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A et en un Mn, DW WWW zur in am nit u u u . mm mn nun me an ie Hupe N er in nn ihn na En nl a a a A ne ee ee .. = ng er | ing a De Tu a Mn Le fe Ba Me nie 2 mn in nn Ba im Fr yore en ih nn tn Mo A en Ann ne a en ae - - ne de Pu PN mei P nn x x “ Ken H Br nn u nn Er ee = rc han r _—a an > - un. m. Sin uam en ie a re Lt it. dm er 2 an A Le Fe = 5 u ine man. Den re ER . u ' Gl in .. jur Pr min nn an nn Nude ma m . Min ” mn. Pe >“ nm. . m tu n an + Pr 2 mar Zu m MA Me ne nn ee Te a je ur Fe PEruR WM Fi ben m . Fo age)" wre I Di a - . 0 . - nn nn en a ge je |. Ber = » an L - 5 Pre . “ Dee ZZ u = .- -. BA ni ee un un 0 Re a I I a a Be hm a Rn dr na tn a a Mu nm. u wm. u kn — ih NP ne .- Ten den (Ber an Menge na ne z u a E “ - RG . Br - * u. .m [Eee Te j un - m nf N nr . » - De Da Aug a ner Am Pers * =, x Paar P n u . - z a A “ \ DE vor Dec r t BR - j n she “ ars . > x ” 2 ; ww a Mu r Yan on r '. . un . -_—— m u .n ni r ” - En - . 1 - Du. im bmg I, ner wen . EEE e. . EL ve e. “nm nen “ Due m “ D0 - ® m u B a-mın ‚ 5 ner. 1 IK Sy Zei®hrift für _ ISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professora.d. Universitätzu Würzburg- £ . Professor a. d. Universität zu Göttingen. Hünfzigster Band Mit 32 Tafeln und 16 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 15%. Inhalt des fünfzigsten Bandes. Erstes und zweites Heft. Ausgegeben den 10. Juni 1890. Seite Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beiträgen zur Systematik. Von O. Bürger. (Mit Taf. I—X und 42 Fi- guren im Text.). ; BE: a ee a ee A Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Kolonie- bileness Von A. Ortmann. ‚(Mit Taf. XL.) ... » 22 202 0 200.2 278 Drittes Heft. Ausgegeben den 2. September 1890, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente, Die Spermato- zoen der Insekten. (I. Coleopteren.) Von E. Ballowitz, (Mit Taf. XI bis XV.) Te Be SE Te 317 Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. Von R. Ritter. (Mit Taf. XVL.). . BF 22608 Über den Reifungsprocess des Selachiereies. Von N. Kastschenko. (Mit Beeren... en eigene 628 Biologische Protisten -Studien. II. Von M. Verworn. (Mit Taf. XVII Bnlzschnitten.) - . ... » 2.222020. NE ee . 443 Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. I. Zur Entwicklung und Differenzirung des Keimstreifens von Lumbricus. Von R. S. Bergh. TR Be 63 IV Viertes Heft. Ausgegeben den 10. October 1890. Seite Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. Von O. Maas. (Mit Taf. XNXII—XXI.) . Be Nach 6327 Der Geschlechtsapparat der Taenia echinococcus. Von R. v. Erlanger. (Mit Taf. XXIV.) . Me Be 5): Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. Von O. Seeliger. (Mit Taf. XXV—XXVI u. 1 Holzschnitt.) 2.560 Über drei unterirdische Gammariden. Von A. Wrzesniowski. (Mit Taf. XXVII-XXXIM). nn Se ee u) —————— 22 — —— Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beiträgen zur Systematik. Von Dr. Otto Bürger. Mit Tafel I—X und 12 Figuren im Text. Vorwort. An erster Stelle der vorliegenden Abhandlung sei mir gestattet, Herrn Professor Dr. Euters, meinem hochverehrten Lehrer, in dessen Institut diese Arbeit ausgeführt wurde, meinen herzlichsten Dank für die fortgesetzte Unterstützung und Anregung, welche ich von dem- selben empfing, auch öffentlich auszusprechen. Auch Herrn Dr. Hamann fühle ich mich für manchen freundlichen Rathschlag zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Im ersten Abschnitt der folgenden Abhandlung ist eine Reihe größ- tentheils noch unbekannter Nemertinen, eine schöne Sammlung, welche Herr Dr. Brock das Verdienst hatte während seiner Reise nach dem in- dischen Archipel von 1884—1885 auf Java und Amboina zusammenzu- bringen und wohlerhalten mit’heimzuführen, beschrieben und in das System eingereiht worden. Im zweiten habe ich versucht eine Darstel- lung vom Bau der Nemertinen anzuschließen auf Grund eingehender, besonders histologischer Studien, die theils an denindischen Nemertinen, sodann aber an solchen angestellt wurden, welche Herr Professor EHLERS die Güte hatte, mir von der Zoologischen Station zu Neapel vorzüglich konservirt zu besorgen. Es waren dies: Drepanophorus serraticollis, rubrostriatus (Hsr.), Amphiporus pulcher (McIntosn); Eupolia delineata (Hpr.), Cerebratulus marginatus (Renıer), Langia formosa (Hsr.), Carinella ' annulata (Melntosa), Car. polymorpha (Hpr.). Die ausführlichste Berücksichtigung hat das Nervensystem erfahren, und es hat dies seinen Grund in der mannigfaltigen Entwicklung, welche dasselbe bei den verschiedenen Nemertinentypen zeigt und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bad. 4 2 Otto Bürger, auch darin, dass sich so mancher Anknüpfungspunkt an eine der vie- len Fragen, welche gerade augenblicklich über die feinere Organisation dieses Systems aufgeworfen sind, bot. Es war mir nicht vergönnt, frisches Material zu untersuchen und das Arbeiten mit nur konservirtem legte mir Beschränkungen auf und Hin- dernisse in den Weg, die durch die vielfältigsten Färbemethoden und Maceration nicht immer gehoben wurden. Die indischen Nemertinen sind von Herrn Dr. Brock sämmtlich mit verdünnter Chromsäure getödtet, gehärtet und in Alkohol aufbe- wahrt, in glücklichster Weise konservirt worden. Die Behandlung der- jenigen aus der Zoologischen Station in Neapel ist mir unbekannt. In- dessen färbten sie sich mit allen angewandten Mitteln sehr gut. Es wurde nun mit Boraxkarmin gefärbt, ein Verfahren, das immer recht befriedigende Resultate lieferte, sodann mit dem sehr zu empfehlenden neutralen Karmin; Pikrokarmin, ferner mit Alaun-Hämatoxylin, wässe- rigem Hämatoxylin und Enrricn’s Hämatoxylin. Vor Allem sind die vor- züglichen Doppelfärbungen mit letzterem und Boraxkarmin sehr instruk- tiv. Anilinfarben wurden, um histologische Details klarzustellen, oft angewandt. Eine Nachfärbung besonders der Präparate, die mit Häma- toxylin (EurticHh) gefärbt waren, mit Pikrinsäure nach Nansen’s (58) Methode lieferte schöne Resultate. Das Studium erfolgte an Schnitten, welche in den Hauptrichtungen größere Körpertheile, die nach der ge- wöhnlichen Paraffineinbettungsmethode vorbereitet waren, zerlegten. Wenig günstig verliefen die Macerationsversuche. — Kurze historische Einleitungen sind hauptsächlich solchen Kapiteln vorgesetzt, deren Stoff in neuerer Zeit in einer Specialarbeit be- handelt worden ist. Übrigens ist im Laufe der Darstellung immer wieder an die zahlreichen Werke durch die besonders in jüngster Zeit unsere Kenntnis über den Bau der Nemertinen gefördert wurde, an- geknüpft. Das Schlusskapitel dieser Arbeit beabsichtigt kein Resume der Resultate, sondern stellt eine Vergleichung der Nemertinentypen unter sich und einen Vergleich dieser gesammten Thiergruppe mit den Tur- bellarien und Anneliden an. Einleitung. Schon beim Durchblättern des Atlas, welcher die Nemertinen der brittischen Fauna zu ‚McIntosn’s Monographie (12) kolorirt darstellt, eben so wie bei der Betrachtung jener farbigen Abbildungen, welche SchmarvA (7) von fremdländischen, theils exotischen Formen dieser Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 3 Thierfamilie giebt, oder derjenigen Tafeln, auf welchen die auf der Reise des L’Astrolabe (1) gesammelten Nemertinen zur Anschauung ge- bracht wurden, fallen die prächtigen Färbungen und oft feinen Zeich- nungen auf, welche auch diese Würmer zieren, gleich wie die Turbel- larien oder die buntschillernden polychaeten Anneliden. Auch die diesem Hefte beigegebene, mit dem Pinsel ausgeführte Tafel stellt Individuen in mannigfachem Farbenschmuck dar; sie be- stätigt aber auch eine Wahrnehmung, welche sich dem Nemertinen- forscher leicht aufdrängt, dass nämlich vor Allem die unbewaffneten Formen durch besonders intensive Färbungen ausgezeichnet sind. Bei ihnen wechselt die Grundfarbe vom tiefsten Dunkelgrün bis zum hellen Olive, vom Schwarzbraun, Rothbraun bis zum Orange oder hellem Schwefelgelb mit weißer scharf liniirter Zeichnung oder dunkelbraunen oder selbst goldfarbenen Längsbändern. Diese lebhafte Färbung herrscht bei den verschiedensten Gat- tungen, welches CGerebratulus aurostriatus, Eupolia marmorata und die weiß geringelte Carinella annulata als Beispiele illustriren mögen. Als monoton oder meist ungefärbt sind dagegen die bewafineten Formen zu charakterisiren. So der wachsfarbene Drepanophorus ceri- nus oder sein Verwandter D. latus mit nur zwei kurzen grauen Kopi- streifen gezeichnet und so nur nothdürftig von ersterem äußerlich unterschieden; ferner unsere Prosadenoporiden mit dem unbestimm- ten graubraunen Grundtone, welchen nur bei Prosadenoporus badio- vagatus ein rehfarbenes Rückenband unterbricht, oder die nordischen kleinen fleischfarbigen Amphiporus-Arten. Aber auch durch die Gestalt sind die Anopla den Enopla gegen- über bevorzugt, indem erstere letztere besonders an Länge bedeutend übertreffen. Sie besitzen die Riesenformen der Lineiden, unter wel- chen sich der 15—30’ lange Lineus marinus nach Mcelntos#’s Angabe befindet, ferner gehören hierher die Eupoliiden, von denen selbst noch ein konservirtes Exemplar, Eupolia Brockii, aus unserer Sammlung fast 4 Meter an Länge erreicht. Aber auch Cerebratuliden erreichen eine stattliche Länge, so Gerebratulus albo-vittatus, welcher mehrere Deci- meter lang und über ein CGentimeter breit wird. Die Enopla sind im Allgemeinen kurz und entsprechend dünn, die Prosadenoporiden sind unter denen des indischen Archipels die größten Formen. Die Gestalt der meisten Nemertinen ist in der That eine zu- sammengedrückte, diejenige der langen Formen, wie der Poliiden, ist rund. Vollkommen bandartig ist Drepanophorus latus. Nur in einzelnen Fällen ist die Kopfspitze anders als durch die Zeich- nung abgesetzt. So besitzt Cerebratulus albo-vittatus ein rüsselartig 4* 4 Otto Bürger, abgesetztes, stark ausgeprägtes vorderes Ende; sonst ist ein solches selten auch nur angedeutet. Schon äußerlich sind in der Regel die kleine rundliche terminale Rüsselöffnung, der ventrale mehr oder minder weit von der Kopfspitze entfernte rundliche oder schlitzartige Mund, seitlich die Kopfspalten, falls solche vorhanden, am Kopfe festzustellen. Am hinteren Ende ist terminal der kleine After als rundliche Öffnung bemerkbar. Ohne auf sonstige Äußerlichkeiten einzugehen, welche kaum noch irgend etwas Charakteristisches bieten — zur Bestimmung ist, wenn die Zeichnung des Thieres und die zum Vergleich herangezogene farbige Ab- bildung oder die Beschreibung nicht ein ganz zweifelloses Resultat liefern, immer das Studium des inneren Baues erforderlich — soll nunmehr eine kurze morphologische Übersicht des Körperbaues in der Reihen- folge angeschlossen werden, welche die ausführliche Abhandlung ein- halten wird. | Die Haut der Nemertinen, welche in inniger Verbindung mit einem Hautmuskelschlauch steht, wird durch ein drüsenreiches Flim- merepithel gebildet, das sich auf eine Bindegewebsschicht, eine Basal- membran, stützt. Eine subepitheliale mit besonderen Drüsen aus- gestattete Bindegewebsschicht, welche auch die Trägerin von Pigmenten darstellt und in vielen Fällen Längsmuskeln führt, ist als eine Gutis gedeutet worden. Der Hautmuskelschlauch setzt sich aus Ring-, Diagonal- und Längsfasern zusammen, deren Schichten der Anordnung und Zahl nach bei den Ordnungen und selbst den Familien einer Ordnung variiren. Unter Radialmuskulatur ist die Gesammtheit einzelner Züge von Mus- kelfibrillen verstanden, welche radienartig massenhaft den Hautmus- kelschlauch durchsetzen. Eine Leibesmuskulatur ist die dorsoventrale, welche sich aus einer Ringmuskelschicht ableitet, bei Garinella noch als solche beste- hend. Die Nemertinen sind parenchymatöse Würmer, d.h. Darm, Blutgefäßsystem, Wassergefäß ete. sind in ein gallertiges Gewebe, ein Parenchym, eingebettet. Der Verdauungsapparat, welcher eine selbständige Wandung besitzt und ventral in der Längsachse des Körpers liegt, zerfällt in den stets ventralen, subterminalen vor oder hinter dem Gehirn liegenden Mund, nur in seltenen Fällen fallen Mund und Rüsselöffnung zusammen (z. B. Prosadenoporus), den drüsenreichen, taschenlosen Ösophagus, den mit metameren Taschen ausgestatteten Mitteldarm, den kurzen taschenlosen Enddarm, welcher mit einem terminalen After nach Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 5 außen mündet. Ein Blinddarm erstreckt sich bei den Enopla unter dem Drüsendarm nach vorn. Der Rüssel ist ein ausstülpbarer Sack, welcher durch Waffen makroskopischer Art als Stilette (Enopla), oder solche mikroskopischer (Anopla) als Nesselorgane (Rhabditen) dem Angriff und der Vertheidi- gung dient. Ein Rhynchodaeum bildet das enge mit terminaler Öffnung (stets vor dem Munde liegende) versehene Rohr, durch welches sich der Rüssel aus- und einstülpt. Als eine Art Leibeshöhle fasse ich den Raum auf, in welchem der Rüssel liegt. Er lagert auf dem Darmtractus dorsal und ist vorn und hinten geschlossen. Er steht nicht mit der Außenwelt in Beziehung und führt eine Flüssigkeit mit freien Zellkörperchen. Ich nenne diesen Raum, welcher bei der Gattung Drepanophorus seitliche metamere Blindsäcke besitzt, Rhynchocoelom, diese Rhynchocoelomsäcke. Das Blutgefäßsystem besteht entweder nur aus zwei Seiten- gefäßen (Carinella) oder wie sonst immer bei unseren Formen aus jenen und einem Rückengefäß, das theils im, theils unter dem Rhynchocoelom verläuft. In beiden Fällen verbindet die Gefäßstämme mindestens eine Kommissur in der Kopfregion und eine Analkommissur über dem After. Wir erkennen bei den Enopla einen besonderen Zweiggefäßverlauf um den Schlundraum und am Rhynchocoelom. Das Wassergefäßsystem befindet sich in der Ösophagealregion jederseits aus einem kurzen Kanälchen bestehend, welches durch einen Porus, der die Körperwand durchbricht, nach außen sich öffnet. Die beiden Kanälchen stehen nicht mit einander in Verbindung. Das Nervensystem repräsentiren ein Gehirn und zwei Sei- tenstämme, welche meist in der lateralen Mittellinie in der Körper- ° wand oder im Leibesparenchym verlaufen und vielleicht immer durch eine Analkommissur verbunden sind, als Gentralorgane und ein in alle Körpertheile verzweigtes peripheres Fibrillensystem, das mit jenem verbunden ist. | Gehirn werden die vorderen Anschwellungen der Seitenstämme genannt, die eine unter dem Rhynchocoelom gelegene ventrale Kom- missur vereinigt und zwei auf diesen Anschwellungen ruhende Lappen, welche eine über dem Rhynchocoelom verlaufende dorsale Kommissur verbindet. Die Anschwellungen der Seitenstämme wer- den als ventrale, die oberen Lappen als dorsale Ganglien be- zeichnet. Dem Gehirne entspringen Nerven, die nach Lage und Funktion in Kopf- oder Augennerven, solche der Seitenorgane, großen und 6 | | Otto Bürger, kleinen Rückennerv, Rüsselnerven und Schlundnerven unterschieden werden. Von den Seitenstämmen gehen in metamerer Weise Zweige nach Art der »Spinalnerven« der Anneliden ab. Muskelnerven- schichten nennen wir plexusartige Ausbreitungen nervöser Ele- mente zwischen zwei Schichten (z. B. Ring- und Längsmuskelschicht) innerhalb der Körperwand. In nächster Beziehung mit dem Gehirn stehen die Sinnesorgane, als solche zähle ich auf: Die Augen, das sind mit Ganglienzellen und Nervenendappa- raten ausgekleidete Pigmentbecher. Accessorische, seitliche vor dem Kanal des Seitenorgans be- findliche rein epithekihte Seitengrübcehen, mit einem eigenthüm- lichen Sinnesepithel ausgestattet. Kleine terminale Kopfgruben, welche in der Mehrzahl auf- treten. Auch sie besitzen ein modifieirtes Epithel (Sinnesepithel). Der hinterste Zipfel der die ganze seitliche Kopffläche oder nur ein kurzes Stück derselben einnehmenden Kopf- oder Seitenspalten. Endlich die Seitenorgane (hintere Gehirnanschwellungen, HusrecHt), welche der Hauptsache nach von einem den Kopfspalten entspringenden Kanal (wo solche fehlen, entspringt der Kanal direkt an der Körperoberfläche), der von höchst merkwürdigen Sinneszellen begrenzt wird, und Ganglien und Drüsenmassen, welche mit jenem in unmittelbare Beziehung treten, gebildet werden. Kanal, Gan- glien- und Drüsenzellen hüllt eine bindegewebige Membran wie in eine Schale ein, so dass ein kugeliges Gebilde erzeugt wird, welches entweder im engsten Zusammmenhange mit den dorsalen Gan- glien steht und alsdann nur eine hintere Anschwellung derselben zu sein scheint (fast sämmtliche Anopla), oder selbständig neben diesen liegt, nur durch Nerven mit ihnen verbunden (Enopla). Die Nemertinen sind in der Regel getrennten Geschlechts. Unter den bewaffneten Formen aber werden wir eine Reihe Zwitter zu behandeln haben. Die Geschlechtsprodukte reifen in Säcken, welche metamer mit den Darmtaschen abwechseln und oft bereits vor der Ei- oder Samenreife vorhanden sind. Dieselben kleidet ein Platten- epithel aus. I. Systematischer Theil. Allgemeine Eintheilung der Nemertinen. Von den Nemertinensystemen, welche entstanden, seitdem man diesen Wurmtypus als einen selbständigen den Turbellarien endgültig Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 7 gegenübergestellt hatte, bürgerte sich dasjenige von Max ScauLtze (6) 1852 aufgestellte, und das bedeutend jüngere von Husrecar (18) 1879 begründete in die Lehrbücher ein, und bildete die Grundlage zahlrei- cher wissenschaftlicher Abhandlungen und Beschreibungen, welche die Schnurwürmer betrafen. Augenblicklich ist das Husrecar'sche System, oder genau genommen das SchuLtze-Husrecur'sche System, da letzteres, wie wir sehen werden, nur einen Ausbau des von Max ScauLtze be- gründeten darstellt, das entschieden herrschende. ScHuLtze theilte die Nermertinen ein in: Anopla: der Rüssel besitzt keine Stilette. Enopla: der Rüssel besitzt Stilette. Obwohl diese Eintheilung im Lauf der Jahre nicht völlig Stich ge- halten hat, und wir Nemertinen kennen lernten, deren Rüssel der Be- waffnung entbehrt, obwohl die Organisation sonst durchaus dafür sprach, dass wir es mit einer enoplen Form zu thun hatten, — ich er- innere an Malacobdella, wo das Fehlen der Stilette mit der parasitären Lebensweise dieser Art Hand in Hand gehen wird, oder an Pelago- nemertes, — darf sich dasselbe voraussichtlich dennoch behaupten, da es hohen Anspruch auf Natürlichkeit macht, und es bisher nicht gelang die beiden Ordnungen der Anopla und Enopla durch Übergangsformen zu verbinden. Einen bedeutsamen Beweis hierfür bringt gerade Husrecur's System, welches, wie ersichtlich, nur in einer Zerlegung der Anopla in zwei Gruppen, die nun aber den Enopla-Hoplonemertinen als gleichwerthig gegenüber gestellt werden, besteht: Max ScHaULTzZE: HUBRECHT: Palaeonemertinen Anopla ohne Kopfspalten ohne Waffen | Schizonemertinen mit Kopfspalten Enopla i — Hoplonemerti : mit Waffen p Sue Es wird mithin das Scuurtze’sche System durch das Husrecur'sche keineswegs werthlos, sondern eine Vereinigung beider lässt sich in vorzüglicher Weise erzielen, nur würden natürlich Palaeo- und Schizo- nemertinen zu Unterabtheilungen der Anopla werden. Ob die Drei- theilung der Nemertinen, vom wissenschaftlich-systematischen Stand- punkte aus, eben so ungekünstelt sich ergeben wird wie die ScHurtze’'sche Zweitheilung, wage ich jetzt noch nicht zu entscheiden, zweifellos aber ist mir, dass nicht allein die Dreitheilung der gesammten s Otto Bürger, Nemertinen nach Husrecat unhaltbar ist, sondern dass selbst, wenn man die Palaeo- und Schizonemertinen als Unterabtheilungen der Anopla auffassen wollte, sie mit den Kriterien, welche ihnen ihr Be- gründer beigegeben hat und den Gattungen, welche sie einbegreifen, nicht bestehen Können. f HuBRECHT giebt sein System wie folgt: Nemertini: I. Palaeonemertini. No deep lateral fissure on the side of the head. No stylet in the proboseis. Mouth behind the ganglia. Carinella Cephalotrix Polia Valeneinia. II. Schizonemertini. A deep longitudinal lateral fissure on each side of the head, from the bottom of which a eiliated duct leads into the posterior lobe of the ganglion. Lateral nerves between the longitudinal and inner circular muscular coat of the bodywall. Nervous tissue deeply tinged with hae- moglobine. Mouth behind the ganglia. Lineus Borlasia CGerebratulus Langia II. Hoplonemertini. One or more stylets in the proboscis. Mouth generally situated before the ganglia. Lateral nerves inside the muscular coats of the body-wall. No deep longitudinal fissures on each side of the head. Drepanophorus Amphiporus Tetrastemma Prosorhochmus Oerstedia x1 Nemertes. Prtifen wir nunmehr, auf Grund welcher Eigenthümlichkeiten Huprecht die Trennung der Palaeonemertinen und Schizonemertinen 1 Hierher würde die Gattung Prosadenoporus zu stellen sein. a Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 9 vorgenommen hat, so werden wir nur eine einzige in den vorstehenden Diagnosen finden: Den Besitz der Kopfspalten einmal, den Mangel der- selben ein zweites Mal. Dieses also ist der einzige Unterschied, die Angabe von Nebenpunkten vermisse ich, nach welchen eine Nemertine zur einen oder anderen Ordnung zu stellen ist. Es hat von vorn herein, selbst wenn die Erfahrung in einer großen Reihe von Fällen nicht dagegen spricht!, etwas Verfängliches, eine Eintheilung auf eine solch’ äußerliche, relativ nebensächliche Er- scheinung, wie Existenz oder Abwesenheit der Kopfspalten, zu basiren. Denn, dass die Kopfspaltigkeit resp. Kopfspaltenlosigkeit nicht mit einer wesentlichen Veränderung in der Gesammtorganisation des Thierkörpers oder selbst nur der Seitenorgane Hand in Hand geht, beleuchtet am besten ein Vergleich von Eupolia delineata mit Gerebratulus marginatus. Ich würde zwischen diesen beiden Formen, sobald einer der Rüssel fehlte, nicht einen einzigen durchgreifenden Unterschied in ihrer Organi- sation angeben können. Die Seitenorgane zumal sind bei Eup. delineata bis in die detaillirte Histologie hinein sehr ähnlich denen von C. mar- ginatus entwickelt. Im Bau des Rüssels allein, ausgenommen das Kopf- spaltenkriterium natürlich, bieten sie eine äußerst charakteristische Differenz, welche sich aber nicht auf die übrigen Gattungen der Palaeo- nemertinen verallgemeinern lässt. Finden wir aber, um die niedrigststehende Gattung der Palaeo- nemertinen herauszugreifen, einen durchschlagenden Unterschied zwischen einer Garinella und einem Cerebratulus? Viele statt eines! Da kennzeichnet der Mangel einer Cutis, der einer äußeren Längsmusku- latur, eines Rückengefäßes etc. auf der einen Seite, und der Besitz die- ser Schichten der Körperwand, so wie des unpaaren dorsalen Gefäßes auf der anderen. Dieselben Unterschiede bestehen aber auch zwischen einer Carinella und einer Eupolia, der Bau des Rüssels aber, welcher uns letzteren von einem Cerebratulus zu trennen lehrt, ist auch bei Garinella und Eupolia ein durchaus nicht übereinstimmender. Wir haben uns überzeugt, dass es kein Versäumnis ist, wenn Husrecht dem Kriterium der Kopfspaltigkeit oder Kopfspaltenlosigkeit nicht noch ein anderes ihm parallel laufendes hinzufügte: es existirt eben ein solches nicht. Darf man jedoch erwarten auf der Seite, wo die Kopfspalten fehlen, ein Gebilde, ein Ersatzgebilde, zu finden, welches von charakteristischer 1 Husrecaht berücksichtigt bei Aufstellung dieser Eintheilung 57 europäische Formen, die sich folgendermaßen rekrutirten: Palaeonemertinen 8, Schizonemer- tinen 24, Hoplonemertinen 28. — Palaeonemertinen: Carinella 4, Valencinia 4, Polia 3. 10 Otto Bürger, Gestalt oder Lage nur für die Palaeonemertinen wäre und hier bei allen Formen dieselbe Ausgestaltung gewonnen hat? Auch das ist nicht der Fall. Wir treffen vielmehr all jene Entwicklungsstadien an, welche mit der immer mehr in die Tiefe aus seiner ursprünglich oberfläch- lichen Lagerung rückenden Seitenorgane Hand in Hand gehen. Also: bei den Carinelliden, C. annulata und polymorpha, ein winziges epithe- liales Sinnesgrübchen, bei C. inexpectata einen kurzen zum Gehirn führenden Kanal, welcher die epithelialen-nervösen Elemente und die drüsigen enthält, bei Eupolia delineata, um die vollkommenste Palaeo- nemertine gleich anzuschließen, ein dem oberen Ganglion anliegendes mächtiges komplieirtes Organ, das durch einen engen, äußerst langen Kanal mit der Außenwelt in Verbindung steht. Es fehlt demnach einigen Formen dieser Gruppe der Kanal, welcher sich an Stelle der Kopfspalten entwickelt, bei anderen dagegen unterscheidet er sich in nichts von dem der Hoplonemertinen, bei welchen er eben so wie bei den höheren Palaeonemertinen ausgebildet ist. Inanaloger Weise können wir an einer günstigen Reihe von Schizone- mertinen, selbst bei den Formen einer Gattung Kopfspalten konstatiren, welche lang und tief von der äußersten Kopfspitze bis an die Seiten- organe nach hinten reichen und unmittelbar seitlich an die Kapsel des Gehirns hinantreten, aber auch so flache Buchten, äußerlich sind sie gar nicht auffindbar, welchen ein Kanal entspringt, der zum Seiten- organ führt, dass wir nach ihnen, selbst wenn uns nur Verhältnisse, wie sie Polia delineata in Bezug auf das Fehlen der Kopfspalten bietet, bekannt wären, die betreffende Art unfehlbar zu den Palaeonemertinen, speciell den Eupoliiden stellen müssten. Beide Extreme sind wiederum durch zahlreiche allmähliche Übergänge instruktiv verbunden. Endlich indessen — und es gab dieses Vorkommnis den Anstoß zu der vorliegenden Betrachtung — giebt es Eupoliiden mit so ausge- zeichneten Kopfspalten, dass wir sie, da sie viele Augen haben und sehr lang sind, auf den ersten Blick den Lineiden einreihen würden, um erst nach eingehenden Studien unseren Irrthum zu erkennen. Es besitzt nämlich Eupolia Brockii Kopfspalten, welche selbst denen eines Gerebra- tulus luteus fast an Länge, jedenfalls an Tiefe gleichkommen, diejenigen aber eines Cerebratulus aurostriatus in dieser Hinsicht übertreffen, von dem geradezu kopfspaltenlosen Cerebratulus coloratus ganz zu ge- schweigen. Die Kopfspalten von EupoliaBrockii beginnen in der vorder- sten Gehirnregion und laufen noch mit den Seitenorganen parallel nach hinten, sie sind ca. 0,5 mm lang und durchschneiden zwei Drittel der Dicke der Gewebsmasse der Kopfspitze, welche das Gehirn umgiebt. Den Connex zwischen den Spalten und den Seitenorganen vermittelt, ganz aa Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 11 wie beiden Cerebratuliden mit flachen Kopfspalten, ein kurzer Verbin- dungskanal, welcher das übrige Drittel der Körperwand durchdringt. Auch bei Eupolia marmorata sind kleine Kopfspalten entwickelt. Es ist mithin die Erscheinung der Kopfspalten oder ihre Abwe- senheit nicht auf die Unterordnungen der Schizo- oder Palaeone- mertinen beschränkt, sondern Kopfspaltigkeit und Kopfspaltenlosigkeit schwanken in den verschiedensten Graden der Ausbildung, selbst inner- halb gewisser Familien jener Unterordnungen, und sie geben den schla- gendsten Beweis dafür, dass das Verschwinden und Auftreten der Kopf- spalten nicht von tiefgehender Bedeutung ist, sondern unabhängig von der gesammten Organisation des Körpers, wie ich es vorhin schon dar- zulegen versuchte, sich mit allen möglichen Übergängen vollzieht. Erwies sich die Husrecut’sche Eintheilung schon unter Berücksich- tigung nur der ihr als Basis dienenden Formen wenig natürlich, so ist sie für mich nach Kenntnisnahme der zahlreichen exotischen Nemer- tinen völlig hinfällig geworden. Ich greife auf das ScenuLtze’sche System zurück, ohne aber zu ver- kennen, dass nicht Formen wie Garinina, Carinoma und Carinella, wel- che durch den Mangel einer Cutis und einer äußeren Längsmuskel- schicht von den Eupoliiden, Cerebratuliden etc. scharf getrennt sind, als besondere Gruppe in dem Kreise der Anopla zu sondern wären, in welchem die letztgenannten gleichfalls eine andere Gruppe charakte- risiren. Jene als Palaeonemertinen aufzufassen scheint mir ein nahe- liegender und natürlicher Gedanke. Welcher Gruppe man dann Cepha- lotrix und Valeneinia beifügen müsste, wage ich vorläufig nicht zu ent- scheiden. Specielle Beschreibung. Cerebratulus albo - vittatus (Stimps.) mihi. Syn. Meckelia albo-vittata (Stimps.) (Fig. 4.) Eine wahrscheinlich mit der von Stımpson auf Loo-Choo gefun- denen als Meckelia albo-vittata beschriebenen Nemertine identische Art. Der Fundort unserer zahlreichen Exemplare ist Amboina. Ihre Gestalt ist eine bandartig plattgedrückte. Weder Rücken- noch Bauchfläche sind gewölbt. Das kleinste Individuum maß 6 mm in der Breite und 5 cm in der Länge, das Durchschnittsmaß betrug 10 em zu 8 mm, wurde jedoch beträchtlich von einer Form, welche die Maße 18 cm zu 13 mm besaß, übertroffen. Die auffälligen Kopfspalten sind wohl 4 mm lang. Die Mundöffnung bildet ein sehr langer Schlitz. Der Be ri SuuEREBBER SE" enloday) ” e.10ydodse JIom yoneg ‘neIs uoyony 19I0M93 yaıpmap pun (euioquy) "gr BJesowaewu JIOWIEU uNeIq[oyNunp ‘yaIsJıom fSue] ANSSIWWONUNYON AJESIOP PT PB uogredsjdoy suyo (euloquy) *& 1199044 uopausyoneg pun -uay ope19d pun ST" ZT ps ueyredsrdoy yW -YNy Jouneigfoyunp ‘uneig yoılqlod Zuny ANSSIWLWONJUILUIN HJeSsıop “Ay9Tyosjoysnw -SSURT I9P pun 19S9IP USYISIMZ ulyJLUL JYUOIgOSNI9A U9IOFTNE Jop Aa9Jun 7891] ASSEWU9AION IIA "Ua]y9J USSUNZNaIYJONSnN “yoLy9s -J091 AOdagjnR “Jyaıyospoysnwsdur] pun Jyoryospoysnwäurg “JyO1y9SY9%q AOdduut :sne UOUIWESNZ YOIS 72795 PUEMIOSSNY Old ("1u0g920H) "erpodng II (euroquuy) "yESMIELOTOO UAFLANSSSURT uau (puejtg 19Jy9eMPpAIooN) "0 SmeLsoine -NEIQUIOL 191P u uneiqjog SUn}Io1s u9SunJp4seag A -SZuUP T JOdIq (U9JSUIJ] WI U9P -18/p[03 n aou -neuqjoyunp pusapu» pun pussol u9qOSSap qjeqaogpne !sneury uesIlous}I9S Sep -u9 ogjejaöjdoy alqlasqn ydıs Iy99nS -19 IT ‘0T ‘6 P® — ue -uIy JueZ10us} suol3uedg uofesıop \-ı2s oıp "dsaa sop [eJdız 9aago 10q(uayey sep ue yıuı uneaqlloy su9qnd uneaqgoigggoa|esungasgdoy sl -N2195 9uI9 Y51U1d u9]y9J U98 (puegg JOJy9eMPIOON) '6 -ny 'uoldueg uo] 5 sıq Jy9lU U9JA} Q S (euioqwy) 'g snoynf ateaf-sor ogJeJ98ydoy ad oued Juoypedsjdoy eIq a = u9dunjpjsea9A |-X0USNaS wI AOPo DRUL 05 a es (euroquy) ‘L snımd uneiqzaeMmyos u9jsulsJ Im uUop 2I0A I9puU9 g n .Ppe® SUSSNOgU U91393 3 -u9 9gJeJo87Jdoy aIq| suoısueg usjesıop Suuyan ae = sap [oJdız a1ago 100) Jap UT DEISZURN] (euroquuy) ‘9 snosn} uneuIg er USSEIID (euroquuy) 'G snuL1dı} SUnIas1], ueutg HueSIOURNIOS A9p AlInH Sıp "dsaa a9dıyooyuneag [[osdeyuayog oIp ue sıq aeqjojjyLwun u9J01} uoypedsjdoy oIq yıwm YoTgI9oMm (puej1g 19Jy9eMpAI0oN) "% snueq[es unaupalto] usjury yveu JIo9M ueurg sen Re usypedsjdoy usp aoqn yaıl [PueSiousprag Ip ue 1eq[e} ISBN: HIN N (puejıg 199y9eMPJOoN) "€ snone]3 nenne Sen jesıop uoy9Js uaäny 9Iq /-Nwun u999a} uoyjedsjdoy dIq Ba ar > (euroquy) '% snumeyısd unıdueds BIER mean youndsnupgtascuags ug en £ an a : re % J9p ur Inu UOy9JS UaönYy 9Iq’-Du U9SHl] HWWERISUHNIOS 91 ran (emogquy) "rsnpey}ta-0qIe A a ueuig HUBZIOUFNOS IP UR IseJ uoaa} uoyfeds |aop ur purs uoı]d , un -Jdoy 9Iq "uauedlousyl9g uop a9Jun u9Holf WWRISUSNOSAIT)-UeH UOJESIOop Old -Ayoıyosjogsnwäuny pun -SSur] AOLsFTNR UOYOSIMZz J891] 9SSBWUAAION AI "IY9IYOS -[94snwsaup] uoAauu! Aop ur uoßunznoıy 1oMz JopfIq Iyoıyospoysnwäuny old "Yyaıyosuoideg) Jys1yosyo29q AOdaggny ‘JyaLyds A -[oysnwsdur] dadagnp “-Sumg ‘-s3u@ 7 a0919uu1 “([yyıdousyjeld) Jy9Ty9SY99q A910UUuT SNe : UHWLWESNZ YOIS I2)98 PULMJOSSNY OIQ ("Tuaınay) SnpnyBag9.10g) "epdouy J0p UHNIy UEUEAELIYOSOA AOTy TOP Fyorsıoqn Pen 2 “ Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 13 Kopf ist von dem mächtigen Rumpfe deutlich abgesetzt, rüsselartig ver- jüngt, wenige Millimeter breit, an der Spitze, wo die Kopfspalten fast zusammenstoßen, kantig zugeschärft. Die Färbung ist gleichmäßig dunkelgrün, nach Entfernung der Schleimschicht blattgrün. Sehr charakteristisch ist die Kopfzeichnung: ein dorsales, im Zieckzack verlaufendes, rein weißes Querband, das auch den unteren Rand der Kofspalten umsäumt. Das Epithel ist durch die schöngefärbten, smaragdgrünen Sekret- massen, namentlich der Flaschendrüsen, denen das Thier überhaupt seine Grundfarbe verdankt, ausgezeichnet. Auch die Cutis ist mit grünen Drüsenzellen ausgestattet, welche aber nur der Bauchfläche zukommen. Die Drüsenzellen derselben — sie besitzt auch eine andere farblose Art — stützen sich auf eine mächtig entwickelte Bindegewebsschicht, deren Fasern einen welligen Verlauf haben. Der Mund liegt weit hinter den Seitenorganen. Der Rüssel besitzt zwei Muskelkreuze. Seine Rhabditenzellen er- zeugen außerordentlich große Schleimstäbchen. Den Kopfgefäßen fehlt eine Kopfschlinge, statt dieser kapillare Verästelung derselben. Die Seitengefäße vereinigt nur eine ventrale Hauptkommissur. Das Schlundgefäß erreicht den Mund. Die diesen ver- sorgenden Blutgefäßäste sind im Vergleich mit den übrigen Cerebratu- liden spärlich zu nennen. Das Gehirn ist wohl ausgebildet. Der dorsalen Kommissur liegen ein Paar kleine Ganglien auf, welche Nerven an die Kopfspalten ent- senden. Die Seitenstämme biegen hinter den Seitenorganen in ihre typi- sche Lage. Sehr charakteristisch sind die mehrfachen kräftigen Kommis- suren der Stränge des Schlundnerven. Die Kopfspalten treten fast unmittelbar an die Seitenorgane hinan. Der Verbindungskanal ist darum kurz. Der Eintritt des vorderen Drüsenzellfeldes in den Kanal findet noch innerhalb der kugeligen Kon- tour des Organs statt. Das Organ wird unmittelbar von Blut umspült. Augen sind vorhanden. Sie sind größer als diejenigen von Polia delineata, aber wenig zahlreich (jederseits in der Kopfspitze nicht über zehn). Sie liegen in der Nähe der Kopfspalten. Cerebratulus psittacinus n. sp. (Fig. 2.) Diese breite, plattgedrückte Form misst 8 cm zu 4 mm. Kleinere Exemplare sind 3 cm lang und 3 mm breit. Kopf- und Schwanzspitze 14 Otto Bürger, sind abgerundet. Der Kopf ist öfters rüsselartig abgesetzt vom Rumpfe. Die Kopfspalten sind 2—-2!/; mm lang. Der Mund bildet ein rundes Loch von 4 mm Durchmesser. Der Rücken ist gewölbt. Die Farbe des Rückens ist spangrün, die des Bauches gelblich- grün bis bräunlich. Die Grundfarbe des Rückens ist in weiteren Ab- ständen durch sehr schmale weiße Querstreifen unterbrochen. Die Kopfspitze kennzeichnet eine breite dorsale Binde, die auch die Kopf- spalten umsäumt und auf der Kopfmitte winklig nach vorn vorspringt. Der Fundort sämmtlicher Exemplare war Amboina. Die Drüsenzellen des Epithels führen ein hellgrünes Sekret. Die Kopfdrüsenzellen fallen durch ihre Massenhaftigkeit auf, sie sind zwar kurz und erreichen nicht das Gehirn, aber relativ ziemlich dick ange- schwollen. Die Drüsenschicht der Cutis grenzt eine mächtige Binde- gewebsschicht, welche die Ringmuskulatur an Dicke übertrifft, gegen den Muskelschlauch ab. Ihre Fasern sind parallel geschichtet. Das Bindegewebsgeflecht in der äußeren Längsmuskulatur, das sich von jener Schicht ableitet, ist ungewöhnlich stark entwickelt. Der Mund liegt noch theilweise unter den Seitenorganen. Darm, Rüssel und Rhynchocoelom schließen sich dem allgemeinen CGerebratulustypus an. Das Blutgefäßsystem zeichnet eine weite Kopfschlinge aus. Der Hauptkommissur entspringt auch das Schlundgefäß, das wohl den Mund erreicht, aber kaum eine Verästelung an seine Wandung erfährt. Große Gefäßräume, welche die Mundhöhle und den Ösophagus ein- schließen, fehlen. Eine spärliche Versorgung durch feine Gefäße erfolgt von den Seitengefäßen aus durch Querstämme, welche von diesen fort- gesetzt abgehen. Stark ausgebildet ist der Gefäßsinus, in welchen das Seitenorgan hineinhängt. Das Gehirn ist durch die kolossale Mächtigkeit der dorsalen Lappen gegenüber den ventralen, erstere sind etwa fünf- bis sechsmal größer als letztere, charakterisirt. Sodann reichen die oberen Zipfel der dor- salen Ganglien weit nach hinten bis über die mittlere Region des Seitenorgans hinaus, innerhalb des Blutgefäßsinus liegend, aber nicht an der Innervirung des Kanals des Seitenorgans betheiligt. Die Seiten- stämme biegen schon in der Region der Seitenorgane seitlich um, im mittleren und hinteren Abschnitt derselben neben ihnen statt unter ihnen liegend. Die Kopfspalten sind tief und erreichen Gehirn und Seitenorgan völlig. Die Seitenorgane sind groß und kugelig. Die wenig zahlreichen kleinen Augen stehen unmittelbar an der Spitze. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 15 Cerebratulus glaucus mihi. Syn. Nemertes collaris? (Schmrd.). (Fig. 3.) Diese spaltköpfigeNemertine wurde vielleicht bereits von SchmaRrDA an der Ostküste von Ceylon aufgefunden, in seinem Reisewerk abgebildet und als Nemertes collaris beschrieben. Jedoch soll jene Art eine sehr große Anzahl Augen besitzen und die unsere kennzeichnen nur wenige. Dieselbe wird 6—8 cm lang, 2—3 mm breit; ihre Gestalt ist eine gestreckte, plattgedrückte. Die Kopfspitze ist verjüngt und deutlich vom Rumpfe abgesetzt. Die sehr auffallenden Kopfspalten sind etwa 2 mm lang. Die Mundöffnung wird durch ein ziemlich großes Loch hinter den Kopfspalten gebildet. Die Farbe ist bis auf die Kopfspitze eine gleichmäßig dunkelgrüne. Jene ist gelblich gefärbt und durch eine quere gleichfarbige dorsale Binde eingefasst. Fundort sämmtlicher Exemplare : Noordwachter Eiland. Das Epithel enthält lebhaft grün gefärbte Schleimdrüsenzellen. Die Cutisdrüsenzellen stützen sich auf eine mächtige parallel-faserige Bindegewebsschicht. Der Mund liegt unter den Seitenorganen. Die Darmtaschen fehlen zwar nicht, sie sind aber wenig ausgebildet und tief. Der Rüssel besitzt zwei Muskelkreuze. Seine Rhabditen sind im Verhältnis zu dem Durchmesser des Rüssels äußerst lang. Eine Kopfschlinge fehlt. Die Kopfgefäße zertheilen sich in der äußersten Spitze, die Ästehen der beiden Kapillarknäuel anastomo- siren mit einander. Außer der ventralen Hauptgefäßkommissur, von der das Rtickengefäß abgeht, existirt noch eine accessorische; dieser ent- springt das Schlundgefäß, welches nach kurzem Verlauf, ohne sich ge- gabelt zu haben, wieder mit den Seitengefäßen verschmilzt. Die Seiten- gefäße versorgen den Schlund und bilden je einen Sinus um die Seiten- organe. Das Gehirn ist zum Körperumfang unverhältnismäßig mächtig ent- wickelt. Die ventralen Ganglien stehen hinter den dorsalen an Größe etwa vier bis fünfmal zurück. Die Seitenstämme biegen vor den Seiten- organen in ihre typische seitliche Lage ein, sie liegen mithin neben jenen. Die Kopfspalten treten bis an das Gehirn und das Seitenorgan ' hinan. Augen sind in geringer Anzahl in der Kopfspitze seitlich, dorsal fast den Kopfspalten anliegend, vertheilt. 16 Otto Bürger, Cerebratulus galbanus n. sp. (Fig. 4.) Schließt sich eng an die vorige dunkelgrüne Art an, so dass ich beide ursprünglich als einer Art angehörig betrachtete, indem ich die lebhaft dunkelgrünen Exemplare des Gerebratulus glaucus für diemänn- lichen, die olivenfarbenen dieser Specis für die weiblichen hielt. In beiden fand ich jedoch gleiche Geschlechtsprodukte vor, nämlich Samen. Die Färbung ist auf Rücken und Bauch gleichmäßig olivengrün. Die Kopfspitze ist wiederum farblos durch eine gelblichbraune Querbinde abgesetzt. Fundort: Noordwachter Eiland. Ähnlich wie Cerebratulus psittaeinus ist diese Form durch eine erstaunliche Menge von Kopfdrüsenzellen, welche fast das ganze Ge- webe der äußersten Kopfspitze um das Rhynchodaeum herum er- füllen, aber gleichfalls nicht das Gehirn erreichen, ausgezeichnet. Die hauptsächlichsten Kriterien der inneren Organisation sind: das Fehlen der Kopfschlinge, die weit bis an das Gehirn vorgerückte Lage des Mundes, die seitliche Lage der Seitenstämme zu den Seitenorganen, die tiefen, die Seitenorgane erreichenden Kopfspalten, das Vorhanden- sein einer geringen Anzahl von Augen. Im Übrigen vergleiche man die letztbeschriebene Form. Cerebratulus tigrinus n. sp. (Fig. 5.) Diese plattgedrückte, 6 mm breite und 8—11 cm lange Form, welche in zwei Exemplaren auf Amboina gefunden wurde, zeichnet sich durch die auffallend hervortretenden Seitenränder aus. Die Kopf- spalten sind etwa !/, cm lang, sie reichen bis in die Gegend, wo die kleine porusartige Mundöffnung liegt. Rhynchodaeum-Öffnung und After liegen wie immer terminal. Die gelbliche Grundfarbe wird auf dem Rücken fast verdeckt durch zahllose bald dunkelgrün, bald mehr bräunlich erscheinende Flecke — je nachdem die Schleimschicht dicker oder dünner ist, wechselt die Färbung von grün bis braun — die bei dem einen Thiere mehr rund- lich, nur wenig in die Länge gezogen, bei dem anderen schmal und länglich erscheinen. Bei beiden verstreichen die Flecke aber in der Längsrichtung der Körperachse, sind auf der Bauchseite spärlicher und besitzen hier immer eine längliche Gestalt. Der Kopf entbehrt der Tigerung. Das Flimmerepithel stützt sich auf eine äußerst feine Basalmem- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 17 bran; die muskelreiche Cutis führt fadenartig dünne, in länglichen dichten Bündeln zusammengepackte Drüsenzellen. Diese sowie auch die Drüsenzellen des Epithels haben farbloses Sekret. Das Bindege- webe tritt in der Gutis nicht auffallend hervor. Über der äußeren Muskelnervenschicht ist die Diagonalmuskel- schicht besonders stark ausgebildet. Der Mund liegt unmittelbar hinter den Seitenorganen. Um den Mundrand schließt sich ein dicker Kranz von Speicheldrüsen, welcher bei keiner anderen Form so deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Im Rüssel sind zwei Muskelkreuze vorhanden. Statt der Kopfschlinge bilden die Kopfgefäße je ein Gefäßknäuel, indem sie sich in zahllose feinste Zweige verästeln. Die Seitengefäße vereinigt nur die ventrale Hauptkommissur, dieser entspringt sowohl das Rückengefäß als auch das bald paarige Schlundgefäß;; letzteres ist wohl ausgebildet und tritt an den Schlund hinan. Das Gehirn ist außerordentlich hoch entwickelt und erreicht eine bedeutende Größe. Die Seitenstämme biegen sich erst hinter den Seitenorganen in die laterale Mittellinie. Neurochordzellen und Neu- rochorde sind vorzüglich entwickelt. Augen fehlen; die Seitenorgane sind mit lateralen Zellen ausge- stattet, welche statt der Schnäbel Cilien tragen. Die Kopfspalten treten unmittelbar an die Seitenorgane hinan. Ein Kanal liegt daher nur in- nerhalb des Organs. Cerebratulus spadix n. sp. (Fig. 6.) Diese nur in einem Exemplare auf Amboina gefundene Nemertine misst 6 cm in der Länge, 2—2!/, cm in der Breite. Etwas von der Kopfspitze entfernt, welche durch die tiefen 3 mm langen Kopfspalten . gekennzeichnet ist, verlaufen ventral zwei Längsfurchen, welche je ein gewölbtes Seitenfeld und ein breiteres mittleres Feld zum Ausdruck bringen. Der Mund ist schlitzartig und beginnt, wo die Kopfspalten aufhören. Rücken und Bauch sind gleichmäßig kaffeebraun gefärbt. In das Epithel sind Drüsenzellen mit hellgrünem Sekret einge- senkt. Die Cutisdrüsenzellen stützen sich auf eine mächtige Schicht von Bindegewebsfasern mit welligem, parallel-eirkulärem Verlauf. Der Mund liegt unmittelbar hinter den Seitenorganen. Die Rhabditenzellen des Rüssels erzeugen Batterien mit wenig zahlreichen, aber sehr langen Schleimstäbchen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 3 18 Otto Bürger, Eine Kopfschlinge fehlt, die Kopfgefäße lösen sich in viele Äst- chen auf. Das Gehirn ist hoch entwickelt und schließt sich dem von €. mar- ginatus an. Die Seitenstämme liegen über den Seitenorganen und biegen erst hinter diesen in ihre seitliche Lage ein. Die Kopfspalten treten bis an die Gehirnscheide und die Seiten- organe hinan. Augen sind nicht vorhanden. Die Seitenorgane sind normal gebaut. Die Geschlechtssäcke enthielten Sperma. Fundort Amboina. Cerebratulus pullus n. sp. Der Rücken dieser 11 cm langen und 6—7 mm breiten Form ist gewölbt, der Bauch ist platt. Das vordere Ende ist spitz verjüngt, das hintere breit und abgerundet. Die Kopfspalten sind als zwei deutliche, lange Schlitze von der Spitze bis in die Höhe des Mundes zu verfolgen. Die Mundöffnung ist rund ünd klein. An der Bauchfläche verläuft, etwa 41/, cm hinter der Kopfspitze beginnend, eine tiefe Längsrinne in der Medianebene. Die Farbe des Rückens ist braun, stellenweis ins Bläulichschwarze spielend; die des Bauches gleichmäßig hellbraun. Fundort Amboina. Die Drüsen der Cutis bilden eine ungemein dichte Schicht, in wel- cher von den schlanken Zellen Zelle neben Zelle steht. Die Drüsen- zellen sind also nicht wie bei Gerebratulus marginatus bündelweis ange- ordnet. Das Bindegewebe tritt in ihr nicht stark hervor. Längsmuskeln fehlen in der Cutis. Die Muskelschichten der Körperwand sind von einer Mächtigkeit, wie bei keiner anderen der neuen Formen. Die Fibrillen sind in allen drei ungemein dicht angeordnet. Der Mund liegt noch theilweise unter den Seitenorganen. Der Darmtractus besitzt im hinteren Abschnitt eine niedrige ven- trale Rinne. Der Rüssel besitzt nur ein Muskelkreuz. Die Rhynchocoelomwand ist besonders durch die starke Ring- muskulatur sehr diek. Auch eine äußere schwache Längsmuskulatur ist vorhanden. Die Kopfschlinge vertritt eine kapillare Aufknäuelung der beiden Kopfgefäße. Es sind außer der vordersten ventralen Hauptgefäßkom- me br Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst. Beitr, zur Systematik. 19 missur noch zwei hinter jener liegende accessorische, gleichfalls ven- trale, welche die Seitengefäße vereinigen. Der ersten dieser entspringt ' das Schlundgefäß ; dieses breitet sich an den Ösophagus aus. Die Seitenstämme liegen unter den Seitenorganen. Die oberen Zipfel der dorsalen Ganglien enden vor den Seitenorganen. Die Kopfspalten treten fast bis an die Seitenorgane hinan, der Verbindungskanal ist kurz. Die Organe hängen in einen Gefäßsinus hinein. Augen fehlen. Das untersuchte Exemplar war ein Weibchen. Cerebratulus luteus n. sp. Der Körper ist rund; das abgerundete Kopfende ist nicht abgesetzt, das hintere Ende ist zugespitzt. Die Länge beträgt 6!1/, cm, die Breite % mm. Die Kopfspalten sind 3 mm lang. Der Mund ist klein. Die Farbe ist gleichmäßig gelblich-weiß wie diejenige von Cere- bratulus marginatus. Diese Art ist nur in einem Exemplare auf Amboina gesammelt worden. Die Schleimdrüsen des Epithels sind farblos; die Gutis ist reich an Längsmuskeln, das Bindegewebe tritt in ihr zurück. Der Mund liegt unmittelbar hinter den Seitenorganen. Der Darm zeigt in ausgezeichneter Weise eine in der Median- ebene verlaufende ventrale Längsrinne, ähnlich wie der Darm von Cerebratulus rubens, hier aber sinkt die Darmwand bis auf die Ring- muskulatur hinunter. Der Längseinstülpung des Darmrohres entspricht der Lage nach die Längsrinne am Bauche, welche aus einer Einstül- pung von Epithel und Cutis in die äußere Längsmuskulatur hinein besteht. Das Rhynchocoelom ist durch seine ausnahmsweise mächtige Wandung selbst noch in der Mitteldarmregion merkwürdig und durch eine äußere Längsmuskelschicht, welche dasselbe ventral und seitlich umsgiebt. Sie schließt das Rückengefäß ein. Der Rüssel hat zwei Muskelkreuze. Die Kopfgefäße vereinigt eine Kopfschlinge. Der ventralen Gefäß- kommissur entspringen das Rückengefäß und das kurze den Mund nicht erreichende Schlundgefäß. Die Seitenorgane umgiebt je ein mächtiger Sinus. Die Gefäße, welche den Ösophagus umgeben, spalten sich von den Seitengefäßen beiderseits ab. ' Das Gehirn ist hoch organisirt. Die oberen Zipiel Br dorsalen Ganglien reichen bis in das Seitenorgan hinab. Die Seitenstämme 9* 20 Otto Bürger, biegen über den Seitenorganen in die Seitenlage ein. Es sind Neuro- chorde nachgewiesen. Die Kopfspalten reichen fast bis an das Gehirn und die Seiten- organe hinan. Der Verbindungskanal ist daher kurz. Die Seitenorgane sind relativ klein. Augen fehlen. Cerebratulus rubens n. sp. (Kig. 7.) Das einzige auf Noordwachter-Eiland gesammelte Exemplar dieser neu aufgestellten Art maß 5'/, cmin der Länge und 3 mm in der Breite. Der Kopf verjüngt sich nach vorn in eine Spitze und erscheint vom übrigen Körper durch seine Gestalt etwas abgesetzt. Die Kopfspalten sind sehr auffallend und 3!/, mm lang. Der Mund ist groß und liegt hinter den Kopfspalten. Die Farbe, auf Rücken und Bauch wenig differenzirt, ist bräunlich bis rothbräunlich. Das Epithel enthält farblose Schleimdrüsenzellen. In der Cutis tritt das Bindegewebe zurück, nur ein dünnes Flecht- werk als Grenze gegen die äußere Längsmuskulatur bildend. Die Cutis ist reich an Längsmuskeln. Der Mund liegt ein wenig hinter den Seitenorganen. Der Darm ist durch eine ventrale in der medianen Ebene verlaufende Längs- rinne charakterisirt, welche durch eine Ausstülpung der Darmwand, die bis auf die Längsmuskulatur hinabreicht, entsteht. Die Schleimstäbchen des Rüssels sind klein. Die Kopfgefäße vereinigt eine Kopfschlinge. Einer ventralen Kom- missur entspringen das Rückengefäß und das Schlundgefäß , letzteres erhält sich trotz mehrfacher Anastomosen mit den Seitengefäßen, um an die Mundwände zu treten. Ein Blutgefäßsinus um die Seitenorgane ist rückgebildet und umgiebt dieselben nur in ihrem hintersten Ab- schnitt ventral nicht einmal unmittelbar, sondern durch Körpergewebe von der Kapsel des Organs getrennt. Die ventralen Ganglien sind zwei bis dreimal kleiner als die dor- salen. Das Gehirn ist besonders ausgezeichnet durch die ungewöhnliche Länge und Stärke des oberen Zipfels des dorsalen Ganglions, der die Seitenorgane fast überragt, sich nach hinten, über ihnen liegend und nicht mit ihnen in Beziehung stehend, weit erstreckend. Die Kopfspalten sind flach und bleiben weit von Gehirn und Seiten- organen entfernt. Der Verbindungskanal mit dem Seitenorgan ist ent- sprechend lang; das Organ ist retortenförmig, zwischen unterem und Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 21 oberem Ganglion erfolgt der Eintritt der Sekretgänge des vorderen Drüsenfeldes. Augen sind nicht vorhanden. Cerebratulus aurostriatus n. sp. (Fig. 8.) Die Gestalt dieser prächtig gefärbten Nemertine ist eine schlanke, dünne. Der Leib ist beinahe rundlich, der Rücken nur wenig hervor- gewölbt. Am Bauche verläuft rillenartig eine Mittellinie, so dass die Bauchränder als Längswülste erscheinen. Sie wird wohl 10 cm lang und 3 mm breit. Der Kopf ist nicht vom Rumpfe abgesetzt; die sehr feinen Längs- einschnitte der Kopfspalten treten wenig hervor, der Mund ist klein. Die Grundfarbe ist auf dem Rücken braungelb, am Bauche röthlich. Den Rücken zieren drei schwarze Längsstreifen, deren mittlerer etwa viermal so breit als die seitlichen ist; zwischen diesen verlaufen zwei prachtvoll goldgelbe Streifen. Fundort Noordwachter Eiland. Der innere Bau verräth uns, dass dieser Gerebratulus in der Reihe seiner Verwandten eine niedrige Stufe einnimmt. Das Sekret der Epitheldrüsenzellen ist farblos. Die Cutis ist Trä- gerin eines am oberen Körperumfang stark entwickelten dunklen Pig- mentes. Das Bindegewebe tritt in ihr nicht besonders stark hervor. Der Mund liegt hinter den Seitenorganen. Der Rüssel besitzt zwei Muskelkreuze und deutliche Rhabditen. Die Seitengefäße vereinigt nur eine ventrale Kommissur unter dem Rhynchocoelom, welcher außer dem Rückengefäß das sehr kurze Schlundgefäß entspringt. Eine Kopfverbindung der Gefäße als eine Kopfschlinge fehlt. Dieselben verzweigen sich in der Kopfspitze um das Rhynchodaeum herum, je ein Gefäßknäuel über seiner Öffnung bildend. Das Gehirn ist klein und sehr weit nach vorn in die Kopfspitze gerückt. Die dorsalen Ganglien sind kaum noch einmal so mächtig als die ventralen. Die Seitenstämme, welche zum Umfang der Gehirnan- schwellungen sehr dick sind, biegen hinter den Seitenorganen in die seitliche Mittellinie hinein. Die oberen Zipfel der dorsalen Ganglien enden über den Seitenorganen, aber außerhalb der Ringmuskulatur. Neurochordzellen und Neurochorde sind nachgewiesen worden. Die Kopfspalten sind flach und bleiben weit von Gehirn und Seitenorganen entfernt. Der Verbindungskanal mit dem Seitenorgan ist daher lang. Das Seitenorgan ist retortenförmig. Dasselbe hängt 22 Otto Bürger, nicht in einem Blutgefäßsinus, sondern ist durch Theile des Körper- gewebes, welche es unmittelbar, auch hinten, umhüllen, von den Ge- fäßen getrennt. | Augen fehlen. Cerebratulus coloratus n. sp. (Fig. 9.) Diese auf Amboina gefundene, Gerebratulus aurostriatus sich an- schließende Nemertine ist 10 cm lang, 11/, mm breit. Der Kopf ist durch eine Anschwellung ein wenig abgesetzt. Der Mund befindet sich kaum ! mm von der Spitze entfernt, die Rüsselöffnung liegt terminal. Kopfspalten sind nicht zu Konstatiren. Die Gestalt des Thierkörpers ist eine rundliche. Die Farbe des Bauches ist hellbraun, stellenweis fleischfarben, die des Rückens röthlichbraun. Diesen zieren drei rothbraune Längs- streifen. Der mittlere sehr viel breitere beginnt erst etwas von der Spitze entfernt, mit einer Verbreiterung, einem Kopfschildcehen. In der Gegend der Kopfspalten bemerkt man je ein schmales, kleines weiß- liches Feld. Die Kopfspalten bilden nur je eine flache Bucht. Der Verbindungs- kanal ist daher sehr bedeutend. (Im Übrigen ef. C. aurostriatus.) Eupolia Brockii n. sp. (Fig. 10.) Die Exemplare dieser zahlreich auf Amboina gesammelten Art schwanken beträchtlich in ihren Dimensionen: Ihr Querdurchmesser übertrifft kaum 2—3 mm, ihre Längsachse dagegen misst mindestens 10cm, oder selbstin einem Falle über dreiviertel Meter. Sie besitzen eine fadenartige Gestalt und sind kaum zusammengedrückt, fast völlig rund. Oft ist eine schwache Ringelung zu bemerken, welche aber wohl in Folge der Kontraktion eingetreten sein wird. Von Öffnungen tritt nur der ventrale ziemlich nahe der Spitze ge- legene kleine runde Mund deutlich hervor. Die Kopfspalten sind festzu- stellen, schwer ist dagegen die Öffnung des Rhynchodaeums und des terminalen Afters aufzufinden. Die Grundfarbe ist gelblichweiß. Von einer breiten, chokoladen- farbigen Kopfbinde entspringt ein gleichfarbiger breiter Rückenstreifen, welcher in der dorsalen Mittellinie bis in die hinterste Spitze verläuft. Diesem entgegengesetzt lässt sich am Bauche ein ähnlicher Streifen ver- folgen, welcher jedoch erst einige Millimeter hinter der Kopfbinde an- setzt. Fast terminal zeichnet die Kopfspitze außerdem noch ein brauner ovaler Fleck aus. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 23 Das Epithel enthält fast farblos erscheinende Drüsenzellen. Die Streifung des Rückens wird durch braune Körnchen erzeugt, welche an verästelte Zellen gebunden sind, die zum größten Theil in der Cutis ihren Sitz haben, aber auch in das Epithel hinauf bis an den Flimmer- mantel desselben zwischen die Epithelzellen hindurchdringen. Die Cutis ist jener von Eupolia delineata ähnlich ausgebildet: die Drüsenzellen sind schlank und länglich, dichte Bündel bildend. Die Kopfdrüsenzellen reichen bis über den Mund hinaus nach hinten, die äußere Längsmuskulatur erfüllend. Der Mund liegt hinter den Seitenorganen. Rüssel und Rhynchocoelom sind im Verhältnis zu dem außeror- dentlich langen Thierkörper sehr kurz und messen kaum ein Fünftel der Gesammtlänge. Das Blutgefäßsystem, im Ganzen den für die Eupoliiden beschrie- benen Typus wiederholend, ist charakterisirt durch die ausgedehnten kapillaren Verzweigungen seiner Kopfgefäße, welche bis an die Basal- membran dringen. In der Gehirngegend bilden die Seitengefäße mäch- tige Räume, welche nicht allein die Seitenorgane, sondern auch die dorsalen Ganglien medial und dorsal unmittelbar umgeben. Der ven- tralen Kommissur entspringt nur das Rückengefäß. Eine dem Schlund- gefäß zu vergleichende Gefäßbildung entspringt hinter dieser den Seitengefäßen, vereinigt sich aber, ohne besondere Bedeutung zu er- langen, bald wieder mit jenen. Die Darmblutgefäße schnüren sich erst am Munde von den Seitengefäßen oder genauer den sinusartigen Aus- sackungen derselben, in welche die Seitenorgane hineinhängen, ab. Das Gehirn ist weit in die Kopfspitze vorgerückt, auffallend durch die kurze, gerade, dorsale Kommissur, welche über dem Rhynchodaeum liegt, und an der die Ganglien wie die Kugeln einer Hantel befestigt er- ‘scheinen. In Bezug auf Bau des Gehirns ist die außerordentliche Ent- wicklung der bindegewebigen Hüllelemente zu erwähnen. Die dor- salen Ganglien sind etwa 2!