Ausgegeben den 31. December 1889. Die Gastrotrichen. Eine monographische Darstellung ihrer Anatomie, Biologie und Systematik. Von C. Zelinka. (Mit Taf. XI—XV und 40 Holz- En a en a ea 0 Drittes Heft. Ausgegeben den 14. Februar 1890. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. erehrerer (Mit Tal. XVI U XVII. wer er 88 Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. Von C. Ischikawa. (Mit Taf. XVIH—XX u. 4 Holzschnitten). . . . 433 Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. Von Th. Beer, (Mi Tal RR RK). ee Frl Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der In- sekten. I. Das Ei von Pieris brassicae L., nebst Bemerkungen über Samen und Samenbildung. Von H. Henking. (Mit Taf. XXIV—XXV1l.) 503 IV Viertes Heft. Ausgegeben den 6. Mai 1890. Seite Über Tracheenendigungen in den Sericterien der Raupen. Von C. v. aNistinchausen.. (Mit-Tat: RRXYIE) Ss re 12100) Über die Befruchtung bei den Urodelen. VonE. Zeller. (Mit 3 Holzschn.) 583 Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. Von W. v. Nathusius. (Mit. ‚Taf. AXVIIL):-).2 02-0 010 ,=W. 0087.22. 2 ee Pe Zur Kenntnis einiger Infusorien. Von R. v. Erlanger. (Mit Tafel XXIX.) 649 Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Erster Beitrag. Das Kleinhirn. Von A. Kölliker. (Mit Taf. XXX—XXXIl.).... ..663 Das Auge der Raupen und Phryganidenlarven. Von O. Pankrath. (Mit Tat. XXXIV u. XXXV.). 0.00.0000. wen ne 8 — Te DB — — ——— —— Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens, nebst Bei- trägen zur Kenntnis der Anatomie der Philodiniden und der systematischen Stellung der Räderthiere. Von Dr. Ludwig H. Plate, Privatdocent der Zoologie und Assistent am zool. Institut in Marburg i/H. Mit Tafel I. I. Herr Dr. ©. Norpauist in Helsingfors hat mich ersucht, die Bestim- mung einiger Rotatorien zu übernehmen, die er im Sommer 1887 an sechs verschiedenen Pnnkten der Oberfläche des bottnischen Meerbusens gefangen hat. Ich bin diesem Wunsche um so bereitwilliger nachge- kommen, als die Kenntnis der marinen Rotatorien gegenwärtig noch sehr im Argen liegt, obwohl die mir vorliegenden Proben beweisen, dass diese Thiere stellenweise einen sehr beträchtlichen Procentsatz der pelagischen Fauna ausmachen und in großen Scharen die oberfläch- lichen Schichten des Meeres bevölkern können. Leider war die Konser- virung der mir übersandten Räderthiere eine wenig befriedigende, weil es eben bis jetzt kein Mittel giebt, um größere Mengen derselben in ausgetrecktem Zustande abzutödten. Vielleicht ist das neuerdings von Weser ! vorgeschlagene Cocain (1:50 Aq.) berufen, diesem Übel- stande theilweise abzuhelfen, wenigstens fand ich eben so wie der genannte Forscher, dass gewisse Philodiniden, welche doch sonst bei der geringsten Störung sich stark zusammenziehen, sich leicht für kürzere Zeit zur völligen oder nahezu völligen Ausstreckung bringen lassen, wenn man einige Tropfen jener Lösung unter das Deckglas lei- tet. Die Thiere werden gleichzeitig vollständig starr und unbeweglich, und das Spiel der Wimpern des Räderapparates hört auf. In diesem 1 E. WEBER, Notes sur quelques Rotateurs des environs de Gen®ve. Arch. de Biologie. VIII. 4888. p. 31 des Sep. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. A I Ludwig H. Plate, Zustande kann man sie auch durch Überosmiumsäure oder andere Mittel abtödten, ohne eine Kontraktion im Momente des Absterbens be- fürchten zu müssen. Im Folgenden gebe ich zunächst eine Übersicht über die von Herrn Dr. Norvauisr erbeuteten Rotatorien. Es fanden sich bei: 1) Rimskör (60° % Lat. 21° 39’ Long. östlich v. Gr.): Synchaeta monopus n. sp. Synchaeta apus n. sp. Beide in größerer Anzahl. 2) Kökors (590 52’ Lat. 20° 52’ Long.) Synchaeta apus in großen Mengen. 3) Kristinestad (62% 16 Lat. 210 24’ Long.): Synchaeta monopus und apus Anuraea.cochlearis Gosse und aculeata Ehr.; alle vier in gro- Ber Zahl, | er Anuraea tecta Gosse in wenigen Exemplaren. 4) Töjby (62° 38’ Lat. 21% 8’ Long.): dieselben Formen wie am vorhergehenden Orte. 5) Ojankylä (65° 3’ Lat. 24° 49’ Long.): - Anuraea cochlearis Gosse und aculeata Ehr. sämmtlich in Triarthra longiseta Ehr. großer Polyarthra platyptera Ehr. Individuenzahl. Euchlanis luna Ehr. Asplanchna syringoides n. sp. / etwas weniger häufig. Monostyla lunaris Ehr. Asplanchna Girodi de Guer.; 1 Exemplar. 6) Kallopukki (65° 8’ Lat. 25° 14’ Long.): Anuraea aculeata Ehr. und cochlearis Gosse Polyarthra platyptera Ehr. Triarthra longiseta Ehr. Synchaeta apus und monopus Euchlanis luna Zwischen den Individuen von An. aculeata fanden sich viele Exem- plare einer besonderen Varietät mit langen, stark nach außen gebogenen Hinterhörnern. Es sind demnach folgende elf Rotatorienarten, darunter drei neue, aus dem bottnischen Meerbusen von Herrn Dr. Norpguisrt erbeutet worden: Anuraea aculeata, cochlearis, tecta Polyarthra platyptera Triarthra longiseta Euchlanis luna Monostyla lunaris zahlreich ver- treten. weniger zahlreich. Über die Rotatorienfauna des botinischen Meerbusens etc. 3 Asplanchna Girodi, syringoides Synchaeta monopus, apus. Außerdem sind mir von den Fundorten 5 und 6 noch zwei Arten zu Gesicht gekommen, deren Bestimmung nicht sicher gelang. Die eine schien eine Notommata, die andere eine Synchaeta zu sein. Ich wende mich jetzt zur Beschreibung der drei neuen Arten, die freilich aus den Eingangs erwähnten Ursachen nur eine sehr ungenü- gende ist. Synchaeta monopus und 8. apus n. Sp. stellen in dem mir vorliegenden Zustande (Alkoholmaterial) blasige, dünnwandige Gebilde von rundlicher Gestalt dar. Diese wird dadurch bewirkt, dass das hintere Körperende im Gegensatze zu allen anderen bekannten Synchaeten nicht zugespitzt, sondern breit abgerundet ist, während das Vorderende wohl nur in Folge des bei allen Individuen eingestülpten Räderapparates abgerundet erscheint, am lebenden Thiere dagegen ohne Zweifel die bekannte breite Stirnfläche der Gattung erkennen lassen wird. Bei S. monopus trägt der Pol jener Hinterfläche einen kleinen spitzkegelförmigen Anhang, welcher den rudimentären Fuß darstellt. Derselbe läuft zum Unterschiede von den bisher bekann- ten Synchaeten in eine unpaare Zehe aus, wodurch die Wahl des Spe- ciesnamens verständlich wird. Von S. apus ist auch dieses Rudiment eines Fußes verschwunden. Außerdem unterscheiden sich beide Arten beträchtlich in der Größe. S. apus ist ungefähr doppelt so groß als die zweite Art, nämlich im Durchschnitt 254,70 u lang, während auf S. mo- nopus nur 130,18 u kommen; die Breite beträgt bei ersterer 141,50 u, bei letzterer 101,88 u. — Da mir die Beschaffenheit des Räderappara- tes völlig unbekannt geblieben ist, so gründet sich die Einreihung die- ser zwei Formen in die Gattung Synchaeta vornehmlich auf den Bau des Gebisses und des Schlundkopfes. Der letztere entspricht völlig dem der Süßwasser-Synchaeten. Drei starke chitinöse (?) Balken stoßen am Hinterende des Schlundkopfes im spitzen Winkel zusammen. Zwei von ihnen sind relativ klein, dick und enden vorn breit abgerun- det; sie stützen die dorsale Wand des Pharynx. Der dritte Balken liegt in der Mediane der Ventralfläche und besteht aus zwei, dicht an einander liegenden schmalen Stäben, die ungefähr doppelt so lang sind als jeder der dorsalen Balken. Von dem Vorderende des ventralen Stützgebildes strahlen jederseits zwei parallele Leisten schräg nach vorn aus; sie liegen in der Wandung des Schlundkopfes und ziehen ungefähr bis zum Munde. DieMundöffnung wird jederseits von sechs schmalen spitz- kegelförmigen Chitinzähnen umstellt, welche an ihrer Basis direkt in 4* 4 Ludwig H. Plate, die Wandung des großen, blasigen, hinten zugespitzten Schlundkopfes übergehen. Auch der Ösophagus und der Magen unterscheiden sich nicht von den entsprechenden Organen der gewöhnlichen Syn- chaeten. Die Magendrüsen sind groß, am freien Ende zugespitzt und setzen sich hier bei $. monopus in einen starken, bindegewebigen Faden fort. Die Kloaken- (After-) Öffnung liegt bei S. apus genau am hinteren Körperpole, bei S. monopus an der Basis des kleinen Fußes. — Die kontraktile Blase ist sehr geräumig, die Exkretionskanäle müssen dagegen sehr klein sein (wie ich dies früher! auch von S. pecti- nata Ehr. geschildert habe), weil ich nie eine Spur derselben habe wahrnehmen können. — Der Dotterstock stellt einen ziemlich gro- Ben, breit ovalen oder rundlichen ‚Sack dar von typischem Bau. An der linken Ecke des Vorderrandes erkennt man bei Betrachtung der Ven- tralseite einen Haufen kleiner Kerne, den Keimstock. — Vom Ner- vensystem ließ sich nur die Gehirnmasse und jederseits etwas nach vorn von der Kloakenöflnung eine scharf umschriebene, kreisförmige Öffnung erkennen, die Austrittsstelle des lateralen Tasters, der bei allen Synchaeten sehr weit nach hinten liegt. Ein Augenfleck war sehr wahr- scheinlich ursprünglich vorhanden, ist dann aber durch den Alkohol seines Pigmentes beraubt und dadurch der Beobachtung entzogen wor- den. — Ob in dem Fußrudiment von S. monopus auch eine Kleb- drüse liegt, habe ich nicht mit Sicherheit ermitteln können; sie schien mir zu fehlen. — S. apus trägt im erwachsenen Zustande sehr gewöhn- lich ein Ei hinten angeklebt mit sich herum, bei der anderen Art habe ich nichts dergleichen bemerkt. Asplanchna syringoides n. sp. Diese neue Art hat, wie der ihr gegebene Speciesname anzeigt, große Ähnlichkeit mit Notommata syrinx Ehr., einer Form, die in Zu- kunft wohl besser in die Gattung Notops Hudson eingereiht wird. J.DE GuErNE? rechnet Not. syrinx zu den Asplanchnen, obwohl EuRENBERG besonders hervorhebt, dass der Fuß, obwohl »lange ganz umsonst ge- sucht, sich doch vorfand« und auch eine Afteröffnung in der Erklärung der Abbildungen erwähnt. Die hier zu beschreibende Form ist eine echte Asplanchna ohne Enddarm und ohne Fuß. Die Gestalt ist sack- förmig mit quer abgestutzter breiter Stirnfläche, welche von dem ein- fachen, dorsal und ventral in der Mitte unterbrochenen Cilienkranz 1 L. PATE, Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jenaische Zeitschr. für Naturw. Bd. XIX. 1885. p. 45 des Sep.-Abdr. ? J. De Guerne, Monographic Note on the Rotifera of the Family Asplanchnidae. Ann. and Mag. Nat. Hist. 1888. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 5 umsäumt wird. Die Länge eines ausgewachsenen Thieres beträgt unge- fähr 452,80 u. Das Gebiss besteht wie bei Notops syrinx aus zwei leicht gebogenen Kiefern, welche vorn in zwei parallele, etwas verschieden lange Zähne auslaufen. Hinten vereinigen sich beide Kiefer und bilden noch einen gemeinschaftlichen, nach hinten gerichteten Fortsatz, der den starken Kaumuskeln zur Anheftung dient. Eben so wie bei Asplanchna Girodi (Fig. 1) setzt sich jeder Kiefer aus zwei Stücken zu- sammen, einem kurzen basalen Theile und einem längeren eigentlichen Kiefer, welcher im stumpfen Winkel mit ersterem zusammenstößt. Es kann leicht scheinen, als ob das vordere Drittel des eigentlichen Kie- fers ein für sich gesondertes Chitinstück darstellte, weil hier ein etwas schräg gerichteter Querstrich über den Kiefer läuft. Eine nähere Be- trachtung zeigt jedoch, dass dies nur ein von außen dem Kiefer sich anlegendes Chitinstäbchen ist, das auch eine kurze Strecke über den Rand hervorragt. Von den übrigen Organen zeigen der Ösophagus, der Magen und die Geschlechtsorgane ganz dieselben Ver- hältnisse, wie ich sie früher! von Asplanchnopus multiceps Schrank (=Asplanchna myrmeleo Ehr.) geschildert habe. Der Dotterstock bil- det ein großes, hufeisenförmiges Band, in dessen Schenkeln die zahl- reichen Dotterkerne zu zwei unregelmäßigen Längsreihen angeordnet sind, während sie in dem Verbindungsstück sich zu einer Reihe grup- piren. Der Mitte des letzteren liegt ein flacher scheibenförmiger Keim- stock auf, der dem Dotterstocke so eng angeschmiegt oder vielmehr ein- gesenkt ist, dass er die Außenlinie desselben nicht hervorwölbt. Jeder Exkretionskanal bildet kurz vor der großen kontraktilen Blase eine längliche Drüsenpartie und theilt sich dann in zwei Äste, die im Kopfe wieder zur Vereinigung gelangen. Die Zahl und Anordnung der Wim- perläppchen habe ich im Einzelnen nicht ermitteln können, doch ist es sicher, dass dieselben überall vertheilt sind, während sie bei Notops syrinx der Enrengerg’schen Abbildung zufolge sämmtlich in kleinen Zwischenräumen an einem Hauptgefäß neben einander sitzen. Hier mögen noch einige Bemerkungen über zwei andere Asplan- chnen eingeschaltet werden, welche sich in dem von Herrn Dr. Norp- Quıst gesammelten Material vorfanden. Von der Aspl. Girodi de Guerne ist mir nur ein, aber sehr gut erhaltenes Exemplar zu Gesicht gekommen. Die Abbildung, welche ihr Entdecker kürzlich? von dem Gebiss gegeben hat, lässt nicht genau erkennen, wie dieKaumuskulatur in zwei starken Strängen (Fig. I) von dem hinteren gemeinschaftlichen Fort- satz der Kiefer jederseits schräg nach vorn und außen zu dem basalen 1 ].c.p. 73 des Sep.-Abdr. 2 1. &.p.: 3. 6 Ludwig H. Plate, Abschnitte derselben zieht. Auch bei dieser Art zerfällt nämlich jeder Kiefer in zwei Stücke, wie es eben von Aspl. syringoides geschildert wurde; dieselben stoßen bei c zusammen. Bei a treffen wir den oben erwähnten kleinen Chitinstab, welcher sich von außen dem Kiefer an- lest und zur Befestigung schwächerer Muskeln dient. Ein ähnliches kleines Gebilde (b) ist nur mit seiner äußersten Spitze mit dem Kiefer verbunden. Dotterstock und Keimstock verhalten sich bei Aspl. Girodi wie bei der vorigen Art. — Von der Aspl. helvetica Imh. habe ich eine größere Zahl von Exemplaren aus dem Kivarijarvi-See (nördliches Finnland) untersuchen können. Der von Innor gegebenen Beschreibung sei hinzugefügt, dass die Zahl der Dotterkerne zwar meistens acht beträgt, wie dies durch Tessın! auch für viele andere Formen nachgewiesen ist, doch auch nicht selten auf neun steigt. Dem kleinen rundlichen Dotter- stock liegt ein winziger Keimstock mit ca. 42—18 Kernen an. Die Rotatorien der Ostsee und der angrenzenden Binnenmeere sind schon mehrfach untersucht worden. Die älteren diesbezüglichen Untersuchungen von v. EıcuwALD sind mir leider nicht zugänglich ge- wesen. EHRENBERG kennt Euchlanis luna aus dem Hafen von Wismar und Synchaeta baltica aus der Nord- und Ostsee. Mösıus? erwähnt Brachionus plicatilis O. F. Müll. und Synchaeta baltica Ehr., endlich hat neuerdings O. Imnor? aus dem Lübecker und Stockholmer Hafen, aus dem finnischen Meerbusen und der Newa eine Anzahl pelagischer Rota- torien erwähnt, darunter folgende Arten, die sich in dem mir vorlie- genden Material nicht fanden: Synchaeta baltica Ehr., Synch. peetinata Ehr., Anuraea longispina Kell., Conochilus volvox Ehr. Es sind daher zur Zeit 16 Rotatorien aus der Ostsee bekannt, darunter nur zwei, näm- lich Brachionus plicatilis und Synchaeta baltica, die nicht auch im Süß- wasser heimisch sind; es ist daher sicher, dass die Rotatorienfauna des süßen und des salzigen Wassers nicht in nennenswerther Weise diffe- riren. — Als weiterer Beleg für die kosmopolitische Verbreitung der Gattung Asplanchna sei hier noch erwähnt, dass die Aspl. Girodi de Guerne, abgesehen von der oben gemachten Angabe, bis jetzt nur in Frankreich und zwar bei Vichy (Allier) gefunden wurde und zwar in einer Höhe von 880 m. Sie scheint daher wie Aspl. helvetica über ganz Europa verbreitet zu sein. ! G. Tessın, Über Eibildung und Entwicklung der Rotatorien. Diese Zeitschr. XLIV. 1886. p. 276. 2 Jahresber. d. Kommission zur Untersuchung der deutschen Meere. IV. 1884, Nachtrag zum Verzeichnis der Wirbellosen Thiere der Ostsee. 3 Zool. Anzeiger. IX. 1886. Nr. 235. p. 612. Über die Rotatorienfauna des böttnischen Meerbusens etc. T HD. Zur Kenntnis des Rotifer vulgaris Ehr. - Ich benutze diese Gelegenheit, um einige neue Beobachtungen über Rotifer vulgaris zu veröffentlichen; denn obwohl dieses Thier zu den gemeinsten Formen unserer Süßwasserfauna gehört und seit LEEUwEN- HOER’S Zeiten — wie EHRENBERG Sich ausdrückt — »mit viel Kraftaufwand und Interesse von Naturforschern, Philosophen und Liebhabern be- trachtet worden ist«, giebt es dennoch einige Organisationsverhältnisse, welche theils gar nicht, theils in sehr verschiedener Weise geschildert worden sind. Hierher sind in erster Linie zu rechnen der Bau der Kloake und kontraktilen Blase, die Frage, wie die in der Körperhöhle erwachsener Thiere fast immer anzutreffenden Embryonen diese ver- lassen und endlich das periphere Nervensystem. Eurengerg giebt an, dass er die kontraktile Blase beobachtet hat, erwähnt jedoch nichts über ihre Lage und ihr Verhältnis zum Endab- sehnitt des Darmes. Die späteren Untersucher haben sämmtlich die für die große Mehrzahl der übrigen Räderthiere geltenden Verhältnisse auch auf die Philodiniden übertragen und lassen demgemäß die kontrak- tile Blase die beiden Exkretionskanäle aufnehmen und selbst in die Kloake ausmünden. In diesem Sinne haben sich noch in neuester Zeit Ecxsteini, ZaeuArtas?2, Hupson und Gosse ?, WEBER? und ZELINKA> ausge- sprochen. Dem gegenüber habe ich schon in meiner ersten Rotatorien- Arbeit® behauptet: »Der Enddarm der Philodiniden setzt sich direkt in die Kloake fort, welche bei allen untersuchten Thieren — dieselben gehörten zu den Gattungen Rotifer, Philodina und Actinurus — kurz vor der Ausmündung die Wassergefäße aufnimmt und daselbst eine kontraktile Wandung besitzt Im Gegensatz zu den irrigen Angaben von EcksTEin, ZacHarıas und Anderen ist daher die kontraktile Blase nicht ein besonderer Anhang der Kloake, sondern, wie bei Conochilus, ein Theil derselben.« Später konnte ich diese Angaben für Callidina parasitica Gigl. bestätigen’. Da sich mittlerweile die Zahl meiner Gegner in dieser Sache beträchtlich vermehrt hat, so habe ich neuerdings die Kloakenregion des Rotifer vulgaris auf das Eingehendste an zahlreichen Individuen studirt und zwar immer wieder mit demselben, schon 1 Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. 1883, p. 356. 2 ]Jbid. Bd. XLI. 1885. p. 232. ‚3 Hupson and Gosse, The Rotifera or Wheel-animalcules. London 4886. p. 98 u. 402, #.1..C, D: 28 und 33 des Sep.-Abdr. 5 Diese Zeitschr. Bd. XLIV. p. 123 des Sep.-Abdr. 61. c.p. 45 des Sep.-Abar. ? Diese Zeitschr, Bd. XLIH. p. 230. 8 Ludwig H, Plate, früher erzielten Resultate. Zugleich bin ich dabei zur Beobachtung einiger neuer Verhältnisse geführt worden. Die auf den Enddarm fol- gende und dorsal ausmündende Kloake zerfällt in zwei Abschnitte (Fig. 2), denen ungefähr dieselbe Wanddicke und kein Flimmerepithel zukommt. Nur der vordere Abschnitt ist kontraktil und führt regelmäßige Pul- sationen aus, der hintere, nur circa halb so lange, verändert sein Vo- lumen dagegen nicht. Die äußere Öffnung der Kloake liegt bei einem völlig ausgestreckten Thiere gerade vor einer der scharf markirten, in der Cuticula befindlichen Querleisten, welche die einzelnen Schein- segmente begrenzen, also am hinteren Ende des betreffenden Haut- ringes. Betrachtet man das Thier von der Dorsalseite, so fallen jederseits zwei Paar von Muskeln auf, welche von jener Querleiste zur Kloakeziehen. Das eine Paar (a) heftet sich mit breit kegelförmiger Basis an den unteren Abschnitt der Kloake, das zweite (b) dient der kontraktilen Blase zur Befestigung. Außerdem bemerkt man noch ein drittes Muskelpaar, welches von jener Segmentgrenze 'ausgeht und seitlich von der Blase nach vorn läuft. Seine vordere Endigungsweise habe ich nicht näher untersucht. Dass die kontraktile Blase in der That in der schon früher ge- schilderten Weise nur einen besonderen Abschnitt der Kloake darstellt, davon kann man sich leicht bei sorgfältiger Untersuchung überzeugen. Nicht nur bemerkt man nie, möge das Thier bald in dieser bald in jener Stellung sich dem Beobachter darbieten, dass der pulsirende Theil seit- lich der Kloake ansitzt, sondern es lassen sich auch noch einige andere Thatsachen feststellen, die nur mit der geschilderten Darstellung ver- einbar sind. So kann man sehr häufig konstatiren, dass bei jeder Kon- traktion der Blase das hinterste Ende des Rectums (r) etwas nach hinten gezogen wird, um sich bei der Diastole wieder in gleichem Maße nach vorn zu verschieben. Ferner habe ich einige Male die Entleerung der Faeces unter dem Mikroskop verfolgt und gesehen, wie diese durch den kontraktilen Kloakenabschnitt hindurchtreten. Endlich folgt bei einigen Individuen jeder Systole der Blase eine unmittelbare, plötzliche, ge- ringe Erweiterung des hintersten Kloakenabschnittes, zum Beweise, dass beide direkt in einander übergehen. Die Einmündung der beiden seitlichen Wassergefäße in die Blase erfolgt am vorderen und ventralen Rande in einer bei anderen Räder- thieren noch nicht beobachteten Weise. Beide Kanäle vereinigen sich nämlich zur Bildung eines drüsigen Körpers (dr), welcher denselben Bau aufweist, wie die Erweiterung, welche jedes Wassergefäß in der Kopfregion bildet, d. h. eine fein- und dichtkörnige Protoplasmamasse wird von einem hin und her geschlängelten wandungslosen Lumen Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 9 durchzogen (Fig. 3). Direkt vor dem Eintritt in diesen Drüsenkörper schwillt jedes Gefäß in der Regel birnförmig an. Sein Lumen tritt dann in denselben ein, verschmilzt sofort mit dem Kanal der anderen Seite zur Bildung eines $-formig gebogenen Gefäßes und mündet durch einen kleinen runden Porus in den pulsirenden Kloakenabschnitt. In der Mitte des Vorderrandes ist der Drüsenkörper zipfelförmig ausgezogen und hängt hier an einem langen, in den Fuß hereintretenden Binde- gewebsstrang. Daher wird bei völlig ausgestrecktem Körper (Fig. 2) dieser Zipfel häufig etwas nach hinten zurückgezogen. — Eine Ver- schmelzung der hinteren Enden der Wassergefäße zu einem gemein- samen, aber nicht kontraktilen Abschnitte, ist bis jetzt nur von Apsilus lentiformis Metschn. bekannt. Dieselben bilden jedoch hier keinen Drüsenkörper, sondern nur ein kurzes Rohr, das gleich darauf zu einer pulsirenden Blase ansch willt. — Es ist wohl möglich, dass diese gemein- same Strecke der Exkretionskanäle bei Rotifer schon von früheren Untersuchern gesehen, aber als eine in der Systole befindliche Blase gedeutet worden ist; es würde sich so leicht der Unterschied zwischen meiner Darstellung und derjenigen anderer Forscher erklären. — Es liegt mir natürlich ganz fern, die für Rotifer vulgaris geschilderten Or- ganisationsverhältnisse, die im Wesentlichen auch für die Gattung Phi- lodina Geltung haben, nun auch auf alle übrigen Philodiniden auszu- dehnen. Die weiter unten zu besprechende Callidina magna n. sp. stimmt mit Rotifer in dem Bau des Exkretionsorgans so ziemlich über- . ein, und meiner persönlichen Überzeugung nach wird sich die Mehrzahl der Philodiniden eben so verhalten, da diese überhaupt hinsichtlich ihrer Organisation eine sehr einheitliche Gruppe darstellen. Dieser Umstand schließt aber nicht aus, dass bei diesem oder jenem Genus sich die für die große Mehrzahl der übrigen Rotatorien gültige Sonderung in eine kontraktile Blase und eine Kloake vollzogen hat. Zerinka be- hauptet Letzteres z. B. für die sehr sorgfältig von ihm untersuchte Gal- lidina symbiotica. Discopus synaptae Zel. scheint hinsichtlich der Einmündung der Exkretionsgefäße mit Rotifer übereinzustimmen, da dieselben »unter dem hinteren Theile des Blasendarmes hervorkom- menc«!. Bei dieser Art ist jedoch die Kloake noch nicht theilweise mit kontraktiler Wandung versehen und würde demgemäß eventuell noch einen primitiveren Charakter bekunden, als Rotifer. Der Bau der Geschlechtsorgane bildet ohne Zweifel den- jenigen Theil aus der Anatomie der Philodiniden, welcher noch am meisten der Aufklärung bedarf. Den Keimstock (Fig. 2%) hat zuerst I ZELINKA, l. c. p. 208. 10 u 0 Ludwig H, Plate, Tessın gesehen und ZerınkA sodann auch für die von ihm untersuchten Formen kennen gelehrt. Die Zahl der ihn zusammensetzenden kleinen Kerne ist keine große. Ich zählte bei verschiedenen Individuen zwischen 8—15, Tessıy nur 6—8; mit zunehmendem Alter wird sie demnach währscheinlich immer geringer. Die Zahl der Kerne der Dotterstöcke ist bei Thieren, die sich im Übrigen so gleichen, dass ich sie alle für Rotifer vulgaris Ehr. halten muss, wechselnd und beträgt bald vier, bald acht für jeden Dotterstock. ZeLınka erwähnt die Zahl der bei Callidina symbiotica beobachteten Dotterkerne nicht ausdrücklich, zeichnet aber auf Taf. XXIX, Fig. 42 in dem einen Dotterstock sieben Kerne, in dem anderen, welcher noch nicht ganz ausgebildet ist, sogar 13. Bei der weiter unten geschilderten Callidina magna n. sp. steigt die Zahl noch höher, während sie bei Discopus Synaptae sich konstant auf vier beschränkt. Wie man sieht, kann man bei den Philodiniden nicht von einer typischen Achtzahl der Dotterkerne reden, wie diese den Ductiferen zuzukommen scheint, sondern sowohl innerhalb nahe verwandter Arten als auch zwischen Individuen einer Species ist die Menge der Dotterstock-Nuclei variabel. Worauf diese Thatsache zurückzuführen ist, müssen weitere ‚Untersuchungen lehren; jedenfalls ist es sicher, dass bei Rotifer nicht ursprünglich vier Kerne vorhanden sind, aus denen durch einmalige Theilung nach Erreichung eines gewissen Alters acht hervorgehen, denn wenn das Mutterthier acht Dotterkerne aufwies, so wär die gleiche Zahl auch schon im Dotterstock halbreifer Embryonen zu erkennen: — Be- sonders habe ich mich bemüht, folgende drei Fragen für Rotifer vulgaris zu beantworten: 1) ist das vom Hinterende jeden Geschlechtsorgans ausgehende zarte Band als ein einfacher bindegewebiger Strang oder als ein rudimentärer Oviduct anzusehen? 2) fallen die Eier in der That, wie es den Anschein hat, in die Leibeshöhle oder existirt nicht vielmehr ein sehr zartwandiger Uterus? 3) auf welche Weise erfelet der Austritt der Embryonen aus dem mütterlichen Körper? Hinsichtlich des zuerst aufgestellten Problems scheint es: mir für Rotifer vulgaris ganz unzweifelhaft zu sein, dass der vom Hinterende der Geschlechtsdrüse ausgehende Faden ein bindegewebiger oder, wenn man will, muskulöser Strang ist, dagegen kein rudimentärer Eileiter.” Hierfür spricht einmal seine Struktur, und dann seine hintere Befestigung am Enddarm. Er stellt einen völlig soliden Strang dar, dessen homo- genes Plasma nicht selten von mehr oder weniger zahlreichen Körnchen erfüllt wird. Kerne konnte ich in ihm nicht entdecken, obwohl sie sicherlich vorhanden sein werden. Da der Strang außerordentlich kontraktil ist, so kommen die Körnchen nicht selten in zusammenge- zogenem Zustande dicht hinter einander zu liegen und können dann Über die Rotatorienfanna des bottnischen Meerbusens etc. 11 leicht den Eindruck eines zarten quergestreiften Muskels machen. — Der Strang selbst ist schon öfters gesehen worden (Hupsox und Gosse, ZacHA- RIAS, WEBER, ZELINKA), Seine hintere Befestigungsweise hingegen harrt noch der Aufklärung. ZacHArtas geht der Schwierigkeit aus dem Wege, indem er die selbstverständliche Bemerkung macht, dass der Faden »in der Nähe der kontraktilen Blase« befestigt sei. WEBER, der in der Darstel- lung der Geschlechtsorgane in seiner ganzen Arbeit einen Standpunkt vertritt, als ob die Forschung auf diesem Gebiete seit dem Jahre 1884 stille gestanden hätte, hebt das Problem bei Besprechung von Rotifer elongatus hervor, ohne es seiner Lösung näher zu führen, obwohl er einige Seiten vorher ganz bestimmt angiebt: »von jedem Ovar geht ein Oviduct aus; aber man kann denselben nicht bis zu seiner Einmündung in die Kloake verfolgen«. Auch Zerinka gelang es nicht, bei den von ihm untersuchten Philodiniden die Endigungsweise der betreffenden Fäden zu beobachten. Ich selbst habe für Gallidina parasitica! ange- geben, dass jeder Strang an der Matrix der äußeren Haut zu enden scheine, und dass ich ihn bei verschiedenen Rotifer- und Philodina- Species vergeblich gesucht hätte. Ich zog daraus den Schluss, dass der Faden keineswegs konstant vorhanden sei. Diese letztere Angabe möchte ich hiermit zurücknehmen, denn ein derartiger Misserfolg ist wohl eher darauf zurückzuführen, dass der betreffende Strang durch andere Organe verdeckt wird, als darauf, dass er fehlt. Ich glaube jetzt sicher ermittelt zu haben, dass der hintere Aufhängefaden der Geschlechtsdrüse bei Rotifer vulgaris an den Seiten des Enddarmes, ungefähr am Ende des vorderen Drittels, be- festigt ist. Könnte man ihn bis zur Kloakenwand verfolgen, so ließe er sich als ein rückgebildeter Eileiter deuten; die geschilderte Endi- gungsweise im Verein mit seiner soliden Struktur machen eine solche Anschauung unmöglich und weisen auf seine bindegewebige Natur hin. Über die zweite der oben aufgeworfenen Fragen sind nur zwei ver- schiedene Auffassungsweisen möglich, und beide finden wir in der Litteratur zu wiederholten Malen vertreten. EHrEnBERG lässt die zu jeder Jahreszeit im Inneren ausgewachsener Thiere anzutreffenden Eier oder Embryonen »von der dehnbaren Haut des Eierstockes, dem Uterus,« um- schlossen sein, ohne freilich auf die Schilderung dieses Brutsackes näher einzugehen. Das Gleiche gilt von Ecxsreın, welcher von Philodina aculeata Ehr. behauptet, »die embryonale Entwicklung findet, wie bei allen Philodiniden, im Uterus statt«. Hupson und Goss£? betonen, dass das Vorhandensein eines besonderen Uterus noch nicht erwiesen. ist, nekeapi234. 2]. ec. p.103. 12 Ludwig H. Plate, vermuthen aber, derselbe habe sich nur wegen seiner außerordentlichen Zartheit den Blicken der Beobachter entzogen. Zerinkı glaubt, davon überzeugt zu sein, dass die Eier von Callidina symbiotica nicht in die Leibeshöhle fallen, was natürlich die Existenz eines sich an die Keim- drüsen ansetzenden Ausführganges, dessen hinterer Abschnitt als Uterus zu bezeichnen wäre, voraussetzt. Auch Weser »glaubt« für Rotifer trisecatus ! »an das Vorhandensein eines Uterus und zweier Oviducte«. Nur bei ZıcHarus finden wir die nach meiner Ansicht für die viviparen Rotifer- und Philodina-Species allein richtige Anschauung vertreten, dass die Eier und Embryonen in der Leibeshöhle liegen. Er geht zwar auf diesen wichtigen Punkt nicht näher ein, erklärt auch, dass es ihm völlig räthselhaft sei, »durch welche Pforte das junge Thier die Leibeshöhle der Mutter verlasse«, aber immerhin ist es sein Verdienst, auf dieses von den übrigen Rota- torien so abweichende Verhalten hingewiesen zu haben. Später habe ich für Gallidina parasitica das Fehlen eines Ausführganges und die Entwicklung der Embryonen in der Leibeshöhle der Mutter bestätigt, und zu dem gleichen Resultate bin ich durch ein erneutes Studium des Rotifer vulgaris geführt worden. Verwendet man zur Untersuchung Thiere, welche einige Zeit gehungert haben und recht durchsichtig ge- worden sind, so gewinnt man die Überzeugung, dass unmöglich ein besonderer Uterus vorhanden sein kann. Die Embryonen bewegen sich vielfach in so verschiedener Richtung durch den Leibesraum — oft bis weit hinter die Afteröffnung —, dass eine sie umhüllende Membran da- durch hin und hergezerrt werden müsste, und es ist nicht einzusehen, warum eine Immersionslinse, welche die feinen, von den verschiedenen Organen auslaufenden Bindegewebsfäden erkennen lässt, eine der- artige, Falten werfende Membran nicht zur Anschauung bringen sollte. Auch wird Einem das Fehlen eines Uterus zur Gewissheit, wenn man den Austritt der jungen Thiere aus derLeibeshöhle der Mutter beobachtet. Ich komme damit zur Besprechung der dritten der oben aufge- worfenen Fragen, über die in der Litteratur meines Wissens nur sehr spärliche Nachrichten vorliegen. Bei Eurengere findet sich der Satz: »periodisch werden bald Eier, bald ausgekrochene Junge durch die hintere Darm- und Sexualöffnung ausgeschieden«. Derselbe ist für Rotifer vulgaris zweifellos zum Theil unrichtig, da diese Art stets vivi- par ist. Cox? giebt an, »der Ovarialsack öffnet sich in die Kloake oder in das Rectum des Rotifer, und das Junge wird durch den After ausge- 171. e. P: 30. 2 Cox, Reproduction of Rotifer vulgaris. Monthly. Mier. Journ. Vol. XVII. 1877. p. 302. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 13 stoßen«. Hupson und Gossz bestätigen den Austritt der Jungen durch die Kloake. Ich selbst bin fünfmal Zeuge eines Geburtsaktes gewesen; viermal verließ das junge Thier durch den After den Leibesraum der Mut- ter, und dies ist offenbar der normale Verlauf, während einmal die Haut der Mutter am Rücken gewaltsam durchbrochen wurde, was den Tod derselben zur Folge hatte; den letzteren Vorgang halte ich für patho- logisch. — Da eine Geburt erst dann eintritt, wenn ein ganz- und ein halbreifer Embryo und außerdem noch 1 —2 in der Furchung begriffene Eier die Leibeshöhle der Mutter erfüllen, so ist es gar nicht so schwierig, dieselbe bei starker Vergrößerung zu beobachten. Man hat nur nöthig, einen Rotifer zu suchen, welcher jenen Bedingungen entspricht, und der schon mit schwachen Linsen leicht an den drei verschiedenen Kauappa- raten zu erkennen ist. Liegt der zur Geburt reife Embryo ganz ruhig in der Leibeshöhle, so genügt es, wenn man alle paar Minuten einen Blick in das Mikroskop wirft; bewegt sich derselbe dagegen lebhaft umher, so hat man ihn unausgesetzt im Auge zu behalten, denn der Austritt erfolgt sehr rasch und kann dadurch leicht alle aufgewandte Mühe vereiteln. Schon einige Zeit vor der Geburt kehrt der Embryo stets sein vorderes Körperende, d. h. den an seiner Spitze die Augen tragenden Nackenrüssel, nach hinten. Kurz vor der Geburt tastet dieser Rüssel bei völlig eingezogenem Räderapparat wie suchend überall gegen die den After umgebende Hautregion. Sowie das Thier die Anus- spalte gefunden hat, scheint es zu fühlen, dass hier seinem Druck kein starker Widerstand geleistet wird, und nun erfolgt der Austritt, indem der Embryo denhintersten Abschnitt derKloake anirgend einer Stelle gewaltsam durchbricht und sich durch den Afterins Freie schiebt. Das Mutterthier erleichtert den Geburts- akt, wie auch Cox beobachtet hat, dadurch, dass es die Ringmuskeln in der Mitte des Rumpfes stark zusammenzieht und so dem Fuße des jungen Rotifer einen festen Stützpunkt verschafft. Außerdem wird der Fuß der Mutter in der Regel völlig ausgestreckt und an seiner Basis, also kurz hinter dem After, stumpfwinklig umgebogen, um auf diese Weise ein Ausweichen des Embryo in die Fußhöhle zu vermeiden. Schon wenige Augenblicke nach der Geburt beginnt der kontraktile Kloakenabschnitt der Mutter seine Pulsationen aufs Neue, während die Wände des hinteren Theiles, die bei dem Akte in so hohem Grade in Mitleidenschaft gezogen werden, eng an einander gepresst liegen. Irgend welche Spuren dieser Durchbruchsöffnung lassen sich aus diesem Grunde an der Kloakenwand nicht erkennen. Ich habe Anfangs vermuthet, dass hier eine besondere Öffnung dauernd vorhanden sei, bin aber von diesem Gedanken zurückgekommen, als ich beobachtete, dass bei ver- 14 Ludwig H. Plate, schiedenen Geburten bald die dorsale, bald die ventrale Wand des hintersten Kloakenabschnittes durchstoßen wird. — Wie schon ange- deutet wurde, verläuft die Geburt nicht immer glücklich für die Mutter. So beobachtete ich einmal ein Individuum, welches einen sehr munteren reifen und einen halbreifen Embryo umschloss. Der Räderapparat der Mutter war in Thätigkeit, und da eine reichliche Wassermenge unter dem Deckglase sich befand, fühlte sich das Thier offenbar ganz unge- stört. Ich unterbrach die Beobachtung für einige Augenblicke, sah aber zu meinem Erstaunen beim Wiederaufnehmen derselben beide Embryonen ziemlich gleichzeitig in der Mitte des Körpers durch einen großen dorsalen Riss ins Freie gleiten. Auch ein Theil des Darmes trat heraus, und schon wenige Minuten später war das Mutterthier todt. Da andere, in nächster Nähe befindliche Räderthiere völlig unversehrt waren, auch keine Verletzung irgend welcher Art das Präparat getroffen hatte, so kann man den Vorgang nur so erklären, dass der reife Embryo sich auf diese gewaltsame Weise den Austritt erzwungen hat, wobei er vielleicht durch eine plötzliche und zufällige Kontraktion der Mutter unterstützt wurde. Bestände ein besonderer, in die Kloake führender Oviduct, so könnte eine derartige Durchbrechung der Rückenwand der Mutter wohl schwerlich stattfinden. — Noch ein anderer Umstand spricht dafür, dass die Embryonen in der Leibeshöhle liegen und sich auf diese ungewöhnliche Weise aus derselben entfernen. Man trifft ah und zu völlig normal und gut genährte Rotiferen, welche todt sind, aber im Inneren noch einen lebhaft umherkriechenden Embryo bergen. Dies scheint darauf hinzudeuten, dass die reifen Früchte manchmal die Afteröffnung nicht finden und ihre Bewegungen dann schließlich so ge- waltsam werden, dass sie innere Verletzungen der Mutter und dadurch deren Tod herbeiführen. Wer gesehen hat, wie die jungen Rotiferen in der Leibeshöhle ihrer Erzeuger den Räderapparat entfalten — was Cox ohne Grund bestreitet —, sich unbarmherzig vom Gehirn bis zu den Fußdrüsen ausdehnen, bald mit dem Kopf vorn, bald hinten liegen und Bewegungen aller Art ausführen, wird diesen Erklärungsversuch nicht für unberechtigt halten. Es wäre ungerechtfertigt, aus dem Gesagten zu folgern, dass bei allen Philodiniden ein Oviduct fehle, und die Geburt der Embryonen stets in der für Rotifer vulgaris geschilderten Weise sich vollziehe. Es erscheint von vorn herein wahrscheinlich, dass die oviparen Philodini- den sich von den lebendig-gebärenden unterscheiden werden, denn eine Eiablage ohne Oviduct ist wohl nicht gut denkbar. Um mir hier- über Klarheit zu verschaffen, habe ich eine neue moosbewohnende Gal- lidina-Art etwas eingehender untersucht. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 15 III. Callidina magna n. sp.'. Diese Art eignet sich durch ihre Größe — sie wird durchschnitt- lich 422,6 ıı lang — ganz besonders dazu, um schwer zu ermittelnde anatomische Verhältnisse klar zu stellen. In der Körpergestalt und den allgemeinen Grundzügen des Baues weicht das Thier in keiner nam- haften Weise von den übrigen Callidinen ab; für die Speciesdiagnose sind maßgebend 1) die Struktur des Gebisses, 2) die den Fuß nach hinten abschließende eigenthümliche Haftscheibe mit den Klebdrüsen. Von den beiden Kieferplatten, welche das Gebiss bilden, trägt die eine 6, die andere 7 starke Querleisten (Zahnformel =) welche ungefähr die mittleren. ?/, der Platten bedecken (Fig. 11). Das vorderste 1/, und die nach hinten gewendeten letzten 2/, werden dagegen in der gewöhnlichen Weise von feinen Querstreifen eingenommen. Die Zahn- formel lässt sich nicht immer mit wünschenswerther Schärfe ermitteln, da einerseits der vorderste und hinterste Zahn jeder Platte nicht selten schwächer entwickelt sind als die übrigen Zähne, derart, dass sie einen allmählichen Übergang zu den feinen Querstrichen bilden. Es bleibt dann dem subjektiven Ermessen des Beobachters überlassen, ob er sie noch als Zähne gelten lassen will oder nicht. Andererseits tragen manch- mal beide Platten gleich viel stark hervorragende Querleisten, so dass neben der gewöhnlichen Zahnformel - auch die folgenden: S ni = - beobachtet werden. — Um den Kaumuskeln eine feste Verbindung 1 Es ist nicht unmöglich, dass die Call. magna mit einer der zahlreichen EurkEn- BERG’Schen Callidina-Species identisch ist. Dieselben sind aber sämmtlich mit einer so durchaus ungenügenden Diagnose aufgestellt worden, dass man meiner Meinung nach einer dereinstigen systematischen Revision der Rotatorien dadurch am meisten vorarbeitet, dass man sie vollständig ignorirt und nach neuen zuverlässigen Kri- terien sucht. Von den durch EHrENBERG in den »Berichten über die...... Ver- handlungen der Akad. d. Wiss. Berlin«, 4848, p. 380 und 4853, p. 529 aufgestellten Arten kommen hier in Betracht: »4) Callidina hexaodon: corpore hyalino, ovis albis, dentibus in singula maxilla 6 mediis majoribus. Longit. — 4’. Habit. Bero- lini in tectis et arborum museis, nec non in muscis cedrorum Libani. 2) Call. oetodon: corpore hyalino, ovis albis, dentibus in singula maxilla 8 mediis ma- joribus. Longit. —4”’. Habit. Potsdami in murorum muscis. 3) Call. elegans: corpore hyalino, ovis albis, dentibus numerosis aequalibus (ultra 8) totam maxillam obtegentibus. Longit. —#”’. Habitat Berolini sub arborum musco et in musco cedrorum Libani in Syria. 4) Call. scarlatina: corpore dilute rubello, cute punctis subtilibus aspera, ovulis albis, intestini appendicibus scarlatino aut late- ritio cibo repletis, dentibus in quavis maxilla octonis. Longit. —4”’. Cum Call. alpium ex 44 438 pedum altitudine. A Call. octodonte cute punctata differt.« 16 Ludwig H. Plate, mit den Kauplatten zu ermöglichen, sind diese mit besonderen Ein- richtungen versehen. Die Unterseite derselben ist nämlich ganz ähn- lich gebaut wie die obere, d.h. sie ist mit dichtstehenden parallelen Querleisten bedeckt, die hinsichtlich ihrer Stärke ungefähr die Mitte zwischen den eigentlichen Zähnen und den feinen Querlinien der Kau- fläche halten. Ferner ist der Außenrand der Unterseite jeder Kiefer- platte mit zahlreichen kleinen ceylindrischen Stäbchen besetzt, wodurch er ein kammartiges Aussehen annimmt. Diese Stäbchen sitzen unge- fähr rechtwinkelig den Kauplatten auf (Fig. 11), bestehen aus der- selben chitinartigen Substanz wie die Zahnplatten und zeichnen sich häufig durch ihre horngelbe Färbung aus. Eine gleiche Querstreifung auf der Unterseite beobachtete ich auch bei Rotifer vulgaris und einer anderen nicht näher bestimmten Gallidina-Art, dagegen fehlt sie der Call. parasitica. Der Fuß endigt hinten nicht wie bei den übrigen Gallidinen mit Zehen, sondern mit einer besonderen Hafischeibe, welche aus vielen neben einander stehenden Röhren gebildet wird (Fig. 4). Die zwei Fuß- drüsen verschmelzen in der hinteren Hälfte zu einem Zellsyneytium, wäh- rend sie in der vorderen von einander getrennt sind. Jede besteht hier aus sechs großen, rundlichen, zu zwei unregelmäßigen Längsreihen ange- ordneten und deutlich von einander getrennten Zellen, an die sich am inneren und vorderen Ende noch eine siebente zipfelförmige anschließt. Die letztere läuft nach vorn in einen bindegewebigen Faden aus, der weiter vorn irgend wie befestigt ist und als Aufhängeapparat für die Drüse dient. Diese Zelle enthält vier Kerne von geringer Größe und ist demnach wohl aus der Verschmelzung von vier ursprünglich getrennten Zellen hervorgegangen. In dem gemeinsamen Syneytium, welches, wie schon angedeutet, auf die getrennten Abschnitte der Fußdrüsen folgt, liegen die zahlreichen kleinen Kerne nur im vorderen Drittel. Der Rest wird fast ganz von den zahlreichen engen Röhren eingenommen, die auf der Haftscheibe ausmünden. Dieselben liegen ganz in dem fein- körnigen Protoplasma des Syneytiums eingebettet, sind überall gleich weit und auch unter sich ungefähr gleich lang, so dass die vorderen Öffnungen alle annähernd in gleicher Höheliegen. Sie bilden Anfangs zwei gesonderte, den beiden Klebdrüsen entsprechende Bündel, aber schon nach kurzem Verlauf legen sich dieselben so an einander, dass die ur- sprüngliche Gruppirung nicht mehr zu beobachten ist. — Auch bei Rotifer vulgaris weisen die Fußdrüsen denselben Bau auf wie die vordersten Abschnitte der eben geschilderten Organe, d. h. sie bestehen aus ge- sonderten Zellen. Wenn ich daher früher angegeben habe, dass die 1 Beiträge etc. 1. c. p. 104. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 17 Klebdrüsen der Rotatorien aus einem Zellsyneytium gebildet würden, so trifft dies, wie ZEeLInKkA mit Recht hervorgehoben hat!, nicht allgemein zu, sondern gilt nur (ob immer?) für die Untergruppe der Ductifera. — Die Haftscheibe der Call. magna erinnert sehr an die entsprechenden Organe, welche von ZeLinka für Discopus Synaptae, von mir für die Gattung Paraseison? nachgewiesen worden sind. Erstere Art trägt am Fußende eine von vielen kleinen Röhren durchbrochene Saugscheibe, letztere eine Reihe von kleinen Zinken, durch welche das Sekret aus- gepresst wird: bei beiden Thierformen weichen aber die Klebdrüsen selbst beträchtlich von denjenigen der Call. magna ab, die ihrerseits in dieser Hinsicht große Ähnlichkeit mit der Call. symbiotica offenbart. Da alle sonst bis jetzt beschriebenen Gallidinen Zehen besitzen, hätte ich die in Rede stehende Art auch in eine neue Gattung oder auch in das nahe verwandte Genus Discopus einreihen können. Ich habe dies einstweilen unterlassen, weil erst eine allgemeine, auf viele Arten sich erstreckende Untersuchung die Principien einer rationellen Systematik der Philodiniden darzulegen haben wird, ehe man mit Erfolg das arten- reiche Geschlecht der Callidinen in Untergattungen wird zerfällen können. — Das hintere Körperende der Call. magna wird gewöhnlich nach innen eingestülpt, und ist es daher nicht immer leicht, die Haftscheibe deut- lich zu beobachten. Kurz vor derselben sitzen wie gewöhnlich zwei kleine »Sporen« dem Rücken des Fußes an. Im Gegensatz zu Call. pa- rasitica endigen sie blind und nehmen dem entsprechend keinen Seiten- zweig der Fußdrüsen in sich auf; dasselbe gilt auch für die Sporen des Rotifer vulgaris. Die Haut weist überall mit Ausnahme der vordersten und der hintersten Scheinsegmente eine deutliche Punktirung (Fig. 5) auf, die jedoch bei verschiedenen Individuen sehr verschieden stark ausgeprägt ist. Die dunklen Punkte liegen in der Cuticula selbst, nicht, wie es leicht erscheint, auf der Oberfläche. Hinsichtlichdes Verdauungskanales weicht die Gallidinamagna nur in unwesentlichen Punkten von der schon früher geschilderten Be- wohnerin des Gammarus pulex ab. Das hinterste, stark verschmälerte Ende der trichterförmigen Mundhöhle zeigt unmittelbar vor dem Kau- apparat in seiner Wandung eine eigenartige Streifung, deren Deutung mir bis jetzt noch nicht gelungen ist (Fig. 12x). Sie scheint ausschließ- lich in der mit Gilien ausgekleideten Wand zu liegen und verläuft schräg von außen nach innen und von vorn nach hinten. Zellkerne vermochte 1 Call. symbiotica. 1. c. p. 106. 2 L. PLATE, Über einige ektoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mitth. Zool. Station Neapel. Bd. VII. p. 244. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 2 18 Ludwig H. Plate, ich hier nicht zu entdecken. — Die Kauplatten, welche im Einzelnen schon oben bei Erläuterung der Speciesdiagnose geschildert wurden, werden auf der Hinterseite von einer feinkörnigen, mit einigen Kernen versehenen Protoplasmalage bedeckt, die man ohne Zweifel als Kau- muskeln anzusehen hat, obwohl sie in histologischer Hinsicht — die ganze Schicht lässt trotz ihrer relativ beträchtlichen Ausdehnung keine Spur von Streifung oder Fibrillenbildung erkennen — nicht im ent- ferntesten an Muskulatur erinnert. Nach außen wird der Masseter all- seitig umgeben von einem dicken Protoplasmamantel, welcher drüsiger Natur ist und dorsal- wie ventralwärts in mehrere halbkugelige Drüsen- ballen vorspringt, deren Zahl und Anordnung ich nicht weiter verfolgt habe. Der Drüsenmantel scheint aus einem Zellsyneytium zu bestehen und setzt sich nach vorn direkt in die oben beschriebene hinterste Partie der Wandung der Mundhöhle fort. Zwischen ihm und den Kau- muskeln findet sich ein schmaler spaltförmiger Raum, der offenbar dazu dient, das Sekret der äußeren Plasmalage aufzunehmen und nach vorn in den Raum zu leiten, welcher sich vor der Vorderseite der Kiefer aus- breitet. — Das Syneytium des Mitteldarmes wird fast immer dicht durchsetzt von zahlreichen, bräunlich-rothen, fettartig glänzenden Tröpfehen und fällt in Folge dessen durch seine röthliche Farbe sofort auf; von den oben in der Anmerkung aufgezählten Enrengerg’schen Arten würde demnach die Call. scarlatina wohl die größte Wahrschein- lichkeit einer Identität mit Gall. magna beanspruchen können. Die den Mitteldarm nach außen begrenzende Membran ist jederseits vor und hinter dem sechsten dorsalen Muskelring (siehe hierüber weiter unten) direkt an der Körperwand befestigt, woraus seine beträchtliche Breite an diesen Stellen einleuchtet. — Die Kloake ist wie bei Rotifer in ihrem vorderen Abschnitt zur kontraktilen Blase umgewandelt, die auf der Ventralseite nicht weit vom Vorderrande die vereinigten Exkretionskanäle aufnimmt. Dieselben lassen sich leicht jederseits bis in den Kopf hinein verfolgen, wo sie ungefähr in der Höhe des dorsalen Tasters enden. Jedes Gefäß trägt neun »Zitterflammen«, die so ziemlich auf gleiche Abstände vertheiltsind; nur die beiden vordersten sitzen dicht neben einander an der Basis des dorsalen Tasters. Die acht vorderen Wimperorgane öffnen sich direkt in die drüsige Wandung des Exkretionskanales (Fig. 5), welche ab und zu, meist in der Nähe eines Zitterorgans, einen großen ovalen Kern einschließt; das hinterste Zitter- organ hingegen wird von einem langen dünnen Kanal getragen, welcher ungefähr in der Höhe des neunten dorsalen Ringmuskels das Haupt- gefäß verlässt. Es hängt dies damit zusammen, dass das Exkretions- organ an dieser Stelle seinen lateralen Verlauf aufgiebt und schräg nach Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 19 innen, über die Ventralseite des Keimdotterstockes hinweg, zum kon- traktilen Kloakenabschnitt läuft; jener zarte Seitenkanal hingegen zieht in der ursprünglichen Richtung des Gefäbes weiter nach hinten. An der Kloake angelangt, vereinigen sich beide Wassergefäße zur Bildung eines kurzen Kanales mit stark entwickelter drüsiger Wandung, eben so wie ich dies oben von Rotifer geschildert habe. — Auf den feineren Bau der Zitterorgane würde ich hier nicht eingehen, da ich dem früher hierüber Mitgetheilten nur einige Details hinzuzufügen habe, wenn nicht neuerdings Weser wieder die alte und meiner Meinung nach längst als irrig nachgewiesene Ansicht vertreten hätte, dass die Zitter- organe am freien Ende offen seien. Auch kann ich Hupson nicht bei- pflichten, wenn er im Hinblick auf die vielen sich widersprechenden Angaben zu dem pessimistischen Schluss kommt: »there seems to be no hope of settling the point by the microscope«. Schon mit einer guten Wasserimmersion kann man bei Call. magna die Struktur des Zitter- organs völlig klar erkennen. Es zeigt sich zunächst (was schon für Call. parasitica hervorgehoben wurde), dass die Gestalt eine nahezu eylindrische ist, und dass die bei anderen Rotatorien meist so deutlich unterscheidbare Kanten- und Flächenansicht hier stets die gleichen Um- risse zeigen. Dieselben lassen sich in diesem Falle nur an dem Ausschen der beweglichen Membran selbst erkennen; bei der Flächenansicht sind die über dieMembran hineilenden Wellenberge als zwei bis drei dunkle Querlinien deutlich sichtbar, während man bei Betrachtung der Kante den Eindruck einer leicht geschlängelten dicken Cilie gewinnt. Die den Hohlraum des Zitterorgans begrenzende Membran (Fig. 5 wi) setzt sich aus einem sehr zarten basalen und einem dickeren Endabschnitt zu- sammen. Letzterer übertrifft den ersteren beträchtlich an Länge und schließt auch am freien Ende das Röhrchen vollständig ab, so dass dieses bis auf die untere Öffnung allseitig geschlossen ist. Die im Inneren desselben aufgehängte schwingende Membran reicht noch mit ihrer Spitze etwas in den dünnwandigen Abschnitt herein; an todten Thieren erscheint sie sehr fein längsstreifig, als ob sie aus dicht verklebten Cilien bestände. Der Kopf des Zitterorgans wird von einer rundlichen Proto- plasma-Ansammlung gebildet, in welcher ein kleines, wohl als Kern (Nucleolus?) zu deutendes Korn liegt. An abgestorbenen Thieren zieht sich das Protoplasma häufig auf die freie Endkante zusammen; es ent- steht dann hinter derselben ein kleiner spaltartiger Raum, welcher wohl jene Forscher getäuscht hat, die von einem vorn oder seitlich (Eckstein) geöffneten Zitterorgan berichten. Die Geschlecehtsorgane unserer Callidina zeigen einige Ver- schiedenheiten von denjenigen des Rotifer vulgaris, die offenbar im Zu- 9* 30 Ludwig H. Plate, sammenhang stehen mit dem weiteren Unterschiede, dass die Call. magna Eier absetzt und nie lebendige Junge gebiert. Es sind zwei ovale oder auch spindelförmig ausgezogene Keimdotterstöcke vorhanden, von denen jeder von einer dünnen Membran, dem Uterus, allseitig umhüllt wird (Fig. 6). Am hinteren Pole der Geschlechtsdrüse setzt sich dieser Uterus in einen engen, aber sehr erweiterungs- fähigen Kanal, den Oviduct, fort, den ich bis zur Kloake verfolgen konnte. In der Uterusmembran liegen einige zerstreute Kerne von spindelförmiger Gestalt, während diese im Oviduet vermisst wurden. Der Uterus ist besonders schön an Thieren zu sehen, welche im Wasser eines natürlichen Todes — siehe hierüber weiter unten — gestorben sind, weil er sich bei diesen allseitig sehr deutlich von dem Geschlechtsorgan abhebt. Die Wände des Oviductes legen sich schon kurz hinter der Keimdrüse meist sehr eng an einander, so dass sein Lumen nicht mehr zu erkennen ist. Der Eileiter sieht dann in der That genau so aus, wie das hintere Aufhängeband der Geschlechtsdrüse bei Rotifer. Zum Unterschiede von diesem habe ich aber nie Kontraktionen an dem Oviduct der Callidina bemerkt, während man diese bei Rotifer öfters in so ausgesprochener Weise beobachten kann, dass eine Ver- wechselung mit einer passiven Verschiebung des Genitalorgans nach hinten ausgeschlossen ist. Auch habe ich dann und wann Gallidinen angetroffen, bei denen das Lumen der Oviducte auch in der ganzen hinteren Hälfte konstatirt werden konnte. — Die Geschlechtsorgane selbst bestehen, wie bei Rotifer und allen übrigen daraufhin genauer untersuchten Rotatorien — eine Ausnahme bilden nur die Seisoniden — aus einem Keim- und einem Dotterstock; ersterer bildet die innere, letztere die äußere Partie des Organs. Von einigem Interesse ist das- selbe nur in zweifacher Hinsicht. Einmal ist die Zahl der Kerne in jedem Dotterstock eine ungewöhnlich hohe; sie schwankt zwischen 13—16, beträgt aber in der Regel 15. Dann ist das Größenverhältnis der Kerne des Dotterstockes zu denen des Eierstockes ein anderes als bei allen übrigen Räderthieren. Während die ersteren die letzteren an Volumen ganz bedeutend, oft 20—30 fach, zu übertreffen pflegen, sind sie hier nur doppelt so groß. Ferner ist der Nucleolus der Dotter- kerne, der in der Regel diesen fast allein ausmacht, hier relativ klein und ungefähr eben so groß wie der Nucleolus der Eikerne. In einigen wenigen Thieren fand ich den Kernkörper der Dotternucleiin zweiKugeln zerfallen und zwar war dies bald bei nur einzelnen Kernen des be- treffenden Dotterstockes, bald bei allen der Fall. Die sich entwickeln- den Eier kommen zwischen Eierstock und Dotterstock zu liegen, rücken Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 91 jedoch mit zunehmender Reife aus dieser Stellung heraus und schieben sich weiter nach hinten. Ich habe früher! auf den großen Gegensatz hingewiesen, der zwischen den Philodiniden einerseits und den übrigen Rotatorien (mit Ausnahme der Seisoniden) andererseits besteht und für beide Gruppen die Kollektivbezeichnungen Aductiferen und Ductiferen, d. h. Formen ohne resp. mit Oviduct, vorgeschlagen. Aus dem Gesagten geht nun hervor, dass diese Ausdrücke in so fern nicht glücklich gewählt sind, als es auch Aductiferen mit Eileiter giebt. Es erscheint daher zweck- mäßig, die drei natürlichen Hauptgruppen der Rotatorien in folgender Weise zu benennen und zu sondern: I. Digononten: mit paarigen Geschlechtsorganen. 1) Philodiniden (früher — Aductifera) 2) Seisoniden. I. Monogononten: Geschlechtsorgan unpaar. Hierher alle übrigen Räderthiere, die man weiter in der von Hupson-Gosse in ihrer Mono- graphie vorgeschlagenen Weise in Familien zerlegen kann. Die folgende Schilderung des Muskelsystems der Call. magna macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern beschränkt sich darauf, die Hauptmuskelzüge hervorzuheben. Dieselben zerfallen nach ihrem Verlauf in Quer- und Längsmuskeln, und die letzteren lassen sich wieder in Hautmuskeln und in solche der Leibeshöhle sondern. Jene schmiegen sich in ganzer Länge der Körperwand an und sind auf den Zeichnungen hell gehalten, diese heften sich nur mit ihren Enden an die Matrix der Körpercuticula, ziehen aber im Übrigen frei durch die Leibeshöhle; ich habe sie auf den Zeichnungen mit dunklem Tone ver- sehen. Bei Betrachtung der Dorsalseite des Thieres erblickt man sechs unter der Haut liegende Ringmuskeln, welche quer über den Rücken ziehen, und auf der Bauchseite nicht weit von der Medianlinie enden (Fig. 7, 8, III, IV, VI—IX), dazwischen schieben sich paarweise Quer- muskeln, welche nur die Körperseiten bedecken und die mittlere Partie des Rückens nicht überspannen (Fig. 7, Vund X). Von den beiden vordersten Quermuskeln des Rückens (I, II) ist weiter zu erwähnen, dass ich sie auf der Ventralseite überhaupt nicht zu finden vermochte und daher annehmen muss, dass sie auf diese nicht mehr übertreten. Ähnliche Quermuskeln, wie die geschilderten, kennen wir durch ZELINKA von Call. symbiotica und Discopus Synaptae. Auch histologisch gleichen sie denselben, in so fern jeder Ringmuskel aus einer Anzahl von Seg- menten gebildet wird, die in scharfausgeprägten Längslinien zusammen- stoßen. Diese Längslinien der verschiedenen Muskelringe liegen genau ! L. PrAte, Callidina parasitica, I. c.p. 233 und Paraseison, I c. p. 256. op) Ludwig H. Plate, hinter einander (Fig. 5, 7), so dass also gleich große Muskeln auch aus gleich viel Segmenten zusammengesetzt sind. Bei denjenigen Bändern, welche den Rücken ganz überspannen, zähle ich zehn derselben, bei den Ringmuskeln YV und X jederseits nur vier. — Die Zahl der peripheren Längsmuskeln ist, wie Fig. 7 zeigt, auf der Dorsalseite nur eine geringe; es finden sich nämlich ein großes Paar (A) und zwei kleinere (B, C). Auf der Bauchseite ist das Längsmuskelsystem (Fig. 8) etwas entwickelter. Zu dem Hauptmuskelpaar D—+ E gesellen sich die Paare Fund G. Die- jenigen Muskeln, welche zum größten Theile frei durch die Leibeshöhle ziehen, dienen als Retraktoren für Kopf und Fuß. Es sind dies auf der Dorsalseite Muskelpaar 4 und 2, auf der Ventralfläche 6 und 7. Dazu kommen die lateralen Muskelpaare 3, 4 und 5. Wie ZeLınka schon für die Leibeshöhlenmuskeln von Discopus hervorgehoben hat, zerfallen diese auch bei Callidina magna ihrer Anordnung nach in eine vordere und eine hintere Gruppe. Das Nervensystem unseres Thieres habe ich nur auf seine hinteren peripheren Ausläufer untersucht. Das dreieckige Gehirn (Fig. 6) wird zum größten Theile aus Ganglienzellen gebildet, über deren feineren Bau ich nichts zu ermitteln vermochte. Parallel mit dem Hinterrande desselben dehnt sich eine kleine Partie von rein fibrillärer Struktur aus. Alle drei Ecken des Gehirns setzen sich in einen Nerven fort. Der- jenige der vorderen Ecke tritt in den dorsalen, zurückziehbaren Taster und lässt sich bis zu dessen Spitze verfolgen. Der hier befindliche Büschel von Tasthaaren (Fig. 10) gliedert sich in eine centrale Gruppe und eine periphere ringförmige, so dass es bei flüchtiger Betrachtung des optischen Durchschnittes leicht scheinen kann, als ob der Taster 3 ge- sonderte Büschel trüge. Ähnliche Tastborsten finden sich ferner, zu zwei Büscheln angeordnet und unmittelbar neben zahlreichen beweglichen Cilien, an der Spitze des dorsalen Rüssels (Fig. 9), der außerdem da- durch ausgezeichnet ist, dass die hyaline Membran, welche bei den anderen Callidinen als einheitliches Gebilde das Flimmerfeld von oben überragt, hier aufzwei seitliche und rundliche Lappen von geringer Größe redueirt ist. Die beiden hinteren Ecken des Gehirns spitzen sich ganz allmählich zu und wenden sich dabei der Bauchseite zu. Sie laufen dann in einen feinkörnigen dicken Nervenstrang aus, welcher im Gegen- satze zu den Gehirnzipfeln keine (oder doch nur sehr vereinzelte) Kerne in sich birgt. Ungefähr in der Höhe des Hinterrandes des Kauapparates treten zweiNerven ab. Der eine ist sehr klein und scheint direkt an die Muskulatur der Bauchseite zu treten. Der andere hingegen läuft neben dem Wassergefäß der betreffenden Seite frei durch die Leibeshöhle nach hinten, um dort, wo die Geschlechtsorgane dieselbe ganz erfüllen, Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 33 sich den Blicken des Beobachters zu entziehen. Dieser Nerv hat eine hyaline, stellenweise auch feinkörnige Struktur (Fig. 5 n) und giebt einige Seitenzweige ab, über deren Zahl ich aber noch kein Urtheil abgeben möchte. Mit Sicherheit habe ich jederseits vier Seitennerven beohachtet, welche jeder mit einer Ganglienzelle entspringen und schräg nach vorn gerichtet zur Körperwand laufen. Sie treten hier an die großen Ring- muskeln V/—IX über, ohne dass es mir jedoch möglich gewesen wäre, etwas Näheres tiber die Art der Verbindung von Muskel und Nerv zu ermitteln. Abgesehen von den vier Kernen, von denen je einer an der Wurzel eines jeden Seitennerven liegt, kommen Kerne auch sonst ver- einzelt in dem Längsnerv vor, und zwar wird um jeden Kern herum das Plasma etwas dichtkörniger. — Eine eingehende Untersuchung wird bei der Gall. magna ohne Zweifel noch andere Nerven nachweisen, welche vom Gehirn aus nach vorn laufen und den Rüssel und die Muskeln des Räderapparates versorgen, wie solche schon für einige andere Philodiniden beschrieben worden sind. Ich habe mich auf diese zeitraubenden Studien nicht weiter eingelassen, weil es mir vornehm- lieh darauf ankam, zu erfahren, ob den von Zeumeka für Gall. symbiotica nachgewiesenen zwei hinteren Längsnerven eine allgemeinere Verbrei- tung unter den Philodiniden zukommt. Wäre dieses der Fall, so würde damit ein weiterer Unterschied zwischen dieser Gruppe und den Mono- gononten gegeben sein. Bei letzteren kommt nach den bis jetzt vor- liegenden Untersuchungen jederseits nur ein hinterer Längsnerv vor, der zugleich den Lateraltaster versorgt. Als Homologon dieses Nerven hat man wohl auch den einen hinteren Nerven der Call. magna anzu- sehen, da sich der Mangel eines lateralen Tasters bei den Philodiniden un- gezwungen erklären lässt, nämlich durch Wegfall in Folge der Angewöh- nung, die hinteren Scheinsegmente ganz in die vorderen einzustülpen. Zum Schlusse dieses Kapitels mögen noch einige biologische Notizen Platz finden. Die Call. magna habe ich in der Umgegend von Marburg i.H. nicht eben allzu häufig in tiefen Moospolstern angetroffen. Hinsichtlich ihres sporadischen Auftretens gleicht sie ganz den übrigen Thierformen der Moosfauna (Anguillen, Tardigraden): stellenweise er- scheint sie plötzlich in großen Mengen, um an anderen oft ganz nahe gelegenen und scheinbar eben so günstigen Lokalitäten vollständig zu verschwinden. Von ganz besonderem Interesse ist eine Beobachtung, welche ich zu wiederholten Malen gemacht habe, dass nämlich die Call. magna im Wasser, obwohl dieses ihr eigentlichstes und ausschließliches Lebenselement bildet, doch nur eine beschränkte Zeit zu verweilen vermag und von Zeit zu Zeit eintrocknen muss, soll ihre Lebenskraft ungeschwächt erhalten bleiben. Schon bei Gelegenheit meiner Tardi- 24 Ludwig H. Plate, sradenstudien bin ich auf diese Thatsache aufmerksam geworden und zwar an verschiedenen Rotatorienspecies, auf deren Bestimmung ich mich seiner Zeit nicht eingelassen habe. Ich sagte in jener Abhand- lung!: »die von mir kontrollirten Philodiniden zeigten außerdem die Eigenthümlichkeit, dass sie einen längeren Aufenthalt im Wasser nicht zu ertragen vermochten, wenn das Moos zuvor gehörig ausgetrocknet war. 4—-2 Tage nach der Anfeuchtung fand ich alle Rotatorien — mit ganz wenig Ausnahmen — todt am Boden liegen, obwohl ihnen frisches Wasser und reichliche Nahrung zu Gebote standen. Die nahe ver- wandten Philodiniden des süßen Wassers lassen sich hingegen wochen- lang in einem Glase am Leben erhalten, wobei sie sich öfters enorm vermehren. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass die an ein inter- mittirendes Leben gewöhnten Philodiniden nach einer vorhergehenden Periode gehöriger Austrocknung schon in relativ kurzer Zeit (1 —3 Tagen) im’ Wasser sterben. Jun. „.; . That ich dagegen frisches Moos, das bei feuchter Witterung gesammelt worden war, in ein Gefäß mit Wasser, so trat dies rapide Sterben der Philodiniden nicht ein, sondern noch nach mehreren Tagen krochen viele Individuen munter im Bodensatze umher. Durch den Trockenzustand wird demnach der Organismus dieser Thiere offenbar geschwächt und zwar um so mehr, je länger er dauert. Diese Schwäche kann einen solchen Grad erreichen, dass die Rotatorien selbst in ihrem eigentlichen Lebenselement sich nur kurze Zeit ihres Daseins freuen können.« Diese Worte finden auch volle An- wendung auf die Callidina magna. Legt man sehr dürres Moos ins Wasser, so sind schon nach ungefähr einer Stunde alle Callidinen zum aktiven Leben erwacht und verharren so ungefähr 1—2 Tage. Nach dieser Frist stellen sich die ersten Vorboten des nahenden Todes ein; die Thiere liegen unbeweglich im Bodensatz des Gefäßes, wobei das vordere und hintere Körperende stark in die mittleren aufgeblähten Scheinsegmente eingestülpt sind; sie sehen aus als ob sie todt wären, sind aber noch nicht abgestorben, wie man aus der Betrachtung der lebhaft schwingenden Flimmerläppchen des Exkretionsorgans und aus zeitweise eintretenden Bewegungen des ganzen Körpers ersieht. Un- gefähr I—2 Tage später, also durchschnittlich am 2.—4. Tage nach der Anfeuchtung des Mooses, hat der Tod alle Individuen vernichtet. Sammelt man Moos zu einer Jahreszeit, in der viel Regen gefallen ist, so dass die Callidinen nur kurze Eintrocknungsperioden in den vorher- gehenden Wochen durchgemacht haben, so sind dieselben etwas wider- standsfähiger gegen die schädlichen Einflüsse, welche ein längerer Auf- 1 L. PLAte, Beiträge zur Naturgeschichte der Tardigraden. Zool. Jahrbücher. III. 4888. p. 524. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 5 enthalt im Wasser offenbar auf sie ausübt. Das rapide Sterben aller in dem betreffenden Glase befindlichen Callidinen erfolgt dann erst am h., 5. oder 6. Tage. Aus dem Gesagten folgt demnach, dass 1) die Callidina magna und viele, sehr wahrscheinlich fast alle Philodiniden! derMoosfauna, einen längeren Aufenthalt im Wasser nicht zuertragen vermögen, obwohl dieses ihr eigentlichstes Lebenselement darstellt; 2) sich die schäd- lichen Einflüsse des Wasserlebens auf diese Thiere um so rascher geltend machen, je länger der demselben vorher- gehende Trockenzustand gewährthatundje vollständiger er gewesen ist. Hieraus kann man weiter schließen, dass die ge- nannten Thierformen dann am längsten ihre Lebenskraft bewahren werden, wenn einerseits jede Periode eines Wasseraufenthaltes nur kurze Zeit, ca. einen Tag, währt, andererseits diese Perioden relativ rasch auf einander folgen, so dass allzu lange währende Trockenzustände ver- mieden werden. Während sich der Beginn der nachtheiligen Wirkung des Wasserlebens ziemlich genau an dem Eintritt der oben genannten Erscheinungen (Aufhören der Beweglichkeit etc.) erkennen lässt, fehlt uns darüber noch jede Kontrolle, wie lange die Philodiniden der Moos- fauna unbeschadet ihrer Lebenskraft im ausgetrockneten Zustand auber- halb des Wassers existiren können; dass derselbe monate-, selbst jahre- lang andauern kann, unterliegt keinem Zweifel. Da aber, wie ich eben gezeigt habe, die Thiere nach einer langen Austrocknungsperiode rascher im Wasser absterben als nach einer kurzen, so muss das Austrocknen die Lebenskraft des Organismus schwächen, und wenn diese auch nur in sehr geringem Maße von jenem Zustande beeinflusst wird, so wird sie doch schließlich bei unbegrenzter Dauer dieses Einflusses erlöschen müssen. Die nachtheilige Wirkung des Trockenzustandes ist wohl als eine Folge der Athmung anzusehen. Da jeder lebende Organismus athmen muss, die Athmung aber mit einem Verlust von Kohlenstoff ver- bunden ist, so ist es natürlich, dass die zu einem unscheinbaren Staub- körnchen zusammengeschrumpften, aber nichtsdestoweniger lebenden Philodiniden auf die Dauer diesen Substanzverlust empfinden, da sie nicht im Stande sind, denselben durch Aufnahme neuer Nahrung zu ersetzen. Viel schwerer, ja wie mir scheint, fast unmöglich, ist es aber eine plausible Eirklärung dafür zu finden, dass die moosbewohnenden Philodiniden keinen längeren Aufenthalt im Wasser vertragen, also ge- zwungen sind, ein intermittirendes Dasein zu führen, in dem immer Perioden eines aktiven und solche eines latenten Lebens mit einander 1 Eine Ausnahme macht, so viel ich weiß, nur die weiter unten geschilderte Adineta vaga Dav. 36 Ludwig H. Plate, abwechseln, obwohl sie doch ihrem ganzen Baue nach eben so wie die zahlreichen Verwandten im süßen und salzigen Wasser auf ausschließ- liche Benutzung des flüssigen Mediums angewiesen sind. Ich habe An- fangs vermuthet, dass vielleicht irgend welche Fäulniserscheinungen im Wasser Ursache des plötzlichen Todes aller Gallidinen sein könnte, bin aber hiervon ganz zurückgekommen, dasich auch nicht die geringsten Spuren derartiger Processe auffinden ließen. Weiter wäre es denkbar, dass die Lebensdauer der Call. magna an sich nur einen kurzen Zeit- raum von etwa 2—4 Tagen umfasste, nach dieser Frist demgemäß der Tod eintreten müsste. Aber auch diese Anschauung ist nicht haltbar, weil jenes plötzliche Sterben eben so sehr kleine jugendliche, wie große ausgewachsene Individuen befällt, und man ferner bei letzteren fast immer noch eine Anzahl von Eikernen im Eierstock vorfindet, zum Be- weise, dass die geschlechtliche Thätigkeit des Thieres noch nicht zu ihrem natürlichen Abschluss gekommen war, als der Tod eintrat. Ich vermag nur an eine Thatsache zu erinnern, welche auf die in Rede stehende Erscheinung etwas Licht wirft, ohne sie freilich in befriedigen- der Weise zu erklären. Die natürlichen Existenzbedingungen der moosbewohnenden Philodiniden sind derart, dass sie den Thieren nur ganz ausnahmsweise einen längeren Aufenthalt im Wasser ermöglichen. Im Allgemeinen werden dieselben immer nur nach Regengüssen aus ihrem zusammengeschrumpften todähnlichen Zustande in das aktive Leben zurückgerufen werden, und von der Menge des gefallenen Was- sers wird es abhängen, wie viel Feuchtigkeit das wie ein Schwamm wirkende Moospolster aufsaugt und wie lange es dieselbe festhält. In unserem Klima, wo die Niederschläge sich auf das ganze Jahr vertheilen und die einzelnen Schauer nur von kurzer Dauer zu sein pflegen, werden die Philodiniden zwar häufig, aber immer nur für wenige Stunden so viel Wasser zwischen den Moospflänzchen vorfinden, als zum Herum- kriechen und Herbeistrudeln der Nahrung erforderlich ist. Man kann nun annehmen, die Thiere haben sich an eine derartige intermittirende Existenz so sehr gewöhnt, dass sie einen Wasseraufenthalt von mehr- tägiger Dauer nicht mehr zu ertragen vermögen. Es wäre damit ein neues Beispiel gegeben für die erstaunliche Anpassungsfähigkeit der Thiere, die so weit geht, dass durch sie ursprünglich normale Existenz- bedingungen in ihr gerades Gegentheil verwandelt werden. An dieser Stelle mögen einige Bemerkungen über die Eintrock- nungsfähigkeit der Räderthiere im Allgemeinen eingeschaltet werden. Wie ich schon in meiner Tardigradenabhandlung hervorgehoben habe, erklärt sich die große Meinungsverschiedenheit, welche über diesen Punkt zwischen den Rotatorienforschern herrscht, sehr leicht daraus, Über die Rotatorienfanna des bottnischen Meerbusens etc. 27 dass einige derselben mit reinen Wasserformen experimentirten und dann stets zu einem negativen Resultate kamen, während diejenigen, welche zu ihren Versuchen die Moos- und Dachrinnenfauna benutzten, sich seit der denkwürdigen Entdeckung LEEUWENHOER’S leicht von der Wiederbelebungsfähigkeit dieser und verwandter Organismen überzeug- ten. Außerdem können entgegengesetzte Ansichten auch dadurch sehr leicht hervorgerufen werden, dass die Systematik der Philodiniden noch eine wahre Terra incognita ist, so dass die sichere Bestimmung der Versuchsthiere vielfach ganz unmöglich ist. Diejenige Art z. B., die oben bei Besprechung einiger anatomischer Verhältnisse als Rotifer vulgaris bezeichnet wurde, lebt dauernd im Wasser und ist, wie mir eine Anzahl von Versuchen gelehrt haben, außer Stande nach vollstän- diger Eintrocknung wieder aufzuleben. Ich gebe in diesem Punkte EHRENBERG, welcher auch die Wiederbelebungsfähigkeit von Rotifer vul- garis bestreitet, völlig Recht. Die Versuche wurden unter den ver- schiedensten Bedingungen gemacht, aber selbst wenn das Wasser in einem Uhrschälchen zwischen Sand und Moospflänzchen ganz langsam innerhalb 40 Stunden zum Eintrocknen gebracht wurde, blieben sämmtliche Individuen todt. Die sehr häufig wiederkehrende Angabe, dass Rotifer vulgaris »aus dem Dachrinnensande« unbeschadet seiner Lebenskraft eintrocknen könne, bezieht sich daher offenbar nicht auf dieselbe Art, welche von EurenserG und mir zu Versuchen gebraucht wurden, sondern auf irgend eine nahverwandte und kann daher, trotz- dem sie an sich auf richtigen Beobachtungen fußt, mit anderen eben- falls richtigen Schlüssen in einen scheinbaren Widerspruch gerathen. IV. Adineta vaga Dav. Unter den Philodiniden giebt es eine Gattung, welche den für diese Gruppe so sehr charakteristischen Rüssel nur in ganz geringer Ausbil- dung besitzt und daher als Übergangsform von den Monogononten zu den Philodiniden von einigem Interesse ist. Die eine hierher gehörige Art wurde von H. Davıs! zuerst unter dem Namen Callidina vaga beschrieben. Da sie aber von den übrigen zur Gattung Callidina gerechneten Formen erheblich abweicht, habe ich 1886 in meiner Abhandlung über die Ektoparasiten des Gammarus pulex? den Namen Planotrochus vagus vorgeschlagen; diesen letzteren möchte ich jetzt wieder kassiren, weil Hunson und Goss£ dasselbe Bedürfnis gefühlt und gleichzeitig mit mir in ihrer großen Monographie die Art als Adineta vaga beschrieben haben. 1 H. Davıs, A new Callidina, with the result of experiments on the desiccation of Rotifers. Montlily mier. journ. IX. 1873. p. 204. 2 ].c. p. 235 Anm. 38 Ludwig H. Plate, Hinsichtlich der äußeren Gestalt der Adineta vaga habe ich den von den englischen Autoren gegebenen Schilderungen nichts hinzuzu- fügen, dagegen verdient das vordere Wimperschild (Fig. 13, 44) noch eine nähere Beschreibung. Dasselbe soll nach Angabe der genannten Forscher den ursprünglich zweilappigen Bau des Räderapparates der Phi- lodiniden trotz seiner ganz veränderten Stellung zum Körper noch da- durch bekunden, dass in der ventralen Medianlinie des Schildes sich eine cilienfreie Rinne erstreckt und die Wimpern daher auf zwei Seitenfelder sich vertheilen. Von dieser Furche habe ich an den mir vorliegenden Exemplaren, die ich in beschränkter Zahl zusammen mit Call. magna antraf, nie etwas bemerken können; vielmehr war die ganze Ventral- fläche des Kopfschildes überall gleichmäßig mit kleinen Cilien besetzt. Die Rückenhaut des Kopfschildes wölbt sich zuweilen in Folge der Thätigkeit gewisser Muskeln in der Längslinie wulstförmig nach außen vor, wofür sich die Seitenflächen etwas abflachen (Fig. 13) und kann da- durch bei gewisser Einstellung der Anschein einer Rinne vorgetäuscht werden, während sie thatsächlich fehlt. Die Cilien dehnen sich bis nahe an den Vorderrand des Schildes aus, lassen diesen selbst aber frei und greifen auch nicht auf die Ventralseite des Rüssels über. — Ganz eigen- artig sind die kammförmigen Gebilde, welche zu beiden Seiten der Mundöffnung stehen und den Hinterrand des Kopfschildes darstellen. Die Cuticula der Haut verdickt sich hier beträchtlich zur Bildung von zwei derben Platten, die im spitzen Winkel dem Kopfschilde ansitzen und nach vorn gerichtet sind (Fig. 14). Jede Platte läuft am Außenrande in einen spitzen Zahn aus und trägt am freien Rande ca. fünf kleine Ein- schnitte, wodurch das erwähnte kammartige, gezähnelte Aussehen her- vorgerufen wird. Letzteres hat Davıs schon richtig beobachtet, während Hupson und Gossz sein Vorhandensein ohne Grund in Zweifel ziehen. Jeder Kamm setzt sich innen direkt in die Körperwand fort, welche den ventra- len Rand der Mundöffnung bildet, und außen in eine dünne Membran, welche mit dem Saum des Wimperschildes verschmilzt; beide Zahn- kämme sind daher nur die eigenartig veränderten Hinterränder der Kopfscheibe. Vom inneren Flügel der Kämme sieht man ferner je einen kleinen Chitinstab nach hinten vorspringen und sich mittels eines klei- nen Ringes an der Innenfläche der ventralen Körperwand, neben der Mundöffnung anheften. Er dient wohl dazu, eben so wie die seitlichen Membranen, die Kämme in ihrer schräg nach vorn gerichteten Stellung festzuhalten und ein Zurückklappen derselben nach hinten zu ver- meiden. Der ganze Apparat wirkt nämlich wie ein Schabeisen. Das Thier bewegt sich, die Kopfscheibe dicht an die Unterlage gedrückt, nach vorn, kratzt dabei eine Menge kleiner Partikelchen ab, welche in Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 39 Folge der Stellung der Kämme nach innen, in die Mundhöhle bewegt werden. — Der sehr eigenthümliche Rüssel der Adineta vaga besteht aus einem kleinen, aber breiten und hakenförmig nach unten ge- krümmten Fortsatz des vorderen Kopfendes (Fig. 13, 14). Zu beiden Seiten springt er vorn wie ein Horn vor, da der Vorderrand etwas brei- ter ist als die Basis des Rüssels. Jedes Horn trägt auf seiner ventralen Fläche einen Büschel steifer Haare, der offenbar ein Sinnesorgan dar- stellt und setzt sich dann in Gestalt einer dünnen Membran bis zur Basis des Rüssels fort. In den Rüssel treten Längsmuskeln, welche als Retraktoren fungiren. — Der kleine dorsale Taster liegt direkt über dem Gehirn und ungefähr in der Höhe der Mundöffnung. Er kann durch Muskeln zurückgezogen werden (was Davis bestreitet) und besteht aus einem großen basalen und einem kleinen Endgliede, aus dessen Grunde die Tasthaare entspringen. — Eine genauere Untersuchung des Thieres wird durch die schnellen und ruckförmigen Bewegungen — Adineta vaga ist die einzige Philodinide, welche sich nur mit dem hinteren, nicht aber mit dem vorderen Körperpole festheftet — sehr erschwert, so dass man nur mit Hilfe verdünnten Cocains einigermaßen zum Ziele gelangt. Die kontraktile Blase ist ein Theil der Kloake, und auch das Gebiss entspricht ganz dem typischen Baue der echten Philodiniden, an die sich Adineta überhaupt eng anschließt. Man darf daher auch nicht in der Wimperscheibe derselben ein primitives Verhalten erblicken, sondern hat dieselbe von dem doppelten Gilienkranze eines Rotifer abzuleiten. Ich betone dies ausdrücklich desshalb, weil eine derar- tige ventrale Cilienplatte bei einer ganzen Anzahl von Rotatorien vor- kommt (Notommata aurita Ehr., ansata Ehr., Tardigrada Leyd., sacci- gera Ehr., Diglena foreipata Ehr., giraffa Gosse) und den Gedanken aufkommen lassen könnte, die Rotatorien auf gasterotriche Urformen zurückzuführen. Derartige Räderthiere nehmen nach unseren jetzigen Kenntnissen eine so isolirte Stellung ein, dass ihr scheinbar primitiver Cilienapparat vielmehr als extreme Fortbildung des doppelten Wim- perkranzes der Rotiferiden anzusehen ist. — Völlig ausgestreckte Adi- neten messen 283—340 u in der Längsrichtung. V. Einige Bemerkungen zur systematischen Stellung der Rotatorien und zur Trochophoratheorie. Auf die vielumstrittene Frage nach der systematischen Stellung der Räderthiere lasse ich mich hier nur ein, weil in jüngster Zeit einige Arbeiten über dieses Thema erschienen sind, mit deren Auffassung ich nicht ganz übereinstimme. Ich habe schon früher aus einander gesetzt', 1 Beiträge etc. Schlusskapitel. 30 Ludwig H. Plate, dass mir die Harscuer’sche Trochophoratheorie die dermalen befriedi- gendste Lösung des Problems zu gewähren scheint, indem sie aus der Ähnlichkeit der Larven vieler Bryozoen, Anneliden, Turbellarien, Gephyreen und Mollusken mit den Räderthieren den Schluss zieht, dass alle diese Thierklassen sich aus einer rotatorienartigen Urform, der Trochophora, entwickelt haben. Den reinsten Ausdruck soll diese Urform in den Larven der chätopoden Anneliden, speciell in der Lov£s’schen Larve des Polygordius finden. Ohne auf die zahlreichen Thatsachen einzugehen, die zu Gunsten dieser Theorie sprechen, seien hier nur einige Fragen berührt, die das Verhältnis der Trochophora- larve zum Rotator betreffen. Mein früherer Einwand, dass sich bei den Räderthieren mit der primitiven doppelreihigen Form des Cilienapparates zwischen den bei- den Wimperkränzen eine nackte Furche findet, während die Trocho- phora des Polygordius und Eupomatus zwischen denselben einen dichten Cilienbesatz aufweist, der in die Mundöffnung hineinzieht, ist, wie ZELINKA zuerst für Callidina und Discopus hervorgehoben hat, und wie ich es nachträglich für Rotifer, Philodina und Pterodina bestätigen kann, nicht richtig, Auch diese mit den typischen Wimperorganen ver- sehenen Rotatorien besitzen zwischen beiden Hauptkränzen einen zar- ten, aber dichten Gilienbesatz, der sich in die Mundöffnung fortsetzt. Eine besondere Modifikation ist Rotifer vulgaris und Pterodina patina nur in so fern eigen, als der hintere Cilienkranz aus so zarten Härchen besteht, dass er sich nur durch seine Lage, aber nicht durch seine Größe von den Cilien der Flimmerfurche abhebt und unterscheidet. Betrachtet man daher den Räderapparat, so hat man zunächst nur den Eindruck, dass er sich aus einem vorderen Kranze sehr starker Cilien und einem dahinter gelegenen breiten Bande sehr zarter Härchen zusammen- setzt. Auf derartige kleine Unterschiede ist aber wohl kein Werth zu legen, wie es mir überhaupt am richtigsten erscheint !, bei Homologisi- rung der Wimperkränze trochophora-ähnlicher Organismen zunächst von allen Details abzusehen und alle Cilienkränze, welche das vordere Körperende in querer Richtung umziehen und direkt in den Mund hereinlaufen oder in unmittelbarer Nähe an ihm vorbeiziehen, für homo- log zu erklären. Sehen wir doch einerseits nahverwandte Larvenformen hinsichtlich der Gestaltung der oralen Flimmerrinne von einander differiren ; so besitzt die Larve von Lopadorhynchus nach KLEInENBERG ? ‚1 Entgegen einer früher von mir geäußerten Ansicht. cf. Beiträge ete. p. 416. 2 N. KLEINENBERG, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopado- rhynchus. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. p. 22. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 31 und die von Terebella nach Sarensky ! nur einen präoralen »Proto- troch«, während die entsprechenden Stadien von Polygordius, Eupo- matus, Psygmobranchus'! und Nereis! außerdem noch einen hinteren Flimmerring aufweisen. Nach Sırensky soll zunächst überhaupt nur ein präoraler Flimmerring vorhanden sein, der entweder allein bestehen bleibt oder sich in einen präoralen und einen postoralen theilt oder endlich verschwindet und durch einen postoralen ersetzt wird (Pileo- laria). Andererseits zeigt uns die Klasse der Rotatorien selbst zur Genüge, welche erstaunliche Umbildungsfähigkeit den zwei ursprünglichen Cilienkreisen zukommt. Von diesem Standpunkte aus pflichte ich daher auch Tessıy nicht bei, welcher jede Homologie zwischen den Wimper- ringen der Trochophora und den Rotatorien bestreitet, weil der prä- orale Kranz der letzteren in sehr vielen Fällen nicht ganz geschlossen ist. Es ist ganz richtig, dass derselbe häufig dorsal und ventral in der Medianlinie auf eine kleine Strecke unterbrochen ist, was vielleicht bei der Trochophora der Anneliden nie vorkommt, aber meiner Ansicht nach darf man auf solche Kleinigkeiten keinen Werth legen, denn fängt man einmal in dieser Weise zu kritisiren an, so giebt es, wenn man konsequent sein will, kein Aufhören, und man kommt aus dem Hun- dertsten ins Tausendste. Durch Aufzählung derartiger kleiner, im Ein- zelnen bestehender Differenzen wird jedoch die große morphologische und physiologische Übereinstimmung, welche zwischen den oralen Wimperschnüren der in Rede stehenden Larven und der Räder- thiere nun einmal vorhanden ist, nicht aufgehoben, und diese berechtigt uns, phylogenetische Verwandtschaftsbeziehungen aus jenen Organen zu erschließen. Besondere Schwierigkeiten bei der Zurückführung der Trochophora- larven auf die Rotatorien bereiten das Nervensystem und die damit zusammenhängenden Sinnesorgane. Schon in meiner ersten Rotatorien- arbeit hob ich hervor, »dass das Gehirn der Räderthiere nicht der Scheitelplatte der Trochophora homolog gesetzt werden darf, weil es von Anfang an außerhalb der Wimperkränze und nicht am vorderen Pole der Körperlängsachse, sondern am Rücken über dem Schlunde liegt, und dass bis jetzt bei der Trochophora noch keine Spur von dor- salen und lateralen Tastern gefunden ist, Sinneswerkzeugen, die für die Rotatorien viel charakteristischer sind, als die zwei Cilienreifen am Kopfe, da diese sehr vielen, jene so gut wie keinem Räderthier fehlen «. Tessın hat später denselben Gedanken ausgesprochen, dass nämlich das Gehirn der Trochophora wegen seiner Lage am Pole der Umbrella nicht I Sırensky, Etudes sur le developpement des Annelides. Archives de Biologie. v1. 1887. p. 636. 32 Ludwig H. Plate, mit dem Gehirn der Räderthiere identificirt werden kann, hat aber da- durch den Widerspruch ZeuinkaA’s hervorgerufen. Letzterer befindet sich, wie ich glaube, auf einer falschen Fährte. Die Frage lässt sich überhaupt nur aufzwei verschiedenen Wegen lösen, entweder mit Hilfe der Entwick- lungsgeschichte oder aufGrund vergleichend-anatomischer Erwägungen. Da wir nun nichts Sicheres darüber wissen, wie sich das Gehirn bei den Rotatorien anlegt, so sind wir ausschließlich auf die Untersuchung der ausgebildeten Rotatorien angewiesen, und diese lehrt, dass bis jetzt noch keine Art gefunden worden ist, welche eine der Scheitelplatte der Trochophoralarven entsprechende umbrellare Ektodermverdickung be- sitzt; wohl aber hat man bei einer sehr großen Anzahl von Arten das Gehirn außerhalb der Wimperkränze beobachtet und zwar stets in der- selben Region des Kopfes, so dass es auch durchaus unwahrscheinlich ist, dass es je in irgend einer anderen Lagerung gefunden werden wird. Nun hat KLeinenger für die Larve des Lopadorhynchus gezeigt, dass die Scheitelplatte selbst ein Sinnesorgan ist, dessen Ganglienzellen erst später, wenn das Sinnesorgan verfällt, mit den Ganglienzellen benach- harter Sinneswerkzeuge verschmelzen und dadurch die Hauptmasse des bleibenden Gehirns liefern. Es wäre daher denkbar, dass zwar _ das Gehirn der Räderthiere eine selbständige Bildung darstellte, dass dieselben aber daneben ein im Centrum der Wimperscheibe befind- liches Sinnesorgan besäßen, welches der Scheitelplatte der Trocho- phora gleichwerthig wäre. So weit unsere Kenntnisse bis jetzt reichen, ist Letzteres nirgends der Fall. Es giebt zwar eine Anzahl von Räderthie- ren, welche Tastborsten auf der Wimperscheibe tragen, aber stets sind dieselben paarig und vertheilen sich symmetrisch auf die rechte und linke Hälfte des Räderorgans. — Zeuınka hat den Versuch gemacht, diese Schwierigkeit wenigstens für eine Abtheilung der Räderthiere aus dem Wege zu räumen. Er bemüht sich, es als sehr wahrscheinlich hinzu- stellen, dass die Sinnesorgane (Tastborsten, Augenflecke), welche an der Spitze des Rüssels der Philodiniden gelegen sind, der Scheitel- platte der Trochophora homolog sind. Zu dem Zwecke nimmt er an, dass jener Rüssel ursprünglich innerhalb der Wimperkränze, also auf der Wimperscheibe, entstand, dann später dorsalwärts wanderte, den Wimperring durchbrach und so schließlich seine jetzige Lagerung auf dem Rücken des Thieres erhielt. Die Möglichkeit eines solchen Vorganges wird Jeder zugeben; dass aber irgend welche Thatsachen zur Zeit bekannt wären, welche denselben wahrscheinlich machten, muss ich bestreiten. Die von ZeıınkA als Hauptbeweismittel herange- zogene Rhinops vitrea scheint mir ganz anders zu deuten zu sein, alses von jenem Forscher geschieht. Da bei diesem Räderthiere die ganze Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 33 ventrale (innere) Fläche des Rüssels dicht mit Cilien besetzt ist und sich außerdem der äußere Wimperkranz jederseits bis zur Spitze dieses Organs heraufzieht, so ist der Rüssel nur als eine zungenförmige Ver- längerung des Randes der Wimperscheibe anzusehen. Es ist wenig- stens nicht einzusehen, wesshalb die Wimperkränze, die doch — wie viele Gattungen zeigen — schon an sich das Bestreben haben, in der dorsalen und ventralen Medianlinie eine Unterbrechung zu bilden, sich auf ein Organ ausgedehnt haben sollen, welches sich erst sekundär zwi- schensieschob. Die Augenflecke haben bei den Rotatorien eine sehr wech- selnde Lage; meist sitzen sie dem Gehirn direkt an, da die Haut so durchsichtig ist, dass das Licht dieselbe zu durchdringen vermag. Bei Philodina hingegen nehmen sie die Spitze des Rüssels ein, während sich die so nahverwandte Gattung Rotifer wie die Mehrzahl der Formen verhält. Bei den Asplanchnen endlich findet man Augenflecke im Be- reiche des Gilienkranzes. Bei keiner Art liegen sie hingegen im Cen- traum der Wimperscheibe, so dass es mir auch aus diesem Grunde natürlicher erscheint, den bei Rhinops an der Spitze des Rüssels gele- genen Augen eine ursprüngliche Lage am Rande, als in der Mitte des Cilienfeldes zuzuschreiben. Andere Sinnesorgane sind von der Rüssel- spitze des Rhinops nicht bekannt, obwohl man doch, wäre sie in der That das Homologon der Scheitelplatte und Vorläuferin des mit Tastbüscheln versehenen Philodinidenrüssels, dergleichen hier erwarten sollte. — Die einzige Gattung, welche in dieser Frage noch herangezogen zu wer- den verdient, ist Adineta. Ich habe den Bau ihres Rüssels gerade mit Rücksicht auf diese Erörterung oben ausführlich geschildert, doch weist nichts darauf hin, dass wir es hier mit einem aus der Mitte der Wim- perscheibe verrückten Organ zu thun haben. Dagegen erinnert es so sehr an die hakenförmig gebogene Platte, welche bei Stephanops, Golu- rus, Metopidia und Monura den Vorderrand des Kopfes überragt, dass ich mir den Rüssel der Philodiniden aus der Umbildung eines der- artigen Stirnfortsatzes entstanden denke. Der einzige Unterschied zwi- schen dem kleinen Rüssel der Adineta und dem Stirnhaken eines Colu- rus besteht in den Tastbüscheln, welche jener zukommen und diesem fehlen. — Ich glaube im Vorhergehenden die Schwierigkeiten, welche der Zurückführung des Gehirns der Räderthiere auf die Scheitelplatte resp. das Kopfganglion der Trochophoralarven entgegenstehen, aus ein- ander gesetzt zu haben. Hinzu gesellt sich noch eine andere Thatsache, deren Bedeutung sich zur Zeit schwer übersehen lässt. Kreinengerg hat zuerst für die Larve des Lopadorhynchus einen Nervenring nachgewie- sen, welcher unter dem Prototroch liegt und das eigentliche nervöse Gentralorgan der Larve darstellt, so lange diese noch keine Spuren Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 2) 34 | Ludwig H. Plate, irgend welcher metameren Anlagen zeigt. Diese überaus wichtige Beob- achtung ist durch Harscnek für Polygordius und Eupomatus bestätigt worden. Es scheint demnach als ob dem Prototroch-Nervenringe eine allgemeine Verbreitung unter den Annelidenlarven zukommt, da er bei drei relativ fernstehenden Vertretern derselben sich gefunden hat, ein Schluss, auf den auch die große Bedeutung, welche dem Ringnerv als Centralorgan für die ersten Stadien der Trochophora zukommt, hin- weist. Demgemäß sollte man erwarten, dass dieser Nervenring auch unter dem Räderorgan der Rotatorien sich wiederfinden würde. Bis jetzt liegen keine Angaben in dieser Richtung vor, und eine erneute Untersuchung des Wimperapparates von Rotifer, Gallidina und Asplanch- na helvetica (von der mir freilich nur Alkoholmaterial zur Verfügung stand, bei dem das meist eingestülpte Vorderende wenig zu feineren Beobachtungen geeignet war) hat nur zu negativen Resultaten ge- führt. Ich glaube daher nicht, dass die Räderthiere einen medusoiden Prototrochnerv besitzen, und sehe in diesem Verhalten ein schwerwie- gendes Zeugnis gegen die Trochophoratheorie, da gerade das Nerven- system der Thiere mehr als irgend ein anderes Organsystem geeignet ist, als Prüfstein für die Berechtigung phylogenetischer Spekulationen zu dienen. Derartige Erwägungen sind wohl dazu angethan einer einseitigen ÜberschätzungderTrochophoratheorie vorzubeugen. Wie ZELINKA inseiner Discopus-Abhandlung näher ausgeführt hat, sind die Meinungen auch darüber getheilt, welcher Abschnitt des Körpers der Trochophoralarven als Rumpf und welcher als Kopf anzusehen ist. So wichtig diese Frage für. das Verständnis der Entwicklungsgeschichte der Anneliden selbst ist, so überflüssig scheint sie mir zu sein, wenn es sich darum handelt, eine Trochophoralarve und ein Rotator zu homologisiren. Obwohl KLEInengerG nachgewiesen hat, dass der ganze hinter dem Prototroch gelegene Theil der Lopadorhynchuslarve in den Rumpf des Annelids übergeht, darf man daraus nicht folgern, dass nur die Umbrella der Larve mit der Wimperscheibe des Räderthieres homolog ist, die hinter den Wimperkränzen gelegenen Abschnitte dagegen nicht gleichwerthig sind. Die Subumbrella der Larve entspricht dem eigentlichen Körper des Räderthieres, und mit dem Momente, wo sich in derselben metamere Organe anlegen, verlässt die Larve das Trochophorastadium und über- schreitet damit den in den Rotatorien dauernd fixirten Zustand. Da die Grundidee der Trochophoratheorie darin besteht, Larven verschiedener Thierklassen mit den Räderthieren zu vergleichen, so halte ich es auch für verfehlt, nach Homologien zwischen den ausge- bildeten Individuen der hier in Betracht kommenden Thierabtheilungen Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 35 und den Rotatorien zu suchen. Namentlich Eueen v. Dapay leistet in die- sem Punkte in seiner Schrift über die Hexarthra polyptera! geradezu Haarsträubendes. Er homologisirt schlankweg den in Tentakeln aus- gezogenen Räderapparat von Stephanoceros Eichhorni und Floseularia mit den Armen der Bryozoen, die beiden fühlerartigen Lateraltaster der Lacinularia mit dem ersten Antennenpaar der CGladoceren. Der bulbus- artige Schlund der Hexarthra soll »sehr lebhaft an den Schlund der Redien- und Cercarienlarven, so wie auch an den der Nematoden, Ne- matorhynchen und Tardigraden« erinnern. Der Kauapparat der Rota- torien, der doch ohne Zweifel als eine ganz specielle Anpassung und Neuerwerbung dieser Thierklasse anzusehen ist, wird gleichzeitig für homolog erklärt mit den Kauorganen des Magens der Decapoden, mit den Guticularbildungen im Vorderdarm der Nematoden und Tardigra- den und endlich noch mit den Kiefern der Gladoceren. Die gedrückte Körperform und der aus zwei Schalen bestehende Panzer der Euchla- niden — nebenbei bemerkt liegen diese Schalen auf der Dorsal- und Ventralseite — sollen »die Ostracoden vorstellen«. Aus der Anwesen- heit von quergestreifter Muskulatur bei den Rotatorien wird auf eine Verwandtschaft derselben mit den Arthropoden geschlossen, obwohl doch innerhalb der verschiedensten Gruppen des Thierreiches sich die glatte Muskelfaser zu einer quergestreiften fortentwickelt hat. Endlich sucht uns Dapay noch davon zu überzeugen, dass sich von der Musku- latur der Räderthiere auch der Hautmuskelschlauch der »Holothurioi- deen« ableiten lässt. »Denken wir die Ringmuskeln einer Philodina oder eines Rotifer so sehr ausgebreitet und den das Räderorgan retrahiren- den Muskel so sehr verlängert, dass sich die ersteren mit ihren Rändern berühren sollen, letztere hingegen bis zur Afteröffnung oder bis zum Ende des Fußes sich erstrecken, so haben wir den Hautmuskelschlauch einer Synapta vor uns.« Entweder will Dapay, wenn er behauptet, dass ein Organ an ein anderes »erinnere«, dasselbe »vorstelle« oder sich von ihm »ableiten« lasse, nur eine gewisse morphologische und physiolo- gische Ähnlichkeit, die zwischen beiden existirt, hervorheben und dann gehören solche Erörterungen nicht in ein Kapitel über »die phylogene- tische Bedeutung der Hexarthra und der Rotatorien im Allgemeinen«, oder er hält sie in der That für homolog, nimmt also an, dass das eine Organ sich im Laufe der phylogenetischen Entwicklung in das andere verwandelt hat, und in diesem Falle verstößt er gegen denjenigen Grund- satz, der als oberstes Gesetz alle phylogenetischen Spekulationen be- herrscht und lautet: Homologien sind zwischen den Organen verschie- 1 E.v. Dapay, Morphologisch-physiologische Beiträge zur Kenntnis der Hexar- thra polyptera Schm, Budapest 1886. 3* 36 Lndwig H. Plate, dener Thiere nur dann zu folgern, wenn 1) die betreffenden Organe sich in gleicher oder ähnlicher Weise entwickeln und 2) die in Vergleich gebrachten Thierformen auch in ihrer Gesammtorganisation wesentliche Übereinstimmungen erkennen lassen; bestehen die letzteren nicht, so ist die Ähnlichkeit als Konvergenzerscheinung aufzufassen. Um das Ge- sagte auf einen speciellen Fall zu übertragen, so darf man nicht, wie Da- pay es thut, behaupten: »der Fuß der Tubicular-Rotatorien gleicht« (d.h. ist homolog) »unzweifelhaft den Tubicolar-Annulaten«, denn eine Ser- pula und eine Melicerta sind so grundverschieden gebaute Organismen, dass die äußerliche Ähnlichkeit zwischen den hinteren Körperenden beider nicht auf Homologie, sondern auf Anpassung an ähnliche Lebens- bedingungen und -Gewohnheiten, in diesem Falle an das Bewohnen einer Röhre, zurückzuführen ist. Dasselbe gilt für die ganze Blüthen- lese angeblicher Verwandtschaftsbeziehungen der Rotatorien, die ich oben aus der Danay’schen Abhandlung zusammengestellt habe. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die verwandtschaftlichen Be- ziehungen der Rotatorien auch auf die Arthropoden auszudehnen. Lrypie ! bezeichnete sie vor nunmehr 35 Jahren geradezu als »Wimperkrebse«. Zum Beweise dieser Ansicht betonte er die panzerartige Beschaffenheit der Guticula mancher Räderthiere, das Vorkommen quergestreifter Muskulatur bei denselben, den Mangel eines Bauchmarks, die Existenz von hart- und weichschaligen Eiern, den Geschlechtsdimorphismus und noch einige andere Punkte. Die Wissenschaft ist in den 31/, Jahrzehn- ten so weit fortgeschritten, dass keins der angeführten Argumente ge- genwärtig auch nur annähernd von ausschlaggebender Bedeutung zu sein vermag, da die herangezogenen Verhältnisse in ihrer gleichmäßi- gen Verbreitung bei ausgesprochenen Würmern wie Arthropoden er- kannt worden sind. Ein Vergleich zwischen Räderthieren und Glieder- füßlern ist daher aufs Neue erwünscht und dieser lehrt, dass die ersteren mehrere Eigenthümlichkeiten aufweisen, welche sich nur bei Würmern, aber bei keinem Arthropod wiederfinden. Hierher sind zu zählen: A) der für die ganze Gruppe so äußerst charakteristische Gilien- apparat des Kopfes; 2) die durchgehende Flimmerung des Tractus in- testinalis; 3) der in so hohem Maße an die Platoden erinnernde Bau der Exkretionskanäle; 4) der vollständige Mangel einer echten Segmen- tirung; 5) das Fehlen von Häutungsvorgängen (periodisches Abwerfen der Gutieula); 6) die Abwesenheit wahrer Extremitäten, d. h. ventral gelegener und paariger Ausstülpungen der Körperhaut. Der letztere Punkt bedarf noch einer näheren Ausführung. Diejenigen Forscher, 1 F. Leypıc, Über den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere. Diese Zeitschr. Bd. VI. 4855. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 37 welche neuerdings auf anatomischer Grundlage die Verwandtschaft der Rotatorien zu den Arthropoden, speciell zu den Entomostraken verfochten haben, nämlich v. Dapay und Hupson-Gosse, stützen ihre Ansicht durch den Hinweis auf die langen, mit großen Endborsten besetzten, beweg- lichen Anhänge, welche sich bei zwei hochinteressanten Räderthieren, bei Hexarthra polyptera Schmarda und Pedalion mirum Hudson in Sechszahl vorfinden. — Zunächst ist hier zu erörtern, ob die beiden ge- nannten Formen nicht vielleicht synonym sind. In der That nehmen Davay und Desv! an, das von Scumarpa zuerst in Ägypten entdeckte Thier sei identisch mit dem später in England und Ungarn beobachteten. Hiergegen hat schon Hupson mit Recht bemerkt, dass wenn ScHMARDA’S Beschreibung und Abbildungen wirklich solche groben Fehler enthielten, wie dies von Desy angenommen wird, dann dieselben überhaupt völlig werthlos wären. Wer Scumarpa’s Schilderung liest und dabei sieht, wie der Entdecker sorgfältig an den ihm in großer Menge zur Verfügung stehenden Individuen die Zahl und Beschaffenheit der Borsten an den Spitzen der Gliedmaßen festgestellt hat, wie er erwähnt, dass die bei- den vorderen Extremitätenpaare an ihrer Basis mit kleinen Zähnen besetzt sind und wie auch die Zahl der Zähne in den Kauplatten seiner Beobachtung nicht entgangen ist, der kann ganz unmöglich eine Syno- nymität der beiden in Rede stehenden Thiere vertheidigen; dazu ist der Unterschied zwischen denselben denn doch zu groß. Pedalion läuft am hinteren Körperpole in zwei sehr deutliche Fußzinken aus, bei Hexarthra fehlen diese; bei Pedalion liegt je ein großes Ruder vorn in der Mitte des Rückens und der Bauchfläche, die zwei anderen Paare sitzen seitlich dem Körper an, alle sechs umstellen daher in Ringform den Hals des Thieres; bei Hexarthra hingegen finden wir drei Paar Ex- tremitäten auf der Ventralseite hinter einander wie bei einem Nauplius; endlich differirt auch die Zahl der Borsten an der Spitze der Gliedmaßen bei beiden Thieren, kurz die Annahme erscheint mir unabweisbar, dass Pedalion mirum und Hexarthra polyptera zwei verschiedene Organis- men darstellen. — Um nun auf unsere eigentliche Frage zurückzu- kommen, welche Stellung diese beiden Räderthiere zu den Glieder- füßlern einnehmen, so scheint mir die Antwort für jede Gattung be- sonders ausfallen zu müssen. Die Anhänge des Pedalion können eben so wenig wie diejenigen der Polyarthra platyptera und der Triar- thra-Arten den Extremitäten der Arthropoden direkt homolog gesetzt werden, weil sie 4) sich nicht auf die Ventralfläche beschränken und 2) theilweise unpaar auftreten. Alle Extremitäten der Glieder- 1 J. Desy, Is not the rotiferous genus Pedalion of Hupson synonymous with Hexarthra of ScumArpA. Journ. Roy. Micr. Soc. 14879. p. 384. 38 | Ludwig: H. Plate, füßler gehören — so weit sie nicht Antennen sind, und eine Homologi- sirung mit diesen ist wegen der Lage jener Anhänge hinter dem Kopfe ausgeschlossen — der Bauchseite des Thieres an und treten paarig hinter einander auf. Man kann jene Bildungen der Räderthiere daher eben so wenig wie die dorsalen Parapodien der Anneliden mit den Gliedmaßen der Arthropoden vergleichen. — Anders freilich liegt die Sache bei der Hexarthra polyptera, die leider neuerdings nicht wieder in den Gesichtskreis eines Zoologen gekommen ist. Diese Art genügt in der That allen Anforderungen, die man hinsichtlich der Extremitäten an ein Arthropod stellen kann: sie sind paarig und stehen hinter ein- ander auf der Bauchseite. Man kann sich daher auch nicht der Folge- rung entziehen, dass durch die Hexarthra polyptera eine neue Perspek- tive auf die so dunkle Herkunft der Entomostraken eröffnet wird, in so fern auch diese mit in den Kreis derjenigen Evertebraten gezogen werden, die sich vermuthungsweise von der Trochophora-Urform ab- leiten lassen. Dapay scheint die Ansicht zu hegen, dass die Hexarthra polyptera nicht bloß von Bedeutung für die Phylogenie der Crustaceen ist, sondern dass dieselbe auch als Übergangsform zu den höheren tra- cheaten Arthropoden angesehen werden darf; in seinem schematischen Stammbaum lässt er nämlich die Naupliuslarve und die »Arachnoidea Tardigrada« als zwei getrennte Zweige der Gliederfüßler in der Hexar- thra wurzeln. In so fern hierdurch ausgesprochen sein soll — was übri- gens nicht besonders bemerkt wird —, dass die Bärthierchen die niedrigsten luftbewohnenden Gliederfüßler sind, gebe ich ihm voll- ständig Recht und habe ich den Beweis hierfür erst kürzlich ausführlich zu erbringen gesucht!. Erst nach Veröffentlichung meiner Tardigraden- abhandlung habe ich in Erfahrung gebracht, dass schon vor mir BürschLı? zu einer ganz ähnlichen Auffassung der systematischen Stellung der Bärthierchen gelangt ist; auch er sieht in ihnen sehr ursprüngliche Or- ganismen, deren Zureihung zu den Arachnoideen er für ganz verfehlt hält. Zwischen der Ansicht Bürscaur's und der meinigen besteht jedoch der Unterschied, dass nach jener die Tardigraden ganz allgemein »die niedersten Arthropoden sind«, welche »dem einfachsten uns durch die Entwicklungsgeschichte bekannt gewordenen Arthropodenzustand, der Naupliusform, am nächsten stehen«, während ich für die Grustaceen und die Tracheaten zwei vollständig gesonderte Entwicklungsbahnen annehme und in den Bärthierchen nur die niedrigsten Vertreter der letzteren erblicke. Onychophoren und Tardigraden »dürfen beide als 1 L. PLate, Tardigraden. |]. c. p. 544. 2 0. BürscaLıi, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 1876. Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. 39 gesonderte Gruppen einer höheren Abtheilung, der Protracheata, ange- sehen werden, welche den Übergang von den Ringelwürmern zu den luftathmenden Gliederfüßlern vermitteln. In dieser Abtheilung haben die Bärthierchen die erste, die höher organisirten Onychophoren die zweite Stelle einzunehmen«. Dass die Tardigraden als Vorläufer der Tracheaten anzusehen sind, dagegen keine Beziehungen zur Phylogenie der Krebsthiere besitzen, folgt 1) aus dem Charakter ihrer Extremitä- ten, 2) aus dem Besitze von echten Marricurschen Exkretionsorganen und 3) aus der Anwesenheit einer ventralen Ganglienkette. Für die naupliusartige Stammform der Entomostraken ist der gegliederte Spalt- fuß der beiden hinteren Extremitäten in so hohem Maße charakteri- stisch, dass sich der ungegliederte Stummelfuß der Tardigraden auf denselben nicht zurückführen lässt; auch physiologisch differiren beide erheblich. Jener ist ein Schwimm-, dieser ein Gehfuß, der vermuthlich aus einem ventralen Parapodium eines Annelids entstanden ist. MAr- picur’sche Gefäße fehlen allen Grustaceen und ihr Vorhandensein würde allein genügen, um die Bärthierchen aus dem Kreise der Crustaceen auszuschließen; das Vorkommen analoger schlauchförmiger Exkretions- organe bei Amphipoden und Brachyuren kann hierbei nicht in Betracht kommen, da diese Gebilde durch ihr isolirtes Auftreten bei hoch orga- nisirten Formen sich zur Genüge als sekundäre Neuerwerbungen do- kumentiren. Endlich bezeugt der ganz verschiedene Bau des Nerven- systems eines Nauplius und eines Macrobiotus, dass zwischen beiden keinerlei direkte Verwandtschaftsbeziehungen existiren können. Aus dem Gesagten folgt weiter, dass meiner Ansicht nach auch Davay auf falscher Fährte sich befindet, wenn er die Vorfahren der Tardigraden in der Nähe der Hexarthra sucht. Ein diese Verhältnisse illustrirendes Schema könnte nur ungefähr in folgender Weise ausfallen: Trochophora = Rotatoria a Ss Hexarthra San Bryozoa Bilde Br. Mollusca Crustacea Sr Hirudinei Tardigrada Tracheata (Peripatus) 40 Ludwig H. Plate, Zum Schlusse noch einige Bemerkungen zu anderen Versuchen, den Leypıe’schen Gedanken wieder lebenskräftig zu gestalten. Tessıy will gefunden haben, dass die Mesodermzellen der Räderthiere am vor- deren Körperende liegen, während sie doch bei allen höheren Wür- mern nach hinten verlagert sind. Er schließt hieraus auf eine Verwandt- schaft mit den Crustaceen, da bei Astacus sich in gleicher Weise die Mesodermzellen am Vorderrande des Prostoma vom Entoderm abschnü- ren. ZELınkA hatschon ganz treffend dem gegenüber aus einander gesetzt, wie sehr die von Tessın als Mesoderm gedeuteten Zellen noch der Auf- klärung bedürfen, da sie sich gegen alle Regel vom Ektoderm ablösen. Aber selbst angenommen, dass der zwar geschickte, aber doch sehr be- denkliche Versuch, den Ursprung des Mesoderms mit Hilfe einer »zeit- lichen Verschiebung« auf das Entoderm zurückzuführen, riehtig wäre und jene Zellen demnach das Mesoderm darstellten, so scheint mir ihre Lage keinen gentigenden Grund darzubieten, die Verwandtschaft der Räderthiere mit den Anneliden zu bestreiten. Die betreffenden Zellen liegen an der Übergangsstelle von Ektoderm und Entoderm, am Blasto- porus, dort wo sie auch bei den Anneliden zu finden sind. Ob sie vom Vorderrande des Prostoma oder vom Seiten- und Hinterrande desselben sich ablösen, scheint mir nur von untergeordneter Bedeutung zu sein, und dass sie bei den Larven des Polygordius und Eupomatus an das hintere Körperende verlagert werden, hat nur darin seinen Grund, dass in Folge der starken Entwicklung der Umbrella die Mundöffnung Anfangs relativ weit nach hinten zu liegen kommt und erst später bei stärkerer Entwicklung der Subumbrella scheinbar nach vorn wandert. Zweitens sieht Tessın in dem Fuß der Räderthiere ein dem Postabdomen der Krebse homologes Gebilde, weil er nachweisen konnte, dass das Entoderm ursprünglich weit in den Fuß hereinreicht und erst im Laufe der Ontogenie aus demselben herausgezogen wird. Hiergegen spricht zunächst, dass bei der großen Mehrzahl der Copepoden und Cladoceren der Enddarm an der Spitze des Postabdomens selbst, häufig allerdings etwas auf die Rückenseite verschoben ausmündet und nur in wenigen Fällen der After vor dem Postabdomen liegt. Entspräche also der Fuß der Räderthiere dem Postabdomen der Krebse, so wäre es unverständ- lich, wesshalb bei jenen die Afteröffnung weit vor dem hinteren Körper- ende, bei diesen hingegen, die doch als höher organisirte Formen von jenen abstammen müssten, terminal gelagert ist. Außerdem finden wir bei keinem Entomostrak am Postabdomen ein der Klebdrüse der Räder- thiere entsprechendes Gebilde, obwohl dasselbe doch so gut wie keinem Rotator fehlt. Ich halte überhaupt die in Zwei- bis Vierzahl auftreten- den Griffel oder lanzettförmigen Anhänge am hinteren Körperende der Über die Rotatorienfauna es ottnischen Meerbusens etc. 41 Räderthiere als eine erst innerhalb der Klasse vollzogene Neuerwer- bung, weil eine Anzahl von Gattungen, die in dem Besitz eines dop- pelzeiligen Räderapparates ein primitives Verhalten bekunden: ge- wisse Callidina-Arten, Discopus, Pterodina, Lacinularia, Melicerta, Limnias, Oeecistes, die sog. »Zehen« nicht besitzen, während nahver- wandte Genera mit ebenfalls der ursprünglichen Anordnung der CGilien- kränze (Rotifer, Philodina) nicht zwei, sondern drei oder vier derselben besitzen. Bei Gallidina parasitica konnte ich sogar Ausführkanäle der Klebdrüsen in die zwei »Sporen« verfolgen, jene Anhänge, welche etwas vor dem hinteren Körperpole dem Fuße ansitzen und bei anderen Phi- lodiniden blind geschlossen sind; es scheinen daher auch diese Gebilde ursprünglich Zehen gewesen zu zein. Bei Gallidina symbiotica treffen wir zehn Zehen an, die wegen ihrer geringen Größe und der großen Ähnlichkeit im Baue der Klebdrüsen auf die Fußplatte der Call. magna als Ausgangsform hinweisen. Meines Erachtens haben wir in einer solchen von zahlreichen Drüsenkanälen durchbrochenen Saugscheibe, wie sie jetzt noch bei Discopus und Gall. magna vorliegt, das ursprüng- liche Verhalten zu sehen; die Verlängerung der Austrittsöffnungen zu kleinen Röhren und die damit Hand in Hand gehende Beschränkung ihrer Zahl führte zu dem bei Call. symbiotica fixirten Verhalten, aus dem durch noch weiter schreitende Reduktion in der Zahl bei gleich- zeitiger stärkerer Ausbildung die sechs (Call. parasitica) resp. vier, drei, zwei Zehen der übrigen Rotatorien entstanden. Diese Gebilde stellen daher ganz specielle Anpassungen an und für den Haftapparat der Fuß- drüsen dar und können nicht mit der Furca der Copepoden oder ent- sprechenden Anhängen der Gladoceren homologisirt werden, wie dies durch Leyvie, BürscuLı, Danay und Tessın geschieht. Marburg, im Mai 1889. Erklärung der Abbildungen. Tafel I, Es bedeutet in allen Zeichnungen: r, Räderapparat; r, Enddarm; do, Dotterstock ; 0, Mundöffnung ; kl, Kloake; ke, Keimstock ; oe, Osophagus; w, Wassergefäß; f, Fußdrüse ; k, Kauapparat; wi, Wimperflamme ; cV, kontraktile Blase; sal, Speicheldrüsen ; ce, Gehirn; . t, Tastborsten ; p, Magendrüsen ; c, Cuticula der Haut; m, Muskel; st, Magen, Mitteldarm ; n, Nerv; *, beliebige Vergrößerung. 42 Ludwig H. Plate, Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. Fig. A. Asplanchna Girodi de Guerne. Gebiss. 450/1. Fig. 2*. Rotifer vulgaris Ehr. Seitenansicht der Kloake. Fig. 3*, Rotifer vulgaris Ehr. Einmündung der Wassergefäße in die Kloake. Ventralansicht. Fig. 4*. Callidina magna n. sp. Fußdrüsen. Fig. 5. Callidina magna n. sp. Ventralseite. Endigung von Ringmuskel VI und VII. 460/A. Fig. Thieres. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 6. Callidina magna n. sp. Ventralansicht eines im Wasser abgestorbenen 460/A. 7. Callidina magna n. sp. Muskeln des Rückens. 140/1. 8. Callidina magna n. sp. Muskeln der Bauchseite. 140/4. 9*, Callidina magna n. sp. Rüssel, halb ausgestülpt. 40*. Callidina magna n. sp. Dorsaler Taster. 44. Callidina magna n. sp. Kauplatten. 690/14. 42. Callidina magna n. sp. Schlundkopf. Ventralansicht. 305/A. 13. Adineta vaga Dav. Dorsalansicht des Kopfes. 690/1. 44. Adineta vaga Dav. Seitenansicht des Kopfes. 690/1. Die Hornzähne der Batrachierlarven. Von Ernst Gutzeit, Königsberg i. Pr. Mit Tafel II und Ill. Durch eine nur ihnen zukommende und den ausgebildeten Thieren ‘fehlende, eigenthümliche Bewaffnung des Mundes erinnern die Larven der Batrachier bekanntlich an die Familie der Petromyzonten. Wie bei diesen finden wir dort eine äußere Mundscheibe, die im Umkreise mit Papillen besetzt ist. Der Zugang zu der eigentlichen Mundhöhle, in der Mitte der Mundscheibe gelegen, wird von zwei man- dibelartigen Stücken verschlossen, die bei den Batrachierlarven Be- kleidungen der knorpeligen Kiefer darstellen und dem Schnabel eines CGephalopoden ähnlich sind (Banseke). Zwischen diesen Mandibeln und dem äußeren Papillenrande finden wir bei den Petromyzonten größere und kleinere Hornplatten, bei den Batrachierlarven lippenartige Dupli- katuren der Haut mit feinen schwarzen Anhängen besetzt. Ist der Bau beider Bildungen auch ein durchaus verschiedener, so gleichen sie sich doch darin, dass sie bei den Petromyzonten, wie bei den Batrachier- larven aus der Epidermis hervorgehen. . Diese provisorische Bewaffnung des Mundes der letzteren hat schon früh die Aufmerksamkeit der Forscher erregt. Bereits im Jahre 1737 bildet Swammervam! dieselbe ab und unterzieht sie einer Beschreibung. Viele Jahre später beschäftigten sich Antoine Ducks? und MARTIN Saınt-Ange® mit den hornigen Anhängen der Kiefer und der Lippen. 1 SWAMMERDAM, Biblia naturae. T. II. p. 824. Tab. XLIX. 2 Ant. Duczs, Recherches sur l’ost6ologie et la myologie des batraciens A leurs differents äges. 3 Marrın SAINT-AnGe, Recherches anatomiques et physiologiques sur les organes transitoires et la metamorphose des Batraciens. Annales des sciences naturelles. l. serie. t. XXIV. 1834. 44 Ernst Gutzeit, Allein von dem interessanten Bau derselben hat erst Carı Vocr! in seinen Untersuchungen über die Entwicklung der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans Laur.) eine gute Vorstellung gegeben. Nach ihm hat dann Cn. van BamBEkE ? eine ausführliche Untersuchung über den Bau des Mundes von vier Batrachierlarven (Rana esculenta, R. temporaria, Pelobates fuscus und Bufo vulgaris) geliefert und den histiologischen Bau der Papillen, der Hautduplikaturen (»des lames pectinees«), ihrer hornigen Anhänge (»des crochets corn6s«) und des Hornschnabels (» du bec corn&«) geschildert und theilweise abgebildet. Den genaueren Bau der Hornzähnchen und des Hornschnabels studirten dann Köriker ® und Franz Eınardr ScHuLze?. Der erstere Forscher erklärte nur die beiden Mandibeln für eine durch Verhornung entstandene Bildung, die Anhänge der Lippen aber als cuticulare Bil- dungen, während der letztere sowohl Mandibeln als Hornzähnchen aus verhornenden resp. verhornten Zellen hervorgehen lässt. — Gegen die letztere Ansicht bezeichnete Franz LeyDıs 5 in seiner großen Arbeit über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien die in Rede stehenden Organe als ein ausgesprochenes Beispiel von CGutieularbildung. Das- selbe thut Semper®. In seiner letzten Arbeit über das Epithel der Lippen, der Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle erwachsener Larven von Pelobates fuscus kommt Fr. E. Scuurze? noch einmal auf die oben genannten Organe zurück und schildert den genauen Bau und das Wachsthum beider, denen zufolge er seine obige Auffassung über Bildung durch Verhornung aufrecht erhält. Über die durch den Mund gebildeten Kennzeichen, die dazu dienen können die Batrachierlarven nach Familie, Gattung und Art zu unter- 1 C. VosT, Unters. über die Entwicklungsgesch. der Geburtshelferkröte. 1842. 2 Ca. van BANBERE, Recherches sur la structure de la bouche chez les tetards des Batraciens anoures. Des Bulletins de ’Academie royale de Belgique. 2m serie. tome XVI. Bruxelles. 2 Tabl. 3 KÖLLIKER, Würzb. Verh. 1857. Bd. VIII. Taf. III, Fig. 32. 4 F.E. ScuuLze, Über die cuticulare Bildung und Verhornung von Epithelzellen bei den Wirbelthieren. Archiv für mikr. Anatomie von M. ScHuLTZE. Bd. V. 1869. Taf. XVII. Fig. 14—13. 5 Franz Leydig, Über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Archiv für mikr. Anat. von LA VALETTE ST. GEORGE u. W. WALDEYER. Bd, XII. 4876. p. 129, 130. 6 SEmPER, Diese Zeitschr. Bd. IX. p. 281. 7 F. E. ScuuLze, Über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. I. Mittheilung. Über das Epithel der Lippen, der Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle erwachsener Larven von Pelobates fuscus. Aus den Abhandl. der könig]. preuß. Akademie der Wissensch, vom Jahre 1888 mit 4 Tafeln. Berlin 1888. Die Hornzähne der Batrachierlarven. 45 scheiden verbreiten sich schließlich die Arbeiten von Heron-Royer und CH. van BamBeRE ! und von Mary H. HınckLevY?. Dass die in Rede stehenden Hornzähnchen, trotzdem eine Reihe hervorragender Forscher sich mit ihnen beschäftigt hat, auch in histio- logischer Beziehung noch eine neue Bearbeitung vertragen, beweist am besten die Bemerkung, welche Fr. E. Scuuzze in seiner letzten Arbeit (10) p. 33 macht: »Die Stiftzähnchen ... sind von zahlreichen For- schern bei verschiedenen Batrachierlarven eingehend studirt, ohne dass jedoch die Beschreibungen und Deutungen völlig übereinstimmen. « Ich hoffe nun, dass es mir gelingen wird, durch Mittheilung einiger histiologischer Details die Übereinstimmung der verschiedenen Angaben genügend herzustellen. — Im Folgenden soll nun erstens die Anlage und Ausbildung der ganzen Mundpartie bei einigen Batrachierlarven verfolgt, dann eine genauere Schilderung der Zahnstifte in ihrem histio- logischen Bau und schließlich eine Darstellung der Entwicklung der Zahnstifte und Mandibeln gegeben werden. Bevor wir zum ersten Abschnitt übergehen, seien noch einige Worte über die Bezeichnungsweise der einzelnen Theile des Mundes gestattet: BauBERE (5), der die Stellung der Kammplatten (lames pectin6es) zuerst eingehend untersuchte, hat folgende künstliche Eintheilung ge- geben: Er unterscheidet zunächst levres externes, d. h. die äußeren Ränder des segment superieur und des segment inferieur des Mundes. Zwischen den levres externes und den Mandibeln sitzen die levres ar- me&es ou James pectinees, oben palatines und unten linguales genannt. Beide sind entweder medianes oder laterales. Die levre externe superieure kann mit Zahnstiften versehen sein und heißt dann zum Unterschied von den Kammplatten labre pectine. Gemäß der unten zu besprechenden Anlage kann man den ganzen Apparat in folgender Weise darstellen: Die Mandibeln werden von einer Hautduplikatur umgeben, die be- sonders oben und unten entwickelt ist und so eine Ober- und Unter- lippe bildet. Auf der Innenseite derselben sitzen weitere Hautfalten, die jene Zahnstifte (Hornzähnchen) zur Entwicklung bringen. So finden wir es z.B. bei den Larven von Alytes obstetricans. Während nun die 1 Heron-RoyEr et Cu. van BANBERE, Sur les Caracteres fournis par la bouche des T&tards des Batraciens Anoures d’Europe. Bulletin de la societ& zoologique de France pour l’annee 4884. Bd. VI. 2 Mary H. HınckLev, On some differences in the mouth structure of Tadpoles of the anoures Batrachians found in Milton Mass. Proceedings of the Boston Soc. of Natural History, Vol. XXI. 1880—1882. Boston 1883, 46 Ernst Gutzeit, Oberlippe immer kürzer wird, und ihre Kammplatten in den Winkel zwischen ihr und der Mandibel zu liegen kommen, wird die Unterlippe größer und trägt ihre Kammplatten selbst [vgl. Scauzze (10) Taf.I, Fig.5]. Ferner verschwindet der obere freie, mit Papillen besetzte Rand der Oberlippe und die obere Mittelplatte wird frei. Man kann dies Ver- hältnis stufenweise verfolgen. Während bei Alytes der Papillenkranz ununterbrochen verläuft, finden wir bei Pelobates schon eine Lücke (Taf. II, Fig. 16), die dann größer wird (Hyla arborea, Taf. II, Fig. 13), bis bei Rana temporaria nur die seitlichen Papillenränder noch etwas die obere Mittelplatte umgreifen (Taf. II, Fig. 7). Wir wollen nun nach der Bezeichnungsweise von Fr. E. Scuuze die Kammplatten der Ober- lippe als obere, die der Unterlippe als untere bezeichnen und von Mittel- und Seitenplatten, je nach ihrer Stellung zur Mediane, von-vor- deren, mittleren und hinteren Platten, je nachdem sie näher der Man- dibel oder dem äußeren Rande liegen, reden. I. Ausbildung des Mundes. In der Hauptsache erfolgt die Ausbildung des Mundes mit seinen Mandibeln, Kammplatten und Papillen in derselben Weise bei den verschiedenen Batrachierlarven: In der entstehenden Mundöffnung er- scheinen die Mandibeln (cf. die Entwicklung derselben p. 63). Im Um- kreise dieser erhebt sich dann die Epidermis wallartig, der so entstan- dene Ring theilt sich in ein oberes und unteres Segment und bildet so die Anlage der Ober- und Unterlippe. Auf derselben auftretende Fur- chen grenzen weiterhin die einzelnen Kammplatten und Papillen ab. Wir wollen das näher bei drei Batrachierlarven verfolgen: | 1) Rana temporaria. Taf. II, Fig. 7 stellt das Maul einer 23 mm langen Larve dar, deren Hinterbeine bereits eine Länge von 4 mm erreicht haben. Wir zählen auf der Oberlippe eine Mittel- und jederseits drei Seitenplatten, auf der Unterlippe zwei Seiten- und drei Mittelplatten. Wir haben daher nach den Untersuchungen von C. Born! Rana fusca Rösel vor uns, da Rana arvalis Nilss. nur zwei untere Mittelplatten besitzt. Jederseits finden wir zwei reich mit Papillen besetzte Ohren, der äußere Rand der Oberlippe ist ganz frei, der der Unterlippe von einer einreihigen resp. zweireihigen Papillenreihe eingefasst. Was die Anzahl der Zahnstifte betrifft, die in den 12 Kammplatten stecken, so beläuft 1 GC, Born, Weitere Beiträge zur Bastardirung zwischen den einheimischen Anouren. Archiv für mikr. Anatomie von LA VALETTE und WALDEYER, Bd, XXVII, 4886. Die Hornzähne der Batrachierlarven. 47 sich ihre Zahl in dem gezeichneten Exemplar auf circa 640. Dieselbe vertheilt sich in folgender Weise: obere Mittelplatte 115 115 vordere obere Seitenplatten 35 35 70 mittlere obere Seitenplatten 25 29° 50 hintere obere Seitenplatten 10 10 020 untere Seitenplatten 50 50 100 hintere, untere Mittelplatte 105 105 mittlere untere Mittelplatte 105 105 vordere untere Mittelplatte 75 75 640 Die Ausbildung des beschriebenen Organs geht nun in folgender Weise vor sich: Bei Embryonen, deren Kiemen noch ganz kurz sind, finden wir ein bis zwei Tage nach dem Ausschlüpfen oberhalb der mächtig entwickel- ten, dicht an einander gerückten Haftorgane eine flache Grube. Die- selbe vertieft sich und wird viereckig, und zwar so, dass die eine Diagonale des Vierecks mit der Medianlinie zusammenfällt. Auf einem späteren Stadium, wenn die Mundöffnung durchgebrochen, erscheinen in den in der Medianlinie liegenden Winkeln des Vierecks die Man- dibeln. Dann erhebt sich rings um die Mundöffnung ein Ringwall, wie es in Taf. II, Fig. ! von einer 2!/gtägigen, 7,0 mm — davon 2,5 mm Rumpf — langen Larve angegeben. Dieser Ringwall zerfällt (Taf. II, Fig. 2) in einen oberen und einen unteren Bogen, die die Anlagen der Ober- und Unterlippe repräsentiren. Der untere Bogen hat sich bereits etwas verbreitert und zeigt eine Furche, die die beiden späteren Seitenplatten abtrennt. Bei einem Alter von 3!/, Tagen und einer Länge von 8 mm (3,0) — die äußeren Kiemen bilden lange Büschel — finden wir Folgen- des (Fig. 3, Taf. I): Die beiden unteren Seitenplatten haben sich von einander getrennt und von der Unterlippe deutlich abgesetzt. Eine neu auftretende Furche beginnt auf der Unterlippe die später hintere Mittelplatte abzutrennen. An den seitlichen Enden der Unterlippe gliedert sieh je eine Papille ab, dessgleichen zerfällt der untere Rand in Papillen. Die Seitenplatten der Oberlippe werden auch schon ab- gegliedert, sind aber durch den übergeschlagenen Rand der Oberlippe resp. der Mittelplatte verdeckt. Eine Aktägige, 9,5 (3,5) mm lange Larve, deren büschelige Kiemen von der Kiemenfalte schon etwas bedeckt werden, zeigt die unteren Seitenplatten, die hintere untere Mittelplatte und jederseits zwei Papillen abgesetzt (Taf. II, Fig. 4). Eine neue Furche 48 Ernst Gutzeit, beginnt die spätere mittlere untere Mittelplatte abzutrennen. Die Man- dibeln zeigen hier zum ersten Male schwarze Säume in Folge der stär- keren Verhornung ihrer Zellen. Bei einer circa Stägigen Larve, deren Kiemenspalte sich zu schließen beginnt (Fig. 5, Taf. II), finden wir die beiden Mittelplatten der Unter- lippe völlig ausgebildet. Der Rand der oberen Mittelplatte ist schwärz- lich gefärbt, ein Zeichen, dass die Zähne zum Durchbruch reif sind. Auf dem Stadium (10tägig; 10,5 mm lang), das Fig. 6, Taf. II, dar- stellt, sind in allen Kammplatten die Zähnchen durchgebrochen, die Papillen haben sich rundlicher abgesetzt und die Ausbildung der seit- lichen Ohren beginnt. Die Kiemenspalte ist auf diesem Stadium bereits geschlossen. Bei der weiteren Ausbildung flacht sich die obere Mittelplatte ab und es treten die oberen Seitenplatten hervor. Die oberen seitlichen Ohren erhalten mehrere Papillen und beginnen die obere Mittelplatte etwas zu umfassen. Die zu beiden Seiten der Unterlippe ‚gelegenen Papillen verdoppeln sich, es werden auch langgestreckte Papillen ge- bildet. Auf einem Stadium, das circa 17 Tage zählt und 14 (5,5) mm Länge aufweist, ist die Konfiguration des Mundes, wie sie die großen Larven zeigen (Fig. 7), ziemlich erreicht. Es fehlen noch die hinteren Seitenplatten der Oberlippe; die der Unterlippe sind noch durch einen größeren Zwischenraum, der später geringer wird, getrennt, der Pa- pillenbesatz ist noch nicht so reichlich entwickelt. Die vordere untere Mittelplatte, d. h. die dritte, ist dagegen schon als eine flache Leiste, die freilich noch keine Zähnchen trägt, angelegt. Demnach sind die zur Darstellung der Entwicklung des Mundes benutzten Larven auch solche von Rana fusca, da die von Rana arvalis, wie bereits bemerkt, nur zwei Mittelplatten auf der Unterlippe tragen. 2) Hyla arborea. Die Larven von Hyla arborea haben, wie Hrron-Royer et BAMBERE (14) angeben, ein im Umriss vierseitiges Maul. Dasselbe wird einge- fasst von einem Papillenkranz, der meist einreihig ist und das Mittel- stück der Oberlippe frei lässt (Taf. II, Fig. 13). Wie ferner von den genannten Forschern beschrieben, zählt die Oberlippe eine große Mittelplatte und zwei schräg gestellte, längere Seitenplatten. Die Unterlippe hat zwei Seiten- und zwei Mittelplatten. Die vier Seiten- platten bilden übrigens, wie mir auffiel, in ihrer Stellung zusammen die Seiten eines Rhombus, woran die Larven namentlich dann zu er- kennen sind, wenn sie sich an die Glaswand des Aquariums geheftet Die Hornzähne der Batrachierlarven. 49 haben. An dem gezeichneten Exemplar zählte ich 560 Hornzähnchen. Ihre Vertheilung ist folgende: obere Mittelplatte 150 150 obere Seitenplatten 6) wo untere Seitenplatten 60 60 120 untere hintere Mittelplatte 140 140 untere vordere Mittelplatte 60 60 560 Die Entwicklung des Mundes bei den kleinen gelben Larven des Laubfrosches beginnt später als bei Rana temporaria. Während dort der Ringwulst schon nach 21/, Tagen ausgebildet war, zählt das analoge Stadium von Hyla arborea (Taf. II, Fig. 8) bereits 11 Tage. Dazu kommt noch, dass im Inneren der vierseitigen Mundöffnung nur die untere Mandibel zu sehen ist, während sich die obere noch nicht von der inneren Wand des Ringwalles abgesetzt hat (cf. Entwicklung der Man- dibeln p. 63, Taf. III, Fig. 64). Dieses Verhältnis ist übrigens auch bei den Larven von Alytes ob- stetricans zu bemerken. — Das in Fig. 9, Taf. II abgebildete folgende Stadium hat ein sehr regelmäßiges Aussehen. Obere und untere Man- dibel sind angelegt; die beiden Seitenplatten der Oberlippe wie der Unterlippe sind vom inneren Rand des Ringwalles abgesetzt. Der letztere wird bereits durch eine feine Furche in ein oberes und unteres Segment getheilt. Zeigten die beiden beschriebenen Stadien noch äußere Kiemen, so sind sie bei dem in Fig. 10 Taf. II abgebildeten bereits von der äußeren Haut bedeckt; die Kiemenspalte ist noch vorhanden. Ober- und Unter- lippe sind hier bereits scharf von einander abgesetzt; auf der letzteren wird durch eine Furche die spätere hintere Mittelplatte abgetrennt. Fig. 11, Taf. II stellt das Maul einer I6tägigen Larve, deren Kie- menspalte bereits geschlossen, dar. Der Rand der Unterlippe zeigt in seiner ganzen Ausdehnung die Anlage von Papillen; die Oberlippe zeigt gleichfalls an beiden Enden Papillen, von denen sich die obere Mittel- platte abzugrenzen beginnt. Auch ist die hintere untere Mittelplatte deutlich abgesetzt. Bei einer 19 Tage zählenden Larve (Fig. 12, Taf. II) sind in den sechs bis jetzt angelegten Kammplatten die Hornzähnchen zum Durch- bruch gekommen. Ferner ist die vordere untere Mittelplatte angelegt. Die Papillen haben sich überall abgerundet und zu beiden Seiten des Mundes verdoppelt. Die Mandibeln zeigen erst in diesem Stadium schwarze Säume. — 22tägige Larven mit einer Länge von 10 (4,5) mm Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 4 50 Ernst Gutzeit, zeigen sämmtliche Stücke der Mundpartie und im Allgemeinen die Konfiguration, wie sie Fig. 13, Taf. II darstellt. Zu bemerken ist noch, dass in dem Mittelstück der oberen Mittel- platte die Zähnchen oft etwas später als an den Enden durchbrechen, so dass jederseits zwei Seiten- und keine Mittelplatte vorhanden zu sein scheinen. 3) Pelobates fuseus. Die Form des Mundes bei den Riesenlarven von Pelobates fuseus ist eine sehr charakteristische, so dass man, abgesehen von anderen sicheren Merkmalen !, nach den durch den Mund gebildeten Charakteren die Larven der Knoblauchskröte von den oft auch sehr groß werdenden des grünen Wasserfrosches (Rana esculenta) unterscheiden kann (Fig. 16, Taf. I). Im Umkreis elliptisch, wird der Rand der Mundscheibe von einer meist einfachen Papillenreihe eingefasst, die nur oben eine kleine Strecke für die charakteristisch gebogene obere Mittelplatte frei lässt. Außer den sieben oberen und sieben unteren Kammplatten (je eine Mittel- und sechs Seitenplatten), die H£ron-Royer et BamBEre (11) für Pelobates fuscus angeben, finden sich, wie Fr. E. Scauzze (10) bemerkt, noch seit- lich von den Seitenplatten der Unterlippe kleinere äußere Seitenplatten. Wie ich annehmen möchte, sind die letzteren nur abgelöste Stücke der großen Seitenplatten, da sich je drei bis vier der kleinen Platten in eine Linie bringen lassen, die der Fortsetzung einer großen Seitenplatte entspricht. Auch stimmt damit überein, dass an einem großen Exem- plar einer Larve jede der vorderen und mittleren unteren Seitenplatten durch eine tiefe Furche in zwei gleiche Theile getheilt war. Auch auf der Oberlippe konnte ich an dem äußeren Ende der vor- deren Seitenplatte eine kleine Nebenplatte bemerken. Was die in den Kammplatten steckenden Stiftzähnchen anbetrifft, so erlaube ich mir zum Vergleich die von Fr. E. ScuuLze angegebenen Zahlen hierher zu setzen. obere Mittelplatte 60 60 vordere obere Seitenplatte 100 100 200 mittlere obere Seitenplatte 50 50 400 hintere obere Seitenplatte 20 20 %0 kleine äußere untere Nebenplatte 70 70 1430 540 I Sechste Zehe der angelegten Beine, spindelförmige Gestalt der Pupille! E. PrLüser, Das Überwintern der Kaulquappen der Knoblauchskröte. PrLüser’s Ar- chiv f. d. gesammte Physiologie. Bd. XXXI. Bonn 1883. Die Hornzähne der Batrachierlarven. 51 Transp. 540 hintere untere Seitenplatte 90 50 100 mittlere untere Seitenplatte 80 80 160 vordere untere Seitenplatte 100 100 200 untere Mittelplatte 100 100 1100 Die Entwicklung des Mundes bei Pelobates fuscus weicht in man- cher Beziehung von der bei den bisher betrachteten Fällen ab. Wie bei Hyla arborea tritt die Entwicklung später ein als bei Rana tempo- raria; während aber die Larven der ersteren Art anfänglich sehr klein waren, fallen die Larven der Knoblauchskröte von Anfang an durch ihre Größe auf. — Bei einem Alter von fünf bis sechs Tagen, auf dem der große Haftapparat eine Y-förmige Gestalt angenommen (vgl. Tnıere !, Taf. X, Fig. 2 f), bemerken wir die vierseitige Mundöffnung. Dieselbe differenzirt sich dann in ähnlicher Weise, wie es für Rana temporaria auf Taf. II, Fig. I abgebildet. Auf diesem — IAtägigen — Stadium misst die Larve bereits 9,5 mm, wovon 3,5 mm auf den Rumpf kommen. Auch auf dem nächsten Stadium ähnelt der Mund der für Rana tempo- raria in Taf. II, Fig. 2 gegebenen Figur. Dann aber ändert sich die Entwicklung, und wir erhalten nach einiger Zeit ein Bild, wie es Fig. 14, Taf. II für eine 15 Tage alte und 11 mm (4 mm) messende Larve darstellt. Der äußere Rand der Mund- scheibe ist allseitig in Papillen zerlegt. Die beiden Mandibeln sind hell gefärbt, auffallend bloßgelegt und mit schwarzen Säumen versehen. Auf der Oberlippe sieht man, wie bei Hyla, die beiden vorderen Seiten- platten auftreten; an der Unterlippe bemerkt man dagegen ein ganz anderes Verhalten: Der Theil der Unterlippe, welcher übrig geblieben, nachdem sich die Randpapillen abgegliedert, lässt durch eine Furche, die der Querachse des Mundes parallel verläuft, ein medianes Stück, die spätere untere Mittelplatte abtrennen. Durch weitere, der ersten parallele Furchen, werden dann links und rechts die vorderen unteren Seitenplatten abgegrenzt. In derselben Weise werden dann von vorn nach hinten fortschreitend die mittleren und hinteren Seitenplatten gebildet, wie in der folgenden Fig. 15, Taf. II, die das Maul einer 28tägigen, 12 mm langen Larve darstellt, zu sehen ist. Auf diesem Stadium zeigen, ihrer Bildung gemäß, die untere Mittel- platte und die vorderen unteren Seitenplatten bereits Hornzähnchen, während bei Hyla und Rana diese untere Mittelplatte — die ja hier zuletzt entsteht — auch ganz zuletzt mit Hornzähnchen versehen wurde. 1 Jos. TuıeLe, Der Haftapparat der Batrachierlarven. Diese Zeitschr. Bd. XLVI, 4, ft, 4% 592 Ernst Gutzeit, Ferner bemerken wir auf diesem Stadium, dass auch die kleine obere Mittelplatte angelegt und mit Stiftzähnchen ausgestattet ist. Den vor- deren oberen Seitenplatten und den dazu gekommenen mittleren fehlen dieselben noch. | Die weitere Entwicklung bis zu der Fig. 16, Taf. II abgebildeten Form hat nichts Bemerkenswerthes; es kommt das Fehlende noch hinzu, und durch verschieden schnelles Wachsthum kommen die einzelnen Theile in ihre definitive Lage. Ihrer Bildungsweise entsprechend nehmen die unteren Seiten- platten von vorn nach hinten an Mächtigkeit ab; eine vierte — nur ein- seitig ausgebildete — an dem gezeichneten Exemplar beobachtete Seitenplatte befindet sich dem Kiefer zunächst und ist nur schwach entwickelt. Da außer Pelobates nach der Beschreibung von H£ron-RoyEr et Bamgek£ allein Pelodytes nur eine untere Mittelplatte besitzt, ist an- zunehmen, dass auch nur bei dieser Gattung noch die Kammplatten der Unterlippe in derselben Weise wie bei Pelobates angelegt werden, dass die anderen Batrachierlarven sich dagegen ähnlich wie Rana und Hyla verhalten. II. Die Stiftzähnchen. Wie bereits oben bemerkt, waren es Carı Vocr (4) und BamsBeEre (5), die eine Darstellung vom Bau eines Stiftzähnchens gaben: Ein solcher Stiftzahn besteht aus einer Reihe von großen, eigenthümlich gestalteten, dunkel gefärbten Zellen. Jede derselben besteht aus einem löffelartig gekrümmten Theil, dem Körper, dessen Rand glatt oder gekerbt ist, und dem darauf folgenden Trichter, so dass das Ganze der Zelle das Ansehen einer phrygischen Mütze bietet. Indem nun der Trichter der einen Zelle den löffelförmigen Körper der folgenden Zelle aufnimmt, entsteht ein Gebilde, das C. Vocr mit den in einander steckenden Zähnen der Reptilien vergleicht. Weiterhin untersuchte dann Fr. E. Scauzze an Schnitten die Bil- dung dieser einzelnen Zellen eines Stiftzähnchens (7, p. 308): »Nur am untersten Ende der Reihe finden sich, dem Papillenstroma unmittelbar aufsitzend, ein paar kleine unregelmäßig rundliche, wenig scharf um- grenzte, körnige Zellen, welche von den benachbarten gewöhnlichen Epithelzellen wenig differiren. Doch schon die nächst oberen, platt kuchenförmigen und bedeutend größeren Glieder dieser Zellenreihe markiren sich durch scharfe und glatte membranöse Begrenzung, hellen leicht körnig getrübten Inhalt und klare quergelagerte, bläschenförmige Kerne mit großen, glänzend gefärbten Kernkörperchen. Weiter hinauf verändern diese Zellen, an Größe noch etwas zunehmend, in so fern Die Hornzähne der Batrachierlarven. 53 ihre Form, als sie sich kappenartig nach der Fläche biegen, die Kon- vexität nach oben kehrend. Dabei kommt aber die höchste Wölbung nicht sowohl in der Mitte als in der Nähe des hinteren Randes zu liegen und findet gleichzeitig eine Abplattung von vorn und oben her statt, so dass die einzelnen Elemente Ähnlichkeit mit schräg abgeschnittenen Tüten erhalten (Taf. XVII, Fig. 42). Die Kerne, welche zunächst etwas mehr nach der Vorderseite hingedrängt werden, verschwinden weiter hinauf vollständig unter gleichzeitiger Verhornung und Bräunung der Zellen, welche am oberen Ende der Zähnchen zu derben strukturlosen Hornschüppchen werden.« Gegenüber diesen, wohl zumeist an Larven von Pelobates gefun- denen Resultaten, bezeichnet Franz Leynic (8, p. 129 und 130) nach seinen an den Larven von Rana esculenta und Bombinator igneus ge- machten Untersuchungen die Stiftzähnchen der Frosch- und Kröten- larven als ein ausgesprochenes Beispiel von Cuticularbildung: | »Die unteren Zellen haben im frischen Thiere keine Membran, son- dern stellen körnige Ballen dar, aus deren Innerem ein größerer heller Kern mit Kernkörper hervorsieht.... Weiter nach oben hin hat die Zelle ein derbhäutiges Käppchen abgesetzt, das flach und löffelförmig gekrümmt, an den Rändern in Zacken ausgeht. Anfänglich farblos, wird diese Cuticula oder Zahnsubstanz später dunkel, zum Theil tiefschwarz. In Glycerinpräparaten hebt sich der euticulare Zahn als etwas Selb- ständiges in schärfster Umgrenzung vom Zellenleib ab. Beim Vergleich einer größeren Anzahl von Zähnen macht sich auch bemerklich, dass der Zellenleib jenseits des Kernes in die Höhe gewachsen und dabei streifig geworden ist und sich so tief in das cuticulare Käppchen hinein- zieht. Man darf daraus schließen, dass die Zelle zuerst in einen sich später verflachenden Zapfen nach oben wächst und dabei den Zahn abscheidet.« In seiner letzten Arbeit (10) beschreibt dem gegenüber Fr. E. Scuurze noch einmal genau den Bau eines Stiftzähnchens bei Pelobates fuscus, schildert den Verhornungsprocess der Zellen und das Verschwinden ihrer Kerne noch ausführlicher als oben angegeben und kommt zu dem Schluss: Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass die Stiftzähnchen durch einen Verhornungsprocess entständen, also echte Hornbildungen und nicht etwa Quticulargebilde seien. Durch vergleichende Untersuchung der Stiftzähnchen verschie- dener Larven (Rana temporaria, R. esculenta, Alytes obstetricans und Pelobates fuseus) habe ich einige Details gefunden, die vielleicht dazu führen könnten den Widerspruch zwischen Fr. E. Schutze und Franz Leypis auszugleichen. 54 Ernst Gutzeit, 1) Rana temporaria. Die einzelnen Zellen der Hornzähnchen von Larven dieser Gattung haben, wie Banmseke (5) beschrieben, einen an der Spitze löffelförmigen Körper (Taf. II, Fig. 21). Der Rand dieses Löffels ist aus einer größeren Zahl feiner Zacken gebildet, setzt sich aber, wie ich beobachten konnte, ungetheilt auch zu beiden Seiten des übrigen, mehr kegelförmigen Körpers, oft bis auf den Trichter, fort. Der letztere ist hier von be- trächtlicher Ausdehnung, seine Decke hebt sich von dem dunkel gefärb- ten Körper mit noch dunklerer Farbe ab (Taf. II, Fig. 17—21). Man . kann dieses Verhältnis schon an jüngeren, noch ganz hell gefärbten Zellen der Stiftzähnchen beobachten (Taf. II, Fig. 17, 20, 21, 22). Die Zeichnung, welche man ferner zuweilen auf der Innenseite des Trich- ters bemerkt (Taf. II, Fig. 21 a), ist der Abdruck des in ihm steckenden Löffels der nächsten Zelle. Betrachten wir den Längsschnitt durch eine Kammplatte (Taf. Ill, Fig. 55) genauer, so bemerken wir, dass jeder Trichter einer Zelle nicht nur den Körper der nächsten, sondern noch eine — gleichfalls stark ver- hornte — Zelle des benachbarten Gewebes umschließt, die bisher von keinem Forscher bemerkt worden und die »Stützzelle« genannt wer- den soll. Dieselbe hat eine eigenthümliche Form (Taf. II, Fig. 18, 19), die man mit der eines Pantoffels, dessen Höhlung ausgefüllt, vergleichen könnte. Mit dem kolbigen Ende steckt diese Stützzelle, wie bemerkt, in dem Trichter einer Zelle, den übrigen Raum ausfüllend, mit dem anderen legt sie sich an die Außenwand des nächstfolgenden Trichters, theils steht sie mit dem Gewebe der Epidermis in Zusammenhang. Die Bildung der Zellen eines Zahnes erfolgt im Allgemeinen in der oben von Fr. E. ScHuLzE angegebenen Weise. Doch ist Folgendes be- sonders zu bemerken: Ist die Zelle auf dem Stadium angelangt, wo sie die kuchenförmige Gestalt aufgiebt, um die spätere Form anzunehmen, so wächst sie mehr mit der Rückenseite als mit der Spitze in die über ihr liegende Zelle hinein. An die nasenartig vorstehende Vorderseite legt sich eine Zelle aus dem benachbarten Gewebe, und beide stülpen dann die Wandung der über ihr liegenden Zelle tief hinein (Taf. I, Fig.17). In demselben Maßstabe, wie die Zahnzelle, wächst auch die Stützzelle bis zu der oben geschilderten Gestalt heran (Taf. II, Fig. 18). Sie re- präsentirt gewissermaßen die Form, über der sich der Löffel bildet. Ist die Zahnzelle in ihrer Gestalt vollendet, so wird die Stützzelle, wahrscheinlich desshalb, weil sie sich weniger als die Zahnzelle streckt, etwas aus dem betreffenden Trichter herausgezogen (Taf. II, Fig. 17; Taf. II, Fig. 55), so dass zwischen dem Körper der Stützzelle und dem Löffel eine Lücke entsteht. Die Hornzähne der Batrachierlarven. 55 Während dieser Entwicklung erscheinen die Zahnzellen, vom Rücken aus gesehen, Anfangs homogen (Taf. II, Fig. 24), dann macht sich eine feine Längsstreifung bemerkbar (Taf. II, Fig. 25>—27). Indem die Streifen immer breiter werden und an der Spitze aus einander rücken, werden sie zu den oben erwähnten Zacken am Rande des Löffels einer Zahnzelle. Dabei bleibt Anfangs die Zellsubstanz zwischen den Zacken noch bestehen (Taf. II, Fig. 28), ja an gut gelungenen Macerationspräpa- raten kann man auch bei vorgeschrittenen Stadien, deren Zellkern be- reits verschwindet (Taf. II, Fig. 21 d, 22, 23), den Rand dieser zwischen den Zacken ausgespannten, völlig durchsichtigen Membran als glänzende Linie konstatiren. Fig. 22 stellt eine Zelle dar, bei der die Zacken diese Linie gar nicht erreichen. Schließlich sei noch bemerkt, dass bei der oben erwähnten Los- lösung des Löffels vom Körper der Stützzelle sich auch der Rand jener hyalinen Membran von demselben loslöst und so eine Spalte in der Wand des betreffenden Trichters vortäuschen kann (Taf. II, Fig. 20). Wenn der untere Trichterrand bei vielen der abgebildeten Zellen nicht gezeichnet ist (Taf. II, Fig. 22; Taf. III, Fig. 55), so rührt das daher, dass er sehr fein und nur an isolirten Zellen deutlich wahrzunehmen ist. 2) Alytes obstetricans. Wie H£ron-Royer et BamBERE mittheilen, enthalten alle Kamm- platten der Larven von Bombinator igneus, Alytes obstetricans und theilweise bei den von Alytes ammoryctes zwei hinter einander ge- stellte Reihen von Hornzähnchen. (Da die mir als von Alytes obstetri- cans zugegangenen Larven nur in der oberen und unteren hinteren Mittelplatte sowie in den unteren Seitenplatten diese doppelte Bezah- nung aufweisen, scheinen dieselben demnach von Alytes ammoryctes zu stammen.) Dieses Verhältnis ist nicht zu verwechseln mit der unten zu besprechenden Missbildung, bei der in einem Trichter zwei Zahn- zellen stecken. Beide Reihen nehmen, wie der Horizontalschnitt (Taf. III, Fig. 58) zeigt, eine ganz gesonderte Entstehung. Die Form der Zahnzellen ist ähnlich wie die bei Rana (Taf. III, Fig. 56), d.h. der Rand des Löffels ist ausgezackt. Auch die Bildung derselben erfolgt dem oben geschilderten Vorgange analog, wie Fig. 57, Taf. III darstellt. Da ferner die Zähnchen der äußeren Reihe und die der inneren einer Kammplatte gleich viel Zellen haben, die einen aber — der Krüm- mung wegen — länger als die anderen sind, so ist es leicht erklärlich, dass die Zellen der äußeren Reihe länger als die der inneren sind. Abweichend verhalten sich die Stiftzähne von Alytes in so fern, 56 - Ernst Gutzeit, dass nicht eine, sondern zwei Stützzellen in jeden Trichter hinein- wachsen und so den freien Raum ausfüllen. 3) Rana esculenta. Die Zahnzellen der Larvenzähnchen vom grünen Wasserfrosch haben ebensolche tiefe Trichter wie die der vorhin beschriebenen Arten. Während jedoch die Stiftzähnchen dieser im Querschnitt gleichen Durch- messer nach allen Richtungen haben, sind die Zahnzellen bei Rana esculenta in der Richtung der Querachse des Mundes bedeutend zu- sammengedrückt. Auch haben sie an ihrer Spitze keinen eigentlichen Löffel mit gezähneltem Rande, sondern die nur etwas umgebogene Spitze ist in zwei, seltener vier gröbere Enden gespalten. Der Körper der ausgebildeten Zahnzelle ist daher mehr keilförmig oder nach der Spitze zu im Querschnitt vierseitig (Taf. III, Fig. 50—52). Dieser Form sehr entsprechend finden wir zwei Stützzellen in jedem Trichter, die den keilförmigen Körper der Zahnzelle zwischen sich nehmen (siehe die Querschnitte Fig. 50—52, Taf. III). Zum Stu- dium der Bildung der Zahnzellen wollen wir die drei Fig. 47—49, Taf. II vergleichen, auf der die einander entsprechenden drei Zellen a, b und € in drei auf einander folgenden Stadien abgebildet sind. In Fig. 47 hat die Zelle a noch die kuchenförmige Gestalt, in Fig. 48 ist sie bereits in die Höhe gewachsen und wird von zwei Stützzellen — deren Kerne bei «’ — umgeben. Die Zelle b ist in Fig. 47 mit ihren Stützzellen schon ziemlich tief in die darüber liegende Zelle c hinein- gewachsen. In Fig. 48 beginnt bei derselben Zelle b die Loslösung der Stützzellen von der Spitze an, und zwar ist zu beobachten, dass sich zuerst die Seitenkanten der im Querschnitt vierseitigen Zahnzelle von den entsprechenden Rändern der Stützzellen loslösen (Taf. III, Fig. 50 und 51). In Fig. 49 ist bei der Zelle b die Spalte noch breiter geworden. Die Zelle c ist von den Stützzellen noch weiter — in Fig. 47 fast ganz — entfernt. Gleichzeitig ist der obere Theil der Zelle c, so weit er im Trichter der Zelle d steckt (c’), auch mit seiner Rückenseite von der Trichterwand zurückgetreten. Auf gut getroffenen Schnitten — wie in Fig. 47 — ist dieser Theil c’ auch scharf vom unteren Theil der Zelle c abgesetzt zu sehen, so dass die Zelle c im oberen Theil von einem Hohlraum umgeben ist. Im weiteren Wachsthum werden die Zellkörper wieder ganz in den Trichter hineingeschoben, und es bleibt nur zwi- schen der konkaven Seite des Körpers und den Stützellen eine Lücke (Fig. 46, Taf. I). Die Zelle c zeigt übrigens auf den drei gezeichneten Stadien die fortschreitende Verhornung und das allmähliche Verschwin- den des Kernes. Betrachten wir ferner die noch nicht verhornten Die Hornzähne der Batrachierlarven. 57 Zahnzellen von der Rückenseite, so sieht man dieselben Streifen wie bei Rana temporaria und Alytes (Taf. III, Fig. 57) auftreten, obgleich es zur Bildung feiner Randzähnelung nicht kommt. 4) Pelobates fuseus. Der genauen Schilderung der Stiftzähne der Pelobateslarven durch Fr. E. Scauzze (10) habe ich nur wenig hinzuzufügen. Obgleich die Trichter der Zahnzellen hier sehr flach sind, so dass keine Stützzellen mit hineinwachsen können, kommt es doch auf einem gewissen Stadium zur Bildung eines Hohlraumes um den oberen Theil der Zelle (Taf. III, Fig. 53, vierte Zelle, von der Spitze des Stiftzähnchens aus gezählt), indem sich der obere Theil dieser Zelle von dem benachbarten Gewebe zurückzieht. Deutlicher als in Fig. 53 erscheint dies Zurücktreten noch auf den Querschnitten in Fig. 54, wo bei a auf der konkaven Seite der Zahnzelle wiederum zwei Zellen liegen, die den Stützzellen entsprechen dürften. Weiter nach der Spitze des Hornzähnchens zu verschwindet dieser Hohlraum und es bleibt nur auf der konkaven Seite eine Spur davon. Eine Andeutung dieser Verhältnisse ist übrigens auch in Fig. 13, Tafel II der Arbeit von Fr. E. Scnurze (10) zu bemerken. Der Hauptsache nach ist also dem bereits bekannten Bau der Stift- zähnchen Folgendes hinzuzufügen: Bei denjenigen, deren Zellen einen umfangreichen Trichter aufweisen, wachsen ein resp. zwei Zellen des Nachbargewebes mit in jeden Trichter hinein und verleihen so als Stütz- zellen dem ganzen Gebilde eine erhöhte Festigkeit. Ferner löst sich auf einem gewissen Stadium der Entwicklung der Körper der Zahnzelle von seiner Umgebung los, um einen Hohlraum von größerer oder ge- ringerer Ausdehnung zu bilden, der dann später bis auf einige Reste wieder verschwindet. Zu erwähnen sind noch die bereits von Bauseke (5) bemerkten und abgebildeten Missbildungen, die darin bestehen, dass im Trichter einer Zahnzelle zwei weitere Zahnzellen stecken, an die sich je eine weitere Zellreihe anschließt. Sie entstehen dadurch, dass sich an die unterste Zelle eines Stiftzähnchens nicht eine, sondern zwei Zellen neben ein- ander legen und zu der charakteristischen Form auswachsen. Fig. 30, Taf. II stellt eine solche Anlage aus den Kammplatten einer Iktägigen Larve von Rana temporaria dar, Fig. 31, Taf. II zeigt dieselbe weiter entwickelt. Gewissermaßen das umgekehrte Verhältnis finden wir in Fig. 32, Taf. II, wo auf einem Trichter zwei Körper sitzen, die in der Mitte frei- lich zur Hälfte verschmolzen sind. Was nun die Streitfrage über die Bildung der Stiftzähnchen durch 58 Ernst Gutzeit, Verhornung oder Cuticulaabscheidung angeht, so habe ich der ausführ- lichen Schilderung des Verhornungsprocesses durch Fr. E. SchuLze nur die Bemerkung hinzuzufügen, dass auch in Zahnzellen, deren Kerne völlig verschwunden sind, durch Behandlung mit Kalilauge dieselben als helle Flecke nachgewiesen werden können. Es handelt sich nun darum, wie die Angaben von Franz Leynie (8) zu erklären sind. Ich möchte nun glauben, dass dieser Forscher jene in verschiedenartiger Weise auftretenden Hohlräume um den oberen Theil der Zahnzellen für euticulare Kappen der noch wenig verhornten und Farbstoff reichlich aufnehmenden Zellen gehalten hat. Da bei Rana temporaria, wie oben bemerkt, die stark verhornenden Stützzellen einen von glänzenden Kontouren eingefassten Raum zwischen sich und dem Löffel der Zahnzellen abgrenzen, da bei Pelobates der erwähnte Hohl- raum sich besonders in Glycerinpräparaten scharf abhebt, konnte Leypıe wohl zu seiner Annahme veranlasst werden. Besonders auf den in Fig. 47, Taf. II abgebildeten Schnitt von Rana esculenta — der obere Theil (c’) der Zelle c ist durch Hämatoxylin dunkel gefärbt — scheinen die oben citirten Worte zu passen: »Beim Vergleich einer größeren Anzahl von Zähnen macht sich auch bemerklich, dass der Zellenleib jenseits des Kernes in die Höhe gewachsen und dabei streifig geworden ist und sich so tief in das euti- culare Käppchen hineinzieht.« Auch der Verfasser dieser Arbeit ließ sich Anfangs durch jene Hohl- räume irre führen, bis an Macerationspräparaten der wahre Sachverhalt erkannt wurde. III. Der Hornschnabel. Die beiden Mandibeln des Hornschnabels sind im Grunde nichts Anderes als modificirte Kammplatten; wieder finden wir die Duplikatur der Epidermis, enthaltend eine Reihe von Zahnstiften, die durch in ein- ander gesteckte Zellen gebildet werden. Nur sind die Zahnstifte hier dicht an einander gestellt, der Körper einer jeden Zahnzelle ist kurz (Taf. II, Fig. 43, vgl. auch Scuurze (7), Taf. XVII, Fig. 11 und Scuurze (10), Taf. II, Fig. 20), kegelförmig, es fehlen der Löffel, die Stützzellen, und es sind die äußeren Zelllagen der Platte stark verhornt und schwarz gefärbt, wie die vollendeten Zahnzellen. Diese einfache Gestaltung der Mandibeln wurde zuerst von Carr Vocr (4) gegeben. Bumseke (5) hielt den Bau für komplicirter, konnte aber über denselben nicht recht ins Klare kommen. Fr. E. Scauze (7) ging wieder auf die Schilderung von Carr Vocr zurück und lehrte auf Schnitten (vgl. Scauze |7], Taf. XVII, Die Hornzähne der Batrachierlarven. 59 Fig. 11) die Mandibeln als eine ähnliche Bildung verhornter Zellen, wie die der Stiftzähne, kennen. Leypic erklärte auch diese Bildungen (8, p. 130 und 133) als euti- culare, wogegen Fr. E. Scuuzze in der oben eitirten neuen Arbeit (10) bei seiner Darstellung beharrt und dieselbe für Pelobates fuscus sowohl im feineren Bau als in der Darstellung des Verhornungsprocesses noch weiler ausführt. Es gelang mir nun für die Mandibeln von Rana temporaria an Mace- rationspräparaten einige neue histiologische Details zu finden, die be- sonders jene etwas dunkle Darstellung von Bamsere mit der von C. Vogr und Fr. E. Scuurze in Übereinstimmung bringen dürften. — Da sich Franz Leypie auf die Darstellung von Bamsere£ beruft, als vielleicht für seine Behauptung sprechend (8, p. 131 Anm), wollen wir sie wörtlich eitiren: ».... de la partie posterieure de la base (einer Zahnzelle) descend une lame quadrilatere, qui se detache du reste avec la plus grand faci- lite. La structure de la substanze dentieulaire n’est done pas aussi simple que le dit Vogr.... Quant au developpement, il est aussi plus complique que celui des crochets des peignes, et il nous a &t& impossible d’observer, comme pour ces derniers, la transformation progressive des cellules en dents completes. Voici, du reste, le r6sultat de nos obser- vations. Des cellules polygonales, transparentes, A noyaux clairs, se superposent et se rangent en series lin&aires; celles-ci paraissent alors comme forme&es de petits rectangles superpos&s, et au milieu de chaque rectangle on voit un nucleus, qui disparait plus tard; presque en m&me temps, A l’endroit oü les series se touchent, on distingue d’autres nucleus correspondant aussi aux espaces rectangulaires et ne se montrant jamais, chose singuliere, que d’un cöte de chaque serie: c’est ce noyau lateral qu’on retrouve assez souvent A la base des dents deja complötement developees (Fig. 23). Puis tout ce que nous avons pu distinguer, d’est que la forme rectangulaire est insensiblement remplacee par la forme triangulaire que prendra la dent parfait. Il nous parait, du reste, evi- dent quwiei le petit appendice corne n’est pas dü & l’evolution d’une seule cellule comme cela a lieu pour le crochet des peignes, mais de plusieurs. .. .« | Bampeke hat diese Schilderung nicht an der land von Schnitten gegeben, sondern, wie seine Abbildung beweist (Fig. 21 und 23), die Mandibel von der Fläche studirt. Betrachten wir nun die Oberkiefer- mandibel einer jungen Larve von Rana temporaria — der durch die platten Zellen gebildete Belag ist durch Maceration entfernt — von der konkaven Seite, so finden wir einen Bau, der mit der Schilderung von 60 Ernst Gutzeit, C. Vocr und Fr. E. Schurze durchaus übereinstimmt: Zu unterst flache Zellen, die nach oben spitz auswachsen und so die charakteristische Kegelform annehmen (Taf. II, Fig. 43). Von der konvexen — der äuße- ren — Seite der Mandibel ist dieser Übergang nicht zu verfolgen, da hier die in der Nähe des Trichterrandes (vgl. Taf. II, Fig. 36) liegenden Kerne die unter ihnen befindlichen Spitzen der Zellen verdecken (Taf. II, Fig. 44). Da bei oberflächlicher Einstellung des Mikroskopes ferner die un- teren Trichterränder der Zahnzellen zu Gesicht kommen, so glaubt man rechteckige Zellen mit großen Kernen vor sich zu sehen, die erst im” oberen Theil der Zahnstifte, wo der fortschreitenden Verhornung wegen die Kerne verschwinden, den in einander gesteckten kegelförmigen Zellen Platz zu machen scheinen. — Was dann die Angabe BamBErE’S anbetrifft, dass von dem hinteren Rande der Basis einer Zahnzelle eine Platte herabhänge, die sich mit Leichtigkeit ablöse, so kann zweierlei damit gemeint sein. Einmal sind die einzelnen Zahnstifte so eng neben einander ge- stellt, dass ihre Seitenränder sich theilweise in einander schieben. An Macerationspräparaten sieht man daher den unteren Theil des Trichters einer Zahnzelle in eine vordere und hintere Platte — die letztere mit dem Zellkern — zerlegt (vgl. Taf. II, Fig. 34, 35, 36, 39, 40). Wie man ferner auf Medianschnitten durch eine Mandibel von Rana temporaria und Alytes obstetricans bemerken kann, legen sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit an den freien Rand eines jeden Trich- ters, auf der konkaven und der konvexen Seite der Mandibel, platte verhornte Zellen, wie sie die Mandibel zum größten Theil zusammen- setzen. Da diese platten Zellen, wenigstens ir den oberen Schichten jener mit ihren Flächen nur locker, mit ihren Rändern fest zusammen- hängen, so repräsentiren sie gewissermaßen Bogensysteme, die den auf die Schneide der Mandibel ausgeübten Druck nach der breiten Basis derselben übertragen. Diejenigen platten Zellen nun, welche an dem Trichterrande sitzen, haften, wie Fr. E. Scauzze (10) bereits mittheilt, fest am letzteren, so dass man bei Macerationspräparaten Bilder wie die in Taf. II, Fig. 33, 34, 42, 45 dargestellten erhält. Meist setzen sich diese platten Zellen mit der größten Regelmäßigkeit zwischen zwei benach- barten Zahnzellen an; in ihnen kann man jene von BamBERE erwähnten ablöshbaren Platten der Zahnzellen, und in ihren Kernen jene zwischen den einzelnen Zahnstiften auftauchenden Kerne erblicken. Hinsichtlich des Unterschiedes im Bau der oberen und unteren Mandibel wäre noch Folgendes zu bemerken. Die Zahnstifte der Oberkiefermandibel liegen alle einander parallel Die Hornzähne der Batrachierlarven. 61 und senkrecht zum freien Rande der Mandibel. An den beiden Enden derselben platten sich die sonst spitzen Zahnzellen mehr und mehr ab, so dass wir schließlich Zellen, ähnlich denen, die sich am untersten Ende eines jeden Zahnstiftes anlegen, antreffen (Taf. II, Fig. 44). Die untere Mandibel zeigt ein besonderes Verhalten. Betrachtet man nämlich den freien Rand derselben, so sieht man die in der Ansicht dreiseitig erscheinenden Zellen sich mehr und mehr auf eine Seite legen, bis sie vollständig in die Ebene des Mandibel- randes zu liegen kommen (Taf. Il, Fig. 33). Ferner ist zu bemerken, dass jeder der so schräg gestellten Zahnstifte mit einer Seite über die keil- föormig zugeschärfte Kante des benachbarten Zahnstiftes greift!, wodurch dem Ganzen natürlich eine große Festigkeit verliehen wird (Taf. II, Fig. 37 und 38). Da jeder Zahnstift im Übrigen eben so gebaut ist, wie in der Oberkiefermandibel, so ist es erklärlich, wenn aus den beiden obigen Ursachen ganz eigenthümliche Bilder entstehen (vgl. auch Fig. 35, Taf. II). Die Ursache dieser schrägen Stellung liegt darin, dass die winkelig gebogene untere Mandibel nicht einfach als eine geknickte obere aufzu- fassen ist, sondern dass die beiden Schenkel derselben in die Höhe steigen. Da nun die Zahnstifte in ihrer unter sich parallelen Lagerung verbleiben müssen, um die Festigkeit der Mandibel nicht zu verringern, erscheinen sie zur Mandibelkante in schräger Lage. Daher kommt es auch, dass man auf allen zur Medianebene des Thieres parallelen Schnitten immer Längsschnitte eines ganzen Zahnstiftes erhält. Cuticulare Bildungen habe ich auch an isolirten, noch nicht ver- hornten und daher hell gefärbten Zellen nirgends entdecken können. Missbildungen, wie die bei den Stiftzähnchen zuerst genannten, habe ich an den Zahnstiften der Mandibel nicht bemerken können, wohl aber solche, die an die zweite — zwei Körper auf einem Trichter — er- innern: Fig. 45 a—c, Taf. II stellen den Fall dar, dass auf einer großen Zahnzelle « zwei kleine Zahnzellen neben einander sitzen, die dann nach oben zwei Reihen kleiner Zahnzellen c fortsetzen. Die in Fig. 45 c gezeichneten beiden schwarzen Zellen sind die Fortsetzung von b und stammen ferner aus der in Fig. 42 mit derselben Vergrößerung gezeich- neten horizontalen Reihe. Interessant ist es, dass sich jene platten Zellen, die dem Trichter- rande einer jeden verhornten Zahnzelle anzuliegen pflegen, hier so ver- halten, als ob die beiden kleinen Zellen (Fig. 45c) eine große wären (Fig. 42). 1 In der oben citirten Arbeit von Fr. E. Schutze (10) scheint in Fig, 24, Taf. 111, eine Andeutung dieses Verhältnisses vorhanden zu sein. 62 Ernst Gutzeit, IV. Die Entwicklung der Stiftzähnchen. Die Entwicklung der einzelnen Zahnzellen giebt uns jedes Stift- zähnchen; davon zu unterscheiden ist die erste Anlage und Entwicklung des ganzen Gebildes. Von einer solchen Entwicklung sprechen zwar schon Carı Vogr und Bans£KE, allein die Betrachtung ihrer Abbildun- gen (Carı Vocr [#], Taf. II, Fig. 9—11 ; Bamseke, Pl. I, Fig. 5) lehrt, dass dieselben nur die Ausbildung der obersten mehr oder weniger in der Epidermis verborgenen Zahnzelle beobachtet haben. Verfolgt man näm- lich die Stiftzähnchen einer Kammplatte bis an das Ende derselben, so findet man, dass der Körper resp. der Löffel der aus der Epidermis her- vorragenden obersten Zahnzelle allmählich rudimentär wird. Er wird kürzer, die Zacken, wo sie sonst vorhanden, verschwinden, schließlich bleibt nur eine kleine, dem Trichter aufsitzende Schuppe, ja nur jener selbst als glockenförmige Kuppe zurück. Diese verhornte Kuppe ist von den genannten Forschern offenbar für die erste Anlage eines Stift- zähnchen gehalten, da sie in Folge ihrer angewandten Methoden die in jener eingeschachtelten weiteren Zellen nicht sehen konnten. Auf Schnitten diese an den Enden einer Kammplatte befindlichen Anlagen zu untersuchen, stellte sich als nicht günstig heraus, da die Stellung der kleinen Hornzähnchen an dem genannten Orte eine zu unregelmäßige ist. Ich zog es daher vor ganz junge Stadien von Larven der Rana temporaria auf Medianschnitten zu untersuchen. — Betrachtet man von den zwei Schichten der Epidermis einer Ba- trachierlarve die obere als Stratum corneum, die untere als Stratum Malpighi, so sind die Kammplatten mit ihren Hornzähnchen eine Bildung des letzteren. | Jener Ringwall, der sich um die Mundöffnung (Taf. II, Fig. 1) erhebt, entsteht Anfangs dadurch, dass die Zellen des Stratum Malpighi bedeu- tend an Länge zunehmen. Dann gliedern sich an den Stellen, wo später die einzelnen Kammplatten entstehen, Zellen ab, die die Anlage für die Hornzähnchen und der vor und hinter ihnen liegenden Zellen darstel- len (vgl. Taf. II, Fig. 59). Die mittelste Zelle der mittleren Zellschicht ist die Anlage der späteren obersten Zahnzelle, die links davor liegende die dazu gehörige Stützzelle. Die Zellen des Stratum corneum, sowie einige der anderen Zellen erscheinen reichlich mit dunklem Pigment versehen. Fig. 60 zeigt bereits zwei — mit der darüber liegenden Zelle des Stratum corneum drei — Zellen des Hornzähnchens. In Fig. 61 zählen wir vier — mit der Zelle des Stratum corneum fünf — Zellen desselben und zwei dazu gehörige Stützzellen. Auf diesem Stadium besitzt das Stratum corneum der bereits ziemlich in die Höhe gewach- Die Hornzähne der Batrachierlarven. 63 senen Kammplatte noch den feinen gestrichelten Saum, der die obersten Epidermiszellen der Batrachierlarven auszeichnet. Zählt die Zellreihe fünf bis sechs Zellen, so beginnt sich die oberste derselben (Taf. III, Fig. 62), indem sie gleichzeitig die über ihr liegende und bereits kernlos gewordene Zelle des Stratum corneum einstülpt, über die oberste Stützzelle zu legen und so den löffelförmigen Körper zu formen. Dessgleichen legen sich die zweite und dritte Stützzelle an die nasenartig vorstehende zweite und dritte Zahnzelle. Der Vorgang entspricht also ziemlieh der am unteren Ende eines ausgewachsenen Hornzähnchens stattfindenden Bildung der Zahnzellen. Bemerkt mag noch werden, dass die vorderen Spitzen der jungen, große Zellkerne enthaltenden Zahnzellen oft stark pigmentirt sind, wie es in Fig. 62 angegeben. In Fig. 63 ist die Zelle des Stratum corneum zu einer dünnen Kuppe zusammengeschrumpft, die oberste Zahnzelle hat sich gestreckt und einen Trichter ausgebildet, in den die zweite Zahnzelle mit ihrer Stützzelle bereits hineingewachsen ist. Nun braucht der junge Zahn nur die Epidermis zu durchbrechen, um abgesehen von seiner geringen Größe und geringen Verhornung fertig zu sein. Auch bei dieser Entwicklung der Hornzähnchen wurde weder an Schnitten noch an Macerationspräparaten eine Spur ceuticularer Abson- derung entdeckt. V. Entwicklung der Mandibeln. Wir haben oben die Mandibeln mit den Kammplatten verglichen und festgestellt, dass die Organisation der ersteren der der letzteren ähnlich, nur einfacher sei. Dem entspricht auch die erste Anlage der Mandibelzahnstifte. Voraus bemerken will ich, dass dieselbe viel früher als die der Hornzähnchen erfolgt. So enthalten die auf Taf. II, Fig. I ete. gezeichneten Stadien der Entwicklung des Mundes von Rana temporaria schon eine ganze Reihe von Zahnzellen in einem Zahnstift. Das von Pelobates fuscus Taf. II, Fig. 30 dargestellte Exemplar lässt in einem Zahnstifte der Unterlippe bereits 36 Zahnzellen zählen. Am spätesten tritt die Entwicklung der Mandibeln von den drei untersuchten Arten bei Hyla arborea auf. Der durch die obere Hälfte des Ringwalles gemachte Schnitt (Taf. III, Fig. 64) zeigt obere Mittel- platte und obere Mandibel noch nicht von einander getrennt, wenn auch die erste Anlage der Hornzähnchen (a) und die der Zahnstifte (b) schon vorhanden. Diese letztere Anlage besteht bereits aus zwei Zellen, deren oberste eine etwas kegelförmige Gestalt zeigt. Indem sich diese Zellreihe 64 Ernst Gutzeit, nun vermehrt und die unteren Zellen mit ihren Spitzen in die oberen kegelförmig hineinwachsen, bekommen wir den definitiven Zahnstift, wie ihn Taf. III, Fig. 65 in dem Stadium vor dem Durchbrechen des Stratum corneum zeigt. Was die Funktion der Kammplatten anbetrifft, so kann sie eine vielfache sein. Schon die älteren Beobachter sind der Ansicht, dass sie zum Ergreifen der Beute oder ähnlich wie die Radula der Schnecken gebraucht werden. Bamseke (5) vergleicht sie auch mit den Haken der Eingeweidewürmer. Ich glaube nun, dass die Kammplatten am meisten zum Anheften an den Körper, der zur Nahrung dienen soll, benutzt werden. Wenigstens kann man die Beobachtung machen, dass Batrachier- larven, die den Algenbesatz der Aquariumswände benagen, sich mit Ober- und Unterlippe an die Glaswand heften und jene nur von Zeit zu Zeit, die Mandibeln aber fortdauernd bewegen. Besonders um im Wasser flottirende Gegenstände festzuhalten, bedürfen die freischwim- menden Kaulquappen eines Organs, um dieselben oder auch sich selbst festzuhalten. Dazu dürften sich aber die Kammplatten mit ihren feinen Häkchen sehr gut eignen. VI. Die Haftorgane. Bevor der Mund der Batrachierlarven seinen charakteristischen Apparat ausgebildet, heftet sich der dem Ei entschlüpfte Embryo, wie bekannt, mit seinen großen Haftorganen an die Eihüllen oder andere Gegenstände an. Diese Organe sind außer von anderen Forschern von Dr. Jouannes Tuıeıe (15) zum Gegenstand einer ausführlichen Unter- suchung gemacht. Ich will hier nur desshalb darauf zurückkommen, um zum feineren Bau noch etwas hinzuzufügen. Der Haupttheil dieser Or- gane wird, wie TuıeLe bemerkt, von hohen Drüsenzellen gebildet. Diese letzteren sind nun, wie Taf. III, Fig. 66 lehrt, nicht etwa die Zellen des Stratum corneum, sondern eine Bildung der unteren Zellschicht. Über diese Drüsenzellen zieht sich Anfangs das Stratum corneum mit seinem Cuticularsaum, um später zu verschwinden. Das Ganze macht auf dem abgebildeten Stadium den Eindruck einer kolossal entwickelten Hautdrüse. VII. Die Papillen des Mundrandes. Der Bau der den äußeren Mundrand bildenden Papillen ist bereits von BamBekE (5) beschrieben, der sie ihrer Lage nach für Tastorgane erklärt. Ich konnte in ihrem Innenraum, der von quergestellten Zellen eingenommen wird, Blutkapillaren und Nerven nachweisen. Nerven- Die Hornzähne der Batrachierlarven. 65 endigungen und Sinneszellen konnten hei den angewandten Konser- virungsmethoden nicht gefunden werden. Es wurde oben das Maul der Batrachierlarven mit der Mundscheibe der Neunaugen verglichen. Zwar sind die größeren und kleineren Hornplatten der letzteren ganz anders gebaut, sie entsprechen nämlich eher kegelförmigen Klauen, deren Rand in einem Nagelbett steckt — Fr. E. Scruzze (7) bildet Taf. XVII, Fig. 10 ein solches Bett ab — jedoch finden wir ein weiteres Analogon. Wie nämlich bei den Stiftzähnchen der Kaulquappen eine Zelle in einer gleichgeformten steckt, fand ich in jedem klauenartigen Zahn der Neunaugen ein gleichgeformtes, in einem zweiten Nagelbett erzeugtes und von dem ersteren durch zerfallende Epidermiszellen getrenntes Stück. Ja in diesem steckte ein gleich geformter und gleich gebildeter dritter Zahn. Bei vorstehenden Untersuchungen habe ich folgende Technik an- gewandt: Die Kaulquappen wurden in 0,2°/,iger Chromsäure oder in Subli- mat konservirt und in Alkohol aufbewahrt. Gefärbt wurde in toto mit Hämatoxylin oder Pikrokarmin. Als Einbettungsmittel zum Schneiden wurde meist Paraffin, selten Seife benutzt. Aufgeklebt wurden die Schnitte mittels Nelkenöl und Kollodium und in Kanadabalsam ein- gelegt. Zur Maceration wurden verdünnte Wickersazmm’sche Flüssig- keit„oder Mürrer’sche Lösung benutzt. Die so erhaltenen Präparate wurden ungefärbt in Glyceringelatine aufbewahrt. Veranlasst wurde ich zu dieser Arbeit durch Herrn Professor Franz EıLHarD Schulze, der mir Sommersemester 1886 auftrug, die Entwick- lung der Hornzähnchen und die Konfiguration des Mundes bei den Ba- trachierlarven zu studiren. Ich begann diese Arbeit im zoologischen Institut zu Berlin, um sie seit dem Wintersemester 1886/87 im zoolo- gischen Institut zu Königsberg unter Leitung des Herrn Professor Cuun fortzusetzen. Um die Entwicklung der Hornzähnchen zu studiren, musste ich zuerst den Bau der entwickelten Zustände kennen lernen. Ich vertiefte mich daher in denselben und kam zu den im Theil II und III angegebenen Resultaten. Die übrigen Theile wurden größten- theils erst später bearbeitet. Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht Herrn Professor Fr. E. Scauzze und Herrn Professor Cuun für ihre mir gewährte Anregung und Unterstützung meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Königsberg, Zoolog. Institut, Mai 1889. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 5 66 Ernst Gutzeit, Nachschrift. Nachdem vorstehende Arbeit bereits gedruckt war, erhielt ich das im Mai dieses Jahres erschienene Heft des Archives de Biologie p. par E. van BENEDEN et CH. van BAmBERE (T. XI, fasc. 1), welches folgende Ar- beit enthält: H. Krırrer, Recherches sur la structure et le d&veloppement des dents et du bec corn&s chez Alytes obstetricans. Der Verfasser hat zunächst die schon anderweitig angegebenen Verhältnisse der Kamm- platten, der Hornzähne und des Hornschnabels speciell für Alytes obste- tricans, von der er nur ein, bereits die Anlage der Hinterbeine zeigen- des Stadium untersucht hat, in genauester Weise beschrieben. Die »Stützzellen« sind vom Verfasser bemerkt und abgebildet, werden aber nur flüchtig erwähnt (p. 69). Die ungemein interessanten Vorgänge ferner, welche für die Verhornung der Zahnzellen beschrie- ben werden, erlaube ich mir im Nachfolgenden kurz wiederzugeben: Die Verhornung beginnt bei noch ziemlich eylindrisch geformten Zellen, indem sich an der Spitze derselben eine sich mehr und mehr abgren- zende dunkle Zone zeigt. Während sich dann die Zelle verlängert und im oberen Theile löffelförmig wird, rückt jene hornige Platte auf die konvexe (Rücken-) Seite der Zahnzelle und erhält ins Protoplasma vor- springende Rippen, die am Grunde der Zelle weniger, nach oben hin stärker hervorragen. Es sind das jene Rippen, die der Löffel @iner ausgebildeten Zahnzelle zeigt, und die die feinen Randzähnchen des- selben bilden. Auf der konkaven Seite der Zelle erscheinen im Protoplasma ein- gebettete Fäden von derselben Substanz und in derselben Zahl wie die Rippen. Mit diesen letzteren stehen jene Fäden an der Spitze der Zahnzelle in Zusammenhang, nach unten verschmelzen sie mit dem Protoplasmanetz des Zellleibes. Bei der weiteren Ausbildung wird in Folge der Pressung, die die Zahnzelle erleidet, das Protoplasma aus jenem Horngerüst herausge- drückt und bildet den Körper der Zelle. Die verhornte Partie mit den Rippen bleibt als Löffel zurück, und die Hornfäden der konkaven Seite verschmelzen mit den Rippen. —- Mit dieser Darstellung dürfte die von mir oben gegebene Bildung der Randzähnchen bei Alytes und Rana temporaria, die ich freilich nur vom Rücken der Zahnzellen aus studirt und abgebildet habe, nicht im Widerspruch stehen. Bemerkenswerth erscheint es übrigens, dass Krırrer die Arbeit von Leyoic (8) und die beiden Arbeiten von F. E. Scauzze (7 und 10) Die Hornzähne der Batrachierlarven. 67 mit keinem Wort erwähnt. Zwar beschäftigen sich dieselben nicht mit den Hornzähnchen von Alytes, aber die Arbeit von van BAmBEkE (5), die Keirfer seinen Untersuchungen zu Grunde legt, thut das eben so wenig. Litteraturverzeichnis. 4) SWAMMERDAM, Biblia naturae. T. II. p. 824. Tab. XLIX. 4737—1738. 2) Anı. Duczs, Recherches sur l’osteologie et la myologie des Batraciens a leurs differents äges (mit 18 Taf.). in: Mem. pres. a l’Acad. de Sc. Paris. Se. math. et phys. Tom. VI. 4835. p. 1—216. 3) J. G. Martın SAINT-AnGE,, Recherches anatomiques et physiologiques sur les or- ganes transitoires et la metamorphose des Batraciens (mit 40 Taf.). in Ann. Scienc. natur. Tom. XXIV.-4834. p. 366—434. 4) C. Vogt, Untersuchungen über die nn der Geburtshelfer- kröte. 1842. p. 88 ff. 5) CH. van BAMBERE, Recherches sur la structure de la bouche chez les tetards des Batraciens anoures. Des Bulletins de l’Acad. royale de Belgique. 2m serie, Tome XVI. 9 et 40. Bruxelles 4865. 6) KöLLıker, Verhandlungen der physikal.-medicinischen Gesellschaft in Würz- burg. 1857. Bd. VI. Taf. II, Fig. 32. 7) Fr. E. Schulze, Über cuticulare Bildung und Verhornung von Epithelzellen bei den Wirbelthieren. Archiv für mikr. Anatomie von M. ScHuLtzEe. Bd. V. 1869. Fig. 44—13. 8) Franz Levvıg, Über die allgem. Bedeckungen der Amphibien. Archiv für mikr. Anat. vonLA VALETTE ST. GEORGE U. WALDEYER. Bd. XII. 1876. p.129, 130 9) SEMPER, Diese Zeitschr. Bd. IX. p. 281. 40) Fr. E. ScauLze, Über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. I. Mittheilung: Über das Epithel der Lippen, der Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle er- wachsener Larven von Pelobates fuscus. Aus den Abhandl. der königl. preuß. Akad. der Wissenschaften vom Jahre 1888. Berlin 1888. 44) HERoN-RoYER et CH. van BAMBEKE, Sur les characteres fournis par la bouche des tetards des Batraciens anoures d’Europe. Bulletin de la societe zoologique de France pour l’ann&e 4881. Bd. VI. 42) Mary H. HınckLey, On some differences in the mouth structure of Tadpoles of the anoures Batrachians found in Milton Mass. Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XXI. 1880—1882. Boston 1883. 43) GC. Born, Weitere Beiträge zur Bastardirung zwischen den einheimischen Anuren. Archiv für mikr. Anat. von LA VALETTE und WALDEYER. Bd. XXVII. 4886. 44) E. Prtücer, Das Überwintern der Kaulquappen der Knoblauchskröte. PFLüGEr’s Archiv für die ges. Physiologie. Bd. XXXI. Bonn 1883. 45) JoHAnNES TuıeLE, Der Haftapparat der Batrachierlarven. Diese Zeitschrift. BE&LV. 5%* 68 Ernst Gutzeit, Erklärung der Abbildungen. Die Vergrößerungen beziehen sich auf die Mikroskope von Leitz. _ Tafel II. Zu Fig. 1—46: Die in ihrer Mundpartie in Fig. 1—6 abgebildeten Larven sind mit koncentrirtem Sublimat, die in Fig. 7 mit koncentrirter Pikrinsäure, die in Fig. 8 —16 mit 20/giger Chromsäure konservirt. Mit Ausnahme der in Fig. 7 und 16 dargestellten sind alle Larven im Aquarium aus dem Ei aufgezogen. — Sämmtliche Präparate sind mit auffallendem Licht gezeichnet, Fig. 7, 43 und 46 mit demgroßen Zeichenapparat von HArTNAcK, die übrigen mit dem Zeichenprisma. — Wo keine andere Vergröße- rung angegeben, ist sie eine circa 40fache (Obj. 2, Oc. I). — Das Alter der Embryo- nen bezieht sich auf die Zeit nach dem Ausschlüpfen. Fig. 4. Rana temporaria. 2—3tägig. Länge der Larve 7,0 mm (davon 2,5 mm Rumpf). Fig. 2. Rana temporaria. 3tägig. Länge 7,5 (2,5) mm. Fig. 3. Rana temporaria. 3—4tägig. Länge 8,0 (3,0) mm; lange äußere Kiemen; Mandibeln noch ohne schwarze Säume. Fig. 4. Rana temporaria. 4tägig. Länge 9,5 (3,5) mm; die Kiemenfalte beginnt die büscheligen Kiemen zu überwachsen. Mandibeln mit schwarzem Saum. Fig. 5. Rana temporaria. Circa 8tägig. Länge 9,5 (3,5) mm; die Kiemenspalte beginnt sich an einem Ende zu schließen. Fig. 6. Rana temporaria. Circa A0tägig. Länge 10,5 (4,5) mm. Fig. 7. Rana fusca Roes. Länge 23,0 (12) mm. Hinterbeine 4 mm lang. Ver- größerung circa 25fach. Fig. 8. Hyla arborea. Circa 44tägig. Länge 6,0 (2,5) mm. Mit kurzen äußeren Kiemen. Fig. 9. Hyla arborea. Circa A42tägig. Länge 6,0 (2,5) mm. Fig. 40. Hyla arborea. Circa A4tägig. Länge 7,0 (2,8) mm. Kiemen überwach- sen, Kiemenspalte noch vorhanden. . Fig. 44. Hyla arborea. Circa A6tägig. Länge 7,0 (3,0) mm. Kiemenspalte ge- schlossen. Fig. 42. Hyla arborea. Circa49tägig. Länge 8,5 (3,5) mm. Mandibeln mitschwar- zem Saum. Fig. 13. Hyla arborea. Circa 3 Monate. Länge 23,0 (14) mm. Beinanlage sicht- bar. Vergrößerung circa 20fach. Fig. 44. Pelobates fuscus. Circa A5tägig. Länge 41 (4) mm. Kiemenspalte ge- schlossen, Mandibeln mit schwarzem Saum. Fig. 15. Pelobates fuscus. Circa 28tägig. Länge 12 (5,5) mm. Vergrößerung circa 25fach. Fig. 16. Pelobates fuscus. Länge 93 (32) mm. Hinterbeine 22 mm lang. Ver- größerung circa 7fach. Fig. 47—32 Macerationspräparate von Stiftzähnchen von Rana temporaria. Die Vergrößerung ist eine circa 450fache (Obj. 8, Oc. I). Fig. 47. Isolirtes Stiftzähnchen mit drei Stützzellen. Fig. 18 und 49. Isolirte Stützzellen. Fig. 20. Zwei Zahnzellen, deren untere die hyaline Membran des Löffelrandes zeigt; dieselbe hat sich von der Stützzelle losgelöst. Die Hornzähne der Batrachierlarven.. 69 Fig. 24. Vier auf einander folgende Zahnzellen a—d. Fig. 22 und 23. Isolirte Zahnzellen mit hyalinem Löffelrande. a Querschnitt. Fig. 24—28. Fünf verschiedene Stadien, die die Bildung der Randzacken zeigen. Fig. 29. Unterstes Ende eines Stiftzähnchens. Fig. 30. Anlage einer Doppelreihe von Zahnzellen. Fig. 34. Doppelreihe von Zahnzellen, noch ungefärbt und nicht verhornt. Fig. 32. Doppelzahn. Fig. 33—45. Macerationspräparate von den Mandibeln der Larven von Rana temporaria. Fig. 33. Eine Reihe seitlich zusammenhängender Zahnzellen aus der unteren Mandibel einer größeren Larve mit anhängenden Epidermiszellen. Vergrößerung circa 200fach (Obj. 5, Oc. ]). Fig. 34. Äußerste Zahnzelle mit anhängender Epidermiszelle. Vergrößerung circa 200fach (Obj. 5, Oc. ]). Fig. 35. Zahnzelle aus der unteren Mandibel. Fig. 36. Drei noch wenig verhornte Zahnzellen aus der unteren Mandibel einer kleinen Larve in seitlicher Ansicht. Fig. 37. Fünf Zahnzellen aus einem Zahnstift der unteren Mandibel. Fig. 38. Je drei Zellen zweier neben einander liegender Zahnstifte vom Ende der unteren Mandibel. | Fig. 39 und 40. Isolirte Zahnzelle aus der oberen Mandibel von vorn und von der Seite. Fig. 44. Äußeres Ende einer Oberkiefermandibel. Fig. 42. Randzellen der oberen Mandibel mit anhängenden Epidermiszellen. Fig. 43. Ein Stück der oberen Mandibel einer kleinen Larve von den Beleg- zellen befreit und von der Innenseite angesehen. Fig. 44. Die beiden mit a bezeichneten Zahnstifte der Fig. 43 auf der Außenseite der Mandibel betrachtet. Fig. 45. Doppelzahnbildung. Die Zelle a setzt sich in zwei Reihen nach oben zu fort. Fig. 35—45 sind circa 450fach vergrößert (Obj. 8, Oc.]). Fig. 46. Medianschnitt durch eine Kammplatte einer Larve von Rana esculenta. Hämatoxylin. Circa 200/4 (Obj. 5, Oe. I). Fig. 47—49. Drei Zellen (a—c) eines Stiftzähnchens von Rana esculenta. Häma- toxylin. c’ der obere Theil der Zelle c; x Kerne der Stützzellen. Circa 450/1. Obj. 8, Oc.1. Tafel III. Fig. 50—52. Querschnitte durch Stiftzähnchen von Rana esculenta. Hämatoxy- lin. a, die Stützzellen; db die dazwischen liegende Zahnzelle; d der Trichter der nächst oberen Zahnzelle. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, Oc. I). Fig. 53. Medianschnitt durch eine Kammplatte einer Larve von Pelobates fus- cus. Hämatoxylin. Vergrößerung circa 200fach (Obj. 5, Oc.]). Fig. 54. Querschnitt durch eine Kammplatte einer Larve von Pelobates fuscus. Hämatoxylin. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, Oc. ]). Fig. 55. Medianschnitt durch eine Kammplatte einer Larve von Rana tempo- raria. Pikrokarmin. Vergrößerung circa 200fach (Obj. 5, Oc. I). Fig. 56. Die äußeren Enden von vier Hornzähnchen vom Rücken aus gesehen. Alytes obstetricans. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, Oc. I). 70 Ernst Gutzeit, Die Hornzähne der Batrachierlarven. Fig. 57. Flächenschnitt durch eine Kammplatte von Alytes obstetricans. Häma- toxylin. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, Oc.]). Fig. 58. Querschnitt durch eine Kammplatte von Alytes obstetricans, um die selbständige Anlage beider Reihen von Stiftzähnchen zu zeigen. Pikrokarmin. Ver- größerung circa 450fach (Obj. 8, Oc.]). Fig. 59. Medianschnitt durch die obere Mittelplatte einer 3tägigen Larve von Rana temporaria (Taf. II, Fig. 2). Sublimat, Pikrokarmin. Vergrößerung circa 550- fach (1/2 Ölimm., Oc. I). Zahnstift besteht aus zwei Zellen. a Stützzelle. Fig. 60. Schnitt durch untere vordere Mittelplalte einer 4tägigen Larve von Rana temporaria. Sublimat, Pikrokarmin. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, 0c.]). Zahnstift besteht aus drei Zellen. a Stützzelle, Fig. 61. Schnitt durch die untere vordere Mittelplatte einer 8tägigen Larve von Rana temporaria (Taf. II, Fig. 5). Sublimat, Pikrokarmin. Vergrößerung eirca 550- fach (1/2 Ölimm., Oc. I). Zahnstift besteht aus fünf Zellen. a zwei Stützzellen. Fig. 62. Schnitt durch die untere mittlere Mittelplatte einer 40tägigen Larve von Rana temporaria. Sublimat, Pikrokarmin. Vergrößerung circa 550fach (Y/ıa Ölimm., Oc. I). Zahnstift besteht aus sechs Zellen, deren oberste ihren Kern ver- loren, deren zweite sich über die oberste Stützzelle wölbt. Fig. 63. Schnitt durch die untere mittlere Mittelplatte einer 44tägigen Larve von Rana temporaria. Sublimat, Hämatoxylin. Vergrößerung circa 550fach (l/ı2 Ölimm., Oc. ID). Zahnstift vor dem Durchbrechen. Fig. 64. Durchschnitt durch den oberen Theil eines Ringwulstes von Hyla arbo- rea auf dem in Fig. 8, Taf. II abgebildeten Stadium. 20/yige Chromsäure, Pikrokar- min. Vergrößerung circa 450fach (Obj. 8, Oc. I). a Anlage eines Hornzähnchens in der oberen Mittelplatte; b Anlage eines Zahnstiftes in der oberen Mandibel. Fig. 65. Medianschnitt durch die obere Mandibel einer Larve von Hyla arborea auf dem Fig. 10, Taf. II abgebildeten Stadium. 2%/yige Chromsäure, Pikrokarmin. Vergrößerung circa 550fach (1) Ölimm., Oc. ]). Fig. 66. Medianschnitt durch ein Haftorgan einer Larve von Rana temporaria auf dem Fig. 2, Taf. II abgebildeten Stadium. Sublimat, Pikrokarmin. Vergröße- rung circa 200fach (Obj. 5, Oc.D). Das Genus Gastrodelphys. Von Dr. Joseph Heinrich List, Privatdocenten an der Universität Graz. Mit Tafel IY—VII und 5 Holzschnitten. Einleitung. Gelegentlich der Bearbeitung des Annelidengenus Myxicola, worüber ich mir ausführliche Mittheilungen vorbehalte, fand ich auf den Kiemen der in der Adria nicht gerade häufig vorkommenden Myxicola infundi- bulum Grube einen parasitischen Gopepoden, der, wie eine genauere Besichtigung ergab, in das von GRAFEFFE (16) aufgestellte Genus der Gastrodelphyidae gehört und eine neue Species darstellt. GRAEFFE (l. ce.) beschrieb nur einen einzigen Vertreter des neuen Genus und zwar unter dem Namen Gastrodelphys Glausii. Der Wunsch nun, diesen Parasiten selbst einer genaueren Bearbeitung zu unterziehen, um die Unterschiede der beiden Species aus eigener Anschauung kennen zu lernen, und eine sichere Gattungsdiagnose aufzustellen, wurde durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Dr. GrAErFE erfüllt, der mir bereitwilligst das von ihm gesammelte Untersuchungsmaterial über- ließ, wofür ich hier gebührend danke. Leider war dasselbe (ein Theil war mit Osmiumsäure, der andere mit Alkohol behandelt worden) nicht gut konservirt, so dass in den nachfolgenden Blättern, da sich die Un- möglichkeit ergab, frisches Material zu erbeuten, von einer ins Detail gehenden histologischen Bearbeitung dieser Species, wie ich es ur- sprünglich plante, abgesehen werden musste. Glücklicherweise konnte ich aber von dem auf Myxicola lebenden Copepoden mehrere lebende Exemplare untersuchen und auf diese Weise die bei der Beobachtung an nur konservirtem Material sich er- gebenden Lücken ergänzen. 2 Joseph Heinrich List, Gastrodelphys Clausii Graeffe. Biologisches. Nach Grarrre (16) lebt Gastrodelphys Clausii als Parasit an den Kiemenfäden der in der Bucht von Muggia bei Triest vorkommenden schönen Sabellide, der Distylia Josephina Grube, mit den Klammer- antennen festgeheftet. Wie mir nun Herr Dr. Grarrre brieflich mitzu- theilen die Güte hatte, konnte derselbe die betreffende Annelidenform aus Mangel an Vergleichsmaterial nicht genau bestimmen. Nach neuen Untersuchungen steht dieselbe am nächsten der Sabella volutacornis Montagu. Beschreibung des weiblichen Thieres. Größe und Körperform. Das Weibchen hat nach GrAEFFE eine Länge von 31/,—4 mm und 3 mm größte Breite am Hinterende des Körpers. Wie schon GrAEFFE erwähnt, kann man die Körperform des Weib- chens mit der einer Violine vergleichen, indem der hintere, verbreiterte Körpertheil sich nach vorn zu verjüngt, den Hals der Violine darstellend. Der Körper zerfällt durch Einschnitte in einen auszwei Segmenten zusammengesetzten, ungefähr trianguläre Form zeigenden Gephalo- thorax, auf welchen vier Thorakalsegmente folgen, an welche sich der umfangreiche, zur Aufnahme der Eier bestimmte, als Duplicatur zu betrachtende Matricalraum schließt. Das kurze Abdomen, welches sich an das vierte Thorakalsegment unmittelbar anschließt, besteht aus drei, sich nach hinten verjüngen- den Segmenten, wovon sich das letzte gabelt und am Grunde der Gabelung die Afteröffnung enthält. An diese beiden Gabeltheile des dritten Segmentes schließt sich jederseits ein aus zwei Gliedern be- stehendes Segment an, die die Äste der Furca darstellen. An konservirten Thieren kann man stets bemerken, dass das Ab- domen vom Matricalraum absteht und mit der Längsachse des Körpers ungefähr einen Winkel von 45° bildet. Wenden wir uns nun zur Beschreibung der einzelnen Segmente. Der Gephalothorax, welcher, wie bereits erwähnt, trianguläre Form zeigt, trägt nach GrArFFE! auf der Rückenseite des zweiten Seg- mentes das unpaare x-förmige Auge. Auf der Dorsalseite zeigt der Gephalothorax eine starke Wölbung, 1 An den mir nur zu Gebote stehenden konservirten Exemplaren konnte von einem Auge nichts wahrgenommen werden. Das Genus Gastrodelphys. 13 welehe sich nach beiden Seiten allmählich abdacht, während die Unter- seite des vorderen Segmentes etwas ausgebuchtet erscheint (zur Auf- nahme der beiden Antennenpaare). Das hintere Segment des Cephalo- thorax, das sich durch eine starke Einbuchtung vom vorderen deutlich abgrenzt, trägt auf der Ventralseite die Mundtheile. Der Stirntheil desselben zeigt, von der Rückenseite betrachtet (Taf. IV, Fig. 2), eine etwa vierseitige Platte, welche, wie die Be- trachtung von der Ventralseite ergiebt (Taf. IV, Fig. 3 Si/), ventralwärts zu in einen eigenthümlich gebildeten Stirnfortsatz endet. Dieser Stirnfortsatz (Taf. IV, Fig. 5) erscheint, bei Rückenlage des Thieres betrachtet, als ein zwischen den beiden vorderen Antennen liegendes, vorn (am Stirntheile) handhabenförmig verdicktes, nach hinten zusich verjüngendes und am freien Ende gabeligtheilendes Gebilde. Der handhabenförmige Basaltheil des Stirnfortsatzes, der zugleich die vor- derste mediane Begrenzung des CGephalothorax bildet, zeigt vorn eine mediane Vorwölbung, die in einer Verdickung des Chitinpanzers be- gründet ist. Die beiden Seitenkanten des Basaltheiles sind nach hinten zu annähernd gleich gerichtet, so dass die Umgrenzung desselben fast rechteckigerscheint. Die Übergangsstellen der Vorderseite in die beiden Seitenwände sind allerdings nicht eckig begrenzt, sondern abgerundet, und beide Seitenwände sind noch mit seichten Einbuchtungen ver- sehen. Die Oberseite des Basaltheiles ist nicht flach, sondern etwas gewölbt und mit drei sehr zarten, longitudinal verlaufenden Chitin- leisten, wovon die mittlere fast median verläuft, versehen. Ferner befinden sich auf der Oberseite (Ventralseite) regelmäßig eine Anzahl von sehr kurzen und stumpfen Chitinstacheln, die auf jeder Seite gleich- mäßig vertheilt sind, deren Anzahl aber bei den einzelnen Individuen Schwankungen ausgesetzt ist. Die größte Zahl, die ich einmal beob- achten konnte, betrug zehn. Gegen das freie Ende zu bildet der Basaltheil rechts und links eine mehr oder weniger scharfkantige, etwas nach einwärts gebogene Spitze. Der Basaltheil des Stirnfortsatzes ist nun jederseits durch eine tiefe Einbuchtung von dem übrigen verjüngten Theile desselben abge- grenzt. Dieser verjüngte freie Theil zeigt im Großen und Ganzen die Form einer mit ihren Spitzen nach hinten gerichteten Gabel. Die beider- seitigen Einbuchtungen sind an dem Basaltheile sowohl als auch am gabeligen Fortsatze durch scharfe Kanten begrenzt. Die beiderseitigen oberen Kanten nähern sich in der Medianlinie des Fortsatzes und bilden eine in derselben verlaufende erhabene Leiste, welche gegen das Ende des freien Fortsatzes sich theilt und jederseits zwei scharfkantige, die Gabelausbuchtung überragende Spitzen bildet. Ungefähr in der Mitte 4 Joseph Heinrich List, des gabelig auslaufenden Stirnfortsatztheiles erhebt sich jederseits von der medianen Leiste eine nach hinten gekrümmte, scharf dreikantige, zahnartige Hervorragung, deren konvexer, vorderer Theil nach Bildung einer kleinen Einbuchtung sich allmählich der medianen Leiste nähert, während der konkave hintere Theil mit seiner scharfen, bogenförmigen, oberen Kante sich jederseits in der medianen Leiste trifft. Die untere dritte Kante des Zahnes begiebt sich jederseits zur betreffenden Seiten- wand der Gabel. Die Gabel des Stirnfortsatzes endet mit zwei scharfen, schwach. S-förmig gekrümmten, divergirenden Spitzen. Der Außenrand der Gabel ist äußerst scharfkantig abgegrenzt. Die dem Thiere zugekehrte Seite (Dorsalseite) des Stirnfortsatzes, der, wie eine Profilansicht lehrt, an Dicke nur etwa ein Drittel des ge- ringsten Breitedurchmessers besitzt, ist vollkommen flach. Die Länge des Stirnfortsatzes (bis zu den gabelig endenden Spitzen gemessen) be- trägt 0,2 mm. Dass der Stirnfortsatz, der sich durch große Beweglichkeit aus- zeichnet, mit dem hinteren Antennenpaar zur Festhaltung am Wirthe dient, wird bei Besprechung deszweiten Antennenpaares erörtertwerden. Außer dem Stirnfortsatze trägt das vordere Segment des Gephalothorax noch die beiden Antennenpaare. DasersteodervordereAntennenpaar (Taf.IV, Fig. 3A,, Fig. 6) inserirt sich jederseits vom Stirnfortsatze, demselben sehr genähert. Wie schon GrAEFFE (16) angab, sind die vorderen Antennen fün fgliedrig und gewöhnlich so nach außen gerichtet, dass sie mit einander (den Stirntheil des Gephalothorax als Scheitel gerechnet) nahezu einenrechten Winkel bilden. In der Regel sind die beiden ersten Glieder, sehr häufig auch das dritte, letzteres nur zum Theil oder auch ganz, von den Seiten- theilen des Gephalothorax, die sich, wie bereits erwähnt, nach der Ven- tralseite etwas einwölben, überlagert. Die Insertion mit dem Cephalothorax wird durch das erste oder Basalglied hergestellt, welches, von außen betrachtet, nach der Vorderseite hin annähernd geradlinig vom zweiten Gliede abgegrenzt ist, nach der Hinterseite zu einen bogenförmigen, mit verschiedenen Einkerbungen versehenen Umriss zeigt. Isolirt man nun die Antennen vom Gephalothorax, was mit feinen Nadeln unter der Präparirlupe leicht von statten geht!, so bemerkt man, dass die Verbindung des Basalgliedes mit dem Cephalothorax auf folgende Weise zu Stande kommt. ! An den mit Osmiumsäure behandelten Thieren ging die Isolation besonders leicht. Das Genus Gastrodelphys. 18 Schon von der Außenseite betrachtet, sieht man eine längs des unteren und hinteren Randes des Basalgliedes auf dessen Innenseite verlaufende wulstförmige Integumentverdickung, welche an der vor- deren unteren! Seite umschlägt und nach Bildung eines Bogens etwa in der Mitte der Hinterseite des Basalgliedes wieder mit der früheren Verdickung zusammentrifft. Auf diese Weise ist an der Innenseite des Basalgliedes die Basis des zur Insertion mit dem Gephalothorax dienenden Fortsatzes (Taf. IV, Fig. 60) des Basalgliedes markirt. Dieser kegel- stumpfartige Fortsatz kann als ein mit dem Basalgliede und dem Cepha- lothorax verschmolzenes Goxalglied betrachtet werden. Das zweite Antennenglied ist das größte, und nicht, wie GRAEFFE angiebt, das vierte. Der Umriss dieses Gliedes erscheint trapezoidartig mit abgerundeten Ecken. Die Begrenzungsseite mit dem Basalgliede und die nach oben ! gekehrte Kante sind die längsten Seiten. Alle vier Seiten des Gliedes zeigen verschiedene sanfte Einbuchtungen. Sowohl das zweite Glied als auch das Basalglied zeigt eine Wölbung nach ein- wärts. Diese Wölbung rührt zum Theil davon her, dass die beiden Glieder auf der unteren Seite einen stärkeren Dickendurchmesser be- sitzen, welcher gegen die Oberseite allmählich abnimmt, so dass beide Glieder oben kantig zulaufen. Diese Kanten erfahren dann durch weiter unten zu besprechende Einrichtungen noch eine weitere Komplikation. Während nun das erste und zweite Antennenglied eine auffallende Verbreiterung zeigen, erscheint das dritte Glied kaum halb so breit als das zweite. Dasselbe setzt sich durch eine breite Furche vom vor- hergehenden Gliede ab, was, wie wir später sehen werden, mit der größeren Beweglichkeit dieses Antennentheiles im Zusammenhang steht. Das dritte und auch die folgenden zwei Glieder zeigen Kegelstutzform, d.h. sie haben eine verbreiterte Basis und ein verjüngtes Ende. Das vierte Glied erscheint unter den drei verjüngten Antennengliedern als das längste, das fünfte (Endglied) endet abgestutzt und etwas vor- gewölbt. So kann man an dem ersten Antennenpaare einen verbreiterten, aus zwei Gliedern bestehenden Basaltheil und einen aus drei Gliedern sich zusammensetzenden, stark beweglich eingelenkten, schwach $- förmig gekrümmten, verjüngten Endtheil unterscheiden. Das Chitinintegument, welches die vorderen Antennen umkleidet, besitzt eine ziemliche Dicke. Dieselbe ist nicht an allen Stellen der An- tenne von gleicher Mächtigkeit. Wenn man eine vordere Antenne von der Außenseite betrachtet (Fig. 6), bemerkt man, dass das Chitinintegument i Bei Betrachtung der Antenne von der Ventralseite des Thieres, 76 Joseph Heinrich List, an dem, dem Thiere zugekehrten unteren! Theile der Antenne mächtiger ist, als am oberen. Und zwar ist die größte Mächtigkeit der Chitinlage stets am verjüngten dreigliedrigen Antennentheile zu beobachten, und besitzt das erste Glied desselben stets die größte Dicke am unteren Theile. Die Dicke beträgt daselbst circa 7 u. An dem übrigen Um- fange der Antennenglieder wird das Chitinintegument dünner und be- trägt oft kaum die Hälfte der am unteren Theile vorhandenen Dicke. Wie schon oben erwähnt, zeigen das Basal- und zweite Glied die obere Seite kantig begrenzt. Diese Kanten, welche, wie besonders die des Basalgliedes, zahlreiche kleine Einkerbungen besitzen, kommen dadurch zu Stande, dass das Chitinintegument daselbst wieder mäch- tiger wird und, von der Außen- und Innenseite sich nähernd, daselbst verschmilzt. So werden die oberen Seitenkanten des ersten und zwei- ten Gliedes von einer massiven, am Rande zu einer Schneide sich zu- schärfenden Chitinlamelle gebildet. Die einzelnen Antennenglieder sind mit Chitinborsten bez. -Haaren in sehr verschiedener Weise versehen. An dem kegelförmig abgestutzten Endgliede erhebt sich von der Spitze ein Büschel von oft mehr als sechs Chitinborsten, die nach den verschiedensten Richtungen aus einander gehen und von denen mehrere die Länge des Gliedes oft um das Dreifache übertreffen. Das vierte Glied trägt nur eine, dass dritte zwei Chitinborsten. Besonders reich- lich besetzt mit Chitinborsten ist aber das zweite Antennenglied. Nicht nur, dass auf der verbreiterten Außenseite bis fünf nach ver- schiedenen Richtungen gekrümmte Chitinbor- sten vorhanden sind, zeigt sich besonders der obere kantige Seitentheil mit Borsten ver- schiedener Art besetzt. So sieht man an der hinteren? abgerundeten Ecke außen und innen Fig. I. Flammenborste im mehrere stark divergirende Borsten abgehen optischen Durch- (a) und g Onerichaitie (b)i und an der Außenseite der oberen Kante kann man eine zweite Art von Borsten bemerken, die sich durch einen starken, doppelten Kontour auszeichnen. Diese Borsten erscheinen wie die Flamme einer Kerze, und ich will die- selben auch Flammenborsten nennen (Fig. I). Die Achse einer solchen Borste, den Hohlraum einer gewöhnlichen Chitinborste zei- gend, ist eine Fortsetzung der Innenwand des die obere Antennen- gliedkante bildenden Chitinintegumentes, während die flammenartige 1 Das Thier auf der Rückenseite liegend gedacht. 2 Die natürliche Lage der Antenne gedacht. Das Genus Gastrodelphys. 711 Außenwand der Borste von der Außenseite des Chitinintegumentes gebildet wird. Die Flammenborsten sind demnach auch nichts Anderes als eigenthümlich geformte Ausstülpungen des Chitinintegumentes, eben so wie die gewöhnlichen Haare und Borsten. Wie am zweiten Gliede, so ist auch am Basalgliede die obere Kante mit solchen Flammenborsten besetzt. Ich konnte bis zu vier dieser Borsten auf der betreffenden Kante bemerken. Die Beweglichkeit des verjüngten, vom Basaltheile scharf ge- trennten Endtheiles der Antenne muss eine ganz besondere genannt werden. Dies beweisen die auffallend starken Muskelbündel, welche vom Basal- bez. vom Coxalgliede zur Basis des dritten Gliedes ziehen. Zwei starke Muskelbündel (Taf. IV, Fig. 6 m) gehen zum oberen, ein sehr starkes Muskelbündel zum unteren Basalende des dritten Gliedes. Die Länge einer vorderen Antenne an einem der größten mir zu- gänglichen Exemplare betrug 0,4 mm. Das zweite oder hintere Antennenpaar inserirt sich jederseits von der Unterlippe, am Beginne derselben. Wie bei allen parasitischen Gopepoden das zweite Antennenpaar zu einem Klammerorgane, vermittels welchem sich dieselben am Wirthe festhalten, umgebildet ist, so auch bei Gastrodelphys. Die hinteren Antennen sind viergliedrig (Taf. IV, Fig. 7). Das erste Glied ist das längste und inserirt sich an einer Einbuchtung des Gepha- -Jothorax mit starken Muskelbündeln. Die übrigen drei Glieder sind stets knieförmig gegen das erste Glied eingebogen. Während das erste Glied noch keine besonders auf- fälligen Einrichtungen für den Gelenksmechanismus zeigt, besitzt das zweite Glied, welches bedeutend schmächtiger und etwa um ein Drittel kürzer als das erste ist, eine Bauart, vermöge welcher es zu einer außerordentlichen Beweglichkeit befähigt erscheint. An der Innenseite! dieses Gliedes findet sich zur Einlenkung mit dem ersten Gliede ein scharf ausgeprägter, zahnartiger Vorsprung (Fig. 7 »), welcher in eine entsprechende Ausbuchtung des ersten Glie- des hineinragt. Wieder nach auswärts findet sich eine Ausbuchtung, welche durch eine Chitinleiste von einer kleineren Ausbuchtung auf der Außenseite des Gliedes abgegrenzt ist. Die erstere größere Aus- buchtung gehört einem stumpf kegelförmigen Fortsatze des zweiten Gliedes an, welcher in eine entsprechende Vertiefung des ersten Glie- des zu liegen kommt und besonders an völlig ausgestreckten Antennen auf das deutlichste beobachtet werden kann. Der erwähnte zahnartige i Als Innenseite die bei der Lage der beiden Antennen einander zugekehrten Seiten bezeichnet. 78 Joseph Heinrich List, Vorsprung wird bei einer Bewegung offenbar wie ein Gelenk wirken, um welches die Drehung des knieförmig abgebogenen Antennentheiles um das Basalglied zu Stande kommt. Die Chitinleiste selbst, an derem zum Basalgliede sich begebenden Ende sehr starke Muskelbündel sich inseriren, wird nicht nur als Hemmungsvorrichtung beim Beugen des betreffenden Antennengliedes, sondern besonders zum Hervorschnellen desselben dienen. Dass die durch die besprochenen Einrichtungen bewirkte große Gelenkigkeit des abgebogenen Antennentheiles für das Thier zur Ergreifung des Wirthes wichtig ist, ist einleuchtend'!. An der Einlenkungsstelle des zweiten mit dem dritten Gliede fin- den sich am zweiten Gliede ebenfalls mehrere Einrichtungen vor, welche zur größeren Beweglichkeit der nachfolgenden Glieder dienen. Auf der Innenseite der besprochenen Stelle geht das zweite Glied ebenfalls in eine scharfe, in der Profilansicht zahnartig erscheinende Kante aus (Taf. I, Fig. 7 xx), auf welche nach auswärts eine Einbuchtung folgt, in welche ein entsprechender Höcker des dritten Gliedes einlenkt. Auf diese Einbuchtung folgt nach auswärts wieder eine höckerartige Hervor- ragung, die in eine schwache Einbuchtung des dritten Gliedes einlenkt. Diese stumpfkegelige Hervorragung des zweiten Gliedes ist von dem übrigen, mit dem dritten Antennengliede gelenkig verbundenen Theile durch einen scharfen Kontour, welcher nach außen verläuft und, bevor er noch die Außenseite erreicht, einen gegen das dritte Glied gerich- teten Vorsprung bildet, abgegrenzt. Der scharfe, durch diese Ausbuch- tung charakterisirte Kontour rührt davon her, dass er den erhabenen, vom vertieften (in Fig. 7 mit »** bezeichnet), mit dem dritten Gliede gelenkig verbundenen, Antennentheile trennt. Durch die besprochenen Einrichtungen wird offenbar eine außer- ordentliche Beweglichkeit des auf das zweite Glied folgenden Anten- nentheiles ermöglicht. Denn die auf der Innenseite des zweiten und dritten Gliedes vorhandene Bildung wird wie ein Charnier wirken, um welche die Drehung des dritten und vierten Gliedes zu Stande kommt. Weiter wird eine möglichst weitgehende Beugung dieses Antennen- theiles dadurch ermöglicht, dass der vertiefte Theil des zweiten Gliedes bis zum Kontour (also bis zur Abgrenzung vom erhabenen Antennen- theile) in die Bewegungsbahn mit einbezogen werden kann. Das dritte Antennenglied ist kurz, kaum so lang als breit und zeigt auf der Innen- wie Außenseite eine Vorwölbung. 1 Bei Gastrodelphys Clausii konnte ich die Bewegungen des zweiten Antennen- paares nicht beobachten, da ich kein lebendes Material bekommen konnte. Wohl aber bei Gastrodelphys Myxicolae nov. spec. Das Genus Gastrodelphys. 79 Das vierte Glied (Endglied) ist länger als das dritte, ist nach innen gekrümmt, und sich allmählich verjüngend, trägt es am Ende die aus drei spitzen Krallen sich zusammensetzende Klaue. Die Gelenk- verbindung des Endgliedes mit dem dritten Gliede ist wieder in der Weise hergestellt, dass das erstere einen allerdings sehr schwachen Höcker in eine entsprechende Einbuchtung des letzteren schickt. Es wird auf diese Weise eine allerdings sehr geringe Bewegung beider Glieder ermöglicht sein. Bevor ich nun die weitere, interessante Differenzirung des End- gliedes schildere, muss ich noch einer Einrichtung gedenken, welche sowohl dem dritten wie dem Endgliede eigenthümlich ist. An der Übergangsstelle der Innen- zur Außenseite erstreckt sich von der Mitte des dritten bis um das gleiche Stück in das vierte Glied eine kammförmige, erhabene Chitinbildung (Taf. IV, Fig. 7K), deren etwas gekrümmte Zähne quer zur Längsachse der Glieder und zu einander gleich gerichtet sind, und deren Spitzen frei gegen die Außenseite der Antenne hervorragen. Gegen die beiden Enden dieser kammförmigen Bildung verkürzen sich die Zähne, während sie gegen die Mitte zu allmählich größer wer- den. Diese Bildung ist an den in der natürlichen Lage sich befindenden Antennen an der einander abgekehrten Seite angebracht. Über die Bedeutung dieses Chitinkammes kann ich nur eine Ver- muthung äußern. Jedenfalls dient derselbe mit seinen scharfen, ge- krümmten Zähnen als Organ zum Festhalten der Beute. Etwas ein- wärts von dem Chitinkamme liegt sowohl am dritten wie am vierten Gliede, von den Zähnen überdeckt, ein scharfkontourirtes 4 u im Durchmesser zeigendes Loch im Chitinintegumente (Fig. 7 Oe). Viel- leicht sind dieselben Ausführungsöffnungen von Drüsen. Der Basal- theil des Endgliedes setzt sich mittels eines scharfen Kontours, der nach vorn zwei Höcker bildet, von einem vertieften, als Bewegungsbahn für die folgenden Theile des Endgliedes bestimmten Antennentheile ab. Auf diesen vertieften Antennentheil folgen nun drei voneinander deut- lich geschiedene Chitinstücke, die auch GRAFEFFE (16) schon beobachtete. Zwei dieser in der Profilansicht drei- oder vierseitig mit abgerun- deten Ecken erscheinende Chitinstücke liegen an der konvexen Außen- seite (Fig. 7, 8 a, ß), das dritte (Fig. 8 y) auf der Innenseite des Antennentheiles.. Die Anordnung der Chitinstücke wird Einem erst klar, wenn man den betreffenden Antennentheil von der konvexen Außenseite betrachtet (Taf. IV, Fig. 10). Daselbst erscheinen dann die beiden Chitinstücke so an einander gelagert, dass ihre Längsachse quer gerichtet ist. Die Stücke sind derartig abgerundet, dass sie sich mit 80 Joseph Heinrich List, ihren Gelenkflächen sehr leicht gegen einander bewegen können. Diese Einrichtung dient offenbar dazu, dem sich daran schließenden Klauen- gliede eine ähnliche Bewegung zu ertheilen, wie sie die Metacarpal- knöchelchen in der Hand der Wirbelthiere den Fingern ertheilen. Der Basaltheil des vierten Gliedes geht nun an der Innenseite (an der Fortsetzung des früher erwähnten Kontours) in einen Fortsatz aus (Fig. 7 Sst, 8), der an den meisten isolirten Antennen als ein geboge- ner, am Ende abgerissener, chitiniger Fortsatz erscheint. Auch Grarrre (16) kam über dieses Gebilde nicht ins Klare. Er sagt, man bemerke am Endgliede einen dünnen griffelförmigen Fortsatz, welcher von der unteren Ecke des Klauengliedes in Opposition mit den Krallen abgehe. Ich selbst konnte mir lange Be Antwort über die Bedeutung dieses gebogenen Chitinfortsatzes geben, bis es mir einmal gelang, eine völlig intakte Antenne zu isoliren. Der erwähnte Chitinfortsatz entpuppte sich nunals der Stielzueinem Saugnapfe, welcher am Ende desselben auf- sitzt (Taf. IV, Fig. 8, 9). Die Länge des Saugnapfstieles ist ziemlich bedeutend, sie betrug an einem Exemplare 61 u, die Dicke 5,7 u. Die Saugscheibe selbst (Fig. 9 S) hatte einen Durchmesser von 7 u und zeigte in der Mitte eine scharf kontourirte, kreisförmig begrenzte Aus- höhlung. Die Basis des Saugnapfstieles wird aber nicht allein vom be- sprochenen Chitinfortsatze des Basaltheiles des Endgliedes gebildet. Es geht nämlich von dem auf der Innenseite der Antenne gelegenen drit- ten Chitinstücke (Fig. 7, 8 y) ein verbreiterter Chitinfortsatz ab, welcher mit dem früher besprochenen, vom Basaltheile des Endgliedes ent- springenden, alsbald verschmilzt (Fig. 9). | Das Ende des Saugnapfstieles, welchem der Saugnapf aufsitzt, fand ich an dem isolirten Exemplare eingebogen. Auf die besprochenen Chitinstücke folgt der klauenförmig einge- bogene, in drei spitze Krallen ausgehende Endtheil des vierten Anten- nengliedes. Die mittlere dieser drei stark eingekrümmten Krallen ist die größte und am stärksten ausgebildete. An der Außen- und Innenseite der Antenne, insbesondere an ersterer Seite, bemerkt man an Profilansichten (Fig. 7, 8), vom zweiten Gliede bis zur Klaue sich erstreckend, eine saumartige Chitinwuche- rung, welche mit verschiedenen Einkerbungen versehen ist. Dieselbe ergiebt sich als eine an der betreffenden Seite besonders mächtig wer- dende Chitinverdickung der betreffenden Antennenglieder. An der Innenseite kann man dieselbe nur als schmalen, stark lichtbrechenden Saum längs des dritten und vierten Gliedes beobachten. Das Genus Gastrodelphys. 81 Diese lokale Chitinverdiekung, die an der Außenseite des dritten und vierten Gliedes am mächtigsten entwickelt erscheint, bildet für diese Glieder gewissermaßen eine starke Außenkante, die für die Stärke des betreffenden Antennentheiles besonders wichtig erscheint. Die Länge einer ausgestreckten hinteren Antenne beträgt 0,4 mm. Das zweite Antennenpaar, welches, wie bei den übrigen parasitischen Copepoden, so auch hier, zu einem typischen Klammerorgane ausgebildet erscheint, ist mit Muskeln reich versorgt. Insbesondere ist es das erste und zweite Glied. Durch das dritte und vierte Glied zieht nur ein Muskel, welcher an der Gelenkverbin- dung des Basalgliedes und des zweiten Gliedes entspringt und sich am Klauengliede inserirt. Mit welcher Kraft das hintere Antennenpaar bewegt wird, konnte ich an lebenden Exemplaren von Gastrodelphys Myxicolae nov. spec. beobachten. Die Schnelligkeit, mit welcher der von den Kiemen gelöste Copepode die Antennen bewegte, war eine solche, dass das Hervor- schnellen derselben kaum bemerkt werden konnte. Wie schon GrAEFFE (16) bemerkt, liegen die Antennen in der Ruhe- lage des Thieres gewöhnlich über dem Stirnfortsatze, denselben von rechts nach links (rechte Antenne), bez. umgekehrt (linke Antenne) um- greifend, und zwar liegt die rechte Antenne in der Regel vor der linken. ' Dass die hinteren Antennen in Folge ihrer Bauart als die Haupt- anheftungsapparate des Thieres fungiren, konnte ich an Gastro- delphys Myxicolae deutlich beobachten. Das Thier schnellt gewisser- maßen die Antennen gegen die Kiemenfäden und heftet sich mit den- selben, den Stirnfortsatz mit als Haken benutzend, an. Ehe ich die Beschreibung des zweiten Antennenpaares verlasse, muss ich noch einer Einrichtung im Chitinpanzer gedenken, welche dazu dient, das Knie der beiden Antennen, das sich jederseits durch die Knickung des Basalgliedes mit den übrigen Gliedern ergiebt, aufzunehmen. Unter dem Stirnfortsatze bemerkt man, in der Medianlinie des Körpers ver- laufend, eine erhabene Chitinleiste (Fig. 11), welche bis unter die Ober- lippe zieht, sich daselbst theilt, und deren Theile unter Bildung eines Bogens jederseits sich wieder nach vorn zur Medianleiste begeben. Die Leiste selbst ist in der Medianlinie und an beiden sich gabeln- den Bogen, die dort, wo die Leisten wieder nach vorn ziehen, eine höckerartige Anschwellung zeigen, am mächtigsten, verjüngt sich dann aber rasch an den sich zur Medianleiste begebenden Theilen. Diese mediane Leiste und die sich von ihr theilenden Bogen schließen jeder- seits eine Einbuchtung des Chitinpanzers ein, in welcher das Knie des zweiten Antennenpaares Aufnahme findet. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 6 82 Joseph Heinrich List, Auf dem zweiten Segmente des Cephalothorax, das sich durch eine seitliche Einbuchtung jederseits deutlich vom ersten abgrenzt, sind die Mundtheile entwickelt. Dieselben setzen sich zusammen aus einer ein kurzes Rostrum bil- denden Ober- und Unterlippe, ein Paar Mandibeln und zwei Paar sehr verkümmerten Maxillarfüßen (Fig 16). Wie schon GRARFFE (]. c.) erwähnt, wird der vorderste Theil von der Oberlippe (Ol) gebildet, welche eine Chitinmembran vorstellt, die auf einem bogenförmigen Chitinrahmen ausgespannt erscheint. An den seit- lichen Ursprungsstellen(w) biegt sich die Chitinspange jederseits etwas aus. Die Unterlippe (Ul) bildet eine eben solche etwa mondsichelartige Chitinmembran, welche vorn ebenfalls von einer bogenförmigen Chitin- leiste abgegrenzt ist. Beiderseits bildet die Unterlippe an ihren Ur- sprungsstellen eine starke Einbuchtung und hebt sich auf diese Weise von dem Chitinpanzer scharf ab. An den Seitenrändern verschmelzen Ober- und Unterlippe mit einander und bilden auf diese Weise einen kurzen Saugrüssel. GRAEFFE (]. c.) erwähnt ferner, dass sich von der Oberlippe ein dorn- förmiger Fortsatz nach vorn erstrecken soll. Er sagt nämlich 1. e.: »Die beiden Schenkel der gebogenen Chitinspange der Oberlippe verbindet einwärts eine bügelartige Chitinleiste, von deren Mitte ein großer dornförmiger Fortsatz nach oben bis in die Gegend des umgeschlagenen Stirnrandes ragt.« Dies ist ein Irrthum GraAsFFeE’s. Was GRAEFFE als dornförmigen Fortsatz der Oberlippe deutet, ist in der That nichts Anderesals die in der Medianlinie verlaufende und schon früher beschriebene Chitinleiste, welche die beiden Ausbuch- tungen begrenzt, in welche das Knie des zweiten Antennenpaares zu liegen kommt. | An der Basis grenzt sich die Unterlippe durch die bereits erwähn- ten seitlichen Einbuchtungen ab, deren Rand sich dann jederseits nach vorn und einwärts begiebt und nach Bildung eines kleinen Bogens wie- der nach rückwärts läuft, so dass auf diese Weise auf jeder Seite eine fingerförmige Chitinverdickung der Unterlippe gebildet wird. Bei tieferer Einstellung des Tubus kann man in der Tiefe ein Chi- tingerüst beobachten (Chg), welches, wie Schnitte lehren, nur die Chi- tinauskleidung des Pharynx und Ösophagus ist. Zwei starke Muskel- bündel (Taf. IV, Fig. 16 m; Taf.V, Fig. 19 m,) gehen von dieser chitinigen Membran aus und inseriren sich, am Ende sich verbreiternd, am Rande der Unterlippe. Die Bewaffnung des Schlundes bilden zwei Mandibeln (Fig. 16 Ma, 17). | Das Genus Gastrodelphys. 83 Dieselben sind abgeflachte, im Großen und Ganzen $-förmig ge- krümmte, an der Basis verbreiterte und mit dem verjüngten Ende etwas eingebogene Stechborsten, die gegen die Fläche etwas einge- krümmt erscheinen und deren verjüngter, knieförmig abgebogener Endtheil mit einer Reihe scharfer, an der Spitze hakenförmig gekrümm- ter Zähne, deren Zahl in der Regel zwölf beträgt, besetzt ist. Gegen das spitze, eingekrümmte Ende der Mandibel werden die Zähne auch all- mählich kleiner. Die Zähne der beiden Mandibeln sind gegen einander gekehrt, und werden bei Bewegung der letzteren offenbar wie eine Säge wirken. Die Länge der gezähnelten Lade beträgt 30 u. Maxillen konnte ich nicht auffinden. Wohl aber sind noch auf der Außenseite des zweiten Segmen- tes zwei Paare von Gebilden zu beobachten, die als rudimentäre Maxillarfüße (Maxillipeds) zu deuten sein dürften (Fig. 16 Mf}, MP). Das ersteMaxillarfußpaar (Taf.IV, Fig. 16 Mf, ; Taf. VI, Fig. 5 Mf})! stellt zwei aufje einer rundlich ovalen etwas vorgewölbten Chitinplatte (B,, in der betreffenden Figur punktirt gezeichnet), die wohl als Basal- glied des Maxillarfußes gedeutet werden muss, beweglich einge- lenkte, gekrümmte, und in zwei sanft zugespitzte Klauen endende Glieder dar. Jedes Klauenglied trägt an der Basis eine starke Chitin- borste als Taster. Das zweite Maxillarfußpaar (Taf. IV, Fig. 16 Mf; Taf. VI, Fig. 5 Mf) stellt nur ein kurzes, stummelförmiges, schwach gekrümm- tes, ebenfalls auf einer ovalen, beiderseits nach außen verlängerten und an der Basis verbreiterten Chitinplatte (B,, in der Fig. punktirt gedeutet; vgl. auch Taf. VI, Fig.5 B,), die vorgewölbt erscheint und wohl auch als Basalglied zu deuten ist, gelenkig verbundenes Klauenglied dar. GRAEFFE (l. ce.) sagt über die Mundtheile Folgendes: »Innerhalb der Mundöffnung dieses kurzen, unvollständigen Saug- ! Im Verlaufe dieser Untersuchung habe ich es oftmals als großes Hemmnis empfunden, dass mir frisches Material, an welchem man allein nur Details studi- ren kann, nicht zu Gebote stand. Erst, nachdem diese Arbeit fast vollständig fertig gestellt war, gelang es mir, lebende Exemplare von Gastrodelphys Myxicolae zu erhalten. An diesen konnte ich über die verschiedenen Mundtheile vollkommen ins Klare kommen. Ein Vergleich mit denjenigen von Gastr. Clausii ergab, dass in der Bauart große Übereinstimmung herrscht, und so konnte ich die Lücken, die sich bei der Beobachtung an nur konservirtem Material ergaben, durch das Stu- dium an frischen Exemplaren — freilich einer anderen Species — ergänzen. Im Nachfolgenden wird öfter auf die, die Anatomie von Gastr. Myxicolae darstellenden Figuren verwiesen werden. 6* 84 Joseph Heinrich List, rüssels sieht man ein Mandibelpaar. Dieser Oberkiefer besteht aus einer gezähnelten Lade oder Stechborste, die knieförmig mit einem S-förmigen Mandibularstück verbunden ist. Ein weiteres längliches Basalstück schließt sich diesem an. Die Mandibularlade, welche ganz die Form der Stechborste der Siphonostomen besitzt, hat an der Spitze einige nach vorn gerichtete Zähnchen, während die übrigen nach rückwärts gerichtete und hart an einander stehende Zähne darstellen. Die ganze Lade ist sehr klein, nur 0,008 mm groß. Das Maxillenpaar scheint gänzlich verkümmert zu sein, in so fern man nicht das länglich viereckige Basalstück der Mandibel als einen Rest derselben deuten will. Eben so sind die Maxillarfüße nur im verkümmerten Zustande vor- handen. Das eine, wohl das erste Paar, stellt ovale, nach unten zuge- spitzte Chitinplatten dar, die zu beiden Seiten der Unterlippe stehen und einen kleinen borstenförmigen Fortsatz (Taster) an dem äußeren breiteren Theile desselben tragen. Als zweites Paar der Maxillarfüße kann man ein schildförmiges Chitinstück deuten, das am inneren Win- keleinen kleinen zahnartigen Fortsatz trägt und etwas unter dem ersten Paare am Grunde der Mundtheile liegt. Immerhin bleibt die Deutung dieser Chitintheile als Maxillarfüße zweifelhaft, ihrer weit gediehenen Verkümmerung wegen. Das Gesammtbild der Mundtheile ist das von Saugenden, mit Stechborsten versehenen, wahrscheinlich um die Ge- fäße der Kiemenfäden anzubohren und das Blut des Wurmes einzu- nehmen.« Wie man aus dieser Darstellung ersieht, ist GraAEFrE der Wahrheit ziemlich nahe gekommen, wenn ihm auch einzelne Details, wie z. B. der Bau des ersten Maxillarfußpaares unbekannt blieb. Der Ansicht Grarrre’s, dass das Gesammtbild der Mundtheile das Ges Saugenden und Stechenden ergiebt, schließe ich mich vollends an. Auf den Cephalothorax folgen die vier an Breite allmählich zu- nehmenden Thorakalsegmente. Das erste Thorakalsegment, welches auch das längste ist, ist durch einen kurz halsförmigen Einschnitt vom CGephalothorax abgegrenzt. GRAEFFE (]. c.) erwähnt darüber Folgendes: »Hinter dem Cephalothorax ist eine starke Einschnürung des Kör- pers, welcher eine Art Hals folgt, aus einem fußlosen Thorakalsegmente bestehend, das seitlich 3—4 Runzeln zeigt, wie wenn eine Anzahl Seg- mente hier verschmolzen wären. « Das ist ein Irrthum Grarrre’s. Der Hals zeigte an den von mir untersuchten Exemplaren nie jene Länge und jene seitlichen Runzeln, wie sie GrRAEFFE abbildet. Dieser sogenannte Hals gehört zum ersten Das Genus Gastrodelphys. 85 Thorakalsegmente und stellt nicht selbst ein fußloses Thorakalsegment dar, wie GraEFFE behauptet. Alle vier Thorakalsegmente tragen Ruderfußpaare, und nicht, wie GRAFRFFE erwähnt, nur drei. Sämmtliche Thorakalsegmente sind, wie schon GRAEFFE erwähnt, seitlich in Höcker ausgezogen. Am ersten sind dieselben am stärksten entwickelt und gehen auf der Dorsalseite (Taf. IV, Fig. 2) in einen wulst- förmigen Kragen über. Alle Thorakalsegmente sind sowohl auf der Ventral- wie auf der Dorsalseite durch deutliche Furchen von einander getrennt. Knapp an der halsartigen Verjüngung mit zwei Chitinleisten (Fig. 12 a) beginnend, trägt das erste Thorakalsegment in der Median- linie der Ventralseite einen eigenthümlichen, bei keiner bekannten Copepodenform so merkwürdig ausgebildeten, sogenannten ZENKER- schen Bauchwirbelkörper (Fig. 12)1. GRAEFRE (l. c.) beschreibt diese Bildung folgendermaßen: »Es findet sich nämlich zwischen den Ruderfüßen (erstes Paar) eine der konvexen Krümmung der Bauchfläche folgende Chitinleiste, welche mit zwölf starken dreieckigen Zähnen, die frei nach abwärts ragen, be- setzt ist. Die Zähne sind alle gleich groß und stehen in einer regel- mäßigen Reihe, je sechs links und rechts, während in der Mitte eine kleine Lücke sich befindet. Von den Enden dieser Chitinleiste gehen noch zwei Chitinstäbe nach oben in das halsförmige erste Thorakalseg- ment, wo sie sich in der Mitte einander bis zur Verbindung nähern. Über dieser Stelle bemerkt man noch zwei kleine längliche Verdiekungen, die so gestellt sind, dass mit den unteren Chitinstäben die Form des Kreuzes sich bildet. « Wenn gleich diese Beschreibung im Großen und Ganzen zutrifft, so dürfte es doch am Platze sein, diese merkwürdige Bildung etwas eingehender zu erörtern. Wie bereits erwähnt, beginnt dieselbe knapp an der halsartigen Verjüngung des ersten Thorakalsegmentes mit zwei kurzen Chitinleisten (Fig. 12 a), welche gegen einander ziehen, ohne aber in der Medianlinie zusammenzustoßen. Daselbst biegen sie aber rasch um, und bogenför- mig nach hinten und auswärts ziehend, schließen sich diese beiden Schenkel durch eine quere, bogenförmige Chitinleiste nach hinten ab, so dass auf diese Weise ein dreiseitiger, vorn offener und nach allen 1 Der Name Bauchwirbel stammt von ZEnker (34) her, der die ventralen Verdickungen des Chitinpanzers mit diesem ganz passenden Ausdruck bezeichnete. — E. Haccker (17) nannte späterhin ähnliche Bildungen bei den Corycaeiden Mit- telstücke der Bauchpanzerschienen. 86 Joseph Heinrich List, Seiten ausgebogener Chitinrahmen entsteht, dessen Basis am höchsten ist und dessen Schenkel gegen die Spitze allmählich an Höhe ab- nehmen. Dieser dreiseitige Chitinrahmen umschließt eine schwach vorge- buchtete Fläche des Integumentes. Die Basis des Chitinrahmens, die eine Länge von 0,17 mm erreicht, stellt eine konvex vorspringende breite Leiste dar, welche nach außen in eine Reihe nach hinten gerichteter, scharf gekrümmter Zähne über- geht, deren Zahl zwischen 12 und 13 schwankt. F Die Zähne, die eine Länge von 61 u: besitzen, sind in derRegel wenigstens, wie schon GRAEFFE angiebt, derart gerichtet, dass bei der Zwölfzahl, die vorherrscht, rechts und links sechs Zähne zu stehen kommen, die dann symmetrisch angeordnet sind, bez. symmetrisch nach hinten divergiren und in der Medianlinie durch einen größeren Zwischenraum getrennt sind. Nicht selten kommt es vor, dass die beiden mittleren Zähne gegen einander konvergiren (vgl. Fig. 12). Die Zähne selbst, die Lanzenspitzenform zeigen, sind nicht solid, sondern ausgehöhlt, und, wie Schnitte erge- ben, erstreckt sich die Matrix auch in die Zähne hinein (vgl. Holzschnitt). An der Basis, gleich am Ursprunge von der Chitinleiste, sind die Zahnrän- der etwas verdickt. | Klarheit über diesen Bauchwirbelkörper ver- schaffen erst Schnitte (vgl. Holzschnitt, Fig. II). Man sieht an diesen, dass die betreffende Bildung nichts Anderes als eine eigenthümliche Ausbuch- Fig. II. Bauchwirbel- tung des Chitinintegumentes ist. Die von dem IE Rahmen eingeschlossene Fläche ist nur ein vorge- wölbter Theil des Chitinintegumentes, welcher durch eine sanfte Einbuchtung in den die Zähne tragenden, in der Ventralansicht als Rahmen erscheinenden, verjüngten Theil übergeht. An Ansichten von der Ventralseite erscheint der Rahmen auch stets größer, weil durch das Deckglas der Wirbel gegen das Integument herangedrückt wird. | Dass dieser mit den scharfen Zähnen bewaffnete Bauchwirbelkörper- auch als Haftapparat dient, vermuthe ich nicht nur, sondern bin dessen gewiss; denn eben so wie ich an den Klauen des zweiten Antennen- paares Kiemenfäden des Wirthes bemerken konnte, so gelang es mir auch, an den Zähnen öfter solche zu finden. Das Genus Gastrodelphys. 87 Die Ruderfüße. Wie bereits erwähnt, sind an allen vier Thorakalsegmenten Ruder- füße vorhanden, die allerdings von vorn nach hinten einer allmählichen Rückbildung anheimfallen. Nach Graxrre bestehen die Ruderfüße der zwei ersten Segmente aus einem kurzen rundlichen Basalgliede, das zwei Ruderplatten trägt. »Die äußere Ruderplatte ist länger und dreigliedrig, doch sind die Glieder nur schwach gegen einander abgegrenzt und scheinen mitunter nur aus einem länglichen Gliede bestehend. Die Außenseite der Platte trägt zwei, die Spitze eben so viel glatte einfache Borsten. Die nach innen liegende Platte ist verkümmert, kurz, eingliedrig und nur an der Spitze mit einer Borste versehen. Von dem äußeren Theile des Basalgliedes endlich ragt, von einem ganz kurzen warzenförmigen Gliede ausgehend, eine steife gerade Borste nach außen. « Diese Beschreibung kann ich im Großen und Ganzen bestätigen und erweitern: Das erste Ruderfußpaar inserirt sich am ersten Thorakal- segmente rechts und links neben dem besprochenen Bauchwirbelkörper (Fig. 3 R,, 12 Rı). Die Ruderfüße sind in der Ruhe so gelagert, dass sie mit ihren freien Enden gegen die Medianlinie konvergiren. Der Ruderfuß des ersten Paares setzt sich aus einem kurzen, ge- drungenen Basalgliede und zwei Ruderästen, einem inneren und einem äußeren, zusammen. | Der äußere Ruderast ist der mächtiger entwickelte und setzt sich mit einem kurzen, stets deutlich differenzirten Gliede, welchem der übrige sich allmählich verjüngende Ruderfußtheil aufsitzt, vom Basal- gliede ab. Dieser verjüngte Endtheil zeigt wohl am Grunde manchmal eine deutliche kleine Einkerbung, so dass der äußere Ruderfußast drei- gliedrig erscheint. In der Regel konnte ich aber zwei deutliche Glieder beobachten. Von dem ersten Gliede des äußeren Ruderastes ragt, wie schon GRAEFFE angiebt, eine starke Borste, von einem warzenförmigen Gliede ausgehend, nach außen. Der übrige verjüngte Theil des Ruderastes ist mit einer Reihe (fünf bis sechs) größerer und kleinerer Borsten besetzt, die fast ausschließlich auf der Außenseite und auf dem abgestutzten Ende des Astes zu stehen kommen. Der innere Ruderfußast ist sehr verkümmert und besteht nur aus einem kurzen Gliede, auf dessen Spitze eine kurze Borste sich erhebt. 83 Joseph Heinrich List, An Querschnitten durch die Ruderfüße kann man sich überzeugen, dass dieselben nicht einfach cylindrisch, sondern etwas verbreitert sind. Der Querschnitt erscheint nämlich oval. Das zweite Ruderfußpaar (Fig. 3 R,), welches Größe und Ge- stalt des ersten zeigt, ist am zweiten Thorakalsegmente derart eingelenkt, dass das Basalglied in der Mitte zwischen Außenseite und Medianlinie des Thieres zu liegen kommt. Das dritte Ruderfußpaar (Fig. 3 R,, 13), das sich nahe der Außenseite des dritten Thorakalsegmentes inserirt, erscheint nur auf einen einzigen, zweigliedrigen Ruderast reducirt. Das Basalglied ist sehr kurz, und das längere, konische Endglied ist an der Spitze mit drei sehr starken, die Länge des Gliedes um das Mehrfache übertreffen- den Borsten versehen. Das vierte Ruderfußpaar (Fig. 3 R,, 44), das GrAerrE unbe- kannt blieb, inserirt sich am vierten Thorakalsegment, und zwar ziem- lich einwärts vom Außenrande. Der Ruderast besteht nur aus einem kurzen, warzenartigen Basal- gliede, welchem eine an ihrem Grunde verdickte Borste aufsitzt. Während die beiden ersten Ruderfußpaare in der Ruhelage gegen die Medianlinie konvergiren, ist bei beiden letzteren das Umgekehrte der Fall. Die drei ersten Ruderfußpaare werden von dorsoventralen Muskel- zügen versorgt. Für das vierte Ruderfußpaar gelang mir dies nicht nachzuweisen. In der Medianlinie des vierten Thorakalsegmentes, knapp an der Abgrenzung vom dritten, erhebt sich ein stumpfer Höcker (Fig. 3 4). GRAEFFE erwähnt diese Bildung mit folgenden Worten: »In der Mitte des Körpers befindet sich an der Bauchseite am unteren Rande des letzten Thorakalsegmentes eine runde Papille. Ob dieselbe von einer Öffnung durchbohrt ist, vielleicht den Ausführungs- gang aus dem Matricalraum birgt, konnte ich nicht entdecken, denn in den meisten Fällen war keine Öffnung daran zu sehen.« Dass dies ein Irrthum Grarrre’s ist, lehren Längsschnitte. An diesen kann man sich überzeugen (Taf. V, Fig. 20 H), dass der erwähnte pa- pillenartige Höcker nur eine Ausbauchung des vierten Thorakalsegmentes darstellt, in welchem sich außerordentlich häufig einzellige Drüsen befinden. Das Abdomen. GRAEFFE ist sich über das Abdomen nicht klar geworden, denn er bezeichnet das vierte Thorakalsegment und den Matricalraum als »ein Das Genus Gastrodelphys. 89 sehr breites Abdominalsegment, welches, wahrschein- lich aus der Verschmelzung zweier Segmente entstanden, das Genitalsegment darstellt«. Nur die drei letzten Abdominalsegmente GRrAEFFE’s mit der Furca sind das Abdomen. Nach GrarFrE sind »diese drei Segmente schmal, ganz durchsichtig, so dass man den röthlich gefärbten Inhalt des Darmes, welcher diese Glieder durchzieht, deutlich erkennen kann. Die After- öffnung des Thieres ist am Ende des letzten Segmentes, wo die Äste der Furca entspringen. Letztere sind sehr kurz, zweigliedrig, wo- bei das zweite Glied das erste in seiner ganzen Länge umfasst, so dass man leicht versucht ist, eine doppelte Furca zu deuten. Das Endglied jeder Furca trägt eine starke und zwei schwächere glatte Borsten. « Das Abdomen! (Fig. 3 Abd), welchesausdrei Segmenten besteht und welches, wie Schnitte lehren (Fig.20 und Holz- schnitt Fig. III) als eine Fortsetzung des ver- DD jüngten längs der Ven- Fig. III. Schematischer Querschnitt durch den Matricalraum (M), E . £ um die Abgrenzung des vierten Thorakalsegmentes bez. des tralseite des Matrical- Abdomens vom Matricalraume zu zeigen. B, Balken; Ch, äuße- raumes dahinziehenden .@ Chitinpanzer; Za, innere Lamelle; #.7hs, verjüngter Ab- schnitt des vierten Thorakalsegmentes. vierten Thorakalseg- mentes anzusehen ist, erscheint an konservirten Thieren stets aufge- richtet und bildet mit der Längsachse des Körpers ungefähr einen Winkel von 45°. Das erste Segment ist das größte, die folgenden ver- jüngen sich gegen das Ende zu. Das dritte Segment trägt am Ende, dort, wo die Äste der Furca entspringen, die Afteröffnung, so dass dieselbe zwischen den beiden Furcalästen ausmündet. An dieses stumpf endende letzte Abdominalsegment setzt sich jederseits ein zweigliedriger Furcalast. Während das Basalglied der Furca keine Borsten trägt, ist das Endglied mit je einer langen starken, dasselbe um das Mehrfache an Länge übertreffenden Borste besetzt. Außerdem sind noch jederseits drei kleinere Borsten zu beobachten. Was die Länge des Abdomens betrifft, so überragt an Präparaten, 1 Bei Thieren, deren Matricalraum mit Eiern angefüllt ist, beginnt das Abdomen ungefähr in der Mitte des vierten Thorakalsegmentes und des Matricalraumes. 90 Joseph Heinrich List, in welehen dasselbe gegen den Matricalraum zen ist (Fig. 3), die Furca kaum den Rand des Brutraumes. An das letzte Thorakalsegment schließt sich ein umfangreicher Sack, der Matricalraum (Brutraum) an. Unter demselben versteht man seit Thuoreır (30), dem wir ein grundlegendes Werk über die as- cidicolen Copepoden (Notodelphyiden) verdanken, jenen für die Noto- delphyiden charakteristischen, von einem (nicht bestimmten) Thorakal- segment entspringenden, außerhalb derLeibeshöhleliegenden, nur von einer Hautduplikatur umschlossenen Raum, in welchem die Eier ihre Entwicklung bis zum ausschlüpfenden Embryo durchmachen. Dienähere Beschreibung des Matricalraumes aufspäter verschiebend, mussich noch derAbgrenzung gegen das vierteThorakalsegment gedenken. Klarheit über dies Verhältnis erhält man erst aus Längsschnitten (Taf. V, Fig. 20). Aus diesen ersieht man, dass sich das vierte Thorakal- segment nach hinten allmählich verjüngt und nach Bildung einer Ein- buchtung direkt in das abgeknickte Abdomen übergeht. Zu beiden Seiten und rückwärts vom hinteren verjüngten Theile des vierten Tho- rakalsegmentes, dehnt sich nun der voluminöse Matricalraum aus, welcher vom vierten Thorakalsegmente entspringt und, wie eine Betrach- tung von der Ventralseite des Thieres (Fig. 3) ergiebt, gegen die Seiten des verjüngten Thorakalsegmentes sich vorwölbt. Unterhalb des Abdomens, an der Stelle, an welcher das erste Abdo- minalsegment sich von der Matricalduplikatur abhebt, bemerkt man eine breitgezogene Öffnung (Taf. VI, Fig. 10 Moe), aus welcher, wie die Beobach- tung am lebenden Thiere ergab, die Embryonen den Matricalraum ver- lassen. Der Matricalraum ist der umfangreichste Theil des weiblichen Thieres und erscheint an Individuen, die denselben mit Eiern vollge- füllt besitzen, fast kugelförmig aufgedunsen und prall gespannt. Die in den Matricalraum aus den Oviducten entleerten Eier sind stets in zwei Portionen (entsprechend den beiden Ausmündungen des Receptaculum) gesondert. In der Medianebene des Matricalraumes sind stets nur wenige Eier aufzufinden. Zu beiden Seiten des Ursprunges des ersten Abdominalgliedes be- merkt man je eine Öffnung (Fig. 3 @6ö; Taf. VI, Fig. 10 @Gö), die noch dem vierten Thorakalsegmente angehören, und die die beiden Geschlechtsöffnungen darstellen. Variationen in der Körperform. Während sich bei den meisten Weibchen von Gastrodelphys Clausii eine regelmäßige Ausbildung der Körperform bez. der Thorakalsegmente Das Genus Gasirodelphys. 91 vorfindet, giebt es doch auch Individuen, die sich durch eine Unregel- mäßigkeit im Körperbau auszeichnen. In Taf. IV, Fig. 4 habe ich den Thorakaltheil eines solchen Weib- chens abgebildet. Während der Cephalothorax ganz regelmäßig aus- gebildet erscheint, sind die vier Thorakalsegmente merkwürdig atypisch geformt. Die seitlichen Höcker erscheinen mächtig entwickelt und zu stumpfen, gekrümmten Spitzen ausgezogen. Während das eine Segment auf der einen Seite verjüngt ist, verdickt sich das nachfolgende da- selbst ete. Auf diese Weise kommt eine ganz merkwürdige Krümmung des gesammten Körpers zu Stande. Der Matricalraum zeigt an solchen Weibchen stets die charakteri- stische Form. Vom Bau des Körpers. Das Chitinintegument. Der ganze Körper von Gastrodelphys Clausii ist von einer chitinigen Membran umschlossen, als deren Ausbuchtungen die Antennen, Mund- theile u. s. f. erscheinen. Außer den verschiedenen Einbuchtungen an den Abgrenzungsstellen der Segmente konnte ich auf der Oberfläche des Integumentes keine auffallenden Skulpturen nachweisen. Nur auf der Ventralseite des zweiten und dritten Thorakalsegmentes beobachtete ich auf den Seiten an Kanadabalsampräparaten eine eigenthümliche Streifung auf der Oberfläche des Integumentes. Im Übrigen erschien die Oberfläche stets glatt. | Wenn man nun das Integument an Schnitten betrachtet (Taf. IV, Fig. 18), so bemerkt man, dass dasselbe aus einer lamellös gebaut er- scheinenden Chitinmembran (a) besteht, die sich nicht färbt (Pikro- karmin). Auf diese folgt nach innen zu, von einem lichten, sehr dünnen Saume getrennt, eine etwa 3 u im Durchmesser zeigende, sich intensiv färbende Schicht (b), die im ganzen Umfange des Thieres stets die gleiche Stärke innehält, und die bei starker Vergrößerung ebenfalls lamellös gebaut erscheint. Es scheint diese Schicht aus Chitinfaser- gewebe zu bestehen und nur ein Vorstadium für die äußere Chitin- lamelle zu sein. Auf diese Chitinfaserschicht folgt zu innerst eine annähernd eben so dicke, an den Präparaten schwach granulirt erscheinende Proto- plasmalage (c), in der man hier und da auch ellipsoidische Kerne beob- achten kann — die Matrix des Integumentes. Deutlich abgegrenzte Zellen konnte ich in dieser wohl nicht beobachten — um dies zu ent- scheiden, war mein Material auch zu schlecht konservirt. 93 Joseph Heinrich List, Die Mächtigkeit der äußeren, aus Chitin bestehenden Lage wechselt, wie man sich an Längsschnitten überzeugen kann, sehr. An den Aus- buchtungen (vgl. die Fig. 20 und 21 auf Taf. V) erscheint dieselbe am dünnsten, während sie an den Einbuchtungen (Begrenzungsstellen der Segmente) am mächtigsten wird. An den verschiedenen Einbuchtungen, die der Chitinpanzer bildet, und die zum Theil mit den Begrenzungen der Segmente zusammen- fallen, beobachtet man an Längsschnitten (vgl. besonders Fig. 21) ganz eigenthümliche Einrichtungen, die zur Fixation der Muskeln dienen. Das Integument bildet nämlich an diesen Stellen nach innen kantig zu- laufende Verdickungen, an deren Chitinfaserlamellen sich die Muskeln inseriren. Die geringste Mächtigkeit besitzt der Chitinpanzer am Cephalotho- rax. (Über die Verdickungen der chitinigen Membran an den Antennen- gliedern wurde schon oben berichtet.) Von der Bindesubstanz des Körpers. Leider war mein Untersuchungsmaterial nicht derart konservirt, dass ich eingehender von der Bindesubstanz, die die Leibeshöhle aus- kleidet, berichten kann. An Längsschnitten konnte man die Hohlräume des Körpers von einer schwach gefärbten, granulirten Masse ausgefüllt sehen, in welcher ich an manchen Stellen wohl einzelne sich stärker tingirende Zellen, von verschiedener Form und Größe, die einen klei- nen, rundlichen Nucleus besaßen, bemerken konnte. Drüsen. An Längsschnitten durch den Körper konnte ich sowohl auf der Dorsal- als besonders auf der Ventralseite längs der Matrix des Chitin- panzers stark tingirte (Pikrokarmin), auffallend große Zellen beobachten, die ich als einzellige Hautdrüsen ansprechen muss. Diese einzelligen Drüsen zeigen gar mannigfache Form und Größe. Von der gewöhnlich polygonalen Form kann man alle Übergänge bis zur rundlichen und mehr birnförmigen Gestalt beobachten (Fig. 15 a—d). An manchen besonders günstigen Schnitten konnte ich am birn- förmigen Drüsenkörper eine halsartige Verlängerung (Fig. 15 d) beob- achten, welche durch die Matrix des Chitinpanzers hindurchzog und an einer feinen Öffnung im Panzer endete. Die größten dieser Drüsen- zellen besaßen einen Durchmesser von 28 u. Die Zellsubstanz dieser Elemente ist grob granulirt, und kann man in derselben hellere und dunklere Stellen, die wohl mit der Sekretionsthätigkeit im Zusammen- hange stehen dürften, unterscheiden. Das Genus Gastrodelphys. 93 Sämmtliche Zellen besitzen einen deutlichen, an meinen Präpara- ten ganz hell, nur wenig Farbstoff (Pikrokarmin) aufnehmenden Kern (n, Fig. 15 c), welcher an den größten von mir beobachteten Zellen einen Durchmesser von 5 ı. erreichte, während im Inneren desselben ein deutlicher, stark glänzender und sich intensiv tingirender Nucleolus (n’ Fig. 15 c) sichtbar ist, der selbst gegen 3 u im Durchmesser besaß. Mitunter konnte ich auch Zellen mit zwei Kernen beobachten (Fig. 15 a). Was die Anordnung dieser einzelligen Drüsen betrifft, so wäre Fol- gendes zu erwähnen. Auf der Dorsalseite konnte ich dieselben an Längsschnitten in allen Thorakalsegmenten, wenn auch nicht a beobachten (Fig. 20, 21 Dr). Sie liegen an Längsschnitten hinter einander, einreihig, und Se durch die Bindesubstanz des Körpers von einander getrennt. Bei Weitem häufiger sind sie aber auf der Ventralseite zu beob- achten (vgl. besonders Fig. 20). Sie liegen daselbst und zwar beson- ders unterhalb und in der ganzen Länge des Darmes, so lange derselbe durch die Thorakalsegmente zieht, dem Panzer der Ventralseite ge- nähert, besonders im dritten und vierten Thorakalsegmente hart hin- ter einander und erreichen ihre größte Ausdehnung und dichteste An- ordnung in jener eigenthümlichen, schon früher bei Besprechung des vierten Thorakalsegmentes erwähnten, höckerartigen Ausbuchtung des- selben (Fig. 20 H). Gegen den Übergang des letzten Thorakalsegmentes in das Abdomen hören dieselben auf. Im Anschluss an das Erwähnte möchte ich noch auf einige groß- kernige Elemente aufmerksam machen, welche ich an Schnitten im CGephalothorax, und zwar in der Nähe des Stirnfortsatzes in der Binde- substanz eingebettet, beobachten konnte. Der Nucleus dieser Zellen besaß einen Durchmesser von 9 u. Vielleicht entsprechen diese Zellen den von C. Hrıper (18) bei Lernanthropus beschriebenen Drüsen. Pigment. An aufgehellten Präparaten kann man sowohl auf der Dorsal- als auch Ventralseite in der Medianlinie des Körpers liegende, verschieden- artig strang- oder kolbenförmig angeordnete Pigmentansammlungen (Taf. IV, Fig. 2 P) beobachten, die im durchfallenden Lichte sepiabraun erscheinen und von sehr verschiedener Ausdehnung sind. Wie Schnitte lehren, liegen diese Pigmentanhäufungen, die aus feinkörnigem, in ver- schieden diehter Anordnung zusammengeballtem Pigmente bestehen, ober- oder unterhalb des Verdauungstractus, in der Bindesubstanz des 94 Joseph Heinrich List, Körpers eingebettet, der Wandung des Darmes dicht an. Auch Vzs- DovskY (32) fand das die Körperfärbung des Tracheliastes polycolpus veranlassende, von zahlreichen großenlichtbrechenden Kügelchen durch- setzte rothbraune Pigment in verschiedenster Vertheilung unter der Hypodermis liegend. Muskulatur. a) Dorsale Muskulatur (Taf. IV, Fig. 2). An mit Osmiumsäure behandelten Thieren kann man auf der Dor- salseite der Hauptsache nach folgende Anordnung der Muskulatur finden. Vom Cephalothorax und zwar etwas vor Beginn des zweiten Seg- mentes desselben entspringend, ziehen zwei Muskelzüge (m}, ms) rechts und links von der Medianlinie gleichmäßig angeordnet, durch sämmt- liche Thorakalsegmente, um an der Scheidewand zwischen dem vierten Thorakalsegmente und Matricalraum zu enden. | Jeder der beiden Muskelzüge besteht aus mehreren Muskelbün- deln. Der der Medianlinie zunächst liegende Muskelzug (m,) zieht vom CGephalothorax nach einwärts, um in der Medianlinie des ersten Thora- kalsegmentes an einem der früher besprochenen Chitinvorsprünge sich zu inseriren und von dort nach Bildung eines Chiasmas auf die ent- gegengesetzte Körperhälfte überzugehen. Dieser innere Muskelzug theilt sich vom zweiten Thorakalsegmente an in zwei Bündel, welche deutlich von einander geschieden, bis zum Matricalraum ziehen. Der äußere Muskelzug (m;) zieht schon vom Cephalothorax an in mehreren deutlich von einander gesonderten Bündeln, neben dem inneren Zuge verlaufend, ohne aber auf die andere Seite überzugehen. Beide Muskelzüge verlaufen derartig, dass sie nach außen annähernd einen Bogen bilden, welcher an der Grenze des zweiten und dritten Thorakalsegmentes am weitesten nach auswärts greift, um von hier nach rückwärts der Medianlinie wieder sich zu nähern. Von anderen Muskelzügen seien noch folgende erwähnt. Der Cephalothorax, der Antennen und Mundtheile trägt, ist am reichlichsten mit Muskeln versorgt. An dem Chitinvorsprunge, an wel- chem die beiden erwähnten Muskelzüge ihren Ursprung nehmen, ziehen, gewissermaßen als Fortsetzung, mehrere Muskelbündel (m,) gegen die ventrale Seite. Ferner zieht jederseits ein breiter oberflächlicher Mus- kel (m,) quer über den Muskelzügen m, und m, verlaufend, vou der Medianlinie gegen die Seitenwand des Chitinpanzers. Ein weiteres Muskelbündel (m;) inserirt sich an der Grenze des Gephalothorax und des ersten Thorakalsegmentes und zieht jederseits ventralwärts gegen Das Genus Gastrodelphys. 95 die Medianlinie zum Pharynx. Von dem früher erwähnten Chitinvor- sprunge, an welchem sich die beiden inneren Muskelzüge kreuzen, zieht jederseits ein starkes Muskelbündel (m,;) ventral- und auswärts zum Gephalothorax. Außerdem entspringen auf der Dorsalseite des CGephalothorax noch zahlreiche ventralwärts ziehende Muskelbündel, die zur Bewegung der Antennen und Mundwerkzeuge dienen, die aber hier nicht weiter er- wähnt werden sollen. Im verjüngten vierten Thorakaltheile sind auf der Dorsalseite ebenfalls Muskelzüge zu beobachten und zwar verläuft jederseits von der Medianlinie, an den inneren Muskelzug (m,) sich anschließend, ein Muskelbündel (m,), welches ventralwärts gegen das Abdomen zieht und vielleicht zur Streckung desselben dient. Weiter ist jederseits noch ein längs des Enddarmes verlaufender Muskelzug (m,;) zu beob- achten, der, so viel ich beobachten konnte, zur Fixation des Darmes dient. b) Ventrale Muskulatur (Taf. IV, Fig. 3). Auf der Ventralseite kann man folgende zwei Hauptmuskelzüge unterscheiden. Zu beiden Seiten des Darmes verlaufend zieht jederseits vom Bauchwirbelkörper am ersten Thorakalsegmente ein Muskelzug (m’,) aus mehreren Muskelbündeln bestehend, nach rückwärts. An der Grenze des ersten und zweiten Thorakalsegmentes biegt sich dieser Muskelzug, durch Aufnahme weiterer Muskelbündel verstärkt, nach auswärts bis zum Beginne des dritten Thorakalsegmentes und findet von hier nur durch ein sehr schwaches Muskelbündel bis zur Grenze des dritten und vier- ten Thorakalsegmentes seine Fortsetzung. Daselbst schließt sich dieser Muskelzug an den gleich zu besprechenden an. Der zweite Muskelzug (m’,) entspringt ebenfalls an den Seiten des Bauchwirbelkörpers, zwischen dem ersten Muskelzuge und dem Basal- gliede des ersten Ruderfußpaares. Bis zur Grenze des ersten Thorakal- segmentes verläuft dieser Muskelzug an der Außenseite des oben be- sprochenen. Von der Grenze des ersten und zweiten Thorakalsegmentes an zieht dieser Muskelzug unterhalb des ersten hindurch ! unter Bildung einer Kreuzung und zieht dann längs des Darmes nach rückwärts. Am Anfange des dritten Thorakalsegmentes wird dieser Muskelzug durch Aufnahme neuer Muskelbündel äußerst mächtig und verbreitert sich derart, dass der Muskelansatz bis zum ersten Muskelzuge reicht. 1 Bei Betrachtung der Muskulatur von der Ventralseite des Thieres. In Wirklichkeit liegt also dieser Muskelzug oberhalb des ersten. 96 Joseph Heinrich List, Vom dritten Thorakalsegmente an zieht dieser Muskelzug, sich all- mählich verjtingend, längs der Seite des Darmes nach rückwärts, um am Übergange des vierten Thorakalsegmentes in das Abdomen sich in zwei Äste zu theilen, wovon der innere zum Darme selbst zieht und zur Fixation desselben dient, während der äußere, stärkere Ast, durch Aufnahme einiger Muskelbündel verstärkt bis zur Furca zieht, nachdem sich dieser Ast noch im ersten Abdominalsegmente getheilt. Dass diese im Abdomen verlaufenden Muskelbündel zur lebhaften Bewegung des Abdomen dienen, konnte ich an lebenden Exemplaren von Gastrodelphys Myxicolae beobachten. Gleichsam als Fortsetzung der beiden besprochenen Muskelzüge kann man von den Seiten des Bauchwirbelkörpers je zwei Muskelzüge (m’s, m’,) beobachten, die nach vorn und dorsalwärts ziehen und sich an einem Chitinvorsprunge im CGephalothorax zu inseriren scheinen. Außer den besprochenen Muskelzügen sind dann auf der Ventral- seite im Gephalothorax noch eine Reihe die Mundtheile versorgender Muskeln zu beobachten. Sowohl die auf der Dorsal- als auch auf der Ventralseite vorhan- denen, sämmtliche Thorakalsegmente durchziehenden Längsmuskelzüge zerfallen, entsprechend den einzelnen Segmenten, in eben so viele Ab- theilungen. Markirt werden diese Abtheilungen durch die Segmentein- schnitte des Chitinpanzers, an welchen Stellen sich die Muskelbündel verbreitern und mittels Chitinfasergewebe sich an den Vorsprüngen des Panzers fixiren. Auf den feineren, histologischen Bau der Muskeln nicht eingehend, bemerke ich hier nur, dass dieselben an frischen Exemplaren von Gastrodelphys Myxicolae sämmtlich deutliche Quer- streifung zeigten. Darmkanal (Taf. V, Fig. 19, 20). Nach GRrAEFFE (l. c.) »bestehen die Verdauungsorgane aus einer Speiseröhre, die von dem Saugmunde in den Theil des Verdauungs- tractus führt, den man Magen nennen kann und der durch alle Thora- kalsegmente sich in gerader Richtung erstreckt. Das Innere desselben ist meist von einer röthlichen Masse erfüllt, von der eingenommenen Nahrung herrührend. Die Wandung dieses Magens ist verhältnismäßig diek, indem die innere Lage desselben aus großen länglichen Drüsen- zellen gebildet wird, die einen körnigen Inhalt und einen Kern führen. Der eigentliche Darm ist kurz, beginnt in dem Abdominalsegmente und endet zwischen der Furca mit dem After«. Das Genus Gastrodelphys. 97 Am Darmkanale kann man einen Pharynx und Ösophagus, einen Mittel(Magen)-darm und Enddarm unterscheiden. Um über den Pharynx und Ösophagus ins Klare zu kommen, sind Längsschnitte unerlässlich. Wenn gleich nun mein Untersuchungsmaterial nicht derart kon- servirt war, dass ich über histologische Details ausführlich berichten kann, so ergaben die Schnittserien doch in so weit befriedigende Resul- tate, als die Form des Pharynx und Ösophagus und die sich daran inserirenden Muskeln vollkommen deutlich zu sehen waren. Der Pha- rynx (Fig. 19 Schl) beginnt an dem schon früher beschriebenen, aus Ober- und Unterlippe gebildeten kurzen Rostrum. Die die Ober- und Unterlippe bildende Chitinmembran (Ol, Ul) verdickt sich daselbst be- deutend. Der Pharynx, der in seiner ganzen Ausdehnung von der eingestülp- ten chitinigen Membran, die als dünne Lamelle erscheint, ausgekleidet ist, beginnt mit einer engen Öffnung, die sich aber alsbald erweitert und nach vorn und hinten eine Ausstülpung bildet. Hierauf folgt dann eine kleine Erweiterung, welche wieder in eine Verengerung übergeht. Dieser verengte Theil des Pharynx zieht nach aufwärts und etwas nach vorn. | Auf die besprochene Verengerung des Pharynx folgt der erweiterte Ösophagus (Oes), welcher im Längsschnitt dreiseitig erscheint und wovon der eine kürzere und ein engeres Lumen besitzende Schenkel nach aufwärts, der zweite erweiterte Schenkel aber schief nach hinten und oben zieht und nach dem Durchgange durch den Schlundring des Ner- vensystems unter Bildung einer Knickung in den Mitteldarm übergeht. Ich bezeichne diesen Theil desshalb als Ösophagus, weil die Man- dibeln (wie dies die Schnitte lehrten) sich in dem erweiterten Theil des Pharynx bewegen. Der Ösophagus bildet mit dem Pharynx einen schwach stumpfen Winkel. Die chitinige Intima, die als eine feine Lamelle den ganzen Öso- phagus auskleidet, ist noch bis in den Anfang des Mitteldarmes zu ver- folgen, woselbst ich sie dann nicht mehr beobachten konnte. Auf die Chitinintima folgt nach außen eine zarte Matrix, in der ich nur hier und da Kerne bemerken konnte. Zahlreiche und zum Theil sehr starke Muskelbündel inseriren sich am Pharynx und Ösophagus, die wohl zur Erweiterung bez. Verengerung derselben dienen und auf diese Weise den Pharynx sowohl wie den Ösophagus zu einer Saugvor- richtung ausbilden. Gleich an der Innenseite der verdickten Unterlippe und an der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd, 7 98 Joseph Heinrich List, ersten Erweiterung des Pharynx inserirt sich ein sehr starker, aus mehreren Muskelbündeln bestehender Muskelzug (m,), welcher an der Übergangsstelle des Ösophagus in den Darm sich fixirt und knapp an und über dem Unterschlundganglion dahinzieht. Eine Reihe anderer Muskelbündel (m, ms, my) inserirt sich an der Verengerung des Pharynx, am Übergange desselben in den Ösophagus, und zieht ebenfalls zur Ösophagusknickung. Auf der dorsalen Seite des trichterartig erweiterten Ösophagustheiles inseriren sich auch mehrere starke Muskelbündel (m,), welche unter Bildung einer Knickung sich am Beginn des Magendarmes fixiren. Mehrere kleinere Muskelbündel (m;) nehmen ihren Ursprung am dorsalen Theile des Chitinpanzers und inseriren sich an der dorsalwärts ziehenden Ausstülpung des Ösophagus. Aber auch die Vorderwand des Ösophagus und Pharynx ist mit Muskeln versehen. Mehrere Muskelbündel (m,) inseriren sich an der Vorderwand des erweiterten Ösophagustheiles. Ein sehr starkes Muskelbündel (m,) in- serirt sich auf einer eigenthümlichen Chitinbildung der Vorderwand des Pharynx. Beide Muskelzüge dienen offenbar zur Erweiterung des Öso- phagus bez. Pharynx, eben so wie die früher besprochenen Muskel- gruppen. Nach dem Durchtritt des Ösophagus durch den Schlundring beginnt der eigentliche Darmkanal (Taf. V, Fig. 20). Derselbe zieht vom Schlundringe an längs der Ventralseite der Thorakalsegmente und begiebt sich dann, nach Bildung einer Knickung, in das Abdomen, um zwischen den Furcalästen mit der Afteröffnung zu enden. Der Darmkanal zerfällt in zwei Theile; einen erweiterten, durch sämmtliche Thorakalsegmente ziehenden Mitteldarm (Md), der wohl in seiner ganzen Länge als eigentlicher Magen fungirt, und einen sich durch eine sanfte Verjüngung von demselben trennenden, im Abdomen liegen- den Enddarm (Ea). Was den histologischen Bau des Mitteldarmes selbst betrifft, so kann ich darüber Folgendes berichten. Außen bemerkt man eine Wandung (Tunica propria), welche namentlich im vorderen Theile des Magendarmes sehr mächtig erscheint, nach rückwärts aber allmählich abnimmt und daselbst nur mehr 6 u im Durchmesser zeigt. Das Lumen ist von Zellen ausgekleidet, welche polygonalen Umriss zeigen und sich gegen das Lumen kuppelartig vor- wölben (Taf. V, Fig. 23). Diese Zellen, welche im Vordertheile des Darmes noch klein, gegen Tr Das Genus Gastrodelphys. 99 die Mitte aber an Größe, entsprechend der Erweiterung des Lumens, zunehmen, bestehen aus einer fein granulirten Substanz, in welcher sich ein kugeliger Nucleus von 7 u Durchmesser, der hell erscheint, und in seinem Inneren kleine Granula beherbergt, vorfindet. Im Nucleus ist stets ein deutlicher, scharf tingirter Nucleolus zu beobachten. An ihrer freien Oberfläche sind die Zellen mit einem hellen, 4 u Dicke messenden Saume, der an Längsschnitten deutliche Querstreifung und dieser ent- sprechende Zackung zeigte, bekleidet, der wahrscheinlich nur als eine Fortsetzung der chitinigen Intima des Pharynx und Ösophagus zu be- trachten ist. Die Höhe der Zellen betrug (gemessen in der Mitte des Mitteldarmes) 31 u. Der Enddarm, der kürzeste Abschnitt des Verdauungsstractus, erweitert sich nach der Abtrennung vom Mitteldarme etwas, und ver- jüngt sich dann allmählich gegen die Afteröffnung. Nach innen zu ist derselbe von derselben Form von Epithelzellen ausgekleidet, welche, entsprechend dem geringeren Lumen, hier auch kleiner sind. Nervensystem (Taf. V, Fig. 19, 22). Das Gentralorgan des Nervensystems liegt um den Ösophagus und wird von demselben durchbrochen. An Medianschnitten durch den Körper (Fig. 19—22) kann man sich überzeugen, dass dasselbe schief zur Längsachse des Körpers gelagert ist und mit derselben ungefähr einen Winkel von 60° bildet. An solchen Längsschnitten kann man ferner sehen, dass das Nervensystem aus zwei Theilen besteht, und zwar aus einer ober- und unterhalb des Ösophagus gelegenen Masse. Die oberhalb des Ösophagus gelegene Masse (Obg), die bei den Arthro- poden allgemein als Oberschlundganglion bezeichnet wird, er- scheint von oben betrachtet (vgl. auch Fig. 31 Obg) als eine auf dem Ösophagus lagernde, etwa oval begrenzte Masse, welche beiderseits einen mächtigen Nervenast in die vorderen Antennen entsendet. Auf der Ausbuchtung zwischen den beiden Antennennerven sitzt das Auge dem Öberschlundganglion auf (Fig. 19 Au). Wie Schnitte ergeben, liegt das Oberschlundganglion nicht direkt dem Ösophagus auf, sondern den zur Erweiterung desselben dienenden Muskeln (Fig. 19 m,). Was den feineren Bau betrifft, so besteht dasselbe aus einem centralen, aus fein- sten Fibrillen gebildeten Maschenwerke (Punktsubstanz Leypie’s) und einem dies Maschenwerk umhüllenden Mantel von Ganglienzellen, deren Zellkörper ich an meinen Schnitten zwar nicht getrennt von einander beobachten konnte, deren Kerne aber, die mehr kugelig oder ellipsoid- artig und von verschiedener Größe waren, deutlich tingirt waren. Die weitaus größere, unterhalb des Ösophagus und dem Anfangs- 7* 100 Joseph Heinrich List, theile des Mitteldarmes knapp anliegende Masse des Nervensystems, die allgemein als Unterschlundganglion (Utg) bezeichnet wird, be- ginnt mit einem verjüngten, an Längsschnitten keilförmig gegen die Ösophagusknickung vorgeschobenem Theile, welcher vorn den zur Er- weiterung des Schlundes dienenden Muskelzügen (m,) knapp anliegt. Nach hinten zu gewinnt nun dasselbe an Masse, liegt dann mit seinem verdickten Theile auf einer Einbuchtung des Mitteldarmes (Fig. 22), verjüngt sich dann allmählich nach hinten, und geht dann fast abgesetzt in einen dünnen, an seinem Ursprung etwa 11 u im Querdurchmesser zeigenden Strang über (Bnst), welcher Anfangs, eben so wie der hintere Theil des Unterschlundganglions, vom Mitteldarme etwas getrennt liegt, nach Zurücklegung einer kurzen Strecke aber sich hart an die Ventral- seite des Mitteldarmes begiebt und längs derselben verläuft. Das Unterschlundganglion ist, wie Schnitte lehren, mit dem Ober- schlundganglion durch zwei mächtige seitliche Ausläufer verbunden, welche den Ösophagus umgreifen und auf diese Weise den sogenannten Schlundring! bilden. Das Unterschlundganglion, das jedenfalls das Unterschlundganglion sens. str. und die verschmolzenen Thorakal- und Abdominalganglien (Bauchmark) enthält, charakterisirt sich histologisch ebenfalls durch ein central gelegenes, aus feinsten Fibrillen bestehendes Netzwerk, das außen von einer Hülle von Ganglienzellen, deren Kerne deutlich tingirt waren, und die verschiedene Größe zeigten?, umgeben war. Der vom Hintertheile des Unterschlundganglions abgehende Strang, der als Bauchnervenstrang bezeichnet werden kann, zeigte deutlichen fibrillären Bau. Die Ganglienzellen konnten alkan am Eraser 5 des- selben noch beobachtet werden. Sinnesorgane. Von Sinnesorganensind vor Allem das Auge unddie verschiedenen, am Stirnfortsatze und den Antennen befindlichen Haare oder Borsten zu betrachten. Nach GRraerrg (l. e.) liegt das unpaare, x-förmige Auge auf dem zweiten (hinteren) Segmente des CGephalothorax und zwar unter der Rückenseite desselben. Dasselbe besteht aus drei Linsen, die von röth- lichem Pigment umgeben sind. Dieser kurzen Mittheilung GRAEFFE’S kann ich leider nur sehr wenig anschließen, da ich lebende Exemplare nicht erlangen konnte, und an 1 Genaueres darüber vergleiche man bei Gastrodelphys Myxicolae. 2 Die größten Nuclei, die ich auffinden konnte, hatten einen Durchmesser von 6 u. Das Genus Gastrodelphys, 101 den mit Osmiumsäure behandelten Thieren gar nichts zu sehen war. An Längsschnitten :konnte ich auf der Einbuchtung des Oberschlund- ganglions ein von einer deutlichen Membran umgebenes rundliches Gebilde (Fig. 19, 22 Au) beobachten, das entschieden als Auge und zwar jedenfalls als eine der drei Linsen zu deuten ist. Das Gebilde zeigte im Inneren deutliche Granulation und an der dem Öberschlundganglion aufliegenden Seite auch Kerne!. Als Sinnesorgane, die namentlich der Tastfunktion dienen werden, sind noch die zahlreichen Borsten und Haare, die an dem ersten Antennenpaare und am Stirnfortsatze anzutreffen sind, .zu be- trachten. So wird man die kurzen Chitinborsten des Stirnfortsatzes (vgl. Taf. IV, Fig.5) als Frontalorgan und die zahlreichen Chitinhaare und Borsten, namentlich des Endgliedes der ersten Antenne, die in ihrer Achse einen Protoplasmafaden führen, als Tastborsten bezeichnen können. Geschlechtsorgane. Die Geschlechtsorgane bestehen aus den paarigen Ovarien, den Ovidueten, dem unpaaren Receptaculum seminis und den beiden Samenkanälen (Canaliculi seminales Tuorerr). Ovarien und Oviducte (Taf. IV, Fig. 2; Taf. V, Fig. 20, 25, 26, 31 Ov. Ovd). Den Bau der Ovarien schildere ich, wie ich ihn aus Präparaten gewonnen, in welchen der Matricalraum mit Eiern, die sich in den ver- schiedensten Furchungsstadien befanden, vollgefüllt war. An in Kanadabalsam aufgehellten Osmiumpräparaten kann man an Dorsalansichten (Taf. IV, Fig. 2) rechts und links oberhalb des Darmes liegende, bis in das zweite Thorakalsegment sich erstreckende N - förmig gebogene Gebilde beobachten, die sich bei näherer Untersuchung als die Ovarien herausstellten. Beide Gebilde, deren freie Schenkel nach hinten ragen, hatten nicht dieselbe Größe, sondern das eine Ovarium, im vorliegenden Falle das linke, war mächtiger entwickelt. Über die Lage der beiden Schenkel zum Darme geben aber erst Quer- und Längsschnitte Aufschluss. | Aus diesen geht hervor, dass die Ovarien, d. h. die der Median- linie zunächst liegenden Schenkel (Taf. IV, Fig. 2 Ov) weiter oberhalb des Darmes, die außenliegenden Schenkel, die in ihrem weiteren Ver- laufe die Oviducte darstellen, aber weiter unterhalb und zu den Seiten ! Man vergleiche die Schilderung bei Gastrodelphys Myxicolae. 102 Joseph Heinrich List, des Darmes zu liegen kommen. Bei stärkerer Vergrößerung kann man an aufgehellten Totopräparaten Folgendes erkennen: Der innere Schenkel (Taf. V, Fig. 25 Ov) erscheint als ein nach hinten sich etwas verjüngendes und daselbst abgerundet endendes Ge- hilde, welches sich an Osmiumpräparaten aus sehr deutlich zu er- kennenden und verschiedene Größe zeigenden polygonalen Zellen zu- sammensetzt. Die Zellen erscheinen deutlich von einander getrennt und besitzen Kern und Nucleolus.. Während die Zellen im hinteren Schenkeltheile mehr oder weniger klein sind, nehmen sie nach vorn etwas an Größe zu und runden sich auch ab. Der Schenkel nimmt nach vorn etwas an Größe zu, verjüngt sich aber an der Übergangsstelle in den äußeren Schenkel rasch. Die ellipsoidförmigen Zellen an der Um- biegungsstelle schienen zum Theil in Reihen, zum Theil lose neben ein- ander zu liegen. Im äußeren Schenkel konnte man eine Reihe an ein- ander hängender, nach hinten allmählich an Größe zunehmender Zellen beobachten. Schon an solchen Totopräparaten kann man eine, das ganze Gebilde umgebende zarte Membran beobachten. Längsschnitte durch das erwähnte Gebilde (Fig. 26) ergeben nun, dass die im inneren Schenkel (Ov) befindlichen Zellen von einander durchaus nicht so scharf abgegrenzt sind, dass dieselben aus einer fein- körnigen Zellsubstanz bestehen und deutliche Nuclei und scharf tingirte Nucleoli besitzen. Die Nuclei hatten einen Durchmesser von 5 bis 7 u, die Nucleoli 2 bis 3 u. In vielen Zellen konnten auch zwei Nuclei beobachtet werden. Nach vorn, gegen die Schenkelkrümmung, wird nun die Ab- grenzung der Zellen von einander eine deutlichere, und dieselben werden auch größer. Die Zellen erscheinen daselbst, wie man sich an Schnittserien auf das deutlichste überzeugen kann, verschiedenartig radiär angeordnet. Diese Eizellen, wie sie nun genannt werden müssen, erscheinen daselbst an Schnitten langgestreckt und keulen- förmig (Fig. 27) und führen das große, deutliche, ellipsoidische Keim- hläschen, das hier einen Durchmesser bis zu 10 u zeigt, im oberen, keulenförmigen Theile der Zelle. Von hier aus ordnen sich die Zellen reihenweise in den äußeren Schenkel. In diesem Anfangstheile des äußeren Schenkels sind die Eizellen deutlich von einander abgegrenzt, und nehmen nach hinten allmählich an Größe zu. Sie führen ein kugel- rundes, A1 u Durchmesser besitzendes, an Tinktionspräparaten hell, nur geringe Granulation zeigendes Keimbläschen, welches im Inneren einen äußerst distinkt und scharf gefärbten Nucleolus von 3 u Durch- messer erkennen lässt. Der innere Schenkel, welcher das Ovarium mit den Keimzellen Das Genus Gastrodelphys. 103 darstellt, fungirt nur bis zur Übergangsstelle indenäußeren Schenkel als solches. Die Eizellen lösen sich daselbst in Reihen los und rücken in den äußeren Schenkel, der nunin seiner ganzen Ausdehnungals Oviduct fungirt!'. An Schnitten kann man auch die zarte, das Ovarium und den Ovi- duct bekleidende Membran beobachten, die an ihrer Innenseite hier und da abgeplattete Nuclei erkennen lässt. Über die Bildung der Eier selbst, die ich ausführlicher bei Gastrodelphys Myxicolae erörtern werde, erwähne ich hier Folgendes: Der innere Schenkel, das Ovarium, stellt in seinem hinteren Theile den eigentlichen Keimherd dar. Nach vorn zu vergrößern sich die Keimzellen allmählich, nehmen in Folge des gegenseitigen Druckes ver- schiedene Gestalt an, das Keimbläschen und der Keimfleck wird deut- licher und größer. An der Übergangsstelle des Ovarium in den Ovi- duet lösen sich nun die Eizellen reihenweise los und rücken in den Oviduct, um daselbst ihre Reife durchzumachen. Wenn man tingirte Flächenschnitte durch den Oviduct betrachtet (Taf. V, Fig. 31 Ovd), so kann man schon an der Färbung die verschiedene Reifung der Eizellen erkennen. Während dieselben an der Übergangsstelle (Ov) noch tingirt sind, erscheinen dieselben nach hinten zu allmählich weniger gefärbt. Hier im Oviduct nehmen sie auch den umgebenden Dotter auf, wahr- scheinlich auf dem Wege der Diffusion der Dottermassen durch die Membran des Oviducts. Die mit Dottermassen vollgepfropften Ei- zellen nehmen auch keinen Farbstoff mehr auf. In Folge des all- mählichen, fortgesetzten Nachschubes von Eizellen aus dem Ovarium in den Oviduct und aus der allmählichen Reifung derselben in dem letzteren folgt, dass der Oviduct ausgedehnt wird und gar mannigfache Form erhält. Ich konnte Totopräparate beobachten, in welchen sämmt- liche Thorakalsegmente mit Eiern angefüllt waren. Es lässt sich daraus ersehen, welch’ großer Erweiterung die Oviduetmembran fähig ist. Die Eier selbst zeigen in den Oviducten in Folge des gegenseitig ausgeübten Druckes die mannigfachsten Formen und rücken dann all- mählich durch die Oviduetmündungen in das Receptaculum seminis, woselbst die Befruchtung stattfindet. An den Einmtindungsstellen der Oviducte in das Receptaculum findet man statt der abgeplatteten Kerne ein deutliches, auskubischen Zellen bestehendes, mit Kernen versehenes Epithel, welches auf eine kurze Strecke die Ausführungsöffnungen aus- 1 Dass in dem vorliegenden Falle der Oviduct (Taf. IV, Fig. 2) als enger Schlauch erscheint, hat seinen Grund jedenfalls darin, dass derselbe nach Abgabe der Eier in den Matricalraum kollabirt, wie auch Giksgrecar (45) für Notodelphyiden an- giebt. 104 Joseph Heinrich List, kleidet (Fig. 31 Oe Od). Aus den Öffnungen, die von diesem Epithel ausgekleidet sind, konnte ich an Schnitten eine eigenthümliche, scharf tingirte, pfropfartige Bildung (Fig. 31 S) herausragen sehen, die ich als das Sekret dieses Epithelbelages ansehe. Da die Eier in den Oviducten noch von keiner Membran umgeben sind, wohl aber im Matricalraum, so glaube ich, dass die erwähnten Epithelzellen an den Ausführungsöffnungen der Oviducte die Eischale liefern und stehe dess- halb nicht an, diesem Epithelzellenbelage die Rolle einer Oviduet- oder Schalendrüse zuzuschreiben. Das Receptaculum seminis (Taf. V, Fig. 20, 28, 31 Rs). Die Gastrodelphyiden besitzen nur ein einzigeskeceptaculum. An Längsschnitten von Individuen, in welchen der Matricalraum mit Embryonen vollgefüllt war, erschien dasselbe (Fig. 28) als ein etwa dreiseitig abgerundeter, mit der Spitze gegen die dorsale Wand des Chitinpanzers ziehender, ganz von Dottermasse eingehüllter Sack, der von einer deutlichen Wandung umgeben ist. Dieser Sack liegt im letz- ten Thorakalsegment nahe der abgrenzenden Wandung gegen den Ma- tricalraum. | An Flächenschnitten (Taf. V, Fig. 31 Rs) kann man sich überzeugen, dass das Receptaculum median und dorsalwärts oberhalb des Darmes gelagert ist, und sein ventrales Lumen fast vierseitig begrenzt erscheint. Die Wandung, die einen Durchmesser von 2 u erreicht, ist innen ausgekleidet von einer eben so mächtigen, feine Granulation zeigenden Protoplasmaschicht, die keine deutliche-Abgrenzung in einzelne Zellen erkennen ließ, in welcher aber deutlich tingirte, ellipsoidähnliche Kerne zu sehen waren. | Das Receptaculum selbst war in allen Schnitten von einer feinen, wire durch einander liegenden Fasermasse (Spermatozoen?) ausgefüllt. Wie an Längsschnitten ersichtlich (Fig. 28 Oe O«), findet die Ein- mündung der Oviducte an den Seiten des ventralen, erweiterten Theiles des Receptaculum statt. Das Receptaculum mündet nun durch zwei kurze-Gänge, die zur rechten und linken Seite desselben liegen, in den zur Beherbergung der Brut dienenden Mätricalraum aus. Diese Gänge (Fig. 29 OeRs), die an Schnitten an der Einmündungs- stelle in den Matricalraum eine Weite von 17 u zeigten, sind in ihrem hinteren Theile von der das letzte Thorakalsegment nach hinten ab- grenzenden Chitinlamelle gebildet, die allmählich gegen das Recepta- culum zu in Chitinfasergewebe sich auflöst und dann in die Wandung des Receptaculum selbst sich fortsetzt. Zur Erweiterung der Einmün- Das Genus Gastrodelphys. 105 dung dieser Gänge in den Matricalraum sind mehrere starke, am dor- salen Chitinpanzer sich inserirende Muskelbündel (m) vorhanden. Die Samenkanäle (Canaliculi seminales). Jeder der beiden Samenkanäle beginnt mit einer kleinen rund- lichen Öffnung (Taf. IV, Fig. 3 © Gö), die sich bei Betrachtung eines © von der Ventralseite rechts und links am Beginn des ersten Abdominal- segments, knapp demsel- ben anliegend, erkennen lassen. An mit Osmium- säure behandelten und dann in Kanadabalsam aufgehellten Thieren kann man von diesen Öff- nungen jederseits einen kleinen Gang abziehen sehen und auf eine kurze Strecke weit verfolgen. An Schnitten ergiebt sich nun, dass die beiden Ka- näle (Taf. V, Fig. 31 0s), — die von einem deutlichen, DRS die Wandung bildenden bs Br Epithel umkleidet sind, Sr auf der Ventralseite des Yen Receptaculum in das- Fig. IV. Schematische Darstellung des © Geschlechtsappara- . b tes von Gastrodelphys Clausii von der Ventralseite. selbe einmünden. Cs, Samenkanäle; QGö, weibliche Geschlechtsöffnungen ; Bei Betrachtung des 0e0d, Einmündung des Oviductes in das Receptaculum Geschlenhlsapparalen or- “na, ak Aumsatlngn dr Bee giebt sich nun, dass die reifen Eier das Receptaculum passiren müssen!, dort- selbst befruchtetwerdenundhieraufdurchdie Öffnungen desselben in den Matricalraum gelangen, um hier ihre Entwicklung bis zum Naupliusstadium durchzumachen. Der Dotter. An Längsschnitten durch Weibchen findet man die oberhalb und seitwärts vom Darmkanale gelegene Leibeshöhle, und zwar nach vorn bis zum ersten Thorakalsegmente, nach hinten bis gegen das Abdomen ! Ein Verhältnis, wie es THoRELL (30) auch für Notodelphyiden angab. 106 Joseph Heinrich List, a reichend, von einer im durchfallenden Lichte schwach gelblich erschei- nenden, granulären Masse — dem Dotter — ausgefüllt (Taf. V, Fig. 20, 21). Auf der Dorsalseite reicht dieselbe bis zur Muskulatur, auf der Ventralseite in der Medianlinie des Körpers bis zur Darm- wandung, so dass der Darm förmlich in der Dottermasse eingebettet erscheint. An tingirten Schnitten kann man nun bemerken, dass die scheinbar homogene Dottermasse sich aus polygonalen Zellen zusammensetzt. Bei stärkerer Vergrößerung bemerkt man nämlich in der Dottermasse verschiedene, polygonale Felder bildende, durch das Tinktionsmittel (Pikrokarmin) roth gefärbte Streifen, die die Zellgrenzen der Dotter- zellen darstellen. Dieselben (Fig. 24) erscheinen aus zahllosen, ver- schiedene Größe zeigenden Kügelchen gebildet, und führen stets einen deutlichen, gewöhnlich excentrisch liegenden, ellipsoidischen Nucleus, von denen die größten einen Durchmesser von 13 u besaßen. Der Nucleus liegt stets in einer feinkörnigen, schwach tingirten Masse — ähnlich der Zellsubstanz der Bindesubstanzzellen — eingebettet, die allmählich in den Dotter überging, und zeigte an manchen Schnitten eine ganz merkwürdige Struktur !. Der Dotter selbst nimmt keinen Farbstoff auf. Diese Dottermassen, die auch Ovarien und Oviducte, sowie das Receptaculum umgeben, sind an Schnitten auch noch in den sich ent- wickelnden Embryonen in großen Quantitäten zu finden. Der Matricalraum (Taf. V, Fig. 21, 22 7). Wie bei den Notodelphyiden, so finden wir auch bei den Gastro- delphyiden am Hinterende des Körpers einen zur Beherbergung der rei- fen und befruchteten Eier dienenden Raum, in welchem dieselben bis zur Entwicklung des Embryo zum Nauplius verbleiben. Dieser Matrical- oder Brutraum, wie man denselben auch seiner Funktion nach nennen kann, ist bei den Gastrodelphyiden, wie Schnitte ergeben, nichts Anderes, als eineDuplicatur des vierten Thorakalsegmentes. Um das Verhältnis des Matricalraumes zum vierten Thorakalseg- mente und zum Abdomen aufzuklären, sind Schnitte unerlässlich. Aus diesen geht Folgendes hervor: Die Außenwand des Matricalraumes (Fig. 30) wird von dem, auch den übrigen Körper bedeckenden Chitinintegumente (a) gebildet. Die- sem Chitinpanzer folgt nach innen eineals Chitinfasergewebe zu bezeich- ! Anscheinend waren es Mitosen, die aber bei der schlechten Konservirung nicht deutlich genug sichtbar waren. Das Genus Gastrodelphys. 107 nende Lage (b), welche längs des ganzen Umfanges des Matricalraumes in sehr verschiedenen Zwischenräumen Balken (Stützfasern, KERSCHNER) nach innen bildet, welche Balken nach innen durch eine den Innen- raum vollkommen auskleidende Lamelle (Za), aus Chitinfasergewebe bestehend, verbunden werden. Auf diese Weise wird die dorsale, hintere und ventrale Wandung des Brutraumes aus verschiedenen sroßen wabigen Räumen gebildet, welche im Inneren von einer gra- nulären Protoplasmalage (c) — der Matrix — die im Inneren auch hier und da ellipsoidische Kerne einschließt, ausgekleidet sind. Auf der Vorderseite geht die innere Lamelle des Matricalraumes in die hintere Begrenzung des letzten Thorakalsegmentes und des Abdomens über (Fig. 20, 25) und zwar in der Weise (man vgl. auch Fig. 28 La), dass die aus Chitinfasergewebe bestehende Lamelle an der vorderen zur Begrenzung des letzten Thorakalsegmentes übergehenden Stelle mit einer Reihe von Balken (B) mit der die Innenwand des Chitinpanzers auskleidenden und schon früher beschriebenen Chitinfasergewebslage in Verbindung tritt. Diese, den Matrical- und Thorakalraum begren- zende Lamelle ändert aber nach kurzer Zeit ihren histologischen Bau. Das Chitinfasergewebe geht in reines Chitin über, und dieses bildet dann auch die Ausmündungen des Receptaculum in den Matricalraum (Fig. 29) und die dorsale Wand des verjtingten, vierten Thorakalseg- "mentes und des Abdomens (Fig. 20). Schon im Thorakaltheile, beson- ders aber im Abdomen, gewinnt die Chitinlamelle an Mächtigkeit und lässt im Inneren dann ebenfalls wieder eine Chitinfaserlamelle (Fig. 30) erkennen, auf die dann die Matrixlage folgt. Die Öffnung des Matricalraumes nach außen besteht in einem queren, unterhalb des Abdomens liegenden schlitzartigen Loche (Taf. V, Fig. 20 Moe; Taf. VI, Fig. 10 Moe). An Schnitten durch dasselbe kann man sehen, dass der äußere Chitinpanzer daselbst mittels einer Umbie- gung und bei gleichzeitiger Auffaserung in die innere Lamelle übergeht. Wie Serienschnitte lehren, kommt der Übergang der dorsalen bez. seitlichen Wandung des verjüngten, vierten Thorakalsegmentes in das innere Blatt des Matricalraumes dadurch zu Stande, dass die Wan- dung sich allmählich dem Chitinpanzer nähert (vgl. umstehende Holz- schnitte). Indem die durch Querbalken gebildeten wabenartigen Räume der Matricalwandung allmählich größer werden, wobei schließlich die Querbalkenzüge verschwinden, löst sich die innere Lamelle aus dem Zusammenhange mit dem Chitinpanzer zur Abgrenzung des verjüngten Abschnittes des vierten Thorakalsegmentes (vgl. Holzschnitt, Fig. V d, Ths) und als Fortsetzung desselben, durch eine Einbuchtung abgegrenzt, zur 108 “Joseph Heinrich List, Bildung des Abdomens (vgl. auch Holzschnitt Fig. III). An Längsschnitten durch Thiere, deren Matricalraum mit Eiern gefüllt ist, kann man ferner beobachten, dass sich die das letzte Thorakalsegment vom Matrical- raume trennende Lamelle gegen den Thorakalraum vorwölbt, eine Fig. V. Aus einer Serie von Längsschnitten durch Gastrodelphys Clausii stammend, um die Bildung des verjüngten Abschnittes des ersten Thorakalsegmentes bez. des Abdomens zu zeigen. Ch, äußerer Chitinpanzer; Za, innere Lamelle des Matricalraumes; 7'’%s, verjüngter Theil des vierten Thorakalsegmentes. Beobachtung, die THoreLt (30) und KERSCHNER (49) auch bei Notodelphy- iden machen konnten. Das Männchen von Gastrodelphys Clausi (Taf. V, Fig. 32 —34). Mir stand leider nur ein einziges mit Osmiumsäure behandeltes, aber so tief geschwärztes Männchen zur Verfügung, dass ich in nach- folgenden Zeilen nur Einiges über die äußere Form berichten kann. GRAEFFE (]. €.) beschreibt das Männchen mit folgenden Worten. »Das Männchen hat eine vom weiblichen Thiere abweichende Ge- stalt. Der ganze Körper ist nach dem gewöhnlichen CGopepodentypus gebaut. Alle Segmente sind sich in der äußeren Form ähnlich, ohne seitliche Erweiterungen, wodurch das Thier eine länglich gestreckte Form erhält. Der Gephalothorax mit seinen Theilen ist wie beim Weihnkeh gebaut, nur im Verhältnis zum Körper etwas breiter und das »-förmige Auge besser entwickelt, stärker roth pigmentirt. Hinter dem Cephalothorax folgt ein fast eben so breites Seninenil, das ein Paar dreigliedrige Klammerfüße trägt. Das zweite Glied, dem kurzen ringförmigen Basalgliede eingefügt, ist das größte und längste. Demselben fügt sich ein kurzes quadratisches Glied an, mit welchem eine lange einschlagbare, fein gezähnelte Klaue gelenkig verbunden ist. Das Genus Gastrodelphys. 109 Diesem Segmente folgen vier fast gleich große Thorakalsegmente, von denen die zwei ersten je ein Paar Ruderfüße tragen, wie sie beim weiblichen Thiere beschrieben wurden, doch fehlt hier die Bestache- lung des Zenker’schen Wirbelkörpers, der hier wie auch bei den Klam- merfüßen aus einfachen oder in der Mitte durchbrochenen Chitinspangen besteht. Das dritte Segment trägt nur einen einästigen Ruderfuß und das vierte endlich an der Stelle des Fußes eine steife lange Borste. Die fünf Abdominalsegmente sind alle getrennt. Das zweite zeigt ein eigen- thümliches Chitingerüst, bestehend aus zwei oberen Spangen, die von der Seite das Segment umfassen, in der Mitte eine querovale Stelle frei lassend. Diesen schließt sich unterhalb noch ein weiteres Paar Spangen an, von hakenförmiger Gestalt, die am äußeren Winkel einen gelenkig mit demselben verbundenen, frei nach unten ragenden Griffel tragen. Dieses Griflelpaar, das wohl ein Gopulationsorgan darstellt, hat in der Gestalt eine Ähnlichkeit mit der Legeröhre gewisser Locustiden und ist wie diese seitlich zusammengedrückt, säbelförmig gebogen und feingezähnt an beiden Rändern. An dieses zweite Segment schließen sich noch weitere drei, immer. mehr sich verschmälernde Abdominalsegmente an, deren äußerstes Glied, wie beim weiblichen Thier, ein Paar zweigliedrige Furcalstücke trägt. Das letzte Furcalglied trägt zwei starke kurze Borsten, zwischen denselben befindet sich etwas nach innen gerückt eine haarähnliche, sehr bewegliche Borste. « Diesen Mittheilungen Grarrre’s kann ich Folgendes beifügen: Die Länge des mir vorliegenden Männchens betrug 2 mm, die Breite im Vordertheile des Körpers 0,5 mm, eine Größe, die mit der von GRAEFFE ! angegebenen übereinstimmt. Stirnfortsatz, vordere und hintere Antennen, sowie die Mundtheile sind wie beim © gebaut. Das auf den Gephalothorax folgende Thorakal- glied trägt das erste zu Klammerfüßen umgewandelte Fußpaar (Fig. 33 Kf). Am konservirten Thiere war das dritte Glied mit dem daran stoßenden Klauengliede, das auf der Konkavseite gezähnelt ist, gegen das zweite Glied knieförmig eingeschlagen. Die vier folgenden Thorakalsegmente, die von vorn nach hinten an Breite abnehmen, wo- von aber das vierte etwas verlängert erscheint, tragen deutliche Ruder- fußpaare, von denen, entgegen der Angabe Grarrre’s, auch das des dritten Segmentes deutlich zweiästig war. Das vierte Segment trägt keine steife, lange Borste, wie GRAEFFE angiebt, sondern einen ver- kümmerten, zweigliedrigen Ruderfuß. 1 GRAEFFE (l. c.) giebt für das Männchen 2 mm Länge und 0,4 mm Breite an. 110 Joseph Heinrich List, Eine deutliche Sonderung aller Abdominalsegmente konnte ich an meinem Exemplare nicht wahrnehmen. Die ersten, auf das letzte Tho- rakalsegment folgenden Segmente (nach GRrAEFFE die ersten zwei ent- haltend) setzen sich deutlich von dem verjüngten, die Furca tragenden und aus drei Gliedern bestehenden Endtheile ab. Bevor der Vordertheil des Abdomens in den verjüngten Endtheil übergeht (nach GrarrrE am zweiten Gliede), bildet derselbe rechts und links ein eigenthümliches, aus zwei gebogenen Chitinspangen beste- hendes Chitingerüst, von welchem die obere Spange griffelförmig und am freien Ende gabelig getheilt erscheint, während die untere mehr hakenförmig geformt ist (Fig. 33 Co). An diese untere hakenförmige Spange setzt sich ein bewaciiech ein- gelenktes, abgeplattetes, klauenförmiges Glied (Fig. 34 y), das am Rande nicht gezähnt ist, wie GRrAEFFE angiebt, sondern mit quer stehenden Riffen versehen ist. Die Länge dieses klauenförmigen Gliedes betrug 79 u bei einer Breite von 26 u an der Insertionsstelle. Dass dieses Gebilde ein Gopulationsorgan darstellt, ist mir sehr wahrscheinlich. Der verjüngte Abdominaltheil des 91, der, wie erwähnt, aus drei Gliedern besteht, wovon das letzte sich gabelt und so bereits an der Bil- dung der Furca Theil nimmt, endet auf jeder Seite der Gabel mit zwei Gliedern, von welchen jedes zwei Borsten trägt. Die zu innerst stehenden Borsten sind die kleinsten. Nach GrarrFrE »finden sich beim Männchen zwei längliche, birn- förmige Hoden im dritten Thorakalsegmente, von denen je ein gerader, schmaler Kanal abgeht, der sich dann nach unten stark erweitert, indem je eine große Spermatophore in diesem Vas deferens-Theile sich bildet. Die paarigen Geschlechtsöffnungen liegen im ersten Abdominalsegmente über dem Copulationsorgane neben der dort befindlichen Borste«. Gastrodelphys Myxicolae nov. spec. (Taf. VI, VI). Einen auf der Haut von Myxicola Sarsii schmarotzenden Cope- poden beschreibt Sars (28) unter dem Namen Sabellacheres n. 2. mit folgenden Worten: Corpus feminae valde elongatum, lineare, subeylindricum, obscure aut prorsus non segmentatum. Caput oblongum, a thorace longissimo haud disjunetum antennis duabis brevibus pauciarticulatis, ore infero in rostrum breve conicum producto. Pedum thoracicorum tria paria, distantiora, quorum duo anterius sita, tertium in media longitudine corporis, omnia natatoria, biramosa, ramis triarticulatis. Abdomen minimum, triarticulatum. Sacculus oviferus unicus, maximus, eylindri- Das Genus Gastrodelphys. 111 eus, dorsalis, cum extremitate corporis posteriore fere continuus. Mas ignotus. | Spec. Sabellacheres gracilis S. Cuti Myxicolae Sarsii affıxus, ad Tromsga Finnmarchiae. Aus dieser kurzen Beschreibung geht hervor, dass Sırs jedenfalls einen anderen parasitischen CGopepoden, möglicherweise sogar eine Gastrodelphysart, beobachtet hat. Auch die Größe stimmt nicht mit unserer Form. Sıars giebt nämlich 5 mm Länge für seinen Copepoden an. Biologisches. Das Weibchen von Gastrodelphys Myxicolae, das von mir bisnun nur allein beobachtet worden, lebt auf den Kiemen der Myxicola infundi- bulum Grube, einer zur Familie der Eriographiden gehörenden, in der Adria (bei Triest) nicht sehr häufigen Species. Es findet sich mit den hinteren Antennen an den Kiemenfäden und zwar in der Nähe der Basis der Kiemen angeheftet, während der Hinterleib frei zwischen den Kiemenfäden flottirt. Der Parasit ist nicht sehr häufig. An manchen großen Exemplaren konnte ich bis zu zwei Copepoden finden. Von ihrem Wirthe losgelöste lebende Thiere zeigten auffallende, lebhafte Bewegungen, namentlich des Abdomens, und suchten rasch wieder ihr Nährthier auf. Beschreibung des weiblichen Thieres. Färbung. Die Farbe des © stimmt mit derjenigen der Kiemen von Myxicola so sehr überein, dass es aufmerksamer Musterung der Kiemen bedarf, um des Gopepoden ansichtig zu werden. Die Grundfarbe ist schwach fleischroth, mit Ausnahme der erst bei stärkerer Vergrößerung sicht- baren, mit violett gefärbten Eiern! gefüllten Oviducte und des durch solche Eier prall gespannten Matricalraumes, sowie des durch das Pig- ment der Darmzellen braun gefärbten Darmkanales (Taf. VI, Fig. I, 2). Größe und Körperform. Die Länge des lebenden © betrug 2mm, während die größte Breite an dem mit Eiern gefüllten Matricalraume etwas mehr als !/; der Länge betrug. ! Die verschiedene Färbung der Eier in den Oviducten, die erst, wie auch KERSCHNER (49) angiebt, mit dem Auftreten des Dotters eintritt, ist auch bei zahl- reichen Notodelphyiden bekannt. Ob dies gerade Anpassungserscheinungen sind, wie letzterer Autor vermuthet, dürfte wohl schwer zu entscheiden sein. 112 Joseph Heinrich List, Der Umriss des Körpers ähnelt dem von Gastrodelphys Glausii, wenn gleich der Hintertheil des Brutraumes nie jene Abrundung zeigte, sondern stets in eine sanfte Spitze endigte. Der Körper zerfällt nun durch Einschnitte, wie die früher ausführ- lich beschriebene Speeies, in einen triangulären, aus zwei Segmenten gebildeten Gephalothorax, der den Stirnfortsatz, die Antennen und die Mundtheile trägt, hierauf folgen vier deutliche, je ein Ruderfußpaar tragende Thorakalsegmente, woran sich auf das letzte Thorakalsegment ventralwärts das kurze Abdomen, und der dasselbe dorsalwärts über- ragende Matricalraum schließt. Der Körper erscheint sowohl auf der Ober- wie Unterseite stark gewölbt, was oft so stark ausgeprägt ist (namentlich bei jüngeren Thieren), dass die Querschnitte (Taf. VII, Fig. 49—21) einen fast kreisförmigen Umriss zeigen. Der Stirnfortsatz (Taf. VI, Fig. 2 Stf, Fig. 4) ist nur eine mediane Fortsetzung des vordersten Cephalothoraxtheiles und erscheint gegen die Ventralseite des Thieres umgeschlagen. Derselbe ist bei unserer Species bedeutend einfacher gebaut. Am Grunde zeigt er allerdings auch einen handhabenförmigen, bei Rückenlage des Thieres etwa recht- eckig erscheinenden Theil, weicher an der Vorderseite sowohl als auch an den beiden Seitentheilen dellenförmig vertieft erscheint. Die Hinter- seite verjüngt sich zu einem in eine Gabel sich spaltenden Fortsatz. An dem verbreiterten Basaltheile konnte ich rechts und links je zwei kurze Borsten beobachten. Die Länge des Stirnfortsatzes betrug 0,162 mm. Zu beiden Seiten des Stirnfortsatzes lenken sich nun die vorderen Antennen ein (Fig. 2 A,, Fig. 3). Dieselben haben einen von Gastrodelphys Glausii etwas abweichen- den Bau, wesshalb sie hier beschrieben werden sollen. Die Antennen, die ebenfalls fünfgliedrig sind und sich mit einem kurzen, als Coxalglied (0) zu bezeichnenden Fortsatze am Gephalothorax einlenken, besitzen nicht ein trapezartigen Umriss zeigendes, zweites Basalglied, sondern dasselbe ist verlängert und zeigt mehr oblongen Bau. Ausgezeichnet ist dasselbe durch eine in der Nähe der vorderen oberen Ecke befindliche, äußerst mächtige und $-förmig gebogene Chitinborste. An der oberen Kante finden sich ähnliche Borsten, wie sie von Gastr. Cl. bereits her bekannt sind. Mit seiner hinteren abgerundeten Seite lenkt das zweite Basalglied in eine entsprechende Ausbuchtung des ersten hinein, während dieses auf der Hinter- und Unterseite durch zwei, einen stumpfen Winkel mit einander bildende, annähernd geradlinige Kanten begrenzt erscheint. Das Genus Gastrodelphys. 113 Erstes und zweites Basalglied bilden auf diese Weise annähernd ein Dreieck, dessen Scheitel die vordere obere Spitze des zweiten Gliedes, und dessen Basis die hintere Kante des ersten Gliedes bildet. Die obere Kante sowohl des ersten als besonders des zweiten Basal- gliedes ist schwach bogenförmig gekrümmt. Die hinteren Antennen sind ebenfalls zu Klammerorganen aus- gebildet und stimmen in ihrem Bau so sehr mit denjenigen der früher beschriebenen Species überein, dass ich einfach auf jene Beschreibung und Abbildungen verweise. An von dem Wirthe losgelösten Thieren liegen die Antennen ge- wöhnlich so, dass sie den Stirnfortsatz mit ihren Klauengliedern um- greifen. Diese hinteren Antennen sind mit starken Muskelbündeln versehen und zeigen an lebenden Thieren eine außerordentliche Beweglichkeit. Sie sind die eigentlichen Haftorgane des Parasiten und finden hierbei nur noch vom Stirnfortsatze und dem Bauchwirbelkörper Unterstützung. Die Mundtheile (Taf. VI, Fig. 5, 6) sind ähnlich gebaut, wie bei Gastrodelphys Clausii. Doch finden sich einige bemerkenswerthe Ab- weichungen. Das aus Ober- und Unterlippe (U!) gebildete Rostrum (vgl. Taf. VI, Fig. 13} erscheint sehr kurz, kegelstumpfartig. Der Rand der seitlichen Einbuchtungen der Unterlippe ist aber nicht, wie bei der früheren Spe- cies, glatt, sondern mit auswärts stehenden Chitinzähnen bewaffnet, welche nach hinten zu allmählich an Größe abnehmen. Auf die innerhalb des Schlundes sich bewegenden Mandibeln folgen außen zwei Maxillarfußpaare (Mf,, Mfa), die ich an dem in Rede stehenden Objekte genauer studiren konnte. Der erste Maxillarfuß (Mf,) ist jederseits auf einer etwas ge- wölbten Chitinplatte (B,), die als eine Art Basalglied erscheint, ein- gelenkt. Das bewegliche Glied selbst (Fig. 6 Mf,) erscheint in der Pro- filansicht etwas gebogen und endet in drei Klauen, von denen die mittlere die größte und die untere die kleinste ist. Das zweite Maxillarfußpaar (Mf) ist außerordentlich ver- kümmert und nur als ein zweigliedriger, tasterähnlicher Stummel ent- wickelt, der jederseits einer verlängerten, mit der stumpfen Spitze nach auswärts gerichteten Chitinplatte (B,) aufsitzt. Auf den CGephalo- thorax folgen, durch eine tiefe Einschnürung deutlich davon abgesetzt, die vier Thorakalsegmente. Das erste Thorakalsegment trägt das erste Ruderfußpaar (R,) und den Bauchwirbelkörper (Bw). Derselbe zeigt die schon früher eingehend beschriebene Form. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Ba. 8 114 Joseph Heinrich List, Zähne fand ich stets dreizehn; dieselben zeigten eine Länge von 78 u und nie jene bei der vorhin besprochenen Species gewöhnlich anzu- treffende Lanzenspitzenform, sondern sie verjüngten sich allmählich bis zur Spitze. Vergleichender Theil. Ein Stirnfortsatz (Stirnschnabel der Autoren, Rostrum frontale) scheint bei parasitischen Copepoden nicht so selten zu sein. So beschreiben Tnorzır (30) und Sars (28) bei einer Reihe von CGopepoden einen allerdings sehr einfach gebauten Stirnfortsatz und Wirrzsyskı (33) und Rosorı (26) erwähnen ebenfalls eines solchen, Ersterer beim © von Lichomolgus sepicola, Letzterer bei Ascomyzon comatulae. Einen ähnlichen, am Ende sich gabelnden Stirnfortsatz, wie er bei Gastrodelphys Myxicolae beschrieben worden, fand Crarartoe (14) bereits bei Sabelliphilus Sarsii ©. Schon dieser Forscher bemerkt, dass sich der Chitinpanzer des Rostrum an manchen Stellen verdünne und daselbst von wahren Poren durchbohrt werde. Das sei z. B. an zwei Punkten der Gabel der Fall. Insbesondere sehe man dies aber an vier Punkten des Stirnrandes und an zwei, in einigem Abstand von jenen an der Ventralseite. '»Diese Poren, sagt Crararkpe, welche zur Kommunikation der Leibeshöhle mit der Außenwelt dienen, sind zweifellos den haartragen- den Poren anderer Crustaceen zu vergleichen.« Und über die Bedeutung des Stirnfortsatzes äußert sich derselbe Forscher folgendermaßen: »Ich zweifle nicht, dass das Rostrum, das bei Sabelliphilus so außerordent- lich entwickelt ist, von diesen Crustaceen als ein Anker zum Festheften an den Geweben ihres Wirthes dient. « Auch Craus (13) erwähnt des Stirnschnabels beim © von Sabelli- philus Sarsii und wies denselben auch beim 9! dieser Species, woselbst er allerdings gedrungener erscheint, nach. Nach Craus tragen die von CLArarkpe erwähnten Poren sehr zarte Fäden, die wahrscheinlich in die Kategorie von Sinnesorganen gehören, wie denn auch Craus kein Bedenken trägt, und wie mir scheint, mit Recht, diese Gebilde als Modifikationen des frontalen Sinnes- organs zu deuten. Die Ruderfüße. Dieselben zeigen bei unserer Species eine weitere Reduktion. Die Ruderfüße des ersten und zweiten Thorakalsegmentes, die in annähernd gleichen Abständen von der Medianlinie an den Seitentheilen des ven- tralen Panzers eingelenkt sind, sind gleichartig gebaut (Fig. 7). Die- Das Genus Gastrodelphys. 115 selben sind einästig, besitzen ein kurzes, konisches Basalglied, auf welches ein kleines, warzenartiges Glied folgt, welchem die an der Basis zwei deutliche kurze Glieder besitzende gebogene Borste, die die Länge des Basalgliedes um das Doppelte übertrifft, aufsitzt. Die Ruderfüße des dritten Thorakalsegmentes sind aber auffallend klein und rückgebildet (Fig. 8). Dieselben sitzen an den Seitentheilen des Segmentes und lassen nur ein sehr schmächtiges Basalglied und eine kurze Borste erkennen. Die Ruderfüße des vierten Thorakalsegmentes (Fig. 9) sind aber wieder mehr entwickelt und zeigen einen ähnlichen Bau wie die der beiden ersten Segmente. Das Abdomen (Fig. 2 Abd, Fig. 10). Dasselbe erscheint nur aus einem etwas verbreiterten Gliede ge- bildet, an welches sich jederseits der zweigliedrige Ast der Furca (Schwanzgabel) schließt. Das Abdomen ist im Verhältnis zur Größe des Körpers außer- ordentlich gering entwickelt und nur ein kleiner, stummelartiger An- hang auf der Ventralseite des Matricalraumes. An der Theilungsstelle der beiden Furcaläste befindet sich die Afteröffnung (A). Die Furca selbst, deren Äste sich aus je zwei kurzen, kegelstumpfartigen Gliedern zusammensetzen, trägt am Ende jederseits eine sehr lange, sie selbst um das Mehrfache an Länge übertreffende starke Chitinborste, an deren Basis jederseits nach innen eine, nach außen zwei schwächere Borsten stehen. Das Abdomen steht an lebenden Thieren unter einem spitzen Winkel vom Matriealraum ab und zeigt außerordentlich lebhafte Be- wegungen, die für die Fortbewegung des Thieres selbst von größter Wichtigkeit sind. Wenn man die Parasiten von dem Nährthiere ent- fernt, so schlagen sie mit dem Abdomen so lebhaft nach rückwärts, dass sie in Folge des Rückstoßes ruckweise nach vorwärts geschnellt werden. Wenn man das Abdomen umklappt (Fig. 40), so kann man am ÜUr- sprung des Abdomens eine querovale Öffnung von 0,117 mm Weite (Moe) bemerken, die die Mündung des Matricalraumes nach außen dar- stellt, und durch welche die Embryonen ins Freie gelangen. Etwas weiter nach vorn findet man zu beiden Seiten ein 5,7 « messendes, kreisartig begrenztes Loch (Q@ Gö) — die weiblichenGeschlechts- öffnungen (Mündungen der Samenkanäle nach außen). 8*+ 116 Joseph Heinrich List, .. Vom Bau des Körpers. Das Chitinintegument. Der Körper ist allseitig von der auf Schnitten zart lamellös er- scheinenden Chitinschicht, die auf der Rücken- und Bauchseite im Mittel 3,5 u Dicke erreicht, umgeben. Die Mächtigkeit des chitinigen Panzers ist durchaus nicht überall die gleiche. So ist dieselbe am Stirnfortsatze, den Antennen, und besonders im Matricalraum bei Weibchen, in welchen noch keine Embryonen zur Ausbildung kamen, und in Folge dessen der- selbe noch nicht an Ausdehnung zugenommen, eine äußerst mächtige (man vgl. Taf. VI, Fig. 18). Eine auf den Chitinpanzer Anei innen folgende Chitinfaser- gewebsschicht, wie ich sie für Gastrod. Cl. beschrieben, konnte ich hier nicht auffinden. An lebenden Thieren konnte ich im Chitin- panzer an den verschiedensten Stellen Poren beobachten. Eben so konnte ich an manchen Stellen eine solche Streifung, wie ich sie schon früher beschrieben, bemerken. Vergleichender Theil. Schon Craus (6) erwähnt bei Lernan- thropus Kroyeri van Ben. die lamellöse Zusammensetzung der Chitinhaut, wovon man sich an Schnitten an den feinen parallelen Kontouren der natürlichen Schnittfläche überzeugen kann. C. Heiner (18) widmete dem Hautpanzer bei Lernanthropus eine größere Aufmerksamkeit. Derselbe sagt: »Wenn man den Querschnitt der Haut betrachtet, so erkennt man an derselben sehr deutlich ihre. Schichtung, welche einen Schluss auf eine Diekenzunahme durch An- lagerung neuer Schichten nahelegen würde. Die Haut zeigt im All- gemeinen jenes sehr starke, für alle Chitintheile so bezeichnende Lichtbrechungsvermögen. Doch erkennen wir leicht Unterschiede des Lichtbrechungsvermögens ihrer verschiedenen Schichten. Denn abge- sehen davon, dass jene Schichtung, von der wir schon früher gesprochen haben, sieh nur durch das Lichtbrechungsvermögen, welches für die einzelnen Schichten verschieden ist, kenntlich macht, daher man auf dem Querschnitt dieselben als blassere und hellere, undeutlich be- grenzte Streifen, die dem Außenrand gleichlaufen, erkennen kann, so lässt es sich auch deutlich erkennen, dass die äußeren Schichten des Panzers ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen haben, als die gegen die Weichtheile zu gelegenen. « Eine solch’ deutliche Chitinfasergewebsschicht, wie ich dieselbe bei Gastrodelphys Clausii so ausgeprägt vorgefunden, erwähnt HEIDEr Das Genus Gastrodelphys. 117 nicht. Ich sehe dieselbe als Übergangsstadium zu dem stark liehtbrechenden Chitinpanzer an, wie ich ja solche Übergänge an der das Innere des Matricalraumes auskleidenden Lamelle schon früher be- schrieben habe. Matrix. Auf das Chitinintegument folgt nach innen zu die als Matrix fungirende Protoplasmalage, die eine Abgrenzung in deutliche Zellen- bezirke nicht erkennen ließ. Diese Lage, die an Schnittpräparaten fein granulär erscheint, führt, hart dem Panzer anliegend, kugelige oder mehr ellipsoidische Kerne von 4 u Durchmesser. Sowohl an Längs- als auch an Querschnitten durch gut konservirte ! Thiere kann man sich überzeugen, dass die die Matrix darstellende ‚Protoplasmalage an verschiedenen Stellen des Körpers sehr verschiedene Mächtigkeit besitzt (vgl. Taf. VI, Fig. 22). Während man an manchen Stellen nur eine dünne, zarte Lage be- obachtet, übertrifft dieselbe in anderen kernführenden Theilen wieder oft um das Vier- bis Fünffache die Dicke des Chitinpanzers. An allen Schnitten aber kann man den Zusammenhang der Matrix ‚mit den Ausläufern der Bindesubstanzzellen bemerken. Vergleichender Theil. Über die unter dem Chitinpanzer liegende Matrix lauten die Angaben der Beobachter bei den Cope- -poden sehr verschieden. Nach Craus (5) unterscheidet man an der Haut von Gyclopsine unter der chitinisirten Lage eine zellige Schicht von weicher Beschaffenheit. Dieselbe besteht aus Kernen, welche in molekulärer Zwischenmasse zerstreut liegen; sie hat offenbar die Bedeutung einer Schicht undeutlich geschiedener Zellen, welche durch Ausscheidung die homogene Cuti- cula bilden. In seiner Arbeit über die freilebenden CGopepoden (9) sagt derselbe Forscher Folgendes über die Matrix (p. 34): »Bei einzelnen Gyclopsarten bemerkt man in der Cuticula eine enge und unregelmäßige Felderung, in welcher stärkere und dünnere Stellen mit einander alterniren. Zwischen kleinen rhomboidalen Feldern mar- kirt sich ein System zarter Linien, welche ich für Furchen und Rinnen an der inneren Fläche des Panzers halte. « Und weiter (p.35): »Die Matrix der Cuticula finde ich bei größeren marinen Formen sehr deutlich aus scharf umgrenzten Zellen zusam- 1 Die Tödtung der Thiere geschah mit warmer koncentrirter Sublimatlösung und mittels Pikrinschwefelsäure (nach KLEINENBERG). 118 Joseph Heinrich List, mengesetzt und einem regelmäßigen Epithel ähnlich unter dem Panzer ausgebreitet, z. B. Cetochilus. Allein nicht bei allen Formen zeigen sich diese Verhältnisse scharf und deutlich, am wenigsten bei den Cyelo- piden und Harpactiden, deren Gewebe überhaupt nicht zur Unter- suchung geeignet ist. Wenn ich indess bei den letzteren die secer- nirende Unterlage nur aus Kernen und molekularer Zwischenmasse zu- sammengesetzt finde, so möchte ich doch nicht unbedingt die Existenz der Zellmembranen leugnen. « E. Haecker (17) bezeichnet die unter dem Panzer liegende epithe- liale Zellenschicht als Chitinogenmembran, im Anschlusse an seine früheren Mittheilungen über die Gewebe des Flusskrebses!. Nach Sırexsky (27) besteht die an die Cutieula sich dicht anlegende Hypodermis bei Sphaeronella aus einer Schicht schöner, großer, poly- eonaler Zellen. Diese messen 0,012 mm, besitzen eine deutliche Mem- bran, einen nicht weniger deutlichen Kern und ein feinkörniges Proto- plasma. Die Zellen liegen im Allgemeinen dicht an einander gedrängt, lassen jedoch an einigen Stellen zwischen sich eine dtnne stärker licht- brechende Intercellularsubstanz wahrnehmen. Vzınovsky (32) beschreibt die dicht an die Guticula sich anlegende Hypodermis bei Tracheliastes als eine aus schönen, polygonalen Zellen, welche ein helles Protoplasma mit deutlicher Membran und Kern be- sitzen, bestehende Schicht. Heıper (18) konnte bei Lernanthropus in der Matrix keine Zell- grenzen beobachten. »Es zeigen sich — und das verdient besonders hervorgehoben zu werden — an der Matrix keine Zellgrenzen, so dass sie nicht als eigentliches Epithel bezeichnet werden darf, auch liegen in ihr nicht gesonderte Zellen, sondern sie zeigt sich als Grundmasse | "mit eingelagerten Kernen.« ' An den Stellen, an welchen die Matrix deutlich zu sehen war, zeigt sich dieselbe nach Heer regelmäßig gleichmäßig und fein gekörnelt. »Dort, wo ein Kern in ihr eingelagert ist, ist sie ein wenig verdickt, zeigt aber sonst auch keine weiteren Veränderungen. Gegen innen zu scheint sie von keiner Membran überkleidet zu sein. An allen Thieren, welche mit Reagentien behandelt waren, zeigte die Matrix ein stark gekörneltes, wenig durchsichtiges Aussehen.« Kerscuner (19) erwähnt, dass nach Behandlung der Körperbe- deckung bei Notodelphyiden mit Chlorpalladium eine netzförmige Zeich- nung auftrete, die wohl die Grenzen der Zellbezirke der Matrix vor- stellen dürfte. 1 MürLer’s Archiv. p. 519. 4857, Das Genus Gastrodelphys. 119 GiEspkecHht (15) fand indessen wieder bei Notodelphyiden (Noto- pterophorus elatus), dass die Chitinhaut des Körpers zum Unterschiede von den Anhängen nirgends eine zellige Matrix besitzt. Von der Bindesubstanz des Körpers. Die Bindesubstanz setzt sich aus sehr verschiedenen Elementen zusammen, die sich histologisch auch deutlich charakterisiren. Wenn man Querschnitte von dem Vordertheil des Körpers stam- mend, durchmustert (Taf. VII, Fig. 19, 22 Bz), so findet man die Binde- substanz zusammengesetzt aus verschiedenartig sternförmige Äste aussendenden und mit diesen unter einander in Verbindung stehenden Zellen, die entweder rundliche oder mehr ellipsoidische Kerne von verschiedener Größe führen. Die fein granuläre Zellsubstanz dieser Zellen zeichnet sich da- durch aus, dass sie Tinktionsmittel (Pikrokarmin) nicht besonders aufnimmt. Zwischen diesen sternförmigen Bindesubstanzzellen finden sich aber auch Zellen, welche mehr rundliche oder polygonale Umgrenzung zeigen (Fig. 19 Bz,), die bedeutend größer und auch intensiver tingirt sind. Dieselben zeigen einen großen rundlichen oder ellipsoidischen Nucleus von 41 u Durchmesser. Zwischen den einzelnen Bindesubstanzzellen finden sich nun zahl- reiche, verschiedene Größe zeigende, Hohlräume, die der Bindesub- stanz ein spongiöses Aussehen verleihen, und die im lebenden Thiere mit Fett- oder Dottertropfen erfüllt sind. In der Mitte und im Hintertheile des Körpers wird die Bindesub- stanz kompakter. Wenn man einen Längsschnitt durchmustert, so findet man unterhalb des Darmes (Fig. 23) auch in der Matrixlage größere abgerundete, stärker tingirte Zellen (Bz,). An diese schließen sich nach innen größere polygonale Zellen, deren Kerne intensiv tingirt sind, ein distinktes großes Kernkörperchen führen (Bz,) und einen Durchmesser von 41 u besitzen. Diese Zellen dürften wohl den bei Gastrod. Cl. be- schriebenen einzelligen Drüsen entsprechen. Unterhalb und längs des Darmkanals konnte ich dann noch auf Schnitten eigenthümlich spindelförmige Form zeigende Zellen beob- achten (Bz,), deren Zellsubstanz intensiv tingirt war, und die einen großen ellipsoidischen, 21 u Durchmesser zeigenden, stark tingirten Kern, der zahlreiche Kernkörperchen besitzt, führten. In manchen Kernen (Fig. 24) konnte ich ein deutliches Chromatingerüst beobachten. Mehrere dieser großen Kerne zeigten in verschiedenen Schnitten 120 - Joseph Heinrich List, das Aussehen, als ob sie in ein ganzes Bündel von Kernen zerfallen wären. VergleichenderTheil. Die Bindesubstanz bei parasitischenCope- poden ist noch wenig studirt. Der erste Beobachter, dem wir eingehen- dereMittheilungen darüber beiLernanthropus verdanken, ist C.Heıper(18). Derselbe sagt Folgendes: Das Bindegewebe durchzieht den ganzen Körper in Form von Netzen, Balken und Platten, welche alle Organe mit einander verbinden. An lebenden Thieren zeigt sich dasselbe an günstigen Stellen als ein zwischen den Organen ausgebreitetes, glas- helles zartes Netz oder Balkenwerk, welches ganz gleichförmig durch- sichtig oder ganz fein gekörnelt erscheint. Hier und dort liegt ein größeres Korn eingebettet. In der Grundmasse sieht man an manchen Stellen kleine Zellen eingelagert, in welchen Herıiper die eigentlichen Bindesubstanzzellen erblickt. Dieselben sind meist langgestreckt, oder doch länglich, von sehr wechselnder und unregelmäßiger Gestalt. Im Allgemeinen kann man doch als Grundform eine langgestreckt spindel- formige oder in mehrere Ausläufer ausgehende Zelle aufstellen. Die Grundsubstanz dieser Zellen kann gleichmäßig durchsichtig und glas- hell erscheinen, in den meisten beobachtet man aber in den Zellen eine große Zahl stark lichtbrechender Kügelchen — welche an kleine Fett- kugeln erinnern — gleichmäßig vertheilt. Eigentliche Fettzellen oder Fettgewebe konnte Hzıper bei Lernanthropus nicht bemerken. Im Zellkörper konnte stets ein deutlicher Kern mit einem stark lichtbre- chenden kugelförmigen Innenkörper und ein denselben umgebender, heller Hof beobachtet werden. Wenn wir nun die Verhältnisse bei Gastrodelphys Myxicolae an guten Präparaten studiren, so wird Einem die Analogie mit dem bei Lernanthropus Beschriebenen nicht entgehen. Die verschiedenen Bindesubstanzzellen (vgl. Taf. VII, Fig. 22) stehen mit ihren Ausläufern auch mit der als Matrix des Panzers erscheinenden protoplasmatischen Lage in Zusammenhang. Die Kerne derselben sind außerordentlich variabel. Während in den äußeren Schichten gewöhnlich kleinere, starke Granulation zeigende Nuclei gesehen werden können, kann man in den die Geschlechtsorgane und den Darm umgebenden Bindesubstanz- lagen Kerne beobachten, die die früher erwähnten um das Mehrfache an Größe übertreffen, stets ein deutliches, intensiv tingirtes Kernkörperchen und einen dasselbe umgebenden, hellen Hof zeigen. An lebenden Thieren sieht man das ganze Gewebe von gelblichen Fett- oder Dottertröpfchen durchsetzt, die denselben auch die charak- teristische Farbe verleihen. Das Genus Gastrodelphys. 121 Einzellige, in der Bindesubstanz des Körpers eingebettete, durch feine Hautporen nach außen mündende Drüsen sind bekannt- lich bei parasitischen Gopepoden keine Seltenheit. Wenn gleich dieselben auch nicht jene typische Ausbildung be- sitzen, wie wir sie seit den Untersuchungen Levypig's (23) und Craus’ (12) von Argulus kennen, so finden sich doch auch Andeutungen von deut- lichen Ausführungsgängen, wie ich sie besonders bei Gastrodelphys Glausii beobachten konnte. Es dürften diese Zellen der von Hrıper (18) beschriebenen ersten Art von Drüsenzellen, die sich in der Ma- trix des ganzen Körpers und in den angrenzenden Theilen des Binde- gewebes von Lernanthropus vorfinden, entsprechen. Über die Bedeutung dieser einzelligen Hautdrüsen wage ich nur eine Vermuthung zu äußern. Sie dürften dazu dienen, den Hautpanzer stets schlüpfrig zu erhalten. Muskulatur. Dieselbe erscheint an frischen Thieren deutlich quergestreift und ist in ihren Hauptzügen ähnlich angeordnet wie bei Gastrodelphys Clausii, so dass ich einfach auf die frühere Beschreibung verweisen kann. Darmkanal (Taf. VI, Fig. 2, 15, 18; Taf. VII, Fig. 19, 20). Am Darmkanale können wir ebenfalls eine Mundöffnung, einen Schlund, einen Ösophagus, einen Mittel- und Enddarm unter- scheiden. Was das Allgemeine im Baue des Vorderdarmes (Schlund und Öso- phagus) betrifft, so herrscht eine große Übereinstimmung mit dem früher Beschriebenen, so dass ich einfach darauf verweise. Nur Mittel- und Enddarm zeigen sich schon makroskopisch deutlich von einander ab- gegrenzt. An lebenden Thieren kann man den Darmkanal als ein rothbraunes Organ, das lebhafte Kontraktionen zeigt, und die für den Austritt der Fäces von Wichtigkeit sind, beobachten. Der Mitteldarm erscheint als ein von vorn nach hinten sich allmäh- lich erweiterndes Rohr, das ungefähr in der Mitte des Körpers eine starke Einschnürung bildet, wie dies Vzınovsky (32) auch für Trache- liastes polycolpus beschreibt, und dann in den kurzen, im Anfangs- theile wieder etwas anschwellenden Enddarm, der zwischen den Fur- calästen mit dem After endet, übergeht. Über den Inhalt des Darmes bemerke ich nur, dass mir derselbe als eine rothbraune Flüssigkeit erschien, wie dies GRAEFFE (16) auch für Gastrodelp hys Glausii erwähnt. % 122 Joseph Heinrich ‚List, Histologie des Darmkanales. Mundöffnung, Schlund und Ösophagus sind ausgekleidet von einer chitinigen Intima (Taf. VI, Fig. 14, 15 Z), die nur als Fortsetzung des äußeren Integumentes erscheint (vgl. Fig. 13). Auf die Intima folgt nach außen eine aus kubischen Zellen gebil- dete, mit deutlichen Nuclei versehene Zellenlage (Fig. 15), welche all- mählich in den Mitteldarm übergeht. Der Mitteldarm selbst besteht zu äußerst aus einer etwa 4 w messenden Tunica propria, der nach innen das Darmepithel aufsitzt. Dasselbe besteht aus polygonalen Zellen (Taf. VII, Fig. 26), die annä- hernd kubisch gebaut sind und eine Höhe von 47 u erreichen. Auf der dem Lumen zugekehrten Seite zeigen sämmtliche Mitteldarmzellen einen homogenen Saum, der bei stärkerer Vergrößerung als nach innen mit verschiedenen Zacken endigend sich erweist, ein Verhältnis, wel- ches Hrıper (18) auch für Lernanthropus beschreibt. Die Höhe dieser wohl nur als Fortsetzung der chitinigen Intima des Ösophagus zu be- trachtenden 'Säume betrug bis zu 5,7 u. Die Zellsubstanz der nach innen kuppelförmig vorgewölbten Zellen erscheint fein granulär, und die Kerne derselben, die mehr kugelige oder ellipsoidische Form besitzen, führen distinkte Nucleoli. Ihr Durch- messer zeigt durchsehnittlich 7 u. Während der Mitteldarm in seiner gesammten Ausdehnung von den beschriebenen kubischen Zellen ausgekleidet erscheint, ändert sich das Verhältnis am Übergange in den Enddarm. Derselbe (Fig. 18 Ed) ist in der Nähe. der Einschnürung noch von niedrigen kubischen Zellen ausgekleidet, der gesammte erweiterte Theil ist aber von niedrigen, 3,6 « Höhe erreichenden, polygonalen plattenförmigen Zellen ausgekleidet (Taf. VII, Fig. 27), welche erst am Endtheile wieder allmählich an Höhe zunehmen (Taf. VII, Fig. 25) und kubisch werden. Die Zellen, die auf der dem Darmlumen zugekehrten Seite eben- falls mit einem homogenen, 2 u Höhe erreichenden Saume, der aber nicht diese Zacken, wie im Mitteldarme, zeigte, bekleidet sind, bestehen aus fein granulirter Zellsubstanz und führen ellipsoidische Kerne von 8,6 u Längs- und 5,7 u Querdurchmesser. Die Zellen zeigen an der den Kern führenden Stelle stets eine kleine Vorwölbung. N An der verjüngten Stelle des Enddarmes nimmt das Epithel an Höhe zu, wird wieder kubisch (Taf. VII, Fig. 25). Auch der Saum, der daselbst feine Querstreifung zeigt, gewinnt an Breite. Sämmtliche Zel- len des Darmkanales, sowohl diejenigen des Mittel- als auch die des « Das Genus Gastrodelphys. 123 Enddarmes besitzen sepiabraunes feinkörniges Pigment, das an Schnit- ten allerdings nicht mehr zu sehen ist. Nur an dem hintersten Theile des Enddarmes schienen die Zellen pigmentfrei zu sein. Nervensystem (Taf. VI, Fig. 14—18). Das Nervensystem hat im Allgemeinen dieselbe Form, wie sie bei Gastrod. Cl. beschrieben worden. Von besonderer Mächtigkeit sind die beiden vom Oberschlund- ganglion (Obg)jederseits ausgehenden und die beiden vorderen Antennen versorgenden Nervenstränge (An). Dieselben zeigen sich an Längs- schnitten (Fig. 17) im Inneren aus zarten Fibrillen zusammengesetzt, die außen von einem deutlichen Ganglienzellenbelage, dessen rundliche Kerne einen Durchmesser von 7 u durchschnittlich besitzen, umgeben sind. Das Oberschlundganglion (Fig. 15 ‚Obg) zeigt auf Querschnitten auf der Ventralseite eine Aushöhlung, in welcher der Ösophagus (Oes) verläuft. Dasselbe ist etwas abgeplattet und zeigt zu beiden Seiten einen mächtigen Ganglienzellenbelag, dessen rundliche Kerne sich inten- siv färben. In der Mitte zeigte dasselbe ein sehr feines aus Fihbrillen bestehendes Netz (sog. Punktsubstanz). Ober- und Unterschlundganglion sind durch zwei mächtige Kom- missuren, die den Schlundring bilden, verbunden (Fig. 14). Der Schlundring liegt dem Ösophagus dicht an. Das Untersehlundganglion (Uig), welches längs der Ventral- seite des vorderen Theiles des Mitteldarmes liegt, zeigt annähernd die schon früher beschriebene Form. Im Inneren lässt dasselbe deutlich fibrillären Bau erkennen, während ein dichter Ganglienzellenbelag, der auf der Ventralseite bedeutend mächtiger als auf der Dorsalseite ist, dasselbe außen begrenzt. Nach hinten verjüngt sich dasselbe in den Bauchnervenstrang (Bnst), der an Schnitten längs des ganzen Mit- teldarmes verlaufend, beobachtet werden konnte (Fig. 18 Bnst). Der- selbe zeigt sich aus Fibrillen zusammengesetzt, und ließ an seinem Anfange noch deutliche Ganglienzellen erkennen. Wenn man das Unterschlundganglion an Querschnitten durchmu- stert (Taf. VI, Fig. 15; Taf. VII, Fig. 19 Utg), so fällt Einem die deutlich abgeplattete Form, namentlich in seinem hinteren Theile, auf. An sei- nem Vordertheile zeigt dasselbe, eben so wie das Oberschlundganglion, eine rinnenförmige Einbuchtung für den Ösophagus. An solchen Schnit- ten kann man ferner erkennen, dass das Unterschlundganglion aus zwei Hälften besteht, deren Scheidewand in der Medianebene durch eine Lage von Ganglienzellen markirt ist. Auf .der dem Ösophagus an- liegenden Dorsalseite des Unterschlundganglions ‚bemerkte ich auffal- 124 Joseph Heinrich List, lend wenige Ganglienzellen, während auf der Ventralseite, die in der Medianlinie auch eine kleine Vorstülpung erkennen ließ, zahlreiche Ganglienzellen, bez. deren Kerne, zu sehen waren. Der Ganglienzellenbelag ist sowohl im Ober- wie Unterschlund- ganglion kein kontinuirlicher, sondern, wie Schnitte ergeben (Fig. 15), finden sich zwischen den Ganglienzellen inselartige Ausbreitungen des Fibrillennetzes. Auch der Bauchnervenstrang (Fig. 16) setzt sich deutlich aus zwei Hälften zusammen, wie Querschnitte lehrten. Ja an manchen Schnitten schien es mir (Fig. 16), als ob die beiden Hälften in der Medianebene durch eine sehr zarte Membran getrennt wären. Im Vordertheile des Unterschlundganglions konnte ich auf der Ventralseite einen starken Nervenstrang (rb) abgehen sehen, der an seinem Ursprunge mit einem deutlichen Ganglienzellenbelage versehen war, und der Schlund- und Mundtheile mit Nerven versorgt. Ich nenne denselben desshalb auch Ramus bucecalis. Während die Kerne der Ganglienzellen, die so ziemlich überall die gleiche Größe (7 u) zeigten, intensiv tingirt waren, zeigte sich die Zell- substanz derselben, die übrigens nur spärlich vorhanden ist, fast gar nicht tingirt, eben so wie das Fibrillennetz (Punktsubstanz). Ich be- merke noch, dass sowohl Ober- als auch Unterschlundganglion, eben so wie der Bauchnervenstrang von einer deutlichen, zarten Membran, in der ich nirgends Kerne nachweisen konnte, umschlossen ist. Vergleichender Theil. Wenn gleich sich nach den vorstehen- den Erörterungen das Nervensystem der Gastrodelphyiden an das für die Corycaeiden gültige Schema [vgl. Craus (9)] anschließt, so weicht dasselbe doch nicht unbedeutend von dem bisher bei parasitischen CGopepoden Bekannten ab. Eine solche Ausbildung des Oberschlundganglions, wie sie in den vorausgehenden Blättern beschrieben wurde, erwähnen die beiden Forscher, denen Schnitte zur Verfügung standen, nämlich Kerscaner (19) weder bei den Notodelphyiden, noch Heer (18) bei Lernanthropus, während der histologische Bau im Allgemeinen (innere Faserschicht, äußerer Ganglienzellenbelag und umhüllende Membran) von allen For- schern, die sich mit parasitischen Copepoden beschäftigt haben, über- einstimmend geschildert wird. Interessant für mich ist die {nach Kronn) gemachte Angabe LeuckArr’s (22), wonach sich hei Notopterophorus von der in den vor- dersten Thorakalsegmenten gelegenen Ganglienmasse neben anderen Nerven zwei durch Stärke ausgezeichnete Nervenäste sich Das Genus Gastrodelphys. 125 bisin das Abdomen hinein verfolgen ließen. Sollte sich hier eine Theilung des aus zwei Hälften bestehenden Bauchnervenstranges vorfinden? Sinnesorgane. Von Sinnesorganen wäre in erster Linie das Auge (Fig. 11, 44) zu erwähnen. An lebenden Thieren bemerkt man auf der Rückenfläche des Cephalothorax einen aus braunrothem, grobkörnigem Pigment be- stehenden x-förmigen Fleck, an dem sich jederseits zwei ovale, etwas stärker das Licht brechende Felder — die Linsen (L) — schließen. Schnitte durch das Thier ergeben nun, dass das Auge aus drei Linsen! besteht (Fig. 14 L), wovon zwei oben, eine mittlere unpaare aber in der Tiefe liegt. Die drei Linsen sind an Schnitten durch breite Zwischen- räume getrennt, die am lebenden Thiere von dem röthlichbraunen Pigmente ausgefüllt werden (Pigmentbecher). Jede der drei Linsen war von einer deutlichen Membran, und alle drei außerdem noch von einer gemeinsamen solchen umhüllt. Im Inneren zeigten dieselben Granulation und deutliche, dieselbe Tinktion besitzende Nuclei wie die Ganglienzellen. Wie Schnitte lehren, liegt das Auge in einer Einbuchtung des Oberschlundganglions am Vordertheile desselben zwischen dem Ur- sprunge der beiden Antennennerven. Neben den verschiedenen Borsten und Haaren an den Antennen, die jedenfalls auch als Tastwerkzeuge fungiren dürften, bemerkte ich an lebenden Thieren auch am Chitinpanzer an verschiedenen Stellen (so besonders am dritten Thorakalsegmente), zarte Haare, denen man wohl Tastfunktion zuschreiben muss. Diese Tasthaare sind außer- ordentlich zart gebaut und führen im Inneren protoplasmatische Substanz. Geschlechtsorgane. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen auch hier aus den paarigen Ovarien, den beiden Oviducten, dem Recepta- culum seminisunddenbeidenSamenkanälen mit den äußeren Geschlechtsöffnungen. Ovarien und Oviducte. Die Ovarien konnte ich an lebenden Thieren nicht beobachten, da sie durch den violett gefärbten Inhalt der Oviducte verdeckt waren. i Wie Tuorerr (30), Buc#norz (4) und KErscHNer (49) auch für Notodelphyiden, C, Heıper (18) für Lernanthropus und GRAEFFE (46) für Gastrodelphys Clausii an- giebt. 126 Joseph Heinrich List, Wie aber eine nähere Untersuchung an Schnitten ergiebt, bilden Ovarien und Oviducte zwei oberhalb des Darmkanales liegende N-förmige Schleifen, deren innere Schenkel wie bei der früheren Species die Ovarien, deren äußere Schenkel die Oviducte darstellen. Die Ovarien selbst (Taf. VII, Fig. 22 Ov,) erscheinen als oval be- grenzte, von einer deutlichen Wandung umgebene Schläuche mit Zellen dicht gefüllt, deren Kerne an den Schnitten fast sämmtlich Mitosen zeigten. An der Übergangsstelle des inneren in den äußeren Schenkel (Taf. VII, Fig. 22 Ovs) konnte man bereits deutliche Eizellen beobachten, deren Zellsubstanz fein granulär, und die von einander deutlich ab- gegrenzt waren, deren Keimbläschen schön ellipsoidische Form und einen Längsdurchmesser von 14 u besaßen und im Inneren ein deutliches scharf tingirtes Chromatingerüst und einen von einem lichten Hof um- gebenen, intensiv gefärbten, 4 u messenden Nucleolus führten. Die die Keimbläschen einbettende Zellsubstanz erschien durch helle Linien in verschiedene, schmale oblonge Form zeigende Portionen getheilt, die wohl die einzelnen, durch den gegenseitigen Druck so deformirten Zellenterritorien darstellen. Schon an der Übergangsstelle des inneren in den äußeren Schenkel, der hier noch als Ovarium fungirt, bemerkt man eine allmähliche Vo- lumsvergrößerung dieses letzteren. In seinem weiteren Verlaufe, der nun als Oviduct fungirt, legt sich der äußere Schenkel dicht dem Mittel- und Enddarme an (Taf. VII, Fig. 20 Ovd). Die Ausdehnung der Oviducte ist, entsprechend der Eibildung, eine sehr verschiedene. So reichten dieselben an Individuen, deren Matri- calraum noch ohne Eier war, bis in das zweite Thorakalsegment. Die Membran, welche den sich nach hinten allmählich erweitern- den Oviduct begrenzt (Taf. VI, Fig. 18 Ovd), lässt an seiner Wandung deutliche, intensiv tingirte, abgeplattete Kerne erkennen. Das Innere des Oviducts ist jederseits mit reifenden Eiern gefüllt, die verschiedenen polygonalen oder auch mehr rundlichen Umriss zeigen, und.die im Inneren eingroßes, auf Längsschnitten kreisförmig begrenztes, 511 Durchmesser zeigendes Keimbläschen führen, welches von einer deutlichen Membran umgeben ist und im Inneren feine Granulation und in der Regel zwei scharf tingirte Kernkörperchen verschiedener Größe führt. Die Zellsubstanz der Eizellen erscheint grob granulär. Beide Oviducte begleiten nun, knapp der Darmwandung anliegend, den Darmkanal und münden jederseits unterhalb der blasenartigen Er- weiterung des Enddarmes unter Bildung einer Verjüngung in das Re- Das Genus Gastrodelphys. 127 ceptaculum ein. Eine Epithelzellenschicht, analog wie bei Gastrodel- phys Clausii, konnte ich aueh bei dieser Species an dem Übergange der Oviducte in das Receptaculum beobachten. Jedenfalls funktionirt auch dieses Epithel als eine schalenbereitende Drüse. Receptaculum seminis (Taf. VII, Fig. 21, 25 Rs). Dasselbe erscheint als ein unterhalb des Enddarmes liegender, an Querschnitten etwa dreiseitige Form zeigender Sack, der außen von einer deutlichen Membran, die gewissermaßen als eine Fortsetzung der Oviduetmembran erscheint, umgeben ist, und der nach innen eine aus fein granulirtem Protoplasma bestehende Lage, die zahlreiche ellip- soidische Kerne führt, folgt. Im Inneren des Receptaculum konnte an den Schnitten eine aus feinen Fäden bestehende verfilzte Masse (Spermatozoen?) wahrgenom- men werden. | Wie bei der früheren Species so mündet auch bei Gastrodelphys Myxicolae das Receptaculum durch zwei kurze Gänge (Taf. VII, Fig. 25 OeRs) in den Matricalraum. Die beiden in diesen letzteren führenden Gänge sind von einer Chitinmembran, die nur eine Fortsetzung der das Innere des Matricalraumes begrenzenden Lamelle (La) ist, ausgekleidet. An der Einmündungsstelle des Receptaculum in die Gänge befinden sich mehrere starke Muskelbündel (m), die zur Erweiterung der Öff- nung beim Durchtritte der reifen Eier in den Matricalraum dienen. Samenkanäle. Dieselben beginnen mit den beiden äußeren Geschlechtsöffnungen (Taf. VI, Fig. 10 © Gö) und münden getrennt in den Ventraltheil des Receptaculum ein. Dieselben sind in ihrem Anfangstheile mit einer chitinigen Intima (der Fortsetzung des äußeren Integumentes) ausge- kleidet, der nach außen eine zellige, mit deutlichen Kernen versehene Matrix folgt. Wie aus der voranstehenden Schilderung ersichtlich, müssen auch hier die reifen Eier, um befruchtet zu werden, das Receptaculum pas- siren, um von hier aus befruchtet in den Matricalraum zu gelangen und daselbst ihre Entwicklung bis zum Nauplius durchzumachen. Vergleichender Theil. Die weiblichen Geschlechtsorgane der Gastrodelphyiden lassen nur in. Bezug auf den Bau der Ovarien und die Bildung der Eizellen einen Vergleich mit denselben Organen bei den 128 Joseph Heinrich List, Notodelphyiden zu, während sie in Bezug auf die Endapparate der Ge- schlechtsorgane (Receptaculum, Samenkanäle) wesentliche Abweichun- gen von denselben zeigen. TuoreıL (30) unterschied bei den Notodelphyiden zwei Paar von Ovarien (wofür er auch die Oviducte ansah), an welche sich jederseits ein blasenförmiges Receptaculum schloss. Nur bei Doropygus pulex glaubte er deren zwei jederseits beobachtet zu haben. Auf der Unterseite des ersten Abdominalsegments befindet sich bei Doropygus etc. nach Tuoreıı eine Vertiefung, in die eine kurze schmale Röhre einmündet. Von dieser gehen zwei Gänge zu den Receptacula, und da dieselben mit den Ovarien in Verbindung stehen, so würden auf diesem Wege die Spermatozoen in die Receptacula bez. zu den Ovarien geleitet. DieEiernehmendannihren Wegzum Brut- raum durch die Receptacula. Craus (7) betrachtete bei Notodelphys ascidicola Ovarien und Oviducte zusammen als Ovarien, während er den Matricalraum als Uterus ansah. Nach Bucunoız (4) bestehen die weiblichen Geschlechtsorgane mit Ausnahme von Ascidicola, bei allen eigentlichen Notodelphyiden aus zwei Paaren von Ovarien, die jederseits neben dem Darmkanale als eylindrische Schläuche innerhalb des Thorax gelegen sind, wozu noch bei Doropygus, Botachus und Notodelphys zwei Paar blasenförmiger Receptacula! kommen sollen. Die beiden Ovarien bilden nach demselben Beobachter nur bei Notodelphys zwei am vorderen Ende völlig freie, neben einander an dem Seitenrande des Rückens verlaufende Schläuche, welche sich mit ihrem hinteren Ende an den Brutraum dicht anlegen, bei den übrigen Gattungen bilden sie vielmehr zwei über einander liegende Röhren, welche an der Grenze zwischen Kopf und Thorax schlingenförmig in einander übergehen. »Der Zusammenhang zwischen beiden Röhren scheint mir ein der- artiger zu sein, dass es wohl kaum gerechtfertigt erscheint, denselben als eine Verwachsung zweier selbständiger Ovarien anzusehen, sondern anstatt vier bei denselben vielmehr jederseits nur ein einfaches Ovarium anzunehmen sein dürfte, welches aus zwei, vorn in einander übergehenden Schenkeln besteht. Nur bei Goniodelphys erscheint die Bildung dieser Organe noch einfacher, indem hier jederseits nur ein einfacher Ovarialschlauch vorhanden ist, welcher keinen AurELES laufenden Schenkel bildet. | ! Ein Befund, den Buc#norz wohl Tnorzur's Angabe (30), wonach bei Doropy- gus pulex zwei Paar Receptacula vorkommen sollten, entnahm. 2 Das Genus Gastrodelphys. 129 Ein besonderer, neben diesen Ovarialschläuchen vorhandener Keimstock, welcher als ein unpaares Organ bei allen freilebenden Cope- poden vorhanden ist, ist bei den Notodelphyiden nicht vorhanden und scheint mir auch aus dem inneren Bau der Eiröhren hervorzugehen, dass dieselben als die eigentlichen Bildungsstätten der Eier, und keines- wegs als bloße Eileiter fungiren. « Erst Kerschner (19) gelang es, über diese Verhältnisse bei den Notodelphyiden ins Klare zu kommen. Der Eierstock besteht nach diesem Beobachter als unpaares, im ersten Brustringe gelegenes Organ, das nach unten zu in zwei Hörner ausgezogen ist. Seine Produkte, die Eierfäden, gelangen in dieOvi- ducte, die auf eine kurze Strecke im Gephalothorax ungetheilt ver- laufen, sich jedoch schon innerhalb desselben spalten und einen seitlichen, tiefer gelegenen, Fortsätze in die drei ersten Brustringe aus- sendenden und bei starker Füllung im vorletzten Brustringe noch nach aufwärts gebogenen Hauptast, und einen mehr nach innen und oben gelegenen Blindsack bilden, der, am Ende stark erweitert, im aus- gebauchten vierten Brustringe schließt. Vom Porus genitalis, der an der Unterseite des ersten Abdomi- nalringes liegt, geht die bereits von Tnoreır richtig erkannte Röhre ak, die sich in die beiden, zu den Samenbehältern, von denen jederseits einer vorhanden ist, führenden Kanäle (Canaliculi seminales, TuorELL) theilt. Schon Kerscuner beobachtete an lebenden Thieren um die Samen- kanäle eine, nach Tinktion als einschichtiges, aus kubischen Zellen be- stehendes, Epithel sich erweisende Zellenlage. Die Oviducte öffnen sich jederseits in den Matricalraum und sind daselbst von einem Chitinringe gestützt und mit einer Genitalklappe versehen. Vom Samenbehälter führt jederseits ein kurzer Kanal zu dieser Öffnung. Ein Durchgang der Eier durch den Samenbehälter, wie ihn Tnoreın annahm, ist nun nach Kerscaner nicht noth- wendig, um die Befruchtung zu erklären. Dieselbe findet erst beim Austritt aus dem mütterlichen Körper, wie auch bei den freilebenden Copepoden, statt. Heiper (18) beschreibt bei Lernanthropus paarige Ovarien, die im vordersten Theile des freien Bruststücks (also im zweiten Brustsegment) über dem Darm liegen. Die Ovarien sind von einer deutlichen Membran umgeben und biegen dann nach rückwärts um, um in die Eileiter überzugehen. Bei Lernanthropus ist nur eine einzige Samenblase vorhanden, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 9 130 : .. Joseph Heinrich List, wie sie auch WierzeJsk1 (33) für Lichomolgus sepicola und Derra Varıe (31) für Lichomolgus Sarsii angiebt. Eine ausführliche Schilderung des Geschleehtsapparates bei Noto- delphyiden (Doropygus) giebt W. Gisssrecut (15). Nach diesem Forscher besitzen alle Weibchen des Genus Doropygus in ihrem Vorderkörper zwei U-förmige, scharf umgebogene Schläuche, die mit der Biegung nach vorn sehen, und die an diesem vorderen Ende, das im ersten Brustringe liegt, durch eineunpaare Querbrücke verbunden sind. Jeder der beiden U-förmigen Schläuche hat einen blind endigenden Schenkel, der mehr dorsal und medial liegt und einen offenen, in die Matrical- höhle ausmündenden, der mehr ventral und lateral gelegen ist. Was ihren Bau betrifft, so bestehen diese Schläuche aus einer strukturlosen Tunica propria, die innen vollständig mit einem einfachen Epithel be- deckt ist, dessen Zellen dicht bei einander liegen und etwa so hoch wie breit sind. Nach der Bildung der Eizellen, die periodisch vor sich geht, kann man nun nach GiESBRECHT zu gleicher Zeit nicht von einem Ovarium und Oviduct sprechen, sondern die beschriebenen Schläuche fungiren in ihrem ganzen Verlaufe als Ovarien, später aber, nach Ablösung der Keimepithelzellen übernehmen dieselben, ebenfalls in ihrem ganzen Verlaufe, die Funktion der Oviducte. Nach Grarrre (16) liegen die Ovarien beim © von \ Gastrodelphys Clausii zu beiden Seiten des Magens in den Thorakalsegmenten, bis in alle lJappenförmigen Ausbuchtungen derselben sich erstreckend. Von dem Segment, welches das zweite Fußpaar trägt, erstreckt sich beider- seits das Ovarium bis in das Segment, welches in den Matricalraum führt, und zwar in der Mittellinie tiefer herabsteigend. In reifen Weibchen erkennt man die reihenweise im Ovarium angeordneten Eier. Wie die Eier aus dem Ovarium in den angrenzenden Brutraum treten, gelang GRAEFFE Dicht ausfindig zu machen. Aus dieser Beschreibung ist zu entnehmen, dass en das eigent- liche Ovarium gar nicht gesehen, sondern nur die mit reifen Eiern ge- füllten Oviducte für dieselben gehalten hat. Eben so beobachtete GRAEFFE bereits diebeiden äußeren Geschlechtsöffnungen und die beiden Samen- kanäle, die er für Samenblasen anspricht. Bildung der Eizellen. Die Bildung der Eizellen bei den Gastrodelphyiden glaube ich hier besonders erörtern zu sollen, weil, wie unten ausführlich angegeben werden soll, die Entstehung derselben bei den verschiedenen parasi- tischen Copepoden auf sehr verschiedene Weise vor sich geht. Das Genus Gastrodelphys. 131 Wie Schnitte durch gut konservirte Thiere lehren (Taf. VII, Fig. 22 Ov,), bilden sich die Eizellen aus den im inneren Schenkel des Ovarium vorfindlichen Zellen, und zwar sind es stets die vorderen Par- tien desselben, in denen stets zahlreiche Mitosen vorgefunden werden können, während der hintere Theil des Schenkels gewissermaßen ein latentes Keimlager darstellt. Auf diese Weise können zu jeder Zeit und ununterbrochen Eizellen gebildet werden. Dass dies that- sächlieh stattfindet, kann man an zu verschiedenen Zeiten gefundenen Thieren beobachten, in denen die Oviducte die verschiedensten Di- mensionen annehmen können. Die Eizellen, die sich durch den im vorderen Schenkel des Ova- rium eintretenden Theilungsprocess gebildet haben, häufen sich an dem Übergange des inneren in den äußeren Schenkel und noch eine kurze Strecke in diesem letzteren an und nehmen gegen den Oviduct hin all- mählich an Größe zu. Im Oviduct ordnen sich die Eizellen reihen- weise und nehmen daselbst auch, wahrscheinlich in Folge von Diffusion durch die Oviduetmembran, die die Oviducte und die Ovarien rings umgebenden Dottermassen auf!. Ganz eigenthümlich ist das besonders an Längsschnitten (Taf. VI, Fig. 18) zu bemerkende, fast unvermittelte Übergehen der neu gebil- deten Eizellen (Ov,) und der im Oviducte vorfindlichen reifenden Eier. Die im Anfangstheile des äußeren Schenkels befindlichen Zellen zeigen dunkle Zell- und Kernfärbung, während die reifen Eizellen durch die geringe Aufnahme des Tinktionsmittels einen merkwürdigen Kontrast zu jenen bilden. Die reifen Eier wandern nun, nachdem sie sich aus dem Verbande mit den übrigen gelöst haben, wie bereits erwähnt, in das Recepta- culum, und werden dort nach der Befruchtung in den Matricalraum entleert. Hierselbst machen dieselben ihre Entwicklung bis zum Naupliusstadium durch, eine Erscheinung, die bereits Kerschxer (19) und Gisspreeut (15) bei Notodelphyiden und Grarrrz (16) bei Gastro- ! An den von mir in Schnittserien zerlegten Exemplaren von Gastrodelphys Myxicolae konnte ich keine solche, aus Dotterzellen sich zusammensetzende Dotter- masse, wie bei Gastrod, Cl. beobachten. Jedenfalls geht dieBildung dieser Dottermassen erst in späteren Entwicklungsstadien — und dann vielleicht periodisch — vor sich, wie ich auch an jugendlichen Individuen von Gastrodelphys Clausii, deren Matricalraum noch keine Eier führte, Dotter- massen nicht bemerken konnte, Leider standen mir, um diese interessante Frage zu entscheiden, ältere Exemplare von Gastrodelphys Myxicolae nicht zur Verfügung. 2 Selbstverständlich sind es immer die endständigen Eier, die zuerst in das Receptaculum gelangen. | | 9%* 132 Joseph Heinrich List, delphys Clausii beobachteten, um dann mit der Eihülle durch die Matricalöffnung nach außen zu gelangen. Die ins Freie gelangten Embryonen (Taf. VI, Fig. 12), die oaide, nach hinten etwas zugespitzte Form zeigten, hatten hell violette Farbe und ließen im Inneren noch eine Reihe größerer und kleinerer Fett- oder Dottertröpfehen (Dot) erkennen. Während das vordere Ruderfußpaar derselben eingliedrig er- scheint, sind die beiden hinteren zweigliedrig, und ist das Endglied sowohl am zweiten als auch am dritten Ruderfußpaare zweiästig. Die vorderen Ruderfüße tragen am Ende je zwei Borsten, eine größere und eine kleinere. Die zweigliedrigen Äste der beiden hinteren Gliedmaßen sind ebenfalls je mit zwei solchen Borsten besetzt. Als Auge erscheint der bekannte, aus rothbraunen großen Pig- mentkörnchen bestehende x-förmige Pigmentfleck zwischen dem vor- deren Ruderfußpaare. Interessant ist der Vorgang des Ausstoßens der Embryonen aus dem Matricalraum, den ich an lebenden Weibchen beobachten konnte. Die Embryonen, die im Matricalraum bereits lebhafte Bewegungen zeigen, werden nun durch die Bewegungen des Weibchens, die jeden- falls eine Verkleinerung des Lumens des Brutraumes zur Folge haben, bei der unter dem Abdomen befindlichen Öffnung hinausgedrängt und verlassen, indem sie während des Hinausgehens durch die Öffnung alle möglichen Formen annehmen, den Brutraum. Dies Hinausbefördern der Embryonen gleicht förmlich einem Hinauspressen derselben. Das Abdomen schlägt das Weibchen während des Hinausbeförderns der Embryonen, die der Reihe nach den Matricalraum verlassen, leb- haft in die Höhe, und die Bewegungen desselben unterstützen jeden- falls auch das Hinausdrängen der Brut. Vergleichender Theil. Die Bildung der Eizellen geht bei der den Gastrodelphyiden am nächsten verwandten Gruppe, den Notodelphyiden, in sehr u. von den ersteren abweichender Weise vor sich. Während Tnorsız (30) sich über die Eizellenbildung nicht näher ausspricht, fand Bucnnozz (4) bei Doropygus gibber in den mittleren und oberen Abschnitten des Ovarium Eier von verschiedener Entwicklung, welche an der zarten Wandung des Ovarialrohres befestigt!, mehr oder weniger starke Ausbuchtungen desselben verursachten. Diese Eier waren bereits von einem körnigen Dotter umgeben und lagen nicht i BucHHoLz sah hier jedenfalls die verschieden reifen Eier im Oviducte. Das Genus Gastrodelphys. 133 dieht gedrängt, sondern ließen verschieden große Zwischenräume zwischen sich irei, in welchen zarte Zellen an den Wandungen des Schlauches befindlich waren, welche die eigentlichen. Keimzellen dar- stellten. Eine Sonderung des Ovarium in einen keimbereitenden und dotterbildenden Abschnitt fand Bucsnorz nicht, sondern die Keimzellen entstehen gleichmäßig durch das ganze Ovarium zwischen den Eiern. Nur bei Goniodelphys schien ihm die Keimzellenbildung auf den vor- dersten Abschnitt des Ovarialschlauches beschränkt zu sein, indem bier die hinteren, an den Uterus (Matricalraum) angrenzenden Partien des- selben dichtgedrängte, große Eier enthielten, welche schon ganz die Entwicklung der im Uterus befindlichen besaßen, während sie nach vorn zu an Größe abnahmen. Nach Kerscaner (19) schnüren sich bei Notodelphyiden von dem Ovarıum Eierfäden ab, welche dann in die Oviducte gelangen. In diesen letzteren befinden sich außer nahezu reifen Eiern, Schnüre oder Fäden anderer Eier verschiedener Größen, von denen ein in der Mitte gelegenes die übrigen an Größe bedeutend übertrifft, neben nahezu reifen Eiern, auch wenn für die nächste Zeit eine Eiab- lage bevorsteht. | Das sich rascher entwickelnde Ei dürfte nach Erlangung der nöthigen Größe abgestoßen werden; welches Loos die anderen Eier des Fadens erfahren, konnte Krrschner nicht ermitteln. GIESBRECHT (15), der sich eingehend mit der Eibildung bei Noto- delphyiden beschäftigte, sah schon bei älteren Thieren (Notopteropho- rus) des vorletzten Entwicklungsstadiums! an den Ovarialschläuchen Veränderungen auftreten. Erstens wächst der Querdurehmesser der paarigen Theile, und zweitens fängt das Epithel an, sich von der Wan- dung der Schläuche zu lösen. Dieser Process beginnt an dem vorderen Ende, in der unpaarigen Brücke und den benachbarten paarigen Stücken und schreitet nach hinten zu allmählich fort, so dass man an Schnitt- serien die vorderen Schlauchstücke bereits mit den abgelösten Zellen erfüllt findet, während die hinteren noch leer und mit dem Epithel be- kleidet sind. Dazwischen giebt es dann eine Strecke, wo die abgelösten Eizellen der vorderen Theile in das, von noch festhaftenden Epithel- zellen umgebene Lumen der hinteren Theile hineinragen, und an Quer- schnitten durch solehe Stücke kann man sich leicht von der Identität der noch anhaftenden Epithel- und der schon abgelösten Eizellen über- zeugen. Die Epithelzellen lösen sich nicht einzeln, sondern in Längs- reihen los, wodurch die Anordnung in Schnüren entsteht. ! Im Stadium vor der letzten Häutung. 134 Joseph Heinrich List, Nach dem Processe der Ablösung der Keimzellen, die nicht etwa von der Begattung eingeleitet, sondern schon vor der letzten Häutung des Weibchens beginnt, findet man nach GissBrkecht von dem Keim- epithel nichts mehr auf der Wandung der Schläuche. Die Schlauch- wand lässt nunmehr keine Zellgrenzen erkennen. Dieselbe besteht aus einer äußeren strukturlosen Tunica propria, die innen von einer Proto- plasmaschicht bedeckt ist. Diese Schicht schwillt an manchen Stellen an und führt in diesen Anschwellungen Kerne. Nach Ablösung des Keimepithels liegen die Kerne einzeln in geringer Entfernung neben einander; bald aber, wenn der Schlauch sich dehnt, treten statt der ein- zelnen Kerne Kerngruppen von zwei bis sechs Kernen auf, die immer weiter aus einander rücken, je mehr der Schlauch anschwillt. Diese Kerne und die Protoplasmaschicht, die in allen Punkten des Ovarial- schlauches zu finden ist, sind nach Gissprecht schon vielleicht vor Abstoßung des Keimepithels vorhanden. Der Inhalt ‘der Ovarialschläuche besteht nun überall aus den ab- gestoßenen Eizellen, die sämmtlich in Form von Schnüren an einander sereiht sind. Die Eizellen in den Schnüren sind gegen einander abge- flacht. Die Eizellen selbst besitzen daselbst keine Membran. Kurze Zeit nach der Ablösung der Eierschnüre sind dieselben überall fast gleich dick; bald aber beginnen einzelne Eizellen stärker zu wachsen. Dabei nimmt nur der Zellenleib, nicht das Keimbläschen, an Größe zu. Andere nehmen fettartige Tröpfchen auf, die verschiedene Färbung besitzen. Diese Tröpfehen existiren nach GIESBRECHT nicht etwa bereits außerhalb der Eizellen, sondern dieselben müssen im gelösten Zustande in die Ovarialschläuche gelangen. | Durch Aufnahme dieser Dotterkörnchen wachsen die Eizellen rasch und können die Wand der Ovarialschläuche bis auf das Zehnfache ihres ursprünglichen Durchmessers ausdehnen. .Wenn diese Eizellen ihre endgültige Größe erreicht, wandern sie in den Matricalraum. Nach dem Austritt der Eier aus dem nun in Folge dessen collabir- ten Ovarialschlauch, besteht der Inhalt desselben aus den zurückge- bliebenen Eierschnüren. Nirgends findet sich etwa ein koncentrirtes protoplasmatisches Keimlager. | Wenn man aber — nach GiEsßrecht — an gefärbten Thieren den Ovarialschlauch unmittelbar nach einer - Eilegung herauspräparirt, so bemerkt man hier und da tief tingirte Flecke, und man sieht ferner, dass die Windungen der Eierschnüre in der.Umgebung dieser Flecke immer zahlreicher, die Eierschnüre dünner und die Eizellen immer kleiner werden, bis sie sich im Centrum der Flecke verlieren. Diese Das Genus Gastrodelphys. 135 Flecke sind Knäuel von bald kugeliger bald mehr unregelmäßiger Form, in welche ein Stück der Eierschnur hineingeht und aus der ein ande- res austritt. Der ganze Knäuel besteht ebenfalls aus Bischeis, did nach der Mitte zu sehr klein werden, und die ebenfalls in Schnuren angeordnet za sein scheinen. | | si Diese Knäuel hält nun Gisssrecut für die Keimherde, d.h. für die Centren der nachträglichen permanenten Eizellenbildung. Wenn gleich die erwähnten Schilderungen der Bildung der Eizellen bei den Notodelphyiden so sehr von derjenigen bei den Gastrodelphy- iden abweichen, so wurden doch auch Beobachtungen an parasitischen Copepoden — die zwar den Gastrodelphyiden nicht sehr nahe stehen — gemacht, die an die Eizellenbildung bei den letzteren erinnern. So besteht nach En. van Benepen (2)! der Geschlechtsapparat von Chondracanthus cornutus aus einem an seinem inneren, kolbig erwei- terten Ende geschlossenen Schlauch, an welchem seitliche Ausbuch- tungen ansitzen, welche im geschlechtsreifen Thier eine bedeutende Entwicklung erreichen. In dem blinden Ende des Schlauches liegt ein fein granulirtes, helles Protoplasma, in welches Kerne mit Kern- körperchen eingebettet sind. Diese Kerne werden zudem Keim- bläsehen der jungen Eier, indem sich rings um sie ein Theil der gemeinschaftlichen Protoplasmamasse zu einem besonderen Zellkörper abgrenzt. Diese jungen Eichen rücken im Genitalschlauche immer weiter vor und werden durch die in ihnen auftretenden Dotterelemente immer dunkler und undurchsichtiger. Wenn nun van BENEDEN die seitlichen Blindschläuche, deren Bier mit zahlreichen Dotterkügelchen versehen sind, im Gegensatze zum hlindgeschlossenen Ende, dem Ovarium, Dotterstock nennt, so ist dies eine Willkür, die schon Lupwıc (25) mit Recht zurückgewiesen hat. Aber auch Lupwie’s Deutung, wonach die vermeintlichen Dotterstöcke VAN BENEDEN’S »Keimstöcke« seien, scheint mir eine irrthümliche zu sein, denn diese Blindschläuche führen reifende Eier und fungiren als Ovi- ducte — Befunde, wie man sie auch bei den Gastrodelphyiden an- treffen kann. Matricalraum. Während der Matricalraum, wenn er mit Eiern gefüllt ist, eine ganz bedeutende Größe einnimmt, erscheint derselbe an Thieren, in welchen er noch frei von Eiern ist, an Längsschnitten als ein etwa drei- 1 Man vgl. auch Lupwie (25) p. 425. 136 Joseph Heinrich List, eckig begrenzter Raum, der auf Querschnitten (Taf. VII, Fig. 21 M) ovalförmigen Umriss zeigt. Der Matricalraum ist im Inneren von der auch den Hintertheil des letzten Thorakalsegmentes und des Abdomens begrenzenden Chitin- lamelle (La) ausgekleidet, welche in einem bestimmten Abstande vom äußeren Chitinpanzer, der daselbst bedeutend verdickt ist und nach innen zahlreiche Vorsprünge bildet, verläuft und mit diesen letz- teren durch zahlreiche Lamellen (Stützfasern), welche eine Art von wabigen Räumen zwischen innerer Lamelle und äußerem Chitinpanzer bilden, verbunden ist (Taf. VII, Fig. 21). Diese wabigen Räume, die mehr abgerundete Form und sehr ver- schiedene Größe zeigen, sind im Inneren ausgekleidet von einer proto- plasmatischen Lage, die zahlreiche Kerne führt, und die wohl als die Matrix der inneren Lamelle und des äußeren Chitinpanzers erscheint. Die innere Lamelle des Matricalraumes bildet in jugendlichen Individuen zahlreiche gegen das Lumen vorspringende Falten, die bei der Vergrößerung des Raumes nach Ablage der befruchteten Eier in denselben jedenfalls verschwinden. Die Ausmündung des Matricalraumes nach außen stellt einen kur- zen Gang dar (Taf. VII, Fig. 25 Moe), der durch Muskelbündel (m;), die sich an der Hinterwand dieses Ganges fixiren, erweitert werden kann. Zwischen äußerem Chitinintegument und davon abstehender innerer Lamelle konnte ich in der Wandung des Matricalraumes, unter- halb der Ausmündung desselben nach außen, mehrere größere, sich intensiver tingirende, rundliche Zellen (Z) beobachten, die vielleicht als einzellige Drüsen fungiren. Vergleichender Theil. Als Hauptmerkmal der Gastrodelphy- iden wird man künftighin eben so wie bei den Notodelphyiden den Brutraum [Matricalhöhle Taoreıı (30)] ansehen müssen. Derselbe ist bei den Gastrodelphyiden nur eine Duplikatur des letzten Thorakalsegmentes und wie bei den Notodelphyiden außer Kon- takt mit der Leibeshöhle. Während aber bei diesen letzteren die Duplikatur von sehr verschiedenen Thorakalsegmenten (vierten bez. fünften und zweiten) ausgehen kann, entspringt dieselbe bei den Gastrodelphyiden konstant vom vierten Brustsegmente. Dass der Brutraum nicht der Leibeshöhle angehört, sondern als eine außerhalb derselben entwickelte, durch Duplikaturenbildung der Körperwand entstandene Kavität zu deuten ist, diese Ansicht wurde erst verhältnismäßig spät begründet. Abgesehen von Arınann (1), dem ersten Beobachter eines Brut- Das Genus Gastrodelphys. 437 raumes bei Notodelphyiden, dessen Angabe wohl zu allgemein gehalten ist, war es besonders Tnorzıı (30), der verdiente Notodelphyidenfor- scher, der dem Brutraume (oder Matricalhöhle, wie er denselben nannte) größere Aufmerksamkeit zuwendete. TuorerL bezeichnete die Matriealkavität als eine Duplikatur derKörperbedeckung, welche inwendig mit einer Haut (derinneren Lamelle) bekleidet ist und nach hinten in die cehitinöse Membran übergeht!. Während so THorELL eine vollständig richtige Auffassung des Brut- raumes besaß, kann man dies von anderen Beobachtern der Notodel- phyiden nicht behaupten. So kam Craus (7) bei Notodelphys ascidicola über den Matricalraum nicht ins Klare, indem er sagt: »Die Ovarien erweitern sich in dem letzten Thorakalschnitt zu einem Sacke, dessen Form genau der Auftreibung des Thorax entspricht. « Auch in einer späteren Arbeit (10) spricht sich derselbe Forscher über den Brutraum nicht deutlich aus, indem er denselben als eine »unförmige Auftreibung gewisser mit Zeugungsstoffen gefüllter Körper- partien« bezeichnet. An einem anderen Orte (9) erwähnt Craus bei den Notodelphyiden eine Erweiterung der hinteren Thorakalsegmente zu einem umfangreichen Brutraum. In seiner späteren Arbeit (11) scheint Cıaus der richtigen Deutung des Matricalraumes näher gekommen zu sein, denn er spricht (bei Asci- dicola) von einer Auflösung derMatricalduplikatur des fünf- ten Brustsegmentes in zwei Blätter. Auch Bucanoız (4), dem wir eine Reihe von Beobachtungen über Notodelphyiden verdanken, dachte sich den Brutraum innerhalb der Leibeshöhle gelegen, indem er von einer Umbildung der letzten Thorakalsegmente zu einem vergrößerten Theile, dem sog. Matrical- theile Tuoreır’s, spricht. Der innere Brutraum ist nach BucHnoLz von einer sehr zarten Uterusmembran begrenzt. | Während so die schon vor einer Reihe von Jahren aufgestellte richtige Ansicht Tuorerr’s vollkommen verkannt wurde, verschafften derselben die Untersuchungen Bravy's (3), dann besonders KERSCHNER’S (49) und Gissprecar's (15) Anerkennung. Nach Kerschner (l. c.) entspringt die Brutraumduplikatur bei den Notodelphyiden von verschiedenen Segmenten. Bei der ersten Gruppe (Notodelphys, ete.) entspringt dieselbe vom vierten Thorakalsegmente, während sie bei Gunentophorus und Paryphes vom zweiten Segmente ihren Ursprung nimmt. Über den feineren Bau des Matricalraumes erfahren wir auch bei 1 Vgl. auch GIEsRRECHT (45) p, 343, Anm. 4. 138 Joseph Heinrich List, KERSCHNER nichts, während Giessrecur (15) die interessante Angabe macht, dass die innere Lamelle der dorsalen Wand des Brutraumes bei Noto- _ pterophorus aus einer besonders dicken Ghitinmembran besteht. Derselbe Forscher macht schließlich auf die Faltung der inneren Lamelle der Brutraum-Duplikatur in der Nähe ihres Ansatzes aufmerk- sam; Gisssrecht glaubt, dass dieselbe dazu dient, die spätere in Ausdehnung des Brutraumes zu ermöglichen. Dieser Ansicht kann ich nur beipflichten. An Schnitten durch junge © von Gastrodelphys My Ziaokek (Taf. VI, Fig. 18), in welchen der Matricalraum noch keine Eier führt, kann man nicht allein eine bedeutende Faltung der inneren Lamelle (Za) beob- achten, sondern auch der äußere Chitinpanzer lässt eine solche erkennen. An Thieren aber, in welchen der Matricalraum mit Embryonen angefüllt war, konnte man die innere Lamelle ohne Faltenbildung und nahe dem Panzer liegend, beobachten (vgl. Taf. V, Fig. 20, 24). Der letzte Beobachter GrarrFrE (16) ist sich über den Matricalraum bei Gastrodelphys Clausii nicht klar geworden. Abgesehen davon, dass derselbe irrthümlicherweise das letzte Thorakalsegment als ein wahr- scheinlich aus der Verschmelzung zweier Segmente hervorgegangenes Genitalsegment betrachtet, scheint er den Matricalraum als der Leibeshöhle angehörend anzusehen, indem er erwähnt, dass die weite innere Höhlung (wohl jedenfalls des Genitalsegmentes) zu einem Brut=- raum umgeschaffen sei. Theoretische Betrachtungen. Über die Stellung des Genus Gastrodelphys im Systeme. GRAEFFE (16) stellt Gastrodelphys Clausii trotz der saugenden Mund- theile nur des Brutraumes und der paarigen Geschlechtsorgane halber zu den Notodelphyiden. | Dieser Ansicht kann ich mich durchaus nicht anschließen. Ich be- trachte mit Craus (11) im Gegensatze zu Kossmann (20, 21) gerade die Bildung der Mundwerkzeuge als treffliches Merkmal, natürliche Grup- pen unter den parasitischen Copepoden zu bilden, wie der Versuch von Craus zur Genüge gelehrt. Wenn wir nun die Mundtheile der Gastrodelphyiden betrachten, den kurzen, konischen, aus Ober- und Unterlippe gebildeten Saug- rüssel, die chen: mit Zähnen versehenen Mandibeln und die bei=- den Maxillipeds, so wird man nicht umhin können, dieselben zu den Siphonostomen zu stellen, um so mehr, wenn wir dann noch die Ge- schlechtsorgane (paarige Ovarien und unpaares Receptaculum seminis) Das Genus Gastrodelphys. 139 mit in Betracht ziehen, die auffallende Analogien mit verschiedenen Siphonostomen (Chondracanthus, Lernanthropus) darbieten. Durch die Ausbildung eines Matricalraumes schließen sich die Gastrodelphyiden an die Notodelphyiden an. Ich betrachte aber die weiteren Eigenthümlichkeiten derselben (Stirnfortsatz, Saugnapf der hinteren Antennen, Bauchwirbelkörper) für charakteristisch genug, um für dieselben eine eigene Familie zu schaffen, die, als erste der Siphonostomen, den Übergang dermitbeißenden Mundthei- len versehenen Notodelphyiden zu den Siphonostomen vermittelt. Die Genusdiagnose würde sich folgendermaßen stellen lassen. Siphonostomata. Fam. Gastrodelphyidae. Genus Gästrodelphys. Parasitische, auf den Kiemenfäden von Röhrenwürmern schma- rotzende Siphonostomen, mit kurzem konischen Saugrüssel, mit Zähnen versehenen, Stechborsten ähnlichem Mandibelpaar, fehlenden Maxil- len und zwei Paar Maxillipeds. Stirnfortsatz und zwei Antennenpaare, wovon die vorderen fünfgliedrig, die hinteren mit drei Klammerhaken und einem gestielten Saugnapfe am Endgliede versehen sind. Median- auge vorhanden. Vier, mit rudimentären Ruderfüßen versehene Thora- kalsegmente und mit Zähnen versehenen Bauchwirbelkörper am ersten Thorakalsegmente. Der Matricalraum stellt eine Duplikatur des vierten Thorakalseg- mentes dar. Kurzes, mit Furca endendes Abdomen. Speciesdiagnose. Gastrodelphys Clausii Graeffe. Mit den (Charakteren des Genus... Stirnfortsatz gabelig endend, mit verschiedenen Zähnen bewaffnet, Ruderfüße des ersten und zweiten Thorakalsegmentes zw eiästig. Matricalraum hinten abgestutzt, zugerundet, Abdomen dreiglied- rig. Lebt auf den Kiemenfäden der Sabella volutacornis Montagu. Gastrodelphys Myxieolaen.sp. Mit den Charakteren des Genus.. Stirnfortsatz einfach gabeligendend, Ruderfüße einästig. Matricalraum mit kurzer abgestumpfter Spitze endend, Abdomen eıngliedrig. Lebt auf den Kiemenfäden von Myxicola infundibulum Grube. Graz, im Juni 4889. 140 ) Joseph Heinrich List, Benutzte Litteratur. . GEORGE J. ALLman, Description of the new genus and species of Entomostraca. 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Allgemein gültige Bezeichnungen, A, Afteröffnung; Bw, Bauchwirbelkörper ; A,, erste Antenne; Bz, Bindesubstanzzellen; i Asa, zweite Antenne; C, Coxalglied der ersten Antenne; Abd, Abdomen; Chg, Chitingerüst des Schlundes; An, Antennennerv; Co, Copulationsorgan des Männchens von Au, Auge; Gastrodelphys Clausii Graeffe ; B, Chitinfasergewebsbalken; ° Cs, Canaliculi seminales; Bnst, Bauchnervenstrang; D, Darmkanal ; 142 Dm, Dorsalmuskulatur; Do, Dotter; Dot, Dottertröpfchen ; Dr, Drüsen; Eb, Embryonen; Ed, Enddarm ; Ei, Eier; Gö, weibliche Geschlechtsöffnung; H, höckerartige Bildung des Integumen- tes auf der Ventralseite; 1, chitinige Intima; | K, kammförmige Bildung am dritten und vierten Gliede der zweiten Antenne; Kf, Klammerfuß des Männchens; L, Linse; La, inneres Blatt des Matricalraumes; M, Matricalraum (Brutraum);. m, Muskeln; Md, Mittel(Magen-) darm; Mdb, Mandibel; Mfı, erster Maxillarfuß ; Mfa, zweiter Maxillarfuß; Moe, Öffnung des Matricalraumes nach außen ; N, Nervensystem; n, Nucleus; n', Nucleolus; Josepb Heinrich List, Obg, Oberschlundganglion ; Oe, Öffnung im dritten und vierten An- tennengliede ; Oes, Ösophagus; Oe0Od, Öffnungen der Oviductein das Re- ceptaculum seminis ; OeRs, Öffnungen des Receptaculum semi- nis in den Matricalraum; Ol, Oberlippe; . Ov, Ovarium; Ovd, Oviduct; TE a Ra,\ erster, zweiter, dritter, vierter Ru- R;,| derfuß; Ra, rb, Ramus buccalis des Unterschlund- . ganglions; Rs, Receptaculum seminis; S, Saugnapf der zweiten Antenne; Schl, Schlund ; Sst, Saugnapfstiel; Stf, Stirnfortsatz (Rostrum) ; Tp, Tunica propria des Darmes; Ul, Unterlippe; ‚Utg, Unterschlundeanchons Ym, Ventralmuskulatur. Tafel IV, Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Gastrodelphys Clausii Graeffe, und wur- den alle Abbildungen nach mit Osmiumsäure behandelten Objekten gezeichnet. Big, 4, sin. Fig. 3. Gastrodelphys Clausii ©, von der Ventralseite, roth. 64/1. Gastrodelphys Clausii Graeffe Q. Natürliche Größe. Fig. 2. Gastrodelphys Clausii @, von der Dorsalseite. Dorsalmuskulatur roth. Ventralmuskulatur - Fig. 4. Vordertheil eines unregelmäßig gebauten @ von Gastrodelphys Clausii von der Ventralseite. 64/1. Fig. 5. Stirnfortsatz (Rostrum) von der Ventralseite. 200/14. Fig. 6. Rechte erste Antenne von außen. C, Coxalglied; m, Muskeln derselben. 200/. Fig. 7. Rechte zweite (hintere) Antenne von innen; bezüglich der Zeichen x, **, *** vergleiche man den Text. K, kammförmige Bildung am dritten und vierten An- tennengliede; .Oe, Öffnungen an diesen Gliedern;; Sst, Saugnapfstiel, 200/1. Fig. 8. Endtheil der zweiten Antenne. 600/41. a, 8, y, Chitinstücke des Endgliedes. Fig. 9. Saugnapf mit Stiel isolirt. 600/4. Fig. 10. Endtheil einer zweiten Antenne in der Profilansicht. 200/4. Das Genus Gastrodelphys. 143 Fig. 44. Chitinrahmen zur Aufnahme des Knies des zweiten Antennenpaares. Der darüber hinwegstehende Stirnfortsatz ist punktirt gezeichnet. 200/14. Fig. 42. Bauchwirbelkörper. a, Leiste; R,, rechter, erster Ruderfuß. Auf der linken Seite ist nur das Basalglied des linken, ersten Ruderfußes gezeichnet. 200/1. Fig. 43. Ruderfuß des dritten Thorakalsegmentes. 600/4. Fig. 44. Ruderfuß des vierten Thorakalsegmentes. 600/4. Fig. 45a, b, c, d. Einzellige Drüsen der Hypodermis. n, Nucleus, n’, Nucleo- lus. Aus einem Längsschnitte. 600/4, Fig, 46. Mundtheile. DB}, (punktirt) Chitinplatte des ersten Maxillarfußes Mfı, Ba, Chitinplatte des zweiten Maxillarfußes Mfa (auf der rechten Seite sind . dieselben nicht gezeichnet); Chg, Chitingerüst des Schlundes; Mdb, Mandibel ; m, Muskeln der Unterlippe Ul; Ol, Oberlippe; «, seitliche Ursprungsstelle der Ober- lippe. 200/A. Fig. 47. .Isolirte Mandibel. 600/1. Fig. 48. Aus einem Längsschnitte. a, Integument (Chitinpanzer) ; db, Chitin- fasergewebsschicht; c, Matrix des Panzers; n, Nucleus in derselben. 600/1. Tafel V. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Gastrodelphys Clausii Graeffe, und wur- den alle Abbildungen nach in Osmiumsäure gehärteten Objekten gezeichnet. Fig. 49. Aus einem Längsschnitte; Tinktion mit Pikrokarmin. Au, Auge; I, chi- tinige Intima des Schlundes, Ösophagus und Anfangstheil des Mitteldarmes ; m; bis mg, Muskeln zur Erweiterung des Schlundes bez. des Ösophagus (vgl. Text); Md, An- fangstheil des Mitteldarmes; n, Nuclei der Ganglienzellen ; Obg, Oberschlundgan- glion; Oes, Ösophagus;; Ol, Oberlippe ; Ul, Unterlippe ; Utg, Unterschlundganglion. 350/1. | Fig. 20. Medianer Längsschnitt durch ein @. Zum Theil kombinirt.. Der Chi- tinpanzer ist, wie in allen folgenden Figuren, gelb gezeichnet. Add, Abdomen; Do, Dotter; Dr, Drüsen; H, höckerartiger Vorsprung des ventralen. Panzers; Eb, Schnitte durch Embryonen; Ed, Enddarm; Md, Mitteldarm; Moe, Öffnung des Matricalraumes nach außen; Obg, Oberschlundganglion; Rs, Receptaculum semi- nis; Schl, Schlund; Utg, Unterschlundganglion. 61/4. Fig. 241.. Seitlicher Längsschnitt durch ein @. Tinktion mittels Pikrokarmin. Dm, dorsale Muskelstränge; Do, Dotter; Dr, Drüsen; La, innere Lamelle des Ma- tricalraumes; M, Matricalraum; N, Nervensystem; Schl, Schlund. 64/4, Fig. 22, Aus einem medianen Längsschnitte durch das Nervensystem..Au, Auge ; Bnst, Bauchnervenstrang; Md, Anfangstheil des Mitteldarmes ; n, Kerne der Gan- glienzellen; Obg, Oberschlundganglion; Utg, Unterschlundgangliön. 200/1, Fig. 23. Zwei Mitteldarmzellen, aus einem Längsschnitte. 600/41, Fig. 24. Drei.Dotterzellen, aus einem Längsschnitte. n, Nuclei derselben. 138/14. Fig. 25. Rechtes Ovarium und Anfangstheil des Oviductes nach einem mittels Kanadabalsam aufgehellten Präparate von der Dorsalseite gezeichnet.. Ov, Ova- rium; Ovd, Anfangstheil des Oviductes. 150/1. Fig. 26. Aus einem Längsschnitte durch das Ovarium und den ne, des Oviductes. Tinktion mit Pikrokarmin; Ov, Ovarium; -Ovd, Anfangstheil des Ovi- ductes. 200/4. . Fig. 27. In Reife befindliche Eier aus lea Anfangstheile des nidabtes: Aus einem Längsschnitte. », Nucleus; n’, Nucleolus. 350/4. Fig. 28. Aus einem Längsschnitte durch das Receptaculum seminis, Za, innere 144 Joseph Heinrich List, Lamelle des Matricalraumes; n, Kerne der protoplasmatischen Auskleidung des Receptaculum; OeOd, Einmündung des Oviductes in das Receptaculum; Rs, Re- ceptaculum. 200/1. Fig. 29. Aus einem Längsschnitte durch die Eeiinsierhn des Bei in den Matricalraum. La, innere Lamelle des Matricalraumes; m, Musculus dilat. der Einmündung des Receptaculum OeRs in den Matricalraum. 200/4. Fig. 30. Aus einem Längsschnitte, um den Übergang der inneren Lamelle (La) des Matricalraumes in das Integument des vierten, verjüngten Thorakalsegmentes (4. Ths) darzustellen. a, Chitinintegument; db, Chitinfasergewebsschicht; c,- Matrix derselben; La, innere Lamelle des Matricalraumes; n, Nucleus der Matrix. 438/14. Fig. 34.’ Aus einem Horizontalschnitte durch das ©. Cs, Schnitt durch die Ca- naliculi seminales; D, Darm; Obg, Oberschlundganglion; OeOd, Einmündung der Oviducte in das Receptaculum seminis Rs; OeRs, Einmündungen des Receptaculum in den Matricalraum; Ov, Übergangstheil des Ovarium in den Oviduct Ovd;, S, Se- Kret (?) des Oviductepithels (Oviductdrüse). 63/1. A Fig. 32. Männchen von Gastrodelphys Clausii. Natürliche Größe. Fig. 33. Männchen von Gastrodelphys Clausii von der Ventralseite. A,, erste ee As, zweite (hintere) Antenne; Abd, Abdomen; Co, Copulationsorgan ; ‚ eigenthümlich hakenförmiges Organ desselben; Kf, Klammerfuß; RR,—Ry;, Ruder- FR des ersten bis vierten Thorakalsegmentes; si, Stirnfortsatz (Rösirum). 61/1. Fig. 34, Hakenförmiges Organ des Copulationsapparates. 600/4. Tafel VI. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf das Q@ von Gastrodelphys Myxicolae nov. Spec. Fig. 4. Q© von Gastrodelphys Myxicolae. Natürliche Größe ; nach einem Be den Exemplare gezeichnet. Fig. 2. Dasselbe von der Ventraiseite dargestellt. A,, vordere, 45, hintere An- tenne; A, Afteröffnung; Abd, Abdomen; B;, Ba, Chitinplatten des ersten (Mf}) und zweiten (Mfa) Maxillarfußes; Bw, Bauchwirbelkörper; Ed, Enddarm; Ei, Eier im - Matricalraume; Md, Mitteldarm ; Ovd, Oviduct; Rı—R4, Ruderfüße des ersten bis: vierten Thorakalsegmentes; Sif, Stirnfortsatz (Rostrum); Ul, Unterlippe. 64/4, Fig. 3. Linke, erste Antenne von außen; nach einem lebenden Exemplare ge- zeichnet. C, Coxalglied. 400/A. Fig. 4. Stirnfortsatz (Rostrum), nach einem lebenden Exemplare gezeichnet. 200/A. Fig. 5. Mundtheile und Bauchwirbelkörper. Nach einem lebenden Thiere ge- zeichnet. B, und B», Chitinplatten des ersten und zweiten Maxillarfußes.(Mfı, MP); Bw, Bauchwirbelkörper; Mab, Theil der Mandibel; Ul, Unterlippe. 400/4. Fig. 6. Rechter erster (Mfı) und rechter zweiter Maxillarfuß (Mf) von der Seite dargestellt.. Nach einem lebenden Thiere. 400/A. Fig. 7. Rechter Ruderfuß des ersten Thorakalsegmentes. Nach einem eBendies Thiere gezeichnet. 200/4. Fig. 8. Linker Ruderfuß des dritten Thorakalsegmentes. 600/A. Fig. 9. Rechter Ruderfuß des vierten Thorakalsegmentes. 200/1. ’ .. Fig. 40. Abdomen von unten gesehen. Nach einem lebenden Objekte gezeich- net. A, Afteröffnung; © Gö, QGeschlechtsöffnung; Moe, ORons des Matricalrau-; mes nach.außen, 438/4, Das Genus Gastrodelphys. | 145 Fig. 44. Auge, nach einem lebenden Thiere. L, Linse. Gezeichnet bei Obj. V, Oc. I von SEIBERT. Fig. 42. Aus der Eihülle gesprengter Embryo von der Ventralseite. Au, Auge; Dot, Dottertröpfchen. 138/1. Fig. 43. Aus einem Längsschnitte. Ol, Oberlippe; Ul, Unterlippe; m, Muskeln, 200/4. Fig. 44. Aus einem Querschnitte durch den Schlundring. Härtung in Pikrin- schwefelsäure, Tinktion mit Pikrokarmin. Au, Auge; I, chitinige Intima des Öso- phagus; L, Linsen; m, Muskeln des Ösophagus Oes; n, Kerne der Ganglienzellen. 350/1. Fig. 45. Aus einem Querschnitte durch Ober- und Unterschlundganglion (Be- handlung wie in der vorigen Figur). I, chitinige Intima des Ösophagealepithels ; Obg, oberes Schlundganglion ; Oes, Ösophagus; Uig, Unterschlundganglion. 350/1. Fig. 46. Querschnitt durch den Bauchnervenstrang (Behandlung wie in der vorigen Figur). 600/A. Fig. 47. Aus einem Längsschnitte durch ein ©. Härtung in koncentrirter wässeriger Sublimatlösung, Tinktion mit Pikrokarmin. Das Oberschlundganglion ist seitlich, das Unterschlundganglion fast median getroffen. An, Antennennerv; Bnst, Bauchnervenstrang; Obg, oberes Schlundganglion; rd, Ramus bucealis; Utg, Unterschlundganglion. 200/1. Fig. 48. Seitlicher Längsschnitt durch ein © (Behandlung wie in voriger Figur). 4A,, erste Antenne; Aa, zweite Antenne; An, Antennennerv; Bnst, Bauchnerven- strang; Bw, Bauchwirbelkörper; Dm, dorsale Muskelstränge; Ed, Enddarm; La, innere Lamelle des Matricalraumes; m, Muskeln; M, Matricalraum; Md, Mittel- darm; Ov, Ovarium; Ovd, Oviduct; Schl, Schlund; Uig, Unterschlundganglion. 100/. Tafel VII. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf das @ von Gastrodelphys Myxicolae nov. spec. Fig. 49. Querschnitt durch ein ©, oberhalb des Bauchwirbelkörpers. Härtung in Pikrinschwefelsäure, Tinktion mit Pikrokarmin. Bz, Bz3, Bindesubstanzzellen; Dm, dorsale Muskelstränge ; m, dorsoventral und umgekehrt ziehende Muskelzüge; Md, Mitteldarm; Utg, Unterschlundganglion. 200/41. Fig. 20. Querschnitt durch ein ©. Aus derselben Serie stammend, ungefähr aus der Mitte des Körpers. m, Muskeln; Md, Mitteldarm ; Ovd, Oviduct. 138/1. Fig. 24. Querschnitt durch ein ©, Aus derselben Serie stammend. La, innere Lamelle des Matricalraumes M; n, Kerne der Matrix der inneren Lamelle; Ovd, Ovi- duct; Rs, Receptaculum seminis. 438/A. Fig. 22. Aus einem Querschnitte durch ein @. Aus derselben Serie stammend. Bz, Bindesubstanzzellen; m, Muskeln; Md, Mitteldarm; Ov,, vorderer Theil des Ovarium mit zahlreichen Mitosen ; Ova, Anfangstheil des Oviductes. 350/1. Fig. 23. Aus einem Längsschnitte durch ein ©. Aus der hinteren Gegend des Mitteldarmes. Härtung in koncentrirter wässeriger Sublimatlösung, Tinktion mit Pikrokarmin. Bz,—Bz3, Bindesubstanzzellen verschiedener Art. 600/4. Fig. 24. Eine Bindesubstanzzelle, deren Kern ein deutliches Chromatingerüst zeigt. Aus einem Längsschnitte. Gezeichnet bei Obj. VI und Oc. I von SEIBERT. Fig. 25. Aus einem Längsschnitte durch ein © (Behandlung wie in Fig. 23 an- gegeben). Ed, Enddarm; La, innere Lamelle des Matricalraumes; m, Muskelbün- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 40 146 Joseph Heinrich List, Das Genus Gastrodelphys. del zur Erweiterung der Einmündung des Receptaculum in den Matricalraum ; my, Muskeln zur Erweiterung des Ausführungsganges des Matricalraumes; M, Ma- tricalraum; Moe, Mündung des Matricalraumes nach außen; OeRs, Mündung des Receptaculum seminis in den Matricalraum; Rs, Receptaculum seminis; Z, ein- zellige Drüsen (?). 350/A. Fig. 26. Drei Epithelzellen des Mitteldarmes. Tp, Tunica propria des Darmes. Aus einem Längsschnitte (Behandlung wie in Fig. 23 angegeben). 600/1. Fig. 27. Zwei Epithelzellen des Enddarmes (aus dem vorderen Theile des- selben stammend). Aus einem Längsschnitte. 7p, Tunica propria. 600/A. | | Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. Von Cand. rer. nat. Kajetan Lippitsch. Mit Tafel VIII und einem Holzsehnitt. Mitte März 1887 fand Herr Professor v. Grarr im Schlamme der Duga Valle-Cisterne bei Lesina (Dalmatien) eine große Anzahl von Exemplaren des Derostoma unipunctatum Oe. zugleich mit Massen von Mesostoma craci O. Sch. und Branchipus diaphanus Prev. Da bis heute noch keine zusammenhängende Darstellung dieser den ursprünglichen Typus des Orrstev’schen Genus Derostoma darstellenden Species vor- liegt, obgleich seit v. Grarr’s Monographie ! durch Paranı?, FRANCOTTE® und Braun * mehrere neue Formen bekannt geworden sind, so übergab mir derselbe nebst seinen Skizzen und Notizen 5 das gesammte konser- ! L. v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1882. 2 K. Paripı, Jelentes az Erdelyi vizek örvenyfergeire tett kutatäsok eredmenye- röl. Mathematikai es termeszettudomänyi Közlemenyek XVIU. Kötet, Budapest 4882. (Derost. anophthalmon und Derost. Claudiopolitanum.) 3 P.FRANCOTTE, Note sur l’anatomie et l’histologie d’un Turbellarie Rhabdocele. Bull, Acad. royale de Belgique. 3. ser. T. VI. Bruxelles 1883. (Derost. Benedeni.) 4 M. Braun, Die rhabdocoeliden Turbellarien Livlands. Archiv für die Natur- kunde Liv-, Esth- und Kurlands. Serie 2. Bd. X. Dorpat 1885. (Derost. balticum.) 5 Dieselben lauten folgendermaßen: »Die ziemlich lebhaft umherschwimmen- den Thiere sind unten abgeplattet, oben konvex, gegen das abgerundete Hinter- ende ein wenig verbreitert, nach vorn allmählich verjüngt und stumpf zugespitzt (Fig. 4). Der Körper erscheint mit Ausnahme des diffus braunröthlich gefärbten Vorderendes farblos, und in dem hellen ersten Körperviertel kann man bei Lupen- vergrößerung sehr gut den Pharynx und die davor gelegenen Augenflecken erken- nen, während in den hinteren 3/4 der nur eine schınale Randzone freilassende opake Darm die Körperfarbe bestimmt. Nur selten war der Darm weiß, gelblich oder hellgelbbraun gefärbt, meist erschien er blaugrau (auf weißem Grunde) oder graubraun) auf schwarzem Grunde). Der Pharynx zeigt das schon von ScHULTZE be- schriebene Formenspiel, das Gehirn hebt sich als weiße Masse aus der diffusen bräunlichen Färbung des Vordertheiles hervor, und vor demselben liegen jeder- 10* 148 Kajetan Lippitsch, virte Material behufs Bearbeitung der Anatomie und Histologie. Meinem verehrten Lehrer Herrn Professor v. GrArFF, sowie dem Privatdocenten und Assistenten Herrn Dr. L. Bönnie bin ich für die mir bei Ausführung vor- liegender Arbeit gewährte Unterstützung zu tiefstem Danke verpflichtet. Das mir übergebene Material war theils in Sublimat, theils in Os- miumsäure und Osmiumessigsäure konservirt. Es muss daher, da ich die an Schnittserien gefundenen Verhältnisse nicht durch Untersuchung lebender Thiere kontrolliren konnte, die Darstellung natürlich lücken- haft und einseitig sein; doch werde ich bemüht sein, durch Verglei- chung mit den Angaben der obgenannten Forscher, sowie mit dem, was von Scauipr! und Scaurtze?, Parıpı? und Serer4* über die schon seits die Augen: bald mehr kompakt, wie mit zahlreichen kurzen Fortsätzen ver- sehene Pigmentzellen, bald ganz diffus in einzelne Körnchen und Körnchenhäuf- chen aufgelöst. Bei jungen Thieren ist das Augenpigment (in durchfallendem Lichte) graubraun, bei ausgewachsenen Individuen schwarz; betrachtet man letz- tere aber bei auffallendem Lichte auf schwarzem Grunde, so leuchten die Augen ‚als hellgelbbraune Pünktchen hervor. Die vorderste Spitze des Leibes trägt einen von dem umgebenden Epithel durch seine hellere Farbe und feine Pünktchen sich abhebenden runden Fleck (Tastfleck?), der äußerlich an das von DELAGE bei Con- voluta Schultzei (Archives de Zoologie exper. (2) vol. IV. Paris 1886) und von mir seither bei allen übrigen adriatischen Acoelen gefundene Stirnorgan erinnert. Sehr leicht gewahrt man im Vorderende das Wassergefäßsystem, und nament- lich dessen beide, gegen die Mundöffnung konvergirende Schleifen. Dieselben rücken so nahe medianwärts zusammen, dass man leicht versucht sein könnte, eine Ausmündung durch die Pharyngealtasche wie bei Mesostomiden anzunehmen. Indessen müssten dann, wie bei letzteren, die Gefäßschlingen merklich mitgezogen werden, wenn der Pharynx seine lebhaften Vor- und Rückwärtsbewegungen macht. Dies ist jedoch nicht der Fall. In der Untersuchung des Geschlechtsapparates bin ich über meine Vorgänger nicht hinausgekommen. Die feinen dünnen Samenfäden sind in Fig. 14 abgebildet, die hartschaligen Eier sind kreisrunde konkav-konvexe Scheiben (s. den optischen Durchschnitt Fig. 43) von 0,3 mm im Durchmesser. In einigen Fällen habe ich ein bis drei Eier weit entfernt vom Geschlechtsapparat im letzten Körperdrittel vorge- funden. Es scheint demnach ausnahmsweise hier ein ähnliches Verhältnis Platz zu greifen wie bei Vortex viridis (s. meine Monographie p. 354), wo die Eier durch eine ursprünglich vorhandene oder ad hoc sich bildende Öffnung des Atrium geni- tale in die Leibeshöhle befördert werden. Bei manchen Individuen war die Leibes- höhle ganz erfüllt von rundlichen, 0,007 mm breiten Körperchen, aus feinkörniger Substanz bestehend, kernhaltig und an der Oberfläche wie mit feinsten Körnchen bestreut (Fig. 42). Sie erinnerten an HArızz’ Krystalloide. Die größten Individuen hatten in ungestörter Bewegung eine Länge von 7 mm.« 1 0. Scaaıpr, Die rhabdocölen Strudelwürmer aus den Umgebungen von Kra- kau. Denkschr. der math.-naturw. Klasse d. k. Akad. d. Wiss. Bd. XV. Wien 4858. 2 M. ScHULTzE, Beiträge zur Naturgeschichte d. Turbellarien. Greifswald 1851. 3 K. ParAnı, Szövet-6s fejlödestani adatok a tömlöbelü örvenyfergek köreböl. Az Erdelyi Muzeum Evkönyvei, Uj folyam. Kolozsvär 1876. 4 E. SEKERA, Ergebnisse meiner Studien an Derostoma typhlops Vejd. Zool. Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. 149 vor dem Jahre 1882 bekannten Species vorliegt, meine Ergebnisse zu vervollständigen. Als Färbemittel dienten mir Hämatoxylin, Pikrokar- min und Alaunkarmin. ÖOsmiumsäure eignet sich nicht sonderlich zur Konservirung, da z. B. das Epithel erhebliche Deformirungen erleidet, während Sublimat, wie genugsam bekannt, für Turbellarien sehr gute Dienste leistet. Durch Hämatoxylinfärbung (zwei bis drei Stunden) treten sämmt- liche Drüsen deutlich hervor, auch eignen sich solche Präparate vor- züglich zum Studium des Geschlechtsapparates. Hämatoxylinfärbung nach vorausgegangener Behandlung mit Osmiumessigsäure giebt sehr gute Bilder zum Studium des Nervensystems. Pikrokarmin (24 Stun- den) leistet beim Studium des Epithels, des Gehirns und auch der Nervenfasern gute Dienste; dessgleichen bei der Untersuchung der Pharynxmuskulatur und des Bindegewebes. Auch Alaunkarmin ist zu empfehlen. Das Integument. Derostoma unipunctatum besitzt ein aus Zellen bestehendes Epithel. An einem Flächenschnitte erscheinen diese durch eine Kittsubstanz verbundenen Zellen mehr oder weniger polygonal; ihre Seitenwände sind deutlich gerifft. Verschiedene Bilder bekommt man an mit Sublimat konservirten Thieren und an solchen, die mit Osmiumsäure behandelt wurden. Während die Riffbildung der Epi- thelzellen im ersteren Falle (Fig. 8) sehr deutlich und nicht verzerrt hervortritt, erscheinen die Epithelzellen an Osmiumsäurepräparaten arg deformirt. Die Ränder sind viel stärker gezahnt als an Sublimat- präparaten, und die Kerne sind geschrumpft (Fig. 9). An Quer- und Längsschnitten durch das Thier stellt sich das Epithel als eine von zwei scharfen Kontouren begrenzte Plasmaschicht dar, versehen mit deutlichen runden bis schwach ovalen Kernen. Der eine Kontour ist die Cuticula, der zweite die Membrana basilaris der Autoren. Die Di- mensionen der Epithelzellen sind verschieden: Es giebt große und kleine promiscue am ganzen Thierkörper vorkommend und an keine bestimmte Gegend gebunden, mit Ausnahme der kleinen Zellen an der vorderen Körperspitze (siehe unten das beim Nervensystem Gesagte). Die Längen- und Breitendurchmesser schwanken von 0,04:0,03 mm bis 0,022:0,008. Die Höhe der Epithelzellen auf der Rückenseite beträgt 0,014, auf der Bauchseite 0,008 mm. Die Länge der Flimmerceilien beträgt 0,004 mm, die Dicke der Guticula 0,004 und die der Membrana basila- ris 0,0005 mm. Das Plasma der Epithelzellen erscheint ziemlich homo- Anz. Nr. 223. 4886. — Ausführlich und mit Abbildungen publicirt unter dem Titel: Prispevky ku znämostem o turbellariich sladkovodnich,. Prag 1887. (Es sind darin auch Angaben von VEspovskr über Derost. unipunctatum verwerthet.) rn ei ne 150 Kajetan Lippitsch, gen, jedoch in der Radialrichtung schwach gestreift, es färbt sich mit Pikrokarmin mäßig und etwas ungleichförmig. Der äußere Theil, wie auch Bönnis ! für Graffilla muricicola angiebt, färbt sich stärker als der innere basale Theil des Zellplasmas. Jede Zelle besitzt einen Kern, der der Basis der Zelle genähert ist. Seine Form fand ich verschieden: am vorderen Körperpole, wo übrigens die Kerne sehr dicht gedrängt liegen und an der Bauchseite fand ich sie rund, an der Rückenseite länglich. Besondere Einlagerungen im Epithel, besonders auch stäb- chenförmige Körper konnte ich eben so wenig als Braun beobachten. Bloß über und neben dem Gehirne findet man birnförmige, bisweilen ganz mit Stäbchen vollgepfropfte Drüsen von 0,016 mm Breite und 0,04 mm Länge (Fig. 2 sd). An der vorderen Körperspitze konnte ich ausgestoßene Stäbchenmassen, den großen Sinnesnerven angelagert, wohl unterscheiden. Es stimmt diese Beobachtung über das beschränkte Vorkommen von stäbchenförmigen Körpern mit den vorliegenden An- gaben von ScuuLtze, Paravı und Braun. Dessgleichen fand ich das Epi- thel pigmentlos, wohl aber sah ich die von M. Scaurtze beschriebenen »wasserklaren, ovalen, oder rundlichen Räume«. An Epithelzellen in der Flächenansicht bemerkt man, wie diese hellen, runden »Flecke« nach den Ecken des polygonalen Zellenleibes geordnet den Zellkern umstellen. An Epithelquerschnitten liegen diese Räume der Basis der Zellen genähert, wie schon M. ScauLtze gefunden, indem er sagt: »Sie erreichen mit ihrer Umgrenzung nicht die wimperntragende Oberfläche der Haut«. Es ist mir auch gelungen die Mündungen der wasserklaren Räume durch die Cuticula hindurch nachzuweisen. Dieser Umstand spräche für die von Sek£erı geäußerte Ansicht, »man hätte in jeder Vacuole ein Gentrum aufzufassen, das als Drüse secernirt; eine einzelne Epithelzelle würde also analog einer mehrzelligen Drüse funktioniren «. Will man wirklich mit SekerA von einer Drüsennatur der Epithelzellen sprechen, so muss man dem Plasma und dem Kerne derselben eine secernirende Thätigkeit zuschreiben, die wasserklaren Räume sind dann nichts weiter als Ergießungsstellen der Sekretionsprodukte. Ich lasse die Frage noch offen, da ich nicht geneigt bin der Ansicht Sekera’s beizustimmen. Erwähntmussnoch werden, dass man auch an guten Quer- schnittsbildern die Grenzen der einzelnen Epithelzellen nicht, oder ziemlich schwer wahrnehmen kann. Oft aber, und im Gegensatze zu dem eben Gesagten, fand ich Sprünge im Epithel (Fig. 3 e), so dass ein solches wie geschartet aussah. In Francorte’s Arbeit über Derostoma ! L. Bönmie, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. Das Genus Graffilla. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. (Arbeiten aus d. Zool. Inst. Graz. I, 1). Leipzig 1887. Mi Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. 151 Benedeni heißt es vom Epithel: — »on voie que de minces prolonge- ments protoplasmiques passent d’une cellule A Vautre A travers la sub- stancee unissante«. Hierzu ist zu bemerken, dass bei Derostoma uni- punctatum die Riffe keine organische Brücken zwischen den benachbarten Epithelzellen darstellen; das Plasma der Epithelzellen ist vielmehr durch eine Kittsubstanz von den Nachbarzellen völlig getrennt. Am vorderen Körperpole zwischen den Flimmereilien, dort, wo der sich reichlich verzweigende Sinnesnerv an das Epithel herantritt, habe ich feine Bor- sten in sehr geringer Anzahl gesehen (Fig. 2 eb). Hautdrüsen konnte ich nur am hinteren Körperende und zwar in mäßiger Anzahl auffinden. Dieselben (Fig. 5 hd) färben sich mit Hämatoxylin lebhaft und besitzen eine birnförmige Gestalt; doch sind sie ziemlich klein und stehen ande- ren Drüsen, wie etwa den accessorischen Drüsen des Geschlechtsappa- rates erheblich an Größe und Anzahl nach. Ich fand die Länge der Drüsen sammt Ausführungsgang circa 0,02 mm, den Breitendurch- messer circa 0,008 mm. Der Kern der Drüsenzelle zeigte einen hellen, sich wenig färbenden Plasmahof und ein central gelegenes, stark ge- färbtes, punktförmiges Kernkörperchen. Derostoma unipunctatum be- sitzt einen stark entwickelten Hautmuskelschlauch. Wir können an demselben drei Schichten unterscheiden: eine äußere Ring-, eine innere Längsmuskelschicht und eine dritte von Braun übersehene Schicht gekreuzter Fasern. Diese dritte Schicht liegt zwischen den beiden früher genannten. Ich konnte sie sowohl an äußersten Tangen- tialschnitten, als auch an einem macerirten Stück »Haut« sicher nach- weisen. Ihre Muskelfasern, die sich rechtwinkelig kreuzen, sind be- deutend schwächer als bei den anderen Schichten. Kerne konnten in keiner Faser der drei Schichten nachgewiesen werden, auch nicht in den später zu besprechenden dorsoventralen Leibesmuskeln. Inter- essant ist das Verhalten der Membrana basilaris. Dieselbe hat mit dem Epithel nichts zu thun; an gerissenen Schnitten konnte ich sehr deutlich wahrnehmen, wie sie sich vom Epithel losgelöst hat, und mit der Muskulatur des Hautschlauches in fester Verbindung steht. Ähnliches bemerkte ich an einem Macerationspräparate. An demsel- ben gelang es mir einen Fetzen Membrana basilaris frei zu bekommen, der deutlich Riefen zeigte, die von nichts Anderem herrühren konnten, als von den Eindrücken der Muskulatur. Dieser Fetzen erschien voll- ständig homogen, färbte sich mit Hämatoxylin ziemlich schwach und zeigte Falten, die, wie mir scheint, durch Kontraktion entstanden sind. Großes Interesse bietet das Verhalten der Sagittalmuskeln (Fig. 11 dum). Sie ziehen dorsoventralwärts und sind am vorderen Körperende sehr zahlreich vorhanden. FrancotTE hat sie für Derostoma Benedeni am 152 Kajetan Lippitsch, vorderen und hinteren Körperende sehr schön abgebildet und ihre Auffaserung beschrieben. Ich habe für Derostoma unipunctatum Folgen- des beobachtet. Etwas vor dem Insertionspunkt theilt sich ein Sagittal- muskel büschelförmig, die einzelnen Fasern dieses Büschels sind an ihrem Ende verdickt und inseriren, den Hautmuskelschlauch durch- setzend, an der Membrana basilaris (Fig. 11 .). Das Körperparenchym. Zum Studium des Bindegewebes eignen sich nur sehr gut konservirte Thiere. Pikrokarmin- und Häma- toxylintinktion thun hier gute Dienste. Man wird das Bindegewebe natürlich nur dort mit Erfolg studiren können, wo es in größerer Menge auftritt, nämlich am vorderen und hinteren Körperende. Die übrigen Theile des Körpers werden so von Darm und Geschlechtsorganen oceupirt, dass das Bindegewebe sehr zurücktritt. An den best konser- virten Thieren findet man nun mit Ausnahme künstlicher durch die Sehnittmethode erzeugter Sprünge nirgends eine, wie immer geartete Höhlung. Man sieht sowohl auf Quer- als auf Längs- und Flächen- schnitten immer ein aus gröberen und feineren Maschen gebildetes Netz (Fig. 10 bg). Die Maschen sind von Plasmabelegen ausgekleidet, und wo es den Anschein haben sollte, dass eine solche Masche (— Fach) leer sei, da kann man bei genauer Einstellung einen, wenn auch sehr schwachen Plasmabelag finden. Die Kerne (X) sind unregelmäßig zer- streut, und stehen nun zu der Anzahl der Maschen in keinem bestimm- ten Verhältnis. Die Struktur des Bindegewebes ist am eingehendsten von Bönmnıs bei Graffilla murieicola studirt worden, und meine Befunde bei Derostoma unipunctatum stimmen vollständig mit der vom genann- ten Forscher gegebenen Darstellung, wie ja auch Fern. Scamipr in sei- ner Arbeit über Graffilla Braunii! das Bindegewebe übereinstimmend mit den Angaben Bönnig’s gefunden hat. Die Bindegewebskerne sind mehr oder weniger elliptisch, zeigen ein sich schön mit Pikrokarmin färbendes Kerngerüst und ein stark lichtbrechendes rundes Kern- körperchen; in der Größe stimmen sie mit den von Bönnıc bei Graffilla beschriebenen völlig überein (0,014—0,018 mm). Pharynx. Wir unterscheiden an demselben den bauchständigen, dem Vorderende genäherten Mund, den Pharynx, und den eigentlich verdauenden Magendarm. Zwischen Mund und Pharynx liegt die Schlundtasche (Fig. 7 pht), die nicht muskulös ist, und an welche sich der überaus kräftige Pharynx anschließt. Wenn Francorte bei seinem Derostoma Benedeni eine Pharyngealtasche weder in der Beschreibung noch in der Zeichnung ersichtlich macht, so muss angenommen werden, ! F. Scanipt, Graffilla Braunii n. sp. Archiv für Naturgesch. 1886. Bd. I. Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunetatum Öe. 153 dass er dieselbe übersehen habe. Die Achse des Pharynx fällt mit der Darm- resp. Körperachse nicht zusammen, sondern bildet mit ihr einen stumpfen Winkel von 120°. Die Dimensionen des typisch »tonnenför- mig« gebauten Pharynx sind folgende: Länge 0,42 mm, Breite (= Höhe) 0,35 mm. Die Muskulatur des Pharynx (vgl. Fig. 6 und 7) besteht aus überaus kräftigen kernlosen, glatten Muskelfasern, von welchen nur das System der inneren Ringmuskeln (irm) in mancher Beziehung Abweichungen vom histologischen Baue der Körpermuskeln zeigt. Wir können an dem Querschnittsbilde folgende Muskelschichten von der Peripherie nach dem Centrum zu fortschreitend nachweisen. Zunächst eine äußere Längs- (alm) und Ringmuskelschicht (arm). Darauf folgen die Radiärmuskeln (rdm), und dann eine innere Längs- (im) und eine innere Ringmuskel- schicht (irm). Die Radiärmuskeln strahlen, wie dies schon der Name andeutet, radienförmig vom Centrum gegen die Peripherie aus; an einem mittleren Querschnitte zählte ich 34 solcher in ziemlich gleichen Abständen orientirter Radiärmuskeln. Im Centrum inseriren sie an der inneren Epithelauskleidung des Pharynx, indem sie die innere Ringmuskelschicht durchsetzen. Peripheriewärts durchbrechen sie die äußere Ringmuskulatur und inseriren an den äußeren Längsmuskeln. Sehr deutlich lässt sich hier beobachten, wie die Radiärmuskeln gegen den Rand zu sich verbreitern und sich dann in zahlreiche Fasern theilen, die dann die Ringmuskellage durchbrechend in feste Verbindung mit den äußeren Längsmuskeln treten. Die innere Ringmuskellage ist stark entwickelt und trägt das sparsam kernhaltige Pharynxepithel (phe), dessen freier Rand sich stark mit Farbstoffen imbibirt und mit einer Cutieula versehen ist, während der innere Rand wie durch eine Mem- bran von der inneren Ringmuskellage getrennt zu sein scheint. Für Graffilla hat Bönmie nachgewiesen, dass das Epithel des Pharynx kern- los sei, doch konnte ich bei Derostoma im Epithel des Pharynx Kerne deutlich nachweisen; dieselben sind elliptisch-eiförmig, besitzen eine sich mit Karmin schön färbende Gerüstsubstanz und ein von einem hellen Saume umschlossenes, stark lichtbrechendes Kernkörperchen, das sich intensiv färbt. Die Kerne haben einen Längsdurchmesser von 0,020 mm, einen Querdurchmesser von 0,008 mm, und gehen mit ihrer Längsachse der des Pharynx parallel. Um die Beschreibung des Quer- schnittsbildes zu vervollständigen, sei erwähnt, dass die zwischen den Radiärmuskeln freigelassenen Räume von mächtigen Drüsenmassen (phd) und von Bindegewebe erfüllt sind. Das Lumen des Pharynx ist spaltenförmig, und zwar fällt die Richtung des Spaltes mit der Mediane des Körpers zusammen. Es ist jetzt noch die Besprechung eines gut 154 Kajetan Lippitsch, geführten Längsschnittes (Fig. 7) nothwendig. An demselben kann man deutlich die Schlundtasche (pht) als Verbindungsglied zwischen Körper- und Pharynxepithel sehen. Dieselbe stellt eine 0,002—0,004 mm dicke Duplikatur der Haut vor, in der man hin und wieder kleine Epithel- kerne nachweisen kann. An der Unterseite ist die Schlundtasche größer als an der Oberseite der Mundöffnung. Histologisches Interesse bieten auch die inneren Ringmuskeln des Pharynx (Fig. 7 irm). Die Querschnitte durch dieselben sehen rechteckig aus und enthalten eine im Inneren gelegene sich mit Farbstoffen viel weniger imbibirende Masse und sehen beinahe wie hohl aus. Diese Muskelfasern sind die stärksten am ganzen Thiere, ihre Querschnitte messen 0,006: 0,002 mm. Am vorderen Pharynxende, gerade oberhalb der Drüsenausfüh- rungsgänge befindet sich ein Sphincter, der als vorderer Schließmuskel des Pharynx wirksam ist (sph). Zum Studium der Drüsen, mit welchen der ganze Pharynx, wenigstens in seinen peripherischen Theilen voll- gepfropft ist, und des Bindegewebes eignen sich Hämatoxylinpräparate vortrefflich, wenngleich ich auch an Pikrokarminpräparaten sehr schöne Drüsen am vorderen Ende des Pharynx mit Kernen und Ausführungs- gängen gesehen habe. Die Pharynxdrüsen (Fig. 7) besitzen Ausführungsgänge, welche sämmtlich am vorderen Ende des Pharynx unterhalb des Musculus sphincter an einer Art Papille (pa) münden. Die Mündungsstellen sämmtlicher Ausführungsgänge bilden einen Kreis, der unter und vor dem Sphincter liegt, mit diesem also koncentrisch verläuft. Diese Drüsen sind ziemlich groß und von langgestreckt birnför- miger Gestalt, sie erreichen eine Länge von 0,06 mm und eine Breite von 0,02 mm, der Ausführungsgang derselben eine Länge von ebenfalls 0,02 mm, der Kerndurchmesser 0,012 mm. Parallel mit den Ausfüh- rungsgängen dieser vordersten Pharynxdrüsen verlaufen zahlreiche andere Gänge, welche die Sekrete der weiter hinten am Pharynx ge- legenen Drüsen zur Mündungsstelle befördern. Das Plasma der Drü- senzellen ist entweder netzartig oder körnig, und es bleibt fraglich, ob man es mit verschiedenen Sekretionsstadien, oder überhaupt verschie- denen Drüsen zu thun hat. In das Lumen des Pharynx mündet kein einziger Ausführungsgang. Zur Bewegung des Pharynx dienen zwei Paare von Muskeln, zwei Vorwärtsstrecker und zwei Zurückzieher, von welchen erstere viel schwächer entwickelt sind als letztere. Von den Protractoren liegt einer oberhalb und einer unterhalb des Pharynx. Jeder inserirt einer- seits am vorderen Körperpole (dort wo der Übergang von Körperepithel in die Schlundtasche stattfindet) und andererseits hinten am Pharynx Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Öe, 155 in der Medianlinie. Die beiden Retractoren! inseriren lateralwärts an der äußeren Längsmuskelschicht am Vorderende des Pharynx und be- geben sich direkt zur Körperwand (Fig. 3 r). Für die schon von v. GrArr und M. ScuuLtze angeführte Eigenthümlichkeit des Derostoma- pharynx, statt einer runden Höhlung einen medianen Spalt zu besitzen, ist es mir nicht gelungen einen anatomischen Grund zu finden. Die Speicheldrüsen sind schon von früheren Untersuchern beschrieben worden. Die von Francortz gegebene Darstellung der Pharynxmusku- latur von Derostoma Benedeni stimmt völlig mit der von mir gege- benen Darstellung des Pharynx von Derostoma unipunctatum überein. Eben so die Darstellung Serera’s vom Baue des Pharynx von Derostoma typhlops. Das Bindegewebe des Pharynx hat Bönnıs bei Graffilla über- einstimmend mit dem Körperparenchym gefunden; zu demselben Resul- tat kam ich bei Derostoma unipunctatum. Der Magendarm (Fig. A und 5 da). Das Plasma des Pharynx- epithels setzt sich in das Darmepithel fort, dessen Zellen Anfangs birn- förmig und größer sind als weiter nach hinten (Fig. 5 da,). Ein Ösopha- gus, wie er bei verschiedenen Süß- und Seewasservorticiden von OÖ. ScHmiDT, v. GRAFF, BöHnmiG und von SerzrrA bei dem nahe verwandten Derostoma typhlops gefunden wurde, ist hier nicht nachzuweisen. Die Zellen des Anfangstheiles des Darmes ragen ziemlich weit in das Pha- rynxlumen hinein, zeigen ein körniges Plasma und deutliche Kerne. Dagegen waren bei den von mir untersuchten Exemplaren die sämmt- lichen übrigen Darmzellen so mit Krystalloiden, oft auch mit ganz homogen aussehenden Scheiben von elliptischem oder kreisförmigem Umriss und braunen Konkrementen angefüllt, dass die Struktur der Zel- len nicht mehr deutlich in die Erscheinung trat. In Folge dessen konn- ten auch dieselben, obgleich ein Darmlumen nach den Befunden der besterhaltenen Längs- und Querschnitte sicher nachzuweisen ist, doch nicht als morphologisch distinkte Elemente gesehen werden. Aller- dings hat man hin und wieder Gebilde vor sich, die der Form nach als Zellen angesprochen werden könnten. Man findet da membranlose, birnförmige Zellen, die mehr oder weniger in das Lumen des Darmes hineinragen; auch Kerne kann man öfters beobachten; doch ist es mir nicht möglich gewesen solche Bilder zu bekommen, wie sie von V. GRAFF und anderen Autoren bei verschiedenen Turbellarien und von Fran- COTTE speciell auch bei Derostoma Benedeni dargestellt werden. Im 1 FRANCOTTE zeichnet für Derostoma Benedenii einen riesigen Retractor pha- ryngis, der vom hinteren, unteren Ende desselben mit schwacher Biegung verlau- fend, median an der Bauchseite inserirt. SEKERA’S Zeichnung der Bewegungsmusku- latur blieb mir zum Theile unverständlich. 156 Kajetan Lippitsch, Übrigen stellt der Darm (Fig. 5 da) einen weiten bis an das Körperende reichenden Blindsack dar (vgl. Anm. p. 147). Geschlechtsapparat. Der Geschlechtsapparat von Derost. unipunctatum ist in seinen Haupttheilen schon durch die Unter- suchungen von O. Scauipr und M. Scuurtze bekannt geworden. Braun hat dann nähere Angaben über das Verhalten der ausführenden Theile zum Atrium genitale und dessen uterusartige Aussackung sowie einige histologische Angaben hinzugefügt. Meine Beobachtungen erweitern unsere Kenntnisse namentlich in Bezug auf das Verhältnis von Keim- stock und Receptaculum seminis zu einander, sowie in Betreff des histologischen Baues. Was vor Allem die topographische Lage der Organe betrifft, so verweise ich auf den Holzschnitt. LG i NN INN) NL 07 NO Ä 5 2 & Q L 2 NL Se on & ES Der Holzschnitt stellt ein nach Schnitten konstruirtes Schema des Geschlechtsapparates dar. ai, Atrium genitale inferius; as, Atrium genitale superius; do, die beiden Dotterstöcke; dr, ac- cessorische Drüsen; gö, gemeinsame Geschlechtsöffnung; m, Mund; od, gemeinsamer Ausführungs- gang des Keimstockes und des Receptaculum seminis; ov, Keimstock; pe, Penis; ph, Pharynx; rs, Receptaculum seminis; vd, die beiden Vasa deferentia. Die Geschlechtsöffnung liegt vor der Körpermitte, dicht hinter dem Pharynx (ph), welcher den Geschlechtsapparat bei den durch die Kon- servirung zusammengezogenen Exemplaren zum Theil bedeckt. Das Receptaculum seminis (rs) liegt topographisch genau unter dem » Öso- phagus«, in der Medianlinie, also hinten und unten vom rückwärtigen Ende des Pharynx, dort wo der Darm anhebt. Unterhalb und seitlich, rechts (das Thier von der Rückenseite betrachtet) vom Receptaculum seminis liegt der Keimstock (ov), in dessen Ausführungsgang (od) das gestielte Receptaculum einmündet. 2 u en Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunetatum Oe. 157 Etwas hinter dem Keimstock und unter dem Receptaculum seminis auf der anderen (linken) Seite findet sich das männliche Begattungs- organ (pe). Ventral und lateral im Thierkörper liegen die ziemlich um- fangreichen von der Geschlechtsöffnung bis zum hinteren Körperende sich erstreekenden Dotterstöcke (Fig. 4 und 5 do), welche in die Hinter- wand des Atrium genitale jederseits einmünden. Ihre Äste schließen die den äußersten Seitenrand des mittleren -Körperdrittels einnehmen- den Hoden ein (vgl. Fig. 4 h), welche aus ihrem Vorderende jederseits ein Vas deferens entsenden. Beide Vasa deferentia konvergiren gegen die Samenblase zu und münden, nachdem sie in ihrem Verlaufe der Bauchseite ziemlich parallel geblieben sind, getrennt in den vorderen Theil der Vesicula seminalis (Holzscehnitt und Fig. 15 vd). In der Arbeit von SekzrA befindet sich eine Zeichnung Vrspovskv’s (Fig. 21) über den Ge- schlechtsapparat von Derost. unipunctatum Oerst. Nach dieser würde in das Atrium genitale der Penis und seitlich von ihm eine eben so lange, stark muskulöse »Bursa seminalis« einmünden. Dieses Verhalten ist bei Derostoma unip. nicht wiederzufinden. Letzteres besitzt nämlich keine selbständige Bursa seminalis sondern bloß ein, wie schon Braun richtig vermuthete, in den Oviduct (Ausführungsgang des Keimstockes) mündendes Receptaculum seminis. Da nun mit »Bursa seminalis« nach der Terminologie v. Grarr’s eine Kombination von Bursa copulatrix und Receptaculum seminis bezeichnet wird, so könnte man sich fragen, ob nicht etwa bei Derost. unipunctatum neben dem Receptaculum noch eine Bursa copulatrix als distinkte Blase zu finden sei. Nun hat Braun für Derost. unipunctatum einen zweizipfeligen Uterus statuirt; ich habe allerdings keine Individuen mit Eiern vor mir gehabt, doch habe ich die dem Brauv’schen »Uterus« entsprechende Aussackung des Atrium genitale (Holzschnitt as) stets deutlich entwickelt gefunden. Nun er- scheinen die zwei Zipfel der letzteren an genau median geführten Längsschnitten, allerdings (wenn man so will) wie zwei gestielte Blasen mit überall ziemlich gleich weitem Lumen. Sie haben aber gleichwohl mit einer Bursa copulatrix nichts zu thun: denn in den einen (hinteren) Zipfel mündet der Oviduct, während der andere (der übrigens viel kürzer als der Penis ist, — nach VespovskY müsste er gleich groß sein) ohne Zweifel als Uterus funktionirt. Ich habe auch in diesem Zipfel nie Spermatozoen gesehen. Bei unserem Thiere scheint vielmehr das Atrium genitale inferius (ai, s. unten) als Bursa copulatrix zu funktioniren. ‚Es giebt also nur zwei Möglichkeiten, um VEıpovskv’s Zeichnung mit meinen Beobachtungen zusammenzureimen. Entweder ist ihm Derost. unipunc- tatum vorgelegen und er hat diesen kleinen Zipfel des Atrium für eine »Bursa« angesehen und etwas zu groß gezeichnet, oder aber die von 158 Kajetan Lippitsch, ihm untersuchte Species war überhaupt nicht Derost. unipunetatum, sondern Derost. balticum oder megalops, bei welchen Species nach Braun in den Uterus eine wirkliche Bursa seminalis einmündet und das Receptaculum seminis als Anhang des Keimstockes fehlt. Wie es sich mit dem von SekeraA gezeichneten (l. c. Fig. 13) Geschlechtsapparat des Derost. typhlops verhält, ist schwer zu sagen. Jedenfalls ist der von ihm als Uterus bezeichnete Anhang des Keimstockes ein Homologon des Receptaculum seminis von Derost. unipunctatum — ob dagegen die von ihm als Bursa seminalis bezeichnete Blase eine selbständig ent- wickelte Bursa copulatrix oder aber"eine einfache Atriumausweitung ist, muss dahin gestellt bleiben. — Die jungen Keimzellen findet man im vorderen, die ausgebildeten im rückwärtigen Theile des Keimstockes. Bönnmis bemerkt bei Graffilla über die Keimstöcke, dass sie keine Membran (Tunica propria) besitzen. Bei Derostoma habe ich an jenem Theile des Keimstockes, welcher in den Oviduet einmündet (Fig. 15 od), in Übereinstimmung mit Braun sehr deutlich eine Membran und rundliche, oft aber sehr langgestreckte Kerne, die sich von Bindege- webskernen und etwa jungen Keimzellenkernen erheblich unterschei- den, gefunden. Diese 0,006 mm messenden Kerne (Ovarialepithel- kerne?) liegen am Rand des Keimstockes in eine Plasmamasse eingebettet, sind ganz gleichmäßig feinkörnig und färben sich besonders schön mit Alaunkarmin. Dass dieselben übrigens nicht den jungen Keimzellen- kernen angehören können, geht schon daraus hervor, dass sie am dista- len Ende des Ovariums sich befinden, wo keine jungen Keimzellen vorkommen. An dem blinden Ovarialende konnte ich eine Membran nicht sehen, dasselbe ist einfach im Bindegewebe verpackt, auch Kerne konnte ich dort nicht finden. Über den feineren Bau des Ovarium und die Entwicklung der Eier in demselben haben uns v. Grarr im Allge- meinen und Bönnie bei Graffilla murieicola Aufschlüsse gegeben. Ich hemerke, dass bei der vorliegenden Form die Verhältnisse im Wesent- lichen dieselben sind; das blinde (vordere Ende) des Keimstockes ist erfüllt von zahlreichen, kleinen Eikeimen mit Kern und glänzendem Kernkörperchen. Zwischen diesen Eikeimen firidet man schwächer ge- färbtes Plasma. Kernkörperchen, Kern und Keimzellenplasma nehmen im Laufe der Entwicklung an Volumen zu, letzteres wird mehr oder weni- ger homogen und während dies geschieht, rücken die Eikeime nach dem rückwärtigen (offenen) Ende des Ovariums. Die geldrollenförmige Anordnung derselben konnte ich bei Derostoma sehr gut wahrnehmen. Die dem Endstadium der Entwicklung nahen Keimzellen erscheinen keilförmig. An der in der Entwicklung vorgeschrittenen Keimzelle unterscheiden wir ein, sich mit Farbstoffen sehr schön imbibirendes x Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. 159 Plasma und den ziemlich langgestreckten elliptischen Kern; derselbe lässt ein aus Körnchen bestehendes Kerngerüst von einem ziemlich hellen Kernplasma deutlich unterscheiden. Das Kernkörperchen ent- hält im Inneren einen hellen Fleck. Erst gegen den Oviduct zu runden sich die Keimzellen allmählich ab. Fertige Keimzellen messen circa 0,04 mm Durchmesser mit einem Kern von 0,02 mm und Kernkörper- chen von 0,006 mm Breite. Wie Bönnıs für Graffilla gefunden, ist das Keimzellenplasma am Rande wesentlich dichter als im Inneren. Auch diese Thatsache konnte ich an meinen Präparaten beobachten. Der Oviduet mündet von oben her in die zugleich auch die Dot- terstöcke aufnehmende hintere Aussackung des Atrium genitale superius und nimmt den langen Ausführungsgang des Receptaculum seminis, dicht an der Stelle wo er vom Keimstock abgeht, auf. Beide Gänge sind von einer Ringmuskelschicht bekleidet, sowie mit einem, dem Pharynxepithel nicht unähnlichen, kernführenden Epithel ausgestattet (Fig. 15 rsu. od). Es ist in so fern interessant, als man in ihm die schon im Körperepithel beobachteten wasserklaren Räume findet (ob mit denselben thatsäch- lich identisch, sei dahingestellt), ferner zeigt es oft lappige Vorsprünge, die man besonders in dem, das Receptaculum seminis auskleidenden Epithel reichlich vorfindet. Kerne sind im Übrigen ziemlich selten, daher man oft Schnitte findet, wo kein Kern zu treffen ist. Flimmer- eilien sind nicht vorhanden. Ich bemerke übrigens, dass die Muskula- tur des Oviducts bedeutend stärker entwickelt ist, als die des Ductus receptaculi seminis, was jedenfalls mit der Funktion des Oviducts, durch peristaltische Kontraktionen die Keimzellen weiter zu bewegen, zusammenhängt. Der Ductus receptaculi seminis ist oft mit einem körnigen Sekret erfüllt. In dem birnförmigen, etwa 0,08 mm im Durch- messer besitzenden Receptaculum habe ich deutlich Spermaballen ge- sehen, womit seine Funktion als Spermabehälter erwiesen ist. Ich kann nicht unterlassen schon hier darauf hinzuweisen, dass es mir an Pikro- karmin- oder Alaunkarminschnitten sehr schwer, oft ganz unmöglich war, Spermatozoiden in den Geschlechtswegen zu finden, während durch Hämatoxylinfärbung mir dies immer gelang. Das Atrium genitale. Dasselbe stellt einen Trichter vor, der durch einen kreisförmigen Wulst in zwei ungleiche Theile zerlegt wird. Der größere stellt das Atrium genitale superius (Uterus im Sinne Braun’s), der kleinere das Atrium genitale inferius (Holzschnitt ai) mit dem Porus genitalis dar. Es ist diese Ausbildung überall zu verfolgen, sowohl an Längs- als Querschnitten und zeigt eine ziemlich regelmäßige Gestaltung. Das Atrium genitale superius nimmt die Mündung des Oviducts und der Dotterstöcke sowie den Penis auf. Der letztere ist natürlich manchmal 160 Kajetan Lippitsch, bis in das Atrium gen. inferius, ja selbst zur Geschlechtsöffnung vor- gestreckt. Die Auskleidung des Atrium erfolgt durch das sich ein- stülpende Körperepithel und besitzt dieselben Schichten wie die Mus- kulatur des Hautmuskelschlauches; auch konnte ich an seiner Wand deutlich Cilien wahrnehmen. Schließlich noch einige Zahlenwerthe Oviduct und Ductus receptaculi seminis haben so ziemlich denselben Lichtendurchmesser (0,02 mm); die Wanddicke mit 0,041 mm jederseits angenommen, giebt einen Totaldurchmesser von 0,04 mm. Der Durch- messer des Atrium genitale superius am größten Trichterkreise beträgt 0,14 mm, der des Atrium gen. inferius 0,06 mm. Übrigens variiren diese letzteren Dimensionen etwas nach den Kontraktionszuständen. Die Dotterstöcke (Fig. 4 und 5 do) nehmen die beiden Flanken und die Bauchseite des Thieres ein. Sie erstrecken sich im Allgemeinen vom Atrium gen. sup., in welches sie einmünden, bis zum hinteren Körperende; ich sah aber auch manchmal Dotterzellen vor dem Atrium gen. zu beiden Seiten des Pharynx. Auf Querschnitten sieht man, wie die Dotterzellen zu sog. Dotterkammern zusammengeordnet sind. Die Anzahl der eine Kammer ausfüllenden Dotterzellen ist sehr variabel, es lässt sich keine bestimmte Zahl angeben. Die Histologie dieser Zellen ist nur an jungen Elementen zu studiren; man sieht, wie die Zellen durch Druck mehr oder weniger polygonal erscheinen. Das Zellplasma ist stark mit Farbstoffen imbibirbar. Der Kern hat eine körnige peri- phere Schicht, von welcher eine helle, kreisrunde Zone umschlossen wird, in deren Mittelpunkt das vollständig homogene, sich am stärk- sten färbende Kernkörperchen liegt. Im Plasma der Dotterzellen treten die Dotterkörnchen auf, Blättehen von runder Gestalt und gelblich brauner Farbe. An älteren Dotterstöcken ist von den Zellen gar nichts mehr zu sehen, da die hellglänzenden Dotterblättchen Alles verdecken. Der letzteren mittlerer Durchmesser kann mit 0,006 mm angenommen werden, der Durchmesser der Dotterzellen beträgt 0,018—0,02 mm. Männlicher Apparat (vgl. Holzschnitt und Fig. 16). Vesicula seminalis (vs), Vesicula granulorum (vg) und Penis (pe) geben zusammen ein birnförmiges Gebilde, das sehr stark muskulös gebaut ist. Die Samenblase ist von einer starken äußeren Ring- und inneren Längs- muskelschicht umschlossen und überdies im Inneren von einem schö- nen Epithel ausgekleidet; seitlich rechts und links nimmt sie die beiden Vasa deferentia (vd) auf. Immer konnte ich in der Vesicula seminalis Ballen von Spermatozoiden (sp) wahrnehmen. Aus der Samenblase führt durch die Kornsekretkammer der Ductus ejaculatorius in das eigentliche Begattungsglied, den Penis. Von allen früheren Beobachtern wird an- geführt, dass der Penis mit einer Chitinröhre armirt sei, doch habe ich Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunetatum Oe. 161 dieselbe an meinen Schnittpräparaten eben so wenig wie Braun deutlich machen können. Auch habe ich nicht selten die Penisspitze umgebogen gefunden. M. ScauLtzE bemerkt in seiner Beschreibung der vorliegenden Species: »Der Penis stellt eine einfache harte Röhre dar, welche namentlich vor der vollständigen Geschlechtsreife mit einer feinkörnigen Masse ziemlich dicht angefüllt ist und dadurch ein Aussehen erhält als läge noch ein dunkler Körper in ihr.« Diesen Körper nannte O. Scamipr »Stempel«. Nun ist es mir sehr wahr- scheinlich, dass beiden Beobachtern nichts Anderes vorgelegen, als ein, den Duetus ejaculatorius ausfüllender Spermapfropfen. In Bezug auf das Verhalten der Kornsekretkammer haben wir hier das von v. GRAFF (l. ce. p. 165 ff.) als für die Vorticiden charakteristisch beschriebene verwirklicht, wie man sehr schön an genau median ge- führten Schnitten beobachten kann. Man sieht da, wie das blinde Ende des Penis sich in zwei Theile sondert; die Samenblase, die durch ihren Gehalt absolut nicht zu verkennen ist und distalwärts darauf folgend die Vesicula granulorum. Man sieht ganz deutlich, wie die körnige, sich schwach färbende Sekretmasse von dem central ver- laufenden Duetus ejaculatorius (durch Spermafäden gekennzeichnet) durchsetzt wird. Die Gesammtlänge des männlichen Copulationsorgans beträgt 0,08 mm. Die Hoden (Fig. 4 h) nehmen das zweite Körperdrittel ein. Die an ihren vorderen Enden abgehenden Vasa deferentia münden ge- trennt in die Vesicula seminalis. Was die reifen Spermatozoen (Fig. 14) anbetrifft, so verweise ich auf die Anmerkung p. 148. Hinsichtlich des histologischen Aufbaues der Hoden bin ich zu demselben Resultate gelangt, wie Bönnıc bei Graffilla muricicola, indem auch hier eine die Hoden umhüllende Membran nicht zu sehen ist, sondern erstere einfach im Bindegewebe verpackt sind. Die accessorischen Drüsen, welche in das Atrium einmünden (Holzschnitt, Fig. 5 und 15 dr) sind wahrscheinlich identisch mit den von v. Inerıne ! und Bönnıg beschriebenen »Schalendrüsen«, welchen die Produktion der Eischalensuhstanz zugeschrieben wird. An Flächen- schnitten, welche den »Uterus« treffen, kann man die rosettenförmige Anordnung dieser Drüsen sehr gut sehen. Mit Hämatoxylin färben sie sich sehr stark, mit Pikrokarmin schön rosenroth. Ihr Plasma ist fein- körnig und ihre Gestalt birnförmig. Excentrisch liegende Kerne wer- den an ihnen beobachtet. Der Breitendurchmesser der Drüsen beträgt IH. v. Inerıng, Graffilla muricicola, eine parasitische Rhabdocöle. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. Leipzig 1880. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. AA 162 Kajetan Lippitsch, im Mittel 0,016 mm, ihr Längendurchmesser übertrifft den Breiten- durchmesser bedeutend. | | Das Nervensystem und die Sinnesorgane. Das Nerven- system ist bei Derost. unipunetatum wohl entwickelt. Es besteht aus zwei Ganglien, die durch eine starke Kommissur mit einander verbun- den sind. Die Gesammtform des Gehirns (das Thier von der Rücken- seite betrachtet) ist trapezförmig (Fig. 17) mit abgerundeten Ecken; es liegt dem Pharynx auf und hat, da derselbe mit der Körperachse einen stumpfen Winkel einschließt, ebenfalls eine gegen den Horizont ge- neigte Lage. Wir können am Gehirn die schon von zahlreichen For- schern gefundenen zwei Schichten hier wieder erkennen: eine peri- pher gelegene aus Ganglienzellen bestehende Gehirnrinde (Fig. 2 u. 3 99) und eine central gelegene Fibrillenmasse ps (Levvıe’s Punktsubstanz). Aus dieser Punktsubstanz entspringen auch sämmtliche Nerven. Für die Dimensionen des Gehirns gebe ich folgende Werthe an. Länge 0,14 mm, größte Breite 0,24 mm, mittlere Höhe 0,1 mm. Die besten histologischen Bilder habe ich durch Pikrokarmin- oder Hämatoxylin- tinktion und (bei letzterer Färbung) vorheriges Behandeln mit einem Gemisch von Osmiumessigsäure erhalten. An einem beliebig durch das Gehirn geführten Quer- oder Längsschnitt kann man die periphere Lage dicht gedrängter Ganglienzellenkerne (die Plasmaleiber sind nicht zu sehen!) schön beobachten. Diese Kerne sind rundlich und elliptisch, haben einen Durchmesser von 0,006 mm. Sie nehmen sehr stark Farb- stoffe auf und bestehen aus zahlreichen kleinen Körnchen. Die Punkt- substanz färbt sich schwach, ist aber stellenweise deutlich aus Fi- brillen zusammengesetzt; die Nerven werden bei ihrem Austritte aus der Fibrillenmasse noch eine Strecke weit von Ganglienzellen be- gleitet und sind sämmtlich schwierig nachweisbar. Alle sind paarig bis auf einen medianen von der vorderen Wand des Gehirns bis gegen die vordere Körperspitze verlaufenden Nerven (nm). Bönmıe hat für Graffilla murieicola ein Gehirnschema gegeben, nach ihm hat F. Scanipr das Nervensystem von Graffilla Braunii genauer untersucht und die meisten der von Bönmie bei Graffilla murieicola entdeckten Nerven bei seiner Species wiedergefunden. Derost. unipunctatum lehnt sich stark an Graffilla an. Ich habe sämmtliche von F. Scanipr für seine Species angegebenen Nerven hier wiedergefunden und die Bönnise’sche Be- zeichnungsweise, der sich auch F. Scanıpr bediente, beibehalten. Die beiden mächtigen, sich in mehrere Stränge theilenden, rechts und links am Vorderrand aus der Punktsubstanz des Gehirns entspringenden »exquisiten Sinnesnerven« Bönnıg’s (n,) habe ich gut entwickelt ge- funden. Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. 163 Sie übertreffen alle übrigen Nerven an Dicke und können als Nervi optici bezeichnet werden und verlaufen eben so wie der Median- nerv bis zum Epithel des vorderen Körperpoles. Seitlich und auswärts von ihnen liegen die »diffusen Pigment- flecke«, die sich vom Gehirn bis zur vorderen Körperspitze erstrecken, aus zahlreichen, glänzenden gelblich braunen Körnchen bestehen, und im Körperparenchym den Sinnesnerven anliegen (Fig. 2 au). Näheres über diese »Augen« siehe in der Anm. p. 147. Da (wie schon bei Be- sprechung des Integumentes erwähnt) die Epithelzellen des Vorder- endes dicht gedrängt und kleiner sind als am übrigen Körper und Herr Professor v. Grarr in seiner Anm. p. 148 von einem »Tastfleck« des Vorderendes spricht, so suchte ich daselbst nach Nervenendigungen — jedoch ohne Erfolg. Bönnıe führt ferner einen Nervus dorsalis (n,) und einen Nervus ventralis (n,) an. Beide habe ich gut sehen können, doch bot mir der Nachweis des ersteren bedeutend mehr Schwierigkeiten. Scumipr ver- mochte bei Graffilla Braunii diesen n, nicht aufzufinden. Für n, stehen die Dinge besser. Sowohl Scnmipr als ich beobachteten ihn, und zwar fand Ersterer »an der unteren Fläche jedes Ganglions entspringend einen starken Nervenstamm, der an der Seite des Ösophagus in dorso- ventraler Richtung verläuft, sich aber sehr bald nach seinem Ursprung unregelmäßig theilt; einzelne Faserbündel zweigen sich seitlich ab, während der Rest parallel der Ösophaguswandung herabzieht. Einen Schlundring konnte ich nie nachweisen«. Ich’habe ein gleiches Verhal- ten bei Derost. unipunctatum gefunden. Die pinselförmige Verzwei- gung des Nervus ventralis (n,) war sehr schön zu beobachten. — Der. Nerv n, entspringt jederseits etwas hinter dem Ursprung des Nervus ventralis; ich nenne ihn Nervus lateralis (nicht »Seitennerv« im Sinne Bönmie’s, was bei ihm so viel ist als »Längsnerv«). Dieser n, ist an Quer- schnittsbildern, die senkrecht zur Achse des Pharynx geführt werden, immer deutlich nachzuweisen. Von der Existenz des n, Bönnmte’s konnte ich keine sichere Gewissheit erlangen; ich sah wohl an Flächenschnitten hin und wieder Fasern, die sich seitwärts und nach vorn wandten, doch konnte ich mir kein distinktes Bild verschaffen. Es ist übrigens auch möglich, dass mein n, Bönnıe’s n, + n, entspricht. Der Längs- nerv n, Nervus longitudinalis (dexter und sinister) entspringt am hinteren Theile des Gehirns, macht dann eine »$«-förmige Krümmung nach ab- und auswärts und verläuft parallel der Bauchseite. Ich war im Stande ihn ziemlich weit nach rückwärts zu verfolgen (etwa ?/, der Thier- länge). Den Geschlechtsnerv (n; Bönnie’s) konnte ich bei Derost. uni- punctatum eben so wenig sehen, wie Scnuipr bei Graffilla Braunii. 11* 164 Kajetan Lippitsch, Mir ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Geschlechtsapparat schon in Folge seiner topographischen Lage (er liegt ja zwischen den beiden Längsnerven), von einem Seitenaste des n, versorgt wird. Ein Schlund- ring, wie ihn Serera (l. c. Fig. 12) von Derost. typhlops zeichnet, exi- stirt hier ganz bestimmt nicht. Das Exkretionssystem. O. Scanipr gab zuerst eine Darstellung des Wassergefäßsystems dieser Species. Nach ihm besteht dasselbe »aus zwei getrennten seitlichen Partien, deren Mündungen sich nicht, wie bei den Mesostomeen in unmittelbarer Nähe des Mundes befinden, son- dern ziemlich weit nach hinten gerückt sind «. Francotte beschrieb 18811 das Wassergefäßsystem des Derost. Benedeni. Es heißt daselbst: L’appareil exereteur est forme de deux canaux prineipaux places longitudinalement de chaque cöte de la ligne mediane; ils se reunissent en avant pour former une anse immediatement au dessus du bulbe pharyngien; les branches internes des deux anses sont en communication par une branche transversale au milieu de laquelle se trouve l’orifice externe de tout le systeme aquifere. Vers le tiers an- terieur vis A vis des organes sexuels, on voit de chaque eöte ces vais- seaux se reunir et s’entortiller sur eux-m&mes. Posterieurement, ces deux canaux se r&eunissent encore en se pelotonnant de nouveau, de facon A former un v£eritable glomerule. Dans l’interieur de chacun de ces canaux, on trouve jusqu’a trente flammes vibratiles dans la longueur du eorps.« Außer diesem System von Kanälen beschreibt er noch ein zweites, aus viel feineren Kanälen bestehendes, das zahlreiche Schlingen bildet und mit dem ersteren anastomosirt. FrancoTTE fand ferner das ganze System erfüllt von einer klaren Flüssigkeit mit in derselben suspen- dirten Körperchen, die er auch in den Lymphräumen (espaces lympha- tiques) des Thieres gesehen hat. Braun behauptet bei Derostoma uni- punctatum die dorsal gelegene Mündung der Hauptstämme rechts und links am Körper mit aller wünschenswerthen Sicherheit gesehen zu haben, dagegen nicht die Öffnung in die Pharyngealtasche oder vor derselben. Über die Topographie der beiden Hauptstämme äußert sich Braun folgendermaßen: »Auf den Querschnitten liegen hinter dem Uterus die beiden Hauptstämme jederseits zwischen den Dotterstöcken und dem Darm.« Ich habe die Hauptstämme und die Mündungsstellen nach außen mit absoluter Sicherheit nachzuweisen vermocht. Rechts und links von der Medianlinie, ungefähr in halber Körperlänge, liegen 1 P. FRANCOTTE, »Sur l’appareil excreteur des Turbellaries rhabdocoeles et den- drocoeles.« Bull. Acad. roy. Belg. 3. ser. T. I. Bruxelles 41881. (Dasselbe in Arch. de Biologie. Vol. Il. 4884.) Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. 165 ventralwärts die Mündungsstellen der beiden Hauptstämme. Die Entfernung der beiden Pori beträgt eirca 0,27 mm. Ihre Gestalt ist nach außen zu konisch verjüngt und ihre Breite beträgt an der weite- sten Stelle 0,002 mm, während der Porus selbst 0,004 mm breit ist. Die beiden Hauptstämme verlaufen in schwachen Schlängelungen vom Uterus bis zu ihrer Mündungsstelle, sowohl der Bauchseite als auch einander ziemlich parallel, zwischen Darm- und Dotterstöcken einge- bettet, in einer Entfernung von circa 0,27 mm von einander, genau symmetrisch zur Mediane. Der Lichtendurchmesser der Hauptstämme beträgt circa 0,016 mm; ihre Wandung besteht aus einer distinkten Membran von 0,001—0,002 mm Dicke. Vor dem Übergange in den Exkretionsbecher verjüngt sich das Lumen des Gefäßes allmählich. Außer diesen Hauptstämmen kommen noch Gefäßbündel (aus drei, vier und mehreren Gefäßen bestehend) hinzu, die von dem hinteren Körperende nach vorn verlaufen. Sie liegen rechts und links von der Mediane (symmetrisch) parallel der Bauchseite zwischen Darın und Dot- terstöcken. Ihre Entfernung von einander beträgt circa 0,3 mm; sie sind jedoch etwas mehr von der Bauchseite entfernt als die Haupt- stämme. Diese Bündel nun münden jederseits in der Nähe der Pori in die Enden der Hauptstämme ein. An einem der Mediane parallelen Längsschnitte konnte ich den einen Hauptstamm, den Porus, die Ein- mündungsstelle des von hinten kommenden Gefäßbündels, sowie Theile desselben sehr deutlich sehen. Auch konnte ich diese Stränge über die Mündunssstelle hinaus nach vorn eine Strecke weit ver- folgen. Befinde ich mich nun auch in Bezug auf die Lage der paarigen Exkretionspori in einem direkten Gegensatze zu Braun, so kann ich doch gleich ihm konstatiren, dass eine unpaare Ausmündung durch die Pha- ryngealtasche — wie eine solche von FrancoT1E für Derostoma Benedeni und von SererA für Derostoma typhlops als neben den paarigen Aus- mündungen vorhanden, behauptet wird — bei Derostoma unipunctatum nicht vorkommt (s. auch die Anmerkung Prof. v. Grarr's p. 148). Die Krystalloide. Prof. v. Grarr hat dieselben in Fig. 12 nach dem Leben abgebildet (s. Anm. p. 148) und ich konnte sie an gefärbten Zerzupfungspräparaten studiren. An solchen (Fig. 11 kA) haben die Krystalloide einen Durchmesser von 0,006—0,008 mm und zeigen einen centralen, runden, stark gefärbten Kern und einen gezackten Rand, sehen also morgensternartig aus. Harırz! hat diese Gebilde bei Meso- 1 P. Harrez, Contributions a l’histoire naturelle des Turbellaries. Lille 1879. DETIST, 166 | Kajetan Lippitsch, stomiden für wirkliche Pentagonaldodekaeder angesprochen — eine Auffassung, die weder für die frischen, noch für die konservirten »Kry- stalloide« unseres Derostoma zutrifft. Erklärung der Abbildungen. Durchgängige Bedeutung der Buchstaben: ai, Atrium genitale inferius; alm, äußere Längsmuskelschicht des Pharynx; arm, äußere Ringmuskelschicht des Pharynx; au, Augenflecken; bg, Bindegewebsbalken, bm, Basalmembran des Epithels; da, Darmepithel; da,, Anfangstheil des Darmes; di, Darminhalt; do, Dotterstock;; dr, accessorische Drüsen des Geschlechtsapparates; dvm, Dorsoventralmuskeln = Sagittalmuskeln;; e, Epithel der Körperoberfläche; eb, Borsien des Epithels; g9, Gehirn; gg, Ganglienkerne des Gehirns h, Hoden; hd, Hautdrüsen; hm, Hautmuskelschlauch; i, Insertion der Dorsoventralmuskeln ; ilm, innere Längsmuskelschicht des Pharynx; irm, innere Ringmuskelschicht des Pharynx; k, Bindegewebskerne ; kk, Krystalloide; Im, Längsmuskeln des Hautmuskelschlauches ; n,, Nervus opticus; na, Nervus dorsalis; na, Nervus ventralis; ne, Nervus lateralis; 07, Nervus longitudinalis; nm, Nervus medianus; od, Keimleiter; ov, Keimstock;; p, Plasmaausfüllung der Bindegewebskammern; pa, Ausmündungspapille der Pharyngealdrüsen; pe, Penis; ph, Pharynx; Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunetatum Qe. 167 phd, Pharyngealdrüsen; = phe, Pharyngealepithel; pht, Pharyngealtasche; ps, Punktsubstanz des Gehirns; r, Retractoren des Pharynx; rdm, Radiärmuskeln des Pharynx; rm, Ringmuskeln des Hautmuskelschlauches; rs, Receptaculum seminis; sdr, Stäbchendrüsen ; sp, Spermaballen ; sph, Sphincter des Pharynx; vd und vdı, Vasa deferentia; vg, Vesicula granulorum ; vs, Vesicula seminalis. Tafel VIII. (Die Figuren 4, 42, 43,44 sind mir von Herrn Professor v. GrAFF zur Verfügung gestellt worden.) Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. v2 4 A Derost. unipunctatum, nach dem Leben gezeichnet. Zweimal vergrößert. 2. Horizontalschnitt durch das Vorderende. 3. Querschnitt durch die Pharyngealgegend. 4. Querschnitt aus der Mitte des Körpers. 5. 6 7 8 Fast medianer Längsschnitt. (Der Mund ist nicht getroffen.) . Querschnitt durch den Pharynx. . Längsschnitt durch den Pharynx. . Körperepithel in der Flächenansicht nach Sublimatbehandlunge. g. Dasselbe nach Osmiumsäurebehandlung. 0. Bindegewebe aus dem Hinterende des Körpers. 1. Stück aus einem Längsschnitt, um die Insertion der Dorsoventralmus- keln zu zeigen. 12. Krystalloide, nach dem Leben gezeichnet. Fig. .43. Durchschnitt des hartschaligen Eies. . 14. Reife Spermatozoen. Fig. 15. Stück aus einem Querschnitt in der Gegend des Geschlechtsapparates. Fig. 16, Stück aus einem Längsschnitt durch den Penis. 17. Gehirnschema nach Querschnitten konstruirt (die Nervenbezeichnung nach Bönmie’s Graffilla-Arbeit). Auf der rechten Seite erscheint die Decke abge- nommen, um die Ursprünge der Nerven aus der Punktsubstanz zu zeigen, Fig. u ET Eee 1 ee te r r Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. Von Oswald Seeliger, Privatdocenten an der Universität Berlin. Mit Tafel IX und X und 6 Holzschuitten. Das Material zu der vorliegenden Untersuchung wurde während eines längeren Aufenthaltes im Sommer des vorigen Jahres in der Zoo- logischen Station zu Triest gesammelt. Ich nehme gern die Gelegenheit wahr, um an dieser Stelle dem Direktor der Station, Herrn Professor C. Cıaus, der mir einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hatte, und Herrn Dr. Ep. GrAEFFE, der mir bei der Beschaffung des Materials in liebenswürdigster Weise behilflich war, meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Wie schon frühere Autoren erwähnt haben, empfiehlt es sich, die Knospung an konservirtem Materiale zu studiren. Zur Fixirung der Gewebe bewährten sich in vorzüglichster Weise Sublimatlösungen und deren Mischungen mit anderen Reagentien. Zunächst wendete ich eine einfache in filtrirtem Seewasser heiß gesättigte Sublimatlösung an, mit welcher kleine Stöckchen übergossen wurden, entweder nachdem die Flüssigkeit vollständig erkaltet war, oder nachdem dieselbe wieder auf eine Temperatur von 70° Celsius gebracht worden war. Bei letzterem Verfahren hebt sich die Cuticula beträchtlich weit von der ektodermalen Matrix ab. Noch geeigneter erwiesen sich zwei andere Methoden. Die heiße Sublimatlösung wurde mit !/;, Raumtheil Eisessig vermischt und dann kalt angewendet. Auf kleinere Gewebsstücke und Larven ließ ich diese Lösung fünf bis acht Minuten einwirken und erhielt nach gründ- licher Auswaschung in Wasser und Färbung mit Boraxkarmin außer- ordentlich klare Präparate. Wurden ganze Stöcke behandelt, so ließ ich.die Lösung längere Zeit wirksam sein. Mit Erfolg bediente ich mich auch eines Zusatzes von Chromsäure zu dieser Sublimat-Essigsäure. » Am geeignetsten schien es mir, diesen Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 169 in !/;, Proeent Stärke anzuwenden. Der einzige Nachtheil ist der, dass die Färbung nachher nicht so gut gelingen will wie nach den vorhin erwähnten Behandlungen. Dem gegenüber erscheint aber der Vortheil, dass namentlich die epitheliale Struktur scharf erhalten bleibt, um so bedeutungsvoller, als es mir bei dieser Untersuchung von großer Wichtigkeit war, das entodermale, vom Mutterthier stammende Zell- säckchen in den jungen Knospen aufzufinden. Allerdings habe ich er- folglos danach gesucht. Außer diesen Konservirungsmethoden versuchte ich noch KLEINEN- BERG’sche Pikrinschwefelsäure- und Osmiumsäurebehandlung. Jedoch halten die so gewonnenen Präparate mit den anderen keinen Vergleich aus, so dass ich mich bei der Untersuchung auf diese beschränkte. I. Die Bildung des Bryozoenstockes. Über die Vorgänge bei der ungeschlechtlichen Vermehrung der endoprokten Bryozoen liegen zwei, sich selbst in den wesentlichsten Punkten widersprechende Angaben vor. Die eine Auffassung hat Nırsche! begründet. Durch die Untersuchung von Loxosoma ist er zu dem Ergebnisse gelangt, dass sich die Knospen ausschließlich aus dem Ektoderm ihres Mutterthieres aufbauen. »Ich kann ganz bestimmt be- haupten, dass die Knospe ausschließlich aus der Leibeswand des Mutterthieres sich bildet. Es geht stets in die Bildung einer Knospe ein !)ein Stück der polygonalen Zellschicht der mütterlichen Leibeswand, und 2) der diesem entspre- chende Theil der Guticula des Mutterthieres« (l. c. p. 371). Die Knospung beginne frühzeitig immer an einer ganz bestimmten Stelle, wenn die Ektodermzellen noch jugendlichen, entwicklungsfähi- gen Zustand aufwiesen und noch nicht, wie dies später namentlich im Stiele der Fall sei, zu »flachen, saftlosen, gegen einander kaum deutlich abgegrenzten Epithelzellen« geworden seien. Die Bildung des Tochter- individuums ginge in sehr einfacher Weise vor sich. In der die Knospe bildenden, noch flach ausgebreiteten Ektodermzellgruppe, die in letz- ter Instanz möglicherweise aus einer Zelle entstanden sein könne, ließe sich eine größere centrale Zelle von den sie umgebenden peripheren unterscheiden (vgl. die im Holzschnitt beigegebene Abbildung I. Die erstere bilde das Entoderm der Knospe, die letzteren Ektoderm und Mesoderm. Die Entodermzelle theile sich zunächst in zwei Theile (Fig. I, und indem ihre weiteren Theilungen vornehmlich parallel zur Oberfläche erfolgten, entständen zwei in die Tiefe rückende entodermale 1 H. NitschE, Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen. V. Über die Knospung der Bryozoen. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. 170 Oswald Seeliger, Zellplatten (Fig. III), aus welchen später das gesammte Polypid, also Atrium und Verdauungstractus, sich bilde. Auf jeder Seite der Ento- dermzellen sonderten sich zwei Zellen der peripheren Gruppe zu Meso- dermzellen, welche während der erwähnten Vorgänge in die primäre Leibeshöhle hineinwanderten und sich durch Theilung vermehrten, um das sogenannte Körperparenchym zu bilden. So ist also das dreiblätt- rige jugendliche Knospenstadium in Fig. IV gewonnen, welches alle Beobachter bei Loxosoma und auch bei Pedicellina in mehr oder min- der modifieirter Weise angetroffen haben, und welches auch wir in der Beschreibung weiter unten wiederfinden werden. iD rl) Dr N >> N S Fig. IV. ec, Ektodermanlage der Knospe; en, deren Entoderm; ns, das Mesoderm. Die späteren Beobachter der Knospung der endoprokten Bryozoen haben sich fast ausnahmslos dieser Darstellung Nırscar's mehr oder minder innig angeschlossen. So Carr Vosr!, der ebenfalls ausdrück- lich erwähnt, dass bei der von ihm beobachteten Knospung von Loxo- soma phascolosomatum nur das Ektoderm des Mutterthieres sich be- theilige. In den wesentlichsten Punkten hat sich auch Sarensky? für Nırsche’s Auffassung erklärt, nicht nur bezüglich Loxosoma, sondern auch für Pedicellina. Freilich scheint Sırensky gerade für die Entschei- dung der wichtigsten Frage, nämlich für die Herleitung der drei Keimblätter der Knospe aus den Schichten und Geweben des Mutter- thieres keine geeigneten Stadien angetroffen zu haben, denn er äußert sich darüber nur vorsichtig. So sagt er bezüglich der Entstehung des. Entoderms: »Sur le sommet du bourgeon, quelques cellules de lecto- derme s’allongent et s’enfoncent en dedans; probablement? ces cel- lules donnent naissance A l’entoderme.« 1 C. Vogt, »Sur le Loxosome des Phascolosomes (Loxosoma phascolosomatum)«. Arch. zool. exper. 1876. 2 SALENSKY, »Etudes sur les Bryozoaires entoproctes.« Annal. d. Science. natur. 6. Ser. Zool. Bd. V. 1877. 3 Dieses Wort ist von mir durch den Druck bervorgehoben. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 171 Einen durchaus verschiedenen Standpunkt nimmt Harscark! ein. Bezüglich der Klarheit der Abbildungen und der Ausführlichkeit der Beschreibung lässt sich kaum eine der früheren Arbeiten mit der sei- nigen vergleichen, so dass seine Befunde von BaLrour? und Craus® vollständig aufgenommen wurden, und dass zum Theil selbst solche Vorgänge, welche Harscaek selbst als nur wahrscheinlich und noch unerwiesen hinstellte, in Lehrbüchern als erwiesene Thatsachen hin- gestellt werden konnten. Harschek lässt alle drei Keimblätter des Mutterthieres bei der Bil- dung der Knospe thätig sein. Damit erschiene der Knospungsvorgang der Bryozoen als der nämliche wie der der Tunicaten und stände auch in Übereinstimmung mit den für die Cölenteraten bekannt gewordenen Thatsachen, mit welchen sich die älteren Angaben über die Bryozoen- knospung nicht vereinigen ließen. Die drei Keimblätter aller Knospen leiten sich nach Harscaek in letzter Instanz von den gleichen Blättern des Embryo ab, und zwar glaubt er den entodermalen Antheil in den Fig. V. Fig. VI. a, Atrium; dr, Drüse; en, en,, Entodermsäckchen; hd, Hinterdarm; m, Magen; ms, Mesoderm: oe, Ösophagus; x, Rückenorgan, vermeintliche Knospenanlage. Knospen, den Niemand außer ihm beobachtet hatte, auf das räthselhafte Organ (x in dem beigefügten Holzschnitt Fig. V) der Larve zurückführen zu sollen, für welches er einen entodermalen Ursprung feststellte. Von einem Theil dieses Entodermsäckchens der Larve stamme also das Entoderm ab, welches an der freiwachsenden und knospenbildenden 1 B. HATscHEx, »Embryonalentwicklung und Knospung der Pedicellina echinata«. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 1877. 2 BArtrour, »Handbuch der vergl. Embryologie«. Bd. I. p. 280 ff. Jena 1880. 3 Craus, »Lehrbuch der Zoologie«, 4. Aufl. 1887. p. 618. 172 Oswald Seeliger, \ Spitze des Stolos anzutreffen sei. Bei der Bildung der Knospe würde aber nicht das ganze Entoderm im Stole verwendet, sondern nur ein Theil desselben. Denn es zerfalle in zwei Abschnitte; der eine (en, in Fig. Vl) rücke in die buckelförmige Erhebung des Ektoderms hinein, um den Mitteltheil des Verdauungstractus der Knospe zu bilden, wäh- rend der andere (en) zunächst ohne weitere Entwicklung auf dem in- differenten Stadium verharre. Erst wenn sich später eine neue Knospe anlege, theile sich dieses Entodermsäckchen genau in der eben erwähn- ten Weise in zwei (en, und en), von denen das eine wiederum nur den Mitteldarm der zweiten Knospe liefere, das andere aber das Entoderm für alle noch später auftretenden Knospen in sich vereinige. Was HarscHer’s Angaben über die weitere Umbildung der drei- blätterigen Anlage zur fertigen Pedicellinaform anlangt, so will ich mich an dieser Stelle darauf beschränken, zu erwähnen, dass aus einer vom entodermalen mittleren Darme vollständig unabhängigen, zunächst so- liden, dann sich aushöhlenden Ektodermwucherung (a in der schema- tischen Abbildung VI) Atrium, Tentakeln, Ösophagus, Hinterdarm und Ganglion entstehen sollen. Auf die ausführlichen Angaben Harscher’s werde ich weiter unten noch zurückkommen müssen. Gegen die Vermuthung Harscher's, dass das oben erwähnte Rücken- organ der Larve für die Knospung Bedeutung habe, sind seither von verschiedener Seite Widersprüche erhoben worden. Schon die älteren Angaben von Barroıs!, die allerdings noch recht wenig vollständig lau- teten, waren einer solchen Auffassung keineswegs günstig. Später hat dieser Autor die postembryonale Entwicklung von Pedicellina speeiell untersucht ? und nachgewiesen, dass sie eine tiefgehende Metamorphose darstelle. Seither sind diese Ergebnisse bereits von HArmer ® im Wesent- lichen bestätigt worden, der die Untersuchung an zahlreichen Längs- und Querschnitten ausgeführt hat, so dass seine Resultate allen An- spruch auf Zuverlässigkeit er heben können. Von der Festsetzung der Larve mit dem oralen (in der BEE den Abbildung nach oben gekehrten) Pole, wie sie von diesen Autoren behauptet wird, kann man sich in der That leicht überzeugen. Schon ganz kurze Zeit, nachdem ich Pedicellinastöckchen mit alten Indivi- duen, in deren Bruträumen Embryonen lagen, in größere Glasgefäße 1 Barroıs, »Memoire sur l’embryologie des Bryozoaires«. p. 38 ff. Lille 1877. 2 Ders., »Metamorphose dela Pedicelline«. Compt.rend. T.XCII. p.4527. 4884. — »Memoire sur la metamorphose de quelques Bryozoaires«. Annal. Sc. natur. (7) Zoolog. I. 1886. 3 HARMER, »On the life-history of Pedicellina«. Quart. Journ. Microse. Scienc. Vol. XXV1I. 4887. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 173 gebracht hatte, fanden sich an der Oberfläche des Wassers zahlreiche freischwimmende Larven. Über die Zeitdauer der freien Larvenpe- riode, die überaus variabel zu sein scheint, kann ich keine bestimmten Angaben machen; in vielen Fällen ist sie nur sehr kurz, vielleicht nur einige Stunden. Im Gegensatze zu früheren Beobachtern fand ich trotz aufmerksamer Durchmusterung des Glasgefäßes an den Wänden keine einzige festgesetzte Larvenform. Dagegen waren solche auf den Pflan- zentheilen, zwischen welchen sich die Mutterthiere angesiedelt hatten, unschwer aufzufinden. In Fig. 1, Taf. IX, gebe ich eine Abbildung einer solchen festge- setzten jungen Solitärform. Die Umkehrung des gesammten Polypids und die Rückbildung der provisorischen Larvenorgane!, die nament- lich von Harmer ausführlich besprochen wurden, haben bereits stattge- funden, und von dem vermeintlichen Knospungsorgane ist also nichts mehr vorhanden. Auf diesem Stadium ähnelt die junge Pedicellina einer Loxosoma, bei der ebenfalls die Sonderung in Stiel und Köpf- chen nur unvollkommen ausgeprägt ist. Der gesammte untere Abschnitt, der zum Stiel wird, ist mit sehr verschieden geformten Mesodermzellen erfüllt. Auf diesem Stadium und auch schon auf jüngeren, bald nachdem die freischwimmende Larve sich mit der Oralseite festgesetzt hat, dringen überaus häufig parasitäre Infusorien in das Thier ein und zerstören es. Bei der Unter- suchung von ausschließlich konservirtem Materiale scheint dann leicht eine Verwechslung der Parasiten mit Phagocytenzellen möglich zu sein, womit ich jedoch durchaus nicht behaupten möchte, dass diese letzte- ren nicht in Wirklichkeit während der Metamorphose auftreten und Bedeutung haben. Im Verdauungstractus sind auf diesem Stadium bereits die ein- zelnen Abschnitte als Ösophagus, Magen, Mittel- und Enddarm zur Sonderung gelangt, obwohl sich dieselbe allerdings noch weniger voll- kommen zeigt, als in der Endform. Im Atrium, welches sich bereits nach außen durch einen schlitzförmigen Spalt geöffnet hat, erscheint die Anlage von einigen Tentakeln, die bereits Hırmer erwähnt hat. Das ektodermale Hautepithel hat allseitig eine Cuticula ausgeschieden und weist an der Festheftungsstelle eylindrische Drüsenzellen auf, 1 Diese beiden in der schematischen Abbildung V mit dr und & bezeichneten Gebilde fasst Barroıs als larvale Sinnesorgane auf, denen keine besondere morpho- logische Bedeutung beizumessen sei. HarmEr nennt das vermeintliche Knospungs- organ HATScHEr’S (&) Gehirn. Aufseine Auffassung über den morphologischen Werth dieses Gebildes und die darauf gegründete Verwandtschaftsbeziehung der Bryozoen hier einzugehen, liegt mir fern. 174 Oswald Seeliger, während sich an den übrigen Orten vorwiegend ziemlich kleine meist kubische Zellen finden, welche von einem sogenannten embryonalen Charakter wenig mehr verrathen, so im Besonderen an der Stelle, an welcher später der Stolo entstehen muss. Ein bedeutend weiter entwickeltes Stadium zeigt Fig. 2. Durch eine tiefe ringförmige Furche, die horizontal verläuft, erscheint der 'ge- sammte Vorderabschnitt des Thieres als Köpfchen von dem hinteren Stiel scharf abgesetzt. Das erstere zeigt fast ganz den Bau, der aus der anatomischen Beschreibung der ausgebildeten Form durch die früheren Autoren bekannt geworden ist. Im Atrium ist die Zahl und die Ausbildung der Tentakeln merklich vorgeschritten. Die einzelnen Theile des Verdau- ungstractus zeigen eine schärfere Sonderung, und die dem Atrium zuge- kehrte Wand des Magens, die aufeinem früheren Stadium mehrschichtig erschien, besteht aus einem einschichtigen Cylinderepithel. Über dieser Wand liegt das Ganglion, und in der primären Leibeshöhle allenthalben zerstreut mannigfach geformte Mesodermzellen. Der Stiel ist beträchtlich schlanker geworden und besteht natür- lich wie im vorigen Stadium ausschließlich aus Ektoderm und Meso- derm. Unter den Mesodermzellen herrscht die Spindelform vor, da- zwischen finden sich aber auch sternförmige Bindegewebszellen und solche, die mehr rundlich geformt erscheinen. Die enge Verbindungs- stelle der Leibeshöhle des Stieles und Köpfchens wird durch eine Reihe quer gestellter, im Durchschnitt als äußerst feine Spindelzellen er- scheinender Mesodermelemente fast vollständig geschlossen. Im Ektoderm finden wir an der Festheftungsstelle wieder die eylin- drischen Drüsenzellen vor. Die übrigen Zellen hilden bereits ein flaches Epithel; nur am oberen Stielende, wo der Umschlag in das Ektoderm des Köpfchens erfolgt, und in einer mehr oder minder ausgedehnten Nachbarzone der Fußdrüse liegen freilich nur kleine kubische und cylinderförmige Zellen. Im Ektoderm des Stieles habe ich in Fig. 2 eine Stelle mit si bezeichnet, an welcher sich einige Zellen vorfinden, die sich gegenüber den benachbarten durch größere Kerne und, wie mir schien, plasmareicheren Leib auszeichnen. Ich nehme an, dass aus diesen weiterhin der Stolo mit sämmtlichen Knospen seinen Ursprung nimmt. Jedoch muss ich bemerken, dass ich auch solitäre Pedicellinen von ganz gleicher Ausbildung wie die abgebildete fand, bei welchen eine solche Zone noch mehr embryonaler Ektodermzellen nur unmittel- bar über der Fußdrüse anzutreffen war, so dass vielleicht die Stelle, an welcher der Stolo seinen Ausgang nimmt, an der Solitärform nicht voll- kommen genau bestimmt erscheint und möglicherweise von der Unter- lage abhängig ist, auf welcher die Festsetzung der Larve erfolgt war. u RO Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 175 Ein weiteres Stadium der aus der festgesetzten Larvenform ent- standenen Pedicellina, das sich durch bedeutendere Größe auszeichnet, findet sich in Fig. 3 abgebildet. Die Organisation im Köpfchen ist aus dem vorhergehenden Stadium ohne Weiteres zu verstehen. Zwischen Ganglion und Hinterdarm findet sich jederseits ein dem Hautepithel nahe liegender mesodermaler Zellhaufen, den ich für die Anlage der Geschlechtsorgane halte. Denn dass solche in der aus dem Ei stammen- den Form sich bilden und reifen, scheint mir um so gewisser, als wir auf diesem und auch schon auf dem vorhergehenden Stadium an der Atrialwand unfern vom Hinterdarm eine Ausstülpung antreffen, die die Anlage des Brutraumes darstellt. Vor dem Ganglion zwischen diesem und dem Ösophagus ist ein kleines s-förmig gekrümmtes paariges Ge- bilde zu erkennen, das ich als die Segmentalorgane deute. Die Länge einer Schleife betrug im Präparat 0,0021 mm. Im unteren, der Magen- wand genäherten Ende waren auf diesem Stadium zwei, wie zwei Geld- stücke über einander liegende solide Zellen zu unterscheiden, während sich der ganze übrige Abschnitt als röhrenförmig erwies. Das Organ liegt der Medianebene des Thieres nahe; die darüber liegenden Gewebe ver- hinderten mich daher, da ich das Präparat schonen wollte, ganz starke Objektive zu genauerer Untersuchung anzuwenden. Beide Organe, Ge- schlechtsorgane und Nierenkanälchen werden, wie ich annehmen muss, erst geraume Zeit nach der Festsetzung angelegt, denn in den vorhin erwähnten Stadien konnte ich sie noch nicht nachweisen. Die Übergangsstelle des Köpfehens zum Stiel hat die aus der Be- schreibung der ausgebildeten Form bekannte Gestalt angenommen. Auf dem Stiel sind bereits eine Anzahl cutieularer Stacheln zur Ent- wicklung gelangt, deren Achse, wenigstens im basalen Abschnitt, von einem protoplasmatischen Fortsatze einer Ektodermzelle durchsetzt wird. Die Ektodermzellen selbst stellen überall im Stiel mit Ausnahme des oberen Endes ein zartes Plattenepithel dar. Die Mesodermzellen haben fast sämmtlich Spindelform angenommen; dicht unter dem Haut- epithel ist die Stielmuskulatur mit ihren langen und feinen Längsfibril- len zur Ausbildung gelangt. An der Basis des Stieles sitzt ein Stolo, an dessen Spitze die erste Polypidanlage'! zur Entwicklung gelangt ist. Man sieht, dass der Stolo 1 Ich werde aus Zweckmäßigkeitsrücksichten für eine leichtere Beschreibung den Ausdruck »Polypid« für die gemeinsame Anlage des Atriums, der Tentakeln, des Ganglions und des Verdauungstractus beibehalten. Es wird dadurch nicht das Missverständnis hervorgerufen werden, als ob damit eine Rückkehr zu der alten Auffassung angedeutet werden solle, welche das Polypid als ein selbständiges durch Knospung am Cystid entstandenes und diesem gleichwerthiges Individuum 176 j Oswald Seeliger, von der Seite des Stieles entspringt, an welcher im Köpfchen der Hin- terdarm liegt, und zwar in der Weise, dass seine und der folgenden Knospen Medianebenen, wenn auch nicht vollkommen, so doch nahezu mit der des Mutterthieres zusammenfallen. In etwa zehn Fällen, in denen ich bestimmt aus dem Ei entstandene Pedicellinen mit erster Stolo- anlage vor mir hatte, fand ich dieselbe stets an der nämlichen Stelle, während sich die späteren Knospen im Hauptstolo stets an der Seite des Stieles erheben, welche der Ösophagusseite des nächst älteren Thieres entspricht. Harnmer hat dagegen auch den Stolo der Solitärform an deren Ösophagusseite entspringen sehen. Nur einmal fand ich in einem etwas älteren als in Fig. 2 abgebildeten Stadium auf der Öso- phagusseite nahe der Festheftungsstelle des Stieles eine Zone plasma- reicherer Zellen, die mir die Ansicht nahe legten, dass daselbst in einer folgenden Periode der Stolo sich anlegen würde. Was die Art und Weise der Bildung des Stolo anbelangt, so erfolgt dieselbe durch beide im Stiel vorhandene Keimschichten. Man sieht in Fig. 4 ein jüngeres Stadium abgebildet, das vollständig mit dem von Hırmer beschriebenen übereinstimmt, in welchem ebenfalls ein ento- dermaler Antheil in der Knospe nicht vorhanden ist. In die buckelför- mige ektodermale Hervorwölbung sind Mesenchymzellen eingewandert, deren Gestalt sehr verschieden, spindelförmig, sternförmig, kugelähnlich ist. Die meisten Zellen besitzen Kerne, die an Umfang die der Ekto- dermzellen übertreffen und häufig in Theilung angetroffen werden. Die Ektodermzellen unterscheiden sich von den flachen Zellen des Stieles auffallend durch bedeutendere Größe und Cylinderform ; besonders an der Spitze (p), wo man leicht Zelltheilungen beobachten kann und wo- selbst in der weiter unten zu beschreibenden Weise die Anlage des Polypids erfolgt. In Fig. 5 und 3 sind weitere Stadien gezeichnet, wel- che an der Spitze des Stolos entwickeltere Polypide zeigen und auch bereits die Stelle erkennen lassen (st), an welcher weiterhin eine neue Knospe entstehen wird. II. Die Knospung am freien Ende des Hauptstolos. Den Vorgang der Knospung habe ich in allen seinen Einzelheiten an dem frei fortwachsenden Ende des Hauptstolos verfolgen können, an der nämlichen Stelle, an der nach den Mittheilungen HaArschHeEks ein- zig und allein die ungeschlechtliche Vermehrung vor sich gehen soll. Wie dieser Forscher ganz richtig erwähnt hat, zeigt das Stoloende indi- viduelle Verschiedenheiten, indem die einzelnen Knospen bald mehr, ansieht. Eben so wenig sollen damit das Atrium und die aus ihm hervorgehenden Organe als entodermal in Anspruch genommen werden. EI ARTE Zah 4 Zu Ti a Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. FAR bald weniger dicht auf verschiedenen Ausbildungsstufen stehend neben einander liegen und dem entsprechend auch Unterschiede in ihrer äußeren Gestalt aufweisen. In den Fig. 7 und 8 sind zwei Stoloenden abgebildet. Es lässt sich genau feststellen, wo die folgende Knospe entstehen wird. In Fig. 7 ist es in der Medianebene die mit st bezeichnete Stelle unterhalb des Stadiums XIV. Das Ektoderm dieser Region setzt sich aus ziemlich hohen Cylinderzellen zusammen, die von den benachbarten nicht merk- lich unterschieden sind. Die CGuticula erscheint an allen Stellen in Folge der Behandlungsweise des Präparates weit abgehoben. Die Meso- dermzellen sieht man an diesem Orte etwas dichter an einander gela- gert, von weniger ausgeprägter Spindelform als sie an anderen Stellen vorherrscht. Die meisten Kerne dieser Mesodermzellen sind größer als die der Ektodermzellen. Nicht viel verschieden erscheint das in Fig. 9 abgebildete Stadium Il. Man bemerkt nur im Ektoderm einen Größenunterschied der Zellen; die für die Knospe zur Verwendung gelangenden sind höher. So er- scheint gewöhnlich, wenn auch nicht immer äußerlich schon eine kleine buckelförmige Erhebung des Ektoderms als Andeutung der Knospungs- zone. Einen Querschnitt durch ein solches Stadium zeigt Fig. 20. Im Ektoderm fällt die Zone der hohen Cylinderzellen sofort auf (st). Die mittleren Zellen zeigen ihre Kerne in Theilung begriffen, was man bei der Einführung stärkerer Systeme, als nach denen die Zeichnung ange- fertigt wurde, vollständig deutlich erkennt. Die Mittelzelle weist die charakteristischen beiden chromatischen Tochterplatten auf. Man begeg- net in dieser Zone fast auf jedem Querschnitt Zelltheilungen; es steht dies mit der außerordentlichen Flächenvergrößerung, die dieselbe zu erfahren hat, in Übereinstimmung. Aber auch an den anderen Stellen des Ekto- derms und in der Abbildung im Besonderen an der der Knospungszone fast gegenüberliegenden Stelle sind Kerntheilungen häufig anzutreffen. Durch sie wird das Wachsthum des Stieles des nächst älteren Thieres bedingt, wodurch dann naturgemäß die neue Knospe vom Köpfchen desselben immer mehr abrückt. Ich möchte an diesem Orte gleich auf die Lagebeziehung der chromatischen Tochterplatten der an den ver- schiedenen Stellen sich theilenden Ektodermkerne aufmerksam machen, wie sie namentlich in dem abgebildeten Querschnitte deutlich hervor- tritt. Aber es soll damit kein ausnahmslos gültiges Verhalten, sondern nur ein vorherrschendes angedeutet werden. In der Knospungsregion sieht man die Platten parallel, an den anderen Stellen senkrecht zur Oberfläche des Ektoderms gelagert. Treten weiterhin keine Verschie- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 19 178 Oswald Sekliger, bungen ein, so werden wohl auch die beiden Tochterzellen eine dem entsprechende Lage haben, und es wird die erstere Theilung eine Ver- diekung oder Einstülpung, die letztere eine Vergrößerung des Umfanges des Ektoderms bedingen müssen. Wie der Querschnitt weiter lehrt, ist die primäre Leibeshöhle von den Mesodermzellen zum größten Theil erfüllt. Auch unter ihnen be- gegnet man zahlreichen Theilungen, von denen einige abgebildet sind. Im Übrigen aber findet man nur die Verhältnisse bestätigt, die wir oben aus dem optischen Längsschnitt erkennen konnten. Die in Fig. 8 mit III bezeichnete Knospenanlage unterscheidet sich von der eben beschriebenen nur dadurch, dass die betreffende Ekto- dermregion etwas stärker nach außen hervorgewölbt erscheint und den Beginn einer wirklichen Ausstülpung anzeigt. In Fig. 10 ist die Ausstülpung etwas höher geworden. An der Spitze derselben reichen die Zellen nicht mehr von der Cuticula bis zur Leibeshöhle, sondern man sieht innerhalb dieses Raumes auf einem Durchschnitt zwei Kerne neben einander liegen, die wohl durch Thei- lung in der Weise entstanden sind, wie es in Fig. 20 zu sehen war. Das Ektoderm erscheint also hier verdickt und zweischichtig, es deutet dies den Beginn einer Einfaltung an. In anderen Knospen beginnt diese Einstülpung erst viel später, . wenn ihre Erhebung über die Oberfläche des Stieles viel ansehnlicher geworden ist. Dem entsprechend erscheinen dann die Knospen viel schlanker als es bei der bisher beschriebenen Bildungsweise der Fall ist. Solche schlanke Knospenanlagen treten dann immer erst an verhältnis- mäßig weit vorgeschrittenen Stadien auf, so dass in diesen Fällen der Grad der Ausbildung zwischen der jüngsten und vorhergehenden Knospe ein sehr verschiedener ist. In Fig. 28 habe ich einen Längsschnitt durch eine derartige ziemlich umfangreiche Knospenanlage gezeichnet. Das ältere Thier, an welchem dieser Stolo hängt, ist größer und weiter ausgebildet als das älteste Thier in dem in Fig. 7 gezeichneten Stöckchen, während die Einfaltung der neuen Knospe bei » eben erst auftritt. Die Höhle dieses Stoloendes, welches weiterhin noch eine ganze Anzahl von Kn os- pen hervorgehen zu lassen bestimmt ist, ist mit Mesenchymzellen erfüllt und von der Leibeshöhle des Stieles der vorhergehenden Knospe dureh Muskelzellen unvollkommen abgetrennt. Auf einem nur unbedeutend weiter entwickelten Stadium sieht man die Knospe in Fig. 11, in welcher zwei optische Längsschnitte bei hoher und tiefer Tubuseinstellung abgebildet sind. In der linken Zeich- nung erkennt man, dass durch die in parallel zur Oberfläche erfolgten Theilungen eine Erhebung des Ektoderms gegen die Leibeshöhle zu Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 179 hervorgerufen ist, während der andere Schnitt zwar mehrere Kernreihen aufweist, die innere Ektodermwand aber noch in konkaver Krümmung zeigt. Einen Querschnitt durch eine so beschaffene Knospe habe ich in Fig. 21 abgebildet. Er bestätigt, dass das Ektoderm an dieser Stelle in der That mehrschichtig geworden ist. Die Mesodermzellen, die fast durchwegs größere Kerne besitzen als die Ektodermzellen, erfüllen in diesem Präparat die Leibeshöhle fast vollständig; zum Theil scheinen ihre Formen durch den gegenseitigen Druck beeinflusst. In anderen Knospen findet man dagegen das mittlere Blatt viel weniger umfang- reich entfaltet, so dass die primäre Leibeshöhle durch ihre Ausdehnung auffällt. Das in Fig. 12 gezeichnete Stadium VI zeigt die ektodermale Ein- stülpung, denn als eine solche muss diese Wucherung aufgefasst wer- den, weiter vorgeschritten, während gleichzeitig auch nach außen zu die Erhebung der Knospe über den Stiel des älteren Thieres an Umfang merklich zugenommen hat. Mesodermzellen liegen dem eingestülpten Ektoderm dicht an, erscheinen aber überall von demselben deutlich abgegrenzt. Das Stadium VI in Fig. 13 zeigt schärfer, als es aus den bisher be- schriebenen allerersten Vorgängen ersichtlich war, dass die ektodermale Wucherung als eine wirkliche Einstülpung zu betrachten ist, bei wel- cher die Zellen fest an einander gepresst bleiben. Im Übrigen zeichnet sich diese Knospenanlage nur dadurch aus, dass sie sich etwas höher als die vorhin beschriebene erhebt und dass die Einstülpung an ihrer Spitze ein wenig tiefer geworden ist. Diese letztere stellt die Anlage des Polypids dar. Eine weiter entwickelte Knospe ist in Fig. 14 gezeichnet. Die äußere Erhebung der Anlage über dem Stiel hat bedeutend an Umfang zugenommen und ungefähr die Hälfte der Höhe der Knospe XIV in Fig. 7 erreicht. Die Ektodermzellen sind in Folge der außerordentlichen Flä- chenvergrößerung bedeutend kleiner geworden. Wie man schon aus den bisher besprochenen Abbildungen ersehen kann und aus den fol- genden noch entnehmen wird, unterliegt auf ein und demselben Sta- dium die Größe der Zellen überaus reichen individuellen Verschieden- heiten. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Höhe der äußeren Knospenanlage nicht überall in dem gleichen Maße wächst wie die Ein- stülpung an ihrer Spitze an Tiefe zunimmt. Die umfangreichere Polypid- anlage erscheint jetzt auch auf dem Längschnitt, allerdings nur bei ganz scharfer Einstellung des Tubus auf die Medianebene, als eine deutliche Einstülpung des Ektoderms, deren Zellen von denen des Hautepithels der 12* 180 Oswald Seeliger, Knospe nicht verschieden sind. Die Elemente des Mesoderms trifft man dagegen stets deutlich gesondert von diesen epithelialen Bildungen. Durch dieses wichtige Stadium habe ich eine Anzahl Querschnitte angefertigt. In Fig. 22 ist ein solcher durch eine nur ganz unbedeutend jüngere Knospe, in welcher die Polypidanlage noch etwas weniger um- fangreich ist, abgebildet. Die Schnittrichtung ist in Fig. 14 durch eine die Abbildung schneidende Linie ersichtlich gemacht. Es ist also die Kuppe der Knospenausstülpung durchschnitten und nur die eine, obere Fläche des sich einstülpenden Ektoderms getroffen. In der schmalen primären Leibeshöhle erscheinen die Mesodermzellen mit fast kreisför- migen Querschnitten und großen, an einer Stelle in Theilung begriffe- nen Kernen. Auf einem folgenden Schnitt dieser Serie ist das Polypid ein geschlossener vom Ektoderm getrennter Zellkranz, und auf einem dritten ist das äußerste Ende der Polypideinstülpung durchschnitten. Es ergeben sich diese Schnitte genau aus der oben beschriebenen Längsansicht. Ein anderer Schnitt, der an der Stelle, an welcher das Polypid sich gebildet hat, senkrecht zur Ektodermoberfläche geführt wurde, ist in Fig. 23 abgebildet. Nur auf wenigen Schnitten ist das Polypid anzu- treffen, das sich aber mit vollster Deutlichkeit ektodermalen Ursprungs erweist, obwohl gerade an der Invaginationsstelle in ihm ein deutliches Lumen fehlt. Es hängt dies mit der bedeutenden Größe der Zellen zu- sammen, welche in die Tiefe gerückt sind. Auf der wesentlich gleichen Ausbildungsstufe findet man die Knospe in Fig. 15; nur erscheint das Polypid etwas länger als das eben be- schriebene. Ganz ähnlich verhält sich Stadium X in Fig. 16, in welcher das Polypid gegenüber der Gesammtknospe eine verhältnismäßig be- deutende Größe zeigt. Ich habe diese Figur aber hauptsächlich wegen des Verhaltens des Mesoderms hergesetzt, weil dieses vielleicht einen früheren Irrthum erklärt. Neben in der Leibeshöhle zerstreuten Zellen findet sich eine mesodermale Zellgruppe, die sich einerseits an die Poly- pideinstülpung anlegt, andererseits bis in den Stiel des älteren Thieres hineinreicht und sich in diesem Längsschnitt aus zwei Reihen von je vier Zellen zusammengesetzt zeigt. Ich kann natürlich aus dem Präpa- rate nicht entscheiden, ob diese Zellen sämmtlich durch Theilung aus den beiden dem Polypid anliegenden hervorgegangen sind, oder ob ursprünglich zerstreute Elemente sich erst nachträglich in dieser Weise angeordnet haben. Es haben aber solche Bilder mich außerordentlich an einige Zeichnungen von HartscHek erinnert, in welchen ein ento- dermaler Antheil der jungen Knospe und aller noch folgenden Knospen- generationen angegeben ist, und in mir die Vermuthung erweckt, dass - Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 181 eine derartige Anordnung von Mesodermzellen für das noch indifferente Entodermsäckchen gehalten worden sei, welches bei den folgenden Knospungsakten aufgebraucht würde. Dass eine solche Deutung nicht zutreffend ist, ergiebt sich aus der bisherigen Darstellung, in der wir lückenlos die Entstehung des Polypids durch eine Ektodermeinstülpung erkennen konnten, und wird vollends aus der weiteren Beschreibung ersichtlich werden, wenn es sich zeigt, dass aus dieser Ektodermein- stülpung in der That das ganze Polypid und nicht bloß das Atrium her- vorgeht. Querschnitte, welche durch solche Knospen gelegt werden, lassen uns die bereits bekannten Verhältnisse wiederfinden. Man sieht in Fig. 24 das Polypid als eine deutliche Einstülpung des Ektoderms mit einem äußerst schmalen, schlitzförmigen Lumen. Dasselbe ist nach außen durch die Cuticula, die ja das Ektoderm allseitig umgiebt und sich an dieser Stelle in das Lumen hinein erstreckt, geschlossen. Das Polypid hat an Umfang zugenommen und an der Kuppe der Knospe die primäre Leibeshöhle zu einem schmalen Spaltraum verwandelt, in welchem nur wenige Mesodermzellen Raum haben. In Fig. 29 habe ich einen Längsschnitt durch die Medianebene einer solchen Knospe abgebildet, der mit dem optischen Durchschnitte (Fig. 15) vollkommen übereinstimmt. Es wurde dieser Schnitt durch ein solches Stoloende geführt, welches (ähnlich wie Fig. 28) an einem verhältnismäßig alten Thiere sitzt, so dass sich die jüngste Knospe durch eine schlankere Form auszeichnet als es gewöhnlich der Fall ist. Der Schnitt beweist auf das deutlichste, dass das gesammte Polypid durch eine einheitliche ektodermale Einstülpung entstanden ist, und dass an der Stelle, an welcher später ein neues Polypid entstehen muss (sl), von einem entodermalen Gebilde in der primären Leibes- höhle nichts vorhanden ist. In dieser finden sich ausschließlich binde- gewebsartige Mesenchymzellen, und an der Übergangsstelle in den Stiel des älteren Thieres sind einige Muskelfibrillen durchschnitten. Eine merklich weiter entwickelte Knospe zeigt Fig. 5. Das Polv- pid, welches zwar beträchtlich größer geworden ist, aber immer noch das stark seitlich zusammengedrückte Lumen besitzt, lässt den Beginn einer Sonderung in zwei Partien erkennen: einer oberen (a), welche durch die äußerst schmale schlitzförmige Einstülpungsstelle sich öffnet, und in eine untere (i), welche mit jener anfänglich durch die ganze Breite des Lumens hindurch in Verbindung steht. Diese Zweitheilung wird durch eine fast in der Mitte des Polypids nur ein wenig weiter nach unten zu auftretende sehr flache Ringfurche bedingt. Die Furche ist am tiefsten an der schmalen, dem Mutterthiere zugekehrten Wand 182 Oswald Seeliger, und fehlt an der gegenüberliegenden. Ich habe mich begnügt, für dieses Stadium hier nur den Längsschnitt Fig. 5 abzubilden, denn ich kann auf ein ganz ähnliches, in welchem nur die tiefe Furche noch wei- ter ausgeprägt ist, verweisen, das wir im folgenden Abschnitte kennen lernen werden, und welches in den Fig. 52—54 gezeichnet ist. Ich möchte nur Fig. 53 zur Erläuterung der eben gegebenen Darstellung heranziehen, welche die Knospe um 90° gedreht, also senkrecht zur Medianebene wiedergiebt, und die beiden ganz unvollständig geson- derten Räume im Polypid erkennen lässt. Auf dem in Fig. 17 abgebildeten Stadium ist durch Vertiefung E hinteren Furche die Sonderung in die beiden Theile weiter vorge- schritten, so dass der untere nicht mehr mit seiner ganzen Breite in den oberen mündet, sondern nur an der dem freien Stoloende zuge- kehrten Seite. Der obere Abschnitt stellt die Anlage des Atriums, der untere die des Verdauungstractus dar. Es hat den Anschein, als ob dieser letztere eine einfache Ausstülpung des ersteren wäre, was nach der oben gegebenen Beschreibung nicht der Fall ist. Die Zellen, welche jetzt den Boden des Verdauungskanales einnehmen, sind dieselben, welche zuerst durch Einstülpung vom Ektoderm her die Bildung des Polypids bedingt und ihre Lage bewahrt haben. Einen Querschnitt durch eine solche Knospe an der Stelle, an welcher durch die ursprüngliche Einstülpungsstelle die Atrialwand in die ektodermale Leibeswand übergeht, zeigt Fig. 25. Nur auf diesem einzigen Schnitt ist die Verbindung der beiden Blätter noch nachweis- bar. Das Atrium hat an Umfang so zugenommen, dass es die primäre Leibeshöhle fast ganz verdrängt hat. Nur auf der linken Seite der Zeichnung sieht man dieselbe etwas umfangreicher erhalten eine Meso- dermzelle beherbergend. Wahrscheinlich ist aber diese Asymmetrie nur ' eine Folge davon, dass die Schnittrichtung etwas schräg ausgefallen ist. Auf einem folgenden Schnitt, welcher bereits die Anlage des Verdau- ungskanales getroffen hat, erscheint die Leibeshöhle rechts und links umfangreicher von zahlreichen Mesodermzellen erfüllt. Die Sonderung des Polypids in Atrium und Verdauungskanal findet man in der in Fig. 18 gezeichneten Knospe bedeutend mehr ausge- prägt, und es vergrößern sich nunmehr beide Abschnitte selbständig, und zwar besonders in der Medianebene, in der Richtung gegen das ältere Thier zu. Da die Verbindungsstelle zwischen beiden Abschnit- ten, die auf der gegenüberliegenden Seite liegt, inzwischen sehr fein geworden ist, aber stets nachweisbar bleibt, erscheint der Verdauungs- kanal als ein schwach gekrümmtes röhrenförmiges Gebilde, das der unteren Atrialwand anliegt. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 183 Der in Fig. 6 gezeichnete optische Durchschnitt durch ein solches Stadium zeigt, dass die ursprüngliche Einstülpungsöffnung des Poly- pids noch immer vorhanden und dessen Lumen schmal und spaltförmig geblieben ist. Auf jeder Seite ist eine Mesodermzellgruppe zu sehen, aus welcher, wie ich annehme, die Geschlechtsorgane ihren Ursprung nehmen. Es ist bei dieser Einstellung des Tubus gerade die Verbin- dungsstelle zwischen Atrial- und Verdauungshöhle am blinden Poly- pidende zu sehen, aus welcher später der Ösophagus entsteht. Stellt man tiefer ein, so erscheint das Polypid ohne Zusammenhang mit dem Ektoderm und besteht aus zwei Röhren, einer stark seitlich zusammen- gedrückten größeren, oberen, dem Atrium, und einer kleineren unte- ren, die mehr kreisförmigen Durchschnitt zeigt, dem Entodermkanal. Um über den Bau dieses Stadiums keinen Zweifel bestehen zu lassen, verweise ich noch auf den Querschnitt Fig. 26, der durch den Atrialtheil geführt wurde und die Verbindung von Polypid und Haut- epithel ebenfalls erkennen lässt. Die Leibeshöhle ist hier im obersten Theil der Knospe fast vollständig verdrängt. Erst auf den folgenden Schnitten erscheint dieselbe zu beiden Seiten immer umfangreicher und mit Mesodermzellen erfüllt. . Das in Fig. 7 abgebildete Stadium XIV unterscheidet sich nur durch mächtigere Ausdehnung des Verdauungskanales. Die Lage dieser Knospe erscheint, da ihre Medianebene mit der des älteren Thieres desselben Stockes nicht ganz zusammenfällt, auf dieser Zeichnung den bisherigen Abbildungen nicht vollständig entsprechend. Einen Quer- schnitt durch den unteren Polypidabschnitt zeigt Fig. 27, während im oberen gleiche Bilder, wie die in Fig. 26 gezeichneten, anzutreffen sind. Man sieht zahlreiche Zelltheilungen, wobei nur auffällt, dass sowohl im Ektoderm wie Entoderm die chromatischen Tochterplatten paral- lel zu der Zellfläche liegen, der sie angehören. Aus der Vergleichung dieser beiden Querschnitte ergiebt sich auch, worauf ich bereits hin- gewiesen habe, dass im unteren Abschnitte die Leibeshöhle viel um- fangreicher bestehen bleibt als im oberen um das Atrium herum. Ein folgendes Entwicklungsstadium finden wir in der Knospe XV in Fig. 8. Es fällt sofort auf, dass das Thier durch eine äußere Ein- schnürung sich in zwei Abschnitte zu sondern beginnt: einen oberen, in welchem das Polypid liegt und der das Köpfchen darstellt, und in einen unteren, den Stiel, in welchem bloß Ektoderm und Mesoderm anzutreffen sind. Die Sonderung des Köpfchens ist bedingt durch eine im ektodermalen Epithel und deren Cuticula auftretende, zunächst flache Ringfurche. An dieser Stelle beginnen die Mesodermzellen sich quer zu stellen und die Leibeshöhle im Stiel und Köpfehen zu scheiden. 181 Oswald Seeliger, Der Bau dieses letzteren ergiebt sich in allen Stücken aus dem Vor- hergehenden. An den wohl entwickelten Atrialtheil des Polypids schließt sich die hufeisenförmig gekrümmte Anlage des Verdauungs- tractus an. Das eine Ende desselben kommunieirt durch die später als Mund bezeichnete Öffnung mit jenem, das andere ist noch immer blind‘ geschlossen. Dort, wo das blinde Ende an die Atrialwand stößt, be- merkt man eine Aussackung derselben. Ob diese allein den Hinterdarm bildet, oder ob sich nicht auch das hinterste Ende des Entodermkana- les daran betheiligt, kann ich mit Bestimmtheit nicht angeben. Har- SCHEK nimmt Ersteres an, und aus seinen Abbildungen geht dies auch hervor. Betrachtet man ein solches Stadium in einem senkrecht zur Me- dianebene gelegten Längsschnitt, so erhält man Bilder, wie Sie in Fig. 19 gezeichnet sind. Aus diesen ergiebt sich auf das unzweifel- hafteste, was bei der Untersuchung von Medianansichten leicht über- sehen werden kann, und auch übersehen wurde, dass 1) die Atrial- wände an einer allerdings nur kleinen Stelle in das Hautepithel sich umschlagen und 2) Atrialhöhle und Darmhöhle mit einander in Verbin- dung stehen. Bei tiefer Einstellung des Tubus findet man naturgemäß beide Räume vollkommen abgeschlossen und von einander getrennt. Die Abbildung ist auch bezüglich des Mesoderms von Interesse; man findet dasselbe jederseits als eine stellenweise zweischichtige Platte die Leibeshöhle erfüllend. Über die endgültige Ausbildung der Knospe kann ich mich ganz kurz fassen, da dieselbe von Hırtscark eingehend erörtert wurde. Aus der unteren Wand des Atriums entsteht durch Ausstülpung gegen den Verdauungstractus zu das Ganglion. Schon in Fig. 8 Stadium XV sieht man die Andeutung davon. Harscuek hat den Vorgang bereits be- schrieben, und ich begnüge mich hier auf Fig. 42, Taf. X zu verweisen, wo wir den nämlichen Vorgang in den regenerirten Köpfchen wieder- finden werden. Wie Hırmer richtig vermuthet hat, stellt der von Har- SCHEK im abgeschnürten Ganglion gezeichnete Hohlraum die centrale Punktsubstanz dar; eine wirkliche Höhlung sah ich nicht auftreten. Man findet Querschnitte durch das bereits abgeschnürte Ganglion in den Fig. 30 und 33, welche eine Schicht peripherer Zellen und eine centrale Masse fibrillärer Substanz aufweisen. Fig. 30 und 31 stellen laterale Längsschnitte durch eine Knospe dar, die etwas jünger ist als das älteste in Fig. 7 abgebildete Thier. Man findet das Atrium beträchtlich umfangreicher geworden und durch einen schmalen schlitzförmigen, aber bereits ziemlich langen, median verlaufenden Spalt nach außen geöffnet. Durch Einstülpungen der Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 185 Atrialwand gegen das Lumen zu entstehen rechts und links in sym- metrischer Lagerung die Tentakeln. In Fig. 31 ist eine solche junge Anlage durchschnitten, welche eben so wie Fig. 34 beweist, dass das ‚ganze Epithel der Tentakeln aus der ursprünglich schon eingestülpten Atrialwand entsteht. Es haben ältere Autoren, so SıLensky, das ge- sammte Polypid, also auch die Atrialauskleidung, als entodermal in Anspruch genommen und für die Tentakeln einen doppelten Ursprung behauptet, indem sie deren untere Wandung vom Entoderm, die obere vom Ektoderm aus gebildet werden lassen. Ich möchte aber vermuthen, dass zu einer solchen Annahme in nicht geringem Maße die histologi- schen Verhältnisse des ausgebildeten Tentakels Veranlassung gegeben haben mögen. Eine solche Schlussweise von den histologischen Be- funden der fertigen Form auf embryonale Vorgänge hat mehr als ein- mal schon zu irrthümlichen Auffassungen Veranlassung gegeben. Der Raum zwischen Atrium und der Darmschlinge, welche in Ösophagus, Magen, Mittel- und Enddarm gesondert ist, ist von der um- fangreichen Ganglionanlage eingenommen. Die zwischen diesen Orga- nen und dem ektodermalen Hautschlauch gelegenen Mesodermzellen bleiben zum Theil bindegewebsartig in der Leibeshöhle zerstreut, zum Theil bilden sie weiterhin Muskelfasern, ein anderer Theil endlich lässt die Geschlechtsorgane und vermuthlich auch, was ich nicht mehr untersucht habe, die Wimperkanälchen hervorgehen. Die paarige An- lage der Geschlechtsdrüsen sieht man in Fig. 30 deutlich von den übri- gen Mesodermzellen abgegrenzt. Über das weitere Verhalten dieser histologisch noch ziemlich indifferenten Zellgruppe habe ich keine Beobachtungen angestellt und bin daher nicht im Stande zu sagen, ob die kleine in Fig. 7 mit ms bezeichnete Zellgruppe, die zwischen Gan- glion und Hinterdarm, aber dem Ektoderm nahe liegt, die Hodenanlage darstelle, welche durch Theilung aus jener oben beschriebenen Zell- masse entstanden ist, wie dies Harscuer ausführlich aus einander ge- . setzt hat. Querschnitte durch eine fast ganz gleich alte Knospe zeigen Fig. 32 und 33. In der ersteren Figur ist das Atrium unterhalb der Tentakel- anlage durchschnitten. Es besteht aus langen Cylinderzellen, die gegen das Lumen zu einen cuticularen Saum gebildet haben. Seitlich davon erfüllt das Mesoderm die Leibehöhle, während es an der Spitze dieser Knospe in Folge der umfangreichen Ausdehnung des Atriums nur in vereinzelten Zellen anzutreffen ist. In Fig. 33 sehen wir die beiden Schenkel der Darnıschlinge, den Ösophagus und den Mitteldarm durch- schnitten. Sie setzen sich aus pyramidenförmigen Zellen zusammen, 186 Oswald Seeliger, die ein noch kleines Lumen umgrenzen. Der Schnitt hat nur auf einer Seite die Anlage der Geschlechtsorgane durchschnitten. Endlich habe ich noch in Fig. 34 einen etwas schräg geführten lateralen Längsschnitt durch eine noch etwas ältere Knospe abgebildet. Ich verweise auf denselben nur desshalb, um auf ein weiter vorge- schrittenes Stadium der Tentakelbildung aufmerksam zu machen. Man sieht nämlich an den Stellen, an welchen durch Faltung der Atrialwand die Tentakeln entstanden sind, eine Anzahl Mesodermzellen, die aus dem unteren Theile der Leibeshöhle hierher gelangt sind, im Begriffe in die Tentakelhöhlen einzuwandern. Sie liefern weiterhin den meso- dermalen Antheil der Tentakeln. Wenn ich nunmehr die Ergebnisse der in diesem Kapitel mitge- theilten Beobachtungen zusammenfasse, so stellt sich der Knospungs- vorgang in folgender Weise dar. An der Spitze des Stolos, dort wo plasmareiche große Ektodermzellen liegen, erfolgt eine Ausstülpung des Hautepithels, die zur neuen Knospe wird. An dem Scheitel derselben tritt mehr oder minder frühzeitig eine Einstülpung des Ektoderms in die Leibeshöhle auf, welche das Polypid bildet. Einige wenige Meso- dermzelien des Stolos sind in die Leibeshöhle der Knospe hineinge- wandert, wo sie sich rasch vermehren, um dieselbe ganz zu erfüllen. Die Polypideinstülpung gliedert sich in zwei Abschnitte: einen oberen, der zu keiner Zeit seiner Entwicklung seine Verbindung mit der Ektodermschicht aufgiebt, und einen unteren, der mit jenem durch eine immer feiner werdende Öffnung, welche später zum Munde wird, in dauernder Verbindung bleibt. Eine getrennte Anlage dieser beiden Abschnitte einmal durch Einstülpung vom Ektoderm her (Atrium) und zweitens durch einen besonderen entodermalen Antheil (Magen und Mitteldarm), welche sich erst in einem späteren Stadium vereinigen würden, ist durchaus nicht vorhanden. Der obere Abschnitt stellt das Atrium dar; in ihm bilden sich durch zapfenförmige Einstülpungen die Tentakeln, in deren Höhlungen erst später Mesodermelemente einwan- dern. Durch eine Ausstülpung der dem Darme zugekehrten Atrialwand bildet sich das Ganglion, das sich sehr bald von dieser loslöst und in seiner Mitte fibrilläre Substanz entwickelt. Der untere Abschnitt wird zum Verdauungskanal und gliedert sich in der vorhin beschriebenen Weise in die einzelnen Theile. In wie weit der Hinterdarm durch eine neue Ausstülpung vom Atrium aus hervorgeht, konnte ich nicht fest- stellen. Die Mesodermelemente werden zu Bindegewebs- und Muskelzellen, Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 187 und außerdem bilden sie die Geschlechtsorgane, deren paarige Anlagen zu den Seiten des mächtigen Ganglions zu bemerken sind. Es wiederholt sich also bei der Knospung im Wesentlichen der Gastrulationsprocess, den wir in der Embryonalentwicklung auftreten sehen, denn das Mutterthier liefert bei der ungeschlechtlichen Ver- mehrung keinen entodermalen Antheil, aus welchem sich der Ver- dauungskanal ihrer Knospe aufbauen könnte. III. Die Verzweigung des Stolos und die Bildung neuer Knospen zwischen den alten. Die älteren Autoren waren der Meinung, dass der Stolo von Pedi- cellina unverzweigt sei. Harscuek berichtet darüber (l. ec. p. 517): »die einzelnen Stöckchen bestehen aus einem unverzweigten Stolo, der an dem einen Ende das älteste Individuum trägt, nach dem anderen Ende zu folgen in absteigender Altersstufe die jüngeren Individuen bis zum jüngsten Knospenstadium«. Diese Beschreibung stimmt genau für die äubersten frei fortwachsenden Enden der Pedicellinastöcke. Verfährt man aber beim Loslösen älterer Stöcke von der Unterlage vorsichtig, so findet man bald, wenn man vom distalen, freien Ende proximal zu vor- schreitet, zwischen den alten Thieren vom Hauptstolo ausgehende Querstolonen, die sich mehr oder minder weit erstrecken und eine wechselnde Zahl von Individuen tragen. Das freie Ende dieser Neben- stolonen zeigt dann bezüglich der Altersreihe fast ausnahmslos das Ver- halten, welches man gelegentlich auch am Hauptstolo findet. Wir haben dasselbe oben ebenfalls kennen gelernt, und zwar in den Fällen, in wel- chen die jungen Knospen durch eine schlanke Form und gegenüber dem vorhergehenden Individuum durch einen sehr bedeutenden Unterschied in der Ausbildungsstufe sich auszeichnen (vgl. Fig. 28 und 29). In Fig. 50, Taf X habe ich einen jungen Querstolo abgebildet, der am Fuße des Stieles eines ganz alten Thieres entstanden ist. Man er- kennt, dass sich an ihm bereits zwei Knospen angelegt haben. Die ältere XV zeigt in dem wohl abgesetzten Köpfchen das Polypid in Atrium und Verdauungskanal zerfallen und in ersterem bereits eine Anzahl Tentakeln angelegt. Am Stiel dieser Knospe findet sich bereits eine neue VI in Bildung begriffen. Ich habe dieselbe in der folgenden Fig. 51 bei stärkerer Vergrößerung gezeichnet, bei welcher man erkennt, dass die Bildung dieser Knospe in genau der gleichen Weise erfolgt, wie es im vorgehenden Kapitel beschrieben wurde. Die Übereinstim- mung mit dem in Taf. IX, Fig. 12 gezeichneten Stadium ist vollständig. Ganz eben so, wie sich diese späteren Knospen an den Querstolonen in gleicher Weise anlegen, wie im Hauptstolo, ist dies auch mit der E2cH ar a, 188 Oswald Seeliger, ersten der Fall. Wollte ich ihre Entwicklung hier ausführlich beschrei- ben, so müsste ich der Reihe nach auf die im vorigen Abschnitt gege- | benen Abbildungen verweisen. Nur besteht der eine sehr merkliche Unterschied gegenüber der größten Zahl der Knospen am Haupistolo, dass, so weit ich beobachtet habe, ausnahmslos zuerst eine verhältnis- mäßig sehr hohe ektodermale Ausstülpung entsteht, bevor an deren Spitze rasch die Polypideinstülpung erfolgt. Um dies Verhalten, auf welches gewisse, oben erwähnte Variationen in der Knospung am Hauptstolo hinweisen, wenigstens an einem Fall zu illustriren, verweise ich auf die in Fig. 52 gegebene Abbildung. Aus diesem Querstolo, der erheblich jünger ist als der in Fig. 50 abgebildete, ist erst ein Polypid angelegt. Es ist entstanden durch Einstülpung vom Ektoderm her und hat sich bereitsin Atrium und Verdauungskanal geschieden. Bei Betrachtung eines medianen Durchschnittes, welcher in dieser Figur wiedergegeben ist, kann man den Zusammenhang von Polypid und Ektoderm nur schwer wahrnehmen. Dreht man aber das Präparat um 90°, so zeigt der Durch- schnitt (Fig. 54) mit vollster Deutlichkeit, dass die ursprüngliche Ein- stülpungsöffnung in das Atrium noch wohl erhalten ist. Das Darmlumen erscheint in diesem Bilde von der Atrialhöhle getrennt; bei geeigneter Orientirung der Knospe (Fig. 53) kann man jedoch jederzeit ihren Zu- sammenhang auffinden. | Nach der oben gegebenen Darstellung habe ich es wohl nicht erst nöthig, aus einander zu setzen, dass in diesen Querstolonen von einem entodermalen Antheil, der vom Mutterthiere aus in dieselben überge- treten wäre, nichts vorhanden ist. Vielmehr ist die Leibeshöhle nur von Mesodermzellen durchsetzt. Zu jeder Seite des Polypids sieht man in Fig. 53 und 54 eine mesodermale Zellgruppe, die vermuthlich den Geschlechtsorganen die Entstehung giebt. Ich habe neue Knospen und Stolonen stets entweder tief unten an der Basis des Stieles älterer Thiere oder an dem Hauptstolo selbst zwi- schenzwei alten Thieren, dem einen oderandern genähert, den Ursprung nehmen sehen. Höher oben am Stiele alter Thiere habe ich die Bildung neuer Stolonen nie beobachtet und glaube auch nicht, dass eine solche eintritt. Es ist nicht der Umstand, dass an diesen Stellen das Ektoderm frühzeitig zu einem feinen Plattenepithel' wird, dem man die Fähigkeit ein neues Polypid zu bilden und in die mannigfachsten Zellformen sich ! In ganz alten Thieren soll nach den übereinstimmenden Angaben von NıTscHE (Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen. II. Über die Anatomie von Pedicellina echi- nata. Diese Zeitschr. Bd. XX) und Sarensky das Ektoderm des Stieles vollständig rückgebildet werden. Dann könnte natürlich schon aus diesem Grunde daselbst keine Neuknospung stattfinden. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 189 zu verwandeln nicht zuschreiben könnte, der mich dies annehmen lässt, als vielmehr folgende Erwägungen. Erstlich würde die Ernäh- rung der jungen, zu selbständiger Nahrungsaufnahme noch nicht be- fähigten Knospe, die vom Mutterthiere aus erfolgen muss, an diesen Stellen wenn überhaupt so nur sehr ungenügend erfolgen können, weil in älteren Thieren da eine überaus mächtige Muskulatur in ganz kon- tinuirlicher peripherer Schicht hinzieht, die ein Bespülen mit der er- nährenden Flüssigkeit der Leibeshöhle hindern würde. Scheint doch ohnehin schon die allmähliche Rückbildung des Ektoderms mit dem immer mächtigeren Wachsthum der ihm dicht anliegenden Muskel- schicht in ursächlichem Zusammenhange zu stehen. Jedenialls sind die Bedingungen für die Ernährung an der Basis des Stieles oder im Stolo, wo zwischen den Muskelfibrillen weite Zwischenräume frei bleiben, günstiger, so dass sich das Auftreten neuer Knospen an diesen und nicht an jenen Stellen genügend erklärt. Ein zweiter Grund, der uns das Fehlen von Querstolonen in der Mitte alter Stiele verständlich macht, möchte in der Schwierigkeit liegen, dass Mesodermzellen in die neue ektodermale Ausstülpung übertreten könnten. Plasmareichere Meso- dermzellen, die noch theilungs- und entwicklungsfähig sind, finden sich nur innerhalb der Leibeshöhle des Stieles, vom Ektoderm durch die Muskelschicht getrennt. Diese müssten sie durchbrechen, um bei einer eventuell auftretenden Knospenausstülpung in diese gelangen zu kön- nen. Die Möglichkeit eines derartigen Vorganges sehr wohl zugegeben, sind doch auch in dieser Beziehung an dieser Stelle die Bedingungen für Knospung weitaus ungünstiger als an den anderen Orten, an denen die Mesodermzellen direkt in die neue Stolohöhle hinüberrücken können. Nach solchen Erwägungen ist es um so bemerkenswerther, dass wir neuerdings durch Forrtringer ! mit einer neuen Pedicellinaart, Pedi- cellina Benedenii, bekannt geworden sind, welche sich in Bezug auf die Stellen, an welchen die Knospen entstehen, gerade entgegengesetzt verhält. Diese Pedicellina besitzt einen langen Stiel, der sich aus einer Anzahl Segmenten zusammensetzt, und zwar sind es in älteren Thieren gewöhnlich acht. An diesen entstehen die Knospen und Sto- lonen gewöhnlich nur in der Mitte eines, gelegentlich auch mehrerer Segmente. Die vom Stiel ausgehenden Stolonen können sich verzwei- gen. Vermuthlich werden aber hier zur Zeit der Entstehung der Sei- tenstolonen die Verhältnisse im Stiele andere sein, als bei der ausge- bildeten Pedicellina echinata. Die neu aufgetretenen Querstolonen kann man bei dieser Form, 1 FOETTINGER, »Sur l’anatomie des Pedicellines de la cöte d’Ostende«. Arch. de Biologie. VI. 1887, 190 Oswald Seeliger, wenn man die älteren Theile des Stockes durehsucht, sehr leicht und zahlreich auffinden. Ich habe Präparate erhalten, in welchen an der Übergangsstelle des Stieles eines alten Thieres in den wagerechten Stolo nicht weniger als drei neue Querstolonen sich gebildet hatten. In einem Fall trugen zwei Stolonen, die bei etwas größerer Länge dem in Fig. 50 abgebildeten so ziemlich entsprechen, je zwei Knospen. wäh- rend der dritte noch erheblich kürzer war und an seiner Spitze erst das erste Polypid zu bilden begann. — Im Anschlusse an diese Darstellung möchte ich auf ein interessan- tes Verhalten hinweisen, das man gelegentlich, wenn auch nur sehr selten, an der Spitze der Stolonen finden kann. Unter gewissen, nicht näher bestimmbaren Bedingungen spaltet sich das Stoloende durch eine mediane Furche, und es wachsen dann beide Gabeläste unter einem sehr spitzen Winkel gegen einander geneigt selbständig weiter und bilden in ganz normaler Weise die Knospen. Diese legen sich in beiden Ästen immer genau gleichzeitig an, so dass zwei fast vollständig kongruente Stöckchen entstehen, welche von einem gemeinsamen Stolo ausgehen. Ich besitze derartige Präparate, in welchen ein jedes Gabelästchen aus drei Knospen besteht, deren ältestes bereits alle Or- gane entwickelt zeigt. IV. Die Regeneration der Pedicellinaköpfchen. Als ich Pedicellinastöckchen, die einige Tage in den Kelleraquarien gelebt hatten, untersuchte, bemerkte ich, dass ein beträchtlicher Theil der Köpfchen einen in Rückbildung begriffenen Tentakelapparat auf- wies. Bei näherer Untersuchung zeigte sich am obersten Stielende eine vom Köpfchen vollständig unabhängige Anlage zu einem neuen Polypid. Nachdem ich einmal auf diese Regenerationserscheinungen aufmerksam geworden war, gelang es mir leicht, den Vorgang vollständig zu verfol- gen, namentlich an solchen Thieren, die sich seit mehreren Tagen in den Gefäßen befanden. Erst nach Beendigung der Untersuchung stieß ich bei der Durchsicht der betreffenden Litteratur auf einige Stellen, denen ich entnehme, dass die Thatsache der Regeneration bei Pedi- cellinen bereits bekannt ist. Eine ausführliche Beschreibung der Vor- gänge, durch welche die Neubildung der Köpfehen erfolgt, ist aber meines Wissens nirgends gegeben worden. Barroıs! erwähnt die interessante Thatsache, dass Pedicellina- stöckchen zwei bis drei Wochen nach ihrer Übertragung in Aquarien sämmtliche Köpfchen abgestoßen hätten, dass aber die Stiele nach die- ! Barroıs, »Memoire sur l’embryologie des Bryozoaires«. p. 44. 1877. En eh Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 191 ser Zeit noch beweglich waren, wie im normalen,Zustande. Auch ein großer Theil der abgestoßenen Köpfchen war noch lebendig und be- weglich, zum Theil ganz wohl entwickelt, zum Theil durch rückgebil- deten Tentakelapparat ausgezeichnet. Solche Köpfchen scheint ULinis, wie Barroıs vermuthet, für eben festgesetzte aus der Larve entstandene Solitärformen gehalten zu haben. Sııensky hat die Regeneration der Köpfchen bei Pedicellina belgica gesehen, aber es sind nur wenige Worte, welche er darüber sagt, die ich in der Übersetzung hersetzen will!: »Ich habe einige Male in den Kolonien dieser Art (Pedicellina belgica) Stolonen ohne Calix beobach- tet. Anfänglich glaubte ich, es seien dies todte Individuen, welche im Begriffe wären, sich vollkommen aufzulösen; später aber erkannte ich, dass das Fehlen des Köpfchens noch nicht das Zugrundegehen des Indi- viduums bedeute. Der zurückbleibende Stiel kann immer wieder ein neues Köpfchen bilden und diese Bildung findet immer an der Spitze des Stieles statt, d. h. dort, wo das Ektoderm wohl entwickelt ist. Ich habe niemals die ersten Stadien der Entwicklung des Köpfchens auf dem alten Stolo beobachtet, aber ich glaube, dass dieser Vorgang dem in einer gewöhnlichen Knospe sich vollziehenden gleich sein dürfte.« SALENSKY scheint anzunehmen, dass genau so wie bei der normalen Knospung am Stielende eine neue Ausstülpung des Ektoderms ent- stünde, an deren Spitze dann erst das Polypid gebildet würde. Von einem derartigen Vorgang habe ich nichts bemerkt. Wie ich weiter unten aus einander setzen werde, bildet sich das Ektoderm des neuen Köpfchens direkt aus der Ektodermkuppe des alten Stieles, so dass man an jenem sehr oft — ich verweise hier schon auf Fig. 39 und 40 — die Stacheln bemerken kann, die den neugebildeten Ektodermausstül- pungen ausnahmslos fehlen. Auch Harmer erwähnt die Thatsache der Regeneration der Pedi- cellinaköpfehen und bemerkt sehr richtig, dass dieselbe entschieden gegen die Hırscazr’sche Auffassung der Bryozoenknospung spreche, da an der Spitze des Stieles kein entodermales Zellmaterial vorhanden sei. Was die genaueren Vorgänge anbetrifft, die sich bei der Regene- ration der Köpfchen abspielen, so sind es im Wesentlichen die gleichen, die bei der normalen Knospung auftreten. In Fig. 35 habe ich das Ende eines Stöckchens gezeichnet, dessen Individuen Regenerationserschei- nungen aufweisen. Das älteste Thier III zeigt das Köpfchen merklich umgestaltet. Die Ektodermränder des Hautepithels haben sich über dem Atrium geschlossen, das in voller Rückbildung begriffen ist. Die 1 SALENSKY, 1. c. p. 31. 192 Oswald Seeliger, einzelnen Tentakeln lassen sich nicht mehr unterscheiden, statt ihrer trifft man größere Gewebestücke und einzelne Zellen, welche die Atrial- höhle erfüllen. Wenn bei weiterschreitender Rückbildung die Wan- dungen des Atriums selbst aufgelöst sind, liegt diese zerstörte Masse dann in der Leibeshöhle. Der gesammte Verdauungstractus ist noch wohl erhalten und lässt seine einzelnen Abschnitte deutlich erkennen. Man findet ihn mit Massen erfüllt, die von früher noch aufgenommenen Nahrungsballen herrühren dürften. Allerdings können sie untermischt sein mit Theilstücken des aufgelösten Tentakelapparates, was ich im Einzelnen nicht gut zu unterscheiden vermochte. — Das Köpfchen des Individuums II zeigt alle Organe, die allerdings noch weit weniger ent- wickelt sind, wohl ausgebildet und ohne Anzeichen einer bevorstehen- den Auflösung. Dagegen ist die Verbindung mit der Leibeshöhle im Stiele bereits unterbrochen und das Köpfchen im Begriffe sich abzu- schnüren, während in dem älteren Thiere trotz der eingeleiteten Rück- bildung eine solche Ablösung bisher nicht erfolgt war. — In der Knospe I ist es noch nicht zur Ausbildung eines Polypids gekommen, man erkennt nur die Stelle, an welcher ein solches sich bilden wird, daran, dass da- selbst die Zellen des Ektoderms besonders lang und ihre Kerne in Theilung begriffen sind. Unter normalen Verhältnissen ist an dem freien Stoloende an äußerlich so umfangreichen Knospenanlagen wie diese stets die Polypideinstülpung erfolgt. Unter den Köpfchen der beiden älteren Thiere im obersten Ende des Stieles finden sich bereits die Anlagen für neue Polypide. In der Knospe III ist dasselbe schon wohl entwickelt, in Atrium und Verdau- ungskanal geschieden, in Knospe II tritt eben erst eine Einstülpung auf. Daraus geht hervor, dass die Regeneration an Knospen sehr verschie- denen Alters auftreten kann. Die Polypidbildung erfolgt durch eine Einstülpung des Ektoderms in der Medianebene des obersten Stielendes und zwar an der dem Öso- "'phagus im Kelch entsprechenden Seite. Ich habe es nach der im zwei- ten Kapitel gegebenen Beschreibung an dieser Stelle nicht mehr nöthig, die ersten Vorgänge im Einzelnen zu erörtern, denn ich müsste mich lediglich in Wiederholungen ergehen. Nur möchte ich bemerken, dass die Einstülpung gewöhnlich, wenn auch nicht immer, auf einer länge- ren Strecke erfolgt, als wir es oben kennen gelernt haben. Die Einstülpung, die mit dem Ektoderm in genau der gleichen Weise im Zusammenhange bleibt wie die gewöhnlichen Polypidein- stülpungen, wird tiefer und erscheint ebenfalls seitlich zusammenge- drückt, was um so bemerkenswerther ist, als die Leibeshöhle im oberen Stielende einer freien allseitigen Entwicklung genügend Raum bietet. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 193 In Fig. 36 ist ein solches neugebildetes Polypid im optischen late- ralen Längsschnitt abgebildet. Das Köpfchen scheint unmittelbar vor der Konservirung durch mechanische Einwirkung losgetrennt worden zu sein, denn die obersten Ektodermränder haben sich noch nicht ge- schlossen und sind noch unverwachsen, so dass der Verschluss der Leibeshöhle des Stieles nur unvollständig durch die quer gestellten Meso- dermzellen erfolgt. Rechts und links zu jeder Seite des Polypids liegt eine Mesodermzellgruppe, die derjenigen genau entspricht, die wir oben bereits als die vermuthliche Anlage der Geschlechtsorgane kennen gelernt haben. Außerdem findet sich eine Anzahl vereinzelter Meso- dermzellen vor, die verschiedene Formen aufweisen. Alle diese Gebilde sowie die Ektodermzellen im gesammten Umkreise um dieselben sind plasmareich, zeichnen sich durch leichte und intensive Färbbarkeit aus, während alle Zellen in den unteren Partien eines alten, das Köpfchen regenerirenden Stieles nur schwer und unvollkommen die Farbstoffe aufnehmen. Aber auch zwischen den entwicklungsfähigen Zellen im Stielende sind derartige gealterte Zellen aufzufinden, die wohl im neuen Köpfchen ohne Bedeutung sein dürften, in so weitsie überhaupt in dieses hinübergenommen werden. Ich glaube, dass dies durchwegs solche Zellen sind, welche bereits einen ganz ausgebildeten histologischen Charakter besessen hatten als die Regeneration sich einleitete, so z. B. die quergestellten Diaphragmazellen und die feinen Spindelzellen, die sich in ihrer Nachbarschaft finden. Ganz bestimmt aber fallen der Rück- bildung anheim die zahlreichen Längsmuskeln, die sich bis nahe zur Stielspitze erstrecken und also den gesammten Raum durchziehen, der zum neuen Köpfchen wird, in welchem sie ja später fehlen. Man sieht in der Zeichnung die Muskelfibrillen noch wohl erhalten. Dem Ekto- derm der ganzen Zone liegt der Längsmuskelschlauch an, natürlich an der Stelle unterbrochen, an welcher die Polypideinstülpung erfolgt ist. Aber man bemerkt bereits zwischen den Mesenchymzellen nahe der Peripherie der Leibeshöhle einzelne Körnchen und Körnerhaufen, die ich aus der Rückbildung und der Auflösung einzelner Muskeln und vielleicht auch Bindegewebszellen herleiten möchte. Jedoch habe ich den Vorgängen, die bei der Degeneration sowohl im alten Köpfchen als einzelner Gewebe im Stiele sich abspielen, meine besondere Auf- merksamkeit nicht zugewendet. | In den Figuren 47 und 48 habe ich zwei Querschnitte durch die Polypidanlage an der Spitze eines alten Stieles abgebildet. Die Ein- stülpung ist schlitzförmig und sehr lang gestreckt, aber noch wenig in die Tiefe gewachsen. Fig. 47 zeigt den Durchschnitt durch die Mitte, Fig. 48 durch das äußerste, obere Ende, das drei Schnitte entfernt liegt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 13 N her nn 3 ee a 194 Oswald Seeliger, - Es geht aus diesen Abbildungen hervor, dass die Muskelsehicht des Stieles sich in die Zone des neuen Köpfechens hinein erstreckt. Aber man sieht, dass dieselbe bereits in Auflösung begriffen ist und nicht mehr eine zusammenhängende Lage darstellt. Namentlich erscheint die der Einsttilpung gegenüberliegende Partie aufgelöst, wo man nun eine größere Anzahl dem Ektoderm dicht anliegender Mesodermzellen er- blickt. An dem der 'Leibeshöhle zugekehrten Rande derselben liegt eine Schicht von Muskelfibrillen, die, wie ich vermuthe, durch das ent- standene Polypid hierher gedrängt wurde. Dazwischen liegen einzelne Mesenchymzellen, von denen einige mit gröberen Körnchen erfüllt sind, zwischen welchen sich der Zellkern nur schwer auffinden lässt. Viel- leicht spielen diese Zellen die Rolle von Phagocyten. In anderen Fällen geht die erste Polypideinstülpung ähnlich wie bei der normalen Knospung von einer sehr beschränkten Stelle im Ekto- derm aus und erreicht sehr bald eine bedeutende Tiefe. Ich habe ein solches Stadium in Fig. 44 im medianen Längsschnitt abgebildet. Die Einstülpung ist dicht unter der Kuppe des Stieles, wo dessen Leibeswand sich in das Ektoderm des Köpfchens umschlägt, erfolgt und nur auf einem Schnitte nachzuweisen. Schon auf dem folgenden (Fig. 45, sieht man die eine flache Polypidwand ohne jeden Zusammenhang mit dem Ektoderm und könnte daher leicht aus unvollständigen Schnitt- serien auf eine mesodermale Polypidentstehung schließen. Auch auf den Querschnitten durch solche Bildungen erweist sich die Einstül- pungsöffnung als klein und schlitzförmig. Wo die Regeneration, ähnlich wie bei dem Individuum II in Fig. 35, bereits an jungen Thieren auftritt, in deren Stiel noch die Muskulatur unvollkommen entwickelt ist und deren Mesodermzellen noch mehr embryonalen Charakter zeigen, da ist auch die Übereinstimmung mit den gewöhnlichen Knospenbildungen eine weitgehendere. Man er- schließt das aus dem in Fig. 49 gezeichneten Schnitt, auf den ich geradezu bei der Beschreibung im zweiten Abschnitte hätte verweisen können. Es fallen in ihm die zahlreichen Kerntheilungen in der Poly- pidwandung auf, die auf ein rasches Wachsthum derselben hindeuten. Die weitere Ausbildung des Polypids erfolgt in der gleichen Weise, wie ich sie oben für die anderen Knospungen beschrieben habe. Nur schien mir die Zeit des Auftretens verschiedener Organe mehr Schwan- kungen unterliegen zu können, als es dort der Fall ist. Se habe ich 2. B. das Ganglion oft außerordentlich spät auftreten sehen, während es sich normalerweise nach der Scheidung des Polypids in Atrium und Verdauungskanal anlegt, bevor deren hintere Verbindung durch den Hinterdarm erfolgt ist. VE en u ee Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 195 In dem in Fig. 37 gezeichneten Stadium ist die Sonderung in Atrium und Verdauungstractus bereits sehr weit vorgeschritten. Beide _ Theile hängen durch den Ösophagus zusammen. Es lässt sich auf die- ser Ausbildungsstufe, wenn das alte Köpfchen noch verbunden ist, leicht feststellen, dass die Orientirung des neuen Polypids zum alten Stiel die gleiche ist, wie die des früheren Kelches. Die Medianebenen fallen nahezu zusammen und die Ösophagusseiten entsprechen einan- der. Die Muskelfibrillen sind im Bereiche des ganzen oberen Abschnit- tes, der sich als Köpfchen sehr bald abschnüren wird, bereits rückge- bildet. In dieser ganzen Zone zeichnen sich die Ektodermzellen durch besondere Größe und leichte Färbbarkeit aus und gehen nach unten zu sehr rasch in die Plattenzellen des Stieles über. Der Cuticula sitzt oben noch ein kurzer Stachel auf, der später schwindet und wie alle in Rückbildung begriffenen des protoplasmatischen Achsenfadens bereits entbehrt. Aus dem Vorhandensein des Stachels kann man entnehmen, dass die Stelle, an welcher jetzt das Polypid liegt, früher dem Stiele des alten Köpfchens zugehörte, das bereits in einer frühen Periode sich abgelöst hatte, denn von der ursprünglichen Narbe ist nichts mehr wahrzunehmen und das Ektoderm, sowie die Cuticula erscheinen im Scheitel geschlossen. | Ein etwas weiter entwickeltes Stadium zeigen Fig. 38 im media- nen, Fig. 39 im seitlichen Längsschnitt. Der ganze obere Stielabschnitt, in dem das Polypid entwickelt ist, beginnt sich durch eine Ringfurche als Köpfchen abzuschnüren. Zwei mächtige Stacheln sind auf der Qutieula seitlich noch erhalten. Die beiden Theile des Polypids hängen nur durch den Ösophagus zusammen, der Hinterdarm ist noch nicht zur Ausbildung gelangt. Die ursprüngliche Einstülpungsöffnung ist noch immer zu erkennen, allerdings deutlich nur auf den seitlichen Durch- schnitten, denn die beiden Ränder, an denen die Atrialwandungen in das Ektoderm der Haut übergehen, sind einander fast bis zur Berüh- rung genähert. Im Mesoderm finden wir nur die früher schon beschrie- benen Verhältnisse. Ich. habe durch solche und ähnliche Stadien Querschnitte angefertigt, die lediglich die an Totalpräparaten gewonnenen Ergebnisse bestätigen, und einen derselben in Fig. 46 gezeichnet. Derselbe zeigt das Atrium und dessen Zusammenhang mit dem Ektoderm durchschnitten. Auf einem der folgenden Schnitte findet man dann die hufeisenförmig ge- krümmte Darmschlinge auf zwei neben einander liegenden Durch- sehnitten wieder. In dem in Fig. 40 abgebildeten Thiere zeigt sich das regenerirte Köpfchen schärfer abgesetzt. Das alte sitzt dem neuen auf und ist in 13* 196 ie Oswald Seeliger, weit vorgeschrittenem Zerfall begriffen. Zwischen beiden sind auf der Cutieula noch Reste alter Stacheln zu sehen, woraus hervorgeht, dass bei der Regeneration keine neue Ausstülpung des Ektoderms, sondern. nur dessen Einfaltung zum Polypid erfolgt. In diesem letzteren findet sich an der unteren Atrialwand der Beginn einer Ausstülpung gegen den Darm zu, die das Ganglion bildet. Ein Stadium mit weiter entwickeltem Darmkanal, aber noch ohne Ganglionanlage zeigt bei stärkerer Vergrößerung Fig. 41. Ich bemerke nur erläuternd dazu, dass die Verbindung mit dem alten Köpfchen, das im Übrigen vollständig desorganisirt ist, eigenthümlicherweise in voll- kommen normalem Zustand erhalten ist. Im Mesoderm des neuen Köpf- chens bemerkt man neben großen, plasmareichen Zellen kleine, nur schwach färbhbare Spindelzellen, die wohl, ohne eine Veränderung durchgemacht zu haben, hier liegen geblieben sind. Beträchtlich weiter entwickelt ist das in Fig. 42 abgebildete Sta- dium, von welchem das alte Köpfchen bereits abgestoßen wurde. Im Atrium haben sich eine Anzahl von Tentakelanlagen gebildet, an der unteren Wand hat sich das Ganglion durch eine Ausstülpung entwickelt. Der Hinterdarm vermittelt bereits die zweite Verbindung zwischen Atrium und Darmkanal. Vom Mesoderm aus haben sich die Geschlechts- organe angelegt. Endlich zeigt Fig. 43 ein regenerirtes Köpfchen, an welchem noch immer das rückgebildete alte hängt, mit vollständiger entwickeltem Tentakelapparat und Gliederung des Darmes in die vier Abschnitte des Ösophagus, Magens, Mittel- und Enddarmes. — Es geht aus der gegebenen Darstellung hervor, dass die Regene- rationserscheinungen bei Knospen jeden Alters eintreten können. Vor- nehmlich ist das allerdings nur bei ganz alten Thieren der Fall, deren Köpfchen mit Eiern und Embryonen abgestoßen wurden. Auch an der noch solitären, aus dem Ei entstandenen Form habe ich, bevor noch die Stolobildung eintrat, Erscheinungen gesehen, welche mir einen Regene- rationsprocess einzuleiten schienen. Sie bestanden darin, dass sich unter dem Köpfchen, dessen oberstes Ende sich, ähnlich wie es in Fig. 35, Individuum III, gezeichnet ist, rüsselförmig ausgezogen hatte, der ober- ste Stieltheil durch eine zweite Ringfurche abzugrenzen begann und dass auf der Ösophagusseite dieser Region, dort, wo die Regeneration mit der Neubildung eines Polypids zu baiitmn pflegt, das Dune in der That sich verdickt zeigte. Die Regenerationsfähigkeit dürfte übrigens mit der einmaligen Neubildung eines Köpfchens nicht erloschen sein. Ich habe für diese Annahme allerdings keine überzeugenden Beobachtungen anzuführen, Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 197 denn trotz eifrigen Suchens fand ich niemals unter einem unzweifelhaft durch Neubildung entstandenen Köpfchen, auf welchem etwa noch das alte gesessen hätte, ein drittes Polypid aufgetreten. Aber einmal lösen sich die alten Köpfchen sehr leicht und schließlich wohl sämmtlich ab, andererseits ist es dann, wenn das regenerirte Köpfchen die end- gültige Ausbildung erlangt hat, nicht immer möglich, dasselbe als neugebildet zu erkennen. Die Bedingungen für die Wiederholung des Vorganges sind aber vollständig vorhanden. Denn wie die Abbildungen Fig. 40 bis 43 nachweisen, zeigt jetzt wiederum das obere Stielende die gleichen Verhältnisse wie vor der Neubildung des Köpfchens, sowohl im Mesoderm als im Ektoderm, dessen Zellen daselbst plasmareich, eylindrisch oder kubisch sind. Dass solche Ektodermzellen sich gelegent- lich auch aus den Plattenzellen der seitlichen Stielwandungen bilden können, beweist der Umstand, dass man gar nicht so selten an kurzen Stielstummeln, die von ganz alten Thieren herrühren, an den Stellen Regeneration auftreten sieht, an welchen vorher nur ganz feines Plattenepithel vorhanden gewesen sein kann. Es hat also auch dieses noch nicht die Fähigkeit verloren, sich in embryonalartiges Epithel zurückzuverwandeln, aus welchem ein neues Polypid sich bilden kann. Ich möchte glauben, dass diese Entstehung neuer Polypide tiefer unten am Stiel dadurch veranlasst sei, dass unmittelbar über der Stelle, an welcher sie erfolgt, durch vermuthlich äußere Einflüsse der obere Theil des alten Stieles mit seinem Köpfehen abbrach. Wenigstens habe ich einen solchen Fall aufgefunden, in welchem ein größeres oberes Stiel- stück von dem Basaltheil zum größten Theile bereits abgeschnürt war, so dass am Stolo ein Stielstummel, dessen Ektoderm ausschließlich aus Plattenepithel bestand, zurückbleiben musste ähnlich denjenigen, an welchen ich Regeneration und allerdings bereits eine aus kubischen Zellen bestehende Ektodermkuppe beobachtet hatte. Ist es richtig, dass — wie ich annehme — mehrmals hinter einan- der an ein und demselben Stiel neue Köpfchen sich ausbilden können, so weisen diese Erscheinungen auf die bei der Strobilation auftretenden Vorgänge deutlich hin. Ich habe es wohl nicht erst nöthig, den Ver- gleich, so weit er sich eben geben lässt, hier durchzuführen. Wie ich in dieser Darstellung gezeigt habe, ist der Vorgang, der sich bei der Regeneration abspielt, im Wesentlichen mit dem der Knospung gleich, so dass man geradezu, wie es auch bereits von Sırensky geschehen ist, die Regeneration des Köpfchens als eine Knospung am oberen Stielende bezeichnen kann. Es wird dies vielleicht noch gerechtfertigter erschei- nen, wenn man einen Blick auf Fig. 35 wirft, wo sich beide Processe neben einander finden. Stellen wir uns nur vor, dass die Ausstülpung, 198 Oswald Seeliger, welche die Knospe I bedingt, unterbleibt und dass an der nämlichen Stelle wie jetzt bei st trotzdem ein Polypid sich anlegt, so zeigt sich so- fort die hohe Übereinstimmung von Regeneration und Knospung und das Hinüberleiten dieser Vermehrungsarten zu den Erscheinungen der Strobilation. — Am Schlusse des beschreibenden Theiles dieser Abhandlung möchte ich noch auf zwei bemerkenswerthe Bildungen hinweisen, die ich unter den überaus zahlreichen Individuen, die ich untersuchte oder betrach- tete, allerdings nur je in einem einzigen Exemplar auffand. Das eine ist in Fig. 56 abgebildet und stellt zwei wohlentwickelte mit reifen Geschlechtsorganen versehene Pedicellinaköpfehen dar, wel- che ein und demselben Stiele aufsitzen. Der Übergang in denselben, der Verschluss der Verbindungsstelle der Leibeshöhlen durch die quer- gestellten Mesodermzellen ist genau so gestaltet als wenn nur ein Köpf- chen vorhanden wäre. Die Medianebenen der beiden Köpfchen fallen nicht vollständig zusammen, sondern bilden mit einander einen freilich nur sehr spitzen Winkel; im Übrigen ist aber ihre Orientirung die näm- liche und nicht eine spiegelbildliche. Die Leibeshöhlen beider stehen mit einander in weiter Verbindung, so dass die daselbst liegenden Mesodermzellen sowohl dem einen als dem anderen Köpfchen zuge- rechnet werden könnten. Wichtig wäre die Kenntnis, wie diese Bildung entstanden ist. An- fangs meinte ich, sie sei dadurch hervorgerufen worden, dass bei der Regeneration eines Köpfchens am oberen Stielende gleichzeitig an bei- den Seiten in der Medianebene je eine Polypideinstülpung erfolgt sei. Später sei nach Sonderung des Köpfchens eine senkrechte Falte aufge- treten, welche das ursprünglich einheitliche, aber mit zwei Polypiden versehene Köpfchen in der Weise, wie es aus der Abbildung ersicht- lich ist, in zwei unvollkommen getheilt hätte. Es giebt noch andere Möglichkeiten, sich das Endstadium zu erklären, die ich aber hier nicht weiter behandeln möchte, weil eine endgültige Entscheidung, ohne Auf- finden von jüngeren Stadien, doch nicht erfolgen kann. Dicht neben diesem abnormen Fall fand ich ein anderes Indivi- duum, welches vielleicht demselben Stocke angehört haben mag und welches mir eine andere Erklärung der doppelköpfigen Pedicellina nahe legt. Ich habe dasselbe in Fig. 55 abgebildet. Daraus, dass über dem oberen Stielende, schon im Bereiche des Köpfchens sich Stacheln finden, lässt sich eben so wie aus dem geringen Umfange des letzteren gegenüber dem Stiele schließen, dass das Köpfchen durch Regeneration entstanden ist. Was aber bemerkenswerth erscheint, ist die außeror- dentliche Verbreiterung desselben in der Richtung der Medianebene. a ei ee Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 199 Senkrecht zu dieser, in der Längsachse des Stieles findet sich im ganzen Umkreis des Köpfchens eine Ringfalte, welche am oberen Ende bereits eine bedeutende Tiefe erreicht hat, nach unten zu allmählich flacher wird. So erscheinen zwei äußerlich scharf geschiedene Theile, ein ösophagealer und ein analer. Die Sonderung betrifft nieht nur das Hautepithel, sondern es lassen sich auch im Atrium und Tentakelappa- rat zwei allerdings noch ganz unvollständig geschiedene Abschnitte unterscheiden. Ich möchte diesen Befund als den Beginn einer voll« ständigen Theilung des Köpfchens deuten, deren Resultat das in Fig. 56 abgebildete Stadium wäre. Das eine der durch Theilung entstandenen Individuen hätte nur einen neuen Ösophagus, das andere einen neuen Hinterdarm zu bilden, so wäre die gleiche Lagerung der Organe in den beiden Tochterstücken vollständig befriedigend erklärt. V. Allgemeine Bemerkungen. Die in der vorliegenden Abhandlung mitgetheilten Beobachtungen über die ungeschlechtliche Vermehrung der Bryozoen geben nach mehr- facher Richtung hin Veranlassung zu Überlegungen und Schlussfolge- rungen, von denen ich wenigstens die am nächsten liegenden an dieser Stelle vorbringen will. Zunächst fällt die außerordentliche Verschiedenheit der beiden Entwieklungsweisen, der geschlechtlichen und ungeschlechtlichen in die Augen, die beide zur Erzeugung einer gleichen Endform führen. So wie in anderen Thierstämmen, erscheint auch hier die Knospung im Verhältnis zur Embryonalentwicklung überaus verkürzt. Bei den Loxosomen, die sich durch eine solche Art der Knospung auszeichnen, die Hazcker als vollständige bezeichnet hat, lösen sich die jungen Knos- pen ab und gewinnen selbständig neue Anheftungsstellen; den Pedi- cellinaknospen fehlt aber jegliche Fähigkeit einer Ortsveränderung, und an den Stellen, an welchen sie entstehen, erlangen sie auch ihre Ge- schlechtsreife. Hier finden wir also kein Stadium, das sich in dieser Beziehung der frei schwimmenden Larve analog verhielte. Überall fehlen also bei den Bryozoen in der Knospung die Vorgänge, die wir in der Embryonalentwicklung als eine mehr oder minder tiefgehende Meta- morphose beobachten können, und eben so fehlen den Knospen nebst den anderen provisorischen Larvenorganen die beiden fraglichen Ge- bilde, welche als Rückenorgan, Gehirn oder Knospe und andererseits als Saugnapf, Fußdrüse oder Scheitelplatte in Anspruch genommen worden sind, : Auch die ersten Stadien in der Embryonalentwicklung, die Fur- chung, finden in der Knospung keine Homologa, denn diese hebt mit 200 Oswald Seeliger, einem zweischichtigen Stadium an, in welchem bereits ein epitheliales / Ektoderm und Mesenchym anzutreffen sind. Ein ähnliches Stadium fehlt in der Embryonalentwicklung der endoprokten Bryozoen sowohl bei Pedicellina nach der Harscaer’schen Untersuchung als auch bei Loxosoma! nach den Beobachtungen von Hırmer. Denn hier tritt das mittlere Blatt, wie es sonst in anderen Thierstämmen in fast allen Fäl- len stattfindet, erst nach Ausbildung des Entoderms auf. Allerdings lauten die freilich noch nicht widerspruchslosen Angaben über die Embryonalentwicklung der Ektoprokten, sowohl der marinen als der Süßwasserformen in dieser Frage wesentlich anders. Es soll nämlich bei diesen die primäre Leibeshöhle von Mesenchym erfüllt sein, das bei den Phylaktolämen sogar eine epitheliale, dem Ektoderm anliegende Schicht bildet, lange bevor der eigentliche Gastrulationsvorgang auftritt. Gegenüber der Embryonalentwicklung der Endoprokten selbst er- scheint also die Ausbildung des inneren Blattes in den Knospen zeitlich verschoben und zwar wesentlich verspätet. Es wäre die Übereinstim- mung zwischen beiden Entwicklungsweisen weit vollständiger, wenn es sich hätte nachweisen lassen, dass das mittlere Blatt in der Weise, wie sie Nırsche für Loxosoma behauptete (vgl. das Schema auf p. 170), entstehe. Allein ich habe mich durchaus nicht davon überzeugen kön- nen, dass zu irgend einer Zeit Ektodermzellen in die Leibeshöhle der Knospen auswanderten, um deren Mesenchym zu bilden. Wichtiger aber erscheint der Umstand, der ja von vielen Seiten gar nicht aner- kannt wurde, dass überhaupt in jeder zu bildenden Knospe das Polypid durch eine neue Einstülpung vom Ektoderm her sich anlegt. Gehen wir in noch frühere Entwicklungsstadien des knospenbildenden Mut- terthieres zurück, so werden wir mit großer Sicherheit füglich alle bei der Knospung thätigen Ektodermzellen auf eine einzige zurückführen können. Hätten sich nun Nırscar’s Angaben über die Entstehung des mittleren Blattes in den Knospen aus dem Ektoderm bei Pedicellina bestätigt, so würde man die gesammte Knospe auf eine Ektodermzelle zurückführen können und hätte somit in der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung ein ähnliches Anfangsstadium wie in der geschlechtlichen. Allerdings wäre es dann fraglich, ob wir noch von Knospung reden könnten. Bekanntlich hat O. Scamipr das Vorkommen von Knospung bei Loxosoma überhaupt geleugnet und zwei verschiedene Arten der ge- schlechtlichen Vermehrung bei dieser Form unterschieden, eine durch Metamorphose, eine andere ohne eine solche sich vollziehende. »Es ist mir geglückt, die Entwicklung dieser vermeintlichen Knospen mit 1 HARMER, »On the structure and development of Loxosoma«. Quart. Journ. Micr. Science. Vol. XXV. 1885. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 201 ziemlicher Vollständigkeit zu verfolgen, und es hat sich ergeben, dass eine regelrechte Eientwicklung ohne Metamorphose vorliegt '!.« Aus seiner weiteren Beschreibung geht hervor, dass er sich vorstellt, es verließen einzelne Eier den Eierstock und gelangten nach vollzogener Furchung auf das Ektoderm des Thieres, um daselbst die Gebilde dar- zustellen, welche man vor ihm allgemein als Knospen angesehen hatte. NırscHe 2 hat später mit Recht die durchaus ungenügenden Beobach- tungen gerügt, auf welchen eine derartige Anschauungsweise beruhte, und dann selbst die Eingangs aus einander gesetzte Darstellung des Knospungsvorganges bei Loxosoma gegeben. Ich hätte gern auch an dieser Gattung die ungeschlechtliche Fortpflanzung untersucht, weil ich glaubte, dass die Vorgänge die nämlichen sein würden wie bei Pedi- cellina, dass sich also auch das mittlere Blatt des Mutterthieres bei der Knospenbildung betheiligen würde. Trotzdem ich aber zu wiederholten Malen nach Loxosomen suchte und auch Herr Dr. GragFFrE solche Gegen- stände absuchte, auf welchem er sie früher gefunden hatte, bestand doch das Ergebnis in nur wenigen Exemplaren, an welchen ich diese Frage zu keiner endgültigen Entscheidung bringen konnte. Leitete sich die Gesammtknospe von einer Ektodermzelle ab, so hätten wir einen Vorgang vor uns, der von der echten Knospung aller übrigen Thierformen, bei welcher sich stets Derivate mehrerer Keim- blätter betheiligen, außerordentlich verschieden wäre. Auch auf die geschlechtliche Fortpflanzung ließe sich dann eine solche Vermehrungs- art nicht zurückführen und etwa die Deutung der Ektodermzelle als eine parthenogenetische Eizelle anwenden, weil wir ja einen ganz be- stimmt gesonderten, dem Mesoderm entstammenden Geschlechtsapparat in diesen Thieren vorhanden finden, der mit den Knospen bildenden Zellen in keinem Zusammenhange steht. Vor? giebt ausdrücklich an, und es liegt nicht der geringste Grund vor, dies zu bezweifeln, dass die Thiere gleichzeitig geschlechtsreif sein und Knospen bilden können. Andererseits sagt Nırschz* »Ich habe Hunderte von im Herbst gesam- melter erwachsener Loxosomen untersucht, ohne ein einziges Exem- plar mit entwickelten Genitalien gefunden zu haben, und doch waren sie sämmtlieh mit Seitensprösslingen überreich versehen. « Es erklären sich solche Gegensätze naturgemäß daraus, dass die Geschlechtsreife 1 0. Scamipt, »Die Gattung Loxosoma«. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XI. p. 8. 4876. 2 H. Nıtsche, »Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen«, Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. p. 385. 3 Vogr, »Sur le Loxosome des Phascolosomes«. Arch. zool. exper. 1876. 4 NITSCHE, |. c. p. 386. 302 Oswald Seeliger, nur periodisch eintritt, die Knospung aber stets stattfinden kann. Es bliebe somit nur übrig, eine derartige Entwicklung als Sporogonie zu bezeichnen, obwohl es sich sonst fast überall im Thierreiche, wo man Sporenbildung annahm, erwiesen hat, dass eine solche nicht-vorkommt. Wer sich allerdings auf den Standpunkt stellt, den vor nicht langer Zeit A. KöLuiker ! vertreten hat, für den könnte es nichts Auffallendes sein, wenn wirklich eine Ektodermzelle, die nicht Geschlechtszelle ist, einen neuen Organismus entstehen lässt. Im Gegensatze zu den bekann- ten Weısmann’schen Anschauungen ist KörLıker der Ansicht, dass bei den im Verlaufe der Embryonalentwicklung auftretenden Kernthei- lungen immer nur wesentlich gleiche und nicht qualitativ verschiedene Tochterkerne hervorgehen. In letzter Instanz leiten sich alle Kerne im ausgebildeten Organismus aus dem befruchteten Eikern in kontinuir- licher Formfolge ab und stehen also ‚wie dieser auf dem Stadium eines embryonalen Zwitterkernes. Da KöLLıker mit HERTWIG und STRASBURGER die ausschließliche Bedeutung des Kernes bei der Befruchtung und Vererbung annimmt, stehen somit auch alle Zellen eines Organismus auf dem Stadium der befruchteten Eizelle und besitzen das Vermögen, den gleichen Organismus zu erzeugen wie diese. »Es darf daher wohl angenommen werden, dass von Haus aus jede embryonale Zelle das Vermögen besitzt, das Ganze zu erzeugen und in gewissem Sinne Keim- zelle ist, und dass, wenn dieses Vermögen bei den höheren Thieren und später nur an gewisse Elemente gebunden erscheint, dies mit be- sonderen Verhältnissen verknüpft ist« (l. e. p. 44). Diesen Standpunkt hat KöLLiker später noch einmal betont?: »Ich behaupte in erster Linie, dass das im Kerne der befruchteten Eizelle befindliche Idioplasma im Laufe der Entwicklung wohl an Masse zunimmt, aber seiner inneren Struktur nach unverändert in die Kerne aller Zellen übergeht, die an der Formbildung des Embryo sich betheiligen. Somit leugne ich jeden tieferen Gegensatz zwischen den »somatischen Zellen« oder den Ge- webszellen einerseits und den Eizellen und Samenzellen andererseits.« Es ist das eine Auffassungsweise, welche von einigen Botanikern schon lange vertreten wurde. Vöchrine hatte 1878 bereits behauptet, dass eine jede Zelle des pflanzlichen Organismus die Fähigkeit besitze, sich zu einem neuen Organismus zu regeneriren. Es mag nun sein, dass im Pflanzenreich die Thatsachen zu einer solchen Auffassung be- ! KöLLIKEr, »Die Bedeutung der Zellkerne für die Vorgänge der Vererbung«. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 1885. 2 KÖLLIKER, »Das Karyoplasma und die Vererbung, eine Kritik der WEISMANN- schen Theorie von der Kontinuität des Keimplasma«. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. p. 229. 1886. Sn re ee u u U ud Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 303 rechtigen. Im Thierreiche aber kennen wir bislang keinen einzigen sicher festgestellten Fall, in welchem eine Zelle, die nicht Eizelle ist, im Stande wäre, aus sich heraus ein Metazoon zu regeneriren. Und ich glaube nicht, dass Loxosoma eine Ausnahme bilden wird. Die Vorgänge bei der ungeschlechtlichen Vermehrung der Bryozoen haben uns aber andererseits gelehrt, dass eine bestimmte Differenzi- rung einer Zelle durchaus nicht ihre Rückkehr aüf ein mehr embryo- nales Stadium ausschließt, von welchem aus eine Entwicklung auch nach einer anderen Richtung noch erfolgen kann. Im höchsten Maße fanden wir dies Vermögen bei gewissen Plattenzellen des Pedicellina- stieles ausgebildet, die unter bestimmten Umständen ein neues voll- ständiges Polypid aus sich erzeugen konnten. Weniger bestimmt diffe- renzirt zeigten sich allerdings die Ektodermzellen, die bei der normalen Knospung die gleiche Fähigkeit bewiesen, sich zu solchen Organen und Geweben umzubilden, die zweifelsohne entodermal sind. Die in dieser Untersuchung mitgetheilten Thatsachen lassen es außer jedem Zweifel, dass der Gastrulationsprocess bei den endoprokten Bryozoen sich jederzeit an gewissen Stellen des ausgebildeten Thieres oder dessen Stolo wiederholen kann. Es bewahrt das Ektoderm die Fähigkeit, die der Blastula zukam. Ähnlich wie bei ektoprokten Bryo- zoen das embryonale einschichtige Blastulaepithel bereits Mesenchym umschließt, bevor das Entoderm entsteht, enthält auch schon die Lei- beshöhle der ektodermalen Knospenausstülpung Mesodermgewebe, so dass unmittelbar nach dem Auftreten der Polypideinstülpung die Knos- penanlage in eine dreiblätterige Form übergeführt erscheint. Nach den Untersuchungen von Harschrk entsteht nach Ablauf der Furchung die Gastrulaeinstülpung in der Region, in welcher sich später das Atrium oder Vestibulum der Larve ausbreitet (vgl. die schematische Fig. 5, p- 171). Da nun die Festsetzung der Larve mit eben diesem Pole erfolgt und eine vollständige Umkehrung des Polypids stattfindet, so dass die definitive Öffnung des Atriums nach außen bei der festge- setzten solitären Form gerade an der Stelle im Ektoderm erfolgt, welche dem embryonalen Blastoporus gegenüber liegt, so ergiebt sich, dass die Ektodermzellen, welche den Stiel der Pedicellina bilden und an wel- chem sich der Stolo erhebt, vornehmlich wohl Folgegenerationen der Zellen sind, welehe dem Blastoporus genähert lagen. Allerdings hat dieser Hinweis nur dann Bedeutung, wenn das Ektoderm der festge- setzten Larve die drehende Bewegung des Polypids um 180° nicht mit- macht. Aber auch damit ist, wie ich glaube, für denjenigen weniggewonnen, der einmal der Auffassung huldigt, dass das innere Keimblatt in Folge 204 Oswald Seeliger, einer polaren Differenzirung der Eier immer nur an einer ganz bestimm- ten Stelle aus einem ganz bestimmten Theil des Eimateriales hervor- gehen könne. Denn wie Harscazk nachgewiesen hat, schließt sich das durch Invagination entstandene Entoderm vollständig ab, und es ent- steht später an der Stelle des früheren Blastoporus eine neue Einstül- pung, die nunmehr rein ektodermal ist und bleibt und Atrium, Öso- phagus und Hinterdarm entstehen lässt. Danach müsste also das zum Entoderm prädestinirte Material der Blastula bei der Bildung der ersten Einstülpung bereits verbraucht sein, und es bliebe unverständlich, wie später noch Folgegenerationen solcher Zellen, die beträchtlich weiter nach dem animalen Pole des Embryo gelegen waren, dennoch noch einmal Entoderm produziren könnten. Ich meine also, dass solche That- sachen, wie sie uns die Entwicklung der Bryozoen lehrt, uns warnen sollten, die Lehre von der polaren Differenzirung der Eier bis in die Extreme zu verfolgen, die mit den wirklichen entwicklungsgeschicht- lichen Vorgängen einfach unvereinbar sind. Wie ich eben erwähnt habe, geht aus Harscazr’s Darstellung der Embryonalentwicklung hervor, dass Atrium und Tentakelapparat dem Ektoderm zugerechnet werden müssen. Aus der Knospung ergiebt sich dies nicht so einfach, und es ist denn in der That auch dieser ganze Komplex des öftern dem Entoderm zugezählt worden. In den Knospen erscheint unzweifelhaft für Atrium und Verdauungskanal die Anlage als ein einheitliches Gebilde, das sich erst später sondert. Wie die ge- sammte Knospenentwicklung verkürzt ist, erscheinen auch die beiden Processe der Einstülpung, durch welche im Embryo zuerst Entoderm- kanal, dann Atrium sich bilden, in einen zusammengezogen. Ich möchte diese Untersuchung nicht schließen, ohne auf die außerordentliche Verschiedenheit hingewiesen zu haben, die bezüglich des Bildungsgesetzes der Knospen bei Bryozoen einerseits und den Cölenteraten und Tunikaten andererseits besteht. In beiden letzteren Typen betheiligt sich das Entoderm in sehr wesentlicher Beziehung beim Knospenbau, denn es entstehen aus ihm fast alle die Organe, die im Embryo aus dem Hypoblast sich gebildet haben. Das Ektoderm liefert in den Knospen der Tunikaten die Hautschicht und bei Cölen- teraten wohl so ziemlich alle Körpertheile, die im Embryo epiblastisch entstanden sind. Bei den meisten Cölenteraten ist die Knospenanlage wie bei den Bryozoen zweiblätterig, bei jenen aber sind es Ektoderm und Entoderm, bei diesen Ektoderm und Mesoderm, welche in das neue Thier übergehen. Bei den Tunikaten tritt als umfangreiches Gebilde das mittlere Blatt zu den beiden primären in die Knospenanlage hinein. Hier bildet Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. 305 es sich zu einer ganzen Reihe von Organen und Geweben aus, die im Embryo aus einem anderen Blatt, nämlich dem Ektoderm entstehen. "Wie ich nachgewiesen habe! findet diese hervorragende Betheiligung des Mesoderms dadurch eine naturgemäße Erklärung, dass das Meso- derm des Mutterthieres, welches in die Knospen übergeht, nichts ande- res ist als sein Geschlechtsapparat oder ein Theil desselben, der eine ganz eigenthümliche Verwerthung erfährt. Während also bei Tunikaten das mittlere Blatt bei der ungeschlechtlichen Vermehrung die wichtigste Rolle spielt, ist es bei den Bryozoen das äußere, welches — da ein ento- dermaler Antheil fehlt — die Fähigkeit besitzt, das innere nach Art der Gastrulation aus sich hervorgehen zu lassen. Alsich an die vorliegende Untersuchung herantrat, da erwartete ich, den Nachweis führen zu können, dass bei der Knospung der Bryozoen im Wesentlichen die näm- lichen Vorgänge sich abspielen würden wie bei Tunikaten. Nachdem ich mich sehr bald überzeugt hatte, dass sich nur zwei Blätter bei der Knospung betheiligen, da vermuthete ich, es würde in ähnlicher Weise wie bei den Tunikaten, das mittlere Blatt die größte histologische Neu- bildungsfähigkeit zeigen und den entodermalen Antheil des Polypids liefern. Da die Geschlechtsorgane ebenfalls mesodermal entstehen, hoffte ich, die Umbildungsfähigkeit des Knospenmesoderms in ähnlicker Weise erklärt zu finden, wie bei Salpen und Pyrosomen. Eine einge- hende Untersuchung hat mich aber gelehrt, dass die Vorgänge der unge- schlechtlichen Vermehrung bei Bryozoen sich nach einem ganz anderen Gesetze vollziehen, das sich im Wesentlichen als ein an den verschie- densten Stellen im Ektoderm immer wieder auftretender Gastrulations- vorgang auffassen lässt. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Abbildungen sind nach Präparaten mit der Camera lucida gezeich- net worden. Die Distanz des Asge’schen Spiegels vom Zeichentisch betrug 20 cm. Die Fig. 5, 20—34 auf Taf. IX, Fig. 44—49 auf Taf. X stellen mit dem Mikrotom verfertigte Quer- und Längsschnitte dar; alle anderen sind optische Durchschnitte. Die auf einander folgenden Stadien der Knospen sind mit römischen Zahlen be- zeichnet. Buchstabenbezeichnung. a, Atrium oder Intratentakularraum;; ec, Ektoderm; ce, Cuticula; fd, Fußdrüse; 1 »Die Entstehung des Generationswechsels der Salpen.« Jen. Zeitschr. f, Naturw. Bd. XXI. 1888. — »Zur Entwicklungsgeschichte d. Pyrosomen.« Ebenda Bd. XXI. 1889. en 306 Oswald Seeliger, fr, Muskelfibrillen im Stiel; oe, Ösophagus; g, Ganglion; ov, Geschlechtsorgane; hd, Hinterdarm, Rectum ; ?, Polypid, gemeinsame Anlage für i, Anlage des Verdauungskanales ; Atrium, Verdauungstractus und Gan- Ih, primäre Leibeshöhle ; glion; m, Magen; s, Stachel; md, Mitteldarm ; st, die Stelle im Ektoderm, von welcher | ms, Mesodermzellen ; der Stolo ausgeht resp. das Polypid | n, Nierenkanälchen; sich einstülpt; o, Mund; ti, Tentakel. Tafel IX. Fig. 4. Eine junge noch solitäre Pedicellina nach erfolgter Umkehrung des Entodermkanals und vollständiger Rückbildung des vermeintlichen Knospungsor- sans der freischwimmenden Larve. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. ZeEıss, Obj. D, Oe. II. Fig. 2. Ein weiter entwickeltes Solitärthier kurz vor Beginn der Bildung des Stolos, der sich bei st erheben wird. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. C, Oe. II. Fig. 3. Ein weiteres Stadium, das an der Basis des Stieles einen Stolo gebildet hat, an dessen Spitze das erste Polypid entwickelt ist. Auch die Stelle, an welcher sich ein zweites bilden wird, ist bei st kenntlich. Die Festheftungsstelle ist bei der Loslösung des jungen Stockes von der Unterlage zerstört worden. Sublimatessig- Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. C, Oc. II. Fig. 4. Ein jüngerer Stolo mit beginnender Polypidbildung an einer solitären Form. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. D, Oc. II. Fig. 5. Medianer Längsschnitt durch einen etwas älteren Stolo. Sublimatessig- Chromsäure, Alaunkarmin. Obj. E, Oc. 1. Fig. 6. Optischer Durchschnitt senkrecht zur Medianebene eines Stadiums, das dem in Fig. 18 gezeichneten entspricht. Sublimatessig-Chromsäure, Alaunkarmin. ObjE,.0e..Il. Fig. 7. Das knospenbildende Ende eines Stöckchens, an welchem zwei Indi- | viduen auf sehr verschiedenen Stadien der Entwicklung liegen. Bei si wird sich £ später eine neue Knospe erheben. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 8. Ein weiteres Stadium, in welchem die Knospenanlagen 1 und XIV der vorhergehenden Figur zu Stadium III und XV geworden sind. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. D, Oc. II. | Fig. 9. Das Knospenstadium II. Sublimatessig-Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. E, 0c. 11. Fig. 10. Stadium IV. Sublimat, Bealekarmin. Obj. E, Oc. 11. Fig. A4. Stadium V. Zwei optische Durchschnitte bei verschiedener Tubusein- stellung. Sublimat, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 12. Ein folgendes Stadium. Sublimat, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 43. Stadium VII. Sublimat, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. 1. Fig. 44. Ein folgendes Stadium. Die Linie giebt an, welcher Stelle der in Fig. 22 abgebildete Querschnitt entnommen ist. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. F, ar 1 Fig. 15. Ein weiteres Stadium. Sublimatessig-Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. 11. Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen, 207 Fig. 46. Das folgende Stadium. Sublimat, Bealekarmin. Obj. E, Oe. II. Fig. 47. Ein weiteres Stadium, auf welchem sich das Polypid in Atrium und Entodermkanal theilt. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. 11. Fig. 48. Ein weiter entwickeltes Stadium; die Sonderung in die beiden Ab- schnitte ist vorgeschritten. Sublimatessig-Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 49. Ein Stadium, das dem in Fig. 8, Stadium XV, abgebildeten nahezu gleicht, im lateralen Längsschnitt betrachtet. Sublimatessig-Chromsäure, Borax- karmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 20. Querschnitt durch den Stiel einer Knospe, die weefähr auf dem in Fig. 8, Stadium XV, abgebildeten Stadium steht. Es ist die Region durchschnitten, in welcher sich eine neue Knospe zu bilden beginnt. Sublimatessigsäure, Pikro- karmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 21. Querschnitt durch ein Stadium, das dem in Fig. 44 abgebildeten ent- spricht. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 22. Querschnitt durch das in Fig. 44 abgebildete Stadium. Sublimat, Pi- krokarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 23. Querschnitt durch ein ähnliches Stadium. Sublimat, Boraxkarmin. Obj. F, Oc. II. Fig. 24. Querschnitt durch ein Stadınm) das dem in Fig. 46 abgebildeten unge- fähr entspricht. Sublimat, Boraxkarmin. Obj. F, Oec. II. Fig. 25. Querschnitt durch das in Fig. 47 abgebildete Stadium; Atrium und dessen Verbindung mit dem Hautepithel sind durchschnitten. Sublimat, Pikrokar- min.. Obj. E, Oc. 1. Fig. 26. Querschnitt durch das Atrium einer weiter entwickelten Knospe, der die in Fig. 48 abgebildete entspricht. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. 1. Fig. 27. Querschnitt durch den Verdauungstractus einer nur wenig älteren Knospe. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 28. Medianer Längsschnitt durch die Stoloanlage an einem älteren Thiere. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 29. Medianer Längsschnitt durch ein bedeutend weiter entwickeltes Sta- dium. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 30. Lateraler Längsschnitt durch ein junges Knospenthier, das etwas jünger . ist als dasälteste des in Fig. 7 abgebildeten Stöckchens. Sublimatessigsäure, Pikro- karmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 34. Schnitt derselben Serie durch die eine Hälfte des Atriums, um die Tentakelbildung zu zeigen. Fig. 32. Querschnitt durch ein fast gleich altes Stadium. Der Schnitt geht durch die Mitte des Atriums. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 33. Schnitt durch den Verdauungstractus und das Ganglion aus der näm- lichen Serie. Fig. 34. Etwas schräg geführter lateraler Längsschnitt durch ein Stadium, das dem ältesten in Fig. 7 abgebildeten gleicht. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. II. Tafel X. Fig. 35. Das freie Ende eines Stöckchens in Regeneration. Im äußersten Indi- viduum.] wird normalerweise erst durch eine beginnende Einstülpung das Polypid angelegt. Unter dem wohlentwickelten Köpfchen des Individuums II zeigt sich an der Spitze des Stieles links eine Ektodermverdickung, welche die Regeneration ein- leitet. Individuum III besitzt bereits einen rückgebildeten Tentakelapparat, an der 308 Oswald Seeliger, Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokten Bryozoen. Spitze des Stieles ist dagegen die Regeneration des Köpfchens sehr weit vorgeschrit- ten und das Polypid in die beiden Abschnitte gesondert. Sublimatessigsäure, Bo- raxkarmin. Obj. B, Oc. Il. Fig. 36. Neubildung eines Polypids an der Spitze eines alten Stieles, von der der Einstülpungsstelle gegenüber liegenden Seite aus gesehen. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. D, Oc. 1. . : Fig. 37. Ein weiteres Stadium der Regeneration. Die Einstülpung hat sich in Atrium und Verdauungstractus gesondert. Das ursprüngliche Köpfchen ist früh- zeitig abgestoßen worden. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. D, Oc. II. Fig. 38. Ein ähnliches Stadium von der gegenüber liegenden Seite betrachtet. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. D, Oc. II. Fig. 39. Dasselbe Thier im seitlichen Durchschnitt bei etwas stärkerer Ver- größerung gezeichnet. Fig. 40. Ein etwas weiter entwickeltes Regenerationsstadium. Das alte Köpf- chen sitzt dem neugebildeten noch auf. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. C, DEE R) Fig. 41. Ein ähnliches Stadium bei stärkerer Vergrößerung gezeichnet, um den Zusammenhang des alten Köpfchens mit dem neuen, der sich ganz unverändert er- halten hat, zu zeigen. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. D, Oe. Il. Fig. 42. Ein weiteres Stadium mit Tentakel- und Ganglionanlage. Sublimat- essig-Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. D, Oc. Il. Fig. 43. Ein durch Regeneration entstandenes ganz ausgebildetes Köpfchen, welchem das alte noch aufsitzt. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. C, Oe. I. Fig. 44. Medianer Längsschnitt durch ein regenerirtes Polypid. Sullime Sn säure, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 45. Ein folgender Schnitt derselben Serie. Fig. 46. Querschnitt durch die Atrialregion eines regenerirten Köpfchens, das ungefähr dem in Fig. 38 abgebildeten entspricht. Sublimatessigsäure, Pikrokar- min. Obj. E, Oc. II. Fig. 47. Querschnitt durch die Mitte eines jungen Regenerationsstadiums. Sublimatessigsäure, Pikrokarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 48. Drei Schnitte weiter nach dem oberen Stielende zu aus derselben Serie. Fig. 49. Querschnitt durch ein frühes Stadium eines TegeneRENEN Polypids. Sublimatessig-Chromsäure, Alaunkarmin. Obj. E, Oc. Il. Fig. 50. Ein Querstolo an der Basis eines alten Thieres im Hauptstolo. Subli- matessig-Chromsäure, Boraxkarmin. Obj. B, Oe. Il. Fig. 51. Die jüngste Knospenanlage an demselben bei stärkerer Vergrößerung. Dh E>0e. II; Fig. 52. Ein jüngerer Querstolo mit nur einer Knospe. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin. Obj. E, Oc. II. Fig. 53 und 54. Zwei optische Durchschnitte senkrecht zur Medianebene des- selben Thieres. Obj. D, Oc. 11. Fig. 54 entspricht der Stelle, welche in Fig. 52 durch die Linie A—A bestimmt ist. Fig. 55. Missbildung eines durch Regeneration entstandenen Köpfchens. An demselben ist eine Ringfurche aufgetreten, welche zwei äußerlich scharf abge- srenzte Theile unterscheiden lässt. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. €, Oe. I. Fig. 56. Eine doppelköpfige Pedicellina. Ein jedes der Köpfchen Be - und normal ausgebildet. Sublimat, Pikrokarmin. Obj. A, Oc. II. Die Gastrotrichen. Eine monographische Darstellung ihrer Anatomie, Biologie und Systematik von Dr. Carl Zelinka, Privatdocenten an der Universität Graz. Mit Tafel XI—XV und 10 Holzsehnitten. Einleitung. | Indem ich diese Arbeit der Öffentlichkeit übermittle, spreche ich die Hoffnung aus, es mögen die nachstehenden Ergebnisse das Interesse an den in neuerer Zeit recht vernachlässigten Gastrotrichen von Neuem wecken. Wenn auch in der Anatomie nur wenige Punkte, wie z. B. die Frage nach den männlichen Geschlechtsorganen, noch ungelöst ge- blieben sind (leider konnte ich meine Studien nicht an der größten Species, dem 0,4 mm langen Chaeton. Schultzei Metschn. ausführen, da mir nur etwa halb so große Formen zur Verfügung standen, was die Untersuchung gewiss erschwerte), so wird in faunistischer und syste- matischer Beziehung um so mehr zu entdecken sein. Um nun das Studium dieser Thiere nach Möglichkeit zu erleichtern, und um die historische Entwicklung unserer Kenntnisse von densel- ben recht deutlich darzulegen, wurde nach erprobtem Vorbilde Alles was über die Systematik und Anatomie dieser Thiere in früheren Ar- beiten enthalten war, wörtlich in chronologischer Reihenfolge eitirt. Durch nichts kann sich der Leser besser über den inneren Werth der früheren Arbeiten orientiren, als durch die objektive Nebeneinander- stellung der einzelnen Beschreibungen und Ansichten. Von der wört- lichen Anführung musste ich bei einer einzigen Arbeit zum Theile ab- sehen. Es ist dies die ausführliche, in derselben Zeitschrift erschienene Abhandlung von H. Lupwıc über die Gastrotrichen, aus welcher nament- lich die ausgedehnten Beschreibungen über den Darmkanal der Kürze Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. Au 210 Carl Zelinka, halber in sinngemäßen und erschöpfenden Auszügen mitgetheilt wer- den mussten. Dass Gossr’s » The natural History of the Hairy-backed animaleules« und die allerdings recht unbedeutende Schrift Fernarn’s »Notes on the Chaetonotus larus« in deutscher Übersetzung angeführt sind, während die übrigen Arbeiten in der Originalsprache citirt werden, hat seinen Grund darin, dass ich diese Schriften von auswärts beziehen musste und sie schon längst zurückgestellt hatte, als ich den Text nieder- schrieb, daher mir damals nur mehr meine Übersetzungen vorlagen. Auch die russische Arbeit von ScHinkewirsch gebe ich in deut- scher Übersetzung wieder und hoffe damit einem Theile der Fachge- nossen eine bedeutende Mühe zu ersparen. Um späteren Untersuchern die Bestimmung und Wiederauffindung der Species zu erleichtern, habe ich jede von mir beobachtete Species in einer typischen Stellung und bei 525facher Vergrößerung abgebil- det, um die relativen Größen klar zu legen. So ist es auch auf der Taf. XV gehalten worden. Diese Tafel möge von meinen Fachgenossen nur als eine Zugabe zum systematischen Theile betrachtet werden. Es sind daselbst bis auf Chaeton. octonarius Stokes, für welche Species sichere Angaben fehlen, alle bisher beschriebenen, von mir jedoch nicht beobachteten Species nach den Originalzeichnungen abgebildet! und zwar habe ich mit Ausnahme von Chaeton. Bogdanovii, von dem wir im Originale eine Längenangabe vermissen und der daher nach Maßgabe des vorhandenen Platzes in willkürlicher Größe gezeichnet wurde, sämmtliche Figuren ebenfalls auf eine 525fache Vergrößerung umgerechnet. Überall wurde die Maximalgröße gewählt, so dass auf ‚diese Weise nicht nur ein vollständiger Überblick über den Formen- reichthum gegeben, sondern auch durch die Umrechnung der Dimen- sionen die richtige Vorstellung der relativen Größen gewährleistet ist. Wo der Autor nur charakteristische Theile eines Thieres abgebildet a hatte, wurde die Totallänge durch eine nebenstehende gerade Linie an- gegeben. Professor Dr. L. von Grarr zolle ich für die freundlichen Rath- schläge, welche er mir bei der praktischen Durchführung dieser Arbeit aus seiner eigenen reichen Erfahrung zu Theil werden ließ, sowie für die liebenswürdigst gestattete Benutzung seiner Privatbibliothek meinen aufrichtigsten Dank. ‘ Nur Chaetonotus (?) longicaudatus Tatem, dessen Genus übrigens ganz un- sicher ist, wurde, da er auf Taf. XV nicht mehr aufgenommen werden konnte, in einem Holzschnitte abgebildet. TER Die Gastrotrichen. 311 Litteraturverzeichnis. In dieses Verzeichnis sind alle jene Schriften aufgenommen, welche eine eigene Beobachtung oder ein selbständiges Urtheil über die Gastro- trichen enthalten, Lehrbücher jedoch nur dann, wenn sie eigene ana- 'tomische Angaben enthalten. Solche Lehrbücher, die sich nur über die systematische Stellung aussprechen, werden im theoretischen Theile se- parat ceitirt. Das Verzeichnis beginnt mit Eurengerg’s Infusorienwerke, in welchem die ältere Litteratur nachgesehen werden mag, und ist chro- nologisch geordnet. Für die gütige Zusendung von Werken, welche ich in keiner öffentlichen Bibliothek Österreichs und Deutschlands auftrei- ben konnte, bin ich den Herren C.T. Hunson m Clifton, Bristol und Professor Dr. V. Carus in Leipzig, zu größtem Danke verpflichtet. Pro- fessor Dr. M. Braun in Rostock hatte die große Güte, mir aus seiner eigenen Übersetzung der Grımw’schen Arbeit, welche letztere ich trotz meiner Bemühungen nirgends erhalten konnte, jene Stellen mitzuthei- len, welche auf die Gastrotrichen Bezug haben. Es sei mir gestattet, ihm für diese Freundlichkeit meinen besonderen Dank auszudrücken. 1. C. G. EHRENBERG, »Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen«, 1838. p. 386. Aufstellung der Familie der Ichthydina; p. 388. Ichthydium mit I. podura, T. XLIII, Fig. II; p. 389, 390. Chaetonotus maximus, T. XLIII, Fig. III; Ch. larus, T. XLIOI, Fig. IV; Ch. brevis, T. XLIII, Fig. V. -2. S.Kurorga, »Naturgeschichte derInfusionsthierchen«. 4844. Tabellep. 8 (schließt sich ganz EHRENBERG an). 3. F. Dusarpın, »Histoire naturelle des Zoophytes. Infusoires«. 1844. p. 565. Infus. symmetriques; p. 568. Chaetonotus squammatus sp. nov., T. XVIIT, Fig. 8; p. 979. Chaet. larus, T. XVIII, Fig. 7; Ichthydium podura. 4. v. SIEBOLD, »Vergleichende Anatomie«. 1845. p. 174, System. Stellung = EHRENBERG. p. 175. Borsten. p. 180. Pankreatische Drüsen. 5. C. Vogt, »Zoologische Briefe«. Bd. I. 4851. p. 214 stellt die Ichthydina zu den Strudelwürmern. 6. P. H. Gosse, A Catalogue of Rotifera found.in Britain. Ann. and Magaz. of nat. Hist. 2 Ser. Vol. VIII. 4854. p- 198. Chaet. maximus, squammatus, larus, Dasydytes nov. gen., Das. goniathrix n. sp., Das. antenniger nov. spec. 7. M. Perry, »Kleinste Lebensformen der Schweiz«. 4852. p- 47. Chaet. maximus, Chaet. larus, Ichthydium podura. 8. L. K. ScHmarDA, »Die geographische Verbreitung der Thiere«. 1853. p. 744 stellt die Ichthydina zu den Rhabdocoelen. 9. M. SchuLTzE, »Über Chaetonotus und Ichthydium Ehrb. und eine neue ver- wandte Gattung Turbanella«. Arch. f. Anat. u. Physiologie. p. 241—254. T.,VL. 48332. p. 244—243. Histor. p. 243—246. Turbanella. p. 246—249. Chaet. maximus. p. 249 bis 253. System. Stellung. .9a.J. F. Weisse, »Beitrag zur geographischen Verbreitung der Infusorien«. Bull. math. phys. Acad. St. Peterspurg. XII. p. 380. 1854. Chaetonotus larus wird als Mitglied der Fauna von Aix genannt. 9b.J, F. Weisse, »Verzeichnis aller von mir in einem 30jährigen Zeitraume zu St. Petersburg beobachteten Infusorien u. Räderthiere«. Bull. Soc. imper. Mosecou. III. Theil. p. 244. 4863. Angeführt werden: Ichthydium podura, Chaetonotus maximus, brevis und larus. 14% 312 Carl Zelinka, 40, R. LeuckArr, Bericht über die Leistungen in der Naturg. der niederen Thiere während der Jahre 1848—4853. Archiv für Naturgesch. 20. Jahrg, II. Bd. 1854. Stellt die Ichthydinen als Anhang zu den Turbellarien. 44. M. Perry, »Naturgeschichte des Thierreiches«. Stuttgart 1854. System. Stellung bei den Helminthen. 42. Fr. Leyvig, »Über den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere«. Diese Zeitschr. Bd. VI. 4855. p- 112. Die Ichthydinen sind von den Rotatorien zu trennen. 13. Fr. Leyvıe, »Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere« 1857, p. 118. Kap. Haut. Anhang der Turbellarien: Ichthydina. 44. L. K. ScumArDA, »Neue wirbellose Thiere«. I, A. 1859. I, 2. 1864. I,1. p. XIV. Ichthydinen gehören zu den Naideen oder Turbellarien. I,2. p. 7. Fam. Naidea. Gen. Ichthydium. p. 8. I. jamaicense sp. nov., T. XVII, Fig. 148 a, d; I. tabulatum sp. nov., T. XVII, Fig. 149. 15. A. PrıtcHArn, »A History of Infusoria, including Desmidiaceen and Diatoma- ceen« 4. Ed. enlarged and revised by J. P. ArLıngE, W. ARCHER, J. Rarrs, W.C. Wırrıanson and the Autor. London, Whitaker. 4861. 940 p. 40 Pl. Part. I. p. 380. Allgemeines übersetzt nach EHRENBERG, DUJARDIN und M. SchuLTzE (Turbanella). R. Part. II. p. 660. wörtliche Übersetzung von EHRENBERG: Nr. 1. p. 386, 387; p. 661. Dasydytes übersetzt nach GossE. Nr. 7; Ichthydium, übersetzt nach EHRENBERG. Nr.1; Chaetonotus maximus, larus, brevis, übersetzt nach EHRENBERG. Nr. 1; Ch. squam- matus, übersetzt nach DuJarnDın. Nr. 3; p. 662. Sacculus viridis, nach GosSE. Nr. 7. Abbildungen sind folgende vorhanden: T. XXV, Fig. 356—358, I. podura, alles Kopien nach EHRENBERG. Nr. 1. sodann: T. XXX], Fig. 283, Turbanelia; Fig. 29, 30, Ch. maxi- mus, beides Kopien nach M. ScHULTzE Nr. 10. 16. E. CLAPAREDE, »Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wir- belloser Thiere«. 4863 p- 90. Stellung zu den Ecehinoderes. 17. E. EntErs, »Die Borstenwürmer« 1864—1868. p. 7. Stellung im System. 18. P. H. Gosse£, »The natural History of the Hairy-backed animalcules (Chaetonoti- dae)«. The intellectual observer, London. Vol. V. Juli 1864. p. 387—406. Taf. LH; p- 387—392. Hist. Einleitung; p. 392. Ichthydium podura, nach EHRENBERG; p. 39. Chaet. ‚larus, T. I, Fig. 1—3; p. 39A—396. Chaet. maximus, T. I, Fig. 4, 5; p. 396. Chaet. brevis, nach EHRENBERG; Chaet. squammatus, T. I, Fig. 6; p. 397. Chaet. Slackiae nov. sp., T. I, Fig. 7; p. 399. Chaet. graeilis, T. I, Fig. 8; Genus Dasydytes; p- 400. Das. goniathrix, T. II, Fig. 9—12; p. 401—402. Das. antenniger, T. II, Fig. 13, 14. 19. E. METSCHNIKOFF, »Über einige wenig bekannte niedere Thierformen«. Diese Zeitschr. Bd. XV. p. 450—458. Taf. XV. 1865. p. 450, 451. Histor.; p. 451. Chaet. larus; Schultzei nov. spec.; I. ocellatum nov. spec.; p. A52. Chaetura capricornia n. g., nov. spec.; Cephalidium longisetosum nov. gen., nov. spee.; p. 452—454. Anatomie; p. A54—458 und p. 461. Syst. Stellung. 19a.T. G. TArem, »New Species of Microscopic Animals. Quart. Journ. of micr. Science. N.S. 7. p. 251, 252. Taf, X, Fig. 1. 4867. Chaetonotus longicaudatus n. sp. 20. GREEFF, »Untersuchungen über einige merkwürdige Formen des Arthropoden- und Wurmtypus«. Arch. f. Naturg. Vol. XXXV. p. 73. 1869. Verwandtschaft von Echinoderes und Ichthydinen. 21. H. Srack, »Marvels of Pondlife, or a year’s microscopic recreations among the Polyps, Infusoria, Rotifers etc.« London 4864. 3. Edit. 4878. p. 82—84 (zwei Holzschnitte). Chaet. larus. Hat keinen Anspruch auf wissenschaft- lichen Werth, und wird hier nur zur Vermeidung von unnöthigen Nachforschungen angeführt, da es von GossE eitirt wird. ‚ 22. H. A. PAGENSTECHER, »Echinoderes Sieboldii«e. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. Juni 4875. p-. 122. System. Stellung. s 23. H. Lupwıs, »Uber die Ordnung Gastrotricha«. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. p. 193 — 226. Taf. XIV. Dec. 1875. p. 193. Hist.; p. 194—214. I. larus; p. 214-248. I. podura;, p. 218-222. Systema- tik; p. 223—22%. Stellung im System. in Die Gastrotrichen. 213 34. O. BürschLı, »Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung 942.0. A. 25. H.A. Chaetonotus«. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. p. 385—413. Taf. XXVI. 1876. p. 385. Histor. Einleitung; p. 3°5, 386. System; p. 386—389. Anatomie; p. 390 — 441. Phylogenetisches. € - Grimm, »Zur Kenntnis der Fauna im baltischen Meere und deren Ent- stehungsgeschichte«. (Russisch.) Arbeit. d. St. Petersburger Naturforscher Gesellschaft. Bd. VIII. p. 107 ff. 4877. p. 115. Chaetonotus larus wird als Mitglied der Fauna von Libau angegeben. Gastro- chaeta ciliata nov. gen., nov. spec. ohne Abbildung. Wird von M. BrAun in seinen »physik. u. biol. Unters. im westlichen Theile des finnischen Meerbusens« angeführt. Arch. für Naturkunde für Liv-, Esth- und Kurland. Ser. II. Bd. X. Lief. i. p. 96. 1884, PAGENSTECHER, Allgemeine Zoologie. 1877 und 4881. .. Bd. U, p. 89, 90. Nahrungsaufnahme; Bd. IV, p. 60. Harnausscheidung; p. 352. Außere Bedeckungen. 26. B. HATScHEKX, »Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten a. d. Zool. Inst. d. Univ. Wien etc, Bd. I, Heft 3. 4878. p. 101. System. Stellung. : 27. A. GıarpD, »Les Orthonectida, classe nouv. du Phylum des Vers« Journ. de 28.26. HD. V’Anat. et dela Phys. Vol. XV, 4879 und »The Orthonectida«, Quart. Journ. micr, sc. XX. p. 235. 14880. System. Stellung. FERNALD, »Notes on the Chaetonotus larus«. The American Naturalist. Vol. XVIl. Part Il. Nr. 7. p. 1247—1220. Juli 1883, — Abstr. Zoolog. Jahresb. Neapel f. 4883. I. p. 188. Nach des Autors eigener Angabe sind seine Beobachtungen in Lupwıc’s Arbeit enthalten. Seine beiden Holzschnitte sind theilweise missverstandene Kopien von Lup- wıg’s Zeichnungen. Citirt sind daher nur die eine Berichtigung erfordernden Stellen. 29, A. GörtE, »Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere«, 1884, System. Stellung. 30. O. E. Imnor, »Die Rotatorien als Mitglieder der pelagischen und Tiefseefauna 10: E: 34, W.M., der Süßwasserbecken. Zool. Anz. 8. Jahrg. Nr. 496. p. 325. Abstr, Zool. Jahrb. Neapel f. 1885. Vermes. p. 3. I. maximum wird als Bewohner der Tiefen angeführt. Insor, »Faunistische Studien in 48 kleineren und größeren österreichi- schen Süßwasserbecken«. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Math.- naturw. Klasse. XCI. Bd. I. Abth. p. 211 u. 225. 1885. Chaetonotus maximus Ehrb. wird als Tiefenbewohner des Achensees angegeben. SCHIMKEWITSCH, »3aMETKA0 HOBOMB Bun& Ichthydium« (Über eine neue Spe- cies Ichthydium). Mit 4 Fig. Nachr. der kais. Gesellsch. der Freunde der Naturw. Moskau. T.50. 4.Heft. 1886. Protok.d. Zool.Abth, Sp. 148—150, I. Bogdanovii n. sp. 32. H. Lupwıc, Dr. Jon. Leunıs Synopsis der Thierkunde. 3. Aufl. II. Bd. 1886. Mit 3 Holzschn. $ 4308a, p. 820—822. I. Schultzii, maximum, larus, podura. 33. Encyclopaedia Britannica. 9. Edit. Edinburgh. Bd. XXI. p. 8. 1886. Die Gastrotrichen werden bei den Rotatorien anhangsweise erwähnt. 34, W. REINHARD, »Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stel- lung im System«. Diese Zeitschr. Bd. XLV. p. 451—454. 4887. System. Stellung. 35. A. C. Stokes, »Observations sur les Chaetonotus«. Journ. d. Microgr. Tom XI. p. 77—85,150—453,560—565. 1887 und Tom XII. p. 19— 22, 49—51,. 1888. Tom XI. p. 77—85. Allgemeines; p. 150. Chaet. podura Ehr.; p. 151. Chaet. sulca- tus n. sp., T. I, Fig. 5; Chaet. concinnus sp. n., T. I, Fig. 6; Chaet. Slackiae Gosse, T. I, Fig. 7; p. 152. Chaet. gracilis Gosse, Chaet. brevis Ehr., Chaet. maximus Ehr.; p- 155. Chaet. squammatus Duj.; Chaet. larus Ehr., T. I, Fig. 11; Chaet. tesselatus Duj.; Chaet. hystrix Metsch.; p. 560. Chaet. loricatus sp. n., T. I, Fig.5, T. II, Fig. 16 — 21; p. 561. Chaet. rhomboides sp. n., T.II, Fig. 31—35; p. 562. Chaet. spinifer sp.n., T. I, Fig, 23—27; p. 564. Chaet. acanthodes sp. n., T. II, Fig. 3—30; Chaet. octona- rius, T. I, Fig. 4, Chaet. spinulosus, T. I, Fig. 2; Chaet. longispinosus, T. I, Fig. 9. Tom XI. p. 19. Chaet. enormis sp. n.. T. I, Fig. 13, 14; p. 20—22 und 49—50 Dasy dytes saltitans sp. n., T. I; p. 50, 51. Chaet. formosus sp. n. ohne Fig. 214 Garl Zelinka, I. Theil. Anatomie. 1. Methoden. Historisches. E. METscHnIKoOFF (Nr. 49, 4864, p. 452, 453) bringt zur Sichtbarmachung der Cuticula nach Kalilauge die Haut mit Sandkörnchen in Be- rührung (s. Kap. Haut). H. Lupwıc (Nr. 23, 1875, p. 200) machte durch sehr verdünnte Osmiumsäure die Querstreifung des Ösophagus sichtbar. O. BürscaLı (Nr. 24, 4876, p- 387) suchte die »Basalplatten« der Borsten durch Zerdrücken des Thieres sicht- bar zu machen. C.H. FErnALD (Nr. 35, 4883, p. 1220) wendete zur Tödtung der Thiere Cyankalium an. »Um diese sich so rasch bewegenden Thiere mit größerer Genauigkeit studiren zu können, legte ich ein wenig Cyankalium unter eine Ecke des Deckblättchens. ‘Dieses löste sich rasch, diffundirte durch das Wasser und tödtete sehr schnell das Thier, ohne eine Veränderung zu bewirken, welche beim kritischen Studium hinderlich sein könnte.« Zur Darstellung der Wasserströme wurden allgemein nach EHRENBERG’S Vor- bild Indigo und Karmin im Wasser suspendirt. Unsere Methoden werden sich nach dem zu erreichenden Zwecke verschieden gestalten. - Es ist unbedingt nöthig, das lebende Objekt zu untersuchen, wenn es sich um Körperform, Vertheilung der Wimpern und Tasthaare und Messen derselben handelt, da alle Konservirungsmittel störende Krüm- mungen der betreffenden Dinge bewirken. Auch das Wassergefäß- system kann nur so studirt werden, indem man das lebende Thier einem sich steigernden Drucke unterwirft. Ich erreichte dies ohne Kompressorien, indem durch Verdunstenlassen oder Abziehen des Was- sers die Schwere des Deckblättchen genügte, diesen Druck zu erzeugen. Selbstverständlich dürfen keine störenden Fremdkörper die Absicht illusorisch machen. Man kann bei zeitweiligem Wasserzusatz stunden- lang solche Beobachtungen machen. Nerven, Muskel, Ovarıum, Darm und Schwanz kann man jedoch nur an präparirten Objekten untersuchen. Ich verwendete Sublimat oder Pikrinschwefelsäure (letztere bewirkt stärkere Schrumpfungen) zur Konservirung, worauf allmählich Alkohol bis 95% angewendet wurde. Die Färbung erfolgte in Alaun- oder Pikrokarmin. In Alaun- karmin erreicht ein für ein Totopräparat bestimmtes Objekt in !/, Stunde, ein für Schnittpräparate bestimmtes in einer Stunde die nöthige Tink- tion, in Pikrokarmin in bedeutend kürzerer Zeit. Totopräparate wurden in Karbol-Glycerin eingeschlossen. Diese Objekte kann man leicht unter dem Deckblättchen alle Stadien der Konservirung Härtung und Färbung durchlaufen lassen. Soll jedoch geschnitten werden, so müssen die letzten Übertragungen in Xylol und Paraffıin mittels feiner Pipetten Die Gastrotriehen. 315 geschehen. Ich erhielt mittels eines Jung’schen Mikrotomes Querschnitt- und Längsschnittserien in einer Schnittstärke von '/ggyu, welche mit Eiweiß aufgeklebt wurden. Für Totopräparate und namentlich zur Deutlichmachung des Ge- hirns wandte ich mit Erfolg Essig-Osmium nach Herrwie’s Angabe an. In Pikrokarmin färben sich dann die Ganglienkerne tief roth. Essigsäure in verdünntem Maße kann, so wie andere verdünnte Säuren, zur Sichtbarmachung von Kernen nicht verwendet werden, in- dem gleich darauf ein Zerfließen des Körperinhaltes eintritt, wobei mit Ausnahme des Verdauungskanales alle inneren Organe nach hinten gleiten und nach außen gepresst werden. Will man die Thiere ganz gestreckt konserviren, so muss man ein schlankes Individuum wählen und es so lange unter dem Deckblättchen halten, bis die Lebhaftigkeit der Bewegung aufhört, dann bedarf es eines gelinden Druckes des Deckblätichens, um beim Zusetzen von Sublimat eine größere Kontraktion zu vermeiden. Am besten erhält die äußere Form 1°/,iges Goldchlorid, welches die Thiere unter den erwähnten Umständen rasch tödtet, ohne dass Zusam- menziehungen oder Schrumpfungen eintraten. Das Gold ließ ich 1/, bis 1 Stunde im Dunkeln einwirken, worauf die allmähliche Reduktion in 1/5%/,iger Ameisensäure im Tageslichte bewirkt wurde. Der Einschluss erfolgte, nach sorgfältigem Auswaschen in Wasser, in Glycerin. Die Versuche, die Thiere durch Kohlensäure, Chloroform, Osmiumdämpfe in gestrecktem Zustande zu tödten, missglückten, indem starke Kontrak- tionen und Verkrümmungen die regelmäßigen Resultate waren. Nur mit Chloroformdämpfen ließen sich nach etwa 15 Minuten Einwirkung einigermaßen brauchbare Präparate gewinnen. Die Leibeshöhlenmuskeln können nur bei von den inneren Organen abgehobener Haut gesehen werden. Ich erreichte diesen Zustand durch warme Chloralhydratlösung von 30°/,, welche in wenigen Minuten die nöthige Blähung bewirkte. Nicht unerwähnt darf ich lassen, dass, wenn man einen Tropfen Wasser mit Gastrotrichen auf dem Objektträger verdunsten lässt, an den Rändern der verdunstenden Wasserfläche mitten unter den sich bildenden Kalkkrystallen die Thiere sich sammeln und eine heftige Blähung der Haut erleiden, bei der alle inneren Organe homogen wer- den und alles Wasser verlieren, daher stark lichtbrechend erscheinen. Es entstehen dann eine Menge Trugbilder, indem die geschrumpften Organe unter einander und an der Haut durch Fortsätze zusammen- hängen und große Zellen vortäuschen können, wie sie BürschLI beschrieben hat. gie 216 Carl Zelinka, 2. Körperform und Wachsthum, a. Körperform bei erwachsenen Exemplaren. Die allgemeinen Umrisse bieten unseren Blicken eine ziemliche Gleichförmigkeit dar, in welcher das Fehlen der Schwanzgabel bei manchen Formen als das markanteste Merkmal hervortritt. Allgemein ist die langgestreckt walzenförmige Grundgestalt durch Ausbildung einer hinter dem Vorderende liegenden Einziehung des Körpers und Auftreten einer ebenen sohligen Fläche über die ganze Bauchseite ge- stört. Diese ebene Fläche findet sich überall gleichmäßig, die Einziehung hinter dem Kopfe ist jedoch eine wechselnd starke; es giebt Formen, welche sie kaum angedeutet, wie Chaetonotus Schultzei Metschn. (Taf.XV, Fig. 1), oder gar nicht besitzen, wie Ohaelura capricornia Metschn. (Taf. XV, Fig. 22), und wieder Formen, wo durch die plötzliche Ein- ziehung ein rundlicher wohl abgesetzter Kopf zu Stande kommt, der z. B. die Dasydytes-Formen (Taf. XV, Fig. 8, 20, 21) auszeichnet. Zwischen diesen Extremen finden wir in den Zuwichthydinen alle Übergänge von allmählicher Verengung des Halses bis zur plötzlichen Einziehung im scharfen Winkel, von geringem Unterschiede in der Breite bis zur bedeutenden Differenz der Querdurchmesser. Man kann daher der leichteren Verständigung halber per Analogie von Kopf, Hals und Rumpf sprechen, zu welchen Theilen bei den Euichthydinen noch die Schwanzgabel kommt. Der Kopf kann glattrandig sein oder durch Einschnitte oder An- hänge ein gelapptes Aussehen gewinnen. Der glatte Rand des Kopfes ist charakteristisch für I. podura O. Fr. Müller (Taf. XIV, Fig. 15), für Chae- fura capricornia E. Metschn., Ohaetonotus tabulatus Schmarda (Taf. XV, Fig. 9), Chaetonotus sulcatus Stokes und Chaeton. Slackiae Gosse (Taf. XW, Fig. 15). Unter diesen zeichnen sich Ohaeton. tabulatus und Ch. Slackiae durch ihren parabolischen Kopf aus. Anhänge in Form eines Kopfschildes tragen die Dasydytes-Formen, wodurch am Kopfe drei Lappen entstehen. Davon wohl zu unterscheiden sind die Kopfformen, wo durch EEinziehungen am Kopfe selbst drei Lappen hervorgebracht werden, wie bei Chaetono- tus Schultzei E. Metschn., Chaeton. brevispinosus mihi (Taf. XIV, Fig. 14) und Lepidoderma rhomboides Stokes (Taf. XV, Fig. 4); der Kopf der letz- teren Species hat so tiefe Einschnitte, dass die Lappen halbmondförmig erscheinen. Kommen zu den beiden vorderen Einschnitten noch zwei hintere seitlich hinzu, dann sehen wir den fünflappigen Kopf, wie er bei Lepidoderma sguammatum Duj. (Taf. XII, Fig. 2) undeutlich, bei Chaeto- notus mascimus Ehrb. (Taf. XIII, Fig. 4), Chaeton. spinulosus Stokes (Taf. XV, Fig. 2), Chaeton. longispinosus Stok. (Taf. XV, Fig. 3), Chaeton. enormis in a ie UL SE A ee en Di Eu B Die Gastrotrichen. 217 Stok. (Taf. XV, Fig. 16), Ohaeton. acanthophorus Stok. (Taf. XV, Fig. 11) und Chaeton. oclonarius Stok. scharf ausgeprägt hervortritt. Die Tiefe der einzelnen Einschnitte, die Breite und Form der Lappen geben je nach den Species charakteristische Bilder. Bei drei Formen Dasydytes saltitans Stok. (Taf. XV, Fig. 20), Das. longisetosum Meischn. (Taf. XV, Fig. 21) und Ohaetonotus formosus Stok. setzt sich die Kopfwand über das Vorderende in Form einer chitinösen Platte, dem oben erwähnten »Kopfschild« fort. Der Hals ist in seiner Länge und Breite von den Dimensionen des Ösophagus abhängig; wir bezeichnen nämlich als Hals das Stück des Leibes vom Kopfende bis zum Anfange des Mitteldarmes. Da der Öso- phagus für jede Species eine bestimmte absolute Länge hat, gilt dies auch für den Hals. Für die Form des Rumpfes ist die Entwicklung der Geschlechts- reife von hervorragender Wichtigkeit. Thiere, deren Rumpf: sonst schlanker als der Kopf ist, erhalten einen übermäßig aufgetriebenen Hinterleib, sobald ein Ei der Reife entgegengeht, und damit ein ganz verändertes Aussehen. Fast überall zeigt der Rumpf auch bei mangeln- der Eibildung eine sanfte Anschwellung gegen seine mittlere Region hin. Eine Ausnahme machen davon nur Lepidoderma concinnum Stokes (Taf. XV, Fig. 18a), und Chaetonotus jamaicensis Schmarda (Taf. XV, Fig. 10), deren Seitenränder parallel verlaufen, bei letzterem sogar gleichmäßig nach hinten konvergiren können, wie eine andere Zeichnung von ScHMARDA angiebt. Das Hinterende des Körpers kann in drei sehr verschiedenen Ge- stalten auftreten. Die einfachsten Verhältnisse zeigt Dasydytes; eine gleichmäßig krumme Linie schließt das Körperende ab, welches ohne Anhänge ist. Gossea (Taf. XV, Fig. 7) lehnt sich darin an Dasydyltes (Taf. XV, Fig. 8, 20, 21) an, weicht aber dadurch beträchtlich ab, dass der Endtheil durch Einziehungen in einen mittleren und zwei laterale Lappen getheilt ist und jeder Lappen eigene Haarbüschel besitzt; auch bezeichnet eine seitliche Einschnürung des Hinterendes den Beginn einer somit ziemlich deutlich abgesetzten Endpartie. Alle übrigen bis jetzt bekannten Gastrotrichen haben das typisch zweigabelige Hinter- ende, welches wir Schwanzgabel oder Fuß nennen. Eine besondere Länge hat es nur bei Lepidoderma rhomboides Stokes (Taf. XV, Fig. A b) und bei Ohaet. longicaudatus Tat., wo es sich auch durch andere morpho- logische Eigenschaften wesentlich von dem normalen Typus entfernt. Die Größe der Thiere liegt an der Grenze des freien Sehens. Die wenigsten Formen überschreiten die Länge von 0,2 mm. Als Riese unter ihnen muss Chaelonotus Schultzei Metschn. gelten, der 0,4 mm lang 218 Garl Zelinka, wird; ihm gegenüber erscheinen Ohaetonotus spinulosus Stokes mit 0,0675 mm und Ch. longispinosus Stok. mit.0,0736 mm als Zwerge, deren Länge kaum an die Breite von Ch. Schultzei heranreicht. | | b. Körperform bei jungen Exemplaren; Wachsthum. In dieser. Hinsicht habe ich bei Chaeton. masximus Ehrb. genaue Beobachtungen anstellen können. | Ein Exemplar, welches vor meinen Augen das Ei verlassen hatte (Taf. XIII, Fig. 6), maß 0,1125 mm Totallänge. Es war mit einem unförm- lichen Kopfe versehen, der jedoch schon die typische fünflappige Gestalt besaß. Der Rumpf war bedeutend schmäler als der Kopf, dieSchwanz- spitzen lang; am meisten aber fiel der ungewöhnlich lange Ösophagus, welcher in die hintere Körperhälfte hineinragte, in die Augen (Taf. XIII, Fig. 13). Durch verhältnismäßig lange Stacheln erhielt das Thier ein verändertes Aussehen. Der Darm war mit charakteristischen glänzen- den Körnchen versehen, welche den Embryo auszeichnen. Ein etwas größeres Exemplar, welches 0,1225 mm maß (Taf. XII, Fig 12), hatte keine Spur von den erwähnten glänzenden Körnchen, dafür aber besaß es als Beweis, dass es schon selbständig Nahrung aufgenommen hatte, pflanzliche Bestandtheile in seinem hellen Darme. Dieses Thier wurde ebenfalls nach allen Organen gemessen. In-der folgenden Tabelle sind die einzelnen Maße einander und denen der ge- schlechtsreifen Thiere zur Vergleichung gegenübergestellt. Totallänge 0,1425 mm | 0,1225 mm | 0,4330 mm | 0,1625 mm Breite des Kopfes 0,0250 mm | 0,0250 mm | 0,0250 mm | 0,0250 mm Breite des Halses 0,0150 mm | 0,0450 mm | 0,0150 mm | 0,0175 mm Breite des Rumpfes 0,0188 mm | 0,0200 mm | 0,0200 mm == Länge des Ösophagus vom hinteren Mundrande an |) 0,0500 mm | 0,0500 mm | 0,0500 mm | 0,0500 mm Länge des Schwanzes vom 0,0175 bis Grunde der Gabel an 0,0188 mm | 0,0188 mm | 0,0488 mm | 0,0213 mm Länge des Schwanzgriffels || 0,0125 mm | 0,0125 mm 2.204 ”o bis 0,0125 mm 0,0425 mm 4 Länge der vorderen Seiten- 0,0100 bis stacheln — 0,0400 mm | 0,0113 mm Ei Länge der hinteren Seiten- stacheln 0,0125 mm | 0,0425 mm | 0,0437 mm | 0,0437 mm Länge d. vorderen Rücken- stacheln — 0,0050 mm | 0,0050 mm = Länge der hinteren Rücken- 0,0413 bis 0,0400 bis stacheln — 0,0125 mm | 0,0437 mm 5 Länge des Flimmeririchters| 0,0150 mm 0,0487 mm = Es ergab sich das überraschende Resultat, dassKopf, Hals, Ösopha- gus, Schwanz und die Stacheln in allen Stadien gleich bleiben. Die Variationen, welche bei dem 0,1225 mm langen Thiere in der Schwanz- länge, bei dem Erwachsenen in der Länge des Schwanzgriffels vorhan- Die Gastrotrichen. 219 den sind, führe ich auf die Verschiedenheit der Längenmaße für den krummen Schwanzgriffel zurück, welche verschieden ausfallen werden, ie nachdem der Schwanzgriffel mehr oder weniger durch Quetschung gestreckt wird. Bezüglich der Stacheln scheint eine leichte Größen- variation vorzuherrschen. Das größte Wachsthum muss der Mitteldarm durchmachen, der im erwachsenen Thiere doppelt so lang werden muss; auch der Flim- mertrichter scheint etwas an Größe zuzunehmen, wohl um der mit der Vergrößerung der Leibeshöhle und der Organe gesteigerten Arbeit ge- recht zu werden. Das Knäuelrohr des Wassergefäßsystems reicht bei jungen Thieren fast ganz bis zum Darmende, scheint also ebenfalls fast ganz fertiggestellt zu sein. Wir können drei Sätze aus diesen Betrachtungen ableiten: 1) Die Jugendform, obwohl der Altersform unähnlich, geht ohne Me- tamorphose durch einfaches Längen- und Breitenwachsthum der Rumpf- region in die Altersform über, indem Kopf, Hals, Schwanz, Stacheln und Ösophagus unverändert bleiben. 2) Die relativen Dimensionen einer Gastrolrichenform müssen für die Speciesbestimmung mit Vorsicht angewendet werden, namentlich gilt dies für die in früherer Zeit häufigen allgemeinen Angaben über die relativen Längen des Ösophagus und der Stacheln. 3) Die absolute Länge der Stacheln, des Schwanzes, des Ösophagus, sowie die Breite des Kopfes dagegen können bei der Speciesdiagnose ver- werthei werden. Vergleichen wir die Ergebnisse mit den Befunden an den übrigen genauer untersuchten Gastrotrichen, so finden wir diese Sätze bestä- tigt. Meine Messungen haben ergeben, dass bei allen von mir unter- suchten Formen die Breite des Kopfes und des Halses, die Länge des Ösophagus, der Stacheln und des Schwanzes konstant bleiben, wie sehr auch die Länge des Körpers schwanken möge, so dass diese Maße that- sächlich als für jede Species typische betrachtet werden müssen. Was das Verhältnis der Körperlänge des eben aus dem Ei ge- schlüpften und des erwachsenen Thieres betrifft, so ist das letztere gerade doppelt so lang, als das erstere. Eine damit übereinstimmende Angabe macht Lupwis für Chaelon. larus (s. system. Theil); daselbst sind die jüngsten Individuen mit 0,07 mm, die geschlechtsreifen größten mit 0,15 mm Länge angegeben. 3. Haut (incl. Schuppen und Stacheln). Historisches. C. G. EurEnBEre (Nr. 4, 1838, p. 387) bemerkt, »auffallend ist die borstige Behaarung des Rückens bei Chaetonotus«, und fügt beim Genus Chae- tonotus hinzu, dass die Borsten sich sträuben und anlegen können. F. Dusarpın 220 Carl Zelinka, (Nr. 3, 4844, p. 568) erwähnt nur, dass diese Thiere oben mit Schuppen oder Haa- ren bedeckt seien, und sagt von I. sguammatum, dass es mit kurzen schuppenartigen Haaren, welche sich dachziegelig decken, versehen sei. C. v. SiEBoLD (Nr. 4, 4845, p. 175) sagt in der Anmerkung: »Eine von der gewöhnlichen glatten Beschaffen- heit der Cutis abweichende Bildung zeigt die Gattung Chaetonotus und Philodina aculeata, deren Körperoberfläche von steifen Borsten und Stacheln starrt,« M.SCHULTZE (Nr. 9, 1853, p. 247) macht folgende Angabe: »Die Stacheln sind Fortsätze der Haut des Thieres, nicht in die Haut eingelenkte von derselben verschiedenen Anhänge, doch lösen sie sich in Kalisolution schneller. auf als die ziemlich derbe Haut, und die beiden Schwanzspitzen, welche erst von erwärmter Lauge angegriffen werden.« F. v. Leypie (Nr. 13, 1857, p. 448) sagt bei der Haut der Turbellarien: »Auf die Lederhaut folgt durchweg ein flimmerndes Epithel (bei der Anhangsgruppe der Turbellarien, den Ichthydinen, ein auf die Bauchseite beschränktes).« E. METSCHNIKOFF (Nr. 19, 4864, p. 452, 453) kommt zu nachstehendem Ergebnisse: »Die Cuticula der Ichthydinen verhält sich gegen Reagentien genau so, wie bei den Rotaiorien und vielen Infusorien, besteht also aus einer Cuticularsubstanz. In Schwefelsäure löst sie sich leicht auf, während dies in anderen Säuren, wie auch in Laugen, nicht ge- schieht. So darf ich wenigstens auf Grund von Untersuchungen behaupten, die ich in etwas anderer Art angestellt habe, als dies von anderen Forschern geschehen ist. Ich habe nämlich die mit Ätzkalilösung behandelten Thiere mit in dieser Flüssigkeit unlöslichen festen Substanzen, besonders feinen Sandkörnchen, in Berührung ge- bracht, und nun immer die sehr feine, und bei gewöhnlichen Verhältnissen un- sichtbare Cuticula wahrnehmen können, indem durch den Kontakt mit Sand- körnchen die Kontouren der Cuticula deutlich wurden. Die Cuticula ist bei den meisten borstenlosen Arten noch mit feinen diagonalen Streifen versehen. Unter der Cuticula liegt eine körnige Schicht, die unmittelbar in das gleichfalls nur aus einfachen Körnchen bestehende Parenchym übergeht.« H. Lunwıc (Nr. 23, 4875, p. 195 ff.) giebt ausführliche Angaben: »Die äußere Körperoberfläche des Chaei. larus ist von einer feinen glashellen und homogenen Cuticula gebildet. Gegen chemische Agentien verhält sie sich, wie METSCHNIKOFF bereits angegeben und ich bestätigen kann, so, dass Schwefelsäure sie löst, während sie der Einwirkung von Essigsäure und Alkalien widersteht. Sie ist nicht starr, sondern muss einen hohen Grad von Biegsamkeit und, wie man wohl mit Sicherheit annehmen darf, auch von Elasticität haben, da das Thier lebhafte Krümmungen auszuführen vermag. An der Mundöffnung setzt sie sich in die Mundkapsel, und weiterhin in die cuticulare Aus- kleidung der Speiseröhre fort. Auf ihrer Oberfläche trägt sie verschiedenartig ge- staltete Anhangsgebilde, als welche sich hauptsächlich unterscheiden lassen: erstens die Rückenstachel, zweitens die Wimperhaare, drittens die Tasthaare und viertens die Endgriffel des Schwanzes« (die Beschreibung der Stacheln und der Basalplatten ist bei Chaet. larus wörtlich im systematischen Theil angeführt, wo auch die Stirn- kappe erwähnt wird). »Hinsichtlich ihrer (der Basalplatte) Beziehung zur Körper- cuticula verdient hervorgehoben zu werden, dass sie nicht eine direkte Fortsetzung derselben darstellt, sondern derselben aufgelagert erscheint; im Profil gesehen setzt sie sich deutlich von der unter ihr hinziehenden allgemeinen Körperdecke ab und unterscheidet sich von ihr, während das Verhalten gegen chemische Reagen- tien ein übereinstimmendes ist, durch die stärkere Lichtbrechung, welche als der Ausdruck einer größeren Konsistenz betrachtet werden darf.« »Die Stacheln ver- mögen keine selbständigen Bewegungen auszuführen. Die scheinbaren Bewegun- gen, welche man mitunter an ihnen zu beobachten glaubt, lassen sich bei aufmerk- Die Gastrotrichen. 297 samer Betrachtung auf Krümmungen der Körperoberfläche zurückführen. Da die Stacheln fest mit jener verbunden sind; wird jede Verkleinerung des Krümmungs- radius derselben den Winkel, in welchem die Stacheln von ihr abtreten, vergrößern und damit die Stachelspitzen von einander entfernen, während jede Vergrößerung des Krümmungsradius der Rückenoberfläche die entgegengesetzte Wirkung hat.« »Dieselbe (die Stirnkappe) ist eine in Fig. 15 im Profil abgebildete Verdickung der allgemeinen Körpercuticula am vorderen Pole des Thieres. Von oben gesehen hat sie (bei Chaet. larus) die Breite von 0,008 mm und nimmt von der Mundöffnung an nach dem Scheitel hin allmählich an Dicke zu, so dass sie an ihrem oberen Rande, woselbst sie plötzlich endet, die doppelte Dicke der Cuticula erreicht. Zur Ent- stehung der Körpercuticula und ihrer Anhänge ist eine Matrix nöthig, die ange- nommen werden muss, wenn sie auch nicht als distinkte Schicht oder gar in ihrer genaueren Zusammensetzung erkannt werden konnte.« p. 215 finden wir, »die bei Chaet. larus besprochene Stirnkappe ist ebenfalls bei Ichth. podura deutlich ausge- gebildet«. Die von O. Bürschuı (Nr. 24, 1876, p. 387) gegebene Beschreibung der Stacheln und Schuppen sind im systematischen Theil bei Chaet. Schultzei und Chaet. mazsimus wörtlich eitirt. In Fig. 9 gab er eine Abbildung von sich dachziegelartig deckenden Schuppen bei Chaet. larus. Auch beschreibt er im ventralen Zwischen- raume Borsten. Bei PAGENSTECHER (Nr. 25) finden wir sowohl in Bd. Il, p. 90, 4877, als auch Bd. IV, p. 332, 4884 Zusammenfassungen, welche aus allen Angaben der früheren Forscher geschöpft sind. Eigene Beobachtungen fehlen. H. Lupwiıc (Nr. 32, 1886, p. 821) sagt nur, »die Stacheln des Rückens erheben sich auf kleinen, der Cuticula aufsitzenden Basalplatten«. Sehr kurz fasst sich A. C. Stokes (Nr. 35, 1887, p. 80) im allgemeinen Theile: »Le dos et les cötes sont diversement armes d’ecailles, de poils, d’epines ou piquants et chez certains individus, a la fois d’ecail- les et d’epines.« Bei der Beschreibung einzelner Species führt er von Chaet. spinifer, Chaet. acanthodes und Lep. sguammatum (s. system. Theil) an, dass die sich dach- ziegelfürmig deckenden Schuppen mit den freien Rändern nach vorn sähen, ent- gegengesetzt wie die Schuppen eines Fisches. Bei I. concinnum werden halbkuge- lige in schiefen Reihen stehende Papillen beschrieben. Bezüglich Beschreibung der Stacheln s. systemat. Theil bei den einzelnen Species. Von dem ventralen Zwi- schenraume zwischen den Bändern sagt er: »L’espace entre les bandes ciliaires est, dans la plupart des especes, entierement lisse el nu. Chez quelques-unes, ce- pendant il est herisse de poils soyeux ou garni de piquants courts et recourbe&s. Chez d’autres encore, ces parties additionnelles sont repr&sentees par quelques lon- gues soies Situees pres de la bifurcation posterieure.« Die Haut der Gastrotrichen besteht aus einer ungemein dünnen, körnigen und mit wenigen Kernen versehenen Hypodermis, deren Zell- grenzen verwischt sind, und einer gegen Essigsäure und Laugen resi- stenten, in stärkeren Säuren löslichen Cutieula. Wir finden weder in der syneytialen Beschaffenheit der Hypodermis noch in dem Verhalten der Guticula irgend welche Verschiedenheiten gegenüber der Räderthierhaut. Die Kerne sind weit von einander gelagert und spärlich zerstreut; nur unter den Flimmerbändern (Taf. XI, Fig. 5—8 Hy; Taf. XII, Fig. 1 Kr) ist eine Verdiekung der Hypodermis zugleich mit größerer Anhäufung von Zellkernen bemerkbar. Auch dies entspricht ganz den Verhält- nissen bei den Rotatorien, bei welchen unter dem Räderörgan eine 32323 Carl Zelinka, Hypodermisverdickung vorhanden ist; funktionell entsprechen die ven- tralen Flimmerbänder der Gastrotrichen dem Räderorgane der Rota- torien, bei beiden erfordert die große Arbeitsleistung eine stärkere Aus- bildung der plasmatischen Unterlage. Nur wenige Formen bewahren die Grundform der ganz glatten Cuticula; es sind dies die bis jetzt bekannt gewordenen Ichthydium po- dura O. Fr. Müller und /. sulcatum Stokes. Während bei allen übrigen Formen weniger die Weichheit als eine bedeutende Elastieität als Haupt- charakter der Haut zu bezeichnen ist, finden wir bei /. podura die Haut so weich, dass tiefe Falten (Taf. XIV, Fig. 16 fa) auftreten und wieder verschwinden können; im Profil täuschen sie ähnliche Wülste vor, wie sie Chaelura besitzt, von welchen sie sich aber wohl unterscheiden, indem sie nicht konstant sind. Konstante Einkerbungen der glatten Haut in großer Zahl und in der regelmäßigen Ausbildung von Quer- runzeln zeigt das von Stoxzs entdeckte I. sulcatum (Taf. XV, Fig. 17a). Als zur Cutieula gehörig hat man außerdem die Schuppen, die Stacheln, die »Stirnkappe«, die Seitenfelder und die Endröhren oder Endgriffel der Schwanzgabel anzusehen. Die Tasthaare und Cilien, welche Lupwıe auch hierher stellt, haben mit der Cuticula nichts zu thun, sie sind rein plasmatische Gebilde. Alle Gastrotrichen mit Ausnahme des Genus Ichihydium besitzen entweder Schuppen allein, oder Schuppen, auf welchen Stacheln auf- sitzen, oder nach den Angaben von GosseE und Srtoxzs auch Stacheln allein. Letzteres glaube ich allerdings so lange, bis die fraglichen Spe- cies mit homog. Immersionen daraufhin untersucht worden sein werden, in Zweifel ziehen zu müssen und zwar mit Rücksicht auf den Umstand, dass alle von den älteren Autoren, EHRENBERG, METSCHNIKOFF, GOSSE, M. ScHULTZE etc. beschriebenen Formen, welche nur Stacheln tragen sollten, in neuerer Zeit durch die besseren optischen Hilfsmittel als auch mit Schuppen versehen erkannt wurden. Mir selbst ist keine einzige mit Stacheln bewaffnete und zugleich schuppenlose Form untergekommen. Zur leichteren Orientirung der späteren Untersucher folgen die Namen aller schuppenlos beschriebenen Formen; es sind dies: alle Arten von Dasydytes Gosse, Chaetura Metschn.; sodann Chaelonotus formosus Stokes, Ch. Slackiae Gosse, Ch. acanthophorus Stokes, Oh. longispinosus Stokes, Ch. Bogdanovii Schimk., Ch. enormis Stokes, Ch. spinulosus Stokes — auf Ch. formosus auf Taf. xV abgebildet). | In dem Falle, dass meine Ansicht richtig ist, wird man sich die Ent- stehung der bestachelten Thiere aus den glatthäutigen Ichthydiden dureh Vermittelung der mit Schuppen allein versehenen Gastrotrichenformen vorzustellen haben , indem sich auf den zum Schutze des Körpers Die Gastrotrichen. 223 gebildeten Cutieularplatten auch noch Erhebungen zur ausgiebigeren Abwehr entwickelten. Die dorsale und ventrale Bekleidung ist bei allen genauer darauf- hin untersuchten Speeies als nicht vollkommen gleich erkannt worden. Es ist nöthig, die Rücken- und Bauchfläche gesondert zu besprechen. Dort, wo Schuppen allein vorhanden sind, pflegen sie sich dach- ziegelartig zu decken, wodurch manche komplieirte Zeichnung an den über einander liegenden Rändern entsteht; so z. B. bei Lepidoderma rhom- boides Stokes (Taf. XV, Fig. 4c); hier werden die Rahmen der Rhomben durch die über einander greifenden Schuppenränder, das kleine sup- plementäre Dreieck aber dadurch gebildet, dass jede Schuppe mit einem quer abgestutzten verdickten Rand über die Spitze der nächst hinteren Schuppe greift. Eineranderen Täuschung unterliegt der Beschauer, wenn er die Schuppen von Lep. squammatum Duj. (Taf. XII, Fig. 2) untersucht. Jede Schuppe besitzt einen vorn verdickten und nach abwärts schnör- kelartig gerollten Rand, während sie nach hinten in eine haarscharfe Schneide ausläuft und über die nächste hintere Schuppe hinübergreift (Taf. XII, Fig. 6). Man glaubt nun, da man nur die verdickten Vorder- ränder erkennt, nach vorn dachziegelartig sich deckende Platten zu sehen und Stoxes ist thatsächlich in diesen Irrthum verfallen; eine solche Be- deckung mit Schuppen, deren freie Ränder nach vorn sehen würden, wäre aber für das Thier beim Kriechen unter den Pflanzenresten das größte Hindernis. Lepid. concinnum Stokes scheint mir durch seine Pa- pillen einen Übergang zu den bestachelten Formen zu bilden. Die von Merscunikorr erwähnten diagonalen Querstreifen, welche er bei Ohaetura (Taf. XV, Fig. 22) sah, sind wohl jedenfalls auf Schup- penreihen zurückzuführen. Die Schuppen sind in ihren Formen für die Species charakteristisch. Sie sind zwar, wie ich bei Lep. sgquammatum Duj. fand, am Kopfe, Halse und Rumpfe nicht ganz gleich (Taf. XII, Fig. 7), halten sich aber in dem Rahmen einer specifischen Grundform, welche für Lep. squammatum Duj. in den Umrissen eines Wappenschildes, für Lep. rhomboides Stok. in jenen eines spitzen Rhombus besteht. Die dorsale Schuppenbedeckung reicht bis zu den Flimmerbändern herab. Sie fehlt am Kopfschilde, den Seitenfeldern und den Endröhren des Schwanzes. Zwischen den Flimmerbändern, an der eigentlichen Ventralseite, besitzt die Haut ebenfalls Schuppen, aber von etwas anderer Form als auf dem Rücken; zudem machen die Schuppen in dem vorderen Theile schmalen queren Panzerplatten (Taf. XII, Fig. I Pi) Platz. Für drei Species von Zepidoderma, nämlich rhomboides, concinnum und ocellatum werden von Lupwıc und Stores nackte Zwischenräume 224 Carl Zelinka, angegeben. Die Anwendung moderner optischer Hilfsmittel wird auch hier einen Schuppenbeleg nachweisen. Sowohl die Schuppen als auch die gleich zu besprechenden Stacheln sind sowohl dorsal wie ventral in alternirenden Längsreihen angeordnet, eine Stellung, welche man bei älteren Autoren als Quincunxstellung be- zeichnet findet. Dies trifft in so fern nicht zu, als man es hier mit zwar alternirenden, aber schiefen Reihen zu thun hat. Es ist dies schwieriger an bestachelten als bloß beschuppten Formen zu erkennen (Taf. XII, Fig.2). Hier sieht man leicht, dass die Reihen von vorn links nach hinten rechts (vom Beschauer aus) verlaufen und dass die Verschiebung gerade eine Reihe breit ist, so dass die mediane Reihe des Kopfes am Hinter- ende schon um eine Schuppenbreite nach rechts verrückt erscheint. Die gleiche Anordnung findet man an der Unterseite (Taf. XII, Fig. 4 Sch). Eine durchgreifende Eigenthümlichkeit an den bestachelten For- men besteht darin, dass die Seitenränder des Körpers mit einer Reihe besonders hervortretender Stacheln, welche durch Krümmungsform oder Größe von den übrigen sich unterscheiden, besetzt sind: Ich werde sie als Seitenstacheln im Gegensatze zu den Rückenstacheln im engeren Sinne bezeichnen. Unterhalb der Seitenstacheln werden die Stacheln gegen die Flimmerbänder allmählich kleiner. Von diesen Seitenstacheln sind je nach der Species ein oder zwei, welche ihre Reihe gegen den Schwanz hin beschließen, besonders lang und stark gekrümmt. Auch ihre Entfernung von einander und von der Schwanzgabel ist für die Art charakteristisch. Die Rückenstacheln werden in der Regel von vorn nach hinten länger.: Nur von Oh. formosus sagt Stokgs, dass dessen Hals- und Kopf- stacheln stärker als die übrigen seien. Die geringste Vergrößerung ist eine Verdoppelung der Länge der Stacheln des Rumpfes gegenüber denen des Kopfes, z. B. Ch. maximus Ehrb.; die hinteren Stacheln können aber sogar mehr als siebenmal so lang als die Kopfstacheln werden wie bei COhaet. persetosus mihi (Taf. XIV, Fig. 1). Sämmtliche Stacheln sind dann entweder glatt und gleichartig, oder sie besitzen in einiger für die einzelnen Species verschiedenen Entfernung von der Spitze einen mehr oder minder stark entwickelten Nebendorn, der dann an der vorderen Seite des Stachels steht. Nur Chaet. Schultzei Metschn. (Taf. XV, Fig. I a) hat Stacheln, deren Nebenspitzen zu zweien rechts und links nahe der Basis angeordnet sind. Der Stachel pflegt mit drei allmählich sich erhebenden Leisten vom Hinterrande der Schuppe zu entspringen; die eine Leiste läuft nach vorn, die beiden anderen schräg nach hinten (Taf. XII, Fig. 8, 9, 10, Taf. XIV, Fig. 9). Selten erhebt er sich vom Centrum der Schuppe;; dies Die Gastrotrichen. 295 ist bei Chaet. acanthodes Stokes (Taf. XV, Fig. 14 a), Ch. brevispinosos mihi (Taf. XIV, Fig. 12), welche einfache, ungeflügelte, runde Schuppen haben, der Fall; dann entfallen auch die”drei Leisten an der Wurzel des Stachels. Die Schuppen der bestachelten Formen decken sich nur am Kopfe, ähnlich wie die von Lepidoderma dachziegelig, am Hinterende stehen sie ziemlich weit aus einander (siehe Taf. XIII, Fig. 8; Taf. XIV, Fig. 10, 18) und decken sich höchstens mit den Seitenflügeln. Zwischen ihnen liegt die nackte Cuticula zu Tage, welcher die Schuppen einfach aufgelagert sind (Taf. XII, Fig. 12). Als Grundform dieser Schuppen kann eine Kreisscheibe gelten, welche an der nach hinten gewendeten Partie einen Kreissektor besitzt Ch. brevispinosus, Taf. XIV, Fig. 12). Durch Verlängerung des vorderen Radius entsteht das Wappenschild (Taf. XIII, Fig. 8), nur dass hier, im Gegensatz zu der bei Lepidoderma sguammatum Du). gefundenen Grund- form, dessen Spitze nach vorn gekehrt und dessen breiter Hinterrand eingebuchtet ist, z. B. bei Chaet. maximus Ehrb. Sondern sich die den seitlichen Leisten anliegenden Theile mehr von der medianen Hauptpar- tie, dann entstehen die geflügelten Schuppen wie die spießförmigen von Ch. persetosus mihi (Taf. XIV, Fig. 4) und Ch. hystrisc Metschn. (Taf. XIV, Fig. 18), die pflugscharförmigen von Ch. macrochaetus mihi (Taf. XIV, Fig. 9) ete. Am Vorderende, wo die Schuppen gedrängter stehen, schlie- ßen die Flügel so an einander, dass bei manchen Formen, z. B. Ch. perse- tosus mihi (Taf. XIV, Fig. 7, 8), ein scharf ausgeprägtes diagonales Streifen- system entsteht, welches sich am Halse und Rumpfe, wo die Schuppen weiter aus einander stehen, nach und nach verliert. Bei einer einzigen Species, Ch. acanthodes Stokes, ist eine zur Verdickung dienende supple- mentäre kleinere Schuppe jeder Schuppe aufgelagert (Taf. XV, Fig. 14a). Die Anzahl der Längsreihen ist für die einzelnen Species charakte- ristisch. Dort, wo keine größere Längendifferenz zwischen den vor- deren hinteren Stacheln als eine Verdoppelung eintritt, verlaufen die Reihen kontinuirlich zum Hinterende, an dessen zum Gabelschwanze ziehend«n Abhange sie eine gleich zu beschreibende Modifikation er- leiden. Die mit auffallend verlängerten hinteren Stacheln versehenen Formen aber besitzen in den seltensten Fällen intakte Reihen, wie Ch. acanthophorus Stokes (Taf. XV, Fig. 11), Ch. macrochaetus mihi. In der . Regel kommen bestimmte Stacheln zum Ausfalle und es bildet sich da- durch ein für die einzelnen Species bezeichnendes Bild, welches ich in einzelnen Holzschnitten im systematischen Theile schematisirt habe. Es können dann statt der Längsreihen Querreihen entstehen, z. B. Ch. enormis Stokes (Taf. XV, Fig. 16), spinulosus Stok. (Taf. XV, Fig. 2), longi- spinosus Stok.(Taf.XV, Fig. 3). Querreihen könnenaber außer durch Ausfall Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 45 FE 3236 Carl Zelinka, an Stacheln auch durch eine geringere Alternirung aus den Längsreihen sich bilden, wie es bei'Ch. acanthophorus Stok. der Fall ist (Taf.XV,F ig.411). Fast alle Species, welche stark verlängerte Hinterstacheln besitzen, sind in der Stachelstellung konstant zu nennen, nur Ch. spinulosus Stokes und Ch. persetosus mihi varüren; erstere, indem die Anzahl, letz- tere, indem die Stellung der ersten zwei Stacheln der zweiten Reihe veränderlich ist. Der hintere Abhang des Rumpfes ist bei allen bestachelten Formen immer von der regelmäßigen Reihenstellung ausgenommen... Dies be- ginnt bei den zwei Schuppen, welche die hinteren Tasthaare tragen. Diese Schuppen sind meist etwas anders geformt als die übrigen (Taf. XIH, Fig. 44) und besitzen für die Basis des Tasthaares eine Schutz- einrichtung, welche aus zwei nach hinten sich allmählich erhebenden Wänden besteht, welche Wände vorn an ihrer niedersten Stelle in einem spitzen Winkel zusammenstoßen (Taf. XIV, Fig. 10a, 19). Hinter diesen Tastschuppen, welche bei kleinen Formen der zweiten, ‚an die mediane anschließenden Reihe angehören und an Stelle eines großen Stachels stehen (Taf. XIV, Fig. 6), ist die Bestachelung entweder ganz abweichend, oder fehlt vollständig; letzteres bei den meisten Species mit stark verlängerten Hinterstacheln. Im ersten Falle finden wir die Stacheln entweder sehr klein, dornenartig, Chaet. mascımus Ehrb. (Taf. XII, Fig. 10), Ch. acanthodes Stokes (Taf. XV, Fig. 1%a), oder es steht über der Schwanzgabel eine Serie besonders langer Stacheln, Ch. spini- fer Stokes. Wenn die Stacheln dort ganz fehlen, können an dem Ab- hange des Körpers schmale, hinten eingeschnittene Schuppen durch ihre Lagerung bestimmte Zeichnungen bilden, welche z.B. für Ch. per- setosus mihi (Taf. XIV, Fig. 6 L) charakteristisch sind. An diesen langen Schuppen ist die mittlere Leiste sehr deutlich ausgeprägt. Auf der ventralen Seite des Körpers scheidet eine quere Furche den vordersten Theil des Kopfes von den Flimmerbändern und dem von diesen begrenzten Zwischenraume (Taf. XI, Fig. 4; Taf. XII, Fig. 1). Auf diesem abgetrennten Vordertheile des Kopfes finden sich zwisi kleine spitze Kegel mit stark verdickter Cuticula (Taf. XII, Fig. 4 und Taf. XI, Fig. 1 Ke). Ich glaube, dass sie als Stützen den Kopf in einer gewissen Entfernung von der Unterlage halten sollen, damit die Cilien des Kopfes in dem freien Raume ungestört arbeiten können. Diese Kegel stehen nahe beisammen zwischen Mundrohr und Querfurche. | Der ventrale Zwischenraum wird von Stokzs bei manchen Speeies, welche Schuppen und Stacheln haben, als nackt bezeichnet; bei Ch. Schultzei Metschn. lässt Bürscauı, bei Ch. larus Lupwıs die ventralen Stacheln direkt der Haut entspringen. Dem gegenüber kann ich an- EEE EEE EEE TEN Die Gastrotrichen. 227 geben, dass ich bei allen Formen, welche irgend welche Bedeckung oder Bewaffnung der Cuticula haben, bei Anwendung homogener Im- mersionslinsen ausnahmslos Schuppen und bei manchen sogar auf diesen sitzende Stacheln finden konnte. Die Form, Vertheilung, Anzahl der Schuppen in jeder Reihe, ob Schuppen allein oder auch Stacheln Vor- handen sind, ist für jede Species konstant. Entweder ist der Vorder- rand der Schuppen (Ch. maxımus Ehrb.), oder sind die Seitenränder des- selben (Ch. persetosus), oder sogar, als einzige Ausnahme, die Hinter- ränder dieser ventralen Schuppen (Oh. hystrix Metschn.) verdickt. Nach vorn werden die Schuppen, wie bei Lepid. sgquammatum Duj., durch quere Platten ersetzt (Taf. XII, Fig. 1 Pl), am Hinterende verändern sie in bestimmter Weise die Form, sie werden länger und schmäler und tragen auch dann, wenn sie an dem übrigen Felde stachellos sind (Ch. brevispinosus, persetosus), je einen Stachel, welche über den Körperrand hinaussehen (Taf. XIV, Fig. 5, 13). Die Einzelheiten sind im systemati- schen Theile genau beschrieben. Wenn, wie bei Ch. masximus Ehrb. oder Oh. hystris Metschn., sämmtliche ventrale Schuppen mit Stacheln versehen sind, bleiben die letzteren klein, kürzer als die Schuppen und erheben sich kaum von ihr; selbstverständlich sehen, wie am Rücken, alle Stacheln mit der freien Spitze nach hinten. Gegen den Kopf werden sie immer zarter und sind endlich kaum mehr zu erkennen. Die dorsale und ventrale Oberfläche des Körpers zeigt also im Großen und Ganzen eigentlich die gleichen Verhältnisse; nur sind an der Bauchseite wegen der auf derselben stattfindenden Fortbewegung die Stacheln passend verändert, indem sie verkleinert sind. Die Schuppen sind, wie Lupwıe erkannte, der Cuticula aufgelagert. Man kann sich davon überzeugen, wenn man durch Essigsäure die Ver- bindung zwischen beiden lockert. Es genügt ein Rollen des Objektes, um einzelne Stacheln sammt ihren Schuppen abzulösen. Die Stacheln sind, wie man an großen Exemplaren deutlich sieht, bis zur Spitze hohl (Taf. XII, Fig. 12), ein Umstand, der von SırsoLn veranlasste, die Gastrotrichen-Stacheln und die Stacheln der Philodina aculeala zu ver- gleichen. Dies ist nicht zulässig. Die Philodinen-Stacheln sind nichts Anderes als hohle, spitz zulaufende Erhebungen der Haut, mit Plasma gänzlich angefüllt und in der Regel mit einem großen Zellkerne an der Basis versehen. ‘Einen solchen. Stachel sehen wir Taf. XII, Fig. 13 von einer Länge von 0,025 mm. Die Stacheln der Gastrotrichen haben kein Plasma in ihrer Höhlung; es ist ihr Hohlraum durch die Guticula von der Hypodermis getrennt, sie sind also als reine Guticulagebilde an- zusehen. | En: 15* 228 Carl Zelinka, Die Stirnkappe, von Lupwis zuerst beschrieben, ist eine den vor- dersten Theil des Kopfes einnehmende cuticulare Verdickung, welche bei kleineren Formen circa 0,0006 mm dick wird, bei den großen ent- sprechend stärker ist. Sie ist der Gutieula nicht etwa wie die Schuppen aufgelagert, sondern ein Stück von ihr selbst. Allerdings endet sie gegen hinten, wo die Schuppen beginnen, plötzlich mit abgeschnittenem Rande, so dass ihre obere Fläche höher liegt wie die weiterziehende und schuppentragende Haut (Taf. XI, Fig. 11 Sk; Taf. XIV, Fig. 2 st). Im Profile sieht man, dass diese Stirnkappe nahezu ganz nach vorn sieht und mit schwacher Krümmung zur dorsalen Seite zieht, welche in einem fast rechten Winkel an sie anstößt. Gegen den Mund verdünnt sich die Cutieula allmählich bis zu einer weichen, beweglichen Haut. Von oben gesehen endet sie hinten mit halbkreisförmigem Rande, an welchem die Sinnes- und Flimmerhaare, sowie die Stacheln oder Schuppen dicht an ihr beginnen (Taf. XI, Fig. 4 SA). Die Funktion der Stirnkappe wird in einer Schutzeinrichtung zu suchen sein. Das beim oft sehr raschen Schwimmen stets nach vorn gerichtete Vorderende bedarf einer stärkeren Panzerung für eventuelle, auch durch Funktion der Tasthaare nicht mehr zu vermeidende Zu- sammenstöße mit kleineren festen Körperchen. Die Stirnkappe ist nicht der einzige Fleck der Oberfläche, wo die Stacheln und Schuppen fehlen. In der Seitenansicht zeigen sich am Kopfe, dort wo die seitlichen Tasthaare entspringen, zwei quer gestellte, elliptische, nackte Flächen (Taf. XIII, Fig. 12 /,. fs), welche mit der Breit- seite an einander stoßen. Dort sieht man die Tasthaare inserirt.: Das Fehlen der Stacheln an diesen »Seitenfeldern« erkläre ich mir so, dass dadurch die recht beweglichen Tasthaare ungehindert ihre aktiven Tast- bewegungen vornehmen können; ich erinnere zur Stütze dieser Ansicht daran, dass auch die hinteren Tasthaare an freien Stellen stehen; ent- weder sind, wie hei Ch. maximus Ehrb. in ihrer Umgebung die Stacheln zu kurzen Dornen verkürzt, oder sie fehlen dort vollkommen, wie bei den kleineren Formen mit sehr langen Stacheln am Rumpfe. Formen mit überhaupt kurzen Stacheln aber, deren Tasthaare weit länger als die Stacheln sind, ändern die Bestachelung an dieser Stelle nicht. 4. Wimperhaare. Historisches. C. G. EnurEnBERG (Nr. 1, 4838, p. 386) spricht von einem »Or- “gano rotatorio unico, continuo, nec margine lobato« und p. 387: »Ein kreisförmiges Räderorgan dient bei Piygura und Glenophora der Bewegung; ein bandartiges, lang-elliptisches am Bauche bei Chaetonotus und Ichthydium.« Bei Chaetonotus (s. system. Theil) wird mit Bestimmtheit von einer »doppelten Wimperreihe der Bauchfläche« erzählt. Von Ichthydium podura sagt er, dass er einige Male deutlich \ Die Gastrotrichen. 229 ein Band von Wimpern längs der Bauchfläche gesehen habe; bei dem größten beob- achteten Thierchen habe er sich aber umsonst bemüht, es direkt zu erkennen, ob- wohl er am Munde einen deutlichen Wirbel sah. F. Dusarnın (Nr. 3, 4844, p. 568) erwähnt bei der Diagnose von Chaetonotus nur, dass er unten mit schwingenden und sehr zarten Cilien bedeckt sei und fügt p. 569 hinzu: »mais dans le fait, les cils vibratiles de la face ventrale des Chaetonotes ne constituent point du tout un organ rotateurc. DaC. v. SıesoLn (Nr. 4, 4845, p. 74) die Ichthydinen zu den Mono- irocha stellt, kann man annehmen, dass er mit EHRENBERG'S Beschreibung einver- standen war. M. ScHuLtze (Nr. 9, 4853, p. 246) behauptet von Chaet. Schultzei (s. system. Theil), dass die vordere Hälfte der Bauchfläche ganz mit Cilien bedeckt sei, und nur in der hinteren Hälfte zwei Cilienstreifen aufträten, welche am Schwanz in einander übergingen, auch sagt er (p. 2/48), der Mund wäre »von langen, zarten, unbeweglichen Härchen, 8—10 an der Zahl, umgeben«, P.H. Gosse (Nr. 48, 1864) erkannte gleich EHrEnBERG zwei Cilienstreifen, so bei J. sguammatum, Chaet. larus, Chaet. Schultzei; bei beiden Dasydytes-Arten, antenniger und goniathrix, sind von ihm noch besonders entwickelte Cilienbüschel am Kopf entdeckt worden, wel- che einen kräftigen Wirbel am Kopfe erzeugten, während ein accessorischer Strom die Seiten entlang läuft. Von der ventralen Fläche weiß er jedoch hier nur, dass sie mit kurzen Cilien, welche hinten länger werden, besetzt ist (s. system. Theil). E. METSCHnIKoFF (Nr. 49, 1864, p. 453) berichtet Folgendes: »Außerdem trägt die Cuticula noch Wimperhaare, die bei allen Arten der Ichthydinen auf der Bauchfläche liegen und nur bei Cephalidium in Form von langen Cilien auch auf dem Kopfe vor- handen sind. Die Wimperhaare sind entwederin der vonM. SCHULTZE für seinen Chaet. masximus (s. Chaet. Schultzei) angegebenen Art gebildet, oder zu einem einfachen Über- zuge gleicher Haare entwickelt. Durch die Thätigkeit dieser Bauchwimpern wird ein Strudel der umgebenden Flüssigkeit erregt, und selbst dann, wenn unsere Thiere im Ruhezustande verweilen.« H. Lupwic (Nr. 23, 4875, p. 1497) giebt folgende Schilde- rung: »Die Wimperhaare des Chaetonotus larus sind in der für die Gastrotricha charakteristischen Weise auf die Bauchfläche beschränkt. Sie haben eine ziemlich ansehnliche Länge, 0,008—0,009 mm, und schlagen sehr lebhaft von vorn nach hinten. Dadurch dienen sie einestheils als Bewegungsorgane, anderentheils wird dadurch ein Wasserstrom erzeugt, welcher von vorn nach hinten an der Mundöfl- nung vorbeizieht und dadurch zur Nahrung brauchbare Theilchen in den Bereich des Mundes bringt.« Er findet nun vier Längsstreifen von Cilien und vermisst den von M. SchuLtze behaupteten Übergang der Cilienreihen am Hinterende (s. system. Theil, Chaet. larus und I. podura). O. BürscaLı (Nr. 24, 1876) dagegen sieht bei Chaet. Schultzei und Chaet. maximus nur zwei Cilienbänder mit feiner Querstreifung und die um den Mund stehenden zahlreichen Cilien, welche er vielleicht als Fortsetzung der Cilienbänder ansieht (s. system. Theil, Chaet. Schultzei). C. FernaLo (Nr. 28, 1883, p. 1217) wiederholt nur Lunpwig’s Angabe von den vier Bändern. H. Lupwıc Nr. 32, 1886, p. 821) fasst sich kurz so: »die Wimpern der Bauchfläche stehen in Längsstreifen«. A.C. Srokes (Nr. 35, 1887, p. 84) giebt folgende Angabe: »Imme- diatement derriere l’anneau oral, une ou plusieurs lignes de cils vibratiles s’eten- dent a partir des bandes laterales, en travers de la surface ventrale (pl. I, fig. 5). Cette disposition existe dans toutes les especes.. De chaque cöteE de l’anneau oral, chez plusieurs especes, il y a une touffe de cils courbes qui plonge et se mele dans les touffes frontales de poils tactiles plac&es de chaque cöt& de la tete. Leur func- tion parait etre d’aider a produire un courant pour pousser devant la bouche les particules alimentaires.« Bei J. sgammatum (s. system. Theil) erklärt er als Funktion 330 Carl Zelinka, der am Kopfe stehenden Wimpern die Erzeugung eines Stromes zur Herbeischaf- fung der Nahrung, während die beiden ventralen Streifen der Lokomotion dienen sollten. Bei Dasydytes saltitans. werden ebenfalls zwei ventrale Cilienbänder, und am Kopfe zwei ringförmige Reihen von schwingenden Cilien beschrieben. Im Al- gemeinen Theile, p. 84, drückt er sich bezüglich der Flimmerbänder folgender- maßen aus: »Chez toutes les especes a Ecailles dorsales ou a poils soyeux, ces appendices s’etendent ordinairement sur la face ventrale jusqu’a la marge externe de chaque bande ciliaire. Les dernieres sont, de regle, au nombre de deux seule- ment. Dans une forme Chaet. larus, ilyen a quatre, et, m&eme chez celle-ci, d’apres mes observations, il yen a aussi souvent deux que quatre. Les bandes s’etendent pres des bords lateraux de la surface ventrale aplatie, depuis le voisinage de la bouche jusqu’a la fourche caudale, et ne Servent qu’a la locomotion.« Wir müssen hier die Wimpern der Rücken- und der Bauchfläche getrennt besprechen. Der Wahrheit bezüglich der Vertheilung der Wimperhaare an der Bauchfläche ist BürscnLı am nächsten gekommen. Die Wimpern stehen in zwei Längsbändern und zwar querreihig in regelmäßigen Abständen. Als Beispiel wollen wir ein Lepidederma sgquammatum Duj: betrachten (Taf. XII, Fig. 1). Erst bei homog. Immersion werden die von Bürtscaui angegebenen Querstreifen der Bänder in Reihen von Cilien aufgelöst, deren Basen auf einem schuppenlosen Felde als stark lichtbrechende Kreise erscheinen. In jeder Querreihe stehen gegen 11 Haare (bei Ch. brevispinosus mihi zählte ich 11—14), und an einem Präparate, an dem der ganze Streifen 0,068 mm lang war, fanden sich 66 solcher Quer- reihen, so dass auf einen 0,1 mm langen Flimmerstreifen 96 Querreihen kommen würden, was einer Zahl von über 1000 Haaren an einem Bande entsprechen würde. Unter diesem Felde ist die unter der Cuticula liegende Plasmaschicht stärker als gewöhnlich und enthält die Zell- kerne in gehäufterer Menge, als anderswo (Taf. XII, Fig. 1, linkes Band). Am hinteren Ende wird das Band allmählich von der Beschuppung der übrigen Körperoberfläche eingeengt und hört zugespitzt auf. Weder hinter diesem spitzen Ende noch zwischen den beiden Bändern ist am Körperende eine Gilie zu finden, welche als ein Übergang zwischen den beiden zu deuten wäre, überall sind sie durch einen 0,0075 mm breiten, beschuppten Streif getrennt. Am Vorderende hört jedes Flimmerband plötzlich an der erwähnten langen Querfurche auf. Der vor ihr liegende Theil des Kopfes ist in der Mitte gänzlich eilienlos, nur an den Seiten sieht man von dem Mundtastbüschel eine unregelmäßige Reihe von leb- haft nach hinten schlagenden Haaren schräg gegen den äußeren Rand jedes Flimmerbandes ziehen (Taf. XII, Fig. 1 h Ci). Von der hier gegebenen Beschreibung weichen die übrigen Gastro- trichen nur in der Anordnung der Cilien am Kopfe ab; am Hinterende sind die Cilienbänder aller Thiere ganz gleich beschaffen. Nirgends Die Gastrotrichen. 231 fand ich mehr als zwei Bänder und die von Lupwic beschriebenen vier Cilienstreifen sind seither nicht wieder gesehen worden; FrrwaLp und Stokzs haben Lupwıe’s Angabe einfach aufgenommen; ich kann dies um so sicherer behaupten, als beide den Chaetonotus larus gar nicht ge- sehen, sondern die mit nur zwei Bändern versehene Form Chaet. bre- vispinosus damit verwechselt haben, welche ich aus eigenem Augen- scheine kenne. Da ich die von Lupwıc beschriebene Form, Chaeton. larus ©. Fr. Müller, selbst nicht auffinden konnte, bin ich nicht in der Lage, mit Sicherheit behaupten zu können, dass hier ein Irrthum vor- liege, doch möge es mir gestattet sein, meine Vermuthung auszusprechen, dass Lupwıc, als er seine Beobachtung machte, die Ränder der beiden Bänder in stärkerer Thätigkeit sah, was bei einigem Drucke des Deck- . blättehens eintritt. Bei schwächerer Vergrößerung entsteht der Ein- druck von vier gesondert liegenden Flimmerstreifen. Es wäre das ge- schilderte Vorkommen von vier Streifen jedenfalls sehr auffallend, wenn wir betrachten, dass nach und nach die früheren ungenauen Angaben von einer ganz oder theilweise flimmernden Unterseite, wie wir sie bei M. ScHuLTtze, E. METSCHNIKOFF, bei Goss£ für seine Dasydytes-Arten finden, in neuerer Zeit dahin richtig gestellt wurden, dass überall zwei Längs- bänder von Cilien anzutreffen sind. Nun zu den Unterschieden bezüglich der Cilien des Vorderendes. Chaetonotus mascimus Ehrb. weicht mit allen übrigen, mir durch Augenschein bekannten Formen darin von L. sgquammatum ab, dass hinter der genannten Querfurche beide Bänder verschmelzen. Die inneren Ränder derselben laufen im Bogen der anderen Seite zu und begrenzen zugleich mit der Querfurche ein aus ebenfalls quergestellten Reihen zusammengesetztes schmales Verbindungsband, dessen Cilien gleich denen der Längsbänder nach hinten schlagen (Taf. XIII, Fig. 1). Diese Anordnung hat im Vereine mit einer optischen Täuschung M. ScHuLTzE veranlasst, seine COhaetonotus im vorderen Theile ganz be- wimpert sein zu lassen. Da die Wimpern sämmtlich sehr lang sind, bei Chaetonotus maxcimus maßen sie gleichmäßig 0,0125 mm, bei dem bedeutend kleineren Ch. larus nach Lupwıc 0,008—0,009 mm (ein Längerwerden derselben nach hinten, von welchem Gossz spricht, ist nicht zu sehen, wofern man nicht die vor der Querfurche stehenden schrägen Cilienstreifen in die Vergleichung einbezieht), so reichen sie beim Zurückschlagen weit nach rückwärts und erzeugen durch ihre durch das ganze Haar laufende peitschenartige Bewegung auch weiter hinten noch den Eindruck einer vollständig flimmernden Fläche. Will man sich durch Einstellen auf die als scharfe Punkte erscheinenden Insertionen der Haare die Begrenzung dieser Cilien feststellen, so fällt 232 Carl Zelinka, man im Anfange der Täuschung zum Opfer, welche die Struktur des gleich unter der Haut liegenden Ösophagus verschuldet. Die radiären Fasern desselben erscheinen im optischen Querschnitte und sehen den Insertionen der Gilien zum Verwechseln ähnlich, so dass man, wie Scaurtze, die Cilien bis zum Ende des Ösophagus gehen zu sehen meint. Sehr gewaltige Cilienbüschel besitzen Dasydytes goniathrix (Taf. XV, Fig. 8) und Gossea antenniger (Taf. XV, Fig. 7), beide Species von Goss# entdeckt und leider seither nicht wieder gefunden. Sie sollen zubeiden Seiten des Kopfes stehen, doch fehlt jede nähere Angabe, so dass wir keinen Anhaltspunkt haben, sie mit den Cilien der Euichthydinen zu vergleichen. Interessant erscheint es, dass sie es sein sollen, welche starke Wirbelströme zu jeder Seite des Kopfes, gleich denen der Räder- thiere, erzeugen sollten. Diese beiden Thiere unterscheiden sich darin von den höher differenzirten Formen wesentlich, wie wir gleich sehen werden. Am auffallendsten aber ist die Bewimperung bei Dasydytes longisetosum Metschn. (Taf. XV, Fig. 21) und Das. saltıtans Stokes (Taf. XV, Fig. 20). Erstere Form besitzt einen ganz bewimperten Kopf, letztere jedoch, wie Stokgs versichert, zwei rings um den Kopf laufende, hinter einander liegende Ringe von langen Cilien, von denen die der vorderen Reihe nach hinten, die der hinteren Reihe nach vorn schlagen. Diese Verhältnisse werden im allgemeinen Theile ihre Würdigung finden. Die Funktion der Wimpern am Gastrotrichenkörper wird von Stoksgs so gedeutet, dass die ventralen Bänder die Lokomotion, die Kopf- cilien .aber eine Strömung zu besorgen hätten, welche die Nahrungs- körperchen vor den Mund zu bringen haben. Für die Euichthydinen steht die Sache in Wirklichkeit folgendermaßen: | Durch im Wasser vertheilte Karminkörperchen kann man sich überzeugen, dass den ventralen Bändern ein größerer Einfluss bei Her- beiziehung der Nahrung eingeräumt ist, als Stokgs glaubt. Die Fig. 12 auf Taf. XI zeigt uns eine Abbildung eines lebenden Ch. maximus Ehrb. von der Unterseite, während der Cilienaktion. Links und rechts vom Halse treffen wir zwei Wirbel, deren CGentren 0,025 mm von der Körper- mitte des Chaelonotus, also 0,05 mm von einander entfernt, beiläufig in der Mitte der Halslänge liegen. Diese Wirbel sind nur die Querschnitte eines einzigen, der sich in Form eines Halbringes quer über die Bauch- fläche bis zu den Seitenflächen erstreckt; er reicht, da der Rückenseite an dieser Stelle Gilien fehlen, nicht über dieselbe. Würden nicht die Cilien dieses Theiles der ventralen Bänder, sondern die Cilien desKopfes diesen Wirbel verursachen, so müssten die Centren zu den Seiten des Kopfes gelegen sein. Darin liegt auch ein Unterschied bezüglich der Die Gastrotrichen. 233 Räderthiere, wo die Wirbel vor dem Munde gelegen sind und erst die denselben verlassenden Körperchen in den Mund gelangen. Die von vorn allmählich zu diesem Wirbel heranziehenden Körnchen müssen an dem Kopfende vorbei. Hier zeigen nun die sichelförmig nach vorn ge- krümmten Cilien in der Nähe des Mundes, welche starr gehalten und beim Schwimmen als fakultative Tastorgane fungiren, eine sonderbare Thätigkeit, sie stoßen nämlich mit kurzen Schlägen Körperchen vor die Mundöffnung. Vielleicht haben sie als Tasthaare eine gewisse Auswahl unter den vorbeistreichenden Körperchen zu treffen? Aber auch einige. der vorderen Cilien aus der schräg zu den Flimmerbändern laufenden Reihe stehen anders als beim Schwimmen, sie ragen mit nach vorn ge- krümmter Spitze quer hinaus und schleudern die strömenden Körperchen den sichelförmigen Haaren zu; die übrigen des anderen und des seit- lichen Büschels schlagen einfach nach hinten und befördern unbrauch- bare Körper in diese Richtung. Auch die großen seitlichen Tasthaare haben eine andere Aktion als beim Schwimmen; sie, die sonst quer abstehend nach vorn gekrümmte Enden haben, und nur leicht zitternde Bewegung zeigen, schlagen deutlich, allerdings langsamer als die Bauch- wimpern, nach hinten. Die aus dem Wirbel sich loslösenden Körper- chen eilen, wie schon Goss£e sah, durch die Bauchbänder nach hinten getrieben, gegen den Schwanz an dem Körper herab. Mitunter kommt es bei stark aufgetriebenem Rumpfe hinter der größten Erweiterung desselben in dem eingebuchteten Theile zu einem zweiten accessori- schen Wirbel. 5. Wassergefäßsystem. Historisches. M. SchuLtze (Nr. 9, 4853, p. 60) versichert mit Bestimmtheit, »Zitterorgane, welche auf ein Wassergefäßsystem schließen ließen, fehlen sicher«. Das Verdienst, das Wassergefäßsystem der Gastrotrichen zuerst gefunden zu haben, gebührt P. H. Gosse (Nr. 48, 1864), welcher es bei Chaet. larus (p. 394), Chaet. Siackiae (p. 398) und Dasydytes antenniger (p. 402) beschreibt (s. system. Theil). Aufmerksam zu machen wäre auf seinen Versuch, kontraktile Blasen, ähnlich wie bei den Räderthieren, aufzufinden und auf die besondere Länge, welche den Ka- nälen bei Chaet. Slackiae zugeschrieben wird (vgl. Taf. XV, Fig. 7, 15). H. Lupwic Nr. 23, 4875, p. 202) beschreibt glänzende Körperchen in den Darmzellen (s. Kap. Verdauungskanal, c. Mitteldarm), deren Deutung ihm Schwierigkeiten bereitet; er meint, dass man vermuthungsweise an Ausscheidungsprodukte denken könne. Bei OÖ. Bürscauı (Nr. 24, 4876, p. 389) finden wir Folgendes darüber: »Von sogenannten Wassergefäßen wurde bis jetzt bei unseren Thieren nichts gefunden, dieselben sind jedoch bei Chaet. maximus nicht allzu schwer wahrzunehmen. Jederseits neben dem Anfangstheil des Darmes liegt ein zu einem länglichen Knäuel verschlungenes Gefäß von ähnlicher Beschaffenheit wie bei vielen Räderthieren. Von Flimmerung und inneren Mündungen habe ich an demselben nichts gesehen, auch über die äußere 234 Carl Zelinka, Mündung bin ich nicht ganz im Klaren, jedoch sah ich mehrfach. von jedem Knäuel ein Gefäß gerade nach vorn laufen, und in der Gegend des vorderen Darm- endes plötzlich endigen, wahrscheinlich mündet es hier auf der Bauchseite.« H. A. PAGENSTECHER (Nr. 25, 4884, IV, p. 60) führt bei den Organen der Harnabscheidung die eben erwähnte Angabe Lupwıs’s bezüglich der glänzenden Körnchen an und setzt hinzu: »Solche Körnchen finden sich gleich zahlreich, aber kleiner schon bei den Embryonen. Man kann die Ähnlichkeit mit der oben geschilderten Erschei- nung bei unfertigen Räderthieren nicht verkennen.« Sodann erwähnt er die von BürscaLı entdeckten paarigen Knäuelgefäße. Lupwıc gab seine Vermuthung bezüg- lich der glänzenden Körnchen nach Bürscaur’s Entdeckung auf, wie die Stelle in Nr. 32, 1886, p. 824 beweist: »Exkretionsorgane sind bis jetzt nur bei einer Art in Gestalt zweier aufgeknäuelter Gefäße nachgewiesen, aber noch nicht genauer be- kannt.« W. M. ScHimkEwWITscH (Nr. 34, 4886, p. 149) beschreibt bei Chaet. Bogdanovii eine im hinteren Körperdrittel in der dorsalen Region gelegene kontraktile Blase und meint, dass BürscaLı die ausführenden Kanäle unrichtigerweise so genannt habe, da die Öffnung der pulsirenden Vacuole nur im hinteren Körpertheile, wahr- scheinlich über dem Anus, gelegen sein könne. Auch bei Chaet. larus sei diese Blase vorhanden (s. system. Theil). A. C. Srokes (Nr. 35, 1887, p. 84) sagt im allge- meinen Theile Folgendes: »Le systeme vasculaire aquifere ne parait pas diflerer de ce qu’il est chez les Rotiferes, en ce qui concerne les canalicules. La vesicule contractile et l’entonnoir cilie des Rotiferes manquent, mais les longs tubes, &Etroits, seuvent tres circonvolutes, sont cilies a l’interieur comme chez les Rotiferes. Chez le Chaet. maximus Ehrb., Bürscatı les represente comme consistant en deux grou- pes de tubules, situes un de chaque cöte de l’intestin, anterieurement, et prenant, posterieurement une direction courbe en travers de ce conduit. Je les ai observes chez le Chaet. rhomboides, ou ils ont un aspect beaucoup plus simple. Dans la Pl. I, fig. A w, les tubules du Chaet. maximus sont repr6sentes.« Bei Ichth. rhom- boides (s. system. Theil) findet man die Angabe, dass er, da er die Wimperung nur auf einer kleinen Strecke gesehen, und so unvollständig studirt habe, ihre un- zweifelhafte Existenz nicht angeben könne. Das Wassergefäßsystem kommt allen von mir untersuchten Formen in gleicher Weise zu. Es lässt sich am besten an einem lebenden und stark gequetschten Thiere, welches geringe Eientwicklung besitzt, studiren (Taf. XI, Fig. 5); an Totopräparaten ist nur der flimmernde Abschnitt durch seine starke Lichtbrechung deutlich, an Schnitten sind mitunter auch die Lumina der Röhrchen und die Zellkerne kenntlich. Dieses Exkretionssystem liegt zu beiden Seiten der vorderen Darmhälfte und besteht aus drei Theilen:: einem Flimmerrohr, einem vielfach ge- wundenen und verschlungenen, weichen Kanale und einem daraus hervorgehenden kurzen Endstücke. Diese Theile sind, da sie in ver- schiedenen Ebenen sich ausbreiten, nicht in einer Bildebene sichtbar und man erkennt, dass auch das gewundene Rohr in verschiedenen Niveaus sich aufknäuelt und im Allgemeinen drei solcher Horizonte zu durchforschen sind. In jenem, welcher dem Rücken am nächsten liegt, finden wir nur wenige Schlingen dieses blassen, zarten Rohres, der mittlere Horizont zeigt aber eine ungemein reichliche und verwickelte Die Gastrotrichen, 235 Schlingenbildung. Das Konvolut dieses Kanales füllt am ungequetschten Thiere den ganzen Leibesraum zwischen Darm und Körperwand aus (Taf. XI, Fig. 3 Wa); nach Quetschung sieht man diese beiden Theile so weit aus einander gedrängt, dass frei zwischen ihnen liegend die große Masse des Exkretionssystems zu Tage tritt. An diesem bedeutendsten Theile des Wassergefäßsystems fällt uns sofort eine bei Streckung des Körpers gerade nach vorn laufende und sich von der übrigen Masse ab- lösende Partie (Taf. XII, Fig. 5 Schl), welche in der Höhe des Ösopha- gus aufhört, in die Augen. Sie scheint dort zu enden und den Ausfüh- rungsgang der großen aufgeknäuelten Masse vorzustellen. Genaue Untersuchung lehrt uns, dass wir es hier nicht mit einem einfachen Kanale, sondern mit einer Schlinge zu thun haben, deren beide Schen- kel eng an einander geschmiegt sind. An der Umbiegungsstelle wird die Schlinge durch ein zartes, spitz zulaufendes Bändchen im vorderen Theile des Körpers befestigt, wodurch bei Streckung des Thieres auch die Schlinge ganz gerade gestreckt wird, bei Verkürzung des Körpers in zarten Wellenlinien verläuft oder sogar um sich selbst eine kleine Doppelschlinge bilden kann. Der eine der nach hinten laufenden Schenkel zieht weit zurück und biegt in einer oft am weitesten nach hinten gelegenen Schlinge gegen die große Masse des Exkretions- organs und verliert sich in dem Gewirre des verknäuelten Röhrchens. Der andere Schenkel löst sich schon früher von seinem Begleiter und geht vorn in das Labyrinth des Organs ein. Die verschlungenen Theile des Exkretionsapparates liegen da so dicht an einander, dass sie bis auf einzelne vorstehende Schlingen, wie man sie nach vorn und hinten herausstehen sieht, eine einheitliche, von Lumina durchzogene Masse zu bilden scheinen, bis man bei sehr starker Quetschung für jedes Lumen auch eine eigene Wand sehen kann. Häufig kann man Reihen von glänzenden Körperchen, vermuthlich Exkretionsprodukte, erkennen, welche in den Wandungen abgelagert sind und die Lumina in ihren Schlängelungen begleiten. Sie sind von allen Körnchen im Organismus die stärksten und dunkelsten; die Körnchen des Eies sind zerstreut, kleiner und zarter, die des Darmes kleiner und lichter als sie. Mitten in dieser Masse, der Längsrichtung des Körpers parallel, liegt ein circa 0,019 mm langer schmaler, matt glänzender, von seiner Umge- bung dadurch wohl unterschiedener hohler Stab, in dessen Hohlraum lebhafte Flimmerung sichtbar ist, welche vom vorderen nach dem hin- teren Ende geht. Die Größenverhältnisse sind so winzige, dass ich nicht entscheiden konnte, ob eine einzige lange Flimmer, beziehungsweise ein langes Flimmerbüschel, oder eine Reihe von hinter einander ste- henden Flimmern . diese Erscheinung hervorbrachten. Bei starker 236 Carl Zelinka, Quetschung trat eine Lageveränderung ein, indem das Stäbchen sich schief gegen die Körperlängsachse stellte, wie in Taf. XII, Fig. 5 auf der linken Seite dargestellt ist. Diese Verschiebung gestattet auch festzustel- len, dass das freie Ende des Stabes vorn, der Übergang in das gewundene Rohr hinten zu finden ist. Das freie Ende ist mit gerundeter Linie ge- schlossen. Das Stäbchen unterscheidet sich in seiner Konsistenz wohl von dem geschlungenen Kanal; wenn der letztere schon zersetzt ist, flimmert das Stäbchen noch lebhaft, wenn auch nur mehr kurze Zeit. Gegen die ventrale Seite in dem dritten Horizonte liegen nur ver- hältnismäßig wenige Schlingen. Gegen die Medianlinie zu löst sich von ihnen ein kurzes Röhrchen los, welches in S-förmiger Krümmung erst nach vorn, dann nach hinten sich windet, in kurzem Bogen gegen die Mediane sich wendet und unter dem Darm verschwindet. Die Ventral- seite zeigt uns, dass wir es nur auf kurze Strecke mehr verfolgen können, da es sich der Unterseite immer mehr nähert und knapp an der inneren Grenze der Flimmerbänder etwa an der Grenze der vorde- ren und hinteren Darmhälfte nach außen mündet (Taf. XI, Fig.‘7; Taf. XII, Fig. 5 Md). Wir müssen uns also den Bau dieses Organs folgen- dermaßen vorstellen. Das Exkretionsorgan beginnt mit einem langen stabförmigen Flimmertrichter, dessen freies Ende nach vorn sieht und in welchem eine nach hinten gehende Flimmerung auftritt. Hinten geht er in den aufgeknäuelten weichen, vielverschlungenen Kanal über, der ihn mit seinen Windungen einhüllt und in seinen Wänden die von mir als Exkrete gedeuteten Körnchen besitzt; er erstreckt sich in einer langen Schlinge sehr weit nach vorn und öffnet sich endlich getrennt von dem der anderen Seite an der Bauchfläche nach außen. Durch Ver- schiebung des ersten Schlingenknäuels nach vorn kann es vorkommen, dass man die äußere Mündung hinter der letzten Schlinge findet. Das Wassergefäßsystem zersetzt sich sehr rasch und wenn nach längerem Stehen noch z. B. alle Darmzellen unversehrt sind, ist das Lumen des Kanales nicht mehr zu erkennen und nur feine Körnchen liegen an Stelle des komplicirten Organs. Die Funktion dieses Apparates ist zweifellos die der Exkretion und zwar dürfte der große »Flimmertrichter« die Stromrichtung zu be- stimmen und zu erhalten haben, während vielleicht von der ganzen Kanalwand aus endosmotische Beziehungen zu der Leibeshöhlenflüssig- keit bestehen; es wäre sonst die übergroße Entwicklung des gewun- denen Theiles nicht zu erklären, wenn dieser nur als Ausführungsgang für die beim Flimmertrichter eingeführten Auswurfsstoffe zu dienen hätte. | Die hier dargelegten Verhältnisse stimmen am meisten mit der von Die Gastrotrichen. 237 Bürscnuı gegebenen Beschreibung überein. Die Differenz zwischen unseren Schilderungen liegt in drei Punkten. Erstens erkannte Bürsenzi den Flimmertrichter nicht, zweitens hielt er die lange vordere Schlinge für den Ausführungskanal und drittens zeichnet er in Fig. 6 seiner Taf. XXVI ein mächtiges, quer gegen die Mediane stehendes Konvolut von Kanalschlingen, welches den von mir untersuchten Thieren fehlt. Da mir Chaet. Schultzei Metschn., an welchem Bürscnti studirte, nicht zur Verfügung stand, kann ich annehmen, dass diese merkliche Abwei- chung vom gewöhnlichen Typus eine Eigenthümlichkeit dieser Species sei. Die zwei ersten Punkte sind durch meine Untersuchungen ergänzt und richtig gestellt. Bei Gossr’s Beobachtungen haben sich einige Fehler eingeschlichen, welche bei der Schwierigkeit der Untersuchung sehr leicht zu erklären sind; er hielt Spalten zwischen den Organen für Fortsetzungen der Kanäle und sah diese daher durch das ganze Thier entlang sich erstrecken. Ferner hatte er das Bestreben kontraktile Blasen nachzuweisen, daher er verleitet wurde, zwei solche am Kopfe des Ohaet. Slackiae zu sehen (Taf. XV, Fig. 15); doch ist schon die Angabe, dass die Kanäle nicht mit ihnen zusammenhängen sollten, hinreichend, die Deutung Gossr’s zurückweisen zu dürfen. Diese hellen, blasigen Räume sind eben so wenig kontraktile Blasen, wie die Blase, welche er bei Gossea antenniger (Taf. XV, Fig. 7) am hinteren Ende des Kanales zu sehen vermeinte, sondern sind auf blasige Veränderungen innerer Organe zurückzuführen, welche sehr leicht bei zu starkem Druck oder bei Mangel an frischem Wasser vor dem Absterben des Thieres auf- treten. Kontraktile Blasen sind nicht vorhanden; dies kann ich auch der Angabe von Schinkewirsch gegenüber festhalten. Scuimkewitsch hat hei Chaeton. Bogdanovii am Rücken des hinteren Körperdrittels eine helle Blase gesehen (Taf. XV, Fig. 6); er nennt sie kontraktil. Diese Blase ist bei geschlechtsreifen Individuen thatsächlich leicht zu finden, doch hat ScHimkewitsch gewiss nie eine periodische Kontraktion daran beobachtet, da wir es hier mit dem großen, wasserhellen Eikern zu thun haben. Selbstverständlich kann diese »kontraktile« Blase auch hei Chaet. larus auftreten. Wenn nun ScHimkzwItsch sich berufen fühlt, in BürscaLr's schönen Untersuchungen Fehler zu verbessern, so muss ich bemerken, dass Bürsenur’s Beobachtungen weitaus die besseren waren, sie waren eigentlich nur unvollständig; Scuimkewitscn hat jedoch einen bei einiger Sorgfalt leicht zu vermeidenden Fehler begangen, dessen Folge war, dass er über die Mündungsart der Kanäle eine ganz falsche Vorstellung sich aneignen musste. Stores hat bei Lepidod. rhombordes auf eine kurze Strecke Flimmerung beobachtet, konnte sich jedoch keine Klarheit verschaffen; er scheint zudem auch von den Wasserge- 238 Carl Zelinka, fäßen der Rotiferen eine ganz irrige Ansicht zu haben, wie könnte er sonst sagen, dass zwar Flimmertrichter und kontraktile Blase bei den Ichthydinen fehlen, die langen, engen, oft sehr gewundenen Röhren aber im Inneren wie bei den Rotıferen gewimpert seien. Wir kennen keine wimpernden Röhren bei den Rotiferen. Das Wassergefäßsystem der Gastrotrichen steht tiefer als das der Rotatorien und höher als das der Echinoderen. Letztere besitzen einen innen ganz bewimperten einfachen Schlauch, bei den Gasirotrichen ist die Wimperung auf den Anfangstheil beschränkt und dieser Anfangs- theil ist in seinem Bau in bezeichnender Weise differenzirt. Im Vor- handensein dieses einzigen langen Flimmertrichters liegt eines der Unterscheidungsmerkmale gegenüber den Rotatorien, die mit mehreren Wimperorganen versehen sind. Ein anderes Merkmal liegt in dem konstanten Fehlen der kontraktilen Blase und in den getrennten, ventralen Mündungen der Kanäle, welche sich nie, wie bei den Rotato- rien, mit dem Enddarm oder den Ausführungsgängen der Geschlechts- organe in Verbindung setzen. Die isolirte Mündungsart erinnert an die von Rhabdocoelen, wie Derostomum oder Prorhynchus. 6. Nervensystem. Historisches. M. SchuLzze (Nr. 9, 4853, p. 249) sagt darüber: »Von Ner- ven und Gefäßen konnte keine Spur aufgefunden werden.« Auch METSCHNIKOFF (Nr. 9, 4864) fand es nicht, doch meint er (p. 453), »dasselbe (dass ein Muskelsystem nicht nothwendig gefunden werden müsse) könnte man in Betreff des Nervensystems sagen, wenn nicht in unserem Falle die scheinbare Abwesenheit desselben mit der ansehnlichen Entwicklung der Sinnesapparate im Widerspruch zu stehen schiene«. Gosse (Nr. 48, 4864, p. 401) beschreibt bei Gossea anienniger ein kugeliges unsym- metrisch gelegenes Körperchen am Ösophagus als Gehirn. Auch Lupwıe (Nr. 23, 1875) brachte keine Aufklärung: »damit kommen wir zum dunkelsten Winkel in unserer Kenntnis von der Organisation des Chaetonotus, denn es gelang mir eben so wenig wie irgend einem der früheren Beobachter, irgend etwas aufzufinden, was mit Sicherheit als nervöser Apparat angesprochen werden könnte. Allerdings schien mir mitunter in dem vorderen Körperabschnitt über dem Ösophagus ein rundliches Gebilde in seinen Kontouren sich darzustellen (wie ich dies in Fig. 45 angedeutet habe), aber ich vermochte weder dieses Bild bei den zahlreichen untersuchten Individuen regelmäßig an derselben Stelle und in derselben Form wiederzufinden, noch Konnte ich mich überhaupt davon überzeugen, dass die kreisförmige unge- mein zarte Linie, in der sich jenes fragliche Gebilde von oben, oder die elliptische Linie, in welcher es sich von der Seite gesehen repräsentirt, wirklich die Begren- zung eines bestimmten Organs darstellt. Dass bei solcher Sachlage von der Behaup- tung, man habe hier das centrale Nervensystem vor sich, gänzlich abgesehen werden muss, ist selbstverständlich. Indessen werden wir auf diese Frage später bei der Schilderung des Baues des Ichthydium podura nochmals mit einigen Worten zurück- kommen müssen«. Daselbst heißt es: »Von einem centralen Nervensystem konnte Die Gastrotrichen. 239 ich noch weniger als bei Chaet. larus auffinden; nicht einmal das dort gesehene fragliche rundliche Gebilde über dem Ösophagus fand ich hier wieder. ‘Hingegen war ein zelliger Belag der inneren Oberfläche der Leibeswand im vorderen Körper- ende sehr deutlich, wie ich dies in Fig. 2 und 3 z angedeutet habe. Die einzelnen polygonalen Zellen umschlossen einen winzigen runden Kern und maßen nicht mehr als 0,003 mm. Wäre es nicht denkbar, dass diesen Zellen die Funktion des centralen Nerversystems zukäme? Ich neige mich um so mehr zu dieser Ver- muthung, als ich diese Zellen auch bei Chaet. larus wiederfand (Fig. 15), während das bei Chaet. larus beschriebene rundliche Organ bei Ichthydium fehlte, und gerade aesshalb seine Existenz bei Chaet.larus wiederholt in Zweifel gezogen werden muss.« Bürscaui (Nr. 24, 1876, p. 388) glaubt das Nervensystem sicher gefunden zu haben. »Ein Centralnervensystem ist nun bei beiden Arten nicht schwer nachweisbar, es liegt als eine längliche Zellenmasse jederseits neben dem Ösophagus. Dicht hinter der Mundöffnung beginnend, erstreckt es sich bis zur Anschwellung des Ösophagus (Fig. 5 und 6) (auf der Abbildung M. ScauLtze’s von Turbanella und Chaetonotus ist diese Zellenmasse am Ösophagus angegeben, in der Beschreibung geschieht des- selben hingegen keine Erwähnung). Seiner Lagerung und Gestaltung nach scheint das Nervensystem nahezu völlig mit dem von GREEFF bei Echinoderes beschriebe- nen gleichnamigen Organ übereinzustimmen, ein Umstand, der meine Deutung dieses Organs wesentlich befestigt.« FERNALD (Nr. 28, 4883, p. 4249) fand kein Ge- hirn: »Direkt über dem Ösophagus ist ein kugeliger Körper oder eine Höhle, aber ich kann nicht muthmaßen, was seine Funktion sei.« An seiner Deutung des Ner- vensystems hält Lupwiıc auch 4886 fest; er sagt Nr. 32, p. 821: »Das centrale Ner- vensystem wird wahrscheinlich durch eine über der Speiseröhre gelegene Zellen- gruppe dargestellt«. Stores (Nr. 35, 4887) bringt p. 84 nur eine Übersetzung der Bürscarı’schen Angabe. Wir haben das Nervensystem in ein centrales und ein periphe- risches zu theilen. Centralnervensystem: Das Gehirn liegt ähnlich, wie bei den Räder- thieren in Form einer Decke über dem Ösophagus. Am weitesten reicht es vorn an den Seiten hinunter; nach hinten zieht es sich an jeder Seite in einen etwas seitlich gelegenen spitzen Zipfel aus, der schon vor der hinteren Ösophagusanschwellung endigt. Indem es dem Öso- phagus dicht anliegt, füllt es die in dessen Mitte gelegene, ringsum gehende Einschnürung vollkommen aus, ohne diese Einsattelung an seiner eigenen Oberfläche mitzumachen. Die Hauptmasse des Gehirns liegt seitlich und wurde von BürscaLı als »seitliche Zellenmasse« beschrieben; verbunden werden die beiden Hälften durch die dorsale, dünnere Partie des Gehirns, welche Lupwıs gesehen und als Nervensystem gedeutet hat, indem er sie für einen zelligen Belag der Leibeswand hielt. Bei der genaueren Beschreibung wollen wir von der dorsalen Ansicht ausgehen. Zunächst fallen zwei lichte kernlose Flächen (Taf. XI, Fig. I P), welche hinter einander gelagert sind, auf. Die hintere ist nahezu kreis- rund und allseitig von Ganglienzellen umstellt. ‘Sie ist es, welche 240 Oarl Zelinka, Lupwıg den rundlichen Körper bei COhaet. larus vorgetäuscht hat, den er dort in Beziehung zum Gehirne zu bringen geneigt schien. Sie liegt gerade in der Einsattelung des Ösophagus und zeigt sich im Profil als die.von Lupwig gesehene »elliptische Linie«c. Da in ihr keine Kerne, sondern nur feine Granula zu finden sind, glaube ich sie als » Punktsub- stanz« deuten zu dürfen. Dass sie nicht etwa ein Loch im Centralner- vensystem vorstellt, erkennt man an dem Querschnitte, wo es sich erweist, dass sie ein integrirender Bestandtheil des Gehirns ist - (Taf. XI, Fig. 6 P). Das Gleiche gilt von der vorderen kernlosen Fläche; nur ist sie nicht so regelmäßig und scharf umgrenzt. Während die hintere von 13 streng symmetrisch geordneten Zellen umstellt ist, ist die Anordnung vorn weniger regelmäßig, bald sind die Kerne der einen Seite einander näher gerückt, bald treten zwei der hinteren Kerne weiter in das Feld hinein, indem sie sich von den übrigen weit trennen. Zwischen den beiden kernlosen Feldern zieht quer herüber eine Brücke von drei Reihen Ganglienzellen. Gegen die Seiten fügen sich an die beschriebenen Ganglienzellen noch mehrere oberflächlich liegende, welche ohne besondere Bedeutung sind. Am hinteren Ende ziehen sich zwei mediane Zellen in Fortsätze aus (Fig. 1 d), welche nicht weiter verfolgt werden konnten. Hinter diesen tritt schon der Ösophagus zu Tage, indem der Gehirnrand nun zu den zwei erwähnten seitlichen Zipfeln, welche tiefer liegen, herab- steigt. Stellt man das Mikroskop auf dieselben ein, so ändert sich das Bild bedeutend. Wir sehen, dass unter der oberflächlichen Deckschicht im Gehirne an jeder Seite vier Ganglien liegen. Die drei ersten zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben Kernen von gewöhnlicher Größe drei bis vier ungemein große besitzen, wodurch sie leicht in die Augen fallen. Das hinterste Ganglion hat nur gewöhnliche Kerne. Besonders wichtig erscheinen die zwei vordersten Ganglienpaare. Sie sind birnförmig, liegen mit dem bauchigen Ende in der übrigen Ge- hirnmasse und strecken ihr spitzes Ende nach vorn und zwar das erste Ganglion gegen die dorsale Seite (Taf. XI, Fig. 1 G,), wo es an der Ober- haut angelangt das vordere dorsale Büschel von Tasthaaren (aT) trägt. Das zweite Ganglion (G,) wendet seine Spitze mehr seitlich und zieht zur Einziehung zwischen den zwei lateralen Kopflappen; hier sitzen die seitlichen Tasthaare (!T) daran. Jedes dieser beiden Ganglien besteht aus gestreckten Zellen, deren schmale Enden in die Spitze des Ganglions auslaufen. Wir werden diese Zellen als Sinneszellen betrachten müssen, welche unser Interesse um so mehr verdienen, als sie einen inte- grirenden Bestandtheil des Gehirns selbst ausmachen, wir also ein Die (rastrotrichen. 241 CGentralnervensystem vor uns haben, welches zum Theil noch in der Aus- scheidung aus dem Ektoderm begriffen ist und mit ihm hier zusammen- hängt. Dies wiederholt sich noch an zwei Stellen des Gehirns. Auch für die zwei einzelnen Tasthaare nämlich, welche am Halse sitzen, sind keine vom Centralnervensysteme räumlich gesonderten Ganglienzellen vorhanden, sondern eine der oberflächlich am Gehirne liegenden Zellen, die mitten unter ihren gleichaussehenden Nachbarinnen sich befindet, trägt dieses Tasthaar. Die Zusammengehörigkeit der Zelle und des Sinneshaares ersieht man erst deutlich, wenn man die künstliche Blä- hung des Thieres einleitet. An dieser Stelle kann sich die Haut nicht so weit abheben, da sie hier mit dem Gehirne zusammenhängt, sie bil- det eine Grube gegen innen, wo das Tasthaar sitzt. Das Gehirn aber wird durch die sich entfernende Oberhaut zipfelförmig aufgehoben und erst bei zu großer Blähung ganz abgerissen. Der letzte Punkt, an dem das Centralnervensystem mit der Haut in Verbindung kommt, wird später besprochen. Das dritte Ganglion (G,) ist ellipsoidisch, der Längsachse parallel am Ösophagus gelagert und steht seitlich bauchig über den übrigen Kontour des Gehirns hinaus. Das letzte Ganglion (G,) ist dem erwähn- ten in der Form ähnlich, ist aber mit seiner Längsachse schief zur Medianlinie gestellt, indem es dem breiten Ast des seitlichen Retractor des Ösophagus ansitzt. Es liegt in dem Winkel zwischen der Gabelung des Retractormuskels, ist jedoch gegen den äußeren Ast desselben mit scharfer elliptischer Linie abgeschlossen. Diese Lage eines Gehirn- ganglions an einem Muskel erinnert an die ganz gleichen Verhältnisse bei Räderthieren, wie ich sie bei Discopus synaptae gefunden habe. Jedes dieser vier Ganglien hat vier bis fünf Zellkerne. Die ventrale Ansicht (Taf. XI, Fig. 2) zeigt uns den Ösophagus vom Gehirn nur an den Seiten und zwar nur vorn bedeckt; nach hinten zieht es sich rasch an die Seiten zurück. | Das vordere ventrale Gilienbüschel sitzt ebenfalls einer Gruppe solcher Zellen auf (G,). Weiter rückwärts tritt in der Gehirnmasse deutlicher noch als im dorsalen Anblicke das in der Muskelgabel befindliche vierte Ganglion hervor. Die Muskeln selbst sind deutlicher zu verfolgen, der lange Ast bahnt sich einen Weg zwischen den Ganglien und Ganglienzellen nach vorn, der breite kurze Ast ist fast ohne Bedeckung. In dieser Ansicht fällt dem Beschauer eine Gruppe von Zellen auf (aG), welche etwas vor dem vierten Ganglion gelegen sind und sich spitz nach hinten ausziehen. Man sieht dann eine dünne Faser von hier nach hinten laufen (N), welche mehr seitlich liegt, als der seitliche Retractor des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 16 242 Carl Zelinka, Ösophagus, in dieser Ansicht also unter demselben durchzieht und leicht bis zum Mitteldarm in die Gegend des Wassergefäßsystems ver- folgt werden kann. Dort geht sie in eine Gruppe von Zellen über, deren Kerne sich genau so färben, wie die des Gehirns und wohl Ganglienzellen sein dürften (Fig. I z). Sie schwillt in der Nähe des Endes des Ösophagus zu einer spindelförmigen Zelle an. Wir gelangen hiermit in das Gebiet des Peripherischen Nervensystems, über welches ich nicht erschöpfende Auskunft geben kann. Es lässt sich der erwähnte Nerv am Darme ent- lang nach hinten bis in den Schwanz verfolgen. In seiner Begleitung sind sechs bis sieben Ganglienzellen zu bemerken, welche an der Haut zu sitzen scheinen. Die letzte Zelle befindet sich so weit rück- wärts, dass sie in gleicher Höhe wie der Enddarm liegt. Nun entfernt sich die Faser wieder von der Haut und indem sie abermals wie am Gehirne zu einer spindelförmigen Zelle anschwillt, läuft sie schräg zu den Klebdrüsen. Dieser Nerv dürfte wohl dem Nervus lateralis der Räderthiere entsprechen. An den Muskeln des Schwanzes haften Zellen mit feinen langen nach vorn gerichteten Ausläufern, welche vielleicht ebenfalls nervös sind. Noch zu erwähnen ist die Tastzelle, welche unter dem hinteren Tasthaar zu finden ist und welche mit einem. fadenförmi- gen Fortsatze in eine Ganglienzelle übergeht, welche mehrfache Fort- sätze besitzt und wahrscheinlich mit den Schwanzmuskeln und dem lateralen Nerv zusammenhängt. Vielleicht lassen bessere Methoden auch die Fortsätze der zwei dorsalen hinteren Gehirnzellen als Nervi dorsales, wie sie den Rotatorien eigen sind, nach hinten verfolgen. | 7. Sinnesorgane. Historisches. M. ScauLtze (Nr. 9, 4853, p. 248) spricht von langen, unbe- weglichen Härchen um die Mundöffnung und fährt fort: »PErry lässt dieselben aus zwei Grübchen zur Seite des Mundes entspringen, ich habe diese nicht auffinden können.« P.H. Gosse (Nr. 48, 4864) findet als der Erste die Tasthaare, und zwar bei Chaet. larus, wo er (s. system. Theil) am Kopfe einige sehr lange feine .diver- girende Haare, welche seitlich herausstehen und sich leicht nach vorwärts krüm- men, beschreibt; er vergleicht sie treffend mit den Schnurrborsten einer Katze. Bei Chaetonotus Slackiae will er (s. system. Theil) an jeder Seite des Vorderendes des Ösophagus, in dessen äußerer Wand eingebettet, einen kleinen ovalen Fleck ge- sehen haben, der zu Zeiten eine bestimmte Färbung zu haben schien, und der ihn desshalb an die Augenpunkte der Räderthiere erinnerte. Auch bei Chaet. Schultzei (s. system. Theil) beschreibt er ovale helle Flecke, welche er für Augen hält. Bei Dasydytes antenniger (s. system, Theil) findet er ein Paar leicht gekeulter An- tennen zu den Seiten des Mundes. E. METscHnIKoFF (Nr. 49, 1864, p. 453) macht nachstehende Angaben: »Außer der schon oben hervorgehobenen Anwesenheit von Die Gastrotrichen. 343 ziemlich komplicirten Augen mit lichtbrechendem Körper bei Ichth. ocellatum sind die Sinnesorgane unserer Thiere noch durch mannigfaltig gestaltete Tasthaare ver- treten, indem wir wohl die Rückenborsten aller Chaetonotus-Arten (dievon M. SCHULTZE bei Turbanella erwähnten borstenartigen Fortsätze müssen hier gleichfalls zuge- rechnet werden), sowie die langen Borsten von Cephalidium und die am vorderen Körperende stehenden steifen Haare (Taf. XXXV, Fig. 1, I. ocellatum) als solche in Anspruch nehmen dürfen. Hierher gehören auch die beiden oben erwähnten feinen Stäbchen am Schwanzende von Cephalidium.« H. Lupwic (Nr. 23, 4875, p. 206) findet bei Chaet. larus keine Augen, wohl aber die schon von Gossz angegebenen Tast- haare (s. system. Theil), welche er in je zwei Büscheln hinter und unter einander sah; jedes Büschel hatte vier bis fünf feine Haare von 0,0162—0,0193 mm, von welchen eines die anderen häufig überragte. Jedes Büschel stand in einer seichten Grube. »Die Bewegungsweise der Haare macht auf den Beobachter durchaus den Eindruck des Willkürlichen«. Bei I. podura (p. 215, 216) beschreibt er folgende Or- gane: »Ein Gebilde aber, welches wir bei Chaet. larus nicht kennen gelernt (ob- schon es vielleicht auch dort noch nachweisbar sein wird), ist ein eigenthümliches starres Haar, welches auf dem hintersten Abschnitt des Rückens rechts und links über und vor dem Ursprung der Schwanzspitzen eingepflanzt ist (Fig. 4). Ein jedes dieser Haare, an denen ich eine Bewegung niemals beobachtet habe, steht unter beträchtlichem Winkel von der Körperoberfläche ab und ist nach hinten gerichtet. Bei einem 0,083 mm langen Individuum maß jedes derselben 0,007 mm, bei einem 0,14 mm langen 0,0096 mm. Dieselben Gebilde sind bis jetzt nur einmal bei einer verwandten Form, bei der von METSCHNIKOFF aufgefundenen Gattung und Art Cepha- lidium longisetum! gesehen worden. Dieser Forscher betrachtet es als ein Tastorgan, eine Deutung, die hier offenbar noch weit mehr in der Luft schwebt, als bei den beweglichen Haarbündeln am Kopfende. Immerhin möge für die Haarbündel am Kopfende die Bezeichnung Tasthaare festgehalten werden.« Für diese einzeln stehenden Haare schlägt Lupwıs den Namen Rückenhaare vor. »Was aber bei Ichth. podura hervorgehoben zu werden verdient, ist das Vorhandensein von Augen, d.h. wenn man wirklich berechtigt ist, ein Gebilde, welches auf dem vorderen Körperende rechts und links sich befindet, als solche anzusprechen. Dasselbe be- steht jederseits aus einem in eine nach innen sich vorwölbende Verdickung der Cuticula eingelagerten elliptischen Körper von kaum 0,0045 mm Größe. Wenn man der darunter gelegenen zelligen Masse, wie oben vermuthet, nervöse Natur zu- schreibt, dann dürfte man in diesen stark das Lieht brechenden Körpern wohl Lin- sen erblicken.« ©. BürscaLı (Nr. 24, 4876) bemerkt p. 387 bei Beschreibung der am Kopfe stehenden langen zarten Haare: »Ich wurde nicht ganz klar darüber, ob diese Haare eine selbständige Beweglichkeit besitzen, man sieht sie zwar hier und da Bewegungen ausführen, die jedoch möglicherweise nur dem durch die Cilien der Bauchseite erregten Strome zuzuschreiben sind«, und p. 388: »Von specifischen Sinnesorzanen habe ich nichts gesehen.« Bei PAGENSTECHER (Nr. 25, 4884, IV, p. 332) finden wir nur hier bereits wörtlich angegebene Daten ohne eigene Beobachtung zusammengefasst. C. H. FernaLod (Nr. 28, 4883, p. 1248) sagt Nachstehendes: »Auf dem Kopfe sind vier farbige Augen oder was Augen zu Sein Scheint, und vier Büschel von langen feinen Haaren, welche sich in der Nähe der Augen, aber ein wenig unter ihnen, erheben. Es scheinen Tastorgane zu sein, da die 'Thiere sie in beständiger Bewegung erhalten, indem sie augenscheinlich ringsum tasten, wenn 1 Soll richtig heißen: longisetosum. 16* 244 Carl Zelinka, sie sich langsam unter dem Detritus bewegen.« H. Lupwıc (Nr. 32, 1886, p. 824) giebt kurz an: »Die Tasthaare des Vorderendes sind beweglich, und stehen jeder- seits in Büscheln vereinigt, können aber auch ganz fehlen; punktförmige Augen sind nur selten vorhanden.« C. A. Stokes (Nr. 35, 4887, p. 81 und 82) giebt folgende Darstellung im allgemeinen Theil: »La ‚tete‘ renflee est, de regle, a peu pres trian- gulaire, mais avec trois ou cing lobes arrondis, les elargissements latero-posterieurs prenant origine sur la partie qui represente le cou. Le bord frontal porte quatre touffes de longs poils tactiles et vibratiles que l’animal peut mouvocir isolement ou ensemble en groupe. Sur la partie superieure du cou et a la region posterieure du corps, pres de la fourche caudale, sont quatre autres poils, deux a chacune de ces parties, plantes perpendiculairement a la surface cuticulaire, mais qui ne paraissent pas vibratiles. lls sont probablement tactiles, et n’ont pas encore, aA ce que je crois, et& observes jusqu’ici. Je les ai trouves dans toutes les especes que j’ai exa- minees.« Ferner erwähnt er bei zwei Formen, Ichth. rhomboides Stokes und Dasy- dytes saltitans Stokes, Tasthaare ; bei ersterer Species drei Büschel jederseits, unter welchen die mediane hintere Gruppe durch ihre Starrheit bei beibehaltener Be- weglichkeit an der Basis auffällt; bei letzterer Form zwei feine Tasthaare am Hinterende, welche auf je einer kleinen Papille entspringen (s. system. Theil). Über Augen finden wir im allgemeinen Theil die kritiklos von FErRNALD übernommene Angabe von den vier Augenflecken, welche STokeEs als gewöhnliches Vorkommnis bezeichnet. Er zeichnet sie von Lepid. sguammatum und erklärt, sie nicht genügend studirt zu haben. Als Sinnesorgane kann man mit Sicherheit nur Tastorgane anfüh- ren. Keine der vorstehenden Beschreibungen ist erschöpfend und voll- kommen richtig. Der Sachverhalt ist nachstehender. Der Kopf besitzt bei Chaet. mascımus Ehrb. im Ganzen acht in Paaren angeordnete Haarbüschel. An der dorsalen Seite steht je ein Büschel von drei bis vier Haaren (Taf. XII, Fig. 4 vT) ganz vorn knapp an der Grenze der Stirnkappe des von Lupwıc entdeckten stachellosen Feldes, welche sich sehr verschieden verhalten können. Bald schlagen sie leb- haft, fast nach Art der Wimperhaare nach rückwärts, bald stehen sie in sichelförmiger Krümmung starr nach vorn und ragen über das Körper- ende hinaus, um beim Schwimmen als Taster zu dienen. Das zweite Paar (hT) steht etwas weiter hinten, ebenfalls an der Stirnkappe und pflegt theils langsam tastende, theils lebhafter schlagende Bewegungen zu machen. Bei Lepid. sguammatum Duj. finden wir ganz ähnliche Ver- hältnisse, doch ist das vordere Büschel mit geringerer Zahl an Haaren ausgestattet und stehen nur zwei starr nach vorn über den Kopf hin- aus (Fig. 3 vT)). Bei kleineren Formen wie Chaet. brevispinosus mihi (Taf. XIV, Fig. 11) ist im hinteren Büschel nur ein einziges langes Haar zu sehen. Chaet. persetosus mihi hat andererseits die Eigenthümlichkeit, dass die im vorderen Büschel befindlichen Haare die längsten des ganzen Körpers sind, und auch noch die seitlichen bedeutend an Länge übertreffen (Taf. XIV, Fig. 1). Die Gastrotrichen. 245 Um das nächste Tastbüschel zu finden, müssen wir bei jenen For- men, welche einen fünflappigen Kopf besitzen, in der Einziehung zwi- schen den beiden seitlichen Lappen herabgehen und eine an der Seite gelegene Grube aufsuchen, welche von Perry und Lupwıs beschrieben worden ist. Aus dieser Vertiefung entspringen bei allen Gastrotrichen gegen fünf lange Haare (IT), welche von ungleicher Länge sind. Eines davon ist auffallend lang und erreicht bei Chaet. masximus Ehrb. 0,03125 mm, bei ZLepidoderma squammatum Duj. 0,0488 mm. Verglei- chen wir damit die Angabe Lupwie’s für Chaet. larus, so ergiebt sich ein Fallen der Cilienlänge mit abnehmender Körperlänge. Alle diese Haare können beim Schwimmen mit leicht zitternder Bewegung quer abstehend mit nach vorn gekrümmtem Ende gehalten werden, oder sie können selbst ganz lebhaft nach hinten schlagen. Beim Absterben pflegt das Thier diese Haare ganz knapp an den Leib nach hinten zu legen. Das letzte Paar von Tastbüscheln treffen wir an der ventralen Kopf- seite. Das deutlichste Bild bietet abermals Chaet. maxıimus Ehrb., wo diese Haare auf einem kleinen Kegelstutze jederseits hinter dem Munde eingepflanzt sind (Taf. XIII, Fig. 1 vCi). Merkwürdigerweise verhalten sich nicht alle Haare gleich, sondern drei der vordersten zeichnen sich darin vor den übrigen aus, dass sie ähnlich wie die vordersten dorsa- len mit sichelförmiger Krümmung starr nach vorn über den Körper hinaus gehalten werden, während die übrigen lebhaft gleich Flimmer- cilien nach hinten schlagen können. Für den nicht eingehenden Beob- achter scheinen dann die dorsalen und ventralen sichelförmigen starren Haare einen kontinuirlichen Haarkranz um den Mund zu bilden, wie ihn die älteren Forscher beschreiben. Lepid. sgquammatum Duj. besitzt ventral ganz ähnliche Einrichtung, nur dass der Kegelstutz nicht deut- lich wird (Taf. XII, Fig. 1vCı). Eine Vereinfachung kann jedoch bei kleineren Formen eintreten; so hat z. B. Chaet. persetosus mihi an Stelle der drei nur ein einziges nach vorn gerichtetes Haar (Taf. XIV, Fig. 3 7). / Warum ich die im Vorstehenden beschriebenen Haare trotz ihrer mitunter lebhaften Bewegung für Tastorgane erkläre, hat seinen Grund erstens in der Bestätigung, welche diese Annahme durch die Beobach- tung lebender Gastrotrichen erfährt, indem diese, wenn die beschrie- benen nach vorn und seitlich vom Körper abstehenden Haare von Fremd- körpern berührt werden, sofort darauf reagiren, und zweitens, indem diese Haare auf Zellen sitzen, welche als Sinneszellen angesehen werden müssen, und mit dem Gehirne in unmittelbarem Zusammenhange stehen, wie beim Nervensystem beschrieben wird. Endlich giebt es Formen, 246 ‚Carl Zelinka, wie Leptdoderma rhomboides Stokes (Taf. XV, Fig. % a), deren ventrale Haare auffallend starr sind und gewiss nur mehr. der Tast- und nicht der Flimmerfunktion zu dienen haben. Jedenfalls ist ihre Doppelfunktion sehr auffallend; zumal en sich darin die ventralen Haare aus, welche zum einer Theil fakulta- tiv als starre Sinnesborsten, zum größeren Theil als aktive Flimmer- haare benutzt werden, was eben so wie die Beziehungen der Sinnes- zellen und des Gehirns unter einander auf einen tiefen Entwicklungs- stand hinweist, in welchem eine weitergehende Differenzirung noch nicht stattgefunden hat. Zu den besprochenen Organen kommen noch die am Halse und am Rumpfe stehenden Einzelhaare hinzu. Wir sehen, dass der von Lupwie dafür vorgeschlagene Name Rückenhaare nicht bezeichnend ist, da der Rücken des Kopfes ebenfalls Haare trägt, welche mit gleichem Rechte auf diese Bezeichnung Anspruch machen könnten. Lupwıc’s Angaben über diese Haare sind zwar unvollständig, doch irrt Stoxzs, wenn er glaubt, dass vor ihm Niemand diese Haare gesehen habe. Die vor ihnen angege- bene Vierzahl ist jedoch nur für die großen Formen geltend; kleinere, wie Ohaelonotus brevispinosus mihi (Taf. XIV, Fig. 11) und Ichth. podura 0. F. Müll. (Taf. XIV, Fig. 15) besitzen auch am vorderen Kopfende ein Paar solcher Tasthaare, welche sich von den übrigen daselbst stehen-. den Haaren durch ihre Richtung und meist gerade Form auszeichnen. Beide Forscher beschreiben diese Haare als starr, was durchaus nicht zutrifft. Vielmehr bewegen sie sich, langsame Wellen laufen durch den Faden bis zur Spitze, auch eine peitschenartige, aber höchst träge Bewegung kann am Haare auftreten; mitunter bewegt sich das ganze Haar auf und nieder, legt sich an den Leib an und richtet sich wieder auf. Während die großen seitlichen Haarbüschel in Konservirungs- flüssigkeiten ihre Länge und Form verändern, trifft man diese konsi- stenteren Haare in den Präparaten wohl erhalten. Die Richtungsände- rung der Haare erklärt auch die Differenz der Angaben von Lupwıc und Stokgs, die Haare können sowohl senkrecht als schief auf der Haut stehen. Diese vier Haare sind so wie die Haarbüschel des Kopfes kon- stant bei allen Gastrotrichen zu finden, und wir werden in ihnen einen tieferen Werth zu suchen haben. Ihre Vertheilung ist von Srokzs richtig angegeben, sie stehen am Halse und am Hinterende. Dort wo Schuppen und Stacheln auftreten, sind für sie eigene Schuppen mit einer Schutzvorrichtung ausgebildet, wie im Kapitel »Haut« beschrieben wird. An beiden Orten ist ihr gewöhnlicher Platz bei den von mir wake suchten Arten von Chaetonolus und Lepidoderma in der dritten Längsreihe Die Gastrotrichen. 247 der Schuppen (von der medianen Reihe aus gerechnet) gelegen, bei Ich- Ihydium an einer entsprechenden Stelle. Eine Chaetonotusart ohne Schuppen zu’ untersuchen hatte ich keine Gelegenheit, doch wird dieses Genus wohl schwerlich von der durchgehenden a eine Ausnahme machen. Die hinteren Haare, welche schon an den starken hinteren Abhang des Rumpfes zu liegen kommen, sind länger als die vorderen‘ und messen z. B. bei Ohuet. brevispinosus mihi 0,0425 mm gegen 0,01 mm der am Halse befindlichen. Am lebenden Thiere ist unter jedem Haare eine körnchenreichere Plasmaansammlung zu sehen. METSCHNIKOFF will, wie angeführt, auch die’ Stacheln des Rückens bei den Gastrotrichen als Tasthaare ansehen, was nicht zulässig ist; diese Stacheln können, wie im Kapitel »Haut« ausgeführt wird, wohl als Schutzorgane, welche in ihrer Derbheit den eigenen Körper vor Annäherung fremder Körper behüten, gelten, nicht aber als empfind- liche Sinneshaare; damit das Thier den Druck, der auf die Stacheln ausgeübt wird, empfinden kann, muss derselbe so stark sein, dass: die Haut eine bedeutende Formveränderung durch den niedergepressten Stachel erfährt, sonst fühlt sich das Thier nicht veranlasst seine Stel- lung zu ändern. Wir kommen nun zu einem u Punkte der Anatomie; es sind dies die »Augen« der Gastrotrichen. Augen werden besehrichön bei Chaet. Slackiae Gosse, Chaet. Schulizeı Metschn., Lep. sguammatum Duj., Lep. ocellatum Metschn. und Chaet. brevispinosus mihi. Davon kann Chaet. Slackiae Gosse gar nicht in Betracht gezogen werden, da ein heller Fleck in der äußeren Wand des Ösophagus, wie Gossr es be- schreibt, unmöglich als Auge angesehen werden kann, sondern offen- bar einer der bei starker Quetschung oder lang andauernder Unter- suchung überhaupt leicht sichtbar werdenden Kerne der vorderen Speicheldrüsen oder eine Vacuole ist. Lep. sguammatum hat, wie ich aus eigener Anschauung weiß, gar keine lichtbrechenden Flecke, daher die diesbezügliche Angabe von Stores als Irrthum bezeichnet werden muss. Chaet. Schultzei besitzt nach Gossr’s Angabe und Bürscarri's Zeich- nung am Vorderende zwei stärker lichtbrechende Körperchen (Taf. XV, Fig. 1), von welchen wir nichts weiter wissen. Bürsentt hielt sie nicht für Augen. Bestimmte Beschreibung giebt nur Lupwis von Zep. ocella- ium Metschn. (Taf. XV, Fig. 19), doch muss auch er es für zweifelhaft halten, bier von Augen zu sprechen. FernaLv’s Behauptung, dass sein Chaet. larus (unser Chaet. brevispinosus) vier farbige Augen besitze, ist auf das zurückzuführen (bezüglich der Größe und Lage verweise ich auf die im system. Theile bei Chaet. brevispinosus gemachten Angaben), J48 Carl Zelinka, dass vier paarweise vertheilte Körper von stärkerer Lichtbrechung mit vielen dunklen Körnchen ausgestattet sind, welche Körnchen nament- lich am Rande dicht gehäuft stehen, in der Mitte aber lichte Stellen frei lassen (Taf. XIV, Fig. 41 y). Allerdings liegen diese Flecke dem Ge- hirne dicht an, und es liegt nahe, ihnen eine lichtempfindende Funktion zuzuschreiben, und zwar mit größerer Berechtigung, als den licht- brechenden Körpern bei Lep. ocellatum oder Chaet. Schultzei, wo zwar Linsen, aber kein Pigment entwickelt sein soll; nun weisen unsere Er- fahrungen aber darauf hin, dass die niedersten Augen einfache Pigment- flecke, Linsen auf denselben aber schon bedeutend höhere Komplika- tionen sind. Linsenartige Körper ohne Pigment dürfen aber kaum als Augen gedeutet werden. Wir werden daher, wenn wir bei Gastrotri- chen von Augen sprechen wollen, höchstens die vier dunklen Flecke von Chaet. brevispınosus mihi in Erwägung ziehen. | Vermuthungsweise können wir auch die keulenförmigen gekrümm- ten Tentakeln von Gossea antenniger Gosse (Taf. XV, Fig. 7) als Sinnes- organe, und zwar Tastorgane bezeichnen. 8. Muskelsystem. Historisches. M. ScuuLtze (Nr. 9, 1853, p. 249) fand keine Muskeln, »weder in der Haut noch im Parenchym des Körpers«. Nicht glücklicher war METSCHNIKOFF (Nr. 19, 4864, p. 453): »In diesem Parenchym konnte ich eben’ so wenig wie meine Vorgänger etwas von Muskeln und Nerven auffinden. Obgleich diese Beobachtun- gen an sich noch keineswegs die Anwesenheit derartiger Gebilde ausschließen, so scheint doch ihre Abwesenheit nichts Unnatürliches darzubieten. Es ist ja zur Genüge bekannt, dass ganz junge der differenzirten Gewebe einstweilen noch vollständig entbehrende Embryonen im Stande sind, dieselben Bewegungen zu vollziehen, die sie im entwickelten Zustande mittels echter Muskeln ausführen.« BürscaLı be- schreibt (Nr. 24, 4876, p. 388, 389) ein Muskelsystem: »Ein Hautmuskelschlauch findet sich entschieden nicht; dagegen bemerkt man bei Chaet. maximus an günsti- gen Objekten, namentlich in der Gegend des Ösophagus und des Schwanzes, ziem- lich ansehnliche, mehrfach verästelte Zellen, die sich an die Leibeswände und inne- ren Organe anheften, und die ohne Zweifel kontraktiler Natur sind. Namentlich deutlich sah ich eine ganze Anzahl derartiger Zellen um den Ösophagus und den Beginn des Darmes, und dann je zwei jederseits am Hinterende des Darmes, die je einen Fortsatz in den entsprechenden Furcalanhangsenden, und durch deren Kontrak- . tion die Bewegungen dieser Anhänge, die man häufig zu bemerken Gelegenheit hat, vermittelt werden. Übrigens glaube ich auch Anzeichen von der Hypodermis an- liegenden Längsmuskelfasern gesehen zu haben (Fig. 6 x), und ferner bemerkte ich nicht selten jederseits vom Hinterrande des Centralnervensystems einen Strang nach hinten und den Seiten verlaufen, der bis in die Mitte des Rumpfes zu verfol- gen war (Fig. 5). H. A. PAGEnsTECHER (Nr. 25, 1884, IV, p. 332) lehnt sich ganz an BürscaLı an: »Die Leibesmuskulatur bildet bei allen gedachten Gruppen nicht mehr einen Hautmuskelschlauch, oder doch die in dessen Allgemeinheit fallenden cirkulä- ren und longitudinalen Fasern kaum merklich oder sehr lückenhaft im Vergleiche mit Die Gastrotrichen. 2349 denjenigen Muskeln aus, welche auf bestimmte Theile sich beziehen, den Radappa- rat oder andere Kopfausrüstung, den Schwanzanhang oder Fuß, die Chitinstücke der Segmente von Echinoderes, die Furcalborsten. Sie (die Leibesmuskulatur) ist nach BürscaLı bei Chaetonotus nur durch einzelne, mehrästige, große kontraktile Zellen vertreten. Vielleicht sind das die gleichen Elemente, welche Leypic bei Räder- thieren für Bindesubstanz erklärte. Durch die Hautkontraktionen können die Rückenhaare gesträubt werden.« Auch A. C. Stokes (Nr. 35, 4887) hat keine eigenen Beobachtungen gemacht und führt nur die Beschreibung Bürtschur's an. Die Gastrotrichen besitzen ein wohlentwickeltes und theils an der Haut anliegendes, theils in der Leibeshöhle ausgespanntes Muskel- system. Es hat mit den von BürscaLı gesehenen »kontraktilen « Zellen keinen Zusammenhang; letztere sind vielmehr ein Kunstprodukt, ent- . standen bei eigenen Verhältnissen, wie im Kapitel »Methoden« dargethan ist. Die verästelten Zellen kommen in gesunden lebenden oder vor- sichtig konservirten Thieren niemals vor, sie sind eben nichts Anderes als die geschrumpften, kompakter und fast homogen gewordenen Drüsen-, Ei- und Nervenzellen, welche noch mit Fortsätzen an einan- der hängen. Die Muskeln sind nur in Form von paarigen Längsbändern vorhanden. Es giebt im Ganzen sechs Paare solcher Bänder, von wel- chen ein Paar nur für den Endtheil des Schwanzes bestimmt ist. Die Theilung in Haut- und Leibeshöhlenmuskeln lässt sich wie bei den Räderthieren auch hier durchführen, nur sind die Hautlängsmuskel, welche schon bei Räderthieren wie Discopus synaptae mihi am Bauche ganz fehlen können, sowie dort nur durch ein einziges dorsales Paar repräsentirt, welches der Haut dicht anliegt. Dieses Paar (Taf. XI, Fig. 15 Rm) verläuft nur im mittleren und hinteren Theil des Rumpfes; jedes Band theilt sich bald in zwei, von welchen das äußere im Bogen abweicht, um sich aber am hinteren Abhange des Rumpfes wieder zu nähern. Wenn nun der äußere Schenkel an den gerade weiter ver- laufenden wieder herangetreten, hört er knapp neben ihm schief ab- geschnitten auf, während der andere noch ein Stück bis an den Anfang des Gabelfußes herabzieht. Ein Muskelkörperchen war nicht zu sehen. Im Gastrotrichenkörper giebt es keine Quer- oder Ringmuskel. Die Leibeshöhlenmuskel halten zwei verschiedene Richtungen ein, zwei Paare laufen nach vorn, zwei nach hinten. Von den vorderen Muskeln ist ein Paar seitlich gelegen (Taf. XI, Fig. 1, 2,3 R) und ent- springt etwas hinter dem Darmanfange an der Haut, geht schräg nach innen, und theilt sich in einen schwächeren äußeren und stärkeren inneren Ast. Der letztere (R,) geht in der früheren Richtung weiter und inserirt mit einem gabeligen Ende am Ösophagus, etwas vor dessen Mitte, indem die Enden den Ösophagus zum Theil umgreifen; er zieht den Ösophagus zurück. Diesen Ast hat Bürscnzi gesehen, als er von 250 Carl: Zelinka, dem »Strang« sprach, der vom Hinterrande des Gentralnervensystems abgehen sollte. Der äußere läuft im spitzen Winkel nach vorn und geht zwischen den ventralen Ganglien des Gehirns ganz an das Vor- derende (R,). Er setzt sich an die Basis des Mundrohres an, um es zurückzuziehen und zugleieh das Vorderende zu kontrahiren. Vielleieht ist dies die von BürscaLı mit & bezeichnete Faser: mit Sicherheit lässt sich hier nichts entscheiden, da bei Blähung des Thieres die verschie- densten pathologischen Veränderungen der Organe auftreten, und dieser von BürscaLı gesehene Streif auch auf Hypodermisreste zurückgeführt werden könnte. Das zweite Paar der vorderen Muskeln ist ventral zu finden (Taf. XI, Fig. 3 vM). Es entspringt etwa in der Mitte des Dar- mes an der ventralen Haut und setzt sich an den Ösophagus an, etwas. hinter dessen Mitte. Ein wenig umgreifen auch diese Muskeln’ den- selben. Zu einander laufen sie parallel. Die hinteren Muskeln sind in drei Paaren vorhanden. Das eine Paar entspringt knapp hinter dem Ursprunge des seitlichen Retraetor des Vorderendes und zieht an der Seitenwand bis zur Bäsis des Gabel- fußes (Fig. 3 AS); hier endet es wieder an der Haut. Das ventrale Paar hat bei Chaet. maxcimus und persetosus seinen Ursprung am ventralen vorderen Muskel, und zwar stoßen beide Muskel mit schief abgeschnit- tenen Enden zusammen; bei Chaet. brevispinosus verbreitern sich die Enden wie bei den Räderthiermuskeln und hören quer abgeschnitten in einiger Entfernung von einander auf. Sie ziehen an der Bauchseite parallel zu.einander gegen den Gabelschwanz und theilen sich hier in je zwei aus einander laufende Ästchen (Fig. 3, 4 ARM). Das äußere geht gleich an die seitliche Körperwand, das innere läuft über die Schwanz- drüsen hinweg und setzt sich 'ventral gerade vor dem Fußeinschnitte an der Haut fest. Diese Muskeln verkürzen das Hinterende im Allge- meinen. Die Endtheile des Schwanzes werden von einem eigenen Muskel (Fig. 3, 4 Schm), der an der Seitenwand vor der: Schwanzbasis ent- springt, geh Er geht an den Anfang der Endröhre und setzt sich an der äußeren Seite an. Die eigenthümlichen zangenartigen Bewe- gungen sowohl, als auch das Einschlagen der Zehen nach der Ventral- seite werden durch diese Muskeln ausgeführt. Die Leibeshöhlenamugkeit besitzen Muskelkörperchen. | Die hier geschilderten Leibeshöhlenmuskeln kamen allen von mir gefundenen Arten von Chaetonotus, Lepidoderma und Ichthydium zu. Sie lassen sich in ihrer Anordnung mit den Räderthiermuskeln vergleichen. Wir haben gleichfalls eine Trennung in zwei Gruppen, nur dass die der vorderen, der veränderten Bewegungsart entsprechend, Die Gastroteichen. 251 jene mächtigen Räderorganmuskeln vermissen lassen, und dafür zwei Paare der Beweglichkeit des Ösophagus und damit des Vorderendes dienen. Die hintere Gruppe entspringt, gleich.wie bei den Räderthieren, den Insertionen der vorderen Gruppe anschließend, und zieht an die Basis des Fußes. Auch die bei den Philodiniden vorhandenen dorsalen zwei Längs- muskeln der Haut finden wir bei den Gastrotrichen wieder. Die Muskulatur der Gastrotrichen unterscheidet sich von der der Retatorien nur durch Höhe, nicht aber durch die Art der Ausbildung. Auch hier sind nur kontraktile Faserzellen, welche theils an der Haut anliegen, theils durch die Leibeshöhle laufen, ausgebildet. 9. Verdauungskanal. Historisches. Ganz allgemeine Angaben finden wir bei C. G. EHRENBERG {Nr. 4, 4838, p. 387). »Ein einfach konischer Darm mit langem dünnem Schlunde ohne Zähne (?) des Mundes findet sich bei Ichthydium und Chaelonotus.« »Pankrea- tische Drüsen sind nur bei Chaetonotus beobachtet. Blinddärme und Gallengefäße fehlen«; ferner bei M. Scuurtze (Nr. 9, 4853, p. 248): »Der Darmkanal liegt an der Bauchseite und beginnt mit einer kreisrunden, an der vorderen Körperspitze ge- legenen Mundöffnung«, bei L. C. SchmarDaA (Nr. 44, 4861, I, 2, p. 7): »Der Darm ist einfach schlauchförmig«. Bei E. METSCHNIKOFF (Nr. 49, 4864, p. 453): »Der Ver- dauungsapparat ist bei allen Ichthydinen ganz gleich gebaut«, bei H. Lupwiıe (Nr. 23, 4875, p. 198): »Der Darmkanal verläuft im Allgemeinen gestreckt von vorn nach hinten in der Mittellinie des Thierkörpers, der Bauchfläche etwas mehr genähert als dem gewölbten Rücken. Es lassen sich an demselben zwei Haupttheile unter- scheiden : die Speiseröhre oder der Vorderdarm und der Magen oder Hinterdarm. H. A. PAGENSTECHER (Nr. 25, 4877, II, p. 90) giebt eine Zusammenstellung der frühe- ren Beobachtungen ohne eigene Beobachtungen. H. Lupwic (Nr. 32, 4886, p. 824) sagt: »Mund am Vorderende, aber bauchständig, mit einer vorstoßbaren Mund- kapsel ; Speiseröhre und Darm ähnlich wie bei den Nematoden gebaut, erstere mit dreikantigem Lumen, muskulöser Wandung und meistens mit hinterer Anschwel- lung, letzterer ohne Muskulatur und ohne innere Wimperung; After hinten an der Bauchseite, kurz vor der Gabelung des Hinterendes.« Wir werden den Verdauungskanal in folgenden. Abschnitten be- sprechen: I) Mund, 2) Vorderdarm oder Ösophagus, 3) Mitteldarm oder Magendarm, 4) Hinterdarm mit Rectum und Anus, und werden die spe- ciellen Angaben an den betreffenden Punkten anführen. Unter den einzelnen Formen findet hinsichtlich dieses Organsystems große Über- einslimmung statt, so dass Merscunikorr von vollkommener Gleichheit sprechen konnte, die Unterschiede beziehen sich nur auf den Mund- ring, Länge des Vorderdarmes und die euticuläre Auskleidung dessel- ben. Der Verdauungskanal erstreckt sich von der ventralen Mundöff- nung am Vorderende bis zum dorsalen After am Hinterende als ein serades Rohr, welches nur an beiden Enden eine Knickung erleidet. 252 Carl Zelinka, Am geschlechtsunreifen Thier liegt der Verdauungskanal namentlich im hinteren Theil in der Mitte der Leibeshöhle, nur bei entwickeltem Eie wird er durch dasselbe ventral verlagert und oft auch seitlich aus- gebogen, büßt daher auch seine gerade Form ein. a. Mund. Historisches. C. G. EHRENBERG (NT. 4, 4838, p. 389) beschreibt für Chaeto- ..notus: »Zur Ernährung dient ein röhrenartiger, vielleicht mit einem Zahncylinder, bei Chaet.larus mit acht Zähnen ausgelegter Mund.« Bei Ichthydium fragt er: »Giebt ‘es im Munde vielleicht einen zuweilen vorgestreckten Cylinder von stäbchenartigen Zähnchen % F. Dusarpın (Nr. 3, 4844, p. 569) lässt bei I. sguammatum (s. system. Theil) den Mund von einem Ringe begrenzt sein, der bisweilen von vier bis fünf kleinen Papillen umgeben war. M. ScuuLtze (Nr. 9, 4853, p. 248): »In der Mundöff- nung liegt eine im Kreise fein gefaltete oder mit kleinen Vorsprüngen (Zähnchen Ense.) besetzte Membran, welche als kurze Röhre ein wenig vorgestreckt werden kann.« P.H.Gosse (Nr.18,14864) hat bei seinen Formen die Streifung des Mundringes nicht gesehen, er spricht nur von einer bei Chaet. larus und Schultzei leicht vorstreck- baren, bei Das. goniathrix und antenniger immer vorgestreckten Röhre. E. MEtscH- ‚NIKOFF (Nr. 49, 1864, p. 453) sagt: »Die am Vorderende, resp. an der Bauchfläche des Körpers sich befindende Mundöffnung ist mit einem Chitinringe umgeben, der bei einigen Chaetonotus-Arten (Taf. XXXV, Fig. 7 B) als ein mit vertikalen Leisten (Verdickungen) versehener Körper erscheint. Bei Cephalidium ist die Mundöffnung auf einer hervorragenden Platte (Fig. 4 o) eingelagert, ohne dabei einen Mundring zu zeigen.« H. Lupwıc (Nr. 23, 1875, p. 198—199), »die Mundöffnung, welche in den Ösophagus hineinführt, liegt im Grunde einer Grube an der Bauchseite und ziem- lich nahe dem Vorderende des Thieres. Die Wandung dieser Grube ist gebildet ‘von der Fortsetzung der den ganzen Körper überkleidenden Cuticula. Der Rand der Mundgrube besteht aus einer ringförmigen Verdickung der Cuticula, dem Mundringe.« »Bei letzterem Thiere (Chaet. larus) wird der Mundring bald vorge- stoßen und ragt dann über das Niveau der Körperoberfläche hinaus, bald wird er zurückgezogen.« H. Lupwıc vergleicht sodann den vorgestoßenen Mundring mit dem nach METSCHnIKOFF auf einer rüsselartigen Verlängerung angebrachten Munde von Dasydytes longisetosum Metschnikoff und sagt, dass bei vorgestoßenem Mund- ringe bei Chaet. larus von den leistenförmigen Verdickungen der Innenseite des- selben nichts zu bemerken sei, wesshalb er die Leisten nicht als feste Gebilde, 'sondern als den optischen Ausdruck von Falten ansehen möchte. Mit dieser An- ‘sicht stimme auch überein, dass das Lumen des retrahirten Mundringes kleiner als das des vorgestoßenen sei. Das Vorstoßen werde nicht durch besondere Muskeln, sondern passiv durch die Kontraktion des Ösophagus bewirkt. Am Grunde der Mundgrube liegt die dreilippige Mundöffnung, mit einer kräftigen dorsalen und zwei schwächeren lateralen Lippen. Diese Form des Mundes habe für die syste- matische Stellung der Gastrotrichen Bedeutung. Wie im system. Theile bei Chaet. Schultzei angeführt ist, lässt O. Bütscauı (Nr. 24, 4876, p. 388) die Mundöffnung in eine geräumige schüssel- bis röhrenförmige Mundhöhle mit längsgerippten Wän- den übergehen. »Innerhalb derselben befindet sich ein einfacher Kranz hakenför- mig gekrümmter Borsten, die für gewöhnlich in der Mundhöhle verborgen sind, die jedoch, sobald man das Thier einigem Drucke unterwirft, hervortreten, indem sich gleichzeitig die Mundhöhle verflacht und erweitert« (Fig. 4 und 7). »Es kann Die Gastrolnichen. 253 keinem Zweifel unterliegen, dass diese durch Druck hervorgerufene Ausstülpung der Mundhöhle mit dem Hervortreten der Borsten von dem Thiere willkürlich aus- geführt werden kann, ähnlich wie dies auch von den Echinoderen geschieht.« C. H. FernaLn (Nr, 28, 1883, p. 1248) weiß nichts Neues zu sagen. A..C. STOkESs (Nr. 35, 4887, p. 81) schildert diese Verhältnisse so: »La bouche a une struc- ture plus compliquee qu'il ne semble au premier coup d’oeil. Elle est entournee d’un cercle lisse qu’on peut appeler l’anneau oral, quelquefois &eleve au dessus de la surface generale, et entourne encore par une Serie de cils soyeux, non vibratiles. L’anneau oral est si profondement strie verticalement que, sur une vue directement ventrale, il semble bord€ par un rang de grains, et des inter- valles entre ces grains, ou des sillons verticaux, les soies orales paraissent sortir. Les poils sont visibles dans toutes les especes que j’ai examinees. Les grains de l’an- neau oral sont tres petits, chez certaines formes; chez d’autres, ils manquent com- pletement. Chez toutes, les cils sont la cause d’une interessante illusion d’optique. Qu/ils se projettent en avant de l’anneau oral, plus ou moins perpendiculairement au plan ventral, ou ne peut le determiner positivement que quand l’animal est vu de profil. On les voit alors formant bien nettement projection (pl. II, fig. 21, 22 et 23), et l’animal parait pouvoir modifier leur position, au moins rapprocher et eloigner leurs extremites distales. Dans l’oeuf, avant le developpement complet de l’embryon, ces cils pr&esentent un aspect fascicule semblable a ce qu’on voit dans la pl. 11, fig. 35, disposition qui n’est pas rare chez les adultes, libres nageurs. Mais quand on examine l’animal la surface ventrale en dessus, l’anneau oral semble ferme par une membrane convexe, perc&e d’une petite ouverture centrale, et for- tement striee. Cette fausse apparence se voit dans la pl. I, fig. 5 et dans la pl. II, fig. 47. Elle est probablement causee par les extr&mites rapproche&es des cils, comme on le voit pl. Il, fig. 35. L’ouverture orale proprement dite est en dedans et au dessus de ces cils; c’est un orifice circulaire muni de levres un peu protrac- tiles, a l’aide desquelles, et par l’extention subite de l’oesophage, les particules ali- mentaires sont saisies.« Mehr oder minder »geperlte« Mundringe findet er bei Chaet. spinifer, Chaet. formosus, similis, Ichth. sulcatum, Lep. rhomboides, sgquamma- tum, nicht »geperlt« sei er bei Chaet. acanthophorus. Bei Das. saltitans, welcher wie Chaet. formosus Stok. ein Kopfschild besitzt, liegt der Mund, ebenfalls von einem Mundringe umgeben (ob gestreift, wird nicht gesagt), fast apical, also knapp unter dem Schilde. Obwohl Lupwie’s Beschreibung von sorgfältiger Untersuchung zeugt, ist sie so wenig wie die der übrigen Forscher erschöpfend und vollstän- dig richtig. Der erste Augenschein lehrt, wie bei den größeren Gastrotrichen leicht erkannt werden kann, dass eine chitinige Röhre am ventralen Vorderende des Körpers schräg nach vorn und abwärts vorspringt, welche wir als Mundröhre bezeichnen wollen. Diese Röhre findet man, wenn man sich über ihre Lage orientirt hat, auch bei den übrigen Ga- strotrichen wieder, nur dass ihre Länge und die Art der Ausbildung, je nach der Species, etwas wechselt. Bei Ch. maximus Ehr. und Lepido- derma squammatum Duj. sind folgende Verhältnisse zu konstatiren. Die Mundröhre ist konisch, mit verjüngtem freien Ende und stößt nach 254 Garl Zelinka, oben direkt an die Stirnkappe an. Sie scheint mit Kräftigen, in gleichen Abständen angeordneten Längsleisten versehen zu sein (Taf. XII, Fig. 1; Taf. XII, Fig. 1). Aus der Mitte der Röhre ragen zierlich im Kreise ge- ordnete nach außen gebogene Borsten hervor (Bo). Die bei tiefer Ein- stellung dunklen Längsleisten scheinen in kurzer Entfernung vor dem Rande rundlich aufzuhören, so dass helle Zwischenräume durch bogen- artige Stücke verbunden zu sein scheinen und mit kurzen Worten ge- sagt, ein Bogengang von hellen Säulen mit dunklen Zwischenräumen gesehen wird. Bei hoher Einstellung sind umgekehrt die Leisten hell. Die Röhre kann vorgestreckt werden, was sehr rasch vor sich geht, so dass eine sichere Beobachtung in der kurzen Zeit nicht gemacht wer- den kann; an Präparaten jedoch, an welchen das Mundrohr zufällig weit vorgestreckt war, zeigte es sich, dass die Längsstreifung nicht ver- schwunden. war, sondern immer, wenn auch kürzer geworden, sich als erkennbar erwies. Der den einzelnen verbindenden Bogenstücken ent- sprechend eingeschnittene freie Rand des Rohres besaß über jedem Bogen zwei feine zackenartige Erhebungen. In der Seitenansicht (Taf. XI, Fig. 11) zeigt es sich, dass die Wand des Rohres (Mr) kein einfacher, verdickter Ring, wie bisher beschrie- ben wurde, sondern doppelt ist. Die Cuticula der Stirnkappe und der Umgebung des Mundes geht unmittelbar in eine Lamelle über, welche die äußere Wandung des Mundrohres bildet und am freien Rande nach innen umbiegt. Dann läuft sie ihrer früheren Richtung parallel aber entgegengesetzt ventral als eine dicke, dorsal als dünne Wand zurück an den Grund des Mundrohres und geht hier in die euticulare Aus- kleidung des Mundes über. In dem Winkel, wo die innere Wand des Rohres mit dem Grunde zusammenstößt, entspringen die Borsten (Bo), welche demnach zuerst im nach außen konvexen Bogen gegen die Mitte ziehen und von da im konkaven Bogen nach außen sich krümmen. Nicht bei allen Gastrotrichen finden wir es so; bei Chaet. brevispinc- sus mihi ist im Gegensatz überall die äußere Wand verdickt, während die innere sehr fein erscheint. Hier fehlen auch die Längsleisten des Rohres, oder sind sehr schwach entwickelt, das Mundrohr ist hier über- haupt sehr kurz. Sind die Längsleisten wirklich als solehe vorhanden oder nur, wie Lupwıe vermuthete, der Ausdruck einer Faltenbildung? Diese Frage zu lösen gelingt nur, wenn man eine direkte Daraufsicht auf die Mund- röhre gewinnen kann. Hier erweist es sich mit aller Sicherheit, dass Lupwıe mit seiner Ansicht Recht hatte; die innere starke Wand ist in Form einer Krause gefaltet, jede Falte gleicht der anderen; ich versuchte dies in Taf. XI, Fig. 10 darzustellen. Allerdings ist diese Zeichnung De EEE Die Gastrotrichen. 255 des Mundrohres nur gewissermaßen schematisch aufzufassen, da ich die äußere Wand wegließ; durch den umgebogenen oberen Rand ent- stehen eben die früher beschriebenen optischen Täuschungen von vor dem Rande aufhörenden Leisten und den Bogengängen. Ganz richtig ist es auch, dass das Mundrohr nur passiv durch den Ösophagus verschoben wird. Indem sich die Mündung des Öso- phagus, welche wir mit früheren Autoren Mund nennen wollen, erweitert und vorgeschoben wird, wird die innere gefaltete Wand des Mundrohres mit nach vorn verrückt; da sich aber die äußere Wand nicht mit verschiebt, so muss die innere allmählich zur äußeren werden, sie muss sich um so mehr nach außen stülpen, als der Mund nach vorn wandert. Damit muss aber die innere Wand von einer kleineren in eine größere Peripherie sich ausdehnen. Dies wird nur durch die Fal- telung der inneren Membran ermöglicht, indem durch diese Einrichtung eine Erweiterung der Peripherie gestattet ist. Je mehr der Mund vor- geschoben wird, um so mehr muss auch von den Falten verschwinden, um so kürzer werden sie. So ist dieses Verschwinden der Falten zu erklären und nicht durch eine einfache Erweiterung eines gefalteten »Mundringes«. Die früher erwähnten Zacken am freien Rande der Röhre führe ich auf sekundäre Fältelung zurück, die an den Präpa- raten durch die Schrumpfung der Gewebe eintritt. Dies ist der Bau des von EnrengerG als Zahncylinder bezeichneten Gebildes. Die Borsten bilden vermöge ihrer Stellung eine gut schließende Reuse, welche den Wiederaustritt der erfassten Nahrung verhindert. Beim Erweitern und Vorstoßen des Mundes wird jede Borste an ihrer Basis etwas nach außen gedreht, dadurch der Eingang für die Nahrung zwischen ihnen in der Mitte erweitert; beim Zurückziehen gehen die Haare in die ursprüngliche Lage zurück. Sie sind, wie die Mundröhre selbst, nur passiv beweglich. | Die Mundöffnung wurde schon von Lupwig richtigerweise als drei- eckig bezeichnet. Sie ist ein allmählich in das Lumen des Ösophagus übergehender Trichter, dessen Wände einige deutliche chitinige, sich nach hinten allmählich verlierende Längserhebungen haben, welche man als Zahnleisten bezeichnen kann (Fig. 10 Zu). b. Vorderdarm (Ösophagus). Historisches. C. G. EurENBERG bezeichnet ihn (Nr. 1, 1838, p. 387, 388 und 389) bei Ichthydium und Chaetonotus als einen »langen dünnen Schlund«. M. SCHULTZE (Nr. 9, 4853, p. 248): »Die kurze, sehr muskulöse Speiseröhre gleicht ganz der von ‚Turbanella; sie hat die Länge von über 1/3 des Körpers«. L. C. Scumarpa (Nr. 14, 1861, I, 2, p. 8) sagt für Chaet. tabulatus, dass der Vorderdarm zwei Stäbchen wie 256 Carl Zetinka, Rudimente von Kiefern habe. Gosse (Nr. 48, 4864) beschreibt bei Chaet. larus, mazximus, Schultzei und Lep. sguammatum einen Pharynx oder Ösophagus von sehr dicken, durchsichtigen Wänden; bei Das. antenniger soll derselbe sehr breit, bei Das. goniathrix spindelförmig sein, während er bei Chaet. Slackiae nicht unmittel- bar an den Mund anschließen soll (s. system. Theil). E. METSCAHNIKOFF (Nr. 49, 4864, p- 454) findet bei einigen Arten Querstreifung: »Der Mund führt in eine enge, mit starken Chitinwandungen versehene Schlundröhre, welche von einer dicken Schicht umgeben ist, in der man bei einigen Arten (vgl. die Abbildungen: es sind dies Ich- ihydium ocellatum Metschn., Chaet. tesselatus Metschn. — Ichth. sguammatum Duj.) deutliche Querstreifen beobachtet, während sie bei anderen Formen vollkommen homogen ist.« p.455, Anm. 3 meint er: »Auf die Beobachtungen von SCHMARDA, dass sein Ichihydium jamaicense Rudimente von Kiefern besitzt, kann man wegen der Ungenauigkeit seiner Beschreibung kein Gewicht legen!.« H. Lupwic (Nr. 23, 1875, p. 199— 204) giebt eine ausführliche Schilderung bei Chaet. larus: »Der Vorder- darm oder die Speiseröhre erstreckt sich von der Mundöffnung bis zur Grenze des vorderen und mittleren Drittels des Thieres. Sein Verlauf ist kein ganz gestreckter, sondern zeigt in seinem Anfangstheil, an zwei nicht weit von einander entfernten Stellen, je eine leichte Knickung.« Es wird nun ausführlich beschrieben, wie der Vorderdarm zuerst schief nach oben und hinten, dann etwas weniger schief und endlich ganz in der Richtung der Längsachse verlaufe. METScHNIKoFF’S Beschreibung bezüglich des Baues wird bestätigt, nur dass Lupwıc die Vermuthung ausspricht, dass auch bei den übrigen Formen, bei welchen METSCHNIKOFF es nicht gelang Querstreifung aufzufinden, eine solche vorhanden sein werde. Namentlich lasse sich dies bei Chaet. larus 0. Fr. Müll. durch Zusatz sehr verdünnter Osmiumsäure erreichen; die Streifung ist eine radiäre, zwischen den Streifen liegen winzige körnige Massen. Die gestreifte Masse ist am vorderen und hinteren Ende dicker als in der Mitte, daher namentlich hinten unter gleichzeitiger Erweiterung des Lumens eine Art Bulbus entsteht. Das Lumen ist vorn dreieckig und nimmt nach hinten eine rundliche Form an. Zu äußerst wird eine dünne strukturlose Membran beschrieben. Die radiären Streifen werden als Muskelfibrillen, die eingelagerten körnigen Theile als Kerne angesehen; die äußere strukturlose Membran soll durch ihre Starrheit der Angrifispunkt für die Muskelaktion, welche die Erweiterung des Lumens besorgt, bilden. Als Beweis wird angeführt, dass bei lebenden Thieren in der Ruhe die Wände sich gegenseitig berühren, bei plötzlichem Einfluss heftig wirkender Agentien (Osmiumsäure, Goldchlorid) das Lumen, namentlich im bul- bösen Endtheil, wo das Muskelgewebe am stärksten ist, weit klaffe. ©. Bürscarı (Nr. 24, 4876, p. 388) fasst sich kürzer: »Der sich an die Mundhöhle anschließende Ösophagus ist, wie bekannt, vollständig wie das entsprechende Organ vieler Nema- toden gebaut, der hintere Theil ist gewöhnlich etwas angeschwollen, und seine Intima setzt sich bis in den vordersten Abschnitt des Darmes fort, wo sie eine Art Querstück bildet.« C. H. FERNALD giebt (Nr. 28, 1883, p. 4248) die Lupwıe’sche Be- schreibung zum Theil wieder; neu ist (p. 1219) Folgendes: »Der Ösophagus ist von. einem dicken festen Muskelgewebe von cirkulären Fasern umgeben.« A. C. STOKES [Nr. 35, 4887, p. 82) lehnt sich in der Beschreibung ganz an Lupwic an und fügt dann einige Bemerkungen über die Nahrungsaufnahme hinzu. Sehr kurzen Öso- phagus — nur !/, der Körperlänge — haben nach ihm Lep. rhomboides und I. sul- ' Hier soll es I. tabulatum heißen; bei I. jamaicense hat SCHMARDA niemals Kieferrudimente beschrieben. Die Gastrotrichen. 21 catum; eigenthümliche unregelmäßige Aussackungen des Centralkanales, welche zeitweilig auftreten sollen, findet er bei /. sguammatum;, sie können willkürlich geöffnet und geschlossen werden, doch weiß er nicht, ob sie durch unregelmäßige Muskelbewegung entstünden oder normale Partien des Organs seien. Bei Chaet. spinifer Stok. zeige der Ösophagus am hinteren Ende klammerartige Verdickungen seiner Cuticula, deren hintere Ausläufer die äußeren Wände erreichen sollen; diese Verdickungen seien nur in dorsaler oder ventraler Ansicht zu sehen (s. über- all system, Theil). Durchgehends bei allen Gastrotrichen im Allgemeinen überein- stimmend entwickelt, bietet der Ösophagus bei den einzelnen Species charakteristische Unterschiede. Im Kapitel, welches die Körperform behandelt, wird dargelegt, dass die Länge des Ösophagus vom Aus- schlüpfen aus dem Eie an bis zum erwachsenen Zustande unveränderlich ist. Da das Thier während dieser Zeit auf das Doppelte seiner ursprüng- lichen Länge anwächst, ist die relative Länge des Ösophagus sehr ver- schieden. Eine genaue Vergleichung kann nur an Exemplaren, welche die Maximallänge erreicht haben, vorgenommen werden. Und da finden wir, dass der Ösophagus bei manchen Formen wie Lepidoderma rhom- boides Stok., Chaelonotus brevispinosus mihi fast nur !/; der Körperlänge erreicht, vahend er bei Lepidoderma ee Duj. und Ohaet. hystrix Metschn. !/;, bei Chaetonotus masxcimus Ehrenb. 2/y, bei Chaeton. persetosus mihi nur !/, der Körperlänge misst. Bei jüngeren Exemplaren ist natürlich das Verhältnis ein ganz anderes. Nicht alle haben die typi- sche Form mit einer Verjtingung in der Mitte und einer Anschwellung an beiden Enden bewahrt, indem bei Chaet. brevispinosus mihi (Taf. XIV, Fig. 41) z. B. der Ösophagus vorn schmal beginnt, sehr wenig einge- schnürt ist und fast gleichmäßig nach hinten beträchtlich dicker wird, als er am Vorderende war. Fast eylindrisch ist er bei Chaetura capricornia Metschn. (Taf. XV, Fig. 22), ganz abweichend erscheint er bei Dasydytes goniathrix Gosse (Taf. XV, Fig. 8); hier hat er die Gestalt einer Spindel und ist im Gegensatz zu der gewöhnlichen Form in der Mitte verdickt und an beiden Enden zugespitzt. Recht verschieden ist auch das Ver- hältnis von Länge und Breite; wir sehen einen schlanken Ösophagus bei Chaetura, bei Onkels Slackiae Gosse (Taf. XV, Fig. 15), Chaet. hystrisc Metschn. (Taf. XIV, Fig. 17), Lepidoderma ocellatum Metschn. (Taf. XV, Fig. 19) etc. gegenüber einem recht breiten bei Chaeton. bre- vispinosus mihi und einem geradezu massigen bei Gossea antenniger Gosse (Taf. XV, Fig. 7). | | Zum inneren Baue übergehend, bemerke ich, dass Lupwıc’s Be- schreibung, welche er von diesem Organ in seiner trefflichen Arbeit geliefert, vollkommen richtig ist und nur der Ergänzung bedarf. That- sächlich macht das Lumen des Ösophagus, wenn man diesen von der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 17 2358 Carl Zelinka, Seite betrachtet, zwei Knickungen durch, ehe es parallel der Längsachse des Thieres nach hinten läuft. Allerdings ist diese Richtungsänderung bei vorgestrecktem Munde fast ganz aufgehoben, sie wird aber noch auffälliger, wenn das Thier sein Mundrohr ganz eingezogen hat. Auch dass wir drei Bestandtheile am Ösophagus unterscheiden können, eine innere Quticula, die radiär gestreifte Muskelmasse und eine äußere strukturlose Membran, ist vollkommen richtig. An Quer- schnitten kann man dies sicher nachweisen (Taf. XI, Fig. 5, 6). Merk- würdigerweise ist die im Leben so auffällige innere cuticulare Aus- kleidung an den konservirten Thieren kaum wahrnehmbar. Das Lumen des Ösophagus ist im Leben fast ganz geschlossen, nur schmale Spalten zeigen sich (Taf. XI, Fig. 10 L) zwischen den welligen Kontouren. Bei Nahrungsaufnahme erweitert sich das Lumen plötzlich eylindrisch, um sich sofort wieder zu schließen. Lupwıc hat über die Funktion dieses Mechanismus eine ganz richtige Annahme aufgestellt; die äußere Mem- bran (Taf. XI, Fig. 5 Me) muss als starr, als Form bewahrend angesehen werden, an welcher die Muskeln des Ösophagus ihre Insertion finden, um die elastische innere Cuticula zurückzuziehen und so das Lumen zu erweitern. Es gelingt selten, ein Thier mit geschlossenem Vorder- darm zu konserviren, meist klafft das Lumen weit und rund, dann ist aber auch die Wandung bedeutend dünner. Ein Querschnitt durch den geschlossenen Ösophagus (Fig. 5, 6) zeigt eine feine Streifung, welche dreitheilig ist. In der Mitte ist ein Spalt sichtbar (Z), das ge- schlossene Lumen; zu demselben laufen die Streifen annähernd im unteren Theile radiär, im oberen aber hören sie an einer schiefen Linie (fm) jederseits abgeschnitten auf. Diese beiden schiefen Linien be- grenzen ein kleineres dreieckiges Feld (Ob), innerhalb dessen die Streifen ganz radiär ziehen. Zwischen den Streifen treten Zellkerne an zer- streuten Stellen auf, an manchen Schnitten trifft man mehrere, fast regelrecht symmetrisch angeordnet, an anderen mangeln sie, aber auch hier kann man so wie dort, feine körnige plasmatische Einlagerungen sehen. Ein recht eigenthümliches Bild trifft man an Totopräparaten (Taf. XI, Fig. 10); beiderseits zieht eine feine Wellenlinie (fm) durch die Muskelmasse, welche das gleiche Lichtbrechungsvermögen wie die Cuticula besitzt. An dieser Wellenlinie hören die Streifen auf, um jen- seits derselben wieder zu beginnen. Diese Anordnung ist bei allen Gastrotrichen zu treffen. Sie ist so zu deuten, dass entsprechend der schon von früheren Autoren erkannten dreilippigen Mundöffnung, auch die Anordnung der Muskulatur eine dreitheilige ist und zwischen den Streifen der oberen Lippe und den beiden seitlichen eine cutieulare Membran als Insertion für die obersten seitlichen Streifen eingelagert Er . Die Gastrotrichen. 259 ist. Diese Membran ist zum Zweck der Oberflächenvergrößerung ge- faltet, welche Faltelung selbstverständlich am Querschnitte nicht ge- sehen werden kann. Lupwis hat die Streifen als Muskeln angesehen. Man kann dies an Querschnitten durch einen erweiterten Vorderdarm als richtig er- weisen. Die langen feinen Streifen sind zu kurzen, dicken, deutlich gesonderten Fibrillen geworden, zwischen welchen die Muskelkörper- chen eingestreut sind. Wir haben hier den Fall, dass das Epithel des Vorderdarmes sich vollständig in Muskelzellen umgewandelt hat, welche in ihrer Längs- richtung in Fibrillen zerfallen sind. Es sind dies nicht Epithelmuskel- zellen im gewöhnlichen Sinne, da sie nicht mehr Epithelzellen vorstellen, sondern ganz in Fibrillen aufgelöst sind, die direkt an die cuticulare Oberfläche heranreichen. Dieses kontraktile Epithel erhält bei Konser- virung und auch schon im Leben bei Druck Risse und Spalten von oft symmetrischer Vertheilung, welche sich wieder schließen können. Solche Erscheinungen beschrieb Stores, als er von den Aussackungen des Gentralkanals, die willkürlich entstehen können, sprach. Im hinteren bulbösen Endtheil des Ösophagus stehen die Muskel- streifen strahlenförmig angeordnet. Diese Partie ist mehr von den übrigen Muskeln abgesondert, und es kann eine nach hinten konkave Bogenlinie als optischer Ausdruck einer euticularen Scheidewand auf- treten. Bei Chaeton. spinifer Stock. ist sie sehr diek und hängt mit der Cuticula des Lumens in auffallender Weise zusammen; sie bildet daselbst eine eigenthümliche klammerartige Figur, welche aber nur in der dor- salen und ventralen Ansicht gesehen werden kann. An gefärbten, mit Sublimat behandelten Präparaten zerfällt diese Region des Bulbus ent- sprechend der Dreitheilung in drei mehr körnige Portionen. Es scheint hier noch mehr Plasma erhalten zu sein. Recht interessant ist der Übergang in den Mitteldarm. Um die hin- tere Mündung liegt ein Kranz von gekrümmten borstenartigen Gebilden (Reu, Fig. 10, Taf. XT), der sich bei näherer Betrachtung als eine ge- faltete chitinöse Membran erweist, welche nach hinten trichterartig sich erweitert, vorn aber fest geschlossen ist. Beim Öffnen des Vorderdarmes wird auch diese Krause geöffnet und der Nahrung der Durchtritt ge- lassen; sodann schließt sich mit dem Ösophagus auch die Ronse und bkindere den Wiederaustritt der Speise. Bei Chaeton. brevispinosus mihi sieht man diese gefaltete Membran an ihrem hinteren weiteren Ende nach innen umgebogen, Dieser Reusenapparat ist von einem Hügel hellen Plasmas umgeben und bis auf die Mündung eingeschlossen. | | I 47° 260 Carl Zelinka, Vor und hinter der Einschnürung des Ösophagus trifft man an der Ventralseite, namentlich nach stärkerem Drucke, zwei Paar von ellip- soiden Zellen. Beide, das vordere kleinere (Fig. 10 Sp,) wie das hintere größere (Sp,), sind gleich gebaut, besitzen einen hellen Kern und sind "mit stark lichtbrechenden Körnchen angefüllt. Ihr drüsenartiges Aus- sehen, ihre Lage dieht am Ösophagus und ihre Ähnlichkeit mit den Speicheldrüsen mancher Räderthiere veranlassen mich, auch in diesen Zellen Speicheldrüsen zu sehen. | a c. Mitteldarm. Historisches. C. G. EHRENBERG (Nr. A, 1838) beschreibt für Ichthydium einen » dicken einfachen, konischen Darm «, für Chaetonotus einen »langen konischen Magen (Trachelogastricum), an dessen oberen dicken Anfange bei der großen Art (maximus) zwei halbkuglige Drüsen sitzen«. C. Ta. v. SIEBOLD (Nr. 4, 4845, p.180 Anm.) leugnet im Kap. Räderthiere diese Drüsen. »Die beiden am Anfange des Darmes einmündenden pankreatischen kurzen Drüsensäcke sind fast immer vorhanden; sie fehlen nur einigen Ichthydinen.