/ymal so mächtig als die ventralen. Einen zu den unteren Ganglien bedeutenden Durchmesser weisen die Seiten- stämme auf, welche hinter den Seitenorganen an die Seite rücken. ' Die Kopfspalten beginnen vor der Gehirnregion und setzen sich über die Seitenorgane hinaus nach hinten fort. Es sind breite Ein- schnitte, welche das Organ nicht völlig erreichen. Die Verbindung er- folgt durch einen Kanal; das eigentliche Seitenorgan hat sich weit nach vorn ausgezogen. Die Augen sind klein, aber zahlreich in der äußersten Kopfspitze im Bereich der Cutis zu finden. 24 Otto Bürger, Eupolia marmorata n. sp. (Fig. 44.) Der Leib dieses Thieres ist fast drehrund, 3—4 mm breit und etwa 6—8 em lang. Ein Riesenexemplar hat dagegen einen Quer- durchmesser von 8 mm, die Längsachse misst 20 cm. Vordere und hintere Spitze sind abgerundet. Die Kopfspalten treten nicht hervor. Der Mund ist porusartig klein und liegt nahe der Spitze. Die Färbung des Untergrundes des Thierkörpers ist weißlich. Auf dem Rücken verbirgt sie jedoch eine dunkelbraune Längsstreifung, deren einzelne linienartig feine Streifen mit einander anastomosiren, ein dichtes Netzwerk bildend. Unter dem Bauche liegen die Bänder der Streifung weiter aus einander und lassen hier die eigentliche Grund- farbe hervortreten. Mehrere Exemplare dieser Art sind auf Amboina gesammelt worden. Epithel und Cutis sind normal gebaut. Der Mund liegt unmittelbar hinter den Seitenorganen. Die dorsale Gehirnkommissur ist gewölbt. Die Seitenstämme biegen sieh über den Seitenorganen um. Von den Nerven ist das Schlund- nervenpaar seiner ungewöhnlichen Stärke und seines dichten Ganglien- belags willen hervorzuheben. Merkwürdig sind die kurzen in der Vorderhirnregion ansetzenden Kopfspalten, die nicht mehr lateral, sondern ventral je einen flachen, ziemlich tiefen Schlitz bilden, welcher von der Körperdecke des Bau- ches klappenartig bedeckt wird. Von diesen Spalten steigt in ventro- dorsaler Richtung der lange Verbindungskanal auf. Die kleinen Augen stehen zahlreich in der Kopfspitze. Eupolia ascophora n. sp. Dieselbe führt uns eine 25 cm lange und 8 mm breite Form vor mit gewölbter dorsaler und ventraler Fläche. Der Kopf ist stumpf und abgerundet, nicht abgesetzt, das hintere Ende ist zugespitzt. Wir bemerken, dass an der Kopfspitze rings die Körperwand vor- gestülpt ist um eine mittlere abgerundete Einstülpung, auf welcher in charakteristischer Stellung in zwei Feldern zahlreiche Pünktchen, die Augen, angeordnet sind (Taf. IX, Fig. 184). Das augentragende Kopfschild ist farblos. Im Übrigen ist der Rücken gleichmäßig hellgrau, der Bauch weiß. Fundort des einzigen Exemplars: Amboina. Die Cutis setzt sich aus einem dicken Mantel sehr großer Packet- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 25 drüsenzellen, welche in eine mächtige Bindegewebsschicht einge- senkt sind, zusammen. Längsmuskeln fehlen in ihr. Vor Allem sind die kolossalen Kopfdrüsenzellen merkwürdig, welche rings in die äußere Längsmuskulatur eingebettet, mit ihren langen, am Grunde sackartig erweiterten Schläuchen, die zu Bündeln vereint sind, bis in die Öso- phagealregion sich erstrecken. Der Mund liegt hinter den Seitenorganen. Darm, Rüssel, Rhynchocoelom und Blutgefäßsystem bieten keine vom Eupoliatypus abweichende Verhältnisse. Das Gehirn erscheint zusammengedrückt. Die Commissuren sind dünn, die dorsalen Ganglien kaum doppelt so mächtig als die ventralen. Die Seitenstämme biegen sich über den Seitenorganen in die laterale Mittellinie hinauf. Kopfspalten fehlen; die Verbindungskanäle entspringen je einer zwar ziemlich flachen, aber umfangreichen, seitlichen Grube, welche an ihrem drüsenzellfreien Epithel leicht kenntlich ist. Nach außen werden dieselben durch die ringförmige Umwallung der Kopfspitze durch die Haut, Epithel und Cutis, verdeckt. Die äußerst zahlreichen, aber sehr kleinen Augen befinden sich nur in der Qutis. Übersicht der hier beschriebenen Arten der Enopla. III. Amphiporus (EHRENBERG). Die Kopfdrüsenzellen sind kurz und ragen nicht über das Gehirn nach hinten hinaus, münden dieselben in eine Kopfgrube, so ist diese klein, eine epitheliale Einstülpung. Das Rhynchocoelom, in dessen Wand Längs- und Ringmuskeln verflochten sind, besitzt keine Ausstülpungen. Die Seitenorgane sind klein und liegen über den Seitenstämmen unmittelbar neben den dor- salen Ganglien, mit ihnen auf das engste verknüpft. Die Augen sind zahlreich. Getrennten Geschlechts. Ohne Neurochorde. Amboinensis 45. (Amboina) IV. Drepanophorus (HuBrechr). Die Seitenorgane sind groß und liegen als durchaus selbständige Ge- bilde neben den dorsalen Ganglien. Das Rhynchocoelom besitzt in meta- merer Anordnung sackartige Ausstülpungen. Sonst ganz wie Ill. Mit Neuro- chorden. Körper bandartig; Bauch weiß, Rücken grau; der Kopf ist durch zwei dunkle Seiten- striche gekennzeichnet. Das Seitenorgan mit Drüsenzell- polster latus 16. (Amboina) Farblos, rund, ohne Kopfzeich- nung; Seitenorgan mit Drü- senzellschlauch, welcher bis über die Magendarmregion hinausragt cerinus 47. (Amboina) 26 Otto Bürger, V. Prosadenoporus (mihi) Die Kopfdrüsenzellen überragen das Gehirn nach hinten, oft bis über die Magendarmregion hinaus. Sie münden in eine tiefe subepitheliale Kopf- grube, die einen kanalartigen Ausführgang besitzt. Die Muskelschichten des Rhynchocoeloms sind getrennt; Aussackungen desselben fehlen. Die Seiten- organe sind klein und liegen vor dem Gehirn. Am Kopfe stehen nur vier Augen. Sämmtlich Zwitter. Mit Neurochorden. Graugrünlich, Rücken mit braunen Längsstreifen arenarius 18. (Noordwachter Eiland) Weißlich grau mit rehfar- benem Rückenstreifen badio-vagatus 49. (Amboina) Braungelb, mit violettem Anflug janthinus 20. (Noordwachter Eiland) Gleichmäßig gelblichgrün oleaginus 24. (Noordwachter Eiland) Specielle Beschreibung. Amphiporus Amboinensis n. sp. Eine breite plattgedrückte Form, nur der Rücken ist etwas ge- wölbt, der Kopf ist spitz, das hintere Ende abgerundet. Der Quer- durchmesser beträgt 3 mm. Die Längsachse misst 3 cm. Ohne besondere Abzeichen sind Bauch und Rücken gleichmäßig fleischfarben. Fundort: Amboina. Die Muskulatur der Körperwand-, Ring-, Diagonal- und Längs- muskelschicht sind hervorragend, und besonders im Vergleich mit A. pulcher stark entwickelt. Die Kopfdrüsenzellen sind zahlreich, aber obgleich bedeutend länger als z. B. bei Amphiporus pulcher, erreichen sie das Gehirn nicht. Der Mund fällt mit der Öffnung des Rhynchodaeums zusammen. Der Ösophagus erweitert sich bereits vor dem Gehirn in den weiten Magendarm. Der Blinddarm erstreckt sich nicht weit nach vorn, son- dern endet ein beträchtliches Stück hinter dem Gehirn. Das Rückengefäß verläuft von der hinteren Gehirnregion an bis über die Gegend der Pori des Wassergefäßes hinaus im Rhynchocoelom, allmählich wieder aus demselben heraustretend, liegt es, einen kleinen Abschnitt in der Rhynchocoelomwand bildend, selbst eingeschlossen. Die Muskelschichten der Rhynchocoelomwand sind verflochten. Die Pori der beiden vielfach geschlängelten Wassergefäßlängs- stämme münden dicht hinter den Seitenorganen, sich über die Seiten- stämme hinweg nach unten biegend, am Bauche nach außen. Das Gehirn ist breitgedrückt, die beiden Hälften liegen ziemlich weit aus einander, in Folge dessen sind die Kommissuren lang. Die dorsale ist schwach nach aufwärts gewölbt, eben so die ventrale, sich der Lage des umfangreichen Magendarmes anbequemend. Neurochorde fehlen. Bi e- Bo Z= Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 27 Die Seitenorgane sind klein und liegen unmittelbar den dorsalen Ganglien an, mit ihnen im hinteren Abschnitte fast verschmolzen. Der Verbindungskanal ist ungemein lang und tritt erst an der äußersten Spitze des Kopfes weit vor dem Gehirn ventralwärts aus. Die mittelgroßen, zahlreichen Augen (über 30) liegen vor der Öf- nung des Verbindungskanals in je einer Reihe seitlich dorsal. Das untersuchte Exemplar war ein geschlechtsreifes Männchen. Drepanophorus latus n. sp. (Fig. 42,43, 13a.) Dasselbe besitzt einen plattgedrückten vollkommen bandartigen Körper, welcher, obgleich 3!/, bis 7 cm lang und von Seite zu Seite ge- messen, 21/, bis 5 mm breit, doch einen Durchmesser, der dorsoventral geht, von 2 mm kaum erreicht. Der Kopf ist ein wenig vom Rumpfe abgesetzt, das Schwanzende ist zugespitzt. Die Farbe erscheint fleischfarben, weißlich oder gleichmäßig grau, dorsal ein wenig bräunlich, ventral heller; seitlich am Kopfe befinden sich zwei kurze dunkelgraue Randstreifen und dorsal auf ihm noch zwei kürzere dunklere Striche; diese sind durch die dicht stehenden zahl- reichen Augen erzeugt. Am Schwanzende verläuft ventral eine graue Mittellinie. Die Muskulatur der Körperwand ist im Vergleich mit Amphiporus Amboinensis bedeutend dünner, obwohl Ring-, Diagonal- und Längs- mukelschicht entwickelt sind. Die Kopfdrüsenzellen sind sehr kurz und spärlich. Der Mund liegt unmittelbar hinter der Öffnung des Rhynchodaeums ventral. Der Ösophagus ist sehr kurz und erweitert sich noch vor dem Gehirn in den Magendarm. Der Blinddarm erstreckt sich bei Weitem nicht bis an das Gehirn nach vorn. Der Rüssel wird von über dreißig Nerven innervirt (32) und ist mit dem für das Genus Drepanophorus typischen Waffenapparat ausge- stattet. Die Pori. der Wasserkanäle münden ziemlich weit hinter den Seitenorganen über den Seitenstämmen lateral nach außen. Das Rückengefäß steigt in der Region der Seitenorgane in das Rhynchocoelom hinauf und hinter den Wassergefäßporen wieder aus demselben hinab. Es durchbricht in beiden Fällen senkrecht die Rhyn- chocoelomwand auf dem kürzesten Wege. Die Muskulatur des Rhynchocoeloms ist verflochten.. Die meta- meren Aussackungen reichen bis zu den Seitenstämmen oder über sie hinaus nach unten hinab. 28 Otto Bürger, Das Gehirn ist groß, besonders die dorsalen Ganglien sind sehr umfangreich. Die beiden Gehirnhälften liegen jederseits neben Rhyn- chocoelom und Magendarm, sie sind schlank, elliptisch, von geringem Querdurchmesser, aber außerordentlich hoch. Die dorsale Kommissur ist stark aufwärts gewölbt; fast gerade, ein wenig gleichfalls nach oben gebogen, erscheint die kurze, ventrale Kommissur, welche dorsal dem Rhynchocoelom, ventral dem Darm anliegt, welcher sich in sie einsenkt. Die ventralen Ganglien liegen bedeutend tiefer als die Kommissur, an die seitlichen Darmwände hinabhängend. Die Seitenstämme liegen zu- erst neben, später unter dem Darmtractus. Die Neurochordzellen liegen hinter der Kommissur, von dieser entfernt medial den Ganglien an. Ihre Fortsätze sind nach vorn gerichtet und kreuzen sich in der ventralen Kommissur. Die Neurochorde verlaufen in den Seitenstämmen medial ventral. Die Seitenorgane sind groß, liegen neben den dorsalen Ganglien, aber in völliger Selbständigkeit. Der Verbindungskanal ist ein kurzer, seitlich etwas dorsal ausmündender Querkanal. Die hintere Drüsen- zellmasse des Seitenorgans bildet ein Drüsenzellpolster, welches inner- halb der eiförmigen Kontour des Organs sich befindet. Fig. 13 und 13a stellt ein Drepanophorusexemplar dar, welches sich in der Organisation ganz und gar an D. latus anschließt. Da ich eine wirklich nennenswerthe Abweichung auch in seiner Zeichnung nicht wahrnehmen konnte, obwohl namentlich die Grundfärbung einen etwas anderen Eindruck machte als bei D. latus, habe ich für dies Exemplar eine besondere Art aufzustellen nicht für räthlich erachtet. — Es ist daher in der Sammlung als D. latus aufgeführt. Drepanophorus cerinus n. sp. Stellt eine kleine, 21/, cm lange und 1!/,—2 mm breite Form vor. Der Leib ist rundlich ohne besondere äußere Kennzeichen. Auch die Färbung ist monoton, auf Rücken und Bauch weißlich ohne irgend welche Zeichnung. Fundort des einzigen mir zugänglichen Exemplares: Amboina. Die innere Organisation ist mit der von Drepanophorus latus über- einstimmend bis auf den Bau des Seitenorgans. Die hintere Drüsenzellenmasse derselben ist nämlich nicht polster- artig zusammengedrängt, sondern zu einem langen Drüsenzellen- schlauche ausgezogen, welcher aus der eiförmigen Kontour des Organs heraustritt und nach hinten über die Pori des Wassergefäßsystems und die Region des Magendarms hinaus seitlich über den Seitenstamm zu verfolgen ist. g4 Ö nr AT Sr ee ie nd Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 29 Die Bewaffnung des Rüssels konnte leider nicht untersucht werden. Prosadenoporus n. gen. Die Körperwand setzt sich dem Enoplentypus gemäß aus Epithel-, Basalmembran, Ring-, Diagonal- und Längsmuskelschicht zusammen. In eine tiefe terminale, dorsal über dem Rhynchodaeum gelegene Kopfgrube münden zahlreiche Drüsenschläuche, welche immer über das Gehirn, oft über den Magendarm hinaus nach hinten reichen. Darm und Rüssel sind normal gebaut, d. h. ersterer zerfällt in den Ösophagus, Magendarm, Blinddarm und Mitteldarm, letzterer in vor- deren und hinteren Rüsselraum, Sekrettasche, Sekretkanal. Der Rüssel besitzt Hauptstilett und Nebenstilette in seitlichen Taschen. Das Blutgefäßsystem besitzt den den Enopla charakteristischen Bau. Das Rückengefäß verläuft im Rhynchocoelom eine sehr kurze Strecke. Mund- und Rüsselöffnung fallen zusammen. Ein Wassergefäß wurde nicht beobachtet. Das Rhynchocoelom besitzt zwei Muskelschichten. Das Ge- hirn besitzt Neurochordzellen. Die Neurochorde verlaufen in den Seiten- stämmen im vorderen Abschnitt medial seitlich, im hinteren medial ventral. Die Seitenorgane sind klein, entbehren des Sackes und liegen vor dem Gehirn. Vier Augen stehen in der Kopfspitze. Ein Individuum bringt männliche und weibliche Geschlechtsprodukte gleichzeitig hervor. Prosadenoporus lebt im Wasser, an der Meeresküste und unter- scheidet sich hierdurch von dem ihm nahe verwandten Geonemertes palaensis, welcher landbewohnend ist. Geonemertes palaensis (Semp.)!. Mit Kopfgrube und Drüsenzellen 2. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Ein Exkretionsgefäß fehlt; Seitenorgane klein, vor dem Gehirn. Augen sechs. Zwitter. Geonemertes chalicophora (v. GrArrF) besitzt, das ist aus der Be- schreibung zu folgern, auch die Kopfdrüse. Es fehlen aber die Seiten- organe. Vier Augen. Große Ähnlichkeit besitzt die Gattung Prosadenoporus mit Mono- pora vivipara (SıLensky [36]) nicht allein durch die kolossale Kopf- drüse, welche beiden zukommt, sondern auch dadurch, dass sich bei beiden der Ösophagus in das Rhynchodaeum öffnet. Aber Prosadeno- porus ist Zwitter, Monopora lebendig gebärend und getrennt ge- schlechtlich. Von den wasserlebigen verwandten Gattungen der Enopla schienen i Nach von v. KrnneL (29). 2 cf. Enopla. Körperwand. 30 Otto Bürger, mir die Arten, welche ich unter das neue Genus Prosadenoporus zusammengefasst habe, durch die große Kopfdrüse, das Zusam- menfallen von Mund und Rüsselöffnung, und den durch- gehenden Hermaphroditismus so verschieden, dass ich sie mit keiner der bekannten durch vier Augen ausgezeichneten Gattungen, diese kommen allein in Frage (18), vereinigen zu dürfen glaubte. Prosadenoporus arenarius n. sp. Das einzige auf Noordwachter Eiland gesammelte Exemplar maß 44 cm in der Länge, 2!/; mm in der Breite. Der Körper ist rundlich. Die graue Färbung spielt ins Grünliche hinein. Ein brauner Längs- streifen zeichnet den Rücken. Die kolossalen, schlauchförmigen Kopfdrüsenzellen, welchebis über den Magendarm hinaus sich nach hinten erstrecken, münden in eine terminale über der Öffnung des Rhynchodaeums tief in das subepithe- liale Gewebe eingesenkte Kopfgrube. Von den Muskelschichten der Körperwand fällt die Längsmuskel- schicht durch große Stärke und dichte Packung ihrer Muskelfibrillen auf. Der Ösophagus mündet vor der Rüsselinsertion in das Rhyncho- daeum. Der Magendarm liegt hinter dem Gehirn. Der Blinddarm er- streckt sich in die Region des Magendarmes hinein, aber nicht über sie hinaus nach vorn. Der Rüssel wird von 42 Nerven versorgt. Die Bewaffnung besteht aus einem Hauptstilett und Nebenstiletten, welche jederseits zu meh- reren in einer Tasche liegen. Die Muskulatur des Rhynchocoeloms besteht aus zwei getrennten Schichten (Rings-Längsmuskelschicht). Das Blutgefäßsystem weicht nicht von dem Typus der Enopla ab. Das Rückengefäß ist nur in der hinteren Gehirnregion in das Rhyncho- coelom eingeschlossen, in dasselbe hinaufsteigend, um sich fast un- mittelbar hinter dem Eintritt gerade abwärts wieder unter das Rhyn- chocoelom zu begeben. Das Gehirn, welches 1 mm von der Kopfspitze entfernt liegt, er- innert in seinen Proportionen an dasjenige von Cerebratulus marginatus: die unteren sich zusammenneigenden Ganglien vereinigt eine dicke kürzere Kommissur, welche inihrem Scheitel nur ein wenig eingebuchtet ist, die oberen Ganglien, die von der den Enoplen. charakteristischen großen Entwicklung sind, verbindet eine dünne Kommissur, welche in weitem Bogen das Rhynchocoelom überbrückt. Die Seitenstämme be- wahren in ihrem ganzen Verlauf immer eine ziemlich seitliche Lage. Die Neurochordzellen liegen unmittelbar hinter der ventralen Kom- Re nik Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 31 missur medial den Ganglien an. Die Neurochorde verlaufen in der vor- deren und mittleren Körperregion medial seitlich im Seitenstamme, im hinteren medial ventral. Die Seitenorgane sind klein. Ihr Kanal ist einfach, ungegabelt. Sie liegen vor dem Gehirn, der Verbindungskanal ist äußerst kurz, da das Organ eine oberflächliche Lage, hart an die Körperwand gedrängt, inne hat. Er mündet an der oberen Körperfläche aus. Die vier Augen, welche denen der Drepanophoriden wenig an Größe nachgeben, stehen in der äußersten Kopfspitze dorsal seitlich hinter einander. Die Geschlechtsprodukte bilden Ballen, welche metamer angeordnet mit den Darmtaschen abwechseln. Jeder Ballen enthält mehrere Säcke, von denen in der Regel nur einer mit Samen angefüllt ist, die übrigen sämmtlich Eier enthalten. Prosadenoporus badio-vagatus n. sp. (Fig. 14.) Die Länge dieser Art beträgt 2—6 cm, die Breite 11/,—2!/, mm. Das vordere Körperende ist abgerundet, auch das hintere endet all- mählich verjüngt stumpf. Die Grundfarbe ist weiblichgrau; ein breiter, rehfarbener Längs- streifen ziert den Rücken. Fundort: Amboina. Der Magendarm liegt theilweis noch unter dem Gehirn. Der Rüssel wird von 45 Nervenstämmen innervirt und besitzt außer dem Haupt- stilett und den Nebenstiletten noch je ein Paar accessorischer Stilette, das jederseits neben dem Hauptstilett liegt. Im Übrigen vergleiche man Prosadenoporus arenarius. Prosadenoporus janthinus n. sp. (Fig. 45 und Aö5.a.) Die Länge des vorn angeschwollenen und hinten sich verjüngen- den rundlichen Körpers beträgt nur 3 cm. Am abgerundeten Kopfende treten zwei papillenartige Höcker hervor. Die Farbe schwankt zwischen Weißgelb und Braungelb. Die Bauchfläche ist heller als der Rücken gefärbt. Den Vorderleib zeichnet dorsal ein schön violetter Anflug aus. Fundort: Noordwachter Eiland. Die Kopfdrüsenzellen liegen in roseitenartigen Bündeln in und dicht hinter der Gehirnregion. 32 Otto Bürger, ? Das kleine Gehirn liegt in der äußersten Kopfspitze 0,2 mm von dieser entfernt. (Im Übrigen wie Pr. arenarius gebaut.) Prosadenoporus oleaginus n. sp. Ein 10 cm langes, 2!/, mm breites Thier. Die Gestalt ist rundlich, der Kopf nicht abgesetzt. Die Farbe des Rückens ist grauröthlich, die des Bauches hellgrau. Auf Noordwachter Eiland »im Sande eingewühlt« gefunden. Die Organisation entspricht ganz der von Pr. janthinus. II. Anatomisch-histologischer Theil. Anopla. Die Körperwand. (Tafel VII.) Historisches. Ein flimmerndes Epithel wurde von allen Forschern erkannt; die Cilien soll eine Cuticula tragen. Zwischen die Epithelzellen eingebettet wurden immer die einzelligen Schleimdrüsen bemerkt und bereits KEFERSTEIN (4 0) beschreibt gelappte drüsige Gebilde in derHaut. Derselbe sah wahrscheinlich die Packetdrüsen, welche wir später kennen lernen werden. Das Epithel stützt sich nach den Autoren auf eine Basalmembran. HüusrecHt nennt die unter der »Epidermis«, Epithel und Basalmembran, liegende Schicht Cutis und beschreibt in ihr Drüsenzellen (16). Der- selbe entdeckt subepitheliale Muskelschichten, eine äußere aus Ring-, eine innere aus Längsfibrillen bestehend. Den Bau der Cilien tragenden Epithelzellen bringt be- reits v. KEnseL richtig zur Darstellung. Die Erkenntnis von den Schichten des Haut- muskelschlauches gehörte zu einer der ersten in der Erforschung der Nemertinen. Das Parenchym ist eingehender von v. KEnNEL (29) studirt worden. Es erfüllt den Raum, welchen die Muskelschichten einschließen und die Organe freilassen ; der letzt citirte Autor beschreibt dasselbe als eine gallertige Masse, welche von Fasern durchflochten wird und in die Kerne und blasige Zellen eingestreut sind. Von Husrecat wurden die metameren Septen, welche die Darmtaschen aufhängen, ent- deckt (46). Die Körperwand der waffenlosen Formen wird von einem Epi- thel, welches sich auf eine Basalmembran stützt und verschiedenen Muskelschichten gebildet, die sich aus Ring- und Längsfibrillen zusam- mensetzen. Ihre Anordnung ist einerseits bei den Garinelliden, an- dererseits bei den Eupoliiden, Cerebratuliden und Langiiden überein- stimmend. Bei den ersteren legt sich eine Schicht von Ringfibrillen unmittelbar an die Basalmembran, auf welche eineLängsmuskel- schicht und nochmals eine Ringmuskelschicht, welche die Organe einschließt, folgt (Fig. 133). Letztere lassen außer einigensehrfeinen sub- epithelialen Muskelschichten leicht drei mächtige Muskelzonen Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 33 erkennen, nämlich eine äußere Längsmuskelschicht, eine Ring- muskelschicht und eineinnere Längsmuskelschicht. Mit der äußeren Längsmuskelschicht zugleich hat sich eine subepitheliale, binde- gewebsreiche Drüsenschicht, die aber auch reichlich von Längs- muskeln durchsetzt ist, eine Art Gutis, entwickelt (16) (Fig. 130, 131, 132, Taf. IX, Fig. 172). Die Muskelschichten finden sich aber — mit Ausnahme der sub- epithelialen — bei den höheren Gattungen nicht schon im Kopfe wie bei den Enopla gesondert, sondern eine Trennung der verschiedenen Muskelelemente in koncentrische Lager erfolgt vollständig erst hinter dem Gehirn, jedenfalls in der Mundgegend. Die Garinelliden nähern sich den bewaffneten Formen, indem bei denselben in der äußersten Kopfspitze bereits die äußere Ring- und die Längsmuskulatur in zwei gesonderten Schichten angelegt sind, ein parenchymatöses Gewebe um- fassend, welches die Blutgefäße und das Rhynchodaeum einbettet, (Fig. 134). In bedeutender Mächtigkeit tritt die Ringmuskulatur auch hier erst in der Höhe des Mundes auf. Die innere Ringmuskulatur, welche Rhynchocoelom und Darm einschließt, legt sich mit dem ein- tretenden Darmrohr an (Fig. 133). In das Hautgewebe, Epithel und Cutis, sind Drüsenzellen und Pigmente in großer Mannigfaltigkeit einge- schlossen. Das Epithel ist ein flimmerndes Cylinderepithel. Es wird nicht von einer Cuticula nach außen abgegrenzt, und wo selbst neuere Forscher wie Vosr und Yuns (39) eine solche beschrieben haben, sind sie durch den eigenthümlichen Bau der Wimpern irregeleitet worden, welche einen besonderen Fußapparat, mit dem sie der Zelle aufgeheftet sind, besitzen. Er zerfällt, ich folge in der Benennung der einzelnen Theile nicht ganz FrenzeL (52), in ein unteres längliches Fußstück (un- teres Knöpfchen), ein stabartiges Gebilde, ich will es auch Stäbchen nennen, das unmittelbar auf der Zelle sitzt, und ein punktartig kleines oberes Knöpfchen, das mit dem Stäbchen (größeren unteren Knöpfchen) durch ein äußerst feines, kaum sichtbares längeresZwischenstück (dieses nennt Frenzeı Stäbchen) verbunden ist. Dem oberen Knöpfchen ist das lange Wimperhaar inserirt (Fig. 135, 135«). Da die ungemein dicht- stehenden Knöpfchen häufig sämmtlich mit einander verklebt sind, täuschen sie leicht eine kontinuirliche Linie vor, die ja auch bis in die neueste Zeit auf anderen Gebieten der Histologie als eine einfache Cuti- cula oder eine doppelt kontourirte gedeutet worden ist. Die Elemente, welche das Epithel aufbauen, zerfallen, wie dies von Husrecnt (25)und von v. Kenner (29) konstatirt wurde, inEpithelfaden- zellen, welche Wimpern tragen, und wimperlose Drüsenzellen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 3 34 Otto Bürger, Zwischen den Zellen ist ein interstitielles Stützgewebe ent- wickelt. Die Fadenzelle ist fadenartig dünn und nur am Epithelrande derartig verbreitert, dass die Nachbarzellen zusammenstoßen und sich über die Drüsenzellen wölben, welche umgekehrt basal sehr erweitert und nach außen röhrenartig verjüngt sind. Ihr unterster Fortsatz zu- mal, welcher in die Basalmembran verankert ist, gleicht einer Faser. Die Köpfe der Epithelzellen, welche einen Schopf von Wimpern tragen, bei Cerebratulus marginatus tritt dies schön hervor, sind längsgestreift, als ob sich die Wimpern in die Zelle hinein fortsetzten. Der Kern ist länglich, ziemlich-groß und deutlich, bei allen Zellen in gleichem Ab- stand von der Basalmembran etwa dort liegend, wo sich dieselben trichterartig zu erweitern beginnen. Weder bei Cerebratulus, Langia oder Eupolia finden sich in den Fadenzellen irgend welche Einlagerun- gen, dagegen tritt bei den Carinelliden in den Zellen ein Pigment auf. Es ist dies schon darum eine interessante Erscheinung, weil wir dasselbe auch in den Fadenzellen der Enopla wiederfinden werden. Es besteht aus feinsten, grünlich bis schwarzen Körnchen, welche besonders massenweis in den verdickten Zellabschnitten eingestreut sind, aber auch noch den Fortsatz bis an die Basalmembran hinunter granuliren, in Folge dessen sich dieselben selbst in der Fülle der Drüsenzellen noch deutlich erkennen lassen (Fig. 123). Bei Carinella polymorpha ist das Pigment im hinteren Körpertheile völlig an den Epithelrand gedrängt und liegt hier so dicht, dass es eine vollständige schmale Pigmentzone unter dem Wimperbesatze bildet (Fig. 124). Weder bei den Carinelliden noch anderen Nemertinen habe ich außer den Fadenzellen, welche Wimperschöpfe tragen, und den Zellen eines interstitiellen Gewebes andere nicht drüsige wahrgenommen. Nirgends habe ich Sinneszellen mit einem starren Tasthärchen konsta- tiren können, wie sie Husrecat (25) und DewoLerzky (40) gesehen haben wollen. Eine Abbildung solcher doch gewiss besonders gebauter Zell- gebilde vermisse ich auch bei ersterem Autor. Zwischen die Fadenzellen sind verschiedene Drüsenzellarten eingebettet, die sichsowohl anihrer Gestalt, dem Aussehen ihres Sekretes sowie vor Allem in ihrem verschiedenartigen Verhalten gegen Farbstoffe, insbesondere Karmine und Hämatoxyline, erkennen lassen. Auch ihre Lagerung ist nicht eine gleiche, die einen liegen stets einzeln, die an- deren sind immer packetartig zusammengepackt. Die Gestalt ist bald eine flaschenförmige, gedrungene, bald eine dünn schlauchförmige zu’nennen, ihr Sekret ist homogen, schleimig, schaumig oder körnig. Letzteres erscheint oft so regelmäßig granulirt, dass die winzigen Sekret- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 35 partikelchen ein krystallinisches Aussehen besitzen; man könnte dieses Drüsensekret im Gegensatz zu den schleimigen und schaumigen ein krystalloides nennen. Das homogen schleimige und das krystalloide, beide sind stark glänzend, tingiren sich theilweise sehr lebhaft mit Boraxkarmin, wäh- rend das undurchsichtige, schaumige, welches meist aus lauter Bläs- chen zusammengeballt scheint, diesem Farbstoff widersteht, dagegen Hämatoxyline bis zur Blauschwarzfärbung aufnimmt. Namentlich letz- tere Probe ist sehr überraschend präeis. Übrigens sind Doppelfär- bungen mit beiden Tinktionsmitteln für das Drüsenzellstudium uner- lässlich. Die Anopla besitzen, so weit meine Erfahrungen reichen, zwei Drüsenzellarten, welche Haematoxylinfärbungen widerstehen. Ein- mal die der flaschenförmigen, deren Sekret selten wasserhell, sondern meist farbig, mattgrünlich, ölgelb oder tief smaragdgrün ist, sodann schlauchförmig gewundene Zellen gleichfalls mit oft gefärbtem Inhalt. Bei den Carinelliden besitzt die flaschenförmige Drüsenzelle (Fig. 123 FDr) eine regelmäßig länglich ovale Form, sie ist kurz und erscheint, da sie den Boden der Basalmembran häufig nicht erreicht, zwischen den Epithelzellen aufgehängt. Der Inhalt ist wasserhell, krystalloid, das heißt die verhältnismäßig ansehnlichen Inhaltskörper- chen sind gleichmäßig groß und kantig. Krystallartig ist auch ihr Licht- brechungsvermögen. Der kleine Kern liegt am Grunde der Zelle. Eine Differenzirung des um den Kern herum liegenden inneren Sekretes und des dem Epithelsaume genäherten äußeren kommt fast eben so wenig zum Ausdruck wie ein speciell Sekret bildender und Sekret ausführender Abschnitt in der Zellgestalt ausgeprägt ist. Diese Schleimzellen sind aber in der Haut der Carinelliden äußerst spärlich vertreten, einige wenige liegen zerstreut in der Epithelzone eines Quer- schnittes und erreichen erst im Epithel der Eupoliiden und vor Allem der Gerebratuliden und Langiiden eine Fülle, welche mit derjenigen der Fadenzellen konkurriren kann. Hier jedoch sind die schlauchförmigen Drüsenzellen sehr an Zahl entwickelt. Sie reichen bis auf die Basal- membran hinab und sind am unteren Ende ein wenig angeschwollen (Fig. 123, 124 PDr). Ihr Sekret ist durchaus homogen, glänzend, schleimig, ins Grünliche spielend; es verräth nicht die Spur innerer Granulation. Das ausführende Ende ist fadenartig und windet sich zwischen den Epithelzellen hindurch. Mit Boraxkarmin färben sie sich intensiv. Die Hauptdrüsenmasse der Carinelliden wird durch die nur Hä- 3% 36 Otto Bürger, matoxylin begierig aufnehmenden Zellen gebildet (Fig. 123, 124 PDr). Vor allen Dingen ist bei diesen das Sekret merkwürdig und erinnert an dasjenige, welches später von einigen Drüsenzellen des Rüssels der CGerebratuliden beschrieben werden soll. Es setzt sich aus kugeligen Bläschen von sehr ebenmäßiger Gestalt, die oft noch zahlreich zwischen und an den Wimpern des Epithels kleben, zusammen, denn diese Sekretbläschen, deren jedes eine scharf kontourirte Peripherie zeigt, kommen besonders außerhalb des Drüsenzellleibes und in den Sekret- leitenden Abschnitten derselben zur Geltung, weniger im erweiterten Zellgrunde um den Kern herum, obwohl sie häufig auch hier schon kenntlich sind. Jede Drüsenzelle zerfällt, es ist dies auch durch die Form scharf ausgeprägt, in einen Sekret führenden und Sekret produ- cirenden Theil. Der letztere, welcher sich im oberen Abschnitt noch stark tingirt, ist Kugelig ausgebaucht und zeigt in diesem einen schau- migen Inhalt: die Sekretbläschen sind hier massenhaft aufgespeichert und so dicht zusammengepresst, dass sie ihre runden Umrisse verlieren müssen und der geformte Inhalt einen polyedrischen Körper bildet, im untersten Abschnitt dagegen dicht am Kern bemerken wir in der Regel eine fast nicht tingirte homogene glänzende Masse. Der erstere bildet einen engen, langen, intensiv tingirten Gang, in dem die Bläschen perlschnurartig angeordnet — durch den Druck, welcher in der Tiefe erfolgt, schiebt ein Bläschen das andere vor — bis an den Epithelsaum und darüber hinaus zu verfolgen sind (Fig. 123, 124 Drst). Diese Sekretbahnen erinnern lebhaft an die Sekretstraßen, welche wir später bei den Cutisdrüsen zu besprechen haben werden. Die Drüsenzellen dieser Art liegen aber, wie schon angedeutet wurde, nicht frei, sondern packetweis zusammen. Die Drüsenpackete treten dadurch, dass sie in grubenartige Vertiefungen der Basalmembran eingesenkt sind, indem letztere sich um jedes Packet ringwulstartig in das Epithel erhebt, klar hervor. Wie die Leiber der Drüsen in Packeten sind die Ausführgänge in Bündel vereinigt. Dort, wo die Hämatoxylindrüsen weniger ge- drängt liegen, bilden sie Rosetten von Drüsenzellen; das sehr dichte Fortsatzbündel gleicht einem Stiele. — Die beiden zuletzt behandelten Drüsenarten sind in den verschiedenen Körperregionen ganz verschie- den massenhaft vertheilt. Des zerstreuten Vorkommens der flaschen- formigen Drüsen wurde bereits gedacht. Die schlauchförmigen Drüsen- zellen fehlen vor dem Gehirn eigentlich völlig. Erst hinter diesem in der Mundregion treten sie einzeln auf und zwar zwischen jedem Drüsen- zellpackete. Von nun an nehmen sie in der Ösophagealregion stetig an Zahl zu, so dass endlich anstatt des ursprünglich einzigen Drüsenzell- schlauches ein ganzes Bündel zwischen die Packete eingeschaltet ist Hua R 7 A Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 37 (ef. Fig. 123 mit 124). Allmählich nimmt ihre Fülle aber wieder ab und in der hinteren Körpergegend kommen sie nur noch vereinzelt vor. Die Hämatoxylindrüsen bilden im Kopf der Carinelliden eine kontinuir- liche Schicht, in welcher die Fadenzellen nur als feinste Pigment- streifen zur Geltung kommen, die Packete platten sich, unmittel- bar an einander stoßend, gegenseitig ab. Je bedeutender die schlauchförmigen Drüsenzellen im folgenden Abschnitt werden, um so dünner werden die Packete. In keiner Körpergegend aber verschwin- den sie oder nehmen auch nur an Zahl erheblich ab, wie sehr auch der Umfang eines rosettenartigen Drüsenpäckchens gegen jene übermäch- tigen Packete aus der Gehirngegend kontrastiren mag. Auch die Höhe dieser Packete, wie überhaupt die Höhe desEpithels in den prä- und post- ganglionären Körperabschnitten differirt bedeutend. An der ventralen Seite der Kopfspitze nämlich ist das Epithel fast von der Rüsselöffnung an bis genau in die Höhe der ventralen Kommissur beinahe doppelt so hoch als unmittelbar hinter derselben. Im vorderen Epithelabschnitt nehmen die Drüsenpackete drei Viertel der gesammten Epithelhöhe, hinter der Kommissur jedoch nur die Hälfte derselben ein. An der dorsalen Fläche vollzieht sich der Übergang vom hohen Kopfepithel in das niedrigere Leibesepithel weniger schroff (Fig. 134). Im Besitz der Packetdrüsenzellen innerhalb des Epithels stehen die beiden Carinelliden vor unseren übrigen Familien einzig da, erst die Enopla werden einigermaßen ähnliche Verhältnisse bieten. HuprecHt (25) unterscheidet am Integument von Carinina, einer Carinella verwandten Form, diese Schichten: the basement membrance, the plexiforım nerve tissue, the deeper glandular stratum und the exter- nal glandular layer. Die beiden letzteren Lager trennt eine Schicht nahe bei einander liegender Kerne, that belong to extremely elon- gated cells placed perpendicularly to the surface. Ich glaube, diese Beschreibung deutet darauf hin, dass wir bei CGarinina bis auf den ner- vösen Plexus gleiche Verhältnisse im Bau zu erwarten haben wie bei Carinella. Die beiden Drüsenschichten werden nicht existiren, aber es. sind leicht erklärliche Trugbilder, welche daraus resultirten, dass der Verfasser die einzelnen Drüsenzellen des Epithels ihrem ganz verschie- denen Bau und ihrer weit aus einander gehenden Art nach nicht erkannt hat. Den Abbildungen nach zu urtheilen hat derselbe nur im Epithel zerstreute Sekretbrocken gesehen mit Ausnahme von flaschenförmigen Drüsenzellgebilden an der Epitheloberfläche, von denen ich aber sehr vermuthe, dass es nur die oberen Abschnitte von Sekretgängen sind, da mir eine so kurze und so reichlich im Epithel vertheilte Drüsen- zellform bei einer so nahen Verwandten Carinellas unerklärlich ist. Das 38 Otto Bürger, Kernlager gehört in der That sehr langen Zellen an, nämlich den Epithel- fadenzellen, von denen ich nur diese ganz allein neben den Drüsen- zellen feststellen Konnte. Den Epithelzellen der Eupoliiden, der Cerebratuliden und Langiiden fehlte im Gegensatze zu denjenigen der Carinelliden jede Spur eines Pigmentes, und dem Epithel gehen vollständig die Hämatoxylin ver- wandten Packetdrüsenzellen ab. Anstatt dieser haben sich in außer- ordentlicher Fülle die flaschenförmigen Drüsenzellen eingefunden, auch die schlauchartigen sind reichlich vertreten (Fig. 129, 430, 434). Bei Eupolia sind die Flaschendrüsen zwar nicht in solcher Fülle vorhanden wie beim Cerebratulus, aber immerhin so massenhaft, dass man nicht etwa einen Übergang an dem Epithel der Eupolia von Gari- nella zum Cerebratulus demonstriren darf. Die Flaschendrüsenzellen zeichnet eine länglich ovale Gestalt aus, selten sind sie mit einem Halse versehen; das Sekret ist gelblich Kr farblos, krystalloid, aber viel feiner Bramllint als vorhin. Die schlanken Schlauchdrüsenzellen sind besonders bei Eupolia Brockii zahlreich, dün- nen, langen Schleimstäben gleichend. Die epithelialen Drüsen treten in der Kopfspitze fast vollkommen zurück, hier steht Fadenzelle an Faden- zelle, und mehren sich erst bedeutend in der ösophagealen Region, um im mittleren und namentlich im Schwanzabschnitt, wenigstens am dor- salen Umfang, so zahlreich zu werden, dass sie den Fadenzellen gleich kommen. Das ventrale Epithel ist stets bedeutend drüsenärmer als das dorsale. Die äußere Erscheinung, die das Epithel von Eupolia auf Schnit- ten bietet, ist natürlich durch die Umgestaltung der drüsigen Elemente nicht unbeeinflusst geblieben. So hat dasselbe von der vordersten bis zur hintersten Spitze eine ziemlich gleich hohe Decke, die wesentlich nie- driger ist als diejenige des Carinellaepithels. Die Epithelzellen steigen palissadenartig von der Basalmembran auf, ihre langen, etwas spindel- artigen Kerne treten vorzüglich hervor und sind sämmtlich in einer Höhe zwischen Basalmembran und Epithelsaum an einander gereiht. Im Epithel der Cerebratuliden sind die Schleimdrüsen eben so zahlreich wie die Fadenzellen entwickelt. Der Färbung ihres Sekretes verdanken die Thiere öfters ihre Grundfarbe, so z. B. olive, hellgrün bis dunkelgrün aussehende, oder auch die hellgelben, wie Cerebratulus marginatus. Das Sekret ist krystalloid. Dieses liegt aber ausschließlich in der äußeren Hälfte der Drüsenflasche und färbt sich, das am Boden derselben aber um den Kern herum aufgespeicherte ist völlig homogen und tingirt sich nicht (Fig. 129 und 131 FDr.) Es ist diese Diffe- renzirung eines älteren und jüngeren Sekretes eine ähnliche, wie bei den Packetdrüsen der Carinelliden, wo ein lebhaft gefärbtes _Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 39 geformtes Sekret im oberen Zellabschnitt von einem homogenen farb- losen Bodenschleime sich unterscheiden ließ. Bei den Cerebratuliden erst ist die charakteristische Flaschenform mit Bauch und Hals voll zum Ausdruck gekommen. Verschieden tief in das Epithel eingesenkt, sind sie bald in demselben aufgehängt in eine Art Korbgeflecht, bald stützen sie sich auf die Basalmembran. Der kleine Kern, welcher immer dem Boden anliegt, ist ungemein zierlich und, trotzdem er sich tief färbt, leicht zu übersehen. Die schlauch- förmigen Drüsen sind in relativ sehr geringem Maße entwickelt. Die Vertheilung der Drüsen ist bei den Cerebratuliden und Langia formosa, welche sich ganz an diese anschließt, eine sehr gleichmäßige. Sie fehlen nur dort, wo sich Spalten oder Grübchen nervöser Bedeutung angelegt haben. Eine Bevorzugung des dorsalen Epithels durch Drüsenzellen lässt sich immer noch konstatiren. | Fadenzellen und Drüsenzellen sind diejenigen Bestandtheile des Epithels, welche sich auch ihrem Bau nach leicht unserer Erkenntnis erschließen und die wir sofort als Elemente desselben zu betrachten lernen. Viel misslicher aber ist das Studium desjenigen Gewebes, wel- ches zwischen jenen Zellen sich mehr oder minder reichlich befindet, zumaldie in schwierigen Fällen sonst so vorzügliche Macerationsmethode mich im Stich ließ. Ich fand keine Mittel, den festen Verband, in welchem sich die Epithelfadenzellen unter sich befinden, und der noch durch ein interstitielles Gewebe erhöht wird, zu lockern oder gar zu lösen. Eininterstitielles Gewebe beschreibt Lang bei den Polyeladen (54), zugleich hervorhebend, wie erst Querschnitte durch das Epithel, also solche, welche die Körperwand tangential trafen, einen richtigen Einblick in die Strukturverhältnisse desselben geben. Folgen wir diesem Beispiel! Wir überzeugen uns jetzt mit aller Bestimmtheit davon, dass die Drüsenzellen in einem Maschenwerk von Gewebe liegen, was wir schon am längsgetroffenen Epithel vermutheten. Die Maschen können nun einestheils nur durch das unmittelbare Zusammentreten, gleich- sam das Verkleben der Fadenzellen, wie in der Nähe des Epithelrandes, wo dieselben trichterartig erweitert sind, geschaffen werden, anderen- theilsmussjedoch am Grunde des Epithels, da die Fadenzellen hier faden- artig und außerdem durch die umfangreichen Drüsenzellen aus ein- ander gedrängt werden, ein besonderes Gewebe hinzukommen, welches sich zwischen den Fadenzellen ausspannt und die Drüsenzellen um- hüllt. Das ist in der That der Fall, es ist ein Bindegewebe, welches von der Basalmembran aus in alle Interstitien des Epithels hineingewuchert ist, einen Kitt zwischen seinen Zellen herstellend, der nicht zu zer- 40 Otto Bürger, stören ist. An ausgepinselten Präparaten hat es sich in großen Fetzen, welche an die Basalmembran geheftet sind, erhalten. So ist das interstitielle Gewebe bei Cerebratulus, Langia und Eu- polia beschaffen, bei Carinella dagegen bildet es ein feinstes Faserwerk, welches sich um die Packetdrüsen ausbreitet. Bei allen Formen sind in dasselbe massenhaft Kerne eingebettet, welche sich bis an den Saum des Epithels zwischen den Faden- und Drüsenzellen emporschieben. Diejenigen derselben, welche eine spindelförmig dünne oder unregel- mäßige Gestalt kennzeichnet (Fig. 124 K,), dürfen wir, da wir die- selben, wo immer Bindegewebe im Körper der Nemertinen entwickelt ist, wiederfinden werden, sicher als Bindegewebskerne bezeichnen, zu- mal sich das interstitielle Gewebe unmittelbar aus den subepithelialen Bindegewebsschichten ableitet. Was sind aber jene bei Weitem zahl- reicheren großen kugeligen oder elliptischen mattgefärbten Kerne (Fig. 124 A,) mit einem zarten inneren Chromatingerüst, einer peri- pheren Körnerzone und einem oder mehreren Nucleolen? Wenn die- selben weniger zahlreich, vereinzelt über der Basalmenbran vertheilt aufträten, so würde man gern geneigt sein, sie in den Dienst des Nerven- systems zu stellen und sie als Bildner eines nervösen Plexus aufzufassen. Bei der eigenthümlich haufenweisen, ungemein dichten Lagerung, durch die sie aber besonders bei Cerebratulus auffallen, wo sie wie hervorgehoben unmittelbar an den Rand des Epithels hinaufgeschoben sind und überhaupt bei ihrer Massenhaftigkeit, ist hieran wohl nicht zu denken. Sodann aber beeinflusst mich die Erkenntnis, welche erst aus einem eingehenden Studium des Nervensystems gewonnen wird, dass in allen Körpertheilen nämlich, wo nervöse Gewebsmassen sich befinden, dieselben ein bindegewebiges Hüllelement — ein wahrscheinlich in der Entwicklungsgeschichte aus dem Grundbindegewebe des Körpers her- vorgegangenes modifieirtes, sekundäres Bindegewebe — begleitet, welches die charakteristischen Kerne auszeichnet. Dürfen wir aber nervöse Elemente über der Basalmembran annehmen? Zweifellos. Wiederholt sah ich bei Carinella — diese ist das günstigste Objekt, weil hier die Nervenzüge, welche die Seitenstämme abgeben, wie diese unter der Basalmembran, folglich möglichst nahe am Epithel liegen —, dass Nervenmassen die Basalmembran durchbrachen und sich auf derselben am Grunde des Epithels ausbreiteten (Fig. 124n). Sie führen die klei- neren stärker gefärbten ovalen Kerne, welche den Nerven eingelagert sind. Aber auch bei Gerebratulus wurden bereits von Husrzcut Nerven nachgewiesen, welche das Epithel versorgen, und ..ich darf bestätigen, dass dieselben sowohl von der äußeren Muskelnervenschicht als den Seitenstäimmen unmittelbar entspringen. Be + j Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 41 Ein epithelialer nervöser Plexus voilendetster Art muss sich nach Husrecnr bei Carinina grata befinden, wo sich die zellige Bekleidung des Seitenstammes unmittelbar über die Basalmembran in das Epithel hinein fortsetzt und der große Rückennerv (Medullary nerve) eine epi- theliale Lage einnimmt. Bisher wurde das Epithel der verschiedenen unbewaffneten Ne- mertinengattungen so beschrieben, wie dasselbe immer am Kopfende und in der Ösophagealregion gebaut ist. Merkwürdige Veränderungen vollziehen sich aber in demselben zur Zeit der Geschlechtsreife, so bald die Ausführungsgänge der Geschlechtsprodukte die Köperwand durch- brochen haben oder während des Durchbruchs, letzteres vermag ich nicht zu entscheiden, im mittleren und hinteren Köperabschnitt (Fig. 125). Ich beobachtete die folgende Erscheinung nur an einem einzigen weib- lichen Individuum von Carinella polymorpha. Während das Epithel dieser Species normal, wie es beschrieben wurde, sich in diesen Körperregionen im ganzen Umfange aus Faden- zellen und Packetdrüsen zusammensetzt, und die schlauchförmigen Drüsen eben so wenig wie die Flaschendrüsen außer in vereinzelten Exemplaren aufzufinden sind, strotzt dasselbe hier im Umkreise der Geschlechtspori von Drüsenzellen, welche so dicht neben einander ge- packt sind, dass man nicht mehr ihre Grenzen bestimmen kann, Zellen, die sich gleichfalls mit Hämatoxylin nicht tingiren, und deren glän- zendes, schleimiges Sekret, welches freilich krystalloide Bildungen nicht zeigt, sondern bröcklige Massen bildet, beweist, dass wir es hier mit Gebilden zu thun haben, die der Reihe der Einzeldrüsen, also den Flaschen- oder Schlauchdrüsenzellen zugezählt werden müssen. Da die Geschlechtspori seitlich in wechselnder Höhe ausmünden, so ist dies jederseitige Drüsenband sehr breit und zieht sich so hoch am dorsalen Körperumfang hinauf, dass es nur einen relativ schmalen Rückenstreifen rechts und links von der Medianlinie frei lässt, d. h. hier erhält sich das Epithel fast unverändert. Das Drüsenepithel ist doppelt so hoch als das dorsale und ventrale. Dasselbe macht den Eindruck, als ob sämmtliche Epithelelemente völlig verschleimt wären bis auf den pigmentirten Epithelsaum, welcher meist scharf kontourirt erhalten ist. Während die Fadenzellen in der That oft kaum noch zu konstatiren sind, nament- lich ihre Fortsätze, ist es äußerst selten zur spurlosen Auflösung der Packetdrüsenzellen gekommen, welche sich selbst unmittelbar um die Geschlechtsöffnungen herum, wenn auch in unförmigen Massen, zu er- halten pflegen (Fig. 125 Pdr). Ob dieser unverkennbar epitoke Zu- stand des Epithels auch bei anderen Nemertinen, so bei Gerebratulus, eintritt, habe ich leider nicht konstatiren können. 42 Otto Bürger, Bei den Anneliden ist derselbe ja bekanntlich eine weit verbreitete Erscheinung, und die Veränderungen, welche die Haut geschlechtsreifer Thiere der Gattung Clistomastus durch Zunahme von Drüsenzellen er- leidet (cf. Eısıs [54#]), sind ähnlich denen, welche am Carinellaepithel beschrieben wurden. Der Einfluss, welchen der geschlechtsreife Zustand auf die umlie- genden Massen des Körpergewebes ausübt, ist bei Carinella ein so tiefgehender, dass er selbst Stücke der Basalmembran mit ergreift und augenscheinlich innerlich umwandelt. Es bringt dies Hämatoxylin- färbung zum Ausdruck, welche die Basalmembran, so weit sie das ver- schleimte Epithel trägt, intensiv tingirt, sonst aber kaum von ihr merk- lich aufgenommen wird. Die Basalmembran bildet jenen bindegewebigen Panzer, an welchem sich die Epithelzellen verankern und jene radiären Bindege- websstränge anheften, die der Muskulatur und den Organen als An- satzpunkte dienen. Sie grenzt das Epithel gegen die inneren Schichten der Körperwand ab. Bei den Carinelliden ist sie so mächtig entwickelt, dass sie das Ringmuskellager bei Weitem an Dicke übertrifft und mehr einer Schicht als einer Haut gleicht; bei den Eupoliiden ist dagegen ihr Durchmesser schon beträchtlich redueirt, bis sie bei den Gerebratuliden und Langia sich zu einer kaum messbar dünnen Haut verfeinert hat. Ich bezeichne nämlich, früheren Autoren folgend, als Basalmembran die gesammte Unterhaut bei den Carinelliden, bei Gerebratulus, Langia und Eupolia dagegen ein Häutchen, welches sich zwischen Epithel und Unterhaut anlegte, nachdem letztere zum Sitze von Drüsenzellen und Muskeln wurde. Die Struktur der Basalmembran ist bei Carinella eine nicht ge- schichtete. Sie besitzt ein hyalines Aussehen. Farbstoffen widersteht sie. Kerne liegen ihr an und sind in der Membran eingeschlossen zu finden. Auf Querschnitten erscheint sie homogen, gallertartig, auf Schnitten dagegen, welche sie in der Fläche trafen, sehen wir die hya- line Grundsubstanz von einem Fasernetzwerk, wie wir es bei der Enopla wiederfinden werden, durchflochten (Fig. 136). Gegen das Epithel zeigt sie keine glatten Kontouren, sondern wellige. Sie ist buchtig-ge- zähnt; an die Zähne oder Zacken setzen sich die Epithelzellen, in den Buchten sind die Packetdrüsen wie bei Carinella oder bei Gerebratulus und den anderen höheren Formen die Flaschendrüsen eingesenkt. Der Basalmembran entspringen Gewebszüge, welche im Epithel an der Bil- dung des interstitiellen Gewebes Theil nehmen und sich an die Faden- zellen fortsetzen. Die Basalmembran durchdringen Züge der radialen nn ee 27 Ba: hr a‘ Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 43 Muskulatur. Dort, wo sie in dieselbe eindringen, pflegt die Basalmem- bran eingebuchtet zu sein, so dass auch ihre innere Fläche ein welliges Aussehen gewinnt. In die Züge der radialen Muskulatur eingebettet werden auch Nervenfibrillen aus ihrem ursprünglichen Lager auf der äußeren Ringmuskelschicht mit fort an das Epithel geführt (Fig. 124). Die Basalmembran von Langia, Gerebratulus und Eupolia stellt ein strukturloses Häutchen dar, an das ich ab und zu einen Spindelkern angedrückt bemerkte. Bei den Carinelliden legt sich an die Basalmembran der Hautmus- kelschlauch, bei Eupolia, Gerebratulus und Langia grenzt die Basal- membran das Epithel, wie gesagt, von einer Unterhaut, der Cutis ab. Die Gutis baut sich aus Bindegewebe, Muskelfibrillen und Drü- senzellen auf. Das Bindegewebe bildet das Skelett der Cutis. Dasselbe sondert sich in zwei Schichten. Eine obere, äußere dünnere, dicht unter der Basalmembran entwickelte und eine untere, sehr mächtige, welche die Cutis gegen die äußere Längsmuskulatur abgrenzt. Diese beiden Schichten sind in ziemlich nahen Abständen regelmäßig durch radiale Bindegewebszüge verbunden. So entstehen jene ziemlich gleich geräumigen Kammern, in welchen die Drüsenpackete liegen. Die untere Schicht ist gewellt und geschichtet und durchbrochen von den radialen Muskelzügen, welche aus den inneren Muskelschichten kom- mend, sich in die Kammerwände fortsetzen und bis an das Epithel zu verfolgen sind. Der Gattung Eupolia, diese ist ins Auge gefasst wor- den, fehlen bis auf die radialen, Muskelelemente in der Cutis (Fig. 131). Die Drüsen, welche in Packeten angeordnet, die Kammern ausfüllen, sind den Packetdrüsen des Carinellaepithels sehr verwandt: wie diese widerstehen sie Karmintinktionen, nehmen aber begierig Hämatoxylin auf. Der Höhe der Cutis entsprechend sind die Packete lang und dünn oder breit und zusammengepresst. Die einzelnen Drüsen sind von birn- förmiger Gestalt, nackt und von Bindegewebsfasern, die sich von den Kammerwänden abspalten, umhüllt. Um dieses zu konstatiren werden wir die mit Karmin gefärbten Präparate studiren müssen. Hier bemer- ken wir auch die kleinen stark lichtbrechenden kugeligen oder kanti- gen Kerne, welche der Hülle anliegen und öfters ein sehr fein- körniges glänzendes helles Sekret, auf das meistens aber nur durch die Hämatoxylinfärbung zu schließen ist. Das Sekret wird in Sekret- straßen, wie sie vielfach beschrieben sind, so von v. GrArF (50) bei den Süßwasserturbellarien und von Lane (51) bei den Polycladen, fort durch die Basalmembran und das Epithel hindurch nach außen befördert. Von einem Packet, welches nach außen zugespitzt ist, gehen eine oder mehrere Straßen ab, oder die scheinbar einheitliche theilt sich und mün- 44 Otto Bürger, det in verschiedenen Armen am Epithelsaume. Da die Gutis von Eupolia, keine Längsmuskulatur besitzt, können die Drüsenpackete sich außer- ordentlich ausbreiten, so dass sie fast, nur durch die Kammerwände von einander abgeschlossen, zusammenstoßen. Die Cutis ist auch bei den indischen Eupoliaformen vorzüglich und ganz wie bei Eup. delineata entwickelt. Vor Allem bei Eup. ascophora ist ihr Drüsenreichthum und die mächtige Entwicklung der Packete, was Höhe und Umfang anbe- trifft, bedeutend hervorragend. Die Cutis der Cerebratuliden und von Langia formosa ist durch das Auftreten von Längsmuskelfibrillen beträchtlich verändert. Die innere Bindegewebsschicht, die Grenze gegen den eigentlichen Haut- muskelschlauch, bildet in der Regel ein lockeres Flechtwerk. Die obere äußere ist sehr dünn und besteht aus wenigen Strängen; die Kammer- wände — hier ist es unzweifelhaft, dass die sich unmittelbar aus den radialen Körperbindegewebssträngen fortsetzen — verästeln sich reich- lich nach außen und anastomosiren mit einander, das Bindegewebe lie- fernd, in welches die Längsmuskelbündel eingebettet sind; während mit einem Worte das Skelett der Cutis der Eupoliiden ein bindegewebiges kompaktes Gewebe bildete, wird es bei den Cerebratuliden und Langia durch ein Bindegewebsflechtwerk hergestellt. Dass sich die Cutis hier viel weniger scharf von den inneren Schichten der Körperwand abhebt, als es bei den vorigen Arten hervortrat, ist leicht verständlich (Fig. 129 und 130). Bei Cerebratulus marginatus alterniren Muskel- und Drüsen- packete. Da die Drüsenzellen jedoch bündelartig zusammengedrängt stehen, gleicht die bindegewebige Gesammthülle, in die sie auch hier eingebettet sind, nicht mehr einem weiten Kammerraume, sondern einer engen Röhre, welche sich dicht um die schlanken langen Zellbündel legt. Zwischen den Röhren, durch die Wände dieser begrenzt, liegen die Mus- kelfibrillen. Die Cutis eines Gerebratulus lässt sich also direkt auf die- jenige einer Eupolia zurückführen, wenn wir uns die umfangreichen Drüsenkammern röhrenartig zusammengeschrumpft denken und in den Lücken, welche nun zwischen den Röhren entstanden sind, Muskeln Platz nehmen lassen. Die Kammerwände einer Drüsenkammer, welche bei Eupolia weit aus einander lagen, aber mit denen der Nachbarkam- mern zusammenstießen, sind bei Cerebratulus zusammengedrängt wor- den, von den benachbarten, aber durch die Muskulatur getrennt. Die Gestalt der einzelnen Drüsenzelle ist demnach eine schmale, langgestreckt schlauchartige, der untere kernführende Abschnitt ist kaum wahrnehmbar angeschwollen. Obwohl ihr Sekret noch immer von Hämatoxylin besonders lebhaft tingirt wird, ist es doch auch Kar- ee Er ak W: D E Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 45 minen und besonders Pikrokarmin zugänglich. Im producirenden Drü- sentheile ist dasselbe glänzend, öfters lebhaft wie das der Flaschen- drüsen grün gefärbt und für Farbstoffe weniger empfänglich, im ausführenden bröcklich und immer intensiv tingirbar. Der Kern ist kugelig oder ein wenig länglich, unterhalb derselben ist der Drüsen- zellleib spitz ausgezogen. Die Sekretstraßen der einzelnen Zellen ziehen innerhalb der Bindege- websröhre, welche dies Drüsenbündel umscheidet, dicht zusammenge- presst bis an das Epithel, zersplittern sich noch unter der Basalmembran und durchbrechen diese immer in Gemeinschaft von Bindegewebszügen, die sie ferner umhüllen und sich am Aufbau des interstitiellen Gewebes betheiligen, um durch dieses hindurch an den Flimmersaum zu ge- langen. Die Sekretstraßen liegen, wie wir uns auf Querschnitten durch das Epithel überzeugen, zwischen den Epithelfadenzellen. Diese Art der Cutisdrüsen, bei den Eupoliiden die einzige, findet sich bei diesen Formen sowohl als auch den Cerebratuliden und Langia überall im Körper in gleicher Fülle und Mächtigkeit vertheilt. Nur an bestimmten grubenartigen Einstülpungen fehlen auch sie, wie es schon von den epithelialen Drüsenzellen erwähnt wurde. Bei Cerebratulus marginatus enthält die Cutis noch eine andere Drüsenzellart, die aber lediglich auf die Kopfspitze beschränkt, nicht über das Gehirn hinaus nach hinten sich fortsetzt (Fig. 129). Sie unterscheiden sich von den typischen Cutisdrüsen hauptsäch- lieh durch ihre weit geringere Länge. Diese übertreffen sie etwa vier bis fünfmal, da die Schicht, welche die zweite Gutisdrüsenzellform bildet, kaum höher als diejenige des Epithels ist. Sie sind in lockere Bündel in geringer Anzahl vereinigt in die äußere Bindegewebsschicht der Gutis eingesenkt und stellen im Ganzen, um sie möglichst kurz zu charakterisiren, Cutisdrüsenzellen der ersten Art en miniature dar. Aus der Reihe der indischen Cerebratuliden sind Gerebratulus albo-vittatus, psittacinus, galbanus und glaucus hervorzuheben, da ihre Cutis in so fern sehr an diejenige von Eupolia erinnert, als es zur enor- men Entwicklung der unteren Bindegewebsschicht gekommen ist, die nun wieder mehr einem kompakten, gewellten Gewebe als einem lockeren Flechtwerk von Bindegewebssträngen ähnelt. Dasselbe ist theilweise eben so mächtig wie die Drüsenschicht. Auffälligerweise sehen wir mit dem Auftreten dieses festen Panzers den Schwund der Cutismuskulatur Hand in Hand gehen. C. albo-vittatus bietet noch da- durch eine Eigenthümlichkeit hinsichtlich der Cutis, dass dieselbe, aber nur in ihrem ventralen Umfang, genau bis in die Höhe der Kopfspalten resp. weiter hinten bis in. die der Seitenstämme, massenhaft außer den a > 2 46 Otto Bürger, typischen Drüsenzellen, welche hier nicht die geringste natürliche Fär- bung verrathen, lange schlauchförmige Einzeldrüsen enthält, welche dasselbe glänzend dunkelgrüne Sekret führen, das die epithelialen Flaschendrüsen erfüllt. Ein kurzer Rückblick lehrt uns, dass die äußere Hautschicht bei niederen und höheren Nemertinen im Wesentlichen übereinstimmend gebaut ist. Während sich die Elemente, die Fadenzellen und die drei Drüsenzellarten, welche wir immer, nur geringfügig modifieirt, von Familie zu Familie übergehend, als solche wieder festgestellt haben, bei den älteren Formen, den Carinelliden, sämmtlich in nur einer Schicht fanden, dem Epithel, sind sie bei den jüngeren, höher organisirten Eu- poliiden, Gerebratuliden und Langiiden theilweise in eine tiefer gelegene Schicht gewandert, oder besser, sie haben sich zu einer außerhalb der übrigen Epithelelemente liegenden Schicht vereinigt, welche nun einen besonderen Habitus durch Wucherungen des sie umhüllenden Binde- gewebes bekommen hat und als solehe Cutis genannt wurde. Denn liegt etwas näher als die bei den verschiedenen Formen Packet- oder Hämatoxylindrüsenzellen genannten Sekretionsorgane, welche in Bau und Eigenschaften die durchgehendste Übereinstimmung zeigten, als völlig gleichwerthige Gebilde, die im Laufe der Stammesentwicklung umgelagert wurden, aufzufassen? Sicher nicht; denn sobald die Packet- drüsen sich in eine Basalmembran von der Mächtigkeit, wie sie die Carinelliden auszeichnet, einsenkten und die Basalmembran sich über die kugeligen Packete nach außen zusammenschloss, nur dem Sekret eine Austrittsöffnung lassend, ist außer der inneren Grenzschicht der Cutis, welche ja eo ipso entstand, auch die Basalmembran der Gutis besitzenden Formen erklärt. Diese kann sehr fein werden wie bei Gerebratulus marginatus und dann hinter einer Schicht zurücktreten, welche dünne subepitheliale Muskelschichten, die sich unter der Basal- membran entwickelt haben, gegen die Drüsenpackete abgrenzt und darum aus rein äußerlichem Grunde, äußere oder obere Grenzschicht der Cutis genannt wurde. Der Basalmembran der Garinelliden entspräche also das gesammte Bindegewebe der Gutis, wie dies ja auch äußerst an- schaulich ist, sobald es noch den ursprünglich kompakten Charakter wie bei den Eupoliiden bewahrt hat und dasselbe nicht mit dem Auftreten einer Cutislängsmuskulatur in ein lockeres Bindegewebsflechtwerk auf- gelöst wurde, wie es bei den meisten Cerebratuliden der Fall war. HusrechHt unterscheidet am Integumente einer Eupolia acht Schich- ten, das Epithel, enthaltend die »peripheral sense-cells and ciliated cells, the unicellular glands — the layer of deeply-stained nuclei, — the secondary basement membrance, zwei subepitheliale Muskelschichten Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 47 und ein inneres Lager containing the longer and more tortuous glands, the deepest integumentary tissue — the primary basement membrance. Zur Charakteristik der Drüsenzellen, namentlich derjenigen der Cutis, fügt der Verfasser außer dem so eben Angeführten kaum noch etwas hinzu. Indem derselbe aber eine doppelte Basalmembran unterscheidet, deutet er richtig an, dass das Bindegewebe der Cutis der Carinella- Basalmembran entspricht (25). Bei Eupolia ascophora stülpt sich die Haut, Epithel und Cutis an der Kopfspitze von den Seitenorganen an nach vorn ringartig vor, so dass die äußerste Spitze mit dem Augenfelde rings von einem Wulste um- geben scheint. Histologische Eigenthümlichkeiten bietet weder das innere noch das äußere Epithel der Falte. — Daraus könnte man fol- gern, dass die Hautduplikatur bei der Konservirung eingetreten sei oder doch im Leben willkürlich zum Verschwinden gebracht und her- vorgerufen werden könnte (cf. 25; Seitenorgan, Anopla). In dem Gewebe der Kopfspitze der Eupoliiden, Cerebratuliden und Langiiden befinden sich endlich noch lange Drüsenzellschläuche, die ich ihrer Lage entsprechend und ihrer Zusammengehörigkeit nach als Kopfdrüse beschreiben will. Dieselbe charakterisirt vor Allem die Eupoliiden. Bei diesen Formen wird sie von Schläuchen gebildet, welche eine erstaunliche Länge besitzen, da sie von der äußersten Kopfspitze über das Gehirn hinaus bis in die Ösophagealregion reichen. Sie erstrecken sich also von vorn nach hinten in der Längsachse des Thieres. An der Spitze besitzt ein Drüsenschlauch einen minimalen Durchmesser, der- selbe wächst aber mehr und mehr, bis er in der Schlundgegend zu einem umfangreichen Sacke angeschwollen ist. Die Ausführgänge der Kopfdrüsenzellschläuche sind über der Rüsselöffnung vereinigt und durchbrechen Cutis und Epithel. Ihre Zellleiber liegen nur innerhalb der äußeren Längsmuskelschicht, fast in der Mitte dieser, ein wenig der Ringmuskelschicht genähert. Sie bilden einen Mantel, welcher nur hinter der Mundöffnung ventral nicht völlig geschlossen ist (Fig. 132). Die Kopfdrüsenzellen sind, wie die der Cutis, Hämatoxylin begierig aufnehmende. Karmine absor- biren sie nicht oder doch nur schwach. Niemals habe ich den Segen, welchen die Behandlung mit diesen beiden Farbstoffen zugleich bringt, so erkannt, wie beim Studium dieser kolossalen Sekretionsorgane. Welch wundersame Vermuthungen drängten sich mir auf, als ich zuerst bei Eupolia Brockii ihre feinkörnigen, mattgefärbten Sekretmassen im Querschnitt mitten in den Muskelpacketen der Längsmuskulatur oft scheinbar unmittelbar von ihren Fibrillen umgeben an einer Karmin- 48 Otto Bürger, serie bemerkte. Und wie wurde ich mit einem Schlage von der Sekret- natur jener Massen überzeugt, nachdem sie mit Hämatoxylin eben so wie die Cutisdrüsen eine tiefblaue Tinktion angenommen hatten. Auch die Kopfdrüsen sind wie die der Cutis aus Packetdrüsenzellen zusammenge- setzt. Der zusammengesetzte Drüsenzellschlauch ist vom Bindegewebe umhüllt, d. h. er ist in völlig muskelfreie Räume desselben gebettet. Von den Wänden dieser primitiven Scheiden spalten sich Fasern ab, welche die langen schlauchförmigen Einzeldrüsen umspinnen. Ihr Kern ist größer als wir ihn bisher in Drüsenzellen gefunden haben und ziemlich regelmäßig elliptisch. Das Sekret besitzt keine bestimmte Form, erst in den ausführenden Abschnitten wird es grobkörnig. Diese Kopfdrüsen sind bei allen Eupoliiden in gleicher Fülle ver- treten und tragen zur Charakteristik dieser Familie nicht unwesentlich bei. Bei Eupolia Brockii und marmorata sind die Schläuche nicht dicker als bei E. delineata, bei E. ascophora dagegen übertreffen sie diejenigen der europäischen Art etwa um die dreifache Stärke. Ferner sind sie bei sämmtlichen Arten noch um ein beträchtliches Stück über den Mund hinaus nach hinten zu verfolgen. Dies ist wichtig, da wir bei den Cerebratuliden und Langia dessgleichen Kopfdrüsen beschreiben müssen, welche sich aber nur bis an das Gehirn fortsetzen. Bei Eupolia delineata stellte ich fest, dass ein Theil der Kopf- drüsenzellschläuche in eine terminale, tiber der Rüsselöffnung gelegene Grube mündet. Ob diese Kopfdrüsenzellschläuche sich von denen, welche in unmittelbarer Nachbarschaft der Kopfgrube direkt durch das Körperepithel nach außen münden, unterscheiden, habe ich nicht be- merken können. Bei keiner der indischen Eupolia-Arten vermochte ich die Kopfgrube aufzufinden. Ich konstatirte dieselbe zuerst an einem mit wässerigen Häma- toxylin behandelten Exemplar, bei welchem wohl die Gutisdrüsen- zellen, nicht aber die Kopfdrüsenzellschläuche, auch nicht ihre aus- führenden Enden hervortraten. Hier stellt die unpaare Grube ein flaschenförmiges, umfangreiches Gebilde dar mit schmaler Eingangs- öffnung, dem Halse und einer birnförmigen Erweiterung, dem Bauche; dasselbe ragt durch die Gutis hindurch noch in das tiefere Körpergewebe hinein. Ihr Umkreis ist dadurch ausgezeichnet, dass ihm die Cutisdrüsen fehlen, eben so wenig besitzt ihr Epithel die Flaschendrüsen. Der Hals der Grube wird von dem sich etwas einstülpenden und nach innen bie- genden Körperepithel gebildet. Den inneren Raum dagegen kleidet ein besonderes Epithel aus, dessen Zellen sehr lang, fadenförmig und radiär angeordnet sind. Da sie eine Basalmembran nicht begrenzt, sind ihre Fortsätze weit ins innere Körpergewebe zu verfolgen. Sie besitzen u Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 49 längliche Kerne, die vom Lumen fortgerückt, aber alle in gleicher Ent- fernung von demselben liegen. Am Rande des Lumens treten die Zell- körper, ganz wie die Köpfe der Epithelfadenzellen, dicht zusammen. Ihre Köpfe tragen weniger Cilien als die des Epithels, aber sie sind be- deutend länger, so dass sie das Lumen der Grube fast vollständig erfüllen, Basilarfüßchen und Knöpfchen fehlen nicht. Zwischen den Epithelzellen der Grübchen drängen sich die Enden der Kopfdrüsenzellschläuche eben so hindurch, wie die Sekretstraßen der Cutisdrüsenzellen durch die Epithelfadenzellen. Dieses erfahren wir an Präparaten, die mit dem oft erwähnten Hämatoxylin (Enrricn) be- handelt wurden. Das Sekret ergießt sich mithin in den Bauch der Kopfgrube, um hier wohl durch die Thätigkeit der Wimpern nach außen befördert zu werden. Eine Kopfdrüse »glande e&phalique« ist nur von SaLensky (36) mit aller Klarheit erkannt und bei Monopora vivipara beschrieben worden. Wir werden seiner Zeit bei Behandlung der Enopla, wo uns die Gat- tung Prosadenoporus eine eben solche vorführen wird, auf die bezüg- liche Darstellung des Verfassers zurückgreifen. Gleichzeitig fügt Sırensky aber der Darstellung der Kopfdrüse von M. vivipara hinzu: »Pourtant je l’ai observee chez Polia oü elle atteint le m&me degre& de developpement que chez Monopora.« Eine nähere Beschreibung der Kopfdrüse bei Eupolia folgt nicht. — HusrecHt (25) hat von der Kopfdrüse nur die Drüsenschläuche ge- sehen, ohne freilich auch diese als solche zu erkennen; er beschreibt bei Eupolia Giardii (Hubr.) in der äußeren Längsmuskulatur, innerhalb der primary basement membrance, ein gelatinöses Gewebe mit großen vacuolisirten Zellen, zwischen diesen Längsmuskelbündel. Das gela- tinöse Gewebe ist nichts Anderes, als das bindegewebige Hüllgewebe der Drüsenzellpackete, welche in der That bis in die Nephridialregion nach hinten reichen, die vakuolisirten Zellen sind die ungefärbten Leiber der Drüsenzellen selbst. Die Kopfdrüsenzellschläuche von Cerebratulus und Langia sind nicht allein in ihrer Länge, sondern auch sonst in ihren Dimensionen im Ver- gleich zu denen der Eupoliiden erheblich redueirt: schlank, fadenartig dünn, nur mit kolbiger, schwacher Endanschwellung reichen sie kaum bis an das Gehirn nach hinten. Sonst aber haben sie ihren Charakter bewahrt, da ihre Schläuche gleichfalls Drüsenpackete bilden, welche um die Rüsselscheidenöffnung ihr Sekret in feinen dunkel granulirten Straßen nach außen schieben, und sie innerhalb der Cutis im centralen Gewebe der Kopfspitze in der Längsachse des Thieres eingebettet sind. Pigmente sind bereits im Epithel der Carinelliden erwähnt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. [A 20 Otto Bürger, worden, wo dieselben in feinsten Körnchen von den Fadenzellen ein- geschlossen wurden (Fig. 123 und 124). Vorausgeschickt wurde da- mals, dass pigmentführende Fadenzellen nur diesen Formen und den bewafineten Nemertinen eigen sind, und es ist noch hinzuzufügen, dass diese Art des Pigmentes die einzige ist, welche ich im Körper beider Carinellaspecien feststellen konnte. Auch Deworrrzky (40) schildert die Epithelfadenzellen von Carinella als pigmentführend. Die meisten unserer Anopla, die Eupoliiden, Gerebratuliden und Langiiden besitzen besondere Pigmentzellen. Dieselben sind reich ver- zweigt. Ihre Äste strahlen von einem centralen Punkte aus, in welchem ein ziemlich ansehnlicher elliptischer Kern liegt. Die ungemein dicht liegenden Pigmentkörnchen sind gelb, braun oder schwarz gefärbt, wie es die äußere Zeichnung, die auf ihrer massenweisen Anhäufung beruht, errathen lässt. Trägerinnen der Hauptpigmententwicklung sind die subepithelialen Schichten der Muskulatur, und vor Allem die Cutis. Bei Eupolia delineata sind die Pigmentzellen, deren faserartige Fortsätze hier dicht zu einer dünnen Schicht verflochten sind, fast ausschließlich in die subepitheliale Längsmuskulatur gelagert (cf. Husrecat 25), und nur vereinzelt zwängen sich ihre Fortsätze zwischen die Kammern der Cutis. Eine ähnliche Beschränkung erfährt die Ausbreitung des Pigmentes bei Eup.ascophora. In beiden Formen findet es sich nur am dorsalen Körper- umfang. Bei Eup. Brockii aber, wo das Pigment in einem mittleren Bauch- und Rückenstreif zu verfolgen ist, haben sich seine Zellen nicht allein in der ganzen Tiefe der Gutis entwickelt und umspinnen von allen Seiten die Drüsenpackete, sondern dieselben sind zwischen den Faden- zellen bis an den Rand des Epithels nach außen gedrungen, die In- terstitien ausfüllend (Fig. 126). Unter den Cerebratuliden scheinen pigmentirte Individuen selten zu sein; wie schon hervorgehoben, rührt die Grundfärbung vielfach von derjenigen des Sekretes der Flaschen- drüsen her, denn ich habe nur den lebhaft gezeichneten Cerebratulus aurostriatus als in hohem Grade pigmentführend zu nennen. Die Organisation der Muskulatur der Nemertinen ist früh er- kannt worden und mit systematisch verwerthet. Wie dieselbe bei un- seren Formen angeordnet ist, wurde schon am Eingang dieses Kapitels gesagt; es bleibt übrig, den Bau der einzelnen Schichten bei denselben festzustellen. Die äußere Ringmuskelschicht der Carinelliden erreicht selbst in der Ösophagealregion nur einen sehr geringen Durchmesser und wird im hinteren Körperabschnitt so dünn, dass sie auf Quer- schnitten kaum mehr aufzufinden ist. Ein mächtiges Lager bildet da- gegen die einzige Längsmuskulatur, welche überall eine bedeu- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 51 tende Stärke bewahrt. Zwischen beiden habe ich noch eine Schicht diagonal verlaufender, sichkreuzender Muskelfasern fest- gestellt, welche im vorderen Körperabschnitt die Dicke der Ringmuskel- schicht erreicht (Fig. 123 und 13%). Eine sehr merkwürdige Erscheinung bildet das Auftreten der in- neren Ringmuskulatur, welche Husrecuar (25) außer bei Carinella auch bei Carinina und Carinoma, also nur ursprünglichen Formen, be- schrieben hat. Der Autor sagt von ihr: »lt is directly applied against the longitudinal muscular layer; it forms at the same time the excee- dingly thin ventral wall of which is in these species formed by fibres of the same inner circular layer that branch off, and are directed in- wards between the space for the oesophagus or intestine, thus creating a floor to that proboscidian space. The inner circular layer is continued ventrally, and embraces the other internal organs as well.« In der That, diese Ringmuskelschicht grenzt fast unmittelbar ven- tral und dorsal an die Längsmuskulatur, lateral aber hebt sie sich weit von derselben ab und giebt hier Raum für die Entwicklung parenchy- matösen Gewebes, in das die Blut- und Wassergefäße eingeschlossen sind. Die Lage der Ringmuskelschicht aber innerhalb der Blutgefäße und des Parenchyms ist für ihre Auffassung von entscheidender Be- deutung, da bekanntlich, wo immer Parenchym im Nemertinenkörper in solcher Massenhaftigkeit auftritt, dasselbe sich an Stelle einer Leibes- höhle entwickelt hat. Die Muskelschicht liegt mithin im Leibesparen- chym und gehört nicht dem Hautmuskelschlauche an. Obschon auch Husrzcnt das innere Ringmuskellager als die Mus- kulatur bestimmter Organe beschreibt, und sie folglich nicht als Schicht des Hautmuskelschlauches betrachtet, vermisse ich doch die Betonung jenes Punktes, auf welchen es allein in dieser Frage ankommen kann. Meine Untersuchungen über den Bau der inneren Ringmuskelschicht stimmen nicht ganz mit denen Husrecnr's überein, welcher dieselbe, wie aus dem Citat hervorgeht, als eine Rüsselscheidenmuskelschicht, welche sich unter den Darm fortgesetzt hat, denselben umfassend, auffasst. Die Ringfaserschicht, welche das Rhynchocoelom umgiebt und schon im Kopfabschnitt wohl zur Ausbildung gekommen ist, lässt sich in bedeu- tender Mächtigkeit als ein durchaus selbständiger Ring, der auch zwischen Rhynchocoelom und Darm nicht viel dünner ist als dorsal über dem Rhynchocoelom, von der Mundregion bis an das Ende des Rhyn- chocoeloms auf Querschnitten verfolgen. Diese Muskelschicht umgiebt über dem Rhynchocoelom und seitlich desselben eine andere Ringmuskelschicht, etwa von derselben Stärke als jene, und setzt sich an den Darm fort, denselben umschließend. Beide 4* 52 Otto Bürger, Muskelschichten sind auch über dem Rhynchocoelomlumen selbst im Scheitelpunkte noch gut von einander zu trennen: die Muskulatur des Rhynchocoeloms ist straffer und dichter, die sie bedeckende lockerer und gewellt. Sollte diese Verschiedenheit durch ungleiche Kontraktions- zustände hervorgerufen sein, so erhellt dennoch, dass jede dieser Mus- kelschichten für sich wirken kann. Außerdem schiebt sich ein dünner Längsmuskelmantel, welcher dieRingmuskelschicht des Rhynchocoeloms ventral und seitlich umgiebt, fast vollständig um dieselbe herum, nur einen dorsalen Streifen freilassend, die Sonderung von der sog. inne- ren Ringmuskelschicht noch schärfer ausprägend. Die innere Ring- muskelschicht endet auch keineswegs mit dem Rhynchocoelom, son- dern ist um das Darmrohr gelagert, dasselbe umfassend, bis in das hinterste Ende des Carinellakörpers nachzuweisen. Eine wichtige Er- scheinung, auf die wir später zurückkommen werden, ist die eines oberen und unteren Muskelkreuzes, welche bei Carinella annulata durch je eine Verbindung, welche die innere Ringmuskulatur mit der äußeren eingeht, hervorgerufen wird (Fig. 133). Wohl mag diese Muskulatur, welche in Carinoma ihre größte Mäch- tigkeit erreichen soll »in a certain functional connection« mit Rüssel und Ösophagus stehen. Der unbefangene Beobachter wird ihr jedoch auf Grund des Studiums am erwachsenen Thiere eine fast völlige Unab- hängigkeit von der Ringmuskelschicht des Rhynchocoeloms zusprechen müssen. Eine radiale Muskulatur ist auch bei Carinella schon vorhanden. Besonders vorzüglich habe ich die quergetroffenen Fibrillen derselben an Schnitten, welche die Basalmembran in der Fläche trafen, konsta- iiren können. Denn jene Muskelbündel ziehen, wie bereits hervorge- hoben, bis an das Epithel, Ring-, Diagonal- und Längsmuskulatur radien- artig durchsetzend. Die Muskulatur der Eupoliiden, Gerebratuliden und Langiiden bietet keine wesentlichen Abweichungen in den verschiedenen Familien. In der Kopfspitze sind bei diesen Gattungen bis auf die subepi- thelialen keine gesonderten Muskelschichten entwickelt, sondern ein hauptsächlich aus Längsmuskeln bestehendes Gewebe, in das sich Mus- kelzüge der Sphincteren des Rhynchodaeums verflechten, bettet die Gefäße, das Rhynchodaeum, das Gehirn ein. Die subepithelialen Muskelschichten, welche Husrecat gleichfalls neuerdings entdeckte, setzen sich aus einer äußeren Ring- faserschicht und inneren Längsfaserschicht zusammen. Beide sind außerordentlich fein und bestehen meist aus einer einzigen Lage Fibril- len. Die subepitheliale Längsmuskelschicht ist nicht mit der Längs- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 53 muskulatur der Cutis zu verwechseln (Fig. 129, 131). Beide sind durch eine bindegewebige Schicht von einander geschieden, aber auch leicht durch die ungleiche Stärke ihrer Fibrillen aus einander zu halten. Die der subepithelialen Muskelschicht sind punktartig fein, während die der Cutis an Dicke nicht hinter denen der inneren Muskelschichten zurück- stehen (Fig. 129). Die äußere Längsmuskulatur der subcutanen Schichten ist bei Weitem die mächtigste bei sämmtlichen Formen und erhält sich von vorn nach hinten in relativ gleicher Stärke. Die Ringmuskelschicht erreicht etwa ein Drittel ihrer Höhe. \ 1 Dms WE | Am, FIT TUR Le "iger a Ur RT m — m a — Rt RIINI EN 120} 2 } N N , vr N A| ' 1 Io ala Ik N ı En. Ima. gRN. | Lmi. Fig. I. Schema der Muskulatur eines Cerebratulus tigrinus nach einem frontalen Längsschnitt. Es bedeuten: Zma, äußere Längsmuskulatur; Dm, Diagonalmuskulatur; Zmi, innere Längsmuskulatur; gRN, großer Rückennerv; Rm, Ringmuskulatur. Sie ist lateral zusammengepresst und schwillt allmählich in ihrem dor- salen und ventralen Umfang an. Nach hinten zu nimmt dieselbe von der Ösophagealregion an stetig unverhältnismäßig ab. DieinnereLängsmuskulatur ist die schwächste der Muskel- schichten, aber immer deutlich auch bei den Eupoliiden vorhanden. Bei einigen Cerebratuliden, besonders vorzüglich bei Cerebratulus tigrinus, aber auch bei Cerebratulus marginatus angedeutet, fand ich schließlich auch noch eine dritte Art von Muskelfasern, nämlich Ringfasern mit diago- nalem Verlauf. Dieselben bilden eine bedeutende Schicht beiCerebratulus tigrinus über der äußeren Muskelnervenschicht, die sich auch jederseits 54 Otto Bürger, über die Seitenstämme fortsetzt. Sie setzt sich aus zweierlei Ringfibril- len mit entgegengesetztem Verlauf zusammen, welche sich bei Cere- bratulus marginatus, wie dies tangentiale Schnitte beweisen, genau unter einem Winkel von 45 ° über dem großen Rückennerven schneiden (Fig. 130 und Fig. ]). Eine quere Muskulatur, d.h. eine solche, welche dorso-ven- tral den Nemertinenkörper durchsetzt, besitzen nur die Eupoliiden, Cerebratuliden und Langiiden. Sie kommt besonders in der mittleren und hinteren Leibesregion mit den Darmtaschen zugleich zur Ausbildung. Ein Paar Darmtaschen schließen immer einen queren Muskelzug oder eine Muskelplatte ein, so dass Darmtasche und dorso-ventraler Muskelzug alterniren (Fig.174u.175). Die gegenständigen Muskelzüge vereinigen sich bei Eupolia delineata unmittelbar über dem Rhynchocoelom, und nur einige Fibrillenbündel gehen hier durch die innere Körperlängsmusku- latur, um sich an der Ringmuskulatur anzuheften. Auch ventral biegen sie sich, das Darmrohr umfassend, dem sie auch seitlich eng anliegen, stark zusammen, gabeln sich jedoch hier und heften sich mit allen Ästen an die Ringmuskulatur an. Obwohl die dorso-ventralen Muskelzüge auch den Cerebratuluskörper nicht in gerader, kürzester Linie durch- setzen — wie wir es bei Drepanophorus kennen lernen werden — sondern um Rhynchocoelom und Darm einen Bogen beschreiben, setzen sie sich doch dorsal und ventral mit allen Ästen, in welche sie sich gabeln, an die Ringmuskulatur fort. Langia formosa, bei welcher die Darmtaschen ungemein lang sind und der axiale Theil des Darmes nur ein Rohr von geringem Durchmesser bildet, hat Raum zur Entwick- lung einer breiten Muskelplatte gegeben, welche sich oben und unten mit vielen Strängen gleichfalls mit der Ringmuskulatur verbindet, und die über dem Rhynchocoelom, obwohl nicht unmittelbar, so doch nahe an einander treten. Vielleicht mag dem Leser schon jetzt der Gedanke gekommen sein, ob die dorso-ventrale Muskulatur nicht in irgend welche Beziehung zu der inneren Ringmuskelschicht der Carinelliden zu bringen sei, sicher wird derselbe ihm aber geradezu aufgedrängt werden, wenn wir an die der Charakteristik der inneren Ringmuskulatur der Carinelliden wichtige, an Carinella annulata zum Ausdruck gekommene Erscheinung eines dorsalen und ventralen Muskelkreuzes, welches jene Muskelschicht mit der äußeren Ringmuskelschicht verbindet, nochmals erinnern und hin- zufügen: das dorsale Muskelkreuz wird dadurch gebildet, dass sich der größte Theil der Fibrillen der äußeren Ringmuskelschicht unter dem großen Rückennerven abzweigt, die Längsmuskulatur durchbricht und sich über der Ringmuskulatur des Rhynchocoeloms über den kleinen yr Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 55 Rückennerven hinweg in die innere Ringmuskelschicht fortsetzt (Fig. 82, 83). Ventral tritt in gleicher Weise ein Theil der Muskelfibrillen- masse der inneren Ringmuskulatur durch die Längsmuskulatur hindurch in die äußere Ringmuskulatur hinein. Bei Carinella polymorpha ist das Muskelkreuz nur dorsal und auch hier nur sehr gering zum Ausdruck gekommen, ventral wird der ent- sprechende Punkt nur durch eine leistenartige Erhebung, welche tiefer in die Längsmuskulatur hineinragt, an der inneren Ringmuskulatur ge- kennzeichnet (Fig. 81). Kehren wir zu den höheren Formen der waffenlosen Nemertinen zurück, um die dorso-ventrale Muskulatur noch einmal vergleichsweise ins Auge zu fassen. Es findet zwar bei keiner unserer Specien eine Kreuzung der halbbogenförmigen dorso-ventralen Muskelzüge statt, da Fig. II. Carinella. Fig. UI. Eupolia. Es bedeuten: XRN, kleiner Rückennerv; Rc, Rhynchocoelom; D, Darm; SG, Seitengefäß; RG, Rückengefäß; iRm, innere Ringmuskulatur: dvM, dorsoventrale Muskulatur; Am, Ring- muskulatur; Zm, Längsmuskulatur. dieselben in der dorsalen und ventralen Mittellinie nicht über einander treten, sondern entfernt von dieser jederseits an die Ringmuskulatur sich verästeln, aber bei Eupolia haben wir doch mit Schärfe nachgewie- sen, dass nur ein Theil der Fibrillen der beiden Muskelbögen rechts und links sich mit der Körperringmuskulatur verbindet, die anderen Muskelfibrillen aber in der dorsalen Mittellinie unmittelbar über der Ringmuskulatur zusammentreten. Sie würden also dem Fibrillenzuge der inneren Ringmuskelschicht bei Carinella entsprechen, der an der Bildung des dorsalen Muskelkreuzes sich nicht betheiligt, sondern sich um die Ringmuskulatur des Rhynchocoeloms fortsetzt. Endlich werde 96 Otto Bürger, auch noch auf die Lage, welche die innere Ringmuskulatur und die transversale charakterisirt, innerhalb der seitlichen Blutgefäßstämme aufmerksam gemacht. Beide Muskulaturen sind folglich Ringmuskulaturen, welche Darm und Rhynchocoelom innerhalb des Leibesparenchyms umschließen und mit der Ringmuskulatur des Körpers, die innere Längsmuskulatur durchdringend (die äußere Längsmuskulatur ist bei Garinella nicht aus- gebildet) in Verbindung treten, indem sich die Fibrillen der Halbbögen der inneren Ringmuskelschicht oder der dorso-ventralen ihren Verlauf beibehaltend, von rechts kommend links, von links rechts in die Ring- muskulatur des Körpers fortsetzen. Hierbei treten diese nun entweder unter der Ringmuskulatur des Körpers über einander und kreuzen sich schon unter derselben, oder es findet eine Kreuzung muthmaßlich erst in jener statt. Die innere Ringmuskelschicht bildet einen Schlauch in dem der metameren Darmtaschen entbehrenden Carinellakörper, die dorso-ven- trale ist durch das Auftreten metamerer paariger Darmtaschen in so viel Reifen als Septa da sind zerlegt worden. Eupolia und Cerebratulus deuten die Weise an, auf welche sich die innere Ringmuskulatur der Carinelliden allmählich zu jenen straffen geraden Bändern umgewan- delt hat, welche die dorsoventrale Muskulatur der Enoplen bilden. Auch physiologisch müssen die beiden Muskulaturen