« M. ScCHULTZE (Nr. 9, 1853, p. 248) »(Die Speiseröhre) geht in den dünnwandigen, gerade nach hinten verlaufenden Darm über, welcher eine, durch kleine in seiner Wand liegende Körnchen bedingte, leicht gelbliche Färbung besitzt«. P. H. Gosse (Nr. 418, 4864) findet bei Chaei. Slackiae ein Paar pankreatische Drüsen am Anfang des Darmes (s. system. Theil) in Form von ovalen klaren Blasen. Hier soll auch, im Gegensatz zu den übrigen Formen, das vordere Darmende in den Ösophagus konvex eindringen und nicht dasselbe konkav um- fassen. Luftbläschen, namentlich im vorderen Theile, sollen bei Das. antenniger und möglicherweise eine helle Pankreasdrüse im Darmanfange bei Das. goniathrix vorhanden sein, doch war diese Stelle nicht immer hell, sondern auch in einem Falle dunkel. Bei Chaet. maximus (Gosse’s gracilis) werden zwei pankreatische »ohr- förmige« Drüsen, wie bei den Räderthieren, beschrieben ; doch fand er keine Trennungslinie zwischen ihnen und dem Darme. Bei Chaet. larus wird der Darm als im Allgemeinen farblos und lose angefüllt mit unregelmäßigen klaren Massen be- schrieben (s. überall system. Theil. E. METScHNIKoFF (Nr. 49, 4864, p. 454) drückt sich kurz aus: »Auf den Ösophagus folgt der eigentliche Chylusdarm. Dieser läuft gerade bis zur am Hinterende liegenden Afteröffnung und ist auf seiner Oberfläche mit zahlreichen Fetttropfen versehen.« H. Lupwiıc (Nr. 23, 4875, p. 204, 202) giebt eine eingehende Beschreibung dieses Organs. »Die Wandung des Enddarmes ist im ganzen Verlaufe desselben gleichartig zusammengesetzt und besteht aus einer äuße- ren sehr zarten und strukturlosen Tunica propria und einem inneren einschichtigen Zellenbelag. Diese Zellenlage also ist es, welche die Aufnahme des zugeführten Er- nährungsmaterials in den Stoffwechsel vermittelt. Sie hat eine Dicke von 0,004 mm. Die einzelnen Zellen, aus welchen sie sich zusammensetzt, sind von der Fläche ge- 'sehen polygonal und haben, in der Längsrichtung des Thieres gemessen, eine Breite von 0,005—0,006 mm. In der Querrichtung umspannt eine jede Zelle den halben Umfang des Darmes,, so dass der ganze Zellbelag des Enddarmes aus zwei Zellen- reihen besteht. Beide Zellenreihen berühren sich in einer dorsalen. und einer ven- tralen Zickzacklinie. In einer jeden Zelle findet man ein oder zwei bis drei stark lichtbrechende, unregelmäßig kugelig geformte Körperchen, welche ich für identisch halte mit ScauLtze’s leicht gelblich gefärbten Körnchen aus der Darmwandung Die Gastrotrichen. 261 seines Chaet. maximus und mit den oben gleichfalls erwähnten Fetttropfen METSCHNIKOFF'S, die demnach nicht auf der Oberfläche, sondern in den Zellen der Darmwand liegen.« Lupwic hielt diese glänzenden Körperchen erst für Kern- körperchen, da sie von einer, als Kern gedeuteten Vacuole umgeben waren und am lebenden Thiere lebhaft wimmelnde Bewegung machten, was er als Bewegungs- erscheinungen des Kernkörperchens ansah. Da jedoch nicht immer eine Vacuole um ein solches Körperchen vorhanden war, ferner manche Zelle zwei bis drei solcher glänzender Körper umschloss, welche auf Zusatz von Essigsäure hin- schmolzen, wurde er in seiner Ansicht schwankend. Allerdings konnte er nichts anderes Kernartiges in den Zellen auffinden. Da diese Körperchen schon frühzeitig im Embryo auftreten, wo noch keine Nahrungsaufnahme statthat, könnten sie auch nicht leicht als Nahrungsstoffe gedeutet werden. Die Kontouren des Darm- lumens werden als gerade geschildert, nur an todten und misshandelten Thieren wölbt sie sich nach innen vor und wird weniger deutlich. Wimperung konnte im Darm nicht gefunden werden. Auch konnten keine weiteren Elemente im Baue des Darmes erkannt werden. Im frei umherschwimmenden Thiere klafft das Lumen weit. Dann beschreibt Lupwıc noch wie der Mitteldarm den bulbösen Endtheil des Ösophagus umgiebt und dadurch jederseits ein seichtes Diverticulum entstehe, welches von EHRENBERG bei Chaet. maximus für eine pankreatische Drüse gehalten wurde. O0, Bürscnuı (Nr. 24, 1876, p. 388) berichtet: »Der Darm ist aus wrenigen Reihen großer Zellen aufgebaut (Fig. 5)«. C. H. FernArLD (Nr. 28, 4883, p. 1249) sagt auffallenderweise : »Der Darm ist von einer Lage gekernter Zellen umgeben, außer- halb welcher eine andere Lage von viel kleineren Zellen liegt, die sehr schwer her- auszufinden sind.« A. C. StokeEs (Nr. 35, 1887) giebt für Das. saltitans an, dass hier der Darm nahezu den ganzen Körper als weiter Sack erfülle. Gleich FERNnALD spricht er von einer Lage kleiner Zellen um den Darm und will sie, allerdings undeutlich, bei Lep. rhomboides gesehen haben. Er sah den Darm vom Eie aus seiner medianen Richtung abgelenkt. Über den Mitteldarm kann ich mich kurz fassen. Der wahre Sach- verhalt ist den bisherigen Forschern meist unbekannt geblieben. Nicht zwei, sondern vier Zellreihen bauen den Darm auf, wie man sowohl an ganzen Thieren als namentlich an Schnitten sehen kann (Taf. XI, Fig. 7). Die Zellen sind groß, die größten im Körper und gegenüber den anderen Elementen wahre Riesenzellen. Ihre Anordnung ist eine solche, dass vier Reihen alternirend ge- stellter allmählich nach hinten an Größe abnehmender sechseckiger Zellen in vier Zickzacklinien, welche genau dorsal, ventral und seitlich laufen, an einander stoßen. Die Zellgrenzen sind klar und deutlich, nament- lich, wenn das Darmlumen klein ist. In diesem Falle springen die einzelnen Zellen sogar gewölbt in die Leibeshöhle vor. Während die kleinen Formen, wie Chaet. larus O. Fr. Müller, Chaet. persetosus mihi, brevispinosus mihi, Ichthydium podura O. Fr. Müller ete., mattglänzende Darmzellen besitzen, in welchen wenig solcher glän- zender, in kleinen Gruppen (Taf. XI, Fig. 46) stehender Körper, wie sie Lupwic für Chaet. larus beschrieb, zu treffen sind, giebt es bei Chaeto- 7. Pr, ar Se So 262. Garl Zelinka, notus maacimus Ehrb. und Lepidoderma squammatum Duj. Stadien, in welchen alle Zellen so dicht mit verschieden großen Glanzkörpern ver- sehen sind, dass die letzteren sich förmlich zu drängen scheinen; sie sind nahe der äußeren Oberfläche der Zellen zu treffen und häufen sich besonders an den Zellgrenzen an (Fig. 10 G/). Diese Glanzkörper zeigen eine ähnliche Farbenzerstreuung, wie andere stark lichtbre- chende Körper, und scheinen demnach schwach gelblich oder grünlich glänzend. Luftblasen, wie Gosse sah, oder Öltröpfchen sind es nicht, sie bleiben nach Spiritusbehandlung wohl erhalten. Sie färben sich in Alaunkarmin sehr stark, lösen sich jedoch, wie ich bestätigen kann, in Essigsäure rasch auf, wie die übrigen plasmatischen Bestandtheile des Thieres. An den Querschnitten sieht man sie, so wie es an Toto- präparaten scheint, an die äußere Peripherie gedrängt; die innere Partie jeder Darmzelle ist nur fein granulirt. Sie haben mit den Zell- kernen nichts gemein; jede Darmzelle besitzt ihren großen, auf Fär- bung erscheinenden Kern an der äußeren Zellperipherie (Taf. XI, Fig. 7 Zk). Im Lumen des Darmes sehen wir in diesem Präparate noch Nahrungsreste. In anderen Individuen dieser Species finden wir jedoch nahezu gar keinen Glanzkörper, sondern alle Zellen sind gleichmäßig fein granulirt. | Ich halte diese Körper nicht für aufgenommene Nahrungsbestand- theile, sondern für assimilirte, in Form dieser unregelmäßigen stark lichtbrechenden Körperchen, aufgehäufte Reservestoffe, welche nach und nach wieder gelöst und in die Leibeshöhle abgegeben werden, wo sie die übrigen Organe umspülen und ernähren. Ich glaube, dass die Darmzellen in ihrem inneren granulirten Theile vornehmlich verdauen, die assimilirten Stoffe der Peripherie übermitteln, wo sie wieder zum Verbrauche weiter abgegeben werden; mich bestärkt in dieser Ansicht auch die peripherische Lage der Körperchen in den Zellen. Allerdings kommen auch bei den Embryonen ähnliche Körperchen vor, doch habe ich leider versäumt, sie auf ihre Löslichkeit in Essigsäure und Färb- barkeit zu untersuchen, so dass ich nicht angeben kann, ob wir es mit den gleichen Gebilden zu thun haben; wenn sie aber auch ident sind, so kann dies kein Hindernis für meine Deutung sein, da wohl auch der Embryo durch sein Primitivorgan, das Entoderm, ernährt wird und in demselben die gleichen chemischen Vorgänge mit der dem Embryo mit- gegebenen Nahrung stattfinden dürften, wie im späteren Leben mit der direkt aufgenommenen Nahrung. Es ist auffallend, dass der Darm in zwei Zuständen getroffen wer- den kann; weit klaffend, von dünnen Wänden umschlossen, wie ihn Die Gastrotrichen. : 963 Lupwıg gesehen hat, und andererseits mit innen sich fast berührenden Zellen, wie in Fig. 7, 10, Taf. XI dargestellt ist. In letzterem Falle sind die Zellen nicht flach, sondern massiv und dick. Der erstere Zustand dürfte mit der Aufnahme von Wasser bez. von Nahrung im Zusammen- hange stehen, wobei sich die Darmzellen weit ausspannen müssen und dem Hungerzustande entsprechen. Zu äußerst sind die Zellen von einer cuticularen Membran um- schlossen, wie Lupwıs schon gesehen hat. Einem eigenthümlichen Miss- verständnisse sind FernaLpd und in Folge dessen auch Stokzs zum Opfer gefallen. Frrnarn, welcher den Text von Lupwie’s Arbeit nicht hinrei- chend studirt zu haben scheint, hielt die in Lunwıg’s Figuren in ein und derselben Zeichnung sowohl im optischen Querschnitte als in der Flächenansicht abgebildeten Darmzellen für zweierlei Gebilde und be- schrieb, in enger Anlehnung an Lupwig’s Zeichnung, einen kleinen Zel- lenbelag noch um die großen Darmzellen, welcher begreiflicherweise, »sehr schwer« zu sehen war, da er nicht existirte. Und so hat auch Stokgs eine undeutliche äußere Lage kleiner Zellen sehen zu müssen geglaubt. Im Kapitel über die Bewegungen mögen die Angaben über die Be- wegungen des Darmes nachgesehen werden. Dem Darme äußerlich an- gelagerte Muskelfibrillen konnte ich nicht nachweisen, doch muss ich erwähnen, dass ich an Querschnitten feine dunkle fibrillenartige Ge- bilde durch die ganze Dicke des Schnittes parallel zur Längsrichtung des Darmes verfolgen konnte, welche der äußeren Cuticula des Darmes aufgelagert schienen. Doch gestatte ich mir über diese Fibrillen kein endgültiges Urtheil. | Wie Lupwıc richtig angiebt, reicht der Endtheil des Ösophagus meist in den Anfang des Mitteldarmes hinein. Nur wenn das Thier sich ganz ausstreckt, wird auch dieser Theil herausgezogen, bei stärkerer Zurückziehung des Vorderdarmes wird ein noch größerer Theil des Mitteldarmes eingestülpt. Dieser Theil des Darmes ist frei von den Glanzkörpern, daher matt grauglänzend mit feiner Granulirung ver- sehen. Alle Beschreibungen älterer Autoren von pankreatischen Drüsen mögen damit erledigt sein, dass bei keinem Gastrotrichen auch nur eine Spur einer besonderen Darmdrüse zu finden ist. Ich kann nur wie schon v. SıEesorn erkannte, bestätigen, dass solche Drüsen fehlen und die Angaben auf die verkannten vorstehenden Theile des eingestülp- ten Vorderendes des Mitteldarmes zurückzuführen sind, welche anders granulirt sind und daher bei schwacher.Vergrößerung missverstanden werden konnten. 264 Carl Zelinka, d. Enddarm. Historisches. M. ScHUuL1zE (Nr. 9, 4853, p. 248) macht zuerst eine Angabe über den After, »welcher (der Darm) etwas verengt zwischen den beiden Schwanz- spitzen ausmündet«. P. H. Gosse (Nr. 18, 4864) glaubt, dass die Afteröffnung dorsal liege, wie die Stelle bei Chaet. larus (s. system. Theil) beweist, wo er den Darm beträchtlich über der Schwanzgabel mit einer krummen queren Linie enden lässt und.hier die »Kloake« vermuthet. Bei Das. goniathrix jedoch glaubt er die Kloaken- öffnung am »wahren Ende des Körpers« suchen zu sollen, auch beobachtete er daselbst wiederholt die Entleerung der Fäces. E. METSCHNIKOFF (Nr. 49, 4864 p. 454) findet den After am. Hinterende (s. Mitteldarm). H. Lupwıc (Nr. 23, 4875, p. 203) sagt: »Mit der Afteröffnung mündet der Chylusdarm nach außen.« »Die Afteröffnung liegt nicht am hinteren Pole der Längsachse des Körpers, wie es die unbestimmte Bezeichnungsweise der Autoren ‚am Hinterende‘ vermuthen lässt, sondern sie be- findet sich vor dem hinteren Körperende, und zwar auf der Bauchfläche. Sie hat eine rundliche Gestalt und ihre Umrandung zeigt keinerlei auffällige Differenzirungen (vgl. Fig. 10).« Ferner glaubte Lupwıc selbständige Kontraktionen des Enddarmes zu sehen, doch ist er dessen nicht sicher. O. Bürtscaui (Nr. 24, 4876, p. 388) meint: »Der After ist wahrscheinlich etwas rückenständig.« C. H. FErnaLp (Nr. 28, 4883, p- 1219) sucht den Anus zwischen den Schwanzanhängen. A. C. Stokes (Nr. 35, 4887, p. 78) schließt sich FernAaLp’s Meinung an. An lebenden Thieren lässt sich nur im Moment des Eintretens der Nahrung in den Enddarm seine Abgrenzung vom Mitteldarm erkennen; man merkt, dass er sofort gegen letzteren abgeschlossen wird. Es ist nöthig, die Erscheinungen am lebenden sowohl wie am getödteten Thiere zu beschreiben. Gewiss ist es auffallend, dass alle Autoren, welche den Enddarm genau untersucht haben, denselben ein ziemliches Stück vor der Schwanzgabel mit einem queren bogenförmigen Ende scharf aufhören lassen (siehe Zeichnungen auf Taf. XV). Auch ich habe dies, so wie es in Wirklichkeit zu sehen ist, in allen dorsalen Ansichten (Taf. XI, Fig. 10, 1%, 46) selbst so abgebildet. Thatsächlich scheint der Darm am leben- den Objekte vor den Klebdrüsen aufzuhören. Zu vorderst liegen noch zwei stark granulirte hervorgewölbte Zellen (Fig. 10 9Z) an den Seiten, dann wird das Lumen des Darmes spaltförmig quer ausgedehnt. Hier sind die Wände weniger stark granulirt und sehr dünn (Re). Diesen Spalt hat Lunwıe für den After gehalten. Doch kann man an dieser Stelle nie den Austritt der Fäces beobachten. Von der Seite ist das Bild ganz undeutlich, da Ovarium, Klebdrüsen und Eier die sichere Abgrenzung des Darmes verwischen. Gewissheit über diese Verhältnisse bieten nur Beobachtungen am konservirten Thiere. Nach einem solchen ist Fig. 9 der Taf. XI ent- worfen. Durch einen deutlichen, von Ringmuskeln gebildeten Sphinc- ter (Sph) vom Mitteldarm (D) getrennt, erweitert sich der Enddarm (Ed) Die Gastrotrichen. 265 ähnlich, wie der Blasendarm der Philodiniden, birnförmig. Seine Zu- sammensetzung aus großen Zellen ist deutlich. Er erstreckt sich bis zu den Klebdrüsen, wo im Leben der von dünnen Wänden umstellte quere Spalt zu finden ist. Dieser Theil, der sonst kollabirt ist und nur beim Durchtritt der Fäces sich erweitert, ist das Rectum (Re), welches am konservirten Thiere nur durch die dünnere Wand vom Blasendarme verschieden ist. Das Rectum erhebt sich über die Klebdrüsen an die dorsale Seite des Thieres und mündet hier aus. Im optischen Längs- schnitte sieht man das Umbiegen der Cuticula in den Anfang des Rec- tums deutlich vor sich gehen. Nun findet man den dorsalen After auch am lebenden Thiere, bei Lepid. sgquammalum Dujardin {Taf. XII, Fig. 9 A) als dunklen Fleck, median knapp über der Schwanzgabel, bei Ohaetonotus mascımus Ehrb. (Taf. XII, Fig. 10 A) etwas hinter den beiden Tasthaaren, über den drei starken Borsten und weiter vom Ende weg. An Flächen- schnitten sah ich bandartig und cylindrisch geformte Fibrillen über den Enddarm gelagert, welche wohl als Muskeln anzusehen sein werden, die das Austreiben der Fäces und Schließen des Anus unterstützen. Genauere Beobachtungen zeigen auch das Austreten der Fäces dorsal an der beschriebenen Stelle. | Durch die Feststellung der dorsalen Lage des Gastrotrichenafters erscheint die große Schwierigkeit, welche darin lag, dass bei den Räder- thieren der Fuß ventral, bei den Gastrotrichen dorsal sein sollte, was einer eingehenden Vergleichung beider Organe im Wege stand, beseitigt. Der Darm der Gastrotrichen hat, vom Mitteldarm angefangen, die gleichen typischen Stücke, wie der Räderthierdarm, er besitzt eben so wie diese einen Blasendarm und ein besonderes Rectum und mündet über dem Gabelschwanze aus. 10. Leibeshöhle. Historisches. M. ScuuLtzE (Nr. 9, 4853) spricht bei Vergleichung der Ichthydinen mit den Turbellarien p. 252 davon, dass der Darmkanal der Ichthydinen eine gegen das Körperparenchym scharf abgesetzte, zum Theil sehr muskulöse Hülle habe. P. H. Gosse (Nr. 48, 1864) spricht bei Chaet. Slackiae von einer Körper- höble, durch welche die Wassergefäße sich schlängelten. E. METSCHNIKOoFF (Nr. 49, 1865) meint, dass die unter der Cuticula liegende körnige Schicht unmittelbar in das Parenchym übergehe (s. Kap. Haut). H. Lupwiıc (Nr. 23, 4875, p. 218) ge- braucht zuerst den Namen Leibeshöhle. »Dieselbe ist namentlich im vorderen Ab- schnitte deutlich erkennbar, während sie im hinteren Abschnitt durch die Generationsorgane völlig ausgefüllt wird. In dem erstgenannten Bezirke habe ich mich davon überzeugt, dass die sie begrenzende Körperwand nach innen von einer in Zellen gesonderten Substanzlage bekleidet ist, wie ich dies in den Abbildungen an- zudeuten suchte und von welcher ich bei der Frage nach dem Nervensystem unserer Thierchen schon gesprochen habe.« 0. Bürsceuı (Nr. 24, 4876) spricht im Texte 266 Carl Zelinka, nicht von der Leibeshöhle, zeichnet aber in Fig. 6 Taf. XXVl ein geblähtes Exemplar von Chaet. Schultzei Metschnikoff, an welchem die Leibeshöhle deutlich zu sehen ist. Ein Körperparenchym, wie bei den Turbellarien, fehlt den Gastro- trichen gänzlich, indem eine abgegrenzte, nur mit farbloser Flüssigkeit erfüllte Leibeshöhle die inneren Organe beherbergt. Da denselben die äußere Haut im Leben eng anliegt, wird sie nur an einzelnen Punkten, wo Spalten zwischen den Organen auftreten, sichtbar. Leicht kann sie aber künstlich durch Blähung des Thieres dargestellt werden. .. Die von Lupwıs gesehenen Zellen, welche gleichsam die Leibes- höhle vorn auskleiden sollten, haben diese Funktion nicht, sondern ge- hören dem Gehirne an. Die Leibeshöhle der Gastrotrichen hat keine epitheliale Auskleidung, sondern steht wie die der Räderthiere auf dem Stadium der primären Leibeshöhle. Desshalb fehlt auch jede Zellen- umkleidung des Darmes, welche irrthümlicherweise von FERNALD ange- geben wird (s. Mitteldarm). Die Leibeshöhlenflüssigkeit ist eine gerinnbare Substanz, wie man nach Essigsäurezusatz sehen kann. Es hört die Brown’sche Molecular- bewegung von in der Leibeshöhle befindlichen Körperchen sofort auf, da die dieselben suspendirt haltende Flüssigkeit gerinnt. Auch wenn bei starkem Drucke die Haut platzt und Körnchen von Plasma mit Leibeshöhlenflüssigkeit in das Wasser austreten, hört auf Essigsäure jede Molecularbewegung derselben auf, was nur durch Gerinnung er- klärbar ist. | 11. Gabelschwanz oder Fuß. Historisches. C.G. EurEnBERG (Nr. 1, 4838, p. 387) sagt: »Ein Gabelfuß ist bei Chaetonotus und Ichthydium.« Ähnliche, nichtssagende Angaben finden wir bis zur Arbeit Lupwıe’s bei den übrigen Autoren. H. Lupwıe (Nr. 23, 4875, p. 203—205) giebt ausführliche Auskunft über den Bau dieses Organs. »Bei aufmerksamer Be- trachtung mit stärkeren Linsensystemen lässt sich hingegen zunächst erkennen, dass jede Schwanzspitze in zwei Glieder zerfällt, in ein Basalglied und ein Endglied, das wir wegen seiner Form den Endgriffel nennen können. Das Basalglied setzt sich nicht scharf von dem Körper des Thieres ab, sondern entspringt breit unter allmählicher Verjüngung aus demselben. Dasselbe grenzt sich durch eine feine aber deutliche schief von der Mittellinie des Thieres nach vorn und außen verlaufende Linie von dem Enderiffel ab.« (Die Maße für beide Theile s. system. Theil, Chaet.larus.) Der Endgriffel wird als eine cuticulare Abscheidung angesehen, welche in ihrer Mittellinie eine Durchbohrung besitzt. Durch diese Röhre tritt ein Klebstoff aus, welcher als winzige Tröpfchen aus ihr heraustritt, er beobachtete auch das Kleben- bleiben von Fremdkörperchen an den Schwanzspitzen. »Wo aber wird das klebrige Sekret selbst producirt? In dem Basalgliede der Schwanzspitzen und weiter in das Innere des Körpers eine Strecke weit hineinragend, erkennt man eine bläuliche, homogene Masse, in welche ein heller, runder Fleck eingelagert ist. Obschon es mir nicht gelang dies ganze Gebilde in deutlicher, allseitiger Begrenzung sichtbar Die Gastrotrichen. 267 zu machen, stehe ich doch nicht an, dasselbe für eine und zwar .einzellige Drüse zu erklären, deren Ausführungsgang eben jener feine, den Endgriffel durchbehrende Kanal ist. Der erwähnte helle, runde Fleck wäre demnach als Kern der Drüsen- zelle in Anspruch zu nehmen. Ich kann nicht unterlassen, schon an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass diese, bislang völlig unbekannt gebliebene Drüse sich vergleichen lässt mit den Drüsen, welche im Fuße der Räderthiere liegen.« »Als passender Namen für diese Drüsen empfiehlt sich die Bezeichnung ‚Klebdrüse‘«., O0. BürscaLı (Nr. 24, 4876) findet keine Drüsen, wohl aber beschreibt er p. 389 (s. Kap. Muskel) jederseits zwei Muskelzellen, welche je einen Fortsatz in den ent- sprechenden Furcalansatz senden und die Kontraktion dieses Organs bewirken. H. A. PAGENSTECHER giebt (Nr. 25, 1881, Bd. IV. p. 332) einen Auszug aus Lupwiıg's Angaben. Eigene Beobachtung fehlt. Bei C. H. FernALo (Nr. 28, 4883, p. 1248) findet man Folgendes: » Das Hinterende des Thieres ist gabelig und endet in zwei Schwanz- anhänge, welche ganz beweglich sind; jeder besteht aus zwei Hälften und ist am Endein eine kleine Scheibe erweitert. In dem basalen Theile jedes Schwanzan- hanges ist eine Drüse mit einem Ausführungsgang, welcher sich am Ende des An- hanges in der Mitte der Scheibe öffnet. In Betrachtung der Bewegungen dieses Thieres schließe ich, dass die Scheibe als ein Saugorgan dient und dass das Sekret dieser Drüse seiner Natur nach klebrig ist, denn, wenn die Thiere nicht schwimmen, bringen sie ihre Schwanzanhänge an passende Objekte und halten sich mit diesen an der betreffenden Stelle fest, oder schwingen sich je nach Gutdünken nach der einen oder anderen Seite.«e A.C.Srtokss (Nr. 35, 1887, p. 80) giebt nur einen Auszug aus Lunwig’s und Fernarv’s Schilderungen, welchem er ein wörtliches Citat aus FernarD beifügt. Für Ichth. concinnum giebt er an, dass die zwei Schwanzdrüsen sehr groß und leicht sichtbar seien, für Chaet. formosus, dass sie gewöhnlich sicht- bar, bisweilen sehr deutlich seien. Der Gabelschwanz kommt nicht allen Gastrotrichen zu; er fehlt allen Apodinen. Man kann an ihm zwei Theile unterscheiden, welche man am besten als Basal- und Endtheil bezeichnen wird. Ich wähle den von Lupwıe vorgeschlagenen Ausdruck »Glied« nicht, da man es hier nicht mit Gliedern zu thun hat (Taf. XI, Fig. 4); setzt sich schon der Basal- theil gar nicht scharf vom Rumpfe ab, sondern geht, wie bei den Räderihieren, allmählich daraus hervor (bei einer einzigen Form Chaeton. persetosus mihi, Taf. XIV, Fig. 6, sind die Basaltheile durch eine deut- liche Linie vom Rumpfe geschieden), so ist eine gliedernde Abtrennung des Endtheiles eben so wenig zu konstatiren. Das Lumen verjüngt sich an dem Übergange vom Basaltheil zum Endtheil allerdings sehr rasch, die bis dahin vorhandene Bekleidung der Cuticula mit Stacheln oder Schuppen, welche, wofern eine solche dem Thiere überhaupt zukommt, auch am Basaltheile vorhanden ist, hört an dieser Stelle auf und statt der weichen Haut sehen wir hier eine harte gekrümmte Röhre mit stark lichtbrechenden Wänden, aber eine Abgliederung findet nicht statt. Jene quere krumme Linie, die Lupwıc dazu verleitete, hier eine Glie- derung ‚anzunehmen, ist nichts Anderes, als der Rand der Insertion 268 Carl Zelinka, des seitlichen Schwanzmuskels. Wird der Gabelschwanz nach unten geschlagen, in welchem Falle die Endröhren eine bedeutende Lage- veränderung erfahren, so findet die Abbiegung nicht an der Übergangs- stelle statt, sondern etwas vor derselben, wo die Haut noch so weich wie am übrigen Körper ist (Taf. XI, Fig. 9). Der Endtheil wird Anfangs allmählich schmäler, dann bildet er ein gleichmäßig cylindrisches Rohr, das quer abgeschnitten aufhört. Eine Verbreiterung an diesem Ende, etwa in Form einer kleinen Scheibe, ist nicht vorbanden; FeErnALD's diesbezügliche Angabe beruht auf einer optischen Täuschung, hervor- gebracht durch die Krümmung des Rohres. Fast bei allen Euichthydinen ist der Gabelschwanz in einer wenig verschiedenen Weise ausgebildet und die einzigen Differenzen liegen in der relativen Länge von Basal- und Endtheil; nur bei Lepid. rhom- boides Stokes (Taf. XV, Fig, 4b) ist eine bisher sonst nirgends wieder- gefundene Form des Fußes beschrieben worden; die Endtheile sind !/; von der Länge des ganzen Thieres, also so lang, wie ein ganzes I. po- dura O. Fr. Müller und sind aus 20 Ringen zusammengesetzt, deren jeder sanduhrförmig eingeschnürt ist; Stores schildert diese Endtheile als frei beweglich und einkrümmbar, konnte aber leider über die Muskeln nichts erfahren, so dass wir im Unklaren darüber sind, ob die einzelnen Ringe gegen einander verschoben werden können, wie etwa bei den Rädertihieren, oder der Endtheil nur als Ganzes bewegt werden kann, wie bei den anderen Gastrotrichen. Etwas Ähnliches wird von Chaet. longicaudatus Tatem beschrieben. Im Inneren des Schwanzes ist der Klebdrüsenapparat (Taf. XI, Fig. 4 Kl,, Kl,) angebracht. Jederseits beginnen dicht am hier dorsal aufsteigenden Darm zwei Drüsen, welche sich spitz ausziehen und mit ihren Fortsätzen in das Endrohr hineinreichen; hier verliert sich die Theilungslinie zwischen beiden Fortsätzen ganz, die Endröhre wird nur von einem Drüsengange durchzogen. Diese Verhältnisse können nur an gefärbten Objekten untersucht werden, an welchen man leicht den von der chitinigen Wand getrennten plasmatischen körnigen Drüsenfortsatz bis an die Mündung des Rohres verfolgen kann. Die äußere, größere der beiden Drüsen jeder Seite erweist sich als mehrkernig und als ein syneytiales Organ, die innere ist einzellig. Die Drüsenkomplexe kommen sich in der Mittellinie sehr nahe und laufen schief aus einander nach hinten. Zwischen ihnen in- seriren sich die inneren Äste der ventralen hinteren Muskeln. Wie schon oben berührt, grenzt sich der Gabelschwanz unsicher vom Rumpfe ab; ventral könnte man die Ausdehnung der Drüsen als Kriterium dafür annehmen, dorsal müssen wir so wie bei den Räder- Die Gastrotrichen. 269 thieren, denen dieses Organ als sogenannter Fuß zukommt, den After als Grenzstein ansehen. Es wird dann der Gabelfuß nicht aus zwei ganz getrennten Theilen bestehen, wie nach der Eintheilung Lupwie’s, sondern ein am Hinterende liegendes verschmälertes Körperstück, welches in zwei Gabeltheile ausläuft, vorstellen. In dieser Darstellung ist er dem Räderthierfuße vollkommen entsprechend, der unpaare Theil unter dem After entspricht den einzelnen Fußgliedern des Räderthierfußes, die Gabeltheile sind stark veränderte Organe, welche den Zehen jener Räder- thiere, welche sie von den Drüsengängen durchbohrt haben, entsprechen. Die Funktion wurde von Lupwic richtig gedeutet, diese Drüsen scheiden einen Klebstoff ab, der wie bei den Räderthieren zum Anheften des Körpers dient. Die mittels dieses Klebstoffes befestigten Thiere wirbeln sich ihre Nahrung herbei, indem sie wie ein einseitig verankertes Schiff hin und her schwanken. Rasches Einschlagen des Gabelschwanzes und stärkeres Wirbeln reißen sie nach Belieben los. Gleich Lupwis konnte auch ich das Nachziehen von angeklebten Fremdkörpern beob- achten; mitunter war eine ganze lange Kette von Algen, Sandkörnchen etc. ins Schlepptau genommen und erschwerte dem mühsam sich vorwärts bewegenden Thiere die Arbeit bedeutend. Starke Vergrößerungen ließen hier den langen verbindenden Sekretfaden erkennen. Eine Saugnapfwirkung den Drüsenmündungen zuzuschreiben, wie dies FernaLn gethan hat, ist unmöglich, es fehlen dafür alle nöthigen Bedingungen; es ist kein Organ da, welches als Stempel der Pumpe hin und her bewegt werden könnte. Die von BürsenLıi beschriebenen zwei Muskelfortsätze, welche in den Endtheil hineinreichen sollten, sind keine Muskeln, sondern die bei der eingetretenen Blähung homogen gewordenen Drüsenzellen. 12. Weibliche Geschlechtsorgane und Reifen der Eier, Historisches. C. G. EHrENBERG (Nr. A, 4838) sagt p. 387 im Allgemeinen: » Als weiblicher Sexualorganismus ist bei zwei Gattungen ein Eierstock mit wenigen großen Eiern erkannt« und p. 389 bei Chaetonotus: »Periodisch bilden sich neben dem Darme nach hinten, in einem nicht direkt beobachteten Eierstocke, ein bis drei einzelne große Eier« und endlich sah er das Legen des Eies bei Chaet. maximus (s. system. Tbeil). M. ScauLtze (Nr. 9, 4853) beschreibt p. 248, 249 das Ovar folgendermaßen: »Zwischen dem Darm und der Rückenhaut liegen die Generations- organe, in dem kuglig aufgetriebenen Hinterende des Thieres der Eierstock mit wenigen sehr blassen Eikeimen von feinkörniger Dottermasse umgeben, welche in dem vorderen Theile dieses Organs sich in größerer Menge abgelagert findet, wo- selbst gleichzeitig die Eikeime weiter aus einander rücken.« »Die Geschlechtsöffnung konnte ich nicht entdecken.« SCHMARDA (Nr. 14, 14864, 11,p.7) hat bei Chaet. jamaicen- sis zwei Eier gesehen und auf Taf. XVII, Fig. 4148 gezeichnet, ohne sie aber erkannt zu haben. »Bei einer Form aus Jamaika fand ich zu beiden Seiten desselben, in seiner 270 Carl Zelinka, zweiten Hälfte, zwei Iange cylindrische Körper, an ihren beiden Enden etwas zu- gespitzt und mit einem feinkernigen Inhalte gefüllt.« P. H. Gosse (Nr. 18, 4864) spricht p. 394 bei Chaet. larus von einem Reproduktionssystem im unthätigen Zu- stande (s. system. Theil), doch erfahren wir eigentlich nichts über seineLage. Etwas bestimmter ist die bei Dasydytes goniathrix gegebene Beschreibung, doch soll das Ovar auf dem Rücken des Darmes liegen. METsCHNIKoFF (Nr. 49, 4864, p. 454) be_ richtet Folgendes: »Was die Geschlechtsverhältnisse unserer Thiere betrifft, so muss ich gestehen, dass meine Kenntnisse darüber noch lange nicht vollständig sind. So viel ist aber jedenfalls gewiss, dass alle von mir untersuchten Arten ge- trenntgeschlechtlich sind, also nicht hermaphroditisch, wie das SCHULTZE, wahr- scheinlich bloß nach Untersuchung befruchteter Weibchen annimmt. Die weiblichen Geschlechtsorgane haben bei allen von mir untersuchten geschlechtsreifen Indi- viduen denselben einfachen Bau, den ScHULTzZE für seine Arten beschrieben hat.« Eine von sorgfältigem Studium zeugende aber in der Deutung irrige Beschreibung lieferte Lupwie (Nr. 23, 1875 p. 206, 207), indem er das Ovarium als eine über und neben dem Darme gelegene homogene feinkörnige Substanz mit verschieden großen Kernen beschreibt. »Nur um denjenigen Kern, der zunächst zum Keim- bläschen eines heranreifenden Eies wird, ist die @rundsubstanz des Eierstockes deutlich abgegrenzt. Zugleich mit dem weiteren Wachsthum des jungen Eies findet eine Ansammlung stärker lichtbrechender fettartig glänzender, kleiner Körnchen (Deutoplasma) im Zellenleibe desselben statt. Das Keimbläschen erscheint nur durch eine sehr zarte Kontour von dem Dotter abgegrenzt und ist gegen mechani- sche Einwirkung sehr nachgiebig: so erblickt man bei Kontraktionen des Thieres, welche einen Druck auf das eingeschlossene Ei ausüben, wie das Keimbläschen dieser Druckwirkung entsprechend passiv seine Gestalt ändert, sobald aber der Druck aufhört, seine frühere runde Form zurückkehrt. Es ist wasserklar und um- schließt einen relativ großen, stark lichtbrechenden Keimfleck, der bald ganz homogen erscheint, bald wiederum kleinere Bläschen in sich einschließt. Die Zellen des Eierstockes reifen nicht gleichzeitig, sondern nach einander zu Eiern heran und man findet immer nur ein reifes oder der Reife nahes Ei in den einzel- nen Individuen. Hat das Ei eine gewisse Größe erreicht, so erblickt man dasselbe noch innerhalb des mütterlichen Thieres mit einer doppelten Kontour umgeben. Diese Membran entsteht, da eine andere Herkunft nicht wohl denkbar ist, durch die Thätigkeit der Eizellen, und muss daher als Zellmembran des Eies, d. h. Dotterhaut bezeichnet werden. Stets ist es von den Kernen des Eierstockes der am meisten nach vorn gelegene, um welchen sich die protoplasmalische Grundsubstanz zur Bildung eines distinkten Zellkörpers und weiterhin des Eies abgrenzt. Die zellige Masse des Ovariums wird von keiner besonderen Membran umschlossen. Ein be- sonderer Ausführungsgang des Eierstockes lässt sich nicht erkennen, wohl aber eine Geschlechtsöffnung in der Körperwandung.« »Betrachtet man ein en von oben, so erblickt man am hinteren Körperende über der Gabelung des Fußes (also necheu der Eurengerg’schen Angabe) hinter den letzten Rückenstacheln, genau median gelegen, einen kurzen, stumpfen, einem quer abgestutzten Kegel ähnlichen Fortsatz der Körperwandung, welcher nach hinten über das Niveau der Körperoberfläche hervorragt.« »Ein Zweifel daran, dass durch das beschriebene Ge- bilde die Eier bei der Ablage hindurchtreten, kann nicht bestehen, da EHRENBERG, was mir allerdings selbst nicht gelang, das Legen des Eies direkt beobachtet hat.« Bürscari (Nr, 24, 1876, p- 389) fasste sich bedeutend kürzer: » Bekanntlich hat schon METSCHNIKOFF die Angabe von M. ScuuLtzE, dass unsere Thiere Zwitter seien, zurück- Die Gastrotrichen. 2 gewiesen, ich kann mich dieser Ansicht nur anschließen.« »Die weiblichen Ge- schlechtsorgane, d.h. die von hinten nach vorn auf einander folgenden unreifen bis reifen Eizellen, sehe ich immer in je einer Reihe auf den Seiten des Darmes geordnet, es sind also paärige Eierstöcke vorhanden, nicht ein unpaarer auf dem Darm liegender, wie die früheren Beobachter angaben. Von Ausführungsgängen und Geschlechtsöffnungen ließ sich nichts: mit Sicherheit wahrnehmen, wenn man nicht etwa die in Fig. 6 angedeuteten, nach der Mittellinie des Thieres ziehenden Quer- stränge, die vom hinteren Ende der hier schon sehr reducirten Eierstöcke ent- springen, als Ausführwege in Anspruch nehmen will.« FERNALD (Nr. 28,1883, p. 1249) war wenig glücklich in seiner Erforschung des Ovars: »In der Medianlinie über dem Darme ist das Ovarium gelegen, in welchem zur Zeit nur ein Ei entwickelt ist. Dieses Ei ist sehr groß im Vergleiche zur Größe des Thieres selbst. Der Nucleus ist aber vor der Ablegung des Eies deutlich sichtbar. Dem Oviducte ist bis zu seinem Ausgange unmittelbar über dem After leicht nachgespürt. Ich habe oft dieses Thier seine Eier ablegen gesehen, was, obgleich sie so groß sind, doch gar keine Unbe- quemlichkeit zu verursachen scheint. Mitten inseinerträgen Bewegungundimruhigen Fraße blieb das Thier plötzlich stehen , und während es sich leicht krümmte , wurde das Ei mit einer deutlichen Muskelkontraktiom abgelegt und zwar in einer Zeit nicht länger als eine Sekunde, nach welcher das Thier sofort zum Fraße zurück- kehrte, als ob nichts Besonderes vorgefallen wäre.« Interessant ist es die Angaben von STOkES (Nr. 35, A887, p. 82) damit zu vergleichen, indem man daselbst eine überraschend übereinstimmende Schilderung findet, daher von deren Anführung abgesehen wird. Noch überraschender ist die Angabe von der ungewöhnlichen Länge des Oviductes bei Ichth. sulcatum (s. system. Theil). Keinem der bisherigen Untersucher ist es gelungen, die Ovarien wirklich zu finden, alle haben schon weiter entwickelte Eier für Ova- rien angesehen. Man kann diese Organe nur an konservirten und ge- färbten Thieren studiren. Die Ovarien sind paarig und liegen hinter der Einschnürung, welche den birnförmigen Enddarm vom Mitteldarm trennt, der Wand des Enddarmes ventral und seitlich dicht an. Um den Anfang der Ova- rien gut sehen zu können, muss man die Ventralansicht zu gewinnen suchen (Taf. XI, Fig. 14). Zu beiden Seiten am Enddarme beginnt eine Gruppe von Zellen (Ov) mit einer kleinen Zelle, welcher Zelle zwei und weiter hinten auch mehrere immer größer werdende Zellen folgen können. Sie bleiben immer dicht am Darme und steigen erst später all- mählich seitlich herauf (Taf. XI, Fig. 15). Die hinterste von ihnen ist be- deutend größer und zwar jene der einen Seite größer als die der anderen, entsprechend der alternirenden Reife der Eier beider Seiten (Fig. 14 O,, O4). Hier ist es bereits als kleines Ei zu erkennen. Es ist mit auf- fallend großem Kerne versehen und mit gleichartigem, mattglänzendem Plasma erfüllt. Bisher sind die sich entwickelnden Eikeime von den vorn sich neu bildenden nach hinten geschoben worden, nun wandern sie an der Seite hinauf, so dass mitunter ein ganzer Streifen junger kleiner Eier am Enddarm seitlich hinaufreicht, welche nach und nach zur Reife 272 Carl Zelinka, schreiten. Die Verschiedenheit der Ausbildung der Eier an den beiden Seiten ist so groß, dass dieser Streifen an der einen Seite aus lauter großen Zellen, an der anderen nur aus kleinen Keimen gebildet wird. Das Alterniren scheint demnach nicht immer so vor sich zu gehen, dass regelmäßig die linke und rechte Seite in der Reife abwechseln, son- dern dass jede Seite eine größere Anzahl von Eiern fertig zu stellen hat, ehe die andere darankommt. Je mehr die Eier an die Seite kommen, desto mehr dehnen sie sich nach vorn aus und erhalten nun, dem Darme dicht anliegend, reichliche Nahrungsstoffe, wie man an dem Auftreten von dichten Granulis im Eiplasma erkennen kann. Man findet links und rechts vom Darme solche wachsende Eier. Sie wurden von Bütscnti als Ovarien erklärt. Das am meisten im Wachsthum vorangeschrittene Ei rückt nun, immer dem Darme, von dem es seine Nahrung bezieht, dicht anliegend, auf den Rücken und deckt nun die eine Seite ganz, die andere zum Theil zu (Fig. 13 O,). Kern und Kernkörperchen werden immer größer, die Granulirung des Plasmas nimmt zu und ist namentlich im hinteren Ende besonders stark. Man sieht aber (Taf. XI, Fig. 13) außer dem Kerne dieses Eies noch den des unfertigen der anderen Seite und hin- ten in der Tiefe auf jeder Seite mindestens noch den Kern des hinter- sten großen Eikeimes. Bei geringem Drucke schon sind die Umrisse der einzelnen Eier verwischt und man glaubt dann eine einheitliche Masse mit Zellkernen zu sehen. Dies wurde von M. ScnuuLtze an fast durchgehends als unpaares dorsales Ovar beschrieben, nur Bürscarı macht, wie dargelegt, eine Ausnahme. An guten Präparaten kann man die Eier desselben Objektes, der Größe nach durchmusternd, alle Wachsthumsstadien derselben verfolgen; ein solches Präparat ist in den Figuren 14, 45 abgebildet. Schon während das Ei noch an der Seite lag, traten kleine, zerstreut liegende, stark lichtbrechende Körperchen im Plasma auf (Fig. 13 Do). Allmählich gewinnen sie anscheinend Scheibenform und rücken an die Peripherie, dabei liegen sie aber unregelmäßig angeordnet und im hin- teren Theile des Eies in gehäufterem Maße. Im Profil sieht man sie ein- gebaucht, mit einer schüsselförmigen Einbuchtung versehen. Sie ent- wickeln sich aus hellen Kugeln, welche an einer Seite eine stark licht- brechende Calotte erhalten, die aufKosten der Kugeln größer werden und schließlich allein übrig bleiben; daher auch die Schüsselform dieser Plätt- chen. Entsprechend dieser Vertiefung treten bei Verschiebung des Tubus im Centrum und der Peripherie abwechselnd Licht und Dunkelheit auf. Das Ei, das bisher nur Rücken und Seiten eingenommen hat, wächst nun enorm und zwar so, dass es mit Zunehmen seiner ellipsoi- Die Gastrotrichen. 218 den. Form Darm und die anderen Eier zur Seite schiebt (Taf. XI, Fig. 8 O,) und vom Rücken zum Bauche reichend den größten Theil der Leibeshöhle einnimmt. Die schüsselförmigen Körperchen liegen zu äußerst an der Peripherie (Do) und messen in der langen Achse 0,00188 mm, in der kurzen 0,00425 mm. Eine Dotterhaut findet sich früher und in diesem Stadium nicht. Die erwähnten Körperchen färben sich in Karmin intensiv, stärker als der Zellkern, und erweisen sich als plasmatische Gebilde, indem sie durch Essigsäure zum sofortigen Zer- fließen gebracht werden; sie sind als Dotterelemente anzusehen. Merk- würdigerweise finden sich im feingranulirten Plasma des konservirten Eies Straßen lichteren Plasmas, welche zwischen den Dotterschüppchen beginnen und radiär nach innen laufend sich allmählich verlieren. Der Kern (Xe) des reifen Eies ist enorm groß und misst. im Querschnitte bei Chaet. maximus Ehrb. an konservirten Objekten im langen Durchmesser 0,0425 mm, im kurzen Durchmesser 0,04 mm, ist also schon halb so groß als das ganze Ei im Querschnitt misst, imdem dessen lange Achse 0,025 mm, dessen kurze 0,0225 mm hat. Das Plasma des Kernes ist gröber granulirt als das des Eies. Das Kernkörperchen (K%) ist, wie der Kern und das Ei, ellipsoid. Sein Querschnitt zeigt an Präparaten nur 0,0025 mm: Durchmesser. Bei einem 0,14 mm langen leben- den Exemplar von Chaet. maximus Ehrb. war das nicht ganz reife Ei 0,06 mm lang und 0,028 mm breit, der Kern 0,015 mm lang, 0,0125 mm breit, das Kernkörperchen 0,005 mm lang, 0,0025 mm breit. Die Maße des Kernes stimmen nicht mit denen an konservirten Objekten überein, was auf Rechnung der unvermeidlichen Schrumpfung zu schieben ist. Bei einem lebenden Lepiderma sguammatum Duj. war unter gleichen Verhältnissen der Kern 0,01375 mm, das Körperchen 0,0063 mm lang. Eine die Eier, sowie das Ovarium einer Seite umschließende Haut fand ich nicht. Allerdings kann ich nicht verschweigen, dass ich ein- mal nach sehr starker Quetschung von je einem Ei einen Fortsatz, und zwar vom rechtsliegenden einen gefalteten, vom linksliegenden einen granulirten unter den aufsteigenden Enddarm hinein laufen sah, doch glaube ich entscheiden zu können, dass dies keine normale, sondern eine durch die starke Quetschung hervorgerufene Erscheinung war. Bei starkem Drucke weicht die weiche Eimasse überall hin aus und schmiegt sich in Fortsätzen zwischen die anderen Organe hinein, so dass man sie eben so gut zwischen den Ganglien des Gehirnes in einzelnen Lappen finden kann, wo sie vorher nicht zu treffen war. Ganz unverständlich ist die von FernALD ins Leben gerufene Ansicht von einem Oviducte, der auch Sroxes huldigt; wenn eine Umhüllung vorhanden wäre, müsste sie wie die Ovarien paarig, und es müssten zwei heitschrift f, wissensch. Zoologie. XLIX, Bd. 18 274 Carl Zelinka, Oviducte zu sehen sein. Die Frage nach dem Ausführungsgange der Ova- rien ist meiner Ansicht nach neben der vom Hoden die schwierigste der Gastrotrichenanatomie. Ich glaube, dass die Verhältnisse eben so niedrig liegen wie bei Dinophilus; wenn aber Oviducte vorhanden wären (siehe die beschriebenen Stränge nach hinten), so wird die Sache sich wohl so verhalten, wie bei verwandten, mit paarigen Ovarien versehenen Räder- ihieren. Die Austreibung eines Eies konnte ich trotz aller Bemühung nie direkt mit starken Linsen beobachten. Daher bin ich nicht in der Lage die Angaben der früheren Forscher zu kontrolliren. Lupwie giebt bei Chaet. larus O. Fr. Müller, wie bekannt, eine über der Schwanzgabel gelegene konische Öffnung für die weibliche Geschlechtsöffnung an. 13. Das abgelegte Ei und der Embryo. Historisches. C. G. EHRENBERG (Nr. I, 4838) erwähnt bei allen ihm bekannten Arten der Eier (s. system. Theil) und schildert sie bis auf die von Chaei. brevis, welche kleiner zu dreien vorhanden sein sollten, als groß mit Keimbläschen ver- sehen und einzeln auftretend. M. ScuuLtzE {Nr. 9, 4853, p. 248, 249) berichtet: »Vom Eierstock abgeschnürt, unmittelbar an das vordere Ende desselben anstoßend, findet man häufig ein großes ovales Ei von 1/36 —Y/a "" längsten Durchmesser, mit dicker, farbloser, in kalter Kalilauge unlöslicher Schale. In denselben konnte ich, wie EHRENBERG, das Keimbläschen mit dem Kern stets deutlich erkennen. Eine Ent- wicklung der Eier scheint somit im Körper des Mutterthieres nicht stattzufinden.« P. H. Gosse (Nr. 48, 4864, p. 400) scheint ein einziges Mal ein entwickeltes Ei und zwar bei Das. goniathrix gesehen zu haben. E. METSCHNIKOFF bringt (Nr. 19, 4864, p- 454) eine neue Beobachtung: »Wie ich bei Chaet. larus entdeckt habe, produ- ciren dieselben zwei Arten von Eiern, welche offenbar als sogenannte Sommer- und Wintereier die bei den Rotatorien längst bekannte Erscheinung wiederholen. In einigen Exemplaren fand ich nämlich in der Leibeshöhle eine Anzahl (bis zu 45) ovaler, von 0,419—0,026 mm langer Eier (Taf. 35, Fig. 50 n), die der dicken Eihüllen entbehrten und im Furchungsprocesse begriffen waren. Wir dürfen diese bisher unbekannte Form wohlals Sommereier betrachten. Dieschon von anderen Forschern beobachteten Wintereier haben bekanntlich andere Eigenschaften: sie sind bei der- selben Art, bei welcher ich die Sommereier gefunden habe, 0,06 mm lang, tragen eine dicke Schale und werden nach außen abgelegt.« H. Lunpwic (Nr. 23, 1875, p. 208) fand nur hartschalige Eier: »Nach meinen Messungen finde ich, dass das abgelegte Ei des Chaet. larus nicht die von METSCHNIKOFF angegebene Größe besitzt, sondern nur 0,043 mm in seinem längsten Durchmesser misst (Keim- bläschen = 0,0115 mm). Da ich die Thiere nur in den Monaten November und December und dann wieder Anfangs April untersuchte, kann ich mich über den METSCHNIKOFF’Schen Fund von Sommereiern nicht aus eigener Anschauung äußern, hege jedoch durchaus keinen Zweifel an der Richtigkeit derselben.« p. 243: »Später hat er (der Embryo) eine zusammengekrümmte Lage, und zwar so, dass die Bauch- seite des hinteren Körperabschnittes die Bauchseite des vorderen bedeckt. Die glänzenden Körnchen, welche sich in den Darmzellen des ausgebildeten Thieres finden, erblickt man ziemlich frühzeitig im Inneren des Embryo, woselbst sie, ent- sprechend den beiden Zellreihen , welche den Darm konstituiren , in zwei Längs- Per 20 Die Gastrotrichen. 275 reihen neben einanderliegen. Sie schienen mir bei den Embryonen kleiner zu sein, als bei den ausgebildeten Thieren, aber eben so zahlreich.« »Sein Kopfende liegt zwischen den Schwanzspitzen, deren Endgriffel von rechts und links den vordersten Leibesabschnitt in sich fassen. Beim Ausschlüpfen des Embryo findet kein regel- mäßiges Aufspringen (etwa durch einen Deckel) der Eihaut statt, sondern es verliert dieselbe in der Umgebung des Kopfendes an Festigkeit und wird hier durch die gleichzeitig von den sich aufrichtenden Rückenstacheln ausgeübte Zerrung zerrissen. Die Wimpern der Bauchfläche beginnen schon innerhalb des Eies ihre Thätigkeit.« Auch Bürscauı sah (Nr. 24, 1876, p. 389) nur eine Art der Eier: »Das reife Ei ver- liert schon bevor es abgelegt wird sein Keimbläschen. METScHNIKOFF will, ähnlich wie bei den Räderthieren, zweierlei Eier beobachtet haben; ich sah nur die großen Eier, von welchen immer nur eines auf einmal zur Reifung kommt.« Lupwic hält auch später (Nr. 32, 1886, p. 824) an der Angabe METScHNIKoFF’s von Sommer- und Wintereiern fest. A. C.Stoxes (Nr. 35, 1887. p. 83) schreibt darüber Nachstehen- des: »La membrane de l’oeuf est molle et flexible, et celui-ci est souvent tres com- prime et diversement deforme& pendant le passage, deformation qu’il conserve quel- ques secondes apres son expulsion. Il n’est pas fixe d’une maniere permanente ä un object submerge, mais läche la ou l’animal se trouve a prendre sa nourriture, et abandonne aux risques d’etre devore par quelque ver Turbellarie ou un autre des innombrables ennemis qui abondent dans la couch& superficielle de la vase. Nean- moins,; les oeufs de plusieurs especes sont proteges par une armure d’epines, de papilles ou de poils raides. Mais d’autres sont tout ä& fait lisses ou seulement cou- verts de rugosites granulaires. A ce propos, c’est un fait curieux qu’un cöle de la membrane de l’oeuf est toujours prive de defense, les Epines et autres productions proteetrices etant toujours limitees A un cöte et aux deux extremites. Il n’est pas moins ‚interessant que la m&me espece puisse pondre des oeufs dont l’ornemen- tation differe grandement, comme un re&seau de lignes saillantes ou des papilles pentagonales creuses, ou de longues Epines a l’extremite triradiee ou quadripartite. J’avais d’abord suppose que chaque espece pond des oeufs marques d’un dessin exterieur caracteristique, mais une observation un peu prolongee a bientöt detruit cette illusion qui m’agr&ait.« Die eingehenderen Angaben findet man im systema- tischen Theile bei /chihydium sulcatum, Lepidoderma concinnum, Lep. sguammaltum, Chaetonotus spinulosus und Chaet. spinifer citirt. Bezüglich der Stellen, an welchen die Eier abgelegt werden, berichtet Stores p. 78: »j’ai m&me trouv& leurs oeuis sur ces filaments entre lac&s ou les parents les avaient negligemment deposes.« Vorausschicken muss ich, dass ich wie alle Beobachter seit Mrtscant- KOFF nUr Sog. »Winter«-Eier, und zwar zur Sommers- und Winterszeit fand; nie traf ich unter den Hunderten von Exemplaren eines mit Eiern, die man alsSommereier deuten dürfte. Es ist daher meine Überzeugung, dass die Angaben METscunikorr's auf einem Irrthum beruhen, da er, wie im nächsten Kapitel gezeigt wird, an sich zersetzenden Thieren studirt hat. Die Eier fand ich nicht, wie Stores sagt, nachlässig auf den Was- serpflanzen abgelegt, sondern im Gegentheil sorgfältig versteckt. Viele Male untersucht ein Thier ein solches Versteck und kehrt nach ruhe- losem Umherstreichen wieder zur Stelle zurück, bis es sein Ei dort ab- legt. Als solche Plätze werden mit Vorliebe die leeren Schalen von Ostracoden oder unentwirrbare Geflechte von Algenmassen und Pflanzen- 18* 276 | “Carl Zelinka, resten gewählt; ein Entfernen der Eier daraus gelingt nur durch Zufall, da sie meist mit vielen Ankern an ihren Stellen festgehalten werden. Diese Verankerung, welche zugleich als Schutzeinrichtung aufzufassen sein dürfte, wird durch Höcker, Stacheln oder mit Widerhaken ver- sehene Säulchen und Pyramiden oder auch nur durch erhabene Netz- linien bewirkt. Ganz glatt sind die Eier bei dem stachellosen Lepido- derma concinnum Stokes; bei einem anderen Thiere, Lepidoderma sguam- matum Du). (Taf. XV, Fig. 13), besitzen sie eine Bekleidung von hohlen Säulchen, welche am freien Ende mit vorspringendem gezackten Rande versehen sind. Einfache, kurze, borstige Stacheln hat das Ei von Ohae- lonotus spinulosus Stokes (Taf. XV, Fig. 12). Das von Chaet. maximusEhrb. ist mit langen, eingeschnürten, eckigen Säulchen versehen Si XIM, Fig. 2). Eine merkwürdige Angabe ist die von Srtorrs für Chaet. spinifer Stokes; es sollen da von derselben Species drei verschiedenartige Eier abgelegt werden können, welche an Größe wie an Struktur der Schale verschieden sind. Das größte dieser Eier war mit niedrigen Erhebungen und vier bis fünf eckigen erhabenen Netzlinien bedeckt, das mittlere besals lange konische Stacheln (Taf. XV, Fig. 23 d), welche mit drei- bis‘ viertheiliger Gabelung am Ende versehen waren. Die Gabeläste saßen dem Stachel im rechten Winkel auf und waren selbst flache Plättehen, welche daher von der Seite dünn, von der Fläche breit erschienen. Sie waren am Ende schwach dichotomisch getheilt. Die kleinsten Eier trugen kurze Pyramidenstutze mit konkaven Seitenflächen und über- ragendem oberen Rande, der vier bis fünf Zipfel zeigte (Taf. XV, Fig. a 6). Die Größenverhältnisse der uns bekannten Eier sind: Länge des Lange Achse des Thieres Eies Chaetonotus concinnum Stok. 0,0920 mm 0,0543 mm 41,69:4 Chaetonotus spinulosus Stok. 0,0675 mm 0,0338mm 2% 4 Chaetonotus spinifer Stok. Verhältnis Lepidoderma squammatum Duj. 0,1372 mm 0,0465 mm 2,95: Chaetonotus maximus Ehrb. 0,22 mm 0,069 mm 3,1 großes Ei 0,07937 mm 2,24 :4 mittleres Ei 0,4956 a) 0,07362 mm 2,66:A4 kleines Ei 0,07060 mm 2,76: 4 A Die Eier sind Ellipsoide. Ein 0,0688 mm langes Ei von Chael. maxı- mus :Ehrb. maß in seiner kurzen Achse 0,0385 mm, es war also die lange Achse nur 1,85mal so groß als die kurze. ‚Die Behauptung Stores), dass die Bewaffnung des Eies auf einer Seite fehle, ist unrichtig. Die Erhebungen sind bei Chaet. mascimus überall vorhanden, nur sind sie an einer Stelle, an welcher der Hinterleib des Embryo anliegt, viel Die Gastrotrichen. 277 kürzer. Alle sind schlanke, erst sich verjüngende, an der Spitze sich wieder erweiternde kantige Säulchen mit eingebuchteten Seitenflächen und mehrtheiligem, oft sternförmigem Endtheile, der von der Seite wie mit Zacken besetzt erscheint. Die großen Erhebungen maßen 0,00438mm und waren 3!/;mal so groß als die kleinen 0,00125 mm langen. Der Übergang zwischen beiden erfolgt ganz allmählich (Taf. XIII, Fig. 2). Der Embryo liegt, in der Mitte abgeknickt (Taf. XIII, Fig. 3), inner- halb der Schale so, dass Kopf und Schwanz am selben Eipole lagern, Die Abknickung findet gerade am Anfange des Mitteldarmes statt. Der Kopf war bei Chaet. mascimus stark, 0,0165 mm hoch, der Vordertheil des Thieres maß 0,0633 mm, der Hintertheil bis zum Anus 0,0550 mm, der Schwanz war ganz bauchwärts eingeschlagen und war so lang wie am erwachsenen Thiere. Der Darm, 0,0109 mm dick, enthielt Gruppen von glänzenden Körnchen, wie schon Lupwıc erkannte, nur sah ich sie durch- aus nicht zahlreich. Die Eischale ist, wie Stores schon gesehen, weich und elastisch; der Embryo kann die Form des Eies ändern, wenn er selbst seine Lage ändert. Dies findet vor dem Ausschlüpfen statt. Zuerst krümmt das Thier hauptsächlich den Vordertheil an der Gehirnpartie ein und fährt mit dem Munde an der inneren Fläche der Eimembran umher. Auch der Darm zuckt und bewegt sich langsam vor- und rück- wärts. Das Thier veränderte dabei seine Lage, so dass es nach 5 Minu- ten eine Drehung von 90° durchgemacht hatte, es lagen Vorder- und Hintertheil nicht neben sondern auf einander; die Bauchwimpern spiel- ten dabei fortwährend. Dann nahm das Thier eine $-förmige Gestalt an und presste den Mund fest an die Eischale an, welche dem Drucke als elastische Membran nachgab, bis sie an dem Pole riss und dem Chaetonotus nach etwa einer Stunde Anstrengung die Freiheit gab. Eine Aktion der Rückenstacheln, wie sie Lupwic beschreibt, sah ich dabei nicht. 14. Männliche Geschlechtsorgane,. Historisches. C. G. EurEngerg (Nr. 4, 1838, p. 387) sagt bei Charakteristik der Ichthydina: » Die männlichen Sexualtheile sind noch bei keiner Form beobachtet, aber wahrscheinlich nur übersehen.« M. Schuutze (Nr. 9, 4853, p. 249) beschreibt bei Chaetonotus Schultzei Metschn. den Hoden folgendermaßen: »Vor diesem Ei, über ‘ der Stelle des Verdauungskanales, wo Speiseröhre und Darm zusammenstoßen; liegt der aus wenigen kugligen Zellhaufen gebildete Hode. Haarförmige Spermatozoiden, wie es schien aus den Spermatozoidenkeimzellen durch eine Verlängerung ent- standen, wurden theils in Gruppen vereinigt, theils einzeln gesehen. Eine besondere, die sämmtlichen Hodenzellen umschließende Haut schien auch hier wie bei Tur- banella zu fehlen.« Auch METSCHNIKOFF (Nr. 19, 1864, p. 454) glaubte ein männliches Geschlechtsorgan zu sehen: » In Betreff der männlichen Geschlechtsorgane unserer Thiere bin ich noch im Unklaren geblieben; doch habe ich immer noch die Hoffnung, 278 Carl Zelinka, diese Verhältnisse durch neue Untersuchungen aufzuklären. Ich kann jetzt-nur die Vermuthung aussprechen, dass die bei einigen Chaetonotus-Individuen von mir ge- fundenen paarigen, aus Zellen bestehenden Gebilde (Taf. XXXV, Fig. 7.c) männ- liche Genitalien repräsentiren. Diese Vermuthung lässt sich aber durchaus nicht beweisen, zumal es ja auch möglich ist, dass unsere Thiere, wie die Rotatorien, einen geschlechtlichen Dimorphismus zeigen, und dass die wahrscheinlich selten vor- kommenden Männchen mir bis jetzt vollständig entgangen sind.« H. Lupwie (Nr. 23, 1875, p. 208, 209 und 247) beschreibt mit voller Bestimmtheit einen Hoden bei Chaetonotus larus und Ichthydium podura, wo er den Hoden an Individuen, welche kein großes Ei, sondern nur das »funktionslose Ovarium« am Rücken tragen soll- ten, gefunden zu haben glaubt. »An solchen Individuen nun, die meist auch etwas schlanker als die Weibchen sind, lässt sich bei günstiger Lagerung derselben ein quergestelltes kleines Organ erkennen, welches dem hintersten Theil des Dar- mes kurz vor der Afteröffnung von unten aufgelagert und denselben seitlich eine kleine Strecke weit umgreift. Dasselbe ist begrenzt von einer feinen strukturlosen Membran und umschließt eine dichte Menge kleiner, stark lichtbrechender Kügel- chen. Den Nachweis, dass wir in diesem Organe in Wirklichkeit den Hoden vor uns haben, werde ich erst dann zu führen suchen, wenn ich dieselben Verhält- nisse bei Ichthydium podura aus einander zu setzen habe.« .Daselbst heißt es nun: »Die Geschlechtsorgane stimmen gleichfalls mit denjenigen des Chaetonotus larus überein. .Der Hoden misst in seiner Längsrichtung 0,044, in seiner Querrich- tung 0,003 mm. Die kleinen glänzenden Kügelchen, welche denselben erfüllen und die ich als Samenelemente deute, ließen eben so wenig wie bei Chaet. einen Schwanzanhang erkennen, was übrigens, wenn ein solcher wirklich vorhanden ist, bei der enormen Kleinheit des Objektes seine große Schwierigkeit haben. wird. Was mich in der Auslegung des ganzen Organs bestärkte, war die folgende Be- obachtung. Ein lebendes Exemplar wurde einem allmählich sich steigernden Druck ausgesetzt. In Folge dessen borst die Wandung des Hodens und ihm entströmten die kleinen Kügelchen, die alsdann hin und her wimmelnd sich frei in der Leibes- höble des Thieres bewegten. Ich seizte einen Tropfen Essigsäure zu und die Be- wegung hörte auf. Da man bei den mit einem Hoden ausgestatteten Individuen, die auch hier weit seltener sind als die Weibchen, stets ein nicht in Funktion ge- tretenes Ovarium vorfindet, andererseits aber bei den ein großes Ei umschließenden Weibchen niemals eine Spur eines Hodens auffindet, so wird man die Geschlechts- verhältnisse des Ichthydium podura, sowie des Chaetonotus larus und wohl auch der übrigen Gastrotricha so aufzufassen haben, dass man sagt: Die Gastrotricha sind Zwitter, aber die Geschlechtsorgane treten an demselben Individuum nach einander in Funktion, zuerst der Hoden, dann unter gleichzeitigem Schwund des Hodens der Eierstock. Zur sicheren Feststellung dieser Auffassung wäre freilich nöthig, die Umwandlung eines mit Hoden und rudimentärem Eierstock ausgestatteten Indivi- duums in ein Eier ausbildendes Weibchen zu verfolgen. Bei dem jetzigen Stand der Kenntnis kann aber auch die andere Behauptung, dass die Gastrotricha ge- trenntgeschlechtliche Thiere sind, aufrecht erhalten werden, nur muss man dann annehmen oder nachweisen , dass das rudimentäre Ovarium der Männchen niemals zur Entwicklung kommt. Ein Dimorphismus der Geschlechter, wie ihn METSCHNIKOFF vermuthet hat, ist aber jedenfalls nicht vorhanden. « BürscaLı (Nr. 24, 1876, p. 389) meinte ‚Spermatozoen sehen zu können: »Auf männliche Thiere oder deutliche Spermatozoen bin ich nicht gestoßen, doch muss ich bemerken, dass ich jederseits dem Darm anliegend oder auch in der Umgebung der Ovarien vielfach eine ziemliche Se Die Gastrotrichen. 279 Anzahl unregelmäßig gestalteter, körniger zellenartiger Körper gefunden habe, die man unter Umständen für Spermatozoen in Anspruch nehmen könnte.« Lupwic vertritt seine 4875 geäußerte Meinung auch 4886 (Nr. 32, p. 824): »Hoden und Eier- stock kommen nach einander zur Entwicklung.« A.C. Stokzs (Nr. 35, 4887, Taf. I, Fig. 11) zeichnet bei einer schematischen Figur, welche einen idealen Medianschnitt durch das Hinterende von Chaet. larus vorstellen soll , eine unter dem Darm gelegene Drüse sogar mit einem Ausführungsgang nach hinten; der Text im allgemeinen Theile (p. 79) heißt nur: »Le seul Chaetonotus dans lequel on ait vu un organe qui semble avoir la function d’un testicule est le Chaet. larus Ehrb. Il pr&esente un organe glandulaire sous la partie posterieure de l'intestin (Pl. I, fig. 44 C) qui, d’apres Lupwıc serait l’organe mäle; ainsi, l’animal serait hermaphrodite, ce que BütscuLı nie«, wäh- rend im speciellen Theile bei Chaet. larus (s. system. Theil: Chaet. brevispinosus mihi) diese Drüse auch gemessen und mit 1/9195 Zoll = 0,012 mm Länge angeführt wird. Von den bisherigen Angaben kann sich nur die von Lunpwic auf thatsächliche Verhältnisse stützen. Wenn auch M. ScruLtze von haar- förmigen Spermatozoiden spricht, welche dort, wo Speiseröhre und Darm an einander grenzen, in Gruppen liegen sollen, so kann doch nichts gefunden werden, was diese Beschreibung rechtfertigen würde. Nur bei sich zersetzenden Thieren treten Körnchen auf, welche, un- regelmäßig gruppirt, M. Scuurtze veranlasst haben dürften, sie als ge- sonderte Zellderivate anzusehen; von haarförmigen Anhängen ist nichts zu sehen und es hat auch in der That seit diesem Autor Niemand etwas davon bemerken können. Das gleiche Schicksal widerfuhr dem von METScHniKorF beschriebenen Hoden. Er zeichnet in seiner oben ange- gebenen Figur im Profil ein großes, blasig zersetztes Ei und deutet dies vermuthungsweise als männliche Geschlechtsorgane. Die von Bürscnui gelieferten unklaren Angaben stützen sich auf Beobachtungen, welche an aufgeblähten und stark veränderten Exemplaren gemacht worden waren. Sie sind eben so zu erklären, wie die erwähnten Beschreibun- gen von sternförmigen Muskelzellen, indem sie wie diese durch Trug- bilder veranlasst wurden, nur dass man hier nicht sicher sagen kann, durch welche Organe oder Organbestandtheile diese »körnigen, zellen- artigen Körper « vorgetäuscht wurden. Dagegen kann ich die von Lupwıc gegebene Beschreibung im Großen und Ganzen bestätigen. Man kann thatsächlich unter dem Enddarme ein ellipsoidisches Organ entdecken (Taf. XI, Fig. 14 x), das jedoch den Darm zwingt, seine Richtung zu ändern und nach oben eine Krümmung um ihn herum auszuführen. Ich konnte dies Organ zum öftern bei Chaet. persetosus mihi und Lepid. sgquammatum Duj. nachweisen. Bei letzterem war der lange Durchmesser 0,0138 mm. Das Organ lag quer unter dem Darme und schien mir bei Lep. squammatum gelappt zu sein. Es war ganz erfüllt von dunkeln, sehr dicht liegenden Körnchen. Seine seitlichen Ränder reichten über die beiden Ovarien hinaus und 280 Carl Zeliuka, deckten sie zum kleineren Theile zu. Auf Färbung mit Pikrokarmin traten keine deutlichen Kerne auf. Das Ganze war von einer durch- sichtigen Membran umhüllt. Bewegung der Körnchen entstand bei in- takten Individuen nie, erst bei allmählicher Zersetzung trat Molekular- bewegung ein. Es ist kein Zweifel, dass dieses Gebilde dasselbe ist, welches Lup- wig gesehen hat. Es fand sich aber nicht bloß bei Individuen, deren Eier wenig entwickelt waren, sondern gerade bei solchen Thieren, wel- che ein mächtiges Rückenei und zwei ziemlich große, seitlich liegende Eier besaßen; bei solchen Individuen konnte ich häufig diesen Körper nachweisen. Es ist das Auftreten desselben also ganz unabhängig von der Entwicklungsphase der Ovarien. Von seiner Funktion kann. man nichts Bestimmtes sagen. - Ich glaube, dass Lupwıc mit ungenügenden Gründen dieses Organ als Hoden deutete. An den glänzenden Körnchen ist ein Schwanzanhang bisher nicht gesehen worden; wenn wir aber auch von dieser Bedingung ab- sehen würden, so gestatten uns die Beobachtungen Lupwiıg’s doch nicht die erwünschte Schlussfolgerung, da die tanzende Bewegung der Körn- chen durch die Leibeshöhle hin sowie das Aufhören dieser Bewegung nach Zusatz von Essigsäure keinen Beweis für selbständige Bewegungs- fähigkeit der Körnchen liefert. Molekularbewegung ist im Gastrotrichen- körper sehr bald, sogar wenn das Thier noch die Flimmern. kräftig bewegt, zu ‚beobachten, es tänzen die Dotterkörnchen der Eier, die Körnchen der Darmzellen etc. lebhaft, und sie setzen diese Bewegung auch in der Leibeshöhle fort, in welche sie durch Bersten der bezüg- lichen Wände gelangten. Ja man sieht sogar Körnchen in Vacuolen der Darmzellen an ganz intakten, eben gefangenen Thieren der Molekular- bewegung unterworfen. Sofort nach Essigsäurezusatz hören sowohl in diesen Organen als Aueh in der Leibeshöhle die tanzenden Körnehenbewegungen.auf, weil die Flüssigkeiten, welche in den Organen und in.der Leibeshöhle sieh befinden, gerinnen. Treten nach starkem Druck’ einige Körnchen aus dem Körper etwa an einer seitlichen Spalte’ aus, so stellen auch diese, nach Zusatz von Essigsäure, augenblicklich. ihre Molekularbewegung ein, indem die ausgetretene Leibeshöhlenflüssigkeit durch Gerinnung sie festhält. Eben so werden auch die Körnchen des fraglichen Hodens zur Ruhe gebracht. Wenn wir auch zugeben müssen, dass dieses Organ durch weiter eindringende und glücklichere Untersuchungen als’Hoden erkannt werden könnte, so dürfen wir andererseits diese Vermuthung nicht zur Gewissheit erheben, da uns dermalen alle dazu Behönige Be- weise: fehlen. Die Gastrotrichen. 281 Keinesfalls kann aber der von Lupwıs bezüglich der zeitlichen Folge der männlichen und weiblichen Geschlechtsreife aufgestellte Satz ferner Geltung haben; das bewusste Organ kommt nicht vor der weiblichen Reife zur Ausbildung, sondern wird sowohl bei jungen als auch bei erwachsenen und mit großen Eiern versehenen Individuen gleichmäßig gefunden. | Da. mir bei meinen lang andauernden Untersuchungen niemals männliche Thiere untergekommen sind, obwohl ich zu allen Jahreszeiten eifrig danach suchte, :so glaube ich auch weiter behaupten zu können, dass eine Trennung der Geschlechter nicht vorhanden ist. Die Angaben von Stores schließen sich so eng an die von Lupwıs an, dass das oben Gesagte auch: von ihnen gilt, Einen nach hinten gehenden langen Ausführungsgang dieses Organs konnte ich nicht konstatiren. II. Theil. Biologie. 1. Nahrung. Die Nahrung besteht in kleineren, sei es thierischen oder pflanz- lichen Organismen und in Resten derselben. Häufig findet man den Mitteldarm lebhaft grün gefärbt in Folge reichlich genossener Algen, und zwar traf ich ohne Unterschied der Arten diesen Zustand sowohl bei Chaeti. maxımus als auch bei Lepidoderma squammatum. Auch von anderer Seite ist die Aufnahme pflanzlicher Nahrung beobachtet; P. H, Goss£ beschreibt einen Darm von intensiv grüner Farbe bei Gossea antenniger Gosse. Diatomaceen fand A. C. Stores im Darme von Ichthy- dium rhombo:rdes enthalten. Die betreffende Stelle lautet: Les debris organiques,, les fins detritus des plantes et des animaux microseo- piques dont la vie s’est eteinte dans ces eaux paraissent former leur principale nourriture. Dans deux cases, tous deux relatifs a des individus differents de la meme. grosse ‚espece ‚, Chaet, rhomboides, une diatomee vivant avait et& avalee. Ce sont le seuls exemples que'j’aie vus dans lesquels, d’autres corps que de ’fines particules aient,&t€ acceptes pour nourriture. In anderen Fällen war die Nahrung ganz farblos und entschieden thierischen Ursprunges. P.H. Gosse fand sogar bei Dasydytes goniathri die Chitinschale eines kleinen Thierchens im Mitteldarme, dessen Her- kommen nicht zu ergründen war. Bei Dasydytes saltitans giebt A. C.Storss an, dass die Nahrung aus lebenden, verhältnismäßig großen Infusorien bestünde. Recht interessant schildert er die Aufnahme der Nahrung im allgemeinen Theile (Nr. 35, 1887, p. 77). »Quoique leur bouche soit PERL inerme, a l’exception de la rangee unique de cils au soies qui l’entoure, ces petits &tres semblent s’en servir pour se defendre ‘ou pour prevenir leshabitants de la meme eau qui pourraient leur faire obstacle ou 282 Carl Zelinka, produire une collision, en €levant la tete et frappant des coups repetes, brusques et relativement violents, en m&me temps qu’ils ouvrent l’oesophage avec un mouvement caracteristique de menace. Ceci s’applique particulierement au Chaetonotus lori- catus, mais jai vu le Chaet. acanihodes frapper le corps d’un Infusoire mou, d’un REN en faire sortir le sarcode en gouttes ou en filaments coulants Bi V’assail- lant avalait.« Auch P. H. Gossz sah seinen Chaet. gracılis nach einem kleinen thierischen Wesen schnappen, welches in der Nähe umherschwamm. C. G. EuRENBERG veranlasste sowohl Chael. maximus als Chaet. larus Indigo aufzunehmen. FernaLp scheiterte mit seinen Fütterungsversu- chen; sein Thier brachte ein Indigokörnchen nicht weiter als in den Ösophagus, und bemühte sich wiederholt, es von sich zu nn doch starb es früher, bevor eine Entscheidung eintrat. Die Aufnahme der Nahrung kann vor sich gehen, indem das Thier den mit Partikelchen erfüllten Wasserraum durchstreift und die Nah- rung sucht, oder aber auch, ganz nach Art der Rotatorien, bei angehef- tetem Fuße vermittels eines Wirbels im Wasser, durch Herbeiziehen der Nahrung. Die Bewegungen bei der Nahrungsaufnahme sind rasch und unerwartet und ich stimme Stoxzs bei, wenn er (p. 82) sagt: »Les contractions de l’epaisse paroi musculaire &largissent cette cavite, et, aidees par la rapide protrusion de l'ouverture orale, entrainent les matieres alimen- taires par ce qui semble un mouvement de succion. Ce mouvement est tout & fait subit et comme si "animal voulait mordre.« Dieses Vorstoßen des Mundringes geht sehr schnell vor sich. Die Erweiterung, durch welche ein Wasserstrom in das vergrößerte Lumen des Ösophagus hineingezogen wird, läuft als eine überaus eilige Welle durch den ganzen Vorderdarm; wenn sie am verdickten Hinterende des- selben anlangt, ist das Vorderende noch nicht normal geschlossen. Dies hat auch Stoxzs bei Chaetonotus und Das. saltitans gesehen, da er von einer »sehnappenden« Bewegung des Ösophagus spricht. Die Nahrung schlüpft dem entsprechend schnell durch diesen Theil des Verdauungstractus hindurch, welcher Umstand von EHRENBERG benutzt wurde, um die Ich- thydınen als »Trrachelogastrica, mit langem fadenartigen, die Speise nur rasch durchlassendem, nicht anhaltendem Schlunde«, zu bezeichnen (Nr. 1, 1838, p. 386). Nachdem die Speise durch einen Reusenapparat hindurchge- drungen ist, bleibt sie in dem erweiterungsfähigen Mitteldarm. Je nach- dem das Thier wohlgenährt oder ausgehungert ist, sind die Zellen des- selben dick und fast ohne Lumen an einander schließend oder klein, zart und einen weiten Hohlraum umgebend. Hier verweilt die Speise stundenlang,” während welcher Zeit sie langsam nach hinten wandert, mitunter ruckweise befördert oder auch an die alte Stelle zurück- Die Gastrotrichen. 283 schlüpfend, bis sie im Enddarm angelangt ist. Diese Bewegungen finden . ohne Einfluss von Flimmern, welche bekanntlich vollständig fehlen, statt und werden nur durch die Kontraktionsfähigkeit der Darmwand be- wirkt. Der Darm zeigt, obwohl Muskeln nicht nachweisbar sind, selb- ständige Bewegungen, welche in einem gewissen, oft einseitigemZucken der Darmwand und in selbständigen größeren Formveränderungen zum Ausdruck kommen. Dass auch die Aufnahme von Wasser und der damit zusammenhängende geblähte Zustand des Mitteldarmes mit der Bewegung der Nahrung im Zusammenhang stehen, ergiebt folgende Beobachtung: die Nahrungsreste waren ruckweise am Enddarme angelangt, als plötz- lich viel Wasser verschluckt wurde, so dass der Darm weit ausgedehnt, blasig und hell wurde; dieses eindringende Wasser presste die Nah- rungsreste in den Blasendarm, in welchen sie mit einem Rucke hinein- schlüpften. Am Enddarme glaubte Lupwıe Bewegungen sehen zu können, doch war er dessen nicht sicher. Die Entleerung der Speisereste geht fast blitzschnell vor sich. Die Entleerung der Fäces beobachtete auch P. H. Gosse bei Dasydytes gonia- thrix zu wiederholten Malen (s. system. Theil). 2. Bewegungen. Nahezu ausnahmslos bewegen sich die Gastrotrichen schwim- nend fort; eine einzige Form Dasydytes saltitans Stokes kann auch springen, indem sie sich mittels der vier langen starken Borsten, welche die ventrale Fläche zieren, plötzlich emporschnellt. Die Sprünge errei- chen eine Weite von der doppelten Länge des Körpers. Das Schwimmen bewirken die zwei ventralen Längsbänder von Gilien; zur Erleichterung ihrer Arbeit wird ihnen ein freier Spielraum dadurch geschaffen, dass der Leib des Thieres immer über der Unterlage erhaben getragen wird, indem zwei ventrale Chitinkegel am Kopfe und die beim Schwimmen in der Regel nach abwärts gehaltenen Endröhren des Schwanzes als Stützen den Körper emporhalten. Die Gastrotrichen kann man schon bei Lupenvergrößerung von Infusorien an der Bewe- gung unterscheiden, indem die Gastrotrichen nie rückwärts schwimmen, ihre ventralen Cilien können nur in einer einzigen Richtung ihre Be- wegungsenergie entfalten. Der Unterschied zwischen Schwimmen und Kriechen, wie ihn EHRENBERG (Nr. 1, 1838, p. 388, 389) und ihm folgend einige spätere Forscher machen, existirt nicht, da das Bewegungsmittel sowie die Art . der Bewegung gleich bleibt, nur dass, wenn die Thiere an Stengeln von Wasserpflanzen und an Algenfäden langsam dahin schwimmen, um zu fressen, die Geschwindigkeit eine bedeutend verminderte ist, Da- 284 Carl Zelinka, her sind Diagnosen, »es schwimmt seltener als es kriecht«, oder »die Bewegung von Chaetonotus ist meist ein langsames auch rasches Krie- chen, selten ein Schwimmen,« ganz unbrauchbar. Wir werden nur ein freies Schwimmen und ein Schwimmen mit an einer Unterlage ange- lester Bauchseite unterscheiden dürfen, letzteres wenn das Thier seine Nahrung zu sich nimmt, ersteres wenn es auf Suche nach Nahrung oder auf der Flucht sich befindet, Wie es auch schwimme, man beobachtet konstant ein Zittern ches Kopfes und ein Tasten nach allen Richtungen mit demselben. Das rasche Schwimmen ist mitunter mit einem mehr oder weniger ruckweisen schraubigen Drehen des Körpers verbunden. Das Thier schwimmt munter, doch nicht lange in einer Richtung, die kleinste Störung ver- anlasst es, plötzlich den Kopf und Hals seitlich abzubiegen, so dass der Kopf bis zum Schwanz zurückfährt; dies kann mehrmals links und rechts ausgeführt werden. Es kann auch vorkommen, dass bei einem solchen Abbiegen der Hinterleib blitzschnell nachfolgt und nun die Be- wegungin entgegengesetzter Richtung zurückerfolgt. Mitunter schwimmt ein Chaetonotus stoßweise, wie aus einem Rohre geschossen, in einer Richtung dahin, wie um sich auf etwas zu stürzen, doch konnte ich keine wirklichen Angriffe wahrnehmen, im Gegentheile weicht es anderen entgegenkommenden Thieren schnell, kaum mit dem Auge verfolgbar, aus. Einige Male glaubte ich darauf einige schnappende Bewegungen nach kleineren Infusorien und Schwärmsporen sehen zu können, doch ging dies sehr rasch vor sich und ich konnte nie einen Erfolg on nehmen. Chaetonotus Bogdanovi Schimk. soll eigenthümlicherweise beim »Kriechen« den Vorderleib emporgehoben halten. | Ein spannerartiges Kriechen, wie es manchen Räderthieren eigen ist, giebt es bei den Gastrotrichen nicht, zu einer solchen Bewegungsart mangeln die Ringmuskeln und die damit in Verbindung stehende Glie- derung der Haut, obwohl die anderen Bedingungen vorhanden sind, nämlich die Fähigkeit des Anheftens mit Mund und Gabelschwanz; letzteres in gleicher Weise den Räderthieren zukommend, deren Sekret ganz gleich dem der Gastrotrichen ist. ' Die Philodiniden aber, welche wie eine Spannerraupe kriechen, heften sieh nicht mit: dem’ Munde sondern mit einem den Gastrotrichen fehlenden Organ, dem Rüssel an. Die Anheftung mit dem Schwanze ist eine willkürliche und kann’ will- - kürlich durch rasches Abbiegen der Zehen und rasche 'Gilienbewegung gelöst werden. Die Anheftung mit dem Munde scheint noch eine mehr zufällige zu sein; das Thier ist dann mit dem Hinterende 'freiund schlägt mit demselben hin und her und es dauert lange Zeit, bis’eine Die Gastrotrichen. 285 Loslösung erfolgt, welche sichtlich Mühe bereitet. Diese Anheftung ist auf eine Saugwirkung zurückzuführen, indem der Mundring an die Unterlage angepresst und durch den Ösophagus das Wasser ausge- pumpt wird. Außer der erwähnten Abbiegung des Vorderendes und der in den betreffenden Kapiteln beschriebenen Bewegung der Tasthaare und Cilien kann noch eine solche des Hinterendes beobachtet werden. Wird durch die ventralen, medianen Muskeläste die Mitte des Hinter- endes allein eingezogen, so werden die Gabelenden einander genähert, kontrahirt sich ein seitlicher Schwanzmuskel, erfolgt eine Entfernung des einen Gabelastes von der Medianlinie; bei gleichzeitiger Kontrak- tion erscheint das eigenthümliche scherenartige Öffnen der Gabel, kon- trahiren sich alle Muskeln des Schwanzes auf einmal, dann wird die Gabel ganz ventral eingeschlagen. 3. Zeit des Vorkommens. Die Angaben, welche im systematischen Theile bei den einzelnen Species wörtlich eitirt sind, lassen uns keinen Schluss auf die zeitliche Verbreitung unserer Thiere ziehen. Wenige Forscher haben derselben so lange andauernde Studien gewidmet, dass man die Sicherheit hätte, ihre Angaben seien die Summe positiver und negativer Befunde und besagten die betreffende Species sei nur in den genannten Monaten zu ‚finden gewesen. So viel geht hervor, dass die meisten Formen sowohl im Herbst als im Frühjahr getroffen werden konnten. GC. H. FErNnALD (No. 28, 1883, p. 1217) Konnte sie sogar mitten im Winter aus Tümpeln, welche zugefroren waren, erhalten. Dass sie leicht mit den Lebensbe- dingungen zufrieden sind, ersieht man daraus, dass ich sie in Gläsern mit Wasserpflanzen über den ganzen Winter halten konnte. Allerdings minderte sich ihre Zahl bedeutend, so dass, während noch im December in jedem Präparate zehn und mehr Stück umherschwammen, im Februar und März nur mehr ein bis zwei Individuen auf ein Präparat kamen, oder auch erst zwei Proben untersucht werden mussten, ehe man auf ein Thier traf. Dieses über den ganzen Winter andauernde Vorkommen in vor Staub geschützten Gläsern gilt für Chaet. maxcimus, brevispinosus, und Lepidoderma squammatum Duj. Letztere Form fand Dusarvın (Nr. 3, 1841, p. 569) in einem Glase mit Wasser, welches zwei Jahre gestan- den hatte. Jedenfalls pflanzen sich diese Formen unter obgenannten Umständen leicht fort, da ich viele Eier auffinden konnte. ‘Über die Lebensdäuer einzelner Individuen liegen gar keine Beobachtungen vor, da sie sich nicht lange in Präparaten am Leben erhalten lassen. 286 Carl Zelinka, ' Tabellarische Zusammenstellung ‚Paläarktische Däne- Frank- Deutschland A ee mark Teich Großbritannien I — — men et ei en nn nn ar ® PR N rg rS = = ER |: 5 z © & | ® = a |ze nie Taler se|ls2|8 ı- = um Der >) & er. = © = $ = z 38 BZ o= s = Be Ei. = © = :o© z = = g © = a a 585 A| 2 [a ae > (07) Ichthydium podura O. F. Müller | A 1 Ichthydium sulcatum Stok. — = Lepidoderma squammatum Du]. —ı— Lepidoderma concinnum Stok. — |— Lepidoderma ocellatum Metschn. == Lepidoderma rhomboides Stok. _- |— Chaetonotus maximus Ehrb. — |4A Chaetonotus similis mihi — | — Chaetonotus Schultzei Metschn. — |— Chaetonotus hystrix Metschn. — | Chaetonotus tabulatus Schmarda — |— Chaetonotus acanthophorus Stok. | — | — Chaetonotus brevispinosus mihi u Chaetonotus formosus Stok. — | — Chaetonotus Slackiae Gosse | — 1— Chaetonotus Bogdanovii Schimk. —|l— Chaetonotus enormis Stok. —ı = Chaetonotus longispinosus Stok. — | - Chaetonotus macrochaetus mihi — |— Chaetonotus persetosus mihi — Chaetonotus spinifer Stok. — IB+ Chaetonotus acanthodes Stok. NZ Chaetonotus spinulosus Stok. Zur Chaetonotus larus O. Fr. Müller BEE Chaetonotus octonarius Stok. —— Chaetonotus jamaicensis Schmarda | — | — Chaetura capricornia Metschn. Zu ae Dasydytes goniathrix Gosse een Hr, Dasydytes longisetosum Metschn. u Dasydytes saltitans Stok. el Enz Gossea antenniger Gosse Chaetonotus (?) longicaudatus Tatem | — |; — — | — |) — a ee ee ea: 1 Eee a | | | | | | 4. Ort des Vorkommens. Unsere zu den häufigsten Süßwasserbewohnern gehörenden Thiere sind in allen mit Wasserpflanzen und pflanzlichen Resten versehenen Tümpeln zu treffen. Am meisten lieben sie den Aufenthalt .auf den Blättern von Wasserlinsen, Potamogeton, Characeen, weniger ein dichtes Gewirre von Algenfäden, wie Spirogyra, vermuthlich wegen der allzu großen Hindernisse für den bestachelten und beschuppten Körper; wenigst zahlreich trifft man sie am Grunde der Gewässer; doch giebt Innorr (30) einen Chaet. mascimus (ob nach BürscaLı oder Enrensere?) als Tiefenbewohner an und Chaet. mascimus Ehrb. nennt er als sicheres Mitglied der Grundfauna des Achensees in Tirol. Sonnig gelegene . Die Gastrotrichen. 287 t der geographischen Verbreitung. 3 F Äthio- ndi- Re Nearktische|l| Neotropische EN 2 egion 2 . Region Region Re- Re: ER 2. \ i | Antil- |Südame-| gion ion nn a Österreich Russland Schweiz Ver. Staaten e in 8 g ! Er BR | © = o a © 8 848 a8 > > = S ie = a ga De u = 8 oe 2 s |I= |:g: She here se eG EB32ı3 Eu) ee Be 6 2: = We Daten es = ESS tee Bee Du = ren Bar e1 S Ss 8 = = os = ED = - =) DIR ES, ma a > {=} = ©) = = R= | © OO 05 © [= =) 3 = Hz Se SOR8R =} © &) < 5 „A (S) es ena a - un N oO SEI Da OT A oO | BBEESFSeNEr Eee | | | A 4 1 17 les! en = era Tümpel bieten eine größere Ergiebigkeit an Gastrotrichen als schattige; rascher fließende Gewässer scheinen ihnen nicht zu behagen. Über die geographische Verbreitung können wir nicht viel mit- theilen, unsere Erfahrungen sind hierin sehr geringe und es soll mir zur Befriedigung gereichen, wenn diese zusammenfassende Arbeit all- gemeineres Interesse für diese Thiere erwecken würde. Dermalen. beschränken sich unsere gesicherten Angaben vor- nehmlich auf die paläarktische und nearktische Region. Bezüglich der Fauna der letzteren hat sich Stores große Verdienste erworben; wir kennen durch ihn fünf Formen, welche auch bei uns vorkommen, außerdem aber zwölfneue Formen, diezwar bei uns noch nicht gefunden 238 Carl Zelinka, sind, welche aber eine große Ähnlichkeit mit solchen bei uns vorkom-: ‘menden zeigen. Eine typische Verschiedenheit zwischen den Faunen beider Regionen ist nicht vorhanden, vielmehr machen sie den Ein- druck von Parallelbildungen. Für: die äthiopische Region haben wir nur eine einzige Angabe von Enrengers bezüglich Ichthydium podura O. Fr. Müller; diese Form will Scumarva in der indischen Region ge- funden haben; doch glaube ich diese Angabe nicht als gesichert gelten lassen zu können, da uns keine nähere Schilderung von Seiten Soumarna’s berechtigt, zu glauben, er habe wirklich das Ichthydium podura O. Fr. Müller gesehen; sind doch auch von späteren Forschern vielfache Miss- verständnisse gerade rücksichtlich dieser Form unterlaufen. Die austra- lische Region ist bis jetzt ganz leer ausgegangen. Vorstehende Zusam- ınenstellung möge die Übersicht erleichtern. Die Angaben über Chaet. larus ©. Fr. Müller habe ich bis auf die Enrkngere’s in der Tabelle mit Fragezeichen versehen, da wir keine Gewähr haben, dass die beob- achteten Formen wirklich zu dieser Species gehörten. IIl. Theil. Systematik. Aufstellung des Systems. C. G. EHRENBERG war es, der im Jahre 1830 die damals bekannten Formen als eine Familie, die der Ichthydina, zusammenfasste; er charakterisirt sie (Nr. 1, 1838, p- 386): » Animalia rotatoria, nuda, organo rofatorio unico, continuo, nec margine lobato.« In diese Familie gehörten die Gattungen Piygura, Ichthydium, Chaetonotus und Glenophora mit zusammen sechs Species. F. Dusarnın (Nr. 3, 4844, p. 565— 570) behielt diese Familie nicht bei, sondern trennte Piygura und Glenophora ab und setzte Coleps und Planeriola hinzu, er vereinigte diese Formen dann zu den »sym- metrischen Infusorien«und fügte eine neue Form Chaetonotus sgquammatus hinzu. Seine Diagnose von Chaetonotus lautet: »Au de forme oblongue, convexes et herisses de soies ou d’ecailles en dessus, plans et pourvus en dessous de cils vibratiles tres_ minces; termines en avant par.un bord arrondi, pres duquel est une bouche distinct, et bifurques en arriere ou termines par deux prolongements caudiformes.« Er stellt eben ein echtes Lepidoderma, ohne es zu wissen, zu Chaetonotus. P.H.GossE (Nr. 6, 1854, p. 198) nahm den Familiennamen Ichthydina wieder auf und beschrieb zu den ihm bekannten Chaetonotus maximus, larus und squammatus (brevis Ehrb. wird nicht erwähnt) das.neue Genus Dasydytes mit zwei neuen Species antenniger und goniathrix sowie Sacculus viridis nov. gen. nov. spec. M. Perry (Nr. 7, 1832, p- 47)b erücksichtigte nur Enrengere’s Arbeit, daher nur dessen vier Arten angeführt sind. Interessant ist es sicherlich, dass ihm Zweifel über die Haltbarkeit der EHrENBERG’Schen Species auftauchten; er frägt, ob nicht maximus , larus und brevis Entwicklungsstufen einer Art seien. M. Schutze (Nr. 9, 41853) beschreibt Turbanella hyalina nov. gen. nov. spec. und stellt diese Form mit Chaetonotus und Ichthydium in die Familie der Ichthydinen. Er hält die Vermuthung aufrecht, dass Chaet. maximus und lärus vielleicht auch sguammatus identisch sein könnten. C. SCHMARDA (NT. 14, 1861, I, 2. p. 8) beschreibt zwei neue Species, Ichthydium tabulatum und jamaicense Die Gastrotrichen. 289 und kennt nur das Genus Ichthydium; er beschreibt es so: »Char.: Corpus indi- stincte annulatum. Caput et venter ciliis, dorsum convexiusculum setis capillaribus longis seriatim obtectum. Die Thiere dieser Gruppe haben ein deutliches Flimmer- epithelium am Kopfe und am Bauche. Der Rücken ist gewölbt und mit langen haar- förmigen Borsten reihenweise besetzt.« A. PrıtcHArp (Nr. 15, 4864, p. 661, 662) setzt in die Familie der Ichthydina folgende Formen: Ptygura Melicerta, Dasydytes goniathrix und antenniger, Ichthydium podura , Chaetonotus maximus, larus, squam- matus, brevis, Sacculus viridis, Glenophora Trochus. In einer zweiten Arbeit schlägt P. H. Gosse (Nr. 48, 1864, p. 392) statt Ichthydina den Namen Chaeionotidae vor. »Ich halte es für wünschenswerth,, dass die Familie nach dem charakteristischsten und populärsten Genus, welches zweifellos Chaetonotus und nicht Ichthydium ist, ge- nannt werden sollte. Es besteht aus Thierchen von mikroskopischer Kleinheit, von länglicher Form, mit bilateraler Symmetrie und mehr oder minder deutlicher Ab- trennung des Kopfes. Der Körper ist mehr oder weniger mit schwingenden Cilien bedeckt und zum größten Theile mit langen Haaren (Stacheln) versehen. Der Nahrungskanal ist gerade, mit einer Öffnung an jedem Ende. Leben im Süßwasser. « Folgende Gattungen werden hierher bezogen: Ichthydium, Chaetonotus, Dasydytes, Turbanella, Echinodera Duj., Taphrocampa (Gosse). Neue Species werden be- schrieben Chaet. Slackiae, Chaet. gracilis, Taphrocampa annulosa. Chaet. maximus, larus und sguammatus werden nicht für synonym gehalten, brevis wird für eine zweifelhafte Species erklärt, da Niemand seit EHRENBERG sie gesehen habe. E. METsScanIKorF (Nr. 49, 1864) kennt /Ichthydium podura, Chaetonotus larus (darunter versteht er maximus, larus und brevis), Chaetonotus tesselatus (fälschlich für squam- matus Duj.), Turbanella hyalina, Sacculus viridis und bereichert uns mit folgenden neuen Ichthydinen: Chaet. Schulizii, Chaet. hystrix, Chaetura capricornia nov. gen. nov. spec. und Cephalidium longisetosum nov. gen. nov. Spec.; ihm sind Gosse's Arbeiten unbekannt gewesen, daher das Genus Dasydytes fehlt und es ihm entging, dass er in Cephalidium ein Synonym geschaffen hatte. E. CrLarArkpDEi glaubte in Hemidasys eine neue Gattung der Gastrotricha gefunden zu haben. Saceulus streicht er aus der Liste der Gastrotrichen und stellt diese Form zu den echten Räderthieren, was seither allgemein anerkannt wurde. H. Lunwic (Nr. 23, 1875) will Chaetonotus und Ichthydium nicht als eigene Genera gelten lassen: »Die beiden Gattungen EurenBErG’s Chaetonotus und Ichthydium habe ich zu einer einzigen Gattung Ich- thydium zusammengezogen, und zwar aus folgendem Grunde. Das unterscheidende Merkmal von Chaetonotus und Ichthydium ist nach Enrenserg das Fehlen der Rückenstachel bei letzteren. Nach meinen Untersuchungen aber sind auch bei Ichthydium die Rückenstachel , wenn auch nur in rudimentärer Weise, vorhanden. Damit fällt also das trennende Merkmal hinweg und es steht nichts einer Vereinigung beider Formen zu einer einzigen Gattung im Wege.« Er führt ferner an: Ichthydium larus Ehrb., Schultzüi Metschn., hystrix Metschn, , maximum Ehrb., podura Müll., Jamaicense Schm. , tabulatum Schm., Chaetura capricornia Metschn., Cephalidium longisetum (soll heißen richtig longisetosum) Metschn., Turbanella hyalina Schultze, Dasydytes goniathrıx Gosse , antenniger Gosse;; von letzter Species meint er (p. 224, Anm. 2), dass sie vielleicht eine eigene Gattung vorstellen könne. Von CLAPAREDE'S Hemidasys sagt er: »Ob als sechste Gattung das Genus Hemidasys Clap. mit der ein- zıgen Species Hemidasys agaso Clap. zu den Gastrotricha gezogen werden kann, scheint mir zum mindesten sehr zweifelhaft. Abgesehen von einigen anderen Or- 1 E. CLAPAREDE, Observations sur le Rotateurs. Ann. de science naturelles. Zool. V. Ser. Tom VIII. 4867. p. 416—23. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 49 290 Carl Zelinka, ganisationsverhältnissen ist es namentlich das Auftreten ventraler Anhänge, die nicht einfache Cuticulargebilde sind, sondern Fortsetzungen des Körperparenchyms umschließen,, welches einer Vereinigung mit den Gastrotricha hindernd in den Weg tritt. Jedenfalls ist für jetzt eine Einordnung des Hemidasys agaso Clap. in das System kaum möglich.« Später (Nr. 32, 4886, p. 821) vertritt er abermals die Vereinigung von Ichthydium und Chaetonotus zum Genus Ichihydium; »Rücken mit Stacheln besetzt; Wimpern auf der ganzen Bauchfläche in Längsreihen; Tasthaare am Kopfende. Schwanzspitzen einfach. Sieben Arten«. O. BürscaLı (Nr. 24, 4876) bezeichnet im Gegensatz zu METSCHNIKOFF und Lupwic den Chaet. Schultzei als ident mit Chaet. maximus Ehrb., daneben bleibt Chaet. larus Ehrb. bestehen. Hemidasys agaso Clap. wird den Gastrotrichen zugezählt. C. L. SchmarpA! nimmt im Gegensatz zu seiner ersten Ansicht zwei Genera, Ichthydium und Chaetonotus an. O. Grimm stellt das Genus Gastrochaeta auf (Nr. 24a, 1877): »Zu der Form Gastrochaeta rechne ich auch Desmoscolexchaetogaster Greeff unterdem Namen @.desmoscolecis m., es scheint mir, dass es richtig wäre, aus diesen Formen zusammen mit Trichoderma oxycauda- tum, Desmosc. minutus, D. nematoides etc. und den Repräsentanten der Gattung der Echinoderes eine besondere Familie, entsprechend der Familie Gastrotricha Metschn. zu bilden, Die Gastrochaeta ciliata ist das Verbindungsglied; sie hatam Bauche zwei Längsreihen von Borsten, und an der oralen Mündung Cilien, alles Übrige verhält sich wie bei Chaetonotus.« M. Braus (siehe Nr. 24a, 1884) stellt Gastrochaeta zu den Gastrotrichen. H.Lupwic (Nr. 32, 4886) giebt wie 1875 fünf Gattungen mit dreizehn Arten als bekannt an. Die Gastrotricha beschreibt er (p.820) wie folgt: »Körper klein, flaschen- oder wurmförmig, mit deutlich ausgeprägter bewimperter Bauchfläche; Rücken meist mit nach hinten gerichteten, in Längsreihen angeordneten Stacheln be- setzt; Vorderende meistens mit Tasthaaren; Hinterende fast immer in zwei Spitzen gegabelt, welche die Ausführungsgänge zweier Klebdrüsen umschließen ; Zwitter; Entwicklung ohne Metamorphose.« A.C. STokes (Nr.35,1887,p.80) ist geneigt Chaeto- notus und Ichthydium unter dem Namen Chaetonotus zu vereinigen und führt dies auch im systemat. Theile aus; im Allgemeinen sagt er: »Si le classificateur con- sidere se genre comme valide, quatre de nos formes am£ricaines lui appartiennent. Cette coupe me plait peut et j’en suspecte l’exactitude. Les quatre formes en question sont les Chaetonotus loricatus (pl. II, fig. 6), Chaei. rhomboides (pl. II, fig. 31—35), deux formes qui ont le dos garni d’Ecailles; Chaet. concinnus (pl. 1, fig. 6), dont le dos et les cötes sont entierement couverts de papilles spheriques; et Chaet. sulcatus (pl. I, fig. 15), dont les m&mes parties sont sillonnees de plis transversaux. Les moeurs, la structure interne, le mode de reproduction sont essenttiellement simi- laires a ceux de Chaetonotus. Les poils du corps sont repr&sentes chez eux par les quatre soies dorsales non signalees jusqu’ici.« C. CrAus (Lehrbuch der Zoologie IV. Aufl.) führt die Genera Chaetonotus, Ichthydium, Turbanella an. Es ist unnöthig, aus einander zu setzen, dass hier von den EHREN- BERG’SChen Gattungen nur Ichthydium und Chaetonotus als echte Gastro- trichen in Betracht kommen können; dessgleichen braucht nicht ausge- führt zu werden, dass Sacculus Gosse und Taphrocampa Gosse als echte Räderthiere unter den Gastrotrichen nichts zu suchen haben. Auch Gastrochaeta ciliata Grimm ist, wie wir aus der oben eitirten allerdings kurzen Beschreibung mit Sicherheit ersehen, kein zu den Gastrotrichen ! Zoologie. 2. Aufl. Bd. I. p. 473. 1877. Die Gastrotrichen. 291 zu zählendes Thier, sondern eine den Nematoden verwandte Form, welche Desmoscolex, Trichoderma und Chaetosoma sehr nahe stehen. Ihr fehlt das wichtigste äußere Kennzeichen unserer Gruppe, die ven- tralen Flimmerbänder. Es bleiben uns zur Betrachtung die Genera: Chaetonotus Ehrenb., Ichthydıum Ehrenb., Dasydytes Gosse, Chaetura Metschn., Cephalidium Metschn., sowie Turbanella M. Schultze und Hemi- dasys Clapar. Dem Leser wird es aufgefallen sein, dass Turbanella und /lemidasys in dieser Arbeit keinen Platz gefunden haben und ich will dies gleich rechtfertigen. Dass Hemidasys! zu den Gastrotrichen gehöre, hat schon, wie wir gesehen haben, Lupwie in Zweifel gezogen, indem er vornehmlich auf die ventralen, hohlen Hautfortsätze hinwies. Seit wir die innere Or- ganisation der Gastrotrichen genauer kennen und wissen, dass sie ein typisches Wassergefäßsystem, zwei Ovarien, echte Muskeln, ein Gehirn, periphere Nerven, eine primäre Leibeshöhle etc. besitzen, in der jedes Parenchym fehlt, werden wir von jeder Form, welche Ansprüche macht, in die Sippe der Gastrotrichen aufgenommen zu werden, den Nachweis einer diesen entsprechenden Organisation verlangen müssen. Dies ge- lingt uns bei unserem jetzigen Wissen für Hemidasys nicht. Seit CrA- PAREDE hat Niemand diese interessante Form gesehen. Mir gelang es nicht, an den von Triest geschickten Nereiden dieses Thier zu finden, mir stand eben nicht Nereilepas caudata zur Verfügung und Hemidasys scheint sich thatsächlich auf diesen Wirth zu beschränken. Daher müssen wir uns mit dem von CraPArkpe gegebenen Resultate begnügen und finden nun, dass derselbe weder über das Nerven- noch Muskel- system, weder über das Exkretionsorgan noch über die Ovarien positive Ergebnisse zu verzeichnen hat. Vielmehr ergeben sich wichtige Differenz- punkte darin, dass Hemidasys ein Parenchym besitzt, welches die Leibes- höhle fast ganz ausfüllt, dass ein entwickeltes männliches Geschlechts- organ mit Hoden, Vas deferens und chitinigem Penis vorhanden ist, dass der Leib viel mehr abgeplattet ist, als der der Gastrotrichen, dass am Vorderende zwei kleineWimpergrübchen, ähnlich wie bei den Nemertinen und einigen Turbellarien zu finden sind, dass die ventrale Bewimperung, welche bei den Gastrotrichen ausnahmslos in Form zweier, die ganze Ventralseite durchlaufender Cilienbänder entwickelt ist, nur ein ein- faches, etwa bis zu ?/, der Länge nach hinten reichendes Wimperfeld 1 E. CLAPAREDE, Observations sur le Rotateurs. Ann. de Science naturelles. Zool. 5. Ser. Tom VIII. 1867. II. p. 16—23. Taf. IV, Fig. 5—9. — »Type d’un nouveau genre de Gasterotriches (Hemidasys agaso.« Abstract: Leuckarr's Ber. Arch. für Naturg. p. 294. 4867. — Wird auch durch Litteraturverz. Nr. 23, p. 222 erwähnt, 49* 292 Carl Zelinka, vorstelltund dass endlich die Haut, dorsal ohne jede Erhebung, ventral eine Anzahl hohler Zipfel besitzt, in denen je ein plasmatischer Achsen- faden verläuft. | | So lange die innere Organisation von Hemidasys eich bekifcn ist, kann man in keinem Falle diese Form den Gastrotrichen beizählen; dermalen wird es überhaupt unmöglich sein, Hemidasys einer Ab- theilung im System einzufügen. Jedenfalls hat dieses Thier mehr An- näherung zu den Plattwürmern als anderen Klassen der niederen Würmer. Sollten spätere Untersuchungen eine Verwandtschaft mit den Gastrotrichen nachweisen, so werden doch die jetzt schon bekannten Differenzpunkte eine Einfügung in die Gastrotrichen selbst sehr er- schweren. Die Gastrotrichen scheinen mit den Rotatorien näher ver- wandt zu sein, als mit Hemidasys. Diese Form müsste allen anderen Gastrotrichen entgegengestellt werden. | Aus ähnlichen Gründen trenne ich Turbanella! M. Sehe von unseren Thieren. Hier sind namentlich die dorsalen Hautzipfel, i welchen je ein starres feines Haar eingesenkt ist, das trennende indes: nis, sowie die über die ganze Bauchfläche sich erstreckende Bewimpe- rung. Die Haut ist im Gegensatze zu den Gastrotrichen nicht chitinös. Ob sich die zwei kammartigen gezackten Lamellen, welche das Hinter- ende bilden, mit der Schwanzgabel der Gastrotrichen vergleichen lassen, ist sehr fraglich. Mit Hemidasys hat dieses Thier den Besitz von zwei Grübchen am Vorderende gemein. Turbanella und Hemidasys haben einen dem der Gastrotrichen ähnlich gebauten Ösophagus. Auf dieses stützt sich hauptsächlich M. Scnurtze bei seiner Zutheilung von Turba- nella an die Ichthydinen; seine übrigen Gründe, den Bau der Geschlechts- organe, den Mangel eines Muskel-, Nerven-, Wassergefäßsystems be- treffend, sind heute gegenstandslos geworden. Hemidasys und Turbanella besitzen beide hohle Haus haben beide eine ventrale, von der der Gastrotrichen abweichende Be- wimperung und stehen dadurch den echten Gastrotrichen gegenüber. Wenn auch künftige genaue Untersuchungen sie mit einer, unseren Thieren entsprechenden inneren Organisation ausweisen könnten, so stehen sie doch zu den übrigen in einem solchen Gegensatze, dass sie eine, den Gastrotrichen gleichwerthige eigene Gruppe darstellen müssten. Der Vollständigkeit halber mag hier noch der von Barroıs? entdeckte ! Siehe dieses Litteraturverzeichnis Nr. 9, p. 243—246; ferner GossE, dieses Verzeichnis Nr. 48, p. 402 (mit Ausnahme der Diagnose fast wörtlich nach SCHULTZE übersetzt). Lupwıc, dieses Verzeichnis Nr. 23, p.-206 (Diagnose). 2 Compt. rend. 4877.. Juli; Ann. a. Mag. of nat. Hist. Tom XX. p. 365. — LeuckaArr’s Ber. Arch, f. Naturg. p. 275. 1878. Die Gastrotrichen. 293 Wurm erwähnt werden, welchen dieser Forscher als zu den Gastrotri- chen gehörig bezeichnet. Dieses Thier besitzt das Aussehen der Ichihy- dinen, ist jedoch segmentirt undan den Segmenten mit unvollständigen Flimmerreifen ausgestattet. Die Muskulatur legt sich am Embryo mit- tels eines ventralen Keimstreifens an. Das Männchen besitzt einen Penis. Von dieser Form sehe ich hier selbstverständlich ganz ab. Von den übrigen Gattungen werden bis auf Cephalidium alle bei- behalten werden können. Cephalidium ist mit Dasydytes synonym, wie ich bei Dasydytes aus Sasmden setzen werde, und hat daher zu ent- fallen. Die uns bekannten Gastrotrichen lassen sich in zwei scharf unter- schiedene Gruppen theilen, je nachdem sie ein gegabeltes oder unge- gabeltes Hinterende besitzen; für die ersteren schlage ich die Bezeich- nung Euwichthydina, für die letzteren den Namen Apoda vor. Zu den Apoda gehört Dasydytes Gosse und die von mir neu errichtete Gattung Gossea, welche ich im Nachfolgenden zu rechtfertigen suche. Die Ewichthydina sind in der äußeren Körperforın unter einander wenig verschieden. Entweder ist die Haut ganz glatt, das alte Eurengere’sche Genus Ichthydium (da seit Lunwıg’s Erörterungen zwei Formen mit wirk- lich ganz glatter Haut gefunden worden sind, entfällt die von diesem Forscher vorgenommene Zusammenziehung von Ichthydium und Chaeto- notus), oder sie besitzt Schuppen allein, oder endlich sie hat Stacheln, welche auf Schuppen aufsitzen. Diese beiden letzteren Formenreihen waren bis jetzt theils als Chaetonotus, theils als Ichthydium in Anspruch genommen worden. Die Thatsache aber, dass bei einer Anzahl Gastro- trichen mit Sicherheit Schuppen ohne jede Spur von Stacheln vorkom- men, lässt sich nicht mehr mit den Anforderungen der Eurengerg’schen Diagnose von Chaetonotus, und eben so wenig mit der von Ichthydium in Einklang bringen und es empfiehlt sich diese Formen als ein eigenes Genus, welches ich Lepidoderma nenne, zusammenzufassen. Für Chae- tonotus ist es noch nicht sicher, ob nicht hier ebenfalls zwei verschiedene Formenreihen zusammengeworfen sind. Von Srokzs wird nämlich, so wie von ScHIMKEWITSCH und Gossz, für mehrere Chaetonotus-Arten mit Bestimmtheit angegeben, dass die Stacheln direkt von der Haut, ohne Vermittelung von Schuppen entsprängen ; wenn wir von Gossr's älteren Angaben (bei allen übrigen, von Gosse als schuppenlos beschriebenen Arten, welche seither wieder gefunden worden sind, wurden Schuppen nachgewiesen) und von SCHIMKEWITSCH'S nicht sehr eingehenden Be- schreibung absehen, so bleiben uns doch noch die von Stoxss, einem neueren und sorgfältigeren Forscher gegebenen Schilderungen, welche: unsere Bedenken erregen, übrig. Wenn auch bei einigen Arten die 294 Carl Zelinka, Schuppen so zart sind, dass erst bei Anwendung homogener Immersionen ihre Anwesenheit konstatirt werden kann, so ist es doch ganz gut mög- lich, dass stacheltragende und zugleich schuppenlose Formen vorkom- men, welche dann aus dem Genus Chaetonotus ausgeschieden werden müssten. Die als schuppenlos bezeichneten und daher unserer Auf- merksamkeit besonders werthen Formen sind: Chaet. formosus, acantho- phorus, longıspinosus, enormis, spinulosus, sämmtlich von Stores be- schrieben, Chaet. Slackiae Gosse und Chaet. Bogdanoviüi Schimk. Im Genus Chaetonotus, welches das artenreichste ist, macht sich eine Entwicklung von zwei Reihen bemerkbar, indem bei den einen die Stacheln am Rumpfe nicht mehr als doppelt so lang, bei den anderen aber daselbst auffallend verlängert sind. Ob Nebenspitzen an den Stacheln entwickelt sind oder nicht, ist nicht von demselben systemati- schen Werthe, wie die relative Stachellänge, da z. B. neben Chaet. mascimus Ehrb. mit einfachen Stacheln eine diesem sehr ähnliche, von mir mit Chaet. similis bezeichnete Form mit Nebenspitzen vorkommt. Die Verwirrung, welche in den Arten Chaef. masximus, sguammatus, larus und brevis herrschte, konnte endlich gelöst werden. Die erste und die zwei letzten Arten sind nicht synonym, wie Perry und MErscH- NIKOFF annahmen, sondern gut unterscheidbar, wie auch Ch. Schultzei Metschn. und maximus Ehrb. nicht identisch sind. Nur Chaet. brevis Ehrb. wird man in dem systematischen Theile vermissen, da diese Spe- cies nicht wieder zu erkennen ist; sie ist ein Sammelbegriff, welcher in die vielen kleineren Chaetonotus-Arten mit wenigen und stark ver- längerten Stacheln am Hinterende aufzulösen ist. Chaet. brevis ist seit EHrENBERG thatsächlich von Niemand wieder erkannt und schon von Dusarnın und Gosse als zweifelhafte Species bezeichnet worden !. Die Diagnose EHRENBERG’S passt eben so gut auf Chaet. spinulosus Stok., als auf Ch. longispinosus Stok., Chaet. enormis Stok., Chaet. persetosus mihi, welche Arten auch in der Größe den Enrengerg'schen Anforderungen genügen. Es ist also Chaet. brevis als eine nicht halibare Art zu streichen. Es muss bei systematischer Bearbeitung der Gastrotrichen mit großer Genauigkeit und Geduld zu Werke gegangen werden, da man z.B. manchen subjektiven Täuschungen ausgesetzt ist, welche nur durch genaue Messungen vermieden werden können. Die Anwendung sehr 1 Die wenigen Litteraturnotizen sind, wofern sie nicht in der historischen Ein- leitung aufgeführt sind, folgende: EHRENBERG, Nr. 4, p. 390. »Corpore 'ovato ob- longo, sub apice turgido, leviter constricto, dorsi setis rarioribus, posticis longi- oribus, ovulis parvis.« Länge 0,06 mm. DuwsArvın, Nr. 3, p. 570; GosseE, Nr. 18, p- 396; Stokes, Nr. 35, 4887, p: 452. Alle haben außer EarEnBERG keine eigenen Beobachtungen über Chaet. brevis zu verzeichnen. Die Gastrotrichen. | 295 starker und scharfer Linsen (homogene Immersionen sind fast unerläss- lich) sichert uns allein davor, die oft schwierigen Skulpturverhältnisse der Haut zu verkennen oder zu übersehen. Was andererseits die Be- stimmung einer Species sehr erschwert, ist das veränderliche Aussehen der Körperform; es ist dies durch das Fehlen sicherer relativer Maß- verhältnisse bedingt. Wie ich bei zwei Formen nachweisen konnte, wechseln gerade Schwanz und Ösophagus in ihrem Längenverhältnisse zum Körper eben so sehr nach dem Alter des Thieres ab, wie die Breite des Kopfes; die relativen Dimensionen dieser Organe sind nun Merk- male, welche häufig als Speciescharaktere verwendet worden sind. Wir wissen jetzt aber, dass das Verhältnis von Kopfbreite und Körper- länge bei einem jungen Individuum von Lepid. squammatum 2:9, bei einem völlig erwachsenen derselben Species 4 :9 sein kann, dem Be- schauer also im ersten Falle ein relativ doppelt so großer Kopf vorzu- liegen scheint. Ganz Gleiches ergiebt sich für den Schwanz und den Ösophagus; der letztere variirt bei L. sguammatum in seinem Verhältnis zur Körperlänge zwischen 4,3:140 und 3:10, bei Chaet. masxcımus Ehrb. zwischen 4,4:10 und 2,2:10. Es bleibt nichts Anderes übrig, als eine genaue absolute Messung der Dimensionen dieser Organe vorzunehmen, welche, wie im Kapitel Körperform dargelegt ist, unveränderliche Kon- stanten im Gastrotrichenkörper zu sein scheinen. Wir werden nachstehende systematische Gliederung einhalten: I. Unterordnung: Euichthydina, mit Gabelschwanz. 1, Familie Ichthydidae, ohne Stacheln. Genus Ichthydium Genus Lepidoderma. 2. Familie Chaetonotidae, mit Stacheln. Genus Chaetonotus Genus Chaetura. II. Unterordnung: Apodina, ohne Gabelschwanz. Genus Dasydytes Genus Gossea. Bestimmungstabelle der Gattungen. Mit Gabelschwanz, Euichthydina .......... 1) Ohne Gabelschwanz, Hinterende abgestutzt, Apoda 2) 1) Mit Stacheln 3); ohne Stacheln A) Kopf mit Tentakel, Hinterende schwach gelappt +... ..* Gossea mihi . ... p. 354. Kopf ohne Tentakel, Hinterende abzerundet ran su SORTE? Dasydytes Gosse. p. 348. 2) 296 Carl Zelinka, 3) jSchwanzgabel einfach ....... Chaetonotus Ehrb. p. 311. \Schwanzgabel dichotomisch ..... . Chaetura Metschn. -p. 347. Haut;ganz glatt. „nsesmasigne: Ichthydium Ehrb. p. 296. 1) en mit Schuppen. oder Höckern . Lepidoderma mihi p. 300. I. Unterordnung: Euichthydina. Mit einfachem oder dichoto- mischem Gabelschwanz und Klebdrüsenapparat. 1. Familie Ichthydiidae, Haut entweder nackt oder beschuppt oder mit Höckern besetzt, nie mit Stacheln. Ichthydium Ehrenberg 1830. Iehthydium, C. G. Eurengere!; 1838; Nr. 1, p. 388. Ichthydium, F. Dusarvın?; 1841, Nr. 3, p. 570. Ichthydium, A. PrıtcHarn®; 1861, Nr. 15, p. 661. Ichthydium, P. H. Goss£?; 1864, Nr. 18, p. 392. 1) »Animal ex Ichthydinorum familia, ocellis carens, nec pilosum, pseudo- podio furcato terminatum.« 2) und 3) = A). 4) »Hinterende gegabelt, aber ohne Borsten.« ‚Diagnose. Hinterende gegabelt, Körper ohne Stacheln; Haut ganz nackt, ohne Stacheln, Schuppen oder Höcker (zwei Species). Ichthydium podura 0. Fr. Müller 1786 (Taf. XIV, Fig. 15, 16). Ichthydium podura, C. G. Eurengerg!; 1838, Nr. 1, p. 388, 389, Taf. XLII, Fig. II. Ichthydium podura, F. Dusarnın?; 1844, Nr. 3, p. 270. Ichthydium podura, M. Perry?; 1852, Nr. 7, p. 47. Ichthydium podura, C. Schumarna t; 1861, Nr. 14, p. 7 Ichthydium podura, A. Prırcnarn>; 1861, Nr. 15, p. 661, Taf. XXV, Fig. 356. Ichthydium podura, P. H. Goss£ 6; Juli 1864, Nr. 18, p. 392393. Chaetonotus podura, A. C. Stoxss”?; 1887, Nr. 35, p. 150. 4) »Corpore lineari-oblongo, sub apice turgido interdum trilobato saepe leviter constricto, furca postica brevi. Aufenthalt in Europa bei Paris, Kopenhagen, Straßburg und Berlin, im tropischen Nordafrika in Dongola beobächtet.« Folgt eine historische Darlegung. Sodann: »Ich sah es zuerst in Dongola, Nubien, zwi- schen Conferven des Nilwassers. Die damals 4824 entworfene Zeichnung ist in den Symbolis physicis mitgetheilt. Einen Wimperkranz am Munde habe ich in Dongola deutlicher gesehen als neuerlich, es kann aber der Wirbel bei der zu geringen Vergrößerung mir damals als Wimperkranz erschienen sein. Seit 41826 kenne ich das Thierchen aus dem freien Gewässer bei Berlin und seıt 1834 halte ich das Don- galanische für dasselbe. Es ist farblos oder weißlich, aber oft durch Anfüllung Die Gastrotrichen. 297 des breiten Darmes gelblich. Die Bauchfläche ist platt und bewimpert, die Rücken- fläche gewölbt und unbehaart. Ich sah sehr große Exemplare ohne Spur von Rückenbehaarung, auch ist das Thierchen viel seltener als die folgende (behaarte) Gattung (Chaet. maximus). Ich sah es zuletzt am 7. Juli 4837 mit Oscillatorien. Einige Male sah ich deutlich ein Band von Wimpern längs der Bauchfläche; bei dem größten beobachteten Tbierchen habe ich mich aber, freilich wohl nicht in- tensiv genug, umsonst bemüht, es direkt zu erkennen, obschon ich am Munde einen deutlichen Wirbel sah. Bei Chaetonotus habe ich neuerlich den Mund auf- fallend starr geöffnet und am Rande gekerbt, auch röhrenartig vorstehend gesehen, so dass ich auf den Gedanken kam, es könnte wohl ein Zahncylinder, wie bei Nas- sula, dort und hier vorhanden sein, dessen Vorschieben denn auch die dreieckige Kopfform periodisch bedingt. Dass es noch ein, diesem ähnliches, grünes Thier- chen gebe, welches den wiederholten Irrthum mit dem Gabelschwanz der Euglena hervorgerufen habe, ist mir wegen des Mangels jenes Formenwechsels kaum wahr- scheinlich, wäre aber doch möglich. Einige Male sah ich im hinteren verdickten Körper ein großes entwickeltes dunkles Ei, sonst aber blieb die Organisation uner- kannt. Es schwimmt seltener als es kriecht. Größe 1/36 bis Y/ıg Linie beobachtet.« 2) »M. EHRENBERG a forme& le genre Ichthydium, pour un animal qui differe des Chaetonotes par l’absence des poils, et qui presente de m&me son extremite an- terieure renflee en tete, et son extr&mite posterieur bifurquee, et un tube digestif droit. La seule espece de ce genre, Ichthydium podura a le corps long de 0,06 a 0,48 lineaire oblong. L’auteur cite comme synonyme, mais a tort, la Cercaria podura de MÜLLER, qui parait plutöt se rapporter a quelque Euglene. En effet, Mürrer dit qu’elle se ment en tournant sur Son axe.« 3) »Bern, in Tümpeln mit Quellwasser, in Sumpfwässern, Torfgräben mit Lemna, unter Seerosenblättern, nicht oft. Juni bis September.« 4) »Dieses Geschlecht fand ich in Ceylon durch eine Form vertreten, die mit 1. podura übereinstimmt.« 5) Giebt nur eine wörtliche Übersetzung der Enrengerg’schen Angaben nebst einer Kopie der EHRENBERG’ schen Fig. II 7, ohne dies jedoch anzugeben. 6) »Diese Form wurde oft von den früheren Beobachtern gesehen, wenn wir nämlich ganz sicher sein können, dass sie nicht mit Chaetonotus larus verwechselt worden ist.« Es folgt eine fast wörtliche Übersetzung sämmtlicher EnrEnBErg’scher Angaben über diese Species. Sodann schließt der Autor: »Diese Species scheint selten zu sein; ich habe sie nicht selbst getroffen, noch habe ich seit EHRENBERG'S veröffentlichten Beobachtungen eine Nachricht von ihrem Vorkommen gefunden.« 7) »Le corps, d’apres EHRENBERG, est lineaire oblong, la partie anterieure ren- flee, quelquefois trilobee, souvent l&gerement resserree, et la partie posterieure fourchue. Il lui donne une longueur variant de !/agg A Yııa de pouce. Les quelques individus que jeen ai observes avaient la cuticule tout entiere lisse et nue, a exception des quatre soies dorsales, deja signal&ees comme existant dans chaque espece et des deux bandes longitudinales de cils ventraux. L’anneau oral n’est pas bord& de perles. L’oeuf, — sur le seul specimen que j’ai vu, et que j’ai ne- glige de mesurer, — etait entierement lisse. Les animaux, dans les eaux voisines de ma demeure sont plutöt au dessous des mesures donn6es par EHRENBERG.« Eine Vergleichung aller Angaben zeigt uns, dass nur Storss seit EHRENBERG diese Species mit Sicherheit gesehen hat. Die Erkennung war dadurch erschwert, dass EurexgerG offenbar auch große Ichthydiden, 298 Carl Zelinka, wie Lep. sguammatum Duj., zu dieser Art zog, sonst ist seine Angabe von /\a Zoll = 0,1819 mm nicht leicht zu erklären. Hier soll bemerkt wer- den, dass Stores in der nach EHrENBERG übersetzten Stelle bezüglich der Längenangabe unrichtiger Weise !/,, statt !/,,, Zoll setzt. Dieses mit vollkommen glatter Haut versehene Thierchen fand ich in den Teichen der Brauerei Reininghaus bei Graz im Juni dieses Jahres zwischen Characeen. Es erreichte nur eine Länge von 0,075 mm. Sein dicker Kopf ist durch die Absetzung des vorderen medianen Lappens schwach drei- lappig mit großen Seitenlappen und verjüngt sich schwach und ganz allmählich in den breiten kurzen Hals. Die Breite des Kopfes betrug 0,0463 mm, die des Halses 0,0125 mm. Der Rumpf war dick, erwei- terte sich nach hinten und verengte sich mit rascher Rundung in den Schwanz, dessen Zehen kurz waren und nur 0,00875 mm maßen; auf- fallend verkürzt sind die Endtheile des Fußes mit einer Länge von nur 0,0025 mm. Die Haut war sehr weich, und wurde bei den verschiedenen Kör- perwendungen in breite und tiefe Falten geworfen, welche ihr mit- unter namentlich im Profil ein gewulstetes Aussehen gaben, aber voll- kommen inkonstant bald da, bald dort auftraten; in Taf. XIV, Fig. 16 ist das Thier mit zwei solcher Falten (fa) abgebildet. Die inneren Organe weichen nur in den Dimensionen von denen anderer Species ab; wichtig ist davon die Länge des Ösophagus mit 0,0188 mm. Die Tasthaare waren wie überall am Halse und Hintertheile vor- handen; dazu kommt noch ein Paar solcher Haare am vorderen Kopf- theile. In deren Nachbarschaft standen noch je eirca drei Haare, von denen eines in schwach sichelförmiger Krümmung nach vorn gehalten, die anderen zwei schwingend bewegt wurden. Die Cilienbänder der Unterseite waren ganz vorn durch einen schmalen Wimperstreifen verbunden, derZwischenraum zwischen ihnen war ganz glatt, ohne Spur einer Struktur, wie ich mich mit homo- ; genen Immersionen überzeugt hatte. Neben der schwach längsgerippten Mundröhre (Stores sah diese Streifen nicht), stand jederseits ein gerades kurzes Tasthaar nach vorn gerichtet da; ein Cilienstreifen zog sich von dieser Stelle nach den Flimmerbändern hinab (Fig. 16 Ci). Die großen seitlichen Tasthaare standen seitlich aber noch ventral neben diesem Flimmerstreifen ein- gepflanzt. Es ist wohl kein Zweifel, dass diese Species eher als jede andere Form beanspruchen kann, als Enrkngere’s ]. podura angesehen zu werden; dazu berechtigt sie der Mangel an jeglicher Bekleidung der Die Gastrotrichen. | 299 Haut. Von I. sulcatum Stokes ist diese Species leicht dadurch zu unter- scheiden, dass sie keine verflachten Seitenränder und keine konstanten Runzeln der Haut besitzen; auch ist das Hinterende, namentlich der Übergang vom Rumpf in den Gabelschwanz bei I. sulcatum ein allmäh- licher, bei /. podura ein plötzlicher. Diagnose: Körpergedrungen,Kopfbreit,schwachdrei- lappig, 0,0163 mm; Hals breit, allmählich eingeschnürt, 0,0125 mm; Rumpfbreit, hinten plötzlich abgerundet. Ösophagus 0,0188 mm. Haut ganz nackt, weich, kanninFalten gelegt werden. Mundröhre schwach längsgestreift; Fuß 0,00875 mm, deren Endtheile 0,0025 mm, Totallänge 0,075 mm. Habitat: Geylon (9); Deutschland: Berlin; Nordamerika, Ver. Staaten, Trenton (New Jersey); (Nubien?); Österreich: Graz, Reininghauser Teiche, Juni, Characeen (siehe außer - dem die Angaben sub I); Schweiz: Bern, Juni— September, Lemna, Seerosenblätter. Ichthydium sulcatum A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 17). Chaetonotus suleatus, A. C. Stoxzs!; 1887, Nr. 35, p. 151, Taf. I, Fig. 15. 4) »Le caractere particulier de cette forme reside dans les sillons transversaux, profonds, que l’on observe ordinairement d’une maniere tres nette sur le dos et les cötes de l’animal. Rarement, ils sont presqu’oblileres ou representes par quelques rides peu profondes qui passent en travers du dos. Le corps est tres mou et flexible et plus hyalin que celui des autres especes observees jusqu’ici, et les bords lateraux, qui sont tellement aminecis qu’ils donnent au corps un aspect aile, sont elegamment creneles, ainsi que le dos, sur une vue de profil. La region posterieure (Pl. I, fig. 45), entre la bifurcation caudale et la convexite dorsale, est retrecie et beaucoup plus longue que dans toutes les autres especes, particularite qui semble caracteristique. Quant a l’ovaire, il parait plac& beaucoup plus en avant, ce qui donne ä& l’oviducte une longueur peu commune. L’anneau oral n’est pas remarquablement perle. L’oesophage n’a pas plus du sixieme de la longueur du corps entier. La taille varie de !/isg & Yagı de pouce. Dans la petite forme j’ai vu un oeuf ovarien paraissant pres d’etre expulse, possedant un noyau, et, a cöte, etait un autre oeuf en voie de developpement. C’est un Ichthydium, si ce genre doit etre conserv&. Diagnose: Körper an den Seiten flügelartig verdünnt, hintereRumpfregion verlängertmiteingezogenenRändern; Rücken und Seiten mittiefen Querfurchen, selten nur mit einigenseichteren Runzeln versehen. Mundring wenig längsgestreift. (Ösophagus nur !/, der 300 Carl Zelinka, Totallänge, genaue Angabe fehlt.) Totallänge 0,1074 bis 0,1867 mm. | Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trention, New Jersey. Lepidoderma nov. gen. 1889. Diagnose: Hinterende gegabelt, Körper ohne Stacheln, Haut mit Schuppen oder Höckern bedeckt (vier Species). Bestimmungstabelle für Lepidoderma. | Schuppen wappenschild- form 2 2 Re squammatum F. Dujardin. Schuppen spitz rhombisch rhomboides A. C. Stokes. Mit Schuppen Schuppen in Form win- ziger Spitzer Dreiecke, | | Kopf mit zwei stark lichtbrechenden Kör- | pereben= 0 7. u. ocellatum Metschnikoff. Mit halbkugeligen Papillen ........ concinnum A. C. Stokes. Lepidoderma squammatum F. Dujardin 1841 (Taf. XII, Fig. 1—3, 6—9, 11). Chaetonotus squammatus, F. Dusarpın !; 1844, Nr. 3, p. 569, Taf. XVII, Fig. 8. Chaetonotus squammatus, P. H. Gosse?; 1851, Nr. 6, p. 198. Chaetonotus squamosus, M. Scaurtze®; 1853, Nr. 9, p. 247. Chaetonotus squamatus, A. Prıteuarnt; 1861, Nr. 1%, p. 662. Chaetonotus squammatus, P. H. Gossed; 1864 Juli, Nr. 18, p. 369, PI. I, Fig:'6. Chaetonotus tesselatus, E. MErscHnIKkorr 6; 1864, August, Nr. 19, p- #51, Taf. XXXV, Fig. 8. Ichthydium maximum, H. Lupwie”; 1875, Nr. 23, p. 219. Chaetonotus squammatus, O. BürscaLı®; 1876, Nr.24, p. 387, Anm. - Ghaetonotus sgammatus A. C. Stores’; 1876, Nr. 35, p. 153. Chaetonotus tesselatus, A. G. Stores !P; 1887, Nr. 35, p. 153. Chaetonotus loricatus, A. C. Storzs!!; 1887, Nr. 35, p. 560, Taf. I, Fig. 5; Taf. II, Fig. 16—21. 1) »Corps allonge, un peu retreci vers le tiers anterieur, et renfl& au contraire dans sa moitie posterieure, long de 0,20 A 0,22; revetu en dessus de poils courts, elarges en maniere d’ecailles pointues regulierement imbriquees. Cet animal s’etait multiplie beaucoup, au mois de janvier 4840 dans un petit bocal au j’avais cConserve Die Gastrotrichen, 301 des Spongilles en 1838, et que j’avais apporte de Paris a Toulouse avec tout ce qu’il contenait. Vu par dessus, ce Chaetonote parait couvert d’ecailles transverses for- mant sept rangees longitudinales engrenees mutuellement; mais quand ilse recourbe et quand il se laisse voir de profil, on reconnait que les Ecailles ne sont autre chose, que la base d’autant de poils courts qui recouvrent tout le dos et m&me le deux branches de la bifurcation posterieure. La bouche, qui ordinairement se voit comme une ouverture ronde bordee d’un anneau, m’a paru quelquefois entouree‘ de quatre ou cing petites papilles; les cils vibratiles de la face inferieure sont treslongs, rayonnants, et ne se voient bien que sous le tiers anterieur. M. EHRENBERG a nomme Chaetonotus maximus, un espece qui. est peut-etre la m&me que celle-ci; il lui assigne une longueur de 0,42 & 0,22, et dit que son oeuf est long de 0,07, mais il se borne a dire que le soies dorsales sont courtes et Egales, sans mentionner leur disposition en Ecailles. « 2) erwähnt den Namen. 3)» Auch Chaet. sguammosus Dujardin könnte sich als ein Synonym (von maxi- mus und larus Ehrb.) herausstellen. « 4) Eine fast wörtliche Übersetzung von Dusarnvın’s Diagnose, ohne eigene Be- obachtung. 5)»Im Jahre 1850 fand ich ein Thier, welches ich für diese Species halte, in einer Flasche mit Wasser, welche zur Züchtung von Räderthieren in meinem Garten aufgestellt war. Die zu jener Zeit ohne Bekanntschaft mit Dusarnın’s Beobachtungen gemachte Beschreibung lasse ich folgen. Länge 1/i,, Zoll. In der Form ähnlich Chaet. larus, ziemlich breit im Verhältnis zur Länge. Beim ersten Blick erscheint der Körper ganz glatt; aber stark auf die Seite gewendet sieht man ihn von Haaren derart bedeckt, als wären sie wie nassgemachtes menschliches Haar in Locken zu- sammengeklebt, diese Locken trennen sich dann. Die Umrisslinie des Kopfes ist leicht fünflappig und an jeder Seite des Vorderendes sind einige lange schlanke Borsten, welche seitlich divergiren ähnlich den Borsten einer Katze, vorhanden. Längs der Ventralfläche laufen zwei durch die ganze Länge sich ausdehnende Reihen von schwingenden Cilien ; sie scheinen vorn am längsten zu sein. Ich sah sie deutlich überall in Schwingung; die Bewegung, welche sich den herum- schwimmenden Körperchen mittheilte, war stark und deutlich sichtbar. Die Körperchen werden jedoch ohne Spur eines Wirbels nur der Länge nach gegen hinten getrieben. Mund, Ösophagus und Darmkanal sind von denen der nächst- stehenden Species nicht verschieden ; aber die Oberfläche des Körpers zeigt einige Besonderheiten; sie scheint in eine Anzahl von queren oder ringförmigen Falten ge- worfen, was möglicherweise durch die Anordnung der Haare in Locken verursacht wird. In dem vorderen Drittel ist eine Anzahl von queren dunklen, mit vieler Regelmäßigkeit in Quincunx angeordneten Flecken zu sehen, deren Natur ich nicht bestimmen kann, wenn es nicht Abtheilungen der Haarmassen sind;, gewiss sind es keine Flecken von bestimmter Färbung. Das ganze Thier ist farblos, der Darm körnig; er erschien jedoch leer. Das Thier wollte kein Karmin annehmen. Reproduktionsorgane waren nicht zu unterscheiden. Die gegabelten Zehen waren an den Enden stumpf; bisweilen waren sie weit getrennt; dass sie weich sind, wurde dargethan, als eines der Enden bei einer Drehung des Thieres durch Pressung an das Glas gebogen war. Es besitzt die Fähigkeit der Kontraktion und Verlängerung in geringem Maße. Bei der ersteren werden die tranversalen Runzeln deutlicher und das Thier wird kürzer und breiter. Mein Exemplar war sehr beweglich, kroch schnell und schwamm mit großer Geschwindigkeit, jedoch in unentschlossener un- 302 Carl Zelinka, stäter Art. Der Körper ist sehr biegsam und krümmt sich häufig so, dass er zweimal gekrümmt ist. « 6) »Wenn man nun die Gestalt der Rückenborsten als Arten-Kriterium der zur Gattung Chaet. gehörenden Formen annimmt, so mussman Chaei.tesselatus von DuJsAaR- pın als eine besondere Species betrachten; und inder That unterscheidet sich diese von mir nicht selten in Charkow und in Gießen gefundene Art auffallend von allen übrigen durch die besondere schuppenartige Form der Rückenborsten (Taf. XXXV, Fig.8).« 7) Siehe Chaet. maximus Ehrb. 5), sowie Folgendes: »Letztere Form (Chaetonotus mazsimus Ehrb.) halte ich, wie Dusarpın selbst schon vermuthet hat, für identisch mit Chaetonotus squammatus Duj. Diese heißt bei Dusarpın sowohl im Texte als auch in der Tafelerklärung sguammatus, und weiß ich nicht, wie METSCHNIKOFF dazu gekommen ist, statt dessen Chaet. tesselatus Duj. zuschreiben. Auch ScauLtze begeht eine Inkorrektheit, indem er Chaet. sguamosus Duj. schreibt. « 8) »Wahrscheinlich hat Dusarnın schon die Basalplättchen der Borsten bei seinem Chaet. sguammatus gesehen, denn er schreibt von diesem : »rev&tu en dessus de poils courts €Elargis en maniere d’ecailles pointues regulierement imbriquees.« METSCHNIKOFF nennt diese von Dusardın beschriebene Art, die er wieder auffand, fälschlicherweise immer Chaet. tesselatus.« 9) »Dusarnın dit dans sa description que Chaetonotus est muni sur le dos, de courtes soies, elargies a la base en Ecailles pointues et regulierement imbriquee. Vu de dessus il parait couvert transversement de ces &Ecailles qui forment sept rangees longitudinales, mais quand on examine le profil, on voit que les Ecailles sont les bases elargies d’autant de soies courtes qui garnissent le dos tout entier et meme les deux branches de la bifurcation caudale. Je ne suis pas certain qu’aucune des formes , que jai rencontrees puisse &tre rapportee a celle-ci. Certainement, personne ne pourrait, avec le fins objectivs que nous avons aujourd’hui, tenir pour exact le fait avanc& par Dusarnın que les soies ou Ecailles ne peuvent etre vues que sur animal examine de profil. Dans un seul cas, jai vu pendant un moment un Chaetonotus qui pourrait etre le Chaet. sguammatus, mais je l’ai perdu avant d’avoir pu l’etudier convenablement. « 40) Je n’ai connaisance que d’une allusion aceidentelle a cette forme dont je n’ai pu trouver le description originale.« 44) »Le corps entier, A l’exception des prolongements caudaux et de l’edroit espace ventral entre les deux bandes longitudinales des cils, est couvert d’ecailles imbriquees, paraissant demi-circulaires, dont le bord libre, arrondi, est dirige vers la tete de l’animal, c’est-a-dire dans le sens oppose & celui des Ecailles d’un poisson, et qui donnent au corps une apparence bizarre, mais jolie. Les bords libres de ces Ecailles transparentes semblent epaissis, mais cela doit Etre une erreur et on l’a omis sur la figure (Pl. II, fig. 46). Ces appendices s’etendent autour des bords latereaux a la marge externe des bandes cilices, ou ils cessent. L’intervalle ventral est nu. En,outre des cils ventraux, il ya de chaque cot& de l’anneau oral une touffe de cils qui continue les groupes anterieurs de cils tactiles (Pl. I, fig. 5). Ces cils aussi bien que les soies tactiles, sont incurvees et leur fonction parait &tre de creer un courant pour amener la nourriture, tandis que ceux des bandes ventrales son prin- cipalement locomoteurs. L’animala 1/;g; de pouce de longueur. Ses mouvements sont rapides et »erratiques« lorsqu’on vient de le deposer sur le porte-object,- mais bientöt, il se calme et se livre a une recherche comparativement tranquille de sa nourriture. L’ouverture orale est plac&e obliquement (Pl. II, fig. 24) ’anneau oral Etait fortement perle. L’oesophage occupe du tiers au quart de la longueur du Die Gastrotrichen. | 303 corps. Les bords de sa cavite sont finement et regulierement creneles. Chez les adultes mürs, il y a souvent de diverticules lateraux temporaires, tres remarquable- ment developpes, ou passages, d’inegale longueur (Pl. II, fig. 49) qui paraissent s’etendre du canal central aux canaux l’ateraux. Ils s’ouvrent et se ferment & la velonte de l’animal, mais si c’est par une action musculaire irreguliere,, ou si ce sont des parties normales de l’organe, je lignore. Il ya une variete rare qui differe de la prec&dente par son corps plus petit, par ses Ecailles moins nombreuses et beaucoup plus petites, et par la presence de deux longues Epines recourbees sur chaque bord lateral pres de la partie posterieure. L’oeuf mesure 1/;4 de pouce de longueur. Il a une surface et les deux extr&mites qui sont armees de papilles creuses ou de courtes Epines creuses ; le sommet des papilles et des Epines est bi- fide ou &margine (Pl. II, fig. 20). Les longs et les courts appendices se rencon- trent souvent sur Je m&me specimen.« Dieses von mir hier häufig gefundene Lepidoderma hat einen schwach fünflappigen länglichen Kopf, an welchem der vordere mediane Lappen sich deutlich von den angrenzenden lateralen absetzt, während die Einziehung zwischen den hinteren und vorderen lateralen Lappen sehr undeutlich ist, einen allmählich und schwach eingeschnürten Hals und einen Rumpf, der bei schwach entwickelten Eiern nicht breiter als der Kopf ist. Folgende Maße gab mir ein Thier ohne entwickelte Eier mit einer Totallänge von 0,193 mm. Größte Breite des Kopfes von oben ... 0,0330 mm Größte Breite des Kopfes von der Seite . 0,0220 mm Kleinste Breite des Halses von oben .. 0,0220 mm Kleinste Breite des Halses von der Seite 0,0165 mm Größte Breite des Rumpfes........... 0,0330 mm Länge des Ösophagus. ...... 0,0415—0,0437 mm Eimae.des) Darmes..35..3..3 ah is 2! 0,1321 mm Breite des leeren Darmes am Ösophagus 0,01276 mm Breite des leeren Darmes hinten...... 0,0096 mm. Meine Exemplare schwankten in ihrer Länge zwischen 0,1187 mm bis 0,2 mm. Die Grundform dieses Thieres wie aller übrigen ist ein Cylinder von elliptischem Querschnitte, dessen große Achse horizontal liegt, wie die Maße am Kopf und Hals ergeben. Am Rumpfe wird diese Form durch wechselnde Entwicklung der Eier fortwährend verändert. Die Schwanzspitzen sind 0,022 mm lang. Sie sind nach abwärts gekrümmt, wesshalb bei einigermaßen stärkerer Quetschung eine Ver- größerung des Krümmungsradius eintritt. Durch diese Abflachung wird die Schwanzspitze um 0,00275 mm länger. Der Basaltheil der Schwanzspitzen misst 0,0440 mm, der Endtheil in normaler Lage eben so viel, nach Quetschung 0,0137 mm. Der ganze Körper ist mit Ausnahme 304 Carl Zelinka, der beiden Flimmerbänder von Schuppen bedeckt, welche am Rücken und Bauche deutlich in alternirenden Längsreihen stehen. Dieser Reihen zählt man an einem nicht gequetschten, von oben betrachteten Thiere am Kopfe, je weiter man von der Spitze gegen die breiteste Stelle nach hinten schreitet drei, fünf und sieben (Fig.3). Am Halse erscheinen ebenfalls sieben Reihen. Der Rumpf zeigt acht Reihen und bei Quetschung, oder wenn er durch ein Ei aufgetrieben ist, kann man noch eine halbe Reihe mehr sehen (Fig. 9). Von der Spitze des Kopfes bis zu jener Stelle am Hinterleibe, wo die Schuppen ihre regelmäßige Form einbüßen, zählt man 26 Platten in jeder der mittleren Längsreihen. An den Seiten schließen sich an diese Reihen noch andere an, welche biszu den Flimmerbändern reichen, und zwar am Vorderendedrei, am Rumpfe vier. Die an das Flimmerband angrenzende Reihe hat sehr kleine Schuppen. Der Übergang der drei vorderen in die vier rück- wärtigen geht sehr einfach auf diese Weise vor sich, dass die Grenz- reihe des Vorderendes sich von dem Flimmerband entfernt und ihre Schuppen allmählich größer werden, an ihrer Stelle aber am Anfang des Rumpfes eine neue Reihe kleiner Schüppchen auftritt. Die Form der Schuppen ist je nach ihrem Platze verschieden (Fig. 7). Am vordersten Theil des Kopfes ist sie die eines Wappenschildes mit dreieckigem Vorderende bei einer Breite von 0,00625 mm und einer Länge von 0,0075 mm. Gegen rückwärts fortschreitend, treffen wir das dreieckige Vorderende allmählich im flachen Bogen sich abrundend. Die Halsschilder zeigen fast gerade Vorderränder. Sie sind 0,0025 mm breit und eben so lang. Am Hinterende bauchen sich die letzteren wieder dreieckig vor und sind 0,005 mm breit, 0,0075 mm lang. Das Hinterende jeder Schuppe ist etwas verjüngt und hört mit rundlichem zarten Rande auf. Hinter der 26. Querreihe hört die Regelmäßigkeit der Beschilderung auf (Fig. 9); es folgt eine Querreihe kleinerer, eine Reihe größerer und nach ihr wieder eine Reihe sehr kleiner Schuppen. Sodann beginnen die Schuppen des Basaltheiles des Schwanzes in drei Querreihen mit successiver Abnahme der Schilderzahl von 3—1. Diese Schilder oder Schuppen sind alle sehr groß. Die innerste der ersten Reihe ragt über den Rand des von ihr bedeckten Körpertheiles nach innen hinaus und giebt, da dieser Rand sehr stark lichtbrechend ist, Anlass zu einer optischen Täuschung. Bei schwächeren Vergrößerungen ist man nämlich überzeugt, eine in den von den Schwanzspitzen eingeschlosse- nen Raum hineinstehende Borste zu sehen (Fig. I Fb). Diese Borste er- weist sich bei genauerem Zusehen als der oben erwähnte Schuppen- rand. Noch täuschender ist der Anblick, wenn die Schwanzspitze stark Die Gastrotrichen. | 305 nach abwärts eingeschlagen wird, wodurch, da die Schuppe nicht mit gekrümmt wird, ein noch größerer Theil des Schuppenrandes freige- legt wird. Die Unterseite zeigt ebenfalls manche Eigenthümlichkeit ihrer Be- deckung. Durch eine Querfurche wird der vorderste Theil des Kopfes von den Flimmerbändern geschieden und ist mit symmetrisch gelagerten Platten bedeckt, wie Fig. I zeigt. Knapp hinter der Mundröhre erheben sich zwei kleine, kurze, kegelförmige Spitzen (Ke). Der Raum zwischen den Flimmerbändern ist im vorderen Theile mit schmalen Querplatten bedeckt (Pl), welche nach rückwärts breiter werden. Im ersten Drittel der Körperlänge oder etwas dahinter treten an ihre Stelle Schuppen- reihen (Sch). Diese Schuppen stehen ebenfalls in alternirenden drei Längsreihen derart, dass sie den Eindruck schiefer Reihen machen, welche sich all- mählich vom Rande des links vom Beschauer liegenden Flimmerbandes entfernen und dem rechten zustreben, während an der so entstehenden leeren Stelle eine neue Reihe mit kleinen Schuppen anfängt, welche allmählich größer werden. An den Rändern können sich ganz kleine Schuppen einfügen. Das Hinterende dieses ventralen Schuppenstreifens wird von vier mit ihren Rändern sich breit deckenden Platten ge- schützt, welche eine langgestreckt parabolische Form besitzen (Sch,). Der hier angrenzende Basaltheil des Schwanzes wird, ähnlich wie die dorsale Fläche desselben, von drei Reihen besonders geformter Schup- pen bedeckt (Fig. 8); wie am Rücken zählt die erste Reihe drei, die zweite zwei, die dritte eine Schuppe, und eben so steht die innerste Schuppe über den Umriss des Körpers hinaus, besitzt hinten eine scharfe Ecke und giebt durch ihren verdickten Rand Veranlassung für das Bild einer kräftigen Borste. Der Mundring ist längsgerippt. Ganz eigenthümlich erscheinen an den Seiten die Schuppen im Profil gesehen. Durch die komplieirte Krümmung ihrer Oberfläche geben sie das Bild eines Schnörkel und verleihen der Umrisslinie des Körpers einen welligen gelockten Charakter (Taf. XII, Fig.16). Wie im allge- meinen Theil näher beschrieben wird, laufen die Schuppen nach rück- wärts in eine sehr dünne Platte aus, welche im Profil täuschend einer Borste gleich sieht. Diese Ähnlichkeit wird um so größer, wenn das Thier sich krümmt und nun die Plattenenden mehr von dem Körper abstehen ; ganz besonders aber tritt die Täuschung ein, wenn ein Sand- körnchen oder sonst ein Fremdkörper unter eine Schuppe geräth und sie aufhebt, in welchem Falle im Profil die Ähnlichkeit mit einer Borste eine vollendete ist. Zeitschrift f. wıssensch. Zoologie. XLIX. Bd. 20 306 Carl Zelinka, - ‚Es ist nicht schwer, die Identität aller oben angeführten Formen darzulegen. Dusarvın hat ganz richtig von queren Schuppen, welche in sieben Längsreihen alternirend angeordnet sind und sich dachzie- gelartig decken, sprechen können und ließ sich nur durch die Profil- ansicht täuschen, als er diese Schuppen für die Basen kurzer Haare erklärte. Daher ist auch der Zweifel Stores’ an der Exaktheit der Dusarnın’schen Beschreibung nicht am Platze. Srtoxss ist vielmehr durch mehrfache Ungenauigkeiten dahin gekommen, dreiidentischeFor- men neben einander, darunter die eine alsneu zu beschreiben. Das Ge- schick hat dieser Species übel mitgespielt, wie uns ein kurzer histo- rischer Überblick lehrt. Dusarpın selbst, der EnrExBERG’Ss maacimus nicht kannte, ließ die Möglichkeit offen, dass sein sguammatus dieselbe Species sein könnte, welche Vermuthung auch von M. Scaurtze getheilt und von Lupwis zur Gewissheit erhoben wurde. SchuLTze machte zudem einen squamosus, METSCHNIKOFF einen lesselatus aus ihm, welche Irrthümer Lupwıe berichtigte. Srtorzs, der die Arbeit Lupwig's citirt, übersah diese Berichtigung, und erklärt, in Dusarpın’s Arbeit diese Species tesselatus nicht habe finden zu können, was begreiflich ist, da sie niemals existirte. Sodann eitirt er die Species Oh. sguammatus Duj. und beschreibt darauf ein junges Exemplar derselben als Ch. loricatus sp. n. In dieser Be- schreibung ist außerdem zu berichtigen, dass der ventrale Zwischen raum zwischen den Flimmerbändern nicht nackt, sondern beschuppt ist und die Schuppen des Rückens bei näherer Betrachtung nicht halb- kreisförmig sind, wie sie erscheinen. Die von ihm angegebene Länge '/is5 —0,1372 mm fällt innerhalb der Länge unseres Thieres. | Nur Goss£ hat dieses Thier wieder erkannt und gut beschrieben. Es.wird auch seine Angabe, dass auf den ersten Blick der Körper ganz glatt, von der Seite aber von gelockten Haaren bedeckt erscheine, ganz klar, er hatte die geschnörkelte Profillinie der Schuppe mit lockigem Haar verglichen. Seine Längenangabe !/,, .— 0,1494 mm stimmt mit unseren Maßen überein. Die Kopf- und Körperform nach Beschreibung und Zeichnung Gosse’s ist dieselbe wie die unserer Species. | Diagnose: Der Körper mit Ausnahme der Flimmer- streifen und des Endtheiles der Schwanzspitzen mit glatiengroßen wappenschildförmigen Schuppen bedeckt, welche im ProfilgekrümmtenBorsten ähnlich sind, ohne eine einzige Borste. Zwei Schuppenpaare am Hinter- ende täuschen vier über den Körper vorstehende Bor- sten vor. 8 13doa163 Schuppen am KopfeundHalseinsieben, am Hinter- leibein achtalternirenden Längsreihen gestellt. Die Gastrotrichen. 307 Kopfschwach fünflappig, eben so breit wie der Hin- terleib = 0,033 mm, allmählich in den wenig eingeschnür- ten Hals übergehend. | Zwischen den Flimmerbändernan der Bauchseite vorn Querringe, hinten Schuppen. / Mundröhre längsgerippt. Totallänge 0,1187—0,2 mm (0,22 mm nach Dusarnın). Habitat: Deutschland: Gießen; Frankreich: Paris; England; Österreich: Graz; Nordamerika: Trenton, New Jersey. Lepidoderma ocellatum E. Metschnikoff 1864 (Taf. XV, Fig. 19). Ichthydium ocellatum, E. Mrrscanikorr !; August 1864, Nr. 19, p- 451, Taf. 35, Fig. 1. | Iehthydium podura, H. Lupwıs?; 1875, Nr. 23, p. 214—-218, 220 und 222, Taf. XIV, Fig. I—5. Ichthydium podura, H. Lupwig?; 1886, Nr. 32, p. 821, Fig. 777, 778. ‘4) »Aus der Gattung Ichihydium kenne ich eine neue, in der Provinz von Charkow von mir beobachtete Art, die ich nach der Eigenthümlichkeit, die sie dar- bietet, als I/chthydium ocellatum bezeichne. Diese in Taf. XXXV, Fig. 4 abgebildete flaschenförmige Art ist am Vorderende mit einigen ziemlich langen Haaren und außerdem noch mit einem flimmernden Haarüberzuge der Bauchfläche ver- sehen.« 2) Was zunächst die Körpergestalt betrifft, so ist dieselbe mit derjenigen des Chaetonotus übereinstimmend. Die Größe ist aber etwas geringer, 0,083—0,14 mm; dabei misst die Körperbreite hinten 0,026—0,035, vorn 0,024—0,023 mm. Eskommt nicht selien vor, dass die Oberfläche des Körpers allmählich auftretende und wieder hinschwindende Einschnürungen und Anschwellungen zeigt (vgl. Fig. 2). Dieselben sind offenbar zurückzuführen auf Kontraktionszustände der unter der Cuticula liegenden protoplasmatischen Substanz der Körperwandung. Die Cuticula, welche den ganzen Körper: überkleidet, hat eine Dicke von 0,0009 mm. Als Fortsätze der- selben finden sich dieselben Gebilde, wie bei Chaet. larus, doch nicht ohne für die Art charakteristische Modifikationen. Die Wimperstreifen der Bauchseite sind eben so angeordnet, die einzelnen Wimperhaare sind 0,04 mm lang. Auch über die Endgriffel und die Klebdrüsen habe ich fast nur das bei dem Chaet. larus Gesagte zu wiederholen. Die Schwanzspitzen messen in ihrer Länge bei einem 0,12 mm langen Exemplar 0,0467 mm, wovon 0,007 mm auf den Endgriffel kommen. Auch die Tasthaare sind in derselben Gestalt und derselben Anordnung wie bei Chaet. larus vorhanden. Sie messen 0,0467—0,048—0,02 mm, Ihre Bewegung ist eine deutlich peitschenförmige. Die Rückenstachel sind hingegen sehr verschieden von denjenigen des Chaet. larus. Während sie bei letzterem Thiere namentlich auf der hinteren Partie der Rückenoberfläche eine für die Körpergröße des Thierchens ge- waltige Entwicklung gewonnen haben, sind sie hier auf ein Minimum reducirt und dies in einem solchen Maße, dass sie bisher von Niemand erkannt wurden, ja EHRENBERG stellt sogar ihr Vorhandensein ausdrücklich in Abrede. Betrachtet mau 20* 17 N A 308 Carl Zelinka, aber ein Individuum vom Rücken her mit starken Vergrößerungen,, so giebt sich zunächst ein System von Linien zu erkennen, welche im Allgemeinen in der Längs- richtung des Thieres über seinen Rücken hinziehen. Auf dem hinteren Leibesab- schnitte verlassen die Linien die genaue Längsrichtung und biegen sich in sanfter Krümmung nach der Mittellinie der Rückenoberfläche (Fig. 1). Bei weiterem Studium dieser Linien löst sich eine jede derselben in eine große Anzahl hinter einander liegender Verdickungen der Cuticula auf, von welchen jede einzelne ungefähr 0,003 mm lang ist und eine zugespitzte Gestalt hat, indem das vordere Ende der- selben breiter erscheint als das äußerst feine hintere. Man kann demnach in diesen Gebilden ohne Weiteres die Homologa der mächtigen Rückenstachel des Chaet. larus erblicken. Da man aber in den Seitenansichten des Ichthydium podura niemals ein Hervorragen dieser Cuticulargebilde über die Rückenoberfläche erkennt, so sind dieselben genauer nicht den ganzen Rückenstacheln des Chaet. larus, soudern nur den Basalplatten zu homologisiren.« (Die übrigen Angaben s. anatom Theil.) So- dann p. 220 »Ichthydium podura O. Fr. Müller = Ichth. podura Ehrenberg — Ichth. ocellatum Metschnikoff. Rückenstacheln rudimentär. Augen vorhanden, eben so zwei Rückenhaare. Die Thiere sind 0,08—0,44 mm lang.« p. 222 » METSCHNIKOFF hält sein /chth. ocellatum für eine neue Art. Ich kann indessen darin nur das Ichth. podura EHRENBERG’S wiedererkennen. METSCHNIKOFFS Meinung hat nur den einen Grund, dass seine Form Augen habe, die EnrEnBEre’sche Art aber nicht. Da aber beide Formen in allen Beziehungen, so weit die Angaben EHRENBERG'S reichen, eine völlige Übereinstimmung erkennen lassen , die augenlose Form aber seit EARENBERG von Niemand wieder gesehen wurde, so scheint mir das Richligste zu sein anzu- nehmen, dass EHRENBERG die Augen bei seinen Individuen übersehen hat, woraus ihm sicherlich kein Vorwurf erwächst. Hat doch auch Merscanikorr die Rücken- haare an seinem Ichihydium übersehen, während er sie bei seinem Cephalidium longiseitum abbildete.« 3) »Ichih. podura Müller. Fig. 778. Rückenstachel verkümmert; zwei Augen; hinten auf dem Rücken stehen zwei starre Haare; Länge 0,08—0,44 mm; häufie.« Diese Species konnte ich in Graz leider nicht auffinden; ich muss mich daher begnügen, die Angaben Lupwigc’s und METSCHNIKOFF'S ZU Ver- gleichen und den Nachweis zu liefern, dass ich berechtigt bin, in dieser Form eine neue Art zu sehen. Da es mir gelungen ist, ein echtes Ichthydium aufzufinden, wird man mir zustimmen, wenn ich in dem von Merscanikorr entdeckten und von Lupwısg wiedergefundenen Thiere (dass Lupwıs selbst beide für ident hält, geht aus seiner Zusammen- stellung in Nr: 23, p. 220 hervor) eine von podura verschiedene Spe- cies erblicke, welche auch dann, wenn man das Genus Lepidoderma mit Ichthydium vereinigt lassen würde, niemals mit ihr zusammenge- worfen werden dürfte. Die trennenden Merkmale sind erstens in der Beschaffenheit der Haut gelegen, welche bei 1. podura ganz glatt, ohne jede Struktur, bei Lep. ocellatum mit feinen, in Längsreihen angeordne- ten, dreieckigen Verdickungen versehen ist; ein weiterer Unterschied ist das bei Lep. ocellatum von beiden Forschern konstatirte Vorkommen von lichtbreehenden Körpern am Kopfe, welche bei I]. podura weder von EHRENBERG noch von mir gefunden wurden. Die Gastrotrichen. 309 Endlich sind die Zehen bei beiden ganz anders geformt; /. podur« hat ein winziges Endglied, welches weniger als ein Drittel so lang ist, als der Endtheil bei Zep. ocellatum. Lupwic gebührt das Verdienst, diese Form, welcher also der von METscHnIKoFF beigelegte Name zu verbleiben hat, genau beschrieben zu haben. Ich glaube, dass er, indem er die winzigen dreieckigen Ver- diekungen der Haut beschrieb, die er selbst »Basalplatten« heißt, Schuppen im ganz gleichen Sinne gesehen hat, wie wir sie bei Lepido- derma squammatum Duj. kennen. Mrrscnnikorr hat leider keine Längen- angabe gemacht. | Diagnose: Körpergestalt ähnlich der von Ghaetonotus larus. OberflächemitfeinenLängslinien versehen, welche aushinter einander liegenden, dreieckigen Verdickungen bestehen. Schwanzendtheil 0,007 mm lang. | Totallänge 0,083—0,14 mm. Habitat: Deutschland: Göttingen; Russland: Charkow. Lepidoderma rhomboides A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. k a,b, c, d). Chaetonotus rhomboides, A. G. Stores!; 1887, Nr. 35, p. 561, 562, Taf. II, Fig. 31 —35. 4) »Les caracteres de cette espece, qui n’a pas encore e&te decrite jusquiici, sont la forme inaccoutumee de la t£te, les petites &cailles rhombiques et les appen- dices caudaux extremement longs. Le corps lui m&me est long et etroit, mesurant environ 1/sg de pouce en longueur. L’extr&mite posterieure se divise en deux fur- culatures ou branches, dont chacune a de !/3 a 1/) de la longueur entiere de l’ani- mal. Ces branches s’amincissent graduellement A leur bout libre et sont compo- sees d’environ vingt anneaux ou articles legerement &trangles. Elles sont libre- ment mobiles et flexibles et constituent des organes en forme de queue, uniques dans ce genre d’animaux microscopiques. A leur jonction avec l’extremite poste- rieure du corps, elles sont separees par une emargination plus ou moins marque6e, comme on le voit dans la PI,. Il, Fig. 34 ou un seul de ces appendices caudaux est represente. Elles paraissent invariablement, au moins sur les differents individus que jai examines, tout a fait creuses et vides. Il m’a et& impossible de voir le con- duit des glandes caudales, non plus que l’appareil musculaire de cette partie, La tete, large, est forme&e de trois lobes, dont un frontal et deux lateraux. Le pre- mier se termine de chaque cöte a un groupe unique, acumine, de sois en forme de pinceau, ordinairement appliqu& tout contre la partie anterieure des lobes lateraux, qui se terminenl aussi a un pinceau de soies, unique, plus fort et plus remarquable que les pinceaux frontaux (Pl. II, Fig. 35). L’anneau oral est perle et les cils oraux paraissent se projeter en touffe. Immediatement derriere lanneau oral est un sillon transversal &troit et profond, un peu plus petit que la moitie de la largeur de la tete a cet en droit, car celle-ci mesure environ 1/-oo de pouce de large, tandis que le sillon n’a que !/;500 de pouce de long. — Les poils tactiles sont tres longs, et il y a plusieurs cils vibratiles additionnels, de chaque 310 Carl Zelinka, - cöte de l’anneau oral, cils qui sont remarquablement droits et raides, bien que mobiles. Les cils ventraux sont disposes en deux longues bandes laterales, l'es- pace intermediaire etant lisse et nu. Il n’a pas ete observ& de papilles oculiformes. Le dos et les cotes sont completement recouverts d’une cotte de maille formee d’ecailles rhombiques, transparentes, imbriquees. Elles n’ont pas plus de 1/s000 de pouce de long, et examindes sous un fort grossissement, presentent un aspeect fort elegant. On an essaye de la reproduire dans la figure 32 (Pl. II) mais avec peu de succes. Les bords lateraux paraissent Epaissis et le bord posterieur de chaque ecaille semble porter une petite Ecaille suppl&mentaire triangulaire. Chacun de ces appendices cuticulaires a probablement la forme indiquee dans la fig. 34 (Pl. m) avec le bord posterieur tronque, et leur arrangement est probablement celui qui est represente fig. 33. L’&panouissement des bords lateraux peut etre du au leger recouvrement. des ecailles transparentes, mais je n’ai pas d’explication a donner quant: a la nature des petits triangles, bien evidents, cependant. L’oesophage est court,_ excedant rarement le sixieme de la longueur total de l’animal. Jai observe un systeme vasculaire aquifere dans cette espece, mais les deux canali- eules ciliees elaient marques sur une si petite etendue et ont &te si incomplete- ment etudies que je ne puis maintenant que signaler leur incontestable existence. Cet interessant animal etait tres abondant, dans les recoltes que j’ai faites alors que j’etudiais ses congeneres, mais je n’ai pas vu l’oeuf Emis, et je n’ai pas r&ussi a conserver lindividu vivant assez longtemps confine pour que l’oeuf arrivät a ma- turite, alors m&me que j’en avais vu un en formation dans l’ovaire, ce qui, d’ail- leurs, ne se trouve pas frequemment.« Zu Stoxzs’ Beschreibung wäre zu bemerken, dass, wenn die Ränder der Schuppen wirklich verdickt sind und der doppelte Kontour nicht etwa durch dachziegelartige Deckung jeder einzelnen durchsichtigen Schuppe durch ihre nächsten Nachbarinnen zu Stande kommt, indem sie mit ihren Rändern über einander greifen, dass dann die kleinen Dreiecke sofort erklärt sind; sie sind die nicht verdickten Partien der Spitzen, welche unter die stumpfen Enden der vorderen Schuppen hin- einreichen. | Diagnose: Körper langundschmal, Rücken undSeiten mit spitzen rhombischen Schuppen bedeckt, welche nur 0,0051 mm lang sind und an den Rändern verdickt erschei- nen; der Hinterrand jeder Schuppescheinteinekleine sup- plementäre dreieckige Schuppe zutragen. Schwanzspitzen 'a;—!/, so lang als der Körper und in beiläufig zwanzig leicht eingeschnürte Glieder getheilt; Kopf dreilappig, die Lappen unter einander und vom Halse durch sichelförmige Einziehungen getrennt. Ösophagus kurz, höchstens !/, der Totallänge (absolutes Maß fehlt); Zwischenraum zwischen den Flimmerbändern nackt. Mundröhre längsgerippt. Totallänge 0,2953 mm. Breite des Kopfes 0,0363 mm. Habitat: Nordamerika: Trenton (New Jersey). Die Gastrotrichen. | 311 Lepidoderma coneinnum A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 18 a, b). Chaetonotus concinnus, A.C. Stores 1;1887,Nr.35,p. 1514, Taf. 1, Fig. 6. 4) »Le corps est oblong et les bords lateraux sont beaucoup plus pres de pa- rallelisme que dans toutes les autres especes observees. Le dos et les cotes sont couverts de petites saillies ou papilles, h&mispheriques, serrees, disposees en ran- gsees obliques et donnant a l’animal un joli aspect, remarquablement elegant. Les deux glandes caudales sont particulierement grosses et apparentes. L’espace ven- tral, entre les deux bandes laterales de cils locomoteurs, est entierement nu. Le corps a une longueur de !/gs de pouce, et l’oeuf, dont la surfaee est lisse, mesure 1/46 de pouce de long.« Diagnose: Körper an den Seiten geradlinig. Rücken und Seiten mit in alternirenden Längsreihen gestellten dicht gedrängt stehenden, halbkugeligen Papillen bedeckt. Zwischenraum zwischen den Flimmerbändern nackt. Länge 0,0920 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jersey). 2. Familie Ohaetonotidae, Haut entweder mit Stacheln oder mit auf Schuppen aufsitzenden Stacheln bewaffnet. Schwanweanekeinfach . .. „.. . 2... Chaetonotus Schwanzgabel dichotomisch, Haut gewulstet Chaetura. Chaetonotus C. @. Ehrenberg 1830. Chaetonotus, C. G. Eurenger6 !; 1838, Nr. I, p. 389. Chaetonotus, A. Prırcuarn?; 1861, Nr. 15, p. 661. Chaetonotus, P. H. Gosse£°; 1864, Nr. 18, p. 393. 4) »Animal ex Ichthydinorum familia, ocellis destitutum, dorso pilosum, pseudopodio furcato.« 2 3) »Hinterende gegabelt, Körper mit Borsten bedeckt.« Diagnose: Hinterende gegabelt, HautmitStacheln ver- sehen, die entweder direkt oder auf Schuppen aufsitzen (18 Species). Bestimmungstabelle für Chaetonotus !. Rückenstacheln wenig an Länge verschieden (hinten nur etwa doppelt so lang als vorn) 1. Eine Anzahl Rückenstacheln auffallend verlängert I. ! Chaetonotus longicaudatus Tatem ist am Schlusse des system. Theiles ange- führt, da seine Zugehörigkeit zu Chaetonotus nicht erwiesen und sogar höchst un- wahrscheinlich ist. Siehe daselbst auch Chaet. octonarius. 12 Carl Zelinka, \ Kopf fünflappig . . . maximus Ehrb. a en Halse| (ob; dreilappig . . . formosus Stock. \ ' ADSEREN Kopf parabolise:; . . Slackiae Gosse Stache 2 a2 Schuppen vorn rund Nebenspitzen - ee mit suppl. Schuppe acanthodes Stok. opf allmählich in den Schuppen rund, ohne ae LIE sin. suppl. Schuppe . . brevispinosus mihi T; Schuppensechseckig tabulatus Schm. en dreiflüge- eine Nebenspitze vor) lig ... ......„ hystrix Metschn. ü der Hauptspitze Schu en wappen- Stachen mit) NT en a similis mihi spi 5 : ee zZ zwei Nebenspitzen nahe | der BasisdesStachels 4. 2, Na, Werne Schultzei Metschn. . Rumpfe große Sta- cheln in sieben Längs- . [tacheln has KEY ra. ii Bassinaaile abhr larus ©. Fr. Müll. zweı Paar verlängerte Mevenspilze Stacheln am Halse, einesam Rumpfe, drei antrlımterende:. 2% 29. En Bogdanovii Schimk. vier bis acht große Stachein in zwei eng an einander : : ER stehenden Querrei- | en ee hen (Holzschn. V). longispinosus Stok. u. En nicht VETZFOT Vier bis sieben große Stacheln in zwei | weit aus einander liegenden Querrei- hen (Holzschn.II,I11I} spinulosus Stok. vier ar von großen Stacheln am nk (Holz- SCHTT usa acanthophorus Stok. eine Querreihe von vier großen Sta- cheln' knapp über dem Schwanze . . spinifer Stok, E große Stacheln in Stacheln mit einer Neben- | der letzte Seifenstachel spitze vor der vergrößert Hauptspitze sieben Längsreihen am Rumpfe ‚Holz- schn: Mi sr: macrochaetus mihi 16 große a in die zwei letzten Seiten- Furt Längsreihen stacheln vergrößert | am Rumpfe (Holz- schn. Vll, VIlI) . . persetosus mihi, 13 große Stacheln in fünf Querreihen am Rumpfe (Holz- schmr I Mw.a..% enormis Stok. a) Vordere und hintere Rückenstacheln wenig an Länge verschie- den (hintere nur etwa doppelt so lang wie die vorderen). Chaetonotus maximus Ehrb. 1831 (Taf. XII, Fig. 4, 10, 42; Taf. XM sämmtliche Figuren mit Ausnahme von Fig. 5 und 10). Chaetonotus maximus, C. G. Enrenpere!; 4838, Nr. 1, p. 389, Tat, AXLIN, Fig. II. | | Die Gastrotrichen. 313 ‚Chaetonotus maximus, M. Perry?; 1852, Nr. 7, p. 47. Chaetonotus maximus, Weisse’; 1863, Nr. 9b, IH, p. 244. Chaetonotus gracilis, P.H. Gosse ?; 1864, Nr. 18, p.399, Taf.1, Fig. 8. Chaetonotus maximus, larus und brevis, E. Merscnnikorr5: 1865, Nr. 19, p. 454, Taf. XXXV, Fig. 5. Ichthydium maximum, H. Lupwıc®; 1876, Nr. 23, p. 219. Chaetonotus larus, ©. Bürscaur’; 1876, Nr. 24, p. 386, 387, BIN Bi 79: Ichthydium maximus, O. E. Innor®; 1885, Nr. 30a, p. 225. Ichthydium maximum, H. Lupwic’; 1886, Nr. 32, p. 821. Chaetonotus gracilis, A. G. Stoxes !"; 1887, Nr. 35, p. 152. 1) »Corpore elongato, sub apice turgido obtuseque triangulo leviter constricto, dorsi setis brevibus aequalibus. Aufenthalt: bei Berlin. Ich beobachtete diese größere Form später als die anderen erst im Herbst des Jahres 4834, Dann wieder am 6. April 1832 und 27. November 1834. Sie nahm auch leicht Farbstoffe auf, wobei besonders der lange Schlund als Straße zum Magen recht deutlich wurde. Den Mundrand sah ich neuerlich schwach gezahnt und zählte mehrals acht Zähnchen. Die Vertheilung der Borsten sah ich bei einigen deutlich in Längsreihen,, bei anderen schienen sie schiefe Querreihen zu bilden. Mehrere Male sah ich ein einzelnes großes Ei im hinteren sehr ausgedehnten Körper, erkannte auch in dem Eie deutlich das Keimbläschen. Einmal sah ich das Legen des Eies durch die Auswurfs- und Sexual- öffnung dicht über dem Zangenfuße. Ich sah nur langsames Kriechen als Bewegung. Schon im Jahre 1831 theilte ich eine weniger vollständige Abbildung des Darm- kanales mit. Größe 1/,g—!/ıo Linie, des Eies 1/3, Linie, Entwicklungseyklus also 1/39 bis 1/ıo Linie.« : 2) »Bern, in verschiedenen Sumpfwässern, immer viel seltener als der folgende (larus), stets einzeln. April, November; Solothurn, Juli; Lugano, August. Sonst bis 1/9’ und noch kleiner beobachtet.« 3) Kommt in Petersburg vor. Wird nur der Name angeführt. 4) »Diese elegante Species, welche ich im Juli 1850 aus einem Teiche bei Leamington erhielt, ist durch die Schlankheit ihrer Form bemerkenswerth, welche nicht breiter wie die von Chaetonotus larus ist, während sie etwa zweimal so lang ist, Das Vorderende ist zu einem Kopfe erweitert, worauf es sich plötzlich zu einem engen Halse verjüngt, es ist annähernd dreieckig und in fünf wohlbezeichnete Lappen getheilt und an jeder Seite durch seitlich divergirende gerade Haare gefranst. In der Mitte des frontalen Lappens ist der Mund durchgebrochen, welcher eben so wie bei Chaet. Slackiae mit leicht vorstreckbaren Lippen versehen ist. Der Ösophagus ist von gewöhnlicher Form, aber sein vorderesEnde grenzt an die Spitze des Kopfes, ohne die Struktur und ohne solche Anhänge zu besitzen, welche bei der eben genannten Spe- cies zu sehen waren. Seine Länge ist ungewöhnlich, indem er sich nahe bis zur Mitte des Körpers ausdehnt, wo, gerade bevor er in den Darm übergeht, die dicke Muskelwand plötzlich schmäler wird, bis sie mit der Röhre selbst im Maße über- einzustimmen scheint. Der Darm ist an seinem Anfange konkav oder eher viel- leicht, er ist mit einer pankreatischen Drüse an jeder Seite versehen, welche, wie häufig bei den Räderthieren der Fall, zugespitzt und ohrförmig ist. Diese Annahme jedoch beruht einzig auf der Form, denn ich habe keine Trennungslinie zwischen diesen Spitzen und dem Darme entdeckt, noch war ihre Substanz klar, sondern 314 Carl Zelinka, mit fein granulirter Masse .dicht gefüllt, wie der Darm. Das runde Ende, welches zweifellos die Stellung der Kloake bezeichnete, ist am Abhange des Rückens in einiger Entfernung vor der Fußgabel gelegen. Ich war nicht im Stande außer dem Nahrungskanale ein inneres Organ zu erkennen, obgleich die durch die Haare verursachte Undurchsichtigkeit geringer als sonst war. Die vordere Hälfte des Körpers zeigte die Basen der Haare als scheinbar in Quincunx gestellte sehr zarte Punkte. Die Seiten und der Rücken waren mit feinen nach rückwärts gekrümm- ten Haaren bewaffnet. Die Spitzen der Fußgabel waren schlank, annähernd cylin- drisch und leicht an den gekrümmten Rändern erweitert. Das Thier kroch unruhig umher, indem es anscheinend nach Nahrung suchte, denn ich sah es verschiedene Male ungestüm nach einer Monade, welche in der Nähe uimherschwamm, schnap- pen, indem es gleichzeitig den Mund öffnete. Einmal, glaube ich, sah ich es die Beute ergreifen und verschlucken, doch da dies das Werk einer Minute war, kann ich dessen nicht sicher sein. Ich habe nur ein Exemplar dieser Species erhalten.« 5) EHRENBERG hat drei zur Gattung Chaetonotus gehörende Arten beschrieben, die er als Chaet. maximus, larus und brevis bezeichnete, und denen Dusarpın noch eine vierte — Chaelt. tesselatus — hinzugefügt hat. Freilich sind die Diagnosen und Beschreibungen dieser Forscher zu mangelhaft, um daraus auf bestimmte Arten- differenzen zu schließen, wesshalb denn auch spätere Forscher, wie PErTy und ScauLtzE, die Identität aller eben erwähnten Arten vermuthet haben. Was die EHRENBERG’Schen Formen anbelangt, so glaube ich sie zu einer einzigen, unter dem Namen Chaet. larus bezeichneten Art vereinigen zu dürfen, deren Hauptcharakter in der Gestalt der Rückenborsten besteht, die nicht, wie das SchuLtze bei Seiner Art beschreibt, aus zwei verschiedenen Theilen zusammengesetzt sind, sondern aus einer einzigen einfachen gekrümmten Borste bestehen (Taf. XXXV, Fig, 5).« 6) »Ichthydium maximum Ehrb. = Chaetonotus maximus Ehrb, =. Chaetonotus sgquammatus Dujardin = Chaetonotus sgquammosus Schultze = Chaetonotus tesselatus Metschnikoff. Die Rückenstachel ziemlich gleich groß, kurz verbreitert, schuppen- artig, sich dachziegelförmig deckend. Größe 0,12—0,22 mm.« 7) »Die kleine Art mit den einfachen Borsten hingegen, der Chaet. larus Ehrb., ist wohl überhaupt eines der verbreitetsten Süßwasserthiere, das ich fast in allen Sümpfen, Bächen und Flüssen, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, an- traf. Ich habe keine ausreichenden Messungen unserer Thiere angestellt, daher will ich bemerken, dass Chaet. larus nur wenig über ein fünftel Millimeter 'lang wird.« Über die Kopfform und die Anordnung der Borsten siehe die Angaben bei Chaetonotus Schultzei. »Bei Chaet. larus sind die Verhältnisse (der Bewimperung) jedenfalls dieselben, auch hier habe ich die Querstreifung der die Cilien tragenden Pänder gesehen.« »Bei Chaetonotus larus zähle ich etwa 44 (Längsreihen auf dem Rücken).« »Bei Chaet. larus sind die Borsten sämmtlich einfach.« »Bei Chaet. larus hat es (das Basalplättchen) etwa die Gestalt eines Wappenschildes (Fig. 9), von der Basis der Borste laufen drei Chitinleistchen nach den Ecken des Schildes.: Bei letz- ter Art konnte ich mich überzeugen, dass die Basalplättchen einer Längsreihe sich dachziegelartig decken (Fig. 9).« 8) Wurde am Grunde des Achensees gefunden. ) Ichthydium maximum (Ehrb.). Folgt die gleiche Diagnose wie 5) niit dem SOSE Selten. 40) Giebt nur.einen Auszug aus GossE’s Base da.er die Form nicht selbst beobachtet hat. - Der Nachweis, dass die erwähnten Formen idensiach sr stützt Die Gastrotrichen. 315 sich auf die Übereinstimmung in der Form, vor Allem des Kopfes und dann auch des übrigen Körpers, in der Größe und in der Beschaffen- heit der Stacheln. Die von Gosse und Bürscnui (Fig. 8) gegebenen Zeichnungen zeigen vollkommen dieselbe Gestalt des Vorderendes, wie meine Fig. # auf Taf. XII. Der deutlich fünflappige Kopf setzt sich plötzlich von der schmäleren Halspartie ab, der Körper ist, wenn das Thier, wie GossE es gesehen, jung und ohne entwickelte Eier ist, sehr schlank und nicht breiter als der Kopf, was mit der Angabe des britischen Forschers wohl übereinstimmt. Eurengere’s Abbildungen des » Ohaetonotus maat- mus« können dagegen bezüglich der Kopfform nicht ins Gewicht fallen, da dessen Zeichnungen von Ch. maximus und larus sämmtlich einander so ähnlich sind, wie ein Ei dem anderen. Die von METSCHNIKOFF gege- bene Zeichnung ist eine Seitenansicht, welche die Länge und Verthei- lung der Stacheln ganz gut wiedergiebt. Die Schuppen hat er, da er mit zu schwachen Vergrößerungen arbeitete, nicht erkannt; leider fehlt die Längenangabe für den Körper. Als Länge wird sonst angegeben: von Eurengere !/,s—!/10 = 0,121— 0,218 mm, von Perry !/,5”’= 0,25 mm und »noch kleiner«, von Gosse 0,127 bis eirca 0,25 mm, von Bürscati etwas über 0,2 mm, von Lupwıc 0,12—0,22. Meine eigenen Messungen ergeben folgende Werthe: 0,1125, 0,1225, 0,125, 0,162, 0,173, 0,187, 0,216, 0,224 mm, welche Werthe sich innerhalb der ceitirten Zahlen be- wegen, und am nächsten den Angaben von EnreEngerG, Lupwis und BüörscaLı kommen. Von den höchsten Werthen sind sie nur um Unbe- deutendes, um 0,026 mm verschieden, was auch auf unverschuldete Messungsfehler zurückgeführt werden kann, wenn man die unvollkom- menen Apparate in Betracht zieht, deren man sich zur damaligen Zeit bedienen konnte. Der Ösophagus ist nicht so lang wie Gosse angiebt, da dieser Forscher erstens ein junges Thier zeichnete (s. Kap. Körper- form) und zweitens den vordersten Theil des Darmes zum Ösophagus rechnete; der Ösophagus ist aber im ganz erwachsenen Tbiere immer- hin länger als '/, des Körpers. Bei jungen Exemplaren ist er fast halb so lang als der Körper. Der Kopf misst 0,0250 mm, der Hals 0,0150 mm, der Rumpf 0,19—0,020 mm an der breitesten Stelle (alle Maße dor- sal genommen), der Ösophagus ist 0,05 mm, der Schwanz vom Grunde der Gabel an 0,019 mm lang. Bei größerer Körperlänge verändert sich höchstens die Breite des Rumpfes, wenn nämlich ein Ei entwickelt ist. Die Stacheln werden von Enrengere als kurz und gleich lang ange- geben. Dies ist nun eigentlich nicht der Fall, da unser maximus nach meinen Messungen Stacheln besitzt, welche am Kopfe 0,005 mm, am Hinterende in der Regel 0,04—0,01225 mm lang sind, was mehr als 316 Garl Zelinka, einer Verdoppelung in der Länge entspricht, wie auch Bürscaut die Stacheln nach hinten allmählich an Länge zunehmen lässt. Doch konnte EHRENBERG ganz gut von »setis aequalibus« bei unserem Thierchen spre- chen; es besitzt nämlich die Eigenthümlichkeit, dass die Seiten mit einer Reihe von Stacheln versehen sind, welche sowohl vorn, als auch am Hinterende circa 0,009—0,0125 mm lang sind. Bei etwas tieferer Ein- stellung erscheint das Thier daher wirklich mit gleich langen Stacheln bewehrt, indem die Differenz zwischen den langen Rückenstacheln und den Seitenstacheln meist verschwindend klein ist. Die Stacheln (Taf. XIII, Fig. 7, 8) sind rundlich, obwohl sie von einer dreikantigen Basis entspringen, und ohne jede Nebenspitze; bei keinem der vielen seit einem Jahre untersuchten Exemplare konnte auch nur eine Spur eines Nebenstachels gesehen werden. Die Form der Schuppen hat Bürscaui im Allgemeinen richtig beschrieben; mit zwei Ausnahmen hat jede die Gestalt eines dreieckigen Wappenschildes mit drei, zu den Ecken laufenden »Chitinleistehen«. Nur die beiden Schuppen, welche am Hinterende die Tasthaare tragen (Fig. 11), sind an den Seitenrän- _. dern eingezogen. Im Profil ist jede Schuppe gekrümmt, und zwar ist das vordere, dicke Ende nach abwärts, das in eine scharfe Schneide zulaufende hintere nach aufwärts gebogen, was die Verschiebbarkeit der in der Regel dachziegelartig sich deckenden Platten erleichtert. Die Schuppen des Kopfes sind 0,00375 mm, die des Hinterleibes 0,00625—0,0075 mm lang. Bei stark entwickelten Eiern und damit verbundener Vergrößerung des Umfanges rücken die Schuppen aus einander und decken sich nicht, wie auf Taf. XIII, Fig. 8 dargestellt ist. Der Hinterrand der Schuppen ist anders beschaffen, als BürscaLı angegeben, indem eine tiefe parabolische Einziehung an den zwei hin- teren Leisten bis zur Stachelwurzel herabläuft; die seichte Kurve, in welcher Bürscarı den Hinterrand verlaufen lässt, konnte ich an keiner Schuppe entdecken, obwohl ich sie isolirte. Bürscaui giebt »etwa elf« Längsreihen von Stacheln an. Dies känn ich hinsichtlich der Halsgegend bestätigen. Doch zeigt der Kopf, wenn das Thier nicht gequetscht wird, nur etwa neun Reihen, der Hinterleib: 14. Eine bedeutend größere Reihenzahl erscheint bei Quetschung durch das Deckblättehen. Im Ganzen zählt man am Kopf und Halse bis incl. der großen seitlichen Randstacheln 13 Reihen. Unter den Randstacheln findet man hier nur noch einige Reihen (zwei bis drei) kleiner Stacheln, am Hinterleibe inclusive der Randstacheln 13, wozu unter diesen gegen die Bauchseite noch jederseits vier Reihen kleiner Stacheln kommen. Diagnose: Rücken und Seiten mit einfachen runden Stacheln bedeckt, welche nach hinten allmählich an Länge Die Gastrotrichen. 317 zunehmen. Kopfstacheln 0,005 mm, Stacheln des Rumpfes 0,04—0,012 mm lang. Seitenstacheln etwas kürzer als die längsten Rücken- stacheln. Schuppen am Hinterleibe 0,00625—0,0075 mm lang, von der Form eines Wappenschildes. Der Stachel entspringt am hinterenRande der Schuppe. Kopf deutlich fünflappig 0,026 mm breit, diezwei hinteren Lappen größer und brei- ter als die vorderen, Hals hinter dem Kopfe plötzlich stark eingeschnürt. Mittelfeld zwischen den Flimmerbändern von zarten, kleinenSchuppen mit je einem feinen Stachel bedeckt. Mundröhre längsgerippt. Ösophagus 0,05 mm lang. Totallänge 0,1125—0,225 mm. Habitat: Deutschland: Berlin, Frankfurta.M., Gießen; England: Leamington; Irland: Co. Westmeath!; Österreich: Graz, häufig durch das ganze Jahr in Gläsern mit Chara- ceen; Schweiz: Bern, Solothurn, Lugano. Chaetonotus similis mihi 1889 (Taf. XIII, Fig. 5, 10). Chaetonotus maximus, A. C. Sroxzes!; 1887, Nr. 35, p. 152. 4) »La forme que j’ai rapportee A cette espece n’est pas commune ici. Celle-ci est decrite par son auteur comme un grand Chaetonotus ayant les soies du dos courtes et de Ja m&me longueur. Mais, A moins que j’ai fait une erreur de determi- nation, les appendices cuticulaires devraient etre desigaes comme Epines, et elles sont quelquefois plus longues en arriere que dans les autres parties. Elles sont souvent courbees dans un sens indetermine& et disposees un peu en dehors de l’ar- rangement ordinaire longitudinal, de sorte, que l’animal a l’air malprepre, Eche- vel&: c’est une bete de mauvaise mine. Les Epines s’elevent sur une base e&largie, directement sur la surface cuticulaire et non par lintermediaire d’ecailles. Elles sont tres inegalement fourchues, avec une branche tres pelite qui n’est souvent qu’une petite projection lineaire. L’anneau oral est borde d’un rang de perles. L’espace entre les bandes de cils ventraux est couvert de soies courtes, hispides, recourbees, avec deux ou plusieurs longs poils se projetant derriere le bord poste- rieur. L’animal a 1/09 de pouce environ de longueur. Je n’ai pas vu l’oeuf.« Diese Form ist dem Ch. maximus Ehrb. sehr ähnlich, so dass ich gie anfänglich nur für eine Varietät desselben ansah; doch sind konstante Differenzen vorhanden. Der Kopf und überhaupt der Körper ist aller- dings ganz gleich dem des Ch. maxıimus gebaut, und bei schwächerer Vergrößerung wird man beide Formen schwer aus einander halter 1 Archer theilt im Dublin. Mikroskop. Klub am 26. Juli 1873 das Vorkommen dieser Form mit. Quart. Journ. micr. sc. Bd. XIV. 1874. p. 406. Da darüber keine eigene Publikation vorliegt, geschieht im Litteraturverzeichnis keine Erwäh- nung. 318 Carl Zelinka, können, da auch die Körperlänge übereinstimmt. Stärkere Vergröße- rung zeigt, dass die Stacheln bedeutend kräftiger d. h. breiter und dicker sind; die Länge eines Rückenstachels am Kopfe ist 0,0075 mm, die der längsten Rückenstacheln am Rumpfe aber 0,0188 mm was eini- germaßen die Maße an Chaet. maximus übertrifft. Ähnlich ist es mit. den Seitenstacheln, Diese messen vorn 0,04—-0,0125, hinten 0,015 mm. Was diese Species aber von mascimus auffallend unterscheidet, ist, dass alle Stacheln gegabelt (Fig. 10) sind und nahe der Spitze einen feinen Nebenstachel besitzen. Entsprechend der größeren Dicke der Stacheln sind sie auch dreikantig und die Schuppen erweisen sich viel stärker und leichter wahrnehmbar. Ihre Form ist der bei Ch. maximus gleich. Sonderbarerweise giebt es wieder Abarten dieser Species, welche den Rückentheil des Kopfes und Halses ohne Stacheln haben. Es erstreckt sich dieses stachellose Feld vom Kopfe als ein ovales, hinten schmäler werdendes Feld bis gegen das Ende des Halses. Dieses Feld ist nur mit den Schuppen bedeckt, welche sich hier sehr nahe liegen und daeh- ziegelartig sich decken, und hat am Kopfe eine Breite von neun Schup- penreihen. Jede dieser stachellosen Schuppen ist 0,00375 mm lang und eben so breit. Eingeschlossen wird das Schuppenfeld ganz unvermittelt von wie gewöhnlich bestachelten Schuppen. Die Anzahl der Längsrei- hen beträgt 17—21 am ganzen Körper. Obwohl Sroxes behauptet, seine Form habe keine Schuppen, so halte ich sie dennoch für ident mit meiner hier gefundenen, da die Be- obachtungen dieses Forschers über diese Species nur fragmentarisch sind und die Erkennung der Schuppen obwohl leichter wie bei Chaet. maacimus, doch noch die Anwendung einer homogenen Immersion be- ansprucht, welche Srokzs nicht gebrauchte. Die übrige Beschreibung stimmt mit meiner überein, wie auch seine Längenangabe von 0,2117 mm meine Ansicht sehr unterstützt. Diagnose: Rücken und Seiten in Längsreihen mit drei- kantigen, nebenstacheltragenden Stacheln besetzt. Sta- cheln des Kopfes 0,0075 mm, des Rumpfes 0,01375 mm; kräf- tig; dreikantig. Seitenstacheln 0,0088—0,0125 mm; Schup- pen wappenschildförmig, Stachel am hinteren Rande entspringend; Kopf und Hals wie bei Chaet. maximus Ehrenberg. Ventraler Zwischenraum bedeckt von zarten, kurz bestachelten Schuppen. Mundröhre längsgerippt. Ösophagus 0,05 mm. Länge 0,1125—0,22 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jersey); Österreich: Graz, Bassin des ehemaligen botani- schen Gartens, Teich im Kocn’schen Garten, Juni, Juli. Die Gastrotrichen. 319 Chaetonotus Schultzei E. Metschnikoff 1851 (Taf. XV, Fig. 1). Chaetonotus maximus, P. H. Gosse!; 1851, Nr. 6, p. 198. Chaetonotus maximus, M. Prrrv?; 1852, Nr. 7, p. 47. Chaetonotus maximus, M. ScauLtzze?; 1853, Nr. 9, p. 246—249, Taf: VI, Fig. &, 5, 6. Chaetonotus maximus, A. Prırcnarn®; 1861, Nr. 15, p. 662 ‚ Taf. XXI; Fig. 29, 30. Chaetonotus maxinus, P. H. Goss£°’; Juli 1864, Nr. 18, p. 394 bis 396, Taf. I, Fig. &, 5. ‚Chaetonotus Schultzii, E. METScHnIKoFF®; Aug. 1864, Nr. 19, p. 451. Ichthydium Schultziüi, H. Lupwıs’; 1875, Nr. 23, p. 219. Chaetonotus maximus, ©. BürscuLis; 1876, Nr. 24, p. 385— 389, Taf. XXVI, Fig. 1—6. Ichthydium Schultzü, H. Lupwıc?; 1886, Nr. 32, p. 821, Fig. 779. 4) Wird nur der Name angeführt. 2) »Um Bern und Lugano bis !/s”’groß.« »Im Kleinen einer Larve von Dermes- tes oder Attagenus ähnlich, aber farblos, durch die zahlreichen langen Haare jedoch dunkel. Wenn das Thier langsam und leicht gekrümmt in einem Kreise herum- schwimmt, sind nur die Wimpern der inneren, konkaven oder Bauchseite thätig, die anderen steif ausgestreckt. Die steifen Wimpern oder Borsten der Hinterhälfte des Rückens sind manchmal !/, so lang als das ganze Thier. Unten an den Seiten stehen zarte nicht vibrirende Wimpern. Am Kopfe befinden sich (was E. nicht zeichnet) beiderseits zwei leichte Ausbuchtungen, aus welchen einige zarte, be- wegliche, nach vorn gerichtete Haare hervorkommen, welche wie Fühler zum Tasten gebraucht werden. Der Mund befindet sich oben, Zerdrücken lehrte weiter nichts.« 3) »Die von mir untersuchten Exemplare zeigen auch in der Gestalt der Borsten Einiges von den Enrengerg’schen Angaben Abweichendes und ich will es vorläufig unentschieden lassen, ob mir eine neue Species vorgelegen. Der in seiner Gestalt dem eines Igels vergleichbare Körper unseres Chaetonotus mit abgerundetem, ver- schmälertem vorderen und kugelig abgestutztem hinteren Körperende, über wel- ches letztere ein kurzer Gabelschwanz hinausragt, mit stark gewölbter Rücken- und platter Bauchfläche ist in Fig. 4 vom Rücken, Fig. 5 vom Bauche und Fig. 6 von der Seite gesehen abgebildet. Die Rückenfläche ist mit sehr zahlreichen, reihenweise geordneten, rückwärts liegenden Stacheln bedeckt, welche an den Seitenrändern des körpers und am Kopfende kleiner sind als auf der Mitte des Rückens und am Schwanze. EHRENBERG hat in die Charakteristik seines Chaet. maximus die Angabe aufgenommen, dass die Borsten des Rückens alle gleich lang seien. Sowohl in die- sem Punkte als auch darin, dass ich die Borsten an ihrer Basis jede mit zwei kürzeren Nebenspitzen versehen finde, weichen die von mir beobachteten Exem- plare von den Eurengerg’schen ab. In ersterem Punkte stimme ich mit Perry über- ein, was die Nebenspitzen betrifft, so erwähnt ihrer auch Perry nicht. Dieselben sind freilich bei dem dichten Übereinanderliegen der Borsten nur bei sehr starken und guten Vergrößerungen zu erkennen.« »Die Bauchfläche ist frei von diesen Stacheln, die vordere Hälfte derselben ist ganz mit zarten kurzen Cilien bedeckt; 320 Carl Zeliuka, nach hinten sind die Cilien auf zwei Streifen am Rande beschränkt, welche am Schwanzende in einander übergehen.« »Die Mitte der hinteren Hälfte der Bauch- fläche trägt sehr feine dicht gestellte, starre Härchen, welche mit der Spitze nach rückwärts gerichtet sind (vgl. Fig. 5).« 4) Text fast wörtlich nach EHRrENBERG’S Diagnose von Chaetonotus maximus übersetzt. Keine eigenen Beobachtungen. Die Figuren sind jedoch Kopien nach SCHULTZE’S Fig. 4 und 6; aus diesem Grunde, und weil auch im allgemeinen Theil die Anatomie der Gastrotrichen in einer Übersetzung der ScauLtze’schen Beschrei- bung von dessen Chaet. maximus (unseren Chaet. Schultzei) geschildert wird, hat wohl der Autor den letzteren und nicht die EHRENBERGSChe Form gemeint, daher ich diese Angabe hierher und nicht zu Chaet. maximus Ehrb. stelle. 5) »Im August 1854 fand ich in einem Teiche bei Stratford einen sehr großen Chaetonotus, welchen ich auf diese Species zu beziehen geneigt bin. Seine Länge war 1/0 Zoll, seine größte Breite 1/4099 Zoll (mit Einschluss der Stacheln aber 1/30); die Länge der Zehen !/sgo Zoll. Die Dimensionen, gleich denen einer ganz erwach- senen Notomata aurita, bieten ihn dem freien Auge deutlich sichtbar dar und heben ihn unter allen anderen mir bekannten hervor. Er ist durch sein dichtes Fell von starren, stacheligen Borsten gleichmäßig gekennzeichnet, welche überall den Kör- per an seiner oberen Fläche und an den Seiten besetzen und gegen das Hinterende des Körpers länger sind. Die Zehen sind klein, schmal, oberflächlich mit Höckern besetzt und gekrümmt; sie können einander genähert und sogar gegenseitig ge- kreuzt werden. In der vorderen Hälfte des Körpers sind die Basen der Borsten deutlich in Quincunx gestellt, in etwa acht Reihen; diese Punkte sind sehr deutlich und kräftig. In der hinteren Hälfte verursachen die wachsende Länge und das Anliegen der Borsten einen dunklen Schatten; man kann jedoch durch Verstellung des Focus den cylindrischen Darm hindurch sehen. Der Kopf ist nur schwach ge- lappt und der Hals überhaupt kaum eingeschnürt. Der Mund besteht aus einer kurzen, deutlich vorstreckbaren Röhre mit einem dunklen ovalen Fleck an dem Boden in der Mitte, wo eine schmale, gerade Röhre entspringt und durch den weiten cylin- drischen Ösophagus zum Darme geht, indem der Anfang des letzteren den Grund des ersteren umfasst. An der Stirne und den Seiten des Kopfes sind sehr zarte ge- krümmte Haare gleich Schnurrborsten vorhanden. Gerade unter dem unteren Rand des Mundes sind zwei kleine gekrümmte Organe, deren Enden verdickt scheinen und nach abwärts gebogen sind. Ovale helle Flecke, einer an jeder Seite des Kopfes, mögen wohl Augen sein. Die Gewohnheiten dieses Thieres waren sehr ähn- lich denen der übrigen dieser Gattung. Es war unruhig, kroch ungeduldig unter den kleinen Mengen des Bodensatzes und drehte sich wiederholt, indem es sich bisweilen fast in einen Kreis zusammenrollte; fortwährend verkürzte und ver- längerte es den Kopf, stieß den Mund vor und suchte mit dem Vordertheile, wie eine Raupe; bisweilen schwamm es munter. Ein viel kleineres Individuum von demselben Teiche hatte viel weniger Borsten ; sie waren jedoch sehr grob und steif und gekrümmt. Eine Reihe von feinen, dicht gesetzten schwingenden Gilien lief die Seiten neben den Stacheln entlang. Ich glaube es war ein Junges von derselben Species. An einem eben erst gestorbenen Exemplar, welches auf der Seite lag, sah ich die laterale Form des Mundes und die Spuren von zahnartigen Streifen, die ihn umgaben; ich sah keine Stacheln die Bauchlinie entlang, sie bedeckten jedoch die ganzen Seiten. Gewisse unregelmäßige Linien können möglicherweise Falten der Haut gewesen sein. Der Darm war gekrümmt und endete beträchtlich kurz vor der Gabel; er schien. nur eine deutliche Portion, durch ein Diaphragma geschieden, an Die Gastrotrichen. . 321 seinem vorderen Ende zu haben. Die Zehen waren gekrümmt. Ich beobachtete die eigenthümliche Struktur der Stacheln, welche ScHuLTzE gesehen, nicht, kann aber nicht behaupten, dass sie nicht da war.« 6) »Die von M. ScahuLtze und wahrscheinlich auch von Perry als Chaet. maxi- mus bezeichnete Form muss also als Repräsentant einer neuen Art, die man wohl Chaet. Schulizii nennen kann, betrachtet werden.« 7) »Die hinteren Rückenstachel größer als die vorderen; sämmtliche sind nahe der Basis mit zwei kürzeren Nebenspitzen versehen.« »Darin, dass Chaet. maximus Schultze nicht identisch ist mit Chaei. maximus Ehrb. stimme ich mit METSCHNIKOFF vollständig überein.« | 8) »EHRENBERG unterschied drei Arten seiner den Räderthieren zugesellten Gat- tung Chaetonotus, als Chaet. larus, maximus und drevis. Heut zu Tage bleiben uns von seinen Unterscheidungsmerkmalen hauptsächlich nur die Größenunterschiede übrig, und ich muss trotz der Einwendungen METSCHNIKOFF'S in dem von M, SCHULTZE eingehender als Chaet. maximus beschriebenen Thiere. auch die eleichnamige EHRENBERG Sche Art erkennen, und sehe darin, dass EHRENBERG die Gestalt der Bor- sten seines Chaet. maximus nicht richtig erkannte, keinen Grund, um anzunehmen, dass er die bei uns vorkommende große Chaetonotusart, trotz seiner so überaus reichen Erfahrung, überhaupt nicht gesehen habe. Ich bezeichne daher die größte der beiden von mir untersuchten Arten, die sich durch den Besitz. dreizackiger Borsten auszeichnet, mit M. SCHULTZE als Chaet.-maximus Ehrb.; sie ist, wenigstens in der Gegend von Frankfurt a. M., selten; ich traf sie bis jetzt nur einmal in einer flachen Wasseransammlung auf einer Wiese, in Gesellschaft von Bursaria trunca- tella, Cyrtostomum leucas und anderer Infusorien.« '»Ich habe keine ausreichenden Messungen unserer Thiere angestellt, daher will ich nur bemerken, :dass Chaet. larus nar wenig über !/; mm lang wird und der ausgewachsene Chaet. maximus min- destens die doppelte Länge erreicht.« »Ich mache nur auf den Unterschied auf- merksam, der in der Gestaltung des Kopfendes mehr oder weniger deutlich her- vortritt, und der sich am besten durch die Vergleichung der Fig. 4 (Chael. maximus) und Fig 8 (Chaet. larus) ergiebt.« »Ich finde nun bei dem seiner Größe wegen bes- ser zu studirenden Chaet. maximus, dass sich die Cilien jederseits der Mittellinie der Bauchfläche in einem nahezu gleich breiten Band von dem Kopf- bis zum Schwanzende verfolgen lassen, zwischen welchen mit Cilien besetzten Bändern sich ein mittleres, cilienfreies Feld von etwa derselben Breite wie die ersteren findet. Dieses Mittelfeld ist eben so wie die gesammte übrige Körperoberfläche mit Borsten bedeckt, die jedoch hier ungemein klein bleiben, von vorn nach hinten all- mählich an Größe zunehmend. Die die Cilien tragenden beiden Bänder der Bauch- fläche zeigen eine sehr feine Querstreifung, die ich, da sie auch nach Zusatz kon- centrirter Essigsäure sichtbar bleibt, der Cuticula zuschreiben möchte.« »Am Kopf findet sich bei beiden Arten eine ziemliche Zahl langer, sehr zarter Haare, die zum Theil nach vorn, zum Theil nach den Seiten gerichtet sind. Besonders fällt ein Büschel sehr langer derartiger Haare jederseits am Beginn der Halsgegend auf, andere fin- den sich ziemlich zahlreich jederseits dicht neben der Mundöffnung und sind viel- leicht nur als eine Fortsetzung der Cilienbänder der Bauchseite zu betrachten.« »Der gesammte Rücken und ein Theil der Bauchseite unserer Thiere sind bekannt- lich mit ansehnlichen Borsten bedeckt, die denselben namentlich zu ihrem wunder- jichen Aussehen verhelfen. Die Borsten beginnen hinter dem etwas aufgeblähten Munde klein und nehmen nach hinten stetig an Länge zu, Sie sind in Längsreihen angeordnet und die der benachbarten alternirend gestellt.« »Bei Chaet, maximus Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Ba. 94 393 Carl Zelinka, 15 Längsreihen auf dem Rücken.« Bei Chaet. maximus besitzt jede (Borste) in etwa ein Drittel ihrer Höhe zwei mäßig lange Seitenzacken (Fig. 2 und 3). Jede Borste erhebt sich, wovon man sich beim Zerdrücken des Thieres überzeugt, auf einem Basalplättchen. Bei Chaet. maximus ist dessen Hinterrand tief ausgeschnitten.« »Die Mundöffnung führt in eine geräumige, schüssel- bis röhrenförmige Mundhöhle, deren Wände längsgerippt sind, wie dies sich auch bei einer Anzahl Nematoden findet.« Das Übrige ist bei den einzelnen Organen eitirt. 9) gleich 5) nur mit Längenangabe = 4 mm. Selten. Jeder, der sich die Mühe nimmt, die Enurensere’schen Charakteri- stiken der Chaetonotus-Arten mit den neueren Beschreibungen dersel- ben zu vergleichen, wird Bürsenzr's Ausspruch. dass von EHRENBERG'S Unterscheidungsmerkmalen hauptsächlich nur die Größenunterschiede übrig bleiben, vollkommen beipflichten. In eben dieser Erwägung muss ich Eurenserg’s und Scaurtze’s Chaet. maximus als zwei verschiedene Species erklären. Halten wir uns vor Augen, dass Eurengere als größte Länge seines Chaet. maxcimus !/,, Linie angiebt, was in mm umgerechnet 0,21829 mm beträgt, während die von BürscaLı wieder aufgefundene ScuuLtze'sche Form eirca 0,4 mm lang sein soll, so dürfte man kaum berechtigt sein anzunehmen, EHRRENBERG, der genaue Beobachter, habe einen so bedeutenden Fehler der Messung gemacht. Fügen wir hinzu, dass Chaet. maxcimus Schultze nicht wie die Eurensere’sche Form einfache, sondern mit Nebenspitzen versehene Borsten besitzt, so ergeben sich hinreichende Verschiedenheiten für die Trennung beider Formen. Zwei- fellos hat auch Perry in Lugano und Bern diese größten Chaetonotus ge- sehen, da er für die an diesen Stellen gefundenen Thiere 1/,'"—0,375 mm Größe angiebt. Gossez hat allerdings die zwei Nebenstacheln nicht ge- sehen, stellt aber ausdrücklich deren Anwesenheit nichtin Abrede. Seine Zeichnung jedoch, welche die Umrisse des Körpers und die Anordnung der Stacheln recht gut wiedergiebt, sowie die Größenangabe von '/zu Zoll = 0,363 mm, lassen uns mit Sicherheit dieses Thier als die Species BürscuLr's wiedererkennen, welche mit der circa 0,2 mm gro- ßen früher beschriebenen Chaetonotus-Art nicht verwechselt werden kann. Dass Perry wahrscheinlich auch langstachelige Formen, wie Chaet. macrochaetus mihi ete., gesehen (s. seine Angabe, dass die Borsten manchmal !/, der Körperlänge hatten) und hierher bezogen hat, darf uns nicht Wunder nehmen und fällt eben so wenig ins Gewicht, als der Einwurf Bürscenır's, dass EnrenserG diese große Form nicht entgangen sein könne; bezeichnet doch Bürscnuı selbst diese Species als selten, und ist sie weder von MErschnikorr, noch von Lupwis, noch von Sronss, noch von mir gefunden worden. METScHnIıKoFF erkannte die von M. Scuurrze beschriebene Form als eine neue Species und nannte sie Chaetonotus Schultzü, was RE? Die Gastrotrichen. 323 auch Lupwıg acceptirte. Auch ich bin der Meinung, dass dieser Species dieser Name gebühre, obwohl die bei einer anderen Form zu verwen- dende Bezeichnung »maximus« eher für diesen Riesen unter den Gastro- trichen passen würde. Diagnose: Rücken- und Seitenfläche gleichmäßig mit Stacheln bedeckt, welche sämmtlichin etwa '/, der Länge zwei kräftige kürzere Nebenspitzen tragen. Stacheln nach hinten an Länge zunehmend, bis sie circa doppelt so lang sind, wie am Kopfe; Schuppen am Hinterrand tiefparabo- lisch ausgeschnitten, vorn abgerundet. Der Stachel ent- springt am Hinterrande. Halskaum eingeschnürt; Kopfmit einem medialen und zwei schwachen seitlichen Lappen. Mittelfeld zwischen den Flimmerbändern an der Bauchseite mit kleinen hinten anGrößezunehmendenBorstenbedeckt. Augenflecke vorhanden. Mundröhre längsgerippt. Länge 0,365 —0,4 mm. Habitat: Deutschland: Frankfurta.M. (flache Wasser- ansammlung aufeiner Wiese), Greifswald; Schweiz: Bern, Lugano; England: Stratford (Teich). Chaetonotus hystrix E. Metschnikoff 1864 (Taf. XIV, Fig. 17—20). Chaetonotus hystrix, E. Merscanikorr !; 1864, Nr. 19, p. 451, Taf. XXXV, Fig. 7. Ichthydium hystrix, H. Lupwie ?; 1875, Nr. 23, p. 219. Chaetonotus hystrix, A. C. Storgs?; 1887, Nr. 35, p. 153. 4) »Außer den erwähnten (Chaet. larus, Schultzü, tesselatus) kenne ich noch eine andere Art von Chaetonotus, die ich für neu halte, und zwar wegen der be- sonderen Art von Rückenborsten, deren ich eine auf der Fig. 7 A abgebildet habe. Diese in den Sümpfen von Gießen gefundene Form (Fig. 7), die ich als Chaet. hystrix bezeichne, ist 0,12 mm lang.« 2) »Die hinteren Rückenstacheln größer als die vorderen, nahe der Spitze mit einer kürzeren Nebenspitze versehen. Thiere 0,12 mm lang.« 3) Hat die Form nicht selbst beobachtet und giebt folgende, der METSCHNIKOFF- schen Zeichnung entnommene Diagnose: »La surface dorsale est entierement cou- verte de longues Epines recourb&es inegalement fourchues. Celles de la region cen- trale du dos sont le plus longues. Elles decroissent graduellement en longueur vers chaque extremite.« Diese seit Merscunikorr von Niemand wiedergefundene Species ist in Graz nicht selten, wenn auch nur während des Sommers aufge- treten. In den über Winter stehenden Gläsern mit Wasserpflanzen konnte nie ein Exemplar entdeckt werden. Ich traf sie im großen Bassin des, inzwischen aufgelassenen Joaneums-Garten und in dem Teiche des Kocn’schen Gartens. Wie alle Gastrotrichen in wechselnder y1* 324 “Carl Zelinka, Größe vorhanden, schwankt die Körperlänge beträchtlich; mir kamen 0,09, 0,1, 0,13 mm lange Individuen unter, welche sämmtlich geschlechtsreif waren und einen bedeutend angeschwollenen Hinter- leib besaßen; sie scheinen sehr rasch geschlechtsreif zu werden, da es mir nicht glückte, Thiere mit unentwickelten Eierstöcken zu finden. Der Kopf ist länglich oval, mit zwei kaum merklichen Einziehungen jederseits, von welchen die vorderen etwas deutlicher erscheinen, und misst konstant 0,016 mm. Er geht ganz allmählich in den schmäleren Hals über, der nur wenig eingeschnürt ist und eine geringste Breite von 0,014 mm besitzt. Auffallend kurz und schmächtig ist der Ösopha- gus, bei welchem eine konstante Länge von 0,025 mm nachweisbar ist. Der Darm allerdings wechselt in seiner Länge nach der Größe des Thie- res und ist in einem 0,09 mm messenden Thiere selbst 0,0688 mm lang; die Schwanzgabel bietet nichts Bemerkbares dar; es misst in toto eine Zehe 0,01375 mm, also so viel wie der Hals, wovon 0,0075 mm auf den Basaltheil kommen, der ziemlich gedrungen geformt ist. Die Bewaff- nung der Haut besitzt die von Merschnikorr (in seiner Fig. 7) angege- bene Besonderheit; jeder Stachel trägt kurz vor der Spitze an seiner vorderen Seite einen kurzen Nebendorn. Die Stacheln sind für ihre geringe Länge sehr kräftig, deutlich dreikantig, wovon eine Kante nach vorn gerichtet ist (Fig. 48). Die Rückenstacheln des Kopfes messen 0,0025—-0,00313 mm, nehmen nach hinten gleichmäßig an Länge zu, bis sie am Hinter dei 0,01—0,01375 mm .lang sind. Die Seiten- stacheln (Se,) sind klein und unansehnlich und nehmen vom Kopfe bis nach hinten von 0,00375—0,00625 mm an Länge zu, vor ‚dem Schwanze ragt jederseits eine auffallend kräftige Borste seitlich hinaus (Sea). Am Kopf, Hals und Rumpf kann man inclusive der Randstacheln neun Längsreihen von Stacheln zählen, in deren mittelster 13 Stacheln zu finden sind. Ventral besitzt das Thier an seiner breitesten Stelle nur mehr drei Reihen kleiner Stacheln bis zu den Flimmerbändern. Jeder Stachel der Rückenfläche entspringt einer kräftigen Schuppe von typischer Form, welche aus einer vorderen parabolischen Platte und zwei hinteren seitlich divergirenden Flügeln bestehen. Die Botaniker würden ein Blatt dieser Form spießförmig nennen. In jede Ecke ver- läuft eine Leiste des dreikantigen Stachels, der von dem hinteren Schuppenrand sich erhebt. Die Schuppen decken sich nicht dachzie- gelig, sondern liegen weit von einander (Fig. 18). Die vordere mediane Platte einer Rückenschuppe ist 0,005 mm lang. Der Zwischenraum zwischen den typischen zwei Flimmerbändern ist nicht nackt (Fig. 20), sondern trägt in alternirenden Reihen kleine zarte Schüppchen (vP), welche hinten spitz abgerundet enden und in Die Gastrotrichen. 325 einzelnen Fällen je eine zarte, nach hinten gerichtete Borste tragen. Hier tritt der Ausnahmsfall ein, dass der nach hinten sehende Schuppenrand im Gegensatz zu den Rückenschuppen desselben Thieres und der Schuppen aller übrigen bekannten Gastrotrichen, verdickt ist und kräftiger hervortritt, wie der vordere. Die Schuppen decken sich nicht, bis auf die der hintersten Partie, indem daselbst erst vier Schup- pen eng in einer Querreihe stehen und dann zwei a schmale, sich daran fügend, den Schluss machen. Die Rückenschuppe, welche das Tasthaar trägt, hat die auch bei anderen Formen wiederkehrende eigenthümliche Einrichtung, dass zwei im spitzen Winkel an der Schuppenspitze zusammenstoßende und nach hinten sich erhebende und aus einander weichende Schutzwände entwickelt sind (Fig. 19). Der Mund ist sehr niedrig, daher die Längsstreifen sehr kurz. Die Flimmerbänder gehen vorn in einander über. Diagnose: Körper mehr gedrungen, mit neunReihen von Stacheln, welche aufdreilappigen Schuppen entspringen. Stacheln am Kopfe 0,0025—0,00313 mm, am Hintertbeile 0,01—0,01375 mm, Seitenstacheln kurz. Jeder mit kleiner Nebenspitze kurz vor der Spitze, entspringt am Hinter- rande der Schuppe. Kopf länglich oval mit zwei kaum merkbaren Einziehungen jederseits, 0,015 mm breit, Hals 0,01375 mm breit, Ösophagus 0,025 mm lang; Zwischenraum zwischen den Flimmerbändern mit zarten, hinten ver- diekten Schuppen, auf welchen kurze Stacheln sitzen können. Mundröhre ganz kurz, längsgestreift. Totallänge 0,099—0,13 mm. Habitat: Deutschland: Gießen; Österreich: Graz. Auf Blättern von Wasserpflanzen. Chaetonotus formosus A. C. Stokes 1888. Chaetonotus formosus, A. C. Stoxzs!; 1888, Nr. 35, p. 50, 51. 4) Recemment, dans une mare peu profonde, au bord d’une route, j’ai trouve en abondance, nageant parmi les Algues confervoides, une belle espece de Chaeto- notus, non encore decrite, et a laquelle j’ai donne le nom de Chaetonotus formosus sp. nov. Les surfaces dorsale laterales et latero-ventrales sont garnies de soies fines et courtes, recourbees et disposees en ordre quinconcial, chacune poussant directement sur la surface de la cuticule avec un leger &largissement basal, mais sans lintermediaire d’un Epaississement en forme d’&caille. Ces soies sont toutes a peu pres €gales en longueur, mesurent 1/ggoo de pouce, ou moins; celles de la tete et du cou sont un peu plus fortes que celles des autres parties. La tete est trilobee, avec les lobes lateraux pro&minents et arrondies, le lobe anterieur ayant le bord frontal aplati et portant une petite plaque ou bouclier c&phalique. La face ventrale 326 Carl Zelinka, aplatie, porte deux bandes ciliaires, et lintervalle est herisse de petites soies re- courbees. Les cils, autour de l’ouverture orale, sont essentiellement comme dans les autres formes et l’anneau oral est finement perle. Les glandes caudales sont ordinairement distinctes, quelquefois tres marque&es. La longueur de l’animal est de 1/59 de pouce. Ces petits etres se trouverent en grande abondance dans l!’eau de cette mare jusqu’a ce quelle fut mise a sec par la chaleur du soleil, et quoique la plupart continuent un oeuf ovarien, souvent deux, je n’ai pas pu assister a l’ex- pulsion de l’oeuf ni en trouver un seul dans la vase ou parmi les Algues. Von dieser Species existirt keine einzige Abbildung. Diagnose: Mit feinen kurzen ohne Schuppenmiteiner jeichten basalen Verdickung entspringenden Stacheln; alle Stacheln ungefähr gleich lang, 0,002833 mm oder weniger messend; diedesKopfesundHalses etwas stärkeralsdie übrigen. Kopf dreilappig, mit abgerundeten, vorspringen- den Seitenlappen; medianer Lappen mit einem kleinen Kopfschild. Zwischenraum zwischen den Flimmerstreifenmitklei- nen Borsten besetzt. Mundröhre längsgerippt. Totallänge 0,1819 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jersey). Chaetonotus Slackiae P. H. &osse 1864 (Taf. XV, Fig. 15). Chaetonotus Slackiae, P. H. Gosse!; 1864, Nr. 18, p. 397—399, Taf. I, Fig. 7. Chaetonotus Slackiae, A. C. Stores?; 1887, Nr. 35, p. 151, 152, Taf. I, Fig. 7. 4) »Diese neue Species erlaube ich mir einer Dame zu widmen, deren leichter und eleganter Pinselführung die Mikroskopiker so sehr für die wundervollen und natur- getreuen Zeichnungen in ‚Marvels of Pondlife‘ zu Dank verpflichtet sind. Ich traf dieses Thier im Januar 4851. Seine Länge war !/i3; Zoll, seine größte Breite 1/eoo Zoll. Die Verhältnisse sind ähnlich denen von Chaet. larus, doch ist der Umriss des Kopfes die Hälfte einer kurzen Ellipse, ohne Lappen und geht mit einem schar- fen Winkel in den Hals über, welcher im Verhältnis zum Körper etwas schlanker ist als in der eben besprochenen Species (Ichth. sguammatum). Diese Kopfform ge- währt einen eigenthümlichen Anblick und ist die hervorragendste charakteristisch- ste Erscheinung, welche mehr noch in der folgenden Species (Chaet. gracilis) und noch stärker im Genus Dasydytes hervortritt. Die Oberfläche des Körpers ist deutlich mit in Quincunx gestellten Punkten besetzt, der optische Effekt, glaube ich, von derart angeordneten Höckerchen oder Warzen, von welchen vielleicht die Haare entspringen. Der Rücken und die Seiten sind mit sehr feinen nach hinten gerichteten Haaren von nur mäßiger Länge bedeckt. Ich habe keine Spur von den Tasthaaren des Kopfes sehen können. Der Mund ist um Einiges größer als gewöhn- lich und hinten plötzlich verengt. Der Ösophagus ist von normaler Form, ein Cylin- der von sehr dicken durchsichtigen Wänden und von einer dünnen centralen Die Gastrotrichen. 327 Röhre durchbohrt. Es überraschte mich zu beobachten, dass der Ösophagus nicht mit dem Munde zusammenhängt, sondern gerade hinter ihm beginnt, in Folge einer nicht leicht zu erklärenden Eigenthümlichkeit der Struktur (vielleicht durch eine plötzliche Vertiefung oder eine aus der Bildfläche hinausführende Krümmung be- wirkt, obwohl durch unaufhörliche Handhabung der Mikrometerschraube dieser Umstand kaum unentdeckt geblieben sein könnte), augenscheinlich mit einem tiefer liegenden Centrum, wo die mediane Durchbohrung begann (Fig. 7). Eingebettet in der äußeren Wand des. Verdauungsrohres, an jeder Seite des Vorderendes, liegt ein kleiner, ovaler, gut abgegrenzter Fleck, welcher zu Zeiten eine bestimmte Fär- bung zu haben schien und welcher mich an die Augenpunkte der Rotiferen erinnert. An dem hinteren Ende dieses durchbohrten Darmkanales (den wir etwa Ösophagus nennen), beiläufig in 1/4 seiner Länge, schien mir eine gewölbte Figur durch eine zarte Linie vom Reste abgegrenzt zu sein. Das Hinterende war leicht konkav und saß auf dem entsprechend konvexen Vorderende des Darmes, eine Abweichung von dem normalen Zustand, in welchem der Darm den Ösophagus umfasst. An jeder Seite des Vorderendes des Darmes war eine ovale klare Blase gelegen, ganz von deın Ansehen, der Lage und der zweifellosen Funktion, wie die Drüsen, welche wir bei den meisten Räderthieren als pankreatische bezeichnen. Das am meisten interessante Ergebnis der Untersuchung jedoch war die Entdeckung eines Wasser- gefäßsystems vom selben Baue, wie der Rotiferen. Geschlängelte Kanäle laufen an jeder Seite der Leibeshöhle entlang (zwei an einer, aber nur eines auf der an- deren Seite sichtbar), welche sehr deutlich nahe bis zum Fuß verfolgt werden können (besonders bei seitlicher Lage) und nach vorn zum Kopfe, wo sie mit einem keulenförmigen Bulbus enden. Unmittelbar vor diesem Paar von Bulben, jedoch ohne sichtbare Verbindung mit ihnen, waren zwei kugelige, stark lichtbrechende Bläschen vorhanden, welche wahrscheinlich mit einer Flüssigkeit gefüllt waren. Sie waren nicht in derselben Bildfläche, wie die kleinen Augenpunkte, deutlich zu sehen, folglich mussten sie in der entgegengesetzten Region (ventral) der Kopfhöhle liegen. Nach einer Weile konnte von diesen nur eines mehr gefunden werden. Das andere war verschwunden. Waren sie kontraktile Blasen? Die übrigen Eingeweide zeigten nichts Bemerkenswerthes.« 2) Hat diese Form nicht selbst beobachtet und giebt nur einen Auszug aus den Angaben GossE’s. Diagnose: KopfvonderForm einerhalben Ellipse mit rascher Verjüngungin den Hals übergehend. Borsten zart und von mäßiger Länge Rumpf breiter als der Hals, 0,0423 mm. Totallänge 0,1868 mm. Habitat: England: Leamington. Chaetonotus acanthodes A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 14 a, b). Chaetonotus acanthodes, A. C. Storzs!; 1887, Nr. 35, p. 564, Taf. II, Fig. 28—30. 4) »Dans une petite mare a Sphagnum, pres de mon habitation, j’ai pris un petit nombre de Chaetonotus mesurant 1/gu de pouce de longueur, dont la surface cuticulaire &tait pour la plus grande partie merveilleusement arme&e, la face ven- trale ayant aussi une garniture protectrice. Il possede a la fois des Epines et des 323 Carl Zelinka, ecailles; ces dernieres sont imbriquees, leur bord libre est dirige en avant, et chacune porte une petite &caille supplementaire ou un Epaisissement en forme d’ecaille, dont s’eleve une &epine recourbee (Fig. 29). A une petite distance audes- sus .du centre du corps, la surface dorsale est traversee par une serie de grosses et fortes Epines s’elevant obligquement en haut et en arriere, et formant une espece de haie Epineuse au dessous de laquelle les appendices coniques sont petits et rares; quelquefois m&me tout a fait absents, excepte sur les bords lateraux. De chaque cote, pres de la fourche, Sont deux larges epines. Dans la figure 29, les ecailles sont beaucoup plus correctes de forme que dans la fig. 28, ou elles sont m&me trop arrondies et ou l’apparence d’Ecailles doubles a ete volontairement omise. L’espace ventral entre les bandes ciliaires est entierement et densement garni d’Epines courtes, fines, recourb&es, ou piquants, et quatre ou cing sois plus longues font saillie de la surface au-dela du bord de la bifurcation posterieure (fig. 30). Je n'ai pas vu d’oeuf.« Diagnose: Korper id Seiten mit Schuppen bene welche jeeine kleine supplementäre Schuppe tragen, auf welcher in der vorderen Körperhälfte je ein kurzer Sta- chelsteht; hinter der Körpermitte schließt diese Stachel- bewaffnung mit einer queren Reihe großer Stacheln ab; jenseits dieser die Stacheln selten, auch ganzfehlend; an jeder Seite der Schwanzgabelzwei große Seitenstacheln. Zwischenraum zwischen den Flimmerbändern dicht mit feinen Stacheln versehen, vier bis fünf davon länger und über denGrund der Schwanzgabelhinaussehend. Totallänge 0,1411 mm. Habitat: Nordamerika: Trenton (New Jersey). (Zwischen Sphagnum.) | Chaetonotus brevispinosus mihi 1889 (Taf. XIV, Fig. I1 —1A). Chaetonotus larus, C. H. Fernaın'!; 1883, Nr. 28, p. 1217 (Holz- schnitt 1, 2). H | Chaetonotus larus, A.C.Srorzs?; 1887, Nr. 35, p. 153, Taf.I, Fig. 11. 4) »Diese Thiere waren 1/95; Zoll lang, länglich, oben rund, hinten etwas ver- breitert und an der oberen Fläche mit nach rückwärts gekrümmten Dornen be- setzt, von denen die des hinteren Theiles die größten sind. Die untere Fläche ist flach, ohne Stacheln, hat aber vier Längsbänder von Cilien.« Es werden noch vier farbige Augen erwähnt (s. Kap. Sinnesorgane, Histor.). 2) »Le dos et les cötes sont garnis de rangees longitudinales de courtes Epines coniques, quelquefois toujours, d’apres la description d’EHRENBERG plus longues posterieurement. L’anneau oral n’est pas perle, mais les cils oraux se projetient au dela du bord en une seule rang&e de soies. L’arrangement des cils ventraux varie suivant les individus, peut-etre suivant les differentes localites. Mais dans le plus grand nombre de ceux que j’ai vus, les cils forment deux bandes laterales longitudinales. Dans quelques cas, toute la surface ventrale anterieure, dans un espace Egal a la longueur de l’oesophage, etait entierement ciliee, les cils se con- tinuant en deux bandes jusqu’a la bifurcation caudale, et en deux etroites lignes Rs Die Gastrotrichen. 329 centrales s’etendant- sur le m&eme’ espace. On deerit ordinairement l’animal comme ayant quatre lignes de cils ventraux. FERNALD et Lupwıs ont observ& tous les deux une couche externe de petites cellules entourant les grandes cellules de l’intestin, et Lupwıs a d&couvert sous la partie posterieure de lintestin une glande qu’il pense etre le testicule. Elle est remarquablement developpee dans quelques individus; chez d’autres, elle n’est pas apparente. On la voit dans la planche II (fie. A1 c). Chez ceux que j’ai observes, la longueur de la glande &tait d’environ 1/95 de pouce.« Dieses mit auffallend kurzen Stacheln bewehrte Thierchen kam mir im Juni, Oktober und November 1888 und im Mai dieses Jahres nicht selten unter, es scheint demnach eine, die ganze wärmere Jahres- zeit ausdauernde Form zu sein; auch die lokale Verbreitung um Graz war keine eng umgrenzte, sondern sie erstreckte sich auf die verschie- densten Tümpel. | Eine wichtige, die Wiedererkennung wesentlich fördernde Eigen- schaft liegt in dem dicken Kopfe, der nahezu kreisrund erscheint und konstant 0,02 mm breit ist; vorn wird mitunter auf jeder Seite je eine schwache Einkerbung sichtbar; er geht kaum merklich in den ebenfalls dick erscheinenden Hals über, welcher nur sehr wenig schmäler ist. Der Rumpf ist nicht breiter als die vordere Körperregion sondern misst nur 0,0188 mm und endet in einem kurzen Schwanz. Kurz und dick zugleich, wie in keiner anderen Species, ist der Ösophagus, indem er, kaum länger als der Kopf breit, nur 0,0223 mm weit sich erstreckt und dabei sich am hinteren Ende bis zu 0,01125 mm verdickt. Die Schwanzgabel ist 0,0125 mm lang, wovon 0,0088 mm dem Endgriffel angehören. Der Mundring ist sehr kurz und ohne die bei anderen Species vor- kommenden Längsstreifen, an deren Stelle feine Körnchen stehen. Der Büschel von Mundeilien ragt weit aus der Öffnung hervor. Die Borsten sind sowohl auf dem Kopfe wie auf dem Halse und Hintertheile in elf Reihen angeordnet; die des Kopfes messen nicht nur dorsal, sondern auch an der Seite im Minimum nur 0,00188 mm und nehmen nach hinten allmählich an Größe zu; am Halse messen sie 0,0025—0,0037 mm; die längsten der hinteren Stacheln erreichen 0,00625 mm. Sie sind alle schwach gekrümmt, die letzten zwei Seiten- stacheln sind jederseits verlängert und stark gekrümmt. Die dorsale Fläche des Körperendes besitzt vor der Schwanzgabel einige in zwei Reifen gestellte, kräftige, gerade Stacheln, von gleicher Länge, wie ihre gekrümmten Nachbarn. In der ersten Reihe stehen vier, in der hinteren sechs solcher Borsten. Zwischen den zwei mittleren der letzten Reihe ist eine kleine papillenartige Erhebung mit einer Einziehung an 330 Garl Zelinka, ihrer Spitze zu finden, welche ich als Afteröffnung deute. Alle Stachel entspringen von dachziegelartig sich deckenden Schuppen, von der Form einer Kreisscheibe (Fig. 12) mit einem hinten angebrach- ten Kreisausschnitte. Beiläufig im Centrum erhebt sich der Stachel. Der. Vorderrand jeder Schuppe ist verdickt. Die Tasthaare des Halses und des Hinterleibes entspringen stachel- losen Schuppen und werden an ihrer Basis von zwei kurzen borsten- artigen Schutzwänden beschirmt. Ungewöhnlich ist das Vorkommen eines einzelnen Tasthaares zu jeder Seite des Kopfes, dort wo bei an- deren Formen ein Büschel solcher Haare sich erhebt. Die Unterseite trägt am Kopfe zwei Büschel lebhaft flimmernder CGilien zu den Seiten des Mundes; die Bauchseite besitzt die zwei be-_ kannten Flimmerbänder, zwischen welchen zarte, runde Schuppen an- geordnet sind. Am Hinterende schließen zwei lange schmale Schuppen diese Schutzdecke ab und tragen je eine über den Hinterrand hinaus- ragende Borste (Fig. 13 Sh), zu welchen noch auf eigenen Schuppen zu beiden Seiten je zwei Borsten hinzukommen. Am Vorderrand des Kopfes befinden sich vier paarweise liegende Körper, welche unsere Aufmerksamkeit besonders verdienen (y). Die beiden rückwärtigen lehnen sich an den Rand des großen seitlichen Kopflappens an (Fig. 11), sind spitz oval, bei einem größten Durchmes- ser von 0,005 mm und hei einer Breite von 0,00188 mm; die vorderen kleineren sind kreisrund und sind im mittleren Kopflappen dem Vor- derrande fast anliegend zu beiden Seiten des Mundes gestellt, alle vier aber der dorsalen Fläche stark genähert. Jeder Körper ist mit schwar- zen Punkten erfüllt, die besonders an den Rändern gehäuft stehen; man wird in ihnen Augen sehen dürfen. An einem Exemplare fielen mir elf hellgrüne, unse ovale und verschieden große Körper (Fig. 11 x) auf, welche zu je fünf und sechs am vorderen Rande des Kopfes vertheilt waren. Sie lagen theils dorsal, theils wie die hinteren größten ventral. Ihr vereinzeltes Auf- treten berechtigt mich, in ihnen Fremdkörper, etwa eingedrungene Algen zu sehen. | Der Nachweis, dass die bei von Stoxzgs und FernıLp erwähnten Formen nicht zu Chaet. larus, sondern Chaet. brevispinosus gehören, ist nicht schwer zu führen. Allerdings kann ich mich bezüglich FernALD nicht auf den Text berufen, denn seine Diagnose würde fast auf alle Chaetonoliden passen, mit Ausnahme der Angabe von vier Längsbän- dern, welche von Lupwıe herübergenommen ist, und der vier Augen, welche die Einreihung dieser Form unter Chaet. larus unmöglich machen, wie FernALn erfahren hätte, wenn er Lupwig’s Arbeit noch ge- Die Gastrotrichen. | | 331 nauer benutzt hätte. Diese vier Augenflecke und die zwei Holzschnitte FernaLd’s bestimmen mich meine Form und die in Frage stehende für synonym zu erklären. Die Holzschnitte, welche, was die Umrisse an- belangt, Original zu sein scheinen, zeigen die größte Ähnlichkeit mit Chaet. brevispinosus, wozu noch kommt, dass die Stacheln sämmtlich kurz, wie bei meiner Form, erscheinen, so dass kein Zweifel obwalten kann, dass FernaLD diese Umrisse nach einem Exemplar von Ohaet. brevispi- nosus gezeichnet hat. Die Form und Länge der Stacheln ist es auch, welche eben so wie das nicht längsgestreifte Mundrohr, die Form von Stores hierher ver- weist. Eine Bestätigung findet meine Ansicht in der Fig. 11 dieses Autors, welche die Stacheln vollkommen übereinstimmend mit meinen Angaben von Chaet. brevispinosus wiedergiebt. Diagnose: Körpergedrungen, dorsalmitelfReihen von runden kurzen, nach hinten etwas länger werdenden kräf- tigen Stacheln besetzt. Kopfstachel und vordere Seiten- stachel nur 0,00188 mm, Halsstachel 0,0025—0,0037 mm, längste Stacheln am Rumpfe 0,00625 mm. Die zwei letzten Seiten- stacheln vor der Schwanzgabel langundstark gekrümmt. Stacheln von der Mitte kreisrunder, hinten eckig ausge- sehnittener Schuppen entspringend. Kopfdick, fast kreisrund, 0,02mmbreit, schwachdrei- lappig, allmählichin einen dicken Hals übergehend. Ösophagus kurz, 0,0223 mm lang und 0,01125 mm dick; ventraler Zwischenraum mit zarten Schuppen bedeckt. Mundröhre gekörnt oder kurz gestreift. Totallänge 0,095—0,149 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Orono (Me), Trenton (New Jersey); Österreich: Graz, in allen Tümpeln, Mai— November. Chaetonotus tabulatus L. C. Schmarda (Taf. XV, Fig. 9). Ichthydium tabulatum, L. C. Scamarpa!; 1861, Nr. 14, 1,2, p. 8, Taf. XVII, Fig. 149. Ichthydium tabulatum, H. Lupwıc 2; 1875, Nr. 23, p. 220. 4) »Char.: Corpus oblongo ovale, antice attenuatum, postice largum, furca brevis, dorsum tabulis hexagonis. Der vordere Theil des Körpers ist etwas schmä- ler, der hintere breiter in einen kurzen Gabelschwanz geendet. An dem abgerun- ‚deten Kopfe sitzen acht feine Fühlfäden, von denen die zwei mittleren Paare kurz, die zwei äußeren lang und geißelförmig sind. Der ganze Rücken ist mit kleinen sechseckigen Zellen besetzt, die in ihrer Mitte eine kleine Erhöhung haben, auf welcher sich eine kurze haarförmige Borste findet. Diese Täfelchen sind besonders 339 Carl Zelinka, am vorderen Theile sehr deutlich, der dadurch ein schuppenartiges Aussehen er- hält. Die Flimmerhaare werden erst bei stärkerer Vergrößerung sichtbar. Länge des Körpers 0,2 mm. Der Darm ist cylindrisch und hat in seinem vorderen Theile zwei gerade kurze Stäbchen, wie Rudimente von Kiefern. In der Mitte des Körpers sah ich bei einem Exemplare ein Ei. Im stehenden Wasser in der Nähe von Gali im Caucathale.« AD 2) Giebt eine kurze Charakteristik nach Schmarpa’s Angaben. Diagnose: Körper vorn schmal, hinten breit; Rücken undSeiten mitregelmäßigsechseckigen Schuppen bedeckt; jede Schuppe trägt in ihrem Gentrum auf einer kleinen Erhöhung eine kurze haarförmige Borste. Auf dem abge- rundeten Kopfe acht feine »Fühlfäden«. Totallänge 0,2 mm. | Habitat: Südamerika: Caucathal(inder NähevonCali imstehenden Wasser). b) eine Anzahl Rückenstacheln ist auffallend verlängert. Chaetonotus acanthophorus A. C. Stokes 1888 (Taf. XV, Fig. 11). Chaetonotus acanthophorus, A. C. Storss!; 1888, Nr. 3 p- 20, Taf. I, Fig. 13, 14. 4) »La surface sup£rieure de la tete et du cou et les Be lateraux du corps sont ornes de courtes soies recourbees, tandis que la region dorsale proprement dite porte quatre rangs d’Epines recourb6es, chaque serie s’arquant en avant et comprenant cinq €pines chacune avec une Epine additionnelle de chaque cote du corps, pres de la bifurcation posterieure. Les piquants sont finement et inegale- ment fourchus et s’elevent sur une base &largie (fig. 14) de sorte que l’animal est presqu’ entierement recouvert d’une armure formee par ces ' bases €largies. L’anneau oral n’est pas perle. Je n’ai pas vu 2 l'oeuf. Le corps mesure 1/3; de pouce de longueur.« N Holzschnitt I giebt die Anordnung der großen A A _ Stacheln an. hr Diagnose: Kopf und Hals ie % = “=, Stacheln besetzt, am Rumpfe fünf Längs- R. reihen von je vier großen Stachelnmitklei- KIA A ,7 Der Nebenspitze kurz vor der Hauptspitze; Ri die Reihen alterniren so wenig, dass die Stacheln gleichzeitig in vier nach vorn EN ZIER 3 u; ausgebogenen Querreihen erscheinen. Der letzte Seitenstachel an der Basis des Fußes groß. Alle Stacheln entspringen von erweiter- ter Basis, so dass der Kopf fast ganz von diesen Basen be-' decktist. | Mundringnicht gestreift. Die Gastrotrichen. | 339 Totallänge 0,108 mm. | Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jersey). Chaetonotus spinulosus A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 2, 12). Chaetonotus spinulosus, A. C. Sroxzs!; 1887, Nr. 35, p. 564, 565, Taf. I, Fig. 2, 3. | 4) »Corps long de 1/37g de pouce. La surface cuticulaire est grossierement gra- nuleuse et le dos porte ordinairement sept &pines inegalement fourchues, en deux rang6es transversales la rangee anterieure compose6e de quatre Epines et la rangee posterieure de trois. Quelquefois les &pines lat&erales de la rangee posterieure manquent et la rang&e anterieure n’en pr6sente que trois. Les bords lateraux du corps sont munis de courtes Soies coniques que j’ai constamment trouvees dans tous les sp&cimens que j’ai observes. L’oeuf a 1/50 de pouce de long et les extr&- mites ainsi qu’un cöte sont herisses de cils courts (fig. 3). L’embryon sort environ trente heures apres que l’oeuf a et€ pondu, et, a peu pres trente heures plus tard, on commencea voir dans le jeune Chaetonotus se former un oeuf ovarien dont le noyau devient visible six heures apres. J’ai assiste a la ponte de l’oeuf et le parent est mort ensuite.« Die Vertheilung der großen Stacheln wird aus den Holzschnitten I und III klar werden. Diagnose: Oberfläche grob granulirt; am Rücken zwei Querreihen von un- gleich gegabelten langen Stacheln, in | 2 der ersten, beiläu- fig in der Mitte des Körpers gelegenen A A A IBEDRNU NE Reihe drei bis vier, in der hinteren ein oder drei Stacheln. Seiten mit kurzen konischen Stacheln bewaffnet. A A A A Länge 0,0675 mm. Fig. II. Fig. III. Habıtat: Nord- » amerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jersey). Chaetonotus enormis A. C. Stokes 1888 (Taf. XV, Fig. 16). Chaetonotus enormis, A. C. Stores; 1888, Nr. 35, p. 19, Taf. I, Fig. 12. / 4) »Les surfaces sup6rieure et laterale de la tete et du cou sont garnies de courtes soies recourb6es qui s’etendent aussi tout le long des bords lat&ro-ventraux 334 Carl Zelinka, du corps. Les parties centrale et posterieure de la region dorsale portent treize longues Epines dirigees en arriere, mais peu recourbees. Elles s’elevent directe- ment de la surface cuticulaire par une base &Elargie, sans l’intermediaire d’Ecailles, et s’effilent vers leur extremite, ou elles sont inegalement bifurquees. Elles sont disposees comme le montre la figure 12: trois Epines dans la premiere rangee trans- versale, anterieure, quatre dans le suivante, deux largement espac&es, dans la troi- sieme, trois dans la quatrieme, la cinquieme n’a qu’une Epine plac&ee au centre, De chaque cöte, posterieurement, sont deux longues €pines paraissant appartenir a la serie des petites Epines qui frangent les bords du corps. L’animal mesure 1/30 de pouce de long.« Bezüglich Stachelvertheilung am | EN Hinterende siehe beistehendes Schema. A A Diagnose: Kopf, Hals und Sei- A A A A ten mit kurzen Stacheln ver- A A sehen; mittlerer und hinterer Theil des Rückens mit !3 langen, A % R ungleich gegabelten Stacheln, davon in der ersten Querreihe drei, in der zweiten vier, in der dritten zwei, in der vierten drei; darauf folgt noch ein medianer Stachel. Die zwei letzten Seitenstacheln lang und un- gleich gegabelt. Totallänge 0,0847 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New Jensiey.). A Fig. IV, Chaetonotus longispinosus A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 3). Chaetonotus longispinosus, A. C. Srorss!: 1887, Nr. 35, p. 565, Taf. I, Fig. 8—10. 1) »Les Epines, inegalement fourchues, varient en nombre de quatre A huit, ce dernier nombre etant le plus commun. Elles ont presque la moitie de la longueur du corps de l’animal, et s’elevent de la reeion centrale du dos en deux rangees transversales, ordinairement de quatre Epines chacune; elles sont arquees en des- sus et en arriere (fig. 8) jusque pres ou au delä des extr&emit6s des branches cau- dales, celles qui forment la serie posterieure etant la plus loneue. Au devant de la range&e anterieure, 1 Pr la surface est garnie de quelques soies recourb&es, comme le montre la figure 9, et les bords du corps sont franges de erosses soies raides. Les Epines A A A A : R : dorsales sont toujours sur deux rang6ees, mais leur & A \ 3 : = = nombre varıe de quatre a trois dans une rangee et Fig.V. a cing dans l’au're. Le corps & 1/34; de pouce de long. . Je n’ai pas observe l’oeuf.« Die Vertheilung der langen Stacheln ist im Holzschn. V schematisirt. Die Gastrotrichen. 335 Diagnose: Hals mit kurzen Stacheln besetzt; in der Mitte des Körpers zwei Querreihen von vierbisachtsehr langen starken, ungleich gegabelten Stacheln, meist vier Stacheln in jeder Reihe (doch kommen auch Individuen mit drei Stacheln in der einen und fünfin der anderen vor); dieder hinteren Reihe reichen bis zu denoderüber die Schwanzspitzen. Totallänge: 0,0736 mm. Habitat: Nordamerika, Ver. Staaten: Trenton (New sersey). Chaetonotus macrochaetus mihi 1889 (Taf. XIV, Fig. 7—10). Im Juni 1888 wurde diese Species zahlreich zugleich mit Chaet. hystrisce Metschn. und maximus Ehrb. zwischen Characeen gefunden, welche ich dem großen Bassin des aufgelassenen Joaneumsgartens ent- nommen hatte; heuer gelang es mir nicht, sie in anderen stehenden Gewässern anzutreffen. In raschem Zuge schwammen die Thierchen munter umher und schienen einige Wochen in ungeheurer Zahl vor- handen zu sein. Im Herbste hingegen konnte ich aus demselben Bassin kein einziges Individuum entdecken. An Größe kommt es einigermaßen dem Chaet. larus O. F. Müll. nahe, mit welchem es überhaupt große Ähnlichkeit zu besitzen scheint. Ich will daher nur die Unterscheidungsmerkmale hervorheben. Gleich Chaet. hystrix, persetosus etc. ist jeder Rückenstachel mit einer ziemlich großen Nebenspitze zu Beginn des obersten Drittels der Stachellänge versehen (Fig. 9), welche selbst als deutlicher Dorn vom Hauptstachel absteht. In dem Winkel zwischen beiden ist eine glas- helle Membran ausgespannt, welche sie verbindet. Alle Rückenstacheln sind merklich länger als bei den nächsten Verwandten, da schon die Kopfstacheln 0,0088 mm messen, denen die Halsstacheln gleich kommen, während die längsten Rückenstacheln am Rumpfe 0,0213 mm messen. Die Seitenstacheln erscheinen zarter und nehmen vom Kopf nach hinten von 0,0062 mm bis 0,0125 mm allmählich zu. Mit diesen Seitenstacheln zählt man überall neun Längsreihen im dorsalen Anblicke. Am Rumpfe werden die Rückenstacheln der sieben oberen Reihen plötzlich so ungemein lang, wie oben angegeben wurde. Die mediane Reihe zählt vier, die nächste ebenfalls vier, aber alternirend nach vorn verschoben, die dritte Reihe nur drei Stacheln, welche den drei ersten 336 - Carl Zelinka,. der medianen Reihe gleichgestellt sind, die vierte Reihe hat abermals vier, zur zweiten Reihe gleichgestellte Stacheln. Das Schema der gro=- Ben Stacheln ist nebenstehendes. ’ gi Die letzten zwei Seitenstacheln, welche ziemlich nahe an einander stehen, sind eben- 2 = A falls lang, kräftig, sehr stark gekrümmt und mit A A z Nebenspitzen erscheh. A A - = Jeder Stachel nimmt seinen Uran von A A A einer Schuppe, welche alle gleich geformt sind; A A A A man könnte diese Schuppen pflugscharförmig A A A nennen (Fig. 9). Sie liegen im hinteren Körper- A A A A theile weit,.aus einander, so dass sich nur die A seitlich schmalen Flügel berühren und zusam- Fig. VI. men die Spitze der hinter ihnen liegenden Schuppe bedecken (Fig. 10). Zwischen ihnen sieht man die unbedeckte Haut. Jede Schuppe hat drei, im hinteren Theile zusammenlaufende Firste, aus deren Vereinigungspunkt der Stachel entspringt; hinter dem Stachel ist noch ein schmaler Rand vorhanden. Eine Schuppe der großen Stacheln ist 0,0125 mm lang und 0,0088 mm breit. Ihre Flügel weichen in sehr stumpfem Winkel seitlich aus einander im Unterschiede von Ohaet. larus, dessen Schuppen (Taf. XV, Fig. 5) nach Lupwıe nach hinten gerichtete Flügel haben und daher eine tiefe parabolische Einziehung erleiden. Ich brauche wohl nicht erst auch darauf hinzuweisen, dass Ohael. larüus keine Nebendor- nen auf seinen Stacheln trägt. Der Ösophagus ist 0,032’ mm lang. Ein eigenthümliches Aussehen, welches ich auf der von GossE ge- gebenen Abbildung von Chaet. larus wiedergegeben finde, zeigt diese Form in seinen vorderen Partien. Die hier dichter liegenden Schuppen lassen das Bild rhombisch sich kreuzender Linien erscheinen (Fig. 7, 8). Es scheint mir zweifellos, dass Gossz eine ähnliche Form, wie die vor- liegende, oder vielleicht dieselbe mit seinem Ohaet. larus vermengt hat und seine Zeichnung danach anfertigte, wie er auch sagt, dass der Charakter der längeren Rtckenstacheln bisweilen außerordentlich stark ausgeprägt gewesen sei. Der ventrale Zwischenraum trägt Euneligie alternirende zarte Schuppen, deren hinterer Rand stärker verdickt ist als der vordere. Die Rückensinneshaare sitzen auf eigens eingerichteten Schuppen, wel- che zwei schräge, hinten aus einander weichende Schutzwände tragen, zwischen welchen das Sinneshaar entspringt (Fig. 10 a). | Diagnose: Ähnlich Chaet.larus neun Reihen Rücken- Die Gastrotrichen. SM stacheln inclusive Seitenstacheln. Kopfstachel 0,0088 mm lang; die Stacheln der sieben mittleren Reihen am Rumpfe stark verlängert, 0,0213 mm lang. Jeder dorsale Stachel mit Nebenspitze im letzten Drittel. Die Stachel ent- springen vom hinteren Theile pflugscharförmiger gro- Ber Schuppen. Ösophagus 0,032 mm lang. Ventraler Zwischenraum mit rundlichen Schuppen. Totallänge 0,077—01l mm. Habitat: Österreich: Graz, Bassin des Joanneumgar- tens. Juni. Chaetonotus persetosus mihi 1889 (Taf. XIV, Fig. 1—6). Eine kleine 0,0775—0,081 mm lange zierliche Form, welche ich im Monat Mai 1889 recht häufig zwischen Wasserlinsen in einem Tümpel in Unterandritz bei Graz fand. Der gewaltige Stachelbesatz des hinteren Körpertheiles fällt dem Beschauer sofort auf, namentlich wenn das Thier sich auf die Seite legt (Fig. 2) und dadurch der Längen- unterschied zwischen den vorderen und hinteren Stacheln ins rechte Licht gerückt wird. Der Kopf ist rundlich und besitzt zwei schwache Einziehungen auf jeder Seite, wodurch fünf kaum merkliche Lappen entstehen; seine größte Breite liegt in den hinteren Lappen und beträgt konstant 0,0138 mm. Allmählich schnürt sich die Halsregion hinter dem Kopfe ein bis zu einer geringsten Breite von 0,0125 mm. Der Rumpf ist schlanker als der Kopf, auch wenn er ein ziemlich großes Ei trägt. Die Schwanzgabel ist ohne besondere Eigenschaften, in toto 0,0125 mm lang, wovon 0,0075 für den Endtheil entfallen. Der Ösophagus ist kurz, nur 0,0225—0,025 mm lang und in sei- ner Mitte stark eingeschnürt. Der Mundring ist niedrig, daher die Längsstreifen sehr kurz erscheinen. Die Mundborsten scheinen zu fehlen. Am Kopf und am Halse zählt man neun Längsreihen alternirender Stacheln, inclusive der Seitenstacheln. Die Seiten- und Rückenstacheln sind an dieser Körperregion sehr klein und erreichen nur 0,0025 mm Länge, nach hinten nehmen die Seitenstacheln allmählich an Größe zu, bis sie 0,00375—0,00625 mm lang werden. In dieser Größe besetzen sie den seitlichen Rand des Körpers bis zu einer bestimmten Grenze, wel- che sie in je zwei in der Nähe des Hinterendes stehenden ziemlich weit von einander entfernten großen Seitenstacheln finden. Die Rücken- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 99 338 Carl Zelinka, stacheln werden hinter der Körpermitte plötzlich sehr lang und stark und zwar nehmen nur die fünf mittleren Längsreihen daran Theil, wäh- rend die zwei äußersten Stachelreihen des Rückens in gewöhnlicher Größe weiterziehen. Den Übergang zu den drei mittleren Stachelreihen vermitteln etwa halb so lange Stacheln. In der mittleren Längsreihe stehen vier lange Stacheln in ziemlich gleichen Entfernungen, von denen der erste der längste ist und 0,0125—0,01875 mm misst, wäh- rend die übrigen dieser und der anderen vier Reihen 0,015. mm an Länge erreichen. In der nächst anschließenden Reihe findet man drei Stacheln, deren Stellung aber eine bemerkenswerthe ist, indem die zwei ersten davon meist so stehen, dass sie beide zwischen dem ersten und zweiten der mittleren Reihe zu stehen kommen, während der letzte zwischen dem dritten und vierten der mittleren Reihe entspringt; da- durch entsteht eine bemerkenswerthe Lücke in dieser Reihe zwischen dem dritten und vierten Stachel; die äußerste Reihe besitzt ebenfalls drei Stacheln, die mit dem ersten, | Ä zweiten und dritten der mittleren ii N Reihe gleich gestellt sind. Das x r N R Schema der Vertheilung der gro- Ben Stacheln wäre folgendes. (Im 5 7 E: = R 7 N ° Holzschnitte VII sind die ersten n 5 = iR zwei, im Holzschnitte VIII die T: = R A e ° ersten drei Stacheln, welche nur 2 nr Übergangstacheln sind, zu groß A ui5 8 2 Art Biel aukgefallen)) A A = A In seitlicher Stellung zählt A A man am Rumpfe von den äußer- ii eu sten großen Stacheln bis zum Flimmerband noch fünf Reihen kleiner Stacheln, indem unter den Seitenstacheln noch drei Stachel- reihen sich einschieben. Sämmtliche Stacheln entspringen von Schuppen ganz bestimmter Form, die etwas Ähnlichkeit mit denen von Csaet. hystric Metschn. haben, es ist jedoch die vordere mediane Platte kräftiger und die seit- lichen Flügel treten an Größe zurück (Fig. 4). Die vordere Platte ist an einem 0,015 mm langen Stachel 0,005 mm lang. Der Stachel ist immer dreikantig und entspringt von der hinteren Grenze der Schuppe. Jeder Stachel hat kurz vor der Spitze eine kleine Neben- spitze. Die die hinteren Tasthaare tragenden Schuppen liegen neben dem hintersten medianen Stachel und besitzen zwei vorn zusammenstoßende, 2 SE Die Gastrotrichen. 339 nach. hinten höher werdende Schutzwände; ihre Umrisse sind von denen der übrigen Schuppen nicht verschieden. Die Unterseite besitzt zwischen den Flimmerbändern eine eigen- thümliche Panzerung, welche auf den ersten Anblick den Eindruck rhombischer Schuppen macht (Fig. 5), stärkere Vergrößerung zeigt alter- nirende Reihen von länglichen sechseckigen Schuppen; es wechseln immer zwei große mit einer großen und zwei kleinen Schuppen ab. Am hinteren Ende wird diese Panzerung durch zwei lange rechteckige Platten abgeschlossen (y), die eine Borste tragen; vor diesen liegen noch zwei ovale blattförmige Schüppchen mit je einem zarten Stachel (x). Der Kopf zeigt die gewöhnliche Vertheilung der Sinneshaare. Von dem vordersten der ventralen Büschel steht eine einzige Flimmer meist gerade ausgestreckt nach vorn. Die Flimmerbänder sind vorn verbunden. Das Hinterende weicht etwas von der bekannten Struktur ab. Vor Allem ist der Basaltheil des Fußes durch eine deutliche Querlinie, dem Ausdruck der Grenze der verdickten Oberhaut, vom Körper abgetrennt. Auf diesem verdickten Hauttheile, der vorn von den drei Schuppen der Tasthaare und des letzten großen Stachels, seitlich von den hin- teren großen Seitenstacheln umgrenzt wird, liegt eine Anzahl schmaler langer Schuppen (Fig. 6), welche jede in der Mitte einen Kiel, offenbar eine liegende Borste oder eine Leiste, besitzt. Die vier mittleren dieser dachschindelförmigen Platten stehen derart, dass sie ein gleichschenke- liges Dreieck mit einspringender Basis formiren; links und rechts von den Schenkeln liegt noch eine gleich große Platte, kleinere schließen sich am Hinterrande an. Diagnose: Kopf schwach fünflappig, 0,01375 mm breit; Hals allmählich eingeschnürt, 0,0125 mm breit. Mit neun Reihenalternirender Stacheln, welche am Kopfe und Hals 0,0025 mm lang sind. Hinter der Körpermitte werden die Stacheln der fünf mittleren Reihen 0,015—0,01875 mm lang. Die mediane Reihe hat vier, die beiden seitlichen Reihen haben je drei Stacheln in bestimmter Stellung. Seiten- stacheln vorn 0,0025, hinten 0,00375— 0,00625 mm lang. Die zwei letzten Seitenstacheln fast so groß wie die langen Rückenstacheln. Ventraler Zwischenraum mit sechseckigen Schuppen bedeckt; Ösophagus 0,0225 mm. Mundröhre kurz, längsge- streift. Totallänge 0,0775—0,08125 mm. | Habitat: Österreich: UnterandritzbeiGraz. Mai. 233* 340 Carl Zelinka, Chaetonotus larus Fr. Müller 1784 (Taf. XV, Fig. 5). Chaetonotus larus, GC. G. EurenBere!; 4838, Nr. 1, p. 390, Taf. XLIU, Fig. IV. Chaetonotuslarus, F.Dusarpın ?; 1841, Nr. 3 ‚p-570, Taf. XVII, Fig. 7,1. Chaetonotus larus, P. H. GossE°; 1851, Nr. 6, p. 198. Chaetonotus larus, M. Perry?; 1852, Nr. 7, p. #7. Chaetonotus larus, M. ScuuLtze5; 1853, Nr. 9, p. 246, 247. Chaetonotus larus, J. F. Weısse®; 1854 und 1863, Nr. 9a, p. 380; Nr. 9b, p. 244. Chaetonotus larus, A. Prırcuarn’; 1861, Nr. 15, p. 662, Taf. XXV, Fig. 357, 358. larus, P. H. Goss£3; 1864, Nr. 18, p. 393, 394, Ta. I, en maximus, larus, brevis, E. es: 1865, Nr. 19, p. 451. Ichthydium larus, H. Lupwıc 10; 1875, Nr.23, p.194—214, Taf. XIV, Fig. 6—29. Chaetonotus larus, O. A. Grimm!!; 1877, Nr. 24a, p. 115. Ichthydium larus, H. Lunwig !?; 1886, Nr. 32, p. 821. 