gleichwerthig sein, denn was kann durch die kreuzweise Verknüpfung zweier Ring- muskulaturen anders bewirkt werden als eine Kontraktion hier der Lage der Kreuze entsprechend in dorsoventraler Richtung, welche ja auch die vom Rücken zum Bauch gehende Muskulatur herbeiführen muss? — das Fehlen eines Muskelkreuzes bei Carinella polymorpha ist nicht so auffallend, wenn wir bedenken, dass auch im Rüssel einiger Cerebratuliden, welcher in der Regel zwei Muskelkreuze besitzt, ganz nach Analogie derjenigen Carinellas! nur das eine ausgebildet ist. Den Höhepunkt der Entwicklung einer radialen Muskulatur finden wir unstreitig bei den CGerebratuliden. Bei Eupolia konstatiren wir im Vergleich zu Carinella eine bedeutende Fortentwicklung derselben, doch bleibt sie hinter der eines Gerebratulus marginatus an Mächtig- keit zurück. Die Züge derselben durchsetzen einerseits die äußere Längsmuskulatur und dringen bis an das Epithel. Sie strahlen in die Ringmuskulatur aus. Andererseits durchsetzen solche auch die innere Längsmuskulatur aus der Ringmuskulatur heraustretend und sind bis an die Organe oder das gällertige Leibesparenchym zu verfolgen. Be- sonders in der äußeren Längsmuskulatur stehen sie außerordentlich dicht, dieselbe in schmale lange Fächer kammernd. Bei Langia formosa konnte ich keine starke radiale Muskulatur und in Folge dessen auch Bra: | & 4 Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 57 keine besonders hervortretende Fächerung der Längsmuskelschichten konstatiren. DieHistologie der Muskulatur. Die Muskelfaser der Nemer- tinen ist auch von Ronpe (56) beim Studium derjenigen der Chaetopoden berücksichtigt worden. Der Autor ist sich aber nicht klar geworden, ob die Muskelfibrillenbündel oder Packete, welche, wie wir schon öfters erwähnten, im Bindegewebe eingebettet sind, als einer Muskelzelle gleichwerthig zu betrachten und mithin der Muskelfaser der Chaeto- poden zu vergleichen sind, oder ob jede einzelne Muskelfibrille oder jedes einzelne (Muskel-) »Säulchen«, deren viele ein Bündel bilden, eine Muskelzelle repräsentirt. In ersterem Fall sollen die kontraktilen Säul- chen, welche ein Muskelbündel, ein »Primitivbündel« wie Roupe, CrA- PAREDE folgend, sagt, nur Elemente einer Muskelzelle, die in Längszerfall gerathen ist, zusammensetzen. Das Primitivbündel würde einen wohl wie bei Priapulus und Sipunculus central gelegenen Kern besitzen. Nur bei diesen Formen, wo die Elemente eines Primitivbündels nahe kranz- artig an einander gereiht oder selbst mit einander verschmolzen sind, beobachtete der Autor überhaupt einen Kern. Weder bei Cerebratulus marginatus noch bei Borlasia carmellina aber wurde von ihm ein sol- cher aufgefunden. Hätte sich Ronpe näher auch mit der Muskulatur der Nemertinen be- schäftigt, so würde es ihm nicht entgangen sein, dass jedes Muskelsäul- chen, also jede Fibrille eines sog. Primitivbündels, einen Kern besitzt. Jede Muskelfibrille stellt folglich eine Muskelzelle vor, jedes Fibrillen- oder Primitivbündel ein Packet von Muskelzellen (Fig. 137 und 137a). Die Muskelzelle der Nemertinen ist wie die der höheren Anne- liden dadurch ausgezeichnet, dass die Zellsubstanz im Verhältnis zur fibrillären verkümmert ist. Nur bei den niederen Typen, den Garinel- liden, ist ein deutlicher, der fibrillären Substanz anliegender Zellleib erhalten, alle übrigen zeigen nur den Kern, welcher der Fibrille ange- drückt erscheint, aber auch in ihr gefunden wird. Hiervon habe ich mich an Längs- und Querschnitten, in evidentester Weise jedoch an Zupfpräparaten, überzeugt. Der Muskelzellkern der Carinelliden, ich habe die Längsmuskulatur im Auge, ist groß elliptisch, fein granulirt, oft mehrere sehr deutliche Nucleoli führend. Bei den Cerebratuliden ist er kleiner, etwas mehr länglich. Die Kerne der Ringmuskulatur sind fast spindelig. In Ring- und Längsmuskulatur sind die Kerne gleichmäßig vertheilt; eine ganz auffallende Masse von Kernen zeichnet die dorsoventrale Muskulatur aus. Die Muskelfibrille des Gerebratulus marginatus ist vollkommen wie diejenige der Nemertine gebaut, welche der Beschreibung G.R. Wagener’s (14) zu Grunde gelegen hat und so wie 58 - Otto Bürger, es Ronpe auch von Polynoe angiebt. Jede Längsmuskelfibrille setzt sich nämlich aus einer Reihe dünner und verdickter Abschnitte zusammen. Diese sind spindelartig gestaltet und ziehen sich an beiden Enden zu einer feinen Faser aus, welche allmählich wieder zu einer Spindel an- schwillt, dann sich wieder verjüngt, wieder anschwillt und so fort in der ganzen Länge der Muskelfibrille.. Auch die Ringfaser besitzt diese An- schwellungen, welche aber länger und weniger gedrungen als die der Längsfaser erscheinen. Der Kern kann sowohl in den schlanken als verdickten Abschnitt der Fibrille fallen (Fig. 128). — An den Muskel- zellen der Eupoliiden, Langiiden und Carinelliden nahm ich derartige Verdickungen nicht wahr. Die Muskelzellen sind selten rund, ihr Querschnitt ist vielmehr kantig vieleckig. Ihre Dicke, welche bei Garinella nur 2—3 u beträgt, bei Eupolia ist ihr Querschnitt punktartig, nimmt bei Gerebratulus be- deutend zu und übertrifft bei Langia oft das Maß von 10 u. Einen un- messbar feinen Querschnitt besitzen die Zellen der radialen Muskelzüge. Die Muskelzellen der Nemertinen sind in mehr oder minder große Fächer bündelweis abgetheilt. Die kleinsten Muskelfächer, wo diesel- ben aber am schärfsten von einander durch ein gallertartiges Grundge- webe abgegrenzt sind, zeigt Garinella. Die Muskelzellen liegen hier dicht bei einander, kranzartig gruppirt. Da ferner Zellleib und Kern der Muskelzelle ungewöhnlich groß und ausgebildet sind, so könnte man in der That, wenn die Muskelzelle nie in ihrem ganzen Verlaufe gesehen wurde, durch Querschnitte verleitet, annehmen, das Muskel- zellbündel stelle ein Primitivbündel vor. Die Muskelzellbündel Carinellas gleichen denen von Borlasia car- mellina, welche Ronpe im Sinne Scuneiper’s ! als höhere Stufe des Primi- tivbündels bezeichnet, da die »Muskelsäulchen zu mehreren in einem von festerer Substanz umschlossenen Raum liegen«, während die nie- drigere Stufe durch Gerebratulus marginatus nach demselben Autor ver- treten wird, wo, wie bei den Cestoden »Säulchen fibrillärer Substanz, welche solid oder hohl sein können, einzeln in ein festes Protoplasma eingebettet sind«. In der That, so lange wir die kontraktilen Säulchen nur als Theile einer Muskelzelle betrachten, wird auch jene Auffassung gelten müssen, nachdem wir aber in jedem der kontraktilen Säulchen eine Muskelzelle erkannt haben, müssen wir in der freieren Lage der Muskelzellen, welche bei Gerebratulus und mehr noch bei Langia ähn- lich angeordnet sind wie bei Eunice Harassii, eine spätere Stufe der Entwicklung erblicken; das bestätigt ein Ausblick nach den Enopla. Bei 1 SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Gießen 1863. Berichte der Öberhessischen naturforsch. Gesellschaft. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 59 Cerebratulus (Fig. 130) ist die Längsmuskulatur in Längsfächern an- geordnet, welche durch die radialen Körperbindegewebszüge abgetheilt sind. Indem sich von diesen überall Äste in die langen schmalen auf dem Querschnitt rechteckigen Fächer abspalten, werden innerhalb des Faches wiederum Muskelzellbündel, wenn auch nicht so scharf be- srenzte als sie Carinella charakterisiren, gebildet. Im hinteren Körper- abschnitt besonders tritt bei Langia die Fächerung der Muskulatur zurück, und anstatt der bei Gerebratulus so sehr hervortretenden radia- len Bindegewebszüge finden wir zwischen den Muskelzellen ein sehr feinfaseriges Netzwerk, kaum noch Bündel derselben erkennend. Die Längsmuskulatur dieser Species ist am ähnlichsten derjenigen von Eunice angeordnet. Der Bau der Ringmuskulatur weicht unerheblich von dem der Längsmuskulatur ab. Bei Gerebratulus tigrinus bemerkte ich auf einem Querschnitt durch dieselbe, dass die Muskelzellen »federartig« ange- ordnet sind, d. h. ihre länglichen, schmalen Schnitte reihen sich an einem radiären Bindegewebsstrange auf, so dass sie fast ein Bild geben, ich überzeuge mich hiervon an einer Figur Ronpe's, wie ein Querschnitt durch die Längsmuskulatur von Lumbricus maximus, zumal auch die Schnitte unserer Ringmuskelzellen winklig zu dem Bindegewebsstrange stehen. Der Winkel öffnet sich nach außen, der in den Bindegewebs- strang fallende Scheitelpunkt zweier gegenüber liegender Muskelzell- schnitte ist nach innen gerichtet. Die gesammte Längsmuskulatur von Gerebratulus marginatus zeigt eine Querstreifung, welche von Ronpe an Polynoe und von G.R. WAGENER zugleich mit dem vorher beschriebenen eigenthümlichen Bau der Längs- muskelzelle der Nemertinen auch bei Mollusken entdeckt wurde. Sie kommt dadurch zur Erscheinung, dass sich die Muskelzellen sämmtlich immer mit ihren verdickten Stellen an einander legen. Sie bildet bald gerade, bald mehrfach geknickte Bänder. Auch die Ringmuskulatur ist abwechselnd hell und dunkel gestreift; da die Anschwellungen ihrer Zellen aber weniger gedrungen und länger sind, ist die Streifung durch- aus nicht so prägnant. Ob die Streifung eine Eigenthümlichkeit der Muskulatur ist, oder ob sie nur durch Kontraktion hervorgerufen wird, scheint mir eine unbeantwortete Frage zu sein (Fig. 128). Auch die kontraktile Substanz der Nemertinenmuskelzelle setzt sich aus einer Summe von Fibrillen zusammen, deren jede einen unmessbar feinen Querschnitt hat. Davon habe ich mich an Zupfpräparaten, in denen Fasern von der scheinbar einheitlichen kontraktilen Säule abge- spaltet wurden, hinreichend klar überzeugen können. Das Bindegewebe ist gleichsam die skelettogene Substanz des Re we. j 60 Otto Bürger, Nemertinenkörpers. Es bildet radiale Stränge, welche an den Grenzen der einzelnen Schichten der Körperwand koncentrisch verflochten werden. Bei den Carinelliden sind die Stränge kaum differenzirt. Die Muskulatur liegt in einem wenig färbbaren Grundgewebe, das wie die Basalmembran keinerlei Struktur zeigt und sich nicht von dem Paren- chym des Leibesinneren unterscheiden lässt. Es führt stark Farbstoffe imbibirende kleine rundliche oder ein wenig längliche Kerne. Bei den Eupoliiden treten die radiären Stränge gut hervor, sie kammern die Muskulatur, umscheiden die nackten Schläuche der Kopfdrüsen, und bilden eine Hülle um die Muskelnervenschicht. Ihre höchste Entwicklung erfahren sie jedoch im Körper der Cere- bratuliden. Aus dem bindegewebigen Mantelgeflecht, welches die Cutis gegen die äußere Längsmuskulatur abgrenzt, und den Kammerwänden, welche ihre Drüsenpackete einschließen, gehen die radialen Stränge hervor, welche sich durch sämmtliche Muskellager bis an die inneren Organe fortsetzen, um diese aufzuhängen. Sie sind über und unter der äußeren Muskelnervenschicht und über und unter der inneren Muskelnervenschicht mit einander durch feine Zweige der Hauptstränge verstrickt. Die radialen Stränge selbst und all ihre Zweige, welche sie abgeben, führen lange spindelige, immer tief tingirbare Kerne. Das, was wir als Strang bezeichnet haben, ist aber, dies geht beim Studium des Cerebratulus klar hervor, kein solides Gebilde, sondern eine Röhre, welche immer ein anderes Gewebselement einschließt. In diesem Sinne ist gesagt worden, dass die radialen Bindegewebs- stränge Nervenzüge fortleiten, und es bleibt hinzuzufügen, dass sie auch innerhalb der äußeren Längsmuskulatur, in welcher sie die Fächer der Muskelzellen bilden, selbst wieder Muskelfasern führen, welche wie sie radial verlaufen, und zwar die der gesammten radialen Muskulatur. Desshalb leitet sich die Struktur des intramuskulären Bindege- webes, das uns einmal als eine kompakte gallertige Grundsubstanz (Carinella), sodann als ein Flechtwerk, in dem radiale Stränge vor- herrschen (Cerebratulus) oder als ein zartes Netzwerk (Langia) erschien, einzig aus der Anlage der Muskulatnr ab, indem vor Allem die mehr oder mindere Ausbildung der radialen Muskelzüge sie am wesentlich- sten beeinflusst. Das Parenchym. Es trägt zur Charakteristik der Carinelliden einerseits, der Cere- bratuliden, Eupoliiden, Langiiden andererseits bei, dass bei den letzteren die Kopfspitze, das heißt der Körpertheil, in welchen Rhynchodaeum, BEER 2 = ai m; Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 61 Gehirn und Kopfgefäße eingeschlossen sind, von einem Muskelgewebe erfüllt wird, in welchem Längs- und cirkuläre Fasern verstrickt sind, bei ersteren dagegen wie bei den Enopla die Kopfspitze innerhalb der hier schon in die betreffenden Schichten gesonderten Muskulatur der Körperwand, Kopfgefäße und Rhynchodaeum einbettend, ein galler- tiges Gewebe zur Entwicklung kommt, welches bei allen Nemertinen vom Munde bis zum After innerhalb der Körperwand, den Darm und das Rhynchocoelom, die Blut- und Wassergefäße, die Geschlechtssäcke, eventuell auch die Seitenstämme (Enopla) einschließt, den Raum inner- halb der Körperwand, welcher bei den höheren Würmern, den Anne- liden, eine Leibeshöhle bildet, erfüllend. Nennen wir dieses Gewebe, das auch die Septen bildet, wo solche zur Ausbildunggelangen, das Leibesparenchyn, um es von dem sehr ähn- lichen zu unterscheiden, welches zwischen den Muskelbündeln der Mus- kelschichten der Körperwand die Grundsubstanz bildet, und welches wir, da es oft strangartig differenzirt, als ein Bindegewebe kurz charakte- risiren wollen. Das Gallertgewebe tingirt sich nicht, verräth außer einer feinen Körnelung keinerlei Struktur und zeigt nur spärliche Ein- schlüsse von einzelnen oder Haufen großer blasiger Zellen, welche einen ovalen oder kugeligen Kern besitzen. Solche Kerne und spindelige, welche sich immer lebhaft tingiren, finden sich dagegen, ohne von Zell- kontouren umgeben zu Sein, reichlich in ihm. Fast immer tritt bei dem- selben die periphere Lage der chromatischen färbbaren Substanz, die cen- trale der nicht tingirbaren achromatischen hervor. Besonders scharf ist dieses bei den Parenchymkernen der Carinella-Arten ausgeprägt. Viel- fach, namentlich um das Rhynchocoelom herum bemerkte ich kleinere Kerne, welche einen lebhaft gefärbten Fortsatz zeigen, »geschwänzte Kerne«, wie ich sie auch von Lang abgebildet finde. Zellen dieses Gallert- gewebes umgeben massenhaft wie ein Mantel die Blutgefäßstämme, auch um das Rhynchocoelom findet man sie kranzartig angeordnet, eben so, wenn auch viel lückenhafter, sind sie um den Darm, besonders um den Ösophagus gruppirt. Sie werden bei der Abhandlung der Blutgefäße näher besprochen werden (Taf. X, Fig. 207). Die Mächtigkeit des Gallertgewebes, das von den dorso-ventralen Muskelzügen durchsetzt wird und die sog. innere Ringmuskelschicht der Carinelliden einschließt, ist eine sehr verschiedene. Bei Carinella ist es in der Region des Rhynchocoeloms auf die Umgebung der Blut- gefäße beschränkt, erst hinter jenem bildet es eine dicke Schicht um den Darm in seinem gesammten Umfang. Bei CGerebratulus marginatus füllt es einen beträchtlichen Raum um Rhynchocoelom und Darm herum aus, bei Cerebratulus luteus aber ist es beispielsweise wieder fast nur um 62 Otto Bürger, die Blutgefäße herum zu konstatiren — sonst wird es überall durch die innere Längsmuskulatur, welche unmittelbar an die Hohlräume hinan- tritt, verdrängt. Bei den innerlich metamer gebauten Formen wird das Parenchym der Mitteldarmregion in Septa durch die Geschlechtssäcke zerlegt, welche die Darmtaschen aufhängen, und in denen die Blutgefäßkommissuren und Rhynchocoelomsäcke (Enopla) eingeschlossen sind (Fig. 175, 176, Taf. IX). Immer aber bleibt dorsal und ventral ein breites Band paren- chymatösen Gewebes kontinuirlich erhalten, wenn man will, je ein Längsseptum bildend (Fig. 174). Außerdem wird auch seitlich rings die Muskulatur (Längs-) von einer ziemlich dicken Schicht dieser galler- tigen Grundsubstanz bekleidet, eben so wie die Wand, welche Ge- schlechtssäcke und Darmepithel trennt, aus derselben besteht. Die Organisation einer höheren Nemertine ist also diese: Es alter- niren mit den an Dissepimenten befestigten Darmtaschen: Geschlechts- säcke und dorso-ventrale Muskelzüge, letztere zwischen den Geschlechts- säcken und den axialen Theil des Darmrohres sich einschiebend (Fig. 174). Es sind den Darmtaschen als in den Septen eingeschlossen superponirt: die Kommissuren der Blutgefäße (die Rhynchocoelomsäcke). Den Geschlechtssäcken anliegend alternirt noch je ein schwächeres Bündel dorso-ventraler Muskelzüge mit den Darmtaschen, das am äu- Beren Ende der Taschen liegt, und von dem sich Fibrillen in die Wände der Geschlechtstaschen bis an den unpaaren Hauptmuskelzug des dorso- ventralen Muskelsystems fortsetzen, je eine dünne Muskelplatte bildend (Fig. 175, Taf. IX). Die Hohlräume. Außer den schon soeben erwähnten Hohlräumen, den Geschlechts- säcken und dem Rhynchocoelom (jene wie dieses werden wir später in besonderen Kapiteln behandeln), kommt bei den höheren Nemertinen, Cerebratulus, Drepanophorus etc. ein Spalt zwischen Darm und Paren- chym in der Mitteldarmregion zur Ausbildung. SıLEnsKY (3%, 36) nennt denselben, ihn bei Monopora vivipara und Polia aurita beschreibend, ein CGoelom, und redet von einem splanch- nischen Blatte, das den Darm bekleidet, von einem somatischen, das diesen Hohlraum gegen das Parenchym abgrenzt. In der That, es ge- lingt bei Gerebratulus marginatus sowohl einen Kernbelag nach außen auf dem Parenchym, der sich einer feinen Haut anlegt, festzustellen, als auch am Darmtractus einen solchen statt einer fibrösen Substanz, welche Sırensky hier beschreibt, zu konstatiren. Dieser Hohlraum ist nur unvollständig gegliedert, das heißt, er ist nur dort unterbrochen, An a Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 63 wo die äußersten Enden der Darmtaschen sich an die Dissepimente anheften und sich jene Platten, in welchen die Geschlechtssäcke liegen, an das axiale Rohr des Darmes ansetzen. Nach hinten zu scheinen diese Hohlräume an Ausdehnung abzu- nehmen. Ich bemerkte niemals irgend welche Körper in ihnen (Fig. 189, 175, Taf. IX und X). Der Verdauungsapparat. (Taf. VIII und IX.) Am Darmtractus der waffenlosen Formen haben wir Mund, Öso- phagus, Mittel- und Enddarm zu behandeln. Der Mund wird entweder durch ein kleines, rundes Loch, wie bei den exotischen Eupoliiden, oder eine lange Längsspalte, wie bei den Cerebratuliden und Carinella gebildet. Derselbe kann mit seinem vor- deren Rande noch unter den Seitenorganen oder selbst noch unter dem Gehirn wie bei Gerebratulus marginatus und den anderen neu beschrie- benen Specien dieser Gattung mit Ausnahme von Cerebratulus tigrinus und albo-vittatus, wo er sich unmittelbar und Cerebratulus rubens, wo er sich weit hinter den Seitenorganen öffnet, liegen. Letztere Lage findet sich auch bei Langia formosa und den Eupoliiden nebst den beiden Carinella-Arten. Der Ösophagus ist durch den Schlundnerven und durch die lakunenartige Ausbreitung, welche die Blutgefäße um dies Darmstück erfahren und dadurch, dass ihm die Taschen fehlen, charakterisirt. Der Mitteldarm, der bei Weitem bedeutendste Abschnitt des Verdauungsapparates besitzt mit Ausnahme der Garinelliden, die schon lange bekannten metameren Aussackungen, welche noch bei Eupolia als wenig tiefe Buchten des Darmrohres erscheinen, bei den Cerebra- tuliden jedoch den Eindruck tiefer sackartiger Anhangsgebilde machen. Während der axiale Stamm des Mitteldarmes in der Regel ein run- des Rohr bildet, welches ventral einer dicken Parenchym- und Längs- muskelschicht aufliegt (Taf. IX, Fig. 174), zeigt er bei Gerebratulus pullus, luteus und rubens eine ventrale Längsausstülpung, eine Längs- rinne, welche in der Medianebene verlaufend bei CGerebratulus luteus bis an die Ringmuskelschicht hinabtritt, bei Cerebratulus pullus und rubens dagegen im Parenchym liegt, bis an die Längsmuskelschicht reichend. Dass dieselbe durch ein besonderes Epithel ausgezeichnet ist, bemerkte ich nicht (Taf. IX, Fig. 178). Der Enddarm ist das sehr kurze, gerade, taschenlose Rohr, mit welchem der Mitteldarm durch den stets terminalen After nach außen mündet. 64 Otto Bürger, Histologie des Darmtractus. Jede Darmstrecke besitzt immer ein Epithel, das sich auf eine Tunica propria stützt. Betrachten wir zuerst wiederum Carinella. Das faltenreiche Epithel der Mundhöhle, welches dem der Körper- wand an Höhe gleichkommt und sich unvermittelt an dasselbe an- schließt, setzt sich wie jenes aus Drüsenzellen und Epithelfadenzellen zusammen. Letztere sind ganz wie die des Körperepithels gestaltet, am oberen Ende cylindrisch erweitert, im unteren Abschnitt fadenartig verjüngt. Sogar die grünlichen Pigmentkörner vermissen wir nicht in ihnen. Auch sind die Wimpern der Wimperschöpfe, welche jede Fadenzelle des Mundepithels trägt, eben so vermittels Stäbchen und Knöpfchen inserirt wie die des Epithels der Haut. Ihre Kerne sind ein wenig kleiner als die der Zellen jenes, aber noch näher an den Rand des Epithels gerückt. Zwischen diesen wimpernden Fadenzellen sind schlauchförmige Drüsenzellen eingebettet, welche mit ihren am Grunde angeschwollenen Leibern das Epithel vollständig erfüllen. Sie heben sich leicht von den Packetdrüsenzellen ab. Sie reichen meist bis auf die Tunica propria hinab, aber sie sind in den mannigfachsten Längen vorhanden, sie sind dicht an einander gedrängt, aber nicht rosettenartig zusammengepackt; sie führen ein fein und gleichmäßig granulirtes Sekret, das sich nur matt mit Hämatoxylin färbt. Die klei- nen kugeligen oder länglichen deutlich erkennbaren Kerne liegen im Grunde des aufgebauchten unteren Endes. Sie haben, wie wir sehen werden, große Ähnlichkeit mit den Speicheldrüsenzellen einiger Cere- bratuliden. Hinter dem Bereich der Schlundnerven erleidet das hohe Drüsen- zellepithel, welches niedriger werdend sich noch in die vordere Region des Ösophagus fortsetzt, eine völlige Umwandlung, welche durch den Schwund der Schlauchdrüsenzellen bedingt wird. Statt ihrer treten zweierlei Arten von Drüsenzellen auf, von denen wir die eine als Schleimdrüsenzellen, die andere als Körnchendrüsenzellen kurz kenn- zeichnen können (Fig. 161). Die Schleimdrüsenzellen sind am ähnlichsten den Flaschen- drüsenzellen des Körperepithels. Ihr Sekret führender Abschnitt ist von länglich eiförmiger Gestalt und reicht, zwischen den Darmfadenzellen gleichsam aufgehängt, nicht bis zur Tunica propria, auf welche sich die Darmzellen stützen, hinab. Sie sind wie alle Drüsenzellen nackt, wer- den aber in analoger Weise wie die Flaschendrüsenzellen von einem bindegewebigen Fasergeflecht umhüllt und festgeheftet, das sich von der \ Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 65 Tunica propria abspaltet und spindelige kleine Kerne führt. Der Inhalt ist homogen und füllt den Binnenraum der Zelle selten vollständig aus, er färbt sich äußerst intensiv mit Boraxkarmin. Der Zellkern ist leicht am Grunde des Zellsekretes zu konstatiren, meist inmitten einer wenig färbbaren hellen, glänzenden Masse, die besonders schön hervortritt, ‚wenn wie in Fig. 161 «a das Sekret geschrumpft ist, dem Zellplasma. An den eiförmigen Zellabschnitt setzt sich ein fadenartiger Fortsatz an, welcher sich der Tunica propria anheftet. Diese Drüsenzellen sind sehr dichtstehend zwischen den Darmfadenzellen eingesenkt. — Viel spärlicher findet sich die Art der Körnchenzellen. Die- selben sind schmal und reichen unmittelbar auf die Tunica propria, nach welcher zu sie sich fadenartig verjüngen, und in die sie sich ver- ankern, ganz wie es so eben von den Fortsätzen der Schleimdrüsen- zellen beschrieben wurde, hinab. Gewöhnlich schwellen sie am Epithel- saume, dem Darmlumen zugewandt, kolbenartig an, »Körnerkolben« bildend, wie wir sie später noch oft im Darmepithel beschreiben wer- den. Auch über den Epithelsaum hinaus in das Lumen hinein, als ob ein solcher Kolben aufgebrochen wäre, sah ich den Inhalt gehoben. Dieser besteht aus unendlich vielen, ziemlich gleichmäßigen Körnchen, welche begierig Hämatoxylin aufnehmen. Der Kern, welcher klein und spindelig ist, liegt in dem fadenartigen Endabschnitt der Körnchen- drüsenzelle, der sich an die Tunica propria festheftet. Die Darmfaden- zellen sind in diesem Theile des Darmrohres von schlanker, eylindrischer Gestalt und verankern sich nach unten gleichfalls mit einem dünnen Fortsatz in die Tunica propria. Nach oben erweitern sie sich beträcht- lich und sind mit einer außerordentlich fein granulirten Masse angefüllt. Die Zellen grenzen sich vorzüglich gegen einander ab. Der längliche Kern liegt etwa in halber Höhe. Auch in dieser Region bedeckt sie ein dichter Wimperpelz; das Pigment dagegen haben sie verloren. Der Mitteldarm Garinellas, welcher, wie bereits hervorgehoben, die seitlichen Aussackungen entbehrt, ist drüsenfrei. Er wird von einem sehr hohen Epithel ausgekleidet, welches oft so mächtig ist, dass es von allen Seiten zusammenstößt und von dem Darmlumen keine Spur mehr übrig lässt. Der Bau der sehr langen, schmalen Zellen ist genau der- selbe wie derjenige der Fadenzeilen des Ösophagus. — Im oberen Ab- schnitt sind sie erweitert, und vollgepfropft von hellglänzenden Bläschen schließen sie so dicht an einander, dass man sie nur in seltenen Fällen deutlich abzugrenzen vermag und nichts als ein Gewirr jener glänzen- den kugeligen Gebilde, die Farbstoffen widerstehen, vor sich zu haben glaubt. Den unteren Abschnitt bilden die fadendünnen Fortsätze. Die spindeligen, länglichen Kerne liegen unmittelbar hinter der Inhaltsmasse, Zeitschrift f,. wissensch. Zoologie. L. Bd. d 66 Otto Bürger, alle in fast gleicher Entfernung von der Tunica propria. Im unteren Abschnitt werden die Zellgrenzen deutlich. Wahrscheinlich flimmern die Darmzellen auch in diesem Theile des Rohres. Der Enddarm unterscheidet sich bei den Carinelliden nicht vom Mitteldarm. Den Verdauungsapparat von Cerebratulus, Langia und Eupolia dür- fen wir in eins betrachten. Als Beispiel dienen Cerebratulus marginatus und C. tigrinus. In die Cavität des Mundes wölbt sich das Körperepithel ziemlich tief hinein und bildet so Lippen, welche von den bekannten Epithel- fadenzellen, den Flaschendrüsenzellen, ausgekleidet sind, und in denen die Sekretstraßen der Cutisdrüsenzellen nicht fehlen. Diese Epithel- schichtdecke besitzt eine gerade nur wenig nach innen vorgewölbte Wandung und schließt in der Regel mit einer Ringfalte ab. Dieselbe geht nun in ein Cylinderepithel über, welchem die glänzenden epithelia- len Flaschendrüsen völlig fehlen, dessen deutlich kontourirte Zellleiber im unteren Abschnitt fadendünn und sehr lang sind, sonst aber wie jene die spindeligen großen Kerne und die wie auf dem Körperepithel inse- rirten Flimmern haben. Die Kerne liegen in gleichem, nahen Abstande vom Epithelrande. Eine mächtig entwickelte hohe Drüsenzellschicht, welche Mund und Ösophagus umgiebt, ist auf einer Tunica propria basirt, in die auch die langen Epithelzellen mit ihren Fortsätzen festgeheftet sind. Diese Darmdrüsenzellen sind also nicht den Cutisdrüsenzellen der Lage nach zu vergleichen, welche eine subepitheliale Lage unter der Basal- membran charakterisirt, aber auch nicht der Gestalt und den Eigenschaf- ten nach, wie wir es schon bei der Besprechung von Carinella bezüglich der nämlichen Verhältnisse konstatiren konnten. Die Tunica propria scheint eine unmittelbare Fortsetzung der Basalmembran um das Darm- epithel zu sein. Diese Verhältnisse schließen sich fast ganz an die bei den Carinelliden kennen gelernten an. Den Gerebratuliden jedoch eigenthümlich ist ein Ring von Speicheldrüsenzellen. Vor Allem bei Cerebratulus tigrinus (Fig. 156) aber auch bei Cere- bratulus marginatus erkennt man mit bestimmten Färbungen, wie denen mit Hämatoxylin, an Querschnitten durch den Mund seitlich von den Schlundnerven rechts und links einen Komplex von Drüsenzellen, wel- cher sich wesentlich anders tingirt als der Kranz der Darmdrüsenzellen. Bei C. tigrinus ist derselbe außerdem durch seine scharf abgegrenzte ovale Gestalt vor den Darmdrüsenzellen hervorgehoben und gleicht hier je einem Sack, welcher an das typische Mundepithel, genau dort, wo dasselbe in das der Lippen übergeht, aufgehängt ist. Da die beiden seit- Jichen Säcke, welche auf allen Querschnitten deutlich sind, sich vorn Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 67 und hinten vereinigen, darf von einem Drüsenringe, welcher den Mund völlig umfasst, die Rede sein. Die Speicheldrüsenzellen, eben so wie die Darmdrüsenzellen, sind lange Schläuche (Fig. 157), welche in Bündeln zusammenliegen und deren schlanke am Grunde angeschwollene Form durch gegenseitigen Druck eine unregelmäßig gewundene geworden ist. Der Kern liegt im erweiterten unteren Abschnitt; die feinen Fortsätze ergießen das ver- schiedenartige Sekret zwischen den indifferenten Epithelzellen hin- durch in den Mundeingang oder das ösophageale Lumen. Die Zellen sind membranlos, vom Bindegewebe gestützt und umhüllt, dessen Fasern mit den unverkennbaren Kernen ihrem Sekret oft angepresst sind. Dass das Sekret der Speicheldrüsenzellen und der Darmdrüsen- zellen physiologisch nicht gleichartig ist, dafür spricht, wie hervorge- hoben, die verschiedene Tinktionsfähigkeit und das verschiedene Aus- sehen desselben. Das Sekret der Speicheldrüsenzellen ist äußerst fein und gleichmäßig granulirt, ganz ähnlich wie der Inhalt der Zellen des hinteren Drüsen- polsters in den Seitenorganen: die Färbung ist eine sehr gleichartige aber durchaus nicht intensive. Das Sekret der Darmdrüsenzellen ist schleimig, homogen, glänzend, es färbt sich dasselbe theils enorm lebhaft, theils gar nicht, so dass diese Drüsenzellpartie einen gefleckten, scheckigen Eindruck macht. Im Ösophagus nimmt das Drüsenepithel beträchtlich an Höhe ab und es macht sich eine wesentliche Differenz in der Höhe des ventralen und dorsalen Epithels geltend, indem das erstere wohl sechsmal mäch- tiger als das letztere ist. Den Gattungen Langia und Eupolia fehlt ein Speicheldrüsenring, im Übrigen schließen sie sich völlig an unsere Beispiele an. Im Rückblick auf Carinella setzt sich jenes Drüsenepithel, welches dort nur die Mundöffnung und die vorderste Ösophagealregion auskleidet, weit nach hinten bei den Cerebratuliden fort. Aber es fehlt auch nicht jener zweite ösophageale Abschnitt, welcher sich durch seine Drüsen- zellen wesentlich von dem ersten unterscheidet und den Übergang in den bei den höheren Formen auch morphologisch durch die Darmtaschen von den vorderen Darmstrecken differenzirten Mitteldarm bildet. Diesen kleidet ein dorsal und ventral fast gleich hohes Cylinderepithel aus, in welches schlanke, stabförmige Drüsenzelllen vereinzelt einge- bettet sind, deren homogener Inhalt sich mit Karminen (Pikrokarmin) ausgezeichnet tingirt (Fig. 158). Die Epithelfadenzellen zeigen in die- sem Abschnitt noch deutlich den oberen trichterartig erweiterten kür- zeren Abschnitt, welchen ein fein granulirtes Plasma erfüllt, und den 5* 68 Otto Bürger, längeren unteren fadendünnen. Auf der Grenze beider den großen elliptischen Kern. Der Mitteldarm ist wiederum völlig drüsenfrei. Das Rohr und die Taschen sind mit einem ähnlichen Epithel ausgestattet, wie wir es bei Garinella beschrieben haben. Die Epithelzellen enthalten außer den glänzenden Kügelchen (Fig. 159), welche bei verschiedenen Individuen verschieden groß und ‚oft nur als feine Körnchen erscheinen, Einschlüsse von gelben Körpern, die bald das Aussehen von Öltröpfehen, wie solche glänzend, bald das- jenige feingranulirter Pigmentballen besitzen (Fig. 160). Besonders im hinteren Abschnitt des Mitteldarmes treten dieselben sehr reichlich auf im oberen Theile der Zellen nach dem Lumen zu gedrängt. Aber ich glaube nicht, dass sie in allen Exemplaren vorkommen, wie auch ihre Fülle von Individuum zu Individuum wechselt. Besonders war durch dieselben ein Exemplar von Gerebratulus glaucus ausgezeichnet. — Das gesammte Epithel des Mitteldarmes trägt ein Wimperkleid. Die Mäch- tigkeit desselben schwankt gleichfalls bei den verschiedenen Thieren, immer aber ist dasselbe nur in den Darmtaschen und im Hauptrohr dorsal und ventral ein hohes Cylinderepithel, während die seitlichen Wände dieses, d. h. die Stücke des Rohres, welche zwischen den Taschen liegen, mit einem plattenartig niedrigen Epithel bedeckt sind. Auf die glänzenden Kügelchen, welche gerade das Epithel des Mitteldarmes durch ihre kolossale Massenhaftigkeit charakterisiren und besonders dort die Zellen bis zum äußersten vollpfropfen, wo dieselben in den Darmtaschen rings so hoch geworden, dass sie an einander stoßen und ein Lumen vermissen lassen, werden wir bei Behandlung dieses Passus in der zweiten Hälfte dieser Arbeit, der den Enopla ge- widmeten, zurückkommen. Das Epithel des geraden, kurzen Enddarmes ist dem des Mittel- darmes gleich. Die Muskulatur des Darmtractus. Eine darmeigene Muskula- tur tritt dort auf, wo das Darmrohr, nicht mehr unmittelbar von den Muskelschichten des Körpers umgeben wird, sondern wie im mitt- leren und hinteren Körpertheile mitten im Leibesparenchym eingebettet liegt. Dieselbe ist aber nur in der hinteren Ösophagealregion eine starke und setzt sich hier aus einer inneren hohen Lage von Längsfibrillen und einer äußeren dünneren Ringmuskelschicht zusammen. Die Quer- schnitte der Fibrillen sind kaum messbar fein, also bei Weitem mini- maler als die der entsprechenden Muskelschichten der Körperwand, Die Ringmüskelschicht verknüpft sich dorsal unter dem Rückengefäß jederseits mit Zügen der Ringmuskelschicht des Rhynchocoeloms. Der Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 69 Mitteldarm, und zwar der axiale Theil desselben, ist durch eine einzei- lige lockere Ringmuskelschicht umgeben. Eine Muskulatur der Darm- taschen vermochte ich nicht aufzufinden. Um die Darmringmuskulatur haben sich, wenn auch viel weniger auffallend und regelmäßig als um die Blutgefäße und das Rhyncho- coelom Parenchymzellen angeordnet. Eine hervorragend starke Längsmuskelschicht liegt dem hinteren Abschnitt des Ösophagus von Cerebratulus rubens an, diese leitet sich von jener Längsmuskelschicht, welche sich zwischen Rhynchocoelom und Darm einschiebt, ab; dieselbe wird später als äußere Längsmuskel- schicht des Rhynchocoeloms besprochen werden. Die Tunica propria bildet bei Carinella ein gallertartiges homo- genes Gewebe von bedeutender Stärke, in welches kleine Kerne ein- gebettet liegen. Bei den höheren Formen ist es eine vielgezackte Mem- bran von geringerer Stärke. Ein zartfaseriges reticuläres Gewebe mit großen elliptischen hellen Kernen beobachtete ich besonders schön bei CGarinella zwischen den Darmzellen über der Tunica propria ent- wickelt (Fig. 161). Der Rüssel. Bei den durch die Lage der Seitennerven innerhalb der Muskel- schichten der Körperwand als Anopla charakterisirten Formen ist der Rüssel bekanntlich stets waflenlos. Er wird von einem Rohre gebildet, das bei den exotischen Cerebratuliden denselben bedeutenden Umfang und dieselbe Länge, sie misst über die Hälfte der des Körpers, besitzt, als bei Gerebratulus marginatus, welches aber bei den Eupoliiden von Amboina eben so wie bei Eupolia delineata dünn und kurz, kaum be- trächtlich über die Ösophagealregion hinaus nach hinten sich erstreckt. Der vordere Abschnitt des Rüsselrohres ist dünn und gerade, der hin- tere vermittels des Retractors an die Wand des Rhynchocoeloms ange- heftet, schwillt allmählich bemerkenswerth an und liegt gewöhnlich in Windungen aufgerollt. Auf die Übereinstimmung, welche der Aufbau der Wand des Rüsselrohres im eingezogenen Zustande mit der des Körpers bietet, hat bereits Husreenr (25) mit Rücksicht auf Carinina hingewiesen. Sie tritt bei Carinella und Cerebratulus deutlich hervor. Als Hauptschich- ten der Körperwand konstatirten wir bei ersterer Gattung das Epithel, die Basalmembran, die Ringmuskulatur und die Längsmuskulatur. Die Lage der Seitennerven stellten wir zwischen Ringmuskulatur und Basalmembran fest. In analoger Reihenfolge zeigt uns der Rüssel ein hohes Cylinderepithel, welches sein Lumen auskleidet, eine Stütz- Ei 70 Otto Bürger, membran desselben, eine Ringmuskulatur und eine Längsmuskulatur, welche ein Plattenepithel, das gleichfalls auf einer sehr entwickelten Bindegewebshaut ruht, gegen das Rhynchocoelom abgrenzt. Die beiden Rüsselnerven verlaufen zwischen Ringmuskulatur und der Stützmem- bran des Cylinderepithels oder der Papillenschicht (Fig. 133 und 134). Der Rüssel der Cerebratuliden zeichnet sich wie ihre Körperwand durch drei Hauptmuskelschichten aus: äußere, dem Rüssellumen zuge- wandte Längsmuskelschicht, Ringmuskelschicht und innere Längsmus- kelschicht. Die Rüsselnerven verlaufen ganz entsprechend den Seiten- stämmen zwischen äußerer Längs- und Ringmuskulatur (Fig. 172). Wie wir sahen stimmen Cerebratulus und Eupolia im Bau der Körperwand im Grunde überein. Die Anordnung der Rüsselschichten von Eupolia lässt sich jedoch weder auf den Rüssel jener hochorgani- sirten Gattung noch den der ursprünglicheren Garinella beziehen, da auf die Papillenschicht eine Längs- und auf diese nur noch eine Ring- muskelschicht folgt, die Rüsselnerven aber zwischen Längsmuskulatur und der Stützmembran des Papillenmantels liegen. Die Ringmuskulatur der Cerebratuliden ist eine Doppelschicht, wie dies schon McIntosn# in Zeichnungen von Rüsselquerschnitten an- deutet. Vorzüglich illustriren diesen Befund Längsschnitte, da die quer getroffenen Muskelfibrillen der beiden gleich mächtigen Schichten ver- schieden, nämlich ein wenig schief zu einander gestellt sind. Auf der Grenze beider sind in ziemlich regelmäßigen Abständen Kerne ver- theilt. Die innere Ringmuskelschicht, d. h. die dem Rhynchocoelom zugewendete, bildet die bekannten beiden einander gegenüberliegen- den Muskelkreuzungen, welche mit den beiden Rüsselnerven über Kreuz stehen. Da man die Lage dieser zu den Körperachsen schon un- mittelbar hinter der Anheftungsstelle des Rüssels, wo eine Drehung desselben noch ausgeschlossen erscheint, konstatiren kann, die Muskel- kreuze aber erst im hinteren Abschnitt des Rüssels auftreten, welcher hier vielfach gewunden ist, so darf die Lage der Muskelkreuze zu den Körperachsen nur aus derjenigen der Nerven gefolgert werden. Letz- tere aber liegen in der Ebene, welche den Körper transversal von Seite zu Seite schneidet, erstere folglich in der dorso-ventralen Medianebene, also genau wie diejenigen der Carinelliden innerhalb der Längsmus- kulatur der Körperwand. Die Kreuzung kommt nun ganz so, wie es bei Carinella beschrie- ben wurde, dadurch zu Stande, dass sich Fibrillenzüge der inneren. Ringmuskelschicht rechts und links, innerhalb der inneren Längsmusku- latur einander durchflechtend an das Plattenepithel hinantreten und sich unter demselben jederseits fortsetzen, so dass noch eine äußerst Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 71 dünne subepitheliale Ringmuskelschicht — ausgenommen am dorsalen und ventralen Umfang innerhalb der Kreuze — hinzukommt. Wenn ich den Rüssel von Cerebratulus und Carinella Dank der bedeutsamen Übereinstimmung, welche der Bau seiner Wandung mit derjenigen des Körpers offenbart, ganz wie eine direkte Einstülpung derselben behandelte, und in Folge dessen auch das Plattenepithel als inneres, das Cylinderepithel als äußeres bezeichnete, was es beim ausgestülpten Rüssel ja auch augenscheinlich wird, so muss ich hinzu- fügen, dass ein Zusammenhang der einzelnen Rüsselmuskelschichten mit den entsprechenden der Körperwand bei Cerebratulus durchaus nieht nachzuweisen ist, da hier, wie oft betont, die Muskelschichten in der Kopfregion der Sonderung noch entbehren. Etwas klarer stellen sich diese Verhältnisse bei Carinella, aber hier erscheinen die beiden Muskelschichten des Rüssels im unmittelbaren Zusammenhange mit denen des Rhynchocoeloms, nicht aber, wie Husrecut (25) es von dem Rüssel von Garinina beschreibt, steht seine Längsmuskelschicht »in direct continuity with the longitudinal muscle-layer of the body-wall«. Das Studium der äußeren Epithelschicht des Rüssels erinnert uns lebhaft an das des Körperepithels, da uns außer den indifferenten Epi- thelzellen massenhaft Drüsenzellen entgegentreten. Von letzteren wer- den uns jene Gebilde am meisten interessiren, welche von HusrEcHr als »Nematocysts«, »urticating elements« enthaltend beschrieben wur- den (25). In manchen Rüsseln von Gerebratulus marginatus fand ich zwi- schen den indifferenten Zellen Haufen unzähliger feinster Stäbchen dicht zusammengepakt, welche bald der Basalmembran unmittelbar auflagen tief im Grunde der Zelle, bald aber aus den Zellen heraus- gerückt in das Lumen des Rüssels hineinragten. Sie sind matt glänzend, mehr oder minder tingirbar, unzweifelhaft Drüsenzellprodukte, am ähn- lichsten jenen von v. GrAFF (50) beschriebenen Rhabditen der rhabdo- cölen Turbellarien. Die Rhabditenzellen des Rüssels, wie ich sie dem- gemäß nennen will, sind in mannigfachster Entwicklung aufzufinden: den kleinen stark tingirbaren Kern in der Tiefe der Zelle umlagert eine schleimig-homogene Masse, oder ein Körnchenhaufen, oder ein Haufen von größeren oder kleineren Stäbchen (Taf. VIII, Fig. 153). Vorzüglich entwickelt fanden sich die Rüsselrhabditen bei Gere- bratulus albo-vittatus, wo sie 14 u lang und fast 2 u breit sind (Fig. 154). Die Stäbchen sind an beiden Enden zugespitzt, von eckigem Quer- schnitt; sie besitzen, wie Husrecut ganz richtig bemerkt, eine spinde- lige Gestalt. Größtentheils sind sie aus den Zellen hinausgeschleudert, vor demselben in mächtigen Bündeln von etwa 30 Stäbchen lagernd. rn Otto Bürger, Neben den Stäbehenbündeln kommen auch hier ungeformte Sekret- massen in den Zellen vor, welche wie die Stäbchen grün gefärbt sind, ganz wie der ‚Inhalt der epithelialen Schleimdrüsen, und wie dieser jedem Farbstoffe bei der genannten Species widerstanden. Bei den verschiedenen Arten wechselt die Größe der Stäbehenelemente, welche bei keiner anderen exotischen Art derjenigen der soeben gekennzeich- neten gleich kommt. Je geringer aber die Dimensionen des Einzelele- mentes werden, um so massenhafter setzen sie ein Bündel oder eine »Batterie« zusammen. So besitzt Gerebratulus pullus Batterien unzäh- liger kaum messbar feiner Stäbchen, während diejenigen aus dem Rüssel von Cerebratulus spadix und psittacinus denen von Cerebratulus albo-vittatus ähnlich sind, und daher in geringer Anzahl Bündel bilden. Bei den Eupoliiden habe ich keine Stäbchen wahrgenommen, dagegen strotzten die betreffenden Drüsenzellen von feinen, scharf begrenzten, rundlichen, glänzenden Kügelchen, die auch das Rüssellumen in dich- ten Haufen, wie ein feinster Hagel, erfüllten. Mit Hilfe sehr scharfer Vergrößerungen vermag man jedoch auch an den Kügelchen zwei spitz ausgezogene Pole nachzuweisen. Stäbchen fehlen auch nicht bei Carinella. Es ist erwähnt worden, dass außer dem zu Stäbchen geformten Sekret in den Drüsenzellen fast immer eine homogene ungeformte Masse sich befindet, und manche Zellen nur mit dieser angefüllt sind. In einigen Rüsseln von Cerebra- tulus marginatus fand ich nun niemals Stäbchen, sondern in den schma- len, schlauchförmigen Zellen waren Sekretbläschen perlschnurartig auf- gereiht. Die äußersten überragten die Zelle, vielfach erfüllten sie das Rüssellumen. Immer tingirten sie sich lebhaft, besaßen scharfe Kon- touren, glichen kurz den Hämatoxylindrüsen im Epithel der Körperhaut von Carinella. Oder es hatte sich in den Zellen ein schaumig-fadiges Sekret angesammelt, das keinerlei Struktur verrieth. Ich zweifle nicht, dass auch die Drüsenzellen dieser Rüssel in ganz normaler Weise mit Stäbchenbündeln erfüllt gewesen sind, welche lediglich durch die Art der Konservirung in einen schleimigen Brei oder solche Bläschen um- gewandelt wurden, da überhaupt die Erhaltung der Stäbchen bei den Nemertinen aus dem Golf von Neapel eine bedeutend seltenere war als hei den exotischen Formen, wo ich sie immer vorzüglich finden musste. Dass die Tinktionsfähigkeit mit der Zersetzung des Sekretes zunimmt, ist wahrscheinlich. Diese Erfahrung hat mir die Frage nahe gelegt, ob nicht auch die Hämatoxylindrüsen des Hautepithels von Garinella ursprünglich stäb- chenähnliche Elemente enthalten haben. Eine Beantwortung wird rasch die Untersuchung lebenden Materials ermöglichen. 2 SO Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 73 Nicht allein durch ihre schlanke fadenartige Gestalt und den langen spindeligen Kern, auch durch ihren sonstigen Habitus und durch ihre Anordnung gleichen die indifferenten Zellen in der äußeren Epithel- schicht des Rüssels den Fadenzellen des Körperepithels. Wie diese sind sie hoch, ceylindrisch, das obere Stück ist ein wenig trichterartig erweitert, der Kern liegt dort, wo die Anschwellung beginnt, also zwei Drittel der Zellhöhe von der Basalmembran entfernt. Die Kerne sämmt- licher Zellen liegen in gleicher Höhe. Im vordersten Abschnitt, unmittelbar hinter der Anheftungsstelle, fehlen, ich habe Carinella polymorpha im Auge, die Drüsenzellen, und es steht Fadenzelle neben Fadenzelle. Hier tragen dieselben einen dichten Wimperpelz (Taf. VII, Fig. 134). Hinten, wo das Sekret die Zellen überlagert und überfließt, sind die Cilien nicht mehr zu konsta- tiren. Über der Basalmembran, zwischen den zarten Fortsätzen, mit denen sie sich auf dieselbe stützen, befindet sich ein feinfaseriges Ge- webe, in das reichlich rundliche Kerne eingelagert sind. Wie im Epi- thel setzt sich dasselbe auch in der Papillenschicht aus Bindegewebs- und nervösen Fasern zusammen. Das innere Plattenepithel des Rüssels, die Bekleidung, welche die Flüssigkeit des Rhynchocoeloms umspült, lässt nur die länglichen, flach der sehr mächtigen Basalmembran aufliegenden Zellkerne erkennen, aber keine Zellgrenzen. Der Nervatur des Rüssels wird in einem späteren Kapitel gedacht werden. Als Rhynchodaeum bezeichnet Husrecnr (25) das Rohr, welches vor der Insertion des Rüssels liegt und sich nicht genau terminal, sondern subterminal-ventral — besonders ist dies bei Carinella auffällig — an der Kopfspitze nach außen öffnet (Fig. 134). Es bildet aber nicht nur einen »Rüsselmund«, sondern vielmehr die Scheide, durch welche sich der Rüssel aus- und einstülpt, und darf desshalb, seiner Gestalt und Bedeutung entsprechend, Rüsselscheide im wahren Sinne des Wortes genannt werden, und ist als solche der Gavität, in welche der Rüssel geborgen ist, dem Rhynchocoelom gegenübergestellt. Das Rhynchodaeum, ich werde diese Bezeichnung, um Verwechs- lungen auszuschließen, adoptiren, zerfällt bei CGarinella in zwei Ab- sehnitte. Der vordere kennzeichnet sich, wir erkennen die Verhältnisse des Rhynchodaeum gut an Carinella polymorpha, unmittelbar als Ein- stülpung des Körperepithels; er ist von den in der Kopfspitze besonders mächtigen Hämatoxylindrüsen ausgekleidet und sein hohes Epithel unterscheidet sich lediglich von jenem durch den Mangel eines Pig- mentes. Das Epithel des hinteren Abschnittes dagegen ist vollständig 74 Otto Bürger, drüsenfrei und wird nach der Anheftungsstelle des Rüssels zu stetig niedriger. Die Fadenzellen, denn diese bilden auch hier wieder den epithelialen Mantel, stehen weniger dicht als im Körperepithel, und. sind, da sie am Rande des Lumens dicht zusammenschließen, dort wesentlich verbreitert. Sie heften sich an eine unregelmäßig gefaltete, zackig vorspringende Stützmembran, die in ein parenchymatöses Ge- webe übergeht. Denn während sich die Epithelien des Rüssels und des Rhynchocoeloms eben so wie die des vorderen Abschnittes des Rhynchodaeums stets auf eine dünne Membran stützen, der hart mäch- tige Muskelschichten anliegen, tritt von denen des hinteren Abschnittes des Rhynchodaeums die Muskulatur weit zurück. Erst dicht vor der Rüsselinsertion treten die außerordentlich starken Ringmuskelzüge, welche HusrecHr wohl mit Recht Sphincteren (25) nennt, näher an das Epithel heran, aber immer liegt auch hier noch eine breite Parenchym- zone zwischen beiden Gewebselementen. Der hintere Abschnitt des Rhynchodaeums ist mithin nicht mit einer eigenen Muskulatur, wie beispielsweise das Rhynchocoelom, versehen. Die Muskelzüge, auch die der Sphincteren, sind dorsal bedeutend mächtiger als ventral. Das gesammte Epithel des Rhynchodaeums flimmert. Zwischen den Epithel- zellen ist reichlich feinfaseriges Bindegewebe entwickelt. Das Rhyncho- daeum erweitert sich vor der Rüsselinsertion bedeutend. In diesen Raum springt der Rüssel etwas vor, so dass eine Ringfalte gebildet wird, deren vordere Fläche das jetzt plattenartige Epithel der Rüssel- scheide bekleidet, das allmählich in das hohe Cylinderepithel des Rüs- sels übergeht, welches natürlich die hintere Fläche der Falte einnimmt (Fig. 134). Das Rhynchodaeum der Eupoliiden und Cerebratuliden liegt in dem muskulösen parenchymfreien Gewebe der Kopfspitze in der Regel von einem deutlich hervortretenden Ringmuskelmantel umschlossen. Eine drüsige vordere Strecke fehlt, der Raum derselben ist überall von einem relativ niedrigen drüsenfreien Gylinderepithel ausgekleidet. Näher habe ich das Rhynchodaeum bei CGerebratulus marginatus studirt. Die rundliche kleine Öffnung des Rhynchodaeums, ich bezeichne sie, altem Herkommen nach, als Rüsselöffnung, liegt subterminal ventral und ist vom Epithel der Körperdecke ausgekleidet; in diese mündet ein sehr enges Rohr mit einem zottigen Epithel ausgestattet, um das sich ein dünner Muskelring legt. Denselben umschließt eine äußerst mäch- tige Längsmuskelschicht, welche bis an die Kopfgefäße grenzt. Das Epithel wird niedriger, je mehr sich das Rhynchodaeum erweitert. Vor der Rüsselinsertion, die auch hier vor dem Gehirn liegt, entwickelt sich um das Rhynchodaeum jene dünne, kaum konstatirbare Ring- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 75 muskelschicht, die dem Epithel unmittelbar anliegt, zu einem mächtigen Sphincter. Von diesem strahlen Muskeln dorsal und ventral in die Muskulatur des Gewebes der Kopfspitze in Fülle aus, sich mit diesem verflechtend. Das Rhynchocoelom. Die Rüsselscheide, das Rhynchocoelom, wurde in ihrer Begrenzung erst von MciIntosa (12) richtig festgestellt, dieser erkannte auch den Bau ihrer Wandung, eine Ring- und eine Längsmuskelschicht in ihr beschreibend. Husrecur (16) entdeckte metamere Aussackungen der Rüsselscheide bei Drepanophorus, welche geschlossen endigen, und beschreibt und bildet ein Epithel ab, das sie auskleidet. Auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Studien charakterisirt derselbe Autor (24) sie als ein Archicoel. Die Länge des Rhynchocoeloms ist derjenigen des Rüssels ange- passt. Bei keiner Form unserer Anopla erreicht dasselbe die vollkom- mene Länge des Darmtractus, mithin den After, sondern endet immer in der Region des Mitteldarmes. Aus dem Studium der Formen, welche mir vorlagen, muss ich den Schluss ziehen, und ich darf es, da Husrecnr ein Ähnliches ausspricht (25), dass wie der Rüssel so auch das Rhynchocoelom im Verhältnis zur Körperlänge des Thieres bei den höheren Typen bedeutend gewachsen ist. Dies ist leicht erkenntlich, wenn wir das kurze Rhynchocoelom von Garinella und Eupolia mit den ungemein langen Körperformen, welche diese Gattungen zumeist aufweisen, vergleichen, dieselben Verhältnisse bei Gerebratulus und Langia ins Auge fassen und schließlich zu den Enoplen übergehen, um auch dort Mal an Körper und Rhynchocoelom zu nehmen. Bei Carinella und Eupolia wird das Verhältnis von Rhyn- chocoelom zur Körperlänge annähernd’wie 1:5 sein; bei Gerebratulus und Langia wie 1:3; bei Drepanophorus rubrostriatus, um ein Beispiel aus der Reihe der Enopla herauszugreifen, endet das Rhynchocoelom 0,2 mm vor dem After. Das Rhynchocoelom liegt nie in der Körperachse, sondern dorsal über dem Darm und in der Kopfspitze zwischen den oberen Ganglien, weiter hinten zwischen den Seitenorganen. Es bildet einen geschlossenen Sack, welcher in der Kopfgegend seitlich zusammengedrückt einen elliptischen Querschnitt, in der mitt- leren Köperregion, wo es sich freier ausdehnen kann, einen runden zeigt. Seine Wandung ist im vorderen Körperabschnitt eine sehr dicke, hinten aber gleicht sie einer äußerst dünnen Membran. Am Rhynchocoelom haben wir, was den feineren Bau anbetrifft, die Wandung zu untersuchen und die merkwürdigen Beziehungen fest- zustellen, in. welche dasselbe zu dem Blutgefäßsystem tritt und Ver- i 16 Oito Bürger, änderungen histologischer Natur, die im Bau der Wandung mit dem Eindringen der Blutgefäßstämme in jene vor sich gehen. Da das Rhyn- chocoelom bei unseren Anopla keine wesentlichen Differenzen bietet, so sollen die Verhältnisse desselben an CGerebratulus marginatus speciell geschildert werden, um dann erst die im Bau des Rhynchocoeloms etwas abweichende Carinella kurz anzuschließen. Die Wand besteht aus einer äußeren Ringmuskelschicht und einer inneren Längsmuskelschicht. Diese ist von einer gal- lertartigen Masse überkleidet, auf welche als innerste Schicht eine epithelartige Zellschicht folgt. Auch das innere, platten- artige Rüsselepithel gehört zur Auskleidung des Rhynchocoeloms. Bei einigen Cerebratuliden, z. B. C. rubens und C. luteus wird die Ring- muskelschicht ventral noch von einer recht starken Längsmuskelschicht, einer äußeren, umgeben (Taf. IX, Fig. 178). In der Vorderhirnregion wird das Rhynchocoelom bekanntlich von den Seitengefäßen und deren Kommissuren umgeben. Hier ist eine Tren- nungin den Muskelschichten noch nicht zu konstatiren: Ring- und Längs- fasern bilden ein Flechtwerk. Doch schon in der Mundgegend sondern sich beide. Die Ringmuskelschicht ist noch mächtiger als die Längs- muskelschicht, ein Unterschied, welcher sich weiter hinten ausgleicht. Die Längsmuskelschicht ist am dorsalen Umfang des Rhynchocoe- loms am schwächsten und nur einschichtig, jederseits nach abwärts schwillt sie mehr und mehr an, in den seitlichen Mittellinien eine Stärke von sechs bis sieben Zeilen bekommend. Diese bewahrt sie am ven- tralen Umfang. Die Fibrillen beider Schichten sind nicht von der Dicke derjenigen der Ring- oder Längsmuskelschichten der Körperwand. Die äußere Längsmuskulatur, welche sich außer bei den beiden genannten Cerebratulus-Arten auch noch minder entwickelt bei Cerebra- tulus pullus und Langia formosa findet, umgreift bei ersteren die Ring- muskelschicht ventral und setzt sich, schwächer werdend, an die Seiten hinauf fort bis an die innere Längsmuskulatur der Körperwand, jedoch ohne mit ihr sich zu vereinigen. Dennoch aber ist sie aus ihr hervor- gegangen, indem sie sich aus einem mächtigen Längsmuskelseptum nach hinten allein um das Rhynchocoelom fortsetzte, das rechts und links im Zusammenhange mit der inneren Längsmuskulatur der Körperwand, als eine quere Ausbreitung dieser (der inneren Längsmuskulatur), zwischen Darm und Rhynchocoelom sich ausspannt. | Die gallertige Schicht, welche sich über der inneren Längsmusku- latur des Rhynchocoeloms ausbreitet und in die, so scheint es, auch die Muskelschichten eingebettet sind, ist ein wenig von der völlighomogenen en. = Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 77 und farblosen Masse des Leibesparenchyms unterschieden, da sieein sehr feinkörniges Gefüge besitzt und etwas Farbstoffen zugänglich ist. Wie jene aber ist sie arm an Kernen. Die spärlich eingestreuten sind kugelig und stark tingirbar. Eine epithelartige Schicht nannte ich die zellige Auskleidung des Rhynchocoeloms; wollte ich sie aber kurz und treffend charakterisiren, so würde ich sie eine endothelartige nennen und damit auf die Be- schreibung des Endothels der Blutgefäßstämme im mittleren Abschnitt, besonders derjenigen Carinellas, verweisen: die Grundsubstanz bildet Falte neben Falte, und diese sind mit Reihen kleiner Zellen besäumt, an welchen nur der kleine, kugelige, stark tinktionsfähige Kern, mit dem ‚sehr kleinen, aber meist sich scharf hervorhebenden Kernkörperchen auf- fällt. So ist die zellige innere Auskleidung eine längsgeriefte wie die der Blutgefäße, oder auf dem Querschnitt eine zackige (Taf. VIII, Fig. 151). Plattenartig niedrige