4) »Gorpore elongato, sub apice turgido, obtuse triangulo leviter consiricto, dorsi setis posterioribus longioribus. Aufenthalt: Danzig?, Kopenhagen!, Straß- burg?, Linz?, Landshut!, Berlin!. Dieses häufige, und über Europa weit verbreitete Thierchen ist wahrscheinlich von früheren Beobachtern mit Ichthydium verwech- selt worden, da die Borsten bei geringen Vergrößerungen nicht erkannt werden.« Es folgt eine geschichtliche Darlegung über die Angaben der Autoren vor EHREN- BERG, welche daselbst nachgelesen werden mag. Sodann fährt der Autor fort: »Das Thierchen lebt im freien schlammigen Gewässer der Gräben, kriecht beweglich, schwimmt selten, kann aber seine Borsten spreitzen und anlegen. Ich sah es 1826, 1827, 4828, 4830, 4834 im Sommer, am 23. Juni 4832 und 1. Juni 1837 bei Berlin, auch 14830 schon Indigo aufnehmen. Ich habe immer nur ein entwickelt großes Ei gesehen und eiertragende Individuen waren nach hinten dicker, eierlose hatten den Kopf dicker als den Leib. Das Ei hatte etwa 1/3 der ganzen Körperlänge. Den Mund schien mir eine Röhre von acht Zähnchen auszukleiden. Pankreatische Drü- sen blieben unklar. Die in Längsreihen angeordnete Behaarung störte die Durch- sichtigkeit. Größe !/gy—!/ıg Linie beobachtet.« 2) »Corps allonge, renfl&E au milieu, un peu &trangle, en maniere de cou au- dessous du quart anterieur qui est arrondi comme une tete, long de 0,10, 0,44; herisse en dessus de longs cils non vibratiles. J’ai observe frequemment cet ani- mal dans les vases oüu je conservais depuis plusieurs mois ou m&me depuis plu- sieurs ann6es de l’eau de Seine ou de l’eau de marais avec des herbes aquatiques. Quand on le voit de profil, on reconnait bien que son dos est couvert d’aspe£rites entre lesquelles sortent de longs cils droits. M. EHRENBERG caract6rise cette espece par la plus grand longueur de ses soies dorsales posterieures; il lui attribue un oeuf aussi long que le tiers du corps.« 3) Wird nur der Name angeführt. Die Gastrotrichen, 341 4) »Gemein in Sumpfwässern. Bern, Januar bis September; Solothurn, Juli; Leukerbad, August; Handeck, August; Monte Bigorio bei Lugano, August; Torf- moor von Gonten in Appenzell, August. In einem Feuerteich bei St. Gallen unter Lemna, August; Zürich im See, August (auch bei München, März, Juni 4830 beob- achtet). Die Behaarung wechselt ungemein, bald ist er sehr zottig, zugleich mit ge- waltigen Zangen versehen, bald wieder fast glatt mit kleineren Zangen, dann sehr ähnlich dem Ichthydium podura. Es frägt sich noch, ob nicht Chaet. maximus, larus und brevis nur verschiedene Entwicklungsstufen seien.« 5) »EHRENBERG beschrieb den Chaetonotus maximus zuerst als besondere Spe- cies. Ob dieselbe mit Chaet. larus zusammenzufassen, wie man vermuthen dürfte und PErTy es auch als offene Frage ausspricht, kann ich nicht entscheiden, da ich letztere Art nicht ausreichend beobachtet habe.« Anmerk.: »Der wesentlichste Unterschied beider Arten scheint mir in der Größe zu liegen. Doch giebt EurEs- BERG als geringste Länge erwachsener Exemplare von Chaet.maximus und als höchste für Chaet. larus gleichermaßen 1//g’” an.« 6) Das Vorkommen in Petersburg wird konstatirt. 7) Text fast wörtlich nach EnrEnBERG übersetzt. Figuren sind nur Kopien der EHRENBERG’Schen Fig. IV, 4, 2, Taf. XLIlI. Keine eigenen Beobachtungen. 8) »Ist die am häufigsten beobachtete Species aus der ganzen Famile; sehr häufig zwischen Conferven und anderen Wasserpflanzen gefunden. Sie ist im Ver- gleiche mit anderen von mäßigen Dimensionen, 1/00 bis 1/goo Zoll lang. Ihr Körper ist nicht ganz viermal so lang als breit; der Kopf ist rundlich oder schwach drei- eckig und geht unmerklich in den dicken Hals über, welcher ihn von dem an- schwellenden Abdomen trennt. Das Hinterende ist tief gegabelt, die zwei diver- girenden Zehen laufen in ein bisweilen stumpfes Ende aus. EHRENBERG unterscheidet diese Art darin, dass die Haare auf dem hinteren Theile des Rückens länger als auf dem vorderen sind. In dieser Unterscheidung stimme ich mit ihm überein; die Species, welche ich gesehen habe, besitzt diesen Charakter scharf, bisweilen außerordentlich ausgedrückt. Es sind wenig solcher langen Haare; sie springen aus dem dichten Fell von kurzen Haaren, welche den ganzen Körper und am dich- testen rückwärts bedecken, hervor. Wahrscheinlich ist es dies, auf was sich Du- JARDIN bezieht, wenn er bemerkt, »wenn wir es im Profil sehen, erkennen wir, dass der Rücken mit Rauhigkeiten bedeckt ist, zwischen welchen die langen geraden Haare hervorspringen« (Hist. natur. p. 570). Niemand hat, so viel ich weiß, einen sonderbaren Umstand bemerkt, dass nämlich die Seiten des Kopfes mit einigen sehr langen feinen Haaren versehen sind, welche seitlich hervorstehen und divergirend sich leicht nach vorwärts krümmen, ähnlich den Schnurrborsten einer Katze. Ich sah dieses Thier sich häufig biegen und plötzlich gerade strecken, die Zehen ein- ander nähern, und zwar von einander unabhängig, mit einer Bewegung, welche von einer gewöhnlichen Cilienbewegung sehr verschieden war. Auf jeder Seite des Kopfes wird ein starker Cilienstrom erzeugt, durch welchen schwimmende Körper- chen gegen den Kopf getrieben und dann plötzlich die Hälfte des Körpers abwärts gestoßen werden. Kräftige Cilienströme sind der unteren Fläche des Halses ent- lang zu sehen. Ich bin nicht oft im Stande gewesen, diese Ströme auf zwei Bän- der zurückzuführen, obgleich die letzteren gelegentlich nahe bis zum Grunde der hinteren Spalte und dann plötzlich sich aufwärts wendend und die Seiten entlang vorwärts laufend aufgefunden werden. Der Mund erscheint mir oval, klein, leicht vorstreckbar;; EHrRENBERG beschreibt ihn als eine mit acht Zähnen versehene Röhre. Er führt in einen Pharynx von sehr dicken durchsichtigen Wänden und einer sehr 342 Garl Zelinka, engen Durchbohrung, welcher in 1/3 der Totallänge des Thieres in einen geraden Darm von gleichem Durchmesser wie der Pharynx führt. Dieser ist, wie ich gesehen habe, im Allgemeinen farblos, mit unregelmäßigen klaren Massen angefüllt und endet beträchtlich über der Schwanzgabel an einer gekrümmten queren Linie. Diese Linie ist zweifellos die Außenlinie des geschwollenen krummen Rückens und bezeichnet die Stelle der Kloake, welche, wie häufig der Fall, nur im Augenblick der Funktion sichtbar ist.« »Ich habe das Reproduktionssystem im unthätigen Zu- stande gesehen, nur als helles, lichtbrechendes Organ von großem Umfange und unregelmäßiger Form, welches in der Abdominalhöhle lag und sich gelegentlich bis zum Halse nach vorn erstreckte. In einem Falle bin ich ziemlich sicher, dass ich in einem Theile seiner Länge ein gewundenes Wassergefäß gesehen habe, wel- ches an einer Seite hinablief (Fig. 3). Die Bewegungen dieses kleinen Thieres sind sanftund vollAnmuth, eine Art Gleiten oder Kriechen über die Wasserpflanzen, selten ein Schwimmen. Einmal sah ich ein Paramaecium ungeschickt an einen ahnungs- losen Chaetonotus herankommen, worauf dieser sogleich seine Geschwindigkeit ver- doppelte, als ob er erschreckt wäre, bald aber seinen Gleichmuth wiedergewann.« 9) Siehe Chaet. maximus 4). 40) »Der Rücken des Thieres ist mit Stacheln besetzt, welche auf dem vorderen Theile der Rückenoberfläche weit kleiner sind als auf dem mittleren und hinteren Theile, woselbst sie eine im Vergleiche zur Größe des Thieres selbst mächtige Ent- wicklung erreichen.e Die Länge der erwachsenen und geschlechtsreifen Thiere wird mit 0,0937—0,45 mm (incl. Schwanzspitzen) angegeben, die der jüngeren, eben aus dem Eie geschlüpften mit 0,07 mm. Die Rückenstacheln fehlen auf der Bauchseite, auf den Schwanzspitzen und auf der Stirnkappe. Auf dem vorderen Dritttheil des Thieres sind die Rückenstacheln nur ein Viertel so groß, wie am mitt- leren und hinteren Körperdrittel. Die Stacheln stehen in ungefähr neun alterniren- den Längsreihen (Quincunxstellung). Jeder Stachel ist aus einer Basalplatte und einem eigentlichen Stachel zusammengesetzt. Die Basalplatte ist vorn abgerundet und läuft nach hinten in zwei divergirende Fortsätze aus. An den großen Stacheln ist sie 0,008 mm lang. Von ihr erhebt sich mit breiter dreistrahliger Wurzel der eigentliche dreikantige Stachel, welcher nach oben und hinten gekrümmt ist und spitz ausläuft. Die längsten Stacheln maßen 0,047 mm; Schwankungen bis zu 0,04 mm kommen vor. Die vorderen kleineren Stacheln stehen dichter. In jeder Längsreihe sind neun kleine vordere und sechs bis sieben große hintere Sta- cheln. Die Cilienbänder werden von Lupwıc als in der Vierzahl vorhanden ge- schildert. Am hinteren Theile der Bauchfläche werden einige wenige kleine Bor- sten beschrieben. Der Basaltheil des Schwanzes ist 0,006 mm, der Endtheil 0,0096 bis 0,0442 mm. Der Endtheil ist leicht gebogen, schlank cylindrisch, an beiden Enden etwas angeschwollen, und quer abgestutzt. Auf jeder Kopfseite stehen zwei Büschel von Haaren, vielleicht Tasthaare, von welchen das eine in der Höhe des oberen Randes der Stirnkappe über dem Munde, das andere darunter und etwas nach hinten gerückt ist. Der Mundring hat einen Besatz von vertikalen Leisten.« Im systematischen Theile heißt es: »Ichthydium larus O. Fr. Müller = Chaetonotus larus Ehrenberg. Die hinteren Rückenstachel größer als die vorderen, aus einer nach hinten gegabelten Basalplatte und einem dreikantigen Stachel bestehend. Größe der Thiere 0,09—0,15 mm.« 44) Das Vorkommen in Libau wird konstatirt. 12) »Ichth. larus Müll. (Fig. 777), die hinteren Rückenstachel größer als die vorderen, sämmtliche sind dreikantig und ohne Nebenspitzen. Länge 0,09—0,15 mm, Häufig. Das abgelegte längliche Winterei ist 0,043 mm lang. A Die Gastrotrichen. 343 Die Speciesbeschreibung Eurengerg’s verursachte den späteren Zoo- logen große Schwierigkeiten für die Wiedererkennung. Es ist zweifel- los, dass Eurengere verschiedene Formen, deren Haare hinten länger erschienen, ohne weitere Unterscheidung hierher bezog. Wir kennen wenigstens jetzt außer Chaet. larus noch COhaet. spinifer Stokes, Chaet. macrochaelus mihi, hysirix Metschn., bei welcher die hinteren Rücken- stacheln bedeutend länger sind, als die vorderen, und deren Körper- längen innerhalb der von Enurengere für larus angegebenen Dimen- sionen 0,03638—0,1213 mm liegen. Auch Gosse dürfte diese jetzt leicht zu unterscheidende und die langstacheligen Formen Stores unter dem Namen larus zusammengefasst haben, wenigstens drängt sich uns dieser Gedanke unwillkürlich auf, wenn man seine Beschrei- bung der Rückenstacheln liest. Psrry, der bald zottige Thiere mit großen Zangen, bald fast glatte mit kleineren Zangen beobachtete, kam desshalb auf die Vermuthung, alle drei Eurengerg’schen Chaetonotus- Arten als verschiedene Entwicklungsstufen einer Form ansehen zu dürfen. Die gleiche Unsicherheit bezüglich der Speciesbestimmung befiel M. Scnurtze und E. Mertscanikorr. Letzterer erklärte kurzweg alle drei Formen für identisch und fasste sie unter dem Namen larus zusammen. Erst Lupwıs löste die Verwirrung, da er eine Form gefun- den hatte, auf welche am besten von allen diesbezüglich in Frage kom- menden Thieren die Enrengere’sche Diagnose passt. Zugleich gab er zuerst von Allen, welche Chaet. larus gesehen haben wollten, eine so genaue Beschreibung desselben, dass wir ihm für die an Stelle eines Sammelraumes für ungenügend bestimmte Chaetonotusarten gesetzte wohl umgrenzte Speciesdiagnose zu Dank verpflichtet sein müssen. Leider wurde dieselbe von den beiden amerikanischen Naturhistorikern FernaLn und Stoxzs, welche beide Lunwig’s Arbeit kannten und eitirten, übersehen oder flüchtig gelesen, so dass beide von /arus grundver- schiedene kurzstachelige Thiere als Chaet. larus ausgaben. Die Länge von 0,0937—0,15 mm nach Lupwıc lässt sich mit den Angaben EurEn- BERG’S vereinen; mit ihr stimmen auch die Maße Gossr’s und Dusarnın’s überein. Gosse bezeichnet die Länge des Körpers mit 0,0635— 0127 mm, Dusardın mit 0,1—0,11 mm. Gosse zeichnet am Vorderende des Thieres ein Netzwerk von sich kreuzenden, regelmäßigen Linien, was sich auf die durch die Schuppen hervorgebrachte Zeichnung zurückführen lässt. Endlich stimmen Enrengere’s, Gosse’s und Lupwig’s Angaben über die Kopfform völlig überein. Wenn man aber auch mit Rücksicht auf die verschwommenen Angaben EHrENBERG’s von der Kopfform absieht, so bleiben doch genügend Anhaltspunkte übrig, um diese Species hin- reichend zu kennzeichnen. Die Vermuthung, dass diese Form vielleicht 344 Carl Zelinka, eben so wie alle übrigen bis nun bekannten Species mit besonders ver- längerten hinteren Stacheln eine Nebenspitze an jedem Stachel trüge, glaube ich nicht hegen zu dürfen, da Lupwıc in Fig. 12 und 13 ‚einen Stachel in so bedeutender Vergrößerung abbildete, dass ihm eine Nebenspitze unmöglich entgangen sein könnte; auch wird von ihm im Texte nie einer solchen Erwähnung gethan. Diagnose: Rücken- und Seitenfläche mit einfachen dreikantigen Stacheln bedeckt, welche auf dem vorderen Dritttheil nur !/, so groß sind alsaufdemmittleren und hinteren Körperdrittel und welche am vorderenDrittel in neun, am mittleren und hinteren Drittel des Körpers in sieben Längsreihen stehen. Injeder Längsreihe I5 bis 16 Stacheln, davon sechs bis sieben große. Größte Sta- cheln 0,040—0,017 mm lang. Schuppen der größten Stacheln 0,008 mm lang, hinten tief parabolisch ausgeschnitten, vorn abgerundet. Der Stachel entspringt am Hinterrande der Schuppe. Kopf schwach rundlich dreieckig ange- schwollen. Hals wenigeingeschnürt. Zwischen den Flim- merbändern an der Bauchseite nur in der Umgebung des Aftersundaufdem»Basalstück« derSchwanzspitzeneinige kleine Borsten. Mundröhre längsgerippt. Länge 0,09—0,15 mm. Habitat: In Deutschland, England, Schweiz überall häufig zwischen Wasserpflanzen; Frankreich: in der Seine undin Sumpfwasser; Dänemark: Kopenhagen. Chaetonotus spinifer A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 23 a—e). Chaetonotus spinifer, A. C. Stokzes!; 1887, Nr. 35, p. 562, 563, Taf. W.Bie. 23 27, | 4) »Parmi les Lemma et les Riccia d’un marais peu profond, j’ai trouve plu- sieurs specimens d’un Chaelonotus bien arme, mesurant environ 1/39 de pouce de longueur-et ayant les surfaces laterales et dorsale couvertes d’ecailles arrondies et imbriquees dont le bord libre &tait dirige en avant comme chez les Chaet. loricatus et Chaet. rhomboides. Sur chaque &Ecaille s’eleve une forte Epine recourbee dont l’ex- tremite distale est finement et inegalement fourchue, la base &largie et epaissie. Cette disposition est representee dans la Fig. 27 (Pl. II). Les &pines ne partent pas du centre des Ecailles, mais du voisinage de la partie posterieure et entre les bords des Ecailles contigues de chaque cöte. La bifuration, ici comme sur l’autres appen- dices de ce genre, peutetre decrite comme un petit &peron ajoute A l’eEpine courbe simple. Elle peut facilement passer inapergue. Les Epines sont plus grandes et plus fortes dans le dos, decroissant graduellement sur le cou et la tete, et rapide- ment sur les parties posterieures tandis qu’en travers de la surface dorsale, imme- diatement au dessous de la fourche caudale, est une serie suppl&mentaire de quatre Er Die Gastrotrichen. 345 piquants plus longs et plus forts que tous ceux des autres parties du corps. L’anneau oral est fortement perle. Les cils adoraux externes forment une touffe, continuee de chaque cöte sur la surface ventrale par une serie de cils comme dissemines. L’espace entre les bandes ciliaires ventrales est lisse et nu, except& pres de l’extre- mite posterieure ou sont cing Soies disposees comme le montre la Fig. 23 (Pl. Il), les - deux dernieres (posterieures) etant obscur&ment fourchues; les autres sont simples. L’oesophage pr£&sente, sur la partie posterieure de deux des bords internes, un epaisissement formant comme deux accolades oppose&es (Fig. 24) dont les pointes centrales sont longues, acumin6es, atteignant presque la paroi externe, tandis que les extremites posterieures s’allongent en se recourbant en dehors pour atteindre aussi la paroi. Ces Epaisissements ne sont visibles que quand l’animal est vu par le dos ou par le ventre. Les oeufs varient un peu pour la taille et beaucoup pour l’ornementation. Il yena troismodeles. Dans l’un, le cöte et les extr&mites portent des.prolongements courts, forts et creux, dont les bouts sont tronque&s et divises en quatre ou cing pointes quand on les regarde par le dessus (Fig. 25). Les oeufs ainsi armes mesuraient 1/34; de pouce de long. Dans un autre, les appendices sont des epines longues, coniques et creuses dont l’extr&mite distale est tri ou quadrifide, a branches paraissent tres fines et delicates quand on les voit de profil, mais vues de dessus s’effilant a leur bout et se terminant en une bifurcation tres Ecartee (Fig. 26). Ces oeufs mesuraient 1/3gg de pouce de long. Dans le troisieme modele, un cöte et les extr&mites de la membrane &taient couvert d’un r&seau irregulier de lignes sail- lantes dont les mailles avaient quatre, quelquefois cing angles, tandis que le cöte oppos& de l’oeuf &tait couvert de rugosites formees par de fines lignes un peu sinueuses. — Ces oeufs avaient 1/399u de pouce de longueur.« Diagnose: Rücken und Seiten mit abgerundeten Schuppen bedeckt; die starken, gekrümmten, am Ende ungleich gegabelten Stacheln erheben sich nicht im Cen- trum der Schuppen, sondern weiterhinten, zwischen den benachbarten Schuppen. Stacheln am Rücken am größten, nach vorn und hinten an Länge abnehmend, nach hinten rasch kleiner werdend; unmittelbar über der Schwanz- gabeleine Reihe von vier Stacheln, stärker und längerals am übrigen Körper. Zwischenraum zwischen den Flim- merbändern nackt, bis auf fünf Borsten am Hinterende, von welchen diezweihinterenschwach gegabelt sind. Mundröhre längsgerippt. Totallänge 0,1956 mm. Habitat: Nordamerika: Trenton, New Jersey (auf Lemna undRiccia). Chaetonotus Bogdanovii Schimkewitsch 1886 (Taf. XV, Fig. 6). Ichthydium Bogdanovii, W. M. Scumkewirscn !; 1886, Nr. 31, Sp. 148—150, Fig. 1. 4) »Fundort: Gouvernement Nowgorod, Bezirk Borowitschevsky im See Kont- schansky, auf dem Gute der Fürstin SuworowA, unweit des Dorfes Derevkowa. 346 Garl Zelinka,- Diese zu beschreibende Form gehört nach der Klassifikation von Lupwig zur Gat- tung Ichthydium (Chaetonotus Ehrb.): Das Ende des Körpers ist gegabelt, mit ein- fachen, schwanzartigen Anhängen; die Bauchseite besitzt einen flimmernden in Längsreihen angeordneten Haarbesatz , die Rückenoberfläche ist mit Stacheln be- deckt, am Kopfe befinden sich Tasthaare. Die Merkmale der Art Ichth. Bogdanoviü sind (Fig. 4): Rückenstacheln von gleicher Größe, in Längsreihen angeordnet, die Stacheln sind ohne Basalplatte und nach rückwärts gekrümmt, am Rücken finden sich sechs Paare borstenförmiger Anhänge, der Mund befindet sich am vorderen Körperende, ein Paar Büschel von Tasthaaren ist vorhanden. Daseigentliche Merk- mal für die zu beschreibende Art ist die Anwesenheit von Borsten am Rücken. Zwei Paare dieser Anhänge sind am Halstheile angeordnet, ein Paar.an der Grenze des zweiten und Jetzten Drittels des Körpers und drei Paare am hinteren Theile des Körpers. Von den Halsanhängen ist der hintere kleiner und sitzt höher (näher der Medianlinie), von den hinteren Anhängen ist der vordere größer und sitzt tiefer (mehr an der Seite herab), die zwei übrigen sind von gleicher Größe und sitzen in einer Linie. Der Mund ist am Vorderende und am Grunde einer nicht sehr großen Höhlung gelagert, welche vor dem Munde liegt. Bei der Bewegung ist’das vordere Drittel des Körpers immer aufwärts aufgehoben. Am Rücken des hinteren Drittels des Körpers ist eine pulsirende Blase deutlich zu bemerken. Das Vorhandensein der pulsirenden Blase, welches bisher bei Gasirotricha nicht bemerkt wurde, ver- ändert ein wenig die Ansicht über den Bau des Exkretionsorgans. Augenschein- lich beschreibt BürtscaLı ganz irrigerweise, dass die ausführenden Kanäle der Exkretionsorgane sich nach dem vorderen Körpertheile richteten, wo sie nach seiner Meinung sich öffneten. Eine pulsirende Blase habe ich auch. bei einer anderen Art beobachtet, welche wahrscheinlich mit Ichih. larus identisch ist. Es ist klar, dass die Öffnung dieser pulsirenden Vacuole nur im rückwärtigen Theile liegen kann und wahrscheinlich über dem Anus zu finden ist;« folgt eine im allgemeinen Theile im Auszuge mitgetheilte Besprechung der systematischen Stellung. Zu bemerken ist, dass diese Species gewiss keine pulsirende Vacuole besitzt, sondern diese Angabe auf ungenügende Beobachtung zurückzuführen ist. Schon ein Blick auf die Zeichnung beweist uns, dass der Autor kein dem Wassergefäßsystem angehöriges Gebilde vor sich hatte, sondern den großen Zellenkern eines bereits am Rücken an- gelangten großen Eies für eine kontraktile Vacuole ansah. Ein solches Gebilde konnte er natürlich an jedem anderen geschlechtsreifen Gastro- trichen ebenfalls finden. Wieso Scumkzwirsch dieser »Blase« Kontrak- tilität zuschreibt ist auch unschwer zu erklären. Wie schon Lupwie (s. Anatom. Theil, p. 280, Reifen der Eier) beschrieb, ist der wasser- klare Eikern sehr zartwandig und verändert leicht passiv seine Form, indem er jedem Drucke sofort nachgiebt, dann aber wieder die alte Gestalt annimmt. Darauf ist die »Kontraktilität« dieses Gebildes zurück- zuführen. Diagnose: Rückenstacheln kurz, von gleicher Größe; am Rücken sechs Paare von längeren borstenförmigen Anhängen, davon zwei Paare am Halse, von denen das Die Gastrotrichen. 347 hintere kleinere näher der Medianlinie steht, ein Paar an der Grenze des zweiten und letzten Drittels des Kör- pers, dreiPaareamHinterende, vondenen die zweihinte- renkleinersind und näher derMedianliniestehen. Beider Bewegung ist das vordere Körperende immer emporge- hoben. ) | Längenangabe fehlt. Habitat: Russland: Gouvernem. Nowgorod, im See Kont- schansky. Chaetura! Metschnikoff 1864. Schwanzgabel dichotomisch, Körper mit Stacheln versehen. Haut gewulstet. Chaetura eapricornia Metschnikoff 1864 (Taf. XV, Fig. 22). Chaetura capricornia, E. Merschnikorr!; 1864, Nr. 49, p. 452, Taf. XXV, Fig. 2, 3. Chaetura capricornia, H. Lupwıc ?; 1875, Nr. 23, p. 220. 4) »Außer den eben hervorgehobenen Formen habe ich noch zwei, die ich für Repräsentanten zweier besonderer Gattungen halte, beobachtet. Die eine von diesen ist langgestreckt und nicht flaschenförmig wie Chaetonotus, Ichthydium und meine andere neue Gattung; ihr Kopf ist selbst etwas breiter als der übrige Körper (Taf. XXXV, Fig. 2); der Rücken ist mit einigen hinter einander stehenden Erhe- bungen versehen, dieBauchseite ist mit einem Überzug von Flimmerhaaren bedeckt; auf dem Rücken des Schwanzendes befindet sich eine Reihe von starken gekrümm- ten Borsten (Fig. 2, 3c). Am Hinterende sind zwei dichotomische Furcalanhänge vor- handen, die für das Thier sehr charakteristisch sind (Fig. 2, 3). Ich beobachtete im Sommer 1863 während meines Aufenthaltes in meiner Heimat (Charkow) nur ein einziges Exemplar dieser an Größe dem Chaet. larus gleichen Form, die ich als Chaelura (nov. gen.) capricornia (nov. sp.) bezeichne. Sie wurde in einem Sumpfe aufgefunden. « 2) Giebt eine kurze Charakteristik nach METScHNIKoFF’S Angaben. Diagnose: Kopfbreiteralsderübrige Körper; Rücken mit einigen hinter einander stehenden Erhebungen ver- sehen; über dem Schwanze eine Querreihe von starken ge- krümmten Stacheln. Genaue Längenangabe fehlt. Habitat: Russland: Charkow, Sumpfwasser. II. Unterordnung: Apodina. Ohne Gabelschwanz, Hinterende entweder einfach abgerundet, oder gelappt und dann mit Haar- büscheln versehen. ! Dieser Genusname ist übrigens schon 1825 von STEPHENS in seiner General Zoology für eine Gattung aus der Familie der Hirundinidae verwendet worden, 348 Carl Zelinka, Genus Dasydytes Gosse 1851. Dasydytes, P. H. Goss£ !; 1851, Nr. 6, p. 198. Dasydytes, A. PrıtcuArn ?; 1861, Nr. 15, p. 661. Dasydytes, P. H. Goss£°; 1864, Nr. 18, p. 399. Gephalidium, E. Merschnikorr *; 1864, Nr. 19, p. 452. Cephalidium, H. Lupwısc°; 1875, Nr. 23, p. 220. Dasydytes, H. Lupwıs$; 1875, Nr. 23, p. 221. Dasydytes, A. C. Srokzgs”?; 1888, Nr. 35, p. 20. 4) »Eyes absent; body furnished with bristle-like hair; tail simple, truncate.« 2) Nur eine Wiederholung der Diagnose Gosse’Ss A). 3) »Kopf deutlich; Hinterende außerordentlich einfach, abgestutzt; Körper mit Haaren versehen. « 4) Giebt keine eigene Genusdiagnose. 5) Cephalidium Metschn.: Rückenstachel vorhanden, Kopfende ringsum be- wimpert, eben so die ganze Bauchfläche. Schwanzspitzen fehlen. Tasthaare fehlen. « 6) »Rückenstacheln vorhanden. Schwanzende einfach abgestumpft ohne Schwanzspitzen.« 7) Übersetzung der unter 4) gegebenen Diagnose und die Behauptung, dass seit 1854 keine Beobachtung noch Zeichnung eines Dasydytes gegeben worden sei. Es würde sich hier nur darum handeln, die Synonymität zwischen Dasydytes und Cephalidium zu beleuchten. Dass METSCHNIKOFF nichts von Gosse’s Arbeit aus dem Jahre 1851 wusste, ersieht man aus seinen Anführungen; auch konnte ihm die fast gleichzeitig erschienene zweite Publikation Gosse's bei Abfassung seines Manuskriptes nicht wohl be- kannt gewesen sein, daher wir die Aufstellung des Genus Cephalidium begreiflich finden. Dasselbe hat jedoch zu entfallen, da Gosse’s Genus das ältere ist. Srokes und Lupwic war nur die erste Arbeit von Gosse bekannt. Unrichtig ist daher die Behauptung Stores’, dass seit 4851 bis zu seiner Entdeckung des Das. saltitans keinerlei Beobachtungen und Zeichnungen über Dasydytes veröffentlicht worden seien, da in- zwischen Gosse und METSCHNIKOFF drei Species dieser Gattung genau beschrieben. Der Hauptcharakter, welcher in dem deutlich abgesetzten Kopfe, dem einfachen Hinterende und der Bewaffnung mit Borsten be- steht, trifft für Dasydytes und Cephalidium zu. Dass bei Cephalidium der Kopf ganz bewimpert ist, kann.eben so wenig, wie z. B. der doppelte Cilienkranz bei Dasydytes saltitans als Genus- sondern nur als Artcha- rakter gelten. Die von Lupwie in die Genusdiagnose aufgenommene Angabe Merschnikorr's von der ganz bewimperten Bauchfläche wird sich als ein Beobachtungsfehler herausstellen, wenigstens hat Dasydytes saltitans zwei Cilienbänder. Wir werden für Dasydytes folgende Diagnose aufstellen: Mit Borsten versehen; Kopf deutlich abgesetzt, Die Gastrotrichen. 349 ohne Tentakel; Hinterende abgerundet, ohne Schwanz- gabel (drei Species). Bestimmungstabelle für Dasydytes Kopf ganz bewimpert D. longisetosum E. Metschnikofl. Kopf mit zwei Ringen von alternirenden schwingenden Gilien....... D. saltitans. Borsten lang, gleich- mäßig gekrümmt Borsten im scharfen Bnkel eoknickfi rn a ac tee D. goniathrix P. H. Gosse. Dasydytes longisetosum E. Metschnikoff 1864 (Taf. XV, Fig. 21). Cephalidium longisetosum, E. Metschnikorr !; 1864, Nr. 19, p- 452, Taf. XXXV, Fig. 4. Gephalidium longisetum*, H. Lupwıg 2; 1875, Nr. 23, p. 221. 4) »Eine andere zur Familie der Ichthydinen gehörige Form ist mir gleichfalls nach einem einzigen Exemplare bekannt, das ich in Gießen im Herbste des vorigen Jahres beobachtet habe. Diese kleine, 0,08 mm lange Art, die ich Cephalidium (nov. gen.) longisetosum (nov. Sp.) nenne, hat wiederum eine flaschenförmige Gestalt (Taf. XXXV, Fig. 4) und einen abgestutzten breiten Kopf, dessen Vorderende einen abgesonderten Mundapparat trägt und der auf seiner ganzen Oberfläche mit langen Flimmerhaaren versehen ist. Auf den Kopf folgt ein dünner Hals, welcher in den breiten Körper übergeht; dieser ist auf der Rückenfläche mit sehr langen, starken Borsten, auf der Bauchseite mit kleinen Flimmerhaaren besetzt; am Hinlerende befinden sich keine Furcalanhänge, aber an den Seiten desselben ist rechts und links eine gerade auf einem Knöpfchen sitzende Borste (Fig. 4 a) vorhanden, die offenbar ein Tastorgan darstellt.« 2) »Rückenstachel sehr lang, nur auf dem hinteren Leibesabschnitte; Mundring rüsselartig verlängert; zwei Rückenhaare vorhanden. Größe des Thieres 0,08 mm.« Zu dieser Species wäre zu bemerken, dass der »gesonderte Mund- apparat« wohl nichts Anderes als ein Homologon des bei Das. saltıtans und bei Chaet. formosus vorhandenen Kopfschildes sein dürfte und die Bewimperung der Bauchfläche gleich allen Gastrotrichen in zwei Längs- bändern angeordnet sein wird. Diagnose: Körper mit deutlich abgesetztem Kopfund Hals; Kopf oval, ganz bewimpert, vorn mit einer Platte (Kopfschild) versehen. Rückenfläche derhinteren Hals- partieund desRumpfesmitsehr langen starken Borsten versehen, welche über den Körper hinten hinausragen. Am Hinterende zwei Tastborsten. Totallänge 0,08 mm. Habitat: Deutschland: Gießen (Herbst). * Irrigerweise für »longisetosume«. 350 Carl Zelinka, Dasydytes saltitans A. C. Stokes 1887 (Taf. XV, Fig. 20). Dasydytes saltitans, A. C. Storzs!; 1887/88, Nr. 35, p. 20—22, 49—50, Taf. 1. 4) »Pour la forme, cette espece presente une lointaine ressemblance avec les Chaetonotus, mais en differe par le corps plus court, la presence d’un cou plus distinctement forme et l’extr&mite posterieure non furchue. Le corps, incolore et transparent, est irregulierement ovale, et moins de trois fois aussi long que large. Sa structure interne n’est pas tres difierente de celles des Chaetonotus, mais, dans son aspect general, l’animal manque de la forme Elegante et des mouvements gra- cieux de ceux-ci. L’absence du double prolongement caudal, si remarquable dans certains Chaetonotus, nuit ala beaute des Dasydytes dont l’extremite posterieure est simplement arrondie ou convexement tronquee; ses mouvements sont beaucoup moins doux, glissants et faciles. L’habitat des deux animaux est le meme, le fond des mares peu profondes, bien que, si la surface est couverte de Lemna, l’un et ’autre peuvent sans doute &etre pris avec ces plantes dont ils visitent la face infe- rieure pour y chercher leur nourriture, ou dans les nombreuses radicelles des quelles leurs petits corps peuvent rester emmeles. La tete de l’espece dont je m’oc- cupe, et probablement de toutes, est aplatie et distinctement trilob&e, le lobe anteri- eure etant le plus petit, le moins arrondi et portant sur le bord frontal une plaque incolore, d’apparence chitineuse, ou bouclier c&ephalique. Les deux surfaces de la tete sont cili6es de cils tres longs et fins, disposes en deux series transversales ou circulaires, ceux du cercle anterieur se recourbant en arriere, tandis que ceux du cercle posterieur se dirigent en avant et sont ordinairement animes d’un mouve- ment vibratile dans cette direction. Les lobes lateraux de la t&te se fondent dans cette partie retrecie qui forme un cou {res net et egale ou excede la longueur de la tete. Le corps est mobile, extröemement flexible, car le Dasydytes se tournent con- tinuellement de cöte et d’autre a la recherche de sa nourriture, tantöt se redressant en dessus, tanlöt se recourbant vers le ventre. Il ne peut pas tourner sur lui-meme, par rotation ; autant que j’ai pu le voir, la rotation ne s’accomplit que par une rEevo-— lution partielle de tout le corps. Le mouvement de flexion cervicale se fait prinei- palement quand le Dasydytes se renverse sur le dos, presque toujours en faisant un saut en flechissant le cou sous le ventre et relevant le reste du corps en avant. Ce fait se produit rarement et cette position n’est gardee que quelques instants, ce qui rend difficile et fatigante l’etude de la surface ventrale, car l’observateur ne peut avoir qu’un apercu rapide et insuffisant des appendices qu’elle presente. Le corps proprement dit est ovale, la surface dorsale convexe et la surface ventrale aplatie. De chaque cöte de la region anterieure, pres de la base du cou, de chaque Epaule, si je puis ainsi dire, s’elevent de quatre A six grosses soies dont chacune &gale, ou depasse la longueur totale du corps de l’animal. Ces appendices naissent äa des distances Egales sur la face inferieure des bords lat6raux et se recourbent en des- sus sur la region dorsale, le groupe de droite passant par dessus le corps en se dirigeant obliquement en arriere vers le bord gauche, tandis que les soies du groupe de gauche s’&tendent de m&me vers le bord droit, les deux groupes se croixant au dessus de la region postero-dorsale et se prolongeant considerablement au delä de l’extremite posterieure arrondie du corps (Pl. I. A888). Les soies sont tr&s robustes a leur point d’origine, pres duquel elles montrent ordinairement une courbure irregulierement sigmoide, puis elles sS’amincissent et se courbent, sans former Die Gastrotrichen. 351 d’angles abrupts et sans montrer aucun signe de bifurcation, a leur extremite distale. Elles paraissent s!elever directement sur le corps sans l’intermediaire de plaque, d’ecaille ou d’Epaississement cuticulaire quelconque. Le Dasydyie peut tout juste separer les soies d’un groupe de celles de l’autre, mais au deläa je n’ai pas observe qu’il puisse les gouverner d’aucune facon. Accidentellement, on les voit &tendues irregulierement sur les cötes du corps de l’animal donnant a celui-ci un aspect en desordre et comme eEchevele, mais, s’il ya la un effet de la volonte de l’animal, ou non, je n’en sais rien. — A quoi ces soies peuvent servir, on ne le voit pas. Elles sont probablement tactiles et peut-Etre protectrices. Sans elles, la surface dorsale serait tout a fait nue, sauf quelle port deux poils tactiles fins, pres- que verticaux, sur la region posterieure, poils dont chacun nait sur une petite pa- pille place pres des bords lateraux. — La face ventrale est ordinairement, et ob- stinement, tenue en contact avec les objets submerg&s, ou, au moins, tournee vers la surface sur laquelle nage l’animal.« »Dasydytes n’a que 1/3099 de pouce de longueur.« »Les cils ventraux sont longs, fins, et comparativement peu nombreux. Ils sont dis- poses en deux bandes longitudinales pres des bords lateraux comme dans la plupart des’especes de Chaetonoius. La region centrale entre les bandes parait recouverte de soies courtes, fines et non mobiles disposition qu’on retrouve aussi a peu pres chez plusieurs formes de Chaetonotus. Pres du centre de cette region du corps pro- prement dit del’animalprennentnaissance quatre soies, deux longues et deux courtes, le plus longues depassant de beaucoup l’animal entier en longueur, et les soies des deux groupes se prolongeant bien au dela du bord posterieur du corps. Elles nais- sent, comme les appendices dorso-lateraux directement de la surface cuticulaire et ont, vers leur base, une courbure irregulierement sigmoide. Ce sont les soies sau- teuses dont il a &t& parl& plus haut et leur courbure basale est la seule inegalite qu’elles pr&sentent, toute la partie qui suit va en sS’amincissant graduellement jus- qu’au bout. Les mouvements ordinaires du Dasydytes quand il nage sont un peu plus rapides que ceux des Chaetonotus, mais le premier a de plus le pouvoir de faire des sauts subits sur la cöte a l’aide sans doute de ces longues soies ventrales, et de se lancer tout a coup a une distance deux fois plus grande que la longueur de son corps, disparaissant ainsi du champ du microscope. C’est pour cette raison que je Vai designe sous le nom de Dasydytes saltitans nov. sp. — Ces sauts sont ex6&cut6s d’une facon si subite qu’il est impossible de voir par quel m&canisme. Ils sont pro- bablement produits par la detente de ces qualre soies, se mouvant ensemble ou separ&ement, le saut r&esultant du recul et de la reaction de l’eau. L’ouverture orale est presqu’apicale. Elle est entour&e, d’une elevure annulaire et paräit ciliee repro- duisant essentiellement ce qui existe chez les Chaetonotus. L’oesophage est presque droit extremement musculaire anterieurement lorsqu’il n’est pas en expansion, s’etendant a travers la t&te et le cou pour se terminer dans la cavite digestive, la- quelle, en forme de large sac, occupe presque tout le corps proprement dit. L’oeso- phage a aussi un mouvement de happement semblable a ce qui existe dans le m&eme organe chez les Chaetonoius. Les aliments sont avales par succion; des lufusoires relativement grands, et vivants, et des particules organiques sont &galement ac- ceptes. Quand la particule alimentaire penetre dans la partie anterieure de l’oeso- phage, elle est poussee plusieurs fois en avant et repoussee en arriere comme si elle etait goütee avant d’etre admise. Au-dessus et sur les cötes du sac digestif, on voit indistinctement ce que je crois etre un ovaire. Jen’ai jamais vu l’oeuf aA aucun etat de developpement ovarien, Jedenfalls ist diese Species und Cephalidium Te en Metschn. 352 Carl Zelinka, sehr nahe verwandt. Kopf und Hals setzen sich bei beiden vom übri- gen ovalen Körper ab, und die Anzahl der großen Rückenborsten stimmt ebenfalls überein, eben so besitzen beide ein Kopfschild und am Hinterende Tastborsten. Verschieden sind sie darin, dass bei Das. longtsetosum der ganze Kopf bewimpert sein soll, während Das. saltıtans nur zwei Wimperreihen besitzt; auch fehlt Das. longisetosum die ven- trale Borstenbewaffnung. Diagnose: Körper mit deutlich abgesetztem Kopf und Hals; Kopf dreilappig, medianer Lappen in eine Platte (Kopfschild) auslaufend. Zwei Ringe vonalternirend ge- stellten schwingenden CGilien umsäumen den Kopf, die nach hinten gerichteten dieser Cilien reichen bis über den Hals, die nach vorn gerichteten sind bedeutend kürzer. Vier oder sechs starke Borsten entspringen ohne Schup- pen von der Grenze zwischen Hals und Rumpf, laufen schiefüber den Rücken, kreuzen die der anderen Seite am Hinterende und reichen noch bedeutend über den Körper hinaus. In der Mitte der Ventralseite entspringen jeder- seits zwei Borsten, eine lange krumme, und eine gerade kurze, ebenfalls ohne Schuppen, und reichen weit über das Hinterende hinaus. Zwischenraum zwischen den ven- tralen Gilienstreifen mit Borsten versehen. Totallänge 0,0847 mm. Bewegung schwimmend und springend. Habitat: Nordamerika, Vereinigte Staaten: Trenton (New Jersey). Dasydytes goniathrix P. H. Gosse 1851 (Taf. XV, Fig. 8). Dasydytes goniathrix, P. H. Gosse!; 1851, Nr. 6, p. 198. Dasydytes goniathrix, Prırcuarp 2; 1861, Nr. 15, p. 661. Dasydytes goniathrix, P. H. Gossez 3; 1864, Nr. 18, p. 400, 401, Taf. II, Fig. 9—12. Dasydytes goniathrix, H. Lupwıc ; 1875, Nr. 23, p. 221. Dasydytes goniathrix, A. GC. Srtokzs5; 1888, Nr. 35, p. 20. 4) »Hairs long, each hair bent with an abrupt angle: neck constricted. Lenght 1/14 th. inch. Leamington.« 2; Wörtliche Wiedergabe von A) ohne eigene Beobachtung. 3) »Haare lang, jedes in einem scharfen Winkel abgebogen;, Hals sehr stark eingezogen. Diese sehr interessante Form wurde aus einem Teiche bei Leamington im Juli des verflossenen Jahres (1863) erhalten. Die Länge des Körpers beträgt !/ı5o Zoll; gemessen bis zu den Spitzen der Haare 1/10 Zoll. Der Kopf ist fast kreis- rund, so breit wie der Körper, ohne Lappen und ist von dem schlanken Halse Pe Y. a Ann, 5 Die Gastrotrichen. 355 scharf gesondert. Der Mund hat die Gestalt einer konstant vorgestreckten abge- stutzten Lippe oder Röhre. Der Körper ist ziemlich'schlank, nach hinten verbrei- tert und läuft in ein abgerundetes oder abgestutztes Ende ohne Spur eines Gabel- fußes aus. Einen sehr eigenthümlichen und sonderbaren Charakter besitzt das Thier in seinen sehr langen Borsten, welche an jeder Seite des Rückens sich erheben und schief nach rückwärts zielen; sie fehlen augenscheinlich längs der Medianlinie, welche sich in einem Kiele erhebt. Jede Borste ist nahe an ihrer Spitze in einem scharfen Winkel abgebogen (s. Fig. 12), so dass es aussieht, als ob sie abgebrochen und wieder angeleimt worden wäre. Der vordere Theil des Kopfes ist mit langen, nicht geknieten zarten Haaren versehen, welche zwei nach rückwärts gerichtete Pinsel bilden, einen an jeder Seite. Gleich wie bei den echten Räderthieren werden starke und sichtbare Wirbelströme an jeder Seite des Kopfes erzeugt (Fig. 9); an einem Exemplare sah ich deutlich, dass sie durch die Haarpinsel am Kopfe erzeugt waren und dass dies sehr lange schwingende Cilien waren. Die ventrale Fläche ıst mit sehr kurzen feinen Haaren besetzt, welche hinten länger werden (Fig, 10), zweifellos Cilien von ungewöhnlicher Entwicklung, durch welche starke, der Länge nach rückwärts laufende Ströme, als Fortsetzung der Kopfwirbel erzeugt werden. Die Röhre des Ösophagus ist immer deutlich, doch sind seine Wände nur zu sehen, wenn das Thier breitgedrückt ist; dann sieht man, dass er spindelförmig ist, sich durch ein Dritttheil des Körpers ausdehnt, wo seine Röhre in den weiten eylindrischen Darm einmündet, welcher ein breit abgestutztes Vorderende besitzt. Ein kurzes Stück des letzteren ist hell, während das übrige von dunkler, granulirter Nahrung eingenommen ist; möglicherweise ist es eine pankreatische Drüse von ab- normer Form, da sie den hinteren Theil des Ösophagus umfasst oder anders gesagt von einer einfachen Röhre durchbohrt ist (Fig. 9). In einem Exemplar war dieser Theil sehr dunkel, während der Darm granulirt war, Die Kloakenöffnung scheint am wirklichen Ende des Körpers zu liegen, da vor dieser Stelle weder das Ende des Darmes noch eine Verminderung seines Durchmessers zu erkennen war, Zu wie- derholten Malen habe ich den Akt der Fäcesentleerung gesehen, einmal wo ein ovaler klarer Körper ausgeworfen wurde, welcher, ehe er dem Körperende nahe lag, mich sehr in Verlegenheit brachte; es war wahrscheinlich eine unverdaute Hülle eines kleinen Thierchens, welches verschlungen worden war. In einem Exemplar nahm ein großer, sehr heller Eingeweidekörper von unregelmäßiger Form den größten Theil des Körpers ein und zwar über dem Darm, wo er den Rücken zu einem Höcker erweiterte. Nach einigen Stunden entwickelte dieses Organ, welches zuerst strukturlos schien, eine Eizelle mit ihrem Kern, erwies sich also als Ovar. Das ganze Thier ist von einer blassgrauen Farbe; es kriecht nicht wie Chaetonotus, sondern es schwimmt gewöhnlich schnell herum, hält sich jedoch nahe dem Grunde des Wassers. « 4) »Rückenstachel lang, scharfwinkelig gebogen. Keine Augen. Thiere 0,17 mm lang, « 5) Übersetzung der Diagnose 4). Diagnose: Körper schlank, Kopf deutlich vom schlan- ken Halse abgesetzt, fastkreisrund, so breit als der Kör- per, ohne Lappen, mit einer vorderen Einziehung. Hals und Rumpfmit langen, inscharfem Winkel abgebrochenen Stacheln besetzt, welchein der gekielten Mittellinie feh- len. Am Kopfe zwei Wimperbüschel. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 93 354 Carl Zelinka, Totallänge 0,1693 mm. Habitat: Bin ala Teich bei Leamington (Juli), Gossea nov. gen. Diagnose: Am Kopfe Tentakel; Hinterende ohne Schwanzgabel, gelappt, mit Büscheln von starren Haaren versehen (eine Species). | Bei der großen Gleichförmigkeit, welche das Schwanzende im All- gemeinen bei den Gastrotrichen zeigt (wir kennen im Ganzen nur drei Modifikationen), wird man der eigenthümlichen, von Dasydytes und den Euichthydinen abweichenden, Gestaltung desselben ein größeres Ge- wicht beilegen müssen. Zudem besitzt diese Form am Kopfe Anhänge, welche bei keiner anderen Gastrotrichenspecies wiederkommen, so dass es gerechtfertigt sein dürfte, diese Form von den übrigen sich durch gemeinsame Merkmale nahestehenden Verwandten abzutrennen und als Repräsentanten eines neuen Genus zu betrachten, wofür ich dem verdienstvollen Gastrotrichenforscher P. H. Gosse zu Ehren ‘den Namen Gossea vorschlage. Gossea antennigera P. H. Gosse 1851 (Taf. XV, Fig. 7). Dasydytes antenniger, P. H. Gossz !; 4851, Nr. 6, p. 198. Dasydytes antenniger, Prıtc#Arn ?; 1861, Nr. 15, p. 661. Dasydytes antenniger, P. H. Gossz?; 1864, Nr. 48, p. 401, 402, Taf. II, Fig. 13, 1%. Dasydytes antenniger, Arcuer*: 1873, Dublin Microscopical Club, 26. Juli. Quart. Journ. of m. sc. Bd. XIV. p. 106. 187%. | Dasydytes antenniger, H. Lupwıs>; 1875, Nr. 23, p. 221. Dasydytes antenniger, A. C. Stores ®; 1888, Nr. 35, p. 20. 4) »Hair short, downy; a pencil of long hairs at each angle of the posterior extremity of the body: head furnished with two club-shaped organs resembling antennae. Length 1/70 th inch.« 2) Wiederholung der unter 4) angeführten Diagnose, ohne eigene Beobachtung. 3) »Haare kurz, flaumig; an jeder Ecke des Hinterendes steht ein Pinsel von langen Haaren; Kopf mit zwei keulenförmigen Organen, ähnlich Antennen versehen; gefunden im Pferdeteich von Hampstead Heath im August 1850. Es ist ein wenig kleiner als das vorgehende (Das. goniathrix) , seine Länge ist nur 1/9 Zoll; ge- messenjedoch bis zu den Spitzen der Haare 1/40 Zoll. In seinen allgemeinen Umrissen und in einigen Besonderheiten der Organisation scheint es von Chaetonotus weniger zu differiren, als die vorgehende Species. Der Kopf ist rund, so breit als der Kör- per, der Hals ist nur wenig eingeschnürt. Die obere Fläche ist mit kurzen, dichten, nach rückwärts gerichteten Haaren bedeckt, welche augenscheinlich in Quincunx gestellt sind. Das Hinterende ist annähernd dreilappig, der mittlere Lappen ist mit einem terminalen Büschel von divergirenden Haaren versehen, die äußeren Lappen * Die Gastrotrichen, 355 tragen jeder einen Pinsel von viel längeren Haaren, welcher von ihrer äußeren Seite entspringt und sich mit seiner Spitze dem entgegengesetzten Pinsel nähert oder ihn sogar kreuzt (Fig. 44). Von der Spitze des Kopfes entspringt der vorstehende röhrige Mund; an jeder seiner Seiten fallen lange Haare nach rückwärts, wie bei Das. goniathrix und verursachen durch ihre Schwingungen einen vollkommenen Wirbel an jeder Seite (Fig. 13), während noch ein accessorischer Strom an den Sei- ten und wahrscheinlich ganz den Bauch entlang hinabläuft. Der am meisten be- merkenswerthe Charakter dieser Species liegt in der Anwesenheit von ein Paar Antennen oder Tentakeln; sie sind nahezu so lang wie die Breite des Körpers; sie sind leicht gekeult und an jeder Seite des röhrigen Mundes placirt, von wo sie in einer Kurve nach vor- und auswärts springen. Nahe der Mitte des Kopfes ist eine kleine rundliche Masse, dem Anscheine nach etwas geronnen, welche ich für ein Gehirnganglion halte. Ein ungewöhnlich breiter und langer Ösophagus, hinten bauchig und in seiner Mitte von einer Röhre durchbohrt, leitet vom Munde zu dem nahezu cylindrischen Darme. Dieser erweitert sich ein wenig vorn, um das ange- schwollene Ende des Ösophagus zu umfassen, und dehnt sich fast bis zum Hinter- ende aus. Er war mit Nahrung von intensiver einförmig grüner Farbe gefüllt und enthielt viele Luftbläschen, namentlich nahe dem Vorderende. An jeder Seite des vorderen Theiles dieses Organs konnte ich undeutlich einen länglichen schlanken Körper verfolgen, wahrscheinlich ein gewundenes Gefäß, welches an einer Seite mit einem kleinen ovalen hellen Organe zusammenzuhängen schien. Da es biswei- len ganz deutlich war, während ich ein anderes Mal keine Spur davon sehen konnte, dürfte es wahrscheinlich eine kontraktile Blase sein. Die ganze Umrisslinie des Thieres schien einen welligen, gekerbten Charakter, als Anzeichen einer höckerigen Oberfläche, zu besitzen, wie bei Chaet. Slackiae, wenn es nicht eine optische Täu- schung, durch die Haare hervorgebracht, war. Dies kleine Thier war sehr lebhaft, schwamm mit großer Schnelligkeit und hielt selten still; wenn es in einer Zelle von Wollfasern war, machte es sehr ausdauernde und von Erfolg gekrönte Versuche, die Barriere zu durchbrechen, indem es seinen flachen Kopf unter eine Faser steckte und sich bemühte, bis es den Körper gleichfalls durchzwang.« 4) ArcHEr berichtet, dass er in der Grafschaft Westmeath Dasydytes antenniger gefunden habe und sagt: »The creature seemed tu have the power to depress and elevate the antennae.« 5) »Rückenstachel kurz, flaumartig; jederseits am hinteren Körperende ein Büschel langer Haare (Stachel oder Rückenhaare?). Zwei keulenförmige Taster. Keine Augen. Größe des Thieres 0,15 mm.« »Es erscheint wahrscheinlich, dass genauere Angaben, als sie GossE gegeben, dazu führen werden Das. antenniger als Repräsentanten einer neuen Gattung zu betrachten.« 6) Übersetzung der Diagnose A), ohne eigene Beobachtung. Diagnose: Kopf und Hals zu einem länglichrunden Stück vereinigt; am Kopfe zwei Büschel von schwingen- den CGilien zu Seiten desMundes. Körper mit kurzen, flau- migen Haaren bedeckt. Hinterende dreilappig mit einem medianen Kamme von kurzen und zwei seitlichen Büscheln vonlargen Haaren. Totallänge 0,1494 mm. Habitat: England: Teich bei Hampstead Heath (August). 23* 356 Carl Zelinka, Ungenau beschriebene Species: Chaetonotus jamaicensis C. Schmarda (Taf. XV, Fig. 10). Ichthydium jamaicense, C. Scumarna !; 1861, Nr. 14, II, p.8, Taf. XVII, Fig. 148 a, b. Ichthydium jamaicense, H. Lupwıc ?; 1875, p. 220. 4) »Char.: Corpus oblongo ovale, postice attenuatum, furcatum. Der Körper ist länglich oval, vorn etwas breiter, das hintere verschmächtigte Ende geht in einen kurzen Gabelschwanz aus. Der Rücken ist etwas gewölbt und mit kurzen haar- förmigen Borsten besetzt, welche auf kleinen Hervorragungen sitzen. Der Bauch ist flach. Länge des Thieres 0,2 mm. Am vorderen Theile des Bauches, etwas vom Anfange entfernt, ist die Mundöffnung, die in einen einfachen geraden Darm führt, der unter dem Gabelschwanze endet. — Die zwei oben erwähnten drüsigen Organe sind außer allem Zusammenhang mit dem Darme. Im stehenden Wasser in der Nähe von S. Anne in Jamaika.« 2) »Körper nach hinten verschmälert. Die kurzen Rückenstachel stehen auf kleinen Hervorragungen. Größe des Thieres 0,2 mm. Jamaika.« Diagnose: Kopf breiter als der übrige Körper, unre- gelmäßig rundlich; Hals nicht unterschieden; Stacheln kurz. Totallänge 0,2 mm. Habitat: Jamaika, S. Anne. Chaetonotus oetonarius A. ©. Stokes 1887. Chaetonotus octonarius, A. C. Stores !; 1887, Nr. 35, p. 564, Taf. 1, Fig. #. 4) »C’est une forme petite et active, aisement reconnaissable A sa disposition des &pines dorsales recourbees. Elles sont inegalement fourchues et plac&es sur deux rangees laterales longitudinales de trois epines chaque avec 9, une €pine centrale anterieure et une centrale posterieure. Cette espece ne parait pas commune, je nen ai rencontre qu’un exemplaire, que j’ai neglige de mesurer. Elle exige de nouvelles etudes.« N = Von dieser Species haben wir bis jetzt außer der A A _ _Vertheilung der langen Stacheln, welche ich im Schema Fig. IX beifüge, nichts erfahren; doch scheint mir die Bei- A A behaltung der Species mit Rücksicht auf die sonst nirgends so geartet spärliche Vertheilung der langen Stacheln ganz ” A gut möglich. Die im Original gegebene Abbildung wird ” durch dieses Schema ersetzt. Um sie in Taf. XV einzu- Fig. IN, setzen, fehlte die Längenangabe. Die Gastrotrichen. 357- Chaetonotus (?) longieaudatus Tatem 1867. Chaetonotus longicaudatus, F. G. Tarem!; Nr. 49a, p. 251, 252, Taf. X, Fig. 1. 4) »Chaeionotus longicaudatus (mihi) is by no means uncommon in some of the ponds in the neighbourhood of Reading, and is altogether an elegant creature in its proportions and movements, and, as seen in the cage, stealing trough the various patches of decaying vegetable matter, on which it feeds, remarkably resembles some of the viverrine animals. The body is smooth, elongated, and but little dilated at the posterior extremity above the foot; the neck encircled by a ruff of reflexed setae; head slightly trifoliate; mouth infundibuliform, sucturiol ; oeso- phagus straight, longitudinally plicate (obvious enough when observed in the act of swallowing comparatively large masses of decaying vegetable matter); stomach on elongated cone, terminating in a short rectum and anus, opening just above and between the toes, which are very long and annulate; rotatory organ circular, abdominal, as in the other species of the genus; length !/go to Yıoo. The figure which accompanies this is x 380”. Diese Form wage ich nicht nach der ungenügenden Beschreibung Tarem’s in das System einzureihen. Auch die von Tarem gegebene Ab- bildung ist so mangelhaft, dass sie mehr verwirrt als aufklärt; sie ist im nebenstehenden Holzschnitte (Fig. X) getreu wiedergegeben und rechtfertigt meine Kritik, da an ihr die als glatt bezeich- neteHaut vielfache Pünktchen zeigt, wie wenn kurze Stachel- chen oder kleine Schüpp- chen daran wären. Wir kön- nen nicht entscheiden, ob dieses Thier ein /chthydium, Chaetonotus oder ein Lepidoderma ist. Der geringelte Fuß erinnert allerdings an Lep. rhombotides Stok., aber die eigenthümliche Form des Kopfes mit den zwei Augenflecken mahnt sehr an Rotatorienlarven, der Ösophagus, welcher nicht nematodenartig gebaut ist, weicht ganz und gar vom aus- nahmlosen Typus der Gastrotrichen ab, indem er längsgefaltet ist, das »Räderorgan« wird als abdominal und cirkulär beschrieben, was vollends mit den Gastrotrichen nicht übereinstimmt. Bevor der Platz dieses Thierchens im Systeme bestimmt werden kann, ist eine neuerliche ge- nauere Untersuchung nöthig, welche entscheiden wird, ob wir über- haupt eine Gastrotrichenform vor uns haben, und wenn, ob die »reflexed setae« Borsten oder, wie es wahrscheinlicher ist, Wimpern sind, ob diese Wimpern einen geschlossenen Ring bilden, ob dieser Ring vor oder hinter dem Mund vorbeizieht und ob die Zehen thatsächlich ge- ringelt und vielleicht in ihren Ringen beweglich sind. Dieses Thier kann gegebenen Falls ein wichtiges Bindeglied zwischen den Rotatorien 23 Der al De 358 Cärl Zelinka, und Gastrotrichen sein, und. andererseits die Euichthydinen mit den Apodinen verbinden. Vielleicht ist einer der britischen Forscher so glücklich, diese höchst interessante Species bei Reading wieder aufzu- finden. Zu bemerken hätte ich, dass der beigegebene Holzschnitt nicht wie die übrigen der Systematik dienenden Abbildungen auf den Tafeln in 5%25facher Vergrößerung gezeichnet wurde, sondern mit Rücksicht auf den Raum nur in 175facher Vergrößerung. Das Thier würde in 525- facher Vergrößerung annähernd in der Länge dem Zepidoderma rhom- boides (Taf. XV, Fig. 4 d) gleich kommen, indem es eine Länge von 0,254 bis 0,317 mm besitzt. IV. Allgemeiner Theil. C. G. Eurengerg (Nr. I, 1838, p. 384—386) stellt die Gastrotrichen zu den Holotrocha, Einräderthieren, zu welchen auch die Oecistina ge- zählt werden; er schreibt ihnen ein echtes Räderorgan in Form eines elliptischen Bandes an der Bauchseite zu. Er hebt hervor, dass seine Ichthydina sich durch die Form des Nahrungskanales wie auch durch den Mangel an Zähnen von den übrigen Räderthieren unterscheiden. S. Kurorca (Nr. 2, 1841) schließt sich ganz an EurENBERG an. F. Dusardın (Nr. 3, 1841) schafft p. 565 die provisorische Gruppe der »Infusoires symmetriques«, welche verschiedene Typen einschloss, die unter sich ohne Zusammenhang dastehen sollten und von welchen er hofft, dass spätere Untersuchungen ihnen einen passenderen Platz anweisen würden. Die Ichthydinen werden p. 568 hierher gestellt, und von den Räderthieren, seinen Systoliden, entfernt, da sie keine Zahn- bewaffnung und keine resistente Haut besäßen und ihnen die für die Räderthiere charakteristische Kontraktionsfähigkeit fehle. Auch stellten (p. 569) die Wimpern der ventralen Fläche kein Räderorgan dar. C. v. Sırsorp (Nr. 4, 1845) schloss sich Enrengere’s Anschauungen an; p. 17% finden wir Ichthydium und Ohaetonotus im Vereine mit Cono- chilus, Oecistes ete. bei den Monotrocha. Bei J. van Dsr Hoxven ! finden wir unsere Thiere bei den Aydati- neen mitten unter den Rotatorien. G. Vogr (Nr. 5, 1854, p. 214) scheidet Ichthydium und Chaetonotus aus, um sie zu den Sirudelwürmern zu bringen. P.H. Gosse (Nr. 6, 1851, p. 198) führt die Ichthydina als erste Fami- lie der Räderthiere an. 1 J. van Der Horven, »Handbuch der Zoologie. I. 1850. p.190. Nach der zwei- ten holländischen Auflage. m Die Gastrotrichen. 359 M. Perry (Nr. 7, 1852, p. 47) erklärt die Stellung der Ichthydina in der Klasse der Würmer für ungewiss, führt sie aber am Schlusse der Räderthiere an. L. Scumarva (Nr. 8, 1853, p. 744) zählt die Ichthydina bei den Rhabdocoelen auf. M. Scuurtze (Nr. 9, 1853, p. 249—253) bringt sie ebenfalls bei den Rhabdocoelen unter und begründet seine Anschauung eingehend. Eine Vereinigung mit den Rotatorien sei unmöglich, da das Wimperorgan am Munde, Wassergefäße, Muskeln und Nerven, ein gegliedertes schwanz- artiges Ende bei keinem Räderthiere vermisst würden und den Ichthy- dinen fehlten, während diese dagegen eine bewimperte Bauchfläche besäßen. Dessgleichen seien auch die Nemathelminthen nicht zu berück- siehtigen, da nur der Darm dafür, die Körpergestalt aber, die Bewim- perung der Oberhaut, die hermaphroditischen Geschlechtsorgane und die haarförmigen Spermatozoiden dagegen sprächen. Auch die Ringel- würmer, obwohl Turbanella in der Wimperung und undeutlichen Glie- derung an Entwicklungszustände solcher erinnere, werden bei Seite gelassen, da den übrigen Ichthydinen jede Andeutung einer Ringelung fehle. Mit den Turbellarien hätten sie große Ähnlichkeit; der unge- gliederte kleine Körper erinnere an kleine Strudelwürmer; sie besäßen, wenn auch nur ventral, Hautwimpern und eine sanft gleitende Bewe- gung bei Mangel anderer lokomotorischer Organe; Nerven, Muskeln und Gefäße fehlten, wie bei manchen kleinen Rhabdocoelen. Doch vergisst M. ScHuLtze nicht auch trennende Momente anzuführen, wie die konsi- stentere Haut, die gegen das Körperparenchym scharf abgesetzte Darm- hülle, den Gilienreif bei Turbanella, die nur theilweise Bewimperung der Haut. Doch passten die. Ichthydinen zu den Turbellarien immer noch besser als zu den Ringelwürmern. Da sie jedoch keiner Turbel- larienordnung sich einfügen lassen, werden sie im Vereine mit Miero- stomen und Dinophilus vorläufig zu den Arhynchien gestellt. Darin wären die Ichthydina als Monoica, die übrigen als Dioica anzusehen, Sollten bei Echinoderes Bauchwimpern gefunden werden, so würde auch diese Form hierher gehören. R. Leuckarr (Nr. 10, 1854, p. 355) führt vorläufig nach dem Vor- gange ScuuLtze's die »Ichthydini« als Anhangsgruppe der Turbellarien an. Die Vermuthung Scuurtze’s, dass Echinoderes ebenfalls zu den Ich- thydinen gehöre, scheint LeuckArr nicht zulässig, da diese Form ohne Spur von Wimpern sei und einen festen Chitinpanzer trage. M. Perry (Nr. 11, 1854) führt die Klassen Ringelwürmer, Helminthen und Wirbler an. Zu den Helminthen stellt er Turbellarien, Trematoden, 360 Carl Zelinka, CGestoiden, Acanthocephala, Nematoidea und die Ichihydina, zu den Wirblern die Rotatorien und Bryozoen. F. v. Leyvic (Nr. 12, 1855, p. 112) äußert sich dahin, dass Ichthy- dium und Chaetonotus von den Rotatorien ausgeschieden werden müssten, da sie einen ungegliederten Körper und einen nach Nemato- den-Typus gebildeten Darm besäßen, während das Wimperorgan, Re- spirationsorgane, Muskeln und Nerven vermisst würden; zudem seien sie hermaphroditisch und besäßen stecknadelförmige Spermatozoen. Später (Nr. 13, 1857, p. 118) nennt er die Ichthydinen eine Anhangs- gruppe der Turbellarien. L. Scumarpa (Nr. 14,4859, 1,1, p. XIV) meint, dass die Ichthydinen sich am besten an die Naideen oder an die Turbellarien anschlössen und sagt I, 2, p. 7, wo er sie als eine Abtheilung der Naideen aufführt, dass man sie eben so gut zu den Turbellarien stellen könne, da auch bei diesen, wenigstens in einer Species, Borsten vorkämen. A. Prırcuarn (Nr. 15, 4861) hat, ähnlich wie Schmarpa, zwei Mei- nungen; p. 380 werden die Ichihydina bei den Infusorien behandelt, p. 660 als erste Familie der Räderthiere angeführt. E. Craparkoe (Nr. 16, 1863) meint, dass die Abwesenheit der Wim- pern und die Gliederung des Körpers hinreichende Unterscheidungs- merkmale zwischen Echinoderen und Ichthydinen seien, um die Nicht- vereinigung derselben zu rechtfertigen. E. Euters (Nr. 17, 1864, p.7) sagt, Ichthydium und Ohaetonotus seien mit Unrecht den Rotatorien beigezählt worden; sie stellten nach den Haarborsten bei Turbanella und der Organisation des Verdauungstrac- tus zu urtheilen eine kleine gesonderte Wurmabtheilung vor, welche sich am besten den Nematoden anschlösse. P. H. Gosse (Nr. 18, 1864, p. 405, 406) zögert nicht, die Chaetono- tidae zu den Rotiferen zu stellen. Wassergefäße mit der vermeintlichen kontraktilen Blase, Drüsen und die Cilienwirbel seien wie bei den Rotatorien. Da Gosse Taphrocampa, welches ein echtes Räderthier ist, zu den Chaetonotidae zählt, ist es ihm leicht auch im Gehirne, in den Kiefern, dem Fuße, der Kloake etc. Ähnlichkeiten zu finden. Die langen Tastborsten werden den schwingenden Borsten von Floscularıa und Stephanoceros gleichgestellt und die hakenförmigen Kopfanhänge, die er bei Chaet. Schultzii zu sehen glaubte, mit ähnlichen Gebilden, den Stirn- haken, bei Melicerta verglichen. Er sieht in dem Cilienringe am Kopfe und in den seitlichen borstentragenden Fortsätzen bei Turbanella, sowie in der Form des Kopfes bei Echinodera und Taphrocampa, in den Terminal- hüscheln bei Gossea antennigera Anknüpfungspunkte für eine Verwandt- schaft mit den Anneliden und ist geneigt, die Chaetonotidae zwischen Die Gastrotrichen. 361 Rotiferen und Anneliden, mit einer größeren Annäherung zu den ersteren, zu stellen. E. Merscunikorr (Nr. 19, 1864, p. 455—458) erklärt sich mit den Einwänden Dusarvıns und M. Scauurtze’s gegen die Anschauung EHrEN- BERG’S nicht einverstanden. Gegen Dusarvın wendet er ein, dass bei Albertia erystallina die Kiefer ebenfalls rückgebildet seien und die Be- wegungen einiger Noliommata-Arten sich gar nicht von denen der Ich- Hıydinen unterschieden; auch sei die Behauptung von der Konsistenz der Haut unrichtig. Über Scumarpa’s Ansicht wird nicht viel gespro- chen und auf die Angabe von den Kieferrudimenten bei Ichth. jamaıi- cense wegen der Ungenauigkeit der Beschreibung gar kein Gewicht ge- legt. M. Scnurrze wird zu widerlegen versucht, indem auf die dem Räderorgan entsprechenden Kopfwimpern bei Cephalidium und auf das andererseits zu einem ventralen Wimpersaum reducirte Räderorgan bei Diglena forcipata, Furcularia und einigen Notommata-Arten hingewiesen wird. Ferner fehlten vielen niederen Rotatorien differenzirte Muskeln und Nerven eben so wie den Ichthydinen und sei auch das Nervensystem noch bei vielen Rotatorien unbekannt; endlich sollten die Wassergefäße bei einigen Rotatorien nur aus der kontraktilen Blase bestehen und bei Albertia erystallina gänzlich fehlen. Es wird dann ein eingehender Vergleich zwischen den Turbellarien und Ichthydinen gezogen. Während bei den Turbellarien der Körper eine typische Abplattung besitze, nie Flaschen- oder Retortenform und nie Furcalanhänge zeige, habe kein Ichthydium eine ähnliche Abplattung des Körpers und besäße jedes Flaschen- oder Retortenform und Furcalanhänge. Die Wimperhaare, bei Turbellarien auf einer weichen cuticulalosen Epithelschicht stehend, seien bei den Ichthydinen auf die Bauchfläche beschränkt und stünden mit der Cuticula in Verbindung. Die Ichthydinen besäßen außerdem cuticuläre feste Auswüchse, man könne sie also nicht mit den Turbel- larien zusammenstellen. Überhaupt dürfe man der einfachen Organi- sation der Ichthydinen keinen so großen systematischen Werth beilegen, da man sonst alle mit ähnlichen Mängeln versehene Thiere zusammen- fassen oder die Ichthydinen zu den Infusorien stellen müsse. Dessglei- chen wendet sich Mrrscnnıkorr gegen die von EuL£ers angeführte Mei- nung, und erklärt, dass er in dem Darmapparate der Ichthydinen keine wichtigen Verwandtschaftsbeziehungen zu den Nematoden sehen könne. Muskelwandung am Ösophagus hätten auch Rotatorien und Tardigraden, geraden Darm besäßen eine Menge niederer Thiere. Die übrigen Organisationseigenthümlichkeiten hätten aber nichts Gemeinschaftliches. METScHNIKorF tritt nun für die Verwandtschaft mit den Räderthieren ein. Chaetura habe Ähnlichkeit in der Körperform mit gewissen wei- 362 Carl Zelinka, chen Räderthieren, z. B. Notommata tardigrada, die Furcalanhänge der Ichthydinen seien analog denen der Rotatorien, Räderorgan und Kopf- wimperung bei Oephalidium seien zu vergleichen, beide Gruppen hätten zweierlei Eier und die Tastorgane am Kopfe der Ichthydinen schlössen sich an die gleichen Bildungen der Rotatorien an. Verschiedenheiten zeigten sich in dem Fehlen der Kiefer und in dem Auftreten der Bauch- wimpern bei Ichthydinen nebst einigen untergeordneten Verschieden- heiten. Die Ichthydinen seien eine besondere den Räderthieren ver- wandte Gruppe, die mit Gasirotricha zu bezeichnen wären, gegenüber den Räderthieren, welche Cephalotricha heißen sollten. Beide Ord- nungen wären zu einer Klasse (Oiliati Leuckart exclusive Bryozoa) zu vereinigen und zu den Würmern zu stellen, mit welchen sie einige Verwandtschaft besäßen, während sie viel entferntere Beziehungen mit den Arthropoden verbänden. P. 464 spricht er die Überzeugung aus, dass Echinoderes gewiss keine bemerkenswerthe Verwandtschaft mit den Ichthydinen zeige. In seiner Arbeit über Apsilus! kommt METscHnıorr abermals auf die Verwandtschaft der Räderthiere und Gastrotrichen zu sprechen und erwähnt eine von ihm bei Göttingen gefundene Notommata-Species, deren Bauchfläche bis zur Hälfte bewim- pert war. In Bezug auf die Bauchwimpern hätten die Gastrotrichen auch mit Annelidenlarven (Spio) Ähnlichkeit, dessgleichen wird eine auffallende Verwandtschaft mit Dinophilus hervorgehoben. R. GrEErF (Nr. 20, 1869, p. 73) hält mit denselben Gründen wie LeuckArt die Vermuthung, dass Echinoderes zu den Ichthydinen gehör- ten, für unbegründet. P. Hırrına? zählt die Gastrotrichen zu den Üoelelmia Nematoden und Chaetognathen). C. GEGENBAUR? reiht die Ichthydinen den Turbellarien an und hält Turbanella und Echinoderes für Zwischenformen zwischen den geglie- derten und ungegliederten Würmern. H. A. PagEnstecHer (Nr. 22, 1875, p. 122) spricht sich entschieden für-eine Verwandtschaft der Echinoderen mit den Rotatorien aus und meint den Hakenkranz der Echinoderen mit dem Radapparat der Räderthiere vergleichen zu können. H. Lupwic (Nr. 23, 1875, p. 2233—225) schließt sich im Allgemeinen MeErscHnIKorr an und führt als weiteres Verwandtschaftsmoment die Klebdrüsen an. Nur bezüglich der Beziehungen zu den Nematoden stimmt er Eurers bei, da die Übereinstimmung zwischen dem Darmtrac- ! Diese Zeitschr. Bd. XVI. p. 354. 1866. 2 P. Harrıng, »Leerboek von de grondlegins d. Dierkunde«. 1869/70. 3 C. GEGENBAUR, »Grundzüge der vergleichenden Anatomie«. 2. Aufl. 1870. Die Gastrotrichen. 363 tus der Gastrotrichen und dem der Nematoden eine weit gehende, sich auf Structur des Ösophagus und Chylusdarmes erstreckende sei. Es seien die dreilippige Mundöffnung und das anfänglich dreieckige Lumen des Ösophagus ganz so bei den Nematoden vorhanden. Zudem seien die Darmzellen bei den Rotatorien mit Wimpern versehen, welche bei Gastrotrichen wie Nematoden fehlten; ferner fänden sich Guticularfort- sätze wie bei den Gastrotrichen auch bei freilebenden Nemaioden in sroßer Verbreitung, ja sogar die Gabelung des Schwanzendes und der Klebdrüsenapparat fänden sich bei Nematoden wieder, erstere bei den Männchen von Pseudalius infleeus Duj. und Gordius, letzterer bei Eno- plus und anderen. Ein gleichzeitiges Auftreten von Klebdrüsen und Gabelschwanz sei allerdings nicht beobachtet. Ein Vorkommen zweierlei Eier fände sich bei Dermatoxys veligera. Unterscheidungsmerkmale blieben nur in der Bewimperung des Bauches und des Kopfes sowie in der Ausbildung einer Bauchfläche gegenüber den Nematoden aufrecht. Die Gastrotricha seien Bindeglieder zwischen den Nematoden und den Rotatorien; die Räderthiere hätten sich von den Nematoden abgezweigt und eine eigenartige Ausbildung erfahren und seien im System zuerst die Nematoden und dann die Räderthiere, unter diesen aber in erster Linie die Gastrotricha und dann die Cephalotricha zu behandeln. In der Vergleichung der Entwicklungsgeschichte der Räderthiere und Nema- toden würde der Schlüssel zur sicheren Lösung der Frage liegen. O. Bürscarı (Nr. 24, 1876, p. 390—4441) vereinigt die Gastrotrich« und Echinoderen unter dem Namen Nematorhyncha und begründet dies in eingehender Weise. Er wendet sich zunächst gegen GREBEFF und LEUCKART und sucht deren Einwand, dass die Echinoderen keine Wimperung haben daher nicht mit den Ichthydinen zu vergleichen seien, damit zu schlagen, dass er auf die Wichtigkeit der Wimpern bei den Räderthieren hin- weist, wo doch einige Formen theils ohne, theils mit reducirter Wim- perung aufträten. Sodann geht er zu positiven Gründen über und sagt, dass die Körperform bei beiden Gruppen auffallende Übereinstimmung zeige, namentlich in der Gabelung des Schwanzendes; und wenn auch die Furcalanhänge bei Echinoderes nicht beweglich seien, sondern die Form großer Borsten angenommen hätten, so sei doch die Homologie nicht zu bezweifeln, da die Gabelung sich bei Echinoderes auch noch auf das eigentliche Schwanzende erstrecke. Der Rüssel von Echino- deres wird in rudimentärer Form im Mundringe von Ohaetonotus mit seinem Kranze gekrümmter Borsten wiedergesehen und als eine mäch- tige ausstülpbare Mundhöhle betrachtet, deren eigentliche Wände durch das mit chitinigen Längsleisten versehene zweite Segment, wel- ches dem längsgerippten Mundring entspräche, vorgestellt würde. 364 Carl Zelinka, Die Borsten der Echinoderen seien in Bau und Richtung nicht von denen der Gastrotrichen zu unterscheiden. Die sogenannten Segmente seien eben so wenig echte Metameren wie die Glieder eines Ar- thropodenfußes und nur auf höhere Entwicklung der Muskulatur zurückzuführen. Geschlechtsorgane, Darm und Nervensystem zeigten völlige Übereinstimmung; nur die Geschlechtsöffnungen im Schwanz- ring bei Echinoderes seien bei ‚Chaetonotus noch nicht aufgefunden. Da die Seitengefäße bei nahe verwandten Nematoden bald vorhan- den seien, bald fehlten, könne auch darauf, dass bei den Echinoderi- den noch keine Wassergefäße gefunden worden seien, kein beson- deres Gewicht gelegt werden. Als ein Zeichen von Verwandtschaft zwischen Nematorhynchen und Räderthieren dürfe das Vorkommen von Furcalanhängen und Wassergefäßen bei beiden Gruppen betrachtet werden. Jedenfalls hätten jene abweichenden Formen der Räderthiere deren Räderorgan ganz oder fast fehle und deren Gestalt eine langge- streckte sei, die nächsten Beziehungen mit den Nematorhynchen. Doch möchte er nicht mit METScHnIkorF die Gastrotrichen und Rotatorien als Ciliaten vereinigen, da zwischen diesen beiden Gruppen im Bau der Geschlechtsorgane, der Ausmündung der Wassergefäße in die Kloake, der Abgliederung des Hinterendes zu einem sehr beweglichen Fuß und der damit zusammenhängenden konstanten dorsalen Lage des Afters wichtige Verschiedenheiten bestünden. Übergehend zu den Beziehungen der Nematorhynchen zu den Nematoden stimmt BüTscHLI GREEFF bei, wenn dieser die Verwandtschaft beider Gruppen hervorhebt, zumal da das Männchen von Gordius regelmäßig eine Schwanzgabel besitzt, die schon den Embryonen beiderlei Geschlechts eigen ist und an den Fuß der Räderthiere erinnert. Die Verdauungsorgane seien ganz gleich gebaut und die Bewaffnung des Rüssels ließe sich mit der Ausrüstung der Mundhöhle der Nematoden mit Stacheln und Zähnen vergleichen. Am aulfallend- sten sei diese Übereinstimmung zwischen dem Rüssel der Gordius-Larven und der Nematorhynchen. Der erstere werde nämlich später ausgestülpt und besitze einen doppelten Hakenkranz. Sein Stilet erinnere an ähn- liche Bildung freilebender Nematoden. Die Muskulatur sei wesentlich anders, doch könne die Möglichkeit des Hervorgehens der einfachen Muskulatur eines Meromyariers aus den Muskeleinrichtungen der Gastro- trichen kaum bezweifelt werden. Das Centralnervensystem sei bei bei- den Gruppen gleich und eben so mündeten die Wassergefäße bei den Gastrotrichen höchst wahrscheinlich in der vorderen Körperhälfte, wie die homologen Seitengefäße bei den Nematoden. Die Geschlechtsorgane der Nematoden seien im Allgemeinen, namentlich was die Ovarien an- belange, paarig angelegt und münden durch einen gemeinsamen Ausfüh- Die Gastrotrichen. 365 rungsgang nach außen. Da jedoch von Bürscui auch zwei dicht neben einander gelegene weibliche Geschlechtsöffnungen nachgewiesen worden waren, so vermuthet er darin einen Hinweis, dass ehemals die Ausfüh- rungsöffnungen getrennt waren und findet damit eine neue Verbindung mit: den Echinoderen. Erwähnt wird auch, dass sowohl bei Nematoden als bei Räderthieren Klebdrüsen vorkommen. Entschieden wendet sich Bürscuzi gegen die Ansicht von der Metamerie der Echinoderen. Außer Skelett und Muskeln sei ähnlich wie bei Räderthieren nichts, was auf Segmente deute, vorhanden. Gliedmaßen könne man in den Chitin- haken, welche in einem Kranze um die Eingangsöffnung des Ösopha- gus stehen, nicht sehen. Diese Haken werden gegenüber GrEEFF nur als modifieirte Rüsselborsten bezeichnet, welche keine Ähnlichkeit mit einem Arthropodenfuß haben. Den gegliederten Füßen der Arthropoden entsprächen die Furcalanhänge der Nematorhynchen und Räderthiere, da sie durch eigene Muskeleinrichtungen bewegliche Ausstülpungen der Leibeswände seien; würde ein Echinoderes segmentirt werden, so fänden diese Furcalanhänge, sich wiederholend, an den Seiten Platz und würden Füße werden etc. Zum Schluss wird einStammbaum aufgestellt, nach welchem Anneliden und Arthropoden sich tief an der Wurzel von einander spalteten, die Rotatorien, Nematoden und Nematorhynchen ge- hören der Arthropoden-Richtung an und haben mit Anneliden nichts ge- ‚mein. An diesem Seitenzweige sitzen die Rotatorien am tiefsten, die Nematoden mit ihrem Seitenaste, den Nematorhynchen etwas höher, während der Hauptstamm zu den Arthropoden leitet. L. K. Scumarna! stellt die Ichthydina zu den Borstenwürmern und zwar zu den Abranchiaia, zugleich mit den Naiden, Chaetopteriden, Lum- bricıden ete.;, er führt sie daselbst als erste Familie an, als Thiere ohne Segmente, mit Borsten in Querreihen, mit Cilien am Kopf und Bauch. H. A. PAGENSTECHER (Nr. 25) ist Bd. II, 1877, p. 90 mit METscHniKorr’s Eintheilung einverstanden und meint, dass die Zutheilung zu den Rä- derthieren jedenfalls das Geeignetste sei; nur blieben sie in dieser Klasse auf einer überall niedrigen Stufe stehen. Im Band IV, 1881, p- 60 spricht er sich wegen des Vorkommens von Wassergefäßen noch entschiedenerer für METSCHNIKOFF aus; p. 332 sagt er, dass die Gastro- trichen und Echinoderes sich abwärts und aufwärts den Räderthieren an- schlössen. Die Gastrotrichen stünden den Anneliden näher, da sie wirk- liche Wimperhaare der Cuticula auf der äußeren Körperwand, da sie Tastborsten, Rückenstacheln, Schwanzgriffel und geknäuelte Wasserge- fäße besäßen, die Echinoderes dagegen rückten in Mangel jeder Gliede- - 1. L.K. ScnmarpA, Zoologie. 2. Aufl. Bd. I. 1877. p. 473, 366 Carl Zelinika, _ rung und Segmentalorgane und wegen der deutlichen Gliederung des Cuticularskelettes den Arthropoden näher. H. A. Nıcnorson ! möchte die »Chaetonoti« als Rotatorien betrachten; da sie aber kein echtes einziehbares Räderorgan, keine Kiefer besäßen und die ventrale Fläche mit Cilien bekleidet hätten, so wären sie eine abweichende Gruppe derselben. Tu. Huxıey? meint p. 172, dass die Gastrotricha mit Unrecht zu den Rotatorien gestellt worden seien, da sie sich durch den Mangel eines Kaumagens und die Anordnung der Wimpern unterschieden; wahrscheinlich bildeten sie eine Verbindungsgruppe zwischen den Rotiferen und den Turbellarien, welche sich den Rotiferen in Dinophilus näherten. Auf p. 590 stimmt er dem Vorschlage BürscaLr's vollkommen bei, und theilt die Nematorhyncha ebenfalls in Gastrotrichen und Atrichen. | HartscHek (Nr. 26, 1878, p. 401) vereinigt die Gastroirichen und Echinoderen zur Klasse der Cephalotricha und meint, dass in deren Bau derselbe Grundtypus ausgeprägt sei, wie bei den Rotatorien. Man müsse diese Gruppe für ursprünglicher und tiefer stehend halten, als die der Rotatorien, namentlich mit Rücksicht auf die tieferstehende Ausbildung der Muskulatur. Es sei, obwohl in der Entwicklung der Ich- thydinen kein Velum nachgewiesen sei, doch sehr wahrscheinlich, dass sie und mithin die ganze Gruppe vom Trochozoon abzuleiten seien. GıarD (Nr. 27, 1880) giebt einen Stammbaum der niederen Wür- mer, in welchem die Gastrotricha, Prothelminthen und Dieyemiden von den Orthonectiden abgeleitet werden. Aus den Prothelminthen entwickel- ten sich Turbellarien und Trematoden. O. Scanmrt? lässt die Echinoderen sich den Nematoden, die Gastro- trichen sich den Turbellarien und Räderthieren nähern, ohne ihnen eine bestimmte Stellung angewiesen zu haben. A. Lane führt im Zool. Jahresberichte für 1883 beim Referate über die Arbeit Nr. 28, Chaetonotus unter den Rotatorien an. A. Görtz (Nr. 29, 4884) ist dafür, die Gastrotrichen und Echinoderen auch weiterhin anhangsweise beiden niederen Würmern überhaupt anzuführen. L. Örry setzt in seinem Referate im Zool. Jahresberichte (über Nr. 30, 4885) die Gasirotricha als Anhang an den Schluss der Nematoden. W.M. Schimkewitsch (Nr. 31, 1886, Sp. 149, 450) meint, dass durch ! H. A. Nıc#oLson, Manual of Zoology. p. 234. 4878. ? Tu. Huxtey, »Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere«. Übers. von SPENGEL. p. 472 und 590. 4878. 3 O. Scanipr, Handbuch der vergl. Anatomie«. (4872. p. 94) 1882. p. 79. Die Gastrotrichen. 367 seine Entdeckung der kontraktilen Blase die Gastrotricha noch mehr an die Räderthiere genähert würden, als es durch das Vorhandensein beson- derer Klebdrüsen ohnehin geschehe, dass aber auch die Ähnlichkeit des Nahrungskanales mit dem der Nematoden zu beachten sei. Zwischen den Meinungen Enzers’ und Merscnnikorr’s sei kein Widerspruch, da beide auf Thatsachen sich stützten. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass Nematoden, Gastrotricha und Rotatorien drei Zweige eines und desselben Stammes darstellen. Bürtscaur's Ansicht, dass die Echinoderen zu den Arthropoden führten, sei noch zweifelhaft, doch sei der von ihm gegebene Stammbaum ziemlich annehmbar. Man könne, gestützt auf die Embryologie und auf die Übergangsformen, zeigen, dass die Haupt- gruppen der Würmer in ihrer Entwicklung ein Wimperstadium durch- laufen und veränderte Repräsentanten solcher Stadien in der gegen- wärtigen Fauna vorhanden seien. Die Planarien könne man als die nächsten Verwandten und Nachkommen des Wimperstadiums der CGe- stoden und Trematoden ansehen, die Nemertinen als Nachkommen des Wimperstadiums der Hirudineen und vielleicht der Anneliden über- haupt. Dann können die Gastrotricha als das Wimperstadium der Ne- matoden angesehen werden. H. Lupwıc (Nr. 32, 1886, p. 820 und 822) spricht von der nahen Verwandtschaft der Gastrotrichen mit den Räderthieren, und dass man sie mit den Echinoderidae vereinigt habe, ohne sich für eine bestimmte Stellung zu entscheiden. Eben so unbestimmt bleibt ihre Stellung in der britischen Ency- klopädie (Nr. 33, 1886, Bd. XXI, p. 8); sie werden als wahrscheinlich mit den Rotiferen verwandt bezeichnet. W. Reınnarn (Nr. 34, 1887, p. 451—45%4) wendet sich entschieden gegen eine Verwandtschaft der Echinoderes mit den Gastrotrichen. Als ersten Grund führt er an, dass kein Echinoderes ohne Segmentirung sei, während Gastrotricha dies nie zeigten. Er fasst die Segmente nicht wie BürscnLı und alle anderen Zoologen als Pseudosegmente auf. Der Mundring von Chaetonotus sei durchaus nicht dem Echinoderenrüs- sel zu vergieichen, bei keiner Gastrotrichenform sei der Mundring stärker entwickelt, bei keinem Echinoderes sei der Rüssel rudimentär. Der Mundring bei Chaetonotus würde nicht durch eigene Muskeln be- wegt, wie’ der Echinoderenrüssel; der letztere sei eher noch mit dem Annelidenrüssel zu vergleichen, obwohl dieser Vergleich auch nur ein oberflächlicher wäre. Der Echinoderenrüssel sei ein Organ von ganz eigenthümlichem Bau und besonderer Bewaffnung, und Bürscaur's Ver- gleich desselben mit einem stark entwickelten Mundraum von Chaeto- notus, dessen Wand das sogenannte zweite Segment bilde, sei eben so 368 Carl Zelinka, unrichtig, wie die Gleichstellung dieses sogenannten zweiten Segmen- tes mit der gerieften Mundröhre. Der Rüssel nehme mehr als das zweite Segment ein, welches außerdem keine Streifung zeige. Sodann sei die große Ähnlichkeit im Baue der Verdauungsorgane, auf welche Bürscnni sich berufe, nicht vorhanden; die Afteröffnung der Gastrotrichen liege nach BürscnLı auf der Rücken-, nach Lupwıc auf der Bauchseite, bei den Echinoderes befände sie sich aber am Ende des Analsegmentes. Der Magen sei bei Chaetonotus eine direkte Verlängerung des Ösopha- gus, bei den Echinoderen mit ihm in einen Winkel vereinigt, wo der Ösophagus sogar von der Rückenseite dem Magen etwas aufliege. Die Frage nach dem Nervensystem hält er für die Gastrotrichen gar nicht gelöst, indem er die beiden verschiedenen Beschreibungen BürscnLr's und Lunwie’s über das Nervensystem einander gegenüber stellt. Was GreerF und Crararipe für Nervenganglien bei Echinoderes hielten, stünde in gar keiner Beziehung zum Nervensystem. Dasselbe sei in vier Erhöhungen an der Grenze zwischen Ösophagus und Darm ge- legen. Die von Bürscni entdeckten Wassergefäße bei Chaetonotus, welche den Wassergefäßen der Rotatorien und der sog. Kopfniere entsprächen, seien im Aussehen und in der vermuthlichen Lage der Ausführungs- öffnung von denen bei Echinoderes ganz verschieden. Weitere Unter- schiede findet Reınnarp in den Geschlechtsverhältnissen. Die Gastrotricha seien nach M. ScuuLtze Zwitter, und beiderlei Produkte gleichzeitig entwickelt, nach Lupwıc trete die männliche Geschlechtsreife vor der weiblichen auf und das Ovar sei unpaar, nach Bürscnatı allerdings seien paarige Ovarien zu finden, aber auch dieser sähe in kleinen Körperchen um den Darm Spermatozoen. Dies sei Alles bei den Echinoderen an- ders; daselbst seien die Geschlechter getrennt und besäßen mit be- sonderen Hüllen versehene Geschlechtsdrüsen. In den Ovarien der Echinoderes lägen die reifen Eier hinten, bei den Gastrotrichen dagegen vorn; bei den Echinoderen reiften immer mehrere Eier gleichzeitig, bei Chaetonolus immer nur eines. Weitere Differenzen führt ReınuAarp in dem Fehlen der äußeren Wimperung bei den Echinoderes an, sie sei da nur im Exkretionsorgan vorhanden. Bei den Gastrotrichen dien- ten die Wimpern zur Fortbewegung, die Echinoderes bewegten sich durch andere Organe fort. Die Klebdrüsen der Gastrotrichen fehlten bei den Echinoderes ganz, dessgleichen die sternförmigen köntraktilen Zellen der ersteren. Die Echinoderes besäßen neben den auch bei Gastrotrichen gefundenen Muskeln Rückenbauchmuskeln, die in jedem Segmente vorkämen. Endlich seien alle Echinoderes Meeresthiere. Diese Gründe genügten RemnHArn, eine Vereinigung dieser beiden Gruppen als »sehr falsch« zu bezeichnen. Die Gaströtrichen; 369 C. Craus fügt anhangsweise die Gastrotrichen und Echinoderiden den Rotatorien an!, wie es auch in den meisten anderen Lehrbüchern geschieht. RE Wenn wir die vorliegende historische Übersicht überblicken, finden wir vier Hauptrichtungen vertreten. Die älteste hält unter Führung EHrEnBERG’s die Gastrotrichen einfach für Räderthiere, eine spätere, welche von C. Vogr eingeschlagen wurde, möchte sie als Turbellarien erklären, eine dritte, in welcher MEtscunikorFr voransteht, will eine Ver- wandtschaft mit den Räderthieren nachweisen und eine vierte meint mit Enrers am besten die Gastrotrichen den Nematoden zuzuzählen. Daneben laufen parallel Versuche, auch Beziehungen zu den Echino- deren festzustellen. Eine Anzahl von Zoologen hielt die systematische Stellung dagegen für eine ganz unsichere. Am meisten Anhänger der Zahl nach hat die zweite Ansicht ge- funden, und auch Namen von schwerem Gewicht, wie M. ScHuLTtze, LEUCKART, LEYDIG, GEGENBAUR Sind in dieser Reihe zu finden. Die nun- mehr zum größten Theile aufgeklärten anatomischen Verhältnisse setzen uns in den Stand, diese Ansicht nicht weiter in Betracht ziehen zu mtissen. Eben so wird man mir zustimmen, wenn ich über den Ver- such Dusarvın’s, die Gastrotrichen für Infusorien anzusehen, sowie über die Ableitung, welche Gıarn gegeben hat, und welche die Gastrotrichen so wie die Dicyemiden von den Orthonectiden herleiten will, hinweg- gehe. Wenden wir uns nun, um zur EurENBERG’Schen Anschauung über- zugehen, welche von SıEsoLD, Gosse etc. getheilt wurde, den Räder- thieren zu, und suchen wir die Organisation derselben mit der unserer Gastrotrichen in Einklang zu bringen. Die Frage nach einem typischen Räderorgan muss verneinend be- antwortet werden. Es ist weder das Vorderende einziehbar, noch wird es von Wimperkränzen umsäumt. Ein Versuch, die zwei Gilienbänder am Bauche als modifieirtes Räderorgan zu betrachten, ergiebt, dass wir dann drei Möglichkeiten vor Augen haben müssen. Entweder sind in den Bändern beide Cilienkränze der Rotatorien vereinigt, oder sie wer- den von dem modifieirten präoralen oder postoralen Kranz allein ge- bildet. Für die erstere Mögliehkeit spricht gar nichts, weder ist die zwischen den beiden Kränzen typische Wimperrinne vorhanden, noch ist überhaupt die leiseste Andeutung einer Trennungslinie in jedem Cilienbande zu treffen. Wir sehen eben von der irrthümlichen Angabe Lupwic's bezüglich der vier Cilienstreifen ganz ab. Sollte aber nur der ! Lehrbuch der Zoologie. p. 382. 1887. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Ba. 94 370 Carl Zelinka, postorale oder präorale Wimperkranz erhalten sein, so fordert dies eben so wie im ersten Falle die Annahme, dass bei gleichzeitigem Schwunde des anderen Kranzes der ganze Rücken und die Seiten des Körpers aus dem Scheitelfelde hervorgegangen seien, während die ganze postorale Region zum schmalen von den Cilienbändern eingeschlossenen Zwi- schenfelde zusammengedrängt worden sei. Nun läge aber der After im Scheitelfelde, was uns berechtigt, diesen Erklärungsversuch von vorn herein als einen gewaltsamen über Bord zu werfen. Übrigens hilft diese letztere Erkenntnis auch die erste früher erwähnte Möglichkeit wider- legen. Sollten die erwähnten Gründe nicht als genügend angesehen werden, so möge noch hingewiesen werden, dass dann auch. der Gabel- schwanz sammt Klebdrüsenapparat nicht mit den gleichen Organen der Rotatorien verglichen werden könnte, da dann der Fuß der Rotatorien der postoralen, der der Gastrotrichen der präoralen Region angehören würde, eine gleichfalls gewaltsame Trennung. Eben se widerspräche einer derartigen Deutung die Anordnung der Sinnesorgane, wie später erörtert werden soll. Leichter wird es uns beim Wassergefäßsystem eine Ähnlichkeit mit dem der Rotiferen nachzuweisen. Ein verknäueltes Rohr jederseits, ein etwas abweichend geformter Flimmerlappen sind es, in denen wir sofort die typischen Theile des Protonephridiums der Räderthiere wie- der erkennen. Allerdings treten gewisse Differenzen hervor, so z.B., dass hier nur ein langer, stabförmiger Flimmerlappen entwickelt ist, gegen- über mehreren mehr dreieckig geformten bei den Räderthieren, dass ferner das nicht flimmernde Rohr nur einen kleinen Theil der Leibes- höhle durchzieht, wogegen dasselbe bei den Räderthieren vom End- darm bis über das Gehirn hinaus die Leibeshöhle durchläuft, und während bei den Räderthieren nur bei einigen Species an bestimmten Stellen des Verlaufes des Rohres Aufknäuelungen vorkommen, ist bei allen Gastrotrichen bis auf eine einzige Schlinge das ganze Rohr fest verknäuelt. Endlich ist die Mündungsweise des Exkretionssystems verschieden; bei den Gastrotrichen öffnen sich die Röhren getrennt, ohne jede Beziehung zum Darm, an der Bauchseite innerhalb der Flimmerbänder; dies muss wohl als am meisten ins Gewicht fallend betrachtet werden. Das Wassergefäßsystem beider Thiergruppen entspricht also dem gleichen Typus, es steht bei beiden auf dem Stande des Protonephri- diums, nur dass die Organisationshöhe verschieden ist. Wir werden das Protonephridium der Gastrotrichen als tiefer stehend ansehen müs- sen, und zwar mit Rücksicht auf die einfache Zahl der Flimmerlappen und die paarigen Mündungen der beiden Röhren. Für die Stellung der Die Gastrotrichen. 371 Gastrotrichen entscheidend ist es, dass kein Räderthier ein Wasser- gefäßsystem besitzt, wie es die Gastrotrichen haben, und umgekehrt die Gastrotrichen nie ein Exkretionssystem vom Baue der Räderthiere zeigen. Diese Überzeugung verhindert uns, die Gastrotrichen auf Grund dieses wichtigsten Organs in die Klasse der Rotatorien selbst zu stellen. Vielleicht ist es jedoch möglich, die Kopfniere der Räderthiere von der der Gastrotriehen abzuleiten. Seiner Zeit machte ich darauf auf- merksam, dass die Nephridien bei Callidinen und bei Discopus in ihrem Verlaufe an einer Stelle der Körperwand befestigt sind, und ich konnte mich schon damals der Vermuthung’nicht entschlagen, dass diese Ver- bindung mit dem Ektoderm eine tiefere Bedeutung besäße, und die Röhren hier mündeten, ehe sie sich nach hinten verlängerten und mit dem Enddarme in Verbindung traten. Diese zwei Anheftungsstellen entsprechen in ihrer Lage den zwei Mündungen dieses Organs bei den Gastrotriehen. Man wird also diese Mündungsart nicht nur als die ur- sprüngliche ansehen, sondern konsequenterweise die bei den Räder- thieren vorhandene Verlängerung der Röhren von hier bis zum Zu darm als später hinzugekommen betrachten müssen. In’ höherem Maße stimmen die beiderseitigen Verhältnisse des Muskelsystems überein. Kontraktile Faserzellen spannen sich hier wie dort theils in der Leibeshöhle aus, theils haben sie sich dauernd an die Haut angelegt. Zwar fehlen die Quermuskeln im Anschlusse an die ganz andere Bewegungsart, welche eine bedeutendere Streckung des Körpers überflüssig erscheinen lassen, es sind jedoch ganz wie bei Discopus die ventralen Hautlängsmuskeln entfallen und nur die zwei dorsalen ausgebildet. Die Leibeshöhlenmuskeln sind in gleicher Weise in einer vorderen und hinteren Gruppe angeordnet, deren Trennungsgebiet in der Nähe der Exkretionsmündungen, entspre- chend den Anheftungsstellen der Wassergefäßkanäle bei den Räder- thieren, liegt. Das Muskelsystem der Gastrotrichen ist nicht nur vom selben Typus wie das der Räderthiere, sondern seine Ausbildung fällt nahezu innerhalb der Modifikationen, wie sie bei den Räderthieren auftreten. Eine einschneidende Verschiedenheit findet sich nur im durchgreifen- den gänzlichen Mangel der Quermuskeln. Mit dem Muskelsystem im Zusammenhange steht die Fähigkeit einer Formveränderung des Kör- pers. Dem entsprechend fehlt die Scheingliederung des Körpers bei den Gastrotrichen; nicht einmal der Gabelfuß hat abgegliederte ver- schiebbare Ringe der Haut. Schon oben wurde erwähnt, dass der Gabelsch wanz der Gastro- trichen und der Rotatorien als homologe Bildungen anzusehen sind. 24* BD > - Garl Zelinka, Beide liegen im ausgebildeten Thiere ventral vom After, wenn auch bei den ersteren :derselbe noch gar nicht weit vom hinteren Ende des Kör- pers 'entfernt, in Folge.dessen der eigentliche Fuß recht kurz ist. Der Hauptsache nach besteht der Gastrotrichenfuß aus den beiden mächtigen Zehen, an welchen die Endpartie zu einer euticularisirten Röhre ausge- zogen ist, eine Bildung, welche an gewissen Räderthieren in den langen Borsten des Fußes wieder gesehen wird. Nicht minder giebt uns der bei- den Gruppen zukommende Klebdrüsenapparat Berechtigung, einen Ver- gleich zu ziehen. So wie z.B. bei den Philodiniden jede Zehe, beziehungs- weise jede Fußhälfte zwei Reihen von Drüsenzellen besitzt, enthält auch bei den Gastrotrichen jede Seite des Gabelschwanzes zwei Drüsen, hier allerdings syneytial entwickelt, deren ausführende Fortsätze in den Endtheil. jeder Zehe eingehen und bis zur Spitze ziehen. Es differirt demnach der Drüsenapparat in so weit, als bei dem Mangel eines stär- ker entwickelten Fußes keine Vereinigung der Ausführungsgänge in einem unpaaren Stücke, wie bei den Räderthieren statthat, sondern die der beiden Seiten von einander getrennt gleich in die Zehen laufen, ebenfalls nur eine quantitative, keine qualitative Verschiedenheit. Dieselbe Sachlage treffen wir auch beim Nervensystem. Bei den Räderthieren ist das einfache Gehirnganelion dort, wo es bekannt ist,, vom Ektoderm getrennt und in die Tiefe gerückt und nur durch Nervenfasern mit den oberflächlich sitzenden Sinneszellen verbunden, bei:den Gastrotrichen ist es erst in der Ausscheidung aus dem Ektoderm begriffen, namentlich was den vorderen Theil betrifft. Während es schon dem Ösophagus anliegt und an ihm herabhängt, wie bei den Räder- thieren, stecken einzelne Abtheilungen noch im Ektoderm; es sind die Sinneszellen mitten im Gehirn direkt eingebettet und ohne verbindende Nervenfasern, gewiss ein ursprünglicherer Zustand. / Recht gut lassen sich die am Halse und Hinterende stehenden Tast- haare mit entsprechenden Organen bei den Räderthieren vergleichen. Bei Gelegenheit meiner Arbeit über Discopus wies ich nach, dass der unpaare dorsale Taster aus zwei Tastern entstanden sein müsse, welche auch jetzt noch bei gewissen Formen erhalten sind. Dieser ursprüng- lichere Zustand ist bei den Gastrotrichen in denkbar einfachster Form vorhanden, je eine Sinneszelle auf jeder Seite des Halses trägt ein Haar. Die hinteren Sinneshaare entsprechen den seitlichen Tastern der Räderthiere. Wir werden auch die Sinneszellen am: Vorderende mit-den innerhalb des Räderorgans, bei den Philodiniden im Rüssel koncentrirten Sinneszellen vergleichen dürfen. Es darf uns nicht Wunder nehmen, wenn wir auch bei dem weib- lichen Geschlechtsorgane einen tiefer stehenden Grad der Ausbil- Die Gastrotrichen. | 373 dungantreffen. DasOvarium ist einfach, ohne umkleidende Haut,und die dem Darme anliegenden Eier wachsen, ohne dass ein Dotterstock’ ihnen das Material: zuführen würde. Darin finden wir einen bestimmten Unterschied von den Räderthieren. Männliche Organe kennen wir noch nicht mit Sicherheit, daher wir diese Geschlechtsverhältnisse besser nicht in die Vergleichung einbeziehen. Endlich bietet uns der Verdauungstraet Verhältnisse, welche wir allerdings bei Räderthieren nicht finden. Zwar ist der Mitteldarm ganz wie bei den Rotatorien von einem im gefüllten Zustande birnförmigen Enddarm durch einen Sphincter geschieden und setzt sich so wie dort der Enddarm in ein, bei den Gastrotrichen allerdings sehr kurzes Rec- tum fort, aber der Vorderdarm ist durchgehends ganz abweichend gebaut; es fehlen die Kiefer in dem nematodenartigen Ösophagus aus- nahmslos nach den bisherigen Erfahrungen, andererseits besitzt kein Räderthier eine derartig entwickelte Sneisbrehre und ein solches Mundrohr. | Aus Allem geht hervor, dass die Gastroötrichen keinesfalls den Räder- thieren zugezählt werden können, dass aber Merrtscuiıkorr das Richtige getroffen hatte, als er eine nahe Verwandtschaft der Gastrotrichen mit den Rotatorien behauptete. Die Mehrzahl der Organe der ersteren zeigt den gleichen Typus wie die entsprechenden der Räderthiere, nur stehen sie auf niedrigerer Stufe der Ausbildung, so dass wir behaupten dürfen, Gastrotrichen und Rotatorien entstammen demselben Zweige, nur haben sich die ersteren schon früher abgespaltet. Da wir die Rotatorien als umgebildete Abkömmlinge der Trocho- phora ansehen, so sind wir genöthigt auch die Gastrotrichen von dieser Form abzuleiten. Die inneren Organe bereiten einer solchen Anschau- ung keine Schwierigkeiten, sie stimmen im Gegentheile vollkommen mit der Organisation einer Trochophora überein. Die äußere Gestal- tung jedoch scheint uns auf den ersten Blick bedeutende Hindernisse in den Weglegen zu wollen. Schon im Anfange der Besprechung wurde dar- gelegt, dass kein Räderorgan im morphologischen Sinne vorhanden ist. Wir haben hier Thiere vor uns, welche die Wimperkränze nahezu gänzlich eingebüßt haben und bei welchen das vom hinteren Kranze bis an das Hinterende reichende ventrale Wimperfeld, wie es HATScHER z. B. bei Eupomatus beschrieben hat, dafür zur überwiegenden Ausbil- dung gelangte und zum alleinigen Fortbewegungsmittel wurde. Die besondere Umbildung in zwei Streifen ete. ist als sekundäre Abände- rung zu bezeichnen. j Ä Als einen Rest der Wimperkränze hat man vielleicht die vordere Verbindung der zwei Cilienbänder und die von hier nach vorn ziehen- 374 Varl Zelinka, den Cilienreihen anzusehen; eine genauere Ausführung dieses Gedan- kens wird erst möglich, wenn auch die Gattungen Dasydytes und Gossea mit modernen Hilfsmitteln untersucht sein werden, denn eben diese Formen scheinen in der theilweise erhaltenen aber'leider sehr unzulänglich studirten Bewimperung des Vorderendes größere Reste des larvalen Wimperapparates zu besitzen. Dasydytes saltitans: Stokes mit seinen zwei interessanten Wimperkränzen wird jedoch nur dann als ursprüngliche Form herbeizuziehen sein, wenn es sich herausstel- len sollte, dass der erste Kranz vor dem Munde vorbeizieht, was nach der Beschreibung von Stokgs nicht zu sein scheint. Allerdings hat Sroxzs an eine Vergleichung mit einer Trochophora nicht gedacht und vielleicht daher diesem wichtigen Punkte nicht die gewünschte Auf- merksamkeit geschenkt. | Obwohl die typischen Kränze fehlen, können wir aus anderen Organen auf die beiläufige Ausdehnung des Scheitelfeldes schließen: Zweifellos gehört die vorderste Partie des Kopfes, in der die Sinneszellen liegen, der Region der Scheitelplatte an; dass wir gerade in der Mitte dieser Region die kahle Stirnkappe treffen, darf uns nicht Wunder nehmen, sie entwickelte sich am Vorderende im Anschlusse an die Be- wegungsart als Schutz gegen unvermeidliche Stöße. Nun entspricht das Paar der Tasthaare am Halse dem Rückentaster der Räderthiere, welcher bekanntlich schon außerhalb der Wimperkränze liegt; es wird der Wimperapparat der Stammform also jedenfalls vor diesen Tast- haaren vorbeigezogen sein. Da die Kränze den Mund zwischen sich fassten, so können wir uns demnach eine Vorstellung von der Ausdeh- nung des Scheitelfeldes am Gastrotrichenkörper machen. Gewiss auffallend ist der Parallelismus bei Rotatorien und Gastro- trichen bezüglich des Fehlens und Auftretens eines Fußes. Dies giebt uns die Möglichkeit, uns eine Vorstellung von der gemeinsamen Stamm- form zu erwerben. Wollte man, wie es auf den ersten Blick das Ein- fachste zu sein scheint, die fußlosen Formen als die niedersten ansehen, wozu namentlich unter den Gastrotrichen die theilweise Bewimperung des Kopfes bei Dasydytes goniathrix Gosse, saltitans Stokes und longise- tosum Metschn. ein weiteres Argument wäre, so müsste man eine fuß- lose Stammform annehmen, und folgerichtig glauben, dass sich der Fuß mit dem Klebdrüsenapparat in beiden Reihen unabhängig und zufällig in übereinstimmender Weise entwickelte, was. mir aber kaum plausibel erscheint; im Gegentheil ist die Einrichtung des Fußes eine so übereinstimmende, dass es natürlicher ist, die Fußlosigkeit als das Ergebnis einer Rückbildung anzusehen. Dazu berechtigen einerseits auch offene Erscheinungen von Rückbildung anderer Organe bei 'den Die Gastrotrichen, 375 fußlosen Räderthieren und andererseits die Thatsache, dass die Kleb- drüsen eine weitere Verbreitung besitzen und z. B. auch bei den ver- wandten Nematoden vorkommen, also jedenfalls einer früheren Stamm- form eigen waren. Wir müssen also die Euichthydinen als jene Formen ansehen, welche sich direkt aus der Stammform entwickelten und ihre Wimperkränze einbüßten, während die Apodinen sich früher abzweig- ten und unter theilweiser Bewahrung von Resten dieser Kränze eine Rückbildung der Fußanlage erfuhren. Als die gemeinsame Stammform der Rotatorien und Gastrotrichen haben wir eine Trochophora anzusehen, welche bereits Klebdrüsen und Gabelfuß besaß und am Rücken der postoralen Region mit zwei hin- ter einander liegenden Paaren von Tastorganen versehen war, welche bei den Gastrotrichen in einfachster Form, bei den Rotatorien als dor- sale und laterale Taster persistiren. Ich möchte nur hinzufügen, dass ich bereits im allgemeinen Theile meiner Schrift über Discopus auf die Wichtigkeit der Taster für die Stammform der Räderthiere hinzuweisen Gelegenheit nahm. In welchen Beziehungen stehen nun die Gastrotrichen zu den Eehi- noderen? Ist BürscaLis Zusammenfassung beider Gruppen zu einer einzigen gerechtfertigt oder müssen wir LEUCKART, CLAPAREDE, METSCHNI- KOFF, GREEFF Und REINHARD zustimmen, welche von einer Verwandt- schaft beider nichts wissen wollen? Vergleichen wir wie vorhin die einzelnen Organe beider Gruppen. Von vorn herein muss man nicht nur wie oben die männlichen Genitalorgane aus gleichem Grunde voll- kommen ausnehmen, sondern wir müssen hier leider auch auf eine Einbeziehung des Nervensystems zur Besprechung verzichten, da dies bei den Echinoderes noch unbekannt ist. Wenden wir uns zum Darme. Im Gegensatze zu REINHARD muss ich eine bedeutende Ähnlichkeit des Verdauungstractus der Gastrotri- chen und Echinoderes behaupten und ich brauche diesbezüglich nur auf die nicht widerlegten Ausführungen Bürscaur's hinzuweisen. Denn dass bei den Echinoderes der muskulöse Ösophagus bei eingezogenem Rüssel in einem Winkel zum Darme stehe, kann doch nicht ernstlich als ein stichhaltiger Gegengrund angesehen werden. Allerdings ist der Echinoderenafter terminal, doch weise ich darauf hin, wie ich es schon in der Discopusarbeit gethan habe, dass höchst wahrscheinlich die Stammform der Räderthiere-und hiermit auch der Gastrotriehen, deren After ohnehin noch nicht weit vom Hinterende abgerückt ist, eine ter- minale Darmmündung besaß. Im Wassergefäßsystem kann jetzt um so mehr, da die paarigen Mündungen der Kanäle bei den Gastrotrichen entdeckt sind, eine 316 . Carl Zelinka, Annäherung an Echinoderes gefunden werden und ich kann nur meine angegebenen Ortes niedergelegte Anschauung, dass auch das Exkre- tionssystem von Echinoderes dem Typus der Trochophoraniere angehöre, bestätigt finden. Nur ist die Echinoderenniere am niedrigsten organi- sirt und steht auf dem Stande des einfachen a ohne Flimmertrichter bei der Eupomatus-Larve. Dass im Ovarium von Echinoderes die reifen Eier hinten; bei den Gastrotrichen aber vorn gelegen seien und dass ferner bei Echinoderes mehrere, bei Gastrotrichen immer nur ein einziges reife, wie REINHARD behauptet, ist, was die Gastrotrichen anbelangt, unrichtig. Im Gegen- theil liegen die sich bildenden Eier hinter dem Ovarium und rücken erst sekundär mit zunehmender Reife an den Seiten hinauf und end- lich auf die dorsale Seite des Darmes, und die Anzahl der sich bilden- den Eier ist eine größere, nur dass ein Ei, ähnlich wie bei den Räder- thieren, im Wachsthum voraus ist und Ursache war, dass bisher die kleineren übersehen wurden. Dass das Fehlen der äußeren Wimperung bei den Echinoderes und das Auftreten der dorsoventralen Muskel keine stichhaltigen Gründe für die Behauptung liefern, Echinoderes hätte gar keine Beziehungen zu den Rotatorien und damit auch keine solchen zu den Gastrotrichen, habe ich schon eingehend widerlegt und verweise, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die diesbezüglichen Ausführungen !. Es ist gewiss nicht meine Absicht, die Rotatorien, beziehungsweise Gastrotrichen, als nahe Verwandte der Echinoderes zu bezeichnen, wie ja aus den Vergleichungen hervorgeht, dass die meisten Organe wohl vom gleichen Typus, aber von sehr ungleicher Ausbildung sind, aber so aller Beziehungen bar, wie ReınHArn es darstellt, sind eben diese Gruppen durchaus nicht und keine gegensätzlichen Momente fordern eine weite und scharfe Trennung. Dass Gastrotricha und Echinoderes nicht so nahe verwandt sind, dass man sie mit BürscaLı als Nemato- rhyncha vereinigen könnte, gebe ich zu, der durchgreifende Mangel äußerer Gliederung bei den Gastrotrichen, das konstante Fehlen der äußeren Flimmerung und der niedere Ausbildungsgrad des Was- sergefäßsystems bei Echinoderes werden uns gewiss, eben so wie das Vorkommen eines eigenthümlichen Rüssels bei eben dieser Form ver- hindern Bürscnı zu folgen. Es ist die Organisation der Gastrotrichen der der Räderthiere entschieden näher stehend, als die der Echi- noderes. 1 Diese Zeitschr. Bd. XLVII. p. 353. Der Raumparasitismus und die Anatomie von Discopus synaptae n. g., n. sp. Die Gastrotrichen. 3717 Niehtsdestoweniger glaube ich, dass die Echinoderes dem Varia- tionsgebiete der Gastrotrichenurform entsprossen sind. Die Gründe dafür liegen vor Allem in der Gabelung des Hinterendes und dem Baue des Darmkanales; zwischen den beschuppten Stacheln der Gastrotri- chen und den Panzerplatten von Echinoderes mit ihren Borsten ist kein erundsätzlicher Unterschied. Kann nicht jede Panzerplatte aus einer oder mehreren großen Schuppen, wie sie Chaetonotus hat, entstanden sein? Dass ich mit BürscuLı und Harscaek die entsprechende Muskula- tur von Echinoderes als sekundär entstanden betrachte, habe ich schon seiner Zeit ausgesprochen. Den Rüssel von Echinoderes aus den Mund- gebilden bei Chaetonotus abzuleiten hat schon Bürscnui versucht. Doch glaube ich nicht, dass wirklich der Rüssel mit seinem großen Haken- kranze an seinem kugeligen Theile und einem Kranze kleinerer Borsten an der Spitze nur aus dem Mundraume von Ohaetonotus hervorgegangen sei, sondern mir scheint es, dass mehr als dies, dass auch ein Theil des Körpervorderendes überhaupt in die Rüsselbildung einbezogen wor- den ist. PAGENSTECHER wollte den Radapparat der Räderthiere mit dem großen Borstenkranze vergleichen, was keinen Anklang fand. Wenn wir die interessante Form Dasydytes saltitans Stokes ins Auge fassen, wird unser Blick durch die zwei Kränze von Cilien gefesselt. Könnte man sich nicht vorstellen, dass, ähnlich wie bei achaeten Gephyreen, der Vordertheil des Körpers im Inneren geborgen und bis über die zwei Cilienkränze eingestülpt wurde und dass der an der Spitze des Echino- derenrüssels liegende kleine Borstenkranz nun dem Borstenkranze der Mundhöhle bei Chaetonotus entspricht? Die Rückzieher des Rüssels wären dann nichts Anderes als die großen Rückziehmuskeln des Vor- derendes bei Gastrotrichen. Bei dieser Ableitung kommt der Räder- apparat der Rotatorien vor der Hand gar nicht in Frage, da es zweifel- haft und unentschieden ist, ob die Cilienkränze von Dasydytes mit ihm etwas zu thun haben. Nach dieser Abschweifung wollen wir die letzte, von EnLers zur Vergleichung herbeigezogene Gruppe, die der Nemadoten, ins Auge fassen. Die von Enrers, Lupwıc und BürscaLı geltend gemachten Gründe, Bau des Vorderdarmes, Klebdrüsen und gegabeltes Hinterende betreffend, bestehen auch heute noch zu Recht und machen eine Abstammung der Nematoden von einer den Gastrotrichen und Echinoderen gemeinsamen Ahnenform wahrscheinlich, so dass sie also auch den Räderthieren entfernt verwandt wären. Doch machen andere Eigenschaften, wie eine ven- trale Lage des Afters, Bau der weiblichen Geschlechtsorgane, die be- deutend verschiedene Form und Mündungsart des Wassergefäßsystems, die differente Ausbildung des Nervensystems und der Muskeln eine 378 Cart Zelinka, Zutheilung der Gastrotrichen zu den Nematoden unmöglich. Weniger Einwände könnte man erheben, wollte man die Echinoderen dahin stellen, zumal man leicht die terminale Lage des Afters bei Echinoderes als Ausgangspunkt für die Verschiebung desselben auf die Bauchseite bei den Nematoten ansehen kann. nö Über die Beziehungen zu Dinophilus werde ich mich erst äußern können, wenn ich:meine diesbezüglichen Untersuchungen abgeschlossen haben werde. | Indem ich verzichte, einen Stammbaum aufzustellen, in der Erwä- gung, dass das gewöhnliche Geschick eines solchen darin besteht, meist nach kurzer Zeit einen großen Theil seiner Äste zu)verlieren, möchte ich mit kurzen Worten die Stellung der Gastrotrichen präeisiren. Lupwıc hat die Räderthiere von den Nematoden unter Vermittelung der Gastrotrichen abgeleitet und erklärte die Nematoden als ursprünglicher. Wir werden, seit wir die phylogenetische Bedeutung der Trochophora kennen gelernt haben, eine andere Auffassung haben müssen. Die Gastrotrichen haben sich von derselben Ahnenreihe, welcher die Räderthiere entstammen, sehr früh abgespalten und haben sich in gleicher Richtung aus- und umgebildet, wie die Räderthiere, nur blieben sie auf tieferer Stufe stehen. Aus dem Variationsgebiet der Gastrotrichenwurzel selbst, welche durch den Nematodenösophagus charakterisirt ist, scheint sich ein anderer Zweig, in bedeutend verschiedener Art entwickelt zu haben, dem die Echinoderes und Nematoden entstammten. Ein interessanter Übergang ist von den Gastrotriehen durch die Echinoderes zu den Ne- matoden bezüglich der Wimperung zu sehen. Bei den Gastrotrichen noch äußerlich in typischer Weise erhalten, ist sie bei den Echinoderes nur mehr auf das Exkretionssystem beschränkt und fehlt bei den Ne- matoden auch schon in diesem: Die Gastrotrichen sind den Räderthie- ren nicht einzureihen, sondern stellen eine ihnen gleichwerthige Abthei- lung im System dar, beide sind parallele Zweige eines Astes. Gastrotrichen und Echinoderes sind weiter von einander entfernt, als Gastrotrichen und Räderthiere. Die Gastrotrichen sind im System in jener Abtheilung, welche die Scolecida (Protonephridozoa) im Sinne Harscaer’s enthält, vor den Räderthieren zu behandeln. Die Echinoderes scheinen sich zu den Nematoden ähnlich zu verhalten, wie die Gastrotrichen zu den Rä- derthieren, keinesfalls aber sind Gastrotrichen und Echinoderes zu einer systematischen Einheit zu vereinigen. In folgender Diagnose mögen die Gastrotrichen gekennzeichnet werden. Gastrotricha: Ohne einziehbaren Radapparat am Vor- derende, mitzweiCilienbändernlängs derganzenBauch- Die Gastrotrichen. 379 fläche, mit zweigeknäuelten, jeeinen langenstabförmigen Flimmerlappen tragenden und getrennt in derMitte der Bauchfläche ausmündenden Wassergefäßkanälen, mit einfachem, zum Theilnochim Ektoderm befindlichen Ge- hirnganglion, einfachen Muskelzellen, paarigen Ovarien, muskulösem, andie Nematoden erinnernden Vorderdarme ohne Kieferapparat, mit geradem drüsenlosemMitteldarm, mit birnförmigem Enddarm, Reetum und dorsalem After; mitprimärer Leibeshöhle. Ob die Gastrotrichen mit den Räderthieren zu einer Klasse, ähn- lich wie es Mzı1schnikorr seiner Zeit versuchte, etwa als »Ciliaten« zu vereinigen sind, in welchen beide als selbständige Ordnungen zu er- scheinen hätten, oder ob sie eigene Klassen bilden, dürfte sich zu Gunsten der ersteren Ansicht entscheiden lassen, da, obwohl die Gastro- trichen durch ihre gleichzeitige Verwandtschaft mit den Nematoden und Echinoderen eine selbständigere Stellung beanspruchen, doch die oben dargelegten Gründe den engeren Anschluss beider ersteren Gruppen rechtfertigen. Wenn für diese Klasse der Name »Ciliati«, da er schon von LEvuckarT einst in einem anderen Sinne gebraucht worden ist, nicht annehmbar erscheinen sollte, könnte man diese Formen, weil sie die nächsten Abkömmlinge der Trochophora darstellen, unter dem Namen »Trochelminthes« zusammenfassen. Graz, im Juli 1889. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren sind nach einer Wınker’schen homogenen Immersion 4/44 gezeichnel. Tafel XI. Fig. 1. Gehirn von Chaetonotus maximus Ehrb. von der dorsalen Seite. 4400:14. Oc. IV. aT, vorderes Tastbüschel;. d, dorsale, in Fortsätze ausgezogene Zellen; G;, Ganglion für aT; Ga, Ganglion für die seitlichen Tasthaare; Gs, Ganglion an den Seiten des Ösophagus; Gy, Ganglion am Retractormuskel; IT, seitliches Tastbüschel ; Oe, Ösophagus; P, Punktsubstanz; R, Retractor des Vorderendes; Z, Ganglienzell- kern am Ende des Ösophagus. Fig. 2. Dasselbe von der Unterseite. 41400:4. Oc. IV. a6, spitz auslaufende Ganglienzellen; G; und G3 wie in Fig. 4; Gs, Ganglion für vCi; K, Kerne der Hypo- dermis; Mr, Mundrohr: N, Nervenfaser; Oe, Ösophagus; R, Retractor des Vorder- endes; R; und Rrr, dessen Aste; vCi, ventrales Tastbüschel. Fig. 3. Übersicht der Anatomie von der Bauchseite, 525 :1. D, Mitteldarm; < e re u en 3s0 ‘ Garl Zelinka, G, Gehirn; hM, hintere ventrale Muskeln; hS, hinterer seitlicher Muskel; Kl, Kleb- drüsen; Mr, Mundrohr; O0, Ei; 0Oe, Ösophagus; Ov, Ovarium; AR, Befrochen ‚des Yerierendes: R,, R>, ee Äste: Schm, Schwanzmuskel ; vM, vorderer ventraler Muskel; Wa, Wassergefäßsystem. Fig. 4. Hinterende von Lepidoderma squammatum Duj. von der a 4400:4. Ba, Basaltheil des Schwanzes; E, Endtheil desselben; ED, Enddarm; hM, hinterer ventraler Muskel; Kl,, Kl, die beiden Klebdrüsen; O, er Schwanzmuskel; y, Ganglienzelle (?). . Fig. 5—8. Vier Schnitte aus einer Querschnitisserie durch Chaetonotus maxi- mus Ehrb. Die Stacheln wurden Raummangels halber ausgelassen. 4000:4, Fig. 5. Schnitt durch das Gehirn in der Höhe des zweiten Ganglions. fm, ge- faltete Membran zwischen den seitlichen und oberen Muskeln des Ösophagus; G, Gehirn; G», großer Kern im seitlichen Ganglion; Hy, Hypodermis; L, Lumen des Ösophagus;; Me, äußere Grenzmembran des Ösophagus; 'Ob, oberer Theil der Muskulatur; S, seitliche Theile der Muskulatur; Wi, Wimpern der venfralen Flimmerbänder. er Fig. 6. Schnitt durch die hintere Gegend der Punktsubstanz. fm, gefaltete Membran zwischen den Muskelpartien; Hy, Hypodermis; L, Lumen des Ösopha- gus; Ob, obere Muskelpartie des Ösophagus; P, Punktsubstanz; Ra, Ast des Muskels R; S, seitliche Muskelpartie des Ösophagus; Wi, ventrales Flimmerband. Fig. 7. Schnitt durch den Mitteldarm in der Höhe des Wassergefäßes. GI, Glanz- körper; Hy, Hypodermis; Md, Mündungsröhren des Wassergefäßsystems; Wa; Wassergefäßsystem; Zk, Kern der Darmzelle. Fig. 8. Schnitt durch den Rumpf. D, Mitteldarm; Do, Dotterschüppchen ; Hy, Hypodermis; Ke, Kern; Kk, Kernkörperchen; O;, unreifes Ei; Os, reifes Ei; Wi, ventrales Flimmerband. a Fig. 9. Längsschnitt durch das Hinterende von Chaetonotus maximus. 600: 1 A, After; D, Mitteldarm; Ed, Enddarm; Kl, Klebdrüse; Kz, die kurzen Stacheln ; O, Ei; Re, Rectum; Sh, die hintersten langen Stacheln ; Sph, Sphincter. Fig. 410. Verdauungskanal von Lepidoderma squammatum Duj. 840:4. Bo, Mundborsten; D, Mitteldarm; fm, gefaltete Membran zwischen den Muskelpartien ; Gl, Glanzkörper; gZ, die letzten vorspringenden Zellen des Blasendarmes; Kl, Kleb- drüsen; L, Lumen des Ösophagus; Mr, gefaltetes Mundrohr; Oe, Ösophagus; Re, col- labirtes Rectum; Reu, reusenartige Krause; Sp}, vordere, Spa, hintere Speichel- drüse; Za, zahnähnliche Cuticularleisten. Br Fig. 414. Optischer Längsschnitt durch das Vorderende von Chaetonotus maxi- mus Ehrb. 800:4. Bo, Mundborsten; G, Gehirn; Mr, Mundrohr; Oe, Ösophagus; Sk, Stirnkappe. Fig. 12. Darstellung der Wasserströmung. Fig. 13. Eibildung bei Chaetonotus maximus. 600:4. D, Mitteldarm; O,, am weitesten ausgebildetes Ei mit fertigen Dotterschüppchen Do; Os, jüngeres Ei der anderen Seite mit Dotterschüppchen in Bildung (Do,); O3 und Oy,, unreife Eier; Oe, Ösophagus. Fig. 44. Hinterende von Lepidoderma squammatum von unten. 900:4. D,Mit- teldarm; Kl, Klebdrüsen; O}, O,, O3, O4, Eier; Ov, Ovarien; ap Reciues X,als Hoden beschriebenes Organ. a Fig. 15. Hinterende von Chaetonotus maximus von der Seite. 600: 1. D,Mittel- darm; Kl, Klebdrüsen; O, Ei; Ov, Ovar; Rm, Rückenhautmuskel. . Die Gastrotrichen. 381 ‚Fig. 16. Darmkanal von: Chaetonotus persetosus mihi, vom Rücken. 875:4. D;.Mitteldarm; Gl, Glanzkörper ; Oe, Ösophagus; Re, Rectum. : Tafel XI. Fig. 4. Lepidoderma squammatum Duj. von der Unterseite. 790:4. Bo, Mund- borsten ; E, Fußendtheil; Fb, Schuppen des Basaltheiles, welche Borsten vortäu- schen; Fl, Flimmerband; AhCi, hinteres seitliches Cilienbüschel; Ke, kegelartige Cuticularverdickung; Kr, Kerne des Flimmerbandes; Mr, Mundrohr; IT, seitliches Tastbüschel; Pl, Panzerplatten; Sch, ventrale Schuppen; Sch, hinterste ventrale Schuppen; Schz, vorletzte Schuppen. Fig. 2. Lepidoderma squammatum Duj. vom Rücken. 525:4. AT, hinteres, cT, vorderes, IT, seitliches Tastbüschel; t, Tasthaare des Rückens. ‚Fig. 3. Kopf von derselben Species, vom Rücken. 50:4. Bezeichnung wie in voriger Figur. Fe Fig. 4. Kopf von Chaetonotus maximus Ehrb., von oben. 4700:4. Sk, Stirn- kappe; sonst wie Fig. 2. Fig. 5.- Wassergefäßsystem von Chaetonotus maximus Ehrb. 4700:1. D, Mit- teldarm;; Fb, Flimmerband; Ft, Flimmerrohr; G, Gehirn; Md, Mündung des Exkre- tionssystems; O0, Ei; Oe, Ösophagus; R, Retractor; Schl, Wassergefäßschlinge; Wa, Wassergefäßsystem. . Fig. 6. Haut von Lepidoderma squammatum Duj. im optischen Querschnitt. Fig. 7. Rückenschuppen derselben Species. a, erste Kopfschuppe; db, zweite; c, Halsschuppe; d, Rumpfschuppe. Fig. 8. Hinterende dieser Species von unten. 800:4. Ba, Basaltheil,; E, End- theil des Fußes; Fb, und Fb), Schuppen, deren Rand Borsten vortäuschen kann; Fl, Flimmerband; Sch, ventrale Schuppen; Sch,, letzte, Sch», vorletzte Schuppen. Fig. 9. Dasselbe von der Rückenseite. 800:4. A, After; Ba, Basaltheil; E, End- theil des Fußes; Fb, Borsten vortäuschende Schuppen; t, Tasthaar. ' Fig. 40. Hinterende von Chaetonotus maximus Ehrb. vom Rücken. 800:4. A,After; Ba, Basaltheil; E, Endtheil des Fußes; Hd, hinterste Rückenborsten unter dem After; Se, Seitenstacheln; Se), die zwei letzten stärkeren Seitenstacheln, Sk, die kurzen Rückenstacheln um die Tasthaare t. Fig. 44. Normale Form der ventralen Schuppen von Lepidoderma sguammatum. Fig. 42. Stachel St von Chaetonotus maximus auf der Cuticula (Cu) aufsitzend. Fig. 43. Stachelartige Hauterhebung bei Philodina aculeata. 4200:4. Cu, Cuti- cula; Hy, Hypodermis; K, Kern; St, Stachel. Tafel XIII, Fig. 4. Chaetonotus maximus Ehrb. von der Unterseite. 840:4. Bo, Mund- borsten; dS, vorstehende dorsale Stacheln ; hCi, hinteres seitliches Cilienbüschel ; Ke, Kegel der Cuticula; Mr, Mundrohr; !T, seitliche Tasthaare; PI, Platten der Cuticula; Sa, vorstehender dorsaler Stachel des Basaltheiles; Sch, Schuppen; Sch, hinterste Schuppen; Se, Seitenstacheln‘; vd, Verbindungsband der Flimmer- streifen ; vCi, vorderes Cilienbüschel ; v8, ventrale Stacheln des Basaltheiles. Fig. 2. Ei dieser Species. 4300:4. Fig. 3. Der Embryo dieses Eies in gleicher Lage. Bo, Mundborsten; D, Mittel- darm; E, Endtheil des Gabelschwanzes; G, Gehirn; Gl, Glanzkörper (?); Me, Ei- membran ; Mr, Mundrohr; Oe, Ösophagus. 382 Carl Zelinka, Fig. 4. Chaetonotus maximus Ehrb. vom Rücken. 525:4. ds, letzte Rücken- stacheln; AT, hintere, vT, vordere, IT, seitliche Tasthaare ; Sa, dorsaler Stachel des Basaltheiles; Se, Seitenstachel; Se,, letzte Seitenstacheln; Sk, Stirnkappe; t, Tast- haare. Fig. 5. Chaetonotus similis n. sp. 525:4. Bezeichnung wie in Fig. 4. Fig. 6. Eben aus dem Ei geschlüpfter Chaetonotus maximus Ehrb. 800:4. Fig. 7. Kopfstachel, von oben. Fig. 8. Rumpfstachel, von oben. Fig. 9. Rumpfstachel, von der Seite. Alle drei von Chaetonotus maximus. Alle drei Figuren 2400:4. Fig. 40. Rumpfstachel von Chaetonotus similis n. sp., von der Seite. 2400: 4. Fig. 44. Junger Chaetonotus maximus Ehrb. von der Seite. 700:4,. €;, ventra- les Cilienband; D, Mitteldarm; F4, oberes, F3, unteres Seitenfeld; G, Gehirn; Mr, Mundrohr; Oe, Ösophagus; Sa, dorsaler Stachel des Basaltheiles; Sk, Stirn- kappe; it, Tasthaare. En Fig. 12. Die Organe des eben dem Ei entschlüpften Embryo von Chaetonotus maximus Ehrb. 800:4. D, Mitteldarm; 'G, Gehirn; Kl, Klebdrüsen; Mu, Mund; 0, Ei; Oe, Ösophagns ; Wa, Wassergefäßsystem. Tafel XIV. Fig. 1. Chaetonotus persetosus mihi, vom Rücken. 525:1. t, Tasthaare des Rückens; Se,, Seitenstachel; Se,, letzte Seitenstachel. up Fig. 2. Chaetonotus persetosus, von der Seite. 525:4. st, Stirnkappe; t, Tast- haare. r Fig. 3. Kopf von Chaetonotus persetosus von der Unterseite. fl, Flimmerbän- der; I, erstes; II, zweites Flimmerbüschel; s, seitliche Tasthaare; S, Seiten- stacheln. Fig. 4. Langer Rückenstachel von Chaetonotus persetosus sammt Schuppe. X, Nebenspitze. Fig. 5. Hinterende von Chaetonotns persetosus von unten. /, Flimmerbänder; S, Seitenstacheln; $7, Sız, die zwei letzten großen Seitenstacheln ; y, die zwei letz- ten schmalen Schuppen des ventralen Zwischenraumes; x, die zwei vorletzten ova- len Schuppen desselben; z, die sechseckigen Schuppen. Fig. 6. Hinterende von Chaetonotus persetosus von oben. B, Basaltheil des Gabelschwanzes; E, Endtheil des Gabelschwanzes; L, Schuppen von schmaler Form; Ms, letzter medianer Rückenstachel; t, hinterste Tasthaare auf den Schup- pen aufsitzend; S7z, letzter Rückenstachel. Fig. 7. Chaetonotus macrochaetus mihi, vom Rücken. 535:4. t, Tasthaare; Se, Seitenstacheln;; Sea, letzte Seitenstacheln. Fig. 8. Derselbe, von der Seite. Fig. 9. Langer Rückenstachel mit Schuppe von Chaetonotus macrochaetus. S, Stachel; ns, Nebenspitze; P, Schuppe. Fig. 40. Stellung der Schuppen am Rücken des Hinterendes von Chaetonotus macrochaetus. v, vorn; h, hinten. Fig. 40a. Schuppe, welche das hinterste Tasthaar trägt. Th, das Tasthaar; W, die Schutzwand. Fig. 44. Chaetonotus brevispinosus mihi, 525:4; vom Rücken. t£, Tasthaare; - Die Gastrotrichen. 383 x, grüne Körper (Algen ?); y, augenähnliche Organe; Se,, Seitenstacheln; Sea, letzte Seitenstacheln. Fig. 12. Stachel (S) dieses Chaetonotus mit Schuppe (P). Fig. 13. Ventrale Ansicht des Hinterendes von eben demselben. Fl, Flimmer- bänder; Sh, hinterste Stacheln des Zwischenraumes; Se,, Seitenstacheln ;. Se, die letzten zwei Seitenstacheln ; vP, Schuppen des Zwischenraumes.. Fig. 44. Ventrale Ansicht des Vorderendes, von demselben. B, Borstenkranz ; Mr, Mundröhre; 0, Querlinie. Fig. 45. Ichthydium podura O. F. Müller, vom Rücken. 525:1. aT, vorderes Tastbüschel; AT und {, Tasthaare. Fig. 46. Dasselbe von der Unterseite. Ba, Basaltheil des Gabelschwanzes; Ci, vorderes ventrales Cilienbüschel; Ci, hinteres ventrales Cilienbüschel des ne E, Endtbeil des Schwanzes; fa, Falten der Haut, fl, Flimmerbänder; It, seitliches Tastbüschel des Kopfes; Mu, Mund. Fig. 17. Chaetonotus hystrix Metschnikoff, 525:1; vom Rücken. aT, vorde- res Tasthaar; AT, hinteres, It, seitliches Tastbüschel des Kopfes; i, Tasthaare; Se;, Seitenstacheln: Sea, hinterste Seitenstacheln. Fig. 48. Zwei Rückenstacheln aus einer Längsreihe des Hinterleibes von der- selben Species in ihrer Stellung zu einander. S, Hauptstachel; ns, Nebenstachel, P, dreiflügelige Schuppe. Fig. 49. Das hintere Tasthaar (£) derselben Species mit der Schuppe (P), und den Schutzwänden (W). Fig. 20. Dieselbe Species von unten. Ci, Cia, vorderes, hinteres Gilienbüschel des Kopfes; Fl, Flimmerbänder; hS, hinterste ventrale Stacheln des Zwischen- raumes; Mu, Mund; Se, Seitenstachel ; Sea, der letzte Seitenstachel; vP, ventrale Schuppen. Tafel XV. Alle Figuren bis auf Fig. 6 in 525facher Vergrößerung. 2 Fig. 4. Chaetonotus Schultzei Metschn., Fig. Aa, Rückenstachel, nach Gosse und BÜTSCHL1. Fig. 2. Chaetonotus spinulosus Stokes, nach STORES. Fig. 3. Chaetonotus longispinosus Stokes, nach STOKES. Fig. 4. Lepidoderma rhomboides Stokes, nach Stokzs. a, Kopf von der Unter- seite; 5, Schwanz; c, Rückenschuppen; d, Totallänge. Fig. 5. Rückenstachel von Chaetonotus larus O. F. Müller, nach Lupwic. Die Linie links giebt die Totallänge des Thieres an. Fig. 6. Chaetonotus Bogdanovii, in seitlicher Ansicht, in willkürlicher Ver- srößerung nach ScHIMKEWITSCH. Fig. 7. Gossea antenniger, nach Goss£. Fig. 8. Dasydytes goniathrix, nach Gosst. Fig. 9. Chaetonotus tabulatus, nach ScHmArDA. Fig. 40. Chaetonotus jamaicensis, nach SCHMARDA. Fig. 14. Chaetonotus acanthophorus, nach STOkES. Fig. 42. Eischalenstück von Chaetonotus spinulosus, nach STOkES. Fig. 43. Eischalenstück von Lepidoderma squammatum, nach STOkES. Fig. 44. a, Hinterende von Chaetonotus acanthodes, nach Stokzs; db, Total- Fig. 45. Chaetonotus Slackiae, nach Gosse. 384 Carl Zelinka, Die Gastrotrichen. Fig. 46. Chaetonötus enormis, nach STOKES. Fig. 17. a, Hinterende von Ichthydium sulcatum; 5, Totallänge, nach Sroxes. Fig. 418. a, Hinterende von Lepidoderma concinnum; db, Totallänge nach STOKES. ; Fig. 19. Lepidoderma ocellatum Metschnikoff, nach Lupwie. Fig. 20. Dasydytes saltitans, nach STOkESs. Fig. 24. Dasydytes longisetosum, nach METSCHNIKOFF. Fig. 22. Chaetura capricornia, nach METSCHNIKOFF. Fig. 23. Chaetonotus spinifer Stokes. a, Rückenstacheln; db, Hinterende von unten; c, d, Eischalenstücke; e, Totallänge. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. Von Dr. Johannes Thiele. Mit Tafel XVI und XVII. Durch die große Ähnlichkeit, welche das Epithel der abdominalen Sinnesorgane der Lamellibranchier mit dem der Seitenorgane von Capi- telliden zeigt, wurde mir die Frage nahe gelegt, ob diese Sinnesorgane in beiden Thiergruppen homoleg und von gemeinsamen Voreltern er- erbt, oder ob sie zweimal gesondert entstanden sind. Die vergleichende Anatomie hat mir indessen keinen sicheren Anhaltspunkt dafür geboten, so dass ich auf eine bestimmte Beantwortung dieser Frage verzichten muss. Ich wurde aber bei dem Streben, dieses Problem zu: lösen, zu der weiteren Frage geführt‘: sind: überhaupt bei Lamellibranchiern und bei anderen Mollusken Homologa der Anneliden-Seitenorgane vorhan- den‘? — und hiermit war nothwendig die Frage nach der Homologie der Bestandtheile des centralen Nervensystems verbunden. Da meine Re- sultate von den: bisherigen Anschauungen in manchen Punkten ab- weichen, so sollen: dieselben hier mitgetheilt werden. Unter den Forschern, welche in den letzten Jahrzehnten das Ner- vensystem: der Mollusken bearbeitet haben, hat sich einer bereits auf den Boden gestellt, welchen auch ich für den: einzig richtigen halte, um: Verwandtschaftsbeziehungen zu erörtern, nämlich auf den der Phy- logenie. Wenn dieser Forscher, Hermann von luzrıng !, dabei zu falschen Resultaten gekommen: ist — dazu rechne ich: vor Allem: die Theorie eines diphyletischen Ursprunges der Mollusken: —, so kann das selbst- verständlich nicht dem Prineip zur Last gelegt: werden, und SPENGEL?, 1 Vergl. Anatomie des Nervensystems und Phylogenie. der Iollusken. Leipzig 1877. : 2 Die Geruchsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Diese Zeitschr. Bd. XXXV. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 95 386 Johannes Thiele, welcher später aus der Homologie eines Sinnesorgans Schlüsse auf die Homologien des Nervensystems gezogen, dabei aber eine beliebige Gruppe, von der er selbst nicht überzeugt war, dass sie primitivere Ver- hältnisse darstellt als die anderen, zum Ausgang gewählt hat, ist gerade dadurch zu manchen Ergebnissen gekommen, die ich nicht als richtig anerkennen kann. Alle Forscher stimmen darin überein, dass die Verhältnisse des Nervensystems der Amphineuren die primitivsten sind, die wir bei Mollusken kennen, darum glaube ich wird es unsere Aufgabe sein müssen, von dem Nervensystem dieser Thiere das der übrigen Mollus- ken abzuleiten, und das soll nunmehr versucht werden. Mit B£ra Harzer! nehme ich an, dass von einer gemeinsamen Stammform aus sich Proneomenia und Chiton nach verschiedenen Rich- tungen entwickelt haben, daher wird man beide vergleichen müssen, um die primitiven Verhältnisse zu rekonstruiren. Im Nervensystem ist nach B£ra Harzer die »gleichmäßige Vertheilung« der Ganglienzellen ohne Knotenbildung bei Chiton als ursprünglicher Zustand anzusehen,- andererseits die Verbindung von Bauch- und Seitensträngen durch ein starkes Nervengeflecht, welches Proneomenia besitzt. Das Nervensystem verschiedener Chitonen ist von H. von IHERING und B£r4 Harzer untersucht worden; da ich indessen einen kleinen Chiton rubicundus in Querschnitte zerlegt und beim Studium derselben einige interessante Abweichungen gefunden habe, so habe ich mehrere der Schnitte durch den Schlundring abgebildet (Fig. 1) und will hier meine Befunde mittheilen. Der obere Schlundring zeigt in der Mitte ein Paar deutliche An- schwellungen (Fig. 1a), welche gleich den Cerebralganglien von Pro- neomenia unmittelbar an einander und an der Medianebene des Thieres gelegen sind; von ihnen gehen reichliche Nerven nach vorn zum Mantel und nach unten zum Kopflappen und zur Mundöffnung. Ich trage kein Bedenken, diese Knoten, von denen Birı Harzer nichts sagt, und welche daher bei dem erwachsenen Chiton sieulus nicht zu erkennen sein mögen, als die Gerebralganglien des Chiton rubiecundus in Anspruch zu nehmen. Seitlich von ihnen liegt über dem Schlundring, mit diesem in unmittelbarem Zusammenhange; ein Paar Ganglienknoten. Diesegeben einen Nerv von ihrer Medianseite und einen von der Oberseite ab, welche beide den oberen Theil der Mundhöhle versorgen (B£ra HALLer’s »oberer Ösophagusnerv« und »Nerv des Munddaches«); dadurch geben diese Ganglien sich als vordere Eingeweideganglien, oder vielmehr als ! Die Organisation der Chitonen der Adria. I. Wiener Arbeiten. IV. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 387 ein Theil derselben zu erkennen. Sie entsenden nach hinten jederseits zwei weitere Nerven, von denen der obere bald in ein kleines Ganglion eintritt, welches dem Ösophagus seitlich unmittelbar anliegt und diesen versorgt, und dann eine Kommissur zu dem der anderen Seite abgiebt, Diese verläuft zwischen Ösophagus und Radulascheide, und in der Mitte derselben liegt wieder ein gangliöser Abschnitt, der die Radulascheide innervirt. Es besteht hier also das sonst einheitliche hufeisenförmige vordere Eingeweideganglion aus fünf getrennten Abschnitten, zwei paarigen und einem unpaaren, welche durch Connective unter einan- der zusammenhängen; bei Chiton siculus sind diese Theile als An- schwellungen kenntlich. Das erscheint mir darum interessant, weil es doch wohl darauf hinweist, dass dieses Ganglion sich aus verschiedenen ursprünglich getrennten Theilen aufbaut, von denen der vorderste von dem oberen Schlundring herzustammen scheint, und daraus erklärt sich auch die Innervation verschiedener Organe von diesem Centrum. Der untere Nerv, welcher von dem vorderen Abschnitte nach hinten geht, zieht unter dem Epithel des Mundes vorbei und verbindet sich mit der seitlichen Anschwellung des unteren Schlundringes. Der obere Schlundring giebt noch mehrere Nerven von seinem oberen Theil zum Mantel, vom unteren zum Rüssel ab und theilt sich neben dem Munde, ohne vorher eine wesentliche Anschwellung zu zeigen, in die dorsal und lateral gelegenen Seitenstränge und eine untere Hälfte. Diese theilt sich bald wiederum in die Pedalstränge und die unteren Schlundganglien, welche durch eine gangliöse Kommissur unter einander zusammenhängen. Von ihnen gehen die Connective zu den Ganglien des »Subradularorgans«, wie es Bera HaLzer nennt, welche etwas hinter dem unteren Schlundringe über dem Epithel vom ventra- len Blindsacke des Mundes gelegen sind, der dieses Sinnesorgan ent- hält. Der ventrale Theil des oberen Schlundringes innervirt also den Kopflappen und Rüssel, letzteren auch der untere Schlundring, der dorsale Theil desoberen, welcher sich in die Lateralstränge fortsetzt, den Mantel. Bald nach der Trennung der Bauch- und Seitenstränge gehen von jenen Nerven nach oben und seitwärts, von diesen nach unten und der Mitte, die sich also entgegenziehen. Dasselbe wiederholt sich in der Folge oftmals — ich habe 28mal gezählt — gewöhnlich den Pedalkom- missuren entsprechend. Ich habe diese Nerven namentlich am Hinter- ende des Thieres, wo dieselben sehr stark sind, mit Sicherheit von den Bauch- zu den Seitensträngen verfolgen können; es hängen also hier die Bauch- und Seitenstränge durch zahlreiche 25% 388 Johannes Thiele, Connective oder vielleicht durch ein Nervengeflecht unter ein- ander zusammen. | Die entsprechenden Nerven hat B£rı Harzer nicht beschrieben, daher dürften sie den von ihm untersuchten Chitonen fehlen, denn so- wohl die Nerven, die nach ihm von den Pedalsträngen zur lateralen Muskulatur gehen, als auch die von den Seitensträngen zu den Einge- weiden sind lange nicht so zahlreich, als die von mir bei Chiton rubi- cundus gefundenen Connective. Nur von einem dieser Nervenpaare giebt Bea Harzer an, dass dadurch Bauch- und Seitenstränge zusam- menhängen. Die Pedalstränge sind nach der Trennung vom Schlundringe sehwach, verstärken sich aber ansehnlich in der Gegend der ersten Kommissuren (Fig. I h). Weiterhin bleiben sie im Ganzen bis zu ihrer Endigung vor dem After gleich. stark, wo sie nicht nur durch mehrere ziemlich dicht bei einander gelegene Kommissuren unter einander zu- sammenhängen, sondern auch die letzten Connective zu den Seiten- strängen entsenden. Die Nerven im Fuße enthalten bald mehr bald weniger Ganglienzellen, welche stellenweise sogar. kleine Anschwel- lungen verursachen können. ‚Die hier beschriebenen Differenzen mit dem Nervensystem ande- rer Chitonen scheinen mir darum von hohem Interesse, weil in ihnen sich eine bedeutend größere Übereinstimmung mit dem Nervensystem von Proneomenia zu erkennen giebt, hauptsächlich durch das Vorhan- densein ähnlicher Cerebralganglien und durch die Verbindung zwi- schen Bauch- und Seitensträngen. Zum Theil mögen diese Verhältnisse darin ihre Erklärung finden, dass das untersuchte Thier ein junges ge- wesen ist — es war 7 mm lang —, ob indessen nicht auch der erwach- sene Chiton rubicundus Abweichungen von den anderen untersuchten Chitonen zeigt, müsste noch festgestellt werden. Ich glaube jedoch, dass die allgemeine Bedeutung in beiden Fällen ziemlich dieselbe ist; im ersteren würden wir es mit ontogenetischen Vorgängen zu thun haben und die Eigenthümlichkeiten wänen ererbte, die später verloren gehen, im anderen Falle würde das Nervensystem von Chiton rubieun- ‚ dus als das primitivere im Vergleich mit dem anderer Chitonen anzu- sehen sein. Stellen wir nun die gemeinsamen Theile des Nervensystems von Chiton und Proneomenia neben einander. Beide besitzen (Taf. XVII, Fig. 2—4): A) ein Paar Cerebralganglien, 2) ein Paar Bauchstränge (Husrecnr’s Pedalnerven), unter einander durch zahlreiche Kommis- suren verbunden — hei Proneomenia am vorderen und binteren Ende ein Paar Anschwellungen, 3) vorn von, den Cerebralganglien — bei Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 389 Chiton und Neomenia von den seitlichen Theilen des Schlundringes — ausgehend ein Paar Seitenstränge (Hupreenr’s Lateralnerven), bei Chi- ton und anderen Amphineuren hinten über dem Darm zusammen- hängend; endlich 4) ein Paar untere Schlundganglien. Über die Homologie dieser letzteren dürfte eine Bemerkung am Platze sein. Die sogenannten Sublingualganglien von Proneomenia liegen ihrem Namen nach unter der Radula und hängen mit den Cerebralgan- glien durch ein Paar Connective zusammen, so dass sie einem eigenen Schlundringe angehören; in dieser Beziehung scheinen sie mir eine viel größere Übereinstimmung mit den unteren Schlundganglien als mit den vorderen Eingeweideganglien von Chiton zu besitzen, denen sie Beta Harzer homologisirt, denn diese liegen bei allen Mollusken, die hier in Betracht kommen, über der Radula. Sicherlich entspricht der größere Schlundring von Proneomenia, von welchem die Bauchstränge abgehen, in den Innervirungsverhältnissen nicht dem von Chiton, daher scheint mir gegen die Homologie des letzteren mit dem kleineren Ringe von Proneomenia nicht viel einzuwenden zu sein, während die vor- deren Eingeweideganglien den Solenogastres fehlen würden. Für die aufgezählten Theile will ich versuchen, bei den anderen Mollusken, welche sich von der Urform direkt ableiten lassen, Homo- loga aufzufinden, vorher aber noch Einiges über Sinnesorgane der Am- phineuren mittheilen. Bekanntlich sind von Moserry! Augen und eigenthümliche Sinnes- organe, die als Tastwerkzeuge »organs of touch which may to some extent take the place of the tentacles which are absent in the Chito- nidae« — in Anspruch genommen werden, in der Schale gewisser Chitonen beschrieben worden. Dass diese Organe, die sogenannten Megalaesthetes und Micraesthetes, Tentakel ersetzen, halte ich für nicht wahrscheinlich, da sie doch unbeweglich in der Schale stecken, sie könnten eher als Hautsinnesorgane fungiren an Stelle der in der Dor- salfläche fehlenden Pinselzellen. Ich habe bei mehreren Arten die »Aesthetes« gesehen, kann aber Moszızy’s Beschreibung nichts Wesent- liches hinzufügen. Ich habe mich vergebens bemüht, Nerven zu finden, welche von den Sinnesorganen abgehen; zwischen den Muskelfasern kann man von ihnen nichts entdecken, doch ist es wahrscheinlich, dass diese Sinnesorgane mit den Seitensträngen zusammenhängen, weil diese dem Schalenrande zunächst liegen, an welchem die Aesthetes mit dem Weichkörper in Verbindung stehen. 1 On the presence of eyes in {he shells of certain Chitonidae. Quart. Journal. 4885. 390 Johannes Thiele, Der einzige Grund, welcher meiner Ansicht nach überhaupt dafür spricht, dass diese merkwürdigen Gebilde Sinnesorgane sind, ist ihre Verbindung mit Augen bei manchen Arten. MoseLry hat aus der An- gabe von Cosrı (Fauna di Napoli), dass Chiton rubicundus in der Schale dunkle Punkte habe, richtig geschlossen, dass diese Art mit dorsalen Augen ausgestattet ist — so weit mir bekannt ist die einzige der euro- päischen Fauna. Mosery hat aber Cosra’s Beschreibung von der Verbrei- tung der Augen missverstanden, denn diese finden sich nicht nur »on one of the intermediate shells«, sondern auf allen acht Schalenstücken, und zwar auf den seitlichen Dreiecken der mittleren und auf den gan- zen Endstücken (Fig. 4); Costa sagt: »gli spazi intercetti dalle soleature sono finamente punteggiati; e cosi pure sono le medesime elevazioni granulose di tutta la superficie.« | Die Augen dieser Art haben einen von dem Verhalten, wie es Moszızy beschrieben hat, sehr abweichenden Bau, wie ein Vergleich meiner Fig. 8 mit Moseıey’s Fig. 6 (Taf. VI) ergiebt. Der Pigmentbecher der früher beschriebenen Thiere ist groß und umhüllt die Linse, Retina und einen Theil des Verbindungsstranges. Bei Chiton rubieundus da- gegen sind die Pigmentbecher klein, und ich habe in ihrem Inneren Nichts von pereipirenden Elementen wahrnehmen können. Sie werden nach unten hin umgeben von einer zelligen Masse (g), welche vermuth- lich Ganglion und Retina darstellt, mit kleinen ovalen stark gefärbten Kernen; durch die untere Spitze des Pigmentbechers dürfte ein licht- empfindliches Element hindurchtreten, da ich hier gelegentlich eine Unterbrechung des Pigmentes wahrgenommen habe. Auch der licht- brechende Apparat von Chiton rubicundus ist ganz anders als bei den von Moszıgy beschriebenen Chitonen und es schließt sich viel näher als bei diesen an die gewöhnlichen » Aesthetes« an. Diese endigen mit einem eigenthümlichen knopfförmigen Körper (Fig. 7) von, wie es scheint, chitiniger Beschaffenheit, dessen Innenraum von einer hellen Masse erfüllt wird. Ein eben solches Gebilde sitzt auch über dem Pig- mentbecher; der einzige Unterschied besteht darin, dass der Endknopf sonst nach innen konkav, hier konvex ist und daher eine bikonvexe Linse bildet. Von dem Augenganglion geht ein plasmatischer Strang (n) mit rundlichen Kernen, welche größer und nicht so stark gefärbt sind wie die im Ganglion, durch das Tegmentum hindurch bis zu der Hypoder- mis; er muss also den Nerv ersetzen, wenn das Endorgan ein Auge darstellt. Die Form des Ganzen wird durch einen Blick auf Fig. 8 am besten erläutert. Wir haben hier also ein überaus einfaches Auge vor uns, das sich in seinem Bau sehr eng an die »Aesthetes« anschließt und mit großer Wahr- Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 391 seheinlichkeit aus diesen entstanden zu denken ist, wie es auch MoseEL£y von den Augen der anderen Chitonen annimmt. Ich will hier auch einer anderen Bildung bei Chiton rubieundus Erwähnung thun, welche vielleicht die Taster anderer Mollusken bis zu einem gewissen Grade ersetzen mag, nämlich langer beweglicher Borsten, welche auf der Oberseite des Körperrandes stehen, meist in der Drei- oder Vierzahl neben einander in einer Radiallinie (Fig. #). Sie sind etwas gekrümmt. Auf den Querschnitten des entkalkten Thieres sind sie eben so wie die Spicula des Randes aufgelöst, man nimmt aber eigenthümliche Gebilde wahr, welche.ohne Zweifel als die Träger die- ser Borsten in Anspruch zu nehmen sind (Fig. 11). Diese liegen zwar manchmal in etwas größerer Anzahl (fünf bis sechs) bei einander, da indessen die Borsten Sehr vergänglich sind, so sehe ich darin keinen Grund gegen eine solche Deutung; aus dieser Ursache werden sie auch wohl häufig, namentlich bei älteren Thieren, ganz fehlen. In der Guti- eularschicht, welche die Spicula einschließt, liegen becherförmige Chi- tinkörper eingebettet, und deren äußerer Theil bildet eine Gelenkpfanne für den Knopf eines anderen Chitinkörpers, der mit seinem weinglas- formigen Ende wahrscheinlich die Wurzel der kalkigen Borste umgab. Das Material, aus welchem diese Gebilde bestehen, unterscheidet sich durch seine gelbliche Farbe und seinen starken Glanz sehr wesentlich von der Cuticularsubstanz, daher bezeichne ich es als Chitin — es hat darin Ähnlichkeit mit der Epieuticula der Molluskenschalen. Der Fuß des inneren Bechers ist hohl und enthält einen faserigen Strang, der nach innen bis zur Hypodermis zu verfolgen ist, deren Zellen sich hier zu einer Art Papille gruppirt haben, während er außen sich an die Gelenkpfanne ansetzt, wo er vermuthlich eine Drehung des äußeren Bechers mit der Borste zu bewirken vermag. Der ganze Ap- parat wird in Blindsäcken gebildet, welche unter der Hypodermis sich an die Gruppen dieser Borsten anschließen und weit ins Innere des Mantelrandes erstrecken; die auskleidenden Zellen entstammen der Hypodermis. Manchmal liegen Chitinbälge im Grunde dieser Blindsäcke, woraus die Funktion der letzteren sich unzweideutig ergiebt. Später müssen die Borsten vorgeschoben werden, bis die Bälge in die Cuticula zu liegen kommen. In Betreff der Homologien der » Aesthetes« mit anderen Gebilden meint Moseıey, dass sie »not homologous with the spine-bearing funicles at all which are of more ancient origin, occurring in Proneomenia« sind, auch nicht »homologous with the spines of the girdle or rather with the funicles by which these spines are supported«. Es wäre aber doch nicht unmöglich, dass die von Husrecnt beschriebenen Fortsätze der 392 Johannes Thiele, En Hypodermis von Proneomenia Tastborsten tragen, also auch als Sin- nesorgane anzusehen wären. Ich bin wenigstens zu dieser Ansicht ge- kommen durch einen Vergleich mit den Verhältnissen, die ich bei einem anderen Proneomenia-ähnlichen Thiere gefunden habe. Hier sind ganz ähnliche Hypodermisfortsätze vorhanden, welche, senkrecht zur Oberfläche gerichtet, die sehr starke mit vielen Spiceula erfüllte Gutieu- larschicht durchziehen, aber, so viel ich gesehen habe, nie eine Borste tragen, sondern mit einer Anschwellung dicht unter der Oberfläche enden. Man sieht hier in der Cuticularschicht einen Hohlraum, aber nicht eine Durchbohrung nach außen. Der untere schmale Theil der keulenförmigen Fortsätze ist faserig, der obere verdickte enthält Hohl- räume, wie ich sie ähnlich auch bei Chitonen in den » Aesthetes« sehe. Von der Wurzel dieser Organe habe ich manchmal eine Faser abtreten gesehen, welche schräg die Ringmuskulatur durchsetzte, und welche vielleicht einen Nerv darstellte. Ich möchte diese Bildungen als Tastkörper ansehen, welche ähn- lich denen in der Haut höherer Thiere nicht mit der Oberfläche direkt in Verbindung stehen, wie die Pinselzellen, sondern von einer elasti- schen Schicht bedeckt sind, welche einen Druck, der auf sie ausgeübt wird, den in ihr steckenden Sinnesorganen mittheilt. Diese haben hier keine eigenen Endorgane, wie sie bei Proneomenia Sluiteri die Borsten darstellen mögen, und ich nehme an, dass die » Aesthetes« der Ghitonen aus solchen Hypodermisfortsätzen entstanden sind, indem sich die beschriebenen Endkörper aus der Cuticularsubstanz des Tegmentum differenzirt haben. All’ diese Sinnesorgane sind zwar keine eigentlichen Seitenorgane, ich habe sie aber hier erwähnt, da sie zum großen Theil von den Sei- tensträngen aus innervirt werden. Später werden eigentliche Seiten- organe von Chiton zu erwähnen sein, welche allerdings keine Sinnes- organe mehr sind. Die Ansicht, welche von H. von Iuzrıng, SPEnsEL und BürschLi! aus- gesprochen ist, dass die symmetrischen Lamellibranchier dem Urmollusk nahe stehen, ist wohl unzweifelhaft richtig. Unter ihnen werden wir als die primitivsten Formen bezeichnen die 'Genera Arca und Melea- grina. Schon H. von Inerıne hat diese unter den ältesten Muschelge- schlechtern aufgeführt, und Neumayr ? hat dann auf Grund der verglei- ! Bemerkungen über die wahrscheinl. Herleitung der Asymmetrie der Gastro- poden, spec. der Asymmetrie im Nervensystem der Prosobranchiaten. Morphol. Jahrbuch. XI. ? Zur Morphologie des Bivalvenschlosses. Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wissenschaften. 4883. Bd. LXXXVIL. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 393 chenden Betrachtung des Schlosses vor allen anderen Arca als die ursprünglichste der lebenden Bivalven bezeichnet. Ich selbst bin nach meinen Untersuchungen an diesem Genus in der Lage, Nrumayr’s An- schauung bestätigen zu können. Das Nervensystem von Arca Noae (Taf. XVIl, Fig. 5) besteht aus 1) einem Paar Cerebralganglien neben dem Schlunde, durch eine lange obere Schlundkommissur verbunden; von ihren Homologien soll spä- ter gesprochen werden; 2) zwei Paaren von ventralen Ganglien, die mit den CGerebralganglien durch zwei Paar Connective in Verbindung stehen; 3) einer Reihe am Mantelrande gelegener und unter einander zusammenhängender kleiner Ganglien mit einem System von Sinnes- organen. Die letzteren will ich hier nicht beschreiben, da sie in letzter Zeit mehrfach genau untersucht und beschrieben worden sind. Dieser Mantelring steht durch mehrere Nerven mit den Cerebral- und den hinteren ventralen Ganglien in Verbindung und ist hinten entsprechend der Vereinigung beider Mantellappen über dem Darme gelegen. Von Duvernoy! ist bei Monomyariern und bei Pinna ein gangliöser Mantelrandnerv beschrieben; das Verhalten bei Arca ist ganz ähnlich, da der Mantelrand durchweg mit Sinnesorganen besetzt ist, die unter einander durch ein Nervengeflecht zusammenhängen. Bei Siphoniaten ist der Ringnerv rückgebildet und aus ihm dürften die Siphonalganglien hervorgegangen sein. Zuerst will ich die Frage erörtern, ob dieser Mantelring in die ver- gleichende Betrachtung hineinzuziehen ist. Wenn schon die wohlaus- gebildeten Sinnesorgane bei Arca darauf hinweisen, dass wir es nicht mit sekundär erworbenen Gebilden zu thun haben, so wird es vielleicht noch mehr zur Klärung dienen, wenn ich einige Worte über die phylo- genetische Entstehung des »Mantels« der Acephalen beifüge. Nach meiner Ansicht, welche ich hier nicht in extenso erörtern kann, stam- men die Mollusken von flachgedrückten breiten Thieren ab, nämlich von den cotyleen Polycladen. Auf eine verwandtschaftliche Beziehung beider Thiergruppen ist bereits von verschiedenen Forschern hinge- wiesen worden, so betont Husrecat die Ähnlichkeit im Bau der Nerven von Plathelminthen und Proneomenia und betrachtet die zahlreichen Kommissuren dieses Thieres als einen Rest des Nervengeflechtes der Polyceladen, worin ich ihm durchaus beistimme. Die Seitentheile des Körpers, deren Ränder nach Arn. Lang? mit zwei Systemen von Sinnesorganen besetzt waren, mit augenartigen Gebilden und mit Tastwerkzeugen, sind die Anfänge gewesen für die 1 Memoires sur le systeme nerveux des Mollusques ac&phales. 4853. 2 Monographie der Polycladen. En 2 394 Johannes Thiele, Bildung des Mantels der Acephalen. Auch hier finden wir bei den älte- sten Geschlechtern Augen und Tastwerkzeuge. Bei Anonymus virilis ist ein Ringnerv vorhanden, welcher genau wie bei Acephalen die Sinnesorgane unter einander verbindet. Erst später — desshalb später, weil bei Polyeladen noch nicht vor- handen — hat sich eine dorsale Schale ausgebildet. Das konnte nun ent- weder dadurch geschehen, dass die dorsale Fläche jener seitlichen Körper- theile die Schalenbildung übernahm, so bei Lamellibranchiern, oder auch dadurch, dass sich eine besondere Hautfalte darüber ausbreitete, wel- che die Schale erzeugte. Daraus folgt dann, dass ein Zusammenhang dieser sekretorischen Mantelfalte mit jener sensoriellen Falte, welche dem Kör- perrande der Polycladen entspricht, ein zufälliges oder vielmehr, wie ich glaube, durch die so bedeutende Ausdehnung der Schale bei Lamellibran- chiern bedingtes Verhalten ist, welches bei anderen Mollusken sich nicht wiederzufinden braucht und sich in der That nicht findet. Bei Arcatragen ‘ nach Pırten ! die Mantelränder eine dorsale »shell fold«, eine mittlere »ophthalmie fold« und eine ventrale »velar fold« (vgl. Parren’s Fig. 56); von ihnen mag die erstere eine Andeutung der sekretorischen, die zweite eine solche der sensoriellen Falte sein, während die letzte ver- muthlich Neubildung ist. Selbstverständlich will ich nicht behaupten, dass die Schalen der Lamellibranchier und Gastropoden überhaupt nicht homolog sind, sondern vielmehr, dass die in der Mitte des Rückens befindliche erste Anlage erst bei ihrer Vergrößerung das eine Mal auf die schon vorhandenen Seitentheile, das andere Mal auf eine neugebil- dete Falte überging, oder dass bei den Muscheln die beiden Falten von einer gemeinsamen Hautduplikatur getragen werden, bei Gastropoden dem Körper unmittelbar ansitzen. Bringen wir den Ringnerv und die dazugehörenden Sinnesorgane von Anonymus in Zusammenhang mit dem Mantelrandnerv der Ace- phalen, so müssen wir letzteren ohne Zweifel mit in die vergleichende Betrachtunghineinziehen, was von SpEnGEL nicht geschehen ist; Bürscarı hat ihn berücksichtigt, aber doch die Verhältnisse noch nicht klarge- legt. Dieser Forscher sagt: »Bei den Lamellibranchiern mag die Sonde- rung des ursprünglichen Kiemeneingeweidestranges in einen dem Mantelrand folgenden Mantelnerv und eine Visceralkommissur noch nicht ganz völlig zu Stande gekommen sein, so dass beide Nervenstränge am Hinterende noch im Zusammenhange blieben. Auf diese Weise würde es sich erklären, dass bei den Muscheln der Mantelnerv hinten mit dem Visceralganglion in Verbindung steht, respektive wie dies ge- 1 Eyes of Molluses and Arthropods. Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd: 1, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 395 wöhnlich geschildert wird, die hintere Halfte des Mantelringnerven aus dem Visceralganglion entspringt.« Der Ringnerv entspringt aber nicht aus dem »Visceralganglion«, sondern nur die Nerven, welche ihn mit diesem in Verbindung setzen. Nach der Lage ist es nicht zweifelhaft, dass diesem Ringnerv die Seitenstränge der Amphineuren entsprechen; namentlich bei Chiton umsäumen sie den flachen Körper mit Ausschluss der seitlichen Verbrei- terung, welche als sekundäre Bildung anzusehen ist — ganz ähnlich wie bei Arca, wenn man sich die Mantellappen seitlich ausgebreitet denkt. Es stimmt vor Allem bei beiden die dorsale hintere Ver- einigung beider Hälften überein. Wenn wir ferner eine Thatsacheberücksichtigen, welche KowaLevskıl in der Entwicklungsgeschichte von Chiton anführt, dass die Larve mit einem Paar Augen versehen ist, welche den Seitensträngen anliegen: »ces yeux sont places sous la peau et sur le nerf branchial« (Fig. 9), so wird die Übereinstimmung zwischen den Seitensträngen und dem Mantelrandnerv immer größer, wenn wir damit die andere Thatsache zusammenhalten, dass bei einer jungen Arca Noae von mir zwei große Pigmentbecher vorn am Mantelrande beobachtet sind ? (Fig. 10). Die Augen der Chitonlarven bilden sich, wie es scheint, beim er- wachsenen Thiere zurück. Unter den Seitensträngen zeigt bei dem untersuchten Chiton rubieundus das Epithel vor den Kiemen eine größere Höhe als das der Umgebung und scheint ein Sinnesepithel zu sein. Sprechen also die angeführten Gründe: Verbindung mit Augen und anderen Sinnesorganen sowie die Lage zum Darm entschieden für eine Homologie der Chiton-Seitenstränge und des Mantelrandnerven der Arca, so setzt auch die Art der Verbindung mit dem übrigen Ner- vensystem der Homologisirung kein Hindernis entgegen. Für diese Ver- hältnisse ist ein Vergleich mit Proneomenia oder Chiton rubicundus ge- boten, weil hier die ursprüngliche Verbindungsweise am besten erhalten ist, wieoben gezeigt wurde. Die Seitenstränge stehen mit den Bauchsträn- gen durch zahlreiche Connective in Zusammenhang. Stellen wir uns nun vor, dass die gangliösen Bestandtheile der Bauchstränge sich aus den mitt- leren Theilen nach beiden Enden hinziehen, was bei Proneomenia bereits durch die vorderen und hinteren Verdickungen angedeutet ist, so werden i Embrog£nie du Chiton Polii. Annales du Musee d’Histoire Naturelle de Mar- seille. Tome 1. | 2 Nach A. Lane sind auch bei Polycladen zuerst zwei Augen vorhanden, durch deren Theilung dann die übrigen entstehen sollen. 396 Johannes Thiele, auch die Connective und Kommissuren nach den Enden hin verscho- ben werden müssen, so weit sie sich nicht rückbildeten. Dadurch ver- stärkt sich nicht nur die Kommissur zwischen den hinteren Bauchgan- glien, sondern es wird auch die Verbindung zwischen Bauch- und Seitensträngen nach dem Vorder- und Hinterende der ersteren verlegt werden: nach den Cerebralganglien, respektive den Seitentheilen des Schlundringes, und den hinteren Bauchganglien. Genau so liegen die Verhältnisse bei Arca. Die Nerven zum Mantelrande entspringen aus den Cerebral- und den »Visceralganglien« Spenser’s. Die peripherische Verzweigung dieser Nerven ist dann ein Rest des Geflechtes zwischen Bauch- und Seitensträngen. Wenn bei Proneomenia die Bauchstränge von den unteren Anschwellungen des Schlundringes ausgehen, bei Arca dagegen von den Cerebralganglien, so erklärt sich der Unterschied dadurch, dass die Connective zwischen Cerebral- und hinteren Bauch- ganglien sich bei der fortschreitenden Lokalisirung der Ganglienzellen von den vorderen Bauchganglien getrennt haben. Nunmehr ist also die weitere Homologie gegeben: die Bauchstränge der Amphineuren entsprechen der »Visceralkommissur« mit dem hin- teren Ganglienpaar der Muscheln in ihrer Lage und in ihren Beziehun- gen zu den Seitensträngen. Auf eine Würdigung der Beweisführung Speneer’s wird später ein- gegangen werden. Hier sei nur bemerkt, dass die Visceralkommissur der Prosobranchier nicht dem entspricht, was SpenGeL bei Lamellibran- chiern als Visceralkommissur bezeichnet hat, daher möchte ich für jene Ganglien, welche bei diesen Thieren unter dem hinteren Schalen- schließer liegen, die bereits gebrauchte möglichst indifferente Bezeich- nung »hintere Bauchganglien « vorschlagen. Wenn also der Mantelrandnerv und die hinteren Bauchganglien der Muscheln ihre Homologa gefunden haben in den Seiten- und Bauch- strängen der Amphineuren, so bleibt noch die Frage nach einem Äqui- valent der »Pedalganglien« zu beantworten. An der entsprechenden Stelle liegt bei Proneomenia ein gangliöser Schlundring. Wenn auch ein Unterschied darin begründet ist, dass mit dieser unteren Schlund- kommissur die Bauchstränge zusammenhängen, während die Pedal- ganglien der Muscheln nur mit den Cerebralganglien in Verbindung stehen, so glaube ich doch hierin keinen Grund gegen eine Homologie beider Gebilde sehen zu dürfen, wie oben ausgeführt wurde. Die Bauchstränge von Proneomenia bilden mit dem unteren Schlundringe ein zusammengehöriges Ganze, die vorderen ventralen Ganglien gehören zu beiden, und so gehören auch die beiden Ringe um den Verdauungstract bei Arca zusammen, ünd ihre Summe ist den Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 397 Pedalganglien anderer Mollusken homolog, da auch diese aus den Bauchsträngen der Amphineuren hervorgegangen sind. Es ist zuerst die Verbindung mit den Seitensträngen, die für eine Homologie der hinteren Bauchganglien von Arca mit dem hinteren Theile der Bauchstränge spricht, und wenn dieser Grund meiner An- sicht nach das größte Gewicht besitzt, so werden wir bei Berücksichti- gung der Innervirungsverhältnisse nur desto mehr die Richtigkeit einer solchen Auffassung erkennen. Die Bauchstränge von Proneomenia und von Chiton versorgen die Muskeln der ventralen Körperseite und des Fußes; dieselben sind bei den Amphineuren in der Länge des Thieres ziemlich gleichmäßig vom Vorder- bis zum Hinterende vertheilt, und dem entsprechend bilden ihre Innervirungscentren gangliöse Stränge ohne wesentliche Knotenbildung. Bei Arca sind diese Verhältnisse bedeutend verändert. Die Muskulatur des ventralen Hautmuskel- schlauches, welche zur Lokomotion dient, ist nur im vorderen Theile stark entwickelt, in der hinteren Hälfte rückgebildet. Das System der Quermuskeln zerfällt: in mehrere Abschnitte, welche durch ziemlich bedeutende Zwischenräume getrennt sind; der hinterste Theil ist am mächtigsten entwickelt, er besteht aus den dorsoventralen Retractores. pedis: posteriores und dem horizontalen Adductor posterior; beide sind bei anderen Mollusken schwach entwickelt, meist wahrscheinlich ganz verschwunden. Diese Muskeln werden innervirt von den hinteren Bauchganglien; die vorderen Retractores pedis, sowie die lokomoto- rische Muskulatur von. den vorderen Bauchganglien, während der dor- sale Adductor anterior sein Innervirungscentrum in den Cerebralgan- glien hat. Für die vorderen Eingeweideganglien und den kleinen Schlundring habe ich bei:Arca kein Homologon gefunden, doch scheint bei Meleagrina ein Rest erhalten zu sein in dem von Mayaux! beschriebenen »Bucealgan- glion«. Auch für den Schlundring von Chiton scheint ein Homologon hier vorhanden zu sein. Ich will Mayaux’ Beschreibung hier beifügen. » Chez l’huitre perliere j’ai observe& tres-distinetement un filet nerveux naissant du cerveau entre les commissures cerebroide et cerebro-pedi- euse et qui ne tarde pas A se bifurquer en deux rameaux, l’un anterieur aboutissant bientöt A une masse ganglionnaire allong&ee, mal limitee, mais assez volumineuse, d’oü partent des nerfs nombreux qui se distri- buent aux parois de l’oesophage et ä la masse musculaire du pharynx. — Ce ganglion m£rite tout-A-fait le nom de ganglion buccal. — Le second 1 Sur l’existence d’un rudiment cephalique, d’un systeme nerveux stomato- gastrique et quelques autres particularit&es morphologiques de la Pintadine (Melea- grina margaritifera). Bull. de la Soc. Philomat. de Paris. Tome X. 398 Johannes Thiele, rameau de la bifurcation se dirige transversalement et un peu en arriere, jusqu’ä ce qu'il rencontre la branche similaire du cöte oppose&,ä laquelle il s'tunit. Il se forme alors une sorte de commissure jugulaire analogue a celle que M. Lacaze-Duruiers a decrit chez l’Haliotide.« Die bisher angestellten Betrachtungen ergaben folgende Resultate: der Hauptschlundring der Amphineuren mit einem Theil der Bauchstränge entspricht dem der Lamellibranchier mit den Pedalganglien, die ich lieber vordere Bauchganglien nennen möchte, die Bauchstränge den hinteren Bauchgan- glien mit ihren ÜConnectiven, die Seitenstränge dem Mantelrandnerv. Wenn es weiter gilt, das Nervensystem der Prosobranchier auf das der Amphineuren zu beziehen, so muss zuerst wiederum entschieden werden, welche Formen die phylogenetisch ältesten sind, weil man sonst zu falschen Resultaten gelangen könnte. Es erscheint mir un- zweifelhaft, dass die Rhipidoglossen in jeder Hinsicht den Amphineu- ren am nächsten stehen, und unter ihnen stellt Haliotis im Ganzen den niedersten Zustand dar. Dafür spricht eine ganze Reihe von Gründen. Haliotis zeigt nach Wremann! mehrfache Beziehungen zu Lamellibran- chiern, unter Anderen die Zweizahl mehrerer Organe, die bei höheren Prosobranchiern unpaarig sind (Kiemen, Vorhöfe, Bosanus’sche Organe), ein vom Enddarm durchbohrtes Herz, ein Coecum zwischen Magen und Darm, ferner ist die Entwicklung von Fissurella, welche man wegen ihrer scheinbaren Symmetrie für primitiver gehalten hat, ein Grund für meine Ansicht, da dieses Thier in gewissen Jugendstadien nach Bouran? wegen der gewundenen Schale und des Mantelschlitzes eher für eine kleine Haliotis gehalten werden könnte; endlich sind bei Halio- tis im Nervensystem die Ganglienknoten noch sehr wenig abgesetzt, weniger als bei anderen Prosobranchiern — doch sicherlich ein primi- tives Verhalten. Darum halte ich mich für berechtigt, das Nerven- system der Haliotis zur Vergleichung mit dem der Amphineuren zu wählen (Taf. XVII, Fig. 6). Ich habe das Nervensystem einer kleinen Haliotis tuberculata (von etwa 15 mm Länge) untersucht, nachdem ich das Thier in Querschnitte zerlegt hatte. Eine Anzahl der Durchschnitte durch das Nervensystem habe ich in Fig. 2 und 3 dargestellt, da ich glaube, dass nach der Be- ! Histoire naturelle des Haliotides. Arch. de zool. exp. et gen. II. serie. temell. 188%. 2 Recherches sur l’anatomie et le developpement de la Fissurelle. Arch, de zool. exp. et gen. II. serie. (ome IlI bis Supp!. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem der Mollusken. 399 schreibung von Lacazr-Duruiers! und den Angaben Bea Harrer’s noch Manches nicht genügend klar geworden ist. Es fällt schon in den ersten Schnitten, welche den Schlundring getroffen haben, auf, dass dieser aus einer unteren Hälfte, welche stark mit Ganglienzellen besetzt ist, und einer oberen nicht gangliösen be- steht; von jener gehen nicht weit von der Medianlinie entfernt zwei starke Nerven nach unten zu dem sensiblen Epithel an der Mundöff- nung (Fig. 2a) und geben ein Paar feine Zweige zum Vorderende der Kieferscheide ab. Die weiteren Schnitte zeigen, dass die obere Hälfte, welche durch eine Einsenkung von der unteren abgesetzt ist, einen kleineren Bogen beschreibt als die letztere, und dass diese ein zweites Nervenpaar zur Mundöffnung entsendet (Fig. 2bund c). Nunmehr wird auch der obere Theil gangliös und vergrößert sich mehr und mehr; dabei tritt auch an ihm eine Längsfurche an der Innenseite auf, wodurch der Ring eine Sonderung in drei Abschnitte erkennen lässt, von denen der oberste zunächst die geringste Zahl von Ganglienzellen aufweist (Fig. 2d). Allmählich nähert sich der starke gangliöse Tentakelnerv dem untersten Theile, welcher wieder einen starken Nerv zum Munde abgiebt, ohne indessen den Tentakelnerv aufzunehmen; dieser ist zwar dem bezeichneten Theile dicht angelagert, zieht aber, ohne sich mit ihm zu verbinden, schräg an ihm vorbei und geht schließlich in den mittleren Theil des Ringes über (Fig. 2 e—-g), an dem er eine starke Anschwellung verursacht. Der Sehnerv, welcher viel schwächer ist, hat sich dem Tentakelnerv genähert und, nachdem dieser mit dem Schlundring verschmolzen ist, zieht er noch eine Strecke weit an die- sem nach hinten und geht in den oberen Theil des mittleren Abschnit- tes tiber; nach seiner Verschmelzung indessen ist die Grenze des oberen Abschnittes unter der Anschwellung des Augennerven gelegen, so dass es schwer zu entscheiden ist, von welchem der beiden Ab- schnitte der Nerv abgeht. Inzwischen hat sich ein Nerv, welcher von der sog. Krause kommt, dem Schlundringe genähert: auch er ver- schmilzt mit dem mittleren Abschnitte desselben (Fig. 2 k, !). Der oberste Theil ist jetzt der mächtigste geworden, und an dieser Stelle sind die »CGerebralganglien« gelegen; von ihm habe ich nur einen ziemlich schwachen Nerv jederseits abtreten gesehen, welcher nach oben zur Kopfhaut geht (Nerf cervical du cou nach Lacaze-DurHiers). Der unterste Theil hat noch zwei weitere Nerven auf jeder Seite zur Mundöffnung abgegeben. Die drei beschriebenen Abschnitte des Schlundringes sind bisher ! Ann. des sciences nat. Zoologie. IV. ser. t. XI. 1859. 400 Johannes Thiele, nur durch mehr oder weniger tiefe Furchen von einander abgegrenzt gewesen; jetzt trennt sich der unterste vollkommen von dem oberen Theile (Fig. 2 m) und nicht weit dahinter theilt sich auch dieser in eine kleine untere und eine größere obere Partie, von denen letztere zu- nächst noch gangliös bleibt (Fig. 2 n). Hier verbindet sich der unterste Abschnitt mit dem Connectiv des vorderen Eingeweideganglions, 'wel- ches schon auf den vorhergehenden Figuren dargestellt: wurde, und dann mit demselben Abschnitt der anderen Seite durch eine gangliöse Kommissur unter dem Schlunde, welche erst ein wenig nach hinten, dann nach vorn gerichtet ist, so dass die Quersehnitte zuerst die Mitte, dann die seitlichen Theile treffen (Fig. 2 o, p). | | Diese Kommissur ist vergleichend-anatomisch von hoher Bedeu- tung, und um so: mehr ist ihr Vorhandensein hervorzuheben, da dieses bisher nicht genügend gewürdigt und von Be£rı Harzer bestritten ist. Dieser Forscher sagt (Marine Rhipideglossen, I, p. 5 und 6), dass die Gerebralganglien: bei Haliotis und Fissurella einen hinteren: Fortsatz haben, dessen Nerven bei Haliotis tubereulata »jederseits die. vordere laterale Fläche des Mundbodens« versorgen und »spärliche Äste auch an die Unterlippe« abgeben. »Eine Verbindung der beiderseitigen Theile ist jedoch nicht vorhanden«, während nach Laıcaze-Dursıers der Endast sich mit dem der anderen Seite verbindet. Bei dem von mir untersuchten Thiere ist also, wie wir sahen, eine gangliöse untere Schlundkommissur vorhanden. Auch hierin sehe ich einen Beweis für meine Ansicht, dass Haliotis phylogenetisch tiefer steht als die anderen Prosobranchier, weil diese untere Schlundkommissur genau der von Ghiton entspricht, während sie bei den anderen Gastro- poden sich rückgebildet hat. Die Homologie: dieser Gebilde bei Chiton und Haliotis ist so klar, dass sie kaum eingehend begründet zu werden braucht; der Hauptgrund dürfte außer der Lage die Verbindung mit den Gonnectiven zu: dem vorderen Eingeweideganglion sein, welche bei beiden: von den seitlichen Verdickungen der unteren Schlundkom- missur. entspringen. Von Fissurella giebt Bera Haırıer an, dass: diese Connective von den Pleuralganglien entspringen und neben dem Gerebropleuralconnectiv: verlaufend. durch die GCerebralganglien hin- durchtreten. Ein solches: Verhalten habe ich bei. Haliotis nicht wahr- nehmen können: Der ventrale Abschnitt des oberen Schlundringes, welcher sich in die untere Schlundkommissur fortsetzt und so einen geschlossenen Ring bildet, dürfte als das Centrum für den Rüssel zu: bezeichnen: sein, da seine Nerven dessen Sinnesorgane und Muskeln versorgen, der mittlere nimmt die Nerven der Tentakel, der Augen und der Krause de a A Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 401 auf; über die Bedeutung des dorsalen Abschnittes bin ich nicht ins Klare gekommen, da das eine Paar schwacher Nerven, die ich von ihm allein habe abgehen gesehen, seine Bedeutung kaum erklären dürfte. Die Fortsetzungen der beiden letzten Theile bilden die Connective zu den Pleuropedalganglien. Das untere ist-als Gerebropedaleonnec- tiv anzusehen; es giebt noch weitere Nerven zur Krause ab, und jeder- seits einen zu den ventralen Theilen des Kropfes (?), weiter hinten einen, der zwischen Leibeswand und Kropf hinaufzieht; dieses Paar ist unsym- metrisch, da der rechtsseitige Nerv von der Außenseite, der linke weiter hinten von der Innenseite des Gerebropedaleonnectivs entspringt. Das obere Gonnectiv ist das cerebropleurale. Beide werden, nach- dem sie eine Strecke weit keine Zellen enthalten haben, wiederum gangliös und vereinigen sich mit einander (Fig. 3 a), alsdann mit den vorderen Pedalnerven (Fig. 35) und weiter mit dem entsprechenden Theile der anderen Seite durch die Pleuralkommissur, über welcher die Otocysten sichtbar werden (Fig. 3 c). Von diesen treten die Nerven seitwärts ab, ziehen ein wenig nach hinten und gehen in die Winkel zwischen den Pleuralganglien und deren Kommissur über (Fig. 3e, ac). Von einer Verbindung mit den Cerebralganglien durch Nerven, welche den Gerebropedalconnectiven angelagert sind, wie bei Fissurella, war nichts zu bemerken. Kurz vor den Ötocysten geht ein Nervenpaar von den mittleren Theilen der Pleuralganglien nach oben ab, von denen der linke zwischen Kropf und Leibeswand, der rechte zwischen jenem und dem. Darm verläuft. Die Pleuralkommissur ist nicht bloß sehr stark, sondern sie ist auch in der Mitte angeschwollen, und da sie stark gan- gliös ist, so kann sie als ein mittleres Ganglion angesehen werden. Die Durehschnitte dieses Theiles sind x-förmig, wie Fig. 3 c—/ zeigen. Aus den seitlich von der Pleuralkommissur gelegenen Theilen entspringen die beiden Mantelnerven, zuerst der linke, etwas weiter hinten. der rechte (Fig. 3e, f), und die oberen Abschnitte der Ganglienmasse lösen sich dann ab (Fig. 39), um schräg nach hinten und oben zu ziehen: die Anfangsstücke der Visceralkommissur. Diese ist ein starker gangliöser Strang, der sich nach der Abtrennung von der Pleuropedalmasse nicht wesentlich verjüngt, was schon bei Fissurella nach B£ra Harrer in viel höherem Maße der Fall ist. Nicht weit hinter der Pleuralkommissur liegt die erste Pedalkommissur; jene. verbindet die oberen Theile der Ganglienmasse, diese die unteren, wodurch sie eben so wie die folgen- den sich wesentlich von der ersteren unterscheidet. Dass von dem unteren Abschnitte der Pedalstränge ein reiches Netzwerk gangliöser Nerven abgeht, welches sich im Fuße oberhalb der Sohle verzweigt und mit .den bier befindlichen Sinneszellen in Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLIX. Bad. 96 402 Johannes Thiele, Verbindung steht, ist zur Genüge bekannt, eben so dass der obere Abschnitt, der aber mit dem unteren einen Strang bildet, die Nerven zur Krause abgiebt, welche gleichfalls gangliös sind und ein vielfach verzweigtes Netz bilden. Von dem hufeisenförmigen vorderen Eingeweideganglion gehen meh- rere starke Nerven nach vorn zum Mundhöhlendache und zum Öso- phagus und dessen Drüsen; je einer von den vorderen Enden des Ganglions, ein anderer etwas weiter hinten von der Oberseite (Fig, 2), dann noch eine Anzahl schwächerer von den hinteren und mittleren Theilen desselben. Offenbar sind dies die Hauptnerven des Ganglions, daher es hauptsächlich als das Innervationscentrum für den Ösophagus anzusehen ist. Ein starker Nerv geht nach unten in die Buccalmuskulatur (Fig 2 n), giebt an diese Zweige ab, biegt dann nach hinten um und mag, wie Ber Harzer angiebt, schließlich den Kropf und das vordere Ende des Peritoneums versorgen; ich habe die Endigung nicht gesehen. Von der Unterseite des mittleren Theiles des vorderen Eingeweide- ganglions geht ein Nervenpaar ab zu den Seiten der Radulascheide und ein Paar von der Hinterseite desselben Theiles, das sich über der Ra- dulascheide verzweigt. Nerven vom Schlundringe zur Buccalmuskulatur habe ich nicht gesehen, sondern nur eine Versorgung derselben durch die Zweige des so eben beschriebenen Nerven vom vorderen Eingeweideganglion und durch einen Nerv, der von den CGonnectiven dieses Ganglions abgeht. Wo diese sich mit dem Schlundringe vereinigen, da entspringt ein Nerv (Fig. 2 o), der sich über und unter dem ventralen Blindsack des Mundes, dem Subradularhöcker nach Btra Harrer’s Bezeichnung, ver- zweigt. ? Die Ähnlichkeit des hier beschriebenen Schlundringes von Halio- tis mit dem von Chiton ist sehr groß, und es kann an ihrer Homologie ° im Ganzen nicht gezweifelt werden. Die ventralen Theile desselben versorgen bei beiden Thieren den Rüssel, die dorsalen bei Chiton den Mantel, bei Haliotis die Sinnesorgane der Krause, die außerdem freilich ihre eigenen Ganglien haben. Weniger sicher ist eine Homologie der Gerebalganglien von Haliotis und Amphineuren. Wir haben gesehen, dass die von Proneomenia an einander liegen, dass bei Chiton rubieun- dus an derselben Stelle ein Paar Anschwellungen zu finden sind, und so liegen auch die Gerebralganglien der Polyeladen unmittelbar an einan- der. Dass ein solches Verhalten als ein primäres zu bezeichnen ist, halte ich für unzweifelhaft. Es erscheint mir nicht recht wahrschein- lich, dass diese beiden Knoten sich so weit von einander entfernen sollten, dass sie durch eine lange obere Schlundkommissur getrennt Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. A403 werden, wie bei Arca und Haliotis. Diese Kommissur ist bei Hali- otis nicht eigentlich eine solche, da sie eben so wie die Cerebral- ganglien stark mit Ganglienzellen durchsetzt ist und Nerven ab- giebt, nicht so bei Arca. Ich glaube, dass die Verhältnisse, welche wir bei Neomenia und Chiton finden, Übergänge darstellen von Proneomenia zu den Mollusken, die wir hier betrachten. Neomenia hat wie Proneomenia eine Anschwellung in der Mitte des oberen Schlundringes, die Cerebralganglien, außerdem aber eine solche auf jeder Seite neben dem Schlunde, von denen die Seitenstränge ab- gehen; diese entsprechen den Abgangsstellen der Seitenstränge von Chitonen, außerdem aber auch ohne Zweifel den Cerebralganglien von Haliotis und Arca; sie stellen also eine Art sekundärer Cerebralganglien dar. Dass dieselben mit den Pleuralganglien der Prosobranchier nichts gemein haben, erscheint mir zweifellos; da diese noch bei Haliotis nur ein Theil der Bauchstränge sind, so könnten ihnen nur die unteren Schlundganglien von Neomenia und Proneomenia entsprechen, welche bei Chiton keine deutlich abgesetzten Knoten sind. Ihre Ausbildung bei den Prosobranchiern hängt mit der Gestaltung der Mantelnerven und der Entstehung der Visceralkommissur zusammen, welche beide von dem vorderen Theile der Pedalstränge entspringen. Ähnlich ist auch die Ansicht von B£ra Harzer, der (Morph. Jahrbuch XI, p. 393) sagt, der Pleurocerebraltheil der Pedalstränge sei ein koncentrirter Ab- schnitt der letzteren und fehle bei den Chitonen. Die primären Gerebral- oder oberen Schlundganglien bilden sich bei den Prosobranchiern und den Lamellibranchiern zurück in Folge einer Rückbildung der Sinnesorgane, die sie innervirten. Bei den Mu- scheln könnte vielleicht die Ontogenie noch eine Spur dieser primären Gentren erkennen lassen; bei Chiton rubicundus versorgen sie haupt- sächlich die Kopffalte und die Sinnesorgane an der Mundöffnung, und ähnlich ist das Verhalten von Haliotis, während die Tentakel- und Augennerven neben dem Schlunde entspringen. Die sekundären Cerebralganglien können sich bei höheren Thieren wieder einander nähern, so bei den siphoniaten Muscheln und bei höheren Prosobranchiern, wodurch sie den primären Verhältnissen ähnlich werden. Es scheinen aber die Gehirnaugen der Polyeladen bei Mollusken keine Homologa zu haben, eben so wenig wie die über den oberen Schlundganglien stehenden Tentakel, wenigstens scheint mir das aus dem Fehlen dieser Sinnesorgane bei den Amphineuren und ihrer veränderten Lage und Gestaltung bei den Prosobranchiern zu folgen. | Bei den Lamellibranchiern sind, wie wir gesehen haben, die Cere- 26* 404 - Johannes Thiele, bralganglien mit den beiden ventralen Ganglienpaaren, deren Summe den Bauchsträngen von Haliotis homolog ist, durch zwei Connective jederseits verbunden; ein entsprechendes Verhalten ist auch bei Proso- branchiern gegeben, da bei ihnen gleichfalls die Cerebral- und Pleuro- pedalganglien durch zwei Paar Conneetive zusammenhängen. Da eine solehe doppelte Verbindung dieser Gentren in beiden Molluskenklassen vorkommt, so wird man wohl annehmen dürfen, dass bei der gemein- samen Stonsalfonsn der Grund davon zu suchen ist. Vergleichen wir die Muskeln der Prosobranchier mit dein der ‚Lamellibranchier, so erklären sich die Abweichungen durch die Rück- bildung der meisten Quermuskeln bei den ersteren, von denen nur das eine Paar stark entwickelt ist, die sogenannten Schalenmuskeln, die wegen ihrer Lage zu den Pedalsträngen mit keinem der Transver- salmuskeln von. Arca in eine engere Homologie zu bringen sind. Die lokomotorischen Muskeln werden von den Pedalsträngen innervirt, und so sind diese nach den Innervirungsverhältnissen in den Hauptzügen den vorderen Bauchganglien von Arca homolog. Wir müssen aber bei dem Vergleiche, wie gesagt, auch hier die Verhältnisse der Amphineuren zum Ausgang nehmen und von diesen die von Arca durch starke Aus- bildung der genannten hinteren Transversalmuskeln,, die von Proso- branchiern durch deren Rückbildung erklären, und entsprechend sind hier deren Innervirungscentren rückgebildet und, wenn überhaupt noch vorhanden, mögen sie im hintersten Theile der Pedalstränge zu suchen sein. | Es handelt sich für mich hauptsächlich um die Frage nach einem Äquivalent der Seitenstränge bei Haliotis, und man wird nach den bis- herigen Auseinandersetzungen wohl nicht zweifelhaft sein können, wo dieses zu suchen ist. Erinnern wir uns daran, dass die Seitenstränge ursprünglich mit Sinnesorganen in Zusammenhang gestanden haben, die den Körper seitlich umsäumten, so werden wir, wie ich glaube, an nichts Anderes denken können, als an die sogenannte Krause von Hali- otis. Diese ist eine starke Hautfalte mit zahlreichen grünen Tentakeln und einer großen Anzahl brauner Fortsätze von unregelmäßiger Form ; jene stehen hauptsächlich am oberen und unteren Rande, auch verein- zelt auf der Mitte (Fig. 5) und haben Ähnlichkeit mit den Manteltastern, welche aus den Schalenlöchern hervorgestreckt werden. Sie sind eben so wie die beiden Kopffühler mit‘ einer großen Menge von Zotten be- setzt, wie solche von Fıemmine bei Trochus beschrieben sind. Diese enthalten Muskelfasern, welche den Tentakel strahlenförmig dureh- ziehen und die Zöttchen zu verkürzen im Stande sind. Das Epithel an der Spitze derselben ist hoch und enthält zwischen den Stützzellen Ta ann Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 405 eine Anzahl von Sinneszellen und einige dünne und langgestreckte Drüsenzellen. Am Grunde der Falte, welche vorn an den zwei großen Fühlern endigt, verläuft ein starkes Gefäß. Bei Haliotis sehr mächtig entwickelt bilden sich bei den anderen Rhipidoglossen die Tentakel allmählich zurück; bei Fissurella sind sie noch zahlreich, während die Seitenfalten verschwunden sind, und sie tragen am Grunde die »Seitenorgane«. Diese beschreibt B£rı HaLLer, der sie entdeckt hat, außer bei Fissurella nur bei Trochiden. Ich habe solche Sinnesorgane auch bei Haliotis tuberculata aufgefunden (Fig. 6). Sie liegen am Grunde der untersten Taster an deren Ventralseite, also auf der Unterseite der Krause, während ich an den oberen und mitt- leren Tastern nichts dergleichen gesehen habe. Innervirt werden diese Seitenorgane von einer Abzweigung (n) des gangliösen Tentakelnervs (in), die sich unter dem Epithel verzweigt; sie enthält, wie ich bei guter Färbung gesehen habe, zahlreiche Ganglienzellen. Das Sinnesepithel ist durch seine Höhe — von 40 u in der Mitte — ausgezeichnet. Nach Bers Harter liegen die Kerne bei Fissurella in zwei Zonen; von ihnen sollen die unteren zu Stützzellen, die oberen zu Sinneszellen gehören. Bei Haliotis liegen die unteren ovalen Kerne in mehreren Schichten über einander, die äußeren mehr gestreckten in einer Reihe unter der Oberfläche. Die über den Kernen gelegenen Zellenden enthalten ein bräunliches Pigment. Bei dem jungen Thiere, dessen Nervensystem ich oben beschrieben habe, konnte ich sehr deutlich die Sinneszellen er- kennen, deren fadenförmige innere Enden zwischen den Stützzellen hindurchzogen. Über die pereipirenden Fortsätze kann ich nichts Ge- naues angeben; nach meinen Präparaten lässt sich diese Frage nicht entscheiden; Ber Harzer beschreibt nur kurze Spitzen an den Sinnes- zellen. Die Seitenorgane von Fissurella scheinen nur durch die Taster be- schützt zu werden, indem diese sich nach unten legen und die Sinnes- hügel bedecken. Die von Haliotis haben ihren eigenen muskulösen Apparat, durch welchen sie zurückgezogen und vorgewölbt werden. Die erstere Funktion haben Muskelfasern, die den Epithelzellen paral- lel verlaufen und sich mit ihren verzweigten Enden der unteren Epi- thelgrenze anheften, die letztere Funktion unter dem Sinneshügel nach dem Rande der Krause verlaufende Tangentialmuskeln, durch deren Zusammenziehung das Sinnesorgan erhoben wird; bei starker Kon- traktion ragt es als Falte über seine Umgebung hervor. Die Muskel- fasern scheinen von feinen Abzweigungen des Nerven versorgt zu werden, so dass sie wahrscheinlich reflektorisch in Thätigkeit versetzt werden, sobald das Sinnesepithel gereizt wird. PETE 406 Johannes Thiele, In der Umgebung der Sinnesorgane befinden sich zahlreiche fla- schenförmige Drüsen im Epithel, welehe durch Boraxkarmin stark ge- färbt werden und welche auch sonst in der Haut vorkommen. Die Zahl der am Rande der Krause befindlichen Seitenorgane von Haliotis ist sehr bedeutend, da sie derjenigen der Taster an der Unter- seite der Krause entspricht. Ein Umstand von hohem Interesse scheint mir der zu sein, dass diese beschriebenen Sinnesorgane bei Haliotis tuberculata nicht auf die Stellen beschränkt sind, die ich bisher bezeichnet habe, sondern dass sie auch an anderen Orten vorkommen. Ich habe sie gefunden auf der Unterseite der Krause etwa in der Mitte zwischen Rand und Ansatzlinie, auf den Seitenflächen des Fußes, auf der Kopffalte, die zwi- schen den Ommatophoren verläuft, und an den Seiten des Kopfes. Dar- aus folgt also, dass ihr Vorkommen weder an die Taster, noch überhaupt an die Krause gebunden ist. | Bei höheren Prosobranchiern scheinen die Tentakel und Seiten- organe ganz zu verschwinden. Die beiden großen Tentakel am Kopfe von Haliotis zeigen denselben Bau wie die der Krause, und sie schlie- Ben sich in jeder Beziehung, auch durch die Innervirungsverhältnisse so eng an diese an, dass ich zu der Annahme gekommen bin, dass sie ursprünglich nichts Anderes sind, als die vorderen Endtentakel der Krause. Die Augen von Haliotis, welche unmittelbar an diesen großen Tentakeln gelegen sind, könnten, da sie aus dem früher angegebenen Grunde im Vergleich zu den »Gehirnaugen« der Polycladen Neubildung sein dürften, auch zur Krause gehören, und dann mögen sie den Augen der Chitonlarve und den beschriebenen von Arca homolog sein. Auch könnte vielleicht der Besatz der Kopffalte mit Sinnesorganen, welche den Seitenorganen der Krause ähnlich sind, dafür sprechen, dass diese Falte gleichfalls zur Krause gehört. Der Mantel der Prosobranchier mit den She an seinem Rande ist, wie ich schon früher ausführte, eine jüngere Bildung ent- sprechend der sekretorischen Mantelfalte der Muscheln, während der sensoriellen Falte dieser Thiere die Krause entspricht. Die inihrer ganzen Organisation so primitive Haliotis wird doch gewiss die so stark ent- wickelte Krause nicht neu erworben haben — bei Fissurella tritt sie nach Bouran’s Zeichnungen recht früh auf — und mir scheint die Homo- logie mit der sensoriellen Mantelfalte der Muscheln geringe Schwi ierig- keit zu bieten. Bekanntlich hat Lacaze-Duruiers und seine Schule, auch H. von Inerıng bereits eine ähnliche Ansicht ausgesprochen, dabei sind diese Forscher aber bezüglich der gangliösen Centren, die zu den Sinnesor- Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 407 sanen der Krause gehören, meiner Ansicht nach nicht auf dem rich- tigen Wege. Nach ihnen sollen diese Centren in den Pedalsträngen zu suchen sein; ich halte das für eben so falsch, als die Gentren für die Sinnesorgane des Mantelrandes der Muscheln in den Cerebral- und den hinteren Bauchganglien zu suchen, wie das allerdings bisher geschehen ist. Hier ist es der gangliöse Mantelring, dort sind es die gangliösen Be- standtheile der Krause, welche die Centren der Sinnesorgane bilden — bei Fissurella hat ja Btra Hasıer kleine Ganglien am Fuße jedes Ten- takels beschrieben, und bei Haliotis sind die Nerven der Krause in und unter den Tentakeln gangliös. Dieselben bilden wie bekannt, ein reich verzweigtes Netzwerk und dieses halte ich für homolog mit den Seiten- strängen von Chiton. Die Auffassung von Lacaze-DurtHiers und H. vox IHErıng ist von SpeEnsEL, Bera Harzer und PELSEngER! mit Recht zurückgewiesen wor- den, da die Pedalstränge nicht getheilt sind, doch ändert sich das ganz und gar durch meine Anschauung von der Innervirung der Seitenten- takel. Die Krause ist eine Bildung, welche so wenig mit dem Fuße wie mit dem Mantel zusammengehört, und welche phylogenetisch älter ist als beide, da sie wie gesagt den Seitenrändern der Polycladen entspricht, unter welchen der Fuß und über welchen der Mantel der Prosobranchier entstanden ist. Aus der Übereinstimmung der Mantel- taster mit denen der Krause kann eben so wenig auf eine Zusammen- gehörigkeit beider Gebilde geschlossen werden, wie aus der Ähnlich- keit der Seitenorgane der Krause mit denen am Fuße darauf, dass jene zu diesem gehört. Wir erhalten also das Resultat: die Seitenstränge der Am- phineuren sind homolog den gangliösen Bestandtheilen der Krause der Rhipidoglossen. Dazu stimmt auch sehr gut die Verbindung mit den Bauchsträngen durch eine Vielzahl von Nerven, und wenn auch jenes Merkmal, welches den Seitensträngen der Am- phineuren zukommt, der hintere Zusammenhang über dem Darm uns bei Prosobranchiern wegen der Verschiebung des letzteren im Stiche lässt, so halte ich doch die ausgesprochene Homologie für zweifellos. H. von Iserıns gebraucht für die Seitenstränge der Amphineuren die Bezeichnung »primäre Pallialnerven«; diese ist nach den obigen Auseinandersetzungen nicht ganz unzutreffend, da diese Nerven den Pallialnerven der Muscheln homolog sind, und man könnte den Mantel der letzteren eben so wie die Krause der Rhipidoglossen als ein primä- res Pallium, den Mantel der Prosobranchier dagegen als ein sekundäres ' Sur la valeur morphologique de l’Epipodium des Gasteropodes an nn Comptes rendus Ac. Sc. Paris. T. CV. 408 Johannes Thiele, bezeichnen, und die gangliösen Nerven des ersteren wären gleich- bedeutend mit den Seitensträngen. Wenn aber H. von IHErINnG sagt, dass »die Pedalganglien der höherstehenden Arthrocochliden« die pri- mären Pallialnerven enthalten, so ist zu bemerken, dass die letzteren hier vielmehr mit den Sinnesorganen des primären Palliums ver- schwunden sind, und dass die Pedalganglien nirgends eine solche Pal- liopedalmasse bilden, wie H. von IHErıng annimmt, weil, wie früher angegeben wurde, die primären Pallialnerven bei Fissurella, die von Inerıng hauptsächlich berücksichtigt, eben so bei anderen Rhipido- glossen, durch die Summe der Seitenganglien dargestellt werden. SpenGEL hat auf Grund eines Sinnesorgans, welches in inniger Be- ziehung zu den Kiemen steht, des »Geruchsorgans«, die Homologien der Nervensysteme der Mollusken zu begründen gesucht; wenn er da- bei zu Resultaten gelangt ist, die ich für unrichtig halte, so hat das darin seinen Grund, dass er von den Prosobranchiern ausgeht und auf die Bestandtheile des Nervensystems dieser Thiere die der anderen Mollusken bezieht. In Folge davon konstruirt SPENGEL ein Urmollusk, dessen Nervensystem »aus drei Paar periösophagealen Ganglien be- stand, die durch je drei Connective und drei Kommissuren verbunden waren: von diesen war die die beiden Pleuralganglien verbindende Visceralkommissur sehr lang und enthielt eingeschaltet mehrere Visee- ralganglien, von denen die mittleren Nerven an die Eingeweide, namentlich Herz, Nieren und Geschlechtsorgane, abgaben, während aus zwei seitlichen je ein Nerv entsprang, der in ein an der Basis jeder Kieme gelegenes Ganglion mit aufliegendem epithelialen Sinnesorgane (Geruchsorgan) eintrat« (l. c., p. 367). Wenn man davon das Nerven- system von Chiton oder auch das von Haliotis herleiten will, so kommt man unzweifelhaft vom höheren Zustande zum niederen zurück, an- statt umgekehrt. | Sodann bietet eineinzelnes Sinnesorgan doch wohl auch nicht einen so sicheren Anhalt, wie Srenser annimmt. Gerade die Kiemen- und die Eingeweidenerven gewähren bei Mollusken ein so wechselndes Bild, dass ich sie für ungeeignet halte, als Grundlage für Homologien zu dienen. Es scheint vielleicht auf den ersten Blick in lebhaftem Wider- spruch mit den von mir begründeten Homologien zu stehen, dass die Nerven, welche zu den Eingeweiden, hauptsächlich zum Tractus reno- pericardialis und zu den Kiemen gehen, bei Chiton aus den Seiten“ strängen, bei Arca aus den Bauchsträngen, bei Haliotis aus der Visce- ralkommissur entspringen, welche weder. den Bauch- noch den Seitensträngen homolog sein soll, jedoch glaube ich dieses verschiedene Verhalten ganz gut erklären zu können, wenn wir wiederum auf unser Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 409 Urmollusk zurückgehen. Freilich ist dieses nicht Chiton, auch nicht Proneomenia, aber durch folgende Erwägungen werden wir uns das- selbe vorstellen können (Taf. XVII, Fig. 1). Die Kiemen, denen SpeEnGEL ja so viel Werth beilegt, fehlen bei Proneomenia; die von Chiton werden später besprochen werden. Wie schon von mehreren Forschern betont ist, müssen wir für das Urmollusk ein Paar in der Nähe des Afters stehende Kiemen annehmen. Solche sind bei Haliotis unverkennbar. vorhanden, eben so bei Arca. Diese Kiemen hatten wohl sicherlich ihr selbständiges Innervationscentrum, ein Ganglion mit dem von SPENGEL beschriebenen Sinnesorgan. Dieses Ganglion hat zwischen Bauch- und Seitensträngen gelegen und mit dem zwischen beiden befindlichen Nervenplexus zusammengehangen. Ähnlich verhält es sich mit den Innervationscentren der Binge weide. Es sind bei verschiedenen niedrig stehenden Mollusken kleine Ganglien beschrieben worden, welche den Eingeweiden unmittelbar anliegen, und welche meiner Auffassung nach aus dem Gewebe dieser Eingeweide durch Koncentration eines Ganglienzellenplexus entstanden sind. Solche Visceralganglien sind hauptsächlich bei Opisthobranchiern beschrieben; Arper und Hancock haben bei Doris »sympathetic gan- glions« des Herzens, der Kiemen, des Magens und der Genitalorgane ge- funden, B£ra Harzer beschreibt am Magen von Chiton zwei kleine Ganglien, und am Herzen mehrerer Mollusken ist entweder ein Gan- glienzellenplexus oder ein Paar kleine Ganglien bekannt. Auch durch physiologische Experimente, die Emiz Yung ! und Biepermann ? ange- stellt haben, wird bewiesen, dass das Herz von Lamellibranchiern und Pulmonaten durch nervöse Elemente, welche in seinen Wandungen gelegen sind, aktiv erhalten wird. Wegen der großen Schwierigkeit, diese Ganglien zu finden, dürften sie in anderen Fällen nicht gesehen sein, ich halte sie aber für weit verbreitet und sehe in ihnen die Inner- vationscentren der Eingeweide. Auch sie haben ursprünglich mit dem Nervengeflecht in Verbindung gestanden, welches Bauch- und Seiten- stränge verband. Ein Rest des beschriebenen Verhaltens scheint mir übrig geblieben zu sein in dem von B£ra Harrer erwähnten Zusammen- hange eines »Nierennerven«, der von.den Seitensträngen entspringt, mit den Bauchsträngen; hier hängt also die Niere auch mit letzteren nervös zusammen. Bei Proneomenia ist die Innervation des Herzens und Genitalapparates nicht sicher festgestellt. 1 De l’innervation du coeur chez les Lamellibranches. Arch. de Zool. exp. et gen. t. IX. 418814. 2 Vgl. BerA HALLer, Die Morphologie der Prosobranchier. Morphol. Jahrbuch. Bd. XIV. p. 437. 410 Johannes Thiele, Bei der Rückbildung des Nervenplexus mussten Verbindungen der Eingeweideganglien mit dem Centralnervensystem übrig bleiben und je nach der verschiedenen Gestaltung des Körpers, das heißt je nach- dem die Seitenstränge sich mehr einander näherten, wie bei Amphi- neuren, oder sich von einander und von den Eingeweiden entfernten, wie bei Arca, waren es entweder die Seitenstränge oder die Bauch- stränge, von denen dann die Eingeweidenerven abgingen, oder es ent- stand eine Neubildung, wahrscheinlich aus dem Plexus: die Visceral- kommissur der Prosobranchier, welche auch mit den Kiemenganglien in Verbindung getreten ist. Ich will hier betonen, dass sowohl bei Arca als auch bei Haliotis die Kiemenganglien durchaus selbständig geblie- ben sind, da sie dort von den hinteren Bauchganglien deutlich abge- setzte gangliöse Nerven, hier ein Paar Ganglien bilden, die der Visceral- kommissur nicht eingelagert sind. Das stimmt, wie ich glaube, ganz gut mit der Ansicht überein, dass der zwischen Bauch- und Seitensträngen gelegene Plexus, aus dem bei Haliotis die Visceralkommissur hervor- gegangen sein dürfte, während er sich bei Arca mit den Bauchsträngen vereinigt hat, von vorn herein mit den selbständigen Kiemenganglien in Verbindung gestanden hat. Die Visceralkommissur ist bei Haliotis ein gangliöser Nerv, welcher von den Pleuralganglien abgeht und in der Mitte eine Anschwellung zeigt, das »hintere Eingeweideganglion «; erst bei höheren Prosobran- chiern bilden sich die beiden Ganglienknoten Sub- und Supraintesti- nalganglion heraus. Diese Visceralkommissur wollte Speneer bei ande- ren Mollusken nachweisen, wo sie meiner Ansicht nach gar nicht vor- handen ist. Dass die Seitenstränge der Amphineuren derselben nicht entsprechen, erscheint mir zweifellos; auch SpenGer hat sich über die verschiedene Lage zum Darm schwer hinwegsetzen können. Eben so sind ihr die hinteren Bauchganglien der Muscheln nicht homolog, wenn auch vermuthlich in diesen Centren die gangliösen Bestandtheile der Visceralkommissur zu suchen sind. E22 Auch Bürscauı sagt (l. e., p. 205): »Die Visceralkommissur der Gastropoden — liegt in dem Nervensystem der Chitonen nicht vor«, eben so aber auch nicht in dem der Lamellibranchier nach meiner An- schauung, sie ist »eine Weiterentwicklung über dieses hinaus«. Ich hebe hier nochmals hervor, dass die hinteren Bauchganglien der Lamellibranchier sich nicht auf die Ganglien der Visceralkommissur von Prosobranchiern zurückführen lassen, weil jene durch die Innervi- rung der großen Transversalmuskeln und hauptsächlich durch die Ver- bindung mit den Seitensträngen wesentlich verschiedene Verhältnisse zeigen, und es scheintmir durch nichts bewiesen zu sein, dass die Lamel- Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 411 libranchier den Prosobranchiern näher stehen als den Amphineuren. Die Ähnlichkeit zwischen den hinteren Bauchganglien und der Visce- ralkommissur ist dadurch bedingt, dass die ersteren neben anderen ähnliche Bestandtheile enthalten wie die letztere, und bei Chiton sind solehe in die Seitenstränge aufgenommen. Nehmen wir also die Seitenstränge von Chiton für ein Homologon der Seitenganglien von Rhipidoglossen, so ergiebt sich auch die Homo- logie zwischen den Kiemen der ersteren und den Seitentastern der letzteren, welche nach Lage und Innervirung vollkommen mit einander übereinstimmen. Die Familie der Patelliden zeigt Verhältnisse, welche diese Ansicht bestätigen, denn es kommen hier theils Homologa der Chitonkiemen, theils solche derjenigen von Rhipidoglossen vor, wie schon ganz richtig von H. von Iurrıng erkannt ist, welcher (l. c., p. 82) schreibt: »Die Epipodialkiemen der Patelloideen sind den Kiemen der Chitoniden und den Epipodialanhängen der Haliotiden, Trochiden etc. homolog, wobei es unentschieden bleibt, ob es sich um Homogenie oder Homöogenie handelt.« Spexezr hat diesen Punkt nicht genügend beach- tet und hat die Kiemen von Chiton und von Rhipidoglossen für homolog gehalten, wenigstens scheint das aus seiner Homologisirung der » Ge- ruchsorgane « hervorzugehen. Solche Sinnesorgane hat B£ra Hauer bei Chitonen nicht gefunden und bestreitet deren Vorhandensein. Ich brauche wohl nicht ausdrücklich zu bemerken, dass die Kiemen von Chiton als umgewandelte Seiteneirren vergleichend - morpholo- gisch ganz andere Gebilde sind, als die beiden Abdominalkiemen des Urmollusks, welche bei Rhipidoglossen am besten erkennbar sind. Die Taster sind offenbar die primäre Form der Seitencirren, denn man kann sich nicht gut vorstellen, wie aus Kiemen Tentakel werden können, während das Umgekehrte sehr wohl denkbar ist, denn die Taster mit ihren Zotten haben eine große Oberfläche, auch eine reichliche Ver- sorgung mit Blut, so dass bei einer Rückbildung der Tastfunktion die respiratorische Nebenfunktion zur Hauptsache werden konnte. Es mag auch die Verbindung der beiden Abdominalkiemen mit Sinnesorganen darauf hinweisen, dass sie gleichfalls ursprünglich Tentakel gewesen sind. Auf die Veränderungen, welche das Nervensystem in der Reihe der Prosobranchier erfahren hat, einzugehen, ist nicht Sache der vor- liegenden Untersuchung; SrenseL und neuerdings Bfra HALLER, BoUvIER und Andere haben auf Grund eingehender Studien die Homologien dargestellt. Es sei nur noch einmal wiederholt, dass in der Reihe der Rhipidoglossen das System der Seitenorgane sich rückbildet und wei- terhin meist ganz oder doch zum größten Theil verschwunden ist. 412 Johannes Thiele, In der formenreichen Gruppe der Opisthobranchier oder nach von Inerıng’s Bezeichnung der Ichnopoden ist es augenblicklich noch un- möglich mit einiger Sicherheit die primitivsten Thiere zu bezeichnen, welche man mit Arca und Haliotis zusammenstellen könnte, und auch sonst ist in ihrer Organisation Manches noch so unklar, dass ich wenig über sie angeben kann. Es ist nicht einmal sicher zu entscheiden, ob ihre Gerebralganglien denen von Proneomenia oder denen von Haliotis entsprechen. Im Allgemeinen zeigt das Nervensystem durch die starke Koncentration einen ziemlich vorgeschrittenen Zustand, ähnlich wie er bei höheren Prosobranchiern sich findet, während in anderen Punkten, vor Allen in dem Mangel der Drehung der Visceralkommissur, sich ein tieferstehendes Verhalten kund giebt. Jedenfalls kann man weder die Prosobranchier von den Ichnopoden, noch diese von jenen ableiten und wo der Anknüpfungspunkt der letzteren an den Stammbaum der übri- gen Mollusken liegt, ist vorläufig nicht zu entscheiden. Von Seitenor- ganen ist bei Opisthobranchiern nichts bekannt. Bei manchen erhält man auf Querschnitten Bilder, welche dafür zu sprechen scheinen, dass Seitenorgane vorliegen, so habe ich bei Philine aperta und bei Bulla hydatis an den Seiten des Kopfes zwischen Fuß und Mantel Sinnesepi- thelien gefunden; dieselben werden jederseits von einem ansehn- lichen Ganglion (Fig. 13) innervirt, welches dem Tentakelganglion anderer Opisthobranchier nach seiner Lage entspricht, da es sich seitlich an die Gerebralganglien anschließt. Was aber hier das ursprüngliche Verhalten ist und ob die Tentakel denen von Prosobranchiern entspre- chen, wage ich nicht zu entscheiden. Der Schlundring hat die größte Ähnlichkeit mit dem höherer Pro- sobranchier, aber nicht, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheinen könnte, mit dem von Neomenia, denn die Verbindung der Ganglienkno- ten ist eine andere und die Nerven, welche von den seitlichen Gan- glien (Pleuralganglien der Ichnopoden und sekundäre Cerebralganglien der Neomenia) abgehen, hängen hinten bei den einen unter, bei den anderen über dem Darme zusammen und stellen dort die Visceralkom- missur, hier die Seitenstränge dar. Die sogenannten Buccalganglien entspr echien den vorderen Eingeweideganglien der Prusolu BEE nicht dem Schlundringe von Chiton. Auch bei Scapho- und Cephalopoden scheinen Sinnesorgane der Seitenlinie gänzlich zu fehlen. Über den Schlundring von Dentalium will ich Einiges mittheilen, da mir dessen Homologien nach den bishe- rigen Berichten nicht genügend klar erscheinen. Am besten kommt man darüber ins Reine durch das Studium von Längsschnitten des “ Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 413 Thieres. Wie Prate ! richtig beschreibt, stehen die Pedalganglien nicht nur mit den Gerebral-, sondern auch mit den Pleuralganglien in Ver- bindung, da deren Connective sich theilen. Von Bedeutung ist das Ver- halten des kleinen Schlundringes. Nach der Darstellung von Lacaze- ‚Durniers, welche in Bronn’s Klassen und Ordnungen aufgenommen ist, liegen unter dem Schlunde ein Paar »sympathetische Ganglien«, und diese stehen mit einem zweiten Paare in Verbindung, welches durch eine über dem Schlunde gelegene Kommissur zusammenhängt. Zu be- richtigen ist daran zunächst, dass die Nerven zum Rüssel, welche von den Connectiven zwischen den Cerebral- und den ersten sympathe- tischen Ganglien abtreten, nicht den ersteren, sondern den letzteren Centren entstammen, wie aus ihrer Richtung unzweifelhaft hervorgeht; sie sind eine Strecke weit mit den gangliösen Connectiven vereinigt und ziehen an den Cerebralganglien vorbei nach vorn. Sodann liegt die Kommissur der hinteren sympathetischen Ganglien über der Radula, aber unter dem Schlunde, daher ist es unzweifelhaft, dass dieselben die vorderen Eingeweideganglien vorstellen, deren Kommissur typisch diese Lage hat. Endlich geht von den vorderen sympathetischen Gan- glien ein Nervenpaar zu den Ganglien eines Subradularorgans, welches in Prare's Mittheilung und auch früher nicht erwähnt ist; LA- CAZE-Durniers hat nur einen medianen Nerv beschrieben, der zwischen den Ganglien entspringt und sich unter die Radula begiebt. Dieses Sinnesorgan entspricht seiner Lage nach genau dem von Chiton und ist daher ohne Zweifel diesem homolog. Die Ganglien desselben breiten sich unter dem Epithel aus. Von diesem kann ich angeben, dass es ein 33 u hohes Flimmerepithel ist; die Cilien haben etwa die halbe Länge der Zellen. In diesen sind die ovalen bis spindeligen Kerne der Stütz- zellen sehr stark gefärbt, sie liegen meist in der unteren Hälfte, wäh- rend die obere von kleinen Kernchen durchsetzt ist, ähnlich wie bei Chiton; die von Bera Harzer beschriebenen Zellen mit grundständigen Kernen habe ich nicht wahrgenommen. Die Sinneszellen haben schwach gefärbte spindelige Kerne, welche in der oberen Hälfte des Epithels liegen, wo sie in den Schnitten nicht sehr deutlich erkennbar sind; die pereipirenden Fortsätze konnte ich nicht sehen. In der Um- gebung des Sinnesepithels liegen große Schleimzellen unter dem Epi- thel in bedeutender Anzahl; dieselben dürften zu dem Organ zu rechnen sein, wie ja auch bei Chiton eine Drüse in der medianen Rinne aus- mündet. Über die systematische Stellung der Scaphopoden sei Folgendes I Bemerkungen zur Organisation der Dentalien. Zool. Anz. Nr. 288. 414 Johannes Thiele, bemerkt. Eine derartige Zusammenstellung mit Fissurella, wie sie Grossen befürwortete, ist dadurch unmöglich geworden, dass wir die letztere als ein ursprünglich gedrehtes und erst sekundär äußerlich symmetrisch gewordenes Thier kennen gelernt haben, dessen Visceral- kommissur diese ursprüngliche Drehung noch deutlich zeigt, während Dentalium ein ganz symmetrisches Nervensystem hat und auch in seiner Ontogenie keine Spur von Asymmetrie erkennen lässt. Eben so wenig kann es von siphoniaten Muscheln abgeleitet werden; die Ähnlichkeit mit denselben, z. B. im Fuße (Solen), sind gleichfalls rein äußerlich. Wir können allein die Scaphopoden von dem symmetrischen Urmol- lusk ableiten, welches unter den heute lebenden Formen den Am- phineuren am nächsten verwandt gewesen ist. In dem Subradular- organ ist in beiden Gruppen noch ein Organ vorhanden, welches bis auf die isolirt stehende Patella (?) sonst bei keinem Mollusk bekannt und wahrscheinlich nirgends erhalten ist, da schon Haliotis dasselbe verloren hat. Bezüglich der phylogenetischen Entstehung des »Halskragens « mit seinen Cirren sei darauf hingewiesen, dass dafür die beiden großen Fühler, wie sie unter Anderen von Haliotis bekannt sind, recht gut zum Ausgang genommen werden können, indem die Zotten derselben sich durch Verlängerung zu den Cirren ausbildeten; ich finde wenigstens die Übereinstimmung beider recht bedeutend, auch im Bau des Epithels; alle Elemente, welche in den Cirren von Dentalium vorkommen, sind auch in den Fühlerpapillen von Haliotis zugegen, hauptsächlich ganz ähnliche Drüsen- und Sinneszellen. Auch die von GrosBEn vertretene Beziehung der Scaphopoden zu den Gephalopoden hat wenig für sich; unter anderen Gründen sei er- wähnt, dass die letzteren durch den Besitz von Kiemen in der After- gegend und eines Herzens mit Perikard sich näher an andere symme- trische Mollusken anschließen als an die Dentalien, welche beide Organe verloren haben. Bezüglich der Geruchsorgane der dibranchiaten Ge- phalopoden sei bemerkt, dass ich diese für eine ganz heterogene Bil- dung halte, als die von Gastropoden und Muscheln, weil ihnen eine Beziehung zu den Kiemen ganz abgeht, und diese ist meiner Ansicht nach für die Spexser’schen Geruchsorgane gerade das charakteristische Erkennungszeichen. Zudem gehört nach JarrA das sogenannte Riechgan- glion nicht zur Visceralkommissur, sondern zu den Cerebralganglien, und der Riechnerv entspringt aus dem Ganglion frontale superius. Wie uns die Amphineuren nicht nur die Möglichkeit darge- hoten haben, von ihrem Nervensystem das der übrigen Mollusken abzuleiten, sondern auch Beziehungen zu den Stammformen derselben, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 415 den Polycladen zu finden, so zeigen sie auch höchst interessante Be- ziehungen zu den polychaeten Anneliden, die wohl sicherlich als die phylogenetisch ältesten Ringelwürmer anzusehen sind, denn wenn Polygordius auch in den inneren Organen im Allgemeinen primitivere Verhältnisse aufweisen mag, so ist die äußere Haut, welche der Bor- sten und der Sinnesorgane des Rumpfes entbehrt, wohl eben so sicher als sekundäre Erwerbung anzusehen. Ich muss es mir auch hier ver- sagen, auf andere Organsysteme einzugehen, und will nur das mitthei- len, was ich über das Nervensystem zu sagen habe (Taf. XVII, Fig. 7). Das Meiste ergiebt sich bei der vergleichenden Betrachtung ganz von selbst, die Gerebralganglien von Proneomenia entsprechen wahrschein- lich denen der Polychaeten, während die Bauchstränge zweifellos dem Bauchmark homolog sind. Es ist eine bekannte Thatsache, dass Letz- teres aus zwei symmetrischen Hälften besteht, die sich getrennt an- legen und die bald weit aus einander liegen, bald mit einander ver- schmelzen; ferner ist es natürlich, dass mit der segmentalen Anordnung der Organe, hauptsächlich der Muskeln, sich auch die Ganglienzellen der Bauchstränge segmentweise zu Knoten anordneten — was ontoge- netisch erst spät geschieht und bei manchen Polychaeten ganz unter- bleibt — zwischen deren Paaren regelmäßige Kommissuren auftraten. Nach dem, was wir über die Homologien der Seitenstränge von Amphineuren bisher festgestellt haben, wird es ferner kaum zweifel- haft sein, dass ihnen die Sinnesorgane der Seitenlinie mit ihren Gan- glien entsprechen, da jene auch bei Mollusken ursprünglich mit Sinnesorganen verbunden waren, welche die seitlichen Körperränder besetzten. Aus den Auseinandersetzungen Eısıc’s (Monographie der Capitelliden, p. 512ff.) geht hervor, dass die sog. Seitenorgane der Anneliden aus Cirren hervorgehen, wie man in der Familie der Glyce- riden verfolgen könne; dadurch werden sie in eine Reihe mit den Tentakeln der Krause von Haliotis und mit denen am Mantelrande von Lamellibranchiern gestellt. Eısıs sucht mit Recht die Innervirungs- centren der Seitenorgane nicht im Bauchmark, sondern in den epithe- lialen Bestandtheilen der Organe selbst; das wirft, wie ich glaube, ein Licht auch auf meine Ansicht über die Centren der besprochenen Sinnesorgane der Mollusken. Manchmal sind die Cirren zu Kiemen umgestaltet wie bei Chiton. In vereinzelten Fällen, namentlich bei Polyophthalmus, finden sich auch Augen in der Seitenlinie, welche denen von Polyeladen und von Arca homolog sein dürften. Die metamere Anordnung dieser Sinnes- organe halte ich für keinen Grund gegen eine Homologie mit solchen unsegmentirten Thieren; hier wie dort bilden sie Reihen, welche in 416 Johannes Thiele, ihrer Lage und in ihren Beziehungen zu anderen Theilen des Körpers ähnliche Verhältnisse zeigen. Ferner verwendet sich Eısıe für eine Homologie der Seitenorgan- ganglien und der Parapodialganglien der Polychaeten. Was von den ersteren bisher nicht beschrieben ist, eine Verbindung durch Längs- nerven, findet sich bei den letzteren hin und wieder, und dadurch wird die Übereinstimmung mit den Seitensträngen der Proneomenia sehr groß. Bei den Naiden findet sich ein dem Ektoderm entstammender und vom Schlundringe bis zum After sich erstreckender Zellstrang in den Seitenfeldern, offenbar auch ein Homologon der Seitenstränge, auf- dessen große morphologische Bedeutung hauptsächlich Semper ! hinge- wiesen hat. KLEINENBERG ? beschreibt eben so wie HartscHek® ein Paar Seiten- nerven der Anneliden-Trochophora. Da bei Lopadorhynchus, eben so bei Polygordius die Seitenstränge fehlen, so ist es sehr möglich, dass wir es hier mit deren Resten zu thun haben. Diese Frage ist aber jetzt noch nicht zu entscheiden, da KLEINENBERG von einem Zusammenhange mit den Parapodialganglien nichts sagt. Ein kleiner Schlundring wie bei Amphineuren, Leypıe’s »Vagus «, kommt auch bei vielen Anneliden vor. Dass er hauptsächlich den Rüssel versorgt, schließe ich aus dieser Angabe Semper’s (l. c. p. 308): »Es hält im Allgemeinen die Entwicklung dieser Nerven gleichen Schritt mit derjenigen des Rüssels; eine Bemerkung, welche Lewis bereits früher mit Bezug auf die Oligochaeten und Hirudineen, sowie die Arthro- poden gemacht hat« — und Eısıc giebt an, dass bei Notomastus die Rüsselretraetoren von starken Ganglien innervirt werden, » welche plexusartig die kontraktilen Fasern umspinnen«. Weil nun diese Gan- glien doch mit größter Wahrscheinlichkeit dem kleinen Schlundringe von Proneomenia entsprechen, so ist auch darin ein Grund gegeben für die Homologie des letzteren mit dem Schlundringe von Chiton und Haliotis, da auch diese die Centren für den Rüssel darstellen. Um hier auf die Frage nach einer Homologie der Chaetopoden- Seitenorgane und der abdominalen Sinnesorgane von Lamellibranchiern zurückzukommen, müssen wir uns daran erinnern, dass nach den bis- herigen Auseinandersetzungen die Mantelrandorgane der Muscheln den ! Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Würzb. Arbeiten. Bd. III. 2 Die Entstehung des Annelids aus der Larve von London Diese Zeitschr. Bd. XLIV. ’ 3 Zur Entwicklungsgeschichte des Kopfes von Polygordius. Wiener Arbeiten. Bd. VI. 1886, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 417 Seitenorganen homolog sind, und dass die letzteren erst in der Reihe der Anneliden sich aus Cirren herausbilden. Danach scheint eine Homologie gänzlich ausgeschlossen zu sein. Andererseits aber sind gerade die Seitenorgane des Abdomen bei Capitelliden den von mir beschriebenen Sinnesorganen in der Analgegend der Muscheln so ähn- lich, dass ein phylogenetischer Zusammenhang wahrscheinlich ist. Vielleicht wird man sich vorstellen dürfen, dass die abdominalen Sin- nesorgane ursprünglich mit denen am Mantelrande zusammenhingen, mit ihnen zu einem System gehörten, wofür vielleicht der Umstand sprechen mag, dass eine Abzweigung eines Mantelnerven zum Gan- glion des abdominalen Sinnesorgans verläuft. Hier will ich auch er- wähnen, dass ich bei einem kleinen Chiton (sp.?) zu beiden Seiten des Afters unter den Seitensträngen ein hohes Epithel gesehen habe, das möglicherweise zu den abdominalen Sinnesorganen in Beziehung zu bringen ist. Diese könnten mit der Ausbildung des hinteren Adductors der Muscheln und der dadurch bedingten Verlängerung des Enddar- mes neben dem After verblieben sein und sich so von dem Mantelrande abgelöst haben. Was meine Auseinandersetzungen bisher ergeben häben, will ich nunmehr in Folgendem zusammenfassen und einige allgemeinere Er- örterungen daran knüpfen. Ein System von Seitenorganen ist zuerst beschrieben worden bei Fischen und bei Amphibienlarven, sodann bei mehreren Familien von Chaetopoden, und der Entdecker derselben bei letzteren, Eısıc, ver- theidigt die Homologie dieser Sinnesorgane in beiden Thierklassen, dagegen über einen phylogenetischen Zusammenhang mit entsprechen- den Organen unsegmentirter Thiere ist sich dieser Forscher nicht recht klar geworden. Was ich seinen Ergebnissen Neues hinzufügen kann, ist dieses. Den Ausgang für alle Sinnesorgane der Seitenlinie bilden diejenigen am Körperrande der Polycladen; sie zerfallen in zwei Grup- pen: lichtempfindende Apparate und Tastapparate, und sie stehen bei Anonymus, wo sie in der ganzen Peripherie des Thieres vertheilt sind, durch Längsnerven mit einander in Zusammenhang!. Die Augen sind nach Lang von einfachem Bau, während sie jedoch durch ihre Ver- schiebung in das Körperparenchym abgeleitete Verhältnisse zeigen, die 1 A, Lang spricht von einer Homologie dieses Nerven mit dem Ringnerv der - Medusen; .da er aber die Polycladen nicht von diesen, sondern von CGtenophoren herleitet, bei denen eine entsprechende Bildung doch wohl fehlt, und da ein phylo- genetischer Zusammenhang der Medusen und Ctenophoren recht zweifelhäft ist, so kann ich die Berechtigung dieser Homologisirung nicht anerkennen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 97 418 Johannes Thiele, wir bei den Vorfahren der höheren Bilaterien kaum werden annehmen dürfen. Die Tastorgane stehen auf niedriger Stufe, sie sind Bündel von Haaren, die aus den Cilien hervorragen; sie können mit Tentakeln in Verbindung treten, welche dann bereits eine höhere Stufe darstellen. Aus diesen Sinnesorganen gehen, wie wir gesehen haben, hervor: die am Mantelrande der Lamellibranchier, die der Krause von Rhipido- glossen, die Kiemen von Chiton, die Organe der Seitenlinie von Chaeto- poden. Bald sind Augen und Tentakel neben einander vorhanden, bald die einen, bald die anderen rückgebildet. Die Sinnesorgane können sich sekundär rückbilden, dabei aber die Längsnerven, indem sie viel- leicht andere Funktionen übernehmen, erhalten bleiben: die Seiten- stränge der Solenogastres und wahrscheinlich die Parapodialganglien der Poiychaeten. Eısıc spricht von der Möglichkeit, dass nicht nur die Seiten- und becherförmigen Organe, sondern auch die »mehr oder weniger streng segmental angeordneten Augen als Derivate — neutra- lerer Sinnespapillen « aufgefasst werden könnten. Das mannigfaltige Vorkommen beider Gruppen von Sinnesorganen mag aber doch viel- leicht seine Erklärung noch besser finden, wenn man eine ursprüng- liche Trennung der Augen von den Tastorganen annimmt, die für sich allein oder neben einander vorhanden sein können, doch müsste man die ganze Reihe der Einzelfälle übersehen, um ein endgültiges Urtheil fällen zu können. Manchmal scheinen allerdings die Augen aus ande- ren Sinnesorganen sekundär entstanden zu sein, was aber natürlich kein Beweis dafür ist, dass es in anderen Fällen sich eben so verhält. Es ergiebt sich aus dem Mitgetheilten auch die Folgerung, dass Sinnesorgane in der Seitenlinie in allen genannten Thiergruppen pri- mär vorhanden sind, und dass ihr Fehlen einen sekundären Zustand darstellt, wie bei Polygordius und den Solenogastres. Es ist hier nicht das erste Mal, dass ‚von Seitenorganen bei Mol- lusken die Rede ist, doch hat meines Wissens noch kein Autor eine Homologie solcher Organe mit denen der Anneliden zu begründen ver- sucht. B£rı Harzer hat die »Seitenorgane« bei Fissurella und Trachus beschrieben; dass diese nach meiner Ansicht in der That Sinnesorgane der Seitenlinie sind, haben wir früher erfahren. Bei Pterotrachea sind die »Seitenscheiben« von Epıneer ! und Pıner#? in eine funktionelle Beziehung zu den Seitenorganen der Fische gebracht worden. Es sind kreisrunde Scheiben von verschiedener ! Die Endigung der Hautnerven von Pterotrachea. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XIV. 4877, * Beiträge zur Histologie der Pteropoden und Heteropoden. Ibid. Bd. XXIV. 1885. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 419 Größe, welche hauptsächlich in der Umgebung der Bauchflosse stehen, aber auch an den Seiten fast des ganzen Körpers vertheilt sind. Ihre Verbreitung entspricht also ungefähr derjenigen der Seitenorgane von Haliotis. Sie bestehen aus großen Becherzellen, wie Epiınser richtig angiebt — man kann sich durch entsprechende Färbung leicht davon überzeugen — mit rundlichen grundständigen Kernen; zwischen diesen Zellen liegen kleinere Flimmerzellen. In der Mitte ist eine Stelle allein aus solehen Flimmerzellen zusammengesetzt, die nach außen sich ver- breitern und hier bei den größeren Scheiben in einen »fadenförmigen Fortsatz« übergehen. Dieser scheint lediglich aus Epithelzellen zu be- stehen, auch Pıneru bemerkt »kein Lumen«. Wenn dieser Autor ge- sehen hat, dass der Fortsatz einer ausgeschnittenen Scheibe » fortwäh- rend in rascher Bewegung« war, »er windet sich, krümmt sich, kreist um seinen: Ansatzpunkt ete.«, so dürfte diese Erscheinung als eine passive Bewegung, welche durch die starke Flimmerung hervorge- rufen wird, anzusehen sein. Ein Nerv tritt nach Evıncer an die Scheibe, doch konnte in den centralen Faden kein Zweig verfolgt werden. Die Frage, ob hier Sinnesorgane der Seitenlinie vorliegen, dürfte dadurch zu beantworten sein, dass man bei denjenigen Gastro- und Heteropo- den, welche die Rhipidoglossen mit Pterotrachea verbinden, das Vor- handensein oder die Abwesenheit entsprechender Organe nachwiese. Für die Rückenaugen von Onchidium hat Semper ! diese Frage bereits beantwortet und hat ihre Entstehung aus Tastorganen innerhalb der Gattung klargelegt. Ferner beschreiben P. und F. Sarasıy? bei Embryonen von Helix Waltoni »Seitenorgane«. Wenn diese Autoren die Seitenorgane von Fischen und von Ichthyophis damit vergleichen, so ist klar, dass mit solcher Vergleichung recht wenig gewonnen ist, da die pulmonaten Gastropoden mit den Wirbelthieren doch etwas weitläufig verwandt sind. Diese Organe der Helix-Embryonen liegen meist an den »Sinnes- platten« des Kopfes, und dieser Umstand spricht kaum für eine Deutung als Seitenorgane. Da die Pulmonaten doch allgemein von den Opisthobranchiern her- geleitet werden, so würde es empfehlenswerther sein, bei diesen Thieren nach homologen Sinnesorganen zu suchen. Hier aber ist bisher von Seitenorganen noch nichts bekannt, während die von Haliotis in der Lage nur ziemlich oberflächlich diesen der Helix-Embryonen entsprechen. Bei manchen Opisthobranchiern sind becherförmige Organe beschrieben ! Reisen im Archipel der Philippinen. III. Ergänzungsheft. Wiesbaden 1870— 1882. | ?® Ergebnisse naturwissenschaftl. Forschungen auf Ceylon. Bd. I. 2. ar 420 Johannes Thiele, worden, und diese scheinen mir nicht nur durch ihre Lage amı Kopfe, son- dern auch durch ihren Bau eine größere Ähnlichkeit mit den fraglichen Organen der Helix-Embryonen zu haben, als irgend welche Seitenorgane von Wirbellosen. Dabei muss jedoch hervorgehoben werden, dass beide Arten von Sinnesorganen eine gewisse Verwandtschaft nicht verkennen lassen, wie oben bemerkt wurde. | Ferner sei hier eine Notiz von Leypıc ! erwähnt, in welcher eine Reihe von Sinnesorganen aufgezählt wird, welche wie die Punktaugen der Arthropoden, die Nebenaugen von Chauliodus und Andere »durch ihren Bau zu den Becher- oder Knospenorganen hinüberführen«, neben den Seitenorganen und Seitenaugen von Polyophthalmus »die Augen und Hautsinnesorgane in der Schale von Chitonen, — — die Rücken- augen von Onchidium und die Mantelaugen von Pecten«, doch ist hier keine morphologische Begründung einer Homologie dieser Organe ver- sucht worden. Während ich also auch bei Mollusken das Verhandensein von Sin- nesorganen der Seitenlinie konstatirt zu haben glaube, homolog denen der Anneliden, so drehten sich meine Erörterungen über das Nerven- system hauptsächlich um die Frage nach Äquivalenten der Bauchstränge und der Seitenstränge des Urmollusks. Letztere hängen ursprünglich mit den Sinnesorganen der Seitenlinie zusammen und sind in den meisten Fällen dadurch erkennbar; hinten liegen sie über dem Darm. Die Bauchstränge sind beim Urmollusk unter einander und mit den Seitensträngen durch zahlreiche Nerven verbunden; dieses Verhalten ist in den meisten Fällen an den abgeleiteten Nervensystemen erkenn- bar und dann für die Homologie ein schwerwiegender Grund. Homo- loga der Bauchstränge sind bei Lamellibranchiern die beiden ventralen Ganglienpaare, welche ich als vordere und hintere Bauchganglien be- zeichne, mit ihren Connectiven, ferner die sogenannten Pedalganglien der Gastropoden, zu denen die Pleuralganglien gehören, endlich das Bauchmark der Anneliden. Nachdem im Vorhergehenden eine Homologie der Bestandtheile des Nervensystems verschiedener Thiergruppen begründet worden ist, möge hier nun eine Charakteristik dieser Theile versucht werden, wie sie sich bei einem solchen Vergleiche und bei einer Berücksichtigung der ontogenetischen Verhältnisse ergiebt. Als das Centrum des ganzen Nervensystems betrachtet man mei- stentheils die beiden Gerebralganglien. Ihre Entstehung ist sehr genau bekannt geworden bei Anneliden, hauptsächlich durch KLEINENBERG'S 1 Das Parietalorgan der Wirbelthiere. Zool. Anz. Nr. 262. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 421 Entwicklungsgeschichte des Lopadorhynchus. Danach entstehen sie zum größten Theile aus den Sinnesorganen der »Umbrella«; sie sind daher als vorwiegend sensible Gentren anzusehen. Von Bedeutung ist auch Seumper’s Angabe, dass bei der Strobilation der Naiden von der Seitenlinie aus »in der Kopfzone die Einwucherung der Sinnesplatte erfolgt. Diese letztere kann man daher als eine direkte Verlängerung der Seitenlinie betrachten« (l c., p. 215). Bei Mollusken sind diese Verhältnisse noch nicht genügend er- forscht, doch glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich auch ihre Cere- bralganglien im Allgemeinen als vorwiegend sensible Gentren betrachte, indem ich eine ähnliche Entstehung voraussetze. Aus Allem, was von den Seitensträngen gesagt worden ist, geht hervor, dass auch sie in der Hauptsache sensible Centren sind und offenbar entstanden im Anschluss an die Sinnesorgane der Seitenlinie. Einigermaßen verschieden von ihnen sind die Bauchstränge. Bei Polycladen findet sich auf der Bauchseite ein reiches Geflecht gangliöser Nerven, welche nach meiner Ansicht als die Gentren der hier stärker als dorsal entwickelten Muskulatur anzusehen sind. Zwei Längsnerven, die von den Cerebralganglien nach hinten ausgehen, sind konstant vor- handen und sie werden um so stärker, je höher die Thiere stehen, na- mentlich treten sie nach Arn. Lang bei Prosthiostomum hervor, welches Thier das höchstentwickelte unter den cotyleen Polycladen sein soll. Diese Verstärkung dürfte dadurch geschehen, dass sich die Ganglien- zellen der benachbarten Nerven in diesen beiden Hauptsträngen kon- centrirten. Das ist dann bei den höheren Thieren in noch weit höherem Maße geschehen und so sind die Bauchstränge entstanden, welche auch noch bei Chiton und Haliotis nur einen Haupttheil der Muskelcentren des Fußes darstellen, da zahlreiche gangliöse Stränge von ihnen aus- gehen, die zwischen den Muskeln hindurchziehen; auch von Proneo- menia sagt HusrecHt: »Even in the commissures nerve-cells are not wholly absent.« Was KrLEmengere von der Entstehung des Bauchmarkes bei Lopadorhynchus angiebt, scheint mir mit meiner Ansicht in Ein- klang zu stehen, denn es geht daraus die genetische Beziehung zur Muskulatur hervor, welche ich voraussetze. Auch bei Mollusken sind die Bauchstränge hauptsächlich motorische Centren. Bei Chiton und Haliotis enden die Nerven meist über der Sohle, wo sie zwar mit den dort befindlichen Sinneszellen jedenfalls in Verbindung stehen, jedoch kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Fußmuskulatur von ihnen inner- virt wird; ähnlich ist es bei Proneomenia. Bei Arca versorgen die vor- deren Bauchganglien den größten Theil der Fußmuskeln, woher sie ja als Pedalganglien bezeichnet werden, jedoch werden gerade die größ- 422 Johannes Thiele, ten Muskeln des Muschelleibes von den hinteren Bauchganglien inner- virt, die großen hinteren »Byssusmuskeln« und der hintere Schalen- schließer. Wie wir früher gesehen haben, ist ein Theil der gangliösen Bestandtheile der Bauchstränge mit den Cerebralganglien vereinigt, daher kann es nicht überraschen, dass von diesen die Nerven zu dem vorderen Schalenschließer abgehen. Ein physiologisches Experiment, welches Steiner ! angestellt hat, bestätigt meine Anschauung von der Natur der ventralen Gentren von Mollusken. Bei Pterotrachea mutica tritt »nach Entfernung des Cere- bralganglions — keine Bewegungsstörung auf, aber es verschwindet jede Bewegung nach Zerstörung des Pedalganglions. Letzteres enthält also das allgemeine Bewegungscentrum, welches aber zugleich das einzige Bewegungscentrum des Körpers ist. Da die einseitige Abtra- sung des Fußganglions unter diesen Umständen: von besonderem Inter- esse war, wurde dieselbe bei einer ähnlichen pelagischen Form, der Cymbulia, ausgeführt und ergab Kreisbewegung um die verletzte Seite«. Die biologische Bedeutung der Visceralkommissur ist mir eben so unbekannt wie ihre ontogenetische Entstehung, doch ist sie sicherlich motorisch und es ist möglich, dass die Innervirung des Spindelmuskels ihr ursprünglicher Hauptzweck gewesen und vielleicht auch zur Erklä- rung ihrer morphologischen Verhältnisse zu verwenden ist. Es stehen sich demnach gegenüber einerseits Gere- bralganglien und Seitenstränge, andererseits die Bauch- stränge; jene sind vorwiegend sensibel, diese motorisch. Es scheint mir das eine beachtenswerthe Thatsache, welche auf die Art und Weise, wie das Nervensystem funktionirt, einiges Lieht wirft. Die sensiblen Gentren hängen mit den motorischen durch eine große Zahl von Nerven zusammen (vgl. Taf. XVII, Fig. 2,5—7); wennjene durch die Sinnesorgane, zu denen sie gehören, einen Reiz von der Außenwelt her percipiren, so werden sie durch diese Nerven auf die Bauchstränge eine Einwirkung ausüben, in Folge deren die Muskulatur zu einer ent- sprechenden Aktion veranlasst wird. So stellen in physiologischer Hin- sicht eigentlich die Bauchstränge das Centrum des Nervensystems dar, wie bei den niederen Fischen das Rückenmark, weil auf sie doch zu- letzt alle Eindrücke einwirken müssen, ehe eine aktive Thätigkeit des Thieres zu Stande kommt. Eine solche gegenseitige Beziehung der Bestandtheile des Nerven- systems ist häufig in den morphologischen Verhältnissen deutlich er- ! Über die Physiologie des Nervensystems einiger wirbellosen Thiere. Tage- blatt der 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Wiesbaden. p- 254. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 493 kennbar, öfters jedoch sekundär verwischt. So sind bei Proneomenia die Seitenorgane rückgebildet; das dorsale am Hinterende liegende Organ mag vielleicht hierher zu rechnen sein. Bei Haliotis und Chiton rubieundus sind die Bestandtheile ganz gesondert und die charakte- ristische Verbindung der Bauchstränge mit den Seitensträngen ist er- halten. So verhält es sich auch bei den Chaetopoden, welche Sinnes- organe der Seitenlinie besitzen. Die Lamellibranchier zeigen eine Rückbildung der Sinnesorgane des Gehirns, von denen nur die Otocysten erhalten sind; dafür haben die Gerebralganglien motorische Ganglien- zellen aufgenommen. Die Seitenorgane sind meist hoch entwickelt und sie hängen mit den motorischen CGentren durch die Mantelnerven zusammen, mit den vorderen Bauchganglien allerdings nur indirekt. Ich möchte hervorheben, dass die Sinnesorgane in der hinteren Hälfte des Thieres ganz bedeutend überwiegen; hier liegen bei Asiphoniaten die Speneer’schen »Geruchsorgane«, welche den Gehalt des Wassers an feinen suspendirten Bestandtheilen prüfen mögen, hier die abdominalen Sinnesorgane, die jede Wasserbewegung, welche ein in der Nähe vorbeischwimmendes Thier hervorruft, zur Wahrnehmung bringen, wenn meine Ansicht von der Funktion dieser Organe richtig ist, und auch die Augen am Mantelrande sind hier zahlreicher als vorn, welche den Schatten eines Feindes percipiren können. Bei Siphoniaten sind es hauptsächlich die Sinnesorgane an der Öffnung des Einströmungssipho. Es sind dies diejenigen Sinnesorgane, welche mit den hinteren Bauch- ganglien direkt zusammenhängen, und wie wir erfahren haben, werden von diesen Ganglien die großen Byssusmuskeln und der hintere Scha- lenschließer innervirt, diejenigen Muskeln, welche vor allen anderen zum Schutze des Thieres gebraucht werden: der eine zieht den Fuß in die Schale zurück, der andere schließt diese. Die vorderen Bauch- ganglien setzen dagegen diejenigen Fußmuskeln in Bewegung, welche zur Ortsbewegung dienen. Rawırz stellt am Schlusse seiner Arbeit über »das centrale Nerven- system der Acephalen« (Jen. Zeitschr. f. Naturw. XX, 1887) über die Bedeutung der hinteren Bauchganglien Erörterungen an, in denen er zu dem Schlusse kommt, diese Centren stehen »in keinem Zusammen- hang mit der Kiemenausbildung, sondern mit der Ausbildung des Man- telrandes« (p. 67); Ersteres gebe ich zu, weil die Kiemen ihre eigenen CGentren haben, Letzteres nicht. Denn bei Ostreaceen sind nicht nur die Sinnesorgane, sondern auch die Schalenschließer stark entwickelt und Rawırz beweist nicht, dass die hinteren Bauchganglien wirklich Gentren der Sinnesorgane am Mantelrande sind, während er selbst bei Pecten und Lima »vier bis fünf und mehr Muskelnerven jederseits« (p. 9) be- 424 Johannes Thiele, schreibt; sonst pflegt nur ein Paar vorhanden zu sein. Daher kann ich in seinen Auseinandersetzungen keinen Grund finden, die hinteren Bauchganglien für sensible Centren zu halten. Wenn in den vorliegenden Erörterungen ein Gegensatz zwischen Ganglien und Nerven meist unberücksichtigt geblieben ist, so wird es vielleicht zweckmäßig sein, einige Worte über die Berechtigung dazu beizufügen. Diese glaube ich aus der vergleichenden Betrachtung des Nervensystems der niedersten Metazoen, der Coelenteraten und Poly- claden, entnehmen zu dürfen. Zuerst ist das Nervensystem, so weit es nicht noch im Epithel zu suchen ist, ein Geflecht der Fortsätze ver - einzelter Ganglienzellen, welche die Muskelfasern unter einan- der und mit Sinneszellen verbinden. Dann vereinigen sich die Gan- glienzellen mit einander und es entstehen so die reichverzweigten gangliösen Nerven der Polycladen als zweites Stadium. Wieder weiter ziehen sich die Ganglienzellen an einzelnen Orten zusammen, und aus dem Nervennetz restiren einfache Verbindungen der Ganglien- knoten; dadurch bildet sich erst ein Gegensatz aus zwischen Ganglion und Nerv zwischen centralem und peripherischem Nervensystem. In der Reihe der Mollusken, namentlich der Prosobranchier, ist dieser Vorgang mit ausgezeichneter Klarheit zu verfolgen. Ursprünglich war das ganze System central, alle Nerven waren gangliös. Nur durch diese Annahme erhält man eine ungezwungene Erklärung der Thatsache, dass bei höheren Thieren getrennt angelegte Ganglien ontogenetisch scheinbar sekundär durch Nerven in Verbindung treten. Auch ergiebt sich daraus, dass für die vergleichend-morphologische Betrachtung ein Gegensatz zwischen Ganglion und Nerv in so fern nicht existirt, als Ganglienknoten und ihre Connective homolog sind den gangliösen Nervensträngen niederer Formen, aus denen sie hervorge- gangen sind. Auch will ich bemerken, dass bei einer Eintheilung der Ganglien in centrale und peripherische sich für die vergleichende Mor- phologie der niederen Thiere nur Nachtheile herausstellen, denn homo- loge Theile können bei Verwandten einmal für peripher, ein anderes Mal für central angesehen werden, wie die Nerven der Krause von Ha- liotis und die Seitenstränge von Chiton; wo will man da eine Grenze ziehen? Bei den niederen Mollusken, die wir hier hauptsächlich behandelt haben, sind, von den Muskelnerven abgesehen, die meisten sogenannten. peripherischen Nerven Verbindungen von Ganglien, also Con- nective nach Sprxszr’s Bezeichnung, so bei Lamellibranchiern die Mantelnerven, welche die Cerebral- und hinteren Bauchganglien mit dem Mantelring verbinden, und die Eingeweidenerven, durch welche Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 435 die hinteren Bauchganglien mit den gangliösen Bestandtheilen des Trac- tus renopericardialis zusammenhängen!, so bei Haliotis namentlich die Nerven, welche von den Bauchsträngen zur Krause gehen, entsprechend bei Chaetopoden die Verbindungen der Seitenorgane mit dem Bauch- mark. Ich hebe diesen Umstand ausdrücklich hervor, weil ich die Nichtbeachtung desselben für die Ursache der bisherigen meiner An- sicht nach unrichtigen Anschauungsweise über das Nervensystem der besprochenen Mollusken halte. Zum Schluss nun noch in Kürze einige Bemerkungen über histo- logische Verhältnisse des Nervensystems. Wenn wir auch fast von keinem der Ganglien werden annehmen dürfen, dass es rein sensibel oder rein motorisch sei, so drückt sich doch ein entschiedener Gegensatz aus zwischen den Bauchsträngen einerseits und den übrigen Hauptcentren andererseits, wie in den In- nervirungsverhältnissen, so auch im histologischen Bau. Freilich ist das nicht immer auf den ersten Blick deutlich, so zeigt namentlich das Nervensystem der Amphineuren fast in allen Theilen sehr ähnliche Ele- mente, doch muss ich bemerken, dass meine Studien in dieser Bezie- hung sich auf solches Material beziehen, welches für diese Frage nicht sehr beweiskräftig ist, nämlich fast nur auf junge Thiere, und ein- gehende Untersuchungen der erwachsenen Exemplare werden viel- leicht auch hier Unterschiede erkennen lassen. Diejenigen Ganglien, welche am reinsten, zum Theil sogar voll- kommen sensibel sind, sind die einzelner Sinnesorgane. Bei Polychae- ten betrachtet Eısıe die Region der »Körner« in den Seitenorganen als Ganglion der letzteren; dieses besteht aus kleinen Zellen mit rundlichen Kernen von 2—% u Durchmesser. Zum Vergleiche erwähnt Eısıc ähn- liche Zellen aus den Otocysten von Octopus und Pterotrachea. In den Augen von Arca werden nach Pırten die »Retinulae« in frühen Stadien zu Ganglienzellen; die Kerne derselben sind klein, färben sich tief und enthalten nie Kernkörperchen. Ähnlich sind die Körnerzellen der ab- dominalen Sinnesorgane, deren Kerne 3—4 u im Durchmesser haben, und die unter dem Epithel gelegenen Ganglienzellen. Auch die Ganglien 1 Die Innervirung des Magens von Arca habe ich bisher nicht feststellen können. RAawırz behauptet (l. c., p. 5) »bei den Unioniden entspringt eine große Anzahl von Nerven für die Eingeweide aus den Pedalganglien, eben so bei den Arcaceen«; das könnte vielleicht für den Verdauungstract seine Richtigkeit haben, bei anderen Muscheln sind indessen von mehreren Autoren (Duvernoy bei Mytilus, EeGEr bei Jouannetia) Magennerven beschrieben, die von den Connectiven der Cerebral- und hinteren Bauchganglien entspringen. 426 - Johannes Thiele, der Seitenorgane von Fissurella scheinen nur kleine Kerne zu enthal- ten. Sehr gut lässt sich die Eigenartigkeit des Baues sensibler Gan- glien erkennen bei vielen Opisthobranchiern, z. B. bei Philine, Bulla. Man kann hier auf den ersten Blick erkennen, ob man ein Sinnesorgan- ganglion vor sich hat oder nicht. Ein Blick auf Fig. 13 wird das erläu- tern. Die sehr zahlreichen Kerne haben eine Größe von 2—3 u. In allen diesen Fällen zeichnen sich die Ganglienzellen durch ge- ringe Größe ihrer Kerne, häufig (oder immer?) durch das Fehlen von Kernkörperchen, hauptsächlich aber durch die Kleinheit des Zellkör- pers aus, welcher durch zwei oder mehr Fortsätze mit den anderen in Verbindung steht. Indem ich weiter mich zu den Cerebralganglien wende, will ich erwähnen, dass dieselben schon bei den Polycladen eine Zusammen- setzung aus zwei durch ihre verschiedenen Zellarten kenntlichen Thei- len zeigen (Fig. 12). Die vordere Hälfte der Zellrinde wird von einer dieken Schicht kleiner Zellen, die hintere von bedeutend größeren und weniger zahlreichen Zellen gebildet. Berücksichtigen wir nun, dass aus dem Vordertheile die Nerven zu den Sinnesorganen, aus dem hinteren dieselben entspringen, die zu dem motorischen Plexus gehen, so werden wir, wie ich glaube, kaum zweifelhaft sein können, dass die kleinen Zellen zu den Sinnesorganen, die großen zu dem motorischen Plexus gehören, und wir erkennen ferner die Zusammensetzung der Cerebralganglien aus einem vorderen sensiblen und einem hinteren motorischen Antheil. Bei Notomastus beschreibt Eısıe die Anordnung der zelligen Bestandtheile in den oberen Schlundganglien so: »Die Ganglienzellen der Augenlappen sind klein, multipolar, oft körnerähn- lich; eben so sind die distalen Theile der vorderen Hauptlappen aus solch’ kleinen Zellen zusammengesetzt; in den proximalen Theilen die- ser Lappen dagegen walten, besonders peripherisch, große, scheinbar unipolare Zellen vor. Die hinteren Lappen enthalten in den äußersten Lagen ebenfalls große, scheinbar unipolare Zellen, welchen nach innen zu kleine, multipolare folgen. Die dünne Zellenlage des ventralen Lap- pens endlich wird ausschließlich von auffallend großen, unipolaren Ganglienzellen zusammengesetzt.« KLEINENBERG giebt an, dass rundliche »automatische« und große birnförmige »Reflexzellen« sich außer den Sinneszellen der verschiedenen Antennen und der »Geruchsorgane« am Aufbau des Kopfganglions von Lopadorhynchus betheiligen, dass die- selben aber alsbald verschwinden. »Späterhin sondert sich die Masse des Gehirns wieder in regelmäßig vertheilte Gruppen von Zellen, die nach Größe, Form und Beschaffenheit stark von einander abweichen «, doch konnte Kıeinengere nicht nachweisen, »ob diese bleibenden Diffe- Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 427 renzirungen — — auf die ungleichartigen Elemente, welche sich zur Herstellung des Kopfganglions vereinigen, zurückzuführen sind« (l. e5.P: 22): Die Cerebralganglien von Rhipidoglossen enthalten nach B£r4 Harzer keine »Dreieckzellen«, welche in den Pedalsträngen durch ihre Größe sich von den übrigen Elementen unterscheiden. Bei Opistho- branchiern sind die Zellen der Cerebralganglien zwar nicht so groß wie die in den Pedalganglien, doch tragen sie nicht den Charakter der sen- siblen Ganglien an sich, welche vielmehr als eigene Centren sich ihnen anschließen. Man kann daher diese Gerebralganglien mit dem hinteren Theile derjenigen von Anneliden vergleichen, etwa dem ventralen Lap- pen von Notomastus, wobei die Frage offen bleibt, ob hier eine Homo- logie oder Analogie besteht. Die vorderen Hauptlappen, die Augenlappen, sowie die hinteren Lappen von Notomastus haben ihre entsprechenden Theile in den eigenen Ganglien der Sinnesorgane von Opisthobranchiern, mit denen sie eine ziemlich große Ähnlichkeit besitzen. Die Bauchstränge zeigen mehr oder weniger deutliche Verschie- denheiten von den Cerebralganglien. Sehr ausgeprägt sind solche nach FrIEDLÄNDER ! bei Lumbricus, denn während in den Ganglien des Bauch- marks nur oder doch vorwiegend große Zellen vorkommen, bildet in den Cerebralganglien die Hauptmasse der nervösen Zellen eine sehr mächtige Schicht kleiner Zellen, die große Ähnlichkeit mit denen der sensiblen Ganglien haben. Bei Polychaeten sind meist solche kleine Zellen auch im Bauchmark vorhanden, jedoch viel vereinzelter als in den Cerebralganglien. B£ra Harzer beschreibt in den Pedalsträngen der Rhipidoglossen große »Dreieckzellen«, die mit kleineren Zellen in Verbindung stehen. Vergleicht man damit den Plexus im Herzen dieser Thiere, welcher doch ohne Zweifel motorisch ist, so ergiebt sich eine große Ähnlichkeit die- ser Dreieckzellen mit denjenigen im Herzen, welche durch einen »Pro- toplasmafortsatz« direkt mit Muskelkernen in Verbindung treten und daher doch wohl die eigentlich motorischen Elemente sind, während die kleinen multipolaren Zellen der Verbindung dienen dürften. In den Pedalsträngen sind die Verhältnisse viel komplieirter als im Herzen, jedoch scheint mir ein prineipieller Gegensatz zwischen den Dreieck- zellen und kleineren Verbindungszellen unverkennbar zu sein, und es liegt nahe, die ersteren hier als die motorischen Elemente in Anspruch zu nehmen. Bei den Ichnopoden erlangen diese in den Pedal- und Pleuralganglien häufig eine riesenhafte Größe und sind dadurch von 1 Beiträge zur Kenntnis des Centralnervensystems von Lumbricus. Diese Zeit- schrift. Bd. XLVII. 428 Johannes Thiele, den kleinen sensiblen und Verbindungszellen mit größter Leichtigkeit zu unterscheiden. Die Hauptganglien von Arca, welche ja der Haupt- sache nach motorische Centren sind, zeigen in ihren zelligen Bestand- theilen Ähnlichkeit mit denen in den Pedalsträngen der Rhipido- glossen. Aus den angeführten Thatsachen möchte ich den Schluss ziehen, dass beiden meisten MolluskenundChaetopodendiemoto- rischen Ganglienzellen sich durch bedeutendere Größe des Kernes wie des Zellleibes, auch durch das Vorhanden- sein eines Nucleolus von den sensiblen unterscheiden. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen den sensiblen und den Verbindungszellen in morphologischer Hinsicht kaum bestehen dürfte, da jene doch auch eine Verbindung vermitteln zwischen den Sinnesepithelien einerseits und den motorischen Zellen andererseits. In wie weit hier physiolo- gische Unterschiede existiren, ist schwer zu sagen. Vielleicht kann man die Gesammtheit der motorischen Zellen als den Sitz des Willens, die Verbindungszellen als den der Empfindung betrachten. Zusammenfassung. Da die Ergebnisse vorliegender Arbeit, namentlich die hier zum ersten Male mitgetheilten Thatsachen, wegen des Planes des Ganzen wenig übersichtlich sein mögen, so sollen die Hauptsachen hier in Kürze zusammengefasst werden. Es wurden bei einem kleinen mittelmeerischen Chiton, der viel- leicht wegen der Abweichungen von anderen Arten zum Repräsentanten einer eigenen Gattung zu machen sein wird!, in der Schale steckende augenähnliche Gebilde beschrieben, welche mit den durch Moserey be- kannt gewordenen »Augen« anderer Chitonen weitgehende Unterschiede zeigen; außerdem bewegliche Borsten am Rande des Körpers, welche vermuthlich zum Tasten dienen. Im Nervensystem sind die als Cerebralganglien gedeuteten An- schwellungen des dorsalen Schlundringes, der unmittelbare Zusammen- hang des letzteren mit den vorderen Eingeweideganglien und vor Allem ! Ähnlich den Unterschieden in den Nervensystemen von Neomenia und Pro- neomenia sind die zwischen den bisher untersuchten Chitonen und unserem Chi- ton rubicundus, daher würde bei der Aufstellung einer neuen Gattung der-Name Prochiton diesem Verhalten am besten Ausdruck geben; für diese Gattung wür- den außer den beschriebenen Connectiven zwischen Bauch- und Seitensträngen auch die beweglichen Tastborsten charakteristisch sein, während dorsale Augen ja auch sonst vorkommen, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 429 die zahlreichen Connective zwischen Bauch- und Seitensträngen von Wichtigkeit. Bei einer Proneomenia! habe ich ähnliche Hypodermisfortsätze, wie sie Husreenr als Borstenträger bei Proneomenia Sluiteri beschreibt, gefunden, in ihnen aber keine Spicula wahrgenommen und ich halte dieselben für Hautsinnesorgane. Junge Thiere von Arca Noae haben vorn im Mantel zwei verhält- nismäßig große Pigmentbecher, deren Konkavität nach den Seiten ge- richtet ist. Seitenorgane, wie sie ähnlich bei Fissurella und Trochus bekannt sind, habe ich bei Haliotis beschrieben; dieselben sind hier nicht auf die Krause (Epipodium) beschränkt, sondern finden sich auch an anderen Stellen des Körpers. Die Kopffühler wurden als die vorderen Endten- takel der Krause gedeutet. Im Nervensystem von Haliotis wurde hauptsächlich die Sonderung des oberen Schlundringes in drei über einander gelegene Abschnitte beschrieben, von denen der unterste sich ablöst, um eine Kommissur unter dem Schlunde zu bilden, während die beiden oberen in die Pleu- ropedalconnective übergehen. Lacaze-Dutniers’ Darstellung von den Verhältnissen des Schlund- ringes von Dentalium wurde berichtigt und ein Subradularorgan, wie es bei Chiton vorhanden ist, beschrieben. Ferner wurde vergleichend-anatomisch begründet, dass die oberen Schlundganglien der Polycladen, Anneliden und der Solenogastres nicht den Cerebralganglien der Mollusken homolog sind, sondern dass diese CGentren vielmehr den seitlichen Schlundganglien von Neomenia ent- sprechen dürften. Dem kleinen Schlundringe der Solenogastres homologe Bildungen fanden wir bei den Anneliden, bei Chiton, Haliotis, Dentalium und Meleagrina (nach Mayaux); vordere Eingeweideganglien fehlen bei den Solenogastres und den Anneliden, sind dagegen bei Chiton, Dentalium, Meleagrina und allen übrigen hier behandelten Mollusken, mit Aus- nahme der Lamellibranchier, vorhanden. Als Sinnesorgane der Seitenlinie, homolog denen der Chaetopoden, 1 Durch die Güte des Herrn Dr. Eısıe erhielt ich einige Neapler Amphineuren. Das früher erwähnte »Proneomenia-ähnliche Thier« ist ohne Zweifel eine Proneo- menia, welche durch geringere Größe (Länge circa 3 cm, Dicke 4,5 mm) sich von der durch Husrecart beschriebenen Art unterscheidet, in der Organisation aber mit dieser in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt; da von ihr meines Wissens in der Litteratur noch nichts erwähnt ist, so will ich sie Proneomenia neapolitana benennen. 430 Johannes Thiele, betrachte ich die Sinnesorgane am Mantelrande der Lamellibranchier, die der Krause von Rhipidoglossen, und aus homologen Cirren sind auch die Chitonkiemen hervorgegangen. Damit steht im Zusammen- hange, dass den Seitensträngen der Amphineuren die Seitenorgangan- glien der Chaetopoden, der Mantelrandnerv von Lamellibranchiern, die Ganglien in der Krause der Rhipidoglossen ! homolog sind, während den Bauchsträngen das Bauchmark der Anneliden, die beiden ventralen Ganglienpaare der Muscheln, von denen das vordere das Centrum für die Ortsbewegung, das hintere für den Schutz des Thieres ist, und die Pedalganglien der Gastropoden entsprechen. Endlich wurde ein gewisser Gegensatz behauptet zwischen den Bauchsträngen einerseits und den Seitensträngen und Cerebralganglien andererseits, ein Gegensatz, der sich in den Innervirungsverhältnissen und manchmal auch deutlich in dem histologischen Bau der Centren ausdrückt; die Bauchstränge und ihre Homologa entsprechen in ihrem Gesammtcharakter dem Rückenmark der Chordaten. Berlin, im Mai 1889. 1 In einer mir nachträglich durch die Güte des Verfassers zugekommenen Ar- beit von PELSENEER (Sur le pied et la position syste&matique des Pteropodes. Extr. des Mem. de la Soc. R. Malacol. de Belg. T. XXIII) wird am Fuße von Pectunculus ein Wulst erwähnt, welcher dem Epipodium von Trochus entsprechen soll. Ich finde zwar bei konservirten Thieren hin und wieder etwas Derartiges, in ande- ren Fällen aber nicht, und ich sehe in (der beschriebenen Bildung nichts weiter, als eine durch die Zusammenziehung des Fußes bewirkte Faltung, welche in keiner Hinsicht dem Epipodium der Rhipidoglossen an die Seite gesetzt werden kann. Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. 431 Erklärung der Abbildungen. Tafel XVI. Mit Ausnahme von Fig. 4, 5 und 9 sind alle Umrisse mittels Agge’schen Zeichen- apparates entworfen; die dabei angewandten Systeme sind bei den einzelnen Figuren angegeben. - Fig. 1a—h. Querschnitte durch das Nervensystem von Chiton rubicundus. Seı- BERT Ill, 4 (doppelte Höhe des Objekttisches). a—d, Cerebral- und vordere Einge- weideganglien; zwischen a und b fehlt ein Schnitt!, d&—d auf einander folgende Schnitte. In Fig. 4e ist vE, der zweite Knoten der vorderen Eingeweideganglien, c, Connectiv zwischen dem ersten Knoten und dem unteren Schlundringe. In Fig. Afist V, Bauchstrang, uS, unterer Schlundring; ab bezeichnet die Medianlinie. In Fig. 4g bezeichnet Z den Seitenstrang, Sr Ganglion des Subradularorgans. Fig. Ah Schnitt durch einen Bauchstrang in der Gegend der vordersten Kommissuren (com) und Connective (con) zu den Seitensträngen. Fig. 2a—p. Querschnitte durch den Schlundring von Haliotis tuberculata. SEI- BERT I, 4 (Höhe des Objekttisches). m, Rüsselnerven; £, Tentakel-, oc, Augennerv; ep, Nerven der Krause; vE, vorderes Eingeweideganglion; c, dessen Connectiv, das sich in Fig. 2n mit dem Schlundring vereinigt; «S, unterer Schlundring; in Fig. 20 allein gezeichnet; Sr, Subradularnerv. Fig. 3a—g. Querschnitte durch die Pleuropedalganglien desselben Thieres, schwächer vergrößert, ZEıss A ohne Endlinse, 2. ot, Otocysten, bei ac Ursprung des Nervus acusticus; I!p, linker, rp, rechter Mantelnerv; plc, Pleural-, pc, Pedal- kommissur; vc, Visceralkommissur. Fig. 4. Chiton rubicundus von oben, vergrößert; die Randborsten sind nur rechts gezeichnet. Fig. 5. Stück der Krause einer Haliotis tuberculata. S, Schale; T, Taster. Fig. 6. Schnitt durch ein Seitenorgan (So) derselben in retrahirtem Zustande. Bei it Anfang eines Tasters; v, Blutgefäß; in, Tasternerv ; n, Nerv des Seitenorgans; rm, Retractoren; em, Elevatoren des Sinnesorgans. SEIBERT III, 4, Fig. 7. Äußere Schalenschicht (Tegmentum) mit Sinnesorganen aus einem Querschnitt von Chiton marginatus. SEIBERT III, A. Fig. 8. Auge im Tegmentum aus einem Querschnitt von Chiton rubicundus. SEIBERT V, A. I, Linse; g, Ganglion; n, Verbindungsstrang; ep, Hypodermis. Fig. 9a, b. Embryonale Augen von Chiton Polii nach KowALEvsKY. q, jüngeres, b, älteres Stadium. Fig. 40. Vorderer Theil eines frontalen Längsschnittes durch eine kleine Arca Noae mit den zwei Pigmentbechern (oc) im Mantel. Aa, Adductor anterior. Bei a ist derselbe Schnitt in natürlicher Größe gezeichnet. SEıBERT III, 4, Fig. 14. Borstenträger am Rande von Chiton rubicundus. SEIBERT V,4. Ct, Cuti- cularschicht. Fig. 12. Sagittaler Längsschnitt durch ein Cerebralganglion eines kleinen Thy- sanozoon Brocchii. Zeiss D, 2. a, vorn, p, hinten; oc, Augen. Fig. 43. Querschnitt durch ein »Tentakelganglion« (T) von Bulla hydatis; C, Cere- bralganglion. Zeıss D, 2. 432 Johannes Thiele, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. Tafel XVII. Nervensysteme in schematischer Darstellung von der Ventralseite; der End- darm (an) ist in Fig. —5 angedeutet, um die dorsale Lage der roth gezeichneten Seitenstränge zu bezeichnen. Fig. 4. Polycladenähnliches Urmoilusk. C, Cerebralganglien (obere Schlund- ganglien); V, Bauchstränge; L, Seitenstränge; A, Augen; T, Tentakeln; K, Kiemen; Grp, Ganglien des Tractus renopericardialis; R, kleiner Schlundring. Fig. 2. Proneomenia nach HuBRrEcHT. Fig. 3. Neomenia nach von GRAFF. C}j, sekundäre Cerebralganglien (seitliche Schlundganglien). Fig. 4. Chiton rubicundus; Eingeweidenerven nach BELA HALLErR. Gc, Herz- ganglien; Gr, Ganglien der Niere, m, des Magens; T, Kiemen; A, embryonale Augen. Fig. 5. Arca Noae. Va, vordere, Vp, hintere Bauchganglien; L, Mantelring. Fig. 6. Haliotis mit Benutzung von LAcAzE-Dutniers’ Darstellung. Pi, Pleural- ganglien, von denen die Visceralkommissur und die Mantelnerven abgehen; L und T, Krause. Fig. 7. Polychaet (Notomastus). L, Seitenorgane. Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt von Dr. C. Ischikawa (Rigakushi) aus Tokyo, Japan. Mit Tafel XVII—XX und 4 Holzschnitten. Vorwort. Bekanntlich war TremsLey der Erste, der Umkehrungsversuche an Hydra anstellte und zu dem interessanten Resultat kam, dass ein um- gestülptes Thier in seinem neuen Zustande fortleben könne, indem die ursprüngliche Außenseite zur Innenseite werde, und umgekehrt. Viele Forscher wiederholten später diese merkwürdigen Experimente, aber sie kamen alle zu dem Resultate, dass ein umgestülptes Thier, wenn es nicht wieder in seine ursprüngliche Lage zurückkehren könne, zu Grunde gehe. So wurden die Umkehrungsversuche Tremsrey’s allge- mein als nicht richtig gedeutet angesehen, bis vor zwei Jahren Nuss- paum ! dieselben wiederholte und sie wenigstens nach ihrem Gesammt- resultat bestätigte. Nach seiner Untersuchung sollte in der That ein solches Thier weiter leben können ohne sich wie ein umgestülpter Handschuhfinger wieder umzukrempeln; aber freilich sollte statt dessen eine Art heimlicher Zurückkrempelung eintreten, indem die ins Innere des Thieres künstlich versetzten Ektodermzellen durch die Einstülpungs- öffnung und die beiden Stichwunden, die von dem durchzogenen Silber- draht herrührten, herauskriechen und sich außerhalb des Entoderms wieder zu einem neuen Ektoderm zusammenlagern sollten. Nusspaum bestätigte also nur den allgemeinen Erfolg des TremsLey’schen Versuchs, nicht aber den Schluss, den man aus ihm gezogen hatte, dass nämlich das Ektoderm zum Entoderm werden könne und umgekehrt. 1 M. Nusssaum, Über die Theilbarkeit der lebendigen Materie. II. Mittheilung. Beiträge zur Naturgeschichte des Genus Hydra. Archiv für mikr. Anat. Bd, XXIX. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd, 98 434 C. Ischikawa, In Bezug auf diesen letzteren Schluss mussten ja die Nussgaum- schen Angaben durchaus befriedigend erscheinen, denn es dürfte wohl im Voraus als sehr unwahrscheinlich angesehen werden, dass Ento- dermzellen die Funktion von Ektodermzellen je übernehmen können und umgekehrt, ob aber die weitere Angabe des Herauskriechens der Ektodermzellen und ihrer Anordnung zu einem neuen Ektoderm nicht doch andererseits diesen Zellen eine etwas allzu große Selbständigkeit und Einsicht zumutheten, das war eine andere Frage, deren Beantwor- tung durch neue Experimente zu versuchen wohl der Mühe werth schien. Ich kam desshalb mit Freuden der Aufforderung meines hoch- verehrten Lehrers, Herrn Geheimrath WeEısmann, nach, genauer zu kon- trolliren, ob die Thatsachen sich wirklich so verhalten wie Nusssaum beobachtet zu haben glaubte. Schon früher, als ich noch in Tokyo studirte, hatte ich dort allerlei Versuche mit Hydra gemacht, und auch der Umkehrungsversuch war mir öfters gelungen. Ich nahm nun diese Versuche von Neuem auf und habe in der nachfolgenden Arbeit die Resultate zusammengestellt, zu welchen ich gekommen bin. Mit den Umstülpungsversuchen hing noch eine andere ebenfalls interessante Frage zusammen, nämlich die der histologischen Ursache der Regeneration. Schon RöseL! giebt in seinen Insektenbüchern an, dass ein Theilstück von einem Hydratentakel zu einem vollständigen Thier sich regeneriren könne. EnGELMAnN? wieder- holte die Versuche und bestätigte sie. W. MArsHALL 3 stimmt mit diesen beiden Forschern überein, und fügte hinzu, dass ein abgeschnittenes Tentakelstück sehr bald oder fast unmittelbar nach dem Schnitte eine gestreckte ovale Gestalt einnimmt, und sich festsetzt »mit dem Pole, der der Schnittfläche entspricht; neue Tentakel und ein Mund bilden sich an der Spitze des ehemaligen Tentakels«. Nusssaum + indessen widersprach dem in so fern, als er zu dem Resultate kam, dass an allen solchen abgeschnittenen Tentakelstückchen, die thatsächlich zu einem vollständigen Thier sich herstellen, der Mundrand des Thieres noch vorhanden gewesen sei. Diejenigen Tentakelstücke dagegen, die kein Stückchen von Mundrand mehr besitzen, gehen nach ihm stets zu Grunde. Er glaubt daher, die Tentakelstückchen, die von RöseL sowie von EngELmanN untersucht worden sind, seien alle noch mit Resten des 1 Insektenbelustigung. III. p. 495. 2 Über Tremeey’s Umkehrungsversuche an Hydra. Zool. Anzeiger 4878. Nr. 4. re, 3 Über einige Lebenserscheinungen der Süßwasserpolypen und über eine neue Form von Hydra viridis. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. p. 686—687. “ ], c. p. 328—337, Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 435 Mundrandes versehen gewesen. Der Gedanke, welcher dieser Behaup- tung zu Grunde liegt, ist ein rein theoretischer; er nimmt nämlich an, dass die Regeneration eines Hydrakörpers von den sogenannten »Inter- medialzellen« ausgehe, diejenigen Zellen, die seiner Auffassung nach einen indifferenten Charakter haben, das heißt also wohl: aus denen noch Alles werden kann. Nur diese Zellen können nach ihm die übri- gen fehlenden Gewebstheile eines Hydrakörpers wieder erzeugen, so- wohl Ektoderm und Entoderm, als auch die Geschlechtszellen. Da aber nun in den Tentakeln die Intermedialzellen vollständig fehlen, so leitet Nusssgaum daraus die Unmöglichkeit einer vollständigen Regeneration des Thieres vom Tentakel her ab. Die Regenerationsu n fähigkeit eines ab- geschnittenen Tentakelstückchens kann nun auch ich nach meinen Erfahrungen bestätigen, möchte sie aber in anderer Weise erklären wie Nusspaum. Ob nun die Intermedialzellen im Stande sind alle an- deren fehlenden Gewebszellen zu erzeugen, ist eine principiell wich- tige Frage, von welcher die Lehre von der Kontinuität des Keimplas- mas nahe berührt wird. Die diesbezüglichen Ansichten von Nussgaum stützen sich nun nicht etwa auf positive Nachweise, sondern nur auf die Hypothese, dass die Intermedialzellen indifferenter Natur seien. Ich habe versucht mir durch vielfache Beobachtungen und Versuche auch über diesen schwierigen Punkt Aufklärung zu verschaffen und werde die gefundenen Resultate an die vorigen anreiben. Es ist mir ein herzliches Bedürfnis an dieser Stelle meinem hoch- verehrten Lehrer, Herrn Geheimrath Weısmann, meinen innigen Dank auszusprechen für die Freundlichkeit und das rege Interesse, das er mir und meinen Arbeiten stets entgegenbrachte. Eben so bin ich den Herren Professor Dr. Gruser und Dr. Zıesıer zu großem Dank ver- pflichtet, und sage ich meinem Freund Herrn R. Rırrer besten Dank dafür, dass er vorliegende Arbeit durchsah und korrigirte. Einleitung. Im Anfange des November 1882 fand ich in einem kleinen stei- nernen Wasserbehälter des staatlichen Parkes zu Uyeno (Tokyo) eine ungeheure Menge von Hydren. Dieser Behälter war 1 m lang, !/, m breit und 15 cm tief und war ganz gefüllt mit abgefallenen Blättern. Auf den letzteren saßen die Hydren in so großen Mengen, dass ich auf einem Kirschblatt nicht weniger als 40 Individuen zählen konnte. Dieser Umstand veranlasste mich, die Umstülpungsversuche TRENBLEY’S zu wiederholen, und so machte ich im Laufe der Monate December und Januar viele Experimente mit den Thieren. Leider waren meine Versuche damals nicht vollständig, da ich die untersuchten Thiere nicht konti- 28* 436 ‚6. Ischikawa, nuirlich beobachtete.. Diese kontinuirlichen Beobachtungen aber sind, wie ich jetzt erfuhr, bei derartigen Experimenten unbedingt erforder- lich, da, wie man gleich sehen wird, die Thiere im Laufe weniger Stunden, ja sogar während einiger Minuten mehrere Male ihre Gestalt ändern können. Beobachtet man daher ein solches Thier nicht ununter- brochen, so kommt man sehr oft zu ganz falschen Schlüssen. So blie- ben viele Versuche, die ich damals in Japan vornahm, unklar, und ich war damals geneigt TremsLey’s Auffassung-zu theilen, wonach nach der Umstülpung die beiden Zellschichten des Körpers (Ektoderm und Ento- derm) mit der Lage auch ihre Funktion dauernd verändern würden. Obgleich ich auch viele Schnitte anfertigte, kam ich leider doch zu keinem befriedigenden Schluss. Im November 1883 wiederholte ich die Umstülpungsversuche, war aber auch nicht glücklicher, denn fast alle Thiere gingen dabei zu Grunde. Ende Oktober des vorigen Jahres nahm ich nun hier in Freiburg meine damaligen Arbeiten wieder auf. Um diese Zeit fand sich eine große Menge von Hydren in einem der Aquarien des Instituts, welche ich nun zu neuen Versuchen benutzte. Zur Umstülpung der Hydren wandte ich folgende Methode an. Ich nahm eine große Hydra und isolirte sie in einem mit Wasser gefüllten Uhrgläschen. Hierauf klebte ich das Thier mit seinem hinteren Ende an die abgerundete Spitze eines schmalen Glasstäbchens fest, worauf ich den vorderen Theil mit den Tentakeln zwischen die Gabel einer gespaltenen Nadel brachte (siehe Fig. I). So konnte ich dann mit Leich- tigkeit das Thier umstülpen. Zum Schluss wurde dann eine Borste Fig: I. durch das Thier gesteckt, welche das Zurückstülpen in die ursprüng- liche Lage verhinderte. Die Operation gelingt sehr leicht, und nach einiger Übung kann man eine Hydra in fünf bis sechs Minuten um- stülpen. Dabei ist es nöthig ein Thier zu wählen, dessen Magen keine Daphniaschalen enthält, da die scharfen Kanten derselben die zarten Entodermzellen leicht zerreißen. Für diese Untersuchungen benutzte ich Hydra fusca; welche Art ich in Japan vor mir gehabt, bin ich heute nicht im Stande anzu- geben. Zunächst lasse ich die Beschreibung der wichtigsten von mir an- gestellten Versuche folgen: Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 437 4. Versuche. 1. Versuche über Umstülpung. : Versuch Nr. 1 (Fig. 1, 2, 3). 29. November 1882. Eine Hydra wurde um 9 Uhr Vormittags umgestülpt. Bei dem Versuche wurde aber unbeabsichtigterweise das hintere Ende des Kör- pers mit der Spitze des Glasstäbchens durchgerissen. Das Thier zog nun seine Tentakel in die durch die Umstülpung geschaffene Höhle hinein. Am anderen Tage früh um 8 Uhr hatte es aber bereits seinen ganzen Körper aus dem künstlichen Loch hinausgestreckt, und nur die Enden zweier Tentakel blieben zurück. Um 12 Uhr desselben Tages endlich stülpte das Thier sich ganz um, und brachte sich so in seine ursprüngliche und normale Lage zurück. Nur die Spitze eines Tenta- kels blieb an dem hinteren Ende des Thieres zurück. Nach einiger Zeit war auch das Loch vollständig wieder zugeheilt. VersuchNr. 2. 20. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 5 Uhr 30 Min. Nachmittags umgestülpt. Nach einer halben Stunde klebte das Thier sein hinteres Ende auf dem Boden des Uhrgläschens fest, dann streckte es seine Tentakel aus und heftete die Spitzen derselben ebenfalls am Boden des Gläschens fest. Nach einigen Minuten wurden seine Tentakel immer dicker, und das vordere Ende kehrte sich allmählich um, bis zuletzt der ganze Körper wieder umgestülpt war. Am nächsten Tage war das Thier ganz munter und fraß eine Daphnia. VersuchNr. %. 18. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 5 Uhr Nachmittags umgestülpt, allein das Entoderm wurde dabei: stark verletzt und ein großer Theil desselben weggerissen. Am nächsten Tage war das Thier gestorben. VersuchNr. 8 (Fig. —13). 20. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 6 Uhr Nachmittags umgestülpt und mit zwei Borsten derart durchbohrt, dass die eine sich gerade unter dem Ten- takelkranz, und die andere in der hinteren Hälfte des Körpers befand; sodann wurde das Thier quer in der Mitte zwischen den zwei Borsten durchgeschnitten. Ich will den vorderen Theil als Nr. 8a, und den hinteren als Nr. 8b bezeichnen. Nr. 8a. Nach 15 Minuten sind zwei Tentakel aus dem abge- schnittenen Ende herausgetreten (Fig. 5). Um 6 Uhr 30 Min. begann 438 6. Ischikawa, das abgeschnittene Ende sich nach außen gegen die Borste hin umzu- krümmen. Um 6 Uhr 45 Min. war diese Umkrümmung ganz vollendet, und das Thier hatte nun die Gestalt eines kontinuirlichen Ringes ange- nommen, bei welchem das Ektoderm wieder außen lag, und zwar war das abgeschnittene Ende mit dem Mundrande zusammengewachsen (Fig. 6). Der eine von den zwei Tentakeln, der aus dem abgeschnit- tenen Ende herausgestreckt worden war, hatte sich wieder in seine ursprüngliche Lage zurückgezogen; am nächsten Morgen um 41 Uhr hatte sich das Thier an der einen Seite von der Borste losgerissen. Am 22. um 10 Uhr war das Thier am hinteren Ende zusammengewachsen und hatte nun die Gestalt einer ganz niedrigen Tasse angenommen, sechs Tentakel stehen rings um den Mund, die Borste steckte noch an einer Seite. Nr. 8b. Um 6 Uhr 45 Min. hatte sich das abgeschnittene Ende nach außen und hinten gebogen (Fig. 10). Um 8 Uhr hatte das Thier sich von der Borste theilweise befreit, und das ganze Stück hatte eine dreieckige Gestalt angenommen (Fig. 44); später bildete es zwei Vor- derenden aus. Am nächsten Tage war der Riss wieder geschlossen, das Thier streckte und verkürzte sich ganz normal, während das eine der Vorderenden noch an der Borste steekte. Am 22. um 10 Uhr war das Thier lang gestreckt, und von der Borste ganz befreit. Abends um 4 Uhr 30 Min. hatten die zwei vorderen Enden Tentakel bekommen. VersuchNr. 11. 22. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 41 Uhr Vormittags umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. An einer Stelle nahe dem hinteren Ende des Kör- pers war das umgestülpte Entoderm etwas weggerissen. Um 14 Uhr 30 Min. hat sich das Thier am vorderen Ende etwas nach außen und hinten umgebogen. An der Stelle, wo das Entoderm weggerissen war, hatte sich das Ektoderm etwas vorgewölbt. Um 12 Uhr sah man den oberen Theil noch mehr nach hinten umgebogen. Ein Stück des Ekto- derms war auch an einer Seite durch die Stichöffnung hervorgepresst worden. Um 5 Uhr Nachmittags war das Thier so sehr umgestaltet, dass man sich nicht mehr orientiren konnte, aber das Ektoderm lagaußen und das Entoderminnen. VersuchNr. 12. 22. Oktober 1888. Ein ziemlich großes Exemplar, das ganz mit Daphnienschalen ge- füllt war, wurde um 12 Uhr umgestülpt. Der obere Theil des Körpers wurde bei der Umstülpung durch die Daphnienschalen zerrissen. Nach 20 Minuten war der Riss schon zusammengewachsen. Um 4 Uhr sah Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 439 man den vorderen Rand des Körpers nach außen und hinten zu bis zu der Borste umgebogen. Aus den beiden Stichöffnungen quoll das Ekto- derm hervor. Am nächsten Tage war das Thier ganz zerfallen. VersuehNr. 13. 23. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 14 Uhr 40 Min. umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. Das Thier saß vor der Umstülpung an Spirogyra- fäden. Diese Fäden wurden in das Thier hineingezogen, so dass sie nach der Operation im Inneren des Körpers lagen. Gleich nach der Operation suchte das Thier seine normale Lage wieder zu gewinnen, und zwar geschah es in der Weise, dass es sein hinteres Ende in die durch die Umstülpung geschaffene Leibeshöhle einstülpte, und über der Borste herauskam. Nachdem so das Thier diese Lage eingenommen hatte, blieb die Borste noch zwei Tage in dem Körper stecken; während das Thier munter weiter lebte. VersuchNr. IA. 23. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 5 Uhr Nachmittags umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. Um 8 Uhr am nächsten Tage hatte das Thier seine Gestalt vollständig verändert. Das Ektoderm stülpte sich ganz unregelmäßig an verschiedenen Stellen aus dem Körper hervor. Versuch Nr. 15 (Fig. 14—18). 24. Oktober 1888. Eine Hydra wurde wie Nr. 13 mit den Spirogyrafäden zusammen um 40 Uhr Vormittags umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. Das Thier suchte sofort mit dem vorderen und hinteren Ende zugleich in die vorige Lage zurückzukehren. Das vordere Ende stülpte sich nach außen und hinten um, und riss an zwei Stellen über der Borste durch, während das hintere Ende sich in die Leibeshöhle einstülpte wie bei Versuch Nr. 412. In Fig. 16 sieht man schon die Spirogyrafäden aus dem Mund herausragen. Diese Vorgänge währten bis gegen 3 Uhr, wo das Thier sich wieder in seiner normalen Lage befand (Fig. 18). Versuch Nr. 16 (Fig. 19—-20). 24. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 11 Uhr 30 Min. umgestülpt und von vorn nach hinten ein Glasröhrchen durchgesteckt, das so dick war, dass es die Leibeshöhle gerade ausfüllte, danach wurde das Thier auf einem kleinen Korkstücke befestigt. Das Glasröhrchen war nicht genau durch das hintere Ende gegangen, wie auf Fig. 19a zu sehen ist. Am näch- sten Morgen früh um 8 Uhr zeigte das Thier die Gestalt, wie in Fig. 20 dargestellt ist. Man sieht hier, dass das Thier scheinbar im Ganzen 440 C. Ischikawa, seine Gestalt nicht wesentlich verändert hat; zu meinem großen Er- staunen aber lag das Ektoderm außen und das Entoderm innen. Der Fall scheint sich im ersten Augenblick nicht anders deuten zu lassen als in der von Nussgaum beschriebenen Weise, dass nämlich ein Herum- kriechen des Ektoderms über das Entoderm stattgefunden hat, da die Umwandlung der zwei Schichten im Sinne TRrENBLEY’S ganz ausge- schlossen ist. Ich wiederholte aber diesen Versuch noch einmal und fand, dass die Sache sich doch anders verhält, wie Versuch Nr. 17 be- weisen wird. Versuch.Nr. 17 (ie, 21—25).. 24. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 42 Uhr eben so behandelt wie die vorher- gehende, auch hier war das Glasröhrchen nicht genau durch das Hinter- ende gegangen. Das Thier bemühte sich sofort wieder zurückzukehren, und zwar von beiden Enden aus. Am vorderen Ende stülpte es sich nach außen und hinten zu um, das hintere Ende aber stülpte sich in die künstlich geschaffene Leibeshöhle hinein, wie man in Fig. 22, 23 u. 24 sieht. Um 4 Uhr 30 Min. Nachmittags war die Umstülpung so weit fort- geschritten, dass die Lücke im Ektoderm fast vollständig geschlossen wurde, wie Fig. 25 zeigt. Um 6 Uhr konservirte ich das Thier. Es wurde nachher von dem Glasröhrehen weggenommen, bei welcher Operation der ganze untere Theil des Thieres mit dem Glasröhrchen weggerissen wurde. Der obere Theil dagegen wurde in Längsschnitte: zerlegt, und die Schnittserien zeigen die Verhältnisse noch klarer (Fig. 68). VersuchNr. 19 (Fig. 26—30). 25. Oktober 1888. Eine Hydra mit einer kleinen Knospe wurde um 10 Uhr 30 Min. Vormittags gerade über der Knospe quer durchschnitten. Der obere Theil wurde umgestülpt, hierauf ein Glasröhrchen durch den Körper gesteckt, und das Thier auf einem Korkstücke senkrecht befestigt. Um 44 Uhr 30 Min. fing das obere Ende des Körpers an sich nach außen zu ümzustülpen (Fig. 27). Etwas später begann das untere Ende sich ein wenig nach außen und oben zu umzustülpen (Fig. 28). Nach kurzer Zeit jedoch zerfiel dasselbe, während das obere Ende sich immer mehr und mehr nach unten schob. Um 4 Uhr war das Ektoderm wieder ganz über das Entoderm herübergeschoben (Fig. 29). Das Thier lebte in diesem Zustand bis zum 27., aber regenerirte nicht vollständig: Am 28. wurde es vom Glasröhrchen entfernt.- | An diese Experimente reihe ich eine Anzahl andere an, die ich früher in Japan gemacht habe. Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 441 VersuchNr. 20. 27. November 1883. Eine Hydra wurde um 11 Uhr Vormittags umgestülpt. Um 8 Uhr am 28. hatte sich das Thier zum großen Theil wieder zurückgestülpt. Das hintere Ende blieb in der Lage und ging zu Grunde, während das vordere Ende weiter lebte. VersuchNr. 21. 4. December 1883. Eine Hydra wurde um 8 Uhr Vormittags umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. Am nächsten Tage um 8 Uhr wurde das Thier beobachtet, es fand sich zum großen Theil zerfallen, und nur der Ten- takelkranz blieb lebendig. Der vorige Versuch wurde noch mehrere Male wiederholt und hatte immer denselben Erfolg. 2. Versuche über Orientirung. VersuchNr. 51. 26. Oktober 1888. Der Körper einer Hydra wurde um 12 Uhr Mittags zweimal quer durchschnitten, an dem vorderen Ende gerade unter dem Tentakel- kranz und an dem hinteren Ende ganz nahe dem Fuß, worauf, wie oben beschrieben, ein Glasröhrehen durchgesteckt wurde. Das Röhr- chen stak so, dass man sehr leicht die vordere und die hintere Seite des Thieres erkennen konnte. Um 3 Uhr Nachmittags war das Thier sehr langgestreckt. Am hinteren Ende war es durch das Glasröhrchen verletzt worden, aber die entstandenen Risse heilten gleich wieder zu. Schon am nächsten Tage entwickelten sich drei Tentakel an dem vor- deren Ende. Am 29. um 3 Uhr 30 Min. fanden sich zwei Mundöffnungen am vorderen Theile je mit fünf Tentakeln an beiden Seiten des Glas- röhrchens, welches jetzt weggenommen wurde. Die zwei Mundöffnun- gen waren natürlich nur scheinbare, und in der That war nur ein Mund vorhanden, welcher durch das Glasröhrchen in zwei getheilt worden war. Nach Befreiung der Hydra von dem Röhrchen fing der Mund an sich in zwei Theile abzuschnüren, und am 4. November waren schon zwei vollständige Mundöffnungen vorhanden, welche je sechs Tentakel umstanden. VersuchNr. 52. 26. Oktober 1888. Eine große Hydra mit einer ganz jungen Knospe wurde um 1 Uhr Nachmittags zweimal quer durchschnitten am vorderen Ende gerade unter den Tentakeln und am hinteren Ende unter der Stelle, wo die Knospe hervorwuchs, worauf der vordere Theil mit einer Borste 44% 6. Ischikawa, durchbohrt wurde. Um 3 Uhr Nachmittags hatte sich das Thier etwas zusammengezogen. Am 27. um 8 Uhr 30 Min. Vormittags zeigten sich die beiden abgeschnittenen Enden vollständig geschlossen, und um 3 Uhr 30 Min. Nachmittags desselben Tages wurden an dem vorderen Ende des Stummels vier Tentakel beobachtet, während an dem ande- ren Ende die Drüsenzellen schon entwickelt waren. Versueh Nr. 53. 28. November 1888. Eine Hydra wurde um 4 Uhr Nachmittags zweimal quer durch- schnitten und mit einer Borste am vorderen Ende des Körpers durch- bohrt. Am 4. December hat das Thier zwei kleine Tentakel an dem vorderen Ende entwickelt, und am anderen Ende zeigten sich schon die Drüsenzellen. Versuch Nr. 54 und 55. 28. November 1888. Zwei Hydren wurden zweimal quer durchschnitten und die Borste diesmal an den hinteren Enden durchgesteckt. Nach vier Tagen hatten sie beide schon an den Vorderenden Tentakel entwickelt. VersuchNr. 56. 16. November 1888. Eine große Hydra mit einer Knospe wurde um 10 Uhr Vormittags der Quere nach an zwei Stellen zerschnitten, einmal unter dem Ten- takelkranz, und das andere Mal nahe dem hinteren Ende. Eben so wurde die Knospe weggeschnitten. Der mittlere Theil des Körpers wurde nun der Länge nach mit einer Nadel aufseschlitzt und ausge- breitet, so dass das Entoderm nach oben lag, hierauf wurde am vor- deren Ende eine Borste durchgesteckt, welche das Zusammenziehen des Thieres verhinderte. Gleich nach der Operation fing es an sich zusammenzurollen, und zwar mit dem Entoderm nach innen. Um 40 Uhr des nächsten Tages, also nach 24 Stunden, hat das Thier eine dreieckige Gestalt angenommen, während die Borste noch an der gleichen Stelle stak. Am 19. 1 Uhr Nachmittags hatte das Thier zwei große und zwei kleine Tentakel am vorderen Ende ausgebildet, während es sich an der einen Seite von der Borste befreit hatte. VersuchNr. 58. 16. November 1888. Eine Hydra wurde gerade so behandelt wie die vorhergehende, aber mit nur einer Borste am hinteren Ende des Körpers durehbohrt. Am nächsten Tage bemerkte man am vorderen Ende des Thieres zwei Tentakel, und die Borste stak noch immer am hinteren Ende. Außerdem kommt hier Versuch Nr. 80 in Betracht (s. u.). Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 443 3. Versuche über Regeneration. VersuchNr. 59. 25. Oktober 1888. Am 25. Oktober schnitt ich einer Hydra den Kopf direkt unter dem Tentakelkranz ab. Der Rest des Thieres wurde der Länge nach gespalten und auf einem Korkstückchen unter Wasser ausgebreitet, und zwar so, dass das Entoderm nach oben lag. Hierauf wurde das Korkstückchen mit dem Thier sorgsam aus dem Wasser aufgenommen und einige Augenblicke über 2°,,ige Osmiumsäure gehalten, um wo- möglich das Entoderm zu zerstören, worauf es dann gleich mit fließen- dem Wasser abgewaschen wurde. Um 4 Uhr wurde das Thier unter- sucht. Es fand sich zu einer kugeligen Masse zusammengerollt, und zwar mit dem Entoderm nach innen und dem Ektoderm nach außen. Am 27. Oktober um 8 Uhr 30 Min. Vormittags, also etwas weniger als zwei Tage später, hatte das Thier eine ceylindrische Gestalt angenom- men und sich an einem Ende fest auf dem Boden des Uhrglases ange- klebt. Um 3 Uhr 30 Min. wurden vier Tentakel an einem Ende beob- achtet, und um 6 Uhr waren schon sechs Tentakel erschienen. Am nächsten Tage fraß es eine Daphnia. VersuchNr. 60. 25. Oktober 1888. Der vorige Versuch wurde am 25. um 4 Uhr Nachmittags wieder- holt, und zwar wurde das Thier jetzt etwas länger, nämlich 1 Minute über die Osmiumsäure gehalten, schnell mit fließendem Wasser abge- waschen, und unter dem Mikroskop beobachtet. Das Thier war noch sehr lebendig. Es wurde jetzt über koncentrirte Essigsäure gehalten, und dann das vordere Ende des Körpers mit den Tentakeln wegge- schnitten. Jetzt schien das Entoderm ganz zu Grunde gegangen zu sein, das Ektoderm dagegen blieb noch lebendig; es zeigte bei Reizung schwache Kontraktionen. Das Thier wurde um 5 Uhr wieder unter- sucht. Es nahm schon eine kugelige Gestalt an mit dem Ektoderm nach außen und dem Entoderm nach innen. Am nächsten Tage ging es zu Grunde. VersuchNr. 61. 26. Oktober 1888. Eine große Hydra wurde um 10 Uhr 40 Min. Vormittags wie vor- her behandelt, aber ungefähr 20 Sekunden über Dämpfe von koncen- trirter Essigsäure gehalten. Gleich nach der Operation wurde das Thier mit fließendem Wasser abgewaschen. Das Entoderm war voll- ständig zerstört. Das Ektoderm zog sich zuerst sehr stark zusammen, ‚ aber es dehnte sich wieder aus, und der ganze Körper rollte sich 444 a C. Ischikawa, zusammen und nahm eine ovale Gestalt an, mit dem Ektoderm nach außen und dem Entoderm nach innen. Um 12 Uhr wurde es unter- sucht. Es fand sich sehr lang gestreckt und reagirte sehr stark auf Reize. Um 4 Uhr war es noch lebendig, aber um 5 Uhr war es offen- bar todt. Am nächsten Tage um 8 Uhr 30 Min. war es in kleine Stück- chen zerfallen. | Versuch Nr. 62. 26. Oktober 1888. Eine Hydra wurde gerade so behandelt wie in den vorigen Ver- suchen, aber das ganze-Entoderm wurde. jetzt mit einem feinen japani- schen Pinsel weggenommen. Gleich nach der Operation rollte sich das Thier zu einer kugeligen Masse zusammen, mit der Stützlamelle nach innen. Um 4 Uhr dehnte es sich wieder aus. Am 27. um 8 Uhr 30 Min. Vormittags war es wieder ganz zusammengerolli. Um 12 Uhr war es schon zur Hälfte, und um 3 Uhr 30 Min. ganz zerfallen. | VersuchNr. 63. 27. Oktober 1888. Eine Hydra wurde eben so behandelt; das Entoderm um 9 Uhr 30 Min. Vormittags ganz weggenommen. Das Thier rollte sich zusam- men wie gewöhnlich. Es lebte ganz munter bis 5 Uhr 30 Min., reagirte auf Reize mit Nadeln. Am nächsten Morgen reagirte es nicht mehr, und um 10 Uhr fing es an zu zerfallen. Der Versuch wurde noch öfters wiederholt und ergab immer das gleiche Resultat, nur war die Dauer des Lebens verschieden und schwankte in dem Zwischenraume von einigen Stunden bis zu fünf Tagen. VersuchNr. 64. 26. Oktober 1888. Eine Hydra wurde auf dieselbe Weise behandelt wie die inNr. 62, aber ein Theil des Entoderms unzerstört gelassen. Während der Ope- ration fing das Thier an sich zusammenzurollen. Interessant war es nun hier, dass das Thier sich erst in der Weise zusammenrollte, dass das vordere Ende sich dem hinteren Ende zuneigte, und sich nicht linke und rechte Seite einander näherten, wie gewöhnlich. Um 12 Uhr fing es aber an sich wieder auszudehnen, und nun rollte es sich doch wieder seitlich zusammen. Es lebte in diesem Zustande ganz munter, und am 30. um 10 Uhr wurden zwei Tentakel an einem Ende des Körpers ge- sehen. Nach zwei Tagen wuchsen noch zwei Tentakel. Das Thier lebte ganz munter bis zum 30. November und hatte sein Entoderm regenerirt. Versuch Nr. 76 (Fig. 31—40). 26. Oktober 1888. Ein auf die vorige Weise aus einer Hydra herausgeschnittenes Stück wurde um 14 Uhr 30 Min. der Länge nach mit der Spitze einer Trembley’s Umkehrungs versuche an Hy dra nach neuen Versuchen erklärt. 445 Nadel geschlitzt und auf einem in Wasser getauchten Korkstücke mit dem Entoderm nach außen ausgespannt. Das Korkstück wurde dann aus dem Wasser aufgehoben und für fünf Minuten der Luft ausgesetzt, um womöglich das Entoderm zu zerstören, dann wurde es wieder ins Wasser gebracht und mit einem japanischen Pinsel von dem Korkstücke befreit. Das Ektoderm zog sich nun stark zusammen und das Tier nahm eine walzenförmige Gestalt an, und zwar lag das Entoderm nach außen und das Ektoderm nach innen (Fig. 32). Gleich nachher dehnte sich das Ektoderm aber wieder aus, und nun rollte sich das Thier all- mählich in der Weise zusammen, dass das Entoderm nach innen zu liegen kam (Fig. 34). Das Entoderm hatte nicht gelitten. Dabei war es sehr interessant hier zu beobachten, dass an einer Stelle die freien Ränder am Zusammenwachsen gehindert wurden, weil ein Algenfaden sich zwi- schen beide geschoben hatte (Fig. 34). Der betreffende Lappen bewegte sich wieder zurück, wie man in Fig. 35 sieht, um sich hierauf dem anderen Rande wieder zu nähern (Fig. 36). Jetzt aber lag der Algen- faden etwas weiter von der Stelle weg, und die zwei Ränder wuchsen fest zusammen. Nach zwei Tagen hatte sich das Thier etwas in die Länge gestreckt und war an einem Ende fest auf dem Boden des Uhr- glases angeklebt. Am anderen freien Ende, welches ganz zugespitzt war, bildete sich ein kurzer Tentakel (Fig. 37, 38 und 39). Der Mund fehlte noch. Am 2. November wurde es mit vier Tentakeln gefunden, und der Mund war jetzt gebildet. Es blieb sehr lebendig und am 10. November wurde es in das große Aquarium gebracht. Versuch Nr. 78 (Fig. 50—52). 24. Oktober 1888. Eine Hydra wurde um 9 Uhr 30 Min. Vormittags auf dieselbe Weise behandelt und aufgespannt, und zwar war das Entoderm nach oben gerichtet. Das ausgebreitete Thier wurde dann mit zwei Borsten kreuz- weise durchbohrt (Fig. 50) und so im Wasser gelassen. Die beiden abgeschnittenen Seiten näherten sich allmählich (Fig. 51), bis das Thier sich von den Borsten an den beiden hinteren Ecken befreit hatte, wor- auf es seine normale Gestalt wieder annahm. An dem oberen Ende aber blieben die Borsten noch stecken (Fig. 52). Am nächsten Tage um 4% Uhr Nachmittags wurden die Borsten weggenommen und das wieder ganz normale Thier in das große Aquarium gebracht. 4. Versuche, zwei Thiere dauernd mit einander zu vereinigen. VersuchNr. 79 (Fig. 60 und 61). 23. December 1882. Eine Hydra wurde um 3 Uhr Nachmittags umgestülpt und in ein anderes Thier durch den Mund hineingesteckt, so dass das Entoderm 446 G. Ischikawa, der beiden Thiere sich berührte, worauf eine Borste durch die beiden Thiere gesteckt wurde. Am 4. Januar 1883 wurden die Hydren wieder beobachtet und es fand sich, dass sie beide vollständig zu einem zwei- köpfigen Thiere zusammengewachsen waren {Fig. 61). Versuch Nr. 80 (Fig. 62). 5. November 1888. Eine Hydra wurde um 42 Uhr 30 Min. umgestülpt und in die Leibeshöhle eines anderen Thieres hineingesteckt, worauf die beiden Polypen mit zwei Borsten kreuzweise durchbohrt wurden. Das innere Thier hatte das hintere Ende seines Körpers aus dem Risse neben der Borste herausgestreckt. Am nächsten Tage ging dieser Theil zu Grunde, Am vorderen Ende hatte das innen gelegene Thier seinen Mundrand nach außen und unten zu umgestülpt, worauf die freien Enden der Mundränder der beiden Thiere zusammenwuchsen; aber das durch die Umstülpung gebildete Loch zwischen den Tentakeln war von den Seiten her zusammengewachsen und verschwunden. An beiden Seiten des Kopfendes, und zwar an der Stelle, wo die freien Ränder der bei- den Thiere zusammengewachsen waren, bildeten sich zwei Mundöff- nungen und einige neue Tentakel !. Versuch Nr. 81 (Fig. 63—65). 2. December 1882. Eine kleine Hydra wurde in der normalen Lage durch die Mund- öffnung in die Leibeshöhle eines großen Thieres hineingesteckt; hierauf wurden die beiden Thiere mit einer Schweinsborste durchbohrt. Am 9. December kroch das innere Thier aus dem Mund des anderen her- aus, aber ein kleiner Theil des inneren Thieres wuchs mit dem Mund- rande des äußeren zusammen, und so bildete sich eine schmale Brücke zwischen beiden. Diese Brücke umfasste einen Hohlraum und bestand aus Ekto- und Entodermschichten. Versuch Nr. 82 (Fig. 66). 5. November 1888. Zwei Hydren wurden um 1 Uhr 15 Min. Nachmittags dicht an ein- ander gelegt und mit zwei Borsten kreuzweise so durchbohrt, dass sie an den zwei Stellen, wo die Borsten durch die beiden Thiere gingen, sich eng berührten. Erwähnt sei, dass der Körper der beiden Polypen an den betreffenden Stellen durch die hindurchgehenden Borsten zer- rissen war. Am 6 November früh 8 Uhr waren die beiden Thiere schon fast zusammengewachsen, jedoch ergab eine genauere Untersuchung, 1 Aus dieser Thatsache, dass die Mundöffnungen sich gerade hier bilden und nicht etwa am vorderen Ende, ersieht man, dass der Hydrakörper genau orientirt sein muss, so dass die Mundöffnungen sich immer wieder an der ursprünglichen Stelle bilden. Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 447 dass sich nur die beiden Ektodermschichten vereinigt hatten, während das Entoderm der beiden Thiere getrennt blieb. Am 9. wurden die Borsten weggenommen, ohne dass die Thiere ihre Stellung änderten. Sie lebten munter weiter und fraßen viele Daphniden, bis sie am 18. durch eine zufällige Erschütterung des Uhrgläschens, worin sie lebten, gewaltsam getrennt wurden. Versuch Nr. 83 (Fig. 67). 7. November 1888. Auf die gleiche Weise wurden drei Hydren mit zwei Borsten durch- bohrt und so an einander befestigt. Am nächsten Tage hatte sich ein Thier eine Strecke weit von den anderen beiden entfernt. Die letzteren dagegen wuchsen an den beiden durchbohrten Stellen zusammen, und vorn bildete sich eine aus Ento- und Ektoderm bestehende Brücke, deren Hohlraum die Leibeshöhle der beiden Polypen in Verbindung brachte. Am 9. wurden die Borsten weggenommen und die Thiere lebten munter weiter bis zum 20. November, wo sie durch Verdunstung des Wassers zu Grunde gingen. Il. Ergebnisse aus den Versuchen. Ich werde jetzt versuchen die Resultate darzustellen, welche sich aus meinen Experimenten ergeben und dieselben denjenigen gegen- überzustellen, zu welchen frühere Forscher auf demselben Gebiete ge- langt sind. Ich habe im Ganzen 50 Individuen umgestülpt. Vier wurden weder mit Borsten noch mit Glasstäbchen behandelt; zwei derselben, nämlich Nr. 4 und 2, sind gleich nach der Operation in ihre normale Lage zu- rückgekehrt; ein anderes, Nr. 4, wurde sehr stark zerrissen und ist zu Grunde gegangen, während das vierte, Nr. 12, zum großen Theil zerfiel. Interessant ist die Hydra Nr. 4, bei welcher die Heilung am hinteren Ende so schnell vor sich ging, dass die Spitze von einem Tentakel nicht mehr Zeit hatte sich aus dem einwachsenden Körperende herauszu- ziehen (Fig. 3). Von den 46 anderen Individuen gingen 20 zu Grunde, 18 nämlich sind bis zum Tentakelkranze, und nur zwei wirklich ganz zerfallen. Die anderen 26 Thiere sind in dieser oder jener Weise wie- der zur normalen Lage zurückgekehrt. Alle diese Beobachtungen stim- men vollständig mit denjenigen früherer Beobachter außer mit denen von TREMBLEY und Nusssaum. Es ist leicht einzusehen, dass in der Zeit, wo TremBLey seine Versuche anstellte, der Mangel an geeigneten Ver- suchsmitteln ihm große Schwierigkeiten bereitete, kontinuirlich zu beob- achten, und dass er so zu irrigen Schlüssen geführt wurde. Das Zurück- kehren der umgestülpten Hydren in die normale Lage geschieht zuweilen A48 | 0. Ischikawa, so rasch, dass man sich leicht irren kann, falls man nicht kontinuirlich beobachtet. ‚Daher kam es auch, dass ich nach meinen Beobachtungen in Tokyo die Ansicht TremsLey’s für richtig hielt, während ich jetzt mit Bestimmtheit den Nachweis liefern kann, dass dies nicht der Fall ist. Die Thiere, die ich umgestülpt und mit Borsten durchbohrt habe, befanden sich schon nach einigen Stunden wieder in normaler Lage, und dabei steckten die Borsten noch immer an derselben Stelle. Die operirten Thiere stülpen sich nämlich überall da wieder zurück, wo es für sie überhaupt möglich ist, und wenn sie am Zurückstülpen erfolgreich ge- ‚hindert werden, so zerfallen sie und gehen zu Grunde. Die Rückkehr der beiden Zellschichten in die normale Lage beruht nach meinen Ver- suchen nicht auf Wachsthumsvorgängen, nicht auf einer Rickwanderung der Ektodermzellen nach außen und Entodermzellen nach innen, son- dern ist gewissermaßen als ein Zurückschnappen der Schichten in toto zu bezeichnen. Es ist Elasticität, die hier zum Ausdrucke kommt; wo dieselbe freilich ihren Sitz hat, bin ich nicht im Stande anzugeben. Ich trete damit in Widerspruch zu Nusssaum, der zwar eine Umwandlung der beiden Schichten im Sinne TremBLey’s auch nicht zugiebt, aber ge- wissermaßen eine Umlagerung derselben annehmen will. Er meint nämlich, dass die Ektodermzellen der umgestülpten Thiere über das Entoderm herauskriechen, und so ein umgekehrtes Thier seine normale Lage wiedergewinnen könne. Alle meine Versuche stehen, wie ich schon angegeben habe, damit nicht im Einklang. Niemals habe ich solches Herauskriechen der Ekto- dermzellen über das Entoderm gesehen. Auch die Schnitte durch um- gestülpte Hydren zeigten mir diese Verhältnisse nicht. Ich glaube aber, dass man die sorgfältig ausgeführten Beobachtungen Nusssaum’s auch in meinem Sinne erklären kann, und ich darf mir vielleicht erlauben auf einige Versuche Nusspaum’s ! näher einzugehen. »Versuch vom 25. April 1885..... »Eine Hydra grisea wird umgestülpt und auf eine Borste gespießt. Das Thier ist am folgenden Tage von der Borste abgefallen, das Ekto- derm liegt außen. Am 30. April zeigt sich deutlicher als an den vor- hergehenden Tagen die Spaltung der Hydra der Länge nach, so dass am 4. Mai zwei mit Tentakeln ausgestattete Polypen vorliegen, die nur in der Mitte durch eine Querbrücke verbunden sind.« 7 Dieser Versuch ist ohne Weiteres nicht beweisend. Die Längs- spaltung der Hydra konnte entweder vor oder nach dem Zurückstülpen erfolgt sein. ! 1. c. p. 340-332, ri Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 449 »Versuch vom 4. Mai 1885..... Eine umgestülpte Hydra grisea wird mit einem senkrecht durch den Leib gebohrten feinen Silberdraht auf eine kleine Kautschuktafel befestigt und in Wasser versenkt. Drei Tage nach der Umstülpung ist die ganze Oberfläche wieder mit Nesselkapseln besetzt, das Fußende trägt die sekretorischen Zellen. Das Thier steckt noch auf dem Draht.« Auch dieser Versuch ist nicht beweisend, wie man aus meinen Versuchen Nr. 15 und 16 sieht. Ein untersuchtes Thier kann scheinbar vollkommen in seiner Stellung bleiben und die beiden Schichten sind doch in ihre ursprüngliche Lage zurückgerollt. »Versuch vom 11. Mai I885..... Von einer Hydra grisea wird die in Bildung begriffene Knospe ab- _ geschnitten, darauf das Thier selbst umgestülpt und mit einem Silber- stift in der Mitte des Leibes durchbohrt. Am folgenden Tage haftet der Polyp unversehrt am Stift, das Ektoderm liegt außen, eben so eine neugebildete Knospe.« Dieser Versuch ist auf den vorigen zurückzuführen und ist also auch nicht ohne Weiteres beweisend. »Versuch vom 3. Juni 1885..... Eine umgewendete Hydra grisea wird an der Grenze des oberen und mittleren Drittels durch einen Silberdraht auf eine Kautschuk- platte befestigt. Ein Theil des Entoderm ging bei der Operation verloren; im Übrigen ist direkt nach der Umstülpung — 12 Uhr Mittags — die Außenfläche des Polypen gefärbt. Dicht unter dem Mundringe sieht man in die Öffnungen der Tentakel. Der Polyp bewegt sieh spontan und auf Reize. 3 Uhr Nachmittags liegt der Polyp ruhig da; von den Mundöffnungen und von den Tentakeln zieht sich das Ekto- derm wie ein feiner weißer Schleier über das gefärbte und an den übrigen Stellen des Leibes nach außen gelagerte Entoderm hin. Die verletzte Stelle mit dem abgängigen Entoderm liegt unverändert nahe Bdem Fuß, von der Stichwunde durch normales Entoderm getrennt. Am 5. Juni, also nach drei Tagen, ist die Lagerung der Leibesschichten wieder die natürliche; außen liegt Ektoderm, innen Entoderm. Der Polyp streckt und verkürzt sich trotz des durehbohrenden Drahtes nd macht auch mit den Armen lebhafte Bewegungen. An der Fuß- heibe sind die Drüsenzellen vorhanden.« Dieser Versuch kann eben so erklärt werden wie die vorherge- enden. Der weiße Entodermschleier, den Nusssaum über dem Ento- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 39 450 0. Ischikawa, derm gesehen hat, spricht scheinbar sehr für seine Ansicht vom Heraus- wandern der Ektodermzellen. Derselbe kann aber auch ganz gut durch Einwirkung des Wassers auf die Entodermzellen entstanden sein, in dem ein Aufquellen der letzteren hervorgerufen wurde. Ich habe sogar sehr oft an den umgestülpten Polypen gesehen, wie das Wasser in einzelne Entodermzellen eindringt. Dann quillt nach einigen Minuten nach der Operation die Spitze der Entodermzelle auf, und man erhält den von Nusssaum beschriebenen Ektodermschleier. Ist die Einwirkung des Wassers zu andauernd, so zerplatzen die Entodermzellen. Dagegen er- halten diese aufgequollenen Entodermzellen ihr normales Aussehen wieder, wenn die Einwirkung des Wassers nicht zu lange währt. Offenbar scheinen hier individuelle Verschiedenheiten mitzuspielen. Bei einigen Individuen zerfallen die Entodermzellen schon nach einigen Stunden, bei anderen aber können sie viel länger aushalten. Sehr oft habe ich viele Hydren hinter einander umgestülpt und unter offenbar gleichen Zuständen gehen einige in kürzerer Zeit zu Grunde wie die anderen. Am vorderen Ende des Körpers und aus den Stichöffnungen sehen wir manchmal unzweifelhafte Ektodermzellen über das Entoderm herausgepresst, diese sind aber nicht selbständig herausgekrochen, son- dern es handelt sich auch hier nur um ein einfaches Umbiegen der bei- den Schichten gegen einander. »Versuch vom 10. Juli 1885..... Eine Hydra grisea 40 Uhr Morgens umgestülpt. Auf Draht be- festigt, ist nach zwei Stunden das Ektoderm von der Gegend der Mund- öffnung und der Tentakel merklich nach abwärts über das Entoderm hingekrochen und umgiebt auch die Stichwunden, welche in Folge der Durchbohrung mit dem Draht entstanden waren. Um 6 Uhr Nachmit- 5 tags deckt den Polypen an der ganzen Oberfläche ein durchsichtiges mit reifen Nesselkapseln durchsetztes Ektoderm. Die Umlagerung der Theile ist also in acht Stunden vollendet.« Dieser Versuch kann eben so erklärt werden wie der vorher- gehende. »Versuch vom 13. Mai 1885..... Einer umgestülpten Hydra grisea wird der Mundring mit den Tentakeln abgeschnitten und entfernt; der Rest mit feinem Silberdraht auf eine Kautschuktafel befestigt und in ein Gefäß mit Wasser gelegt. Der umgekehrte und verstümmelte Polyp dehnt sich und zieht sich zu- sammen, ohne den Draht verlassen zu können. Nach 20 Minuten hat sich das Ektoderm von der vorderen Wundfläche aus nach abwärts ge- Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 451 schoben und ist von den beiderseitigen Stichöffnungen mit unregel- mäßigen Grenzen als dünne Schicht hervorgekrochen. Nach drei Stun- den liegt der Polyp, am Draht wie anfänglich befestigt, wie ein normaler Polypenleib da. Außen befindet sich das mit Nesselkapseln durchsetzte Ektoderm.« Dass sich das Ektoderm von der vorderen Wundfläche nach abwärts geschoben hat, lässt sich auch in meinem Sinne erklären und ich habe ganz ähnlich verlaufende Versuche beschrieben. Was Nusssaum als dünne Ektodermschicht an den beiden Stichöffnungen beschreibt, sind vermuthlich die durch Wasser aufgequollenen Enden der Entoderm- zellen. Das Herauskriechen der Ektodermzellen über das Entoderm will Nusssaum nicht nur am lebenden Thiere beobachtet haben, sondern auch an vielen Schnitten. Wenn man seine Beschreibung tiber diesen Punkt auf p. 324—346 liest, so scheint es, dass seine Annahme ganz unbestreitbar ist, allein seine Abbildungen sind, wie mir scheint, durchaus nicht be- weisend. In seinen Fig. 106 und 107 sieht man freilich die Ektoderm- zellen stückweise über das Entoderm herüberragen. Dies scheint mir aber ein ganz ähnliches Bild, wie meine Schnitte Fig. 69 es darstellen, wo an beiden Seiten das Entoderm durch Umbiegung nach außen sich in doppelter Lage darstellt, und zwischen den beiden Lagen unregel- mäßige freie Räume zu sehen sind, die durch Kontraktion des Thieres verursacht werden. | Wenn die Nusssaum’sche Angabe richtig wäre, warum kehrt sich dann eine umgestülpte Hydra sogleich wieder um, wenn sie nicht durch einen Draht daran gehindert ist und zwar durch einfaches Zurück- stülpen und nicht durch Auswandern der Zellen? Und dass dies in der That der Fall ist, darüber besteht kein Zweifel. Außerdem müssten nach Nusssaum die Entodermzellen sich gewissermaßen umkehren, denn ihre früheren freien cilientragenden Enden werden von den herauskrie- chenden Ektodermzellen überdeckt, und daher müssen die bis jetzt der Stützlamelle anhaftenden Enden zu freien Enden werden, und müssen ihrerseits die Cilien tragen. Eine solche Annahme lässt sich nicht als absolut unmöglich, aber doch als sehr unwahrscheinlich bezeichnen. Eine andere Schwierigkeit wäre die, dass eine umgestülpte Hydra wäh- rend des Zurückwanderns der Ektodermzellen Zellen beider Schichten durch einander gelagert aufweisen müsste, was nicht nur sehr unwahr- scheinlich wäre, sondern auch durch meine Versuche über Orientirung (s. o.) widerlegt wird. Denken wir uns eine umgestülpte Hydra, deren Kopf abgeschnitten ist, der Länge nach von einem Glasröhrchen durch- bohrt (Fig. III im Text) und auf einer Kautschuktafel befestigt und den- 29* 452 C. Ischikawa, ken wir uns weiter, dass die Ektodermzellen derselben aus dem abge- schnittenen vorderen Ende über das Entoderm herauskröchen, wie . Nusssaum annimmt, dann müssten sich die Ektodermzellen des vorderen Endes an das hintere Ende und diejenigen vom hinteren Ende an das vordere Ende lagern (Fig. 4), so, dass also jede Ektodermzelle die um- gekehrte Lage einnehmen würde wie früher. Ferner müssten auf den Entodermzellen jetzt an der entgegengesetzten Seite, welche jetzt die innere geworden ist, sich neue Cilien entwickeln, während auf der ur- sprünglich äußeren Seite die Basalmembran entstehen müsste. N N Q S S = S SS Glasröhrchen Fig. I. Fig. II. Eine Hydra, deren Kopf abgeschnitten ist, in normaler Lage. Sie be- steht aus zwölf Ektoderm- und zwölf Entodermzellen, von denen die Ektoderm- zellen mit kleinen und die Entodermzellen mit großen Buchstaben bezeichnet sind. Fig. III. Dieselbe Hydra in umgestülptem Zustand und von einem Glasröhrchen durchbohrt. Das Ektoderm liegt innen und das Entoderm außen. Fig. IV. Das Entoderm in derselben Lage wie Fig. IH, das Ektoderm ist, wie die Pfeile zeigen, aus dem vorderen freien Ende über das Entoderm hinausgekrochen. Meine Ver- suche über die Orientirung bei den operirten Hydren beweisen aber, dass diese Vorgänge unmöglich sind. Was die Regeneration betrifft, so meint Nusssaum, dass dieselbe ausschließlich den Intermedialzellen zuzuschreiben sei. Daher führt er die Regenerationsunfähigkeit abgeschnittener Tentakel auf das Feh- len dieser Zellen zurück. Er machte darüber viele Experimente und kam immer zu dem Resultat, dass ein Tentakelstück ohne Basis sich nie regenerirte, vielmehr stets zu Grunde ging. Diese Versuche Nussgaum’s kann ich durch meine eigenen bestätigen und bezweifle mit ihm die Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 453 Engermann’schen Angaben! und eben so die von RozseL?, wonach auch die Tentakelstücke sich zu ganzen Thieren regeneriren sollen. Was aber die Erklärung dieser Thatsache betrifft, so stimme ich in so fern nicht mit Nusssaum überein, als ich die Regenerationsunfähigkeit nicht auf das Fehlen der Intermedialzellen zurückführen möchte, sondern viel- mehr darauf, dass die Ektodermzellen sowohl wie die Entodermzellen in den Tentakeln so sehr speeialisirt sind, dass sie nie zu anderen Zellen werden können. Regenerationsunfähigkeit habe ich auch bei Vorhandensein der Intermedialzellen konstatirt. Wie aus meinen Versuchen Nr. 60—63 erhellt, hat sich das ent- fernte Entoderm nicht wieder regenerirt, obgleich ja im Ektoderm Inter- medialzellen vorhanden waren. Das Entoderm regenerirte sich nur aus Entodermzellen. Man könnte mir einwenden, dass bei meinen Versuchen die Inter- medialzellen ebenfalls durch die Essigsäuredämpfe zu Grunde gegangen seien. Diese Annahme wird aber durch folgende Untersuchungen hinfällig. Ich habe nämlich viele Hydren, welche auf die angegebene Weise mit Essigsäuredampf behandelt worden waren, nach der Entfernung des Entoderms in verschiedenen Zeiträumen nach der Operation mit FLen- ming’scher Lösung konservirt, in Schnitte zerlegt und die Schnitte auf ihre mikroskopischen Verhältnisse hin durchmustert. Bei dieser Unter- suchung hat sich nun gezeigt, dass diejenigen Thiere, welche ich gleich nach der Operation getödtet hatte, keine oder wenige Theilungsfiguren in den Intermedialzellen zeigten, während diejenigen, welche nach eini- gen Stunden getödtet wurden, sehr viele aufwiesen (Fig. 70). Dadurch ist der Beweis geliefert, dass die Intermedialzellen nach der Operation noch lebendig bleiben und sich wie gewöhnlich durch Theilung ver- mehren, dass aber eine Regeneration der Entodermzellen® trotzdem nicht stattfindet. Die indifferente Natur der Intermedialzellen, wie sie IP. 77. 2 1; 6:9. 495. 3 Dass die Entodermzellen eines solchen untersuchten Thieres sich durch Thei- lung vermehren, sieht man auf Schnitt Fig. 69 und 69A. Es ist interessant hier zu sehen, dass die Kernmembran noch vorhanden ist, während die chromatischen Fasern zwischen den in zwei Partien angeordneten Stäbchen schon in Reihen auftreten, eine Thatsache, die nicht allgemein bei der gewöhnlichen Kerntheilung der Metazoen vorkommt. Einen solchen Theilungsmodus fand Weısmann und ich auch bei den Richtungsspindeln von Polyphemus und Bythotrephes (WEISMAnN und IschikAwA, Über die Bildung der Richtungskörper bei thierischen Eiern. Freiburg im Br. 4887). Diese Thatsache spricht gegen die provisorische Annahme von C. Rau (Anat. Anz. IV. Jahrg. p. 23), dass nach ihm die Kernmembran vielleicht »ganz oder zum großen Theil aus achromatischen Fasern besteht«., 454 6. Ischikawa, Nusssaum annimmt, wäre somit ausgeschlossen. Ich halte diese Zellen vielmehr für jugendliche Ektodermzellen, welche von Zeit zu Zeit die Ektodermzellen neu bilden. Es dürfte von Interesse sein und meiner Erklärnng des Zurück- stülpens operirter Hydren als Stütze dienen, dass auch spontane Um- stülpungen bei Polypen vorkommen, die meines Wissens bis jetzt von Niemand beschrieben wurden. Eines Tages, als ich etwa 10 Stück sehr ausgehungerter Thiere in ein kleines Aquarium brachte und mit Daphniden fütterte, bemerkte ich nach einer Stunde, dass vier kleine Polypen ihre vorderen Enden von selbst umgestülpt hatten. Da mir dieser Vorfall sehr interessant schien, so. brachte ich noch zehn solche hungrige Hydren in ein großes Uhrgläschen und fütterte dieselben mit einigen Daphniden, die ich in das Uhrgläschen hineinwarf, worauf ich den ganzen Vorgang unter dem Präparir- mikroskop beobachtete. Die hungrigen Thierchen griffen die Daph- niden sofort mit ihren Armen an und wollten sie verschlucken. Wenn eine Daphnia am vorderen oder am hinteren Ende gefasst wurde, dann wurde sie gleich verschluckt, wenn aber eine kleine Hydra eine große Daphnia an der Seite fasste, dehnte sie ihren Mund so weit aus als nur möglich, gelang es ihr dann nicht das Thier in die Leibeshöhle hereinzuziehen, so erfolgte ein Zurückklappen des Mundrandes und eine theilweise Umstülpung des Thieres. Dieser Vorgang geht sehr rasch vor sich und scheint rein mechanisch, hervorgerufen durch die Elasti- eität der Stützlamelle und vielleicht auch durch Kontraktion der Ring- muskeln um den Mund. Diesen ganzen Vorgang habe ich auf Taf. XIX, Fig. 56—59 abgebildet. Die Hydren ziehen ihre Tentakeln gleich nach der Umstülpung sehr stark zurück, dehnen sie aber dann wieder aus und kehren die umgestülpten Theile wieder um. Als ich diese Vorgänge Herrn Prof. WEısmann zeigte, theilte er mir mit, dass er viele solche umgestülpte Köpfe bei Gorydendrium gesehen habe, wie er seiner Zeit sich mit diesen Polypen beschäftigte. Er hat mir freundlichst eine Abbildung von einem solchen umgestülpten Thiere überlassen, die ich mit seiner Erlaubnis hier wiedergebe (Fig. 71). Die Thierchen stam- men aus den berühmten Grotten von der Insel Nisida. Wie man an den beigefügten Abbildungen sehen wird, scheinen diese Vorgänge hier und bei Hydra einander sehr ähnlich zu sein. Man kann natürlich nicht mit Sicherheit sagen, ob bei Corydendrium diesem Vorgang auch dieselben Ursachen zu Grunde liegen. Es würde natürlich sehr interessant sein, mit diesen oder anderen Hydroidpolypen ähnliche Experimente anzu- stellen, wie man sie.bis jetzt nur mit Hydra gemacht hat. Diese Beob- pn Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 455 achtungen an lebenden Hydren haben in so fern Interesse, als sie uns die Möglichkeit einer Erklärung bieten, warum künstlich umgestülpte Hydren in ihre normale Lage zurückkehren. | An die Versuche, zwei Thiere dauernd mit einander zu vereinigen, wie ich sie oben beschrieben, knüpft sich die interessante Frage, ob nämlich die beiden zusammengewachsenen Hydren auch ein gemein- sames Gefühl haben. Leider gelang es mir nicht auf diese Frage eine Antwort zu erhalten. Ich möchte hier erwähnen, dass auch MarsnırL! den Versuch ge- macht hat, zwei Polypen zu vereinigen, aber mit negativem Resultat. Er erwähnt auch, dass Lichtensere am Ende des vorigen Jahrhunderts die- selben Experimente gemacht habe und dass es ihm einmal geglückt sei, zwei Thiere dauernd zu vereinigen. Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass sich unter meinen Hydren viele fanden, welche mit verzweigten Tentakeln ausgestattet waren. Schon der alte Rorser? erwähnt das Vorkommen derselben, fügt sogar hinzu, dass verzweigte Tentakel gar nicht selten seien. Bei Hydromedusen kennt man sie nur von der Gattung Cladocoryne. Ob diese Hydren mit verzweigten Tentakeln bestimmte Variationen der gewöhnlichen Hydra-Arten sind, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls werden diese Tentakeln den Thieren bei dem Ergreifen und Festhalten ihrer Nahrung große Vortheile gewähren. ill. Zusammenfassung der Resultate. 1) Die umgestülpten Hydren kehren sich wieder um, wenn die Umkehrung für die Thiere überhaupt möglich ist, und wenn dies nicht der Fall ist, so gehen sie zu Grunde. Die durchbohrende Borste ist kein Hindernis gegen das Zurückstülpen in die ursprüngliche Lage. Die Um- stülpung geht aber oft in so kurzer Zeit vor sich, dass man sie leicht übersehen kann, falls man nicht kontinuirlich beobachtet. Die auf die Versuche von TremsLey gegründete Ansicht, dass eine Umwandlung der Ekto- und Entodermschichten eines solchen umgekehrten Thieres einträte, ist nicht richtig, aber auch die neue Auffassung von Nussßaum stimmt nicht mit meinen Ergebnissen überein. Meine Versuche bewie- sen, dass es sich um ein einfaches Zurückklappen der beiden Schichten in ihre ursprüngliche Lage handelt. 2) Von einem abgeschnittenen Körperstücke einer Hydra ent- wickelt sich der neue Kopf immer am vorderen Ende, eine Thatsache, 11. c. p. 682683. 2]. ©. Pr, 456 C, Ischikawa, die sehr gegen die Nusssaum’ sche Ansicht spricht, dass die Ektoderm- zellen eines umgekehrten Thieres über das Entoderm herauskriechen und es bedecken sollen, da ja bei solehem Herauskriechen der Ekto- dermzellen über das Entoderm die Ektodermzellen eine ganz andere Lage erhalten würden, 3) Die Intermedialzellen sind nicht im Stande alle verlorenen Zel- len eines Hydrakörpers zu regeneriren. Dieselben sind die jungen Ektodermzellen und können als solche nur die verloren gegangenen Ektodermzellen ersetzen. Ein kleines Ektodermstückehen ganz vom Entoderm befreit, regenerirt niemals zu einem vollständigen Thier, ob- wohl die Intermedialzellen eines solchen Stückchens leben und sich noch längere Zeit nach der Operation durch Theilung vermehren. Die Entstehung der Geschlechtszellen aus den jungen Ektodermzellen ist bei den Hydromedusen allgemein (WEIsmann!). k) Will eine Hydra Nahrung zu sich nehmen, die so groß ist, dass ihr Mund sich über das gewöhnliche Maß ausdehnen muss, so stülpt sie sich um. Eine Hydra, welche sich so umgestülpt hat, kehrt sogleich in ihre normale Lage zurück. Diese Thatsache ist von Interesse, weil sie uns die Möglichkeit einer Erklärung giebt, wesshalb eine künstlich um- gestülpte Hydra gleich wieder umzukehren sucht. Eben solche von selbst umgestülpte Köpfe wurden von Weısmann häufig bei Coryden- drium parasiticum beobachtet, und auch diese Thatsache ist höchst wahrscheinlich auf die nämliche Erklärung zurückzuführen. 5) Man kann zwei Thiere dauernd mit einander zur Verschmelzung bringen, indem man sie mittels Borsten an einander heftet oder indem man sie in einander steckt. Freiburg i. B., im Juni 1889. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIII. Alle Figuren wurden nach dem Leben gezeichnet, und sind ungefähr 42mal vergrößert. Fig. A4—3. Hydra sp. Fig. —40. Hydra fusca. Fig. —3 (Versuch Nr. 4). Drei verschiedene Stadien von einem umgekehrten Thier. Fig.4 zeigt das Thier unmittelbar nach der Umstülpung. Es hat von der linken Seite aus sein vorderes Körperende in den durch Umstülpung entstandenen Hohlraum hineingesteckt und zwei Tentakel aus dem hinteren Ende herausgetrieben. 1 Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Jena 1883, Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 457 Fig. 2, Ein etwas späteres Stadium wie Fig. 4. Hier sieht man drei Tentakel aus dem hinteren Ende des Körpers hervorragen. Fig. 3. Das Thier ist jetzt vollständig in die normale Lage zurückgekehrt, aber die Spitze eines Tentakels ist am hinteren Ende des Körpers zurückgeblieben. Fig. 4—13 (Versuch Nr, 8a und b). Fig. 4. Die obere Hälfte einer umgestülpten und mit einer Borste durchbohr- ten Hydra unmittelbar nach der Operation gezeichnet. Die Tentakel sind sehr lang gestreckt, wie dies gewöhnlich gleich nach der Operation der Fall ist. Fig. 5. Ist 30 Minuten nach der Operation gezeichnet. Das Thier hat zwei Ten- takel aus dem anderen abgeschnittenen Ende herausgestreckt. Dieses Ende ist gleichzeitig etwas nach vorn und außen zu umgekehrt. Fig. 6. Die Umkehrung ist vollendet und das Thier zeigt die Gestalt eines kon- tinuirlichen Ringes mit dem Ektoderm außen und dem Entoderm innen. Fig. 7. Die Gestalt ist etwas unregelmäßig geworden, An einer Seite ist das Thier von der Borste befreit, Fig. 8. Das Thier hat in der Figur die Form einer niederen Tasse angenommen und hat an der einen Seite einen neuen Mund gebildet. Die Borste steckt nur noch an einer Seite, Fig, 9. Die untere Hälfte desselben Thieres nach der Operation gezeichnet. Fig. 40. Dieselbe Hälfte etwas später gezeichnet, Das obere Ende krümmt sich etwas nach außen und hinten zu um, Fig, 44. Diese Krümmung ging so weit nach hinten und veränderte die Gestalt so, dass es unmöglich war die einzelnen Theile des Thieres erkennen zu können. Außerdem hat sich das Thier an der einen Seite von der Borste befreit. Fig. 42, Das Thier hat nun eine Y-förmige Gestalt angenommen, und hat sich ganz von der Borste befreit. An einem Ende sind die Drüsenzellen schon vorhanden. Fig. 43. Die zwei anderen Enden haben Tentakel bekommen. Fig. 44—48 (Versuch Nr. 45). Fig, 44. Stellt eine Hydra auf Spirogyrafäden sitzend dar. Fig. 15. Dieselbe Hydra umgestülpt und mit einer Borste durchbohrt. Die Spirogyrafäden liegen nun im Inneren des Thieres. Fig, 16. Das Thier schob sein hinteres Ende in den durch Operation künstlich geschaffenen Hohlraum hinein, Man sieht die Spirogyrafäden schon etwas aus dem Munde hervorragen. Das obere Ende krümmte sich etwas nach außen und hinten zu um. Fig. A7, Dieser Vorgang ist noch weiter vorgeschritten. Man sieht schon das hintere Ende des Körpers außerhalb des Mundes. Das obere Ende hat sich noch mehr nach hinten zu gekrümmt. Fig. 48. Die Umkehrung ist vollendet, aber die Borste steckt noch immer an einer Seite der Mundöffnung. Fig. 49 und 20 (Versuch Nr. 46). Fig. 49. Zeigt eine umgestülpte Hydra, welche mit einem der Leibeshöhle des Thieres entsprechenden Glasröhrchen senkrecht durchbohrt ist. Das Glasröhrchen ging nicht gerade durch die Mitte des Körpers, so dass das hintere Ende etwas an einer Seite des Röhrchens zu liegen kam. Fig. 20. Dasselbe Thier nach 24 Stunden gezeichnet. Das Thier hat eine voll- ständige Umwandlung durchgemacht. Das Ektoderm liegt außen und das Ento- derm innen. Fig. 24—25 (Versuch Nr. 18). 458 C. Ischikawa, Fig. 24. Stellt eine umgestülpte Hydra dar. Dieselbe ist mit einem Glasstäb- chen der Länge nach durchbohrt.. Das Stäbchen ging nicht gerade durch die Mitte des Körperendes wie bei der vorhergehenden. Fig. 22. Das Thier fängt an sich von beiden Seiten wieder inzuslalpen Das hintere Ende schob sich immer weiter hinein bis zu dem Loch, wo das Stäbchen aus dem Thiere austritt. Die Hydra versuchte jetzt an einer Seite des Loches her- auszukriechen, was ihr auch schließlich gelang, wie man in Fig. 23 sieht. Hier bemerkt man auch, dass das vordere Ende sich noch viel weiter nach hinten bewegt hat. Fig. 24. Der freie Rand des Körpers mit a bezeichnet schob sich weiter nach oben zu, und wuchs endlich mit dem freien Rand des Mundes zusammen, wie in Fig. 25 dargestellt ist. Fig. 26—30 (Versuch Nr. 20). Eine umgestülpte Hydra der Länge nach mit einem Glasstäbchen durehbohrt. Fig. 26. Stellt die Hydra gleich nach der Operation dar. Fig. 27. Das obere Ende des Thieres ist etwas nach außen und unten zu um- gekehrt. Fig. 28. Das untere Ende ist etwas nach außen und vorn zu umgekehrt. Fig. 29. Die Umkehrung am vorderen Ende ist noch weiter vorgeschritten, und das Thier hat die Gestalt eines geschlossenen Ringes angenommen. Das hintere umgekehrte Ende ist in kleine Stückchen zerfallen. Fig. 30. Das Thier ist noch immer ein geschlossener Ring ohne Mund. Die Tentakel haben eine bedeutendere Größe erhalten. Fig. 331 —40 (Versuch Nr. 76). In Fig. 31 sieht man ein Stück eines Hydrakör- pers auf Kork aufgespannt mit dem Entoderm nach oben. Dieses Stück wurde er- halten, indem der Hydra der Kopf weggeschnitten und der Rest der a nach gespalten wurde. Fig. 32. Dasselbe Stück hat durch Kontraktion des Ektoderms eine erilfhiden förmige Gestalt angenommen. Das Entoderm liegt außen und das Ektoderm innen. Fig. 33. Dasselbe hat sich wieder von selbst aufgerollt. . Fig. 34. Das Körperstück hat durch Umrollung seine natürliche Lage angenom- men mit dem Ektoderm nach außen und dem Entoderm nach innen. An einer Stelle verhinderte ein Algenfaden das Zusammenwachsen der beiden freien Rän- der. In Fig. 35 hat das Thier die eine von diesen Seiten zu einem Fortsatz z aussedahms So gelang es dem Thier den Algenfaden allmählich zur Seite zu schieben, wie Fig. 36 zeigt. Zuletzt schloss sich die Öffnung vollständig. Fig. 37. Das Thier gezeichnet ungefähr drei Tage nach der Operation. Am hin- teren Ende sind schon die Drüsenzellen vorhanden, und das Thier sitzt: fest auf dem Boden des Uhrglases. Fig. 38. Am vorderen Ende bildet sich eine kleine spitzige ir g, Ei sich zu einem Tentakel entwickelt, wie Fig. 39 zeigt. Fig. 40 zeigt dasselbe Thier nach sieben Tagen. Es hat jetzt vier Tentakel an dem vorderen Ende. ; Tafel XIX. Alle Figuren wurden nach dem Leben gezeichnet und all unse (Fig. 53 und 55 ausgenommen) 420mal vergrößert. Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. 459 Fig. 44—44 (Versuch Nr. 61). Fig, 44 zeigt eine Hydra, wie sie der Länge nach aufgeschnitten und auf einem Korkstück ausgebreitet wurde. Fig. 42. Dieselbe 5 Minuten nach der Wegnahme des Kopfes und nach der Be- handlung mit Essigsäuredampf. Das Ektoderm zieht sich etwas zusammen. Fig. 43. Dieseibe fängt an sich aufzurollen. Fig. 44. Dieselbe 4 Stunde 30 Min. nach der Operation. Das Thier ist lang ge- streckt. Fig. 45—49 (Versuch Nr. 63). Fig. 45 zeigt eine Hydra, welcher der Kopf abgeschnitten und deren Entoderm theilweise weggenommen wurde. 5 Minuten nach der Operation. Der Körper rollte sich zu einem Cylinder um, und zwar von vorn nach hinten und nicht von der Seite wie gewöhnlich. Fig. 46. Dieselbe nach 15 Minuten. Das Thier hat sich wieder aufgerollt. Die zwei Seiten näherten sich einander und wuchsen schließlich zusammen. Fig. 47. Dasselbe nach 2 Tagen mit einem Tentakel. Fig. 48. Dasselbe Thier nach + Tagen. Es hat jetzt zwei Tentakel am vorderen Ende des Körpers. Fig. 49. Dasselbe nach 7 Tagen mit vier Tentakeln. Fig. 50—52 (Versuch Nr. 78). Eine Hydra der Länge nach an einer Seite auf- geschnitten und mit zwei Borsten kreuzweise durchbohrt. . Fig. 50 zeigt das Thier gleich nach der Operation. Fig. 51. Dasselbe von der anderen (ektodermalen) Seite gesehen. Durch Zu- sammenrollen hat sich das Thier an dem hinteren Ende von der Borste befreit. Fig. 52. Dasselbe nach 51/5 Stunden. Das Thier ist jetzt ganz zusammenge- wachsen an zwei abgeschnittenen Seiten, und die Borsten stecken noch immer am vorderen Ende des Körpers. Am hinteren Ende sieht man zwei Anhänge, die durch das Wegreißen der Borste verursacht sind. Fig. 53—54 (Versuch Nr. 34). Eine Hydra zweimal der Quere nach durch- Schnitten, das mittlere Stück wurde mit einem Glasstäbchen der Länge nach durch- bohrt, um zu sehen, ob der Kopf sich am vorderen oder am hinteren Ende neu- bildet. | Fig. 53 zeigt dasselbe Stück nach 11/, Tagen. Der Körper des Thieres ist der Länge nach durchgerissen und liegt zum großen Theil außerhalb des Glasrohres. Am vorderen Ende haben sich bereits Tentakel entwickelt. Vergr. circa 23mal. Fig. 54 A zeigt dasselbe Thier nach 31/, Tagen von der Seite gesehen, nachdem es vom Glasröhrchen befreit worden war. Am vorderen’ Ende treten zwei Mlundz öffnungen auf, welche noch nicht ganz von einander getrennt sind. Fig. 54 B. Dasselbe von oben gesehen. Fig. 55—59 zeigen spontane Umstülpungen der Hydren. Fig. 55 ‚zeigt ein von selbst umgestülptes Thier mit. der Camera gezeichnet. Vergr. circa 20mal. Fig. 56—58 zeigen eine Hydra in ednlrnen Stadien: der Futteraufnahme. Das Futter (Daphnia) ist zu groß, wesshalb das Thier seinen Mund so weit ausge- dehnt hat, dass der Rand umgeklappt ist, wie man in Fig. 59 sieht. Fig. 60—61 (Versuch Nr. 79). Fig. 60. Eine umgestülpte Hydra wurde durch den Mund des anderen Thieres 460 (0. Ischikawa, Trembley’s Umkehrungsversuche an Hydra nach neuen Versuchen erklärt. in dessen Leibeshöhle hineingesteckt. Das innere Thier hat sein hinteres Ende durch das Borstenloch hinausgetrieben. Fig. 61. Die beiden Thiere nach 12 Tagen gezeichnet. Sie sind zu einem zu- sammengewachsen und besitzen zwei Mundöffnungen. Fig. 62 (Versuch Nr. 80). Der vorige Versuch wurde wiederholt, nachdem die beiden Thiere mit einander verschmolzen waren, entstanden an der Stelle, wo zwei freie Mundränder zusammenwachsen, zwei neue Mundöffnungen und ein Paar neue Tentakel. Fig. 68—65 (Versuch Nr. 84). Fig. 63. Ein kleines Thier wurde in ein größeres Thier hineingesteckt und beide hierauf mit einer Borste durchbohrt. Fig. 64. Das innere Thier kroch aus dem äußeren heraus, während ein Stück der Körperwand noch in der Leibeshöhle des äußeren Thieres zurückblieb, und zwar an der Stelle, wo die Borste das Thier traf. Fig. 65. Dieselbe nach 47 Tagen gezeichnet. Das zurückgebliebene Stück der Körperwand des inneren Thieres verschmolz mit dem Mundrande des äußeren, und es bildete sich eine Brücke zwischen den beiden. Fig. 66 (Versuch Nr. 82). Zwei Hydren wurden mit zwei Borsten neben ein- ander durchbohrt und das Entoderm der beiden Thiere ist an der Stelle, wo die Borsten durchgehen, zusammengewachsen. Fig. 67 (Versuch Nr. 83) zeigt den vorigen Versuch, wobei eine vollständige Verwachsung der beiden Thiere stattfand. Diese Verbindungsbrücke besteht aus Ekto- sowie aus Entoderm. Tafel XX. ect, Ektoderm; ent, Entoderm; st, Stützlamelle; Gph, männliches Gonophor; PsR, Rand des Perisarcrohres. Fig. 68. Längsschnitt eines untersuchten Thieres (Versuch Nr. 48), wie erin Fig. 25 abgebildet ist. Bei genauerer Betrachtung sieht man die Ähnlichkeit der beiden Figuren. Sowohl an der linken als an der rechten Seite ist oben ein Theil des Körpers weggerissen. Der ganze untere Theil, den man auf Fig. 25 auf dem Glas- röhrchen sieht, wurde bei der Befreiung der Hydra von dem letzteren weggerissen (Freuming’sche Lösung, Karminpräparat. Vergr. 0/IIl, SEIBERT = 80). Fig. 69. Längsschnitt einer umgestülpten Hydra, 3 Stunden nach der Operation konservirt. Man sieht viele Kerntheilungsfiguren in Ekto- sowie in Entodermzellen (Vergr. A/V, SEIBERT = 330). Fig. 694. Zwei in Theilung begriffene Entodermzellen aus dem Schnitt Fig. 69 (Vergr. A/VII, SEIBERT = 850). Fig. 70. Fünf junge Ektodermzellen (nitermieriätrellen) in Theilung begriffen aus einem mit Essigsäuredampf behandelten Ektodermstück eines Hydrakörpers, 2 Stunden nach der Operation konservirt (Vergr. A/VII, SEBERT = 850). Fig. 74. Corydendrium parasiticum. Ein von selbst umgestülpter Kopf aus einem männlichen Stocke (Zeichnung von Professor WEISMANN). Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. Von Dr. Theodor Boveri in München. (Aus dem zoologischen Institut zu München.) Mit Tafel XXI—XXIIl. Im Jahre 1886 forderte mich Herr Professor Rıcuarn HERTwIG zu einer gemeinschaftlichen anatomisch-systematischen Bearbeitung einer Reihe von Aktinien auf, die ihm von Expeditionen und Sammlern zur Verfügung gestellt worden waren. In diesem Material befanden sich verschiedene Entwicklungsstadien der zuerst von M. Sırs bekannt ge- machten eigenthümlichen Arachnactis, deren Beschreibung in jene Arbeit eingefügt werden sollte. Die ontogenetischen Resultate, zu denen wir beim Studium dieser Larven gelangten, waren jedoch von einem allgemeineren, die Phylogenie der Aktinien berührenden Interesse und ließen es wünschenswerth erscheinen, so weit als möglich, auch Vertreter der übrigen Aktiniengruppen von Neuem auf ihre Entwick- lung zu untersuchen. So löste sich von jener systematischen Arbeit die vorliegende Abhandlung ab, deren Ausarbeitung und Veröffent- lichung Herr Professor R. Herrwıc in liebenswürdigster Weise mir allein überließ, obgleich nicht nur der Plan der Arbeit sowie der größte Theil des verwendeten Materials von ihm herrühren, sondern auch die Beobachtungen anfänglich von uns gemeinsam angestellt wor- den waren. Indem ich meinem hochverehrten Lehrer für diesen be- _ trächtlichen Antheil an den im Folgenden mitgetheilten Untersuchungen meinen herzlichsten Dank ausspreche, bin ich zugleich ermächtigt, die Zustimmung desselben zu den im allgemeinen Theil niedergelegten phylogenetischen Folgerungen zur Kenntnis zu bringen. 462 Theodor Boveri, Obgleich die Beobachtungen, die mir über die Entwicklung der einzelnen Aktinientypen zur Verfügung stehen, sehr fragmentarisch sind, bilden dieselben doch in so fern ein abgeschlossenes Ganze, als sie sich auf Stadien beziehen, welche für die Erkenntnis der Phylogenie. dieser Coelenteratengruppe von der größten Bedeutung sind. Seit vornehmlich durch die Untersuchungen von SCHNEIDER und RÖöTTERENn (22), A. von Heiper (12) und der Gebrüder Herrwıc (13) die Wichtigkeit nicht nur der Septen-Zahl und -Gruppirung, sondern auch der an den Septen zu beobachtenden Muskelanordnung für die Syste- matik der Aktinien festgestellt worden ist, liegen zwar mehrfache und zum Theil sehr werthvolle Angaben über Entwicklung der Zoantharia vor; allein eine phylogenetische Verwerthung haben diese ontogene- tischen Befunde — wenn ich eine erst in den letzten Wochen erschienene kurze Notiz von P. McMurriıca (20) ausnehme — entweder nicht ge- stattet oder wenigstens nicht gefunden. So stehen sich denn die drei Hauptgruppen der Aktinien: die Edwardsiae, Geriantheae und Hexactiniae ziemlich schroff gegenüber, und es war bisher kein Urtheil möglich, in welcher Weise diese drei Typen mit einander verwandt sind, ob einer aus dem an- deren abgeleitet werden kann, oder ob eine unbekannte Urform ange- nommen werden muss, aus der sie sich nach drei verschiedenen Rich- tungen entwickelt haben. Die im Folgenden beschriebenen ontogene- tischen Thatsachen sind, wie ich glaube, im Stande, diese Fragen zu beantworten. Da es sich bei meinen Schlussfolgerungen im Wesentlichen um eine Verwerthung der Struktur, Gruppirung und Entstehungsfolge der Septen handelt, so ist es vielleicht nicht unerwünscht, wenn ich der Schilderung der entwicklungsgeschichtlichen Befunde eine kurze Dar- stellung vorausgehen lasse, in welcher Weise die drei genannten Akti- niengruppen durch die Anordnung ihrer Septen charakterisirt und von einander unterschieden sind. Bei den Hexaktinien — um mit dieser familienreichsten Gruppe zu beginnen, sind, wie Horrarp (15) zuerst gezeigt hat, alle Septen paar- weise angeordnet, und zwar sind es sechs Paare primärer Septen, welche die ganze Architektonik bestimmen und die scheinbare Sechs- strahligkeit des Körpers erzeugen. Allein diese sechs Septenpaare sind, worauf ScHNEIDER und RÖTTEREN (22) zuerst aufmerksam gemacht haben, einander nicht alle gleichwerthig, sondern es stehen zwei einander opponirte Paare, diejenigen nämlich, welche sich an die sog. Schlund- rinnen des Magenrohres inseriren, in Folge ihrer Muskelanordnung zu den vier anderen im Gegensatz. Während (Taf. XXIII, Schema Fig. II, Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 463 wobei die zweierlei Farben noch unberücksichtigt bleiben mögen) bei den letzteren die Septen jedes Paares ihren Längsmuskelwulst auf den einander zugekehrten Seiten tragen, finden wir bei jenen, die ihrer Ausnahmestellung wegen als »Richtungssepten« bezeichnet werden, die longitudinalen Fasern auf der dem Partner abgewandten Seite des Septums. Diese abweichende Struktur zweier gegenüberstehender Septenpaare in Verbindung mit der durch die gleiche Ebene bestimm- ten Ausbildung der Schlundrinnen, verleiht dem Hexaktinienkörper eine zweistrahlige Architektonik. — Alle neuen Septen entstehen, gleichfalls paarweise, zwischen den schon vorhandenen Paaren, und zwar tragen dieselben stets einander zugewandte Längsmuskeln. Im Gegensatz zu den zweistrahligen Hexaktinien sind die Edward- siae und Ceriantheae bilateral-symmetrisch. Die Edwardsiae besitzen zeitlebens nur acht Septen, welche die im Schema Fig. I (Taf. XXIII) dargestellte, von A. Anpees (3) und den Gebrüdern Herrwiıs (13) entdeckte Muskelanordnung aufweisen. Be- zeichnen wir die untere Seite des Schemas als die ventrale, die obere als die dorsale, so treffen wir, an die beiden Schlundrinnen sich inse- rirend, ein dorsales und ventrales Paar von Richtungssepten, welche, wie bei den Hexaktinien, mit abgewandten Längsmuskeln ausgestattet sind. Die zwei übrigen Septen, die jederseits zwischen diesen Rich- tungsseptenpaaren ausgespannt sind, kehren ihren Längsmuskelwulst nach einer und derselben Seite und folgen darin der Anordnung der dorsalen Richtungssepten. Wir begegnen also, von der ventralen Seite ausgehend, jederseits zuerst einem Septum, das seinen Muskel- wulst unserem Ausgangspunkt abwendet, darauf dreien, welche den- selben diesem Punkte zukehren. Ganz eigenartig endlich verhalten sich in ihrer Septenanordnung die Geriantheae. Bei ihnen tritt die bilaterale Symmetrie — die Ungleichwerthigkeit einer Rücken- und Bauchseite — schon dadurch noch schärfer hervor als bei den Edwardsiae, dass nur eine Schlund- rinne vorhanden ist (Schema Fig. II, Taf. XXIII) !. Man bezeichnet die hierdurch bestimmte Seite des Körpers als ventrale (Herrwıe, Vocr). Hier findet sich ein durch Kürze und Stärke ausgezeichnetes Richtungs- septenpaar, für das jedoch die bei den Hexaktinien und Edwardsien konstatirte Muskelgruppirung nicht hat festgestellt werden können. Überhaupt sind — offenbar in Folge der starken Entwicklung einer ektodermalen Längsmuskulatur — die Septenmuskeln sehr schwach ausgebildet, und eine Differenz der beiden Seiten war bisher nicht 1 Die zweierlei Färbung der Septen möge noch unberücksichtigt bleiben. 464 Theodor Boveri, nachweisbar. Auf das Richtungsseptum folgt jederseits eine große und sehr variable Zahl von Septen, die gegen die dorsale Seite allmählich kleiner und schwächer werden. Diese Abnahme hängt zusammen mit der Vermehrungsweise der Septen. Die Anlage neuer Septen ist nämlich ausschließlich auf eine schmale Zone längs der dorsalen Mittel- linie beschränkt, in der Weise, dass hier, streng paarig, die neuen Sep- ten entstehen, das eine rechts, das andere links von der Medianebene. Die räumliche Aufeinanderfolge der Septen von der ventralen zur dor- salen Seite bezeichnet demnach zugleich die zeitliche Folge ihrer Ent- stehung, wenn wir die vier ventralsten Septen jederseits ausnehmen, für welche dieser Satz, wie sich unten zeigen wird, höchst wahrschein- lich nicht gilt. — Wie sich in neuester Zeit herausgestellt hat, ist mit diesen drei Typen die Mannigfaltigkeit der bei den Aktinien verwirklichten Bau- pläne nicht erschöpft. Zwar lässt sich wohl die auf den ersten Blick sehr eigenartig erscheinende Gruppe der Zoantheen leicht und mit großer Wahrscheinlichkeit von den Hexaktinien ableiten; allein daneben giebt es andere Formen, die, wie es scheint, den drei im Vorstehenden charakterisirten Typen gleichwerthig gegenüberstehen, so der von R. Herrwie (14) aufgestellte Tribus der Monauleae: »Actiniarien mit paarig angeordneten Septen, aber mit nur einem Paar Richtungssepten«, so der von dem gleichen Autor begründete Tribus der Paractiniae, die sich von den Hexactiniae dadurch unterscheiden, dass die Zahl der Septenpaare nicht durch den Numerus sechs bestimmt ist, so endlich die von BLocHmann und Hırcer (5) auf ihre Anatomie untersuchte Gon- actinia proliferaM. Sars, bei der acht Makrosepten in der Anord- nung der Edwardsiae vorhanden sind, außerdem aber zwischen diesen jederseits noch vier Mikrosepten, der Art, »dass in die zwei Fächer bei- derseits des einen (dorsalen) Richtungsseptenpaares je zwei, in die übri- gen Fächer, die zwischen den Richtungssepten natürlich ausgenommen, je eines zu stehen kommt«. Diese acht Mikrosepten sind in der Weise mit Muskeln ausgestattet, dass sie, für sich allein betrachtet, gleichfalls die »Edwardsia-Stellung« repräsentiren, jedoch in umgekehrter Orien- tirung (BLocHmann und Hırser, p. 390). Meine entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen erstrecken sich nur auf die drei Tribus der Hexactiniae, Edwardsiae und Ceriantheae; allein aus den phylogenetischen Resultaten, zu welchen ich hierbei ge- langt bin, wird sich die Möglichkeit ergeben, in dem gewonnenen Stammbaum auch den zuletzt erwähnten abweichenden Formen eine — freilich vorläufig noch hypothetische — Stellung anzuweisen. Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 465 Ich theile meine Darstellung in zwei Abschnitte; im ersten gebe ich — unter gleichzeitiger Berücksichtigung der einschlägigen Arbeiten — die Beobachtungen, im zweiten fasse ich die Resultate derselben, so- wie die in der Litteratur bereits vorliegenden Ergebnisse zu einer allge- meinen Betrachtung über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Aktinien zusammen. I. Abschnitt. A. Ceriantheae. Die Larven, die ich aus diesem Tribus zu untersuchen Gelegen- heit hatte, stammen von der Expedition des Triton; sie sind identisch mit der von M. Sars (21) beschriebenen Arachnactisalbida. Nach- dem diese merkwürdige Form längere Zeit für eine ausgewachsene, zeitlebens frei schwimmende Aktinie gehalten worden war, brach sich allmählich die Überzeugung Bahn, dass man es in derselben mit einer Larve zu thun habe. Gosse (9) scheint der Erste gewesen zu sein, der, gestützt auf einige Angaben Juzes Hame’s (14) über die Entwicklung von Cerianthus membranaceus, die Vermuthung aussprach, Arachnac- tis möchte vielleicht ein jugendlicher Cerianthus sein. Auch A. Asassız hebt in seiner ersten Publikation (1) die Übereinstimmung seiner jüng- sten Arachnactisexemplare mit den von J. Hımz abgebildeten Cerian- thuslarven hervor, wogegen er später, in einem an LacAaze-DUTHIERS gerichteten Brief (2), Arachnactis als eine jugendliche Edwardsia in Anspruch nimmt, — ein unzweifelhafter Irrthum, der, wie bereits C. Vosr (23) bemerkt hat, nur durch eine Vermengung verschieden- artiger Formen erklärt werden kann. A. Anpres spricht sich in seiner Monographie der Aktinien wie Gosse dahin aus, dass Arachnactis wohl ein Jugendstadium von Cerianthus repräsentire, und er führt dieselbe demgemäß nur als Larve auf. Nachdem wir einerseits durch J. Harms (14), Heer (12) und die Gebrüder Herrwıc (13) über die Organisation des Cerianthus Aufschluss erhalten haben, andererseits auch über den Bau und das eigenartige Wachsthum der Arachnactis— Dank den Untersuchungen vonM.Sars (21), A. Asassız (1) und C. Vocr (23) — ziemliche Klarheit herrscht, Kann über die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen beider Formen kein Zweifel mehr bestehen; und es handelt sich nur noch darum, das zu den Arachnactislarven gehörige ausgewachsene Thier aufzufinden, um zu entscheiden, ob dieses ein echter, sei es bereits bekannter oder neuer Cerianthus ist, oder eine mehr oder weniger abweichende Form, für welche eine eigene Gattung aufgestellt werden muss. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 30 466 Theodor Boveri, Carr Vosr hat in seiner jüngst erschienenen Abhandlung: »Des genres Arachnactis et Cerianthus« (23) diese Alternative im letzteren Sinn entschieden. Er glaubt die ausgewachsene » Arachnactis« gefun- den zu haben, und zwar in Gestalt einer zeitlebens frei schwimmenden Aktinie von etwa 4 em Länge, mit 12 gleichmäßig entwickelten Rand- und 12 eben solchen Mundtentakeln und einem Porus terminalis. Dass es sich um ein ausgebildetes Thier handelt, wurde durch das Vor- handensein von Larven im Leibesraum bewiesen. Da die von Vocr im Jahre 4861 gefischten Exemplare auf dem Transport zu Grunde ge- gangen sind, gründet sich seine Beschreibung lediglich auf die an lebenden Thieren gemachten Beobachtungen und eine nach einem sol- chen entworfene Zeichnung, wogegen eine genauere anatomische Unter- suchung mit Rücksicht auf die für die Klassifikation der Aktinien maß- gebenden Gesichtspunkte nicht vorgenommen werden konnte. Ohne eine solche sind aber die von Vocr mitgetheilten Merkmale durchaus unzureichend, um seine Aktinie als Cerianthide zu charakterisiren. Denn der Besitz von zwei Tentakelkreisen, einem rand- und einem mundständigen, ist nicht auf die Geriantheae beschränkt, sondern kommt auch anderen Aktinien zu, so z. B. der von Gosse (9, p. 252) beschrie- benen Halcampa mierops; und eben so ist der Porus terminalis ein Merkmal, das die Ceriantheae mit manchen anderen Aktinien gemein haben, so z. B. der Halcampa Fultoni (SrtreruiLL WrıcHt [25]), welche auch durch den Besitz von 42 Septen mit der von Vocr beschriebenen übereinstimmt. Allein wenn hiernach auch die angeführten Merkmale — und eben so die weiterhin von Vogt herangezogene ventrale und dorsale »gouttiere interlamellaire impaire« — nicht genügen, um den Platz zu bestimmen, den seine Form im System der Aktinien einnimmt, so gestatten sie wenigstens das Eine auszusagen, dass das als ausge- wachsene Arachnactis beschriebene Thier mit den von Sırs, FoRrBEs und Goopsık (8), A. Asassız und von C. Vocr selbst untersuchten Arach- nactislarven sicherlich nichts zu thun hat. Zum Beweise dieser Be- hauptung bedarf es lediglich des Hinweises darauf, dass unter den von Sırs, Forses und Goopsiır und Asassız beschriebenen Arachnactislarven Exemplare waren, welche bereits mehr als 12 Randtentakel be- saßen, eine größere Zahl also, als nach Vor dem ausgewachsenen Thier zukommen soll. Ich selbst bin im Besitz solcher Larven mit mehr als 12 Randtentakeln; das in Fig. 5 (Taf. XXI) abgebildete Exemplar z. B. besaß deren 17 (dieselben sind mit Ausnahme der vier jüngsten abge- rissen), und die anatomische Untersuchung ergab das Vorhandensein von 20 Septen, von denen die beiden jüngsten das Schlundrohr noch nicht erreichten. “ Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 467 Muss ich sonach die von Vosr beschriebene Aktinie ihres An- spruches, die ausgewachsene Arachnactis zu repräsentiren, entkleiden, so bin ich dagegen selbst in der Lage, die hier vorhandene Lücke in unserer Kenntnis der Aktinien auszufüllen. An derselben Stelle des atlantischen Oceans, an welcher die Tritonexpedition die Herrn Pro- fessor R. Hrrrwise zur Verfügung gestellten Arachnactislarven erbeutete, dredgte dieselbe eine Aktinie, welche sowohl äußerlich als auch in ihrem anatomischen und histiologischen Verhalten die größte Ähnlich- keit mit Cerianthus zeigt. Herr Professor Herrwıe und ich werden das uns überlassene, allem Anschein nach völlig ausgebildete Exemplar demnächst in einer systematischen Arbeit beschreiben. Hier genügt es, einstweilen mitzutheilen, 4) dass gewisse Merkmale uns in den Stand setzen, unsere ältesten Arachnactislarven mit dem ausgewachsenen Thiere zu identificiren, und 2) dass dieses letztere durch mehrere Eigenthümlichkeiten so weit vom Cerianthus verschieden ist, dass die Aufstellung eines eigenen Genus »Arachnactis« für dasselbe voll- kommen gerechtfertigt erscheint. Die jüngsten Arachnactislarven, die in dem Material des Triton enthalten sind, zeigen annähernd Kugelgestalt bei einem Durchmesser von etwa ?2/;, mm. Sie besitzen bereits ein kurzes Schlundrohr und acht wohl entwickelte Septen, deren Ansatzstellen am Mauerblatt sich äußerlich durch acht meridionale Furchen markiren. Genaueren Auf- schluss über den Bau dieser Larven ergeben Querschnitte. Fig. 2 (Taf. XXI) zeigt einen solchen, ungefähr aus der Mitte des Körpers, in welcher Region die Septen bereits mit freien Rändern endigen. Größe und Gruppirung der Septen verleihen dem Körper schon auf diesem . Stadium eine deutliche bilaterale Symmetrie. Die beiden größten Septen (a—-a) theilen den Leibesraum in eine größere und eine klei- nere Kammer, von denen die erstere, wie sich später zeigen wird, als dorsale, die letztere als ventrale zu bezeichnen ist. In der dorsalen Kammer finden sich zwei Septenpaare, von denen das dem Paar a zu- nächst liegende diesem an Größe nur wenig nachsteht, wogegen das nächste Paar beträchtlich kleiner ist. Noch etwas schwächer als dieses Paar zeigt sich das des ventralen Raumes entwickelt. Da der in der Medianebene gelegene Querdurchmesser des Körpers etwas länger ist, als der dazu senkrechte und außerdem das dorsale und ventrale Septenpaar viel weniger weit gegen die Achse vorsprin- gen als die beiden anderen, so ist der von den freien Septenrändern gemeinschaftlich umgrenzte Raum spaltförmig, von links nach rechts sehr eng. 30* 468 Theodor Boveri, Eine gleiche seitliche Kompression zeigt das Schlundrohr. Die freien Ränder sämmtlicher acht Septen sind in ganzer Länge mit primitiven Mesenterialfilamenten besetzt, d.h. mit einem wulst- artigen Belag specifischer Zellen, die sich gegen die gänzlich anders strukturirten Entodermzellen, welche die beiden Flächen des Septums überziehen, aufs schärfste abgrenzen (Fig. 2). Schon A. von Hrıper hat in seiner Abhandlung über den anatomischen und histiologischen Bau des Cerianthus membranaceus (p. 236—238) die vollkommene Über- einstimmung dieses Epithels der Septenränder mit dem des Schlund- rohres hervorgehoben, er hat zugleich den kontinuirlichen Übergang zwischen beiden nachgewiesen und daraufhin den in Rede stehenden Randwulst als ektodermal in Anspruch genommen. Eben so berichtet Vogr (23) von älteren Arachnactislarven, dass das Epithel des Schlund- rohres auf die Septen und Gastralfilamente übergeht, wo es sowohl die gleiche Höhe als auch den Besitz von Nesselzellen bewahrt (p. 12). Ich kann diese Angaben schon für die mir vorliegende jüngste Larve vollkommen bestätigen. Das Epithel der Septenränder ist völlig identisch mit dem des Schlundrohres und ohne Zweifel, wie dieses, ektodermal. Meine Präparate möchten sogar die Vermuthung nahe legen, als habe sich auf früheren Stadien ein kontinuirlicher Ektoderm- schlauch bis nahe an den Grund des Körpers erstreckt, und als sei der- selbe erst sekundär in seinem hinteren Abschnitt durch eine zwischen je zwei Septen erfolgende longitudinale Spaltung in acht den Septen- rändern aufsitzende Streifen zerlegt worden, während sich nur der vorderste Abschnitt als ganzwandiger Schlauch (Schlundrohr) erhielt. Diese Vorstellung wird dadurch hervorgerufen, dass sich die acht Ektodermleisten der Septenränder so regelmäßig an einander fügen, dass sie die Form des Schlundrohres bis an ihr hinteres Ende fortführen, ein Verhalten, welches durch die Fig. 2 und 7 (Taf. XXT) anschaulich gemacht wird. Ä Fig. 7 zeigt einen Schnitt aus der Übergangsregion, indem hier die dorsalen Septen bereits mit freien Rändern endigen, während ventral- wärts noch ein Stück des Schlundrohres getroffen ist, an welchem das Epithel durch tiefe Furchen zu longitudinalen Leisten abgetheilt ist, deren jede auf ein Septum trifft. Zwischen Septum a und d linkerseits ist die Stützlamelle des Schlundrohres bereits unterbrochen, Ektoderm und Entoderm treten in Berühruug mit einander, und der nächstfolgende Schnitt weist dann die Spalte auf, wie sie in Fig. 7 zwischen den dorsalen Septen schon besteht. Der Querschnitt der Fig. 7 ist noch in einer zweiten Hinsicht von Über Entwicklung und Verwandtsehaftsbeziehnngen der Aktinien. 469 Interesse. Da derselbe fast genau senkrecht zur Längsachse der Larve geführt ist, so lehrt er, dass das Schlundrohr ventralwärts etwas wei- ter nach hinten reicht als dorsalwärts, und dies stimmt überein mit dem späteren Verhalten der Schlundrinne, welche sich ja aus diesem Bereich des Schlundrohres differenzirt. Erwähnenswerth ist der histiologische Charakter des Entoderms, das aus vakuolisirten, offenbar mit Dotterkörpern vollgepfropften Zellen besteht und sich vom Grunde eines jeden Interseptalfaches zu einem mächtigen, großblasigen Wulst erhebt, der nahezu den ganzen Inter- septalraum ausfüllt (Fig. 2 und 7). Das Wichtigste aber an diesen jüngsten Arachnactislarven ist die Anordnung der Muskulatur. Bei Betrachtung gut getroffener Quer- sehnitte mit Immersionslinsen erkennt man einmal an der Außenseite der Stützlamelle des Mauerblattes feine Punkte in einfacher Reihe; es sind dies die Querschnitte ektodermaler Längsmuskelfasern, welche bekanntlich bei den ausgewachsenen Ceriantheae eine so außerordent- lich starke Entfaltung gewinnen. Besonders an einer etwas älteren Larve von über I mm Durchmesser, die in Gestalt und Septenzahl noch vollkommen mit meinen jüngsten Larven übereinstimmt, konnte ich diesen ektodermalen Muskelbelag des Mauerblattes deutlich nachweisen. Eine zweite Lokalität, an welcher Muskelfibrillen entwickelt sind, sind die Septen. Jedes Septum trägt auf der einen Seite eine ganz feine Schicht von Längsmuskelfasern, welche an gut getroffenen Quer- schnitten als eine der Stützlamelle anliegende Reihe kleiner Punkte mit voller Deutlichkeit zu erkennen sind (Taf. XXI, Fig. 2), wogegen ich auf der anderen Seite keine Muskelfibrillen nachweisen konnte, wahrscheinlich weil dieselben hier annähernd transversal verlaufen. Die Orientirung des Längsmuskelbelags der Septen stimmt überein mit der bilateralen Symmetrie des Larvenkörpers, ja sie bringt dieselbe erst zum vollen unzweifelhaften Ausdruck. Die Septen des dor- salenund ventralen Paares (cundd) tragen ihre Muskel- schicht auf der der Medianebene abgewandten Seite, die Muskelfibrillen der Septenaundb sind soor ientirt, wie die des dorsalen Septumsihrer Seite. Arachnactis zeigt demnach auf diesem frühen Entwicklungs- stadium in der Zahl und Muskelbekleidung der Septen eine völlige Übereinstimmung mit der ausgewachsenen Edwardsia und es mag da- her diese ontogenetische Stufe mit dem Namen »Edwardsiasta- dium« bezeichnet werden. Zwischen diesem Stadium und meinem nächst älteren ist leider 470 | Theodor Boveri, eine beträchtliche Lücke; denn es folgen gleich Larven, welche bereits sechs wohl entwickelte, annähernd gleich große Randtentakel besitzen und in Form kleiner Stummelchen die Anlagen eines siebenten und achten; auch zeigen sich zu beiden Seiten des spaltförmigen Mundes die ersten Andeutungen von je zwei Mundtentakeln in Gestalt stumpfer Höcker (Taf. XXI, Fig. 4). Der Durchmesser im ausgedehnten Zustand, von einer Tentakelspitze zur gegenüberliegenden gerechnet, beträgt 21), —3 mm. Eine genauere Analyse dieses Stadiums an durchsichtig gemach- ten oder in Querschnitte zerlegten Larven ergiebt Folgendes. Das kurze Schlundrohr ist noch stärker seitlich komprimirt als bei den kugeligen Larven und besitzt im Querschnitt ungefähr die Form eines langge- streckten Rechteckes (Taf. XXI, Fig. 6). An jede Breitseite des Recht- ecks treten zwei breite Septen heran, an jeden der vier Winkel ein schmales. Es sind dies die acht Septen, denen wir, ungefähr im glei- chen gegenseitigen Größenverhältnis schon in den kugeligen Larven begegnet sind, und es fragt sich nur, welche von ihnen den dort als dorsal, welche den als ventral bezeichneten entsprechen. Die Ent- scheidung hierüber würde sich aus der Anordnung der Septenmusku- latur ergeben; allein es war mir an den in Rede stehenden Larven unmöglich, diese Anordnung festzustellen. Ich bin desshalb genöthigt, hier schon meine Beobachtungen über die Septenmuskulatur älterer Larven und der ausgebildeten Arachnactis zur Ergänzung heranzuzie- hen. Wie die Septen der Fig. 6 denen des ausgewachsenen Thieres entsprechen, ergiebt sich aus der Lage der Wachsthumszone, welche sich in Fig. 6 durch Einschaltung zweier neuer Septen zwischen das mit c—c bezeichnete Paar als hier gelegen kenntlich macht. Daraus folgt, dass das Septenpaar d—d den Richtungssepten des fertigen Thieres entspricht, während die Septen a, b, c mit den drei dem Rich- tungsseptenpaar jederseits folgenden Septen zu identifieiren sind. Fertigt man Querschnitte durch das ausgebildete Thier an, so fin- det man auf beiden Flächen der Stützlamelle eines jeden Septums eine höchstens ganz schwach gefaltete Muskellamelle, und zwar erhält man auf gut orientirten Querschnitten von den Muskelfibrillen beider Seiten Schrägschnitte. Die Fibrillen verlaufen also nicht, wie bei den übrigen Aktinien, auf der einen Seite des Septums longitudinal, auf der anderen transversal, sondern beiderseits schief. Trotzdem ist die Orien- tirung der beiden Muskellamellen keine gleichsinnige, wie sich schon an Schnitten feststellen lässt. Ist nämlich ein Septum so orientirt, dass der Schnitt die Fibrillen der einen Seite genau quer trifft, so präsen- tiren sich die der anderen Seite annähernd der Länge nach, woraus Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 471 sich ergiebt, dass die beiden Fibrillenkomplexe eines jeden Septums sich ungefähr unter einem rechten Winkel kreuzen, dass also die Fasern der einen Seite von einem höheren Punkt des Mauerblattes zu einem tieferen des Schlundrohres ziehen, die der anderen Seite umge- kehrt. Verhalten sich in dieser Beziehung alle Septen gleich, so be- steht dagegen in der Art und Weise, wie sich diese beiden Verlaufs- richtungen auf die beiden Flächen eines jeden Septums vertheilen, zwischen den Richtungssepten und den übrigen ein Gegensatz. Präpa- rirt man nämlich die Septen an ihren Insertionsstellen vom Mauerblatt und vom Schlundrohr ab und betrachtet dieselben von der Fläche, so zeigt sich, dass an jedem Richtungsseptum die der Medianebene zuge- wandten Fibrillen von innen oben nach außen unten, jedoch mehr transversal, verlaufen, die abgewandten von außen oben nach innen unten, aber mehr longitudinal. An den folgenden Septen dagegen be- gegnen wir der umgekehrten Orientirung: die Fibrillen an der dem Richtungsseptum zugewandten Seite ziehen von außen oben nach innen unten, die der entgegengesetzten Seite in einer dazu ungefähr senk- rechten Richtung. Wir haben demnach, wenn wir nur die acht primären Septen in Betracht ziehen, ein die Medianebene begrenzendes (Richtungssepten-) Paar, dessen Muskelorientirung der der drei übrigen Paare entgegen- gesetzt ist; also genau das gleiche Verhalten, das wir in den kugeligen Larven konstatiren konnten. Es entspricht demnach das Richtungs- septenpaar dem in meinen jüngsten Larven (Taf. XXI, Fig. 2) mit d—d bezeichneten Septenpaar, und es rechtfertigt sich nun, dass ich dieses Paar oben schon als ventral bezeichnet habe. Dass die Muskelfibrillen, die wir in den kugeligen Larven als longi- tudinale angetroffen haben, in der erwachsenen Arachnactis und auch in den von mir untersuchten älteren Larven schräg verlaufen, dürfte wohl auf eine Verschiebung zurückzuführen sein,. welche die einzelnen Theile des Larvenkörpers bei ihrem Wachsthum und speeiell bei der Bildung der Tentakeln erleiden. Nachdem durch diese Abschweifung die Beziehungen zwischen meinen jüngsten Larven und jenen, welche bereits sechs lange Arme besitzen, klargestellt worden sind, können wir zur Betrachtung dieser letzteren zurückkehren. Wie Fig. 6 (Taf. XXI) lehrt, entspringen die sechs großen Randtentakel aus den sechs paarigen der acht primären Interseptalräume, während die beiden unpaaren sich abweichend ver- halten. Das ventrale Fach, also das zwischen den Richtungssepten (d—d) gelegene, ist gänzlich tentakellos, das dorsale ist durch das Auf- treten zweier neuer Septen in drei Fächer zerlegt worden, von denen 472 Theodor Boveri, die beiden seitlichen in Form kleiner Aussackungen die Anlagen eines siebenten und achten Tentakels erkennen lassen. Von diesen ist der rechte etwas größer als der linke, und dieses Voranschreiten der rech- ten Seite wiederholt sich bei der Bildung aller weiteren Tentakel. Die annähernd gleiche Größe der sechs primären Tentakel ver- hindert einen Schluss auf die Reihenfolge, in der dieselben entstanden sind, und würde noch am ehesten dafür sprechen, dass dieselben alle gleichzeitig sich entwickelt haben. A. Asassız (1), der die jüngsten mit Tentakeln ausgestatteten Arachnactislarven beobachtet hat, beschreibt und zeichnet an seinen jüngsten Stadien nur vier Randtentakel; allein seine Angaben sind nicht ausführlich genug, um zu entscheiden, aus welchen Interseptalräumen dieselben entspringen. Überdies kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die von Asassız untersuchten Larven einer anderen Art angehören und sich in mancher Hinsicht anders ent- wickeln als die meinigen. So fehlt bei meinen Larven der von Acassız beschriebene und ab- gebildete kugelige Ballen großer polygonaler Dotterzellen, welcher noch auf Stadien mit 13 Tentakeln nahezu die Hälfte des Leibesraumes ausfüllt und wohl die von mir oben beschriebenen Dotterzellenwülste zwischen den Septen vertritt. Zweitens sind bei den Asassız'schen Larven die Septen außerordentlich kurz, während bei den meinigen alle älteren Septen bis nahe an das aborale Körperende hinabreichen. Endlich ist an der von dem amerikanischen Forscher beschriebenen Form der unpaare ventrale Tentakel schon auf dem .Achtseptensta- dium vorhanden, wogegen derselbe an meinen Exemplaren erst ent- steht, nachdem bereits 12 Septen gebildet sind. Sonach erscheint es wohl möglich, dass auch in anderen Punkten der Entwicklung Differenzen bestehen, und es ist jedenfalls unthunlich, die Angaben von Asassız über die Bildung der ersten Tentakel zur Ergänzung meiner Beobach- tungen heranzuziehen. Verfolgt man an Larven des durch Fig. 1, 4 und 6 (Taf. XXI) re- präsentirten Stadiums die vorhandenen zehn Septen nach unten, so erkennt man, dass das jüngstgebildete Paar nicht über den Bereich des Schlundrohres nach abwärts reicht, wogegen die acht primären Septen fast bis an das aborale Ende des Leibesraumes vordringen; nur die beiden Richtungssepten stehen schon auf diesem Stadium den übrigen an Länge etwas nach. Die freien Ränder der Richtungssepten und des Paares c—c ziehen, wie bei den kugeligen Larven ziemlich geradlinig nach hinten; dagegen sind die Ränder der Septen a und b bereits krausenartig gefaltet, ein Verhalten, das besonders bei der Be- trachtung durchsichtiger intakter Larven vom aboralen Pol deutlich Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 473 wird (Taf. XXI, Fig. 4). Dabei zeigt sich stets, dass die Faltungen des Paares a—a etwas stärker entwickelt sind als die des Paares b—b, so dass also noch auf diesem Stadium die in meinen jüngsten Larven (Fig. 2) konstatirte relative Mächtigkeit der vier primären Septenpaare sich deutlich erhalten hat. Schon dieses Verhalten allein hätte uns in den Stand gesetzt, anzugeben, wie die Septen der in Fig. 6 und 4 abgebildeten Larven auf die der Fig. 2 zu beziehen sind, wenn nicht durch das Studium des Muskelverlaufs an den Septen der ausgebildeten Arachnactis diese Beziehungen mit noch viel größerer Beweiskraft hätten festgestellt werden können. Wie oben schon erwähnt, besitzen die in Rede stehenden Larven auf jeder Seite der Mundspalte zwei höckerartige Ausbuchtungen der Körperwand, als Anlagen je zweier Mundtentakel (Taf. XXI, Fig. 1). Der ventrale Tentakelhöcker ist größer als der dorsale, er entspringt aus dem Interseptalraum ab, der andere aus dem Fach bc. Am Rich- tungsseptenfach, sowie, was auffallender ist, an den beiden angrenzen- den Interseptalräumen, fehlt jede Spur von Mundtentakeln, ein Ver- halten, das auch später fortbesteht. Was die histiologische Struktur der besprochenen Larven betrifft, so zeigt dieselbe mit der der kugeligen Larven eine fast vollkommene Übereinstimmung. Nur die großen Dotterzellenwülste zwischen den Septen sind verschwunden; sie sind offenbar zur Vergrößerung des Körpers, besonders zur Bildung der Tentakel verbraucht worden. An den Septen sind meist beiderseits Muskelfibrillen zu erkennen; doch konnte ich, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Verlaufsrichtung derselben nicht eruiren. Die ektodermale Muskulatur der Körperwan- dung hat gegen früher an Stärke zugenommen und überzieht ziemlich gleichmäßig den ganzen Körper und die Tentakel. Über die älteren Larven habe ich den von Sars, Acassız und Vosr gelieferten Angaben nur Weniges hinzuzufügen. Von äußerlich sicht- baren Veränderungen ist hervorzuheben das Auftreten des unpaaren ventralen Randtentakels, der sich an meinen Larven als ganz kleiner Höcker zuerst auf einem Stadium zu erkennen giebt, wo bereits 12 Septen vorhanden sind. Wie auch an den Abbildungen Vocrs zu erkennen ist, bleibt dieser Tentakel noch lange hinter seinen Nachbarn an Größe zurück. Zur Bildung eines unpaaren ventralen Mundten- takels kommt es bei meinen Larven, von denen die ältesten 21 Rand- tentakel besitzen, nicht, und eben so fehlen Mundtentakel den beiden jederseits an das Richtungsseptenfach angrenzenden Interseptalräumen (Taf. XXI, Fig. 5a, c). Äußerlich zwar stehen die beiden ersten Mund- 474 Theodor Boveri, tentakel häufig so, dass sie eben so gut dem ersten der paarigen Inter- septalräume angehören könnten (Fig. 5c); allein die Untersuchung an Schnitten ergiebt eine Kommunikation mit dem nächsten Fach. Die Lücke, die durch den Ausfall dreier Tentakel an der ventralen Cirkum- ferenz des Mundtentakelkranzes hervorgebracht wird, ist auch an den Figuren von Sars (Taf. IV, Fig. 6) und Vocr (Pl. I, Fig. 2 und 3) zu er- kennen, ohne jedoch von diesen beiden Autoren genauer untersucht worden zu sein. Aus der Darstellung von Asassız (p. 528) muss man dagegen schließen, dass an seinen Larven jedem Randtentakel ein Mundtentakel entspricht, dass also auch aus dem Richtungsseptenfach und den beiden angrenzenden Fächern solche entspringen. Es wäre dies ein weiterer Beweis dafür, dass die Asassız’sche »Arachnactis brachiolata« zum mindesten eine andere Species repräsentirt, als die von Sırs, Vosr und mir untersuchten Larven. Die Verhältnisse an der »Wachsthumszone« sind durch meine Vorgänger zur Genüge aufgeklärt worden. Indem in dem jeweilig unpaaren dorsalen Fach zwei neue Septen entstehen, werden jeder- seits neue paarige Fächer abgegrenzt, aus denen nun die jüngsten Tentakel hervorsprossen. Sowohl in der Anlage der neuen Septen, als auch in dem ersten Auftreten der neuen Tentakel eilt die rechte Seite der linken merkbar voraus, was schon Voer richtig erkannt hat, obwohl er, entgegen seiner eigenen Terminologie, die linke Seite vorangehen lässt (p. 10). An Larven mit 17 Randtentakeln konnte ich zum ersten Mal den Porus terminalis nachweisen (Taf. XXI, Fig. 5b). Von den inneren Umbildungen, welche sich zwischen dem Stadium mit sechs Randtentakeln und meinem ältesten mit 24 vollziehen, ist in erster Linie die Ausbildung der Schlundrinne zu nennen, dadurch hervorgerufen, dass sich der ventrale, zwischen den Septen a—a gele- gene Theil des Schlundrohres wirklich als Rinne von dem übrigen Theil abhebt und auch durch einen etwas abweichenden Charakter seines Epithels zu dem übrigen Bereich in Gegensatz tritt. Gleichzeitig wächst diese als Schlundrinne differenzirte Partie ziemlich weit über den freien Rand des Schlundrohres nach abwärts vor, wodurch die ohne- dies kurzen Richtungssepten ihre freien Ränder fast gänzlich verlieren. Man kann sich diese Verhältnisse, wie auch die Anordnung der übrigen Septen, am besten dadurch zur Anschauung bringen, dass man eine gut ausgedehnte Larve in der dorsalen Mittellinie der Länge nach auf- schneidet und ausbreitet. Ein solches Präparat ist in Fig. 3 (Taf. XXI) abgebildet. Hier erkennt man, wie die Schlundrinne, welche den übrigen Theil des Schlundrohres um mehr als das Doppelte an Länge Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 475 übertrifft, etwa in halber Höhe des Körpers mit konkavem Rande endigt, und wie hier zugleich die beiden Richtungssepten ihr Ende finden. Für die übrigen Septen ist vor Allem anzuführen, dass in strenger Gesetzmäßigkeit immer ein glattes und ein mit krausenartig gefalteten Mesenterialfilamenten ausgestattetes Septum alterniren (Fig. 3), ein Wechsel ganz entsprechend demjenigen, den A. v. Hsıper (p. 216) beim Cerianthus zwischen seinen »Filamentsepten« und »Genitalsepten« kon- statirt hat. In der That werden auch bei Arachnactis, wie das aus- gebildete Thier lehrt, nur die glatten Septen der Larve zu Trägern der Geschlechtsprodukte, die anderen bleiben, wie bei der Larve, reine Filamentsepta. Die Genitalsepta der ausgewachsenen Arachnactis sind in ihrem ganzen Verlauf von echten gefalteten Filamenten frei, doch wird ihr freier Rand, wie auch schon bei der Larve, durch einen vom Schlundrohr sich herabziehenden Ektodermstreifen gebildet, der sich nun von Strecke zu Strecke zu kleinen tentakelartigen Fäden erhebt, den vom Cerianthus her bekannten »Mesenterialfäden« (O. u.R. Herrwie [13] p. 124). Die in Fig. 3 abgebildete Larve zeigt an den Septen c—c die erste Anlage dieser Bildungen in Form je eines kleinen Knöpfchens kurz vor der Septenendigung. Gegen die Wachsthumszone zu nehmen die Septen unserer Larve allmählich an Länge ab. Doch ist jedes glatte (Genital-) Septum länger als das nächst ältere Filamentseptum, so dass nur bei der Betrachtung der gleichartigen Septen eine kontinuirliche Abnahme von der ventralen zur dorsalen Seite zu konstatiren ist. Das in diesem Verhalten sich ausprägende Übergewicht der glatten Septen in Bezug auf die Längen- ausdehnung tritt beim ausgebildeten Thier noch schärfer hervor, indem hier die Genitalsepten ungefähr fünfmal so lang sind als die Filament- septen. Von der beschriebenen Gesetzmäßigkeit in der Septenanordnung machen nun die Septen a—a eine Ausnahme, und zwar dadurch, dass sie mit Filamenten ausgestattet sind, obgleich sie ihrer Stellung nach glatte Septen sein müssten. Auch beim ausgewachsenen Cerianthus nehmen bekanntlich die entsprechenden Septen eine solche Ausnahme- stellung ein, indem sie als »kontinuirliche Septa« (Hrıper) im Gegensatz zu allen übrigen bis zum Porus herabreichen. Dieses abweichende Verhalten des den Richtungssepten benach- harten Paares ist sehr beachtenswerth; es spricht sich darin die ent- wicklungsgeschichtliche Thatsache aus, dass das für die Ceriantheae charakteristische Bildungsgesetz der Septen nicht von Anfang an herr- schend ist, sondern dass die acht primären Septen zunächst in einer Weise ausgebildet werden, welche noch gar nicht auf den späteren 476 1 Theodor Boveri, Zustand abzielt. Die zwei dorsalen der vier primären Septenpaare (b und c) fügen sich bei der weiteren Entwicklung der neuen Gruppi- rung, dagegen ist das Paar a als das ursprünglich stärkere und dem- gemäß frühzeitig mit Filamenten ausgestattete Septenpaar (Taf. xl, Fig. 2 u. k) nicht im Stande, sich dieser neuen Ordnung anzupassen; es bewahrt sich dauernd seine Sonderstellung. Zum Schluss mag noch eine Eigenthümlichkeit erwähnt erden welche sowohl bei den älteren Larven, als auch bei unserem ausge- wachsenen Arachnactis-Exemplar zu konstatiren ist. An allen Larven nämlich, deren Körper sehr stark kontrahirt ist, sind sämmtliche Rand- tentakel, mit Ausnahme der allerjüngsten, abgerissen, und zwar ganz scharf an ihrer Ursprungsstelle, wo sich nun ein meist viereckiges Fenster zeigt (Taf. XXI, Fig. 5b, c). Die Bilder, die auf diese Weise zu Stande kommen, haben etwas so Regelmäßiges, dass man den Verlust der Tentakel als einen physiologischen Vorgang ansehen möchte, wenn eben nicht die gleichalterigen ausgedehnten Exemplare ihre Rand- tentakel besäßen. Ganz ähnlich wie an der in Fig. 5 abgebildeten Larve sind an unserem ausgebildeten Exemplar alle Randtentakel bis auf einige wenige abgestoßen. B. Hexactiniae. Man betrachtete bekanntlich früher die Hexaktinien als streng sechsstrahlig radiäre Thiere, und es schien keinem Zweifel zu unter- liegen, dass die einzelnen Septenpaare eines jeden Cyklus einander vollständig gleichwerthig seien und auch gleichzeitig entständen. Um so überraschender war die Entdeckung Lacaze-Durniers’, dass die 12 primären Septen nicht zur gleichen Zeit und nicht in Paaren so wie sie später zusammengruppirt sind, auftreten, sondern nach einem Modus, welcher der Larve einen bilateral-symmetrischen Bauplan mit diffe- renter Rücken- und Bauchseite aufprägt. LacAze-Durtniers (18) beschreibt die Entstehungsfolge der Septen für drei verschiedene Formen, nämlich für Actinia mesembryanthemum, Sagartia bellis und Bunodes gemma- cea übereinstimmend in folgender Weise (vgl. Schema Fig. III, Taf. XXI) wo die Zahlen die Reihenfolge angeben, in welcher die Septen sich entwickelt haben). Zuerst bilden sich gleichzeitig zwei Septen, welche den Leibesraum in eine größere und eine kleinere Kammer zerlegen. Ich bezeichne aus Gründen, die sich unten ergeben werden, die erstere als dorsal, die letztere als ventral. In der dorsalen Kammer entsteht nun ein zweites Septenpaar, so dass der Körper jetzt in vier Kammern, eine dorsale, eine ventrale und zwei seitliche abgetheilt ist. Das dritte Septenpaar entsteht in dem ventralen Fach, die Septen des vierten Über Eutwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 477 Paares bilden sich jederseits zwischen Septum 1 und 2. Auf diesem Stadium mit acht Septen verharrt die Larve längere Zeit, worauf dann ziemlich gleichzeitig die Septen des fünften und sechsten Paares auftreten, die ersteren dorsal, die letzteren ventral an die beiden primären Septen angrenzend. Jetzt erst egalisiren sich die Septen und ordnen sich zu den sechs Paaren des primären Cyklus, wobei von den ursprünglichen, bilateral-symmetrisch angelegten Paaren nur das dorsalste und das ventralste (zwei und drei) als definitive Paare erhal- ten bleiben, während im Übrigen eine Umgruppirung statthat, derart, dass jedes Septum 4 mit dem angrenzenden Septum 6, jedes Septum 4 mit dem benachbarten Septum 5 zu einem neuen Paare vereinigt wird. | Die eingehenden und sorgfältigen Untersuchungen LacAze-DUTHIERS’ schienen sich jedoch zunächst nicht zu bestätigen. Kurze Zeit nach ihm hat Kowarzvs&y (17) sich mit der Entwicklung der Aktinien beschäf- tigt, und seine Beobachtungen beziehen sich hauptsächlich auf eine nicht näher bestimmte Art, welche jedoch der von Lacaze-DuTHiers unter- suchten Actinia mesembryanthemum am nächsten steht. Für die sechs ersten Septen stimmen die Angaben Kowaugvsky’s mit denen des fran- zösischen Forschers überein, dagegen lässt er die Septen 7 und 8 nicht paarig, sondern das eine in der dorsalen, das andere in der ventralen Mittellinie entstehen, worauf sich die folgenden Septen in ziemlich unregelmäßiger Weise anlegen sollen. - Zu abermals abweichenden Resultaten gelangten die Gebrüder Herrwic (13) bei Adamsia diaphana. Obgleich die Larven, welche zur Untersuchung dienten, schon die Septen des zweiten Cyklus in erster Anlage erkennen ließen, gestatteten Gruppirung und Größenverhält- nisse der 12 primären Septen doch noch so viel auszusagen, dass die Reihenfolge, in der diese letzteren hier entstanden waren, weder mit den Angaben Lacaze-Durniers’, noch mit denen KowALkvsky’s zu ver- einigen sei. Es waren zwar, entsprechend einem bestimmten Stadium des von Lacaze-Durtusers beschriebenen Entwicklungsganges, acht stark entwickelte Septen vorhanden, welche das Schlundrohr erreichten und bereits stark gefaltete Muskellamellen trugen, und vier schwache, welche als kurze Leistchen kaum die des zweiten Cyklus an Stärke übertrafen; allein die Stellung dieser acht starken und vier schwachen Septen zu einander ist in den beiden Fällen eine ganz andere, so dass dem Lacaze-Durtniers’schen Paar A, also dem stärksten, bei Adamsia diaphana zwei schwache Septen entsprechen, umgekehrt dem Lacaze- Durniers’schen Paar 6 zwei starke. In einer im Jahre 4883 erschienenen populär gehaltenen Abhand- 478 / | Theodor Boveri, lung über Aktinienentwicklung hält Lacaze-Durmsers (19) seine früheren Angaben vollkommen aufrecht und vertheidigt dieselben gegen die ab- weichenden Angaben Kowauzrvsky’s. In der That lässt sich nach der schon in der ersten Abhandlung gelieferten detaillirten Beschreibung und den beigegebenen Abbildungen nicht bezweifeln, dass Lacazr- Duruiers von Anfang an im Rechte war, und dass darum wohl die An- gaben Kowarzvsky’s, da sie sich ja auf eine nächstverwandte, wenn nicht die nämliche Art beziehen, entweder irrthümlich sind oder auf einer Abnormität beruhen. Die Mittheilungen, die seit dieser Zeit über Entwicklung der Hex- aktinien gemacht worden sind, rühren von Hanvon (10), Pravraık MeMurricH (20) und G. Y. and A. F. Dıxon (6) her. Die Beobachtungen dieser Autoren, die an drei verschiedenen Gattungen (Halcampa, Aul- actinia und Bunodes) angestellt worden sind, erstrecken sich nur auf Stadien, in welchen bereits die 12 primären Septen vorhanden waren, und bestätigen, so weit sie reichen, in übereinstimmender Weise die Darstellung Lacaze-Durniers’. Denn die Entwicklungsstufen, welche in den drei citirten Arbeiten beschrieben und abgebildet werden, sind — obgleich dies nicht erwähnt wird — identisch mit dem von dem fran- zösischen Forscher in seiner Fig. 19 (Pl. XII) wiedergegebenen Stadium, auf welchem die acht primären Septen das Schlundrohr erreichen, während das fünfte und sechste Paar als schwache Leisten dorsal- und ventralwärts vom ersten Paar hervorsprossen. Liegt somit, hinsichtlich des Thatsächlichen, der Werth der drei letztgenannten Untersuchungen wesentlich darin, dass sie die Gültigkeit des Lıcaze-Durnizrs’schen Entwicklungstypus für eine Anzahl neuer Gättungen und Arten fest- stellen, so gestattete doch die mittlerweile bekannt gewordene Septen- anordnung der Edwardsien, in diesem ontogenetischen Befund eine bedeutsame Beziehung aufzudecken. Beachtet man nämlich den Mus- kelverlauf an den acht primären Septen LacAze-Duruiers’ — gleich- gültig, ob derselbe zur Zeit des alleinigen Bestehens dieser Septen schon nachweisbar ist oder erst später hervortritt —, so ergiebt sich,. dass derselbe mit dem der Edwardsien übereinstimmt. Sowohl HAppon und Dıxon, als auch Prayraır MeMurricH haben diese Beziehung richtig er- kannt. Wie diese Übersicht über die bis jetzt vorliegenden Beobachtungen ergiebt, stehen sich in der Entwicklung der Hexaktinien jedenfalls und mindestens zwei verschiedene Typen gegenüber: der zuerst von LAcAze- Durnisrs festgestellte und derjenige, den die Gebrüder Hrrrwıe bei Adam- sia diaphana konstatirt haben. Und meine eigenen, im Folgenden mit- Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 479 zutheilenden Beobachtungen bestätigen von Neuem die Existenz dieser beiden.differenten Entwicklungsmodi in der so gleichartigen und scharf eharakterisirten Aktiniengruppe. Ich bezeichne den von Lacaze-DUTHIERS entdeckten Typus als den bilateralen, den von O. und R. Herrwis aufgefundenen als den zweistrahligen. a. Bilateraler Entwicklungstypus. Unter den von mir untersuchten Hexaktinienlarven sind fünf verschiedene Formen, welche in der Entwicklungsweise ihrer Septen dem von Lacaze-Durniers entdeckten Modus folgen. Leider kann ich nur für eine davon mit Sicherheit die Species: Gereactis auran- tiaca, angeben. Ich verdanke die Larven dieser Aktinie der Freund- lichkeit des Herrn Konservator S. Lo Bıanco in Neapel, dem ich dafür auch hier meinen Dank ausspreche. Ich beschränke mich darauf, die ‚ Verhältnisse, die ich bei dieser Species gefunden habe, etwas genauer zu beschreiben, um dann nur noch auf einige Abweichungen hinzu- weisen, welche die nicht bestimmbaren Formen darbieten. 1) Cereactis aurantiaca. Obgleich sich in dem mir vorliegenden Material einige sehr frühe Stadien befinden, nämlich solche, in denen Septen überhaupt noch fehlen, und andere mit dem ersten Septenpaar, vermag ich doch über die Entstehungsfolge der acht primären Septen keine Angaben zu machen, da mir zwischen dem zuletzt erwähnten Stadium und dem mit acht wohl entwickelten Septen die nöthigen Zwischenstufen fehlen. Ich wende mich desshalb sogleich zu der Beschreibung derjenigen Larven, in denen schon vier Septenpaare vorhanden sind. Von einer der jüngsten derselben stammen die beiden Querschnitte (Taf. XXI, Fig. 14 a und b), der erstere durch das Schlundrohr geführt, der letztere tiefer unten. Die Larve war vollkommen kugelig, ohne eine Spur von Tentakeln, die Mundöffnung erschien als ein kleines, nahezu kreisrundes Loch. Wie Fig. 14 a lehrt, erreichen sämmtliche acht Septen das Schlundrohr (am Septum 2 links [bei &] ist das Sep- talstoma getroffen). Das Schlundrohr ist deutlich nach einer Richtung in die Länge gezogen und zu der hierdurch bestimmten Medianebene sind die Septen — jederseits vier — symmetrisch angeordnet. Diese bilaterale Symmetrie erhält sich auch unterhalb des Schlund- rohres, wie Fig. 14 b erkennen lässt, die eben so orientirt ist, wie a. Hier kann man nun zunächst das erste Septenpaar (\—1) bestimmen, das sowohl durch Größe als auch durch den Besitz von Mesenterialfilamen- ten ausgezeichnet ist. Dieses Paar theilt den Leibesraum, ganz ent- 450 Theodor Boveri, sprechend der Beschreibung Lacaze-Duranrs’, in eine größere (dorsale) und eine kleinere (ventrale) Kammer, von denan die erstere zwei Sep- tenpaare, die letztere eines enthält. Ich habe diese drei jüngeren Paare, welche viel kürzer sind als das erste und noch ohne Filamente, so be- zeichnet, wie sie nach den Beobachtungen Lacazs-Dursiers’ in ihrer Entstehung auf einander folgen; ob sie in meinem Fall sich wirklich in dieser Reihenfolge entwickelt haben, muss ich dahingestellt sein lassen. Von Muskelfibrillen lässt sich auf dem vorliegenden Stadium noch nichts erkennen. Der ganze entodermale Hohlraum des u ist mit körniger Dottersubstanz ausgefüllt. Wie außerordentlich lange die Larven auf dem Achsedptenig verharren, das zeigt ein Blick auf Taf. XXII, Fig. 45, welche bei der gleichen Vergrößerung gezeichnet ist, wie Fig. 14. Es sind zwar in dieser Figur die Septenpaare 5 und 6 in ganz schwachen Anfängen vorhanden; allein ich habe mehrere Larven von gleicher Größe und selbst größere geschnitten, welche noch keine Spur von diesen vier Septen erkennen lassen. Die Larven von dem Stadium der Fig. 15 sind die ee die mir zur Verfügung stehen. Je nach dem Kontraktionszustand zeigen die- selben sehr verschiedene Größe und wechselndes Aussehen. In Taf. XXI, Fig. 13 habe ich eine solehe Larve bei zehnmaliger Vergrößerung abge- bildet. Man erkennt im Umkreis der ovalen Mundöffnung die Anlagen von acht Tentakeln in bilateral-symmetrischer Anordnung: zwei unpaare und sechs paarige. Die bilaterale Symmetrie kommt besonders darin zum Ausdruck, dass von den paarigen Tentakelanlagen ein Paar, wel- ches dem einen unpaaren Tentakel angrenzt, beträchtlich schwächer entwickelt ist, als alle übrigen. Wie Schnitte lehren, entspringt dieses Paar aus den von den Septen 2 und 4 jederseits gebildeten Interseptal- räumen. — Die Fußscheibe ist auf diesem Stadium noch nicht gebildet, vielmehr ist der aborale Pol gewöhnlich stumpf konisch. Die acht primären Septen verhalten sich im Wesentlichen noch eben so wie auf dem Stadium der Fig. 14. Noch immer übertrifft das erste Paar die drei anderen, die unter einander ziemlich gleich weit entwickelt sind, beträchtlich an Mächtigkeit; noch immer ist dieses Paar allein mit Mesenterialfilamenten ausgestattet. Betrachtet man die Septenquerschnitte unter starker Vergrößerung, so kann man an der einen Seite der Stützlamelle in Form zarter Punkte die ersten Längs- muskelfasern nachweisen, welche nach dem Edwardsia-Typus ange- ordnet sind, in der Weise, dass die Fibrillen der Septen 4, A, 2 denen der Septen 3 entgegengesetzt orientirt sind. Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 481 Wie aus diesem »Edwardsiastadium« der Hexaktinientypus hervorgeht, lehren uns die Ursprungsstellen der Septenpaare 5 und 6, welche wir in Fig. 15 in ihrer allerersten Anlage antreffen. In jedem der vier Fächer nämlich, welche an die beiden Septen 1 angrenzen, er- hebt sich die Stützlamelle des Mauerblattes zu einer zarten Leiste, welche in das Entoderm hineinragt, aber noch keine Hervorwölbung desselben bedingt. Diese vier Leistchen, die man, ohne sie an diesen Stellen zu suchen, kaum wahrnehmen würde, repräsentiren das 5. und 6. Septen- paar, deren Anlage also genau mit den Angaben LacAze-Durniers’ über- einstimmt. > Wie sich die nun vorhandenen 12 Septen später zu Paaren grup- piren, bedarf keiner Erörterung. 2) Nicht bestimmbare Formen. Unter diesen sind eine Anzahl Larven, welche Herr Professor R. Herrwıg vor längeren Jahren bei einem Aufenthalt in Messina dem Mutterthier entnahm und in Osmiumsäure konservirte. So weit Herr Professor Herrwıc sich erinnert, stammen dieselben von einer Bunodes- art, womit auch die Beschreibung stimmt, die Lacaze-DurtuIers von seinen Bunodeslarven gegeben hat. Die Stadien, die mir von diesen Larven zur Verfügung stehen, ent- sprechen ungefähr jenen, die ich von Cereactis aurantiaca beschrieben habe. Ich gebe in Taf. XXI, Fig. 8 einen Querschnitt durch eine Larve, in welcher die acht primären Septen das Schlundrohr erreichen, wäh- rend das fünfte und sechste Paar noch ziemlich schwach entwickelt sind. An den acht starken Septen erkennt man schon bei mäßiger Ver- größerung die Anordnung der Muskulatur nach dem Edwardsiatypus; die Septen I sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Muskellamelle be- trächtlich stärker gefaltet ist, als die der drei anderen Paare. Von den drei übrigen nicht bestimmbaren Formen verdient nur eine noch kurze Erwähnung. Bei einem Aufenthalt an der Zoologischen Station zu Neapel während der Wintermonate 1888 fand ich im pela- gischen Auftrieb mehrmals kugelige Larven von 1,5 bis 2 mm Durch- messer, welche in der Entwicklung ihrer Septen annähernd auf dem Stadium der in Fig. 8 abgebildeten Larve stehen, also acht starke und vier schwache Septen in der Anordnung des bilateralen Typus aufwei- sen. Während aber bei allen meinen anderen Larvenformen dieses Typus, wie auch bei den von Lacaze-DurtHiers am genauesten studirten - Larven der Actinia mesembryanthemum, auf diesem Stadium das erste Septenpaar sowohl durch Stärke, wie auch durch den alleinigen Besitz Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 3 482 Theodor Boveri, von Mesenterialfilamenten, von den drei anderen Paaren deutlich unter- schieden und ausgezeichnet ist, zeigt sich bei den in Rede stehenden Larven das Lacaze-Dutuiers’sche Paar 4 ganz genau eben so hoch ent- wickelt, eben so stark, lang und in gleicher Weise mit Mesenterialfila- menten besetzt, wie das Paar I, wogegen die Paare 2 und 3, unter sich ziemlich gleich, viel schwächer sind und noch ohne jede Spur von Fila- menten. Man muss also entweder annehmen, dass das Paar % sich beträcht- lich rascher entwickelt als die beiden vorhergehenden Paare, und dass es auf diese Weise das Paar 1 sehr bald einholt, oder man muss zu der Annahme greifen, dass dieses Paar hier nicht erst an vierter Stelle ge- bildet wird, sondern früher, etwa gleichzeitig mit dem ersten Paar. Und da nun bei dem zweistrahligen Typus das LaAcAzEe-DUTHIERS- sche Paar 4 von Anfang an mit zu den stärksten und also sicherlich ältesten gehört, so ließe sich das beschriebene Verhalten im Sinne eines Überganges zwischen den beiden Typen auffassen. Ohne auf diese ver- einzelte Beobachtung weiteren Werth legen zu wollen, glaube ich in derselben doch einen entschiedenen Hinweis dafür sehen zu müssen, dass die Entwicklung der Hexaktinien nicht scharf an die beiden bis jetzt erforschten Typen gebunden sein dürfte, und dass besonders ver- mittelnde Entwicklungsweisen noch aufgefunden werden könnten. Eine Bestätigung dieser Anschauung finde ich in der jüngst erschienenen schönen Arbeit von H.V. Wırson (24) über die Entwicklung von Manieina areolata, einer Koralle aus der Familie der Astraeiden, für welche der amerikanische Forscher den Nachweis führt, dass das Lacaze-Durnusrs’sche Paar 4 schon an zweiter Stelle, das Paar 2 erst an vierter gebildet wird, worauf die weitere Entwicklung in typischer Weise vor sich geht. b. Zweistrahliger Entwicklungstypus. Die Larven dieses Typus, welche mir zur Untersuchung dienten, konnten leider nicht bestimmt werden. Dieselben fanden sich zwischen Bryozoenstöckchen auf einigen Exemplaren von Cionia intestinalis auf- sitzen, welche aus der Zoologischen Station zu Neapel stammen. Die jüngste Larve, die ich gefunden habe, ist in Fig. 10 (Taf. XXII) abge- bildet. Der Körper ist stark ausgedehnt und in Folge dessen ziemlich durchsichtig. Er ist langgestreckt sackförmig und noch ohne scharf ab- gesetzte Fußscheibe. Trotz des frühen Stadiums trägt die Larve doch bereits 20 Tentakel von verschiedener Größe. Die Mundscheibe sammt den Tentakeln ist, offenbar in Folge Kontraktion der Septenmuskulatur, stark eingezogen, so dass die Tentakel eine Strecke weit von einer wallartigen Duplikatur des Mauerblattes umschlossen sind. Das. Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 483 Schlundrohr ist von mäßiger Länge und in quere Falten gelegt. An dasselbe sieht man vier gleich stark entwickelte Septen herantreten, die an ihren freien Rändern mit ziemlich starken Mesenterialfilamenten besetzt sind. Vier weitere schwächere Septen, die ebenfalls das. Schlundrohr erreichen, aber noch keine Mesenterialfilamente tragen, waren an der intakten Larve nicht zu erkennen. Die ältesten Larven, die ich fand, zeigten in allen Stücken den Habitus einer typischen Hex- aktinie: eylindrisches Mauerblatt, deutlich abgesetzte Fußscheibe und eine spaltförmige Mundöffnung mit opponirten Schlundrinnen. Querschnitte durch die beschriebene jüngste Larve ergaben fol- gende Resultate. Das Schlundrohr ist bereits stark komprimirt (Taf. XXIT, Fig. 9a) und zeigt im Durchschnitt annähernd die Form eines Recht- eckes, dessen längere Seite die kürzere um etwa das Fünffache über- trifft. Zwischen Mauerblatt und Schlundrohr sind acht Septen ausge- spannt, und mehr sind im Bereich des Schlundrohres überhaupt nicht vorhanden. Diese acht Septen sind bereits deutlich paarweise gruppirt, also zu vier Paaren, deren gedachte Mittelpunkte an vier um 90° von einander entfernten Punkten der Peripherie liegen. Je zwei opponirte Paare zeigen gleiche Muskelanordnung und Entwicklungshöhe. Die zwei schwächeren Paare setzen sich an die Schmalseiten des Schlund- rohres an; sie besitzen abgewandte Längsmuskeln. Die stärkeren Paare inseriren sich an die breiten Flächen des Schlundrohres, so, dass jede dieser Seiten durch die beiden Insertionslinien in drei etwa gleich breite Abschnitte zerlegt wird. Diese beiden Paare tragen zugewandte Längsmuskeln. Außerdem zeigen sich auf Schnitten, welche dem freien Rand des Schlundrohres sich nähern, an diesen Septen mächtige Zellen- wülste zwischen der Muskelschicht und der Insertion am Schlundrohr, Ektodermderivate, welche vom Schlundrohr her sich auf die Septen umschlagen und sich weiter unten auf die Mesenterialfilamente fort- Setzen. Verfolgt man die Septen auf Querschnitten über den freien Rand des Schlundrohres nach abwärts, so tritt die Differenz in der Entwick- lungshöhe der einzelnen Septenpaare noch weit deutlicher hervor (Fig. 9b). Die beiden Paare mit zugewandten Längsmuskeln tragen stark gefaltete Mesenterialfilamente und springen weit ins Innere vor. Die vier anderen Septen sind ohne Spur von Mesenterialfilamenten, wenig vorspringend und mit schwach entwickelter Muskulatur ausge- stattet. Zwischen den beiden Septen des einen starken Paares zeigt sich an den tieferen Schnitten die Anlage eines neuen Paares in Gestalt kleiner Höckerchen, die bereits einen Fortsatz der Stützlamelle enthalten 31* 484 Theodor Boveri, (Fig. 95). Von einem entsprechenden Septenpaare auf der anderen Seite war in dieser jüngsten Larve noch nichts zu erkennen. Über die Werthigkeit der einzelnen Septen kann schon auf diesem Stadium kein Zweifel mehr bestehen. Die beiden an die Schmalseiten des Schlundrohres tretenden Paare mit abgewandten Längsmuskeln sind die Richtungssepten. Jedes der vier anderen starken Septen giebt das Verhältnis zu seinem Partner auf und gruppirt sich mit’ einem der erst auf einer Seite angelegten neuen Septen zu einem Paar mit zu- gewandter Muskulatur um, wodurch die sechs primären Paare des Hexaktinienkörpers in typischer Weise fertiggestellt werden. In Fig. 12 (Taf, XXI) ist ein Querschnitt durch eine etwas ältere Larve dargestellt, der durch die aborale Körperregion, ganz nahe der Fußscheibe, geführt ist. Man erkennt sofort an ihrer besonderen Größe die vier primären Septenpaare, von denen jene beiden, welche zuge- wandte Längsmuskeln besitzen, je ein kleines Septenpaar mit abge- wandten Längsmuskeln zwischen sich fassen: die letzten Septen des l. Cyklus. Außerdem finden sich bereits vier Paare des II. Cyklus an- gelegt, und zwar diejenigen, welche an die Richtungsseptenpaare an- grenzen. Meiner ältesten Larve entstammt der in Fig. 11 (Taf. XXII) wieder- gegebene Schnitt. Hier zeigt sich nun das typische Bild der Hexakti- nienorganisation, indem die 12 Septen des ersten Cyklus sich ziemlich egalisirt und zu sechs Paaren — zwei mit abgewandten, vier mit zuge- wandten Längsmuskeln — gruppirt haben. Doch sind die beiden Sep- ten der vier letztgenannten Paare noch immer von etwas ungleicher Stärke, so dass sich also noch auf diesem Stadium ihr verschiedenes Alter ausprägt. Die 12 Septen des zweiten Cyklus sind sämmtlich vor- handen, aber verschieden stark entwickelt; vier Paare, nämlich die- jenigen, welche auf dem Stadium der Fig. 12 allein vorhanden sind, lassen bereits ihre Muskelanordnung erkennen, die beiden anderen sind beträchtlich schwächer. Mit diesen letzteren fast von gleicher Entwicklungshöhe finden wir acht Septenpaare des dritten Cyklus vor, welche jederseits an die vier stark entwickelten Paare des zweiten Cyklus angrenzen. In dem betrachteten Entwicklungsgang ist auffallend, wie von de frühesten Stadium an die von den beiden starken Septenpaaren ge- bildeten Interseptalräume — ich will dieselben kurz als die trans- versalen bezeichnen — gegen alle übrigen Sektoren im Rückstand sind, in der Weise, dass immer von dem jeweilig jüngsten Gyklus die in diesen Räumen zu erwartenden Paare fehlen. Oder mit anderen Worten: wenn in den transversalen Räumen neue Septenpaare sich Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 485 zeigen, treten im übrigen Bereich schon die Paare des nächsten Gyklus auf. Die Fig. 9, 12 und 41 machen dieses Verhalten anschaulich. In Fig. 9a fehlt zwischen den beiden starken Septen jederseits das letzte Paar des ersten Cyklus, in Fig. 12 vermissen wir an gleicher Stelle das letzte Paar des zweiten Cyklus, in Fig. 11 endlich mangeln in jedem transversalen Raum die beiden hierher gehörigen Paare des dritten Cy- klus. Die verspätete Anlage der Septen an dieser Stelle hat dann weiter- hin zur Folge, dass von jedem vollständigen Cyklus die in den trans- versalen Räumen gelegenen Paare schwächer entwickelt sind als alle übrigen, und kaum stärker als die zuerst entstehenden Paare des näch- sten Cyklus. Doch gilt der letzte Theil dieses Satzes nur für das Ver- hältnis zwischen dem zweiten und dritten Cyklus. Der Modus der Septenentwicklung, der nach dem Gesagten bei diesen Larven vorliegt, scheint von allem bisher Bekannten abzuwei- chen. Denn wenn auch überall die Septen des ersten Cyklus nach einander entstehen und sich erst später egalisiren, so treten doch, so weit bekannt, alle Paare der folgenden Cyklen gleichzeitig auf. Und dass nicht etwa das besprochene Verhalten eine allgemeine Eigen- thümlichkeit des zweistrahligen Entwicklungstypus ist, erkennen wir aus den bei ©. und R. Herrwıc abgebildeten Querschnitten durch die Larven von Adamsia diaphana (Taf. I, Fig. 3 und 4), wo in allen sechs primären Zwischenfächern ganz gleichmäßig je ein Paar des zweiten Cyklus entwickelt ist. Es lässt sich nun nicht sagen, ob die bei meinen Larven konstatirte zeitliche Verschiebung in der Septenentstehung später korrigirt wird, oder ob sie erhalten bleibt. Ich bin jedoch aus Gründen, die ich im zweiten Theil erörtern werde, geneigt, das Letztere anzunehmen, indem sich auf solehe Weise die Möglichkeit eröffnet, eine bisher in ihrer Stellung unklare Form (Tealia) von den typischen Hexaktinien abzuleiten. Zum Schluss habe ich noch mit ein Paar Worten des Verhältnisses zu gedenken, in welchem der beschriebene Entwicklungsgang zu dem Lacaze-Durnsers’schen Typus steht. Meine jüngsten Larven setzen mich in den Stand, den Gegensatz zwischen beiden Entwicklungsweisen noch schärfer zu formuliren, als dies auf Grund der Herrwiıe’schen Be- funde bei Adamsia diaphana möglich war. Denn da in der jüngsten Adamsialarve dieser Autoren die 12 primären Septen bereits sämmt- lich vorhanden waren, so wäre es noch immer denkbar, dass sich die- selben zuerst in der Lacaze-Durniers’schen Reihenfolge, also bilateral- symmetrisch, angelegt hätten, dass aber dann sehr rasch ältere Septen von jüngeren im Wachsthum überholt worden wären und dadurch sich erst sekundär die zweistrahlige Anordnung herausgebildet hätte. 486 Theodor Boveri, Diese Annahme lässt sich nun für meine jüngste Larve (Fig. 9a u. b) mit Sicherheit ausschließen. Denn hier bestehen erst acht, bereits hoch entwickelte Septen, und wenn auch im hintersten Abschnitt des Körpers auf der einen Seite zwei weitere Septen in Form niedriger Leistchen angelegt sind, so beweist doch das Fehlen dieser Septen auf der anderen Seite, dass es sich hier um eine jüngste Anlage handelt. Die acht großen Septen sind also jedenfalls die ältesten. Wie ein Ver- gleich mit dem Schema Fig. III (Taf. XXIII) ergiebt, entsprechen. die- selben den Lacaze-Durtuiers’schen Paaren 2, 4, 6 und 3, während die in Fig. 9b neu angelegten Septen einem Septum 4 und 5 des bilateralen Typus homolog sind. Es entsteht also in meinen Larven das bei dem bilateralen Typus erste und lange Zeit mächtigste Septenpaar erst auf einem Stadium, wo bereits acht andere Septen hoch entwickelt sind, und unter diesen auch jene beiden, welche bei dem LacAze-DUTHIErs- schen Modus als die letzten gebildet werden: Hier kann also von einer Vereinigung keine Rede sein; man mag die Entstehungsfolge der vier ersten Paare, über die mir kein sicheres Urtheil möglich ist, annehmen wie man will: die angeführten Differenz- punkte lassen sich nicht beseitigen. Darf man aber aus der relativen Größe der einzelnen Septen Schlüsse ziehen, so ergiebt sich nach- stehende Reihenfolge: Zuerst (wohl gleichzeitig) entstehen die Lacazer- Dursuers’schen Paare A und 6, dann die Paare 2 und 3, endlich jeder- seits ein aus einem Septum { und 5 zusammengesetztes Paar. C. Edwardsiae. Im Auftrieb des Golfes von Neapel fand ich im Januar 1888 mehr- mals kleine kugelige Aktinienlarven von 0,7—1 mm Durchmesser, wel- che acht in ziemlich gleichmäßigen Abständen von einander gestellte, das Schlundrohr erreichende Septen besaßen und sowohl in der Gestaltung des Schlundrohres, als auch in Folge der besonders starken Entwicklung zweier Septen eine deutliche bilaterale Symmetrie zur Schau trugen. Ich habe in Fig. 16 (Taf. XXII) eine solche Larve bei durchfallendem Licht gezeichnet; die ganze Architektonik ließ mich zunächst kaum zweifeln, dass ich eine nach dem bilateralen Typus sich entwickelnde Hexaktinienlarve auf dem Edwardsiastadium vor mir hätte (vgl. Fig. Aka, b). Allein die Züchtung einiger von diesen Larven, welche drei Monate lang fortgesetzt wurde, belehrte mich eines Anderen: die über einen Gentimeter langen jungen Aktinien, die sich aus meinen Larven entwickelten, dokumentirten sich sowohl äußerlich, als auch in ihrer Anatomie als unzweifelhafte Edwardsiae. In Färbung und Zeichnung stimmten dieselben mit Edwardsia Claparedii überein, doch waren nur Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 487 acht Tentakel vorhanden, was wohl auf Rechnung des jugendlichen Alters zu setzen ist. RB: | Wenn nun auch in den erwähnten jüngsten Larven schon alle Septen des ausgewachsenen Thieres vorhanden sind und damit die Entwicklung des Typus bereits abgeschlossen ist, so zeigt sich an den Larven doch noch eine der Erwähnung werthe, später verschwindende Eigenthümlichkeit. Es ist dies die bevorzugte Stellung der beiden dem einen Richtungsseptenpaar benachbarten Septen, indem diese nicht nur an Länge die übrigen übertreffen, sondern auch allein mit Mesenterial- filamenten ausgestattet sind (Fig. 46). Wir begegnen hier also der gleichen Erscheinung, wie bei den nach dem bilateralen Typus sich entwickelnden Hexaktinien, und dass es wirklich hier, wie dort, das gleiche Septenpaar ist, welches den übrigen so lange Zeit in der Ent- wieklung vorausgeht, ließ sich durch Prüfung der Muskelanordnung bei der in Fig. 16 abgebildeten Larve mit Sicherheit feststellen. II. Abschnitt. Schon aus der vorstehenden Beschreibung meiner Beobachtungen ist wohl ersichtlich, welche phylogenetischen Schlüsse aus denselben gezogen werden sollen. Wenn ich sowohl in der Entwicklung von Arachnactis, als auch in derjenigen gewisser Hexaktinien von einem »Edwardsiastadium« sprach, so will ich damit ausdrücken, dass ich die beiden Abtheilungen der Ceriantheae und Hexactiniae von Ed- wardsia-artigen Thieren ableite. Diese Anschauung soll im Folgenden näher begründet werden, zunächst für die CGeriantheae. Die Ceriantheae zeigen im ausgebildeten Zustande mit den Ed- wardsien verschiedene wichtige übereinstimmende Merkmale: biolo- gisch das Leben im Sand ohne Anheftung auf eine feste Unterlage, anatomisch den Mangel der Fußscheibe, sodann den in beiden Gruppen vorkommenden doppelten Tentakelkranz, in der Weise, dass aus jedem Interseptalraum zwei Tentakel entspringen, endlich als das Wichtigste die bilaterale Symmetrie des Körpers und den Mangel der paarweisen Zusammenordnung je zweier benachbarter Septen. Auch ist vielleicht - die schleimige Hülle, welche die Ceriantheae um sich bilden, dem “ Periderm des Edwardsiascapus vergleichbar. AufGrund dieser gemein- samen Eigenthümlichkeiten wurden die beiden Gruppen schon von verschiedenen Autoren als verwandt aufgefasst, figurirt doch sogar der Cerianthus bei verschiedenen älteren Autoren unter dem Genus Edwardsia. Allein ein tieferes Eindringen in die Bauverhältnisse beider For- 488 Theodor Boveri, men schien der Annahme einer näheren Verwandtschaft zwischen den- selben nicht günstig zu sein. Man fand bei den Edwardsiae die Zahl der Septen streng auf acht fixirt, bei den Ceriantheae dagegen mit dem Wachsthum des Körpers immer mehr zunehmend, über 100 an- steigend und, allem Anschein nach, ohne bestimmte obere Grenze. Man fand weiterhin an den Edwardsiasepten eine charakteristische Muskelanordnung: an jedem Septum einerseits transversale, anderer- seits longitudinale Fasern in gesetzmäßiger, die bilaterale Architekto- nik des Körpers bedingender Vertheilung, wogegen bei den mit einer mächtigen ektodermalen Längsmuskelschicht ausgestatteten. Ceriantheae an den Septen nur spärliche Muskelfibrillen aufgefunden wurden, die nach Heıper beiderseits longitudinal, nach O. u. R. Herrwıc beiderseits transversal verlaufen sollten. Dadurch musste eine direkte Vergleich- barkeit beider Gruppen ausgeschlossen scheinen; denn es lag nach. den angeführten Befunden keine Möglichkeit vor, aus den Septen des Cerianthus irgend acht herauszufinden, die denen der Edwardsia homo- log sein konnten. Diese Möglichkeit ergiebt sich nun aus meinen oben mitgetheilten Resultaten über die Septenmuskulatur der ausgewachsenen Arachnac- tis. Nachdem ich hier feststellen konnte, dass die Muskelfibrillen der beiden Seiten eines jeden Septums sich unter annähernd rechtem Winkel kreuzen und dass ferner die beiden Muskellamellen eines jeden Richtungsseptums zu denen aller übrigen Septen der glei- chen Seite entgegengesetzt orientirt sind, lassen sich die vier ventral- sten Septenpaare der Ceriantheae mit den acht Septen der Edwardsiae homologisiren. Und dass es sich hier nicht etwa um eine zufällige Übereinstimmung handelt, geht aus der Entwicklungsgeschichte un- zweideutig hervor. Diese lehrt vor Allem, dass die acht Septen, welche ich im Auge habe, die ältesten sind, dass sie längere Zeit allein vor- handen sind und dass somit in der Entwicklung der Arachnactis ein Zustand durchlaufen wird, der bei den Edwardsien zeitlebens bestehen bleibt. Außerdem aber weist das Achtseptenstadium der Arachnaetis Eigenthümlichkeiten auf, die ihm entschieden eine phylogenetische Bedeutung vindieiren. Obgleich ieh nämlich die Bildung der acht primären Septen nicht verfolgen konnte, lässt sich doch behaupten, dass das Achtseptenstadium eine Grenzscheide bildet, an welcher der anfängliche Modus der Septenvermehrung durch einen neuen er- setzt wird. Denn ganz abgesehen von der relativen Größe der vier primären Septenpaare, welche eine Entstehung dieser Paare in der späteren streng ventro-dorsalen Reihenfolge höchst unwahr- scheinlich macht, setzt sich das »Edwardsiastadium« durch die im Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 489 Übrigen ziemlich gleiche Entwicklungshöhe seiner acht Septen zu allen späteren Stadien in einen auffallenden Gegensatz. Wenn wir irgend eine Larve mit mehr als fünf Septenpaaren untersuchen, so finden wir rechts und links von der dorsalen Medianlinie die Anlagen der jüngsten Septen als kurze Leistehen, welche aus dem obersten Theil des Mauer- blattes hervorsprossen und das Schlundrohr noch nicht erreichen, nach außen von diesen folgen die beiden nächst älteren, die zwar schon mit dem Sehlundrohr in Verbindung getreten sind, aber noch nicht über dasselbe nach abwärts reichen und an denen der spätere ektodermale Randwulst noch fehlt. Überdies sind diese dorsalsten Septenpaare noch längere Zeit dadurch ausgezeichnet, dass das rechte Septum eines jeden Paares etwas weiter entwickelt ist als das linke. Alle diese charakteristischen Wachsthumserscheinungen gehen dem Achtseptenstadium ab. Die beiden dorsalen Septen jeder Seite erreichen nicht allein, wie die vier übrigen, das Schlundrohr, sondern sie erstrecken sich auch eben so weit wie diese nach hinten, sie be- sitzen wie diese längs ihres ganzen freien Randes den Ektodermwulst, sie zeigen die gleiche histiologische Ausbildung wie die anderen, und endlich ist das rechte und linke Septum eines jeden Paares genau gleich weit entwickelt — kurz: die acht primären Septen sind in allem Wesentlichen fertiggestellt und unter einander egalisirt, bevor die Entwicklung weiterer Septen anhebt. Berücksichtigen wir alle diese Momente und fügen wir noch hinzu, dass von den vier primären Septenpaaren der Arachnactislarven das- jenige das stärkste ist, welches wir auch bei den Edwardsialarven (Fig. 16) am mächtigsten entwickelt finden, so ist die Annahme, dass die acht ventralen Septen der Ceriantheae den acht Septen der Ed- wardsien homolog sind, gewiss aufs Beste begründet. Ich denke mir demnach die Geriantheae dadurch entstanden, dass an einem Edwardsia-artigen Thier zwischen den dorsalen Richtungssepten neue Septenpaare auftraten, wie ich dies in Taf. XXIH, Fig. II schematisch dargestellt habe. Ob Übergangsformen zwischen beiden Gruppen völlig fehlen, lässt sich bei dem gegenwärtigen Stand unserer Aktinienkenntnisse nicht entscheiden. Vielleicht ist die von GC. Vocr (23) als Arachnactis be- schriebene Aktinie in diesem Sinn zu deuten, wenn auch die Zwölf- zahl der Septen eher auf eine Hexaktinie hinzuweisen scheint. Wenden wir uns nun zu den Hexaktinien, so scheint zwischen diesen und den Edwardsien auf den ersten Blick ein fundamentaler Unterschied zu bestehen; bei den einen begegnen wir dem Numerus 6 490 sehn). wi eye nPiheodopBoyeri; in der Septenzahl, bei .den anderen dem Numerus 4, jene sind zwei- strahlig, diese bilateral-symmetrisch. Allein gerade diese Verschiedenheit der ausgebildeten Formen muss einen Befund, der in der Ontogenie der einen eine Übereinstimmung mit der Organisation der anderen ergiebt, in phylogenetischer Beziehung besonders beweiskräftig machen. Denn einem ontogenetischen Stadium, das nicht in dem zu erreichenden Ziel (der Organisation des ausgewachsenen Thieres) begründet ist, muss, falls es sich nicht als Anpassung an bestimmte Lebensbedingungen dar- stellt, phylogenetische Bedeutung zukommen. Wir haben für die Hexaktinien eine doppelte Entwicklungsweise kennen gelernt. Bei der einen ist schon frühzeitig (auf dem Stadium mit acht Septen), ja höchst wahrscheinlich schon von Anfang an, der zweistrahlige Bau des fertigen Thieres ausgeprägt; der andere Entwick- lungsmodus zeigt die jungen Larven als bilateral-symmetrische Orga- nismen, und erst mit der Ausbildung der beiden letzten primären Sep- tenpaare wird der zweistrahlige Bau erreicht. Die Annahme, dass diese beiden verschiedenen Entwicklungsweisen auf differente Ausgangs- punkte zu beziehen seien, dass also die so einförmige und charakte- ristische Gruppe der Hexaktinien durch konvergente Züchtung aus verschiedenen Formen entstanden sei, bedarf wohl keiner Diskussion. Die Frage ist vielmehr die: Welchen Entwicklungsmodus haben wir als den ursprünglichen, welchen als den modifieirten anzusehen? Schon die bloße Vergleichung der beiden Entwicklungsweisen mit dem ferti- gen Zustand gestattet, wie ich glaube, diese Frage zu entscheiden. Da keiner der beiden Modi vor dem anderen durch irgend einen Vor- theil, den er dem werdenden Organismus gewähren könnte, ausge- zeichnet ist, indem beide lediglich morphologisch — in des Wortes reinster Bedeutung — von einander unterschieden sind, so kann es sich bei der Umänderung des einen in den anderen nur um eine Verein- fachung der Entwicklung handeln. Und eine solche liegt nur dann vor, wenn der bilaterale Typus der ursprüngliche ist, der zwei- strahlige der abgeleitete. Denn da die ausgebildete Hexaktinie einen biradialen Bau besitzt, so ist der biradiale Entwicklungsmodus im Vergleich zu dem bilateralen der direktere Weg nach dem vorge- schriebenen Ziel, der sich um so leichter aus jenem herausbilden konnte, als dafür nichts Anderes nöthig ist, als eine Verschiebung in der Entstehungsfolge der einzelnen Septen. Wir haben also den zuerst von Lacaze-DurHiers nachgewiesenen Entwicklungsgang für den ursprünglichen zu halten. Dieser zeigt uns ein Stadium mit acht Septen, welches nicht wie die vorhergehenden ein rasch vorübergehendes, nur durch die successive Anlage der Septen Über Entwicklung und Verwandtsehaftsbeziehungen der Aktinien. 491 hedingtes ist; vielmehr macht die Larve auf diesem Stadium eine Zeit lang Halt, sie wächst beträchtlich, die acht Septen egalisiren sich an- nähernd und sind sämmtlich wohl entwickelt, ehe die beiden nächsten Paare in Spuren auftreten. Und dieses hierdurch schon als bedeutungs- voll gekennzeichnete Stadium zeigt, wie bereits Hınpon, PLAYFAIR MeMurricn und Dixox hervorgehoben haben, die Septenanordnung der Edwardsien, eine Übereinstimmung, die dadurch zu einer vollstän- digen gemacht wird, dass in den Larven der Edwardsien sowohl, wie in den Achtseptenlarven der nach dem bilateralen Typus sich ent- wickelnden Hexaktinien das gleiche, den ventralen Richtungssepten angrenzende Septenpaar durch besondere Mächtigkeit ausgezeichnet ist. Diese Thatsachen machen den Schluss unabweisbar, dass, wie die Ceriantheae, so auch die Hexactiniae aus Edwardsia-artigen Formen entstandensind, und zwar durch das Auftreten der in der Ontogenie an fünfter und sechster Stelle gebildeten Septenpaare (vgl. das in Taf. XXIII, Fig. III entworfene Schema). Neben diesem entwicklungsgeschichtlichen Beweis für die enge Verwandtschaft zwischen den Hexaktinien und Edwardsien giebt es nun noch einen vergleichend-anatomischen, indem noch heute un- zweifelhafte Übergangsformen zwischen beiden Typen existiren, näm- lich in der Familie der Halcampidae. In erster Linie ist hier zu nennen die Halcampa- Fultoni, deren Kenntnis wir STRETHILL Waiscur (25) verdanken. Diese Aktinie kennzeichnet sich durch den Be- sitz von 42 Septen als Hexaktinie, weicht aber in so fern von den typi- schen Hexaktinien ab, als die 12 Septen nicht gleichmäßig entwickelt sind, sondern sich in zwei Gruppen von acht starken und vier schwachen sondern. Die acht starken Septen, welche allein mit Mesenterialfila- menten ausgestattet sind und wahrscheinlich auch allein Geschlechts- organe tragen, entsprechen in ihrer Stellung den acht primären Septen Lacaze-DutHmers, die vier schwachen den Paaren 5 und 6 des bilate- ralen Entwicklungstypus. Somit ist bei Halcampa Fultoni der in der Ontogenie der typischen Hexaktinien vorübergehende Zustand, wo acht Septen in Edwardsiastellung mächtig, vier weitere erst schwach entwickelt sind, dauernd erhalten. Zugleich zeigen die Halcampidae in ihrem ganzen Habitus die größte Ähnlichkeit mit den Edwardsien, mit denen sie ja auch von vielen Au- toren vereinigt werden. Noch R. Herrwısc (14) sagt über die von ihm untersuchte Halcampa clavus, dass er »lange Zeit im Zweifel war, ob es richtiger sei, sie unter den Edwardsien oder unter den Hexaktinien zu behandeln«, wobei für die Einreihung in die erstere Gruppe nicht allein die äußerliche Übereinstimmung, sondern auch anatomische Verhält- 492 Theodor Boveri, nisse geltend gemacht werden konnten. Denn wie Halcampa Fultoni zeigte auch Halcampa clavus acht starke und vier schwache Septen. »Wenn wir nun annähmen;,« heißt es bei R. Herrwic (p. 84), »dass die acht stärkeren Septen den Septen der Edwardsia homolog, die vier übrigen dagegen Neubildungen sind, so würden die Haleampen Über- gangsformen zwischen den Edwardsien und Hexaktinien darstellen.« - In der That kann jetzt kein Zweifel mehr bestehen, dass sie wirk- lich solehe Übergangsformen sind, welche von den Edwardsien zu den typischen Hexaktinien hinüberleiten. Denn dass der Entwicklungsgang nicht der umgekehrte sein kann, dass nicht durch eine allmähliche Ver- kümmerung von zwei Septenpaaren aus den Hexaktinien auf dem Wege über die Halcampidae die Edwardsien entstanden sind, das lehrt eben der bilaterale, das »Edwardsiastadium« enthaltende, Entwick- lungstypus der Hexaktinien, der unter dieser Annahme ganz unver- ständlich wäre. Nachdem sich die Edwardsien als gemeinsamer Stamm für die so weit divergirenden Zweige der Geriantheae und Hexactiniae herausgestellt haben, ist es gewiss von vorn herein sehr wahrscheinlich, dass auch alle übrigen Aktinientypen, sei es direkt, sei’es indirekt von den Edwardsien abstammen. Es bleibt mir also noch übrig, zu untersuchen, ob eine sol- che Ableitung überall möglich ist, und ob sich vielleicht im Bau oderin der Entwicklung der einzelnen Formen noch Hinweise dafür auffinden lassen. Den im Vorstehenden behandelten drei Tribus sind bis jetzt drei weitere als gleichwerthig gegenübergestellt worden, nämlich die der Zoantheae, der Monauleae und der Paractiniae. Gleichen Anspruch auf eine solche selbständige Stellung kann weiterhin nach den Untersuchungen von Brocawmann und Hırcer (5) die Gonactinia prolifera erheben, und eben so ist die bisher unter die Hexaktinien eingereihte Familie der Tealidae (Tealia erassicornis), indem sich die- selbe durch den der Septenzahl zu Grunde liegenden Numerus 10 von den Hexaktinien unterscheidet (Gosse [9], G. Y. und A. F. Dixon [6]), von diesen zu trennen und den Paractiniae zuzuweisen, in welcher Gruppe nach R. Hrrrwis (a k) Formen vereinigt werden, deren Septen- zahl bei sonst völliger Übereinstimmung mit den Hexaktinien nicht durch den Numerus 6 bestimmt wird. Betrachten wir zunächst den Tribus der Monauleae, der unter den fünf aufgeführten Formen durch die geringste Septenzahl ausgezeichnet ist. Derselbe wird repräsentirt durch den von R. Herrwic (14) beschriebenen Scytophorus stria- tus, eine Aktinie mit sieben gleich stark entwickelten Septenpaaren, von denen eines (das Richtungsseptenpaar) abgewandte Längsmus- Über Entwieklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien, 493 keln trägt, die sechs übrigen zugewandte. Wie das Schema Taf. XXI, Fig. IV zeigt, lässt sich diese Anordnung dadurch sehr einfach auf die der Edwardsien zurückführen, dass man sich in einer Edwardsia-artigen Aktinie jederseits drei neue Septen entstanden denkt, nämlich in jedem der drei seitlichen Interseptalräume eines. Zwei von diesen neuen Septen jederseits entsprechen denjenigen, welche die Umwandlung der Edwardsien in Hexaktinien bewirken (vgl. Schema Fig. Ill); sie ergänzen die beiden lateralen Septen der Edwardsia zu Paaren mit zugewandten Längsmuskeln. Das dritte, am meisten dorsalwärts gelegene, bildet mit dem der gleichen Seite angehörigen dorsalen Richtungsseptum ein neues Paar mit gleichfalls zugewandten Längsmuskelwülsten, wodurch das dorsale Richtungsseptenpaar als solches verschwindet. Da bei dieser Deutung unter den 14 Septen des Seytophorus die 12 primären Septen der Hexaktinien vertreten wären, so könnte man, an- statt an eine direkte Ableitung von den Edwardsien, auch an eine Ent- stehung der Monauleae aus Hexaktinien, welche erst den primären Septeneyklus besaßen, denken. Ich halte jedoch, ohne diese letztere Möglichkeit ablehnen zu wollen, die direkte Ableitung für die wahr- scheinlichere, und zwar nicht nur desshalb, weil Scytophorus striatus in der langgestreckten Körperform und dem Vorhandensein einer Guti- cula (Periderm) mit den Edwardsien übereinstimmt, sondern auch, weil das Schlundrohr nach den Untersuchungen von R. Herrwie mit acht Längswülsten ausgestattet ist, welche auf die 14 Septen gar nicht passen und darum wohl nur auf eine Stammform mit acht Septen be- zogen werden können. Noch viel überzeugender als für die Monauleae gelingt der An- schluss an die Edwardsien für die Gonactinia prolifera. Die von BLocHmann und HıLger (5) festgestellte Septenanordnung ist aus dem Schema (Taf. XXIII, Fig. V) zu ersehen. Es bestehen zwei opponirte Richtungsseptenpaare, dazwischen jederseits drei Paare mit zugewand- ten Längsmuskeln, die jedoch aus ungleichartig entwickelten Septen zu- sammengesetzt sind. Unterscheiden wir die beiden Richtungssepten- paare nach der von Brocnmann und Hırcer gebrauchten Terminologie als dorsal und ventral, so folgt jederseits auf das dorsale Paar zunächst ein aus kurzen Septen (Mikrosepten) gebildetes Paar, während die bei- den weiteren je aus einem Makroseptum und einem Mikroseptum kom- binirt sind, in der Weise, dass man, von der Dorsalseite ausgehend, zuerst auf das Makroseptum stößt. Fasst man die Makrosepten allein ins Auge, so zeigen diese, wie BLocHmann und Hırger schon hervorge- hoben haben, die Muskelanordnung der Edwardsiasepten. Dass sie diesen wirklich homolog sind, kann bei der ausgezeichneten Stellung, 494 Theodor Boveri, welche dieselben den übrigen Septen gegenüber einnehmen, und nach den bei den Ceriantheae und Hexactiniae gewonnenen Resultaten über die stammesgeschichtliche Bedeutung der Edwardsien, wohl kaum be- zweifelt werden. Wie eine Vergleichung der Schemata Fig. III, IV und V ergiebt, lässt sich die Septenanordnung der Gonactinia, anstatt direkt aus der der Edwardsien, auch auf dem Umweg über die Hexactiniae und Monauleae entstanden denken, indem diese drei Typen eine Reihe bilden, in der jedes Glied zu den in dem vorhergehenden vorhandenen Septen zwei weitere hinzufügt. Ich halte jedoch auch hier die direkte Abzweigung von den Edwardsien für wahrscheinlicher. Dagegen dürften die zwei noch übrigen Tribus der Zoantheae und Paractiniae von typischen Hexaktinien abzuleiten sein. Für die Zoantheen hat schon Erpmann (7) auf Grund der von G. v. Koca (16) zuerst festgestellten Septenanatomie und des von R. Herrwıs (14) und ihm selbst nachgewiesenen Vermehrungsgesetzes der Septen einen Anschluss an die Hexaktinien angedeutet. Ich verweise, um diese Ableitung zu erläutern, auf das Schema Fig, VI (Taf. XXI), welches den sog. »Mikrotypus«! der Zoantheenorganisation darstellt. Betrachten wir dieses Schema zunächst ohne Rücksicht auf die Farbe der einzelnen Septen, so finden wir, einander entgegengesetzt, zwei Richtungsseptenpaare, von denen das ventrale aus Makro-, das dorsale aus Mikrosepten gebildet wird. An dieses schließen sich jederseits zwei Paare mit zugewandten Längsmuskeln an, deren jedes aus einem, dem Richtungsseptenpaar zugekehrten, Makroseptum und einem Mikroseptum besteht. Zwischen diese dorsale, aus im Ganzen zehn Septen gebildete Gruppe und das ventrale Richtungsseptenpaar schieben sich nun jeder- seits weitere Septenpaare in variabler Zahl ein, die gleichfalls sämmtlich aus je einem Makro- und einem Mikroseptum kombinirt sind, jedoch so, dass hier immer das Makroseptum dem ventralen Richtungssepten- paar zugekehrt ist. Über die frühesten Entwieklungszustände der Zoantheen sind wir nicht unterrichtet; die jüngsten bis jetzt beobachteten Stadien zeigen schon die im Vorstehenden beschriebene Organisation. Dagegen konnte das in dieser späteren Periode herrschende Vermehrungsgesetz der Septen ermittelt werden. Es ergab sich nämlich, dass neue Septen lediglich in den beiden jeweilig an die ventralen Richtungssepten an- srenzenden Zwischenfächern auftreten, immer zu Paaren aus Mikro- 1 Für die Phylogenie der Zoantheen ist die Unterscheidung der beiden Typen (Makro-und Mikrotypus), die sich darauf gründet, dass bei dem ersteren die in Fig. VI mit x bezeichneten Mikrosepten das Schlundrohr erreichen, irrelevant. Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 495 und Makroseptum zusammengesetzt, wobei das Makroseptum dem Richtungsseptum zugekehrt ist. Und dieses Wachsthumsgesetz gestattet uns, bis zu einem gewissen Punkt auf die frühere Entwicklung zurück- zuschließen. Denn wenn die Septen, so weit die Beobachtung reicht, immer in der eben genannten Weise sich vermehren, so muss man die früheren Entwicklungsstadien dadurch erhalten, dass man sich, jeder- seits neben den ventralen Richtungssepten beginnend, successive ein Septenpaar nach dem anderen weggenommen denkt; und wenn man dies nun fortsetzt, so lange es möglich ist, d. h. so lange noch Paare vorhanden sind, welche ihr Makroseptum ventralwärts richten — es sind dies in meinem Schema die blau gezeichneten Paare — so bleiben schließlich noch zwölf Septen in Hexaktinienstellung übrig. Diese Anordnung aber ist gewiss viel zu charakteristisch, als dass hier an ein zufälliges Zusammentreffen gedacht werden könnte. Somit ist wohl die Annahme begründet, dass die Zoantheen von Hexak- tinien mit dem ersten Septencyklus sich ableiten; und zwar dadurch, dass neue Septenpaare immer nur in zwei Interseptal- räumen angelegt werden, nämlich denjenigen, welche dem einen Rich- tungsseptenpaar angrenzen. Die Bezeichnung dieses Richtungssepten- - paares als »ventral« scheint mit der für die Edwardsien und für die übrigen Typen gebrauchten Terminologie übereinzustimmen. Es ist wenigstens auffallend und bemerkenswerth, dass bei der hierdurch bedingten Orientirung von den 12 Primärsepten des Zoanthus! die bei- den lateralen Mikrosepten (x und y) denjenigen Septen entsprechen, welche den Edwardsiatypus in den Hexaktinientypus überführen (vgl. Fig. II). Ich habe dieselben demgemäß in Fig. VI mit rother Farbe ge- zeichnet. Was schließlich den letzten Tribus, den der Paractiniae (incl. Tealidae) betrifft, so glaube ich, dass auch für diese die Ableituug von echten Hexaktinien weitaus am meisten Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der einzige Unterschied von den letzteren liegt in dem abwei- chenden Numerus der Septenzahl, und diese Eigenthümlichkeit lässt sich bei allen drei hierher gehörigen Formen in der Weise erklären, dass in einer Hexaktinie mit dem ersten Septencyklus bei der Anlage der weiteren Septen bestimmte Interseptalräume hinter den übrigen _ um einen oder zwei Cyklen zurückbleiben, so dass z. B. ein Septenpaar, welches seiner Stellung nach zum zweiten Cyklus zu rechnen wäre, dem Alter und der Größe nach mit dem dritten rangirt. \ Für eine solche Ableitung lassen sich überdies einerseits anato- 1 Es gilt dies übrigens nur für den Mikrotypus. 496 | Theodor Boveri, mische Besonderheiten der hierher gehörigen Formen, andererseits ge- wisse, oben dargelegte entwicklungsgeschichtliche Erfahrungen geltend machen. ; Betrachten wir zuerst die Familie der Tealidae, bei welcher die Zahl der Septenpaare durch den Numerus 10 bestimmt wird. Wie G. Y. und A. F. Dixon (6) an Querschnitten durch junge Exemplare von Tealia erassicornis festgestellt haben, bestehen hier zehn gleich große Hauptseptenpaare, von denen zwei opponirte als Richtungssepten ent- wickelt sind; zwischen diesen finden sich zehn kleinere Paare, die den Ösophagus nur ganz oben erreichen, und endlich ist noch ein dritter Cyklus von 20 Paaren vorhanden, die das Schlundrohr überhaupt nicht erreichen. Um diese Anordnung aus dem Hexaktinientypus abzuleiten, muss man annehmen, dass zunächst die Septen des zweiten Cyklus sich un- gleichmäßig entwickeln, dass vier Paare, nämlich diejenigen, welche in den vier an die Richtungsseptenpaare angrenzenden Zwischenfächern auftreten, vorauseilen und die Septen des I. Cyklus im Wachsthum ein- holen, wodurch die zehn von G. Y. und A. F. Dixon beschriebenen gleichartigen Hauptseptenpaare zu Stande kommen; wogegen die beiden übrigen Paare so sehr zurückbleiben, dass sich, gleichzeitig mit ihnen, — zu beiden Seiten eines jeden der vier großen Paare des II. Cyklus — schon acht Paare des III. Cyklus entwickeln, welche mit jenen beiden zusammen nun die zehn sekundären Paare der Tealia-Organisation dar- stellen. Und durch die gleiche gesetzmäßige Verschiebung kommen dann die 20 tertiären Paare zu Stande, welche aus vier Paaren des II. und 16 Paaren des IV. Cyklus zusammengesetzt sind. Dass diese Erklärung keine rein hypothetische ist, lehren die Lar- ven, an denen ich oben den »zweistrahligen Entwicklungstypus« der Hexaktinien geschildert habe. Diese Larven mit ihrer zeitlichen Ver- schiebung der Septenentstehung, dem Zurückleiben der »transversalen Räume «, bieten in der That genau den für Tealia postulirten Entwick- lungsgang dar, so dass wir ihre Zugehörigkeit zu einer Tealide als nahezu sicher ansehen dürfen. Wenn wir nun auf dem Wege, der von den Hexaktinien zu den Tealiden führt, noch einen Schritt weitergehen, d. h. annehmen, dass in den transversalen Zwischenfächern des primären Hexaktinieneyklus gar keine Septen angelegt werden, während im übrigen Bereich die des II. und III. Cyklus sich ausbilden, so gelangen wir zu der von R. Herrwie (14) beschriebenen Organisation der Polyopisstriata, einer Paraktinie mit 18 Septenpaaren. Auch bei dieser Form sind An- haltspunkte gegeben, welche die hiermit ausgesprochene Abstammung Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 497 von Hexaktinien in hohem Maße wahrscheinlich machen. Denn obgleich R. Herrwıc an Querschnitten nicht im Stande war, die Werthigkeit der einzelnen Septenpaare zu bestimmen, konnte er doch für die Endigung der Septen am hinteren Körperende ein Verhalten feststellen, welches durchaus der von mir versuchten Ableitung entspricht. Auf Taf. XI der »Challenger-Aktinien« ist in Fig. 11 « das hintere Körperende der Poly- opis striata von außen abgebildet; es zeigen sich, von einem gemein- samen Gentrum, wahrscheinlich einem kleinen Porus terminalis aus- gehend, sechs Furchen in zweistrahliger Anordnung; sie könnten sechs primären Septenpaaren einer typischen Hexaktinie ihre Entstehung verdanken. Die in Fig. 11 # gegebene Ansicht von innen bestätigt diese Vermuthung: es sind in der That sechs starke Septenpaare vorhanden, welche bis an den hinteren Körperpol heranreichen, und, was nun von besonderer Wichtigkeit an dieser Abbildung ist: die 12 übrigen Paare sind in vier Gruppen von je drei Paaren so zwischen die großen Septenpaare eingeschaltet, dass, nach den Symmetrieverhältnissen zu urtheilen, jede Gruppe in eines der vier an die Richtungsseptenpaare angrenzenden Zwischenfächer zu stehen kommt. Diese Anordnung aber lässt kaum eine andere Deutung als die von mir gegebene zu. Um endlich die letzte Paraktinie, Sieyoniscrassa, aufHexaktinien zurückzuführen, muss man eine Ungleichmäßigkeit der Septenentwick- lung annehmen, welche derjenigen, die zu den Tealidae führt, gerade entgegengesetzt ist. Sieyonis crassa besitzt nach den Untersuchungen R. Herrwie’s (14) 64 Septenpaare; 146 davon inseriren am Magen und sind unter sich von gleicher Größe, dazwischen stehen 16, welche schon an der Mundscheibe endigen, und schließlich ist in ganz regelmäßiger Weise noch ein dritter Gyklus von 32 Paaren vorhanden. Es ist ohne Weiteres einleuchtend, wie diese Anordnung einfach dadurch aus einer zwölf- kammerigen Hexaktinie entstehen kann, dass die beiden transversalen Zwischenfächer den vier anderen stets um einen Cyklus in der Septen- entwicklung vorauseilen. Und auch hier besteht noch eine Eigen- thümlichkeit, welche auf die ursprüngliche Sechsstrahligkeit des Körpers hinweist, in Gestalt der von R. Herrwie beschriebenen zehn Längsfurchen, welche jederseits zwischen den beiden Schlundrinnen am Schlundrohr herabziehen:: eine Zahl, wie sie einer echten Hexaktinie mit zwei das Schlundrohr erreichenden Septencyklen zukommen würde. 1 Wie aus der vorstehenden Ableitung der drei als Paraktinien bezeichne- ten Formen hervorgeht, halte ich diese Gruppe nicht für eine phylogenetisch ein- heitliche. Doch dürfte es, in Rücksicht auf die Systematik, zweckmäßig sein, den Tribus »Paractiniae« unter der von R. Hrerrtwig formulirten Definition vorläufig aufrecht zu erhalten. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, XLIX. Bd, 39 498 Theodor Boveri, Auf Grund der vorausgehenden Erörterungen glaube ich nun die verwandtschaftlichen Beziehungen, in denen die einzelnen Aktinien- gruppen zu einander stehen, durch folgenden Stammbaum ausdrücken zu können: Edwar Rlimte nl Ceriantheae re N Halcampidae | Hexactiniae RR | Tealidae Zoantheae Sieyonis Polyopis Paractiniae Nachdem es sich gezeigt hat, dass durch die räumlichen Bezie- hungen, in welchen bei gewissen Hexaktinien und bei Arachnactis die acht zuerst gebildeten Septen zu den übrigen stehen, ein stammesge- schichtlicher Vorgang zum Ausdruck gebracht wird, drängt sich die Frage auf, ob auch die Reihenfolge, in welcher bei diesen Formen die acht primären Septen selbst angelegt werden, eine phylogenetische Grundlage hat. Für die Verwandtschaftsbeziehungen der einzelnen Aktiniengruppen zu einander, wie auch für die Beurtheilung der von den Aktinien ableitbaren Hexakorallen und Antipatharien ist diese Frage ohne Bedeutung; sie wird dagegen von großer Wichtigkeit, wenn es sich darum handelt, das Verwandtschaftsverhältnis der Okto- korallen zu den Aktinien aufzuklären. | Direkte Beobachtungen über die Reihenfolge, in welcher bei Akti- nien und Hexakorallen die acht ersten Septen auftreten, sind von Lacaze-Dutuiers (18) bei Actinia mesembryanthemum, Sagartia bellis und Bunodes gemmacea, von H. V. Wırson (24) bei Manicina areolata angestellt worden. Während bei den drei Aktinien die Entstehungsfolge der Septen ganz übereinstimmend die im Schema (Taf. XXIII, Fig. III) in Zahlen aus- gedrückte ist, fand Wırson bei der von ihm untersuchten Koralle, dass das Lacaze-Dutuiers’sche Paar 2 erst an vierter Stelle, Paar 4 an zweiter Stelle gebildet wird; und auch bei einer von mir untersuchten, oben beschriebenen Hexaktinienlarve scheint dieser Entwicklungsmodus vorzuliegen. Bei dieser Verschiedenartigkeit der Entwicklung sticht Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 499 Jedoch ein gemeinsames Moment um so auffallender hervor. Es ist dies der Umstand, dass bei allen untersuchten Hexaktinien und Korallen, welche ein Edwardsiastadium durchlaufen, als erstes Septenpaar stets dasjenige angelegt wird, welches (auf dem Edwardsiastadium) dem ventralen Richtungsseptenpaar angrenzt. Bei den Edwardsien selbst und eben so bei Arachnactis scheint dieses Septenpaar gleichfalls als das erste aufzutreten, wie dies aus der lange andauernden Prävalenz die- ses Paares den drei übrigen gegenüber fast mit Sicherheit geschlossen werden darf. Da die in Rede stehenden Septen auch bei den Hexakti- nienlarven des bilateralen Typus häufig durch besondere Mächtigkeit und hohe Entwicklung lange Zeit vor den übrigen ausgezeichnet sind, ohne dass diese bevorzugte Stellung durch das höhere Alter allein er- klärt werden kann, wird der Gedanke an eine phylogenetische Reminis- cenz sehr nahe gelegt, nnd man könnte vermuthen, dass, wie durch das Achtseptenstadium, so auch durch das Zweiseptenstadium eine stammesgeschichtliche Etappe bezeichnet wäre. Eine solche hypothetische Form mit nur zwei Septen aber könnte zugleich die Stammform für die Octokorallen repräsentiren. Es wäre möglich, dass diese Vermuthungen durch die Untersuchung der Ontogenie dieser Gruppe festere Gestalt gewinnen könnten. Wenn es sich herausstellen würde, dass auch bei den Octokorallen das erstgebildete Septenpaar die drei übrigen lange Zeit in auffallender Weise an Stärke und histio- logischer Ausbildung übertrifft, so dürfte es gewiss als höchst wahr- scheinlich angesehen werden, dass dieses Paar dem bei den Edwardsien an die ventralen Richtungssepten angrenzenden Paar homolog sei. Und damit würde sich zugleich feststellen lassen, ob und in wie weit die drei übrigen Septenpaare der Edwardsien und Octokorallen mit ein- ander homologisirt werden können. München, im Juli 1889. Verzeichnis der citirten Litteratur. 1. A. Acassız, On Arachnactis brachiolata, a Species of Floating Actinia found at Nahant. Bost. Journ. of Nat. Hist. Vol. VII. 4863. p. 525. 2. A. Acassız, Sur le developpement des tentacules des Arachnactis et des Ed- wardsies. Arch. de Zool. exp. et gen. Tom II. 4873. Notes et Revue p- XXXVI. 3. A. Anpres, Intorno all’ Edwardsia Claparedii. Mitth. a. d. Zool. Station zu Nea- pel. Bd. II. 4880. p. 123. Er 39* 500 Theodor Boveri, 4, 5. 6. A. Anpres, Le Attinie. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Leipzig 1884. BLoCHmAnn und HıLGEr, Über Gonactinia prolifera Sars, eine durch Quertheilung sich vermehrende Aktinie. Morph. Jahrb. Bd. XIII. 1888. p. 385. G. Y. and A. F. Dıxon, Notes on Bunodes thallia, Bunodes verrucosa and Tealia erassicornis. Scientific Proceed. of the Royal Dublin Society. Vol. VI. Pt. VI. 4889. p. 340. . A. Erpmann, Über einige neue Zoantheen. Inaug.-Diss. Jena 1885. . Forses and Goopsır, On some remarkable marine invertebrata new to the Bri- tish seas. Trans. roy. soc. Edinb. XX. part. 2. p. 307. 9. P. H. Gosse, Actinologia Britannica. London 4860. 24. 25. . A. C. Hanpoon, Note on the arrangement of the mesenteries in the parasitic larva of Halcampa chrysanthellum (Peach). Scient. Proceed. roy. Dublin Soc. Vol. V. Pt. VI. 41887. p. 473. . J. HAımE, Memoire sur le Cerianthe (Cerianthus membranaceus). Ann. d. Sc. nat. IV. Serie. Zoologie. Tom I. 1854. p. 344. . A. von HEıDEr, Cerianthus membranaceus Haime, Ein Beitrag zur Anatomie der Aktinien. Sitzungsber.d.k. Akad.d. Wiss. Wien. Bd. LXXIX. 1879. p. 204. . O0. und R. Herrwiıs, Die Aktinien. Jena 4879. . R. Herrwig, Die Aktinien der Challenger-Expedition. Jena 1882. . H. HorıArp, Monographie anatomique du genre Actinia de Linne. Ann. de Sc. Nat. Zoologie. III. Serie. Tom XV. p. 257. . G. v. Koca, Notizen über Korallen. Morph. Jahrbuch. Bd. VI. 1880. p. 359. . A. KowALEvsKY, Untersuchungen über die Entwicklung der Coelenteraten. Nach- richten der k. Gesellsch. d. Freunde d. Naturerkenntnis, d. Anthropologie u. Ethnographie. Moskau 1873. (Russisch.) . H.npe LAcAzE-DutnIers, Developpement des Coralliaires. I. Actiniaires sans Poly- pier. Arch. de Zool. exp. et gen. Tom I. 1872. p. 289. . H. pe Lacaze-Duruiers, Etude d’une Actinie prise comme type. Revue Scienti- fique de la France et de l’Etranger 3. serie. 28. Avril1883. No.47. p.543. . Prayraır Mc MurricH, On the Occurence of an Edwardsia Stage in the Free- Swimming Embryos ofa Hexactinian. Jomns Hopkıns University Circulars. Vol. VII. No. 70. p.'31. . M. Sırs, Fauna littoralis Norvegiae. 1846. IV. Über Arachnactis albida, einen schwimmenden Polypen. p. 28. . SCHNEIDER und RÖTTEkEN, Über den Bau der Aktinien und Korallen. 4874. (Nur separat erschienen.) . C. Vogt, Des genres Arachnactis et Cerianthus. Archives de Biologie. Tom VIII, 1888. p. A, H. V. Wırson, On the development of Manicina areolata. Journal of Morpho- logy. Vol. II. No. 2. Nov. 1888. Boston. STRETHILL WRIGHT, Observations on British Protozoa and Zoophytes. Ann. and Mag. of Nat. Hist. Ser. III. Vol, VII. Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. 501 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI. Fig. 1. Arachnactislarve bei auffallendem Licht vom oralen Pol aus gesehen. ZEISS a, Oc. 2. Fig. 2. Querschnitt durch eine kugelige Arachnactislarve unterhalb des Schlund- rohres. Zeıss E, Oc. 2. Fig. 3. Arachnactislarve in der dorsalen Mittellinie aufgeschnitten, ausgebrei- tet und von innen gezeichnet. Vergr. 4. Fig. 4. Die in Fig. 4 abgebildete Larve vom aboralen Pol bei durchfallendem Licht. Fig. 5. Ältere Arachnactislarve, sehr stark kontrahirt. a, vom oralen Pol, d, bei seitlicher Ansicht, c, von der Ventralseite. Die Randtentakel sind bis auf die vier jüngsten abgerissen. Vergr. 3. Fig. 6. Querschnitt durch eine Arachnactislarve vom Stadium der Fig. 4 und 4, in der Höhe des Schlundrohres. Leırz III, Oc. A. Fig. 7. Querschnitt durch eine kugelige Arachnactislarve in der Region des freien Schlundrohrrandes. Zeıss C, Oc. 2. Fig. 8. Querschnitt durch eine nicht bestimmte Hexaktinienlarve (wahrschein- lich Bunodes) in der Höhe des Schlundrohres. Die Zahlen an den Septen bezeich- nen die Entstehungsfolge derselben nach den Angaben von LAcAzE- DUTHIERS. Zeıss C, Oc. 2. Tafel XXII. Die arabischen Ziffern an den Septen bezeichnen die beobachtete oder muth- maßliche Entstehungsfolge derselben, die römischen Ziffern den Cyklus, zu welchem das Septum gehört. Fig. 9—42 beziehen sich auf nicht bestimmte Hexaktinienlarven (Tealia?), die sich nach dem »zweistrahligen Typus« entwickeln. Fig. 9a, b. Zwei Querschnitte (Zeıss B, Oc. 2) durch die jüngste Larve, welche in Fig. 40 bei seitlicher Ansicht und durchfallendem Licht gezeichnet ist. ZeEıss a, Oc. 2. Fig. 44. Querschnitt durch die älteste Larve in der Nähe der Fußscheibe. Leitz III, Oec. A. Fig. 42. Querschnitt durch eine Larve, deren Entwicklungszustand zwischen dem Stadium der Fig 9 und dem der Fig. 44 die Mitte hält, ganz nahe an der Fuß- scheibe. Zeıss GC, Oc. 2. Fig. 13—145 beziehen sich auf Larven von GCereactis aurantiaca. Fig. 43. Eine der ältesten beobachteten Larven, sehr stark kontrahirt, vom ora- len Pol gesehen. Vergr. 10. Fig. 44a und b. Zwei Querschnitte durch eine noch kugelige Cereactislarve mit acht Septen. Leitz III, Oc. A. 502 Theodor Boveri, Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. Fig. 45. Querschnitt durch eine der ältesten Larven mit den Anlagen des fünf- ten und sechsten Septenpaares. Leırz III, Oc. A. Fig. 16. Edwardsialarve bei durchfallendem Licht vom oralen Pol gesehen. Leitz 11l, Oc. A. Tafel XXIII. Schematische Querschnitte verschiedener Aktinientypen, um die Ableitung der- selben von den Edwardsien zu illustriren. In allen Figuren sind mitschwar- zer Farbe die acht Edwardsiasepten gezeichnet, mit rother diejenigen, welche jene zu der specifischen Anordnung des betreffenden Typus ergänzen. Nur in dem Zoanthusschema (Fig. VI)sind, um nicht nur die Edwardsien als Urform, sondern auch die Hexaktinien (Fig. III) als direkte Vorfahren zu kennzeichnen, drei Farben zur Verwendung gelangt. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. von Dr. H. Henking, Privatdocent und Assistent in Göttingen. I. Das Ei von Pieris brassicaeL., nebst Bemerkungen über Samen undSamenbildung. Mit Tafel XXIV—XXVI, Die vorliegende Abhandlung bildet den ersten Theil einer Reihe von Arbeiten, welche die Befruchtung und die ihr kurz voraufgehenden und unmittelbar nachfolgenden Veränderungen in den Eiern von Insek- ten aus den verschiedensten Ordnungen zum Gegenstande haben. Bereits früher habe ich eine dem gleichen Gebiete angehörende Untersuchung (8) veröffentlicht. Ich war darin zu einer von der all- gemein verbreiteten Auffasung so abweichenden Ansicht gelangt, dass ich mich selbst nicht davon befriedigt fühlen konnte. Um daher klar darüber zu werden, wo Wahrheit und wo Irrthum vorhanden sei, habe ich in größerem Mabstabe die Forschungen im Gebiete der frühesten In- sektenembryologie wieder aufgenommen. Denn ich habe die Überzeu- gung gewonnen, dass ein sicheres Urtheil über die wesentlichen Vor- gänge nur auf Grund eines möglichst reichen Materials gewonnen werden kann. Einige, sich auf die Richtungskörper beziehende Mittheilungen habe ich bereits früher (9) veröffentlicht und habe ferner die wesent- lichsten Punkte der vorliegenden Abhandlung in der Sektion für Zoo- logie auf der 62. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Heidelberg am 19. September 1888 vorgetragen (vgl. Tageblatt etec.). Die Benutzung der Litteratur ist in dieser Arbeit nicht eben reich ausgefallen, weil ich eine Besprechung der einschlägigen Arbeiten für den Schluss der Untersuchungsreihe aufsparen möchte, 504 H. Henking, Was die Untersuchungsmethoden anbetrifft, so bin ich in der glei- chen Weise verfahren, wie bereits früher bei Musca (8). Ich habe weiter unten, unter den »Kritischen Bemerkungen«, genauer angegeben, in welcher Weise ich die Hitze auf die zur Untersuchung verwandten Eier habe einwirken lassen. Auch hier habe ich stets mit GRENACHER'S Boraxkarmin vorgefärbt, klebte dann aber die Schnitte mit P. Mayer's Eiweißglycerin auf, wodurch es ermöglicht wurde, nachträglich noch die verschiedensten Färbeflüssigkeiten in Anwendung zu bringen. Es hat sich das von großem Nutzen erwiesen; denn wo ich über irgend eine Struktur nicht gleich ins Klare kommen konnte, habe ich so oft nachgefärbt, so oft nach vielfach wiederholter vorsichtiger Ablösung des Deckglases immer neue Färbeflüssigkeiten in Anwendung gebracht, dass schließlich auch dort ein klares Gebilde hervortrat, wo vorher ein Schleier die Gegenstände dem forschenden Blick zu verhüllen schien. ‘Für die Erkenntnis der chromatischen Körperchen habe ich be- sonders eine Nachfärbung mit der koneentrirten wässerigen Lösung von Bismarckbraun schätzen gelernt, für die Umgrenzung der achromati- schen Theile eine Nachfärbung mit Enruicn’s Hämatoxylin. Aber auch Saffranin, Dahlia, Orru’s Lithionkarmin, Czokor’s Kochenillelösung, fer- ner die Heranziehung von Eosin und Pikrinsäure in Terpentinöl (nach einer mir von P. Mayer gütigst mitgetheilten Methode) haben mich wesentlich unterstützt. Für die Aufbewahrung der Schnitte scheint Xylolbalsam besonders empfehlenswerth zu sein. Eines ist für die von mir benutzte Konservirungsmethode sehr charakteristisch, nämlich dass sie die zu gewissen Zeiten wohl vorhandene fädige Struktur inden achromatischen Kern- theilen völligzerstört. Wo sonst bei Anwendung von Säurege- mischen die bekannten Spindelfasern und dergleichen hervortreten, findet man hier stets ein gleichmäßiges, zuweilen körniges, schwach lichtbrechendes Maschenwerk mit helleren Zwischenräumen, mögen die Kerne sich in Ruhe oder in irgend einem Theilungsstadium befin- den. Eine Ausnahme machen vielleicht nur die im Leibe des Thieres abgetödteten Eier. Auch von den Centrosomen in ihren frühesten Sta- dien bleibt nichts erhalten. Hoffentlich giebt die ja bereits angekün- | digte Arbeit von G. Prarner über Liparis dispar in Betreff dieser Theile eine Auskunft. Wenn ich demnach auch sehr bedauern muss, über die genannten Stücke nur spärliche Mittheilungen machen zu können, so glaube ich, dass mich das völlige Auslöschen der achromatischen Fadenstruktur erheblich in der Erkenntnis der auf das Chromatin bezüglichen Ver- änderungen gefördert hat. Wo ein achromatischer Bestandtheil in irgend Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 505 einer konsolidirten Form und mit einer specifischen Farbe ausgerüstet sich zu dem Gewirre der Chromatinkörper gesellt, muss er nothwendig den Einblick in deren Lebensgeschichte erschweren, während diese auch für sein Verständnis ein Hindernis bilden. Bei meiner Methode stört der achromatische Zelltheil niemals die sichere Erkenntnis der Veränderungen des Chromatins und gewährt eine größere Sicherheit in deren Beurtheilung. Sehen wir ferner wie zu gewissen Zeiten die Chromatinsubstanz nur als dünner Überzug an sonst farblosen Körperchen auftritt, welche bei nderen Methoden vielleicht zu allen Zeiten in ihrer Gesammtheit färbbar bleiben, und sehen wir dann, dass jener dünne Überzug in ge- wissen Stadien regelmäßig an Masse zu-, in anderen wieder abnimmt, so haben wir damit unzweifelhafte Lebensäußerungen kennen gelernt, deren Erkenntnis wir jener überall gleichmäßig angewandten Methode zu verdanken haben dürften. Die abgelegten Eier des Kohlweißlings findet man überall in Häuf- chen auf Kohlblättern, auf deren Grün sie durch ihre intensiv gelbe Färbung leicht bemerklich werden. Sie haben eine kegelförmige Ge- stalt und sind mit dem der Mikropyle gegenüber stehenden Pole an dem Blatte angeheftet. Dieser Pol ist durch die Anheftung abgeplattet (Fig. 17). Wird die untere Schalenfläche jedoch bei der Konservirung verletzt, so wölbt sich der untere Pol des Eies selbst oft beträchtlich hervor und veranlasst dadurch auch äußerlich eine große Ähnlichkeit mit einem Fliegenei (vgl. Fig. 16 hier mit Fig. A—C in [8] p. 31%). Das Ei ist von einem zarten Oolemm und einer derben chitinarti- gen Schale umgeben. Letztere ist durch hoch hervortretende Längs- und Querleisten in einzelne Felder zerlegt (Fig. 17), welche auf der Mikropylenfläche an Regelmäßigkeit verlieren. Auf der Sohlenfläche fehlen diese Leisten. Außerdem ist das Ei noch von einem Drüsensekret umhüllt, wel- ches sich von Leiste zu Leiste erstreckt (Fig. 3) und auf Schnitten als ein feines sich mit verschiedenen Farbstoffen färbendes Netzwerk leicht bemerklich wird. Es wird von Anhangsdrüsen des Geschlechtsappa- rates beim Legeakt abgesondert, fehlt den reifen Ovarialeiern us (Fig. 1), eben so dem im Uterus getödteten Ei (Fig. 4). Wie die Eier beim Legen auf die Spitze gestellt werden, fließt das Sekret an ihnen herab und sammelt sich an der Basis in größerer Menge. Dadurch wird das Ei an dem Kohlblatt festgeklebt, das Sekret aber erhärtet zu einer etwas vorspringenden Scheibe (Fig. 17). Benach- 506 H. Henking, barte Eier können unten oder auch ziemlich weit herauf durch das An- fangs weiche aber bald erhärtende Sekret mit einander verklebt sein. 1. Über das Keimbläschen der Ovarialeier. Bei einem jüngeren Ei aus dem Ovarium (Fig. 18) besitzt das Keim- bläschen eine ovale Gestalt, doch ist es an der Außenseite bereits unre- gelmäßig gestaltet und mit kleinen Buchten versehen. Wenn es auch, besonders an der Innenseite scharf gegen den schmalen plasmatischen Hof abgesetzt ist, so habe ich doch keine Membran wahrnehmen können. Im Inneren besitzt das sonst homogene Keimbläschen einen deutlich gefärbten vacuolisirten rundlichen Keimfleck, außerdem noch eine An- zahl schwächer gefärbter Kügelchen in verschiedener Größe und in der Nähe des Keimfleckes noch einige dünne gebogene Fädehen, welche ebenfalls wahrnehmbar gefärbt sind. Ob sie mit einem spärlichen Netzwerke zusammenhängen, von dem man einige weite Maschen mit Mühe bemerken kann, vermag ich nicht anzugeben. Ein Ei mit solehem Keimbläschen ist bereits sehr stark mit Dotter- körnchen gefüllt und nur am Rande und in der Umgebung des Keim- bläschens bemerkt man ein wenig Plasma (Fig. 18). Aber es ist noch weit von der Reife entfernt; denn über ihm liegen noch die großen Nährzellen und stehen theilweise durch eine weite Öffnung oben mit dem Binnenraume des Eies in Verbindung, ganz in der gleichen Weise, wie ich es bei Musca vomitoria beschrieben und abgebildet habe. Auch hier sind die Kerne der Nährzellen ganz unregelmäßig eingebuchtet, bestehen bei der von mir angewandten Methode aus vielen dicht neben einander liegenden Kügelchen von etwa gleicher Größe und deutlicher, wenn auch nicht sehr intensiver, Färbbarkeit sowie aus einem dazwi- schen befindlichen Kernsaft. Offenbar gehen sie ihrer Auflösung ent- gegen. Das Plasma der Nährzellen ist ganz feinkörnig homogen gefärbt und ein Zapfen gleichen Plasmas ragt durch die erwähnte Öffnung in das Ei eine Strecke weit hinein (Fig. 18). Ich habe nicht weiter verfolgt, wie sich ein solches in Fig 18 ab- gebildetes Keimbläschen allmählich in die erste Richtungsspindel um- formt, da diese Frage hier augenblicklich weniger interessirt. Thatsache ist, dass in den älteren Eiern des Ovariums eine solche Spindel mehr oder weniger voll ausgebildet bereits vorliegt. Das Vorhandensein der Spindel in reifen Ovarialeiern ist bereits von BLocumann (2) beobachtet worden. Allerdings ist mir eine so lang ausgezogene Spindelform, wie er sie in Taf. XXVI, Fig. 1 b abbildet, in welcher die Längsachse die Querachse um ein Vielfaches übertrifft, niemals zu Gesicht gekommen. Fig. I stellt eines der ältesten Eier des Ovariums dar. Man bemerkt Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 507 etwas unterhalb der animalen Spitze die rundliche Kernvacuole und in ihr einen parallel zur Eiperipherie gestellten Äquator deutlicher Chro- matinstäbehen. Eine Vergleichung der bei derselben Vergrößerung ge- zeichneten Fig. 18 und ! ergiebt, welche erhebliche Reduktion gegen den Umfang des jüngeren Keimbläschens auch hier eingetreten ist. Eines der frühesten aber bereits in Spindelgestalt vorliegenden Stadien des Eikernes zeigt in stärkerer Vergrößerung Fig. 20. Die be- reits äquatorial gestellten Chromatinkörnchen sind nicht scharf von einander getrennt und mit etwas unregelmäßigen Kontouren versehen. Aber sie stehen schon in der für die Spindelbildung erforderlichen Stellung, parallel zur Hauptachse der Spindel. Der Breitendurchmesser der Spindel ist größer als der Längsdurchmesser. Ebenfalls parallel zur Hauptachse verlaufend bemerkt man ziem- lich derbe und unregelmäßige Züge einer feinkörnigen Substanz, wohl eine frühe Anlage achromatischer Spindelfasern. Da der Kernraum nicht durch eine Membran nach außen abgegrenzt ist, gewährt es häufig fast den Anschein, als ob das umgebende Plasma durch kleine Fortsätze mit der achromatischen Streifung in direkter Verbindung stände (Fig. 20). In Fig. 23 ist die Polansicht der Chromatinplatte aus einem etwas älteren, d. h. in der Ovarialröhre dem Ausgange näher liegenden Ei dargestellt. Man zählt 1% Chromatinbrocken von ungleicher Gestalt und verschiedener Größe, wenn auch ein bestimmtes Mittelmaß ein deut- liches Übergewicht hat. Die Chromatinstäbchen sind im Inneren etwas heller, eine Andeutung dafür, dass sie aus einem verschiedenartigen centralen und peripheren Theile bestehen. Die Stäbchen liegen in dem erwähnten hellen Kernraume, welcher von einem scheinbaren, feinkör- nigen, schwachen Netzwerke durchzogen wird, eine polare Ansicht der in Fig. 20 seitlich gesehenen achromatischen Spindelsubstanz. Betrachten wir ein Ei aus dem nächst älteren Eifache, wie esin Fig. 19 dargestellt ist, so erscheint hier der Kernraum deutlich tonnen- förmig. Die Chromatinstäbchen haben noch die entsprechende Stellung wie in Fig. 20, aber sie sind deutlich individualisirt, dabei bemerkbar kleiner und hantelförmig in der Mitte eingeschnürt, ein Verhalten, von welchem ja in Fig. 20 und 23 bereits Andeutungen sich zeigten. Eine bemerkenswerthe Veränderung bietet die achromatische Sub- stanz. Aus der groben unregelmäßigen Faserung der Fig. 20 sind hier zahlreiche feine parallele Fäden geworden, welche nun das typische Bild einer achromatischen Spindelstreifung darbieten. In Fig. 21 ist wiederum die Polansicht der chromatischen Äquato- rialplatte gezeichnet. Die Chromatinstäbchen sind deutlich zweitheilig, etwa von gleicher Größe und im Ganzen etwas geringerem Volumen als 508 H. Henking, früher. Die Volumenabnahme scheint jedoch nicht auf Kosten der färb- baren Substanz erfolgt zu sein, da es den Eindruck macht, als wenn mit der Verkleinerung der Körperchen ein etwas dunklerer Farbenton, besonders der mittleren Partien, verbunden sei. Der helle Kernraum lässt Pünktchen einer etwas dunkleren Substanz erkennen, offenbar die Querschnitte der in Fig. 19 in Längsansicht abgebildeten achromati- schen Fäden. Aus dem nächst älteren Ei ist die Chromatinsubstanz, abermals in polarer Ansicht, in Fig. 22 abgebildet. Die einzelnen Chromatinstäb- chen sind hier etwas weniger stark kontrahirt als in Fig. 21 und lassen im Inneren der kugelförmigen Abschnitte meist eine hellere Stelle erkennen. Es kommen hier also offenbar geringe Verschiedenheiten unter den Eiern vor; denn das auf Fig. 22 in der Richtung nach dem Ausgange folgende und in Fig. 24 in seiner Chromatinsubstanz abgebildete Ei zeigt wieder mehr die Verhältnisse der Fig. 21. Zweierlei ist den Chromatinstäbchen dieser drei Figuren 21, 22, 24 gemeinsam, das ist erstens die Zweitheilung und zweitens die Zahl der Chromatinelemente. Die Stäbchen sind in der Mitte deutlich einge- schnürt und sehen aus wie je zwei in der Mitte durch einen dünneren Stiel verbundene Kügelchen. Aber von dieser Regel finden sich Aus- nahmen: In Fig. 21 und 22 bei «a ist nur ein einziges Kügelchen zu sehen, wogegen bei a in Fig. 24 ein Chromatinstäbchen die übri- gen beträchtlich an Größe überragt. Und noch etwas Anderes fällt auf. Die Spindeln, wie deren in Fig. 19 und 20 abgebildet sind, zeigen immer eine zur Hauptachse der Spindel parallele Stellung, so dass man erwarten dürfte, bei polarer Ansicht, wie in Fig. 21, 22, 24 die Chro- matinstäbchen je nur durch ein einfaches Pünktchen dargestellt zu fin- den, wofern dieselben nur aus zwei Kügelchen beständen. Statt dessen erscheinen die Stäbchen bei beiden Ansichten unter gleicher Gestalt, woraus der Schluss zu ziehen wäre, dass wir jedes Chromatinelement aus vier Kügelchen derartig aufgebaut uns denken müssen, dass jedes Kügelchen die Ecke eines kleinen Quadrates einnähme. Allerdings. würde man da erwarten, eines solehen Quadrates auch einmal von der Fläche ansichtig zu werden und nicht nur von der Kante, wie esin den Figuren gewöhnlich erscheint. Aber man möge in Erwägung ziehen, dass bei der senkrechten Stellung der Chromatinelemente (Fig. 19 und 20) eine Flächenansicht derselben in den polaren Bildern (Fig. 21, 22, 24) gar nicht erhalten werden kann, während bei seitlicher Ansicht (Fig. 19 und 20) die einzelnen Elemente sich gegenseitig zu sehr verdeeken und beschatten, um bei ihrer Kleinheit das gewünschte Bild oft deutlich zu sehen. Übrigens gelingt es bei guter Beleuchtung in der That mit völli- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 509 ger Sicherheit derartig gestellte Chromatinelemente zu sehen, wie ich sie in Fig. 19 bei s dargestellt habe. Dagegen würde in Fig. 21 und 22 bei a ein nur aus zwei Kügel- chen gebildetes Stäbchen in polarer Ansicht vorliegen. Bei Verände- rung des Focus erscheint und verschwindet es gleichzeitig mit den anderen Chromatinelementen, hat also die gleiche Tiefe wie diese. Andererseits könnte das Stäbchen a in Fig. 24 als die Diagonalansicht des quadratischen Chromatinelementes gedeutet werden, dadurch er- halten, dass das Quadrat dem Beschauer die eine Spitze zukehrt. Was die Zahl der Ghromatinelemente anbetrifft, so zähle ich in allen vier von der Polseite gesehenen Spindeln (Fig. 21—24) überein- stimmend vierzehn. Wir dürfen demnach diese Zahl wohl als typisch für die vorliegende Art ansehen. Ob wir allerdings in ihnen auch das gleiche Quantum an Chromatinsubstanz voraussetzen dürfen, ist eine andere Frage; denn in Fig. 23 erscheinen mehrere, in Fig. 21 und 22 (bei a) je eines und in Fig. 24 gar keines der chromatischen Elemente punktförmig. Da wir nun die Punkte als Vertikalbilder von Stäbchen aufzufassen haben, so ist klar, dass die Chromatinsubstanz in um so geringerer Menge bei gleicher Zahl vorhanden ist, je mehr einfache Stäbchen an Stelle von Doppelstäbchen gezählt werden. Die Gebilde sind aber zu klein, um darüber ein Urtheil abzugeben, ob nicht viel- leicht einige andere Elemente auf Kosten der solchergestalt halbirten etwas voluminöser geworden sind. 2. Die ersten Kernveränderungen im abgelegten Ei. Wenn ich auch wünschen möchte, in kleinsten Schritten die Wei- terentwicklung des Eies zeigen zu können, so setzt doch die Beschaf- fung des Materials diesem Postulat gewisse Grenzen. Aber ich gebe mich der Hofinung hin, dass man auch ohne völlige Verwirklichung dieses Ideals meiner Auffassung des nächstfolgenden in Fig. 25 abgebildeten Stadiums beipflichten wird. Ein Theil des Kernraumes ist leider verdeckt. In dem freien Theile bemerkt man wiederum hantelförmige Körper in paralleler Anordnung, welche auch hier senkrecht gegen die Oberfläche des Eies sich erstrek- ken. Wir haben in den hantelförmigen Körpern offenbar die gleichen Gebilde vor uns, welche, z. B. in Fig. 19, die chromatische Äquatorial- platte ausmachen; aber die Körnchen sind hier durch Aufnahme oder Erzeugung einer hellen Substanz beträchtlich aufgequollen, so sehr, dass scheinbar nur der Saum einen feinkörnigen schwach gefärbten Kontour darstellt. Das Mittelstück der Hantel ist sehr gewachsen, nicht nur in die Länge, sondern auch in die Dicke. Da dieses Mittelstück 510 H. Henking, feingekörnt und deutlich gefärbtist, gegen die Umgebung sich scharf absetzt, aber direktundohneeine Grenzein die Peripherie der Endkügelchen übergeht, so dürfen wires seiner Substanz nach einstweilen wohl mit dem gefärbten Überzuge der Kügelchen identifieiren. Dann ist aber klar, dass sich die Hauptmasse des Chromatins in dem Verbindungsstiele befindet. Wie die ursprünglichen Chromatinelemente aus je zwei Stäbchen, und diese wieder aus je zwei mit einander verbundenen Kügelchen bestanden, so müssen wir annehmen, dass in jeder Hälfte der Hantel- figur (Fig. 25) der Abkömmling eines Stäbchens erblickt werden müsse. In einigen der Endkügelchen bemerkt man eine Querlinie oder wohl ein Pünktchen, letzteres vielleicht der optische Querschnitt einer den Innenraum durchziehenden Verbindungsfaser (Fig. 25 z). Vielleicht ein wenig weiter vorgerückt ist die in Fig. 26 abgebil- dete Kernfigur. Sie stammt, eben so wie die Fig. 25 und auch die nächstfolgenden, aus einem Ei, welches ziemlich genau 40 Minuten nach der Ablage konservirt wurde. Fig. 26 bietet sonst die gleichen Verhältnisse wie Fig. 25. Man sieht, dass gegen Fig. 19 und die ande- ren jungen Kernspindeln das Volum beträchtlich zugenommen hat, und dass jetzt der Breitendurchmesser die Längsachse erheblich an Länge übertrifft. Von den chromatischen Elementen habe ich in Fig. 26 nur eine beschränkte Zahl eingezeichnet, wie sie bei einer gewissen Focus- einstellung zusammen hervortraten, um das Bild durch die darüber und darunter liegenden nicht zu verwirren. Die chromatischen Elemente erscheinen auch hier unter der Ge- stalt langgestreckter Hanteln, wie in Fig. 25, nur mit dem Unterschiede, dass die chromatischen Verbindungsstäbe nicht mehr mit etwas ver- breiterten Enden den Endknöpfen ansitzen, sondern dass die chro- matische Substanz begonnen hat, von den Enden der Stäbe gewissermaßen nach der Mitte zusammen zu strömen, so dass dort eine geringe Verdiekung sich einzustellen beginnt. Die Endknöpfe haben sich nicht verändert, bestehen zumeist aus einer farb- losen Masse und lassen, wenn sie auch gewöhnlich in der in Fig. 26° gezeichneten Gestalt erscheinen, dennoch gelegentlich die Zusammen- setzung aus zwei Kügelchen erkennen. Es würde jedoch fehlerhaft sein, das Hervortreten zweier mit ein- ander verbundener Kügelchen für das Wesentliche zu halten. Vielmehr drücken wir uns vielleicht besser so aus, dass wir den einheitlichen Begriff des Stäbchens festhalten, aber dabei bemerken, dass häufig, und besonders zu gewissen Zeiten, das Stäbchen etwas voluminösere Enden Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 511 erhält. Denn ich habe mich in dem Präparate, welches der Fig. 31a und 315 zu Grunde liegt, sowie in anderen gleichalterigen vergeblich bemüht, die Zusammensetzung der Stäbchen aus zwei Kügelchen fest- zustellen. Fig. 31a und 315 zeigt die beiderseitigen Stäbchengruppen einer Spindel wie Fig. 26, welche auf zwei Schnitte dadurch vertheilt sind, dass das Messer gerade zwischen ihnen hindurch ging. Hier sind die Stäbchen meist zu Kugeln aufgedunsen, sind also durchaus einheit- liche Gebilde. An einem anderen Präparate trat sogar unverkennbar hervor, dass mehrere der neben einander liegenden Kugeln zu einem gestreckten Stabe verschmolzen waren. Mit den hellen Kugeln sind in Fig. 31 beiderseits die chromati- schen Verbindungsstücke vereinigt geblieben. Man sieht von oben darauf und erscheinen sie demnach als intensiv gefärbte Punkte oder Stäbe, welche an den hellen Kugeln enden. Verwirrender ist natürlich das Bild in solchen Präparaten, durch welche das Messer in schräger Richtung hindurchging, besonders wenn auch die hellen Kugeln nicht in einer Höhe zu liegen scheinen (vgl. Fig. 25). Fig. 31 ist auch in so fern günstig, als sie über die Zahl der Elemente in jeder Kernhälfte Auskunft gewährt. Zwar habe ich bei der Gruppe z eine Zeit lang geschwankt, ob eigentlich dort zwei oder drei Kügelchen vorhanden seien; doch glaube ich mich überzeugt zu haben, dass es drei sind, - so dass sich damit die Zahl vierzehn wieder ergeben würde, eine Zahl, welche ja bei Halbirung der ursprünglichen Chromatinelemente zu erwarten war. Eine etwas weitere Ausbildung der Spindel zeigt Fig. 27. Esist nämlich die chromatische Substanz der Verbindungs- stücke noch stärker nach deren Mitte geströmt, so dass es stellenweise bereits schwierig resp. unmöglich ist, die Verbindung mit den beiderseitigen Stäbchen zu bemerken. Die Stäbchen erscheinen hier in diesem Präparat mehrfach als aus zwei Kügelchen bestehend, welche mehr oder weniger schräg gegen die Erstreckung der Verbin- dungssttcke gerichtet sind. Jedoch ist es bei einer derartigen Seiten- ansicht schwer zu entscheiden, ob zwei neben einander liegende Kügel- chen wirklich zusammengehören, oder ob nicht das eine nur etwas ‚tiefer liegt und als selbständig angesehen werden sollte. Während die bisher betrachteten Spindeln aus einer Anzahl Eier herstammen, welche gemeinschaftlich etwa 40 Minuten nach der Ab- lage konservirt wurden, so dass also die in Fig. 25—27, 31 dargestell- ten Veränderungen eine Zeit beanspruchen, welche während der Ab- lage von sechs Eiern verstreicht, bieten etwa 15 Minuten nach der 512 H. Henking, Ablage konservirte Eier Bilder, wie ich sie in Fig. 28 und 30 wieder- zugeben versucht habe. Wir finden jetzt drei Zonen von Chromatinkörnern (1, 2, 3) und können dieselben ohne Schwierigkeit mit dem letzten Stadium (Fig. 27) in Einklang bringen, indem wir sagen, die chromatische Zone I und 3 entspricht den beiderseitigen Kügelchen, die Mittelzone 2 dagegen dem chromatischen Mittelstück der Fig. 27 (und vorhergehenden), welches dadurch zurKugelform gelangte, dassdasbegonneneFort- strömen der Substanz desMittelstückes vomRande nach der Mitte zu sich bis zum äußersten fortsetzte. Auf die Weise vereinigte sich die Substanz der ursprünglich stabförmigen Ver- bindungsstücke je zu einer in der Mitte gelegenen Kugel. Wenn die Kugeln der Fig. 30 (2) nicht in einer Ebene zu liegen scheinen, wie es deutlicher z. B. bei Fig. 28 der Fall ist, so hat das seinen Grund einer- seits darin, dass die Ebene nicht genau senkrecht getroffen ist, so dass die tieferen Körnchen seitlich zum Vorschein kommen, andererseits aber auch darin, dass die Kügelchen in der That durchaus nicht immer so genau liegen, wie es das Schema verlangt, wobei es gleichgültig ist, ob diese kleinen Unregelmäßigkeiten etwas Natürliches oder Kunstpro- dukte sind. Sind es Kunstprodukte, dann kann der Zwang, der die Kügelchen etwa genauin dergleichen Ebene fesselt, kein sehr großer sein. Der helle Kernraum ist in den Stadien der Fig. 25—28, 30, 31 ganz in der gleichen Weise von einem ganz feinen Netzwerke erfüllt, dessen Knotenpunkte bei guter Beleuchtung als etwas verdiekte Pünkt- chen und Stäbchen von höchst geringer Lichtbrechung gesehen werden. In den älteren Stadien, z. B. Fig. 27, macht sich in der äquatorialen Re- gion eine geringe Trübung geltend, welche in Fig. 28 und 30 mit einer deutlichen Einbuchtung des Kernraumes vom Rande her in der Ver- längerung der Mittelplatte (Fig. 28 2 und 30 2) den Anschein erweckt, als fände dort ein Einströmen von geringen Mengen von Plasma aus der Umgebung statt. Einen Übergang von diesen Stadien zu den demnächst zu beschrei- benden bildet vielleicht Fig. 29. Die hier abgebildete Theilungsfigur stammt aus einem Ei, welches nach der Befruchtung noch längere Zeit im Uterus des Thieres verweilte und dort die Entwicklung begann. Es mochten wohl 15 Minuten vergangen sein, ehe ich ein im Freien wäh- rend der Ablage eingefangenes Weibchen zu Hause abtödten konnte. — Ich bilde das Stadium besonders aus dem Grunde hier ab, weil es außer den beiden aus einander gewichenen Gruppen von Chromatinkörnern in der Mitte die chromatische Äquatorialplatte erkennen lässt, welch’ letztere nicht mehr aus einzelnen Kugeln besteht, sondern aus einer Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. l 513 Schicht feinster Körnchen. Nur ganz links scheint noch ein einzelnes Kügelchen bestehen geblieben zu sein. Ein Zerfall einer Kugel der Mittelzone ist ja auch in Fig. 28 (2) ganz rechts zu bemerken. Im Übrigen weicht die Figur nicht erheblich von den bisher ge- schilderten und den nachfolgenden ab. Besonders deutlich tritt hervor, dass die Chromatinkörner in den beiden Gruppen sehr dicht gedrängt liegen, viel dichter als es bisher irgendwo erschienen ist. Der helle Hof im Bereich der ganzen Figur ist so sicher wie sonst nicht zu bemerken, nur die beiden Chromatingruppen sind von einem deutlichen Heiligenscheine umgeben. Sonst ist außer der äquatorialen Platte, einem in der Tiefe erscheinenden Streifen, sowie außer dem ein- samen seitlichen Kügelchen und einer Art von Längsstreifung nichts zu erwähnen. Es ist sicher, dass vorliegendes Ei nicht mit dem zur Konservirung benutzten heißen Wasser in Berührung gekommen ist, da es sich ja noch im Leibe des Schmetterlings befand. Man könnte desswegen meinen, dass hier die natürlichen Verhältnisse gewahrt seien, während die anderen Figuren nur als Kunstprodukte betrachtet werden müssten. Nun, ich beanspruche gar nichts Anderes als Kunstprodukte zu be- schreiben, wie denn überhaupt meiner Meinung nach der lebende In- halt organischer Zellen nicht anders als in künstlicher Umgestaltung konservirt werden kann. Ob aber die dichte oder die lockere Lagerung der Chromatinkörner mehr den natürlichen Lagebeziehungen entspricht, dürfte nicht ganz leicht zu entscheiden sein. Sollte wirklich die ge- trennte Stellung der Chromatinkörnchen in einer Quellung der Zwi- schensubstanz ihre Ursache finden, so kann ich derselben nur dankbar sein; denn nur dadurch würde alsdann die Erkenntnis der Beziehungen der Chromatinelemente möglich werden. Außerdem wäre die gegen- seitige Lage der Elemente zu einander (vgl. Fig. 27) eine so gleich- mäßige geblieben, gleichmäßig auch auf allen Präparaten unter einan- der (vgl. Fig. 26—28 etc.) (und dieselbe Gleichmäßigkeit wird sich bei sämmtlichen späteren Stadien zeigen), dass man also, selbst eine Quel- lung angenommen, dieser nur den einzigen Vorwurf machen könnte, die achromatischen Elemente zerstört zu haben. Von einem Centrosoma resp. einer plasmatischen Strahlung habe ich in allen bisher beschriebenen Stadien nichts bemerken können. 3. Veränderungen des Eikernes bis zur Abstoßung des ersten Richtungs- körpers und des Thelyid!. Trat uns die Kernfigur bisher in annähernd rundlicher Form ! Die Erklärung des Ausdruckes erfolgt am Schluss der Arbeit. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 33 514 H, Henking, entgegen, so hat sich das erheblich geändert in dem mir zunächst vor- liegenden Stadium. Die Figur hat sich mehr gestreckt und hat im Gegensatz zu anderen Kerntheilungen eine scharf abgesetzte Hervor- wölbung dort erhalten, wo sonst die. Einschnürung zu sitzen pflegt (Fig. 32). Wenn ich auch hier wieder nicht die genauen Übergänge vorführen kann, so sehe ich doch die Kluft zwischen Fig. 28 und Fig. 32 nicht für so bedeutend an, dass sie eine einfache Überlegung nicht überbrücken könnte. Es leuchtet sofort ein, dass die hauptsächliche Veränderung die achromatische Substanz betrifft, welche erheblich an Masse zugenom- men hat, indem einerseits die Entfernung zwischen den chromatischen Hälften viel größer geworden ist (Fig. 32) und andererseits sich die beiden anderen Arme des nun durch die Figur gebildeten Kreuzes mit achromatischer Substanz angefüllt haben. Was kann wohl die Ursache dieses plötzlichen Wachsthums und der Entstehung der sonderbaren Gestalt gewesen sein? Gegen Fig. 28 und 30 vermissen wir hier die bisher deutlich vorhandene Mittelplatte. In Fig. 28 und 30 (2) aus ge- trennten Kügelchen bestehend, in Fig. 29 zum größten Theil zu einer einheitlichen feinkörnigen Platte vereinigt, ist in Fig. 32 und den fol- genden von derselben in der Regel durchaus nichts mehr zu bemerken. Feine Körnchen, welche gelegentlich am Rande der Figur und auch weiter im Inneren angetroffen werden und von mir auch in Fig. 32z.B. angedeutet sind, haben meiner Meinung nach mit den Körnchen der Mittelplatte nichts zu schaffen: Sie sehen nach Größe, Gestalt und Fär- bung den Körnchen ähnlich, welche das umgebende Plasma reichlich erfüllen, und da letzteres durch keinerlei Membran von dem Kern- raume abgegrenzt ist, so mögen sie aus dem zur Vermehrung der achro- matischen Substanz verbrauchten Plasma übriggeblieben sein. Schon eher mit der ursprünglichen Mittelplatte in Verbindung zu setzen sind größere Kügelchen, welche gelegentlich in dem Mittel- raume, und zwar in der Region der Hauptachse und mit besonderer Vorliebe mehr der äußeren Chromatinplatte genähert ins Auge fallen, Kügelchen, wie ich deren eins nur in der Einzahl vorhandenes und durch besondere Größe auffallendes in der etwas älteren Fig. 34 ein- gezeichnet habe, während in Fig. 33 ein Beispiel mit einer besonders großen Zahl derselben vorgeführt wird. Solche Kügelchen stellen etwas Besonderes dar. Denn wenn derartige Gebilde von gleicher Homoge- neität, Färbung und Größe vereinzelt auch sonst in dem Randplasma vorkommen, so ist es doch auffallend, dass sie sich gelegentlich zu drei bis sechs Stück in der mittleren Region versammeln sollten. Sie mögen daher immerhin von der ursprünglichen Mittelplatte hergeleitet werden Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 515 können. Jedoch habe ich 14 Kügelchen, wie sie aus der Theilungsfigur erwartet werden müssten, niemals zählen können, und muss daher deren Auflösung annehmen. Zieht man vor, von einer feinen Verthei- lung zu sprechen, so wird sich auch hiergegen wenig einwenden lassen. Hervorheben möchte ich jedoch, dass diese feine Vertheilung resp. Auf- lösung Hand in Hand geht mit dem Zuwachs der achromatischen Sub- stanz. Was liegt näher, als beide Erscheinungen mit einander in Ver- bindung zu bringen ? Man könnte sagen, durch irgend eine unbekannte Ursache seien die beiden ehromatischen Seitenplatten der Fig. 27 in einen abstoßen- den Gegensatz zu der Mittelplatte gerathen, und diese gegenseitige Abstoßung bewirke nicht nur die Entfernung der Seitenplatten von einander, sondern auch die Komprimirung der ursprünglich spindel- föormig gestalteten Mittelplattenelemente zur Kugelform, wie sie in - Fig. 28 und 30 vorliegt. Die fortgesetzte Abstoßung habe ferner die Seitenplatten immer weiter getrennt, gleichzeitig aber auch bewirkt, dass die unter dem Kontakt der sich auflösenden Mittelplatte neu auf- tretende achromatische Substanz in ihrem Bestreben, sich den Seiten- platten fern zu halten, gezwungen sei, in der Richtung des Äquators auszuweichen, so weit die eigene Kohäsion und der Widerstand der be- grenzenden Eitheile es gestatte. So sei das eigenthümliche Kreuz der Theilungssfigur entstanden. Dass gelegentlich Kügelchen der Mittelplatte, wie Krystalle in einer gesättigten Lösung, übrig bleiben können, ver- ursacht keine erheblichen Schwierigkeiten. Die Chromatinkugeln haben sich bisher nicht wesentlich verändert. In dem Stadium der Fig. 28 und 30 aus einer hellen Grundmasse be- stehend, durch welche feine chromatische Kügelchen oder chromatische Netzwerke gleichmäßig ausgebreitet sind, ist in dem Stadium der Fig. 32 mit der inneren Platte keine bemerkbare Veränderung vorgegangen, während die Elemente der äußeren Platte eine gewisse Neigung, sich wieder zu einem kleineren Volumen zu kontrahiren, frühzeitiger er- kennen lassen. Einige Präparate zeigen, dass auch die innere Platte später eine solche Kontraktion ihrer Theilstücke erleidet. Diese erschei- ‘nen dann bei einer gewissen Lage mehr stäbchenförmig und sind nicht mehr so regelmäßig angeordnet wie bisher (Fig. 32 oben). Sehr bald ändert sich der Zustand wieder, und es tritt Dasjenige ein, was in Fig. 34 abgebildet ist. Im Inneren der Chromatinkörper- chen hat sich wiederum mehr von der farblosen Grundmasse angehäuft und eine Aufblähung bewirkt. Aber auch so noch haben die Körper eine stäbchenförmige Gestalt, wie Fig. 34a erkennen lässt. Links ist ein solches Stäbchen ‘in seitlicher Ansicht, rechts von vorn gesehen 33* 516 | H. Henking, abgebildet. Die chromatische Substanz ist mit knötchenförmigen Ver- dickungen an der Peripherie der kleinen Walze angehäuft, außerdem aber bemerkte ich noch eine chromatische Achse in derselben, welche bei Ansicht von vorn natürlich nur als Punkt gesehen wird. Regelmäßig haben die Körperchen in dieser Ausbildung sich wiederum in einer Äquatorialebene aufgestellt, parallel zu der ursprünglichen. Damit ist äußerlich die Bereitschaft zu einer abermaligen Theilung angedeutet. Bereits in dem Stadium der Fig. 32 ist in den die Chromatinkörner enthaltenden Armen des Kreuzes die Neigung zu erkennen, sich von dem Mittelstücke abzutrennen, indem die plasmatische Umgebung bei- derseits an der Ursprungsstelle der Arme vom Mittelstück gewisser- maßen einzuströmen beginnt. In dem Stadium der Fig. 34 ist die Ab- trennung bereits ausgeführt, wenn auch hier und gelegentlich auf noch späteren Stadien (Fig. 36) eine etwas hellere Zone von dem ursprüng- lichen Zusammenhange Zeugnis ablegt. | Erst jetzt, wenn die beiderseitigen Chromatinmassen mit einer Portion der achromatischen Substanz sich abgetrennt haben, kann man von der vollendeten Bildung des ersten Richtungskörpers sprechen. Die nach außen gewandte nun abgeschnürte Portion stellt das erste Rich- tungskörperchen vor. Zwar deutet vielleicht eine sich über dem zu- künftigen Richtungskörper in Fig. 32 einstellende Vertiefung wie eine alte Reminiscenz darauf hin, dass eigentlich ein Ausstoßen erforderlich sei; aber es kommt nicht dazu, und der Kern bleibt eine Strecke von der Peripherie entfernt im Plasma liegen. Man ist gewohnt, bei der Kerntheilung die gesammte Masse des Mutterkernes in die Tochterkerne übergehen zu sehen, und auch bei der Bildung der Richtungskörper ist mir keine Angabe bekannt, dass ein bestimmter Theil aus der Spindelfigur für die Theilungsprodukte verloren gehe. Um so mehr muss es daher Verwunderung erregen, dass hier unzweifelhaft ein beträchtliches Stück der Spindel beseitigt wird. Es repräsentirt dieses Stück den Mitteltheil und die äquatorialen Arme des achromatischen Kreuzes. Ich erinnere aber daran, dass es nicht eigentliche Arme sind, dass wir es in ihnen vielmehr nur mit Schnitten durch eine flach gedrückte Scheibe zu thun haben. Wie die beiden neugebildeten Kerne aus einander rücken, bleibt also in der Mitte zwischen ihnen die Scheibe achromatischer Substanz unbenutzt liegen (Fig. 3%). Bildet die in sie eingezeichnete Kugel (Fig. 34) wirklich ein Stück der Verbindungsfasern, so würde daraus noch deutlicher werden, dass in der That die Substanz der Verbindungsfasern mit der achromatischen Scheibe entfernt ist. Jedenfalls lehrt der Augenschein, dass die achro- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. L 517 matische Scheibe diejenige Region darstellt, welche in Fig. 28 und 30 von der Mittelplatte (2) eingenommen wurde. Der Befund ist unzweifel- haft. Wir werden von nun an bei allen nächsten Präpara- ten die beseitigte achromatische Scheibe alseineInselim Randplasma wiederfinden. Außer dem gewöhnlichen chromati- schen erstenyRichtungskörper ist noch ein achromatischer abgeworfen. 4. Bildung des zweiten Richtungskörpers. Wir haben die beiden durch Theilung entstandenen Kerne auf dem Stadium verlassen, dass die aufgeblähten Chromatinstäbchen sich wie- der zu einer äquatorialen Platte zusammengefügt hatten. In welcher Weise die Spaltung der Chromatinstäbchen bei der nun rasch erfolgen- den Theilung der beiden Tochterkerne besorgt wird, vermag ich nicht anzugeben, da ich von dem entscheidenden Stadium leider keine Prä- parate besitze. Jedoch dürften die Verhältnisse der soeben erst vollen- deten Halbirung der Chromatinsubstanz noch einige Rückschlüsse auf den Vorgang der Theilung gestatten. Die Theilung könnte in der Weise erfolgen, dass die Hälfte der Chromatinkörnchen ohne Weiteres nach der einen Seite, die andere Hälfte nach der entgegengesetzten in die Kernvacuole rückten. In dem Falle würde eine ganz unzweifelhafte Reduktionstheilung im Sinne Weısmann’s vorliegen. Eine andere Möglichkeit ist die, dass die Chro- matinstäbchen in zwei Hälften gespalten werden, so dass bei diesem Theilungsprocess jederseits die anfängliche Anzahl von Chromatinele- menten angetroffen werden müssen, bei jenem anderen nur die Hälfte. Wenn ich auch das Anfangsstadium der Theilung nicht bekommen habe, so glaube ich dennoch denjenigen Theilungsmodus annehmen zu sollen, welcher die Konstanz der Zahl sichert. Betrachtet man die ersten, also für vorliegenden Fall mütterlichen Figuren in Fig. 28, 30, 32, 34, so ersieht man daraus ohne Weiteres, dass die jederseits vorhandenen 1% Chromatinelemente derartig gruppirt sind, dass bei Seitenansicht und mittlerer Einstellung stets vier bis fünf Elemente deutlich gesehen werden. Ganz das Gleiche ist der Fall mit den Tochterkernen Fig. 35,36. Außerdem sind die einzelnen Chromatinkörnchen in den Tochterkernen merklich 4 kleiner als in den Mutterkernen, was bei einer einfachen Reduktions- theilung nicht anzunehmen wäre. Hinzu kommt, dass ich zwar nur > selten eine Flächenansicht der noch mit den einzelnen Körnchen aus- F gerüsteten Tochterkerne gesehen habe und bei der meist vorhandenen E dichten Lagerung derselben und ihrer Kleinheit über das Zahlenver- - hältnis auch mit den stärksten Vergrößerungen nicht ins Reine kommen _ konnte, aber dennoch in dem in Fig. 38 gezeichneten Falle eine ziemlich 518 | H. Henking, sichere Angabe machen kann. Es stellt Fig. 38 den © Pronucleus, nach Abgabe des zweiten Richtungskörperchen dar; es sind weit mehr als sieben der kleinen bläschenförmigen Chromatinelemente vorhanden, welche Zahl bei einfacher Reduktionstheilung erwartet werden müsste; ich habe deren etwa 14 gezählt. Es dürfte demnach wohl das Einfachste sein, auch hier eine Thei- lung der einzelnen Chromatinelemente anzunehmen. Wird vorausge- setzt, dass dieselben in dem Mutterkerne sämmtlich die kurz stäbchen- föormige Gestalt haben, wie sie in Fig. 34 a gezeichnet ist, so folgt aus der Betrachtung von Fig. 34, dass die Stäbchen alle parallel zu der demnächstigen Theilungsebene stehen und dass also alle Wahrschein- lichkeit dafür spricht, dass eine Längstheilung der Elemente stattfindet. Wir würden demnach auch öfter in den Tochterkernen schmale und dabei verhältnismäßig lange Stäbchen zu sehen erwarten müssen. Ich habe aber Derartiges nie bemerkt, woraus folgen würde, dass die Mutterele- mente nur selten wirklich stäbchenförmig sind, sondern meist mehr kugelig (Fig. 34, 37) und ferner, dass auch bei gestreckten Theilhälften diese zur Kugelform sich abzurunden streben. Wenn die z.B. in Fig. 34 abgebildeten Chromatinelemente sich theilen und dabei aus einander rücken, so erhellt, dass die Theilstücke Anfangs eine verhältnismäßig weitläufige Lagerung haben werden. Dieselbe ist in dem sich theilenden Richtungskörperchen der Fig. 35 noch erhalten. Sind die Hälften weiter aus einander gerückt (Fig. 36) so haben sich auch die Chromatinkügelchen dichter zusammengeschlossen. Es ist mir aufgefallen, dass bei der Theilung der inneren Chro- matinhälfte die einzelnen Chromatinkügelchen sich frühzeitiger zusam- menzuschließen scheinen als die der äußeren, des ersten Richtungs- körpers, ein Verhältnis, welches auch in Fig. 35 hervortritt. Man könnte die abweichenden Druckverhältnisse nach der Eimitte zu dafür verantwortlich machen wollen oder auch sagen, die der Oberfläche näher liegenden Abschnitte seien eher quellenden Einflüssen ausge- setzt. Wie dem nun auch sei, sobald die einzelnen neugebildeten Kerne sich weiter von einander entfernt haben und somit mehr selb- ständig geworden sind (Fig. 36), ist kaum ein Unterschied zwischen äußeren und inneren Kernen wahrzunehmen, sei es, dass die Druck- oder Quellungsursachen ihre Kraft verloren haben, oder sei es, dass die gegenseitige Anziehungskraft der Chromatinkügelchen eine größere geworden ist. Wie geht aber die Theilung der Tochterkerne vor sich? In Fig. 35 sind im ersten Richtungskörperchen zwischen den aus einander gerück- ten Chromatinkügelchen und besonders in der Nähe derselben zarte Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 519 Andeutungen des von ihnen zurückgelegten Weges vorhanden. Auch in der Äquatorialebene ist eine allerdings nur so zarte Andeutung einer Kernplatte zu bemerken, dass es schwer zu sagen ist, durch welche Struktur eigentlich der Eindruck der Kernplatte hervorgerufen wird. Bei dem inneren Kerne sind diese Verhältnisse vielleicht noch etwas undeutlicher. Jedenfalls fällt Eines ohne Weiteres auf, dass die Abtren- nung des ersten Richtungskörperchens unter ganz anderen Erschei- nungen vor sich ging, unter Abwerfung eines ursprünglich ganz evident chromatischen Kerntheiles, der Mittelplatte (Fig. 27), welche ich später mit der starken ringförmigen Vorwölbung von achromatischer Substanz in Verbindung gebracht habe (Fig. 32). Eine derartige Vorwölbung derhiersonstganzähnlich gebauten achromatischen Sub- stanz und im Gefolge davon ein Substanzverlust trittbei dieser Theilungnichtein. Die Theilung des ersten Richtungskörpers und die Abtrennung des zweiten vollzieht sich ganz in der gleichen Weise. Alle die vier jungen Kerne entstehen, indem die sämmtlich parallel gestellten chromatischen Äquatorialplatten, umgeben von einem kugeligen oder ovalen Hofe von achromatischer Substanz, geradlinig aus einander rücken und durch dazwischen einströmendes Eiplasma getrennt werden. Es mag sein, dass die oben erwähnte nur schattenhaft angedeutete Kernplatte dem eindringenden Plasma den Weg bahnt. In Fig. 36 sind die einzelnen Kernterritorien bereits deutlich von einander abgegrenzt. Wir haben also in dem am meisten nach innen gewandten Kerne den weiblichen Pronucleus vor uns,in dem darauf folgenden das zweite Richtungs- körperchen. Weiter nach außen und durch das sich quer vorlagernde Thelyid davon getrennt, liegen hinter einander die beiden aus der Theilung des ersten Richtungskörpers entstandenen Kerne. Eine Kerntheilung hat naturgemäß eine Ortsveränderung zur Vor- aussetzung. Es weichen beide Tochterkerne zunächst von der Äquato- rialebene des Mutterkernes gleichmäßig zurück. Es fragt sich, wann wird die angefangene Bewegung ihr Ende erreichen? Die Theilstücke des ersten Richtungskörpers legen keinen großen Weg zurück. Besonders der innere der beiden Kerne scheint nur so weit von der mütterlichen Äquatorialebene fortzurücken, als er zu seiner Individualisirung nöthig hat. Sein Weg würde ihn auf das Thelyid losführen (Fig. 34, 35), aber er erreicht es nicht und macht eine Strecke davor Halt. Der äußere der beiden Kerne rückt ebenfalls zunächst nicht weit vor und bleibt eine Strecke von der Peripherie liegen. Das zweite Richtungskörperchen vollzieht scheinbar eine geringe 920 H. Henking, Pendelbewegung. Zunächst auf dem Marsche nach der achromatischen | Scheibe begriffen (Fig. 35), findet man es später (Fig. 36, 39) in ent- gegengesetzter Richtung vorgerückt. Vorgreifend will ich mittheilen, dass es alsbald aber wieder zu der ersten Bewegung zurückkehrt und, dem Rande zustrebend, sich zu den übrigen Richtungskörpern gesellt. Stets die gleiche Richtung behält der © Pronucleus bei und be- giebt sich geraden Weges tiefer in das Eiinnere hinein. Was erleidet er aber hierbei für Veränderungen? Haben wir bisher eine völlige Über- einstimmung in der Entstehung und Ausbildung der vier Kerne fest- stellen können, so gilt das nicht minder für die nun eintretenden Ver- änderungen. In dem Stadium der Fig. 36 sind die Chromatinkörnchen noch äqua- torial angeordnet, in andern Präparaten erscheinen die Äquatorialplatten alsdann wie gelockert und verbreitert und wenn mir auch hier wieder der allmähliche Übergang zu Fig. 39 fehlt, so glaube ich doch die Ent- stehung der hier in den Kernen befindlichen chromatischen Netzwerke aus dem Bau des Netzwerkes selber zu lesen. Betrachtet man z. B. den © Pronucleus (Fig. 39), so lassen sich in dem im Allgemeinen recht gleichmäßigen chromatischen Netzwerke hier und da nicht nur stärker gefärbte Punkte und Linien, sondern auch kreisförmige Bezirke erkennen. In solchen kreisförmig erscheinenden Bezirken glaube ich die ursprünglichen Chromatinkügelchen erblicken zu sollen, welche nach außen hin zackig geworden sind, dann Ausläu- fer aussandten. Durch deren Verflechtung kam das chromatische Netz- werk zu Stande. — Die übrigen drei Kerne zeigen den gleichen Bau, nur sind die Theilstücke des ersten Richtungskörpers weniger deutlich, der äußere besonders schwer zu erkennen. Eines fällt an den Kernen noch auf, nämlich dass der helle Hof, welcher früher die chromatische Äquatorialplatte umgab (Fig. 34—36 ete.), hier völlig geschwunden ist. Die Kerne sind kugelig, dabei ziemlich genau von derselben Größe wie ihre Jugendstadien (Fig. 36), so dass wir die Veränderung wohl dahin erklären können, dass die Sub- stanz der hellen Höfe hier einfach in das Innere der Chro- matinkügelchen und zwischen deren Ausläufer aufge- nommen sei. Von den hellen nicht schärfer abgegrenzten Höfen ist allein das Thelyid zwischen erstem und zweiten Richtungskörper übrig geblieben. Es liegt völlig frei, ohne irgend eine Verbindung mit den Kernen. Auf- fällig ist es, dass die Scheibe nicht genau senkrecht steht, sondern mit der linken unteren Hälfte stärker nach dem Rande zu gebogen ist (Fig. 3%, 35, 36, 39). Hierdurch mag es wohl kommen, dass sie auf der nach Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 521 außen gewandten Seite ziemlich stark eingebuchtet ist. Von irgend welchen größeren Kügelchen habe ich jetzt nie mehr etwas darin be- merken können. 5. Über reifende Spermatozoen im Hoden. Durch die Untersuchungen von La Varrrte (13), Prarner (11, 12) u. A. ist festgestellt, dass durch Aufknäuelung und weitere Verände- rung der Verbindungsfasern bei den letzten Theilungen der Hodenzel- len der sog. Nebenkern entsteht, ein Gebilde, welches mit in die rei- fen Samenfäden übergeht. Auch bei Insekten (Blatta germanica) geht nach Lı VArerte aus dem Nebenkern das Zwischenstück zwischen Kopf und Faden hervor und die Zeichnungen Bürscaurs (4) lassen direkt ersehen, dass der auf den Kernabschnitt folgende Theil des Insekten- spermatozoon größtentheils vom Nebenkern seine Entstehung nimmt (Taf. XL, XLI). Wenn mir auch bei den Spermatozoen der Weißlinge die Ausbil- dung eines distinkten Zwischenstückes nicht bemerklich geworden ist, so kann ich doch dem Sinne nach die obigen Angaben für vorliegendes Objekt bestätigen. Auch hier habe ich bei Konservirung mit Frrm- Ming’ scher Flüssigkeit die Verbindungsfäden in den sich theilenden Spermatocyten in der bekannten Weise vorliegend gesehen, habe Sta- dien erhalten, wo nach vollendeter Theilung eine Art von Aufknäue- lung erfolgte und späterhin ein Übergang zu einem mehr kompakten Körper. In den reifenden Spermatozoen, wie ich ein solches in Fig. 54 abgebildet habe, bemerkt man den Nebenkern nd als ein etwas in die Länge gestrecktes und von einer von Fäden durchzogenen Vacuole um- gebenes dunkeles Körperchen. Er liegt dicht hinter dem kugeligen Kerne n, ist durchzogen von dem Achsenfaden, welcher sich einerseits bis zu einer an der Basis der Zelle liegenden Vacuole v, andererseits bis in die dünne Endverlängerung der Samenzelle erstreckt. Außerdem sind in derselben noch andere Körperchen zu bemerken, welche wohl dem Prarner’schen (11) kleinen Mitosoma (m), sowie dem Gentrosoma ete. entsprechen mögen. Wenn bei der weiteren Ausbildung des Samen- fadens die einzelnen Theile sich mehr in die Länge strecken, werden die Verhältnisse zwar immer undeutlicher, aber man kann sich doch der Auffassung nicht verschließen, dass der Anfangstheil vom Kerne, die nächste Strecke von den Abkömmlingen der Verbindungsfasern, speciell dem Nebenkerne von BürscHLı und LA VALETTE eingenommen werden. Da ich die Eier des Schmetterlings durch Hitze konservirt hatte, war es geboten, in gleicher Weise auch die Spermatozoen und deren 523 H. Henking, Bildungszellen abzutödten, wenn ein Verständnis für die Veränderungen der Samenfäden im Ei gewonnen worden sollte. So bietet Fig. 55 ein Stadium, welches dem in Fig. 5% abgebilde- ten etwa entspricht, da es nur wenig jünger ist. Der Schmetterling ist durch !/, Minute währendes Eintauchen in kochendes Wasser abge- tödtet. Zur Kontrolle habe ich andere Thiere durch ein I Minute an- dauerndes Verweilen in Wasser von 70—-72° C. sterben lassen, ohne bemerkbare Abweichungen in den hier zu besprechenden Verhält- nissen. Man sieht in Fig. 55 den runden Kern n mit den randständigen, intensiv gefärbten Chromatinkügelchen, neben und hinter demselben einen hellen Fleck, den Nebenkern nd. Während dieser also durch Reduktion der Osmiumsäure in Fig. 54 dunkel hervortrat, nimmtin Fig. 55 der Nebenkern keinen färbenden Stoff auf und tritt dadurch in Gegensatz zu dem umgebenden gefärbten Plasma. Ob das kleine Mitosoma Prarner’s hier mit dem Nebenkern verschmolzen ist, vermag ich nicht zu sagen; ich habe weder von ihm noch von einem Centrosoma oder sonstigen hervortretenden Kügel- chen hier etwas sehen können. Der Nebenkern erschien gelegentlich mit ausgezackter Peripherie, ähnlich wie bei der Konservirung mit Fremmine’scher Flüssigkeit, und lag in dem Falle im Inneren einer Vacuole derartig, dass die Zacken den Außenrand berührten. Im Inneren war der Nebenkern fein punktirt resp. zart netzförmig gebaut. Außer dem Nebenkern war noch der Achsenfaden als schwer sicht- barer Streifen mit gleichem Verlauf wie in Fig. 54 zu erkennen. Eine Vacuole an der Basis (Fig. 54 v) habe ich hier nicht gesehen, wohl aber bemerkt, dass mehrfach das Ende der Samenzelle feine Vacuolen enthielt. Die Konservirung durch Hitze ist besonders dazu geeignet, einen Einblick in den weiteren Ausbau vorzüglich des chromatischen Theiles der Samenzelle zu gestatten. Zwar habe ich hier die einzelnen Etappen nicht in lückenloser Reihe verfolgt, jedoch tritt das Eine unschwer zu Gesichte, dass der Kern in den jüngeren Stadien aus einer hellen Blase besteht, an deren Peripherie die wenig zahlreichen Chromatinkörnchen mit besonderer Vorliebe angeheftet sind. So ist es auch noch, wenn die Samenzelle sich bereits zu beträchtlicher Länge gestreckt hat. Dann aber tritt offenbar eine reichliche Entwicklung von Chromatinsubstanz ein, wodurch das bis dahin helle Kernbläschen ganz angefüllt wird. Ein späteres Stadium habe ich in Fig. 53 abgebildet. Der ganz mit Chromatin angefüllte Kern ist an die Spitze des Samenfadens gerückt. Vor ihm bemerkt man nur noch ein helles Kügelchen, vielleicht das B: ah an ie 1 a ee ee Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. l. 523 Centrosoma und ein kurzes Verbindungsstück, welches ihn noch an der Wand des Samenkanälchens festhält. Der auf jüngeren Stadien an- nähernd kugelige Kern hat sich hier bereits gestreckt und vielfach eine eirkumflexartige Gestalt angenommen. Von diesem Stadium findet man alle Übergänge bis zu jenem, welches in Fig. 56 abgebildet ist. Wie die Streckung des ganzen Samenfadens mehr und mehr zunimmt, so ge- schieht ein Gleiches mit dem Kern. Meist sind die so nadelförmig gewordenen Kerne ziemlich gerade, oft aber auch der Länge nach zart wellenförmig gebogen. Stärker gestreckte Kerne als in Fig. 56 abgebil- det sind, habe ich in den von mir geschnittenen Hoden nicht gefunden; doch mag die Dehnung immerhin später noch zunehmen. Die Samenfäden sind bündelweise! vereinigt und dort, wo sie mit ihren Köpfen konvergiren, liegt eine große Zelle. Unter einander sind die Fäden durch eine Zwischensubstanz verklebt, welche so fest haftet, dass es an konservirten Hoden kaum je gelingt, sie von einander zu trennen. Macerirt man Schnitte des gefärbten Hoden mit Drittel- Alkohol und versucht durch Klopfen des Deckglases die Elemente zu trennen, so brechen die Bündel zwar leicht der Quere nach durch, da- gegen wird nur selten ein Stück der Länge nach abgetrennt. Die auf den Kerntheil folgenden Abschnitte des Samenfadens sind in dem Bündel wegen der geringen Färbungsdifferenz schwer von ein- ander zu unterscheiden, jedoch glaube ich in gewissen Längsstreifen auf Stadien der Fig. 53 die Achsenfäden zu erkennen und in hellen Partien zu Seiten desselben die gestreckten Nebenkerne. Noch undeut- licher ist das in den älteren Stadien der Fig. 56, hier fällt jedoch auf, dass sich ein besonderer Halstheil (h) klar abhebt, welcher jedoch dem Kopfe zugerechnet werden zu müssen scheint. Eine erwünschte Ergänzung zu diesen von konservirten Samen- fäden herrührenden Bildern geben die älteren Untersuchungen Bürscaurys (4) über die Spermatogenese bei Insekten an frischem Material. Vergleicht man die Abbildungen von BürscaLı mit meinen Fig. 53, 55, 56, so tritt die große Übereinstimmung zwischen beiden hervor, jedoch ist es an den Abbildungen Bürscaur's noch augenfälliger, dass thatsächlich der auf den Kern folgende Abschnitt des Samenfadens vom Nebenkern eingenommen wird (Taf. XL, XL]). Im Vas deferens trifft man die erwähnten Bündel von Samenfäden ebenfalls noch an und ist es sehr möglich, dass wir in ihnen echte Sper- matophoren zu erblicken haben, welche solchergestalt in die weib- lichen Geschlechtstheile befördert werden. Hier habe ich die Samen- 1 Ein gleiches Verhalten giebt BürscaLi (4) für Hydrophilus piceus und Clythra octomaculata an (p. 529). 524 H. Henking, fäden im Receptaculum seminis isolirt angetroffen, sie befinden sich in dem frisch präparirten Receptaculum in einer wogenden Bewegung. Ein rasch getrockneter und mit Eurric#’s Hämatoxylin gefärbter Samen- faden eben daher ist von mir in gleicher Vergrößerung wie die übrigen Figuren der Taf. XXVl in Fig. 70 abgebildet. Nur das kernhaltige Ende ist mit der Camera lucida gezeichnet, das Übrige nach Abmessung mit- tels eines Fadens in willkürliche Schlingen gelegt. Man erkennt an der stärkeren Färbung unschwer das vom Kern- theil (Fig 70 n) eingenommene Vorderende. In der Länge desselben kommen kleine Schwankungen vor. An günstigen Exemplaren ist zu bemerken, dass der Kern nicht der einzige Bestandtheil des Vorderendes ist, sondern dass derselbe als dünner stark gefärbter Faden von einer weniger intensiv gefärbten zarten Hülle umgeben ist, welch letztere wohl vom Protoplasma herrührt. Das Ende des Kerntheiles gegen den Faden hin ist meist unschwer aus der Färbungsdifferenz zu erkennen, in Fig. 70 ist die Grenze auch noch durch eine schärfere Biegung an- gedeutet. Wie Fig. 70 zeigt, ist zwischen Kerntheil und Faden des Sper- matozoon in Bezug auf Längsausdehnung ein ganz beträchtlicher Unter- schied. Man sieht, dass gegen das’ Stadium der Fig. 56 weniger der Kern als der Faden eine Veränderung erlitten hat. Die Erstreckung des Nebenkernes ist an den mir vorliegenden reifen Samenfäden nicht zu sehen und aus Mangel an Material habe ich hierüber keine eingehen- deren Untersuchungen anstellen können. Ich glaube aber, dass die bisherigen und die nachfolgenden Angaben auch ohne diesen Nachweis deutlich sein werden. Der reife Samenfaden aus dem Receptaculum seminis ist von einer erstaunlichen Länge. Ich habe zwei derselben, welche mir vollständig zu sein schienen, bei der immer von mir angewandten Vergrößerung gezeichnet und ihre Länge mit einem Faden bestimmt. Ich habe für den einen eine Erstreckung von nicht weniger als 90 cm festgestellt, für den anderen 821, cm. Das würde also eine wirkliche Länge von 1,216, resp. 1,115 mm für dieselben ergeben. Dabei sind die Fäden außerordentlich dünn; ich habe mich bemüht, in der Fig. 70 auch diese Dimensionen möglichst genau wiederzugeben. 6. Spermatozoen im Ei. In der Mitte des oberen Polfeldes des Eikegels, wie immer an jenem Ende des Eies, welches bei der Ablage den Körper des Insektes zuletzt verlässt, befindet sich die Mikropyle (m) als eine einfache Durchbrechung der derben Eihülle an einer etwas eingesenkten und verdünnten Stelle Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 525 derselben (Fig. 3, 38, 57). Glatt zieht unter ihr das peripherische Eiplasma hin an sämmtlichen, reifen wie unreifen, Ovarialeiern, so weit mir die- selben zu Gesicht gekommen sind. Anders an den frisch abgelegten Eiern. Übereinstimmend liegt bei ihnen ein heller, gegen das Plasma scharf abgesetzter, ziemlich großer, ovaler Raum unter der Mikropyle (Fig. 52, 7ief). Ich erkenne in demselben eine gleiche Einrichtung, wie ich (8) sie im Ei der Schmeißfliege als Empfängnisfleck beschrieben habe. Dass genannter Fleck in der That eine Beziehung zu der Mikro- pyle haben muss, erhellt daraus, dass er nicht allein niemals eine andere Lagerung zu der Mikropyle einnimmt, sondern auch immer symmetrisch "zu ihr steht. Selbst wenn Schrumpfungen das Volum des Eikörpers ver- mindert haben, verändert er nur selten seine Lage (Fig. 57). Er macht zuerst den Eindruck, als wenn er gar nichts enthielte; bei genauem Zusehen ist aber besonders in der Nähe der Basis eine ganz feine wol- kige Trübung von schwacher Färbung zu erkennen, sowie an dem Oolemm unterhalb der Mikropyle geringfügige Sekretmassen von starker Lichtbreechnung und unregelmäßig kugel- und fadenförmiger Gestalt (Fig. 52, 57, 71 s). Vielleicht haben dieselben zur Anlockung der Spermatozoen gedient, sind aber durch die Konservirung natur- gemäß stark verändert. Im Ei der Fliege hatte ich den Empfängnisfleck als jenen Ort be- trachtet, an welchem die Spermatozoen in das Ei einzudringen pflegen. Auch hier möchte ich die gleiche Annahme machen. Zwar habe ich nicht, wie bei jenem anderen Objekt, direkt das Hineinragen der Samenfäden in den. Raum des Empfängnisfleckes beobachtet, aber die Lage der Samenfäden, z. B. in Fig. 52, lässt mich eigentlich nicht daran zweifeln, dass sie den Empfängnisfleck passirt haben müssen. Sollte Jemand je- doch die Annahme vorziehen, die Spermatozoen hätten sich am unteren Rande des Mikropylentrichters (Fig. 52, 57 m) mit kautschukartiger Elastieität umgebogen, seien dann zwischen Chorion und Oolemm hineingeglitten und hätten sich schließlich nach seitlichem Eindringen wieder derartig um den Empfängnisfleck gruppirt, dass sie nun den Anschein erweckten, als seien sie direkt durch den Empfängnisfleck gedrungen, so kann ich diese Annahme nicht widerlegen. Was in Fig. 52 dargestellt ist, ist durchaus kein einmaliges Vor- kommen. Allerdings sind die Fäden ganz ungemein schwer zu sehen, und erst ein vorzügliches Wınker’sches Ölsystem 1/20 hat mich zur Klarheit kommen lassen. Sie sind recht lang und dünn, nur selten auf einem Schnitt der ganzen Länge nach zu sehen, sondern meist nur stückweise, weil sie durch mehrere Schnitte sich erstrecken. Außerdem färben sie sich nicht immer deutlich stärker als die Umgebung. Bei An- 926 H. Henking, wendung von Enrricn’s Hämatoxylin und auch von Bismarekbraun habe ich sie verhältnismäßig recht deutlich bekommen. In Fig. 52 habe ich sämmtliche von mir in dem betreffenden Ei be- obachtete Fäden eingezeichnet. Sie sind jedoch in der Zeichnung zu deutlich und zu dick ausgefallen. Es ist Fig. 52 ein kombinirtes Bild, wie es sich mir nach langem Studium der betreffenden Schnitte des Präparates ergeben hat. Zur Erklärung bemerke ich noch, dass die vor dem Empfängnisfleck (ef) liegenden und heller gezeichneten Stücke der Samenfäden 1, 2, 4, 6 durchaus nicht als im Inneren des Fleckes befindlich gedacht werden müssen, sondern als außerhalb des- selben. Sie sind aus Schnitten eingezeichnet, welche bereits jenseits der Ausdehnung des Empfängnisfleckes liegen. Direkt an die Grenze desselben reicht mit dem einen Ende nur der Faden. | | Mehrfache Fäden habe ich in allen 6 in Frage kommenden jungen Eiern mehr oder weniger deutlich gesehen, außerdem in verschiedenen weiter entwickelten (Fig. 57), so dass an der Regelmäßigkeit des Vor- kommens nicht gezweifelt werden kann. Betrachtet man die in gleichem Maßstabe gezeichneten Figuren 52 und 70, so kann man wohl zu der Vermuthung kommen, das Fadengewirr in Fig. 52 sei durch das Ein- dringen eines einzigen der langen Spermatozoen (Fig. 70) entstanden, indem dieses in der Umgebung des Empfängnisfleckes sich hin und her geschlängelt und dabei eventuell Stticke des Schwanzes verloren habe. Eine solche Erklärung hat etwas sehr Bestechendes und ich würde ihr auch sofort zustimmen, wenn nicht gewisse Unterschiede in der Färb- barkeit der Fäden vorhanden wären, Unterschiede, welche sehr wohl den Gedanken an mehrere Samenfadenköpfe aufkommen lassen können. Wie sich in weiteren Abhandlungen zeigen wird, ist aber das Ein- dringen mehrerer Samenfäden in das Ei eine bei Insekten sehr ver- breitete Erscheinung, und da ich in einem Falle bei vorliegendem Ob- jekte zwei männliche Pronuclei aufgefunden habe (Fig. 43), und auch in Fig. 57 sp, und sp,, unzweifelhaft zwei Samenkerne vorliegen, so möchte ich es von vorn herein durchaus nicht als unmöglich ablehnen, dass‘ die Fäden in Fig. 52 auf Rechnung mehrerer Spermatozoen zu setzen sind. Dabei wird natürlich die große Masse der Fäden dennoch von Schwanzstücken herrühren können. Nimmt man das Eindringen mehrerer Samenfäden hier wenigstens als häufig an, so muss ich noch den Gedanken zurück weisen, als wenn in solchen Fällen ein pathologischer Zustand vorhanden wäre. Die Eier sind nicht etwa die Produkte einer langen Gefangenschaft, sondern sind im Freien abgelegt, von Schmetterlingen, die vorher eben so lustig - Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 527 über das Kohlfeld geflogen waren, wie alle übrigen. Diese Schmetter- linge haben alsdann vor meinen Augen die Eier abgesetzt und die nor- male Weiterentwicklung der später konservirten Schwestereier würde die Annahme nicht gerechtfertigt erscheinen lassen, dass gerade diese hier krank gewesen seien. Mag man nun die in Fig. 52 gezeichneten Fäden für je ein selbstän- diges Spermatozoon halten oder nur für Schwanzstücke eines einzigen, stets beginnteiner derFädenalsbaldsich vor allen übrigen auszuzeichnen und sich als Kerntheil eines Samenfadens deutlich zu dokumentiren. Er verkürzt sich dabei vielleicht etwas und nimmt an Intensität der Fär- bung zu. In Fig. 57 habe ich darzustellen versucht, wie sich nun der Kerntheil sp, von den anderen Fäden sf unterscheidet. Einen zweiten Kerntheil haben wir wohl bei sp, vor uns, hier tritt aber die Faden- form wegen der ungünstigen Lage nicht direkt hervor, sondern nur ein gefärbter Punkt, der sich bei Focusänderung seitlich verschiebt. 7. Veränderungen des einen ausgezeichneten Spermatozoon bis zu seiner Copulation mit dem Eikern. Wir haben soeben gesehen, dass ein Samenfaden sich bald durch größere Deutlichkeit und stärkere Färbung vor den übrigen auszu- zeichnen beginnt. Ob derselbe bereits von Anfang an hierzu prädesti- nirt war, vermag ich nicht anzugeben. Polyspermie vorausgesetzt, so ist die Eispitze mit den regellos daliegenden und vielfach gekrümmten Spermatozoen ein schlechter Ort, um feinere Unterschiede an ihnen festzustellen. Der erwähnte Samenfaden fällt bereits deutlich auf, wenn er nur wenig unter die Grenze der randständigen Plasmazone des Eies einge- drungen ist. In Fig. 3, 57, 58, 63 finden sich die entsprechenden Bilder. Besonders lehrreich ist Fig. 58. Man bemerkt hier, dass an dem Sper- matozoon zwei Abschnitte zu unterscheiden sind, ein stärker gefärbter fadenförmiger Kopftheil (c) und dahinter ein viel undeutlicherer Faden («). Etwa an der Stelle, wo beide in einander übergehen, liegt ferner eine deutliche helle Stelle im Plasma (h) und es scheint, als befände sich in ihr noch ein kleines Körperchen. Das Ganze wird mitten von dem Faden des Spermatozoon durchbohrt. Während letzteres sonst direkt vom Plasma begrenzt wird, findet sich also etwa an der Grenze von Kopf und Faden ein Häufchen anders aussehender Substanz, und dieses Häuf- chen ist noch dadurch ausgezeichnet, dass in der Plasma-Umgebung eine schwache Strahlung selbiges zum Mittelpunkte nimmt. Auch in Fig. 57 ist bei h das gleiche helle Fleckchen am Ende des Kopftheiles des Spermatozoon (sp) zu sehen. Den Faden habe ich hier nicht deutlich 328. Ä H. Henking, gesehen, da derselbe bei der Richtung des Spermatozoon nicht mit auf demselben Schnitte liegen kann und ohne Verbindung mit dem deutlich gefärbten Kopftheil nur sehr schwer zu erkennen ist. Der helle Hof {}) am Ende vom Faden, welchen ich das Arrhe- noid! nennen möchte, ist Anfangs recht klein (Fig. 57), wie er ja ur- sprünglich ganz fehlte (Fig. 52). Dann nimmt er an Größe zu (Fig. 63). Es zeigt Fig. 63, dass er nicht einseitigam Samenfaden auftritt, sondernallseitig. Hatte das Spermatozoon Anfangs noch seine gestreckte Gestalt (Fig. 57, 58), so ändert sich das, während es weiter in die Tiefe dringt. Wenn ich von einem Eindringen spreche, so muss ich dazu bemerken, dass dasselbe von der gewöhnlichen Bewegungsart des Spermatozoon sehr verschieden ist. Für gewöhnlich geht es, durch eine unbekannte Kraft zu schlängelnden Bewegungen befähigt, mit dem Kopfe voran. Dagegen gleicht es jetzt einem todten Wesen, die eben beschriebene Bewegungsweise hat völlig aufgehört. Die Führerrolle ist vom Kopfe des Spermotozoon auf das Arrhenoid, jenen hellen Fleck an der Grenze vonKopf und Faden, übergegangen, welchen wir erst vor Kurzem haben auftreten sehen. Wodurch die Fortbewegung dieses hellen Körperchens veranlasst wird und worin sie besteht, vermag ich nicht anzugeben. Es ist nur das Eine unverkennbar, dass in der bekannten Plasmawolke, welche die Bahn des Samenfadens anzuzeigen pflegt, von der Substanz des Samenfadens stets das helle Körperchen den tiefsten Punkt inne hat (Fig. L—6). Die übrige Substanz des Samenfadens wird gewissermaßen nur mitgeschleift. Es findet das besonders dadurch eine sehr gute Illustra- tion, dass das Spermatozoon an der Stelle, wo der helle Fleck sich be- findet, bei dem tieferen Eindringen ins Ei eine Knickung erfährt, wie ein Halm sich knickt, der von dem Buge eines Kahnes mitgeführt wird. Es stellen Fig. 59, 60 und 61 derartig gebrochene Spermatozoen dar. Eine Ausnahme hiervon habe ich nie bemerkt. Die Knickung ist nun aber durchaus nicht gleich für das chromatische und das achromatische Ende des Samenfadens, sondern stets so, dass der etwas gekrümmte Kopf in der Richtung der Plasmawolke sich erstreckt (Fig. 5, 6), während der Faden hierzu geneigt steht. Während der männliche Stoff die für seine Weiterbildung nöthige Stelle im Ei aufsucht, vergrößert sich das Arrhenoid immer mehr, bis zu einem Maximum. Die Hauptmasse liegt in dem Winkel, welcher von dem chromatischen und achromatischen Theile des Samenfadens ge- ! Die Erklärung des Ausdruckes erfolgt weiter unten. u a Zi IE 1 a er. u eg a Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 529 bildet wird, eine nicht geringe Menge wohl auch außerhalb des Fadens und vor ihm, während jenseits des Kopfes nur selten ein schwacher Hauch auf eine Zugehörigkeit zu der hellen Substanz hindeutet. Diese geht ganz allmählich und ohne Grenze in das umgebende Plasma über. An der Stelle, wo das Arrhenoid zuerst auftrat, an der Grenze von Kopf und Faden, macht sich auch hier noch ein kleiner Fleck besonders bemerklich. In Fig. 60 liegt eine in gleicher Weise durch absolute Farb- losigkeit und deutliche Umgrenzung ausgezeichnete Stelle anscheinend doppelseitig an dem Faden des Spermatozoon. Auch in Fig. 58 war ja bereits imInneren des hellen Hofes h und zu beiden Seiten des Samen- fadens ein kleines, undeutlich abgegrenztes Körperchen wahrzunehmen, wie auch in der Umgebung des Querschnittbildes eines Spermatozoon (sp) in Fig. 63 eine kleine, besonders helle Zone ringsum wohl nicht allein auf Lichtreflexe zurückgeführt werden dürfte. , Bei der Allgemeinheit dieses kleinen besonders ausgezeichneten Punktes scheint mir kein Zweifel daran zu sein, dass wir in ihm eine aus dem Spermatozoon sich entwickelnde Substanz zu suchen haben, welche durch Austritt in das umgebende Eiplasma den hellen Hof um sich erzeugt (Fig. 59, 60, 61, 63h). Ob der Fleck (f) seiner Entstehung nach zu dem Kopfe oder zu dem Faden des Spermatozoon zu rechnen sei, das scheint mir durch die Fig. 59, 61 und besonders 60 entschieden zu werden. Während das Arrhenoid (h) seine größte Ausdehnung erreicht, be- ginnt der kernhaltige Theil des Samenfadens allmählich eine andere Gestalt anzunehmen. Die Einleitung zur Veränderung lag ja schon dar- in, dass bereits auf dem Stadium der Fig. 58 ein besonders gutes Fär- bungsvermögen, wohl verbunden mit einer Verdickung und Verkürzung des Kerntheiles sich eingestellt hatte. War damals wirklich schon die Neigung zu einer Verkürzung vorhanden, so kann man nur hinzufügen, dass diese Neigung sich mehr und mehr ausbildet und verwirklicht. Das zeigt sich in Fig. 59; hier ist das Basalstück das Kopfes c ganz er- heblich breiter geworden, während das Endstück noch als lange Geißel uns entgegentritt. Ein etwas weiter vorgerücktes Stadium bietet viel- leicht Fig. 60, wo die Geißel für sich in ein größeres, weniger gefärb- tes Stück übergegangen zu sein scheint, noch durch einen Streifen des weniger veränderten Kopffadens mit dem angeschwollenen Basalstück verbunden. Dieses Präparat ist jedoch nicht so gut, wie die anderen, so dass ich auf dieses Stadium kein großes Gewicht lege. Wie im Einzelnen der Vorgang sich auch abspielen mag, wir er- sehen jedenfalls aus Fig. 61, dass schließlich alle chromatische Substanz in dem Basalstück des Kopfes unter entsprechender Verbreiterung dieses Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 34 530 H.-Henking, Stückes zusammengeströmt ist. Ein kleines Rudiment des Endfadens sitzt auch hier dem chromatischen Körper noch auf. Auch dieses wird noch eingezogen, wie Fig. 62 erkennen lässt, wo wir den veränderten Samenfaden in seinem chromatischen Theile in Rückenansicht abgebildet finden, während die vorher betrachteten Figuren Seitenansichten dar- stellten. Aber die Verkürzung des chromatischen Theiles geht noch weiter wie Fig. 65, 66, 67, 64 darstellt. Im Allgemeinen können wir wohl sagen, dass derselbe unter fortgesetzter Verbreiterung der Basis schließ- lich die Gestalt eines Dreieckes mit abgestumpften Ecken annimmt (bei Seitenansicht). Vielfach sitzt die Spitze dem Dreieck etwas schief auf. Auch der feinere Bau des Kopfes ist in der Zwischenzeit ein etwas anderer geworden. So lange derselbe fadenförmig war, erschien er als gleichmäßig gefärbte Linie. Bei der basalen Verbreiterung ließen sich dann zuerst Unterschiede in der Färbung durch die Gesammtmasse er- kennen, welche derart zunahmen, dass die gefärbte Gestalt der Fig. 61 aus einer großen Menge feiner gefärbter Kügelchen zu bestehen schien. Durch Fig. 62, deren große Vacuolen wohl kaum im Leben vorhanden waren, gelangen wir zu Fig. 65, 66, 67, 64, welche übereinstimmend zeigen, dass jetzt der Kopf von einem recht gleichmäßigen feinen chro- matischen Netzwerke gebildet wird; zwischen den Maschen befindet sich eine farblose Substanz und umgrenzt ist das Ganze von einer etwas diekeren chromatischen Hülle. Zuweilen bemerkt man, dass von der Basis des Kegels zwei feine Fortsätze dem Arrhenoid zugekehrt sind (Fig. 64, 67). Kann man zweifelhaft darüber sein, ob man eine Volumvergröße- rung des Samenfadenkopfes auf dem bisher beschriebenen Entwick- lungswege annehmen solle, so muss man eine solche für das folgende Stadium ohne Weiteres zugestehen. Fig. 68 lehrt, dass aus dem Kegel der Fig. 65, 66 etc. ein gleichmäßiges Ellipsoid von erheblich größerem Inhalt geworden ist. Es hat dabei den Anschein, als wenn sich beson- ders die farblose Zwischensubstanz vermehrt hätte, während aber auch das chromatische Netzwerk recht deutlich zu erkennen ist. Jetzt hat der Kern des Samenfadens sich so weit entwickelt, dass er die Präli- minarien der Copulation mit dem Eikern vornehmen kann. Was ist inzwischen aus dem achromatischen Theile geworden? Wir hatten an demselben zuletzt drei Stücke unterscheiden müssen, 1) den Faden a, 2) den kleinen Doppelfleck f an den Seiten seines Vor- derendes, und 3) den hellen Hof h, weleh’ letzterer besonders in dem Winkel zwischen Faden und Kopf sich ausdehnte. 2 und 3 zusam- men bilden das Arrhenoid. Der helle Hof nimmt den größten Raum ein Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. L. 531 zu der Zeit, wenn der Kopf des Spermatozoon aus der Fadenform in die Stäbchenform überzugehen beginnt, wie sie in Fig. 61 und 62 ab- gebildet ist. Darüber hinaus tritt wieder eine Verminderung ihres Um- fanges ein, wohl zu Gunsten einer Vergrößerung der beiderseitigen hellen Flecke f, welche in Fig. 65 und 66 sehr viel stattlicher geworden sind, während der bisher so deutliche helle Hof auf einen schwachen Schein in der Gegend zwischen hellem Fleck und Kopf des Spermatozoon redueirt ist. Wie zu der Zeit, als der helle Fleck (f) noch ganz klein war, so zieht auch hier der Faden (a) noch mitten durch ihn hindurch (Fig. 65, 66). In Fig. 65 geht vom Kopfe noch ein kleiner Fortsatz aus, welcher sich mit dem Faden nach dessen Austritt aus dem hellen Flecke zu vereini- gen scheint. In Fig. 66 dagegen, und hiermit übereinstimmend in an- deren gleichalterigen Präparaten, ist der Zusammenhang des Fadens mit dem Kopfe gelöst, indem das Verbindungsstück zwischen hellem Fleck und Kopf verschwunden ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es zum Theil wenigstens noch in den Kopf eingezogen ist, als zu ihm ge- hörig. Der Rest des Fadens ist dagegen immer noch vorhanden. Er durchzieht noch den hellen Fleck (/) und erstreckt sich darüber hinaus noch deutlich wahrnehmbar in das umgebende Plasma (Fig. 66 a). Eier, welche etwa 45 Minuten älter sind als die eben beschriebe- nen, lassen sowohl den hellen Fleck (f) als auch den Faden (a) durch- weg vermissen. Der zu einem Kegel koncentrirte Spermakern liegt noch mehr seitlich in der Plasmaansammlung als bisher (Fig. 67). Die Mitte derselben wird von einem hellen Hofe eingenommen, in welchem eben- falls weiter keine Struktur als ein feines Netzwerk zu erkennen ist. Dieses geht ohne scharfe Abgrenzung in das Plasma ringsum über. Während der helle Hof h also vorher eine Rückbildung zu Gunsten des Fleckes (f, Fig. 65, 66) erfahren hatte, müssen wir weiterhin wohl an- nehmen, dass der helle Fleck (f) und mit ihm der Faden («) ihre Exi- stenz aufgeben und nun in die Substanz des hellen Hofes (k, Fig. 67) übergehen. Wenn wir alsdann sehen, wie im nächsten Stadium der Sperma- kern (Fig. 68) sein Volum erheblich vergrößert hat, während er die seitliche Stellung verließ und nunmehr zum Theil den Platz einnimmt, welchen das Arrhenoid (h) bis dahin behauptet hatte, so liegt der Ge- danke nahe, dass der Kern sein Volum eben auf Kosten dieser hellen Substanz vergrößert habe. Es hat nämlich die helle Substanz gleich- zeitig eine entschiedene Abnahme erfahren, wie auch wohl aus dem Anblick der Fig. 68 hervorgeht. Im nächstfolgenden Stadium, wenn bereits der männliche und weibliche Kern zusammengetreten sind, und 34* 532 H. Henking, bei den sich daran anschließenden Vorgängen, vermag ich von dem bisher so voluminösen Arrhenoid überhaupt nichts mehr mit Sicher- heit aufzufinden. Betrachtet man jedoch die abermalige Volumenszu- nahme, welche der männliche Kern erfahren hat (Fig. 40, 45), so scheint es mir nicht unwahrscheinlich zu sein, dass er zur Erreichung dieses Volumens ziemlich alle helle Substanz aufgebraucht hat, welche ihm ja bei seiner schließlichen Lage am nächsten zur Hand war. 8. Verschmelzung der Geschlechtskerne und Theilung der ersten Embryonalkerne. Wir hatten erfahren, dass die beiden Geschlechtskerne, wenn sie im Begriff stehen, sich an einander zu legen, von einem ziemlich deut- lichen Netzwerke gebildet sind. Die Maschenräume des Netzwerkes sind von einer hellen Substanz ausgefüllt. In dieser Gestalt treten die Geschlechtskerne zusammen (Fig. 40). Betrachtet man die Stellung, in welcher dieselben zu einander und zu den Richtungskernen liegen (Fig. 10), so kommt man zu der Auffassung, dass der obere der weib- liche, der untere der männliche Kern sein müsse. Leider besitze ich von diesem Stadium nur das eine, in Bezug auf die Abgrenzung der Kerne nicht einmal sehr deutliche Präparat. Halten wir aber das Prä- parat für normal, und es liegt eigentlich kein Gegengrund vor, so fällt auf, dass der männliche Kern den weiblichen erheblich an Größe über- trifft. Letzterer hat etwa die Größe beibehalten, welche er vor dem Zusammentritt zeigte (Fig. 39), ersterer hat sich noch erheblich gegen das vorige Stadium vergrößert (Fig. 68). Beide Kerne stimmen in dem Bau des Netzwerkes überein, sowie auch darin, dass sich an einigen Stellen dickere punktförmige Ansammlungen der chromatischen Sub- stanz einfinden (Fig. 40). Weiterhin ändert sich das Bild nicht unerheblich. Zunächst fällt eine beträchtliche Größenzunahme des weiblichen Vorkernes auf, welehe mit der inneren Ausbildung der Geschlechtskerne immer erheblicher wird. In Fig. 47 habe ich drei Stadien des Größenverhältnisses der- selben abgebildet. Die Linien geben den größten Umriss der betreffen- den Kerne an. Bei « sind jene beiden Kerne gewählt, welche auch der Fig. 42 zu Grunde liegen, bei b jene der Fig. 41, während c von einem Präparate herrührt, welches dem in Fig. 45 abgebildeten entspricht. In gleichem Sinne mit der eben genannten Reihenfolge der Figuren nimmt auch die Ausbildung der Kerne zu. Die beiden Geschlechtskerne entwickeln sich genau in demselben Schritte. Das Stadium der Fig. 40 macht zunächst dem in Fig. 42 ab- ‚gebildeten Platz. Das gleichmäßige Netzwerk ist verschwunden, statt Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 533 dessen bemerken wir ein weitmaschiges Netz von dünnen Chromatin- fäden, und außerdem im Gegensatz zu der hellen Grundmasse eine grobe Körnelung, welch’ letztere wohl auch nur einen optischen Ausdruck für ein zartes Netzwerk bildet. In Fig. 41 ist das chromatische Netz wohl noch etwas weitmaschiger geworden, besonders in dem weiblichen Vorkerne. Dennoch ragen die Knotenpunkte durch stärkere Anhäufung des Farbstoffes deutlich über die Verbindungsfäden hervor. Vergleichen wir hiermit die Fig. 44, so fällt sofort auf, dass eine nicht unbeträchtliche Vermehrung der chromatischen Substanz einge- treten ist. Diese ist jedoch nicht gleichmäßig vertheilt, sondern auf be- stimmte Strecken beschränkt, welche durch dünnere Verbindungsfäden mit einander zusammenhängen. Noch weiter ist die Sonderung der chromatinreichen und chromatinarmen Fadenabschnitte in dem Stadium der Fig. 45 gediehen, wo die ersteren als ziemlich dicke gebogene Stäbchen deutlich erkannt werden, während die Verbindungsfäden nur noch hier und da als zarte Linien angedeutet sind. Bis dahin waren die beiden Geschlechtskerne mit einer Art von Membran umgeben, welche besonders deutlich daran zu erkennen war, dass die Kerne an ihren Berührungsstellen sich gegen einander ab- platteten (Fig. 45, 41). An solchen Eiern, welche mit Boraxkarmin ge- färbt und deren Schnitte mit Pikrinsäure behandelt waren, trat die Membran durch geringes allseitiges Zurückweichen des Kerninhaltes auch so bereits ringsum deutlich hervor (Fig. 42). Haben die Kerne das in Fig. 45 abgebildete Stadium erreicht, so steht die Auflösung der Membranen nahe bevor; denn nun vereinigen sich die beiden Kerne derart, dass eine offenbare Verminderung sowohl des ungefärbten Kern- inneren als auch der Chromatinsubstanz eintritt. Ich bin meiner Sache nicht ganz sicher, ob bereits in Fig. 46 die Verschmelzung der beiden Kerne stattgefunden hat. Der Kernraum der Fig. 46 ist durch drei Schnitte zu verfolgen und kann ich keine Grenze finden, wo der zweite Kern beginnen möchte. Jedenfalls ist ganz deutlich eine Verringerung an Chromatin. Dasselbe ist in den Stäbchen besonders in je zwei Punk- ten zusammengeflossen, während die zarten Endausläufer einen kleinen hellen Raum zu umgreifen scheinen (Fig. 46). Ein anderes Präparat, wo die beiden Kerne noch zu unterscheiden sind, lehrt bereits, dass die Chromatinsubstanz wieder zu der Gestalt kurzer Stäbchen zurück- zukehren beginnt, und in Fig. 48 ist das ja so weit vollendet, dass wir durchweg die kurze Stäbchenform ausgebildet finden. Durch die An- häufung in zwei Partien mögen sie wohl noch kund thun, dass sie einerseits vom männlichen, andererseits vom weiblichen Kerne her- zuleiten sind; hieran wird der Umstand nichts ändern, dass einige der 534 H. Henking, Körnchen noch oder bereits von einem der großen Haufen getrennt sind (Fig. 48). Ist die Fig. 48 möglicherweise eine Ansicht vom Pol der sich bil- denden Spindelfigur, so ist Fig. 50 eine reine Seitenansicht. Die Chro- matinkörner stehen genau im Äquator der Spindel, lassen aber immernoch deutlich zwei getrennte Gruppen unterschei- den, und wir gehen gewiss nicht fehl, wenn wir jeder der beiden Gruppen entweder männlichen oder weiblichen Charakter zuschreiben. Bei veränderter Focuseinstellung tauchen natürlich andere Reihen von Chromatinkörnchen hervor; aber die Trennung in zwei Gruppen ist immer zu erkennen. — Wie wir bereits bei der Bildung der Richtungs- körperchen gefunden hatten, so bestehen auch hier die Chromatinstäb- chen aus einem hellen Centrum und einer gefärbten Peripherie, letztere aus kleinsten chromatischen Kügelchen zusammengesetzt. Weiterhin verwischt sich die Abgrenzung der beiden Gruppen von Chromatinkörnchen, und wenn wir sehen, wie in Fig. 51 die Chro- matinkörnchen oder -stäbchen in der bekannten Weise nach der Flucht des Äquators gespalten sind, so dass wir nun zwei soeben von einander getrennte Chromatinplatten vor uns haben, so können wir nur noch aus der relativen Lage der chromatischen Substanz einen unsicheren Rück- schluss auf ihre Herkunft vom männlichen oder weiblichen Kerne machen. Werfen wir noch einmal einen flüchtigen Rückblick auf die bisher von den Geschlechtskernen durchlaufenen Veränderungen, so tritt ganz unverkennbar ein gewisses Fluktuiren in der Kernsubstanz, besonders der chromatischen, hervor. Ziemlich undeutlich ist das Chromatin in dem © Pronucleus, ehe der junge Kern zur Abrundung kommt und das chromatische Netz erhält (Fig. 38). In gleicher Weise ist es in jenem Stadium, in welchem der fadenförmige Kern des eingedrungenen Sperma- tozoon beginnt zu einem Stäbchen zusammenzuschrumpfen (Fig. 61), oft nieht ganz leicht, eine deutliche Färbung zu erhalten, so dass wohl geringe chemische Veränderungen bei dem Vorgange eintreten mögen. Weiterhin lehrt der Augenschein, dass die bereits ausgebildeten und zur Gopulation bereiten Geschlechtskerne (Fig. 39 und 68) sehr viel weniger Chromatin enthalten, als in dem Stadium der Fig. 44, 45, wo sie, vielleicht in Folge der gegenseitigen Berührung, die Fähigkeit hervor- treten ließen, eine reichlichere Menge jenes Stoffes zu erzeugen. Und ist ihnen das gelungen, so scheint es, als sei eine vergebliche Arbeit geleistet; denn die bis dahin so stattlichen Stäbchen büßen ein Beträcht- liches an Größe und Intensität der Färbung ein, wenn sie zur Bildung der Spindel sich zusammenfügen. Untersuehungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 535 Dennoch ist die Spindel (Fig. 50) von einer Deutlichkeit, dass sie auch mit schwächeren Vergrößerungen an der stark gefärbten Äqua- torialscheibe sofort erkannt wird, und auch nach der Theilung dersel- ben lassen die Tochterplatten an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig (Fig. 51). Anders ist es in den jungen Tochterkernen vor ihrer vollen Ausbildung, da bemerkt man nur noch mit Mühe an einigen dunkleren Stellen die Anwesenheit von Chromatin (Fig. 49). Sind die Tochter- kerne aber ganz ausgebildet, so ist auch der letzte Rest von Chromatin völlig verschwunden. Damit haben wir den Höhepunkt im Fluktuiren des Chromatins erhalten. Die Tochterkerne (Fig. 72) sind scharf gegen die Umgebung abge- grenzt, erscheinen vielleicht ein wenig heller als diese, wobei es natür- lich schwer ist, anzugeben, wie viel von ihrer Farbe auf Rechnung des darüber oder des darunter liegenden Plasmas zu setzen sei. Sie sind angefüllt mit einem feinen gleichmäßigen Netzwerke, so dass sie oft wie ganz fein gekörnt aussehen. Nur selten bemerkt man mit stärksten Ver- srößerungen hier und da einmal eine feine dunklere Linie, vielleicht einen Rest der Chromatinsubstanz. Die Kerne verhalten sich bei ver- schiedenen Färbungen ganz gleich; der Befund bleibt stets derselbe. Es fragt sich, was aus dem Chromatin geworden sein mag? Nimmt man an, es habe sich nur fein vertheilt, so wäre zu untersuchen, wo- hin es sich vertheilt haben könne. Der Kern besteht also aus einem feinen achromatischen Netzwerke und aus einer hellen Substanz in den Maschen desselben. Es könnte sich das Chromatin also in die Maschen oder in das Netzwerk, oder in beides verbreitet haben. Hätte es sich in dem Netzwerke zerstreut, so dürften wir ein ähnliches Bild erwarten, wie es die Geschlechtskerne vor der Copulation darboten (Fig. 39 u. 68), wo thatsächlich ein Ausströmen der Chromatinsubstanz stattgefunden hatte. Ein solches Bild haben wir hier nicht. Da aber die in jeden Tochterkern übergegangene Menge an CGhromatin etwa der eines der beiden Geschlechtskerne vor der Copulation gleich ist, so müssen wir bei Annahme obiger These noch die Hypothese machen, dass das Chro- matin als solches sich auf zweierlei Weise in dem achromatischen Netz- werke vertheilen könne. Wäre es aber in die farblose Zwischensub- stanz eingedrungen, so dürften wir doch gewiss erwarten, dass eine stärkere Färbung derselben eingetreten sei. Dies würde ich aber kaum zu behaupten wagen, wenn es natürlich auch nicht ganz abgestritten werden kann. Auch die Membran ist so zart, dass an ihr das Chromatin nicht verschwunden sein kann. Ich habe die Überzeugung, dass aus dem Chromatin beim Übergang in die Tochterkerne etwas Anderes ge- worden ist. 536 H. Henking, Es entspricht demnach dies Stadium ganz unverkennbar dem von mir bei Musca konstatirten Verhalten der Tochterkerne, welche dort in gleicher Weise aus der Theilung als farblose Gebilde von tropfenför- miger Gestalt hervorgegangen waren. Ich hatte in Folge dessen bei Musca von »freier Kernbildung« gesprochen. Der Ausdruck dürfte hier nicht angebracht sein, da die hellen Tochterkerne ganz scharf gegen die Umgebung abgesetzt sind, eingehüllt von einer Membran. Hier gehen die Hälften des Mutterkernes zwar verändert, aber direkt in die Tochterkerne über. Erschienen die Tochterkerne zu einer gewissen Zeit fast völlig homogen, so tritt ein gröberes Netzwerk auf, wenn sie etwas älter ge- worden sind. In diesem Netzwerke bemerkt man zuerst einige gefärbte Pünktchen, dann längere gefärbte Strecken. Schließlich erhalten wir, ganz wie ich es bei Musca beschrieben habe (8), wiederum eine deut- liche äquatoriale Platte von Chromatin. Die Platte besteht, wie immer, aus hellen Körperchen, welche an der Peripherie die intensiv gefärbten Kügelchen aufgeheftet tragen (vgl. Fig. 75). Der achromatische Kern- raum besteht aus dem gleichen groben Netzwerke, welches vorher ganz allein vorhanden war. Bei den weiteren Theilungen der jüngsten Embryonalkerne ver- schwindet das Chromatin abermals wieder. Im Einzelnen habe ich die Vorgänge nicht verfolgt, jedoch wohl gesehen, dass die jungen Kerne nur aus einem etwas gröberen Netzwerke zu einer gewissen Zeit be- stehen. Auch hierin bemerkt man an anderen Kernen feine gefärbte Körnchen. Diese Körnchen scheinen hei reichlicherem Auftreten die Neigung zu haben, sich radiär zu einem hervorragenden Pünktchen der Kernperipherie anzuordnen (Fig. 74). Weiterhin fügen sie sich dann zu der bekannten äquatorialen Theilungsplatte zusammen, welche auch hier wieder das bekannte Aussehen darbietet (Fig. 75). Bei der Theilung der etwas älteren Embryonalkerne, aus Eiern, welche fünf Stunden nach der Ablage getödtet wurden, ist es wiederum recht augenfällig, dass die ganz jungen Tochterkerne eine erheblich dunklere Färbung als die Umgebung haben (Fig. 73), während in den älter gewordenen Kernen abermals eine so beträchtliche Reduktion des Anfangs deutlichen Chromatinnetzes eintritt, dass sie fast homogen er- scheinen und so viel an Farbe einbüßen, bis sie in dem Plasma nur mit Mühe bemerkt werden können. Auch hier ist immer noch das gleiche Fluktuiren der chromatischen Substanz festzustellen. Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 537 9. Beschaffenheit und Bewegungen des Eiplasmas. Wie wohl immer in den jungen Eiern der Insekten, ist auch hier das Plasma am mächtigsten an der Peripherie angehäuft und bildet das Keimhautblastem Weısmann’s. Von der Peripherie erstrecken sich un- regelmäßige Fortsätze zwischen die central angehäuften Dottermassen (Fig. 15, 16 etc.), dieselben als deutlich wahrnehmbares Netzwerk durchziehend. Der Dotter besteht aus nicht sehr großen Kugeln. Was den feineren Bau des Plasmas anbetrifft, so erscheint dasselbe bei der von mir angewandten Konservirungsmethode als ein Schaum!, welcher zwar in den feinen Fortsätzen und größeren Ansammlungen zwischen den Dottermassen sehr dicht und fein punktirt, im Ganzen wie homogen aussieht, dagegen in den lockeren Randpartien deutlich einen Unterschied zwischen Maschengeflecht und Zwischensubstanz er- kennen lässt. Besonders groß sind die Maschen an jener Stelle des Randplasmas, wo sich die Richtungskörper bilden (Fig. 33—36 ete.), oder wo diese sich später lagern (Fig. 80, 12). Hier erscheint das Plasma wie durch kleine, gleichmäßig große Vacuolen besonders ausgezeichnet. Da das Oolemm durch die Konservirungsmittel fast immer von dem Plasma getrennt ist, so bemerkt man leicht, dass die äußere Grenze des Plasmas, besonders am vorderen Pole, nur selten glatt ist, sondern ge- wöhnlich von feinen Fortsätzen überragt wird (Fig. 35, 36, 39, 2 ete.), als ob dort die äußeren Maschen nach außen aufgebrochen wären. Von geringfügigen offenbar extrahirten feinkörnigen Massen, welche dem Ei außen aufzusitzen pflegen, muss man natürlich absehen. Besonders lang und regelmäßig sind die zarten wenig gefärbten Fortsätze über jener vacuolisirten Stelle des Randplasmas, welche durch ihre Beziehung zu den Richtungskörpern ausgezeichnet ist (Fig. 14, 12, 80). Wir wer- den eine gleiche Stelle später noch bei anderen Insekten wiederfinden. Als regelmäßige Bestandtheile der plasmatischen Randzone wären noch kleine kugelige, in der Größe wenig schwankende Körperchen zu nennen, welche recht zahlreich sind und durch Enrricn’s Hämatoxylin oder Bismarckbraun intensiv gefärbt werden (Fig. 34, 36 ete.). Auch im Inneren des Eies kommen solche Körperchen häufig vor (Fig. 65, 67 ete.). Dass zur Zeit der Eiablage sich ein großer Empfängnisfleck bemerk- lich macht (Fig. 52), habe ich bereits oben besprochen. Er mag seinen beträchtlichen Umfang vielleicht dadurch erreichen, dass der im Körper des Thieres auf das Ei ausgeübte Druck bei der Ablage plötzlich weg- fällt. Weiterhin wird der ganze Raum wiederum durch das Randplasma 1 Vgl, die Mittheilungen von BÜTschti (5). 538 H. Henking, ausgefüllt, welches zunächst in einer mittleren Erhebung gegen die Mikropyle vorgewachsen war (Fig. 3, 57). Wenn sich die Richtungskörper bilden, findet dort eine Vermeh- rung des Randplasmas statt, wie ja überhaupt Veränderungen der Kern- substanz stets eine Mitwirkung von Plasma erkennen lassen. Bewe- gungen von Plasma allein kommen vor, Bewegungen der Kerne ohne Plasma sind meines Wissens noch nie beobachtet. Der weibliche Pronucleus wandert in das Ei, umgeben von einem größeren oder kleineren Plasmahofe (Fig. 9). Eine Plasmastraße kann den Weg anzeigen, den er genommen hat (Fig. 10), während auch später noch ein Zapfen des Randplasmas auf die Richtung hinweist, in welcher der Kern in der Tiefe des Eies verschwunden ist (Fig. 11, 42). Irgend eine Erregung verursacht der weibliche Pronucleus im Inneren des Eies durchaus nicht. Dass das Eindringen des männlichen Elementes für das Ei ein Ereignis bedeutet, erhellt daraus, dass es bei seinem Eintritt zwischen die Dottermassen mit einem viel auffälligeren Plasmahofe umgeben ist, als der weibliche Vorkern. Wenn das Arrhenoid alsdann am Spermato- zoon erscheint, wird eine strahlige Anordnung der Körnchen im um- gebenden Plasma bemerklich (Fig. 2, 57, 58). Eine lange Wolke von Plasma folgt dem Spermatozoon, wenn es in die Tiefe des Eies sich be- giebt und deutet den Ort an, von wannen es gekommen ist (Fig. 5). Die Wolke fließt später wieder ab, aber nech lange zeigt ein hervorragen- der Fortsatz des Plasmahofes, als Rudiment der Wolke, die Wegrichtung des Samenfadens an (Fig. 6, 7, 13, 67, 60). Charakteristisch für den Plasmahof des Spermatozoon ist die Strah- lenfigur, welche frühzeitig an ihm auftritt. Sogleich nach dem Eintritt in die Dotterzone kann man feine Fortsätze wahrnehmen, welche radiär zu dem in Erscheinung tretenden Arrhenoid vom Plasmahofe ausgehen. Man kann von Anfang an (Fig. 2, 3) nicht zweifel- haft darüber sein, welche Substanz das richtende Princip enthält. Denn wenn späterhin der Kern des Samenfadens zu dem Conus zusammen- schrumpft (Fig. 7, 8), wenn schließlich das Arrhenoid den direkten Zu- sammenhang mit dem Spermakern verliert (Fig. 66, 67), dann wird es völlig klar, dass die Strahlung nur auf den hellen Fleck abzielt, dass dieser stets den richtenden Mittelpunkt bildet, während dem Sperma- kern nur die Bedeutung eines Appendix zukommt. Er ist zwar eben- falls rings von Plasma umgeben, gleicht jedoch darin völlig-dem weiblichen Vorkern, dass er durchauskeine Strahlungin demselben erzeugt. Die Strahlung wird von einem dritten Ge- bilde, dem Arrhenoid, hervorgerufen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 539 War die männliche Sonnenfigur Anfangs durch dünne und kurze Strahlen gebildet, so beginnen dieselben länger und dicker zu werden, etwa zu der Zeit, wenn der Faden des Spermatozoon verschwunden ist (Fig. 67). Schon vorher konnte man die Strahlen oft bis zum Rand- plasma verfolgen, ein Verhalten, welches späterhin noch viel deutlicher hervortritt (Fig. 9, 10). Ein direkter Einfluss der weiblichen Kerntheile auf das Spermato- zoon tritt nicht hervor, und doch ist ein solcher unzweifelhaft vorhan- den. Bereits im unbefruchteten Ovarialei ist die erste Richtungsspindel ausgebildet (Fig. 1). Ihre Lage und Längserstreckung ist in allen Eiern ‚ziemlich die gleiche. Schon frühzeitig wird durch die Spindelachse die Linie normirt, in welcher Richtungskörper und weiblicher Pronucleus hinter einander liegen werden. Nun sstelltsich auch der männ- liche Pronucleus genau in die VerlängerungdieserLinie. Es hat den Anschein,"als wenn der Samenfaden ein wenig über die Achsenlinie der Richtungsspindel hinauseilte (Fig. 5, 6). Dann übt er seinerseits unzweifelhaft einen solchen Einfluss auf die Richtungs- spindeln, dass deren Achse sich genau auf ihn einstellt, wie in späteren Stadien deutlich zu sehen ist (Fig. 8, 9). Dass die Kerne wirklich in einer Linie stehen, wird durch die Frontansicht bewiesen (Fig. 7). Die definitive Lage des männlichen Elementes im Ei ist demnach durch zwei Linien ziemlich genau bestimmt: durch die Längsachse des Eies und die Achsenlinie der Richtungskörper. Dem Scehnittpunkte dieser beiden Linien wird der Spermakern durch die Wirkung des Arrhenoids zugeführt. | An der durch die beiden Linien bestimmten Stelle bleibt der Spermakern liegen, und dorthin wird auch der weibliche Pronucleus geführt. Es ist nicht zu sagen, ob derselbe etwa durch die vom Arrhe- noid ausstrahlenden Fortsätze wie durch Pseudopodien dem Sperma- kern zugeführt wird, jedenfalls aber kann man wohl annehmen, dass der weibliche Kern durch jene Fortsätze gewissermaßen eine Witterung von der Anwesenheit des männlichen Genossen erhält. Von einem Plasmahofe umgeben, wandert er auf letzteren zu; wenn aber das Bild in Fig. 10 resp. 40 nicht täuscht, so tritt er vor der Zusammenlagerung ganz aus seiner plasmatischen Umgebung heraus und begiebt sich ohne dieselbe in den männlichen Hof. Da der männliche Kern zuerst an der Stelle der Vereinigung ein- trifft und da der weibliche Pronucleus ebenfalls von oben herbeieilt, so kommt ersterer bei der Berührung nach unten, letzterer seitlich über ihn zu liegen. Erhebliche Schwankungen in der einmal angenommenen Stellung treten weiterhin nicht ein, so dass bis zur Verschmelzung 540 H. Henking, beide Kerne unschwer ihrer Entstehung nach erkannt werden können. 2 Während in der vom Arrhenoid ausgehenden Strahlung mir keiner- lei Gesetzmäßigkeit aufgefallen ist, habe ich nach dem Zusammentritt der beiden Geschlechtskerne oft den Eindruck erhalten, als wenn nun die Strahlung sich bilateral anordne. Bei solchen Fragen habe ich es vor Allem bedauert, ein absolut undurchsichtiges Material vor mir zu haben, während einigermaßen durchsichtige Eier, bei Betrachtung in toto, hierüber sofort sichere Auskunft gegeben haben würden. So kann ich nur sagen, dass ich um manche Copulationskerne ringsum eine gleichmäßige nicht sehr starke Strahlung feststellen konnte (Fig. 42, 15, 46, AA, A2), also vielleicht eine Polansicht, während andere zu zwei Seiten der beiden Kerne eine größere Plasmaansammlung und hiervon ausgehende starke Strahlung unschwer erkennen ließen (Fig. 40, 41, 44). Letzteres würde demnach eine Seitenansicht vorstellen können. Kann ich also nach meinen Präparaten eine bilateral angeordnete Strahlung für gewisse Stadien der Zusammenlagerung der beiden Ge- schlechtskerne nur als wahrscheinlich hinstellen, so ist ein zweifaches Strahlenbündel unverkennbar dann vorhanden, wenn das Chromatin derselben sich zur Äquatorialplatte der ersten Furchungsspindel ver- einigt hat (Fig. 50). Aber es geht die Strahlung der getrennten Geschlechtskerne durchausnicht direkt in jene der Fur- chungskerne über, wenn ich wenigstens den drei ein Zwischensta- dium repräsentirenden Präparaten vertrauen darf. Hier bemerke ich, wie die Plasmaausläufer zuerst schwächer werden (Fig. 46), weiterhin fast ganz verschwinden (Fig. 48). Sind sie dann in mehr oder weniger großer Ausbildung an der Furchungsspindel wieder vorhanden (Fig. 13, 50), so liegt die Auffassung nahe, sie als Neubildungen zu betrachten. Ich möchte hier zum Verständnis des Folgenden daran erinnern, dass die achromatischen Kerntheile bei der von mir angewandten Methode nicht scharf hervortreten. Das gilt besonders von den Pol- körperchen. Dennoch habe ich dieselben als ziemlich große helle Flecke mit verwaschener Begrenzung gegen die plasmatische stärker gefärbte Umgebung, z. B. in dem der Fig. 50 zu Grunde liegenden Prä- parate deutlich erkannt. Sie nehmen die Spindelpole ein, wie auch sonst bei Zelltheilungen. Ob diese Polkörperchen von Centrosomen her- rühren, welche etwa die Geschlechtskerne begleitet haben, vermag ich nicht mitzutheilen. Ich habe nur in dem zu Fig. 44 gehörenden Prä- parate neben den Geschlechtskernen einen hellen Schein beobachtet, welcher mit den genannten Gebilden in Zusammenhang stehen könnte, sonst niemals. Auch die Strahlung steht nicht immer so, dass sie mit Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 541 einem bei meiner Methode unsichtbaren und zu den Geschlechtskernen gehörenden Centrosoma in Verbindung gebracht werden könnte. So geht z. B. in Fig. 41 die beiderseitige Strahlung nur von dem (oberen) weiblichen Kerne aus. Ich betrachte es als eine bedeutende Lücke, dass die von mir benutzte Methode keine sichere Auskunft darüber ge- stattet, ob die Polkörperchen von selbst entstehen oder ob sie etwa von Überbleibseln des Arrhenoids oder noch anderen von den Geschlechis- kernen mitgeführten Stoffen herrühren. Haben sich die beiden ersten Furchungskerne gebildet, so wandern sie mitsammt ihrem Strahlenbüschel aus einander, hängen noch eine Zeit lang durch eine Plasmabrücke zusammen, dann löst sich diese und die Kerne wandern nach abwärts im Ei und schicken sich bald zu einer neuen Theilung an. Es kommt mir sehr wahrscheinlich vor, dass zu diesem Zwecke ein vor dem Kerne liegendes Centrosoma sich zu- erst theilt. Ob ein von mir zuweilen bemerktes, dem Kerne aufsitzen- des Knöpfchen hierbei von Bedeutung ist, Kann ich nicht sicher angeben (Fig. 74). Die Theilung findet in der Regel in der Richtung der Wesglinie des Kernes statt, so dass die beiden Tochterkerne senkrecht dazu aus einander weichen. Auch hier sind die Polkörperchen oft sehr deutlich vorhanden (Fig. 75). Eine sehr auffällige Erscheinung ist es, dass von der Vorderseite der abwärts ziehenden Kerne ein Büschel feiner Plasmastrahlen aus- geht, während ein Schwanz von Plasma den zurückgelegten Weg er- kennen lässt. Es gleichen demnach die Kerne gewissermaßen Raketen, welche auf ihrer Bahn plötzlich erstarrt sind (Fig. 15). Ob dieses Bild nicht auch ein Verständnis für die Funktion der Kerne und ihrer CGen- trosomen eröffnet, will ich hier nicht weiter untersuchen. Wie es aus der Bewegung der Kerne nothwendig folgt, so sind die feinen plasmatischen Strahlen gewöhnlich nach rückwärts gekrümmt (Fig. 15 rechts). Hinter dem Kerne wird in dem Plasmahofe meist eine gestreckte weniger gefärbte Stelle bemerklich. In Fig 16 ist ein instruktiver Längsschnitt eines schon wesentlich weiter entwickelten Eies, welches etwa 5 Stunden alt ist, zur Darstel- lung gebracht. Man erkennt, dass die Bewegung der Kerne in dem an- gegebenen Sinne fortdauert. Weiterhin erhellt aber, dass eigentlich nur die centralen Kerne eine ausgiebige Ortsveränderung vornehmen, wie deren lange Plasmawolken anzeigen, während die äußeren sich in einer bestimmten Entfernung von der Peripherie aufzustellen beginnen. Es erhält hierdurch die sich bildende Zellsäule eine große Regelmäßig- keit. Die plasmatischen Anhäufungen im Inneren und am Rande der Zellsäule (Fig. 15, 16) sind Abschnitte von Kernbahnen. 542 H. Henking, Ich will hier noch anfügen, dass ich in mehreren Fällen im unteren Ende des Eies isolirt im Dotter eine größere plasmatische Ansammlung (Fig. 16 pl) mit einem unregelmäßigen helleren Centrum aufgefunden habe. Da ich keine späteren Entwicklungsstadien besitze, so kann ich nicht sagen, ob ihr eine besondere Bedeutung beizumessen ist. 10. Stellung der ersten Furchungsspindel. Da die Richtungskörperchen ihren Namen von der Lagebeziehung zu der ersten Theilungsebene des Eies haben, so ist es von Interesse zu erfahren, ob sie unter den bei vorliegenden Eiern so erheblich abwei- chenden Verhältnissen die normale Stellung einnehmen. Ich kann das im Allgemeinen bejahen. Leider besitze ich von den betreffenden Stadien keine Querschnitte, welche eine genaue Winkelmessung der gegen- seitigen Stellung erlauben würden; aber auch aus den Längsschnitten kann ich ersehen, dass die Verbindungslinie zwischen Richtungskernen und Längsachse des Eies mit der Verbindungslinie der Polkörperchen an der ersten Richtungsspindel resp. der beiden ersten Embryonal- kerne einen Winkel bildet, welcher sich einem Rechten annähert. Als Beispiel diene Fig. 44. Man denke sich das die Richtungskörper ent- haltende Stück a etwas über die Ebene des Zeichenpapieres emporge- hoben, dagegen das umzogene Stück b mit seiner linken Seite unter die Zeichenfläche herabgedrückt, während c die gleiche Lage beibehält, so werden wir die der Wirklichkeit entsprechende Stellung der Kerne veranschaulicht haben. Dass die Theilung für gewöhnlich senkrecht gegen die Ebene der Richtungskörper erfolgt, ist eigentlich selbstverständlich. Wir haben oben erfahren, dass die Geschlechtskerne neben einander liegen in der Verlängerung der Achse der Richtungsspindeln (Fig. 8—12) und zwar derart, dass der männliche Pronucleus die tiefste Stelle inne hat. Da wir ferner gesehen haben, dass in dieser Lage zu einander keine erheb- liche Änderung eintritt, und da ferner eine Halbirung der männlichen und weiblichen Kernsubstanz zur Bildung der Tochterkerne stattfinden muss und stattfindet, so kann ja dieTrennung der beiden Toch- terkerne normalerweise gar nicht anders als senkrecht gegen die Ebene der Richtungskörper geschehen. Nun kommen aber thatsächlich doch Abweichungen vor und Fig. 13 bildet einen solchen Fall. Hier liegt die Achse der ersten Fur- chungsspindel in einem sehr spitzen Winkel gegen die Richtungskörper, was schon daraus folgt, dass wir die seitlich gelagerten Richtungs- körper auf demselben Sehnitt mit der Seitenansicht der ersten Fur- chungsspindel treffen. Letztere steht ein wenig mehr (aus der Zeichen- Untersuehungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Biern der Insekten. I. 543 ebene) geneigt, als es sich in der kleinen Figur ausdrücken lässt. — Solche Abweichungen können füglich auf Lageveränderungen der beiden Geschlechtskerne oder auch der Richtungskörper zurückgeführt werden. Ich sagte vorhin, es sei selbstverständlich, dass die erste Fur- chungsspindel senkrecht gegen die von den Richtungskörpern und Ge- schlechtskernen gebildete Linie gerichtet sei (Fig. 9). Nun ist aber gegen diese Linie, z. B. in Fig. 9, eine Senkrechte möglich 1) in der Ebene der Zeichnung und 2) senkrecht gegen die Zeichenebene (im Ex- trem). Da ist es nun wunderbar, dass immer die letztere gewählt zu werden scheint; durch welche Kraft, darüber könnte ich nur vage Ver- muthungen äußern. Jedenfalls ist sicher, dass durch die Wahl der letzteren Richtung, wo also die Spindelachse der ersten Furchungsspin- del parallel mit der Bodenfläche des Eies (Fig. 17) steht, das gestreckte Ei in zwei gleichmäßige Territorien für die ersten beiden Embryonal- kerne und deren Abkömmlinge zerlegt wird. 11. Weitere Ausgestaltung der Richtungskörper. Wir hatten die Richtungskörperchen auf jenem Stadium verlassen, an welchem sie sich in dem randständigen Plasma zusammengelagert hatten (p. 520). Da das erste Richtungskörperchen doppelt so viel Chro- matin besitzt als das zweite, so ist jedes seiner beiden Theilprodukte demnach dem zweiten Richtungskörperchen gleichwerthig. Hiermit stimmt der Befund völlig überein: wenn die drei Kerne zusammenge- treten sind, haben sie eine so große Ähnlichkeit, dass es unmöglich ist, aus ihrem feineren Bau den einen derselben als zweiten Richtungskern zu erkennen. Bereits weiter oben hatte ich darauf hingewiesen, dass Richtungs- und Geschlechtskerne durchaus die gleichen Veränderungen in völlig gleichem Tempo durchmachen (Fig. 8, 9). Auch weiterhin ist noch eine Correlation zwischen der Ausbildung der so weit getrennten Kerne stark hervortretend wenn auch gewisse Verschiedenheiten sich allmäh- lich einzustellen beginnen. Die Geschlechtskerne erfuhren bald nach ihrem Zusammentritt eine nicht unbedeutende Aufblähung. Ganz das Gleiche erleiden die Riehtungskerne, wenn sie sich im Randplasma versammelt haben, nur scheint es bei ihnen früher einzutreten als bei jenen. Die bei den- ' selben Vergrößerungen gezeichneten Figuren 10—14 geben bei Ver- gleich mit Fig. 9 von der Stärke der Aufblähung Kunde, sowie ein Vergleich von Fig. 39 mit Fig. 80. Wie die Fig. 10—14 ferner zeigen, ist die Aufblähung überall fast gleich stark und wächst auch später nicht mehr. 944 H. Henking, Was den feineren Bau der aufgeblähten Kerne anbetrifft, so kann man an ihnen dieselben drei Substanzen unterscheiden wie an den Ge- schlechtskernen, nämlich 1) feine schwach grau erscheinende Pünktchen oder Körnchen, welche vielfach in gebogenen Reihen liegen, zwischen ihnen 2) eine ganz helle Substanz, durch deren Vorhandensein sie überhaupt erst sichtbar werden, und außerdem 3) feine gebogene Chromatinfäden, welche punktförmige Anschwellungen tragen können und vielfach Anfangs noch einen rundlichen Bezirk umgrenzen. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir sie durch Aufblähung der 14 im Sta- dium der Fig. 36 und 37 noch koncentrirt vorhandenen CGhromatin- kügelchen entstanden denken. Wir haben demnach ein Bild, welches dem der Geschlechtskerne in Fig. 41 sehr ähnlich ist. Wie bei diesen, wird eine Membran deutlich sichtbar an Schnitten, welche mit Borax- karmin gefärbt und mit Pikrinsäure nachbehandelt waren. Wodurch es kommt, dass die Richtungskörper auf diesem Stadium sich oft durch ihre ganze Masse gleichmäßig färben, genau so, wie ihre plasmatische Umgebung (Fig. 11, 12), so dass sie gelegentlich nur schwer aufgefunden werden können, vermag ich nicht anzugeben. Weiterhin hatten wir in den Geschlechtskernen schärfer getrennte Schleifen mit größerem Chromatingehalt auftreten sehen (Fig. 44, 45) und dasselbe müssen wir an den Richtungskernen feststel- len. In letzteren sind die Schleifen jedoch deutlich länger. Die achro- matische Substanz besteht übereinstimmend aus einem feinen grau erscheinenden Netz- oder Maschenwerk und zwischen den Maschen sieht man den farblosen Kernsaft. An der Gleichzeitigkeit der Kernveränderungen kann füglich nichtgezweifelt werden, wennich darauf hinweise, dass z. B. die Geschlechtskerne der Fig. 45 und die Richtungskerne in Fig. 80 demselben Eie angehören. Fig. 80 ist ein Durchschnitt durch die Richtungs- kerne; dieselben erscheinen ungleich groß, weil sie in verschiedener Lage geschnitten sind. Wie die Geschlechtskerne alsdann zum Zwecke der Vereinigung aus den Chromatinschleifen wiederum einzelne Kügelchen formiren, welche sich in eine Ebene stellen, um bei der Bildung der beiden ersten Embryonalkerne symmetrisch getheilt werden zu können (Fig. 48, 50), so versäumen auch hier die Richtungskerne nicht, gleichen Schritt in ihrer gleichgerichteten Entwicklung zu halten. Sie sind demgemäß ge- eignet, eine Ergänzung für das Verständnis der Wandlungen der Ge- schlechtskerne zu bilden. Es ist an den Richtungskernen gut zu beobachten, wie das Ghro- matin der Schleifen an bestimmten Stellen zu Kügelchen zusammenläuft, Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg, in den Biern der Insekten. . 545 welche Anfangs noch in einer Reihe liegen, bald aber nach der Vierzahl gebildete Gruppen formiren (Fig. 78). Sind ‚diese Anfangs noch zer- streut, so stellen sie sich später, gerade wie in den Geschlechtskernen, in eine Ebene (Fig. 77). Hierbei sind die Gruppen offenbar noch in eine größere Zahl zerfallen und die in Fig. 78 ziemlich großen Chro- matinkörnchen haben sich in noch feinere zertheilt. Der dritte zu Fig. 77 gehörende Richtungskern liegt auf einem anderen Schnitte. Auch hier leuchtet die gleichsinnige Entwicklung der Geschlechts- und Richtungskerne wohl sofort ein, wenn ich sage, dass Fig. 48 und 77 dem gleichen Ei entstammen. Haben die Richtungskerne bisher dieselben Veränderungen durch- gemacht, wie die sich zur Copulation anschickenden Geschlechtskerne, so bleibt nur noch übrig, dass sie auch kopuliren wie die Geschlechts- kerne. Das geschieht in der That. Aber sie bleiben nun in der Entwieklunghinterjenen zurück, wie Fig. 13, 14, 15 so- fort erkennen lassen. Der Unterschied gegen die Copulation der Geschlechtskerne be- steht darin, dass bei der Verschmelzung der drei Richtungs- kerne sich die Ghromatinkügelchen nicht in eine neue ge- meinsame Äquatorialebene stellen und nicht zu einer Theilung führen. Oft kann man in dem nun gemeinsamen Kern- raum noch die drei Gruppen der CGhromatinmassen erkennen (Fig. 15), dann aber setzen sie sich mehr in Verbindung (Fig. 79). Vielfach be- merkt man Verschiedenheiten, zuweilen drängt sich das Chromatin dieht zusammen, zuweilen vertheilt es sich staubartig, aber immer noch als solches gut zu erkennen. Dass auch in älteren Eiern die Richtungskernmasse durchaus nicht als etwas Todtes aufgefasst werden darf, lehrt Fig. 76, welche Figur demselben Ei entstammt, wie Fig. 16. Hier hat sich das Chro- matin in dem beträchtlich vergrößerten Raume zu gleichmäßigen feinen Schleifen vereinigt, welche durchaus den Eindruck machen, als wenn noch irgend eine Weiterentwicklung eintreten wollte. Aus Mangel an späteren Stadien kann ich weiter nichts aussagen. Die Richtungskern- masse eines anderen gleichalterigen Eies hat noch die anfängliche Größe, und die dichtgedrängte Chromatinsubstanz besteht z. Th. aus Kügelchen wie Fig. 79, z. Th. aus staubartigen Zügen. Wie ich (8) dazu gekommen bin, die drei entsprechenden Rich- tungskerne im Ei von Musca vomitoria fälschlich für Eikern und zwei Spermakerne zu halten, zumal zeitlich nichts im Wege stand, die Rand- spindel an deren Copulation anzuschließen, dürfte nach den obigen Mittheilungen erklärlich werden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 35 946 H. Henking, 12. Das Schicksal überzähliger Samenfäden im Ei. Weiter oben hatte ich es als ein wahrscheinlich sehr häufiges Vor- kommnis bezeichnet, dass mehrere Samenfäden in das Ei eindringen. Dann dürften aber die tiberzähligen sich nur selten einmal zwischen die Dottermassen begeben. Sie werden im randständigen Plasma ein- fach aufgelöst, ohne irgend welche gestaltliche Veränderungen durch- zumachen. Ganz dasselbe erleiden die in der Nähe des Empfängnisfleckes liegen gebliebenen Stücke der Schwänze (Fig. 57). Aber man findet auch in späteren Entwicklungsstadien des Eies gelegentlich noch ver- einzelte Fadenstücke an dem anfänglichen Platze. Fig. 69 enthält ein solches Fadenstück aus einem etwa ?3/, Stunden nach der Ablage kon- servirten Eie, ich habe solche aber auch noch in 100 Minuten alten Eiern auectimden, Es ist möglich, dass auch in den älteren Eiern noch solche Faden- stücke oder Theile überzähliger Spermatozoen vorhanden sind. Da von ihnen bis zu dem von mir beobachteten ältesten Entwicklungsstadium (Fig. 16) keinerlei fortschreitende Veränderungen veranlasst werden, so habe ich mir die Mühe erspart, weiterhin nach ihnen zu suchen; denn es ist ziemlich mühsam, sie in dem fast eben so stark gefärbten Eiplasma aufzufinden. Nur in einem Falle glaube ich die Annahme machen zu müssen, dass ein überzähliges Spermatozoon in den Dotter eingedrungen sei und sich dort zu einem zweiten männlichen Pronucleus umgestaltet habe. Fig. 43 bezieht sich hierauf. Die bei a zusammenliegenden beiden Kerne stellen unzweifelhaft die beiden zur Copulation bestimmten Ge- schlechtskerne dar, der eben so gebildete nur etwas mehr ovale Kern b liegt auf einem anderen Schnitte, aber ebenfalls in der Eispitze, und ist nach meiner Meinung ein zweiter männlicher Vorkern. Da die Rich- tungskörper ebenfalls an der richtigen Stelle vorhanden sind, so kann dieser Kern nicht wohl vom weiblichen Theile herrühren. Genaueres kann ich über die Lagebeziehung der einzelnen Kerne nicht angeben, da dieses Ei bei der Konservirung sehr stark deformirt ist. | Was aus einem solchen zweiten männlichen Vorkern wird, kann ich nicht angeben. 13. Über die Zeitverhältnisse bei den geschilderten Entwicklungs- vorgängen. Im Voraus bemerke ich, dass mir für die vorliegende Untersuchung die Eier von drei Weibchen zur Verfügung gestanden haben, welche Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I, 547 von mir selbst am 26. und 30. August 1888 in meiner Heimat Jerxheim. in Braunschweig eingefangen wurden. Ich bezeichne im Folgenden die drei Thiere mit A, B und C. Es können hieran die zu dem gleichen Weibchen gehörenden Stadien erkannt werden. Wie ich glaube, wird die Beurtheilung der mitzutheilenden Zeitverhältnisse dadurch er- leichtert. Das jüngste von mir dargestellte Stadium (Fig. 52), in welchem die Spermatozoen noch anscheinend unverändert den Empfängnisfleck um- geben, entstammt einem Ei, welches etwa 40 Minuten nach der Ablage konservirt ist. Der weibliche Kern befindet sich auf dem Stadium der Fig. 23—27, d. h. die Chromatinelemente rücken zur Bildung des ersten Richtungskörpers aus einander, stehen aber noch durch die chroma- tischen Verbindungsfäden in Zusammenhang ((0). Sind die Eier etwa 15 Minuten alt, so tritt an dem noch fadenför- migen Spermatozoon das Arrhenoid auf (Fig. 57, 58, 2). Das Sperma- tozoon ist ein wenig in die Region des Dotters eingedrungen. In weni- gen Minuten vergrößert sich der helle Hof schon beträchtlich (Fig. 63, 3), der etwas tiefer eingedrungene Samenfaden ist noch gestreckt. Zu der- selben Zeit haben sich die Chromatinhälften im weiblichen Kern ge- trennt und die Verbindungsfäden zu den Kugeln der Mittelplatte sich abgerundet (A). Hieran schließt sich das in Fig. 4 abgebildete Präparat an, einem Ei entstammend, welches von dem bei der Ablage unterbrochenen Weibchen im Uterus zurückbehalten wurde und dort die Entwicklung begann. Das Thier ist etwa 20—25 Minuten nach der Unterbrechung abgetödtet und demgemäß liegt der Samenfaden bereits recht tief im Ei, ist aber noch fadenförmig. Die beiden weiblichen Kernhälften haben sich schon recht weit von einander entfernt (B). Beginnt der Kern des Spermatozoon aus der Form eines Fadens in die eines Stäbchens überzugehen, wie es in Fig. 59 und 61 abgebildet ist, so ist das Bedeutungsvolle eingetreten, dass die Mittelplatte des Ei- kernes sich aufgelöst und dem charakteristischen Theilungskreuz (Fig. 32, 33) die Entstehung gegeben hat (Fig. 5). Als Zeit finde ich in meinen Notizen für die den Fig. 5, 32, 33 zu Grunde liegenden Eier »etwa ?/, Stunden« angegeben (4). Naturgemäß sind bei der Entwicklung nicht nur individuelle Schwankungen vorhanden, sondern auch solche, welche auf die Mutter zurückgeführt werden müssen, Schwankungen, welche in Bezug auf die Zeit z. B. davon abhängig sein können, ob das weibliche Thier früh oder spät begattet wurde, ob die Eier kurze oder lange Zeit nach der Reife abgelegt sind, Verhältnisse, welche von der Witterung, von un- 36* 948 H. Henking, günstiger Vertheilung der Nahrungspflanzen, von Verfolgungen und an- deren Störungen in Bezug auf die Eiablage veranlasst sein können. Hierdurch werden, wie mir scheint, geringe Unterschiede in der Ent- wieklungsgeschwindigkeit der Eier verschiedener Mütter genügend erklärt. Während also Fig. 5 einem »etwa ?/, Stunden« alten Ei der Mut- ter A entstammt und zwei andere gleichzeitig mit konservirte Eier das- selbe Stadium darbieten, rührt das in Fig. 6 abgebildete Stadium aus einem von der Mutter C abgelegten Ei her. Nach meinen Notizen ist dasselbe mitsammt zwei anderen gleich weit entwickelten Eiern 25 bis 27 Minuten nach der Ablage konservirt. In Bezug auf die Spermato- zoen (Fig. 60 stammt daher) sind diese Eier vielleicht auf der gleichen Entwicklungsstufe wie die vorhin betrachteten, dagegen haben die weiblichen Kerntheile in so fern einen Vorsprung vor ihnen, als es be- reits zu einer deutlichen Sonderung des ersten Richtungskörpers ge- kommen ist (C). | . Die Umbildung des Spermatozoenkopfes aus der Stäbchenform der Fig. 61 zu jener der Fig. 62 und weiterhin zu der Kegelform der Fig. 65, 66, und schließlich Fig. 67 und 64 nimmt eine verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch. Es lässt sich das schon daraus ermessen, dass wäh- rend dieser Ausbildung des männlichen Elementes die weiblichen Kerntheile die Abschnürung des zweiten Richtungskörpers vollenden. Die 435—48 Minuten nach der Ablage konservirten Eier des Weib- chen C zeigen in ihrem achromatischen Theile die in Fig. 65, 66 dar- gestellten Verhältnisse. Die gleichzeitige Ausbildung der weiblichen Kerntheile zeigt Fig. 34 (C). Drei Eier des Weibchen B, welche »etwa I Stunde« nach der Ab- lage konservirt sind, befinden sich ziemlich auf dem gleichen Stand- punkte, wie die so eben genannten (B). Hieraus einen Schluss auf Unregelmäßigkeiten machen zu wollen, würde nicht statthaft sein, denn eines der nach meinen Notizen 65 Minuten nach der Ablage getödteten Eier des Weibchen C© ist noch auf dem gleichen Entwicklungsstadium wie die vorigen, während die übrigen 6 zugleich mit diesem konservirten Eier die angehende resp. bereits vollendete Abschnürung des zweiten Richtungskörpers enthal- ten. Fig. 35 und 36 giebt die Ausbildung der Kernverhältnisse von zwei hierher gehörigen Eiern wieder. Von den männlichen Bestand- theilen wäre hervorzuheben, dass der Chromatinkegel zu dieser Zeit ganz an die Seite gerückt ist (Fig. 67, 64) und von den achromatischen Theilen ist nur der helle Hof übrig geblieben (C). Die nun eintretenden Veränderungen bis zur Aneinanderlagerung Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 549 der beiden aufgeblähten Geschlechtskerne beanspruchen offenbar nur sehr wenig Zeit. So besitze ich von der Ausgestaltung des chroma- tischen Kernnetzes in den Richtungskörpern und den Geschlechtskernen nur das eine in Fig. 9 und ferner in Fig. 39 und 68 abgebildete Prä- parat. Das Ei gehört zu der Gruppe, welche 45—148 Minuten nach der Ablage abgetödtet sind, wäre demnach also jünger, dabei weiter ent- wickelt als die so eben betrachteten (0). Hier muss ich wieder zur Erklärung etwas einschalten. Die Eier werden nicht in einem Guss gelegt, sondern Stück für Stück mit klei- nen Zeitintervallen. Nun geht das Thier zwar ziemlich regelmäßig vor, indem es die Eier in Reihen neben einander stellt, aber zuweilen springt es doch einmal von der bisher innegehaltenen Richtung ab. Da das Thier aber aus seinen Eiern, wenn ungestört, nur einen einzigen Haufen bildet, so kommen die nun folgenden Eier neben solche zu stehen, welche einige bis mehrere Minuten älter sind als sie. Werden solche ungleichalterige Eier zusammen konservirt, so ist es klar, dass sprungweise Unterschiede in der inneren Ausbildung vorhanden sein müssen. Bieten dagegen gleichzeitig abgetödtete Eier nur ganz ge- ringfügige Unterschiede, wie es z. B. mit den Fig. 25—27 der Fall ist, so können wir daraus schließen, dass dieses ungefähr in einer Rei- henfolge nach außen gelangte Eier sind, und ferner, dass das betref- fende Entwicklungsstadium bereits im Tempo der Ablage genügend Zeit findet, sich weiter auszugestalten. Enthalten dagegen mehrere Eier ohne erkennbare Differenzen dasselbe Stadium, so wissen wir da- mit, dass zur Bewältigung der darauffolgenden inneren Verschiebungen eine längere Zeitdauer erforderlich ist. Aus den in Fig. 9, 39, 68 abgebildeten Kerntheilen ersehen wir, dass die Ausbildung des Kernnetzes in allen gleichzeitig erfolgt und zwar sehr bald nach der Abschnürung des zweiten Richtungskörper- chens. Rasch erfolgt der Zusammentritt der beiden Geschlechtskerne (0). Das jüngste Stadium der folgenden 100 Minuten nach der Ablage abgetödteten Eier giebt Fig. 10 wieder. Die Geschlechtskerne enthalten noch das feine Netzwerk. Das zweite Richtungskörperchen hat sich schon zu den beiden anderen begeben. Die übrigen vier Eier sind genau so weit entwickelt wie die sofort zu erwähnenden (0). Oben hatten wir gesehen, dass gewisse 3°—27 Minuten alte Eier des Weibehen C in mancher Beziehung schon weiter entwickelt waren als andere erst etwa ?/, Stunden alte Eier des Weibchen A. Nun habe ich von diesem selben Weibchen ebenfalls etwa 100 Minuten nach der Ablage getödtete Eier vor mir und finde, dass sie sich genau auf der gleichen Entwicklungsstufe befinden, wie dieeben 550 | H. Henking, erwähnten des Weibchen C. Vier Eier von C und elf Eier von A stimmen genau überein, zeigen alle fünfzehn die in Fig. 11 und 12 ab- gebildeten Verhältnisse. War also einmal im Anfang der Entwicklung aus einem der oben angeführten Gründe eine zeitliche Verschiedenheit vorhanden, so hat sich dieselbe bis zu dem eben besprochenen Zeit- punkte wieder ausgeglichen. — Weiter erkennen wir aber aus der großen Übereinstimmung von 15 Eiern, dass das in ihnen enthaltene Stadium eine sehr lange Zeit beansprucht. Ganz ohne Unterschiede sind aber auch sie nicht, wie durch die Fig. 42 und 45 bewiesen wird (A). Sind die Eier etwa 120 Minuten alt geworden, so finden wir in zweien die beiden Geschlechtskerne mit einander verschmolzen (Fig. 48), in zwei anderen sind sie ebenfalls bereits verschmolzen oder wenigstens dicht davor (Fig. 46); ein Ei enthält die so eben aus einander weichen- den Hälften der chromatischen Äquatorialplatte der ersten Furchungs- spindel (Fig. 51), ein letztes zwei Tochterkerne, welche sich bereits wieder zu einer Theilung anschicken (4). Die letzgenannten zwei Eier sind wieder etwas vorausgeeilt; denn von sechs Eiern, welche etwa 135 Minuten nach der Ablage getödtet wurden, haben zwei die erste Theilungsspindel mit den genau angeord- neten Chromatinmassen ausgebildet (Fig. 50), während die vier anderen übereinstimmend die so eben vollendete erste Theilung mit den beiden ersten achromatischen Kernen aufweisen (Fig. 14). — Die Richtungs- körper sind noch von einander getrennt (B). Sechs Eier von einem Alter von etwa 150 Minuten befinden sich sämmtlich auf einem nur wenig weiter vorgerückten Stadium, als die zuletzt genannten. Die Verhältnisse der Embryonalkerne des unter ihnen am wenigsten weit entwickelten Eies sind in Fig. 72 abgebildet. Bei den übrigen sind die Plasmahöfe, in welchen die farblosen Kerne liegen, erheblich verlängert und erstrecken sich weiter nach hinten in das Ei, die Bahn des Kernes anzeigend (A). Sind 180 Minuten seit der Ablage vergangen, so kann man bereits mehrere Kerne zählen. Jetzt etwa tritt die Verschmelzung der drei Richtungskörperchen zu einer einheitlichen Masse ein. Ich habe von diesem Stadium nur zwei Eier geschnitten, eines zeigt die Richtungs- körper noch getrennt, das andere verschmolzen (A). Vier Stunden alte Eier zeigen das in Fig. 15 dargestellte Bild. Der Embryonalkerne sind erheblich mehr geworden und liegen sie noch in der oberen Hälfte des Eies. Raketenartig dringen sie nach unten (4). Die letzten von mir konservirten Eier sind etwa 5 Stunden alt. Die Embryonalkerne sind noch auf die obere Hälfte des Eies beschränkt, Dr na Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 551 sind dert in regelmäßiger Weise angeordnet (Fig. 16). Ringsum trennt sie ein ansehnlich breiter Dotterstreif von dem Randplasma. — Die Richtungskörpermasse ist gelegentlich ziemlich ansehnlich, die Chro- matinsubstanz darin in feiner Fadenform vertheilt (Fig. 76) (A). 14. Besonderheiten der Befruchtung und darauf bezügliche Nomenklatur. Wie immer bei befruchtungsbedürftigen Eiern, so wird auch hier Dreiviertel des weiblichen Chromatins durch die Bildung der Richtungs- körper beseitigt. Aber nicht nur das, sondern es wird auch noch die aus den chromatischen Verbindungsfasern! hervor- gehende, später achromatisch gewordene Mittelplatte der ersten Richtungsspindel abgeworfen. Da diese Mittelplatte einen Theil des ursprünglichen Eikernes enthält und auch dieselbe Stellung zum Ei einnimmt wie die übrigen abgestoßenen Theilstücke des Eikernes, so steht meiner Meinung nach nichts im Wege, sie als »achromatisches Richtungskörperchen« zu bezeichnen. Damit jedoch ihr Unterschied von den chromatischen Richtungs- körpern schärfer hervortritt, verdient sie wohl einen besonderen Namen, und um sie in deutlichen Gegensatz gegen einen gewissen von der Samenzelle ausgehenden Theil zu bringen, schlage ich für die achro- matische Scheibe den Ausdruck Thelyid? vor. Das Auftreten der Verbindungsfasern bei der ersten Theilung des Eikernes erinnert an die bedeutende Ausbildung der verbindenden Fasern bei den samenbildenden Zellen. Ob dieselben auch hier ur- sprünglich chromatisch sind, ist noch unbekannt?. Jedenfalls werden auch sie nicht in den Kern einbezogen, sondern erzeugen ein selbstän- diges Gebilde, den Nebenkern. Aus ihm geht das sich direkt an den Kerntheil anschließende Stück des Samenfadens hervor. Wie das Thelyid bei der von mir benutzten Methode als heller Fleck im gefärbten Plasma erscheint (Fig. 5—10), und wie auch der Nebenkern als helle Stelle von der Farbe der plasmatischen Umgebung 1 Ich möchte nicht verfehlen, darauf aufmerksam zu machen, dass ein schar- fer Unterschied zwischen Spindelfasern und Verbindungsfasern gemacht werden muss. Erstere gehen vom Pol der Zelle zu den Chromatinschleifen, letztere befinden sich nur in der mittleren Region der Zelle und verbinden die aus einander weichenden Chromatinplatten. Es handelt sich hier nur um die letzteren. 2 Ich bin Herrn Prof. Enters für seinen Rath bei der Auswahl der Namen zu Dank verpflichtet. 3 Wie FLemning (7) nachgewiesen hat, ist das Mittelstück der Samenfäden von Salamandra maculosa Anfangs deutlich chromatisch, färbt sich gerade wie das Kernchromatin, so dass er es von der geformten Innensubstanz des Kernes ableiten möchte. 552 H. Henking, in jungen Samenzellen absticht (Fig. 55 nb), so kommt auch dort, wo in reifen Spermatozoen der Nebenkern zu suchen ist, nach dem Ein- dringen des Samenfadens in das Ei eine helle Substanz zur Entwicklung (Fig. 2—8). Da diese helle Substanz offenbar auf den Einfluss des männlichen Stoffes zurückzuführen ist, so schlage ich dafür den Aus- druck Arrhenoid vor. Das Arrhenoid veranlasst die Strahlung im Ei, scheint den Trans- port des männlichen Chromatins zu leiten. Da die weibliche Kernsub- stanz von keinerlei Sonnenfigur begleitet wird, wohl aber die ersten Embryonalzellen reichliche Strahlenbüschel aussenden, so liegt die Vermuthung nahe, auch diese Fähigkeit der Embryonalzellen sei mit dem Arrhenoid in Verbindung zu bringen. Da ferner der weibliche Pronucleus wohl noch Chro- matin, aber keine der mit den Verbindungsfasern abge- worfene Substanz enthält, so ist es wahrscheinlich, dass für die Entwicklung desEies das Arrhenoid wesentlicher ist als das männliche Chromatin. Einer späteren Abhandlung vorgreifend!, will ich hier gleich mit- theilen, dass auch bei Agelastica alni (einem Käfer) im Prineip die glei- chen Verhältnisse vorhanden sind, wie sie hier dargestellt wurden. 15. Kritische Bemerkungen. Es wird aufgefallen sein, welche große Ähnlichkeit zwischen der hier gegebenen Darstellung der ersten Entwicklungsvorgänge bei Pieris brassicae und der von Brocumann (2) und mir (8, 9) geschilderten Ent- wicklung bei Musca vomitoria vorhanden ist. Da jedoch bei letzterem recht ungünstigen Objekte noch verschiedene Punkte der Aufklärung bedürfen, welche nach Heranziehung eines größeren Materials leichter sein wird, so verschiebe ich eine Besprechung hierüber auf später. Inzwischen sehe ich mich jedoch veranlasst, auf eine Arbeit ein- zugehen, welche das behandelte Gebiet gestreift hat. ALFRED VOELTzKowW in Würzburg hat über »Entwicklung im Ei von Musca vomitoria« geschrieben (14). Wenn ich demselben auch keinen großen Vorwurfdaraus machen will, dass er meine späteren Angaben über Musea (9) nicht kennt, auch ferner nicht über die Naivetät, mit welcher er vorn erklärt, auf die ersten Entwicklungsvorgänge »nicht näher eingegangen« zu sein, »da wir die guten Untersuchungen BLocumanN’s besitzen« (!), während er weiterhin seine unbedeutenden eigenen Er- fahrungen zu Urtheilen von großer Schroffheit benutzt, — so berichtet ! Ich habe hierüber inzwischen eine vorläufige Mittheilung gegeben; in Betreff des Titels v. p. 555 Anm. 2. u Em Er N Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. L 553 er aus meiner Arbeit doch so seltsame Dinge, dass ich der Angelegen- heit etwas näher treten muss. Einen Hauptvorwurf richtet er gegen meine Konservirungsmethode, während die seinige nur eine Variation der von mir benutzten ist. Er nahm »heißes Wasser von 70 Grad« (p. 2); ich selbst tödtete die abge- legten Eier »durch Übergießen mit heißem Wasser« (8, p. 290). Hieraus macht VorLtzkow: »Henkıng giebt selbst (!) an, ... dass er dieselben einige Zeit in kochendes Wasser geworfen habe « (p. 3). Da meine Angabe also scheinbar nicht von Jedermann ohne Wei- teres zn verstehen ist, will ich ganz genau mittheilen, wie ich verfahren bin. Ich legte die zu konservirenden Eier in etwas kaltes Wasser in ein Uhrschälchen, erhitzte dann in einem Probirröhrchen Wasser, bis Blasen aufstiegen, und goss dieses in das Uhrschälchen. Wie Messungen mir gezeigt haben, hat das im Uhrschälchen befindliche Wasser eine Anfangstemperatur von 77—85° C.!, also kann von »förmlichen Kochen« eben so wenig resp. eben so sehr die Rede sein wie bei der Variante von VOELTZKOW. Vielleicht meint VorrLrzkow aber meine Angabe, dass ich beim Ab- legen befindliche Fliegen durch Eintauchen in kochendes Wasser ab- getödtet habe (p. 290). Das geschah, um ein möglichst rasches Tödten der Eier zu erreichen. Wie hoch die Temperatur jedes Mal im Inneren der Fliege gestiegen ist, kann ich natürlich nicht wissen. Ich hielt die mit einer gewöhnlichen Pincette ergriffenen Fliegen nur so lange in das Wasser, bis nach meiner Schätzung ein CGoaguliren der Eier erfolgt sein konnte. Es lag gar kein Grund vor, dass ich die Procedur möglichst verlängert hätte. Weiter berichtet VoELTzkow (p. 4): »Henkıng lässt in seiner Arbeit die Furchungskerne durch freie Kernbildung entstehen, z.B... . aus den Richtungskörperchen etc.« Wo in aller Welt soll ich denn das gesagt haben? Ich muss diese Angabe als völlig aus der Luft gegriffen bezeichnen. Wenn .es mir auch nach den bisher geleisteten Verdrehungen nur lieb sein kann, dass VorLrzkow nun erklärt, er werde auf meine Arbeit nicht weiter zurückkommen (p. 4), so kann man doch daraus, dass meine ausführlichen Angaben über die ersten Dotterzellen völlig über- 1 Ob diese Temperatur für die beabsichtigte sofortige Gerinnung zu hoch ist, lässt sich natürlich nur schwer feststellen. Interessant ist aber die Mittheilung von Corın und BErARD (6), dass die im Hühnereiweiß vorhandenen zwei Globuline zwar bei 57,50 und 67° bereits gerinnen, während die drei Albumine erst bei 67°, 720 und 820 fest werden. Dies ist der Fallin schwach angesäuerten Lösungen, wäh- rend in Wirklichkeit sich ein Alkali entwickelt, qui vient &elever plus ou moinsledegre&ouseferalacoagulation del’albumine (p. 3). 554 H. Henking, gangen werden, ‘während Weısmann und Brocnmann Berücksichtigung finden, deutlich ersehen, nach welcher Methode VoELTzkow vorgegangen ist. Nur der von mir der Einfachheit wegen gebrauchte und in dem Zusammenhange ganz unzweideutige Ausdruck »Dotterzellen« wird er- wähnt und als »durchaus nicht angebracht« bezeichnet, »da man in der In- sektenembryologie, wie bekannt, etwas ganz Anderes darunter versteht«. VoELTzkow meint damit aber nicht etwa die Zellen der ovarialen Nähr- kammern, welche von vielen Autoren als »Dotterzellen« bezeichnet sind (vgl. Lupwıe [10] p. 431, Barrour [1] p. 4), sondern will den Aus- druck für die nach Bildung des Blastoderms im Dotter vorhandenen Zellen reservirt wissen, mit welchem Rechte, bleibe hier unerörtert. Jene ersten Zellen dagegen nennt er, zwar nicht kurz aber erbaulich, «die Furchungszellen oder Plasmahöfe, also die Furchungskerne, aus denen sich das Blastoderm bildet« (p. #). Die einzige positive Angabe betrifft das Eindringen der Spermato- zoen. Im Gegensatze zu mir bestätigt VoELTZzkow (p. 3) die Mittheilung BrocHnmann’s, wonach die Samenfäden seitlich von der Spitze in das Ei dringen sollen und liefert zum Beweise dessen zwei Abbildungen (Fig. 2, 3), auf welchen allerdings ein Plasmawisch sich etwas seitlich von der Spitze zwischen die Dottermassen erstreckt. — Hiergegen möchte ich nun bemerken, dass das Ei doch nicht erst an der Grenze des Dotters beginnt und wenn auch der Samenfaden gelegentlich neben der Spitze zwischen die Dottermassen wandert, so kann er darum doch an der Spitze des Eies in die dicke randständige Plasmaschicht eingedrungen sein und in dieser beliebig weit fortgleiten. Den von mir beschriebenen » Empfängnisfleck«, der ja auch bei Pieris brassicae vorhanden ist, kennt VoELTzkow nicht, es haben demnach seine An- gaben gar keine Beweiskraft. Will VoeLtzkow aber zu irgend einem Urtheile in vorliegender An- gelegenheit sich berechtigt zeigen, so fordere ich ihn auf, des Näheren den noch unbekannten Vorgang der Copulation von männlichem und weiblichem Pronucleus bei Musca vomitoria schriftlich und bildlich zu schildern, wobei die Abbildungen gar nicht einmal besser zu sein brau- chen als die vier Figuren, welche er zur Erläuterung der ersten Ent- wieklungsvorgänge hat drucken lassen. Hier möchte ich auch noch auf die letzten auf mich bezüglichen Auslassungen BLocHmann’s (3) Bezug nehmen. Eine Erwiderung darauf unterlasse ich, da ich durch Fortsetzung persönlicher Anfeindungen weder der Wissenschaft noch sonst irgend Jemand einen Dienst zu er- weisen glaube. | Göttingen, den I. Oktober 1889. Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten, I. 555 | Nachschrift. Während des Druckes der vorliegenden Abhandlung erschien der Schluss der umfangreichen und schönen Untersuchungen von E. Maupas, Le rajeunissement karyogamique chez les cili6s (Arch. zool. exper. von Lacaze-Durusers. Ser. II. Taf. VII. 1889. No. 1—3). Wenn ich auf die Besprechung dieser Arbeit schon jetzt eingehe, so geschieht das weniger aus dem Grunde, weil ich dieselbe wegen der darin festgestellten Übereinstimmung der Befruchtung von Metazoen und Protozoen für sehr wichtig halte, sondern mehr im Hinblick darauf, dass bei der gro- ßen Ähnlichkeit der Beobachtungen von Mauris und mir an ganz ver- schiedenartigen Objekten, einige der von Maurıs mitgetheilten That- sachen in Hinblick auf die von mir gewonnenen Resultate vielleicht eine größere Bedeutung erhalten als ihnen von Mauras beigelegt wurde. Das betrifft vor Allem jenes sonderbare Gebilde, welches, von Mauras als »tube connectif« bezeichnet, bei der Theilung des Mikro- nucleus und seiner Abkömmlinge in so allgemeiner Verbreitung auftritt. Betrachten wir hier nur jenen »tube connectif«, welcher sich bei der Trennung der beiden Geschlechtskerne bildet, so erinnert derselbe durch seine in der Mitte meist aufgebauchte Gestalt! schon äußerlich lebhaft an jenes Gebilde, welches ich bei Pieris (Fig. 5, 32, 33) und bei Agelastica alni L.?2 als Thelyid bezeichnet habe. Auch darin liegt eine Homologie, dass MaupaAs seinen »tube connectif« den Zusammenhang mit den Tochterkernen verlieren und weiterhin vom Plasma resorbirt werden lässt. Der »tube connectif« hat nach Mauras »un röle directeur« derartig, dass der männliche Kern durch ihn an diejenige Stelle der Peripherie des Infusors befördert wird, an welcher sein Übertritt in das neue Thier erfolgen soll. ‘Nun theilt Mauras von dem männlichen Pronucleus von Euplo- tes patella mit, dass er bei seiner Wanderung in das neue Thier von einer Plasmamasse begleitet wird. Aber das nicht allein, sondern diese Plasmamasse wandert voran und zieht denmännlichen Kern mitsich, wie unser Arrhenoid den Kopf des Samenfadens hinter sich herschleifte. Auf Pl. XX, Fig. 19, 19a, 49b, 20a sind diese Verhältnisse gezeichnet. Gleichzeitig fällt in den genannten Figuren auf, dass der 1. c, Pl. X, Fig. 27; Pl. XIV, Fig. 14d; Pl. XV, Fig, 52. 2 H. Henkıng, Über die Befruchtung der Eier von Agelastica alni L. Nachrich- ten von der k. Ges, der Wissensch. Göttingen. 25. December 1889, 556 H. Henking, zugehörige weibliche Pronucleus voneinem solehen Plas- mahofe völlig freiist. Näheres über die Herkunft dieser Plasmamasse theilt Mauras leider nicht mit, und möchte ich daher die Vermuthung äußern, dass dieselbe von dem »tube connectif« herzuleitenist. Damit würde sich eine prächtige Übereinstimmung mit den von mir bei Insekten gefun- denen Verhältnissen ergeben. — Gegen Maupas! möchte ich bemerken, dass von gewöhnlichem Plasma zum Weitertransportiren des männ- lichen Pronucleus bis hin zum weiblichen doch genügender Vorrath vorhanden ist, so dass das Mitführen einer Portion desselben schwer zu verstehen wäre. Wie verhalten sich aber die zahlreichen anderen Infusorienformen, welche Mauras beobachtet hat? Hier hat derselbe niemals von einer solchen Plasmamasse gesprochen. Wenn wir jedoch erfahren, dass der männliche Vorkern von Paramaecium caudatum in einemFalle an seinem hinteren Ende ein Stück des »tube connectif« behalten hatte (p. 197, Fig. 29) und dass ganz regelmäßig bei den männlichen Vor- kernen das Hinterende beim Übertritt in das neue Thier voran- geht (Pl. X, Fig. 31, 32, 33) und zuerst mit dem weiblichen Vorkern in Berührung tritt, so liegt doch die Vermuthung sehr nahe, dass auch hier am Hinterende irgend Etwas vorhanden sein müsse, was die Bewe- gung des männlichen Kernes veranlasse und regele, ein Etwas, welches wohl mit dem tube connectif in Beziehung stehen könnte. Auch bei den Insekten ist, wie wir noch erfahren werden, das Arrhenoid und Thelyid nicht immer in der reichen Entfaltung vorhanden, wie ich es bei Pieris brassicae und Agelastica alni beobachtet habe. Ich bin mir dessen zwar wohl bewusst, wie gefährlich es ist ohne eigene Untersuchungen über ein fremdes Gebiet ein Urtheil abgeben zu wollen. Da mir jedoch die Übereinstimmung eine so große zu sein scheint und die Hypothese, wenn sie sich bewahrheitet, ein so helles Licht auf viele bisher unerklärte Vorgänge wirft, so willich meine Auf- fassung hier mittheilen. Der »tube connectif« der Geschlechtskerne beiden In- fusorien scheint gleichzeitigdemArrhenoid und Thelyid in den Eiern der Insekten zu entsprechen. Er löst sich völlig von dem weiblichen Pronucleus (als Thelyid), er- theiltjedoch dem männlichen Pronucleus (als Arrhenoid) !l.c. p. 344. Pour moi, cette masse plasmique accessoire n’a et ne peut avoir (?!H.) d’autre signification que son röle de vehicule pour le pronucleus. J’in- siste tout particulierement sur cette maniere d’envisager la chose, afin qu’on n’aille pas la considerer comme un 6lement necessaire et important de la fecondation. EN. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. L 557 die Fähigkeit der Ortsbewegung, was sich darin äußert, dass dessen Hinterende, gelegentlich von einer beson- deren Plasmamasse umgeben, vorangeht. Noch möchte ich hier auf die Bedeutung des CGhromatins zu sprechen kommen. Ich stimme mit Mauras völlig darin überein, dass nach unseren bisherigen Kenntnissen alle übrigen Bestandtheile des Kernes schwan- kender sind als das Chromatin!. Wenn er jedoch die permanente Per- sönlichkeit des Kernes durch das Chromatin gebildet sein lässt?, so kann ich ihm darin nicht beipflichten. Denn ich glaube Mauras dahin richtig zu verstehen, dass er dabei etwas Körperliches und Unveränderliches im Sinne hat. Was macht man aber mit einer Persönlichkeit, welche zu ihrer Aufrechterhaltung einer Hypothese bedarf! Denn Maurıs muss zwar eingestehen, dasserindenneuenKernenzueiner gewissen ZeitkeinChromatinbemerken kann (worin ich nach meinen Erfahrungen an Insekten völlig übereinstimme); wenn er dann aber sagt, dass in dem größer gewordenenen Kerne die Chromatinelemente dennoch »toujours presentes et intactes« (p. 456) bleiben, so ist das eben eine Annahme, welche gar nicht mehr für wie gegen sich hat. Auch scheint mir das keine ganz konsequente Schlussfolgerung zu sein; denn mit der auf das Chromatin angewandten Beweisführung hätte er auch allen übrigen Theilen des Kernes eine »continuit& ininterrompue« zuertheilen können, anstatt für sie fortwährende Metamorphosen anzu- nehmen; denn auch sie sind nachher wieder vorhanden, nachdem sie in der Zwischenzeit nicht zu bemerken waren. Jedenfalls würde die Persönlichkeit des Kernes durch diese Annahme nur gewinnen, ohne dass der Vorstellung sehr viel mehr zugemuthet würde. Ist denn aber die mit der Beobachtung sehr gut übereinstimmende Annahme, dass auch das Chromatin Metamorphosen erleiden könne, wirklich etwas so Gewagtes? Sehen wir nicht im Körper der Infusorien ganz erhebliche Umwälzungen des Chromatingehaltes vor sich gehen? Dass der alte Makronucleus nnd Theilprodukte des Mikronucleus 1 Maupas, 1. c. p. 479. Les autres parties soumisesäa des metamorphoses continuelles et a un mouvement de destruction et de renovation repetees, ne jouent que des röles accessoires. NB. Die gesperrten Stellen hier und in den fol- genden Anmerkungen sind im Original nicht gesperrt. H. 2 Daselbst. La chromatine ä elle seule represente donc la personnalite permanente des noyaux. | 3 Daselbst p. 443. En cet &tat, les noyaux ne se colorent plus du tout par les teintures micro-chimiques. Il semble que la petite quantit&@dechroma- tine du debut ait disparu. Je crois plutöt qu'elle est toujours presente..... repandue & l’etat diffus dans ce hyaloplasme. 558 H. Henking, verschwinden, war schon länger bekannt. Mauras bestätigt es völlig. Nach ihm geht folgendes Chromatin durch Resorption zu Grunde, d.h. also, erleidet eine Metamorphose‘ 4) der Makronucleus, 2) die Rich- tungskörper, 3) mehrfach verschwinden von den Theilungsprodukten des durch die Copulation der beiden Geschlechtskerne gebildeten neuen Kernes alle bis auf einen oder zwei. Da es bei den Theilprodukten des Mikronucleus nach Mauras vom Zufall abhängt, welches zur Weiterentwicklung gelangt!, und auch die Abkömmlinge aus der Copulation der Geschlechtskerne hinsichtlich ihres Chromatins keinen Unterschied aufgewiesen haben, so geht also | bei der Resorption solcher Kerne in dem einen Falle ganz dasselbe Chromatin zu Grunde, welches in den überlebenden Kernen erhalten bleibt. Wenn wir dann aber erfahren, dass auch in diesen überleben- den Kernen das Chromatin mit unseren jetzigen Mitteln sich zeitweilig nicht nachweisen lässt, so liegt doch auch hier die Vermuthung sehr nahe, dass es das gleiche Schicksal erlitten habe, wie jenes der Ge- schwisterkerne. Nur dass hier durch die zeitweilige Persi- stenz der achromatischen Kerntheile die Möglichkeit für eine Neubildung von Chromatin gegeben ist. Thatsächlich hat Maurıs uns Fälle kennen gelehrt, wo Infusorien völlig kernlos werden, womit also erwiesen ist, dass dem Chro- matinansich undkeiner Modifikation desselben absolute Unvergänglichkeit in einer lebenden Zelle innewohnt. Das ist der Fall bei solchen Formen, welche sich in seniler Degenera- tion befinden (p. 448). Nach meiner Meinung gehen dieselben eben daran zu Grunde, dass sie unfähig geworden sind, das verschwundene Chromatin nun wieder neu zu bilden. Ähnlich ist es bei der Conjuga- tion zwischen etwas senilen nahen Verwandten? Hier hat Maursıs ja bei der einen Gruppe selbst angegeben, dass das Infusor zu Grunde geht, weil der neue Nucleus unfähig zu sein scheint, Chromatin zu bilden 3. Jedenfalls scheint mir aus allen den mitgetheilten Thatsachen so viel hervorzugehen, dass das Chromatin eben so gut ein wandelbarer Stoff ist wie die übrigen Kerntheile; denn er kann vergehen und ent- stehen wie diese. Unzweifelhaft aber ist wohl, dass wir in ihm den ! Maupas, 1. c. p. 193. Je suis persuade que cette difference n’est due qu’au hasard. ? Maupas, ].c. p. 329. Conjugaisons entre proches parentes affectees de degene- rescence senile (Stylonichia pustulata). 3 Maupas, ]. c. p. 334. Ces anomalies portent exclusivement sur le developpe- ment du nouveau nucleus, qui parait impuissant A s’organiser et surtoutäpro- duiredelachromatine., II VE EEE WERE, WER WORLD | Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 559 Vererbungsstoff zu erblicken haben, wie durch die schönen Ver- suche von Boverı (Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütter- liche Eigenschaften. Sitzg. d. Ges. f. Morphol. und Phys. zu München. 16. Juli 1889) dargethan ist. Dass aber nach meiner Meinung für die Befruchtung eine andere Substanz eine größere Bedeutung bean- spruchen dürfte, habe ich weiter oben aus einander gesetzt (vgl. oben p- 552). Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass ich die Auffassung von Mauras hinsichtlich des permanenten Vorhandenseins des Chroma- tins nicht als geradezu unrichtig bezeichnen will, dass aber nach meinen eigenen Erfahrungen (Hrnking, 8, p. 319 ff. u. hier p. 535) die thatsäch- liche Umwandlung des Chromatins zu einer gewissen Zeit eine größere Wahrscheinlichkeit für sich haben möchte. Damit würde man sich aller- dings der Harcker’schen Annahme eines Monerenstadiums im Entwick- lungseyklus der Thiere bedeutend annähern. Wenn aber Mauras hiervon als von einer »fausse idee, dont l'illogisme est cependant assez evident « (p- 456) spricht, so scheint mir dieses schroffe Urtheil durch die Unter- suchungsresultate des Verfassers nicht genügend begründet zu sein. | Göttingen, den 20. Januar 1890. Litteraturverzeichnis. . F.M. Barrour, Handbuch der vergl. Embryologie. Übers. von Verter. Bd. I. Jena 1880. . F. Brochmann, Über die Richtungskörper bei Insekteneiern. Morphol. Jahrb. Bd. XII. 1886. . F. BLocamann, Über die Zahl der Richtungskörper bei befruchteten und unbe- fruchteten Bieneneiern. Morphol. Jahrb. Bd. XV. 4. Heft. 1889, . 0, BürscaLı, Nähere Mittheilungen über die Entwicklung und den Bau der Samenfäden der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 4874. p. 526. . 0. BürscaLı, Über die Struktur des Protoplasmas. Verh. d. naturw.-med. Ver. Heidelberg. N. F. Bd. IV. 3. Heft. 4889. . G. Corın et E. Berarp, Contribution A l’&tude des matieres albuminoides du blanc d’oeuf. Arch. d, biologie. T. IX. 4889, . W. Fremmisg, Weitere Beobachtungen über die Entwicklung der Spermatoso- men bei Salamandra maculosa. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXI. 4888. . H, Henkıng, Die ersten Entwicklungsvorgänge im Fliegenei und freie Kernbil- dung. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 3. Heft. 1888. . H. Henkıng, Über die Bildung von Richtungskörpern in den Eiern der Insekten und deren Schicksal, Nachr., d, k. Ges. d. Wissensch, zu Göttingen, 1888. 560 H. Henking, 10. H. Lunpwig, Über die Eibildung im Thierreiche. Würzburg 1874. 44. G. PLATNErR, Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilung. V. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXI. 2. Heft. 1889. 12. G. PLarner, Die Karyokinese bei den Lepidopteren als Grundlage für eine Theorie der Zelltheilung. Intern. Monatsschr. für Anat. u. Histol. B. II. 1886. 43. v. LA VALETTE ST. GEORGE, Spermatologische Beiträge. II. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXVII. 1886, 44. A. VoELTZkow, Entwicklung im Ei von Musca vomitoria. Arb. a. d. zool.-zoot. Institute Würzbure. Bd. IX. 1. Heft. 1889. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIV, Die Fig. 4—45 sind mit Wınker’s neuester Camera lucida, unter Benutzung von Winker’s Objectiv Nr. 5 und Ocular 1 in den Umrissen gezeichnet und unter Zu- hilfenahme stärkerer Vergrößerungen genauer ausgeführt. Vergr. 248. Fig. 16 gezeichnet mit Obj. 3, Oc. 4. Vergr. 70. Fig. 47 gezeichnet mit Obj. 2, Oc. 4. Vergr. 45. Fig. 1. Reifes Ei aus dem Ovarium. Fig. 2. Ei, etwa 145 Minuten alt. Figur aus zwei Schnitten kombinirt, Stück «a liegt von 5 fünf Schnitte entfernt. us, überzählige Spermafäden, aus einem dritten Schnitte hier eingetragen; ef, Empfängnisfleck. Fig. 3. Ei, etwa 15 Minuten alt. Figur aus drei Schnitten kombinirt. m, Mikro- pyle; ef, Empfängnisfleck. Fig. 4. Ei aus dem Uterus. Stück a aus zwei benachbarten Schnitten kombi- nirt, Stück b einige Schnitte davon entfernt; c, Eischale mit Mikropyle aus einem anderen Schnitte hier eingetragen. Schale noch ohne Überzug. | Fig. 5. Ei, etwa 3/4 Stunde alt. Figur aus zwei benachbarten Schnitten kom- binirt. Fig. 6. Ei, etwa 25—-27 Minuten alt (von einem anderen Thiere als Fig. 5 her- stammend). Stück a aus zwei benachbarten Schnitten kombinirt, Stück b einige Schnitte davon entfernt. Fig. 7. Ei, etwa 65 Minuten alt. Stück a und b je aus einigen Nachbarschnitten zusammengestellt, unter sich einige Schnitte entfernt. Fig. 8. Ei, etwa 65 Minutenalt. Stück a aus zwei benachbarten Schnitten kom- binirt, Stück b einige Schnitte davon entfernt. Fig. 9. Ei, etwa 45—48 Minuten alt. Aus sechs Stücken kombinirtes Bild, welche sich auf acht benachbarte Schnitte vertheilen. Fig. 40. Ei, etwa 400 Minuten alt. Aus vier Stücken kombinirtes Bild, welche sich auf fünf benachbarte Schnitte vertheilen. Fig. 41. Ei, etwa 100 Minuten alt. Fig. 42. Ei, etwa 100 Minuten alt. Aus zwei Schnitten kombinirt. Fig. 43. Ei, etwa 21/4 Stunden alt. ‘Aus vier benachbarten Schnitten kombinirt. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 561 Fig. 14. Ei, etwa 21/4 Stunden alt. Aus drei Schnitten kombinirt. Stück a von Stück b neun Schnitte, von Stück c vier Schnitte entfernt. | Fig. 45. Ei, etwa vier Stunden alt. Figur aus zwei Schnitten kombinirt, a und b. Fig. 46. Schnitt aus einem etwa 5 er alten Ei, Fig. 47. Figur nach einem mit heißen Wasser getödteten und in Spiritus auf- bewährten Ei gezeichnet. Tafel XXV. Fig. 48 Vergr. 248 (vgl. Fig. 1—A5). Fig. 19—51 und eben so Fig. 52—80 (Taf. XXVI) sind er mit WINkEt's neuester Camera lucida, Wınker’s Ölimmersion 4/44, Ocular 4, ausgezogenem Tu- bus gezeichnet und unter Zuhilfenahme von WınkeEu’s Ölmetersipn 1/20 und un genauer ausgeführt. Vergr. 740. Fig. 48. Schnitt eines jüngeren Eies aus dem Ovarium. Fig. 49. Keimbläschen eines reifen Ovarialeies. s, zwei von der Fläche ge- sehene aus je zwei Stäbchen bestehende Chromatinelemente, diese zur Äquatorial- platte angeordnet. Fig. 20. Keimbläschen eines etwas jüngeren Ovarialeies, als Fig. 19 ist. Fig. 21. Keimbläschen des nächstälteren Ovarialeies als Fig. 49 in Polansicht. a, ein punktförmig erscheinendes Chromatinelement. Fig. 22. Keimbläschen des nächstälteren Ovarialeies als Fig. 241. a, wie in Fig. 24. Fig. 23. Keimbläschen des nächstjüngeren Ovarialeies als Fig. 49 in ‚Polansicht, dagegen älter als Fig. 20, von diesem durch ein zwischenliegendes Ei getrennt. Fig. 24. Keimbläschen eines reifen Ovarialeies in Polansicht, wohl älter als alle vorhergehenden. Fig. 25. Keimbläschen eines etwa 40 Minuten nach der Ablage abgetödteten Eies. Die linke Seite desselben ist verdeckt. z, ein Chromatinelement mit einer mittleren Scheidewand. Fig. 26. Keimbläschen eines etwa 40 Minuten alten Eies. Fig. 27. Wie Fig. 26. Nur die oberflächlichen Chromatinelemente u ge- zeichnet. Fig. 28. Keimbläschen aus einem etwa 45 Minuten alten Ei. Nur ein kleiner Theil der chromatischen Elemente ist gezeichnet, Kernfigur erstreckt sich durch drei Schnitte. 2, Mittelplatte; 7 und 3, chromatische Seitenplatten. Fig. 29. Erste Richtungsspindel des im Uterus abgetödteten Eies. Aus zwei be- nachbarten Schnitten kombinirt. Die helle Umgebung der Kernfigur zu deutlich ausgefallen. Fig. 30. Keimbläschen aus einem etwa 45 Minuten alten Ei. Kernfigur erstreckt sich durch drei Schnitte, nur einer derselben gezeichnet. Fig. 31a. Nach innen zum Ei gewandte Hälfte der Chromatinelemente eines ‚etwa auf dem Stadium der Fig. 26 oder 27 befindlichen Keimbläschens in Polan- sicht. Ei, etwa 40 Minuten alt. z, dichtere Gruppe der Chromatinelemente, Fig. 31 b. Außere Platte der Chromatinelemente. Sonst wie Fig. 34 a. Fig. 32, Erste Richtungsspindel eines etwa 3/4 Stunden alten Eies. Inneres Chromatin aus dem benachbarten Schnitte in den hier abgebildeten eingetragen. ' Fig. 33. Erste Richtungsspindel eines 25—27 Minuten äalten.'Eies: “Aus zwei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 36 562 H. Henking, Schnitten kombinirt. Helle Kügelchen der thelyiden Erweiterung genau eingezeich- net, das Übrige etwas schematisch gehalten. Fig. 34. Schnitt aus einem 45—48 Minuten alten Ei. Erstes Richtungskörper- chen (oben), und Thelyid abgeworfen. Fig. 34a. Zwei Chromatinelemente des unteren Kernes der Fig. 34 von vorn und von der Seite gesehen, freihändig gezeichnet. Fig. 35. Zweite Richtungsspindel (unten) und Theilungsfigur des ersten Rich- tungskörperchens oberhalb vom Thelyid. Ei etwa 65 Minuten alt. Fig. 36. Abschnürung des zweiten Richtungskörpers (unten) und Theilung des ersten Richtungskörpers über dem Thelyid vollendet. Ei etwa 65 Minuten alt. Fig. 37. Erstes Richtungskörperchen, schräg von oben gesehen, aus einem 45 bis 48 Minuten alten Ei. 44 Chromatinelemente. Fig. 38. Weiblicher Pronucleus vor der Kernnetzbildung, ungefähr Polansicht, etwa 44 Chromatinelemente vorhanden. Ei etwa 65 Minuten alt. Fig. 39. Aus drei Schnitten zusammengestellte Figur, zeigt unten den weib- lichen Pronucleus, darüber das zweite Richtungskörperchen, dann folgend das Thelyid und darüber die beiden Theilprodukte des ersten Richtungskörperchens. Alle Kerne völlig ausgebildet. Ei 45—48 Minuten alt. Fig. 40. Männlicher und weiblicher Pronucleus sind zusammengetreten. Ei etwa 400 Minuten alt. Fig. 44. Ei wie in Fig. 40. Fig. 42. Ei ebenfalls etwa 400 Minuten alt, von einem anderen Weibchen als Fig. 40, 4. Fig. 43. Ei wie in Fig. 42. a, männlicher und weiblicher Pronucleus; 5, ein überzähliger männlicher Pronucleus in demselben Ei. Fig. 44. Ei wie Fig. 42, Fig. 45. Wie vorige. Fig. 46. Aus einem etwa 2 Stunden alten Ei. Männlicher und weiblicher Pro- nucleus verschmolzen ? Fig. 47. Männliche und weibliche Pronuclei von verschiedenen Eiern nach ihrem größten Umfang gezeichnet, soll das allmähbliche Wachsthum des weiblichen Pronucleus zeigen. Die Geschlechtskerne bei a, b und ce gehören je demselben Ei an. Fig. 48. Verschmolzene Geschlechtskerne eines etwa 2 Stunden alten Eies. Fig. 49. Ganz junger erster Furchungskern eines etwa 21/4 Stunden alten Eies. Fig. 50. Erste Furchungsspindel eines etwa 21/, Stunden alten Eies. Fig. 51. Theilung der Äquatorialplatte in der ersten Furchungsspindel. Ei etwa 2 Stunden alt. Tafel XXVI, Vergrößerung der Fig. 53—80 = 740. Vgl. die Erläuterung der Taf. XXV. Fig. 52. Aus neun Schnitten kombinirtes Bild der Spitze eines etwa 40 Minuten alten Eies. In die den Empfängnisfleck (ef) enthaltende Stelle ist aus dem nächsten Schnitt die Mikropyle (m), aus den benachbarten die Samenfäden 7—10 eingetragen. Samenfäden im Verhältnis etwas zu dick ausgefallen. Fig. 53. Schnitt durch ein reifendes Spermatozoenbündel aus dem Hoden. Der Schmetterling war durch ein !/ Minute währendes Eintauchen in kochendes Wasser abgetödtet. Fig. 54. Ganz junges Spermatozoon aus dem Hoden, Konservirungsmittel: Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. . 563 Fremming’sche Flüssigkeit. n, Kern; v, Vacuole; nd, Nebenkern ; m, Körperchen un- bekannter Bedeutung, Fig. 55. Ganz junges Spermatozoon aus dem Hoden. Konservirungsmittel: kochendes Wasser (vgl. Fig. 53). n, Kern; nb, Nebenkern. Fig. 56. Schnitt durch ein reifes Spermatozoenbündel aus dem Hoden, Der Schmetterling war durch ein eine Minute währendes Eintauchen in Wasser von 700 C, abgetödtet. n, Kernregion; h, Hals. Fig. 57. Figur aus einer Reihe benachbarter Schnitte kombinirt, m, Mikropyle; s, vom Boden des Empfängnisfleckes (ef) emporgestiegene Plasmasäule;; sp}, tiefer eingedrungenes Spermatozoon, schon umgeben vom Arrhenoid (h); spa, ein zwei- ter Spermatozoenkopf; sf, abgerissene Schwanzfäden der eingedrungenen Sperma- tozoen, Ei etwa 45 Minuten alt. Fig. 58. Das Spermatozoon aus Fig. 2 stärker vergrößert, besteht aus Kern- theil (c) und einem achromatischen Fadenstück (a). Das Arrhenoid kommt zur Entwicklung und besteht aus dem hellen Fleck (f) und dem hellen Hof (h). Fig. 59. Tiefer in das Ei eingedrungenes Spermatozoon. Buchstaben wie in Fig. 58. Aus zwei benachbarten Schnitten kombinirt. Ei etwa 3/4 Stunde alt. Fig. 60. Wie Fig. 59. Ei 25—27 Minuten alt. Nicht kombinirt. Fig. 64. Wie Fig. 59. Kopftheil ce stäbchenförmig. Nicht kombinirt. Fig. 62. Ansicht des spermatozoiden Kopfstäbchens (c) vom Rücken her. Das Arrhenoid (h) erstreckt sich noch auf den folgenden Schnitt. Ei etwa eine Stunde alt. Fig. 63. Querschnitt durch ein Spermatozoon (sp), umgeben vom Arrhenoid (h). Stärker vergrößertes Stück der Fig. 3. Fig. 64. Umriss des Plasmahofes eines Spermatozoon im Ei, zeigt die seitliche Stellung des Kopftheiles (c\. Aus einem etwa 65 Minuten alten Ei. Fig. 65. Aus einem 45—48 Minuten alten Ei. Buchstaben wie in Fig. 58. Fig. 66. Wie Fig. 65. Pyramidenförmig gewordener Kopftheil (c) des Spermato- zoon vom Faden (a) und dem Arrhenoid (f) getrennt. Fig. 67. Aus einem etwa 65 Minuten alten Ei. Faden verschwunden, Kopftheil liegt seitlich. Fig. 68. Aus einem 45—48 Minuten alten Ei. Kopftheil des Spermatozoon auf- gebläht. Arrhenoid beginnt zu verschwinden. Fig. 69. Stück eines Samenfadens im oberen Randplasma eines etwa 3/4 Stun- den alten Eies. Fig. 70. Samenfaden aus dem Receptaculum seminis des Weibchens. Rasch getrocknet, mit ErrLıcn’s Hämatoxylin gefärbt. n,Kerntheil, das Übrige der Schwanz. Nur der Kerntheil und die darauf folgende Partie mit der Camera lucida gezeich- net, das Übrige ebenfalls gezeichnet, mit einem Faden gemessen und nun in der Figur in willkürliche Schlingen gelegt. Fig. 74. Querschnitt durch den Empfängnisfleck (ef) mit den wohl zur An- lockung des Samens dienenden Sekretmassen (s). Fig. 72. Die beiden ersten Embryonalkerne, achromatisch geworden, in ihrem Plasmahof. Ei etwa 21/5 Stunden alt. Fig. 73. Zwei Tochterkerne in einem etwa 5 Stunden alten Ei. Fig, 74. In dem achromatischen Embryonalkern eines etwa 4 Stunden alten Eies tritt wieder Chromatin auf. Fig. 75. Theilungsspindel eines Embryonalkernes aus einem etwa 3 Stunden alten Ei, mit chromatischer Äquatorialplatte und zwei Polkörperchen. Aus zwei Schnitten kombinirt, 564 H. Henking; Unters. über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. Fig. 76. Das Chromatin in den verschmolzenen Richtungskörpern ist wieder schleifenförmig geworden. Ei etwa 5 Stunden alt. Fig. 77. Richtungskörper kurz vor der Verschmelzung. Ei etwa 2 Stunden alt. Fig. 78. Chromatin der Richtungskörper in Körnchengruppen übergegangen. Ei etwa 21/5 Stunden alt. Fig. 79. Das Chromatin der verschmolzenen Richtungskörper beginnt sich zu vermischen. Ei etwa 4 Stunden alt. Fig. 80. Richtungskörper aus einem etwa 400 Minuten alten Ei. Chromatin schleifenförmig. Die Richtungskörper erscheinen ungleich groß, weil ungleich durchschnitten. Nur ein Schnitt dargestellt. Über Tracheenendigungen in den Sericterien der Raupen. Von Dr. C. v. Wistinghausen. (Aus dem zoologischen Institut in Berlin.) Mit Tafel XXVII, Es wird vielleicht wesentlich zum Verständnis dieser Arbeit bei- tragen, wenn in der historischen Übersicht nicht nur die Tracheen- endigung in den Sericterien, sondern auch im Allgemeinen die Art der Endverzweigung der Tracheen in den Organen der Tracheaten, so viel über dieselbe bekannt ist, hier kurz berücksichtigt wird. Über die Endigungsweise der Tracheen herrschen in der Litteratur verschiedene sich widersprechende Ansichten und es ist bis heute noch nicht entschieden, ob die Tracheen blind oder offen endigen, ob sie nach Analogie der Blutkapillaren Anastomosen bilden oder ob die letzten Ausläufer der Athemröhrchen inter- oder intracellulär gelegen sind. BURMEISTER und die älteren Entomologen hatten die Ansicht, dass die mit einem Spiralfaden versehenen Tracheen immer feiner werdend die Organe der Insekten umspinnen und nach Art der Blutkapillaren mit einander anastomosiren. Einen Beweis für diese Endigungsweise der Tracheen hatte freilich Niemand erbracht, aber diese hypothetische An- sicht war allgemein angenommen, zumal sie keineswegs mit den phy- siologischen Anschauungen in Widerspruch zu stehen schien. Prarner!, der die Tracheen der Seidenraupe untersuchte, wies zuerst nach, dass die mit einem Spiralfaden versehenen Tracheen kei- neswegs an ihren Enden mit einander anastomosiren, sondern in feine homogene »Endfäden« auslaufen. Diese Endfäden, wie er die Tracheen- kapillaren der späteren Autoren nannte, in welche die Tracheen aus- ! PLATNER, Mittheilungen über die Respirationsorgane in der Haut bei der Seidenraupe. Mürrer’s Archiv 1844, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, XLIX. Bd. 37 566 C. v. Wistinghausen, laufen, hielt Prarner, da er sie nicht mit Luft gefüllt fand, außerdem ihr Durchmesser mit dem der Spiralfaser übereinstimmte, für solide Stränge, die mit dem Spiralfaden identisch seien und somit kein Lumen besäßen. Er war also der Ansicht, dass die Tracheen blind endigen, der Spiral- faden aber, den er den damaligen Ansichten entsprechend als selb- ständiges Gebilde ansah, sich eine Strecke weit ins Parenchym fort- setzt. Im Gegensatz zu dieser längst aufgegebenen Ansicht PLArner's spricht Leuckarr! die Behauptung aus, dass in den feinen Enden der Tracheenzweige vielmehr der Spiralfaden schwindet, dagegen »die anderen Häute« noch eine Strecke weit verfolgt werden können. Wie sich jedoch die letzten Enden verhalten, ob geschlossen oder offen, das konnte LruckArr, wie er selbst sagt, mit Bestimmtheit nicht beant- worten. Leypie, der in seinen zahlreichen histologischen Arbeiten wieder- holt sich mit Tracheenendigungen beschäftigt hat, spricht in seinen älteren Arbeiten? die Ansicht aus, dass die Endigung der Tracheen in und an den Organen auf ähnliche Weise erfolgt, »wie die Blutgefäße der Wirbelthiere an der Peripherie sich verhalten«. Die zu einem Organ herangetretenen Tracheen sollen nach feiner und feinster Vertheilung sich zu einem Netz, denKapillaren entsprechend, verbinden. Er glaubte dieses deutlich am Darm von Eristalis tenax gesehen zu haben. Hin- gegen in seiner Arbeit über die Larve von Corethra plumie.3 und ins- besondere in seinen letzterschienenen Arbeiten* ist Leypıs zu der Ansicht gelangt, dass die Tracheen in die Zellen selbst eindringen und die letzten Ausläufer der Athemröhrchen die Luft an das die Lücken erfüllende Hyaloplasma bringen. An den Sericterienzellen der Raupen will Leyvie ein solches Verhalten der Tracheenenden beobachtet haben und ein ähnliches auch in den Primitivbündeln der Muskeln von der Corethralarve (Zelle und Gewebe p. 147). Nach seinen Angaben sollen die feinsten Tracheen in die Muskelsubstanz eindringen; die sich thei- lenden Endröhrchen der Tracheen verlaufen in dichten Schlänge- lungen, sind äußerst fein und zart und liegen im »Lückensystem« der Muskelprimitivbündel. Die äußerst feinen Ausläufer der Tracheen ver-: lieren sich zwischen den Körnchen der Muskelsubstanz, »ob zuletzt ge- ! Lehrbuch der Zootomie von Frey und LevuckArT. Wirbellose Thiere. 1847. ?2 Zum feineren Bau der Arthropoden. 4855. Lehrbuch der Histologie. 1857. Zur Anatomie der Insekten. 4859. 3 Diese Zeitschr. Bd. III. 1851. * Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. 1884. p. 72. Zelle und Gewebe. 1885. p. 147 und 149 etc. Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 567 schlossen oder geöffnet, ist bei der äußersten Feinheit der Theile kaum festzustellen« (Zelle und Gewebe p. 149). Danach muss man wohl an- nehmen, dass Leypıs seine oben erwähnte frühere Auffassung, die Tracheen anastomosiren analog den Blutgefäßen der Wirbelthiere, auf- gegeben hat und, gestützt auf seine neueren Beobachtungen, die An- sicht vertritt, dass die Tracheen in die Zelle selbst eindringen und daselbst mit dem Hyaloplasma in Verbindung tretend endigen. Er sagt darüber Folgendes: »Anbelangend der Athmung, so wäre dieselbe abermals in das Hyaloplasma zu verlegen. Für die Annahme spricht die Thatsache, dass bei den Arthropoden, welche durch Tracheen ath- men, die letzten Ausläufer der Tracheen die atmosphärische Luft in die vom Maschenwerk begrenzenden Räume, also an das die Lücken erfüllende Hyaloplasma bringen « (Zelle und Gewebe p. 43). In Übereinstimmung mit Leypıc behauptet C. Kurprrer ebenfalls, dass die Tracheen mit ihren Endausläufern in die Zellen eindringen. In seiner Arbeit über das Verhalten der Drüsennerven zu Drüsenzellen ! sagt er, dass die Tracheen nicht bloß von außen die Speicheldrüsen der Museidenlarve umspinnen, sondern mit einer nicht unbeträchtlichen Zahl feiner Zweige die Tunica propria durchbohren und theils als feine nicht messbare Endäste, die keine Spur des Spiralfadens der Intima mehr wahrnehmen lassen, zwischen den tafelförmigen Zellen verlaufen, ohne Netze zu bilden, theils unzweideutig in diese Drüsenzellen selbst eindringen und bis in die Nähe des Kernes verfolgt werden können. In den verschiedenen Arbeiten über die Leuchtorgane der Lampyriden, war die Frage nach dem Verhalten der letzten Endigungen der Tracheen zu den Zellen der Leuchtorgane von ganz besonderem Interesse und ist auch wiederholentlich Gegenstand der sorgfältigsten Untersuchung ge- wesen. Es ist daher auch für uns von Interesse, die Resultate dieser Arbeiten in Beziehung auf Tracheenendigungen kurz zu überblicken; jedoch auch hier stoßen wir auf sehr sich widersprechende Angaben und eine endgültige Lösung der Frage nach dem Verhalten der letzten Tracheenendigungen haben diese Arbeiten nicht gegeben. Körziker ?, der zuerst die Leuchtorgane untersuchte, giebt an, dass die in die Leuchtorgane hineintretenden Tracheen zwischen den Zellen verlaufen, sich verästeln und schlingenförmig anastomosiren. Dies wurde von M. Scuurzze3 vollkommen in Abrede gestellt und katego- risch bestritten. Er behauptete vielmehr, dass die Tracheen nur so Ei weit, als der Spiralfaden reicht, luftführende Röhrchen seien; »darüber 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. IX. 1873, 2 Verhandlungen der Würzburger phys.-med. Gesellschaft. Bd. VIII. 1857. 3 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. TI. 1865. 37° 568 6. v. Wistinghausen, hinaus setzt sich die Röhre in ein sehr blasses Fäserchen fort, welches nicht, mehr hohl zu sein scheint, sich schnell verdickt und in einen kleinen sternförmigen Körper übergeht«. Dieser sternförmige Körper war nach M Scnurtze’s Ansicht eine Zelle mit vier bis sechs oder noch mehr nach verschiedenen Richtungen ausstrahlenden Fortsätzen und einem Kern. Eine Verbindung der ausstrahlenden Fortsätze verschiedener benach- barter Zellen hat er niemals gesehen. Man glaubte lange Zeit in diesen sternförmigen Zellen, sogenannte »Tracheenendzellen«, die wahren Endi- gungen der Tracheen gefunden zu haben, bis jedoch zuerst von v. WıE- Lowiesskı ! nachgewiesen wurde, dass die sogenannten Tracheenendzel- len nicht wahre Endigungen der Athemröhrchen darstellen, sondern die an der Basis der Tracheenkapillaren schwimmhautartig verbreiterte Peritonealhaut sei. An der Basis der Tracheenkapillaren, die von einer mit Spiralfaden versehenen Trachee ausstrahlen, breitet sich nach v. Wırrowigsski die Peritonealschicht schwimmhautartig zwischen den einzelnen Tracheenkapillaren aus; bei Anwendung von Osmiumsäure, die von M. Scaurtze bei diesen Untersuchungen zuerst angewendet wurde, wird die Peritonealhaut stark geschwärzt und täuschte so ein sternförmiges Gebilde vor, das von M. ScHuLtze für eine Zelle mit Kern und Fortsätzen gehalten wurde. Nach v. Wirrowizsskt dringen die Tracheen in die Leuchtorgane ein, verzweigen sich als feine den Spiralfaden entbehrende homogene Röhrchen, die er nach Leypıs Tracheenkapillaren nennt; in Überein- stimmung mit Körıker behauptetv. WırLowissskı, dass die Tracheenkapil- laren selten blind endigen, vielmehr anastomosiren sie mit einander »eine Art unregelmäßiger Netze bildend«, Sie verlaufen zwischen den Parenchymzellen der Leuchtorgane, die Zellen vielfach umfassend, dringen aber nicht in dieselben ein. Der Verlauf der Tracheenkapillaren scheint nach v. W ızLowızsskr's Schilderung nie ganz unregelmäßig zu sein; hin und wieder sieht man zwei bis drei Tracheenkapillaren in ziem- lich gerader Linie sich verbinden, meist schlängeln sie sich in allen Richtungen, ja nach den Zeichnungen zu urtheilen verknäueln sie sich wirr durch einander, was wohl auf die Präparation zurückzuführen sein wird. Verhältnismäßig selten sieht man auf den Zeichnungen wirkliche Anastomosen der Tracheenkapillaren. Emery? bestreitet auch strikt in dieser Hinsicht v. Wırrowızsskr's Angaben und behauptet, dass die Tracheenendzweige immer frei endigen, niemals mit anderenKapillaren, sei es desselben oder anderer Stämme, sich verbinden. In Überein- stimmung mit v. WırLowizsskı behauptet hingegen auch Enery, dass ein ! Studien über die Lampyriden. Diese Zeitschr. Bd, XXXVII. 2 Emerv, Untersuchungen über Luciola italica. Diese Zeitschr. Bd. XL. f TE N ER F 3 % 4 £ Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 569 Eindringen von Tracheenkapillaren in die Zellen von ihm niemals ge- sehen worden sei. Sehr auffallend sind die Angaben Hzınemany’s!, dass die Parenchym- zellen der Leuchtorgane amerikanischer Cucujusarten von den Tra- cheenkapillaren durchbohrt werden und an denselben »wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht seien«. In wie weit diese Angabe richtig ist, vermag ich nicht zu entscheiden, da ich mexikanische Cucujus nicht untersucht habe; bei unseren einheimischen Insekten habe ich jedoch niemals ein so auffallendes Verhalten der Tracheenkapillaren gesehen. Falls ich Präparate zu Gesicht bekam, die das Bild einer scheinbaren Durehbohrung der Zelle von Tracheen boten, ist es mir immer gelungen, nachzuweisen, dass dies nicht der Fall war, sondern Folge der Präpa- ration; durch Anwendung stark eingreifender Reagentien, beispiels- weise Kalilauge, kann man leicht solche täuschende Bilder erhalten. Zutreffend scheint mir auch die Schilderung, die C. Cuun ?2 von den Endverzweigungen der Tracheenkapillaren in den Rectaldrüsen der In- sekten, speciell Dipteren, giebt. An jede Papille treten zwei große Stämme heran, die sich im Innenraum derselben immer feiner ver- ästeln und in dem Ende in ein Kapillarnetz auflösen, dessen Ästchen einbiegen, wieder in größere Stämme zurücklaufen und so ein ge- schlossenes System von Luftröhren bilden. Es giebt noch eine große Anzahl von Arbeiten, in denen gelegent- lich die für gewöhnlich bezeichneten Endverzweigungen der Tracheen, so weit sie leicht sichtbar sind, berücksichtigt werden; da es jedoch nicht in der Absicht der betreffenden Autoren lag, die wahren Enden und ihr Verhalten zu den Parenchymzellen derjenigen Organe, die sie untersuchten, zu eruiren, so haben diese Angaben unsere Kenntnisse über die wahren Endigungen der Tracheen nicht wesentlich gefördert. Meist lauten diese Angaben, dass die Tracheen die Organe »umspinnen« oder sich zu einem dichten Netz, den Blutkapillaren entsprechend ver- binden. Ich bin weit entfernt, die etwaigen Anastomosen der letzten Tra- cheenenden in Abrede zu stellen; im Gegentheil, wie wir später sehen werden, bin ich zu einem ähnlichen Resultat gelangt. Wenn die An- gaben so strikt und exakt lauten, die Schilderungen so ausführlich sind, wie in der oben erwähnten Arbeit von Caun, bezweifele ich sie 1 HEINEMANN, Über die Leuchtorgane der in Vera-Cruz vorkommenden Leucht- käfer. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VIII und Zur Anat. und Physiol. der Leucht- organe mexikanischer Cucujos. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXVI. 2 C.Caun, Über den Bau, die Entwicklung und physiol. Bedeutung der Rectal- drüsen der Insekten. Abhandlungen der SENCKENBERG’Schen naturf. Gesellschaft in Frankfurt 1875. 570 C. v. Wistinghausen, keineswegs, und es ist ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vor- handen, dass es sich thatsächlich so verhält. Ich bezweifele es nur, dass unter der so häufig zu lesenden Angabe, »ein Netz von Anastomosen umspinnt das Organ«, wirklich die letzten Enden der Tracheen zu ver- stehen sind. In der Regel lässt es sich keineswegs ohne Weiteres nach- weisen; bei flüchtiger Betrachtung, namentlich frischer Präparate, er- scheint es allerdings, dass die feinen Tracheenzweige ein die Organe umspinnendes Netz bilden; die genaue Untersuchung ergiebt jedoch in der Regel, dass diese feinen Tracheen in verschiedenen Richtungen hinziehen, sich kreuzen, verflechten, aber wirkliche Anastomosen, ge- schweige denn Blutkapillaren ähnliche Netze bilden sie gar nicht oder nur höchst selten, vielmehr laufen diese Tracheen schließlich in feine blasse homogene Röhrchen aus, die sich, sei es durch ihr eigenthüm- liches Lichtbrechungsvermögen, sei es aus anderen nicht bekannten Gründen, nicht weit verfolgen lassen und ganz unsichtbar werden, so dass es sich nicht entscheiden lässt, wie sich ihre letzten Enden ver- halten. Nur an einigen für diese Untersuchungen ganz besonders ge- eigneten Objekten, wie beispielsweise die Serieterien der Raupen es sind, lässt sich das Verhalten der letzten Endigungen der Tracheen ei- nigermaßen eruiren. Aus diesen Gründen ist es bisher, mit nur wenigen Ausnahmen, nicht gelungen, die wahren letzten Endigungen der Tracheen in den Organen der Insekten nachzuweisen. Als Beweis, wie schwierig es ist, könnte die sehr ausführliche Arbeit Lussock’s ! über den Verzweigungs- modus der Tracheenkapillaren angeführt werden; Lussock hat eine große Anzahl von Insekten auf die Endverzweigung ihrer Tracheen hin untersucht, es ist ihm aber nicht gelungen, die letzten Enden der Tra- cheenkapillaren zu sehen, geschweige ihr Verhalten zu den Zellen oder ihre Endigungsweise zu eruiren. Fassen wir die wichtigsten Resultate der hier referirten Arbeiten zusammen, mit Ausnahme der älteren und als unrichtig erkannten An- gaben, so ergiebt sich etwa Folgendes: Kuprrer und Leypic vertreten die Ansicht, dass die letzten Enden der Tracheen in die Zellen eindringen und intracellulär endigen. KÖLLIKER, v. WIELOWIEISKI und Emery, die ihre Angaben nur auf die Untersuchungen an den Leuchtorganen der Lampyriden stützten, be- haupten, dass die Enden der Tracheen niemals in die Zellen eindringen, vielmehr zwischen den Zellen gelegen sind. Ob die letzten Enden mit einander anastomosiren oder blind auslaufen, darüber herrschen, wie 1 LusBock, On the Distribution of the Tracheae in Insects. The Transactions of the Linnean society of London. Vol. XXIII. London 1860. Uber Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 571 wir gesehen haben, die verschiedensten sich widersprechenden und weit aus einander gehenden Ansichten und Angaben. Im Allgemeinen können wir nicht Sagen, wie die Tracheen in den Organen der Insekten endigen. Methode der Untersuchung. Bevor ich auf die Darstellung meiner eigenen Resultate eingehe, möchte ich an dieser Stelle einige Bemerkungen über die angewen- deten Präparationsmethoden bei den Untersuchungen der Tracheen- enden vorausschicken. Die Tracheenkapillaren sind ihres Lieht- brechungsvermögens wegen in den verschiedenen Organen der Tra- cheaten sehr schwer zu sehen, ja, man kann sagen, es ist unmöglich in den meisten Organen ohne Weiteres ihr Verhalten zu den Zellen oder ihre Endingungsweise zu eruiren, es sei denn, dass man eine Methode ausfindet, die die Kapillaren in irgend einer Weise sichtbar macht. Die denkbar günstigste Methode wäre eine Injektion der Tracheen und ihrer letzten Ausläufer mit einer farbigen Injektionsmasse. Es sind auch in dieser Hinsicht verschiedene Vorschläge und Versuche gemacht wor- den, auf die ich hier etwas näher eingehen will. H. Micnzıs ! will mit einem Vacuum-Apparat, der nach Angaben von Prof. Eurers konstruirt, eine Injektion der feinsten Tracheen, wie er sagt, erzielt haben. Ich will jedoch gleich bemerken, dass es Micnzıs bei seinen Untersuchungen weniger auf die feinen histologischen Details der Tracheenenden, als auf Anastomosen der feineren Tracheenstämme an- kam. Der Apparat, dessen Konstruktion genau in dieser Zeitschrift Bd. XXXIV, p. 662 geschildert ist, ist ein doppelwandiger, vollständig luftdicht verschlossener kupferner Kessel, aus welchem die Luft durch eine Luftpumpe entfernt werden kann. In den angeheizten Kessel- raum wird das Objekt in einem Becherglase in einer farbigen Injek- tionsmasse schwimmend gestellt; der Kesselraum wird alsdann mit- tels einer Luftpumpe ausgepumpt. Im luftverdünnten Raum soll die Luft aus den Tracheen entweichen und an ihrer Stelle die Injektions- masse eindringen. Dies geschieht auch in geringem Maße, aber die In- jektionsmasse dringt nur in die größeren Tracheenzweige; dagegen eine Injektion der feinsten Tracheenkapillaren findet nicht statt. J. T. Oupemans? wendete statt der warmen eine kalte Injektions- masse an, ein Gemisch von Kopallack mit viel Äther, dem einige Tropfen einer sehr starken alkoholischen Lösung von Methylgrün zugefügt, und 1 Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. H. Mıcueıs, Beschreibung des Nervensystems von Oryctes nasicornis etc. 2 Bijdrage tot de Kennis der Thysanura en Collembola. Amsterdam 4887. p. 72. 572 C. v. Wistinghausen, stellte die Objekte in dieser Injektionsmasse unter den Recipienten einer Luftpumpe. Diese Methode ist wesentlich besser als die vorher be- schriebene, denn man braucht nicht den theuren Enzzrs’schen Apparat und die Resultate sind nach meiner Erfahrung bei Weitem besser. Die Injektionsmasse dringt verhältnismäßig tief und leicht in die Tracheen ein, aber eine Injektion der Tracheenkapillaren erreicht man auch mit dieser Methode nicht. Bei meinen Injektionsversuchen mit dem Vacuum-Apparat habe ich sowohl negativen als positiven Druck angewendet — d. h. so viel man mit einer gewöhnlichen Stiefelpumpe positiven Druck zu erzeugen ver- - mag, also ungefähr 2—3 Atmosphären, — jedoch ohne Resultat, und es ist mir niemals gelungen, die Injektionsmasse bis in die Tracheenkapil- laren zu treiben. RarHaeL Dugoıs! will bei einem kolossalen Druck von 600 Atmo- sphären eine vollständige Injektion der Tracheen erzielt haben. Da er aber nicht angiebt, dass er die Luft aus den Tracheen vorher entfernt hat, so kommt es mir sehr zweifelhaft vor, dass die Injektionsmasse sehr tief in die Tracheen eingedrungen sein kann. Mir standen Apparate, mit denen ich einen Druck von 600 Atmosphären erzeugen konnte, nicht zur Verfügung, und in Folge dessen habe ich die Versuche nicht kon- trolliren können. Eine andere Methode, die Thiere in Osmiumsäuredämpfen ab- zutödten, hat bekanntlich Max SchuLtze zuerst empfohlen und nach ihm haben fast Alle, die Lampyriden histologisch untersuchten, diese Methode angewendet. Mit Lampyriden habe ich meine Versuche nicht ange- stellt, hingegen mit vielen anderen Tracheaten; diese hing ich, wie das von M. ScuuLtze angegebene Verfahren verlangt, in Osmiumsäuredämpfe verschiedener Koncentration auf. Eine Schwärzung der Peritonealhaut der Tracheen tritt bald mehr, bald weniger ein, hingegen eine Schwär- zung der Tracheenkapillaren niemals. Auf das Ausbleiben der Re- duktion der Osmiumsäure in den feinen Tracheenästen und Tracheen- kapillaren hat v. WırLowizsskı ebenfalls aufmerksam gemacht und glaubt es dadurch erklären zu können, dass die im Tracheensystem aufgenom- mene Osmiumsäuremenge schon in den Anfangsröhrchen reducirt wird und nicht mehr zu den feinsten Verzweigungen vorzudringen im Stande ist. Ich glaube, dass diese Erklärung eine vollkommen richtige ist und möchte nur noch hinzufügen, dass ich die Beobachtung gemacht habe, so wie man die Insekten den Osmiumdämpfen aussetzt, die Ath- mung eine sehr oberflächliche wird, ja scheinbar ganz aufhört. So wie ! Bulletin de la Societe zoologique de France pour l’annee 1886. One vo- lume. Paris 1886. p. 63. a u az ‚ TR Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 573 aber das eintritt, können die Osmiumsäuredämpfe nicht tief in das Tra- cheensystem eindringen. Außer diesen habe ich noch die verschiedensten Methoden ange- wendet, um die Tracheenkapillaren durch Färbung oder Injektion sichtbar zu machen, jedoch ohne ein Resultat erzielen zu können. Da- her habe ich meine Untersuchungen über die Endigungsweise der Tra- cheenkapillaren ausschließlich auf so günstige Objekte, wie es die Serieterien der Raupen sind, beschränken müssen. Da auch die besten Fixirungsmittel das Tracheenkapillarendnetz so veränderten, dass es gar nicht erkennbar war, gabich es auf, an Schnitten und Dauerpräparaten die Endigungsweise der Tracheen zu studiren und untersuchte die Sericterien fast nur frisch in 0,5%/,iger Kochsalzlösung oder in Leimglycerin. Meist war das Verfahren folgendes: Die Seric- terien werden in 0,50/,iger Kochsalzlösung vorsichtig herauspräparirt, dann an einer Seite aufgeschnitten, auf einem Objektträger ausgebreitet, so dass dieInnenfläche auf das Glas zu liegen kommt. Empfehlenswerthistes, das dicke Sekret nach Möglichkeit vorsichtig mit einem Pinsel zu entfer- nen oder auch die aufgeschnittenen Sericterien von der festen Sekret- masse abzuziehen, was bei einiger Übung leicht möglich ist. Alsdann untersucht man die Sericterien entweder in 0,5 °/,iger Kochsalzlösung oder, was bei einigen Raupenarten, wiez. B. Ocneria dispar sich als sehr vortheilhaft erwies, in Leimglycerin. Dasselbe stellte ich mir nach An- gabe von Ranvier her: gewöhnliche Gelatine wird ohne Wasserzusatz im Wasserbade gelöst, mit gleichen Theilen Glycerin gemischt und durch Flanell filtrirt. Das Leimglycerin wird im geschmolzenen, jedoch nicht zu heißem Zustand direkt auf die präparirten Serieterien aufgetragen und alsdann auf einige Zeit in einen Wärmkasten von 50°C. gelegt. Das Leim- elycerin hat, abgesehen von der aufhellenden Wirkung, noch den Vortheil, dass es wahrscheinlich durch sein Lichtbrechungsvermögen, die Tra- cheenkapillaren der Sericterien einiger Raupenarten noch viel deut- licher erscheinen lässt, als die 0,5°/,ige Kochsalzlösung. Die Präparate halten sich jedoch in dem Leimglycerin nur kurze Zeit, höchstens 1—1!/, Stunden, alsdann verändern sie sich sehr. Die 0,5°%/,ige Koch- salzlösung ist jedoch meist dem Leimglycerin in so fern vorzuziehen, da esam wenigsten das Aussehen des später zu beschreibenden Tracheen- kapillarendnetzes verändert. Über den Bau der Serieterien und Verlauf der Tracheen. Die Serieterien der Raupen bestehen bekanntlich aus einer Mem- brana propria, einem einschichtigen Pflasterepithel und einer festen euticularen Intima. Das Drüsenepithel setzt sich zusammen aus flachen, 574 C. v. Wistinghausen, auffallend großen sechseckigen Zellen, die so groß sind, dass man sie deutlich mit bloßem Auge erkennen kann. Die Kerne zeigen die be- kannte stark verzweigte Form. Das Protoplasma ist farblos, zeigt aber je nach Größe und Abschnitt der Drüse eine verschiedene Beschaffen- heit; meist erscheint es feinkörnig, namentlich im hinteren Abschnitt der Drüse, hingegen im mittleren und auch im Ausführungsgang be- merkt man gegen das innere Lumen hin bald mehr oder weniger deut- lich Fasern im Protoplasma, die dicht neben einander in eirkulärer Richtung verlaufen. Diese Fasern zeigen einen rein protoplasmatischen Charakter und sind mit dem später zu beschreibenden Tracheenkapil- larendnetz nicht zu verwechseln. Betrachtet man die Spinndrüsen der Raupen bei schwächerer Vergrößerung, so erblickt man auf der Ober- fläche derselben eine Menge von Tracheen sich verzweigen. Meist ver- laufen die großen Tracheenstämme in der Längsrichtung der Spinn- drüse, geben eine große Anzahl von Zweigen ab, die theils in verschiedener Richtung über die großen Zellen hinwegziehen, theils zwischen ihnen gelegen sind. Von diesen zweigen sich kleinere Tracheen ab, die entweder auf der Zelle oder über die Zelle hin- wegziehend, auf der nebenan liegenden Zelle scheinbar ihr Ende er- reichen. Betrachtet man diese scheinbaren Enden der Ausläufer der Tracheen bei starker Vergrößerung, so sehen wir, dass dieselben mit Luft gefüllte und mit Spiralfaden versehene Tracheen sind, die unter der Tunica propria der Sericterien gelegen sind und an ihrem schein- baren Ende in je zwei bis fünf feine homogene, luftileere Röhrchen übergehen. Die Tunica propria wird thatsächlich von den Tracheen durchbohrt und zwar nicht von den dicken Stämmen, sondern von den feineren Zweigen. EnGELmann hat dieses ebenfalls konstatiren können und sagt darüber Folgendes!: »Die Tunica propria wird von den Tracheen durch- bohrt, deren zahlreiche Äste sich auf, zwischen und in den Epithel- zellen bis nahe an das Lumen heran ausbreiten. « Vom entwicklungsgeschichtlichen Standpunkt lässt es sich schwer erklären, wie die feinen Tracheenstämmchen die starke Tunica propria durchbohren sollen; Thatsache ist es, dass sie es thun. Man kann sich leicht an Querschnitten durch die Serieterien überzeugen, dass (Fig. 2) die feinen, mit Spiralfaden versehenen Tracheenstämmchen unter der Tunica propria gelegen sind. Diese Tracheen liegen jedoch nicht im Plasma der Zelle, sondern sind stets durch eine dünne Haut vom Plasma ! Zur Anatomie und Physiologie der Spinndrüsen der Seidenraupe. Nach den Unters. von TH. W. v. LıDTH DE JEUDE mitgetheilt von Professor Tu. W. EnGELMANN, Utrecht. Zool. Anz. Jahre. I. Nr. 5. Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 575 der Zelle geschieden. Niemals habe ich Tracheen im Plasma der Zelle verlaufen oder endigen sehen; sie verlaufen stets entweder dicht unter der Tunica propria auf der Zelle und sind vom Plasma durch eine dünne Haut, die von der Tunica ausgeht, geschieden, oder sie verlaufen zwischen den Zellen. Die Tracheenkapillaren und das Tracheenkapillarendnetz. Die Tracheen gehen an ihren scheinbaren Enden in feine homogene Röhrchen über, deren Anzahl eine sehr wechselnde ist und sich nach der Species der Raupen richtet. In der Regel zählt man zwei bis fünf, oft aber auch mehr. — Diese homogenen Röhrchen haben Leyvis und nach ihm v. Wıerowıesskı als Tracheenkapillaren bezeichnet, ein Name, der, wenn auch nicht ganz passend gewählt, sich ziemlich allgemein in der Litteratur eingebürgert hat. Aus diesem Grunde behalte ich ihn bei und verstehe kurzweg unter Tracheen diejenigen Luftröhren, die mit einem Spiralfaden versehen sind, unter Tracheenkapillaren hingegen die feinen homogenen Röhrchen, die keine Spur von einem as aufweisen. In der Regel gehen die Tracheenkapillaren von den äußersten Spitzen der Tracheenröhrchen ab, jedoch sieht man oft, dass sie nicht nur an den Enden, sondern auch im Verlauf sowohl der feineren, als auch sogar der verhältnismäßig starken Tracheenstämme ihren Ursprung nehmen. Ihr Verlauf ist meist unregelmäßig: bei manchen Raupen- arten schlängeln sie sich in verschiedene Richtungen, bei anderen hin- gegen verlaufen sie ganz gerade, geben meist keine Seitenzweige ab. Ihr Durchmesser beträgt durchschnittlich 0,0016 mm. Die Tracheen- kapillaren bestehen erstens aus einer Matrixschicht, der sogenannten Peritonealhaut, die bei manchen Arten, so z. B. bei Bombyx Yama-Mai, sehr stark entwickelt ist und schwimmhautartig zwischen den Kapil- laren sich ausbreitet, und zweitens einer Intima, die aus Chitin besteht, aber niemals einen Spiralfaden zeigt. In den frischen Präparaten fin- det man die Tracheenkapillaren niemals mit Luft, sondern mit einer Flüssigkeit gefüllt. Levopie ! behauptet nun, wie wir es schon in der historischen Übersicht gesehen haben, dass diese Tracheenkapillaren in die Zellen der Serieterien eindringen und im Hyaloplasma ihr Ende erreichen. Es ist mir nicht gelungen, mich von der intracellulären Endigungsweise der Tracheen zu überzeugen und Bilder zu Gesicht zu bekommen , die der Leyoig’schen Zeichnung (l. ce. Taf. VI, Fig. 69) entsprechen. I Lewpis, Untersuchungen zur Anatomie u. Histologie der Thiere. Bonn 1884. 576 C. v. Wistinghausen, Die Tracheenkapillaren der Sericterien sind, im Gegensatz zu den- jenigen anderer Organe, in ihrem Verlauf auf der Zelle verhältnismäßig leicht zu verfolgen; sie verlaufen unter der Tunica propria, zwischen derselben und der Zelle, dringen aber nicht tiefer in die Zelle ein, um dort zu endigen, sondern gehen in ein durch mannigfaltige Anastomo- sen gebildetes Netz über (Fig. I, 3, 5). Das Netz, das wie aus feinen Fäden gebildet erscheint, breitet sich über die ganze Sericterienzelle aus und sämmtliche Tracheenkapillaren, die an die Zelle herantreten, stehen in Verbindung und gehen in dieses Netz über. Das Aussehen des Netzes zeigt bei verschiedenen Raupenarten einige geringe Modi- fikationen, auf die ich später noch zu sprechen komme. Bei Ocneria dispar beispielsweise ist es sehr dicht; die einzelnen Fäden theilen sich gabelig, verlaufen theils in geraden, theils in gebogenen Linien und anastomosiren mit einander. An den Bifurkationsstellen spannt sich eine Haut zwischen den Fäden schwimmhautartig aus (Fig. 8), die eben- falls je nach Art bald mehr, bald weniger stark entwickelt ist. Frisch untersucht in 0,5°/, iger Kochsalzlösung zeigen die einzelnen Fäden des Netzwerkes einen gebogenen oder geradlinigen Verlauf (Fig. 3, 6, 8), hingegen in Leimglycerin erscheinen sie etwas zackig (Fig. 4), was je- doch nur auf Schrumpfung in Folge des heißen Leimglycerins zurück- zuführen ist. | Wenden wir uns jetzt zur Betrachtung der Struktur und Zusammen- setzung des oben beschriebenen Netzes, welches mit den Tracheen- kapillaren in Verbindung steht, so kann man sich leicht überzeugen, dass die Peritonealhaut der Tracheenkapillaren in direkter Verbindung mit dem Netze steht und in dasselbe übergeht. Ein ganz ähnliches Verhalten, wie an der Basis der Tracheenkapillaren (Fig. 8), zeigt die Peritonealhaut im Netz; auch hier breitet sie sich an den Bifurkations- stellen schwimmhautartig zwischen den sich theilenden Fäden aus. Die einzelnen Fäden des Netzes sind rund, zeigen meist deutlich doppelte Kontouren, dasselbe etwas gelbliche Aussehen und Lichtbrechungsver- mögen wie die Tracheenkapillaren und erscheinen als feine homogene Röhrchen, die aus Chitin allem Anschein nach zu bestehen scheinen und von der sie umgebenden Peritonealhaut ausgeschieden werden. Sie bilden ein netzförmiges System von feinen Röhrchen, die mit einander in Verbindung stehen, deutlich mit einander anastomosiren und Tra- cheenkapillaren verschiedener Tracheengebiete mit einander verbinden, so dass sämmtliche an eine Zelle herantretende Tracheenkapillaren durch dieses System von Röhrchen in Verbindung stehen. Daher nenneichesTracheenkapillarendnetz. Dass die Fäden des Netzes wirklich Röhrchen sind, lässt sich schwer Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 577 - beweisen; ich kann nur die Vermuthung aussprechen und bin es be- rechtigt aus der doppelten Kontour und hauptsächlich aus ihrer Ähn- lichkeit im Aussehen und im Lichtbrechungsvermögen mit den Tra- cheenkapillaren zu schließen. Luft habe ich in den Röhrchen des Tra- cheenkapillarendnetzes niemals gesehen, vielmehr scheinen sie mit einer Flüssigkeit, wie die Tracheenkapillaren gefüllt zu sein. Der Durch- messer ist kleiner als der der Tracheenkapillaren, und kaum messbar, da er etwas weniger als I u beträgt, während die Tracheenkapillaren an den Stellen, wo sie in die Röhrchen des Tracheenkapillarendnetzes übergehen, noch einen Durchmesser von 4 u haben. — Wie ich schon oben bemerkt habe, ist es mir niemals gelungen, Luft in den Röhrchen - des Tracheenkapillarendnetzes zu sehen; man könnte diesen Umstand als - Beweis anführen, dass das Tracheenkapillarendnetz keineswegs aus - Röhrchen besteht und folglich auch nicht der Respiration dienen könne. Ich möchte hingegen auf die bekannte Thatsache aufmerksam machen, dass ja die Tracheenkapillaren getödteter Insekten auch nicht mit Luft, sondern mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Aus diesem Grunde wurde früher von einigen Autoren der Luftmangel in den Tracheenkapillaren als Beweis angeführt, dass dieselben solide Gebilde seien und kein Lu- men besäßen. v. WırLowızsskı gelang es zuerst diese Frage mit Sicher- heit zu entscheiden. -An ausgetrockneten Präparaten fand er nämlich die Tracheenkapillaren mit Luft gefüllt und bei Zusatz von Flüssigkeit sah er, wie die Flüssigkeit von den Tracheenkapillaren aus in das Tra- cheensystem eindrang. Daraus zog er den richtigen Schluss, dass das konstante Fehlen der Luft und das Vorhandensein der Flüssigkeit in den Tracheenkapillaren Folge der kapillaren Attraktion sei, die durch den Mangel der Athembewegung leicht den Luftdruck in den Tracheen- kapillaren überwindet und so die Parenchymflüssigkeit die Luft aus den- selben verdrängt. Wie verhält es sich nun mit dem Tracheenkapillar- endnetz? Füllen sich die Röhrchen bei Trockenpräparaten auch mit Luft? Das ist nicht der Fall. Das Austrocknen ist eine sehr rohe Methode, die große Veränderungen im Präparat hervorruft; das Gewebe schrumpft stark zusammen, reißt an vielen Stellen, und so zarte Gebilde, wie das Tracheenkapillarendnetz, werden vollständig zusammengedrückt, die feineren Röhrchen leisten geringeren Widerstand als die dickeren Tra- cheenkapillaren. Die Tracheenkapillaren werden durch das Eintrocknen E und durch die dadurch eintretende Schrumpfung des Gewebes von dem Tracheenkapillarendnetze losgerissen und diese füllen sich mit Luft, hin- gegen einige Tracheenkapillaren bleiben luftleer und diese scheinen in Verbindung mit dem Netz geblieben zu sein. Die Wandung der Röhrchen des Tracheenkapillarendnetzes er- B 0 g 578 6. v. Wistinghausen, scheint, wenn man die Sericterien frisch in 0,50/,iger Kochsalzlösung untersucht, vollkommen homogen, der Verlauf geradlinig oder gewun- den, jedoch nicht zackig (Fig. 6 und 8). Untersucht man hingegen die Serieterien in Leimglycerin, so erscheint die Wandung der Röhrchen stellenweis leicht granulirt, mit feinen Körnchen besetzt, der Verlauf deutlich zackig (Fig. 7). Das Letztere ist nur auf leichte Schrumpfung in Folge des heiß aufgetragenen flüssigen Leimglycerins zurückzu- führen. Ob jedoch die Röhrchen des Trachenkapillarendnetzes eine poröse Wandung haben oder nicht, lässt sich bei der Feinheit der Ge- bilde auch bei den stärksten Vergrößerungen nicht entscheiden. Die Röhrchen scheinen allem Anschein nach wesentlich aus Chitin zu bestehen; dafür spricht namentlich das leicht gelbliche Aussehen der- selben an den Bifurkationszellen. Das Tracheenkapillarendnetz ist so zart und empfindlich gegen Reagentien, dass man es mit Erfolg einer mikrochemischen Reaktion nicht unterwerfen kann. Bei Behandlungs mit Kalilauge verschiedener Koncentration, am besten jedoch mit sehr verdünnter, verschwindet die zellige Struktur sofort, dagegen leisten die Tracheenkapillaren, als auch das Tracheenkapillarendnetz kurze Zeit Widerstand, werden alsdann in Folge von Quellung so durch- sichtig, dass man unmöglich sagen kann, ob sie noch vorhanden sind oder nicht. Bei Zusatz anderer mikrochemischer Reagentien wird die Struktur der Sericterienzelle so verändert und undurchsichtig, dass man das Tracheenkapillarendnetz kaum noch erkennen kann und nicht zu beurtheilen ist, was für eine Wirkung und Einfluss auf dasselbe ausge- übt worden ist. Außer den feinen Röhrchen sieht man noch im Tracheenkapillar- endnetz feine Fäserchen von denselben ausgehen, die nicht mit einander in Verbindung treten, sondern nach kurzem Verlauf verschwinden. Diese feinen Fäserchen sieht man vielfach (Fig. 4), sie scheinen zur Fixirung des Tracheenkapillarendnetzes zu dienen und sind Ausläufer der Peritonealhaut. In der bisherigen Schilderung habe ich mich haupt- sächlich an das Tracheenkapillarendnetz von Ocneria dispar B. gehalten; außer dieser habe ich noch Bombyx Yama-Mai, Sphinx euphorbia, An- therea Pernyi, Bombyx mori untersucht, und bei allen ein Tracheen- kapillarendnetz deutlich gesehen. Das Tracheenkapillarendnetz zeigt bei diesen verschiedenen Raupenarten bald mehr, bald weniger kleine Abweichungen; so ist beispielsweise bei Bombyx Yama-Mai die Perito- nealhaut auffallend stark entwickelt, die Kapillaren des Netzes ver- laufen mehr gestreckt, geben seltener als bei Ocneria dispar Seiten- zweige ab; ähnlich verhält es sich auch bei Sphinx euphorbia. Es ist nicht immer leicht, das Tracheenkapillarendnetz zu Gesichtzubekommen; Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 579 - wesentlich hängt es von der Beschaffenheit und Dicke der Membrana propria ab. So ist beispielsweise bei Bombyx mori die Membrana pro- pria der Sericterien sehr dick und stark entwickelt im Verhältnis zu der- jenigen von Ocneria dispar, und daher das Tracheenkapillarendnetz, welches unter der Membrana propria liegt, nur sehr schwer zu sehen. Ich habe 15 Seidenraupen untersucht und nur bei einer einzigen das Tra- cheenkapillarendnetz zu Gesicht bekommen; diesen glücklichen Zufall verdankte ich nur einer geringen Verletzung der Membrana propria. Das : Tracheenkapillarendnetz von Bombyx mori ist überaus fein und über- zeugend, wie ich es bei keiner anderen Art gesehen habe (Fig. 9). Sehr günstig zur Untersuchung sind die großen ausgewachsenen Raupen von Oceneria dispar, Bombyx Yama-Mai. Bei jungen, nicht ausgewachsenen Raupen ist das Tracheenkapillarendnetz nichtzu sehen, weiles nicht vor- handen ist. Dasselbe entwickelt sich erst in der wachsenden Raupe. Bei jungen Exemplaren findet man die Tracheenkapillaren knäuelförmig auf- gerollt, umgeben von einer strukturlosen Membran und von einem Tra- cheenkapillarendnetz ist nichts zu sehen. Es lag ursprünglich in meiner Absicht, auch die Entwicklung des Tracheenkapillarendnetzes in dieser Arbeit zu berücksichtigen; ein Mangel an jungen Raupen trat mir je- doch bei den entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen sehr hin- derlich in den Weg, so dass ich sie endgültig nicht abschließen konnte. Falls ich in nächster Zeit über günstiges Material zu verfügen habe, hoffe ich die angefangene Arbeit über die Entstehungsweise des Tra- cheenkapillarendnetzes zum Abschluss bringen zu können. Fast bei allen von mir untersuchten Raupenarten habe ich das Tracheenkapillarendnetz sehen können. Mit mehr oder weniger klei- nen Abweichungen haben sie alle das gemeinsam, dass die Tracheen- kapillaren in ein bald mehr bald weniger dichtes Tracheenkapillar- endnetz übergehen, welches unter der Membrana propria auf der Oberfläche der großen Sericterienzellen, in einer Ebene mit den Tra- cheenkapillaren liegt und die Tracheenkapillaren verschiedener Tra- cheengebiete verbindet. Das Tracheenkapillarendnetz erscheint als ein System feiner Röhrchen. Die Wände derselben erscheinen homogen, i nicht porös, sind jedoch für die Parenchymflüssigkeit leicht permeabel, _ da man in denselben nicht Luft, sondern Flüssigkeit, ähnlich der in den Tracheenkapillaren, postmortal antrifft. Ob bei der lebenden Raupe das Tracheenkapillarendnetz mit Luft oder Parenchymflüssigkeit gefüllt ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Jedoch muss ich annehmen, dass die = Wandungen der Röhrchen für Flüssigkeiten sehr permeabel sein müssen und möglicherweise ist auch bei der lebenden Raupe im geringeren Grade als bei der todten das Tracheenkapillarendnetz mit Flüssigkeit 580 6. v. Wistinghausen, gefüllt. Dadurch, dass Flüssigkeiten leicht in die Kapillaren des Netzes eindringen können, ist die Möglichkeit gegeben, die inspirirte Luft leichter aus den Röhrchen bei der Exspiration zu verdrängen und da- durch den Luftwechsel zu beschleunigen. Das leichte Eindringen der Flüssigkeiten in die Röhrchen könnte auf diese Weise als exspiratorische Hilfskraft gedeutet werden. Auch da- durch, dass die Tracheenkapillaren sich in ein dichtes Netz von feinen Röhrchen auflösen, die so verschiedene Tracheengebiete verbinden, wird der Gasaustausch in einem System reich anastomosirender Röhr- chen ein viel regerer sein, als in blind auslaufenden Röhrchen. Fassen wir die wichtigsten Resultate dieser Arbeit zusammen, so ergiebt sich Folgendes: 1) Die Tracheenkapillaren endigen nicht in den Sericterienzellen der Raupen, sondern gehen in ein feines Netz, das sogenannte Tra- cheenkapillarendnetz, über. 2) Das Tracheenkapillarendnetz ist ein System von feinen Röhren, welche analog den Tracheenkapillaren aus einer Peritonealschicht und einer wahrscheinlich chitinisirten Intima bestehen, mit einander anastomosiren und die Tracheenkapillaren verschiedener Tracheenge- biete mit einander verbinden. | 3) Das Tracheenkapillarendnetz liegt, eben so wie die Tracheenka- pillaren und die feineren Tracheenzweige, unter der Membrana propria, zwischen dieser und den Sericterienzellen und breitet sich über die ganze Zelle aus. Es liegt jedoch nicht im Plasma der Zelle, sondern ist von diesem durch eine dünne Haut geschieden. Herrn Professor Fr. E. Scuuze, der zuerst meine Aufmerksamkeit auf die interessante Frage der Tracheenendigung lenkte, verdanke ich die Anregung zu dieser Arbeit und spreche ihm hiermit meinen ver- bindlichsten Dank aus. Berlin, den 4. Oktober 1889. ee ae Sn 5 a ee Ye } a he, zu 2 Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. 581 Litteraturverzeichnis. 1832. Burmeister, Handbuch der Entomologie. 4844. PrArner, Mittheilungen über das Respirationssystem der Seidenraupe. Mür- LER'S Archiv. 4847. LEUCKART, WAGNERS Lehrbuch der Zootomie. Thl. U. 4849, H. Meyer, Über die Entwicklung des Fettkörpers der Tracheen etc. Diese Zeitschr. Bd. I. 1854. Fr. Leypıs, Anatomisches über die Larve von Corethra plumicornis. Diese Zeitschr. Bd. II. 1855. Fr. Leyvie, Zum feineren Bau der Arthropoden. Archiv f. Anat. u. Physiol. 1856. C. Semper, Über die Bildung der Flügelschuppen bei den Lepidopteren. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1857. Fr. Levoıg, Lehrbuch der Histologie. 1859. Fr. Leypıg, Zur Anatomie der Insekten. Archiv für Anat. u. Physiol. p. 162. 1860. Lussock, On the Distribut. of the Tracheae in Insects. The transact. of the Linnean society of London. Vol. XXIII. London 1860. 4864. A. WEISMANN, Entwicklung der Dipteren. Diese Zeitschr. Bd. XII. 1865. A. WEISMANN, Die nachembryonale Entwicklung d. Musciden. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 1865. M. ScHuLTzE, Zur Kenntnis der Leuchtorgane der Lampyris splend. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. I. 4872. C. HEINEMANN, Untersuchungen über die Leuchtorgane der bei Vera-Cruz vor- kommenden Leuchtkäfer. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. VII. 41873. C. Kuprrer, Verhalten von Drüsennerven zu Drüsenzellen. Archiv für mikr. Anat. Bd. IX. 1875. C. Cuun, Über den Bau der Rectaldrüse. Frankfurt. 4882. v. WIELOWIEJSKI, Studien über die Lampyriden. Diese Zeitschr. Bd. XXX VI 4884. GC. Emery, Untersuchungen über Luciola ital. Diese Zeitschr. Bd. XL. 1884. Fr. Leyvic, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. 41885. Fr. Leyvig, Zelle und Gewebe. Bonn. 4886. C. HEINEMANN, Zur Anatomie u. Physiologie der Leuchtorgane mexikanischer Cucujos. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXVI. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVII. Abkürzungen : Tr, Trachee mit Spiralfaden; Tre, Tracheenkapillare, Trachee ohne Spiralfaden; Trcen, Tracheenkapillarendnetz. Fig. 4. Eine Sericterienzelle von Ocneria dispar. SZ, Sericterienzelle. Schwache Vergrößerung. Fig. 2. Querschnitt einer Sericterienzelle. Mp, Membrana propria; KP, Kern der Peritonealschicht; H, Häutchen, das die Trachee vom Plasma der Zelle trennt; K, Kern; Ti, Tunica intima, Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 38 582 C.v. Wistinghausen, Über Tracheenendigungen in den Serieterien der Raupen. Fig. 3. Ein Theil des Tracheenkapillarendnetzes auf der Oberfläche einer Zelle. P, schwimmhautartig ausgebreitete Peritonealhaut. Vergrößerung 280/41. Zusatz- flüssigkeit 0,50/gige Kochsalzlösung. Mit einem Zeichenprisma von ABBE gezeichnet. Fig. 4. Tracheenkapillarendnetz in Leimglycerin. LeichteSchrumpfung. F, Fasern; U, undeutlich sichtbare Röhrchen des Tracheenkapillarendnetzes. Vergrößerung 390/1. Fig. 5. Ein Theil des Tracheenkapillarendnetzes einer Sericterienzelle v. Ocn. dispar in Kochsalzlösung. Vergrößerung 200/1. Fig. 6. Tracheenkapillarendnetz v. Ocn. dispar in Kochsalzlösung. Vergröße- rung 585/1. . Fig. 7. Tracheenkapillarendnetz in Leimglycerin. Körniges Aussehen der Röhr- chen hervorgerufen durch das Leimglycerin. Vergrößerung 750/A. Fig. 8. Tracheenkapillarendnetz v. Ocn. dispar in 0 ‚5 Ooiger Kochsalzlösung. P, Peritonealhaut. Vergrößerung 750/1. Fig. 9. Ein Theil des Tracheenkapillarendnetzes einer Sericterienzelle von Bom- byx mori. Gezeichnet mit dem Zeichenprisma. Vergrößerung 585/1. Über die Befruchtung bei den Urodelen. Von Dr. Ernst Zeller (Winnenthal). Mit drei Holzschnitten. Es muss auffallend erscheinen, dass über die Art und Weise, wie die Befruchtung bei den Urodelen vor sich geht, so lange Zeit und noch bis vor Kurzem eine volle Gewissheit nicht zu erlangen gewesen ist, und um so auffallender, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass schon SpaLLAnzaAnı bis auf einen Punkt den Vorgang richtig erkannt hatte, und wenn wir finden, dass auch diesen einen Punkt noch klarzulegen an sich keineswegs so besonders schwierig hätte sein sollen. Es wird aber verständlich und gewiss recht lehrreich, wenn wir auf der ande- ren Seite sehen, wie in der Hauptsache immer wieder eine vorgefasste Meinung das Hindernis gewesen ist, wie diese das Urtheil irre geleitet und einer unbefangenen Prüfung und Weiterforschung Eintrag ge- than hat. Ein volles Jahrhundert ist verflossen, seitdem SPALLAnzaAnI seine auf tausendfache genaueste Beobachtung sich stützenden Mittheilungen über die Erzeugung unserer Wassersalamander! gemacht und als sicher nachgewiesen hat, dass bei ihnen keine Begattung, und doch eine innere Befruchtung stattfinde. SrarLanzanı wusste als ganz be- stimmt, dass niemals eine Vereinigung der Geschlechter geschieht, und dass das Männchen seinen Samen in der Nähe des Weibchens nach außen abgiebt?. Er zeigte auch, dass Weibchen, welche er sofort iso- lirte, wenn die brünstig gewordenen Männchen anfıngen sie zu ver- - folgen, zwar Eier legten, diese aber unfruchtbar waren, dass dagegen, % wenn er die Paare längere Zeit beisammen lie und erst trennte, nach- 1 In seinen Expe6riences pour servir a l’'histoire de la generation des animaux et des plantes. Geneve 1785. p. 53 ff., 97, A4A ff. 2 a.2.0. p. 56 und 57, 58, 60. 38* 584 Ernst Zeller, dem die Männchen mehrmals ihren Samen abgegeben hatten, ein Theil der Eier, welche die Weibchen nach der Trennung legten oder welche er aus ihren Eierleitern herausschnitt, zur Entwicklung kam, und zwar von jenen nur die zuerst abgesetzten fünf bis sechs!, und von den letzteren nur die, welche zu unterst in den Eierleitern gelegen waren. SpiLLanzanı hatte aus diesen Beobachtungen mit Nothwendigkeit den Schluss ziehen müssen, und hat ihn auch mit voller Bestimmtheit ge- zogen, dass der männliche Samen in den Körper des Weibehens ge- lange, und dass in ihm, und zwar von der Stelle aus, wo sich die Ein- mündung der Eierleiter in die Kloake befindet, die Befruchtung der Eier, so wie diese nach einander durch die Eierleiter herunterrücken, ge- schehe ?. Was Sparzanzanı allein nicht erkannt hat, das war, auf welche Weise der Samen in die Kloake des Weibchens gebracht wird. Er verfiel in dieser Beziehung einem bedauerlichen Irrthum, indem er annahm, dass derselbe vom Männchen nach außen abgegeben sich mit dem Wasser mische und mit diesem an den After und von da in das Innere des Weibchens gelange®°. Auch Rusconı wusste, dass bei den Tritonen eine Begattung nicht vorkommt, dass das Männchen seinen Samen nach außen absgiebt, und dass doch eine innere Befruchtung stattfindet. Er beging aber nicht nur den gleichen Irrthum, wie SPALLANZANI, dass er, um jenes zu erklären, annahm, der männliche Samen mische sich mit dem Wasser und dringe mit diesem zusammen in den After und die Kloake des Weibchens ein, um hier die aus den Eierleitern austretenden Eier zu befruchten, sondern er machte noch den weiteren und schwereren Fehler, neben der inneren auch eine äußere Befruchtung anzunehmen, welche in demselben Augenblicke erfolgen sollte, in dem die Eier von dem Weibchen nach außen abgelegt und festgeklebt werden *. Diese irrige Ansicht Ruscoxr's wurde aber die herrschende und für die Gewinnung einer besseren Erkenntnis besonders hinderlich. Da kam die merkwürdige Entdeckung von SırsorLp’s® von dem 1 Dies trifft übrigens nur für ungenügend befruchtete Weibchen zu, gut be- fruchtete können isolirt gehalten eine viel größere Anzahl, bis zu Hundert und mehr von fruchtbaren Eiern legen. 2 a.a.O.p. 64 und 62, 97, 444 und 142. 3 4.a.0.p. 56, 58 und 97. * Vgl. M. Ruscoxı, Amours des salamandres aquatiques. Milan. 4824 p. 33 und Hist. nat. developp. et metamorph. de la Salamandre terr. ouvr. posth. inedit publie par le Dr. Jos. Morsantı. Pavie 4854. p. 4. 5 Über das Receptaculum seminis der weiblichen Urodelen. in: Diese Zeitschr. Bd. IX. 1858, p. 463 ff. „ E 47 4 3 R (= x r 2 i, Über die Befruchtung bei den Urodelen. 585 Vorhandensein eines Receptaculum seminis in der Kloakenwand der weiblichen Salamander und Tritonen und mit ihr und den Betrachtun- gen und Schlussfolgerungen, welche v. Sırsoıp an die Entdeckung knüpfte, wenigstens in Deutschland ein vollständiger Umschwung der Anschauungen in Betreff der Befruchtung. v. SıesoLn zeigte, dass die das Receptaculum seminis darstellenden und in zwei Gruppen zusam- mengeordneten Blindschläuche, wenn zur richtigen Zeit untersucht, immer mit beweglicher Samenmasse mehr oder weniger gefüllt ange- troffen werden, und er erklärte die alte Ansicht, nach welcher der Samen sich mit dem Wasser mischen und mit diesem in die Kloake des Weib- chens oder auch unmittelbar an die eben abgelegten Eier gelangen sollte, mit vollem Recht für unhaltbar. Aber er hatte Unrecht, wenn er nun seinerseits annahm, dass eine Füllung der Samentaschen auf keinem anderen Wege denkbar sei als durch eine Begat- tung der Thiere, wenn er in dieser Voraussetzung die zahlreichen und so genauen Beobachtungen von SPALLANZANI, Ruscont, RATHKE!, VON SCHREIBERS? und Anderen, und deren bestimmteste Versicherungen, dass eine Begattung nicht vorkomme, einfach verwarf und meinte, dass jene eben das lange andauernde liebestrunkene Benehmen der brün- stigen Tritonen nieht bis zu seinem Ende verfolgt hätten 3, dage- gen den Angaben Fingers, welcher die Begattung gesehen haben wollte, .unbedingten Glauben schenkte! und mit diesem eine dabei stattfindende Vereinigung der beiderseitigen Kloakenöfinungen und eine unmittel- bare Übertragung des Samens vom Männchen auf das Weibchen an- nahm. VON SIEBOLD war so leider selbst in den Fehler verfallen, den er an Anderen so sehr gerügt hat, und durch eine vorgefasste Meinung verleitet zu einem durchaus unrichtigen Schlusse gelangt. Seine schöne Entdeckung hatte die Frage nach der Art, wie die Befruchtung vor sich gehe, einer richtigen Lösung nicht nur nicht näher gebracht, son- dern hatte von Neuem und nur weiter von der Wahrheit abgeführt. Die Begattung galt aber nunmehr für ausgemacht, und auch die Beobachtung, dass der männliche Axolotl seinen Samen in Form von Spermatophoren nach außen absetzt, und diese an kleine Steinchen des Aquariums festheftet, vermochte.jene Annahme, dass.die Befruch- 1 Über die Entstehung und Entwicklung der Geschlechtstheile bei den Urode- len inden neuesten Schriften der naturf. Ges, in Danzig. Bd. I. 1820. p. 97. 2 Über die specif. Verschiedenheit des gefleckten und schwarzen Erdsalaman- ders. in: OKEN’S »Isis«. Jahrg. 1833. p. 534. Anm. 3 2.2.0.p. 481. * Ebenda p. 481 und 482. 586 Ernst Zeller, tung durch eine Begattung geschehen müsse, nicht zu erschüttern, die Erklärung dafür, dass überhaupt Spermatophoren frei im Wasser ge- funden werden, wurde in einer gesteigerten und unzeitgemäßen Pro- duktion von solchen gesucht !. Endlich kam aber doch, und nun auch volle Klarheit in die Sache durch F. Gasco, welcher zuerst bei dem Triton alpestris und später auch bei dem Axolotl mit Bestimmtheit erkannte, dass der von dem Männchen nach außen abgesetzte Samen von dem Weibchen in akti- ver Weise in die Kloake aufgenommen wird, und welcher uns in zwei Abhandlungen? und ausführlicher Beschreibung seine Beobachtungen und Versuche mitgetheilt hat. Es scheint jedoch, als ob diese Mitthei- lungen auf Zweifel gestoßen wären, jedenfalls nicht die ihnen gebüh- rende Beachtung gefunden haben. Wenigstens geschieht ihrer in den neuesten deutschen Lehrbüchern der Zoologie, welche mir zugänglich waren, so in der 3. Auflage von Leunis Synopsis der Thierkunde, gänz- lich umgearbeitet von H. Lupwıe von 1883, und in der %. Auflage des Lehrbuchs der Zoologie von C. Craus vom Jahre 1887 keine Erwähnung, und in beiden findet sich noch die von SıesoLp’sche Ansicht vertreten und angegeben, dass bei den Urodelen eine Begattung stattfinde, dass dabei die aufgewulsteten Kloakenlippen des Männchens die weibliche Kloakenspalte umfassen und so eine innere Befruchtung zu Stande komme‘. Es mag desshalb nicht als ungerechtfertigt erscheinen, wenn ich mir erlaube die eigenen Untersuchungen und Beobachtungen, welche theilweise schon vor 18 Jahren begonnen und seitdem, wenn auch mit öfteren und langen Unterbrechungen von mir fortgesetzt worden sind, hier zur Veröffentlichung zu bringen. Sie vermögen allerdings in Vie- lem nur mehr oder weniger Bekanntes zu bestätigen, doch auch Man- ches zu vervollständigen, und wie ich hoffe auch einiges Neue zu bieten. 1. Die Tritonen. Was unsere heimischen Tritonen betrifft, so ist deren eigen- artiges Gebahren während der Brunstzeit schon vielfach beschrieben worden — am besten ganz zweifellos von M. Rusconı#, und so weit es sich um das der Befruchtung selbst vorausgehende Liebeswerben der ! Vgl. Srıepa, Zur Naturgeschichte der mexik. Kiemenmolche. Die Fortpflan- zung. in: Sitz.ber. der Dorpater Naturforsch. Ges. vom J. 1875. IV,4. p.42u.43. 2 F. Gasco, Gli amori del tritone alpestre. Genova 1880 und Les amours des Axolotls. in: Zool. Anz. IV. Jahrg. 1884. p. 313 ff., 328 ff. 3 J. Leunis, a. a. 0. Bd. I. p. 604 und Cravs, a. a. 0. p. 740. * In seinen »Amours des Salamandres aquatiques«. Milan 1821. p. 28 ff. A ai MEN Air as 0 rd A TE T u ee Über die Befruchtung bei den Urodelen. 587 Männchen handelt, als ziemlich bekannt anzunehmen. Es genügt ja meistens schon eine kurze Beobachtung, um zu sehen, wie das Männ- chen langsam an das Weibchen heranschleicht oder auch in kurzen raschen Sätzen sich ihm nähert, wie es dasselbe mit seiner Schnauze an verschiedenen Stellen des Körpers, besonders am Schwanz, der Kloakengegend und der Schnauze betastet und wohl auch beriecht, wie es dann sofort seine Kloakenspalte öffnet und mit dem hakenförmig nach vorn umgelegten Schwanze rasche wedelnde Bewegungen ausführend und sich an die Seiten des Bauches schlagend den ganzen Körper in leichte Erschütterungen versetzt, zwischendurch aber auch damit inne- haltend nur die Spitze des Schwanzes langsam hin und her bewegt, wie es dann den Rücken krümmend sich hoch aufrichtet, so dass es nur noch auf die Zehen der Vorderbeine sich stützt, um sich halb auf die Seite legend eine rasche schnellende Bewegung des Körpers auszuführen und durch das Anprallen des dadurch verdrängten Wassers das Weibchen eine kleine Strecke weit wegzuschleudern oder sich auch plötzlich vor' das Weibchen hinzuwerfen und ihm den Weg zu verlegen, dann aber sich umkehrt und ihm die weit aufgesperrte Kloakenmündung präsentirt. Dieses Treiben wird von dem Männchen gewöhnlich stunden-, mit- unter wohl tagelang mit großer Ausdauer und nur kurzen Ruhepausen fortgesetzt, während das Weibchen seinerseits hin und wieder viel- leicht das Männchen mit seiner Schnauze berührt, im Ganzen aber dem Treiben desselben keine oder nur geringe Aufmerksamkeit zu schenken scheint, meistens mit in die Höhe oder zur Seite abgewandtem Kopfe in die Ferne starrt, nicht selten auch wie gelangweilt gähnt, durch eine leichte Wendung des Kopfes jedoch und einen Blick nach dem ab- sonderlichen Schauspiel das Männchen auch sofort in noch immer größeren Eifer zu versetzen vermag. Endlich aber bewegt sich das Weibchen mit einigen entschiedenen Schritten gegen das diesen Moment mit der gespanntesten Aufmerk- samkeit erwartende Männchen vorwärts und folgt diesem, das nun ent- weder sofort, oder auch erst, nachdem es eine kleine Strecke weit zurückgewichen ist, Kehrt macht und sich platt auf den Boden nieder- lassend langsam fortkriecht, auf dem Fuße nach, indem es seine Schnauze immer dicht an den nach der Seite abgebogenen Schwanz des Männ- chens andrückt. Dann hält das Männchen an, hebt die Wurzel seines Schwanzes und dreht ihn so, dass er flach und die so weit als möglich aufgesperrte Kloakenmündung völlig frei zu liegen kommt. Das Weib- chen stößt mit der Schnauze gegen diese, und im nächsten Augenblick hat das auf das höchste erregte Männchen seinen Spermatophoren her- ausgepresst. Es kriecht aber weiter, in derselben Weise wie vorher, 588 Ernst Zeller, von dem Weibchen gefolgt, welches letztere dabei über den abgelegten Spermatophoren hinwegschreitet und, nachdem es mit seinem Kloaken- wulst in der Nähe desselben angekommen ist, durch einige kurze seit- liche Bewegungen sich zurechtrichtet, um mit den geöffneten Lippen der Kloakenmündung die Samenmasse aus der glockenförmigen Gallert- hülle, in welche jene nur lose eingesenkt ist, herauszuheben. Die Gallerthülle bleibt als Ganzes zurück. Das Männchen setzt unmittelbar danach einen zweiten, nicht selten auch einen dritten Spermatophoren ab, deren Samenmassein dergleichen Weise von dem Weibchen aufgenommen wird, dann aber verfällt erste- res völlig erschöpft in eine Art von Betäubung, welche mehrere Minu- ten anzudauern pflegt. Die Schlussscene selbst spielt sich in dei kürzesten Zeit ab, und es erklärt sich damit leicht, dass sie nach dem langen Vorspiel, das vorauszugehen pflegt, und das, so merkwürdig es auch an sich erscheint, doch in seiner Monotonie schließlich die Aufmerksamkeit ermüden muss, so spät erst zur Beobachtung gekommen ist. Dazu kommt noch, dass die Abgabe der Spermatophoren von Seite des Männchens sehr häufig erfolgt, viel häufiger als die Aufnahme des Samens durch das Weibchen, nicht nur vorher ehe das letztere sich geneigt zeigt den Samen aufzunehmen, sondern auch später, nachdem dies geschehen ist. Ja wir wissen schon durch Gasco!, dass auch Männchen, die nur mit Ihresgleichen zusammen sind, und durch Farıo 2, dass selbst isolirt ge- haltene Männchen Spermatophoren absetzen. Auf der anderen Seite habe ich nie beobachtet, dass das Weibchen nach der einmaligen Aufnahme an demselben Tage später noch weiteren Samen aufgenommen hätte, obwohl das Männchen, sobald es sich wie- der erholt hat, von Neuem mit seinen Liebeswerbungen zu beginnen pflegt und meistens noch wiederholt Spermatophoren absetzt, auch das Weibchen dabei zum öftern dem Männchen folgt. Dagegen habe ich in einzelnen Fällen gesehen, dass dasselbe Weibchen nach drei oder vier Tagen noch einmal Samen aufgenommen hat. Die aufgenommene Samenmasse mag zur Befruchtung von 100 Eiern und mehr hinreichen, welche vielleicht innerhalb 8 bis 14 Tagen ab- ‚gelegt werden. Nach dem erfolgt erneute Samenaufnahme von Seite des Weibehens. Übrigens sind die Weibchen keineswegs unter allen Umständen so indolent, als sie für gewöhnlich sich zeigen, und ich habe wieder- 138.0. p. 2% 2 V. Farıo, Faune des vertebres de la Suisse. Vol. III. Geneve et Bäle 1872. p. 454. Anm. Über die Befruchtung bei den Urodelen. 589 holt beobachtet, wie einzelne eine Zeit lang isolirt gehaltene und sehr brünstig gewordene Thiere, wenn sie zu den Männchen gebracht wur- den, sofort auf diese losgingen und sie in lebhaften Sprüngen, wie es sonst nur von den Männchen gesehen wird, verfolgten, wie sie durch Betasten und Anstoßen selbst durch Schnappen nach dem Schwanz, dem Kopf oder den Gliedmaßen ihrerseits die Männchen anzureizen sich be- mühten, und wie ihnen dann gewöhnlich rasch, andere Male aber auch erst nach einer Zeit von vielleicht fünf, selbst von zehn Minuten gelang die Männchen in Erregung und zur Samenabgabe zu bringen. Beizufügen ist hier, was auch Gasco! schon hervorgehoben hat, dass immer nur ein Theil der einzelnen Spermamasse von dem Weib- chen in die Kloake hineingebracht wird, ein anderer Theil aber außen bleibt und in der Spalte der wieder geschlossenen Kloakenlippen hängend noch nach einer halben, auch einer ganzen Stunde angetroffen werden kann, bis er nach dieser Zeit stark aufgequollen und allmählich sich auflösend abfällt. Beizufügen ist aber auch noch, was Gasco entgangen zu sein scheint, dass die eben von dem Männchen abgegebene stiftförmig ausgezogene Samenmasse unter Umständen auch an anderen Körpertheilen des Weib- chens, besonders am Schwanz und an den Beinen hängen bleiben kann. So sah ich einmal, wie von fünfSpermatophoren, welche innerhalb zweier Stunden von einem Männchen abgegeben waren, der Samen durch das Weibehen nicht aufgenommen wurde, wohl aber die Samenmasse des einen an der unteren Kante des Schwanzes ungefähr in der Mitte seiner Länge, die eines zweiten an einer Zehe des einen Hinterbeines und die eines dritten etwas über dem Carpalgelenk des einen Vorderbeines sich festsetzte, und wie alle drei erst nach einer Stunde ungefähr wie- der abfielen, nachdem sie stark aufgequollen waren und ihre Form all- mählich vollständig verloren hatten. Das betreffende Weibchen war augenscheinlich geneigt und bemüht gewesen den Samen aufzunehmen, es misslang dies aber, wie ich vermuthe, desshalb, weil die Thiere in einem allzu kleinen Glasgefäß gehalten waren, so dass das Weibchen in dem engen Raum und auf dem glatten Boden nicht die erforderliche Sicherheit haben konnte und durch ungeschickte Bewegungen zu früh oder zu spät die Samenmasse aus der Gallerthülle löste. Noch möchte ich nicht unterlassen hier an.die Mittheilungen SpaL- ‚LANZANIS zu erinnern, welche er über die künstliche Befruchtung der Tritoneneier gemacht hat?, und in welchen er uns berichtet, dass es ihm niemals möglich gewesen sei die Eier, die er aus den oberen FR hr 5 in 193 5 ER en rad ze a ne A Ze Ra az — REN: De De Zu PT Du ne Pre Ne U Te nn ar Re 134,0, PA; 2 2.2.0. p. 141 ff. 590 Ernst Zeller, Partien der Eierleiter herausschnitt oder die er von überwinterten noch nicht wieder befruchteten Weibchen durch Auspressen erhielt, künst- lich zu befruchten dadurch, dass er den Samenleitern oder den Hoden entnommenen oder durch Auspressen der Männchen erhaltenen Samen unmittelbar auf die Eier übertrug, dass ihm aber die Befruchtung ge- lungen sei, wenn er mit Wasser verdünnten Samen zu seinen Versu- chen verwendet habe, und dass dann immer ungefähr ein Drittel der Eier zur Entwicklung gekommen sei. — Die Thatsache selbst wird unmöglich angezweifelt werden können, doch ist, wie wir wissen, die ‘Voraussetzung, von welcher SpaLLanzanı bei diesen Versuchen ausge- gangen ist, eine irrige gewesen, — die Annahme nämlich, dass bei der naturgemäßen Befruchtung der Tritonen der von dem Männchen nach außen abgegebene Samen sich mit dem Wasser mischen müsse, um mit diesem durch den After in das Innere des Weibchens und zu den zu unterst in den Eierleitern gelegenen Eiern zu gelangen !. Die Thatsache wird, wie gesagt, nicht anzuzweifeln sein, auch wenn im Weiteren die Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass einmal von einem überwinterten und noch nicht von Neuem wieder be- fruchteten Weibchen eine kleinere Anzahl von fruchtbaren Eiern zu er- halten sein möge, da. es nicht so gar selten ist, dass bei solchen Weib- chen ein noch vom verflossenen Jahre herrührender Rest von lebenden Samenfäden in einzelnen Schläuchen des Receptaculum seminis ge- funden wird. — — | Die Samenmasse selbst haben Sparzanzanı und Rusconı zweifellos gekannt, wie aus der ganzen Darstellung, welche sie geben, mit Sicher- heit zu entnehmen ist. Die Gallerthülle haben sie nicht, hat aber auch Gasco? nicht gesehen. Die Samenmasse ist von milchweißer Farbe und ungefähr von der Form eines kleinen am oberen Ende meist leicht umgebogenen Stiftes, ungefähr 4,5 mm lang und 1,0 mm dick. Sie behält jedoch im Wasser nur einige Zeit diese Form und nimmt bald durch Aufquellen die Gestalt eines rundlichen Klümpchens an, das dann aber vielleicht erst nach einer halben, selbst einer vollen Stunde ganz aus einander fällt. Dieser Zusammenhalt der Masse ist nicht denkbar ohne Hilfe eines Bindemittels und dieses letztere kann wohl nur von den »büschel- förmigen Anhängen der Samenleiter«, welche in die letzteren unmittel- bar vorihrer Ausmündung in die Kloake sich einsenken, geliefert werden. Denn aus den höher gelegenen Partien der Harnsamengänge entnom- mener Samen zerfließt, in Wasser gebracht, sofort milchig und innerhalb 1 Vgl. a. a.0.p. 444. 2Vel. a..a. 0.p: 17: Über die Befruchtung bei den Urodelen. 591 der weiten Kloake kann die innige Mischung mit einem bindenden Stoffe, wie sie nothwendig vorhanden sein muss, kann aber auch die Formung der Samenmasse nicht mehr geschehen. Die »büschelförmigen Anhänge« wurden von den älteren Autoren ! als die Analoga der Samenblasen angesehen, von Bıpper? und SPENGEL ® aber als im Zusammenhang mit den Nieren stehend erkannt und von Letzterem als die »Sammelröhren der Beckenniere« bezeichnet. Dass - sie jedoch keinenfalls als einzig zur Ableitung des Urins dienend angenommen werden können und nothwendig in eine bestimmte Be- ’ ziehung zu dem Geschlechtsapparat und der geschlechtlichen Thätigkeit > gebracht werden müssen, ist schon aus dem Umstande zu entnehmen, | dass sie beim Männchen zur Zeit der Brunst eine sehr auffällige Ent- wicklung zeigen, und nach derselben eine ganz bedeutende Rückbildung erleiden. Die Gallerthülle der Samenmasse ist von merkwürdiger Becher- oder Glockenform, dabei vollkommen farblos und durchsichtig, | von weicher Konsistenz und im Wasser aufquellend. Sie ist desshalb nicht ganz leicht zu erkennen, aber doch bei aufmerksamem Durch- - suchen besonders in hellem Sonnenlicht immer aufzufinden, selbst noch - wenn sie schon längere Zeit im Wasser gelegen hatte. Bringt man sie gleich nachdem der Spermatophor abgesetzt worden ist in eine Lösung yon doppeltehromsaurem Kali, so erhält sich ihre Form vorzüglich. E Die Gallertmasse wird zweifellos von der Kloakendrüse geliefert - und ihre Form durch die Gestalt der Kloakenhöhle bedingt, so zwar, dass durch die Wandung das Modell für die Außenseite der Glocke ge- geben ist und im Besonderen die leistenförmigen Hervorragungen der letzteren auf das Genaueste den feinen linienförmigen Furchen ent- sprechen, welche in ganz bestimmter Anordnung über die Kloakenwand hinziehen und diese wie gefältelt erscheinen lassen, während durch die »pilzförmige Papille« der Kloake, welche bis dahin als Begattungsorgan gegolten hatte, der Kern der Gussform gebildet und die glatte Höhlung der Glocke hergestellt wird. Die Formen der Gallertglocken von Triton alpestris und von Triton taeniatus, welche ich bis dahin allein genauer untersucht habe, weisen unter sich sehr charakteristische Verschiedenheiten auf und vermuth- lich wird dies auch für die übrigen heimischen Arten der Fall sein. Ich i E 3 ! Vgl. RATHKE, a. a. 0. p. 84 ff. 2 Vgl. Anat. und histol. Unters. über die männl. Geschlechts- und Harnwerk- zeuge der nackten Amphibien. Dorpat 1846. p. 35. 3 Das Urogenitalsystem der Amphibien. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut = in Würzburg. III, 4. p. 51 ff. 1876. in] 599% Ernst Zeller, hoffe vielleicht später einmal Gelegenheit zu finden, diese Verhältnisse eingehender zu behandeln, möchte aber doch nicht unterlassen, hier wenigstens eine Zeichnung der Samenmasse (Fig. 1), Fig. 1. Fig. 2. 4 & sowie der glockenförmigen Gallerthülle (Fig. 2u.3) ) ‚®\ von Triton alpestris beizufügen, da meines Wissens | Fig. 1. Die stiftförmige über diese merkwürdigen Formen von Samenträ- Samenmasse von Triton oern überhaupt noch nichts bekannt ist. 2 alpestris in nat. Größe. N : k N seen Sehr abweichend von dem in Vorstehendem Miaesgollertuale in geschilderten Verhalten unserer heimischen nat. Größe. ; ® Tritonen während des der Befruchtung voraus- gehenden Vorspieles und wenn auch nicht ganz unbekannt, doch nur ungenügend gekannt ist das eines nordamerikanischen Wasser- IBIo22. Fig. 3 A und B. Dieselbe in ungefähr Sfacher Vergrößerung. — Die Wandung der Glocke ist . von zwei entgegengesetzten Seiten der hinteren und der vorderen gegen einander abgeflacht und R auf der einen Seite (A) mit einem mittleren, auf der anderen (B) mit zwei seitlichen Ausschnitten versehen. * Dicke der Glockenwand. } salamanders, des niedlichen Triton viridescens!, der mit großer Ge- wandtheit seinem Weibchen auf den Nacken springt und mit seinen 1 Ich weiß einzig von der Mittheilung M. Braun’s, welche dieser im 4. Jahrgang 4 des Zool. Anzeigers von 1878 (Über äußere Hilfsorgane bei der Begattung von Triton viridescens, p. 424 ff.) gemacht hat und in welcher er die eigenthümlichen auf der unteren Seite der Oberschenkel und an den Spitzen der Zehen bei dem brünstigen Männchen sich entwickelnden Warzen näher beschreibt. Er fügt dann bei, dasser eine wirkliche Begattung nicht beobachtet habe, wohl aber zahlreiche Versuche zu derselben, während deren das Männchen mit seinen hinteren Extremitäten aufdem Rücken des Weibchens sitzend das letztere fest umklammert und von da auf die Bauchseite des Weibchens zu gelangen sich bemüht habe. Das Letztere ist nicht zutreffend. Über die Befruchtung bei den Urodelen. 593 außerordentlich starken und wie schaufelförmig verbreiterten, dazu noch mit besonderen Haftorganen versehenen Hinterbeinen die Kehle desselben krampfhaft umklammert, sich alsdann nach der rechten oder der linken Seite zusammenkrümmend gegen das Weibchen umwendet und dieses in solcher Stellung und indem es dabei mit seinem Schwanze in ähnlicher Weise wedelnde Bewegungen ausführt wie unsere Tritonen, zwischendurch aber auch das Weibchen kräftig hin und her schwenkt und schüttelt, eine halbe Stunde und länger fest- hält, während welcher Zeit die beiden Thiere am Boden liegen bleiben und nicht, — weder das Weibchen, dem ein Athmen allerdings voll- ständig unmöglich gemacht ist, noch auch das Männchen, an die Ober- fläche des Wassers kommen, um Luft zu holen. Endlich lässt aber das Männchen sein Weibchen los und giebt gerade so wie wir es bei unse- ren Tritonen gefunden haben, unmittelbar vor dem Weibchen einen, und sofort einen zweiten, wohl auch dritten Spermatophoren ab, deren Samenmassen alsdann von dem Weibchen, welches dicht hinter dem nur wenig und langsam sich entfernenden Männchen hinkriecht, durch die Kloakenspalte aufgenommen werden!. Einmal konnte ich beobachten, wie der Amerikaner ein Weibchen unseres Triton taeniatus in derselben Weise besprang und seine Kehle umklammerte, dieses in kurzer Zeit aber auch erwürgt hatte. Ob auch andere nordamerikanische Tritonenarten das gleiche oder doch ein ähnliches Verhalten zeigen, wie Triton viridescens, wäre zu untersuchen. 2. Die Erdsalamander. Für Salamandra maculosa herrschte bis dahin noch immer völlige Ungewissheit nicht nurin Betreff der Frage, wie die Befruchtung geschehe und wo, ob auf dem Lande oder im Wasser, sondern auch über die Zeit, in welche sie zu verlegen sei. Es wird desshalb jede Beobachtung willkommen sein, welche dazu beitragen kann das Dunkel zu lichten. Entgegen der Annahme, welche wohl bis jetzt die verbreitetste ge- wesen sein mag, dass das Fortpflanzungsgeschäft im Sommer stattfinden 1 Der gallertige Samenträger ist kegelförmig mit leichter Einziehung der Basal- fläche, ungefähr von der Form, wie wir sie vom Axolotl kennen — nicht glocken- förmig wie bei unseren Tritonen. Es ist desshalb, wenn die oben (p. 591) gege- bene Erklärung für das Zustandekommen der Glockenform richtig ist, anzunehmen, dass der Triton viridescens in seiner Kloake keine »pilzförmige Papille« besitzt. Ich hätte dies gern festgestellt, habe mich aber nicht entschließen können für diesen Zweck von den wenigen lebenden Thieren, welche ich besitze, eines zu opfern. 594 Ernst Zeller, werde !, und davon ausgehend, dass eine unmittelbar auf das Absetzen der Jungen, welches bei uns bald im Frühjahr zu geschehen pflegt, fol- gende Befruchtung keineswegs so undenkbar sei, wie Ruscoxı? meint, im Gegentheil viele Wahrscheinlichkeit für sich habe, nahm ich mir vor im letzten Frühjahr mein besonderes Augenmerk hierauf zu richten. Der Winter war lang und so konnte ich erst am 23. April eine Anzahl frisch gefangener Feuermolche erhalten. Zehn von ihnen — fünf Männ- chen und fünf Weibchen — wurden in einem mit Moos und Steinen be- legten und mit einem flachen Wasserbehälter versehenen Terrarium untergebracht und schon am Morgen des 27. April fanden sich in dem Wasser jenes Behälters außer acht Larven und zwei dunkelfarbigen Bal- len, welche sich leicht aus einander wickeln und als die abgeworfenen Häute zweier Salamander erkennen ließen, sechs Spermatophoren vor, von welchen zwei noch ein frisches Aussehen zeigten, die anderen aber schon im Zerfall begriffen waren. Ähnlich am 28. und am 30. April. Der einzelne Spermatophor bestand aus einer kugeligen Samenmasse und einem verhältnismäßig nur wenig ansehnlichen Gallertkegel, von welchem jene getragen wurde, beide innig mit einander verklebt. Die Samenfäden der frischen Spermatophoren wurden noch lebend ange- troffen und es konnte an ihnen ganz besonders schön die lebhaft flat- ternde Seitenmembran, welche an der Spitze des Fadens nicht endet, sondern hier in einen sehr feinen Anhang sich fortsetzt, gesehen wer- den. Die Gallertmasse zeigte sich solid, nicht in einer Hohlform, wie wir sie bei den Tritonen kennen gelernt haben. Es fehlt ja aber auch, wie bekannt, dem männlichen Salamander die »pilzförmige Papille«. — In den Weibchen fand ich das Receptaculum seminis mit Sperma gefüllt, die Blindschläuche von milchweißer Farbe und ihre wabenför- mig gestellten Mündungen schon bei einer schwachen Lupenvergröße- rung auf das deutlichste zu erkennen. Mehr gelang mir nicht festzustellen. Es dürfte aber einer ver- schärften Aufmerksamkeit nicht mehr zu schwer werden auch das Weitere zu ermitteln, nachdem durch die gemachte Beobachtung wohl zweifellos bewiesen ist, dass die Befruchtung um dieselbe Zeit statt- findet, in welcher die Larven geboren werden, — bei uns also im ersten Frühjahr, und eben so die Annahme begründet, dass sie in der gleichen Weise vor sich gehe, wie bei den Tritonen — also durch Absetzen der Spermatophoren nach außen von Seite der Männchen und durch aktive Aufnahme der Samenmasse von Seite der Weibchen. 1 Vgl. J. M. BECHSTEIN in Seiner Übersetzung von LACEPEDE. Hist. nat. des quadrup. ovip. et des serpents. Bd. II. p. 244. Anm. Weimar 1800 und M. Rusconı, Hist. nat. etc. de la Salamandre terr. p. 40. 2 a.21.0.p. 6. Über die Befruchtung bei den Urodelen. 595 e Unter Umständen, vielleicht abhängig von der Temperatur oder - von der Verschiedenartigkeit des Wohnortes oder von anderweitigen Bedingungen mag übrigens die Befruchtung auch erst später im Jahr geschehen. So berichtet uns ja Beenstein in der oben schon eitirten Anmerkung, in welcher er von den Erdsalamandern des Thüringer Waldes spricht: »Ich-habe auch selbst diese ungefleckten Varietäten mit den gefleckten zur Zeit der Fortpflanzung im Juni in den Pfützen und Quellen, auf runden Bergen und in Thälern zusammen herumkrie- chen und die tölpischen Bewegungen, wodurch sich beide Geschlechter zur Begattung zu reizen suchen, machen sehen.« Wir dürfen wohl an- _ nehmen, dass Becustein hier das der Befruchtung vorausgehende Vor- - spiel zu sehen bekommen und geschildert hat, müssen uns aber des Weiteren auch der hierher gehörigen Mittheilung von SCHREIBERS’! er- - innern, in welcher dieser aus einander setzt, dass bei den Tritonen _ und den Landsalamandern die Befruchtung eine innere sei, dass jedoch "bei beiden eine Begattung nicht stattfinde, wohl aber bei den letzteren > ein Amplexus, von dem er sagt, dass er ihn namentlich beim schwar- zen Salamander, selbst in der Gefangenschaft, oft beobachtet habe und - den er dann folgendermaßen beschreibt: »Das Männchen umfasst gleich i den Fröschen das Weibchen vom Rücken mit den Vorderfüßen fest um - die Brust, und das Weibchen schlägt (was bei den Fröschen nicht ge- - schieht) seine Vorderfüße über jene des Männchens von hinten nach vorn und so kriechen sie oder vielmehr schleppen sie sich gemeinschaftlich vom Lande, wo der Akt stets begann, ins Wasser, wo sie oft Stunden lang verblieben, theils ruhend, theils schwimmend, ohne dass weiter _ etwas bemerkt werden konnte, als bisweilen eine schwache Trübung 4 der ihre Körper nächst umgebenden Wassermasse. « — 4 Noch darf nicht unerwähnt bleiben, dass man in Weibchen von i Salamandra maculosa, welche im Spätherbst kurz ehe die Thiere in "ihre Winterverstecke sich zurückziehen, gefangen werden, auch wenn "sie, wie dies ja bekanntlich die Regel ist, mit schon sehr entwickelten Larven trächtig sind, das Receptaculum seminis gewöhnlich noch mit & großen Mengen von lebendem Sperma gefüllt findet. Es wird desshalb "bei ihnen noch mehr als bei den Tritonen an die Möglichkeit gedacht werden müssen, dass auch ohne erneute Samenaufnahme im folgender “ ‚Jahre eine Befruchtung von Eiern stattfinden könne. Ja, es ist dafür der thatsächliche Beweis durch die schon zum öftern gemachte Beob- Eehtung erbracht, dass isolirt gehaltene Weibchen nach ein- und sogar | 1 Über die specifische Verschiedenheit des gefleckten und des schwarzen Erd- salamanders etc. in: Oxen’s Isis. Jahrg. 4833, p. 532. Anm. 596 Ernst Zeller, nach zweijähriger. Gefangenschaft eine kleine Anzahl von Larven ge- boren haben. — Für Salamandra atra aber haben J. J. Czerma«! und von SırBoLp? gezeigt, dass die Weibchen nach einer einmaligen Be- fruchtung im Laufe eines Jahres mehrmals trächtig werden und ge- bären. 3. Der spanische Rippenmolch. Wieder bekannt und zwar besonders durch die Mittheilungen von Lataste® und von Bepriaca?, und durch meine Beobachtungen im Wesentlichen nur zu bestätigen, ist das wiederum ganz eigenartige Ver- halten des brünstigen Pleurodeles Waltlii, welcher seine hakenförmig nach oben gekrümmten Vorderbeine von unten und hinten her über die Vorderbeine des Weibchens wirft und sich so festklammernd das auf den Rücken geladene Weibchen kriechend oder schwimmend stunden- lang mit sich herumschleppt, zwischendurch ausruhend und dann wie- der in den schwierigsten Krümmungen mit dem Weibchen zusammen sich drehend und windend, wobei es dann vorkommen kann, dass beide Thiere auf dem Rücken liegend anscheinend in größter Ermattung für einige Zeit völlig unbeweglich und wie todt angetroffen werden >. Schließlich lässt das Männchen das eine Vorderbein los, um seinen Körper kurz zusammenkrümmend sich so gegen das Weibchen zu keh- ren, dass seine Aftergegend gegen die Schnauze des letzteren gerichtet ist und sich gegen die Seite des Weibchens anstemmend dieses unter fortdauernden langsamen und schwierigen Drehungen des Körpers eine Zeit lang hin und her zu schieben. Dann setzt es einen Samenkegel vor der Schnauze des Weibchens ab und führt es langsam in engem Kreise herum, bis das Weibchen mit seiner Kloakenmündung in der Nähe des Spermatophors angekommen ist, nun anhält und den Körper nach den Seiten hin und her wiegend und sich so zurechttastend die Samen- masse durch die geöffnete Kloakenspalte aufnimmt. Letzteres hat von Beprıaca bei Pleurodeles nicht gesehen, wohl i Beiträge zur Anat. u. Physiol. des schwarzen Salamanders, in den med. Jahrb. des österr. Staates. Bd. XLV. Wien 1843. p. 8. 2 a.a.0.p. 472 ff. 3 Sur l’accouplement chez les batraciens urodeles. Revue internationale des sciences. No. 42. Paris 1878, 4 Beiträge zur Kenntnis des Rippenmolches in den Verhandl. der kais. Gesell— schaft der Wissensch. zu Moskau. 4879. p. 479 ff. 5 Von einem Reiben der äußeren Genitalien des Männchens an denen des Weib- chens, wie es von BeprracA beschreibt (a. a. O. p. 193 und 495), habe ich nie etwas gesehen, WR BERN ET \ Über die Befruchtung bei den Urodelen. 597 aber bei Glossoliga Hagenmulleri, wie er im »Zoologischen Anzeiger «! uns mitgetheilt hat. 4, Der Axolotl. Bei dem sonst so ganz besonders trägen Axolotl zeigt sich die Brünstigkeit und das Vorspiel, das der Befruchtung vorausgeht, in der Art, dass nachdem beide Geschlechter schon während einiger Nächte etwas mehr Lebhaftigkeit gezeigt haben, das Männchen in einer folgen- den Nacht in auffälliger Weise unruhig zu werden beginnt und dann bald in großer Erregung? und mit plumpem Ungestüm hin und her schwimmt oder auch am Boden des Behälters auf- und abrennt, öfter unter dem Weibchen sich durchzwängt und, indem es seine Schnauze gegen den After und die Unterbauchgegend desselben andrückt, es vor sich her schiebt oder auch in die Höhe hebt und so selbst eine Strecke weit vor sich herträgt. Häufig kommt auch das Männchen an die Ober- fläche des Wassers um Luft in großer Menge zu holen und sprudelnd wieder auszustoßen. Nachdem dies Alles eine längere oder kürzere Zeit gedauert hat, sieht man, wie das Männchen den Kloakenwulst weit aus einander spreizend und dessen dunkelgeröthete Innenfläche breit hervortreibend, dabei mit seinem Schwanze beständig wedelnde Bewegungen ausfüh- rend, seine Spermatophoren, meist drei bis vier rasch nach einander und nur wenige CGentimeter von einander entfernt absetzt und festklebt. Hierbei folgt das Weibehen dem Männchen, indem es, wenn das letztere sich zum Absetzen der Samenkegel anschickt, die Schnauze gegen dessen aufgesperrten Kloakenwulst andrückt, es mitunter auch sachte etwas vor sich wegschiebt, und fängt, wenn ein oder mehrere Samenkegel abgesetzt sind, alsbald an die Samenmasse von denselben abzulesen. Es schreitet dabei über den festgeklebten Spermatophoren, nachdem es diesen zuerst mit der Schnauze berührt hat, langsam weg und hält, sobald es mit dem einen oder dem anderen Hinterbein ihn streift, an, um sich auf den gegen den Boden angestemmten Hinterbei- nen hin und her wiegend sich zu dem Spermatophoren hinzutasten und 1 V. Jahrg. 1882. Über dıe Begattung bei einigen geschwänzten Amphibien p. 359. 2 Beim Albino lässt sich dabei beobachten, wie ein starker Blutzufluss nach der Körperoberfläche stattfindet und in Folge davon besonders die Kiemenbüschel, wie der Schwanz und der stark angeschwollene Kloakenwulst sich bis zum Dunkel- rothen färben, aber auch die vorderen und die hinteren Gliedmaßen, wie der Flossensaum sich merklich röthen. — Auch beim brünstigen Weibchen zeigt sich, doch weniger ausgesprochen, dieselbe Erscheinung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd, 39 598 Ernst Zeller, alsdann nur noch kurze Bewegungen mit seinem Schwanze ausführend, durch die geöffnete Kloakenspalte die Samenmasse von. dem Gallert- kegel wegzunehmen und in die Kloake hineinzubringen, wobei es hin und wieder geschieht, dass man die stark geröthete Innenfläche der letzteren zu sehen bekommt!. F Das Männchen kehrt meist, nachdem es drei oder vier Spermatopho- ren abgesetzt hat, zu dem Weibchen zurück und fängt von Neuem an dasselbe eine kurze Zeit lang vor sich her zu schieben oder zu tra- gen. — Im Ganzen aber giebt es gewöhnlich 8 bis 10, nicht selten 12 bis 16 Spermatophoren ab. Ja ausnahmsweise kann die Zahl der letzteren noch bedeutend größer werden. So sah ich einmal ein Männ- chen innerhalb einer Zeit von 12 Stunden 24, und in den folgenden 12 Stunden noch einmal 6 Spermatophoren abgeben. Ein anderes Mal sah ich, wie ein anderes Männchen schon eine halbe Stunde, nachdem es zu seinem Weibchen gebracht worden war, mit dem Absetzen der Spermatophoren begann, innerhalb der folgenden halben Stunde acht und in einer weiteren Stunde noch einmal zwölf Spermatophoren ab- setzte. Die Samenmasse sitzt dem Gallertkegel fest auf und es wird nie die ganze Menge, sondern immer nur ein größerer oder kleinerer Theil von dem Weibchen aufgenommen, bald nur von wenigen bald aber auch von mehreren, von fünf bis sechs Spermatophoren. ‘ Mit dem Eierlegen beginnt das Weibchen frühestens in der nächsten Nacht, meist erst 36 bis 40 Stunden nachdem die Befruchtung stattgefunden hat, und fährt dann für gewöhnlich damit fort während zweier oder dreier Tage, in welcher Zeit es 300 bis 400, nicht selten bis zu 500 und 600, in einzelnen Fällen auch bis zu 800, 1000 und mehr Eier legen kann. | Werden die Thiere in einem nicht zu kalten Zimmer gehalten, so fällt nach meinen sehr zahlreichen Beobachtungen ihre Fortpflanzung meist in die Zeit von Ende December bis März und nur ausnahmsweise habe ich auch das eine oder andere Weibchen erst im Sommer, sogar erst im Herbst laichen sehen. — Im Freien, d. h. in einem Gartenbassin, in welchem die Thiere auch durch den Winter geblieben waren, er- folgte die Fortpflanzung für gewöhnlich nicht vor dem April und nur 1 Gasco giebt an (a. a. O. p. 330, 334), dass das Weibchen mit Hilfe der Pfoten seiner beiden Hinterbeine die Spermatophoren festhalte und die Samenmasse in die Kloake hineinpresse. Auch ich glaubte dies bei meinen ersten Beobachtungen so gesehen zu haben, konnte mich aber später nie mehr mit Bestimmtheit davon überzeugen, EN Über die Befruchtung bei den Urodelen. 599 einmal fand ich abgesetzten Axolotl-Laich schon am 15. März. Es war dies im Jahr 1884, in welchem jener Monat außergewöhnlich warm ge- wesen war. | Dass im gleichen Jahr ein Weibchen wiederholt zum Laichen kom- men kann, ist schon von früheren Beobachtern festgestellt worden, so von Stıepa! u. A., ich darf aber doch vielleicht von eigenen Erfahrungen anführen, dass ein Weibchen, welches im Jahr 1880 von der Nacht des 23/24. bis zum Abend des 25. Februar 500 Eier abgesetzt hatte, vom 6. bis zum 7. Juli wieder 320 Eier ablegte, und dass dasselbe Weibchen im darauffolgenden Jahr 1881 wiederum zweimal laichte und von der Nacht des 10/41. bis zur Nacht des 12/13. März mehr als '800 und beim zweiten Mal vom 13. bis zum 15. Mai 350 Eier abgegeben hat. Ein anderes Mal sah ich im Jahr 1882, wie ein Weibchen, das vom 6. bis zum 9. Februar gelaicht hatte, am 23. März — also schon nach 45 Tagen — ein zweites Mal Eier legte. — Zu bemerken ist hierbei, dass dem wiederholten Eierablegen jedes Mal eine erneute Befruchtung vorausgeht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch bei den im Freien gehal- tenen Thieren in demselben Jahr ein mehrmaliges Laichen vorkommen könne, doch fehlen mir hierüber sichere Nachweise. — Ich muss beinahe fürchten, schon in den vorstehenden Mitthei- lungen über den Axolotl etwas zu ausführlich geworden zu sein, kann aber doch nicht umhin zum Schlusse noch hervorzuheben, wie sehr eben gerade der Axolotl sich dazu eignet, die Vorgänge bei der Befruchtung studiren zu lassen, und zwar nicht bloß wegen der Leichtigkeit, mit der im Allgemeinen an den verhältnismäßig großen Thieren die betreffenden Beobachtungen zu machen sind, sondern noch im Besonderen mit Rücksicht darauf, dass wir es fast in der Hand haben, die Zeit zu bestimmen, in welcher die Fortpflanzung geschehen soll. Wir brauchen nur vom Herbst an die Thiere nach Ge- schlechtern getrennt zu halten und können dann vom Februar an — wohl auch schon früher — beinahe mit Sicherheit darauf rechnen, dass, wenn nun die passenden Paare?, Männchen mit recht entwickeltem Kloakenwulst und recht dickleibige Weibchen zusammengebracht werden, nicht selten schon in der nächsten oder doch einer der folgen- den Nächte das oben geschilderte Treiben beginnt, die Männchen ihre Spermatophoren absetzen und die Weibchen den Samen aufnehmen, um dann in der nächsten oder der übernächsten Nacht mit dem Eier- legen zu beginnen. — Mitunter kommt es dabei, wie aber auch sonst, i Vgl. Sitzungsber. der Dorpater Naturf. Ges. IV, 4. 4875. p. 43. ?2 Am besten eignen sich zwei- bis dreijährige kräftige und gut genährte Thiere, 39* 600 Ernst Zeller, vor, dass die beiden Geschlechter zwar in Erregung gerathen, die Männchen ihre Spermatophoren abgeben und die Weibchen nachweis- bar auch den Samen aufgenommen haben! und dass doch kein Eier- legen erfolgt. Ich habe aber in solchen Fällen wiederholt beobachten können, wie das letztere dann in kürzester Zeit doch begann, wenn ich die Thiere aus dem engen Zimmeraquarium in das weite Gartenbassin versetzte. Es ist aber auch möglich und gar nicht schwierig die Thiere dazu zu bringen, dass sie die Befruchtung am Tage vollziehen, und sich damit die Beobachtung bedeutend leichter und angenehmer zu machen — einfach dadurch, dass man die Paare nur über Tag beisam- men lässt, sie am Abend trennt und am anderen Morgen wieder verei- nigt und in dieser Weise fortfährt, so lange es eben nothwendig ist. Früher oder später werden die Thiere hinreichend brünstig geworden sein? und man wird dann bei einem erneuten Zusammenbringen der Paare sehr bald aus ihrem Gebahren erkennen, dass die Befruchtung zu erwarten ist. Man sieht hierbei, wie es die Weibchen sind, welche die Männchen aufsuchen und diese durch Betasten und leises Anstoßen anreizen, wie die Männchen dann nach kurzer Zeit in große Erregung gerathen und das oben geschilderte Treiben und vielleicht schon nach einer halben Stunde mit dem Absetzen der Spermatophoren beginnen, worauf sofort auch die Aufnahme der Samenmasse durch die Weibchen zu geschehen pflegt. So verschiedenartig wir bei den in Vorstehendem behandelten Urodelen das Gebahren der brünstigen Männchen und das ganze der Befruchtung vorausgehende Liebesspiel gefunden haben, so überein- stimmend zeigt sich dagegen zum Schluss die Art der Übertragung des Samens von dem Männchen auf das Weibchen selbst. Sie geschieht nicht unmittelbar, nicht durch eine Begattung der Thiere, sondern so, dass das Männchen seine Spermatophoren nach außen abgiebt und das Weibchen in aktiver Weise die Samenmasse der letzteren in seine Kloake bringt. Für die Tritonen, den Rippenmolch und den Axolotl ist dies mit i Es gelingt, zur rechten Zeit vorgenommen, ohne alle Schwierigkeit durch leichtes Auseinanderziehen der Afterspalte das in die Kloake geschaffte Sperma, sogar noch in den einzelnen Klümpchen, aufzufinden. 2 Zweckmäßig verwendet man zu diesen Versuchen Albinos, deren Brünstig- werden sich schon frühzeitig durch die stärkere Röthung der Körperoberfläche verräth, E Über die Befruchtung bei den Urodelen. 601 Sicherheit nachgewiesen und für die Erdsalamander nicht zu bezwei- feln. Wir werden aber kaum fehl gehen, wenn wir eine gleiche Art der Befruchtung auch für die übrigen Urodelen annehmen. Die Füllung der Samentaschen muss in der Weise geschehen, dass die Samenfäden, nachdem sie in die Kloake geschafft worden sind, die Schläuche jener aufsuchen und sich in ihnen einnisten, um dann von hier aus nach kürzerer oder längerer Zeit zur Verwendung zu kommen. Winnenthal, den 12. Oktober 1889. Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. Von W. v. Nathusius. Mit Tafel XXVII. In Carus Zoologischem Anzeiger Nr. 252 und 253 von 1887 machte ich schon eine kurze Mittheilung über die sog. Harrıne’schen Körper- chen und ihre wesentliche Verschiedenheit von organischen Hartge- bilden, namentlich gewissen Kalkkörperchen, welche in den sog. Über- zügen von Vogeleischalen vorkommen. Über letztere bis dahin gänzlich übersehene Strukturen theilte ich Einiges in der zoologischen Sektion der 57. Naturforscherversammlung in Magdeburg 1884 mit (Tagebl. p. 89). Durch Leuckarr wurde dem entgegen in Zweifel gezogen, dass die Kalkkörperchen der Eischalen- überzüge organisirte Gebilde seien und auf die durch Harrına künst- lich hergestellten Kalkkörperchen, als mit jenen Gebilden. der Vogel- eischalen die größte Übereinstimmung besitzend, verwiesen. Ähnliche Einwendungen waren mir schon früher von anderer Seite entgegengetreten: ja es hat Harrins selbst in seinen Recherches de morphologie synthetique (Sep.-Abdr. aus den Public. d. Niederlän- dischen Akad.d. Wissenschaften. Amsterdam, van der Post, 1872) meinen älteren Untersuchungen über die Struktur der Eischalen die Ehre einer Erwähnung erzeigt, und geglaubt, die Eischale wenigstens mit einem Theil der von mir gefundenen Strukturen künstlich dargestellt zu haben (a.a.O.p.45 fi. Taf. IV, Fig. % u. 5). Schon lange lag es mir an, so interessante Objekte als die sog. Hırrıng’schen Körperchen einer näheren Untersuchung zu unterziehen, aber es gelang nicht, authentische Objekte zu erlangen. Erst vor zwei Jahren fand ich einige Muße, um einen Theil der Harrıng’schen Expe- rimente zu wiederholen, und wiederum sind zwei Jahre vergangen, bis Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 603 ich die dabei gemachten Beobachtungen in ihren Einzelheiten für die Veröffentlichung ausarbeiten kann. Einer so vortrefflichen umfangreichen und mit musterhafter Sorg- falt durchgeführten Arbeit, als die Harrıng’schen Recherches de morpho- logie synthetique sind, in einem kurzen Rückblick gerecht zu werden, ist kaum möglich. Auf einige Punkte muss ich vorweg eingehen, möchte dabei aber nicht verkannt sehen, dass, wo ich zu abweichenden Auf- fassungen gelange, ich dieselben nur ausspreche in dem vollen Gefühl des Dankes, welchen die Wissenschaft einem Forscher wie Harrına schuldet, und zu welchem ich mich besonders für die Anregung und Belehrung, welche ich seinem klassischen Werk über Mikroskopie von früher her verdanke, bekenne. Dass so wichtige in die tiefsten Grundlagen wirklich philosophi- scher Naturbetrachtung gehende Untersuchungen in Harrıng’s Sinn von Anderen wieder aufgenommen und fortgeführt seien, habe ich nicht auffinden können; auf einige Arbeiten, welche sich mit ihnen mehr oder weniger berühren, komme ich zurück; aber sie scheinen für die- jenigen Hypothesen ausgebeutet zu werden, die wir jetzt als monistische bezeichnen. Ob Harrınc für diese Hypothesen empfänglich gewesen wäre, muss ich dahingestellt sein lassen. Jedenfalls hebt er (p. 79) scharf die Unterschiede hervor, welche die durch ihn dargestellten Gebilde von Organismen trennen. Er legt die Thatsachen klar und objektiv dar und bemüht sich, streng zu scheiden zwischen dem, was er durch seine Ex- perimente als erwiesen betrachtet, und den mehr hypothetischen Schlussfolgerungen, deren Bedeutung er darauf beschränkt, dass sie zu weiteren Experimenten anregen sollen. Der Schlusssatz der schönen Arbeit geht dahin, dass sich damit dem Forscher ein sehr weites Feld eröffne, auf welchem kaum die ersten Schritte gethan seien. Die weiteren Schritte haben, so viel mir bekannt, wenn ich von meiner bescheidenen, vor zwei Jahren erfolgten Mittheilung absehe, bis jetzt 17 Jahre auf sich warten lassen. ‘ Indess hat man, ganz ent- gegen dem Sinne Harrıng’s, seine Untersuchungen als etwas Abge- schlossenes behandelt, und sogar deren Resultate missverständlich dar- gestellt. Wenn z. B. Pıczxstecuer (Allgem. Zool. Berlin 1875. Bd. 1. p- 81) von den Versuchen Harrıne’s anführt, sie haben ergeben, »dass kohlensaurer Kalk, wenn er bei Gegenwart von Eiweißkörpern aus dem gelösten Zustand in den festen übergeht, Calcosphäriten bildet, kugelig geschichtete Verkalkungen eines, dem Chitin nahestehenden Eiweiß- körpers;« so wird dabei übersehen, dass Hırrınc (p. 58) bestimmt her- vorhebt, dass diese chitinähnlichen Eiweißkörper auch da auftraten, wo keine Verbindung mit kohlensaurem Kalk stattgefunden hatte, und 604 W. v. Nathusius, dass Hırrıne überhaupt von der morphologischen Untersuchung von Niederschlägen kohlensauren Kalks ohne Gegenwart von Eiweiß oder sonstigen organischen Verbindungen ausging: dass er dabei häutige Niederschläge erhielt, welche allmählich in Gebilde übergingen, die in kugeliger Gestalt, in radiärer und geschichteter Struktur vollständig mit den später dargestellten Calcosphäriten übereinstimmten (p. 5, Taf. I, Fig. 1). Der größte, so ohne Gegenwart von organischer Substanz durch Zusatz von kohlensaurem Kali oder Natron zu einem löslichen Kalksalz erlangte und von Harrına abgebildete Calcosphärit, hatte nur 20 u Durchmesser, konnte also die feinere Struktur nicht so deutlich zeigen als die später dargestellten bis über 100 u gehenden. Um in einem zäheren oder dickflüssigeren Medium langsamere Bildung der Körperchen und dadurch größere Dimensionen derselben zu erreichen, wurde ohne wesentlichen Erfolg Zusatz von Gummi, Kleister etc. versucht; wohl aber trat dieser Erfolg mit thierischen Substanzen, als Eiweiß, Blut, Galle ete. ein. Die eiweißartigen Sub- stanzen gehen wirklich in die Substanz der sich bildenden Körperchen über, haben also auch, abgesehen von der Vergrößerung, einen unbe- streitbaren Einfluss auf ihre Beschaffenheit; aber daraus, dass sich Gal- cosphäriten auch in Abwesenheit organischer Substanz mit derselben charakteristischen Struktur bilden, geht hervor, dass die morpholo- gische Bedeutung der Eiweißstoffe überschätzt wird, wenn man diesen wichtigen Umstand übersieht und dem Gedanken Raum giebt, dass es sich hier um Quasi-Organismen oder um Übergänge in solche handeln könne. Harrıne selbst tritt solchen Gedanken in seinen Schlussbemer- kungen, wie schon bemerkt, entschieden entgegen. Calcosphäriten, Conostaten und die scheinbar einen Übergang in eigentliche Krystallformen bildenden Körperchen habe ich in befriedi- gender Übereinstimmung mit Harrına’s Beschreibungen und Abbil- dungen erhalten. Auf gewisse Abweichungen, sei es in der Beobach- tung, sei es in deren Deutung, habe ich zurückzukommen; aber schon hier dürfte der Ort sein, dasjenige Bedenken geltend zu machen, wel- ches ich gegen die Bedeutung eines Theils der Hırrına’schen Befunde erheben muss. Außer den erwähnten Körperchen sind auch Membranen und membranöse Gebilde dargestellt worden. Sie werden auf Taf. II, Fig. 3—12 abgebildet. Das von mir angewendete Verfahren gestattete nicht, diese Membranen anders als in einzelnen Fragmenten zu erhalten, welche indess genügen, um den Nachweis zu führen, dass die erwähn- ten Abbildungen im Wesentlichen Wahrheit darstellen, welcher Nach- weis übrigens bei einem Beobachter wie Hırrıns kaum erforderlich Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 605 war. Wird indess angenommen, dass diese Membranen etwas bei dem angewandten Verfahren neu Entstandenes seien, so kann ich dieses als begründet nicht zugeben. Ich kann nur annehmen, dass es die im Hühnereiweiß schon vorher vorhandenen zarten Membranen sind, welche dadurch, dass sich kohlensaurer Kalk in und auf ihnen niedergeschlagen hat, deutlicher und konsistenter geworden sind. Die Frage über die Präexistenz dieser Membranen in der Eihülle darf ich hier nicht erörtern. Zur Zeit der Harrıne'schen Untersuchungen mochte die Mrısens’sche Meinung, welche sie, wenn durch Mischung des Hühnereiweiß mit Wasser dargestellt, für Kunstprodukte erklärte, noch eine gewisse Geltung haben. Jetzt dürfte ihre Präexistenz eine anerkannte sein, und hiermit harmonirt, dass Harrıng nur in den Fällen, wo er das Weiße von Hühnereiern verwendete, membranöse Bildungen darstellen konnte, nicht aber wo Blutserum, Galle ete. angewendet wurden. Am auffallendsten ist dieses Verkennen des Sachverhältnisses beim Experiment Nr. 7 (p. 13 ff. namentlich p. 19). Es waren in eine Schüssel von 25 cm innerem Durchmesser, welche das Weiße von sie- ben Hühnereiern enthielt, an den einen Rand Stücke von Chlorcalcium, an den entgegengesetzten eine krystallinische Kruste von Natronbikar- bonat gelegt. Auf der Oberfläche bildeten sich Krusten, welche, aus den gewöhnlichen Caleosphäriten und Conostaten bestehend, hier nicht weiter berührt werden sollen. Das Chlorcaleiumstück fand sich nach acht Wochen von einem membranösen, nur an einzelnen Stellen etwas - Kalkkügelchen enthaltenden, sonst aber kalkfreien Cylinder um- geben, ‚der an den Rändern die Härte des Knorpels an anderen Stellen 2 aber doch eine der der Sehnen gleiche Konsistenz, dabei aber auch 3 eine große Widerstandsfähigkeit gegen Kalilösung hatte. Vergegenwärtigt man sich die Menge der in der Eiweißhülle vor- kommenden, wenn auch im Einzelnen zarten Membranen, so ist evident, wie die energische Anziehung des Wassergehaltes der zwischen diesen Membranen befindlichen Flüssigkeit erstere in der Umgebung des Chlorcaleiumstücks verdichten und im Lauf der acht Wochen zu einer Masse, wie sie beschrieben wird, vereinigen musste. Von den leichter isolirbaren Eihäuten — Dotterhaut und Schalenhaut — ist bekannt, dass ihr chemisches Verhalten dem des Elastins nahe kommt. So ist dies ein einfacher physikalischer Vorgang, der neben der Bildung der Calcosphäriten hergehend keine Beziehungen zu dieser hat. Um das Natronsalz bildete sich gleichzeitig ein ähnlicher Ring, welcher aber aus brüchigen verkalkten Membranen bestand. Ein weiteres Studium des Verhaltens dieser Membranen, wenn sie 606 - W. v. Nathusius, - der Einwirkung von Kalksalzen ausgesetzt werden, kann für die genauere Erkenntnis ihrer Struktur, welche wegen ihrer großen Zartheit und Quellbarkeit schwierig ist, vielleicht von Wichtigkeit werden. Für die sonst hier vorliegenden Fragen glaube ich diese ausscheiden zu können. Nun zur vermeintlichen Reproduktion der Eischale. In dem 32ten Experiment (p. 45 ff.) wurden sechs Hühnereier, nachdem ihre Schale durch Salzsäure entkalkt war, mittels eines starken Wasser- strahles abgespült und dann drei Tage in eine koncentrirte Chlorcal- ciumlösung gelegt. Sie wurden dann wieder abgewaschen und in die Lösungen gelegt, welche allmählich das in das Ei eingetretene Kalksalz hei seinem Wiederaustritt niederschlagen sollten. Wir dürfen wohl an- nehmen, dass diese nicht näher bezeichneten Salze kohlensaures und etwas phosphorsaures Natron waren. Harrıng giebt gewissenhaft unter Anführung einiger der hierfür allerdings nahe liegenden Gründe an, dass in keinem Fall eine der na- türlichen ähnliche Schale entstanden sei; bildet jedoch auf Taf. IV, Fig. AB ab, wie sich auf einem Theil der Schalenhaut des einen Eies Calcosphäriten abgesetzt haben, wodurch eine gewisse oberflächliche Ähnlichkeit mit den Bildern entsteht, welche meine tangentialen Schliffe durch die Mammillenendungen von Eischalen zeigen. Dabei giebt er zu, dass die feineren von mir nachgewiesenen Strukturverhält- nisse der Eischale fehlen. H. Lanvoıs und R. Brasıus hatten vor mir die Struktur der Vogel- eischalen an entkalkten Schalenstücken studirt. Ihren Resultaten hatte ich mich nach dem, was die Dünnschliffe der Schale ergaben, nicht an- schließen können; das steht aber fest, dass die mit Säuren behandelte Schale ein ziemlich voluminöses Substrat hinterlässt. Namentlich bei diesen fest mit der Membrana testae verwachsenen Mammillenendungen ist es ziemlich derb. Auch wenn Harrına das entkalkte Ei mit einem starken Wasserstrahl abgespült hatte, konnte das nach der Entkalkung zurückbleibende Substrat nicht vollständig entfernt sein: am wenigsten die von den Fasern der Membrana testae durchwachsenen Mammillen- endungen. Bekannt ist, dass krystallinische Absätze solche günstige An- satzpunkte bevorzugen, leicht verständlich also, dass sich auch Galco- sphäriten da absetzen, wo sich noch Reste von Mammillenendungen vor- finden, und so Bilder entstehen, welche eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit Schalenschliffen haben ; aber solche äußerliche Ähnlichkeiten wer- den durch mancherlei Nebenumstände bewirkt, und es ist unzulässig, aus ihnen Analogien zu entnehmen: es ist allein die feinere — die in- time Struktur, auf welche es dabei ankommt, und in keinem der hier vorliegenden Fabrikate finde ich auch nur eins der mannigfachen und 7a W Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 607 interessanten Strukturverhältnisse, welche ich in den Vogeleischalen nachweisen konnte, glaube also die Annahme, dass hier wirkliche Ana- logien vorliegen, mit Entschiedenheit bestreiten zu können. So ungern ich diesen kritischen Bemerkungen eine große Aus- dehnung gebe, muss doch noch der Versuche, Knorpel-, Knochen- und Sehnengewebe zu verkalken, gedacht werden (3istes Experiment p- 41 ff.). Sie sind wohl die am wenigsten gelungenen. Das eigentlich negative Resuitat hat nach dem, was jetzt über die Rolle, welche die Osteoblasten bei der Knochenbildung spielen, und über die fibrilläre Struktur des Grundgewebes der Knochen bekannt ist, nichts Über- raschendes. Nach diesem allgemeineren Rückblick, welchen ich einer so her- vorragenden Arbeit schuldig war, habe ich noch als mir bekannt ge- wordene Arbeiten, welche mit der Hırrınad'schen mehr oder weniger in Beziehung zu bringen sind, die folgenden zu erwähnen: W. M. Oro, The influence of colloids upon erytalline form and cohesion. London 1879. Ein Referat von O. Lenmann, welches auch die Abbildungen wiedergiebt, findet sich in P. Grors, Zeitschr. f. Krystallo- graphie und ‚Mineralogie, Bd. IV, 1880, pag. 619. Orp scheint die Harrına sche Arbeit nicht gekannt zu haben, in dem Referat wird sie wenigstens nicht erwähnt; aber er 'gedenkt des von Anderen z.B. Rarmey aufgestellten Satzes, dass Krystalle in ihrer Ausbildung durch Colloidsubstanzen gehindert werden, und zwar um so mehr, je geringer die Löslichkeit der krystallisirenden Substanz, und je größer die Visco- sität des Colloids ist. Die Experimente. beziehen sich auf die im Urin stattfindenden Niederschläge. Dargestellt sind Harnsäure, harnsaures Natron, oxalsaurer Kalk und phosphorsaure Magnesia. Als Medien sind Zucker, Gummi, Gelatine und Eiweiß benutzt. Die Darstellungsweise ist im Prineip der Harrıne’schen ähnlich. Es wurde z. B. eine mit einem Gelatinepfropf geschlossene Röhre in Chlorcaleiumlösung gebracht und mit einer Lösung von oxalsaurem Ammoniak gefüllt. Die Abbildungen zeigen nur darin Ähnlichkeiten mit den Harrıng’schen, dass Doppelkugeln - (Zwillinge von Sphäroiden) und ganz kleine runde Körnchen vorkom- men. Koncentrische Schichtung und radiäre Streifung ist nirgends an- - gegeben: leider auch nicht der Maßstab der Abbildungen. Die vor- - kommenden entschiedenen Krystallformen können selbstverständlich mit den bei den Harrıne’schen Experimenten erhaltenen Krystalloiden 4 nicht verglichen werden, da Orp kohlensauren Kalk nicht dargestellt hat. Offenbar handelt es sich für ihn wesentlich um Methoden der Harn- üntersuchung, wobei allerdings die Modifikation der Krystallformen von Wichtigkeit war. Dass auch andere Salze als kohlensaurer Kalk unter 608 W, v. Nathusius, dem Einfluss der Colloide Sphäroide bilden, ist beachtungswerth. aber dieser Umstand scheint doch von Orn so wenig verfolgt, dass er hier nicht zu verwerthen ist. Überhaupt liegt das Interesse, welches die Harrıne’schen Experimente erregt haben, in anderer Richtung. Ferner ist die Arbeit von Dr. Wırnzım Esstem, Natur und Be- handlung der Harnsteine (Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1884) nicht mit Stillschweigen zu übergehen. Nach derselben besitzen sämmtliche Harnsteine ein vorganisches Gerüst«, welches nach Auflösung der Harn- säure resp. der Kalksalze zurückbleibt. Harnsäurekügelchen, welche sich schon in der Niere bilden, sollen »versteinerte« Epithelzellen der Harnwege sein (harnsaures Infarkt der Niere Neugeborener) und radiale und koncentrisch geschichtete Struktur zeigen. Erstere verschwinde nach Auflösung der Harnsäure, sei also krystallinisch, letztere bleibe als Struktur des organischen Gerüstes. Solche Nierensteinchen, aber auch Fremdkörper (Sperma) und katarrhalische Absonderungen können in der Blase die Bildung größerer Blasensteine verursachen, welche ebenfalls ein organisches Gerüst haben, das häufig versteinerte Zellen in großer Zahl einschließt. Früher schon war ich auf die auffallende Ähnlichkeit, welche einige der Esstein’schen Abbildungen mit Radialschliffen durch Straußeneier zeigen, aufmerksam gemacht, z. B. der Dünnschliff durch einen Oxalat- stein Taf. II, Fig. 6a; aber diese Ähnlichkeit ist eine mehr zufällige. Der wesentliche Unterschied ist der, dass in den Harnsteinen, wie ange- führt, die radiale Struktur als Ausdruck einer verwirrten Krystallisation bei Entfernung der inkrustirenden Substanz verschwindet, während sie bei der Eischale Ausdruck einer organischen Struktur ist und bei Auf- lösung der Kalksalze bleibt. Von der feineren Struktur der Eischale, namentlich von den Schalenkörperchen, ist nichts vorhanden; die Ähn- lichkeit beschränkt sich also darauf, dass auch in den Harnsteinen wie beim Straußenei koncentrische Schichtung vorhanden ist. Diese ist aber ein bei den allerverschiedensten Objekten und auf ganz verschiedenen Ursachen beruhendes Vorkommnis, so dass ich in dieser Beziehung den Esstein’schen Befunden Bedeutung nicht beilegen honnte. Aber gerade in dem, was die Harnsteinstruktur von der der Eischalen unterscheidet, liegt eine Ähnlichkeit mit den Harrıne’schen Körperchen. Auch in letz- teren glaube ich, wie weiterhin auszuführen ist, gefunden zu haben, dass die radiäre Struktur nur der Ausdruck von Krystallisation ist. Um die Harnsteine als Analoga der Hırrına’schen Körperchen be- trachten zu können, würden noch einige Fragen zu erledigen sein, wel- chen Esstein, da ihm, wie erklärlich, die pathologischen Gesichtspunkte wichtiger als die naturphilosophischen erscheinen mussten, nicht näher. Untersuchungen über Harting’sche Körperchen, 609 getreten ist. Überhaupt ist aus seiner Arbeit nicht zu ersehen, dass ihm die Harrıng’schen Experimente bekannt waren. Abgesehen davon, dass zweifelhaft bleibt, ob die Art der koncentrischen Schichtung der der Harrıne’schen Körperchen entspricht, scheint es, dass er den Zellen, aus welchen die kleinen Steinchen entstehen und welche die größeren ent- halten sollen, einen wesentlichen Einfluss zuschreibt. Würde dieser Einfluss als ein auf der Besonderheit der Zellenform beruhender be- trachtet, so läge etwas Anderes als in den Harrıng’schen Körperchen vor. Sollten diese Zellen aber lediglich, wie dies ja auch erklärlich wäre, nur das Motiv dafür sein, dass ein krystallinischer Niederschlag dort seine Ansatzstelle findet, wie dies z. B. auch geschah, als Harrına Calcosphäriten auf der entkalkten Schalenhaut des Eies entstehen sah, dann läge die Analogie mit den Harrıng’schen Körperchen nahe. Wie dem auch sei, so handelt es sich bei den Harnsteinen um Ge- bilde, welche, wenn sie auch innerhalb der Organe des menschlichen Körpers entstehen, zur Ausscheidung bestimmt sind, nicht aber, wenig- stens für eine gewisse Zeit, dem Organismus wirklich zugehören sollen. In letzterem erst würde das Interesse liegen. Endlich habe ich noch eines Vortrages zu erwähnen, welchen G. STEINMANN in der Sitzung vom 15. Mai 1889 der Naturforschenden Ge- sellschaft zu Freiburg i. B. über Schalen und Kalksteinbildung gehalten hat. Ein Bericht über denselben ist in Bd. IV, H. 5 der Berichte jener Gesellschaft veröffentlicht. STEINMANN theilt als »bisher noch nicht beachtete Eigenschaft der Eiweißsubstanz« mit, dass sie auch ohne Zusatz von kohlensau- rem Alkali Kalkkarbonat aus anderen Kalksalzen fälle. Das Wesent- liche ist so kurz mitgetheilt und enthält so Auffallendes, dass ich vor- ziehe, wörtlich zu citiren: »Bringt man auf einen Objektträger einen Tropfen klaren, geruchlosen, aber schwach alkalisch reagirenden Ei- weißes (aus einem Hühnerei entnommen) mit etwas koncentrirter Chlor- ealciumlösung oder mit Krystallen dieser Substanz zusammen, so schei- den sich sehr bald (nach 5—15 Minuten) zahlreiche kugelige Körper aus, welche eine Trübung der vorher klaren Flüssigkeit hervorrufen. Die- selben zeigen zwischen gekreuztenNicols das schwarze Kreuz und häufig auch die Farbenringe einachsiger Sphärokrystalle mit negativem op- tischen Charakter , lösen sich in verdünnten Säuren unter Brausen auf und hinterlassen einen organischen Rückstand von gleicher Gestalt. Der _ Niederschlag erfolgt je nach der Koncentration der Chlorcaleiumlösung mehr oder minder rasch und reichlich. Wird der Versuch in größerem Maßstabe und mit verdünnter Chlorealeiumlösung angestellt, so bilden sich außer den regelmäßigen kugeligen ‚Calcosphäriten‘ (Harrıng) Zwil- 610 / W. v. Nathusius, lings- oder Viellingskörper, ‚Conostaten‘ (Harrınc), feste Krusten oder größere Kugeln, die durch Zusammentreten der Calcosphäriten ent- stehen. Das Innere der größeren Kugeln wird nicht selten von einer Luftblase eingenommen. Die Eiweißsubstanz nimmt dabei den Cha- rakter des Conchyolin an, sie wird weiß und fast ganz unlöslich in Al- kalien wie in Säuren; nach längerem Stehen in mehrfach erneutem Wasser färbt sie sich bräunlich, wie die CGonchyolinmassen, welche die unbeschalten Körpertheile vieler Mollusken überziehen. Kurz es ent- stehen auf diese Weise dieselben Produkte, wie sie Harrıne unter Zu- satz von kohlensauren Alkalien erhielt.« Weiterhin ergiebt sich, dass es sich um die Einwirkung des durch Zersetzung des Eiweiß entstehenden kohlensauren Ammoniaks handele. Dass bei dieser Zersetzung, wie angeführt wird, Mikroorganismen eine Rolle spielen, ist eigentlich selbstverständlich. So hätten wir das ein- fache, zwar nicht überraschende, aber immerhin zu vermerkende Re- sultat, dass bei der Entstehung Harrıng’scher Körperchen kohlensaures Ammoniak die anderen Alkalien ersetzen hann. Als eine »bisher nicht beachtete Eigenschaft der Eiweißsubstanz« wird dies wohl nicht zu be- trachten sein. Berichte über mündliche Vorträge müssen vorsichtig beurtheilt werden; indess ergiebt der Heftumschlag, dass Steinmann Mitglied der Redaktionskommission, das Veröffentlichte also als eine korrekte Wiedergabe zu betrachten ist. Dann muss’ich als auffallend Einiges hervorheben: 1) Frisches Hühnereiweiß ist nicht tropfbar. Der Zersetzungsprocess muss schon ziemlich weit vorgeschritten sein, wenn sich seine Mem- hranen verflüssigt haben. Dann ist allerdings auch ein größerer Gehalt an kohlensaurem Ammoniak zu erwarten. 2) Die Bildung von Calcosphäriten etc. schon nach 5 —15 Minuten ist gänzlich neu, desshalb sehr zu bedauern, dass die Größenangabe der so gebildeten fehlt. 3) Unrichtig ist, dass Harrıng die Zwillingskörper als Conostaten be- zeichnet. Letzteres sind die halbkugligen in einen Trichter auslaufenden Schwimmkörperchen. Auf ein sorgfältiges Studium der HArrıng’schen Arbeit lässt dies nicht schließen. 4) Neu ist ferner, dass das Innere der größeren Kugeln nicht sel- ten von einer Luftblase eingenommen werde. Allerdings erwähnt llarrıng p. 11 und bildet Pl. II, Fig. 35, b ab, dass ganz kleine Körper- chen ein sehr kleines, stark lichtbreehendes Kernchen enthalten können, welches vielleicht von der Entwicklung eines Bläschens von Kohlen- säure herrühren könnte, Auch ich habe in Fig. 3g ein solches Körper- ä Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 611 chen abgebildet, das nur ca. 4 u Durchmesser hat; sein ganz schwach lichtbrechendes Kernchen wenig über I u. Bei solchen Dimensionen ist nicht zu entscheiden ob es sich um einen Luftraum oder einen mit einer anderen schwach lichtbrechenden Substanz ausgefüllten Hohlraum handelt. Bei größeren Kugeln ist mir nie Etwas entgegengetreten, was auf eine centrale Luftblase gedeutet werden könnte: auch die HarTıng- schen Abbildungen ergeben dergleichen nicht. 5) Es war keine Veranlassung, statt der von Harrına eingeführten Bezeichnung Galcoglobulin für die noch einigermaßen hypothetische - Albuminmodifikation, welche durch die Verbindung mit dem kohlen- sauren Kalk, aber auch schon durch den Kontakt mit Chlorcaleium ent- stehen soll, den Ausdruck »Conchyolin« zu gebrauchen. Dass ich letz- tere für die präexistirenden Eiweißmembranen halten muss, ist schon erwähnt. Über die feinere Struktur der erhaltenen Produkte erwähnt Srein- _ MANN nichts. Es ist zu bedauern, dass dem gegenüber bei dem Fehlen E von Zeichnungen und dem gänzlichen Unterlassen irgend welcher Di- mensionsangaben man Manchem mit gewissen Zweifeln gegenübersteht. - Vielleicht hätte meine im Zool. Anz. v. 1887, Nr. 252 u. 253 erfolgte - Publikation, wenn Stemmann dieselbe gekannt hätte, Veranlassung sein ' können, etwas tiefer in den Gegenstand einzudringen. | Leider weiß ich bei dieser Sachlage seine Andeutungen nicht zu , verwerthen, wollte sie aber doch erwähnen. Eben so wenig kann ich auf die Meinungen eingehen, welche er über die Bildung der Mol- ' luskenschalen äußert. Sie knüpfen zu wenig an Thatsachen an. Auf die fernere Meinung über die Entstehung der marinen Kalk- ‘steine und Dolomite als Niederschlag aus löslichen Kalksalzen durch - kohlensaures Ammoniak, welches sich aus der Zersetzung thierischer Organismen entwickelt habe, gehe ich nicht ein, da dies gänzlich von meinem Thema abftihren würde. Ich darfnun zu den Resultaten meiner - eigenen Versuche übergehen. | h- In ein parallelopipedisches Glasgefäß von 20 em Länge und 4,5 cm Breite wurde das Weiße von zwei frischen Hühnereiern gethan und oberflächlich zerrührt. In dieses wurde an der einen schmalen Seite f getrocknetes Chlorcaleium, an der anderen schmalen Seite Natronbikar- bonat, beides in gröblicher Zerkleinerung und in weißes Fließpapier einfach eingeschlagen, gebracht. ja Ein nach acht Tagen entnommenes Pröbchen enthielt schon ziem- lich große — bis 35 u Durchmesser — Calcosphäriten, aber mit höck- - riger Oberfläche: auch eine große Zahl kleiner, bis unter 5 « herunter- gehender Körperchen. Letztere nur selten mit erkennbarer Schichtung: 612 W. v. Nathusius, Alles durch die nicht abgewaschenen Eiweißmembranen in einem ge- wissen Zusammenhang. Nach vierzehn Tagen vom Beginn des Experimentes wurde wieder ein Probestück von der sich in der Nähe des Chlorcaleiums ansetzenden Masse entnommen, oberflächlich mit destillirtem Wasser abgewaschen und mit Goldcehlorid gefärbt. Auf das Resultat komme ich zurück. Stückchen der Kruste, die sich auf der Oberfläche gebildet hatten, waren schon einige Tage vorher entnommen. Schon jetzt bemerke ich, dass sie wesentlich aus eigenthtümlichen halbkugeligen, in einen Becher auslaufenden Körperchen bestanden, welche Harrıne als Con o- staten bezeichnet hat. Sie waren aber noch wenig entwickelt, von nur ca. 26 u Durchmesser, bildeten keine zusammenhängende Kruste, sondern ließen erhebliche Lücken, welche durch eine in Goldchlorid sich schnell und stark in Purpur färbenden Membran ausgefüllt waren. | Endlich wurde nach 17 Tagen vom Beginn des Versuchs derselbe # beendet. Der ganze Inhalt des Gefäßes wurde thunlichst in vier Theile fraktionirt. 4) Die schwimmenden Krusten, mit großen, vollständig ent- wickelten Conostaten. Der Kürze halber werde ich diese weiterhin mit & bezeichnen. 2) Die am Chlorcaleium abgesetzte Masse. Es ergiebt sich, dass diese der bei Weitem größte Theil des ganzen Produktes ist. Ich be- zeichne dieselbe mit ß. ) 3) Die übrige Flüssigkeit nach Entfernung einer voluminösen, noch | im Zusammenhang befindlichen Eiweißmasse, aus welcher sich nach der 4 nun zu beschreibenden Behandlung nur ein sehr geringes Produkt er- 7 gab. Ich werde dasselbe mit y bezeichnen. 3 Harrıng schreibt vor, die Produkte, bevor sie getrocknet in Kanada- h balsam gelegt werden, mit viel Wasser zu behandeln, um sie »so viel als i möglich« von dem anhängenden Eiweiß oder anderen organischen Sub-” stanzen zu befreien. Vielleicht habe ich dies zu buchstäblich genommen. 3 Da sich das Weiße der Hühnereier auch nach mehrtägiger Einwirkung von Wasser nicht eigentlich löst, sondern eine zusammenhängende Masse bleibt, habe ich die zu reinigenden Produkte 8 und y nach Zusatz von Wasser gründlich mit einem Borstenpinsel bearbeitet und wiederholt mit frischem Wasser übergossen und dekantirt, bis die Flüssigkeit nicht mehr schäumte, und das Eiweiß vollständig entfernt war. Natürlich wurde «a, um den Zusammenhang der Krusten nicht zu sehr zu zer- stören, nur vorsichtig mit Wasser abgewaschen. 4) Auf dem Grunde des Gefäßes befand sich ein so fest adhäri- Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 613 'render Bodensatz, dass er durch Behandlung mit dem Borstenpinsel ge- 'wonnen werden musste. Ich bezeichne ihn mit 6. Bevor ich zur Beschreibung der gewonnenen Produkte übergehe, will ich ein zweites Experiment erwähnen. Einer der von HarrınG ge- gebenen Vorschriften ungefähr entsprechend, wurde in eine weithalsige Flasche mit eingeriebenem Stöpsel das Weiße eines Hühnereies ge- bracht, und ein gleiches Volum koncentrirter Lösung von Chlorcaleium zugesetzt. Diese sollten »gemischt« werden (vgl. a. a. O. Experiment A und 2 p. 10 u. 41). Eine Mischung war auch durch anhaltendes starkes Schütteln nicht zu bewirken. Die Eiweißhülle ist eben keine Flüssig- keit, die sich mit anderen Flüssigkeiten mischen ließe, sondern ein komplexes, aus Membranen, deren Maschen allerdings Flüssigkeit ent- halten, bestehendes Gewebe. Das Eiweiß blieb als eine zusammen- hängende Masse auf der Chlorcaleiumlösung schwimmend. Es wurde nun gründlich mit der Schere zerschnitten, und dadurch eine theil- weise Mischung erzielt. Einzelne Eiweißklümpchen fielen aus dersel- ben noch zu Boden. Es wurde nun getrocknetes, gröblich zerkleinertes Natronbikarbo- nat in weißes Fließpapier eingeschlagen in die Flüssigkeit gebracht, in welche sich diese Kapsel ziemlich tief einsenkte. Die Flasche wurde mit dem Stöpsel fest verschlossen. Auf der Oberfläche zeigten sich nach einiger Zeit Membranen, welche allmählich zu Boden fielen. Nach drei Wochen begann Schimmelbildung. Der Versuch wurde abge- brochen, und der Inhalt der Flasche fraktionirt und mit Wasser behan- delt. Überall zeigten sich Fetzen von Membranen, dicht mit Körnchen von 1/,—!/, ıı Größe besetzt: nirgends größere Calcosphäriten. Diesen somit misslungenen Versuch habe ich nur erwähnt, weil er auf die Rolle hinweist, welche das Eiweiß beim Gelingen des Versuchs spielt. Der Harrıng’sche Ausdruck »Mischen« ist wohl ein missver- ständlicher. Wäre die Mischung des Eiweiß mit der Chlorcaleiumlösung nicht durch das Zerschneiden des ersteren erzwungen und die Kapsel mit dem Natronbikarbonat auf die Eiweißmasse gelegt, so wäre der Zweck: die Verlangsamung der Berührung beider Salze, vermuthlich erreicht worden. Ich gehe zur Beschreibung der erlangten Galcosphäriten über, wo- bei es sich wesentlich um Erläuterung der Abbildungen handelt, die, wo Anderes nicht angegeben, sämmtlich nach in Kanadabalsam liegen- den Objekten bei durchfallendem Licht entworfen sind. Bei deren Herstellung konnte leider nicht durchgehend derselbe Maßstab gewählt werden. Bei komplieirtem Bau kleinerer Objekte muss die Zeichnung, um deutlich zu sein, in stärkerer Vergrößerung, als der angewendeten, Zeitschrift f. wissensch. Zooiogie. XLIX. Bd. 40 614 W. v. Nathusius, ausgeführt werden. Was sich z. B. bei 600facher Vergrößerung auf 25 cm Sehweite ganz gut beobachten lässt, gestattet die Technik der Zeichnung erst bei 1200facher Vergrößerung in derselben genau darzu- stellen. Die größeren Objekte aber, deren Durchmesser bis über 200 u geht, in so großem Maßstabe zu zeichnen, würde kaum ausführbar ge- wesen sein. Um die Größenverhältnisse etwas übersichtlicher zu ınachen, und das ermüdende Nachschlagen in der Figurenerklärung zu beschränken, sind desshalb neben den Figuren die wirklichen Größen und der Maßstab der Zeichnung angegeben. Was die farbigen Figuren betrifft, so war bei Wiederholung der Harrıne’schen Experimente mein ursprüngliches Ziel, die Produkte der Färbung mit Goldchlorid und anderen Färbemitteln zu unterwerfen, um die Resultate mit denjenigen zu vergleichen, welche sich bei den Eischalenüberzügen ergeben hatten. Letztere gingen, wie ich hier kurz bemerke, dahin, dass Goldchlorid in die Überzugskörperchen schnell eindrang, ihren Mittelpunkt und ihre inneren Schichten lebhaft färbte und dort gewisse Strukturverhälinisse bloßlegte, während die äußeren Schichten entweder ganz farblos oder verhältnismäßig schwach gefärbt blieben, woraus ich schloss, dass eine eigenthümliche, auf Organi- sation beruhende Verbindung der Kalksalze mit der thierischen Sub- stanz bestehen müsse, welche die chemische Aktion des kohlensauren Kalks wesentlich modificire. Die Färbung durch eine wässerige Lösung von Methylgrün war eine zweifelhafte, jedenfalls schwache. Die Hır- ring schen Körperchen färben sich dagegen in Methylgrün in blau oder violett stark, aber in so fern unregelmäßig, als in demselben Präparat ungefärbte neben stark gefärbten Körperchen bleiben. Zur Goldfärbung ist gewöhnlich eine wässerige Lösung von säure- freiem Goldchlorid, die eirca !/;oo’o Gold enthielt, angewendet. Die Länge der Einwirkung ist entscheidender als geringe Unterschiede im Gold- gehalt. Man erkennt die genügende Einwirkung schon an der Gelb- färbung. Auch Goldchlorid-Natrium ist mit gutem Erfolg verwendet. Die Purpurfärbung scheint später einzutreten, aber schöner zu werden. Auch ist es bequemer, da man es in Krystallform in den Apotheken erhält, also den Goldgehalt der zu verwendenden Flüssigkeit leicht regeln kann. Indess habe ich als Regel Goldchlorid angewendet, da dieses bei den Eischalenüberzügen geschehen war, und es auf die Identität des Verfahrens ankam. Wesentlich handelte es sich darum, festzustellen ob und wie die Goldfärbung auch in das Innere der Harrıng’schen Körperchen ein- dringe. Die Oberfläche färbt sich fast immer, und ist die Färbung in- tensiv, so ist es schwer zu beurtheilen, ob sie auch in das Innere Untersuchungen über Harting sche Körperchen. 615 gedrungen ist, wo sich häufig ein dunkler Kern befindet, z. B. wie bei Fig. 13a. Um dieses zu entscheiden, habe ich dasselbe Objekt gleich- mäßig von unten und oben beleuchtet. Dies Verfahren, welches das Hell und Dunkel der Refraktionseffekte eliminirt, ist sehr geeignet, um auch feinere Färbungen deutlich erkennen zu lassen, und in CaBanıs’ Journ. für Ornithologie, Jahrg. XXX, Nr. 159, Juli 1882 und meinen Untersuchungen von Eischalen ausführlich beschrieben. Neben Fig. 13 « ist derselbe Calcosphärit unter b in dieser Beleuchtung abgebildet. Die gleichmäßige, nur am Rande stärker erscheinende Farbe zeigt, dass das Innere wenigstens nicht stärker gefärbt ist. Die deutlichsten Resultate ergeben sich, wenn ein Portiönchen vorher recht stark bis überstark gefärbter Körperchen fein zertrümmert wird, was durch Zerdrücken in einem Agatschälchen leicht geschieht. Werden sie nun in Kanadabalsam gelegt, so zeigen sich einzelne so feine Splitter von passender Form, dass sie deutlich erkennen lassen, wie nur eine äußere Schicht stark gefärbt ist, und eine nur schwache Färbung zuweilen in geringem Maße in das Innere eindringt (Fig. 15, 16 und 17). Der Versuch, innere Strukturverhältnisse dadurch hervortreten zu lassen, dass Körperchen, nachdem sie zertrümmert waren, mit Gold- chlorid behandelt wurden, misslang. Die Bruchflächen färbten sich schwach und gleichmäßig, wie dies auch bei Marmorsplittern und Kreidestückchen oberflächlich eintritt, wenn sie mit säurefreiem Gold- chlorid behandelt werden. Danach ist anzunehmen, dass bei den von mir dargestellten Körperchen der äußeren sich so stark färbenden Schicht ähnliche im Inneren nicht vorkommen. Schon Fig. 165 lässt erkennen, dass diese stark gefärbte Außen- schicht nicht starr ist, sondern gewissermaßen eine biegsame Membran darstellen kann. Dies zeigt Fig. 25 und 26 noch bestimmter. Sie stellen vergoldete Körperchen dar, welche mit schwacher Kalilauge mäßig er- hitzt und dann in Wasser beobachtet sind. Es hat sich eine Schicht, welche man doch nur als eine Membran bezeichnen kann, stark ge- quollen abgehoben. Leider sind solche Präparate in Glycerin nicht zu konserviren, da darin die Membran wieder zusammenschrumpft. Schon früher wurde erwähnt, dass ich 14 Tage nach Beginn des Versuchs eine Probe entnommen, diese nur flüchtig mit destillirtem Wasser abgewaschen und dann mit Gold gefärbt hatte. Hier zeigen sich auch nach dem Einlegen in Kanadabalsam (Fig. 18) vielfach mem- branöse oder faserige Anhänge an den Calcosphäriten, welche ich für aus den ursprünglich vorhandenen Eiweißmembranen entstanden halte. Vergleich mit Fig. 165 legt wenigstens die Frage nahe: ob bei fort- 40* 616 | W. v. Nathusius, schreitender Entwicklung dieser kleinen Körperchen jene sie theil- weise bekleidenden Membranen Theile derselben werden, und so zu der koncentrischen Schichtung beitragen könnten? Ich möchte diese Frage verneinen, weil erstens ich mir einen Vorgang, durch welchen sich auf diese Weise geschlossene koncentrische Schichten bilden könnten, nicht vorstellen kann, zweitens Harrına aus Galle, also einer membranfreien Flüssigkeit, Calcosphäriten mit derselben Schichtung erhielt (Taf. III, Fig. 7), als er sie aus Eiweiß abbildet (Taf. T, Fig. %). Wie meine Zeichnungen ergeben, weichen diese allerdings in der Darstellung der Schichtung wesentlich von den Harrıng’schen, nament- lich dem großen Calcosphärit a der eben erwähnten Figur, ab. Wo ich Schichtung sehe, finde ich stets, dass diese darin besteht, dass die Schichten verschiedene Brechungsindices haben und sich hierdurch, selten durch scharfe Linien abgrenzen. Die Harrıng’schen Zeichnungen machen dagegen den Eindruck, als ob eine gleichartige Masse durch Solutio continuis in koncentrische Kapseln gesondert sei. Dem ent- spricht auch der Text wenigstens theilweise p. 13 am Schluss: »Quelque fois ces couches ont des contours bien eirconscrits (a), comme s’il y-avait une veritable interruption dans la substance, mais souvent elles ne se distinguent que par une legere difference dans la refraction de la lu- miere transmise, sans &tre bordees par des contours distinets (£).« Leider kann ich { (Taf. I, Fig. %) nicht auffinden, also nicht beurthei- len, wie in den Harrıse’schen Abbildungen diese Verschiedenheit der Brechungsindices dargestellt ist. Bei den meinigen ist es der Natur entsprechend durch helleren und dunkleren Ton geschehen und, wo dies nicht ausdrücklich anders bemerkt ist, bei hoher Einstellung ge- zeichnet, denn es darf nicht vergessen werden, dass die bei hoher Ein- stellung heller erscheinenden stark lichtbrechenden Schichten bei tiefer Einstellung die dunkleren werden und umgekehrt. Die Technik der Zeichnung gestattet leider nicht, diese Abtönung in derjenigen Zartheit darzustellen, welche sie in der Natur besitzt. Der Deutlichkeit halber müssen die tieferen Töne dunkler wiedergegeben werden, als sie bei guter Beleuchtung in der Natur sind. Ich glaube nicht, dass meine Präparate sich wesentlich von den Harrıne’schen in dieser Beziehung unterscheiden, da sie sonst fast bis in die kleinsten Einzelheiten über- einstimmen. Die schärfere Abgrenzung der Schichten, und dass ich niemals eine so große Zahl derselben (25, 30 und noch mehr) erhielt, mag ja besondere Gründe haben. Noch wichtiger ist mir aber folgende Differenz. Harrına zeichnet die radiäre Streifung so, dass zarte gerade Linien ununterbrochen von der Peripherie nach dem Centrum laufen und nirgends durch die Schichtung unterbrochen werden, und der Text Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 617 p. 14 und 50 spricht aus, dass es sich um eine Vereinigung von Pyra- miden handle, die um ein gemeinsames Gentrum gruppirt seien. Dieses werde bestätigt durch die Erscheinung kleiner polygonaler Feldchen auf der Oberfläche einiger Calcosphäriten: abgebildet Taf. III, Fig. 2. Das Fehlen der radiären Streifung bei den kleinen Calcosphäriten be- weise nicht, dass deren Struktur homogen und amorph sei. Die Pris- men seien dort nur äußerst dünn, namentlich im Mittelpunkt, und dess- halb auch bei der stärksten Vergrößerung nicht zu erkennen. Um Krystallisation handle es sich hierbei nicht. Hiergegen habe ich Mancherlei zu bemerken. Erstens sehe ich die radiäre Streifung schon mit so schwachen Objektiven als G von Zsıss. Dann habe ich niemals diese vom Centrum zur Peripherie durchgehen- den Linien mit pyramidalen Zwischenräumen auch mit den stärksten Objektiven verfolgen können. Es ist entweder eine feine Strichelung, welche im Allgemeinen radiär gerichtet ist und gegen die Peripherie eben so eng steht, als gegen das Centrum, oder es sind gröbere und längere, aber keineswegs geradlinig verlaufende Streifen. Es giebt Fälle, wo in ziemlich kleinen, übrigens homogen erscheinenden Calcosphä- riten vom Centrum aus bis nicht ganz an die Peripherie stark von der radialen Richtung abweichend einige, z. B. vier Fasern verlaufen, welche stärker lichtbrechend als die Grundsubstanz sind, also nur als der An- fang einer Krystallisation gedeutet werden können. Wären in den kleinen Körperchen die vermeintlichen Prismenbe- grenzungen nur wegen der Dünne der Prismen nicht sichtbar, so müsste dies eben so im Centrum der größeren und mittleren Körper der Fall sein; aber gerade bei letzteren ist, meist vom Centrum ausgehend, die radiäre Streifung dort deutlicher als an der Peripherie, falls nicht, wie zuweilen, ein dunkler Kern vorhanden ist. Die auf Harrıng’s Taf. III, Fig. 2 abgebildete Felderung der Ober- fläche habe ich so nie gefunden. Sie mag vorkommen, da rauhe, höcke- rige Oberfläche etwas Häufiges ist und dieses sich je nach der Größe der Höckerchen und der Regelmäßigkeit, mit welcher sie die Ober- fläche besetzen, in der verschiedensten Weise geltend machen kann. Ich habe sie stets unregelmäßiger und gröber gesehen. Dagegen ist das in Fig. 19 abgebildete Vorkommen häufig: dass nämlich beim allmäh- lichen Heben des Tubus auf dem Scheitel des Körperchens eine deut- liche und ziemlich regelmäßige helle Punktirung auf dunkelm Grunde erscheint, welche bei weiterer Hebung dunkel auf hellem Grunde steht (Fig. 19 B) und auf Grübchen zu deuten wäre, wenn nicht die sich im Profil zeigende Glätte der Oberfläche diese Deutung ausschlösse. Es müssen also schwächer lichtbrechende Körnchen oder Prismen sein. 618 W. v. Nathusius, Diese wären, wie in der Zeichnung von A angedeutet, in der äuße- ren Schicht enthalten; da letztere aber kaum 3 u dick ist, dort nicht mit Sicherheit zu entscheiden, welches von Beiden vorliegt. Bei Calco- sphäriten, welche diese charakteristische äußere Schicht besitzen, ist diese Punktirung als Regel nachweisbar; indess kommen auch Fälle vor, wo ohne dass diese dünne Schicht abgegrenzt ist, die Peripherie ein ähnliches Bild zeigt (Fig. 190), so dass eine gewisse Beziehung zu der allgemeineren radiären Streifung kaum zurückzuweisen ist, und dieselbe Punktirung, wie sie bei B gezeichnet ist, bei Einstellung auf den Scheitel des Körperchens hervortritt. Ohne diese Bilder deuten zu kön-. nen, musste ich sie doch erwähnen, zumal sie einer als Regel anzuneh- menden Felderung der Oberfläche direkt entgegenstehen. Allerdings spricht auch Harrıns p. 14 von kleinen Prismen der äußeren Schicht, welche den radiären Fasern entsprechen und das Irisiren veranlassen sollen. Solche würden aber den Lichteffekt von Höckern und nicht von Grübchen machen. Dass es sich bei der radiären Streifung der Calcosphäriten in der That um Krystallisation handelt, dürfte aus Folgendem noch bestimmter hervorgehen. Ein Portiönchen, aus den verschiedenen beim Hauptversuch ge- wonnenen Produkten zusammengesetzt, wurde im Platintiegel mit star- ker Kalilauge gekocht, und der Wasserverlust von Zeit zu Zeit ersetzt. Nach einer halben Stunde wurde die Lauge abgegossen und destillir- tes Wasser zugesetzt, um den Rückstand auszuwaschen. Die Einwir- kung des Kali zu mäßigen, war nicht bedacht, da die Körperchen in den Eischalenüberzügen so resistent gegen Kalilauge sind, dass man diese in schärfster Weise anwenden muss, um die Grundsubstanz so weit zu lösen, dass die Körperchen isolirt werden. Bei den Harrıng’schen Körper- chen zeigte sich jetzt schon der größte Theil vollständig zerfallen. Auf dem zugesetzten Wasser bildete sich ein Schwimmhäutchen, das sich auch nach 12 Stunden noch nicht gesenkt hatte. Es bestand größten- theils aus Büscheln von feinen Nädelchen, die sich spurlos in Essigsäure lösten. Der geringe Bodensatz bestand aus durch die Lauge stark ange- fressenen, theils gänzlich desaggregirten Harrıng’schen Körperchen. Beim Legen in Glycerin genügte der Druck des Deckglases, um die Reste in Haufwerke von Nadeln und unregelmäßigen Stückchen zer- fallen zu lassen. Hier sind also bei Auflösung der Grundsubstanz durch die Kalilauge die in derselben enthaltenen Krystallnädelchen (kohlen- saurer Kalk) isolirt, also ihr Vorhandensein nachgewiesen. Die eckigen, mehr den Eindruck von Krystallen machenden Körperchen, welche, wie Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 619 später erörtert werden wird, ebenfalls die radiäre Streifung zeigen, verhalten sich ganz so wie die Calcosphäriten. Bei den radiär gestreiften Calcosphäriten weisen auch die Resultate _ der Färbung mit Methylgrün darauf hin, dass in eine tingirbare Grund- substanz Krystallnädelchen eingebettet sind. Man vergleiche hierzu namentlich Fig. 7, 8und 9. Und zwar bestätigen unbefangene und ge- übte Beobachter, welche diese Präparate mit neueren guten Systemen homogener Immersion gesehen haben, dass es die Grundsubstanz ist, welche sich gefärbt hat, während feine schmale Einschlüsse ungefärbt geblieben sind. Wie könnten derartige Färbungen eintreten, wenn wirklich die Streifen nur die Grenzlinien gleichartiger spitzer Pyra- miden wären? In dem Splitter Fig. 8 ist zugleich sehr schön zu bemerken, dass die koncentrischen Schichten, wie ihre Lichtbrechung verschieden ist, sich auch durch Methylgrün verschieden stark färben. Es kann wohl nicht bezweifelt werden, dass die sich stärker färbenden mehr Eiweiß enthalten, die schwach oder gar nicht gefärbten mehr Kalksalze und dass letztere zugleich die stärker lichtbrechenden sind. Wegen dieser Färbungen muss noch bezüglich Fig. 10 bemerkt _ werden, dass Methylgrün zwar tiefer in die Calcosphäriten eindringt als Goldchlorid, dass aber eine Färbung des Centrums der Regel nach nicht stattfindet. Bei Fig. 10 ist allerdings ein stark gefärbter Kern vorhanden, aber man sieht deutlich, dass es Spalten sind, welche dieses ausnahmsweise Vorkommen veranlasst haben. Fig. 23 und 24, welche auf Platinblech schwach geröstete Körper- chen darstellen, ergeben wiederum die verschiedene Beschaffenheit der Schichten, und zwar bei Fig. 23 auch in radiärer Richtung, was wiederum mit der Harrıng’schen Auffassung nicht stimmt. Die eiweißhaltigeren Schichten müssen sich bei diesem mäßigen Hitzegrad stärker bräunen (vgl. Erklärung der Abbildungen). Harrıne hat schon festgestellt, dass bei Lösung des kohlensauren Kalks mit Essigsäure die Gestalt und die koncentrische Schichtung un- verändert bleibt. Vermuthlich ist Letzteres nur unbeschadet dessen zu verstehen, dass sich das Verhältnis der Schichten dahin umkehrt, dass die früher stärker lichtbrechenden nun die schwächer lichtbrechenden werden. Dieses durch den Versuch zu beweisen, ist allerdings schwie- rig. Die mit Essigsäure entkalkten Körperchen bildet Hırrıne (Taf. I, Fig. 3’ und #') so ab, dass allerdings die häufig vom Centrum ausgehen- den Spalten noch bemerkbar bleiben, nicht aber die eigentliche radiäre Streifung. Im Text habe ich hierüber keine Bemerkung finden können. Stellten die radiären Streifen wirklich die Grenzen, die Solutio continuis 620 W, v. Nathusius, zwischen den von ihm angenommenen Pyramiden dar, so wäre nicht recht abzusehen, wodurch sie bei Entfernung des Kalkgehaltes ver- schwinden sollten. Es kann indess nicht zugegeben werden, dass sie stets und’ vollständig verschwinden. Undeutlicher werden sie wohl immer, und wo sie bleiben, sind sie schwieriger von den einzelnen, vom Centrum ausgehenden Spalten zu unterscheiden. Dies harmonirt mit meiner Auffassung. Die durch Auflösung ganz feiner Krystall- nadeln in einer schwächer lichtbrechend gewordenen Substanz ent- stehenden Lücken können sich der Beobachtung entziehen, und wo gröbere Krystalle Lücken gelassen haben, ist der Effekt dem der. vorher existirenden Spalten ähnlicher. | Die Entkalkung vorher mit Goldchlorid gefärbter Körperchen bietet nichts Besonderes dar. Bei der Erörterung der Entstehungsphasen der Körperchen habe ich auf mehrere dieser Figuren zurückzukommen. Zunächst bedürfen die nicht kugelförmigen Körperchen der Berücksichtigung. Zwillinge, d. h. theilweis verwachsene Galcosphäriten, so wie ganze Reihen oder Lagen von solchen, hat Harrıne beschrieben und abgebildet. Ihnen sind noch die Drillinge und die zu unregelmäßigen Klumpen ver- wachsenen hinzuzufügen. Ich gebe einige Abbildungen von Zwillin- gen in Fig. 14, 26 und 27 Fund @. Diese Verwachsungen haben darin eine Bedeutung, dass sie erweisen, wie im Ganzen die Vergrößerung der Caleosphäriten durch Schichtenansatz von außen stattfindet. Übri- gens kommen doch Fälle vor, wo solche semmelförmige Körper nur einen gemeinsamen Kern haben. Auch Harrınc bildet solche Vorkomm- nisse Taf. I, Fig. k/; Taf. II, Fig. 15d und Taf. III, Fig. Se ab. Meine Fig. 2a deutet vielleicht auf ihre freilich nicht ganz verständliche Entstehung hin :: auf eine andere mögliche Beziehung komme ich später zurück. Besonderes Interesse nehmen in Anspruch die eigenthümlichen Fig. 19c und Fig. 27 und 28 abgebildeten Gestalten. Sie kommen häufig vor. Bei Harrına sind mehrere abgebildet. Außer Taf. I, Fig. kn und p rechne ich auch m und m’ derselben Figur dazu. Am deutlichsten ist die Gestaltung bei meiner Fig. 27 B ausgeprägt. Bei A,C und D der- selben Figur scheint mir das Übereinandergreifen der inneren Linien nur auf Perspektive zu beruhen. Sie liegen in verschiedenen Ebenen. Ich habe die bei höherer Einstellung in den Focus tretenden mit «, die tiefer liegenden mit # bezeichnet. In einzelnen Fällen sieht man bei ganz hoher Einstellung von den Polen aus eine Art Wulst um das ganze Körperchen herumgehen, z. B. bei meiner Fig. 28. Auch Harrıng bildet einen solchen Wulst auf seiner Taf. I, Fig. m’ ab. Auch hier ist die Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 621 Mannigfaltigkeit so groß, dass sich bei erneutem Durchsuchen der Präpa- rate immer wieder Neues findet. Das in Fig. 27 E Dargestellte schien der Beachtung werth. Das Körperchen liegt in Glyceringallerte. So tritt die Refraktion stärker hervor, als dies in Balsam der Fall sein würde. Als Kern erkennt man ein ganz regelmäßig in der Form von Fig. 27 B ausgebildetes Körperchen. Die äußere Schicht lässt bei aller Unregel- mäßigkeit doch noch Andeutungen dieser Form erkennen. Die im In- neren vorhandenen beiden dunklen Streifen entstehen durch die Re- fraktionswirkung eines Wulstes, welcher sich beim Senken des Tubus auf der unteren Seite des Körperchens deutlicher erkennen lässt. Man sieht, dass es sich bei der Gestalt, die hier der Kern hat, nicht um zufällige Unregelmäßigkeiten handelt, sondern dass sie auf bestimm- ten Bildungsgesetzen beruhen muss, für welche mir aber der Schlüssel gänzlich fehlt. Als auffallend muss ich noch bemerken, dass Zwillinge vor- kommen, in welchen ein gewöhnlicher Galcosphärit einer solchen eigen- thümlichen Gestalt verwachsen ist. Fig. 27 F ist die Abbildung eines solchen. Die mit « und ß bezeichneten, um den Gesammteffekt nicht zu stören, schwach angegebenen Linien erscheinen beim Heben des Tubus als Grenzen eines auf der Oberfläche liegenden Wulstes. Fig.27 D ist ein zweiter ähnlicher Zwilling. Dieser eigenthümlichen Gestalten erwähnt Harrıne im Text nur kurz, und zwar als zu den Zwillingen gehörig, aber auch einen Über- gang zu krystallähnlichen bildend. (Parmis ces corps doubles il yena plusieurs, qui ont un aspect singulier, rendu dans les figures m m’ et. n. La derniere de ces figures indique un passage aux formes p, p qui ressemblent deja ä des cristaux. p. 17.) Auf diese nur so kurz er- wähnten krystallähnlichen Körperchen komme ich ausführlich zurück. In und zwischen meinen Fig. 27 und 28 und den eigentlichen Galco- sphäriten, mit denen sie ja auch in Bezug auf Schichtung, radiäre Strei- fung und sonstiges Verhalten übereinstimmen, finden ganz allmähliche Übergänge statt. Auf diesem Untersuchungsfelde findet sich eben Vieles, das einfach zu registriren ist, in der Hoffnung, dass sich später viel- leicht das Warum besser einsehen lässt. Das gilt auch von den bei Harrınc Taf. II, Fig. 18 abgebildeten hakenförmigen Ansätzen. Die auf Taf. III, Fig. 1a gehören, wenn auch weniger auffallend, dazu. Diese sehr auffallenden von Calcosphäriten und Conostaten ausgehenden, krummen, spitzen, hornförmigen und unter Umständen mit ihrer Länge den Durchmesser des Körperchens, an welchem sie sitzen, weit überschreitenden Bildungen hat Harrına nur erhalten, indem er die Eiweißmasse, mit welcher er operirte, in einer konstanten Temperatur von 7—8° erhielt (Exper. 9, p. 23). Die auf 622 W., v. Nathusius, Taf. III abgebildeten entstanden in einer Mischung von Gelatine mit Eiweiß, welcher einerseits Chlorcalcium mit etwas schwefelsaurer Magnesia, andererseits Natronbikarbonat mit etwas phosphorsaurem Natron zugefügt wurden. Mein Versuch ergiebt, dass diese besonderen Verhältnisse nicht die nothwendige Bedingung zur Bildung solcher Gestalten sind, denn ich erhielt eine ziemliche Anzahl derselben, ohne Anderes als Hühner- eiweiß mit Chlorcaleium und Natronbikarbonat anzuwenden, und mein Versuch fand im Winter in einem geheizten Wohnzimmer, dessen Tem- peratur keine konstante war, sondern sich in der Nacht um mehrere Grade erniedrigte, statt. Einige der dargestellten Körper sind Fig. 29, 30, 31 und 32 abge- bildet: bei Fig. 30 a und b gelang es, durch Rollen in dem noch weichen Balsam denselben Körper von zwei verschiedenen Seiten zu betrach- ten. Harrına hat schon festgestellt, dass auch bei der Entkalkung mit Essigsäure diese Hörnchen oder Stacheln, eben so wie die Körperchen, von welchen sie ausgehen, ihre Form behalten. Ich kann, wie Fig. 31 zeigt, hinzufügen, dass sie sich auch bei der Färbung durch Goldchlorid dem Körperchen, zu welchem sie gehören, ähnlich verhalten. Ich mache noch auf Fig. 20 aufmerksam. Als ich Fig. 20 A beob- achtete und zeichnete, waren mir die scheinbar henkelförmigen An- sätze unerklärlich. Ich musste mich begnügen, sie in der Zeichnung möglichst genau wiederzugeben. Eine der Schwierigkeiten dieser Untersuchungen liegt ja darin, dass nur ein stark lichtbrechendes Me- dium die nähere Einsicht in die innere Struktur gestattet, und dass der als solches benutzte Kanadabalsam selten ermöglicht, das betreffende Objekt in mehreren Richtungen zu betrachten, was zur sicheren Beur- theilung mancher Gestaltungen nothwendig werden kann. Leider bin ich erst spät darauf gefallen, Anisöl als Medium zu verwenden, wo es eher gelingt, die Körperchen ihre Lage verändern zu lassen. Die Kon- servirung solcher Präparate ist dann allerdings schwierig. Der vorliegende Fall wurde dadurch deutlicher, dass ich später ein ganz ähnliches Körperchen fand, welches, so weit zum Vergleich erforderlich, in Fig. 20 B skizzirt ist. Hier ist dadurch, dass es in reinem Profil erscheint, evident, dass der Ansatz einer dieser kürzeren ge- krümmten Stachel oder Hörnchen ist, was bei A durch die Perspektive undeutlich blieb. Zugleich ergiebt diese Fig. 20 B, dass sogar die Schichtung der Calcosphäriten sich in das Hörnchen fortsetzt, zugleich aber, dass sich dieses Hörnchen erst aus der zweiten Schicht von außen her gerechnet gebildet hat, und der Caleosphärit bis zu deren Bildung einfach kugelförmig war. Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 623 Nun finden sich aber, obschon in meinen Präparaten viel seltener, gerade Stacheln vor, und zwar an den eckigen mehr Krystallen ähn- liehen Körperchen. In Fig. 33 ist ein solches Vorkommen abgebildet. Das Körperchen erscheint als eine rhombische Platte, die einen undeut- lichen dunklen Kern und schwache radiäre Streifung zeigt, und deren eingebogene Kanten und Ecken gebrochen sind. Außer dem etwas srößeren Stachel, der von der unteren Ecke ausgeht, zeigt sich bei hoher Einstellung ein zweiter kleinerer, von der oberen Kante aus- gehender. Ein zweites ähnliches Körperchen, bei welchem aber der eine ebenfalls an einer der spitzeren Ecken vorhandene Stachel die doppelte Länge des Körperchens hatte, ist beobachtet, leider nicht gleich genau gezeichnet. Der Umstand, dass an diesen mehr geradlinigen Körperchen die Stacheln gerade, an den runden Körperchen gekrümmt, und zwar der Regel nach in annähernd ein und derselben Richtung gekrümmt sind, scheint der Beachtung werth. Anknüpfung an solche Punkte giebt viel- leicht einige Hoffnung, den Bildungsgesetzen so sonderlicher Gestalten näher zu kommen. Das letzte Objekt führte schon in die Reihe der Krystallformen sich wenigstens annähernden Körperchen. Harrıne scheint sich nicht eingehend mit denselben beschäftigt zu haben, erwähnt ihrer indess zutreffend als nur krystallähnlich im Gegensatz zu wirklichen — mir allerdings nicht begegneten — Krystallen, und bildet Einiges, so weit es der kleine Maßstab gestattet, charakteristisch ab (Taf. II, Fig. 4 pu.p’). Nach der Richtung seiner Arbeit mussten ihn die den organischen Gestalten ähnlicheren mehr interessiren. Vielleicht sind sie auch in seinen Präparaten nicht so zahlreich enthalten gewesen, als in den meinigen, wo sie in erheblicher Zahl vorkommen. Bevor ich die Fig. 3£.—42 näher erörtere, schicke ich voraus, dass alle solehe Körperchen sich bei Behandlung mit Essigsäure genau so verhalten wie die eigentlichen Calcosphäriten, wie diese Goldfärbung der Oberfläche annehmen können, was aber noch öfter als bei jenen aus Mangel einer tingirbaren Hülle nicht eintritt, dass sie radiäre Strei- fung gewöhnlich zeigen und auch Kerne und koncentrische Schichtung vorkommen können. Dies Alles entspricht dem Charakter eigentlicher Krystalle wenig. Betrachten wir nun die Gestalten im Einzelnen. Über Fig. 34 ist wenig zu sagen. Man könnte darin einen Calco- sphäriten sehen, dessen Auswüchse eine ziemlich regelmäßige Form haben. Fig. 35 machte zuerst den Eindruck eines Oktaeders mit kon- kaven Flächen und abgerundeten Ecken, in die Reihe der bei Har- tınG, Taf. I, Fig. 4 ppp abgebildeten viel kleineren Körper gehörend. 624 W. v. Nathusius, Es wäre vielleicht eher eine rhomboedrische Form zu erwarten. Der Übelstand, dass es bei festem Einschlusse in Kanadabalsam selten möglich ist, sich der Form durch Betrachtung von verschiedenen Seiten zu versichern, ist schon erwähnt. Die Verfolgung der einzelnen Kan- ten mit Objektivsystemen, die einen recht kurzen Focus haben, ist eine ziemlich gute Kontrolle. In diesem Falle schwindet dabei der Eindruck eines Oktaeders immer mehr. In der Figur sind die Linien, welche erst bei tieferer Einstellung scharf werden, schwächer, die bei hoher Einstellung scharf werden, stärker angegeben. Zu letzterer gehört auch die mit a bezeichnete. Desshalb ist auch diese stark ausgeführt, ob- gleich sie, keinen eigentlichen Umriss darstellend, in Wirklichkeit nur zart erscheint. Weiterhin werden Körperchen zu betrachten sein, die sich als Verschmelzung zweier dreieckiger Platten darstellen. Ich kann nicht umhin, eine gewisse Beziehung von Fig. 35 zu dieser zu sehen. Fig. 36 stellt dagegen unzweideutig einen schiefen Oktaeder vor. Hier sind die Linien, welche erst bei tiefer Einstellung hervortreten, punk- tirt angegeben. Leider erschwerte die Abrundung und Unregelmäßig- keit der Kanten die Beobachtung nicht unerheblich. Deutlicher ließ sich das in Fig. 37 A dargestellte Objekt beobach- ten. Beim Senken des Tubus tritt in den Fokus zuerst die Ecke a, dann folgen 5 und c, ungefähr gleichzeitig aber auch d und e. Zuletzt folgt f; bei mittlerer Einstellung erscheint also fast nur das von den Kanten bd, de, ec und cb begrenzte unregelmäßige Parallelogramm. In der Zeichnung sind die Ecken abc, als zu der oberen Dreieckfläche ge- hörig, stärker ausgeführt, die anderen schwächer. Konstruire ich hier- nach mit geradlinigen Kanten statt der eingebogenen diese Figur sche- matisch, wie dies in Fig. 37B geschehen ist, so erhalte ich ein unzweifelhaftes, wohl etwas schiefes Oktaeder. | Wir gehen aber nun zu Fig. 38 über. Es handelt sich hier un- zweifelhaft um zwei über einander liegende dreieckige Platten. Die Skizze Fig. 385 zeigt sie in der Profilansicht nach einer flüchtigen Be- obachtung. Ein solches Vorkommnis ist auch nicht ein einzelnes, auf einen besonderen Zufall zurückzuführendes. Diese eigenthümlichen Zwillinge kommen gar nicht selten vor. Auch Harrıng bildet ein sol- ches Körperchen Taf. I, Fig. 4 p’ nur halb so groß, aber sonst fast genau mit meiner Zeichnung übereinstimmend ab. Dem Harrıne’schen fehlt nur die eine Schicht, dagegen hat es radiäre Streifung. Vergleichen wir nun Fig. 38a mit Fig. 37 A, so ergiebt sich, dass aus der letzteren eben so gut ein aus zwei über einander liegenden Dreiecksplatten bestehender Körper schematisirt werden kann, als das Oktaeder. Eben so lässt sich, wenn man sich die beiden Dreiecksplatten Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 625 weiter verschoben, und die aufliegenden Ränder etwas übergewachsen denkt, die Fig. 35 konstruiren. Ich enthalte mich jeder Meinung darüber, welche von beiden Auf- fassungen die richtige ist, oder ob sie vielleicht beide in ein und das- selbe mir nicht erfassbare morphologische Motiv zusammenfallen. Fig. 39 fällt meiner Auffassung nach offenbar mit Fig. 38 zusam- men. Wechsel hoher und tiefer Einstellung zeigt auch hier, dass es zwei über einander liegende dreitheilige, aber stark ausgeschweifte Platten sind. Die obere hat nach außen kleine Auswüchse. Das viel größere Körperchen Fig. 0 ist eine weitere Entwicklung dieser Verhältnisse. Hier sind die Auswüchse zahlreicher und das Ganze so verschmolzen, dass kaum noch eine Andeutung der Dreithei- lung vorhanden ist, und eine sechstheilige Rosette vorliegt. Das häufige Vorkommen dieser Sechstheilung war mir schon aufgefallen, bevor ich die Ableitung aus den Dreiecksplatten fand. Die Übergänge von diesen Rosetten in mit kleinen Auswüchsen unregelmäßig bedeckte Sphäroide, also eigentliche Galcosphärite, sind so allmähliche, dass die Grenze nicht festzustellen ist. Auch Fig. 41 führt wieder zu den Sphäroiden zurück. Bei flüch- tiger Betrachtung erschien es als ein etwas unregelmäßig ausgebildeter Galcosphärit.. Erst die Anwendung starker Objektivsysteme und wech- selnde Einstellung ließ die beiden Platten erkennen. Die Ränder der oberen sind mit aaa bezeichnet und stärker ausgeführt, die der unteren mit 55b5b und schwächer gehalten. Die obere Platte hat einen kleinen an die früher erwähnten Stacheln erinnernden Ansatz c. Beachtungs- werth ist, dass während die äußere Schichtung mit dem Rande der oberen Platte korrespondirt, die innere, den Rändern beider Platten entsprechend, einen sechseckig erscheinenden Kern einschließt. Fig. 42 halte ich für ein ähnliches Körperchen, aber in der Profil- ansicht, und vermuthe in dem kleineren der von Harrıng Taf. I, Fig. A mit bezeichneten sein Analogon: vielleicht auch in dem größeren, eben- falls dort mit ! bezeichneten, womit dann das Vorkommen von Zwil- lingen mit nur einem Kern verständlich würde. Es bleiben noch die von Harrına als Conostaten benannten, und auf Taf. I, Fig. ggg, Taf. II, Fig. 1 abgebildeten, im Text namentlich p- 1% fi. ausführlich abgehandelten Formen. Ich gebe nur 2 Abbil- dungen, Fig. 43 und A%, obgleich mancherlei Modifikationen der Gestalt vorkommen. Sie ist im Wesentlichen die einer Halbkugel, welche in einen mehr oder weniger weit geöffneten Trichter übergeht. Harrıne hat die Entstehung scharisinnig und, wie mir scheint richtig, dadurch erklärt, dass ein kleiner, noch im Entstehen begriffener Galcosphärit, 626 ‚W, v. Nathusius, auf der Oberfläche schwimmend, mit seinem Scheitel sich über die Flüssigkeit erhebt, und nun der weitere Ansatz nur auf die in derselben befindliche Fläche geschehen kann. Durch das bei fortschreitender Ver- srößerung tiefere Einsinken bildet sich dann der Becher. Hierbei vermisse ich nur den Grund für das ursprüngliche Oben- aufschwimmen. Ist der Becher erst gebildet, dann könnte er freilich das Körperchen schwimmend erhalten, aber er soll sich doch erst da- durch bilden, dass ein bis dahin runder Körper, dessen speeifisches Gewicht größer als das der Flüssigkeit sein muss, schwimmt. Der Grund für dieses Schwimmen ist meiner Ansicht nach nicht weit zu suchen: er liegt in den präexistirenden Membranen des verwendeten Hühner- eiweiß. Dass Hırrına deren Existenz übersehen hat, ist schon Eingangs berührt. In den Krusten, aus welchen der in Fig. 43 abgebildete Cono- stat sich löste (vgl. p. 612), bildeten letztere in. der That keine zusammen- hängende Schicht, sondern ließen erhebliche, theils ihre eigene Größe überschreitende Lücken, welche mit einer sich in Goldchlorid schnell und stark färbenden Membran ausgefüllt waren. Dieser Conostat hat erst 26 u Durchmesser der Halbkugel. Der in Fig. 44 abgebildete, mit Me- thylgrün gefärbte hat, eben so gemessen, schon 57 u. Der Durchmesser des Becherrandes ist aber 95 u. Die Halbkugeldurchmesser der von Harrına abgebildeten sind noch beträchtlicher. Je schneller sich die Lücken schließen, desto weniger wird die Schrägung des Bechers von der Senkrechten abweichen. Hierdurch erklärt sich einige Verschie- denheit der Gestalt leicht, zugleich aber, dass wenn der Schwimm- körper eine ihn tragende, auf der Oberfläche der Flüssigkeit befindliche Membran in diese durch sein zunehmendes Gewicht allmählich herab- zieht, die Faltungen des Bechers entstehen können, welche Hırrına ab- bildet. So bietet die Erklärung der regelmäßigen Entstehung einer so auffallenden Form bei Hunderten von Exemplaren aus rein mecha- nischen Gesetzen hier die geringste Schwierigkeit: die Anfangsbildung der zu Grunde liegenden Galcosphäriten vorausgesetzt. Die Bildung der Calcosphäriten in ihren einzelnen Stadien zu ver- folgen, wäre die Aufgabe einer erschöpfenden Untersuchung: leider eine schwierige! Harrıne hat sich ihr nicht ganz entzogen und be- schreibt (p. 48), wie, wenn man die entsprechenden Substanzen in einem flachen Glasschälchen unter das Mikroskop bringt, bei genügend starker Vergrößerung und geduldiger Beobachtung, die erste Bildung von Kalk- kügelchen von nur 0,3 u, die sich als schwarze Punkte darstellen, in der Mitte des Eiweiß beobachtet werden kann. Etwas später zeigen sie sich als Kügelchen, indem ihr Centrum Licht durchfallen lässt, und fahren nun fort, sich zu vergrößern. Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 627 Bis zu welchem Größenstadium diese Beobachtung verfolgt wurde, ist nicht gesagt. Jedenfalls wohl nicht so weit, dass die späteren Strukturverhältnisse erkennbar wurden. Hier liegt, abgesehen von der erforderlichen langen Zeit, die Schwierigkeit vor, dass zur Kennt- lichmachung dieser Struktur die Einlegung in ein so stark licht- brechendes Medium als Kanadabalsam erforderlich ist, welchem aber auch Glyceringallerte als ziemlich gut aufhellend zur Seite gestellt werden kann. Gerade auf die Art der Entwicklung der feineren Struk- tur kommt es an. Von vorn herein ergiebt die Beobachtung einer größeren Zahl von größeren und kleineren Galcosphäriten, welche letzteren doch im All- gemeinen die jüngeren sein müssen, dass neben der unbestrittenen Ver- größerung von außen auch ein innerer molekulärer Umsatz stattfinden muss. Fast niemals finde ich die Struktur der kleineren Körperchen mit dem inneren Kern der großen übereinstimmend. Dieses müsste aber der Fall sein, wenn die größeren einfach durch Ablagerung neuer Schichten auf die kleineren entständen. Es müssen also zugleich mole- kuläre Umsetzungen in den früher gebildeten Schichten eintreten. Wel- cher Art sind diese? Noch bei der Eingangs erwähnten vorläufigen Mittheilung in Carus Zool. Anzeiger war ich im Zweifel darüber, ob der geschichtete oder der ungeschichtete Zustand vorangehe: ob je nach Umständen nur der eine oder der andere eintrete. Wiederholtes Studium der, wie p. 612 angegeben, fraktionirten Präparate hat diesen Zweifel wesentlich be- hoben. Anzunehmen ist doch, dass die in dem nach 8 Tagen von der Oberfläche entnommenen Pröbchen enthaltenen kleineren und kleinsten Körperchen (Fig. 1) zu den jüngsten gehörten; dass dagegen der Boden- satz des Gefäßes (vgl. auf p. 612 Nr. 4) nach Schluss des Experimentes wesentlich ältere Körperchen enthalten musste. Es befinden sich aber unter den letzteren auch sehr viel kleine, welche Fig. 3 darstellt. Zu dieser sind allerdings die auffallendsten Schichtungen ausgewählt, da- bei ist aber fast kein Objekt gefunden, das ohne alle Schichtung ge- wesen wäre. Bei den in Fig. I abgebildeten jüngern Körperchen ver- hält es sich ganz anders. Hier habe ich mit einiger Mühe nur das in ce dargestellte Körperchen mit äußerlicher Schichtung herausfinden kön- nen. Alle übrigen zeigten sich ohne Schichtung, obgleich die größeren theilweis weit über die kleineren der Fig. 3 herausgehen. Zugleich mache ich darauf aufmerksam, dass in Fig. I mehr oder weniger in die Länge gezogene Sphäroide die Regel bilden: nur ganz ausnahmsweise finden sich Kugeln; bei den Körperchen aus dem Bodensatz ist es um- gekehrt, wenigstens herrschen die Kugeln bei Weitem vor. Könnte mit 628 W, v. Nathusius, der Ausbildung der Schichtung eine solche Umänderung der Gestalt Hand in Hand gehen? Dieses dahingestellt werde ich also zu der An- nahme gedrängt, dass bei der ersten Bildung der Calcosphäriten der kohlensaure Kalk und das Eiweiß sich in einer solchen Mischung nieder- schlagen, dass sie, wenn auch zuweilen einen etwas trüben Eindruck machend, homogen erscheint, und dass erst später eine Sonderung in schwächer und stärker lichtbrechende Schichten eintritt. Nicht als ob ich annähme, dass eine Schichtensonderung immer einträte; aber das scheint mir erwiesen, dass die Calcosphäriten in den ersten Bildungsstadien ungeschichtet sind und erst später eine moleku- läre Umsetzung, durch welche sich stärker und schwächer licht- brechende Schichten sondern, eintreten kann und häufig eintritt. Noch sicherer erweisbar scheint mir die Entstehung der radiären Streifung aus einer weiteren molekulären Umsetzung, welche in der Ausscheidung radiär gestellter Krystallnadeln von kohlensaurem Kalk aus der Grundsubstanz besteht. Die Fälle, wo vom Centrum ausgehend einzelne Krystallnadeln bemerkt werden können, habe ich schon er- wähnt. Sonst lassen sich in den hier gegebenen Zeichnungen diese Vorgänge einigermaßen verfolgen. Bei Fig. 4B sind im Inneren schon Andeutungen von Krystallen, umgeben von einer Zone, in welcher nur Körnung ist, zu bemerken. Bei Fig. AA ist eine dichte, aber undeutliche Krystallisation schon weiter vorgeschritten. Von den häufigen Fällen, wo vom Centrum ausgehend die Krystallgruppe auch in ungeschichteten Calcosphäriten nicht bis zur Peripherie geht, habe ich keinen abgebildet. Bei Harrıng findet sich ein solcher Taf. I, Fig. Ak. Dass die radiäre Streifung an einer oder mehreren äußeren Schichten Halt macht, ist häufig (Fig. 5A, 9, 10, 12, 14, 20, 21 ete.); aber sie geht auch bis zur Peripherie (Fig. 7 B, 22, 24). Letzterenfalls geht wohl durch weitere Vergrößerung die reine Kugel- form meistens verloren, und es entstehen mehr oder weniger unregel- mäßige Sphäroide (Fig. 22 und 24). Das Verhalten der Schichtung zu dieser Krystallisation ist ver- schieden. Bei Fig. 5 A bricht vor einer schmalen, stark lichtbrechenden Schicht die radiäre Streifung vollständig ab und fängt jenseits der- selben wieder an: ähnlich bei Fig. 8. Dagegen können koncentrische Schichten wie bei Fig. 4 nur in Andeutungen erhalten bleiben oder sie werden theilweis durchbrochen und unkenntlich (Fig. 9). Häufiger sind sie vollständig durchbrochen, machen sich aber noch als dunklere, aber nicht scharf begrenzte Ringe bemerkbar, als ob dort die Strichelung dichter wäre (Fig.13 a, namentlich aber Fig. 22). BeiFig. 24 ist, wie dies häufig auch in großen Calcosphäriten vorkommt, nichts von Schiehtung Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 629 mehr zu bemerken. Dass sie überhaupt vorhanden gewesen, lässt sich freilich nicht erweisen. AufFig. 21 mache ich besonders aufmerksam. Hebt man den Tubus, so erscheint im Centrum eine punktirte Area, die also einen der vier in der Profilansicht sich darstellenden Zapfen — oder wie man sie nennen will — entsprechenden, nach oben gerichteten Ansatz erkennen lässt. Dass auch ein eben solcher nach unten gerichteter vorhanden ist, darf wohl angenommen werden. Die Begrenzung dieser sechsspitzigen Figur macht denselben Eindruck als die von der Krystallisation durch- wachsene koncentrische Schichtung, wie z. B. in Fig. 22. Dass eine solche Gestalt körperlich präexistirt habe und um dieselbe sich abla- gernde Schichten eine so regelmäßige Sphäre gebildet haben könnten, erscheint als eine unzulässige Annahme; diese Bildung müsste also erst innerhalb des CGalcosphäriten nachträglich entstanden sein. Dass an eine Beziehung zu den früher erwähnten, allerdings zweifelhaften Okta- ederformen gedacht werden könnte, sei wenigstens angedeutet. Vielleicht noch bestimmter weisen Fig. 11 und 12 auf die in den Galcosphäriten nachträglich eintretenden inneren Veränderungen hin, zumal das hier Dargestellte etwas überaus häufig, wenn auch nicht immer so deutlich ausgeprägt Vorkommendes ist, während ich aller- dings das in Fig. 21 Dargestellte nur einmal fand. Fig. 12 stellt nur den optischen Querschnitt dar: stereographisch ließ sich danach das Sach- verhältnis nicht vollständig erkennen. Immerhin ist klar, dass die jetzt mit Krystallisation erfüllten Räume ohne die sie verbindende Hülle als ein zusammenhängender Körper nicht bestehen konnten, dass sie sich also nachträglich in demselben gebildet haben müssen. . Bei Fig. 112 sind bei scharfer Einstellung auf den Umriss des Körperchens nur a und 5 deutlich. ce tritt nur bei tiefer, d bei hoher Einstellung scharf hervor. Hier liegen also die Verhältnisse so klar, dass sich ein genü- gendes Bild eines der Hilfslinie ee entsprechenden Durchschnittes kon- struiren lässt. Dieses ist in der Skizze Fig. 11 B geschehen. Es liegen also diese Einschlüsse, welche offenbar gleicher Natur sind, obgleich nur in dem größeren c die radiäre Streifung deutlich zu erkennen ist, um eine gemeinsame Achse so gruppirt, dass sie von einander isolirt sind. Hierdurch ist ausgeschlossen, dass sie in früheren Stadien der Entwick- lung vorhanden waren: ihre Bildung kann erst in dem bezüglich der Form im Wesentlichen fertigen Calcosphäriten stattgefunden haben; aber ich sage: im Wesentlichen. Offenbar sind die molekulären Umset- zungen so erheblich, dass in den größeren derartigen Körperchen Span- nungen und in Folge derselben Spaltungen eintreten, mit welchen auch eine gewisse Änderung der äußeren Gestalt verbunden sein kann. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. AA 630 W. v. Nathusins, Neben der bei Fig. 13 von oben eindringenden Spalte stimmt der äußere Umriss, wie nach genauer Beobachtung in der Zeichnung wieder- gegeben ist, auf beiden Seiten nicht mehr überein. Diese Spaltungen muss ich also als ein Resultat des inneren Umsetzungsprocesses be- trachten. Sie treten bei den größeren, der Fig. I2 entsprechenden Körperchen so häufig ein, dass letztere sich in den in Balsam einge- legten Präparaten meist nur als Fragmente finden. Dies beweist freilich nicht, dass schon vorher immer ein vollständiges Auseinandersprengen stattgefunden habe, mindestens aber, dass die Spalten den Zusammen- hang so viel gelöst hatten, dass geringe Eingriffe die Sprengung vervoll- ständigten. Meine Auffassung der Entwicklung der Caleosphäriten kann ich also kurz dahin zusammenfassen, dass der sich in Kugelform nieder- schlagende kohlensaure Kalk dabei ein Gemenge mit dem im Medium enthaltenen Eiweib bildet, dieses Gemenge sich bei durch Ansatz von außen erfolgender Größenzunahme in Schichten von verschiedener Lichtbrechung oder verschiedenem Kalk- resp. Eiweißgehalt sondert, und dass später der kohlensaure Kalk mehr oder weniger in radiär ge- richteten Krystallnadeln ausgeschieden wird. Wie mir scheint, beruht sie auf guten Gründen. Dass sie aber einen einigermaßen hypothetischen Charakter hat, ist zuzugeben. Wiederholung der Versuche mit Unterbrechung in ver- schiedenen Zeiträumen, sorgfältigere Fraktionirung der Produkte mag die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder verringern; aber eine unanfecht- bare Entscheidung würde nur die Verfolgung der Entwicklung an den- selben Individuen geben. Ein mikrochemischer Apparat, mittels des- selben die Entwicklung unter dem Mikroskop verfolgt werden könnte, ließe sich vielleicht konstruiren. Die schon erwähnte Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass zur Aufhellung der Objekte die Anwen- dung eines stark lichtbrechenden Medium bis jetzt erforderlich scheint. Vielleicht werden sich aber doch, wenigstens in den früheren Stadien, Körperchen finden, welche in einem immerhin so stark lichtbrechenden Medium, als Eiweiß ist, Einblick in ihre Struktur gestatten. Auch bei neuerdings gewonnener größerer Muße wird diese durch manche andere früher begonnene Arbeiten so in Anspruch genommen, dass ich in die vorliegende nicht von Neuem eintreten darf; aber einige Schlussfolgerungen gestattet wohl schon das bis jetzt Vorlie- gende. Bezüglich der Aufgabe, welche ich mir ursprünglich stellte: Ver- gleich der Harrına schen Körperchen mit den Gebilden, welche in einigen Eischalenüberzügen gefunden waren, haben sich wesentliche Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 631 Unterschiede zwischen beiden ergeben. Gänzlich verschiedenes Ver- halten gegen Färbemittel, gegen Kalilösung, gegen polarisirtes Licht, weist schon auf Unterschiede in der innersten Beschaffenheit hin, wel- che sich auch in der feineren Struktur zeigen. Letzteres u. A. darin, dass in den Eischalenkörperchen niemals radiäre Streifung vorkommt. Dieses werde ich näher nachweisen, sobald ich die einzelnen Daten, welche die Untersuchung der letzteren ergab, mit den Abbildungen publieiren kann. Ich glaube also daran festhalten zu dürfen, dass sie organisirt sind. Schon das tritt der Behauptung, dass sie Analoga der Harrınc- schen Körperchen seien, auffallend entgegen, dass die Entwicklung der Eischale ein so schnell verlaufender Process ist, dass das Widerstreben, ihn als organisches Wachsthum anzuerkennen, dadurch erklärlicher wird. Für die Entwicklung der Harrıne’schen Körperchen ist ein langer Zeitraum erforderlich. Wenn unter den Letzteren Sphären und Sphäroide vorkommen, was die Eischalenkörperchen auch sind, wenn diese Sphäroide in naher Berührung durch ihre Vergrößerung bei beiden zu Zwillingen ver- wachsen, wenn bei Körpern, deren Größenzunahme durch äußeren An- satz erfolgt, Schichtenbildung auftreten kann, so sind das doch so äußerliche auch in zahlreichen anderen Fällen auffindbare Ähnlichkeiten, dass daraus nicht auf Übereinstimmung des Wesens geschlossen wer- den darf. Über sonstige Beziehungen zur Eischalenstruktur äußerte ich mich schon p. 606 und möchte nur Weniges hinzufügen. Dass die Eischale ein gewachsener Organismus sei, habe ich mich bemüht, in einer Reihe von Arbeiten nachzuweisen, auf welche hier nicht zurückgegriffen werden kann. Nur einen Blick auf ihre systematische Bedeutung. Neuerdings hat man Struthio camelus in drei Arten zu sondern Veranlassung gefun- den. Henke hat (Zeitschr. f. ges. Ornithologie) auf die wesentlichen Unterschiede aufmerksam gemacht, welche die Textur der Oberfläche der Eier, besonders die Mündungen der Porenkanäle bei den drei Arten schon dem bloßen Auge resp. der Lupenvergrößerung bieten. Ich habe (Caganıs, Journ. f. Ornith. 1885) diese Unterschiede in Schalenschliffen und unter dem Mikroskop verfolgt und abgebildet. Die Gruppirung und Verbindung der einzelnen Porenkanäle bei ihrer Ausmündung bietet bei den drei Arten so konstante und schlagende Unterschiede, dass sie meines Wissens in der Ornithologie als charakteristisch unbestritten anerkannt sind. Die Harrına'sche Arbeit ergiebt nun das Resultat, dass sich gleichzeitig und in derselben Mischung in ihren Einzelheiten ganz verschiedenartige Gestalten bilden, während andererseits in Mischungen, 44* 632 \. v. Nathusius, zu welchen so verschiedenartige Stoffe, als Eiweiß, Galle, Serum ete. verwendet sind, und auch bei absichtlich angewendeten verschiedenen Temperaturgraden im Ganzen gleiche, d. h. in den einzelnen Verschie- denheiten wesentlich übereinstimmende Produkte erfolgen. Stellt man sich nun vor, welche geringen chemischen Unterschiede in den Sekreten des Oviducts bei so nahe verwandten Species, als Struthio camelus, molybdophanes und australis sind, bestehen können, wie gering die physikalischen Unterschiede sein müssen, welche in ihren Organen einwirken, und mit welcher zweifellosen Konstanz die morphologischen Unterschiede ihrer Eischalen auftreten, so wäre es doch wohl mehr als gewagt, solche Unterschiede auf chemische und physikalische Aktionen, wie sie für die Bildung der Hırrıne’ schen Kör- perchen bestimmend sind, zurückführen zu wollen. Wir stehen eben mit solchen specifischen morphologischen Unterschieden, wie sie an den Eischalen der drei Straußarten — und was das Bedeutsamste ist — schon in den ersten Stadien der Ent- wicklung des Individuums eintreten, vor dem großen Geheimnis des organischen Werdens, dessen Schleier schwerlich in solcher Weise gehoben werden kann. Musste ich auf den organisirten Charakter der Eischale so weit eingehen, so darf ich vielleicht nicht unterlassen, der Tarcuınorr schen Experimente zu gedenken, welche vor einigen Jahren ein gewisses Aufsehen erregten. Solche Dinge scheinen ein eben so zähes Leben, als die große Seeschlange erlangen zu können, und schleppen sich dann ohne nähere Prüfung während langer Perioden durch die Litteratur, so weit sie als bequeme Argumente gebraucht werden können. TarcHAanoFF's Untersuchungen (Prrüszr’s Archiv für Physiologie, Bd. XXXIIH, 1884) sind in der Hauptsache auf die chemische oder phy- sikalische Beschaffenheit des Eiereiweiß bei verschiedenen Vögelgruppen gerichtet. Schon VALENcIENNE und Freny, auch Jonun Davy sollen dieses Thema behandelt haben. Um das Sekret des Oviducts von Hühnern in größeren Mengen zu gewinnen, wurden in zahlreichen Fällen Fremd- körper operativ in denselben gebracht und der Oviduct dann meist oberhalb und unterhalb der Schnittwunde unterbunden. In einem ein- zigen Falle, wo der Fremdkörper ein Bernsteinkügelchen war, wurde, als das Huhn nach 24 Stunden gestorben war, ersteres von einer Hülle umgeben gefunden, die als ein »völlig formirtes Ei von normaler Form und Größe, umgeben von einer starken Schalenmembranc« beschrieben wird.. Nähere Untersuchung soll »vollkommen normal entwickelte Cha- lazen« ergeben haben. Außer der Angabe, dass die Eiweißschichten nach dem Bernsteinkügelchen zu »ganz wie beim Dotter« immer kom- Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 633 pakter gefunden seien — welche Angabe nebenbei ergiebt, dass Tar- CHANOFF die wirkliche Beschaffenheit der normalen Eiweißhülle gar nicht kennt — fehlen alle einzelnen Thatsachen, aus welchen so merkwürdige Dinge abstrahirt sind. Von Resultaten der Prüfung mit dem Mikroskop wird nichts erwähnt, sie hat also offenbar nicht stattgefunden (anno 1884!). »Mehr als zehn« Wiederholungen des Versuchs hatten »keinen Erfolg«, wofür ein ganz ungenügender Grund angegeben wird. Das genügt vielleicht. Mein verehrter Freund H. Lanpoıs hatte hierüber in der zool. Sektion der 57. Naturforscherversammlung zu Magdeburg 1884 (Tagebl. p. 94) kurz referirt, und den mit Recht als zu vage bezeichneten Angaben TarcHınorrs die Resultate seiner resp. Wıckmann’s Kontrollversuche hinzugefügt. Wo es bei diesen gelang, um einen in den Eileiter ge- brachten Gummiball eine etwa 2 mm dicke organische Umhüllung zu erzielen, stimmten »die histologischen Elemente dieser Eihülle mit den Gebilden eines normalen Eies nichts weniger als überein, im Gegentheil fanden sich solche histologische Elemente vielfach darin vor, welche mir (i. e. Lannoıs) bis jetzt nicht zu Gesicht gekommen warenc«. Später sind mir durch Wıckwmann’s Güte Präparate sowohl der er- wähnten organischen Hülle, als der Schleimhaut des Oviducts zuge- gangen. Beide schienen mir so gut als identisch, und ich finde es nicht überraschend, dass bei so eingreifenden Läsionen selbstverständliche pathologische Zustände des Oviducts veranlasst wurden, welche zur Ab- lösung von Fetzen seiner inneren Gewebe führten, und diese dann dem Gummiball adhärirten. Hiermit verlasse ich die Beziehungen zur Eischale. Treten neue und fremdartige Naturerscheinungen auf, so ist die Frage nach ihrem Warum unabweisbar. Zuweilen pflegt man das so auszudrücken, dass man sie »begreifen« möchte. Die solide, auf empi- rischer Basis fußende Naturforschung kann nirgends an die letzte Ur- sache der Dinge reichen. Dieses Begreifen kann also nur darin bestehen, dass sie in die bekannteren und gewohnteren Erscheinungen harmo- nisch eingereiht werden. Die letzten Ursachen auch der alltäglichsten Vorgänge sind der Erkenntnis durch die wissenschaftlichen Methoden unzugänglich, aber ihre Gesetzlichkeit kann erkannt und festgestellt werden. Diese ergiebt sich auch für das Neue, wenn es dem Bekannten, so weit dessen Gesetzlichkeit festgestellt ist, angereiht werden kann. Dass Harrıng, bei scharfer Betonung dessen, dass die nach ihm ge- rechter Weise benannten Körperchen nicht die Eigenschaften von Organismen haben!, doch diese Anreihung an Gebilde versucht hat, 1 In den molekulären Umsätzen, welche ich in der Entwicklung der Harrınc- schen Körperchen gefunden zu haben glaube, liegt keine größere Annäherung an 634 W. v. Nathusius, welche nur in Organismen gefunden worden, ist befremdend. Es er- klärt sich wohl daraus, dass in bestimmten Schulmeinungen Schwierig- keiten dem entgegentraten, diese, namentlich also die Hartgebilde der unteren Thierklassen, als Organismen anzuerkennen. Wären ihre Bildungsgesetze, wären auch nur von ihrer Mehrzahl die intimen Strukturverhältnisse bekannt gewesen, so stand es anders, aber ein Unbekanntes durch Vergleich mit anderem Unbekannten ver- stehen zu wollen, scheint Erfolg nicht zu verheißen. Hierin liegt kein Vorwurf gegen Harrınse, der wiederholt hervorhebt, dass es sich um die ersten Schritte auf einem unbekannten Felde handle, und weiteres Forschen auf demselben verlangt; aber wo man schon in diesen ersten Resultaten Material für weittragende Schlussfolgerungen gesehen haben sollte, muss daran erinnert werden, dass zwei Dinge nicht desshalb gleichartig sind, weil man von Beiden noch nicht viel weiß. Dass auch in Organismen Vorgänge, wie die der Bildung der Harrıse’schen Körperchen möglich seien, scheint unbestreitbar, sogar wahrscheinlich: kommen doch wirkliche Krystalle häufig in ihnen vor, freilich nicht als integrirender Theil ihrer eigentlichen Struktur; aber es handelt sich nicht darum ob Harrıne’sche Körperchen in Organis- men vorkommen können, sondern ob und wo ihr Vorkommen nachge- wiesen ist. Dass dieses bis jetzt geschehen, muss ich bestreiten. Unter den Hartgebilden niederer Thierklassen sind bis jetzt wohl die Muschel- und Schneckenschalen am eingehendsten untersucht: früher schon von BOWERBANK und CARPENTER. Sie vindieiren ihnen den Charakter der Or- ganisation, den sie allerdings, meiner Ansicht nach mit Unrecht, auf celluläre Grundlagen zurückführen wollen. Gustav Rose hat in einer trefflichen Specialarbeit zwar einzelne wahre krystallinische Ein- schlüsse von Molluskenschalen gefunden, aber Anderen gegenüber die eigentliche Struktur als die von Organismen erkannt. Ich habe wenig- stens einige Arten sorgfältig mit Anfertigung von Dünnschliffen unter- sucht (Untersuch. ü. nicht celluläre Organismen, Berlin 1877), und dabei keine Struktur gefunden, die ich mit der der Harrına’schen Körperchen in Beziehung zu bringen wüsste. Diejenigen äußerlichen Ähnlichkeiten die Eigenschaften von Organismen oder gar an ein Wachsthum durch Intussuscep- tion. Letzteres ist ein synthetischer Vorgang. Scheiden, wie bei den Harrıng’schen Körperchen, aus einer lockeren Mischung gewisse Bestandtheile aus und nehmen besondere Gestalt an, so ist dies ein analytischer Vorgang, also das gerade Gegen- theil. Ferner: Krystalle sind allerdings ihrem Wesen nach homogen, Organismen können nicht homogen sein. Die Harrıne’schen Körper sind auch nicht homogen, aber viele anorganische Naturprodukte, z. B. die meisten Gesteine, sind, wie auch Fabrikate, was doch die Harrıne’schen Körperchen sind, nicht homogen. Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 635 der Erscheinung, deren Harrıng nur als Motive für weitere Forschung gedenkt, treffen nicht den Kern der Sache. Jene Untersuchungen haben mich in die schon alte Streitfrage des Wachsthums der Muschelschale geführt und genöthigt, sie als einen durch Intussusception wachsenden Organismus anzuerkennen. Sie sind in der Litteratur, wo überhaupt beachtet, nicht günstig aufgenommen: vielleicht war ich etwas zu un- vorsichtig gegenüber dem gewesen, was mir zu den von Baco als idola theatri bezeichneten Dogmen zu gehören schien. Thatsächliche Widerlegungen sind mir indess wenigstens nicht bekannt geworden, und vor nicht gar langer Zeit ist in einer sehr eingehenden Arbeit von Dr. Ferıx Mürzer (Über d. Schalenbildung bei Lamellibranchiaten in ScHneiper’s Zool. Beiträgen, I, 3, Breslau) das Wesentliche — das Wachsthum der Schale als Organismus — vollständig bestätigt. Mit einer gewissen Selbstüberwindung versage ich mir das Eingehen auf einige Differenzen und Missverständnisse, als nicht hierher gehörig: nur darf ich wohl gegen das in Satz 5 der Resultate (p. 240) mir imputirte, sine ira et studio, Verwahrung einlegen. Dass meine Ausführungen dem entgegen seien, dass die organische Substanz der Schale ihrer Anlage nach aus der Zelle hervorgehe und ich sie als vollständig unabhängig von der Zelle annehme, enthält ungefähr das Gegentheil von dem, was ich gesagt habe. Dass die Struktur der Schale morpholo- gisch nicht durch Zellgewebe bestimmt werde, ist allerdings meine Meinung, mit welcher die thatsächlichen Resultate MüLter’s auch in Harmonie stehen. Ist die Kalkschale der Muscheln ete. ein gewachsener Organismus, so entfällt jede Veranlassung zu dem Versuch, sie mit den Harrına’schen Körperchen in Beziehung zu bringen, und nur ungern gestatte ich mir eine speciellere Kritik des von Harrınc über die Bildung der Prismen in der äußeren Schalenschicht von Pinna, Ostrea, Margaritana etc. (p. 7A ff.) Gesagten. Er denkt sich die Scheiben, in welche der Inhalt dieses Gewebes durch zarte Membranen gesondert ist, als Galcosphäriten, die sich gegen einander abgeplattet haben, und spricht dieses ziemlich positiv aus. Nun ist aber niemals in diesen Säulen oder den Scheiben, welche sie zusammensetzen, irgend etwas der Struktur der Galcosphä- riten Ähnliches gefunden: weder koncentrische Schichtung noch radiäre Streifung oder etwas Kernähnliches, wie Letzteres Harrıine auch Taf. III, Fig. 6d und Fig. 8g in den Bildungen darstellt, auf welche er sich speeiell als mit den Elementen der Prismen gleichbedeutend bezieht. Ja es sind sogar in Letzteren von Anderen Strukturverhältnisse darge- legt worden, welche mit der Struktur der Calcosphäriten unvereinbar sind. Gustav Rose hat (Verh. der Akad. der Wissensch. zu Berlin, 1858, 636 | W. v. Nathusins, Physik. Abh., p. 63 ff.) auf Schliffflächen der Prismen von Pinna und Inoceramus durch Ätzung wahre Krystallisation bloßgelegt. Dieses habe ich bei meinem Exemplar von Pinna zwar nicht bestätigen können, sondern statt dessen durch Ätzung ein zartes Netz eines organischen Substrates, das ebenfalls mit der Struktur der Galcosphäriten unver- einbar wäre, dargestellt (Nichtcelluläre Organismen, Taf. XIH, Fig. 66), übrigens auch bei Meleagrina in den Prismen Spaltflächen bemerkt, welche auf Krystallisation hindeuten. Das Vorhandensein einer solchen Krystallisation kann sehr leicht von verschiedenen Entwicklungsstadien abhängen. DieSchicht, um welche es sich hier handelt, hatte ich Wabenschicht genannt, weil bei aller Abneigung gegen Anwendung neuer Bezeich- nungen diese die Gestalt derselben ohne Präjudiz deutlich angiebt, und mir die sehr verschiedenen schon üblichen (Säulenschicht bei PAgEn- STECHER, Prismenschicht, Faserschicht, Zellenschicht bei Anderen) auf unzutreffenden Anschauungen beruhend, nur Verwirrung zu verur- sachen schienen. Eine entsprechende Schicht kommt auch am Panzer der Crustaceen vor, und endlich ist das, was bei anderen Muscheln, z. B. Mytilus, als Epidermis bezeichnet wird, wiederum nur diese Wa- benschicht, bei welcher aber hier die Lücken des Conchiolingewebes nicht mit Kalksalzen ausgefüllt sind. Die Genesis dieser Schicht habe ich a. a. O. bei Mytilus und Ano- donta ausführlich beschrieben und abgebildet, und Ferıx MüLer, wel- cher den Namen Prismenschicht adoptirt hat, wohl weil er ihr Auftreten bei Mytilus nicht berücksichtigte, hat bei Anodonta meine Befunde bestätigt. Kurz gesagt entstehen bei Anodonta in einer kalkfreien Con- chiolinmembran des wachsenden Schalenrandes kleine Gebilde aus Kalksalzen, welche sich allmählich vergrößern, bis in der Kalkmasse nur noch in radialer Richtung der Querschliffe ziemlich derbe, aber in der Fläche paralleler Richtung ganz zarte Membranen überbleiben, welche die Kalkschale septiren. Für diese Conchiolinmembran will ich die bequeme Bezeichnung als Periostracum, da sie allerdings in die Schalendecke übergeht, gern acceptiren, wenn darüber nicht verges- sen wird, dass es sich wenigstens nach innen nur um die jüngste Schicht der wachsenden Schale handelt, welcher, während sich in ihr die Bildung der Kalkschale vollzieht, fortwährend neue Conchiolin- schichten aufwachsen. Die Beobachtung an Mytilus, wo in der sog. Epidermis ein ähn- liches Gefüge vorliegt, dessen Hohlräume aber nicht mit Kalkgebilden gefüllt sind‘, sondern Flüssigkeit oder Luft enthalten (a. a. O. Taf. V, Fig. 30), und meist irrigerweise als cellulär betrachtet wurde, ist N EBENE Untersuchungen über Haiting’sche Körperchen. 637 desshalb wichtig, weil sie ergiebt, dass es nicht die Kalkgebilde sind, welche dafür das morphologische Motiv bieten, sondern dass dies in dem Periostracum selbst liegt. Bei den -Perlen nimmt Hırrına die Übereinstimmung mit seinen Calcosphäriten mit überraschender Bestimmtheit in Anspruch: »Les perles, en effet, ne sont autre chose que des calcosphe£rites reguliers« (p- 62). Er deutet sogar die Wahrscheinlichkeit an, dieses industriell ausnutzen zu können. Alle, welche die Perlen näher untersucht haben, stimmen wenig- stens darin überein, dass in ihnen je nach Umständen die Struktur der verschiedenen Schalenschichten gefunden werden kann. In dem Schließmuskelansatz von Mytilus habe ich zwei Perlchen oder Halb- perlchen gefunden und a. a. O. Taf. XI, Fig. 56 abgebildet, deren Struk- tur derjenigen Schicht entspricht, auf welche ich meines Wissens zu- erst aufmerksam machte, und welche stets und ausschließlich die Basis der Muskelansätze an die Schale bietet, resp. von da aus gangartig in das Perlmutter übergeht. Ich hatte diese Schicht als prismatische Schicht bezeichnet. Ferix MüLzer, der ihr Vorkommen bestätigt hat, nennt sie Stäbcehenschicht, da er für meine Wabenschicht die Bezeich- nung als prismatische Schicht beibehält. Ich glaube mich von einem schönen, von Herrn v. ScuLicHt gefertigten Schliff einer ziemlich großen Perle bestimmt zu erinnern, dass hier ebenfalls diese Struktur vorlag, die allerdings eine entfernte Ähnlichkeit mit der der Calcosphäriten hat, welche aber, namentlich an der Schichtung bei näherer Prüfung verschwindet. Solche Perlen werden auch wohl Harrıne vorgelegen haben, aber ich muss sie für Ausnahmen halten. Im Anschluss an die vorliegende Arbeit beschaffte ich von einem Juwelier, der mich, mit lebhaftem Interesse an den Resultaten, bei der Auswahl unterstützte, sechs Perlen verschiedenen Aussehens, und ver- wandte sie zu theils centralen, theils tangentialen Dünnschliffen, welche Präparate mir noch vorliegen. Nur in einer dieser Perlen von etwas über 4 mm Durchmesser, zu trüb um zu Schmuck verwendbar zu sein, und als Elsterperle bezeichnet, also wohl von Margaritana margaritifera, fand sich diese prismatische (mihi) oder Stäbchenschicht (Mürzer) aber nur im Wechsel mit ziemlich trüben Perlmutterschichten, und nicht etwa in koncentrischen geschlossenen Schichten , sondern nur platz- weis und sich auskeilend in das Perlmutter verlaufend. Dieser Schich- tenwechsel in demselben Radius der Perle kann bis viermal beobachtet werden. Hierbei kann ich im Vorübergehen die Bemerkung nicht unterdrücken, dass, wenn A. Pıgenstecher (Allgem. Zoologie, Thl. IV, p- 490) diesen Schichtenwechsel nach der bekannten älteren Auffassung 638 W. v. Nathusius, als ein »Wanderbuch« der Perle bezeichnet, ich wirklich nicht weiß, wie hier die Wanderstraße liegen soll, auf welcher die verschiedenen Schichten derartig eingesprengt wurden. Die anderen fünf Perlen ent- halten nichts von dieser Stäbchenschicht. Drei bestehen nur aus Perl- ° mutter, abgesehen von den kleinen Unregelmäßigkeiten, welche das Cen- 2 trum gewöhnlich zeigt: darunter eine Perle, welche der Juwelier als die klarste, beste orientalische Perle erklärte, welche er beschaffen könne. Eine von circa 4 mm längstem Durchmesser, aber ganz platt mit auffallend trübem, großem Kern, der sich unter dem Mikroskop als ein schwer zu beschreibendes unregelmäßiges Gewebe ergab; um diesen eine starke Schicht reinen Perlmutters. Endlich die letzte als »Schot- tisch« bezeichnet, also auch wohl von Margaritana, mit einer äußeren Perlmutterschicht um einen röthlich scheinenden großen Kern, der aus charakteristischen Wabenschichten bestand. Aus einem sehr schönen Mörter’schen Präparat sind mir endlich von früher Schliffe von angeb- lich norwegischen, ganz dunklen Perlen bekannt, welche nur aus Wabenschicht bestanden. Sonach muss ich das eigentliche Perlmutter als den regelmäßigen Bestandtheil der Perlen betrachten. Ich kann hier nicht näher auf seine bekannte Struktur eingehen und muss mich mit der Bemerkung begnügen, dass seine Schichtung total von der der Caleosphäriten verschieden ist, und dass es eine diesen ähnliche radiale oder auf die Schalenfläche senkrecht gestellte Streifung nicht besitzt. Wird die Harrıng’sche Auffassung an jenen aus Wabenschichten bestehenden Perlen geprüft, so ergiebt sich ein eigenthümliches Resul- tat. Die Wabenschicht soll nach ihm, wie wir gesehen haben, aus sich gegen einander abplattenden Calcosphäriten bestehen, und doch soll die ganze Perle wieder einen einzigen Calcosphäriten darstellen. Der Widerspruch, der hierin liegt, bedarf einer weiteren Hervorhebung nicht. Da ich nicht umhin konnte, auf die Perlenstruktur so weit ein- zugehen, bedarf es nur weniger Worte, um auf die Inkongruenz auch der älteren Theorien aufmerksam zu machen. Die Schale soll also eine von den Mantelzellen ausgehende »Cuticularbildung« sein. Ich will hier darauf verzichten, es zu bestreiten; aber auch die Perlen sollen eine solche Cuticularbildung sein. Allerdings ist es, da sie in allen Einzelheiten die Strukturen der Schale wiedergeben, unmöglich, für sie einen von der Schale verschiedenen Bildungsprocess zu statuiren. Nun wird ja, wie mir scheint, das Wort Cuticularbildung jetzt sehr frei gebraucht, dass aber das Mantelepithel nicht nur platte Schalenschich- ten, sondern auch sphärische, aus koncentrischen Kapseln geschichtete Körper, wie die Perlen, absondern soll — dass solche Körper eine N ; DEE RE ENGEREN NE “IT: u ® | Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 639 »Cutieula« darstellen sollen, das scheint doch eine unstatthafte Behand- lung der Logik. Diese von der axiomatisch behandelten Voraussetzung aus, dass die Molluskenschale ein wachsender Organismus nicht sein könne, konstruirten Theorien scheitern leicht an unbeachtet gelassenen That- sachen. Die Sache liegt doch im großen Ganzen, wenn man sich von diesem willkürlich aufgestellten Axiom losreißt, ziemlich einfach. Die Bildung der Schale innerhalb des Periostracum ist für die Waben- oder Prismenschicht handgreiflich erwiesen: für das Perlmutter nicht ganz so handgreiflich, aber die Perle tritt hier bestätigend ein, da in ihr diese beiden Schichten in mehrfachem Wechsel auftreten können, also ihre Genesis in der Hauptsache dieselbe sein muss. Dass im Periostra- cum auch sphärische Körper wie Perlen wachsen, ist nicht befrem- dend: auch die ersten Kalkrudimente der Schale können kugelförmig sein. Im Einzelnen sind hier freilich noch viele Fragen zu erledigen, was aber nur durch Beobachtung und nicht durch Phantasie geschehen kann. Die aus Wabenschicht bestehenden Perlen sind evident von aus dem Periostracum stammenden Membranen durchzogen; um so näher liegt also der Gedanke, dass auch die Perle ein durch Intussusception wachsender Organismus sein kann. Möge man also die vielen noch nicht erforschten Hartgebilde gründlicher darauf untersuchen, ob in ihnen den Harrıng’schen Körper- chen Gleiches vorkommt. Damit werden ja jedenfalls in der Wissen- schaft bestehende Lücken ausgefüllt werden; näher liegend erscheint es mir, die Beziehungen zu verfolgen, welche jene Körperchen zu den Anorganismen haben. Für die eigentlichen Calcosphäriten liegt die Anknüpfung nah. Wie schon früher erwähnt, hatten die Niederschläge von kohlensaurem Kalk, welche Hırrına erhielt, ohne dass organische Verbindungen gegenwärtig waren, schon Gestalt und wesentliche Struktur der Calcosphäriten. Sphärenbildung, wo in anderer Richtung wirkende formbildende Ursachen nicht entgegentreten, beruht auf einem allgemeinen morphologischen Gesetz der anorganischen Natur. Es fällt mit der Gravitation zusammen. Die radiäre Streifung geht aus Krystallisation hervor. Es bliebe die koncentrische Schiehtung. Auch ohne Gegenwart von organischer Substanz sind die Calcosphäriten schwerlich reiner kohlensaurer Kalk. Ich werde noch erörtern, dass der Annahme, dass sie eine gewisse Menge Mutterlauge einschließen — hier nur Chlorverbindungen enthaltend — nicht wohl auszuweichen ist. Dies macht die Bildung von Schichten mit verschiedener Lichtbrechung 640 W. v. Nathusius, verständlicher. Wo nicht nur Chlorverbindungen, sondern auch Eiweiß gegenwärtig, ist größere Veranlassung zu ausgesprochener Schichtung. Nun aber jene eigenthümlichen Gestalten, von denen ich einige in Fig. 27—42 abgebildet habe! Lässt sich hier an Vorgänge anknüpfen, welche bei Krystallen schon beobachtet sind? Oder lässt sich be- stimmter feststellen, in welcher Art die Gegenwart der Eiweißsub- ‚stanzen hier modifieirend einwirkt? Das sind Fragen, deren Beantwor- tung auch für das Verständnis der eigentlichen Krystallisation von Bedeutung sein könnte. Das Gebiet der Krystallologie ist mir zu fremd, als dass ich wagen könnte, ihnen näher zu treten. Für weitere Untersuchungen möchte ich mir aber doch den Hin- weis darauf erlauben, dass es wesentlich sein dürfte festzustellen, ob unter den Anorganismen die Kalkverbindungen allein solche Resultate geben. Ferner: Harrınc theilt (p. 18) eine Bestimmung des in Essig- säure unlöslichen Rückstandes der Körperchen mit. Er betrug 7,65%,. In wie weit dies Verhältnis konstant ist, dürfte eine nicht unwichtige Frage sein. Daran schließt sich die Frage nach einem etwaigen Wasser- gehalt der frisch dargestellten Körperchen. Das Vorstehende gilt von getrockneten Körperchen. Endlich ist, wie schon vorhin angedeutet, doch nicht anzunehmen, dass die Körperchen frei von Chlorverbindungen sind. Auch der eigent- liche Krystall schließt Theile der Mutterlauge ein, von welchen er erst durch Umkrystallisiren befreit werden kann. Wie sollte es bei diesen Darstellungen ausbleiben, dass eine gewisse Menge von Chlor, sei es als Chlornatrium, sei es als Chlorcalcium, in den Calcosphäriten oder sonstigen Körperchen enthalten sei? Ob diesen Beimischungen ein morphologischer Einfluss zuzuschreiben, wäre festzustellen. Den sum- marischen Chlorgehalt auch bei kleinen Mengen zu bestimmen ist natür- lich ein Leichtes. Zu einer quantitativen Bestimmung des Natron ge- hören freilich größere Proben, deren Darstellung aber nicht unthunlich ist. Soll indess festgestellt werden, welchen Einfluss ein Gehalt an Chlorverbindungen auf die Gestalt der krystalloiden Körperchen hat, so ist mit solchen summarischen Analysen allerdings wenig geschehen. Es handelt sich darum, ob der Chlorgehalt je nach den verschiedenen Gestaltungen ein verschiedener ist. Auch mit einem so charakteristi- schen Reagens, als die Silbersalze hier durch die Färbung bieten, wer- den mikrochemische Untersuchungen von großer Feinheit erforderlich sein, und es ist eine Schwierigkeit darin vorauszusehen, dass die ver- schiedenen Schichten der Regel nach verschiedene Zusammensetzung haben werden, auf ein tiefes Eindringen der Silberlösung nach den beim Gold gemachten Erfahrungen ohne Weiteres nicht zu rechnen ist, Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 641 und auch die organischen Substanzen durch Reduktion des Silbersalzes Färbungen verursachen möchten. Von Versuchen darf dies jedoch nicht abschrecken. Solche Untersuchungen scheinen allerdings das Gebiet der Zoologie zu verlassen, indess haben diese Objekte thatsächlich für dieses Gebiet eine Bedeutung erlangt, welche die eingehendste Beschäftigung mit ihnen auch für die Zoologie werthvoll macht. Zum Schluss eine Bemerkung, für welche sich kein rechter Platz fand: In früheren Arbeiten nahm ich an, dass die Erhaltung der Struktur bei Entfernung der Kalksalze durch Säuren der Beweis einer so innigen Verbindung derselben mit dem organischen Substrat sei, als sie nur in Organismen entstehen könne. So plausibel dies schien, hat es sich als irrig ergeben, dieses ohne Weiteres als Kriterium zu betrachten. Die Harrıng’schen Körperchen haben gezeigt, dassbesondere, allerdings noch näher zu begrenzende Verhältnisse vorliegen können, wo in Anorga- nismen die Struktur auch nach Auflösung der Kalksalze erkennbar bleibt. Erst nachdem das Vorstehende zum Druck abgegangen war, kam durch die Güte von Herrn Professor EnLers eine wichtige hier einschla- gende Arbeit (A. Fanıntzın, Studien über Krystalle und Krystallite a. Mem. de l’Acad. imp. d. sciences de St. Pötersbourg, T. XXXII, Nr. 10, 1884) zu meiner Kenntnis. Der günstige Leser wird entschuldigen, wenn bei der Untersuchung eines Gegenstandes, welcher von Physiologen, Zoo- logen, Botanikern und Mineralogen je nach ihrem Standpunkt behandelt ist, wobei sie häufig ohne Kenntnis von einander arbeiteten, ein voll- ständiger Überblick der betreffenden Litteratur so schwierig ist, dass ein kurzer Nachtrag erforderlich wird. Er wird ergeben, dass sich nun ein gewisser Abschluss gewinnen lässt, und ich gestatte mir Professor EnLers hiermit besondern Dank dafür abzustatten, dass mir dies durch seine freundliche Bemühung ermöglicht ist. Fanmıntzin reproduceirt zunächst wörtlich eine von ihm schon 1869, also drei Jahre nachdem Harrıne (Mikroskop 1866, Bd. II, p. 176) seine ersten Mittheilungen machte, in den Verh. d. naturhist. med. Ver. z. Heidelberg publieirte Arbeit: Amylonartige Gebilde des kohlensauren Kalks. Er bezieht sich in dieser Arbeit nicht nur auf Harrıng, sondern auch auf ältere Arbeiten von Funke, Link, Rose und Rosın und VERDEIL. Dem Letzteren kann ich, hierdurch aufmerksam geworden, gleich hin- zufügen, dass Rosın, auch in seiner Anatomie et Physiologie cellulaires (Paris 1873) die Harrına’schen Ansichten im Wesentlichen vertritt, wo- bei aber nicht ersichtlich ist, dass er selbständige Untersuchungen 642 W. v. Nathusius, darüber gemacht hat. Das Wesentliche der Fammrzin’schen älteren Arbeit besteht darin, dass er in einem besonders konstruirten kleinen Apparat kleine Mengen konzentrirter Lösungen von Chlorcaleium und kohlensaurem Kalk unter dem Mikroskop zusammengebracht und die Bildung von Sphäriten bis zur Größe der Stärkekörnchen der Kartoffel in der Art verfolgt hat, dass zuerst kaum sichtbare Kügelchen entstehen, die aber rasch an Größe zunehmen. Im Anfang war weder ein Kern noch Spuren von Schichtung zu sehen: erst in den beträchtlich ver- größerten Kugeln wurde dann das nachträgliche Auftreten von Kern und Schichtung direkt beobachtet. Famirzın betont dann lebhaft die vermeintliche Analogie dieser Sphärite mit Stärkekörnchen, und erwähnt dabei auch der Inulinkörperchen, die in Inulin enthalten- den Pflanzentheilen durch Einlegen in Alkohol niedergeschlagen werden (Sıcas, Bot. Zeitschr. 1864, p.77). Radiäre Streifung scheint er in den von ihm erzielten Produkten nicht bemerkt zu haben. In dem neueren Theil der Arbeit wird der Harrıne’schen Unter- suchungen von 1872 kurz gedacht, wobei auffallenderweise wieder die irrige Angabe vorkommt, dass Hırrına »die Gegenwart gewisser organi- scher Verbindungen als eine nothwendige Bedingung für die Erzeugung von Sphärokrystallen betrachte«. Dann wird auf Av. Hansen’s Arbeit über Sphärokrystalle (Arb. d. bot. Instituts zu Würzburg, Bd. II, H. 1, p. 92, 1884) eingegangen. Hansen hat im Parenchym verschiedener Pflanzen, nachdem sie länger in Weingeist aufbewahrt waren, »Sphärokrystalle aus einem löslichen Galeiumphosphat bestehend« gefunden. Ursprüng- lich sollen sie als Tropfen durch den Alkohol aus dem Zelleninhalt nie- dergeschlagen und dann durch Krystallisation fest werden. Wachs- tham durch Auflagerung soll nicht stattfinden. Eben so sollen sich Sphärokrystalle von Inulin als von einem festeren Häutchen um- gebene Tropfen durch Alkohol abscheiden und eine den Galeiumphos- phatkörperchen ganz ähnliche Struktur gewinnen, d. h. eine dichte, deutlich krystallinische, aus radialen Nadeln bestehende Schale, welche einen amorphen, leichter löslichen Kern umgiebt. Koncentrische Schichtung durch deutlich krystallinische Schichten, welche amorphe Schichten einschließen, ist meist bemerkt. Hansen hat ferner, auch außerhalb der Zellen, ähnliche Körperchen aus kohlensaurem und phos- phorsaurem Kalk bestehend durch Zusatz von Caleiumchlorid zu Hühner- eiweiß erzeugt, deren Entstehung ganz in derselben Weise verläuft. Dem tritt Famintzın so weit bei, dass die Schichtung nicht Folge von Wachsthum durch Auflagerung sei, bestreitet aber, dass sie durch Krystallisation veranlasst werde: es soll sich nur um Spaltung eimför- miger Masse parallel der Oberfläche handeln. Dabei wird auch auf die Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 643 Myelingebilde exemplificirt, und noch A. Meyer (Bot. Zeitung 1884, p- 327) herangezogen, welcher allen krystallisirenden Kohlenhydraten die Eigenschaft zuschreibt, aus unreinen Lösungen Sphärokrystalle zu bilden, dabei aber annimmt, dass die Volumzunahme durch Ablagerung mehr oder weniger krystallinischer Schichten auf den erstarrten Tropfen stattfinde. Letzteres giebt Fanımrzın vorläufig nicht zu und schließt diese Erörterung mit dem Satze: »Ganz unabhängig davon, in welcher Weise diese Frage entschieden wird, bleibt doch der oben ausge- sprochene Satz über die Schichtenbildung bei den von mir, Harrıne und Hansen beschriebenen Krystalliten, nämlich durch eine parallel der Oberfläche gehende Spaltung, welche erst nach der Erreichung der de- finitiven Dimensionen stattfindet, unangefochten bestehen.« Darf ich nach diesen, dem botanischen Gebiet entnommenen Er- gänzungen einen Rückblick auf die von mir erlangten Resultate werfen, so glaube ich Folgendes aussprechen zu können. Erstens möchte ich wünschen, dass der Ausdruck »Sphärokrystalleckünftig vermieden werde. Erstarrte Tropfen sind überhaupt keine Krystalle, auch wenn sich in ihnen sekundär eine Krystallisation, von welcher die sphärische Ge- stalt ja unabhängig ist, entwickelt hat. Leider wird auch die Hır- rıng sche Bezeichnung als Galcosphäriten als Allgemeine dadurch unan- wendbar, dass Inulin und sonstige Kohlenhydrate zu berücksichtigen sind. Die einfache Bezeichnung als Sphäriten scheint mir aber voll- ständig zu genügen. Leitees wendet sie in der weiterhin zu erwäh- nenden Arbeit schon ausschließlich an. Zweitens: Dass die Schichtung sekundär in der vorher gleichartig erscheinenden Masse auftrete, hatte ich, da mir leider die älteren Fammrtzın'schen und Hansen’schen Arbeiten unbekannt geblieben, zwar - indirekt geschlossen, aber doch auf den Mangel direkter Beobachtung des Vorganges aufmerksam machen zu müssen geglaubt. Dies war also durch Fınintzın und Hansen schon festgestellt, aber eine weitere Be- stätigung wohl nicht überflüssig. Der Annahme, dass die Schichtung ein einfacher Spaltungsvorgang einer gleichartigen Masse sei, muss ich bezüglich der Hırrına’schen Körperchen auf das Bestimmteste widersprechen. Ich glaube nachge- wiesen zu haben, dass sich dort die Schichtung durch Sonderung in > Lagen von ganz verschiedenem Brechungsindex vollzieht: eigentliche - Spaltung findet nicht statt. Die Beziehungen der radiären Krystallisation zur Schichtung fand . ich bei den fertigen Sphäriten der Hansen’schen Darstellung ent- R - sprechend, aber allerdings auch viele deutlich geschichtete kleine Kör- % _ perchen ohne jede Andeutung von Krystallisation, kann also letztere 644 W. v. Nathusius, nicht als das Motiv der Schichtung betrachten. Fammtzın berührt die doch so interessante Frage der radiären Streifung kaum. Drittens: Dass Hansen’s Alkoholpräcipitate Ansatz von außen, nachdem Schichtung eingetreten war, nicht mehr zeigten, ist sehr erklärlich: das Bildungsmaterial war eben ausgefällt; aber bei dem Harrıne’schen Verfahren, wo das Bildungsmaterial nicht erschöpft wird, findet Ansatz von außen auch noch bei vorhandener Schichtung statt. Hierauf muss schon aus den zu Platten vereinigten und dadurch polye- drisch gewordenen Sphäriten geschlossen werden. Die innere Schich- tung ist dort den äußeren Flächen nicht parallel (Harrıns, Taf. 1, Fig. 4 B, Taf. IV, Fig. 7A etc.). Noch unzweifelhafter tritt das Verhältnis bei den Conostaten auf, deren Bildung ohne Ansatz von außen undenkbar ist. Dasselbe gilt für die mit den eigenthümlichen Auswüchsen versehe- nen Körperchen (Harrıng, Taf. II, Fig. 18, Fig. 20 und 29—32 bei mir). Somit ist wohl Struktur und Genesis der Sphärite genügend klar gestellt. Ihr Auftreten, nicht nur bei der Fabrikation außerhalb von Organismen, sondern auch innerhalb derselben. ist in Pflanzenzellen erwiesen: freilich auch dort bis jetzt nur als Kunstprodukt. In thieri- schen Organismen scheint das natürliche Auftreten im Sekret der Nie- ren mindestens höchst wahrscheinlich; man wird es jedoch auch dort nicht als einen Vorgang der eigentlichen Lebensthätigkeit betrachten können. Wenn Fımmrzın die Stärkekörner als Sphärite in Anspruch nehmen will, ja sogar die Zellhaut als Analogon heranzieht, so mag er sich darüber mit anderen Botanikern aus einander setzen. STRASSBURGER (Bau und Wachsthum der Zellhäute, Jena 1882) weist dies unter Auf- rechthaltung der wesentlichen Übereinstimmung von Zellhaut und Stärkekorn zurück (a. a. O. p. 165). Nachdem, was über die sog. Stärkebildner vorliegt, scheint es mir unmaßgeblich eine der vagen Analogien zu sein, die mehr von gewissen Voraussetzungen aus, als auf Thatsachen hin zuweilen herangezogen werden, doch kann ich nicht unternehmen, ein so schwieriges Thema, als die merkwürdigerweise noch immer kontroverse Struktur des Stärkekorns, namentlich hier, ab- zuhandeln. Die neueren Versuche Fammrzın’s gehen auf Darstellungen von Krystallen aus gemischten Lösungen von phosphorsaurem Kali und schwefelsaurer Magnesia, welchen unter einem Deckglase Glycerin zu- gesetzt wurde. Die erhaltenen komplieirten und theils abgerundeten Gestaltungen werden in zahlreichen Abbildungen dargestellt. Mir scheinen hier kaum Beziehungen zu den Harrına’schen Körperchen vorzuliegen, während das krystallographische Interesse ja evident ist. Warum in gemischten resp. unreinen Flüssigkeiten entstandene, Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 645 unregelmäßige Formen nur als »Krystallite« zu bezeichnen seien, ist mir ‚nicht klar. Es sind doch echte Krystalle auch nach dem dort Mitge- theilten. Erörterung der Betrachtungen, welche im monistischen Sinn angeknüpft werden, würden mich weit abführen. Für die eigenthümlichen von mir Fig. 27 und 28 abgebildeten Körperchen habe ich auch in der Hansen’schen Originalarbeit und in der sonstigen mir zugänglichen botanischen Litteratur Analogien nicht finden können. Diese ist bezüglich der Sphärite nicht auf das von Fı- mintzın Angeführte beschränkt. Ein näheres Eingehen auf dieselbe würde mich zu weit führen. Die neueste Arbeit, die ich finden konnte, ist: Leiters, Über Sphärite, Mitth. d. Bot. Instituts in Graz, Jena 1888. In ME eciben sind die früheren Arbeiten angeführt. Auch für die von Harrıns und mir dargestellten polyedrischen Formen (Fig. 33—38) finde ich Analogien in der botanischen Litteratur nicht. Für beide Formen ist die radiäre Streifung, wenn auch bei letzteren nicht immer bemerkbar, charakteristisch. Bei keiner der von Famıntzın gegebenen Abbildungen ist sie vorhanden. Darf für die Sphäriten nun als erwiesen betrachtet werden, dass die radiäre Streifung der Ausdruck einer Krystallisation ist, welche nachträglich in dem »Tropfen« eintrat, so weist sie darauf hin, dass auch diese polyedrischen Körperchen ursprünglich Tropfen waren, diese aber dann Gestalten annahmen, welche sich nur als krystallinische be- zeichnen lassen. Das mag nicht auffallend sein, wohl aber, dass ihre innere Beschaffenheit dabei derartig bleibt, dass die sekundäre Krystalli- sation, welche die radiäre Streifung bewirkt, stattfinden kann. Sol- chen Gebilden möchte ich also die Bezeichnung als Krystalloide oder _ Krystallite einstweilen vorbehalten sehen und sie den Kryställograpken zum weiteren Studium empfehlen. Halle, November 1889. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVIII. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorausgeschickt, dassims wo nichts Anderes bemerkt ist, die gezeichneten Objekte in Kanadabalsam liegen und bei durchfallendem Licht und hoher Einstellung gezeichnet sind. Die Harrıne’sche Bezeichnung als Calcosphärit ist fortgelassen, da sie theils überflüssig, auf gewisse Formen nicht anwendbar erscheint. Der größte Theil der Abbildungen ist nach den nach 47 Tagen erkältenen Pro- dukten. Wie schon im Text angegeben, bezeichne ich der Kürze halber die aus Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. 49 646 W, v. Nathusius, den schwimmenden Krusten mit «, die aus dem Absatz am Chlorcalcium mit ß, die aus der übrigen Masse gewonnenen mit, die aus dem Bodensatz des Gefäßes mit d. Der Maßstab der Zeichnungen und die absolute Größe der Objekte ist auf der Tafel selbst angegeben. Fig. 1. 8 Tage nach Beginn des Versuchs der Oberfläche des Eiweiß entnom- men und nicht gewaschen. f ist eine noch durch Eiweißmembranen, die aber im Kanadabalsam nicht deutlich sind, zusammenhängende Gruppe. Fig. 2. @. a scheint zu zeigen, dass Zwillings- oder Biskuitformen nicht bloß durch Zusammenwachsen von zwei Sphäriten entstehen. Der dunkle Streif leuchtet beim Senken des Tubus hell auf. Fig. 3. d. Feinerer Theil des Bodensatzes. Es sind die Objekte ausgewählt, welche Schichtung am auffallendsten zeigen, aber ganz ohne Schichtung ist fast keins. Fig. 4. d. Vergoldet. Fig. 5.d. Mit Harrnack Nr, 40 Immersion beobachtet, aber in größerem Maß- stab gezeichnet, um die Struktur bei A genau wiedergeben zu können. Bei B sind die schlaffen unregelmäßigen Formen charakteristisch, als sei es noch kein ganz starrer Körper: vielleicht beim Einlegen in den Balsam geschrumpft. Fig. 6. d. Mäßig stark vergoldet. Ebenfalls der Deutlichkeit halber in größerem Maßstab gezeichnet als der Beobachtung entspricht. Fig. 7. d. Mit Methylgrün in Wasser stark gefärbt und in Anisöl beobachtet. Der Farbenton ist bei allen so gefärbten Objekten in Wirklichkeit etwas mehr violett, bei Lampenlicht violett bis Purpur, aber um den Unterschied von den vergoldeten Objekten mehr hervorzuheben, in reinem Blau angegeben. Fig. 8. d. Mit Methylgrün und in Anisöl beobachtet. Ein nach der Färbung ab- gesplittertes Fragment eines Sphäriten. Solche Splitter zeigen die Art der Färbung des Inneren am deutlichsten. Fig. 9. 8. Mit Methylgrün. Hat sich sehr stark gefärbt. Der dunkle Ton im Centrum ist nur die Folge von Undurchsichtigkeit, wie Beleuchtung bei auffallendem Licht zeigt. Beobachtung mit ganz starken Systemen (GunpLAcH VIII Immersion und Oc. 2) ergiebt sicher, dass die äußerste ungefärbte Schicht wirklich vorhanden, und nicht nur Refraktionseffekt ist. Fig. 10. 8. Mit Methylgrün sehr stark gefärbt. Die stärkere Färbung des Kernes st die Folge des Eindringens der Tinktion durch die Spalten, welche die Abbil- dung zeigt. | Fig. 44.8. Mit Methylgrün. Bei scharfer Einstellung auf den Umriss sind bei A die Einschlüsse a und b deutlich. Bei tieferer Einstellung tritt c, bei höherer d hervor. Danach ist bei B der Durchschnitt der Hilfslinie ee von A entsprechend gezeichnet. Die Linie ff bei B ist die Gesichtslinie von A. Für nähere Erörterung dieser Verhältn isse siehe Text p. 629. Fig. 42. 8. Mit Methylgrün. Ebenfalls im Text p. 629 erörtert. Fig. 13. 8. Stark vergoldet. a ist in gewöhnlicher Weise bei durchfallendem Licht beobachtet. Die dunkle Zone und der dunkle Kern sind nicht gefärbt, son- dern nur undurchsichtig, 5b zeigt dies bestimmt. Es ist derselbe Sphärit, aber von oben und unten gleichmäßig stark beleuchtet, wodurch die Refraktionseffekte weg- fallen und nur der Farbenton hervortritt (vgl. Text p. 615). | Fig. 414. 8. Stark vergoldet. Zwilling. Die stark gefärbte und scharf begrenzte äußere Schicht geht gleichmäßig auch über den kleinen Anwuchs hinweg. Dass die Färbung sich wesentlich auf die äußere Schicht beschränkt, zeigen Fig. 43 Untersuchungen über Harting’sche körperchen. 647 und 14, ob aber die inneren Schichten nur schwächer oder gar nicht gefärbt sind, bleibt. zweifelhaft. Dies entscheiden die folgenden Figuren. Fig. 15. 8. Nach starker Vergoldung des Präparates sind die Körperchen in einer kleinen Agatschale zerdrückt und zerstampft. Unter den so entstandenen Splittern finden sich solche, bei welchen sicher festgestellt werden kann, dass die Färbung sich auf die äußere Schicht beschränkt und nicht in das Innere eindringt, Fig. 46. Stark vergoldet. Ähnliche Splitter als in Fig. 45 gezeichnet. a und b sind 8 (aus dem ATtägigen Absatz am Chlorcalcium). Bei b zeigt sich die stark ge- färbte Außenschicht als eine Art biegsamer Membran, und unter dieser ein schwa- ches Auslaufen der Färbung nach innen. ce ist aus einer schon nach 44 Tagen ent- nommenen Probe. Fig. 47. ß. Stark vergoldet. Ganz feiner Splitter eines großen Sphäriten von circa 450—460 u Durchmesser: zeigt verschieden starke Färbung äußerer Schich- ten und schwache Ausstrahlung der Färbung nach innen. Fig. 48. Aus einer schon nach 44 Tagen entnommenen wenig gewaschenen stark vergoldeten Probe. Die anhängenden Fetzen scheinen Eiweißhäutchen zu sein. Fig. 49. 8. A. Sphärit mit eigenthümlicher, aber ziemlich häufig vorkommen- der äußerer Schicht. Beim Heben des Tubus erscheint dieselbe auf der Flächen- ansicht des Scheitels des Sphäriten als regelmäßige helle Punktirung auf dunklem Grunde, bei weiterem Heben als dunkle Punkte auf hellen Grunde, wie in B abge- bildet. Das entspricht dem Bilde, welches Grübchen gewähren würden, da aber solche nach dem glatten Umriss nicht vorhanden sein können, zeigt es, dass Hohl- räumchen oder wenigstens schwächer lichtbrechende Einschlüsse vorhanden sind (vgl. Text p. 647). C ist ein ähnliches Körperchen, wo aber diese Schicht gegen das Innere nicht scharf abgesetzt ist. Dieses Körperchen zeigt schon den Übergang in die Fig. 27 abgebildeter Gestalten. Fig. 20. 8. A. Die zweite Schicht von außen — hier bei hoher Einstellung dun- kel — leuchtet beim Senken des Tubus hell auf. Sie veranlasst eine eigenthümliche fahlgelbe Färbung der von ihr umgebenen inneren Schichten. Um den Druck nicht zu kompliciren, ist sie hier nicht durch Färbung, sondern nur durch dunklen Ton angegeben. Die Natur der äußeren Ansätze war hier durch die perspektivischen Effekte zweifelhaft. B ist die Skizze eines Theiles eines anderen ganz ähnlichen Sphäriten. Die reine Profilansicht des Auswuchses gestattet hier zu erkennen, dass es sich um eine der in Fig. 29—32 abgebildeten Gestaltungen handelt. Dass der Auswuchs hier nur aus den äußeren Schichten hervorgeht, ist beachtungswerth. Fig. 21, 8. Eigenthümliche nur einmal beobachtete Form der Kırystallisation (vgl. Text p. 629). Fig. 32.y. Sehr großer Sphärit (längster Durchmesser = 220 u). Die Form ist, wie bei diesen großen Körperchen stets eintritt, unregelmäßig geworden: die frühere Schichtung in der Krystallisation noch erkennbar. Fig. 23. d. Leicht auf Platinblech geröstet. Die dadurch im Inneren entstan- dene braune Färbung ist in der Abbildung, um den Druck nicht zu kompliciren, nur mit dunklem Ton wiedergegeben. Das verschiedene Verhalten der Schichten beim Rösten zeigt wieder ihren verschiedenen Eiweißgehalt. Fig. 24. d. Ebenfalls geröstet. In diesem großen, schon unregelmäßig gewor- denen Sphäriten ist nichts mehr von Schichtung zu erkennen. Demgemäß verläuft die Bräunung des Inneren — hier ebenfalls nur durch dunklen Ton ausgedrückt —, allmählich in die weniger gebräunte äußere Schicht. Fig. 25 und 26. Stark vergoldete Sphäriten mäßig in Kalilauge erhitzt, dann 42* 648 W. v. Nathusius, Untersuchungen über Harting’sche Körperchen. 94 Stunden in Wasser macerirt und darin beobachtet. Es hat sich eine stark ge- färbte Membran in gequollenem Zustande abgehoben. Bei dem Zwiliete Fig. 26 ist die Faltung derselben zu sehen. Fig. 27 A, B, C, D aus $, in Balsam liegend. E und F ebenfalls aus $, aber in Glyceringallerte, wodurch die Refraktionseffekte stärker hervortreten. G, aus der nach 44 Tagen entnommenen wenig gewaschenen Probe, sehr stark vergoldet, in Kanadabalsam. A, B, C, D sind die eigenthümlichen Gestalten, von denen auch Harrıne einige abgebildet hat, in verschiedener Ausbildung und Entwicklung. Auch Fig. 19 C zeigt eine solche. Bei E ist ein charakteristisch gestalteter solcher Kern. Beim Auswachsen des 429/420 u großen Körperchens ist die Gestalt unregelmäßig geworden. F und G sind Zwillinge, wo ein solcher Körper mit einem gewöhnlichen Sphäriten verwachsen ist. Bei F bezeichnen a und b, die nur bei hoher Einstellung hervortreten, die Grenzen eines Wulstes, wie er auch bei E durch Refraktions- effekte erkennbar ist (vgl. Text p. 620 und 624). Fig. 28. 8. Zeigt ebenfalls diesen Wulst, der sich häufig noch deutlicher beob- achten lässt. Auch Harrıne giebt entsprechende Abbildungen. Fig. 29—32. Sphäriten mit gekrümmten Auswüchsen, wie Fig. 20 B. Fig. 29 und 30 sind aus stark vergoldeten Präparaten, haben sich aber nicht merklich ge- färbt. Eben so ist Fig. 32 aus einem mit Methylgrün gefärbten Präparat, ohne sich gefärbt zu haben; Fig. 34 hat sich aber nebst den Auswüchsen durch die Vergol- dung gefärbt. Bei Fig. 30 ist b eine andere Ansicht als a desselben Körperchens, .das beim Einlegen etwas gerollt war. Fig. 33. ß.. Krystalloides Körperchen: scheint rhombische Platte mit gebroche- nen Kanten mit zwei geraden Stacheln oder Auswüchsen. Fig. 34—37.ß. Krystalloide. Fig. 37 B ist ein Versuch, Fig. 37 A, schematisch als Oktaeder deutlich zu machen (vgl. Erörterung im Text p. 623 und 624). Fig. 38a. 8. Körperchen aus -zwei dreiseitigen auf einander liegenden Platten mit gemeinsamem Kern bestehend, b, anscheinend ein ähnliches Körperchen in der Seitenansicht. Fig. 39. 8. Übergang aus Formen wie Fig. 38 in: Fig. 40. 8. Sechstheilige Rosette. Fig. 44. 8. Scheint ebenfalls aus zwei dreiseitigen, aber etwas verschobenen Platten zu bestehen. Fig. 42. 8. Wahrscheinlich ein ähnliches Körperchen als Fig. 41, aber von der Seite betrachtet. Für nähere Erörterung von Fig. 33—42 siehe Text p. 624 und 625. Fig. 43. Vergoldet. Conostat aus einer feinen Schwimmkruste circa 40 Tage nach Beginn des Versuchs entnommen. Vgl. Text p. 625 und 626. Fig. 44. 8. Mit Methylgrün. Älterer Conostat. Zur Kenntnis einiger Infusorien. Von R. v. Erlanger. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XXIX. Übersicht der benutzten Litteratur. 4. O0. BürschLı, Protozoa. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. 3. Abth. Leipzig 1887—1889. 2. Tu. W. EnGELMANN, Zur Naturgeschichte der Infusorien. Diese Zeitschr. Bd. XI. 1862. | 3. G. Entz, Über Infusorien des Golfes von Neapel. Mittheilungen a. d. Zool. Stat. zu Neapel. 1884. p. 340. Taf. XXI. | —— Beiträge zur Kenntnis der Infusorien. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. 1882. 4, P. FABRE-DOMERGUE, Etude sur l’organisation des Urce&olaires. Journal de l’Anat. et de la Physiologie. T. XXIV. p. 214. 4888. 5. M. Perry, Zur Kenntnis kleinster Lebensformen etc. Bern 1852, 6. FR. Stein, Der Organismus der Infusionsthiere. Bd. II. 4867, 1. Actinobolus radians Stein. (Fig, 1—8.) Diese interessante Holotriche wurde mit Phascolodon vorti- cella, Haematococcus pluvialis und mehreren anderen Flagella- ten in einem mit Regenwasser ‘gefüllten ausgehöhlten Felsblock ge- funden. Die Fundstätte liegt stromaufwärts von Heidelberg, am Neckar- ufer, etwas vor dem sogenannten Haarlass. Die von mir beobachteten Exemplare hatten durchschnittlich .eine Länge von 0,08—0,1 mm. Ä Wenn Actinobolus schwimmt, een er eine birnförmige Gestalt, wobei das Hinterende der von mir beobachteten Exemplare stets dicker. als das Vorderende war (Fig. 4), während Entz das Gegentheil angiebt. Die Gestalt des schwimmenden Thieres ist länglich mit kreisrundem 650 R. v. Erlanger, Querschnitt, wird aber, wenn die Bewegung sich verlangsamt, immer kugeliger und nimmt bei gänzlichem Stillstand oft vollkommene Kugel- form an (Fig. 2). Diese Veränderung vollzieht sich äußerst langsam, wesshalb ich annehmen möchte, dass keine Myoneme dabei im Spiel sind. lch habe solche auch bei den stärksten Vergrößerungen nicht beobachten können, obgleich ich wegen der Angabe von Entz öfters danach suchte. Die Körperstreifung ist regelmäßig, und die schwach ausgeprägten Cilienfurchen laufen alle vom hinteren Pol gegen den terminalen Mund. Zuweilen ziehen sie etwas schraubig. Die langen, feinen, nicht sehr zahlreichen Cilien, sind zu mehreren um die Basis der Tentakel gruppirt, was besonders gut zu sehen ist, wenn man ein Exemplar vom oralen oder aboralen Pol beobachtet. Die Tentakel, welche Actinobolus charakterisiren, stehen in regel- mäßigen Abständen in den Gilienfurchen, und ich zählte deren etwa 12 in einer Furche bei seitlicher Ansicht. Wenn das Thier schwimmt (es geschieht dies mit mäßiger Geschwindigkeit unter fortwährender Drehung um die Längsachse), so werden die Tentakel eingezogen (Fig. 1). Man sieht dann oft, dass die Tentakel allmählich wieder ausgestreckt werden, wobei sofort eine Verlangsamung der Bewegung bemerklich wird. Wenn gänzlicher Stillstand eingetreten ist, werden die Tentakel ganz ausgestreckt und ihre Länge erreicht dann meistens oder über- trifft etwas den Durchmesser des kugelförmigen Leibes (Fig. 2). Bei einem 0,1 mm langen Exemplar maßen sie 0,14 mm. Betrachtet man einen vollkommen ausgestreckten Tentakel bei starker Vergrößerung, so bemerkt man an ihm drei Abschnitte (Fig. 3). Der proximale Theil ist dick und besitzt eine kegelförmige Gestalt, daran schließt sich ein langer, etwa halb so dicker Theil an; beide sind vollkommen durchsichtig. An dem distalen Ende ist ein dritter, kürzerer, stark lichtbrechender und dünner Abschnitt, welcher etwas verbreitert mit einem Knöpfchen endigt. Dieses Knöpfchen ist viel kleiner als die Endknöpfe der Acinetententakel, und wurde von Enxtz nicht beschrieben; er lässt vielmehr die Tentakel einfach abgestutzt endigen. Die Alveolarschicht (Fig. 1 alv), welche bei Actinobolus mäßig dick, aber deutlich entwickelt ist, zeigt an der Basis der Tentakel eine Unter- brechung (Fig. 3), und man bemerkt an ihrer inneren und äußeren Grenze jederseits einen feinen Punkt. Sind die Tentakel, wie dies beim Schwimmen geschieht, ganz eingezogen, so ist nur noch ihr distales, stärker lichtbreehendes Ende zu erkennen; dasselbe liegt dann fast ganz im Inneren des Leibes und überragt nur um weniges die Ober- fläche. Ich fand für dasselbe stets die nämliche Länge 0,04 mm. Zur Kenntnis einiger Infusorien. 651 Bei völlig eingezogenen Tentakeln hat nun dieses Endstück ganz das Aussehen einer Trichocyste. Ich sah eine Anzahl solcher Gebilde öfters ganz regellos im Inneren des Leibes dicht unter der Oberfläche liegen. Es darf dieses Endstück des Tentakels wohl auch als eine Trichoceyste gedeutet werden, weil man bei Abtödtung mit Osmium- säure aus dem terminalen Knöpfchen einen feinen zugespitzten Stift hervorragen sieht (Fig. 6, 7, 8). Dieser Stift ist oft kurz (Fig. 6), kann aber auch die Länge des Endstücks erreichen (Fig. 7), ist also ein aus- schnellbares Gebilde. Bei Beobachtung von theilweise ausgestülpten Tentakeln schien es mir öfters, als ob der Tentakel noch eine Strecke weit ins Innere des Leibes verfolgt werden könnte, auch sah ich bei einem sich ency- stirenden Exemplar, welches Kugelform angenommen und bereits eine Cystenhülle abgesondert hatte, eine große Anzahl von Tentakeln in ziemlicher Länge im Inneren des Leibes liegen ! (Fig. 5). Lässt man den Actinobolus unter Druck zerfließen, so bleiben die Endstücke der Tentakel als vollkommen homogene Stäbchen von 0,01 mm Länge erhalten, aber das Knöpfchen war nicht mehr zu sehen. Die Tentakel waren oft im ausgestreckten Zustand gebogen, aber nie- mals schraubig gekrümmt. Der Mund (Fig. I M) liegt terminal und zeigt dieselbe Struktur wie der mancher Prorodonarten. Er bildet einen zitzenförmigen Vor- sprung und besitzt einen kurzen Schlund und einen schwach ausge- bildeten Reusenapparat. Dieser besteht aus einer großen Anzahl langer dünner Stäbehen, welche ganz gerade sind. Durch Zerfließenlassen des Thbieres kann man sich überzeugen, dass man es mit wirklichen Stäbehen und nicht mit einer Fältelung des Schlundes zu thun hat. Der Mund ist von einem Kranz dichter stehender Cilien umgeben, welche sich übrigens in keiner Hinsicht von den anderen Körpereilien unterscheiden. Der After liegt am aboralen Pol, dicht bei der kontraktilen Vaeuole. Letztere (Fig. I Cv) ist in der Einzahl vorhanden und ziemlich groß. Sie liegt terminal am Hinterende, besitzt einen deutlichen Porus (P) und entsteht durch Zusammenfluss mehrerer radiär angeordneter Tropfen, gehört also zum rosettenförmigen Typus. Vor der Entleerung bemerkt man um die Vacuole eine radiäre Streifung des Plasma, eine 1 Professor BürscHLi, welcher meine Untersuchungen an Actinobolus, Hasta- tella und Phascolodon leitete und meine Präparate etc. fortgesetzt Kontrollirte, bittet mich besonders hervorzuheben, dass er sich von dem Eindringen des Ten- takels in den Körper nicht überzeugen konnte. 652 R. v. Erlanger, Erscheinung, welche 187% von Bürscauı bei Amoebaterricolat, bei Nyetotherus und von mir an den zahlreichen kleinen Vacuolen eines Prorodons beobachtet worden ist. Der Maeronucleus (Fig. I Ma) besitzt eine sehr variable Gestalt, ist zuweilen länglich oval, oft lang und unregelmäßig gekrümmt. Sein Bau war der gewöhnliche feinwabige. Es ist mir nicht gelungen den Mieronucleus mit völliger Sicherheit nachzuweisen, obgleich ich mehr- mals in der Nähe des Macronucleus Gebilde beobachtete, welche an Micronuclei erinnerten. Das Entoplasma zeigte die gewöhnliche wabige Struktur. Konjugation wurde nicht beobachtet, dagegen ein Fall von Thei- lung. Dieselbe war eine Quertheilung, und zwar eines freischwimmen- den Exemplars, welches bereits eine zweite kontraktile Vacuole ge- bildet hatte, und dessen Macronucleus ein streifiges Gefüge zeigte. Eneystirung und Cysten sah ich wiederholt, jedoch keine Theilung in der Cyste. | Actinobolus schwamm stets in der Nähe der Wasseroberfläche her- um und stand nur ab und zu still; dann wurden die beim Schwimmen eingezogenen Tentakel ausgestreckt; daher fasse ich diese Organe als eine Schutzvorrichtung auf, eine Deutung, welche durch die Gegenwart der Trichocyste an ihrer Spitze noch wahrscheinlicher wird. - Ich konnte niemals beobachten, dass sich Actinobolus in’ der von Entz beschriebenen Weise an Algen festsetzte, obgleich es im Boden- satze des Wassers, in welchem er lebte, an Algen nicht fehlte. Er schien mir, wie die meisten verwandten Formen, im Schwimmen nach‘ Beute zu suchen, und einmal sah ich ihn eine Monadine verschlingen, welche von den Cilien des Mundrandes herbeigestrudelt worden war. Zuweilen hefteten sich die Individuen mit dem Munde fest, blieben aber öfters stehen ohne dies zu thun. Die meisten Exemplare waren ganz mit stark lichtbrechenden Körpern erfüllt (Fig. 1 und 2 n). Es waren keine Vacuolen, sondern feste Körper, wovon ich mich beim Zerfließen der Thiere überzeugte. Diese Körper, welche offenbar gefressene Nahrung sind, färbten sich intensiv mit Karmin, Hämatoxylin und Anilinfarben; ihre Gestalt ist ziemlich variabel. Die meisten hatten etwa die Größe von Monadinen und Cyelidien, welche sich reichlich im Wasser fanden. Reaktionen auf Stärke und Cellulose, welche öfters an diesen Körpern versucht wurden, ergaben ein negatives Resultat. Außerdem fanden sich zahl- reiche stärker lichtbrechende Tropfen im Entoplasma, welche sich in ' 0. Bürscarı, Kleine Beiträge zur Kenntnis der Infüsorien. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. IX. 1873. | Zur Kenntnis einiger Infusorien. 653 Alkohol und Äther lösten, und mit Osmiumsäure bräunten, daher wohl Fetttropfen sein dürften. Endlich bemerkt man noch zahlreiche kleine Körnehen und feste Körperchen von variabler Gestalt. Aus dem Mitgetheilten wird wohl ersichtlich sein, dass die Tenta- kel von Actinobolus nicht denen der Suetorien homolog sind; nament- lich die terminale Trichoeyste lässt sie als Gebilde ganz eigener Natur erscheinen. Wie Entz konnte ich nie beobachten, dass die Tentakel zum Ergreifen von Beute dienten, obgleich ich öfters kleine Flagellaten und CGiliaten mit ihnen in Berührung kommen sah. | Im Wasser, worin Actinobolus reichlich lebte, wurde nur hal ein Exemplar einer Acinete beobachtet, und nicht ein einziger Acineten- schwärmer. Ich erwähne diese Thatsache, weil Entz angiebt, gleich- zeitig mit Actinobolus immer Acineten gefunden zu haben, und desshalb vermuthet, dass Actinobolus möglicherweise Beziehungen zu Suetorien haben könnte. | Actinobolus wurde, seit Stein ihn entdeckte und kurz beschrieb, nur von Entz wieder beobachtet. Meine Beschreibung weicht von der des letzteren Forschers hauptsächlich in Bezug auf den Tentakelbau ab. 2. Chlamydodon mnemosyne Stein. (Fig. 9—14.) Diese Holotriche fand sich in großer Menge bei Deauville (Cal- vados) an der französischen Küste des Kanals in einem kleinen Tümpel, welcher nur bei sehr hoher Fluth mit dem Meer in Zusammenhang steht. Chlamydodon hat etwa die Gestalt einer Ohrmuschel mit konvexer rechter und schwach konkaver linker Seite. Das Vorderende ist abge- rundet, nach hinten verschmälert sich der Körper allmählich und endet etwas zugespitzt (Fig. 14). Die Länge variirt zwischen 0,018—0,08 mm und kann sogar noch etwas darüber betragen. Die Bauchfläche ist schwach gewölbt oder ganz flach und dicht mit feinen, ziemlich langen Wimpern bedeckt. Die Rückenfläche dagegen ist meist stark gewölbt und fast ganz kahl; sie wird von dem vordersten einen Theil der Bauchfläche, welchen Entz als die Stirne bezeichnet, überragt (Fig. 9 St). Diese Stirne ist auch auf ihrer Rückenseite be- wimpert. | ‘ Die Körperstreifung, welche von sehr zahlreichen, dicht bei ein- ander stehenden Cilienreihen bedingt wird, zieht vom Hinterende nach vorn, in einem nach rechts gewölbten Bogen um den in der Längsachse, etwa 1/, der Körperlänge vom Vorderende gelegenen Mund herum, unter Bildung einer adoralen Zone (Fig. 12 Az), welche dem Vorder- ende parallel in einem Bogen nach links verläuft. Die Streifung 654 R. v. Erlanger, erstreckt sich noch, wie schon bemerkt worden ist, auf den dorsalwärts gelegenen Theil der Stirn, da die Gilienreihen der rechten Bauchhälfte, indem sie vor dem Mund nach links herumbiegen, um mit denen der linken Bauchhälfte in der sog. Mundnath (adorale Zone) zusammenzu- stoßen, die Stirn überziehen. Diese Cilienreihen entsprechen wohl den feinen Falten oder Furchen, welche Entz auf der Stirn beschreibt. Die Wimpern selbst stehen auf kleinen Papillen und liegen nicht in Gilien- furchen. Chlamydodon verhält sich also in dieser Hinsicht wie Para- maecium und verwandte Formen. Die Pellicula ist dünn, eben so auch die Alveolarschicht, welche jedoch deutlich ausgebildet ist. Das eigenthümliche Band, welches Chlamydodon auszeichnet, liegt, wie Entz festgestellt hat, nicht auf der Bauchfläche, sondern zwischen Bauch- und Rückenfläche. Die von Entz beschriebene Furche, in wel- cher er das Band verlaufen lässt, fand sich bei den von mir. beobachte- ten Exemplaren nicht, sie war höchstens bei einigen Individuen andeutungsweise an der Grenze zwischen Stirn und eigentlicher Rückenfläche zu bemerken, wo der vordere Theil des Bandes verläufi (Fig. 12 X). Das Band selbst zieht um den ganzen Körper herum und zeigt nur am Hinterende eine Unterbrechung (Fig. 10). Es ließ sich bei dersel- ben Einstellung des Tubus nie in ganzer Ausdehnung verfolgen, son- dern lag in verschiedenen Ebenen, was auch aus seitlichen Ansichten hervorging. Das Band ist deutlich quergestreift; bei starker Vergröße- rung erkennt man, dass quere Leistchen die Querstreifung bewirken (Fig. 14). Diese Leistehen haben stärkere lichtbrechende Enden. Ich bemerkte, dass die Abstände der einzelnen Leistchen bei verschiedenen Exemplaren differirten und nach den Enden des Bandes kleiner wur- den, wie auch die Länge der Leistchen selbst. | Das Band ist kein homogenes Gebilde, sondern zerfällt, wenn man das Infusor unter Druck zerfließen lässt, in einzelne Körperchen, welche bei Flächenansicht etwas oval mit einem schmäleren Ende erscheinen (Fig. 13 a). Diese Körperchen sind ellipseidisch mit einem äquatorialen Wulst versehene Gebilde und liegen mit ihrer breiten Fläche an ein- ander (Fig. 13 b). Es sind die Wülste, welche als vermeintliche Leist- chen die Querstreifung bewirken, da man auf die schmale Kante der Körperchen blickt. | Der Mund besitzt einen gut ausgebildeten Reusenapparat, dessen Stäbchen auffallend dick, an ihrem oberen Ende breiter und quer ab- gestutzt sind; sie stehen etwas schraubig angeordnet (Fig. 12). Fast immer beträgt ihre Zahl 16; ab und zu beobachtete ich jedoch Exem- plare mit nur 15 Stäbchen. Bliekt man von oben auf den Mund (Fig. 12), Zur Kenntnis einiger Infusorien. 655 so bemerkt man ein feinwabiges Schlundplasma (p) und einen deut- lichen Schlundspalt (Mp). Niemals sah ich die Bewimperung über den Mund hin sich erstrecken, bemerkte auch nichts von den zwei Klappen, welche Entz an der Stirn beschreibt, sondern beobachtete stets einen kurzen, aber deutlichen Schlund, wie ihn auch verwandte Formen, Chilodon, Phascolodon u. A. besitzen. Kontraktile Vacuolen sind in verschiedener Zahl vorhanden; ich zählte deren vier bis sechs, sie münden auf der Bauchfläche durch je einen Porus aus (Fig. 12 cv). Der Macronucleus (Fig. 12 Ma) liegt rechts am unteren Ende des Reusenapparates, ist ziemlich groß, länglich oval, und zeigt in der Mitte einen Querspalt; sein Gefüge ist das gewöhnliche. Es ist ferner eine deutliche Kernmembran vorhanden. Ich fand stets einen einzigen Mieronucleus (Fig. 12 Mi), welcher dem Macronueleus anlag. Quertheilung sah ich öfters. Die daraus entstandenen Individuen sind ziemlich klein, flacher und namentlich kürzer als die gewöhnlichen. Sie zeigten ein breiteres Hinterende und einen größeren Abstand zwi- schen den Enden des Bandes. Konjugation wurde nicht beobachtet. Chlamydodon bewegt sich nach meinen Erfahrungen ziemlich träg unter Schwankungen um die Längsachse. Er nährt sich von Diatoma- ceen, welche er in sehr großer Menge verschlingt, so dass seine Körper- gestalt öfters dadurch verändert wird. Namentlich wölbt sich der Rücken bei reichlich mit Nahrung gefüllten Individuen stärker. Oft werden Diatomaceen verschlungen, deren Länge die des Chlamydodons etwas übertreffen. Das an und für sich durchsichtige Körperplasma ist meistens von Diatomeen roth oder rothbraun gefärbt. Chlamydodon wurde zuerst von EHRENBERG, Später Von STEIN, und endlich von Entz beschrieben. 3. Phascolodon vorticella Stein. (Fig. 15—18.) Diese wenig bekannte Holotriche kam in ziemlicher Menge an der schon für Actinobolus angegebenen Fundstelle vor. Phascolodon misst zwischen 0,09—0,06 mm, ist etwa halb so breit als lang und formbeständig. Seine Gestalt ist eine sehr eigenthümliche. Von der Bauchseite betrachtet erscheint das Vorderende breit und abgerundet, bis auf die linke Seite, wo es einen stumpfen Winkel bildet (Fig. 16). Nach hinten zu wird das Infusor immer schmäler und endigt in einer stumpfen Schwanzspitze (Fig. 16 S). Die Bauchfläche zeigt rechts und links je 656 R. v. Erlanger, einen längsgerichteten Wulst (Fig. 16 rw.lw). Der mittlere Theil ist auch konvex, erreicht jedoch nicht die Höhe der Wülste, welche aber nach vorn steiler abfallen, so dass in seitlicher Ansicht der mittlere Theil der Bauchfläche vorn zu sehen ist (Fig. 17). Der rechte Wulst ist höher und stärker entwickelt wie der linke. Die Rückenfläche ist stark gewölbt und besitzt einen etwa glockenförmigen Umriss (Fig. 18). Die längsgerichteten Cilienreihen sind in Zwölfzahl vorhanden und verlaufen zum größten Theil an der Bauchseite (Fig. 16). Fünf Reihen ziehen rechts von dem etwa in der Mittellinie gelegenen Mund, sieben links. Außer diesen longitudinalen Cilienreihen entspringt eine trans- versale etwas rechts vom Mund, biegt vorn nach links um diesen her- um, verläuft quer gegen den linken Körperrand und setzt sich endlich über die ganze Rückenseite bis zu deren rechten Rand fort (Fig. 16, 17, 18). Sie entspricht wohl sicher der sog. adoralen Zone von Nas- sula und anderen Chlamydodonten. 5 Von den longitudinalen Cilienreihen laufen die sieben, welche auf der linken Seite des Mundes gelegen sind, auf die eben beschriebene transversale Reihe zu, und endigen, nachdem sie mit ihr zusammenge- stoßen sind. Die drei ersten davon, vom Mund aus gerechnet, fangen an der Schwanzspitze an, die vier anderen nehmen gegen den linken Körperrand allmählich an Länge ab, so dass die siebente nur ein Viertel der Länge der ersten misst (Fig. 16). | | Die fünf Cilienreihen, welche rechts ‚vom Mund gelegen sind, ver- laufen von der Schwanzspitze nach vorn, umziehen mit Ausnahme der ersten (vom Munde aus gerechnet), welche in der Gegend des Mundes plötzlich aufhört, die vor dem. Mund gelegene Stirnregion in einem Bogen, indem sie nach links umbiegen, um dann rückwärts verlaufend auf die schon beschriebene transversale Cilienreihe zu stoßen; letztere entspricht daher der sog. Mundnaht (Bürscaurn). Die zweite und dritte dieser rechts gelegenen Reihen verlaufen ganz auf der Bauchfläche, die vierte auf dem scharfen Rand, welcher die Bauchfläche von der Rückenfläche. scheidet, die fünfte zum . Theil auf der Rückenseite (Fig. 16, 18). Der Mund selbst (Fig. 16) we ein wenig rechts von der. Mittel- linie, und steht etwa !/, der Gesammtlänge vom Vorderrand:ab. Er besitzt einen gut ausgebildeten Reusenapparat (Fig. 15).. Die Zahl der ziemlich dicken Stäbchen schwankt zwischen 20 und 30. Bei ‚verschie- denen Exemplaren bemerkte ich, dass mehrere Stäbchen verdoppelt waren. Die Stäbchen selbst sind in geringer Entfernung hinter dem Mund- spalt etwas nach innen geknickt, so. dass der weiteste Theil des Reusen- Zur Kenntnis einiger Infusorien. 657 apparates etwas unter der Oberfläche liegt. Sonst sind die Stäbchen gerade und zeigen keine schraubige Drehung. Der Mundspalt ist eng schlitzförmig. Das Plasma, welches zwischen der Mundspalte und dem Reusen- apparat gelegen ist, besitzt eine feinwabige Struktur und ist an seiner äußeren Grenze fein radiär gestreift (Fig. 15). | Der After liegt dorsal von der Schwanzspitze. Es sind zwei kontraktile Vacuolen vorhanden, welche auf der 'Bauchseite liegen, und zwar eine dicht am Vorderende, die zweite etwa in der Körpermitte. Ge Der Macronucleus (Fig. 17 Ma) ist länglich oval, besitzt das ge- wöhnliche feinwabige Gefüge mit eingestreuten Mikrosomen und zeigt etwa in der Mitte eine Vacuole, in welcher ein Nucleolus liegt. Der Micronucleus (Fig. 17 Mi) liegt dem Macronucleus an. Es wurde sowohl Konjugation als auch Theilung beobachtet. Phascolodon schwimmt rasch unter Rotation um seine Längsachse umher, und ist ein sehr räuberisches Thier, welches große Nahrungs- körper verschlingen kann. Die von mir beobachteten Exemplare nähr- ten sich hauptsächlich von Hämatococcen, Pandorinen, Euglenen und Bacillariaceen. i Phascolodon wurde von Steiy entdeckt, jedoch hat derselbe nament- lich die Körperstreifung nicht richtig beschrieben. 4. Hastatella n. g. radians n. sp. v. Erlanger. (Fig. A9—24.) Diese interessante freischwimmende Vorticelle wurde mit Phas- colodon und Actinobolus gefunden. Die Gestalt der Hastatella ist meist glockenförmig, doch kommen auch mehr längliche Individuen vor (Fig. 49). Die Körperlänge maß durchschnittlich 0,04 mm. Das Infusor ist ganz durchsichtig und un- gefärbt. Das Hinterende ist zu einem kegelförmigen Zapfen (Fig. 19 Z) verschmälert, welcher stets eine deutlich geringelte Pellicula zeigte. Dieser Zapfen endigt in einem kleinen stärker lichtbrechenden Knopf (Fig. 19 Kn), welcher eine feine Borste (Fig. 19 b) trägt. Die Pellicula des übrigen Körpers zeigt eine feine, jedoch deutliche Ringe- lung, welche sich bei manchen Exemplaren über den ganzen Körper erstreckte, bei anderen auf die vordere oder hintere Leibeshälfte be- schränkt war. Die Stacheln, welche diese Vorticelline charakterisiren, sind in zwei parallelen Kränzen angeordnet. Der vordere steht auf dem Peri- 658 R. v. Erlanger, stomwulst (Fig. 19 Pw), der hintere etwa in der Mitte des Körpers auf einem etwas erhabenen ringförmigen Wulst. Die Stacheln selbst (Fig. 19 $) sind einfache Auswüchse des Kör- perprotoplasmas; die an der Basis ziemlich diek beginnen und sich distalwärts allmählich zu einer Spitze verjüngen. Sie sind von einer Fortsetzung der Pellicula überkleidet. Die feinen Körner, welche das Körperplasma enthält, kommen auch im Plasma der Stacheln vor und lassen sich bis an deren Ende verfolgen, als deutlicher Beweis, dass die Stacheln einfache Auswüchse des Leibes und in diesem ent- sprechender Weise gebaut sind: Die Stachelbasis schwillt kugelförmig an und geht dann in den Wulst, welcher sie trägt, über. Der Stachel selbst kann, indem er in einer durch die Längsachse des Thieres gehenden Radialebene drehbar ist, gehoben oder gesenkt werden. Die Stacheln des hinteren Kranzes können bis zur Parallelität mit der Längsachse nach hinten gesenkt und wieder gehoben werden, bis sie senkrecht zur Längsachse stehen, ver- mögen also einen Winkel von 90° zu beschreiben; die Stacheln des vorderen Kranzes dagegen sind einer noch ausgiebigeren Bewegung fähig und können einen Winkel von etwa 180° durchlaufen, indem sie nahezu parallel mit der Längsachse nach hinten, oder ganz nach vorn gerichtet werden können. Die ausgiebigere Drehung der vorderen Stacheln beruht auf der Einstülpung des Discus und dem Verschluss des Peristoms, worauf später eingegangen werden soll. Die Länge der Stacheln ist wechselnd, 0,02 mm, also die Hälfte der Leibeslänge scheint das Maximum zu sein. Die Stacheln des vorderen und hinteren Kranzes sind durchschnitt- lich gleich lang, jedoch sind die desselben Kranzes häufig nicht alle gleich groß, es kommen nicht selten in jedem Kreis zwei bis vier vor, welche etwa nur halb so lang sind wie die übrigen. | Die Zahl der Stacheln schwankt im Allgemeinen zwischen 16 und 20 und vertheilt sich ziemlich gleichmäßig auf beide Kränze. Das Entoplasma enthält zahlreiche feine Körnchen, welche meistens in Molecularbewegung begriffen sind. Oft ist das ganze Infusor mit großen Nahrungsvacuolen (Fig. 21 NV) erfüllt. Es wurde ein deutliches Strömen des Entoplasma beobachtet. Wie bei den anderen Vorticellinen ist im Umkreis der adoralen Zone ein ringförmiger Peristomsaum (Pi) entwickelt, welcher bei der Kontraktion das Peristom und die adorale Zone überdeckt. Der Peri- stomsaum ist bei Hastatella ziemlich breit, wulstförmig, und trägt, wie schon erwähnt wurde, den vorderen Stachelkranz, welcher bei der Kontraktion passiv bewegt wird, wodurch sich die ergiebigeren Stellungsveränderungen des vorderen Kranzes erklären. Die adorale Zur Kenntnis einiger Infusorien. 659 Spirale ist (Fig. 24) rechtsgewunden und beschreibt einen Umgang, sie besteht aus zahlreichen feinen und ziemlich langen Cilien und führt in das Vestibulum (Fig. 21 vsi), in welches sie sich fortsetzt. Eine schwingende Membran wurde im Schlund beobachtet. Die kontraktile Vacuole (Fig. 19 Cv) entleert sich in das Vestibu- lum. Der Austritt des Inhaltes zahlreicher Nahrungsvacuolen durch das Vestibulum, welcher mehrfach beobachtet wurde, berechtigt zum Schlusse, dass der After, wie bei den übrigen Vorticellinen im Vesti- bulum liegt. Letzteres setzt sich in einen langen Ösophagus fort, wel- cher bis über die Mitte des Leibes nach hinten reicht (Fig. 21 Oes). Es wurden auch Myoneme zur Einziehung des Discus (Fig. 21 My), sowie bei einem Osmiumsodapräparat eine feine radiäre Streifung des zu- sammengezogenen Peristomwulstes beobachtet, die wohl auf Faltung beruhte. Der Macronucleus (Fig. 19 Ma) ist hufeisenförmig mit rundem Quer- schnitt, wie bei den meisten Vorticellinen, und zeigt die gewöhnliche fein- wabige Struktur und zuweilen bläschenförmige Einschlüsse (Fig. 19 Ma). Der Micronucleus (Fig. 19 Mi) liegt dem Macronucleus seitlich an. Theilung wurde leider, trotz wiederholten Nachforschens nicht beobachtet, dagegen ein Befund, welcher als Konjugation gedeutet werden muss. Am Hinterende eines gewöhnlichen Exemplares war ein kleineres befestigt; beide zeigten einen gleich gebauten Macro- nucleus und einen sehr ansehnlichen Mieronucleus. Weiter kam ein sehr kleines Exemplar (Fig. 22) zur Beobachtung, welches im Ganzen nur acht sehr kurze breite Stacheln besaß und deutlich das charakteristische Vor- und Zurückklappen derselben zeigte. Dieses Exemplar könnte vielleicht aus einer Theilung hervorgegangen sein, doch ist dies recht fraglich. Hastatella radians schwimmt meistens in Kreisen und ziemlich langsam herum, wobei die Stacheln rückwärts gerichtet sind (Fig. 23). Wenn sie stehen bleibt, so haftet sie sich gewöhnlich mit dem Hinter- ende fest. Der Stillstand erfolgt auf Einziehung des Diseus, zugleich werden die Stacheln nach vorn bewegt, und zwar die vorderen um einen Winkel von nahezu 180°, die hinteren um 90° (Fig. 44). Das Thier sieht dann einer Heliozoe sehr ähnlich. Kommt es im Schwim- men mit einem anderen Thier in Berührung, oder stößt es auf einen harten Gegenstand, so steht es augenblicklich still und sträubt plötz- lich die Stacheln, wesshalb diese als Schutzorgane gedeutet werden durften. Will Hastatella weiter schwimmen, so erfolgt dies mit einem Ruck, was auf heftigem Zurückklappen der Stacheln beruht. Die Cilien strudeln bei geöffnetem Peristom fortwährend kleine 660 R. v. Erlanger, Körperchen und Bakterien herbei, aus welchen gewöhnlich auch die Nahrung besteht. Bei der beschränkten Anzahl von freischwimmenden Vorticellen, welche bis jetzt bekannt ist, scheint ein Vergleich mit denselben am Platz, und es fordern einige eigenthümliche Gebilde, welche bei Hasta- tella beschrieben worden sind, ebenfalls zu einem Vergleich mit ähn- lichen bei anderen Vorticellinen vorhandenen heraus. Zunächst unterscheidet sich Hastatella von.den freischwimmen- den Vorticella-Arten und den Urceolarinen durch den Mangel eines hinteren Wimpernkranzes und des terminalen Myonemenkegels, welcher den Vorticellen nach ihrer Ablösung zukommt, und stimmt dagegen in dieser Hinsicht mit Gerda und Astylozoon überein. Übrigens soll der hintere Wimpernkranz bei der unter dem Namen Telotrochidium crateriforme von Kext beschriebenen frei- schwimmenden Vorticelle nicht selten undeutlich sein. Die Borste, welche das Hinterende von Hastatella trägt, dürfte wohl mit den zwei terminalen Borsten, die EnetLmann bei Astylo- zoon fallax beschrieben hat, homolog sein, ist aber keineswegs eine Springborste, wie es EnGELmann für die Borsten von Astylozoon angab. Der Knopf dagegen, auf welchem die Borste sitzt, erinnert an ein Ge- bilde, welches sich bei Epistylis umbellaria und Vorticella microstoma findet, nämlich an einen Pfropf, welcher anscheinend den oberen Theil des Stieles ausfüllt, aber bei Ablösung vom Stiel am Kör- per der Vorticelline bleibt. Die für Hastatella charakteristischen Stacheln dürften vielleicht den Borsten (Cirren, FAsre) vergleichbar sein, welche bei Cycelochaeta Jackson (Leiotrocha serpularum und Cyelocyrrha ophistrieis FABre) dicht über dem hinteren Wimpernkranz stehen. Diese Borsten sollen nach FaABRE-DAumErGuE lang und an der Basis verdickt sein, beim ausgestreck- ten Thiere zurückgeklappt dem Körper anliegen, beim zusammenge- zogenen über die adorale Zone.nach vorn ausgestreckt werden. Es könnten diese Borsten möglicherweise auch einfache Aus- wüchse des Körperprotoplasmas sein, ohne die ansehnliche Dieke der Stacheln von Hastatella zu erreichen. Die Bewegungen, welche FABRE an den Borsten von Cyelochaeta beobachtet hat, stimmen jedenfalls ganz mit denen des vorderen Stachelkranzes von Hastatella überein. Bei Durchforschung der Litteratur; über Infusorien stieß ich nur auf eine einzige Angabe, welche sich möglicherweise auf Hastatella beziehen könnte. Sie findet sich bei Perry, welcher ein Infusorium unter dem Namen Actinosphaera volvens beschreibt und abbildet, von dem er Folgendes sagt: »Es kriecht nicht, sondern schwimmt, der Zur Kenntnis einiger Infusorien, 661 Leib ist klein, kugelig, mit einigen fast steifen unregelmäßigen Fort- sätzen. Mit graugrünen Kugeln im Inneren, wahrscheinlich Konferven- sporen. Die Fortsätze scheinen sich äußerst wenig zu verändern, und ihre verschiedene Länge durch verschiedene Projektion bedingt zu sein. In der Regel steif ausgereckt, ein paarmal schwach bewegt. Drehung um verschiedene Achsen. Durchmesser 1/49——!/as" -« Die beigegebene Abbildung ist zu mangelhaft, als dass sich etwas Bestimmtes darüber aussagen ließe. Die Größenverhältnisse würden ungefähr stimmen, falls nur die kleinere Zahl berücksichtigt würde, eben so die Angaben über die Fortsätze; dagegen beobachtete ich nie- mals gefärbte Kugeln im Inneren. Zum Schluss sei es mir gestattet, Herrn Professor Bürscauı, welcher diese Untersuchung anregte und fortwährend leitete und unterstützte, meinen innigsten Dank auszudrücken. Heidelberg, den 14. November 1889. Erklärung der Abbildungen. Folgende Bezeichnungen bedeuten durchweg: Mp, Mundspalt; Ma, Macronucleus; Mi, Micronucleus; Cv, kontraktile Vacuole; R, Reusenapparat; alv, Alveolärschicht; Az, adorale Zone. Tafel XXIX. Fig. 4ı—8. Actinobolus radiansStein. Fig. A. Ein ausgestrecktes freischwimmendes Exemplar von der Seite gesehen, die Tentakel sind eingezogen. P, Porus der kontraktilen Vacuole; F, Fetttropfen; N, Nahrungskörper; t, terminale Trichocyste des Tentakels. Fig. 2. Ein zur Kugel zusammengezogenes, stillstehendes, Exemplar, mit aus- gestreckten Tentakeln, Fig. 3. Ein ganz ausgestreckter Tentakel mit einem Theil der Alveolärschicht. Fig. 4. Ein ganz eingezogener Tentakel mit einem Theil der lveolärschicht. Fig. 5. Ein theilweise ausgestreckter Tentakel. Fig. 6, 7, 8. Enden von Tentakeln mit ausgestreckter Trichocyste. Fig. 9—44., Chlamydodon mnemosyneStein. Fig. 9. Ein Exemplar von der Rückenseite beobachtet. B, Band. Fig. 40. Ein Exemplar von der rechten Seite beobachtet. Fig. 44. Reusenapparat in seitlicher Ansicht. Fig, 42. Ein Exemplar von der Bauchseite und etwas von links beobachtet. Fig. A3a. Körperchen, welche das Band zusammensetzen, von der Fläche; b, von der Kante gesehen. Fig. 44. Ein etwas gepresstes Exemplar von der Bauchfläche gesehen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, XLIX. Bd. 43 F £ 1 i es 662 R. v. Erlanger, Zur'Kenntnis einiger Infusorien. Fig. 15—18. Phascolodon vorticellaStein. i Fig. 45. Mund und Reusenapparat von Phascolodon vorticella von oh gesehen. p, Schlundplasma. Fig. 16. Ein Exemplar von der Bauchseite. rw, rechter, Iw, linker Wulst. Fig. 17. Ein Exemplar von der linken Seite gesehen. Fig, 418. Ein Exemplar von dem Rücken gesehen. Fig. 19—24. Hastatella radians v. Erlanger. | Fig. 49, Ein Exemplar in seitlicher Ansicht. b, Borste; Z, Zapfen; Kn, Knopf; hK, hinterer Stachelkreis; S, Stachel; Pw, Peristomwulst, das Peristom ist ge- öffnet. ar Fig. 20. Ein Freönnplan von oben gesehen.. Sp, adorale Spirale. . Das Peristom ist fast geschlossen. | | Fig. 24. Ein. Exemplar in seitlicher Ansicht mit geschlossenem Peristom, My, Myoneme; vst, Vestibulum; Oes, Ösophagus; Nv, Nahrungsvacuole. Fig. 22. Kleines Exemplar (vielleicht aus einer Theilung hervorgegangen ?). Fig, 23. Schwimmendes Exemplar. = ' Fig. 24. Adorale Zone von oben gesehen. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems Erster Beitrag. Das Kleinhirn. Von A. Kölliker. Mit Tafel XXX— XXX. Unsere Kenntnisse vom feineren Baue des Cerebellum haben durch die Untersuchungen von Gocı ungemein große Fortschritte gemacht und kann von dieser Zeit an eine neue Epoche datirt werden. Die wesent- lichsten Errungenschaften, die wir diesem Forscher verdanken!, sind folgende: | (#808 4) PurkınJe’sche Zellen. Die bekannten Methoden von Gotcı gestatteten zum ersten Male die ungemein reichen Verästelungen der sogenannten Protoplasmafortsätze dieser Zellen aufzudecken und zu- gleich den Beweis zu erbringen, dass dieselben keine Verbindungen unter einander eingehen. Gotscı ist der Ansicht, dass die oberflächlich- sten dieser Ausläufer an die bindegewebige Begrenzung der Molekular- schicht des Organs und an die Gefäßwandungen sich ansetzen, hat sich dagegen über die tiefer gelegenen Endigungen nur in so fern aus- gesprochen, als er dieselben weder in Nervenfasern, noch in ein nervö- ses Netz übergehen lässt. | An den Achseneylinderfortsätzen dieser Zellen hat Gorcı die sehr wichtige Entdeckung gemacht, dass dieselben, wie diejenigen der Pyra- midenzellen des Großhirns, eine gewisse Zahl feiner seitlicher Ausläufer abgeben, welche sich verästelnd wenigstens zum Theil in die Mole- kularschicht zurücklaufen, zum Theil in der Körnerschicht sich ver- breiten. 2) Kleine Zellen derMolekularschicht. Dieselben werden durch die Gorsrschen Methoden, entgegen den Angaben vieler Autoren, i Sulla fina anatomia degli organi centrali del sistema nervoso. 1886. p. 64 —80. Tav. V—XI. | 13* 664 A. Kölliker, mit Bestimmtheit nachgewiesen, finden sich in der ganzen Dicke der betreffenden Lage in nicht unbedeutender Zahl, sind in der Gestalt mannigfachen Wechseln unterworfen und besitzen neben verästelten Ausläufern einen Achsencylinderfortsatz, über dessen genaueres Ver- halten Gorsı meldet, dass derselbe sich fein verästele und in sehr ver- schiedenen Richtungen verlaufe, unter denen besonders die horizon- tale hervorgehoben wird, welche die tiefsten Fasern in der Nähe der Körnerschicht häufig zeigen, von denen dann nicht selten vertikale, gegen diese Lage verlaufende ästige Fasern sich abzweigen, deren Ende nicht erkannt wurde. 3) Kleine Zellen der Körnerschicht. Diese Gebilde wurden von Gousı zuerst mit Bestimmtheit als Nervenzellen erkannt. Die Achsencylinderfortsätze derselben sind sehr zart, doch wurden in ein- zelnen Fällen seitliche Ausläufer derselben und auch Verbindungen dieser Fortsätze mit Nervenfasern gefunden. Die Protoplasmafortsätze dieser Zellen theilen sich spärlich, sind kurz und scheinen wie in kleinen Körnerhaufen zu enden, die immer mehreren Zellen gemein- schaftlich zukommen. 4) Größere Zellen der Körnerschicht. Finden sich beim Menschen mit spindelförmigem Zellenkörper, bei Säugern mehr rund- lich polygonal, sind im Ganzen spärlich und zeichnen sich durch die außerordentlich zahlreichen Verzweigungen des Achseneylinderfort- satzes aus. 5) Die markhaltigen Nervenfasern anlangend, so ist das wichtigste, von GoLeI erwähnte Faktum, dass viele derselben schon in der weißen Substanz, vor Allem aber in der Körnerschicht und Moleku- larschicht sehr reichlich sich verästeln, so dass deren letzte Endigungen ein dichtes Geflecht bilden, dessen Einzelnheiten nicht zu verfolgen sind. Mit diesen Verästelungen hängen nach Goıcı zusammen: 1) die Nervenfortsätze der kleinen Zellen der Körnerschicht, 2) die seitlichen Ausläufer derer der Purkınse’schen Zellen, 3) die Nervenfortsätze der kleinen Zellen der Molekularschicht. Als eigenthümlichsten Theil die- ses Geflechtes schildert Gorcı die Theile, die in den Grenztheilen der Körner- und Molekularschicht sich finden und viele gröbere und feinere horizontal verlaufende Elemente darbieten. Neben Goreı ist dann vor Allem Ramon y CasaL zu nennen, der mit der schnellen Erhärtungsmethode von Goeı (chromsaures Kali mit Osmium und Silber) eine Anzahl wichtiger Thatsachen auffand', für ! Rivista trimestrial de Histologia normal y patolögica. No. 2, Aug.1888, p. 33 —42; Taf. VI; Nr. 3 y 4, März 4889, p. 407—1448, Taf. XII; Intern. Monatsschr., Bd. VI, Heft 4 u. 5, p. 158—474, Taf. XVII, XIX. er ETW Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. |. 665 welche die Belege bei dem letzten anatomischen Kongresse in Berlin gegeben wurden. Die hauptsächlichsten dieser neuen Erfahrungen sind folgende: 4) Kleine Nervenzellen des Stratum granulosum. Die verästelten Fortsätze dieser Zellen enden mit einem kleinen Büschel dicht stehender kurzer Äste, wogegen die Achsencylinderfortsätze ohne Ausnahme in die Molekularschicht aufsteigen und in dieser in feine longitudinale (den Windungen parallel verlaufende) Elemente über- gehen, die diese Lage in ihrer ganzen Dieke einnehmen und überall zwischen den Ausläufern der blattförmig verzweigten, in der Querrich- tung der Windungen stehenden Purkinse’schen Zellen durchziehen. Nachdem die genannten Achsencylinderfortsätze senkrecht in die Mole- kularschicht eingetreten sind, theilen sie sich in dieser in verschie- denen Höhen unter rechten Winkeln in je zwei longitudinale Fäserchen von 0,2—0,5 u, die nach einem Verlaufe von 0,2—0,8—1,0 mm ohne Verästelung frei enden. Die Zahl dieser varieösen longitudinalen Fäser- chen ist so groß, dass Querschnitte der Windungen durch dieselben fein und dicht punktirt, senkrechte Längsschnitte und tangentiale Schnitte dicht längsstreifig erscheinen. In sehr seltenen Fällen zeigen - die Achseneylinderfortsätze der betreffenden Zellen mehr als zwei longitudinale Ästehen, oder zweigen sich von den longitudinalen Fasern senkrechte Fäserchen ab, deren Bedeutung nicht erkannt wurde. 2) Kleine Nervenzellen der Molekularschicht. Die be- merkenswertheste Thatsache, welche Ramön y CGasar über diese Ele- mente aufgedeckt hat, ist die, dass die Achsencylinder aller tiefen, d.h. der Körnerschicht näher gelegenen solchen Elemente in eigenthümliche Büschel oder Körbe sich fortsetzen, welche die Körper der PurkinJE- schen Zellen umfassen und wie Hüllen für dieselben bilden. Diese Achseneylinder sind, wie die betreffenden Zellen selbst, wesentlich in der Querrichtung der Windungen ausgedehnt, kreuzen sich somit mit den eben erwähnten longitudinalen Fäserchen und bilden eine spär- lichere, aber von stärkeren Elementen gebildete Querfaserung, die besonders in der tiefen Hälfte der Molekularschicht ausgesprochen ist. An diese schließen sich dann senkrechte Fasern an, von denen die stärksten absteigenden die Hüllen der Purkınse'schen Zellen bilden, während andere aufsteigende zum Theil zartere solche Fasern von den Körpern der betreffenden Zellen oder von ihren Achsencylinderfort- sätzen senkrecht nach außen abgehen. 3) In der Rinde des Cerebellum fand Ramön y Casar auch beson- dere verästelte Fasern, die aus der Körnerschicht in die Molekular- lage eintreten, von denen er drei Arten annimmt. 666 | | A. Kölliker, a) Fasern, welche aus der Körnerschichtin die Moleku- larlage eintreten und da mit einer verästelten Ausbreitung enden (Riv. trimestrial, Aug. 1888, Taf. VI, Fig. 3; März 1889, Taf. XII, Fig. 5; Internat. Monatsschrift, Bd. VI, Taf. XVII, Fig. 1a f; Taf. XIX, Fig. 10). | Diese Fasern von erheblicher Stärke verlaufen geschlängelt in der Körnerschicht und theilen sich in der Molekularlage in ein Bäumchen von reicher Verästelung bei den Vögeln, minderer Verzweigung bei den Säugern, dessen Äste oft wie aus zwei Fasern bestehen und frei auslaufen. Die Herkunft dieser Fasern blieb Ramön y Casa verborgen, doch konnte er sie in gewissen Fällen bis an die weiße Substanz heran verfolgen. b) Fasern, welche der weißen Substanz entstammend in der Kör- nerschicht sich verästeln und im Verlauf, an den Theilungsstellen und an den Enden, moosartige Anhänge tragen, wesshalb Ramon v Casar dieselben »Fibras musgosas«, Moosfasern, nennt. Abgebildet sind diese Fasern in Riv. trimestrial, März 1889, Taf. XII, Fig. Ad, e. Die Mehrzahl der Fasern, die aus der weißen Substanz in die Körnerschicht treten, sollen diese Beschaffenheit zeigen und die eigenthümlichen Anhänge derselben, besonders bei jungen und neugeborenen Säugern, schön entwickelt sein. Die letzten Enden dieser Moosfasern, von denen jede oft 20—30 Nebenverästelungen besitzt und über einen großen Bezirk _ sich ausdehnt, finden sich verfeinert in der Höhe der PurkınJE'schen Zellen und scheinen in longitudinale Fäserchen überzugehen. Ramon Y CAsAL ist geneigt diese Fasern für sensible Endfasern von Achseneylin- dern peripherischer Nervenzellen zu halten, und stützt sich bei dieser Hypothese auf die von ihm nachgewiesenen Thatsachen, A) dass der Nervus opticus im Lobus opticus der Vögel mit freien 'Verästelungen ende und 2) dass auch die sensiblen Wurzelfasern im Mark in ähnlicher Weise auslaufen. c) Fasern, welche von der Körnerschicht aufsteigend in Nestern (Nidos cerebellosos) enden, die die Purkınse’schen Zellen von innen her umfassen (Riv. trimestr., März 1889, Taf. XII, Fig. 1a, b, ce). Bei neugeborenen und jungen Säugern fand Ramon v Casar beson- dere Umhüllungsfasern der Purkınse'schen Zellen, die von spärlich ver- ästelten Fasern abstammten, die aus der Körnerlage von innen her an die genannten Zellen treten und dieselben mit einem dichten Faserfilz umgeben. Sollte dieses Netz auch bei erwachsenen Geschöpfen sich finden, so würden die Purkınye’schen Zellen von zwei Seiten -her von Fasern umsponnen werden, einmal von den eben erwähnten Fasern aus, und zweitens von den absteigenden Büscheln der Achsencylinder- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 667 fortsätze der kleinen Nervenzellen der Molekularschicht, die oben sub 2 erwähnt wurden, eine Anordnung, die vorläufig ganz räthselhaft erschiene. | | 4) Von den Zellen des Cerebellum erwähnt Ramön v Casa außer dem sub 1 und 2 Gemeldeten noch Folgendes: a) Die Achseneylinderfortsätze der Purkınse’schen Zellen haben unter ihren Nebenausläufern auch solche, die, wie schon Gorsı dies beschrieben hatte (Hauptwerk p. 67), in die Mölaklfrächicht zU- rücklaufen. b) Von den großen Zellen der Körnerschicht, die wir durch Gorer genauer kennen, beschreibt Ramon v Casar den Achsen- eylinderfortsatz, eben so wie Goısı, ungemein reich verästelt (Riv. trimestr., März 1889), Taf. XII, Fig. 2f und 9). 5) Von den markhaltigen Fasern desGerebellum erwähnt Ramon y Casar keine Verästelungen. | Mit Bezug auf die Frage, welche von den Fasern, welche die Gote1- sche Methode nachweist, markhaltig seien, vermuthet derselbe, dass möglicherweise hierher gehören einmal die letzten Enden der »Fibras musgosas«, und zweitens die in die Molekularschicht einbiegenden Äste der Achseneylinderfortsätze der Pursinse’schen Zellen, welche beide in die markhaltigen longitudinalen Fäserchen der Molekularlage übergehen könnten. Für marklos hält Ramön y Casar die Achsencylin- der der Körnerzellen, diejenigen der kleinen Zellen der Molekularlage und der großen Zellen der Körnerlage. In Betreff der oben unter 3 a und ce erwähnten Fasern äußert sich Ramon v CAsar nicht. Als Belege für seine neuen Beobachtungen über den Bau des Cerebellum hatte Rımön y Casa beim Anatomenkongresse in Berlin im Oktober 1889 eine Reihe Präparate aufgestellt, welche mir, nament- lich für die wichtigen Punkte 2 und 3, vollbeweisend erschienen. Später erhielt ich durch die Güte dieses Gelehrten eine Reihe von Prä- paraten, die bei sorgfältiger Durchmusterung mich noch mehr von der Richtigkeit vieler seiner Angaben überzeugten. Hierauf nahm ich meine eigenen älteren, nach der langsamen Methode von Gorsı mit chrom- saurem Kali und Höllenstein hergestellten Präparate vor und fand dann an denen vom Menschen, von denen die kleinen Zellen der Molekular- schicht mir schon längst bekannt waren, auch die Ausläufer derselben, welche korbartig die PurkınJe’schen Zellen umgeben. Dagegen waren die kleinen Zellen der Körnerschicht und ihre Ausläufer, die longitudi- nalen Fasern der Molekularschicht, hier nirgends deutlich. Anders verhielt sich die Sache bei der Katze, bei der fast ohne Ausnahme _ die longitudinalen Fasern der Molekularschicht deutlich waren, und auch 668 A. Kölliker, die kleinen multipolaren Zellen der Körnerlage, von denen dieselben ausgehen, sehr zierlich zur Beobachtung kamen. Außerdem wurden viele neue Präparate nach der schnellen Methode von Goeı (chrom- saures Kali und Überosmiumsäure und Höllenstein), die Ramon v CasaL besonders lobt, dargestellt und an diesen bei der Katze und zum Theil auch beim Menschen viele wichtige Strukturverhältnisse der Rinde des Cerebellum nachgewiesen. Immerhin muss auch ich der Klage mich anschließen, dass diese Präparate oft misslingen, und dass nur selten an Einer Stelle alle wesentlichen Theile gefärbt gefunden werden, während allerdings häufig Präparate gewonnen werden, die hier die Purkınje'schen Zellen, dort die kleinen Körner- zellen und longitudinalen Fasern, wieder an anderen Orten die kleinen Zellen der Molekularlage, die transversalen Fasern und ihre Faserkörbe deutlich zeigen. Am leichtesten färben sich die Purkınae’schen Zellen, die Gliazellen der weißen Substanz und die longitudinalen und trans- versalen Fasern der Molekularschicht, am schwierigsten die kleinen Zellen der Körnerlage und der äußeren Theile der Molekularschicht, dann die großen Zellen der Körnerlage. Ferner beachte man, dass die Silberniederschläge, welche alle diese Elemente deutlich machen, ungemein wandelbare Bildungen sind, und bald stärker, bald schwächer auftreten. Im Allgemeinen habe ich nur Elemente mit den zartesten, aber noch zusammenhängenden Niederschlägen als naturgemäße angesehen, alle anderen bis zu einem gewissen Grade als Abweichungen. Anders ausgedrückt habe ich bei allen Zellen und Fasern, die gut und zusammenhängend gefärbt waren, nur diejenigen mit den geringsten gefundenen Durchmessern als den natürlichen Bildungen entsprechend aufgefasst. Ferner wurden Vari- cositäten, unregelmäßige Anschwellungen etc. im Allgemeinen nicht beachtet. Im Übrigen erwäge man, dass man ja bei manchen Elemen- ten, wie bei den Purkınae’schen Zellen, den Pyramidenzellen des Groß- hirns, den multipolaren Zellen des Markes, die alle leicht sich isoliren lassen, Gelegenheit hat, natürliche Objekte mit Präparaten, die nach der Gorsrschen Methode angefertigt wurden, zu vergleichen und sich davon zu überzeugen, dass die letztere in vielen Fällen ganz sichere Ergebnisse liefert. In neuester Zeit habe ich auch ältere Embryonen, neugeborene und junge Thiere von Säugern untersucht, und bei diesen zum Theil sehr schöne Ergebnisse erhalten. Vor Allem möchte ich betonen, dass bei solchen Geschöpfen durch die Gorer’sche Methode nieht nur Nerven- zellen mit ihren verschiedenartigen Fortsätzen, sondern auch Nerven- fasern sich färben, die noch nicht markhaltig sind. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 669 Den Nachweis dieser Thatsache verdanken wir Ramon y Casaı, der bei seinen Untersuchungen über das Rückenmark von Embryonen des Hühnchens und von Säugethieren (Riv. trimestrial, März 1889, Fig. 79) die Beobachtung machte, dass ein guter Theil der Längsfasern aller Stränge, und viele unter rechten Winkeln von denselben in die graue Substanz abgehende Seitenästehen sich färben. Ich kann diese unge- mein wichtigen Erfahrungen, die ein ganz neues Licht auf die Be- ziehungen der Elemente des Rückenmarks zu einander werfen, nach allen Seiten bestätigen, und werde in einem zweiten Artikel Gelegen- heit haben, genauer auf dieselben einzugehen. Mit Bezug auf die Frage, die ich hier berührte, wird übrigens noch weiter zu ermitteln sein, ob die Gorer’sche Methode nicht auch unter Umständen feine bereits markhaltige Fasern färbt, worüber unten mehr. Von marklosen Fasern, die durch dieselbe sich schwärzen, nenne ich nach meinen neuesten Erfahrungen noch diejenigen des Sympathicus des Kalbes. Da die neuen Beobachtungen von Ramön y CasaL über das kleine Gehirn noch von Niemand bestätigt, oder auch nur überhaupt ge- würdigt wurden, und selbst diejenigen von GoLcı nur von Wenigen nachuntersucht worden sind, so wird es wohl nicht als überflüssig er- scheinen, wenn ich im Folgenden meine eigenen Erfahrungen über den feinsten Bau des Cerebellum, so weit dieselben für einmal gehen, mittheile. 1) Kleine Nervenzellen der granulirten oder rostfar- benen Lage oder kleine Körnerzellen. Diese Elemente habe ich bis jetzt nur bei der erwachsenen Katze genauer untersucht, und zwar sowohl an Präparaten, die nach der langsamen Methode von Goreı dargestellt, als auch an anderen, die nur kurze Zeit mit der Mischung von chromsaurem Kali und Osmiumsäure, und dann mit Silber behandelt worden waren. In beiderlei Präparaten, vor Allem aber schön an den ersteren, fand ich diese Nervenzellen genau so, wie sie Ramön y Casar beschreibt, mit kurzen Protoplasmafortsätzen und langen nervösen Ausläufern, wie ich der Kürze halber die Achsencylinderfortsätze in Zukunft nennen will. Die Fig. 1 4—4 zeigt vier solche Zellen aus Gehirnen, die langsam behandelt worden waren, an denen die Protoplasmafortsätze (p) als 40—A0 u lang, meist einfach und an den Enden kurz ästig erscheinen. Der nervöse Fortsatz (n) ent- springt gewöhnlich von einem der anderen Fortsätze (Fig. I 2, 3, 4), nur selten von dem Zellenkörper (Fig. I 7) und dringt mit geschlängeltem Verlaufe und als sehr feiner kaum messbarer Anhang nach außen in die molekuläre Lage. An solchen Präparaten sind in der Regel nur ver- einzelte kleine Körnerzellen gefärbt, so dass dieselben sich leicht in 670 A. Kölliker, ihren Einzelnheiten verfolgen lassen, doch findet man auch Stellen, an denen allem Anscheine nach zwei, drei und mehr Zellenkörper wie zu einem größeren dunklen Körper zusammengebacken sind, von dem dann eine größere Anzahl der typischen nervösen und verästelten Fort- sätze ausgehen. Eine Färbung aller oder der Mehrzahl der Körner und ihrer Ausläufer sah ich an solchen Präparaten nie, wohl aber erzielte ich eine solche an den rasch behandelten Objekten, in denen dann die rostfarbene Lage so aussah, wie die Fig. 2 es wiedergiebt, Präparate, die dann natürlich weniger geeignet waren, um die Einzelverhältnisse der kleinen Nervenzellen zu prüfen. Der Nachweis des genaueren Verhaltens der nervösen Fortsätze der genannten Zellen ist eine der wichtigsten Errungenschaften, die wir Ramön v CasaL verdanken, und kann ich auch hier nicht anders, als vollkommen mit ihm übereinzustimmen. Es ist an geeigneten Präpara- ten durchaus nicht schwer, die fraglichen nervösen Fortsätze bis in die Molekularschicht zu verfolgen (Fig. 3) und nachzuweisen, dass dieselben hier zu longitudinalen Elementen sich umgestalten, nachdem sie vorher in zwei Ästchen sich getheilt haben, von denen jedes mit dem Stämmchen einen rechten Winkel bildet (Fig. 4). Eben so erkennt man an vielen Orten, dass diese longitudinalen Fäserchen da und dort scheinbar frei enden, und hier und da gelingt es auch ein Fäserchen der Art von der Theilungsstelle an weit bis zu seinem scheinbaren Ende zu verfolgen und seine Länge zu bestimmen, die Ramön v Casır zu 0,8 bis 1,0 mm angiebt, und die ich bei der Katze für den einen der Theilungs- äste auf 0,20—0,42 mm bestimmte. Hierbei muss allerdings noch be- sonders betont werden, wie dies auch Ramön v Casar thut, dass die scheinbaren freien Enden dieser Elemente möglicherweise doch keine solchen sind, indem sich unmöglich bestimmen lässt, ob das Silber diese Fäserchen in ihrer ganzen Länge gefärbt hat. An dünnen Schnitten erscheinen diese Elemente auch oft kürzer, weil ihre Enden abge- schnitten sind, und darf man an solchen keine Bestimmungen ihrer Länge versuchen. Die Menge dieser longitudinalen Fäserchen ist an guten Präparaten des Cerebellum der Katze eine ungemein große, und zeigen longitudi- nale senkrechte und tangentiale Schnitte von Windungen dieselben in Gestalt einer sehr dichten und feinen Streifung (Fig. 5) von Fäserchen, die meist. geschlängelt und zart varieös erscheinen und die ganze Dicke der Molekularschicht bis in ihre äußersten Lagen durchsetzen. Eben so genaue Aufschlüsse über diese Elemente geben Querschnitte der Windungen, an denen diese Fäserchen als feine Pünktchen oder Strichelchen sich darstellen, die alle Zwischenräume zwischen den Ben. Zur feineren Anatomie-des centralen Nervensystems, I. 671 Verästelungen der Purkinse’schen Zellen einnehmen. In beiden solchen Schnitten kommen auch die senkrecht aufsteigenden Stämmchen der longitudinalen Fäserchen zum Vorschein, und an’ Längsschnitten auch deren Theilungen. Ausnahmsweise kommen an diesem longitudinalen Fasersysteme auch besondere Verhältnisse vor. Als solehe mache ich mit Ramon Y Casır namhaft erstens das Auftreten von Ästehen an den senkrechten Stammfasern innerhalb der Molekularlage, welche in longitudinale Fäserchen übergehen, und zweitens das Vorkommen von scheinbaren Stammfasern, die unter rechtem Winkel nur in Eine longitudinale Faser übergehen. Rumön y Casar denkt daran, dass eine solche Faser auch ein Ende einer longitudinalen darstellen und — da er dieselbe nie mit einer kleinen Körnerzelle in Verbindung sah, wohl aber bis gegen die weiße Substanz verfolgte — vielleicht in eine markhaltige Faser dersel- ben übergehen könnte. Noch mache ich in Betreff dieser longitudinalen Fäserchen auf Folgendes aufmerksam. Am leichtesten färben sich dieselben in den innersten Theilen der Molekularschicht, bis etwa zur Hälfte derselben, seltener in der ganzen Dicke dieser Lage. Ferner treten die Färbungen häufig nicht gleichmäßig, sondern stellenweise auf, so dass zwischen größeren oder kleineren Bündeln derselben Strecken vorkommen, in .denen gar keine solchen Fäserchen gefärbt sind. Endlich beachte man, dass gewisse Schnitte diese Fäserchen als scheinbar senkrecht in der Molekularschicht aufsteigende zeigen, und zwar alle Querschnitte der Enden von Windungen. Sind diese so auffallenden longitudinalen Fäserchen und die ner- vösen Fortsätze der kleinen Nervenzellen der rostfarbenen Lage über- haupt markhaltig? Ramon v Casar hat dies, wie wir oben sahen, ver- neint, und auch ich kann nicht anders als diese Frage als noch nicht spruchreif bezeichnen, doch soll dieselbe später bei Schilderung der markhaltigen Fasern des kleinen Hirns ausführlich zur Besprechung kommen. 2) Die rostfarbene Lage des kleinen Hirns enthält außer kleinen auch größere, von Goısı entdeckte multipolare Zellen (s. oben). Bamon v Casar hat diese Zellen bestätigt und die Verästelungen ihres nervösen Fortsatzes eben so reich gefunden wie Gorsı. Ich kenne diese Zellen von der Katze, von Bebzuug des Rindes und Schwei- nes und von jungen Hunden (Fig. 3, 14—16) ebenfalls, es ist jedoch nicht leicht ihre Ankisenbyiinilerfaiteäfteer so weit zu verfolgen, wie die genannten Forscher und zeigt Fig. 44 den schönsten Fall der Art, den ich sah. So viel ich finde, sind diese großen Körnerzellen, wie 673 A, Kölliker, ich dieselben heißen will, eher spärlich, wenigstens findet man an manchen größeren guten Schnitten keine einzige, andere Male aller- dings auch mehrere beisammen, wie in der Fig. 3. Dieselben sind weit kleiner als die Purkınse’schen Zellen, liegen entweder an der äußeren Grenze der Körnerschicht, zum Theil fast in: einer Höhe mit den Purkinse’schen Zellen (Fig. 3, 15), zum Theil mitten in dieser Lage drin (Fig. 16), oder selbst an der inneren Grenze derselben gegen die weißen Markblätter zu. Von einem eckigen Zellenkörper gehen nach verschiedenen Seiten drei bis sechs und mehr verästelte Fortsätze aus, die theils zwischen den Körnern verlaufen, theils in die Molekular- schicht hineinziehen, und in derselben oft weit nach außen zu ver- folgen sind (Fig. 16), außerdem aber auch, wie ich einmal in den tiefe- ren Theilen des Cerebellum wahrnahm, in die weiße Substanz eindringen können (Fig. 15). 3) Von den Nervenzellen der Molekularlage des Cerebel- lum verdienen vor Allem die kleinen Nervenzellen dieser Schicht mit Rücksicht auf die neuen Angaben des spanischen Forschers, die ich nicht umhin kann, als wesentlich richtig anzuerkennen, alle Beachtung. Ich theile die Nervenzellen dieser Lage in zwei Gruppen, größere und kleinere, von denen die ersteren im Allgemeinen die innere tiefere, die anderen die äußere Hälfte der betreffenden Schicht einnehmen. Während diese letzteren den gewöhnlichen Bau multipolarer Nerven- zellen besitzen (Fig. 11), zeigen die anderen ein sehr auffallendes Ver- halten des nervösen Fortsatzes, der, wie Gorcı und Ramon Y CaJaL ent- deckt haben, transversal verlaufend in einer gewissen Entfernung der Grenzliniezwischen Molekular- und granulirter Schicht folgt, jedoch dies- seits der Körper der PurkınJe' schen Zellen, d. h. oberflächlicher als diese gelegen ist. Diese transversale Faser nun giebt nach Ramön y Casa unter rechten Winkeln Fortsätze nach innen ab, die mit zahlreichen Veräste- lungen die PurkınJe’schen Zellenkörper korbartig umhüllen. Abbildungen sprechen besser als Worte, und verweise ich zunächst auf die Fig. 7 bis 10, welche vier nach der Natur getreu dargestellte solche Elemente von der Katze darstellen. Die Körper der betreffenden Zellen messen 20—25 u und sind meist in die Länge gezogen, auch wohl drei- bis fünf- und mehreckig mit querstehendem größerem Durchmesser. Außer dem nervösen Fortsatze n entsenden dieselben eine gewisse Zahl von Proto- plasmafortsätzen (pr), welche, meist nach außen tretend, in gewöhn- licher Weise sich verästeln und fein auslaufend, zum Theil bis in die äußersten Lagen der Molekularschicht sich erstrecken. Der sogenannte nervöse Fortsatz Ramön v Casar’s ist eine sehr eigenthümliche Bildung. Fein am Zellenkörper beginnend, wird derselbe in seinem horizontalen Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 673 und transversalen Verlaufe bald um das Zwei- bis Vierfache und mehr dieker und streicht in langem Verlaufe über den Purkinse’schen Zellen- körpern hin, um denselben von Stelle zu Stelle Äste abzugeben, wie die Fig. 7—A0 dies darstellen. Diese senkrechten absteigenden Äste (p) gehen bald mit einer starken, bald mit einer feinen Wurzel ab, zeigen Anfangs häufig gröbere Verästelungen und enden schließlich alle so, dass jeder Ast und jedes Ästehen in ein ganzes Büschel oder einen Pinsel von Endfasern (fk) sich umgestaltet, welche die Purkinse'schen Zellen korbartig umgeben und in ihrem genaueren Verhalten schwer zu enträthseln sind. Nach Allem, was ein sorgfältiges Studium dieser »Faserkörbe« oder Faser- pinsel mir ergab, möchte ich glauben, dass die Zweigelchen derselben unter einander sich nicht verbinden, sondern frei enden. Ebenfalls nicht leicht zu ermitteln sind die Beziehungen der Faserkörbe zu den Purkinse’schen Zellen. Mir scheinen, wie Quer- und Längsschnitte lehren, die beiderlei Theile nur juxtaponirt zu sein, so jedoch, dass die Körbe nicht immer genau nur die Zellenkörper umgeben, sondern häufig mit einzelnen Ausläufern noch weiter in die Körnerschicht ein- _ dringen und deren Achseneylinderfortsatz eine Strecke weit umhül- len. Sehr bemerkenswerth ist ferner, dass, wie Ramön y Casar richtig meldet, sehr oft pinselförmige absteigende Ausläufer mehrerer Zellen an der Bildung Eines Faserkorbes sich betheiligen. Man sieht nämlich nicht selten von verschiedenen transversal verlaufenden nervösen Fortsätzen, die einander parallel über den Purxınse’schen Zellen dahin- ziehen, absteigende pinselförmige Ausläufer zu einem und demselben Faserkorbe sich begeben (Fig. 19) und eben so oft treten (Fig. 8) mehrere Faserpinsel, die einer und derselben Zelle angehören, zur Bildung Eines Faserkorbes zusammen. Ramön y Casar ist der Ansicht, dass die betreffenden Zellen nur Einen Fortsatz besitzen, der Faserkörbe bildet, und habe auch ich in allen Fällen, in denen eine sichere Beobachtung sich anstellen ließ (Fig. 7—A0), die Verhältnisse so gesehen. Außer den absteigenden, an der Bildung der Faserkörbe sich be- theiligenden Ausläufern, geben die nervösen Fortsätze der fraglichen Zellen, wenn auch nicht häufig, doch hier und da nach der Oberfläche der Molekularschicht zu zartere Fortsätze ab, die wie gewöhnliche Protoplasmafortsätze sich verhalten (Gorsı, Tab. Xla; Ramon y CasaL, Taf. XVII, Fig. 5a, in der ein einziger solcher Fortsatz gezeichnet ist, Taf. XIX, Fig. 6 mit drei, Fig. 9 mit fünf solchen Ausläufern; meine Fig. 9 mit einem solchen Ästchen p"). Querschnitte der Windungen des Gerebellum, an denen die fraglichen Bildungen durch Silber gut gefärbt, die Purkınse’schen Zellen dagegen nur unvollkommen ausgeprägt sind, ergeben, wenn dieselben nicht zu fein sind, eigenthümliche Bilder (Fig. 18). In der tieferen Hälfte der Molekularlage zieht sich über den Purkinse’schen Zellen ein Gewirr von transversalen und vertikalen Fasern hin, untermengt mit einzelnen kleineren mehr querstehenden Zellenkörpern. Die queren Fasern liegen oberflächlicher und können sogar die Mitte der Moleku- larlage erreichen, während die vertikalen nach der Körnerschicht zu ausstrahlen, und bevor sie diese erreichen, zu eben so vielen Faser- körben zusammentreten, als Purkinse’sche Zellen da sind. Diese Faser- körbe bilden in der Grenzzone beider Lagen der grauen Substanz eine ununterbrochene Reihe von kegelförmigen Gebilden (fk), deren Spitze gegen die Körnerlage gerichtet ist, und deren Basis in die von den Querfasern ausgehenden absteigenden Fasern sich auflöst. Die Zellen, die an der Bildung der eben beschriebenen Faserkörbe sich betheiligen, .die der Einfachheit wegen Korbzellen genannt werden sollen, gehören, wie schon bemerkt, den tieferen Gegenden der Molekularschicht an, ohne dass sich eine bestimmte Grenze an- geben lielie, bis zu welcher sie gehen. Als Anhaltspunkt möge dienen, dass bei der Katze, bei einer Breite der Molekularschicht von 0,36 bis 0,45 mm die oberflächlichsten transversal verlaufenden nervösen Fort- sätze der Korbzellen in einem Abstande von 0,14—-0,18 mm von der Körnerschicht sich fanden. Dieselbe Länge besaßen somit auch die ab- steigenden pinselförmigen Ausläufer dieser Fasern, während die kürze- sten Faserpinsel nicht mehr als 0,054 mm maßen. Die Zahl der trans- versalen Elemente der nervösen Fortsätze ist in dünnen Querschnitten der Molekularschicht sehr wechselnd. In einigen Gegenden finden sich nur zwei oder drei, in anderen fünf, sechs und mehr, und’eben so ist auch die Menge der Korbzellen sehr verschieden. Jedenfalls richtet sich die Menge dieser Elemente nach der Zahl der Purkın)r’schen Zellen, und ist daher spärlicher, wo diese selten sind, wie im Grunde der Furchen. Außerdem mögen auch noch andere Varianten vorkommen, namentlich in der Länge der nervösen Fortsätze und der Zahl ihrer Pinsel. Diese Länge ist jedenfalls sehr erheblich, wie auch die Abbil- dungen von Goıcı und Ramön y Cayar lehren, und maß ich solche von 0,6 mm. Da man jedoch nie eine solche Faser von ihrem Anfange bis zum Ende zu verfolgen im Stande ist, so ist auch vorläufig die wirk- liche Länge derselben nicht zu bestimmen. Wirkliche Enden der trans- versalen Fasern sieht man übrigens häufig genug, und’sehen dieselben so aus, wie das rechte Ende der transversalen Faser der Fig. 8. Beim Menschen messen die Korbzellen 11—-20 u, die Molekular- Zur feineren Anatomie, des centralen Nervensystems. I. 675 lage 0,15— 0,40 mm, und der Theil dieser Schicht, in welchem trans- versale Fasern sich finden, 0,12—0,22 mm. Dieselbe Länge haben somit auch die längsten Pinselfasern, während die kürzesten 0,07 bis 0,08 mm betragen. Die Länge der transversalen Fasern, die hier in der Regel feiner sind als bei der Katze, scheint beim Menschen größer zu sein als bei der Katze, wenigstens fand ich hier Fasern von 0,95 mm Länge, ohne behaupten zu können, dass dieselben in ihrer ganzen Aus- dehnung erhalten waren. Nach Beschreibung dieser merkwürdigen Korbzellen, ihrer Aus- läufer und den Faserkörben liegt es nahe, die Frage aufzuwerfen, ob dieselben wirklich nervöse Elemente darstellen, als welche Ramön vr Casar und auch, so weit dieselben ihm bekannt waren, GoLcı sie be- trachten, oder Gliazellen und erinnert man sich bei dieser Gelegen- heit, dass bereits GIErkE von Neurogliahüllen der Purkınye’schen Zellen spricht!. Da durch Silber nach Gousr’s Methoden Neuroglia-Elemente und Nervenzellen sich färben, so ist eine Entscheidung nicht leicht und - bleibt eine solehe in erster Linie dem Takte und der Erfahrung des Einzelnen überlassen. Von dieser Seite her stelle ich mich entschieden auf die Seite von Gorsı und Ramön y Casar, doch möchte ich auch noch an Thatsächlichem Folgendes beibringen. Erstens finden sich zwischen den Korbzellen und den übrigen kleinen unzweifelhaften Nervenzellen der Molekularlage des Cerebellum, abgesehen von dem Vorkommen der Faserkörbe, alle Übergänge, und haben auch die ersteren oft lange transversale Fortsätze (s. bes. Ramön y Gasar, Taf. XVII, Fig. 5). Zweitens haben die Gliazellen ohne Ausnahme zahlreichere, von allen Seiten abge- hende Äste mit langen, meist spitzwinkeligen Verzweigungen; drittens endlich sind die Korbzellen, wie Nervenzellen, an GoLer'schen Präparaten tief schwarz, Gliazellen mit röthlichem oder gelbbraunem Schimmer. Ich deute somit die Korbzellen als Nervenzellen und füge noch bei, dass auch Gierke Andeutungen derselben gesehen zu haben scheint. Denn am angegebenen Orte erwähnt er auf p. 186 bei Gelegenheit der Schilderung der kleinen Nervenzellen der Molekularschicht, dass diese Elemente in der Nähe der Purkinse’schen Zellen zahlreicher und größer seien, vielfach einen ovalen Zellenkörper besitzen, und dass ihre stär- keren Ausläufer bestimmte Richtungen einschlagen. Offenbar hat GIERKE mit diesen Bemerkungen Ramön y Gasar’s und meine Korbzellen im Auge, und betone ich daher noch ganz besonders, dass GIErRKE eine Verwechslung dieser Zellen mit Gliazellen für ganz unmöglich erklärt. Wenn nun auch die Korbzellen Nervenzellen sind, so stellen ! Die Stützsubstanz des centralen Nervensystems, II. Theil. in: Archiv für mikr. Anat, Bd. XXVI. p. 188, 676 RR A. Kölliker, dieselben jedenfalls Bildungen ganz eigener Art dar, indem sonst nir- gends so eigenthümliche Beziehungen von Ausläufern von Nervenzellen zu anderen solchen Zellen nachgewiesen sind. Es ist dies jedoch sicherlich kein Grund gegen diese Deutung, indem gerade die neuen Untersuchungen über den Bau der Netzhaut und auch über das Gehirn (man vgl. nur die wichtigen Mittheilungen von Rımön y Casar über den Bau des Lobus opticus der Vögel) lehren, dass wir noch viel Auffallen- des von einem weiteren Eindringen in dieses Gebiet zu erwarten haben. Und im Rückenmark bilden ja, wie Ramon y Casar entdeckt hat, die seitlichen Äste der Nervenfasern der hinteren Stränge (die Fibras cola- terales de conexion von Ramön y Casar), nachdem sie die gelatinöse Substanz von RoLanno durchsetzt haben, schließlich feine Verästelun- gen, welche die multipolaren Zellen in ähnlicher Weise umgeben wie die eben beschriebenen Faserkörbe der Korbzellen die Purkınse’schen Zellen (Riv. trimestr., März 1889, p. 91, 92), Angaben, die ich am Mark von Säugethierembryonen vollkommen bestätigt finde, und auch auf die Fibras colaterales der Fasern der Vorder- und Seitenstränge aus- dehnen kann. Eine große Zahl der kleinen Nervenzellen der Molekularschicht des Cerebellum nimmt an der Bildung der Faserkörbe keinen Antheil, und zählen hierher im Allgemeinen die Zellen der äußeren Hälfte dieser Lage, und wie es scheint auch einzelne tiefer gelegene, die einfach wie multipolare Zellen sich verhalten (Fig. 12). Ein nervöser Fortsatz scheint an allen diesen Zellen vorhanden zu sein, doch weiß ich, eben so wie Gorsı und Ramon y Casar, vorläufig nichts Näheres über densel- ben zu berichten, und habe auch bis anhin keine Verästelungen des- selben gesehen. Die Faserkörbe sind bei der Katze und auch beim Menschen leicht nachzuweisen, und einer von den Theilen, die zur Darstellung am wenigsten Schwierigkeiten machen, abgesehen von ihren Beziehungen zu den betreffenden Zellenkörpern, deren Nachweis nur an glücklichen feinen Schnitten gelingt. k) Die Purkınse’schen Zellen werden mehr nur der Vollstän- digkeit wegen abgehandelt, und gebe ich hier das Bild eines der schön- sten der von mir gesehenen solchen Elemente vom Menschen (Fig. 13). Merkwürdigerweise erhält man diese Zellen, wie schon die Abbildungen von Goısı lehren, aus dem Gehirn des Menschen nach dem langsamen Gorsrsschen Verfahren in wunderbarer Schönheit, und habe ich bis jetzt bei keinem Thiere Besseres gesehen. Am schönsten sind dieselben, wenn sie allein oder etwa noch mit einzelnen Korbzellen oder trans- versalen Fasern gefärbt sind, und sieht man dann oft die Ausläufer ganz glatt ohne die Unebenheiten, Spitzchen und Körnchen, die sie häufig Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. 1. 677 ‚sonst besitzen. Von den Ausläufern betone ich, wie Gorsı, dass die- selben nicht anastomosiren. Ihr Ende findet sich fein auslaufend einmal in der ganzen Dicke der Molekularschicht, und dann in der Nähe der äußeren Oberfläche der Windungen, wo dieselben meist bogenförmig sich umbiegen. Verbindungen mit der Pia oder den Ge- fäßen vermochte ich nicht nachzuweisen, eben so wenig mit den longi- tudinalen Fäserchen, d. h. den nervösen Fortsätzen der kleinen Körner- zellen. In Betreff der Stellung der Purkinsr’schen Zellen hat, so viel ich ermitteln konnte, Herne! zuerst nachgewiesen, dass die Verästelungen derselben so zu sagen in einer einzigen Ebene sich ausbreiten und somit blattförmig sind, und dass diese Blätter ausnahmslos in der Quer- richtung der Windungen stehen. Später haben Denissenko?, KAHLER in Toıpr's Gewebelehre, OBErsteiner (Anleitung zum Studium des Baues der nervösen Centralorgane, 1888, p. 325), und vor Allem Ramon y CasaL . diese Angaben bestätigt, welcher letzte Autor auch die ersten guten Abbildungen longitudinaler und tangentialer Schnitte der betreffenden Zellen gab. Über die Stellung der Körper der Purkınse’schen Zellen geben tiefe tangentiale Schnitte gute Auskunft, welche zeigen, dass die- selben in der Längsrichtung etwas näher beisammen stehen als in der Querrichtung und nicht in regelmäßigen Reihen angeordnet sind (siehe auch Hente, 1. ce. Fig. 161). Die nervösen Fortsätze der PurkınJe’schen Zellen sind von Gorcı so vorzüglich beschrieben worden, dass ich seinen Angaben nichts bei- zufügen im Stande bin, und wie Ramon y Casar dieselben einfach be- stätige, nur möchte ich hervorheben, dass auch ich Seitenäste dersel- - ben sehe, die in die Molekularschicht zurücklaufen (Fig. 13). 5) Von den dreierlei Fasern, die Ramön y CasaL als in der Körner- und Molekularschicht sich verästelnd beschreibt, scheinen mir die oben sub a und b erwähnten zusammenzugehören und dem Systeme von Nervenfasern zu entsprechen, das Gorsı aus den Markblättern in die Rinde ausstrahlen lässt (Tab. XIa). Ähnliche Fasern finde auch ich bei Erwachsenen und bei Embryonen, Neugeborenen und jungen Säu- gern sind in den Markblättern an Goerschen Präparaten eine bald größere, bald geringere Anzahl von Fasern gefärbt, die ich nicht umhin kann für Nervenfasern zu halten. Diese oft varicösen schwarzen Fasern (Fig. 21) zeigen schon innerhalb der Markblätter einzelne spitzwinke- lige Theilungen (a), und sobald dieselben in die Körnerschicht einge- I Anatomie. Bd. III. 2. Abth. 1871. p. 230, 2 Archiv für mikr. Anatomie. 1877. p. 221. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLIX. Bd. LA 678 A. Kölliker, treten sind, lösen sie sich alle in reichliche feine Verästelungen auf, die die Körnerschicht durchziehen, und zum Theil hier, zum Theil in den tieferen Theilen der Molekularlage zu enden scheinen, d.h. frei auslaufen und nicht weiter gefärbt sind. An vielen Präparaten zeigen diese Endigungen außer leichten Varicositäten nichts Besonderes, an anderen, vor Allem bei Erwachsenen, knotige oder buschige Anschwel- lungen, wie die Fibras musgosas von Ramon y Casar, doch kann ich nicht umhin, solche Bildungen für Kunstprodukte zu halten. Wäre meine Deutung dieser Objekte richtig, so würde somit immerhin ein guter Theil der Fasern der Markblätter des Gerebellum in der grauen Rinde in Verästelungen übergehen, die möglicherweise beim Erwachsenen zum Theil marklos, zum Theil markhaltig sind. Die dritte Kategorie von Fasern von Ramön vY CaJar (s. oben), welche die von ihm sogenannten Nidos cerebellosos um die PurkinJe'schen Zellen bilden, kenne ich bis jetzt nur von einem einzigen Präparate von Rımön y GAJAL von einem jungen Hunde, das an einigen wenigen Stellen solche Bildungen zeigt, und ist es mir vorläufig unmöglich, über dieselben ein Urtheil abzugeben. 6) Markhaltige Fasern des Gerebellum. Von diesen Fa- sern habe ich, eben so wie von denen der Rinde des Cerebrum in meiner Mikr. Anat. II, 1 S. 447, 477 die erste genauere Beschreibung gegeben, was ich wiederholt hervorzuheben mir erlaube, da für das große Gehirn immer wieder v. Exner als derjenige genannt wird,. dem dies zuerst gelungen sei. An dem angegebenen Orte habe ich gezeigt, dass wenn Schnitte von Chromsäurepräparaten mit verdünnten kaustischen Al- kalien behandelt werden, alle dunkelrandigen Elemente der grauen Hirnrinde, selbst die feinsten, zur deutlichsten Anschauung kommen, und wurden damals nach solchen Präparaten am großen Hirn die ober- lächliche Faserlage und die zahlreichen inneren horizontalen Faserzüge und am Cerebellum das Fasernetz der Substantia ferruginea und das weite Eindringen feinster Fasern in die Molekularschicht beschrieben und zum Theil abgebildet. Auch wenn man nicht darauf ausgeht, Priorität zu beanspruchen, so findet man sich doch nicht gerade angenehm berührt, wenn man sieht, wie die junge Generation über einen hinwegschreitet und wie wenig dieselbe in der Geschichte unserer Wissenschaft orientirt ist. Früher war dies anders und würde es auch jetzt keinem Histologen schaden, wenn er stets auf Hrnxıe's Allgemeine Anatomie, auf Leynıc’s Arbeiten und auf meine Mikro- skopische Anatomie zurückginge, mancher anderen nicht zu gedenken! Dies sine ira et studio. Wie die Sachen jetzt liegen, besitzen wir zum Nachweise mark- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. 1. 679 haltiger Fasern die vorzüglichen Methoden von Weigerr und Par und das durch Fıecnsiıe eingeführte japanesische Rothholz und ist es jetzt relativ leicht, deren Verlauf zu verfolgen. In den Markblättern des Cerebellum verlaufen die dunkelrandigen Fasern, die zu den feineren gehören und verschiedentlich mit feinsten Elementen gemengt sind, im Wesentlichen einander parallel in der Ebene der Blätter der weißen Substanz. Wo dann an den Rändern und Seitenflächen der Windungen graue Substanz an die Markblätter anstößt, lösen sich von denselben einzelne Fasern und Faserbündel ab, um in die rostfarbene Lage eindringend, dieselbe in ihrer ganzen Dicke zu durchziehen und in ihr den längst von mir beschriebenen feinen und dichten Plexus zu bilden, der die Granula in seine Maschen aufnimmt (Fig. 14). Anders gestalten sich die Verhältnisse in der Tiefe der Furchen, indem hier die Markblätter vorwiegend bogenförmige Fasern zeigen, die ähnlich denen des großen Gehirns wie Kommis- surenfasern der einzelnen Windungen darzustellen scheinen, und nur spärliche Fasern an die rostfarbene Substanz abgeben. Untersucht man den Plexus dieser Substanz genauer, so findet man, dass derselbe eine gewisse Zahl gröberer Fasern enthält, die mehr gerade gegen die Mo- lekularschicht verlaufen, Elemente, die unzweifelhaft einem guten Theile nach Fortsetzungen der Achsencylinderfortsätze der Purkıinse’schen Zellen sind. Auf der anderen Seite ist jedoch nicht daran zu denken, dass der Plexus der rostfarbenen Lage und somit auch die Markblätter einzig und allein aus solchen Fasern bestehen, wie Henze vermuthet; vielmehr ist sicher, dass derselbe noch eine Unmasse anderer markhaltiger Fasern enthält, die in die Molekularschicht eindringen. Verfolgt man nämlich den Plexus bis gegen die Purkinse’schen Zellen hin, so findet man, dass seine Elemente dicht unterhalb der Zellen in eine Lage von Querfasern übergehen, welche an Querschnitten der Windungen als eine ganz zusammenhängende erscheint (Fig. 14, 17), an tiefen Tangentialschnitten dagegen aus getrennten Querbündeln besteht, die durch zahlreiche feine Brücken zusammenhängen. Längsschnitte ver- vollständigen das Bild und zeigen die Querbündel im Durchschnitte in Gestalt nicht scharf begrenzter runder Ansammlungen von Punkten (Fig. 19). f Von diesen oberflächlichen Querbündeln aus entwickeln sich dann eine Menge schief und gerade aufsteigender feiner Fasern (Fig. 17, 20), welche die Purkınse'schen Zellen umfassend und zwischen den- selben durchziehend, in die Molekularschicht eintreten und in dieser zumeist eine ganz bestimmte Richtung einschlagen und zwar die lon- gitudinale. An reinen Querschnitten erscheinen somit diese Ele- hh* 680 A. Kölliker, mente als Pünktchen, die nach außen und auch zwischen den PurkinJE- schen Zellen liegen, und an Längsschnitten der Windungen findet man eine Zone parallel der Oberfläche der Windungen verlaufender Fä- serchen (Fig. 19). Außer diesen Elementen finden sich jedoch ohne Ausnahme auch eine gewisse Zahl radiärer, gerade oder leicht schief aufsteigender markhaltiger Fäserchen in der Molekularschicht, über deren Menge es nicht leicht ist, sich eine richtige Vorstellung zu verschaffen. Im Allgemeinen sind dieselben an reinen Querschnitten selten, häufig dagegen an Längsschnitten der Windungen. Doch können dieselben auch an Querschnitten häufiger sein (Fig. 20), ja selbst allein vorkommen, letzteres jedoch nur dann, wenn ein solcher Schnitt das Ende einer Längswindung trifft. In Betreff der Verbreitung dieser markhaltigen Fäserchen in der Molekularschicht, so haben mir neue Untersuchungen wesentlich Ande- res ergeben, als früher. Es ist zwar richtig, dass dieselben am zahlreich- sten und schönsten entwickelt im inneren Fünftheile oder Viertheile der Molekularschicht sichfinden, doch fehlen dieselben auch in den äußeren und selbst den oberflächlichsten Lagen dieser Schicht nicht, wenn auch zuzugeben ist, dass dieselben hier meist nur vereinzelt und nur an den besten Präparaten zur Anschauung kommen. Ich habe so theils ra- diäre, theils longitudinale markhaltige Fäserchen in allen Höhen der Molekularlage bis dicht an die Pia gesehen und bin zur Überzeugung gekommen, dass dieselben wahrscheinlich auch in den äußeren Theilen derselben häufiger sind, als die bisherigen Präparate lehren, worüber unten noch mehr. Noch bemerke ich, dass an Weıgerr'schen Präparaten hier und da, obschon im Ganzen selten, in der Molekularlage des Gerebellum auch schwärzlich gefärbte Gliafasern vorkommen, die mit markhaltigen feinsten Nervenfasern verwechselt werden könnten. Solche Elemente sind immer geschlängelt und von gleichbleibendem Durchmesser, wäh- rend die Nervenfasern mehr gerade verlaufen und meist varicös sind. Die große Mehrzahl der markhaltigen Fasern der Molekularlage gehören zu den allerfeinsten, doch kommen auch einzelne etwas stärkere Ele- mente vor, die ich geneigt bin als durch die Niederschläge des Reagens ungebührlich verdickte anzusehen, da eine Vergleichung vieler Präpa- rate nach Weiserr leicht ergiebt, dass auch diese Methode wechselnde Ergebnisse liefert. Verwechselungen von Nervenfasern mit Kapillaren können leicht vermieden werden. Besitzen die markhaltigen Fasern des Cerebellum irgendwo Verästelungen? Solche Verästelungen sind bekannt- lich seit GerLach von verschiedenen Autoren angenommen worden. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 681 Ich muss jedoch bekennen, dass es mir bis anhin nicht möglich war, irgendwo im Cerebellum erwachsener Geschöpfe, außer in der Mole- kularlage (s. unten), solche Verästelungen mit unzweifelhafter Sicher- heit wahrzunehmen. Nichtsdestoweniger halte ich es für wahrschein- lich, dass auch in der rostfarbenen Lage und selbst in den Markblättern Theilungen von solchen Fasern vorkommen und verweise in dieser Be- ziehung in erster Linie auf die oben geschilderten Wahrnehmungen von Gorsı, Ramon v Cara und mir an den Gehirnen junger und erwachsener Thiere, die kaum anders sich deuten lassen, als indem man annimmt, dass wenigstens ein Theil der Fasern der Markblätter und der grauen Rinde Verästelungen zeigen. Der Grund, warum an den markhaltigen Fasern erwachsener Geschöpfe solche Theilungen nicht oder nur schwer nachzuweisen sind, könnte der sein, dass an den Theilungsstellen das Mark fehlt und dass dieselben aus diesem Grunde dem Blicke sich entziehen. Ein solches Fehlen des Markes kommt an peripherischen Nerven an allen Theilungsstellen vor, wie man schon lange weiß, und werden allgemein solche Stellen mit den gewöhnlichen Ranvier’schen Einschnürungen zusammengestellt. Die Frage wäre somit die, ob solche marklose Stellen auch an centralen Fasern vorkommen. Bisher wusste man hiervon nichts Sicheres, nun geben aber die neuesten Er- fahrungen von Ramön y CAsar und von Frecasis eine bestimmte Ent- scheidung. Ranon v Casar glaubt an den markhaltigen nervösen Fort- sätzen der Purkınje’schen Zellen marklose Einschnürungen und bei jungen Geschöpfen selbst interannuläre Kerne gesehen zu haben (Riv. trim. März 1889, p. 116, Tab. XII, Fig. *gh) und Fuecasie beschreibt an den bereits markhaltigen nervösen Fortsätzen der Pyramidenzellen des Großhirns, da wo sie sich theilen oder Seitenäste abgeben, längere marklose Stellen (Sächs. Ber. 1889, p. 328, Fig. 1, 2, 3, 5). Solche scheinbar marklose Stellen habe ich nun in der That an Weıiserr'schen Präparaten an den Fasern der Körner- und Molekularlage nicht selten gesehen, doch bin ich nicht im Stande zu entscheiden, ob solche Fasern natürliche oder vielleicht nur unvollkommen gefärbte waren. Hierzu kommt, dass an gut gefärbten Fasern der Körnerlage, die auf lange Strecken zu verfolgen waren, in der Regel nichts von marklosen Stellen sich fand. ; Die letztgenannten Thatsachen sind nun übrigens nicht hinrei- chend, um das Vorkommen von Fasertheilungen in den inneren Lagen des Gerebellum als unmöglich erscheinen zu lassen, um so mehr, da ich in der Molekularlage beim Menschen und der Katze an Präparaten nach WeiGert solche Theilungen wirklich beobachtet habe. Und zwar bis jetzt allerdings nicht häufig, aber doch in 13 Fällen, die alle in der 682 A. Kölliker, Figur 41 wiedergegeben sind. Wenn man bedenkt, wie schwer die Nervenfasern in dieser Lage auf eine größere Länge sich färben, und dass ich nur die Fälle aufnahm, die mir ganz sicher erschienen, und viele mehr oder minder zweifelhafte ausschloss, so wird meiner Beob- achtung doch ein gewisses Gewicht nieht abgesprochen werden können. 7) Ich erwähne nun noch kurz die Elemente der Neuroglia des CGerebellum, deren genauere Kenntnis wir vor Allem Gorsı und Ramon y Casar verdanken. In der weißen Substanz finden sich allerwärts zahlreiche große sternförmige Gliazellen, die mit verästelten und ungemein langen Ausläufern zwischen den Nervenfasern verlaufen und überall auch an die Gefäße sich ansetzen. In der Körnerlage finden sich ähnliche Sternzellen in geringerer Menge und kleiner, und außerdem an der Grenze gegen die Molekular- lage kleinere und größere verlängerte Elemente derselben Art, die ihre verästelten Ausläufer als lange, parallele, sehr zahlreiche Fasern durch die ganze Molekularschicht bis zur Oberfläche derselben senden, um da an der inneren Oberfläche der Pia mit einer kleinen keulenförmigen Anschwellung zu enden. Außer diesen durch die Gorsr'schen Methoden nachweisbaren Neuroglia-Elementen finden sich wahrscheinlich noch andere, vor Allem in der Molekularschicht und der Körnerlage, mit Bezug auf welche ich auf die vorzügliche Arbeit von GIERKE verweise. 8) Zum Schlusse könnte nun noch die Frage nach dem Zusam- menhange der bis jetzt bekannten Elemente der Rinde des Gerebellum aufgeworfen werden, dieselbe bietet jedoch solche Schwierigkeiten dar, dass ich mich für einmal nicht entschließen kann, eine Beantwortung derselben zu versuchen und mich damit begnüge, einige Andeutungen als Fingerzeige für weitere Untersuchungen zu geben. Ein erster wichtiger Punkt, den auch Ramön y Gasar berührt hat, ist der, ob und welche von den durch die Gozsr'schen Methoden nach- weisbaren Fasern markhaltig sind. Hierauf ist vorläufig nur für eine Art derselben eine bestimmte Antwort zu geben und zwar für den Hauptstamm der nervösen Fortsätze der Purkınse’schen Zellen. Was dagegen die Seitenäste dieses Stammes betrifft, die zum Theil in die Molekularschicht zurücklaufen, so lässt sich wohl nach Analogie des von FLecusis für das Großhirn Gefundenen vermuthen, dass dieselben ebenfalls markhaltig sind, eine bestimmte Entscheidung werden jedoch möglicherweise erst Präparate mit japanesischem Rothholze geben, mit deren Herstellung ich eben beschäftigt bin. Für möglich halte ich ferner, dass die longitudinalen Fasern der Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 633 Molekularlage, die als Enden der nervösen Fortsätze der kleinen Kör- nerzellen sich darstellen, und diese selbst einem guten Theile nach markhaltig sind. Gegen eine solche Annahme spricht allerdings von vorn herein die gewichtige Thatsache, dass im Allgemeinen die GoLsı- sche Methode nur marklose Fortsätze von Nervenzellen und marklose Nervenfasern (Fasern des Sympathiceus, Anfänge der Achsencylinder- fortsätze der Pyramidenzellen) färbt und markhaltige Fasern ganz un- berührt lässt. Es kommen jedoch von diesem Verhalten auch Aus- nahmen vor, indem z. B. die nervösen Fortsätze der PurkınJe'schen Zellen und auch diejenigen der Pyramidenzellen des Großhirns sehr oft durch Silber und Sublimat nach Gorseı in einer solchen Ausdehnung und mit so vielen Verästelungen sich schwarz färben, dass unzweifel- haft auch markhaltige Stellen in denselben inbegriffen sind, wie dies nun auch durch Frecnsie für die Pyramidenzellen direkt nachgewiesen worden ist. Somit könnten auch die von Ramön y Carar entdeckten longitudinalen Fasern der Molekularlage und die an Weıserr'schen und Kalipräparaten nachweisbaren längsverlaufenden markhaltigen Fasern dieser Schicht identisch sein. Erwägen wir, was weiter für und gegen eine solche Annahme spricht. Zu Gunsten derselben ist anzuführen, dass an sehr guten Präparaten nach WeiGert die Zahl der longitudinalen markhaltigen Fa- sern im tiefsten Viertheil der Molekularlage so beschaffen ist, dass die- selbe ziemlich mit derjenigen der Ramön v Casar’schen longitudinalen Fäserchen sich deckt (Fig. 19). Das Einzige, was stört, ist, dass die Fasern an Präparaten nach WEIGErT meist kurz sind und eine gewisse geringe Länge nicht überschreiten, doch fällt auch das nicht ins Ge- wicht, denn bei anderen Behandlungsweisen erscheinen dieselben gerade umgekehrt sehr lang. Behandelt man Längsschnitte eines in chromsaurem Kali erhärteten CGerebellum mit Kali causticum und wartet man ab, bis die graue Rinde ganz durchsichtig geworden ist, so findet man erstens die genannten Fasern viel zahlreicher, und zwei- tens so lang, dass scheinbare Enden nur selten sichtbar sind. Weiter spricht für eine Übereinstimmung der beiderlei Fasern, dass auch an Weıgertr’schen Präparaten in der Molekularlage Fasertheilungen vorkommen, die an diejenigen der Casar’schen aufsteigenden nervösen Fortsätze erinnern, wie ich solche in der Fig. 14 abgebildet habe. Auf der anderen Seite ist nun aber zu bemerken, dass während an guten Präparaten nach Gotcı die longitudinalen Fäserchen die ganze Molekularlage gleichmäßig durchziehen, ein solches Verhalten bis an- hin an den markhaltigen längsverlaufenden Elementen Weiserr'scher 684 A. Kölliker, Präparate in keiner Weise zu erzielen oder nachzuweisen war. Die besten Fälle der Art, die ich an Weiserr’'schen Präparaten sah, sind in den Fig. 19 und 20 an einem Längs- und an einem Querschnitte dar- gestellt, und ergeben, dass auch im mittleren Dritttheile der Molekular- lage markhaltige Fäserchen in ansehnlicher Zahl sich finden. Ja selbst im äußersten Dritttheile findet man fast in jedem größeren Schnitte des Cerebellum, wie schon oben mitgetheilt wurde, bis in die allerober- flächlichsten Theile hinein, hier und da ein markhaltiges Fäserchen. Größere Mengen derselben sind jedoch in den zwei äußeren Drittthei- len der rein grauen Rindenlage nie vorhanden und fragt es sich nun, welche Bedeutung dieser Thatsache zuzumessen ist. Und da verdient wohl alle Beachtung, dass alle unsere Methoden noch äußerst unzu- verlässig sind. Selbst die Fäserchen von Ramon y Casır färben sich häufig nur in den tiefsten Lagen der Molekularschicht, und die WEIGERT- sche Methode ist nicht zuverlässiger. Zeigt dieselbe doch häufig in der Molekularlage gar keine dunkelrandigen Fasern an, und wo dieselben sichtbar sind, finden sich dieselben nie in größerer Länge zusammen- hängend gefärbt. Und dass die vereinzelten kurzen Fäserchen der Fig. 19 auch nur für eine unvollkommene Färbung Zeugnis ablegen, braucht gar nicht besonders betont zu werden. Allem zufolge halte ich es somit nicht gerade für unmöglich, dass die ganze Molekularlage von dunkelrandigen longitudinalen und von senkrecht aufsteigenden, mit ihnen verbundenen Fäserchen durchzogen ist, die den Ramön y Gasar’schen longitudinalen Elementen entsprechen, ohne jedoch in dieser schwierigen Frage einen entscheidenden Aus- spruch thun zu wollen. Angenommen, diese Hypothese sei richtig, so bliebe immer noch die schwierige Frage zu erledigen, wie die besprochenen longitudinalen Fäserchen enden. Was Goısr'sche Präparate in dieser Beziehung leh- ren, ist oben sub 1 bereits erwähnt. Weıicerr'sche Präparate sind in dieser Beziehung noch unbestimmter, indem dieselben ja die mark- haltigen Fäserchen der Molekularlage noch weniger zuverlässig dar- stellen, und so sehe ich mich veranlasst, auch in dieser Beziehung für einmal eines Urtheiles mich zu enthalten. Giebt es außer den erwähnten Quellen noch andere zur Ableitung der markhaltigen Fasern der Rinde des Cerebellum? Ich glaube ja, und meine nicht zu irren, wenn ich annehme, dass ein Theil der Fasern der Markblätter in der Körnerschicht, ein anderer in der Molekular- lage endet. Diese Endigungen könnten in der Körnerlage als freie marklose vorkommen, die theils zwischen den Körnerzellen, theils um die Körper der Purkınse’schen Zellen herum gelegen wären. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. 1. 685 Bei den Nervenfasern dagegen, die in die Molekularlage eintreten, wäre vor Allem an eine Verbindung mit den nervösen Fortsätzen der- jenigen kleinen multipolaren Zellen dieser Lage zu denken, die nicht an der Bildung von Faserkörben sich betheiligen, und würden mit einer solchen Annahme die Zahlenverhältnisse der betreffenden Zel- len und der im Ganzen spärlichen senkrecht und schief aufsteigen- den Nervenfasern dieser Lage nicht übel stimmen. Ob außer solchen Elementen auch frei und marklos endende dunkelrandige Fasern aus den Markblättern unmittelbar in die Molekularlage eintreten, bleibt unentschieden. Auf jeden Fall aber muss eine andere Vermuthung, an die ich mit Anderen früher gedacht, gänzlich aufgegeben werden, die nämlich, dass solche markhaltige Fasern mit den Protoplasmafortsätzen der Purkınae'schen Zellen zusammenhängen, indem die letzten Endi- gungen dieser viel zu zahlreich sind, als dass an solche Beziehungen gedacht werden könnte. Zu den nicht markhaltigen Theilen der Rinde des kleinen Gehirns rechne ich entschieden die transversalen Fasern von GoLsI und Ramön y Casrar und die mit denselben in Verbindung stehenden Faserkörbe um die Purkınae'schen Zellen, indem so eigenthümliche Bildungen bestimmt an Kali- und an Weicerr'schen Präparaten zur Anschauung kommen müssten, wenn dieselben markhaltig wären. Die einzige Möglichkeit wäre die, dass ein kleiner Theil des sogenannten nervösen Fortsatzes dieser Zellen Mark besäße. | Alle frei und marklos endenden Ausläufer von Nervenfasern sind meiner Meinung nach unzweifelhaft als centripetal leitende Ele- mente anzusehen, alle markhaltigen von Zellen entspringenden Fasern als centrifugal wirkende. Verästelte Protoplasmafortsätze von Nervenzellen sind vielleicht zuleitende Apparate, sogenannte ner- vöse Fortsätze von solchen, auch wenn sie nicht markhaltig werden, ableitende. Zu diesen letzteren scheinen, so viel sich bei dem jetzi= gen Stande der Dinge sagen lässt, zu gehören: 1) die nervösen Fortsätze der großen Zellen der Körnerlage und 2) diejenigen der Korbzellen der Molekularschicht. Stelle ich nun noch die Hauptergebnisse meiner Ermittelungen über den feineren Bau des Cerebellum zusammen, so ergiebt sich Fol- gendes: 1) Die Körnerlage enthält außer spärlichen Gliazellen unge- mein viele multipolare Nervenzellen, die kleinen und die großen Körnerzellen. 2) Die ungemein zahlreichen kleinen Körnerzellen besitzen nur kurze, am Ende in kleine Büschel ausgehende Protoplasmafort- 686 A. Kölliker, sätze. Der sehr feine nervöse Fortsatz entspringt meist von einem Protoplasmafortsatze, dringt ohne Ausnahme nach außen vertikal in die Molekularlage ein und theilt sich hier in zwei horizontal und longitu- dinal verlaufende, unverästelte, feine Fäserchen, deren Ende unbekannt ist. Solche longitudinale Fäserchen durchziehen in ungemeiner Anzahl die Molekularlage in ihrer ganzen Dicke und bewirken an vertikalen Längsschnitten eine äußerst dichte parallele Streifung derselben. 3) Die großen Körnerzellen sind im Ganzen mehr vereinzelt und spärlich. Ihre weitverzweigten zahlreichen Prötoplasmafortsätze können tief in die Molekularlage und auch in die Markblätter ein- dringen. Der nervöse Fortsatz ist in einem kleinen Raume ungemein reich verästelt und scheint nicht über die Körnerlage herauszugehen. 4) Die Purxınye’schen Zellen zeigen keine Anastomosen ihrer in der Querrichtung der Windungen flächenhaft ausgebreiteten Proto- plasmaausläufer, sondern nur freie Enden derselben. Der nervöse Fortsatz dieser Elemente giebt eine mäßige Zahl feiner Seitenäste ab, von denen ein Theil in die Molekularlage zurückläuft. 5) Die kleinen Zellen der Molekularlage zerfallen in äußere kleinere und innere oder Korbzellen. 6) Die äußeren kleineren Zellen der Molekularlage zeigen reichverzweigte, oft weitreichende Protoplasmafortsätze und einen nervösen Fortsatz, dessen genaueres Verhalten unbekannt ist. 7) Die Korbzellen besitzen sehr lang und gut verästelte Proto- plasmafortsätze, die zum Theil bis in die äußersten Theile der Mole- kularschicht reichen. Der nervöse Fortsatz ist sehr lang, verläuft als transversale Faser über den Purkınae’schen Zellenkörpern in der Querrichtung der Windungen und sendet von Stelle zu Stelle senk- rechte Ausläufer nach innen ab, von denen einer oder mehrere mit reich und dichtverästelten Ausläufern die Purkınse’schen Zellenkörper korbartig umstricken. 8) Die markhaltigenFasern des kleinen Gehirns erwach- sener Geschöpfe ließen bis jetzt nur in der Molekularlage einzelne Theilungen erkennen. Dieselben bilden in der Körnerschicht ein dichtes Geflecht, in dem an Querschnitten ein bogenförmig unterhalb der Purkınse’schen Zellen dahinziehender starker Faserzug sich findet, der an Längsschnitten in Gestalt vieler transversalen Bündel erscheint. Zwischen den Purkın)e’schen Zellen ziehen dann die markhaltigen Fasern in die Molekularlage ein und verlaufen in dieser theils vertikal, theils und zwar vorwiegend longitudinal, bilden im inneren Dritttheil dieser Lage einen starken Faserzug, kommen aber auch im mittleren Dritttheile noch in ziemlicher Menge vor und fehlen vereinzelt selbst Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. I. 687 in den äußersten Schichten nicht. Ob diese longitudinalen markhal- _ tigen Fasern und die longitudinalen Endfasern der kleinen Körnerzellen dieselben Bildungen sind, ist vorläufig nicht zu entscheiden. 9) In den Gehirnen von Embryonen und jungen Säugern zeigen die Markblätter des Cerebellum eine gewisse Zahl unzweifel- hafter Nervenfasern,- welche schon in diesen einzelne Zwei- theilungen darbieten und mit reich verzweigten baumförmi- sen Theilungen in beiden Lagen der grauen Substanz sich verlieren. 410) Bei Erwachsenen sind die von Gorsı und Ramön v CasaL entdeckten verästelten Fasern, die aus den Markblättern in beide Lagen der Rinde ausstrahlen, wahrscheinlich marklose Nerven- fasern. 14) Keinerlei Faserbildungen, welche die Gorsrsschen Methoden aufdecken, zeigen sichere Anzeichen von Anastomosen und spricht vor- läufig keine Thatsache für die Annahme eines nervösen Netzes in der grauen Substanz. Eben so wenig lassen sich Übergänge irgend welcher Protoplasmafortsätze von Nervenzellen in markhaltige Nervenfasern an- nehmen. Würzburg, 5. Januar 1890. Zusätze. 1) Seit Obiges geschrieben wurde, ist es mir gelungen, auch beim Menschen nach der langsamen Gorer’schen Methode die kleinen Körner- zellen untadelig zu erhalten. Dieselben stimmen im Wesentlichen mit denen der Säuger überein, nur sind die Protoplasmafortsätze zum Theil länger und messen bis 60 und 76 « in der Länge. Die nervösen Fortsätze waren immer kurz abgebrochen und ist es mir beim Menschen noch nicht geglückt, deren Fortsetzungen in die Molekularlage und ihren Übergang in die longitudinalen Fäserchen von Ramon v CayarL wahrzunehmen. 2) Nach einer brieflichen Mittheilung von Ramon y Casar wandeln sich seine Nidos cerebellosos (siehe oben p. 666) später in Faserver- ästelungen um, die längs der Protoplasmaausläufer der Purkınse'schen Zellen in die Molekularschicht eindringen. 688 A, Kölliker, Erklärung der Abbildungen. Tafel ID1.58 “ li IL Plate der | | I | ı Zentschrii uns Zool, Bil MN Fig.2. LPinte del Zat Zeitschr miss. Jool BAÄUK. Nil 5 or Ww 11929 | ASIEN = im My25 #ig.2b 119.21, Fe wer) N) IR ) m Ir AMY “ 15) 2 f } i\ } h Tr Kan u } FigN2 Verlag Wilh.Engelmann inLepaig Erna EA Adolalpan. Be Ä A u a A a a ee SE 19. Lith Anstv E.AFnke,Leipz ubzeit ad nat.del. @ > n 2 ER R Re 5 ya EERETTENTEMU NER EEE TED RZ ru re I w. ” er I. X in Rh IS N nr = > san Is x r , n SE: * Iith, Inst: v Werner &Waster, Frankturt”M. 772277; Engelmann] ea. z. x — | 4 2 Lraskturt®N. re Lith. Anst. vWerner& Winte ee ee u u nn nn = Zeitschrift f ss. Zoologie. BA_NZLIX. , Au 7 dız r EINER NE. % Zu U ra wir, [9 u ee VerLu nein Engelmann, Despzig, \ EEE ERT ET 15 del Ch. Anst.v Werner&Winter FranktartM. Z C del. ÄYA ERER Ps 2 7 riss. /e oologie. Ba. ALIN. mn N I = = = S ER. ZRSEv Werner Winzer FrankturH % 4 Zeitschrift £ 2223 x | . Taf Vo. Iath. Anst ı-Werrer £Minter, FranitartM. Zeitschrift 1 "wiss. Zoologte. BdXLIK. . 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