Zellen dagegen bekleiden zwei eigenthüm- liche Gebilde, welche als Falten jederseits der Medianebene dorsal von der Wand des Rhynchocoeloms in das Lumen hinabhängen. Diese Längs- falten, welche in sich noch mehrmals gefaltet sind und auf dem Quer- schnitt ganz das Bild eines Hirschgeweihes zeigen, sind einzig Bildungen der gallertigen Substanz, die auch in ihnen keinerlei Besonderheiten bietet und ab und zu einen kugeligen Kern eingelagert enthält. Sie sind kurz, d. h. sie reichen nicht tief in das Rhynchocoelom hinab; wie weit sie sich längs in ihm erstrecken, vermag ich nur in weiteren Grenzen anzugeben: sie beginnen hinter den Poren des Exkretionsgefäßes, erst die eine, dann die andere. Von hier ab habe ich sie auf mehreren Serien (ca. 150 Schnitte) nach hinten verfolgt. Sicher ist, dass sie noch in der Ösophagealregion auch nach hinten zu wieder enden. Zellgrenzen lässt das immer sehr deutliche Plattenepithel nicht erkennen, dagegen liegen die länglichen Kerne in regelmäßigen Intervallen. Je dünner die Wandung des Rhynchocoeloms wird, je niedriger wird auch die Auskleidung, schließlich gleicht sie ganz der Bekleidung der Falten. Noch einer Eigenthümlichkeit, welche die Zellen der inneren Aus- kleidung angeht, ist zu gedenken: an vielen der kugligen Zellkerne nämlich entdeckt man einen schwanzartigen Fortsatz, welcher sich mindestens eben so tief wie der Kern tingirt hat, und sieht diesen die gallertige Grundschicht durchdringen bis selbst in die Längsmuskulatur hinein sich verjüngend. Ich erinnerte mich hier der geschwänzten Kerne, welche Eısıs (5%) beschreibt, und habe das Epitheton »ge- schwänzt« daher auch unseren mit einem Fortsatze ausgestatteten Kernen beigelegt. | Sl 78 ‚Otto Bürger, Die alte bekannte Beziehung, in welche das Blutgefäßsystem zu dem Rhynchocoelom tritt, ist die mit dem Rückengefäß. Dieses ent- springt der ventralen Gefäßkommissur, wendet sich sofort aufwärts in das Rhynchocoelom in der Medianebene, der ventralen Wand desselben angeheftet, so dass wenigstens der obere Umfang frei in das Lumen des Rhynchocoeloms hineinsieht. Am Ende der Ösophagealregion steigt es in die Wand des Rhynchocoeloms hinab und bald unter dieselbe zwischen ihr und Darmwand weiter verlaufend. Neue von mir bei Gerebratulus marginatus festgestellte sind die nur auf die hintere Ösophagealregion beschränkten Beziehungen, welche das Rhynchocoelom zu den Seitengefäßen pflegt. In dieser Körperregion verlaufen außer den beiden Seitengefäßen, welche außerhalb der dorso- ventralen Muskelzüge in den Seitenbuchten liegen, und zwei kleineren Darmgefäßen unterhalb des Darmrohres, zwei Gefäße seitlich unmittel- bar am Rhynchocoelom und scheinen der Wand desselben jederseits angeheftet zu sein. Die drei Gefäße einer Seite sind durch Kommissuren _ fortgesetzt verbunden: also das Darmgefäß mit dem Seitengefäß, das Seitengefäß mit Rhynchocoelomseitengefäßen, wie wir letztere nennen wollen (Taf. IX, Fig. 172). Kurz vor und einen bedeutenden Abschnitt hinter dem Austritt der Pori der Wassergefäße können wir nun am Rhynchocoelom entlang eine ununterbrochene Reihe von Durchbrüchen der Rhynchocoelom- seitengefäße durch die Wandung des Rhynchocoeloms beobachten. Die Durchbrüche liegen nur immer einige Schnitte aus einander. Ich rede von Durchbrechungen der Rhynchocoelomwandung, das aber wird man mir nicht anders auslegen, alsob ich mit jenen Kanäle be- zeichnen will, die eine Kommunikation der Höhle des Rhynchocoeloms mit den Blutgefäßräumen herbeiführen. In der That, diese als sicher aufzufinden habe ich mich an langen Querschnittsserien, an denen mir die »Durchbrechungen« zuerst entgegentraten, abgemüht. Aber wie es mit dem Nachweisen solch feinster Öffnungen und Kanälchen zu gehen pflegt, aus einer Anzahl von Fällen resultirt, ein »höchst wahr- scheinlich« oder gar ein »unzeifelhaft« für den Beobachter, welcher eine Reihe von Erscheinungen kombinirt, aber aus keinem ein- zigen ein objektives »gewiss«. Injektionen, welche in das Rhyncho- coelom hinein verschiedentlich vorgenommen wurden, verliefen durch- aus unbefriedigend. Ein definitives Resultat ergab erst das Studium von Längsschnitten. Ehe wir auf dies eingehen, will ich die Erkennt- nisse schildern, die mir an den trotz Allem viel instruktiveren Quer- schnitten wurden (Taf. VIH, Fig. 151 und 152). Die Rhynchocoelomseitengefäße sind gewöhnlich blasigaufgetrieben. Ber 255, Eier. m Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 79 ‚Man erkennt an ihrer sehr dünnen Wandung die membranartige Grund- masse des plattenartigen Endothels und einen dünnen Mantel von Paren- ‚chymzellen. Feine oder selbst ziemlich weite Kanäle gehen aus diesen ab und durchbrechen die halbe Dicke der Ringmuskelschicht des Rhynchocoe- lomsund treten in mehr oder minder umfangreiche Räume ein, die inner- halb der Ringmuskulatur, also in der Rhynchocoelomwand, liegen und jenein zwei Schichten aus einander getrieben haben, eine äußere von dem Blutgefäßröhrchen der Rhynchocoelomseitengefäße durchbrochene und ‚eine innere; die in der Ringmuskelschicht der Rhynchocoelomwand eingeschlossenen Räume sind gleichfalls Blutgefäße, welche in der seit- lichen Wand, hiervon überzeugen wir uns an Längsschnitten, ein unge- mein reichverzweigtes Gefäßnetz bilden. Wir haben mithin auch in der "Wand des Rhynchocoeloms je ein Seitengefäß, das sich nur von dem ‚jederseits an der Wand hängenden durch seine ausgezeichnete Verzwei- gung unterscheidet, und durch den Bau seiner Wandung; denn wie die Kopfgefäße besteht dieselbe nur aus niedrigen Endothelzellen, welche mit einer dünnen homogenen Masse unmittelbar den Muskeln gleichsam angeklebt erscheinen. Eine eigene Muskulatur, wie ein Parenchym- zellenmantel fehlt. Diese Gefäße liegen etwas höher als die Rhyncho- coelomseitengefäße, mit denen sie, wie wir gesehen, fortgesetzt kom- municiren; wir wollen sie, als wirklich dem Rhynchocoelom angehörend, Rhynchocoelomgefäße nennen. Die Verästelungen der Rhynchocoelomgefäße durchdringen aber auch die innere Ringmuskelschicht, bis an die homogene gallertige Schicht tretend. Ein großer Theil der uns an Querschnittserien auf- stoßenden scheinbar völligen Durchbrechungen der Rhynchocoelom- wand ist nun zweifelsohne auf solche Verzweigungen zurückzuführen. An einer Längsschnittserie indess, welche die Rhynchocoelomwand in einem weiter hinten gelegenen Abschnitt, in dem dieselbe außerordent- lich dünn war, traf, konstatirte ich mehrfach zweifellose Durchbrechun- ‘ gen an ihr. Das Bild war dieses: die Rhynchocoelomwand lässt nur die Ringmuskelschicht, die gallertige, und eine plattenartige innere Zell- auskleidung erkennen. An anderen Stellen nahm ich auch die sehr dünne, hier wohl schräg geschnittene Schicht der Längsfibrillen wahr. In der Wand vermisste ich Gefäße, aber unmittelbar an der Wand lag ein ziemlich großer Raum, wie der Querschnitt eines aufgetriebenen Rhynchocoelomseitengefäßes aussehend, mit einem Plattenendothel aus- gekleidet. Von diesem öffneten sich nun mehrere feine Kanälchen, gleich- falls mit einem Plattenendothel ausgestattet, in das Rhynchocoelom, seine Wand durchbohrend. An den Raum traten enge Blutgefäßstämme, un- 80 Otto Bürger verkennbar durch den Bau ihrer Wandung, welche sich in die Quer- kommissuren verfolgen ließen, hinan. Von all dem zeigt das Rückengefäß nichts, es liegt zuerst der Längsmuskulatur der Rhynchocoelomwand innen an, später ist es in ihr eingesenkt, faltenartig von derselben umgeben. Bei den Formen mit äußerer Rhynchocoelomlängsmuskulatur sinkt es in diese hinab. Wenden wir uns nunmehr zu merkwürdigen histologischen Diffe- renzen, welche die innere Rhynchocoelomwand, Längsmuskelschicht, gallertige und zellige Auskleidung, dort zeigt, wo sie die Rhyncho- coelomgefäße bedeckt. Anstatt der normalen Längsmuskelschicht, deren Fibrillen denen der Körpermuskulatur an Stärke nicht wesentlich nachgeben, finden wir über den Rhynchocoelomgefäßen einen breiten Streifen einer zwar gleichfalls mehrzeiligen Längsmuskulatur, welche aber demohnge- achtet kaum ein Viertel so hoch als die innere Rhynchocoelomlängs- muskulatur ist, da ihre Fibrillen unmessbar fein sind, nicht stärker als die feinsten Muskelfibrillen der Blutgefäßseitenstämme. Dass diese be- sonderen Muskelstreifen sich aus der normalen Rhynchocoelomlängs- muskulatur heraus modificirt haben, illustrirt wohl der allmähliche Übergang, welcher oben und unten von der starkfibrilligen in die fein- fibrillige Längsmuskulatur durch mittelstarke- und feine Grenzfibrillen sich kund giebt. Diesen Muskelstreifen bedeckt eine gallertige Schicht nicht, sondern über ihm erheben sich Zellen (Fig. 151 Bz, Reim,), welche, wie der Querschnitt zeigt, weit aus einander stehen, dagegen dem Längsschnitt nach zu urtheilen in Längsreihen äußerst dicht an einander schließen (Fig 152 Bz). Es werden etwa 16 Längsreihen über einander stehen, um je einen Seitenstreifen zu bilden. Die einzelne Zelle, welche eine Höhe von 14 u und Breite von3 u besitzt, ist wohl am besten eine Becherzelle zu nennen (Taf. X, Fig. 201). Ihre Form ist die eines schmalen Spitzkelches. Von dem unteren ver- jüngten Ende sah ich häufig einen starken Fortsatz ausgehen, welcher durch die Rhynchocoelomwandung hindurch bis an das Endothel der Rhynchocoelomgefäße reichte. Der Zellleib färbt sich matt, nicht viel stärker als die gallertige Masse und besitzt ein sehr fein granulirtes Plasma. Der am Grunde ruhende Kern ist groß, elliptisch mit einem mittleren deutlichen kleinen Kernkörperchen und vielen Chromatin- körnchen ausgestattet, welche peripher gelagert sind. Diese und der Nucleolus tingiren sich intensiv, die gleichartige Grundmasse wider- steht Tinktionen. Über diesen Zellen liegen farblose schaumige Massen na er Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 81 im Lumen des Rhynchocoeloms zusammengeballt, und oft sieht man, dass ein kragenförmiges Gebilde oder ein Bläschen jener der Zelle auf- sitzt, als wenn diese im Begriff wäre es auszustoßen. In der That es kann sich, was die den Becherzellen aufsitzenden Bläs- chen und die schaumige mit diesen zusammenhängende Masse im Lumen des Rhynchocoeloms anbetrifft, um nichts Anderes als ein Sekret han- ‚deln, von den Becherzellen erzeugt; denn eingehende Untersuchungen lehrten mich, dass die Bläschen nicht etwa aus deformirten Flimmer- haaren oder kragenartigen, der Zelle eigenthümlichen Gebilden hervor- gegangen sind. Von dem Sekret fand sich in manchen Präparaten keine Spur. Auch über den Rückengefäßen hat die innere Zellauskleidung des Rhynchocoeloms, freilich in ganz anderer und mit der vorigen nicht ver- gleichbarer Weise, sich verändert. Eine Längsmuskulatur über dem Gefäße fehlt bekanntlich. Der Parenchymzellmantel um dasselbe hat sich nur ventral und seitlich, also so weit als die Rhynchocoelomlängs- muskulatur das Gefäß umgiebt, in voller Mächtigkeit erhalten, dorsal jedoch ist er bis auf einige niedrige Zellen reducirt, und hier liegt die gallertige Auskleidung des Rhynchocoeloms fast unmittelbar der Ring- muskulatur des Blutgefäßes auf, den Parenchymzellmantel scheinbar ersetzend. In Folge dessen sind die Auskleidungszellen hier höher ge- worden, wie auch die gallertige Masse dicker ist; außerdem stehen sie auffallend dicht bei einander. Von diesen histologisch interessanten Modifikationen finden wir bei den Carinelliden in der Rhynchocoelomauskleidung, obwohl die Rhyn- chocoelomgefäße an der entsprechenden Stelle (Fig. 177) wie bei Cerebratulus marginatus auftreten, nichts. Während die Rhyncho- coelomgefäße bei Cerebratulus marginatus aber parallel mit den Wassergefäßstämmen verlaufen, liegen sie bei den Carinelliden aus- schließlich vor diesem Gefäßsystem. — Die Rhynchocoelomseitengefäße wurden schon von Oupenans (38) bei Carinella und Carinoma aufge- funden. Doch ehe wir auf sie eingehen, müssen hier noch einige Bemer- kungen über die Coelomwand der Carinelliden Platz nehmen. Dieselbe ist im Grunde wie die der übrigen Anopla gebaut; merkwürdig aber ist die untergeordnete Rolle, welche die Längsmuskulatur, der Ent- wicklung nach zu urtheilen, in ihr spielt. Die sehr feinen Muskel- fibrillen derselben, welche einen bedeutend geringeren Durchmesser haben als die der Körperwand, sind in die gallertige Substanz ein- gebettet; aber nur in und vor der Mundgegend finden wir sie, in der Region der Rhynchocoelomgefäße sind sie bereits vollständig ver- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 6 52 Otto Bürger, schwunden. Auch dort bilden sie im Vergleich zu der mächtigen Ring- muskulatur nur eine dünne Schicht. Eine Längsmuskelschicht, welche sich zwischen die Ringmuskelschicht des Rhynchocoeloms und die Darmwand einschiebt und auch noch aufwärts jederseits zwischen jener Ringmuskelschicht und der sog. inneren Ringmuskelschicht des Leibes zu verfolgen ist, muss der äußeren Längsmuskelschicht des Rhynchocoeloms der Gerebratuliden an die Seite gesetzt werden. Die gallertige Auskleidung bildet eine dicke Schicht, der zellige Belag ist meist plattenartig. Die Rhynchocoelomgefäße liegen völlig innerhalb der Ringmusku- latur in der gallertigen Masse eingebettet, welche der Zellbelag unver- ändert überzieht. Da aber das Rhynchocoelomgefäß zumal an den Stellen, an welchen es sich, wie es scheint in regelmäßigen Abständen, mit dem Seitengefäß durch eine Kommissur in Verbindung erhält, stark erweitert ist und in der dasselbe umgebenden Gallertmasse eigenthüm- liche Zellwucherungen, auf die wir später noch zu sprechen kommen werden (Taf. X, Fig. 202), statt haben, so ist das Gefäß sammt dem es umhüllenden Gallertgewebe in den Raum des Rhynchocoeloms hinein- gerückt, hier je einen seitlichen Längswulst erzeugend, der schon durch makroskopische Untersuchung nach Öffnen des Rhynchocoeloms festzu- stellen ist. Es liegt die Frage nahe, ob das Rhynchocoelomgefäß ein einheitliches ist oder aus so viel einzelnen, unmittelbar hinter einander liegenden Gefäßräumen besteht, als Querstämme vom Seitengefäß in die Rhynchocoelomwand abgehen, denn vor dem Eintritt eines jeden Querstammes verengt sich das Rhynchocoelomgefäß plötzlich so sehr, dass man oft vergebens nach einem Kommunikationswege mit der nächstfolgenden Blutgefäßhöhle, welche gerade die Kommissur aufge- nommen hat, sucht. Oft ist die enge Öffnung, welche sich nun in vielen Fällen klar feststellen lässt, von den schon erwähnten Zellwucherungen verstopft. Eine Verbindung der Rhynchocoelomgefäße der Garinelliden mit dem Rhynchocoelom fehlt bestimmt. Rhynchocoelom und Blutgefäße führen kernhaltige Zellkörper, auf die in einem besonderen Kapitel eingegangen werden soll. Das Blutgefäßsystem. Die Hauptstämme desselben sind durch eine Reihe von Arbeiten älterer Au- toren bekannt geworden. Eine eingehende Schilderung des Gefäßsystems bei den meisten Nemertinentypen verdanken wir jüngst OuDEMANs (38), welcher folgende Schemata für die Nemertinenordnungen aufstellt. Palaeonemertinen: ZweiLängsstämme, welche im Kopf über derRüsselscheide, im Schwanz über dem After kommissuriren. Zweiggefäße derselben in der Öso- a . Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 83 phagealregion. Bei Carinella und einer Carinoma existiren noch in jener zwei Ge- fäße in der Rüsselscheide. Schizonemertinen: Drei Gefäße, das mittlere theilweise in der Rüsselscheide verlaufend. Kommissur über und unter der Rüsselscheide. Lakunenartige Ösophagealgefäße. Analkommissur über dem After. Die Gefäße sind im mittleren und hinteren Körperabschnitt durch Querstämme mit einander ver- bunden. Die Hoplonemertinen sind durch die Abwesenheit lakunärer Räume cha- rakterisirt. Sie besitzen im Kopf zwei Gefäße, die über der Rüsselscheide eine Schlinge bilden, unterhalb derselben sind sie im Gehirnring verbunden. Hier ent- springt und setzt sich bis zum Schwanz fort das mittlere Gefäß, welches in der Ösophagealregion theilweise in der Rüsselscheide verläuft. Querschlingen der drei Gefäße, Analkommissur über dem After. Das Blutgefäßsystem wird von mit Muskeln ausgestatteten Stämmen gebildet, welche eine Flüssigkeit, die freie Zellkörper enthält, durch den Körper pulsiren lassen. Es besitzen alle Nemertinen der Hauptsache nach zwei laterale Stämme, welche in der vordern Körperregion etwa in den seitlichen Mittellinien, in der hinteren unter dem Darme verlaufen und minde- stens zweimal, nämlich unter dem Rhynchocoelom hinter der Insertion des Rüssels, mithin in der Gehirngegend — bei Garinella unmittelbar vor dem Munde und gerade unter der Ansatzstelle des Rüssels — und über dem After durch eine Kommissur verbunden sind. Häufig tritt eine Verbindung in der Kopfspitze zwischen den Seitenstämmen als eine Kopfschlinge hinzu und bei den Formen, wo ein unpaarer dorsaler Stamm, welcher der Kommissur unter dem Rhynchocoelom, die ich kurz als ventrale Hauptkommissur der lateralen Blutgefäßstämme bezeich- nen will, entspringt, verbinden metamer angeordnete den Darm über- brückende Kommissuren im mittleren und hinteren Körperabschnitt fortgesetzt die beiden lateralen Stämme mit dem unpaaren dorsalen. Der dorsale Stamm verläuft in der Medianebene des Thierkörpers und zwar von seinem Ursprung in der Gehirngegend an und in der Ösophagealregion innerhalb des Rhynchocoeloms an die ventrale Wand desselben geheftet, später in der Wand desselben und endlich unter dem Rhynchocoelom zwischen ihm und dem Darmrohr. Nur in diesem Abschnitt, wo das dorsale Gefäß im Leibesparenchym gebettet ist, be- stehen Kommissuren mit den lateralen Stämmen. Oupemans (38) hat in seiner ausführlichen Arbeit auch die Grundzüge der Anatomie des Blut- gefäßsystems der verschiedensten Nemertinengattungen dargelegt. Ich darf mich im Wesentlichen der Darstellung dieses Forschers an- schließen und manche Einzelheiten ergänzend hinzufügen. Den Carinelliden fehlt der dorsale unpaare Blutgefäßstamm, die beiden lateralen Stämme aber sind außer der typischen ventralen Kom- missur durch eine Kopfschlinge und mehrere dicht hinter einander 6* 84 Otto Bürger, liegende Kommissuren über dem Rhynchodaeum in Verbindung gesetzt. Den Mund und den Ösophagus umgreift nach Analogie der Schlundner- ven jederseits je ein starker Gefäßast, welcher, sich von den lateralen Stämmen abzweigend, selbst wieder verästelt und fortgesetzt mit den Hauptstämmen anastomosirt (Fig. IV). Die lateralen Stämme erfüllen in der Kopfregion fast all den Raum, welchen das Rhynchodaeum innerhalb der Muskelschichten der Körperwand frei lässt. In der Ösophagealregion verengen sie sich erheblich. Jener beiden Gefäße, welche in den Längswülsten des Rhyncho- coeloms verlaufen und durch Querstämme, welche, wie es scheint, in regelmäßigen Abständen angeordnet sind, mit den lateralen Stämmen fortgesetzt in Verbindung stehen, wurde bereits bei der Abhandlung des Rhynchocoeloms gedacht (Taf. IX, Fig. 177). Unsere Arten der Gattung Eupolia zeigen eine beinahe völlige Übereinstimmung im Bau ihrer Blutgefäßsysteme. Sie besitzen das un- paare dorsale Gefäß. Eine Kopfschlinge fehlt. Die beiden Blutgefäß- stämme, Fortsetzungen der lateralen, welche vor dem Gehirn die Kopf- spitze versorgen, verzweigen sich in ihr in äußerst feine Kapillaren, welche hauptsächlich in horizontaler Richtung an die seitliche Fläche des Kopfes abgehen; zwei besonders auffällige liegen über dem vor- dersten Gehirnzipfel und durchdringen, sich sehr verfeinernd, das Ge- webe der Kopfspitze bis an die Basalmembran, Eupolia Brockii (Fig. 19). Bei den anderen Eupoliiden, wie überhaupt bei allen unbewaffneten Arten, welchen eine Kopfschlinge fehlt, Konstatirte ich immer eine Auf- lösung der beiden Kopfgefäße in je ein dichtes Gefäßknäuel; es ist nicht unwahrscheinlich, dass durch Anastomosen der Kapillaren der beiden sich geradezu in einander verstrickenden Knäuel eine Verbindung der lateralen Stämme ähnlich wie durch die Kopfschlinge erzielt wird. Im Vorderhirn liegen die engen Gefäße medial dem Rhynchocoelom an, weiter hinten umgreifen sie das Gehirn dorsal, kolossale Räume bil- dend (Taf. II, Fig. 21, 23, 24). Von diesen Stämmen spaltet sich rechts und links am ventralen Umfang derselben je ein Gefäß ab; diese bei- den verbinden sich gleich nachher zu einem einzigen kurzen Stamme, der in der Medianebene tief unter dem Rhynchocoelom verläuft (Taf. II, Fig. 26), sich aber wieder bald mit den Hauptgefäßen, welche nun das Gehirn resp. die Seitenorgane völlig umschließen, vereinigt (Fig. V (S!G)). Um Mund und Darm geben die lateralen Stämme Äste ab, welche sich reichlich verzweigen, die Ösophagealregion kennzeichnend (Fig. V SIGS). Sie kommunieiren häufig mit den lateralen Stämmen, welche ihre Lage seitlich am Rhynchocoelom bewahren. Bei den Cerebratuliden kommt es theilweise zur Bildung einer Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 85 Kopfschlinge: zwei mächtige, auf dem Querschnitt sichelförmige Stämme umfassen fast — bis auf einen dorsalen und ventralen Punkt — das Rhynchodaeum (Taf. III, Fig. 33) und vereinigen sich in der äußersten Spitze des Kopfes über ihr. Die Kopfschlinge kennzeichnet Cerebratu- lus marginatus, ferner C. psittacinus, galbanus, glaucus, rubens und Iuteus. Oder die beiden an das Rhynchodaeum gelehnten Kopfgefäße bilden, wie bei Eupolia, über der Rüsselöffnung ein Knäuel, nach- dem dieselben sich schon vorher reichlich verästelt hatten, so dass in der vordersten Kopfspitze nicht nur zwei Stämme um das Rhyncho- daeum sich lagern, sondern dieses von einem Kranz von Gefäßen um- ringt wird. Beispiele hierfür sind: Gerebratulus tigrinus, pullus, albo- vittatus, aurostriatus und spadix. Es ist schon früher erwähnt worden, dass um die Blutgefäße der Kopfspitze eine gemeinsame, dünne Ring- muskelschicht sich deutlich wahrnehmen lässt, welcher außen die Kopfnerven anliegen; innerhalb dieser Muskelschicht nun allein erfolgt die Verzweigung der beiden Stämme, wie sie im letzten Fall beschrie- ben wurde. Nur bei Cerebratulus tigrinus durchbrechen oft einzelne feine Äste den Ringmuskelwall, sich nach außen im Gewebe der Kopf- spitze verästelnd, und bieten somit ähnliche Verhältnisse wie die Eupoliiden, wo die Blutgefäßverzweigungen, nicht auf einen engen Centraleylinder beschränkt, die gesammte Kopfspitze erfüllen. Außer der ventralen Kommissur , aus welcher das dorsale Gefäß hervorgeht, kommt es häufig noch dicht hinter dieser zur Bildung ähn- licher Kommissuren; so finden wir bei C. glaucus und galbanus noch eine, bei C. pullus noch sogar drei solcher accessorischer Kommissuren. Für sämmtliche Cerebratuliden ist ein viertes unpaares ventrales Ge- fäß, unter dem Rhynchocoelom verlaufend, charakteristisch, das sich von dem kurzen Stamm, welchen wir an dieser Stelle bei Eupolia kennen lernten, auch durch die Art seines Ursprungs unterscheidet. Dasselbe entspringt der ventralen Gefäßkommissur zugleich mit dem dorsalen Stamm oder bei Cerebratulus glaucus, galbanus und C. pullus an der zweiten hinter der ventralen Hauptkommissur gelegenen, accessorischen. Es kommunicirt noch einige Male mit den lateralen, theilt sich weiter hinten noch in der Gehirngegend und weicht mit den Seitenstämmen aus einander in charakteristischer Lage über den beiden Schlundner- vensträngen verharrend (Taf. II, Fig. 6—8, 9, 42 SIG). Und wie diese den Schlund innerviren, so versorgt dies Blutgefäßpaar, man könnte es wohl dem Schlundnerven als Schlundgefäß gegenüber stellen, densel- ben, indem es sich an ihm verästelt und seine seitlichen und oberen Wände umschlingt (Fig. V]). Die Lateralgefäße umgeben die Sl norbänt (Fig. 12 und 13), sich 86 Otto Bürger, mächtig erweiternd, im vorderen Abschnitt medial dorsal, im hinteren völlig, gleichsam einen seitlichen Sack bildend, in den das Organ hin- ein hängt. Hinter ihm setzt sich das verengte Gefäß in gleicher Lage fort. Besonders schön tritt es bei Cerebratulus pullus hervor, dass der Blut- gefähsinus eine seitliche Aussackung des Seitengefäßes darstellt, nicht aber das Organ im Hauptstamme selbst liegt. Die Stämme des Schlund- gefäßes vereinigen sich später wieder mit dem_des Seitengefäßes. Kclor. N IN N S N 22 Fig. V. Eupolia, Fig. IV. Carinella, Fig. VI. Cerebratulus. Schema des Blut- und Wassergefäßsystems. Es bedeuten: SG, Seitengefäß; RG, Bücken- gefäß; XG, Kopfschlingen; V@C, ventrale Hauptgefäßkommissur; S@S, Gefäßsinus des Seitenor- gans; S1G, Schlundgefäß; 8IG8, Schlundgefäßsystem; Rc@S, Rhynchocoelomgefäßsystem; Rc@, Rhynchocoelomgefäß; RcSG, Rhynchocoelomseitengefäß; W@, Exkretionsgefäß; RG@GKn, Kopfgefäß- knäuel; WGE, Endkanäle; WGK, Endkölbchen des Exkretionsgefäßsystems. Die höchste Selbständigkeit besitzt das Schlundgefäß bei Gerebra- tulus pullus, wo die Verschmelzung mit dem Seitengefäß erst spät ein- tritt. Sehr kurz ist der Verlauf desselben dagegen bei C. aurostriatus, C. glaucus und galbanus, wo eine Kommissur die Schlundgefäße, welche nie in Funktion traten und nur der Analogie ihres Abganges und ihrer Lage diesen Namen verdanken, wieder mit den Seitengefäßen vereint, ehe sie noch an den Mund, welcher erst hinter ihnen liegt, sich zu begeben vermochten. Eben so bei C. rubens und C. luteus. — Es gleicht demnach das Schlundgefäß von C. glaucus und galbanus in | ” v % Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 87 Ursprung und Endigungsweise ganz jenem kurzen unpaaren medianen Gefäßstamm von Eupolia (SIG). Es liegt der Gedanke nahe, dass beide analog sind und das eigentliche Schlundgefäßsystem von Eupolia (SIGS), welches Verhältnisse bietet wie dasjenige von Carinella, sich bildete an Stelle des nicht bis an Mund und Darm entwickelten der ac- cessorischen Kommissur entspringenden minimalen Gefäßsystems (SIG). Bei den Eupoliiden gehen die Blutgefäße, welche Mund und Schlund thatsächlich umgeben, also aus einem starken Stamm hervor, der jeder- seits sich vom Seitengefäß in der Mundgegend abspaltet, mit diesem oft kommunizirt und sich in lakunenartige große Räume kammert, die in der hintersten Ösophagealregion wieder unter sich und endlich mit den Seitengefäßen verschmelzen. Etwas abweichend verhält sich das Schlundgefäß bei Cerebratulus marginatus; dasselbe bildet nach kurzem unpaaren Verlauf — es ent- springt der ventralen Kommissur mit dem Rückengefäß zugleich — (Taf. III, Fig. 36—38), währenddessen es sich aber bedeutend er- weitert, zwei mächtige Aussackungen, welche den ventralen Ganglien hart anliegen. Diese Säcke verbinden sich unmittelbar vor dem Munde durch große Öffnungen mit den Seitengefäßen, welche die hinteren Zipfel der Seitenorgane einschließen. Über dem Munde ist diese Kom- munikation wieder aufgehoben, die beiden weiten Schlundgefäße ver- ästeln und kammern sich, Mund und Ösophagus umflechtend. Der ven- trale unpaare Stamm, welchem die eigentlichen Schlundgefäße ent- sprangen, endet vor dem Munde blind. Der Blutkreislauf von Langia formosa ist von Jousın (42) an Langia Obockiana ganz ähnlich gezeiehnet. Unsere Form besitzt eine Kopfschlinge, von ihr gehen mehrere Gefäbe ab, die sich vor dem Gehirn in zwei Stämme vereinigen. Einer ven- tralen Kommissur entspringen das Rückengefäß und das Schlundgefäß, welches nach kurzem Verlauf sich wieder mit den Seitengefäßen ver- einigt. Von diesen geht je ein Zweiggefäßsystem an den Darm. In der hinteren Region des Vorderdarmes verfolgen wir anstatt der Masse der Gefäße, welche den Ösophagus in der vorderen ein- schließen, noch neun: das im Rhynchocoelom eingeschlossene Rücken- gefäß, je ein Paar Gefäße, das Paar der Rhynchocoelomseitengefäße, unmittelbar dem Rhynchocoelom seitlich anhängend, deren Beziehungen zum Rhynchocoelom bereits hinlänglich erörtert wurden, eben so wie die der Rhynchocoelomgefäße, welche seitlich in der Rhyncho- coelomwand eingeschlossen liegen, ferner ein Paar in den seitlichen, durch die geringe Entwicklung der Längsmuskulatur entstandenen Längsbuchten, die Seitengefäße, welche in der Gegend der Exkretions- pori aus ihrer bisher dorsalen, seitlich neben dem Rhynchocoelom ver- % >$) Otto Bürger, harrenden Lage tiefer hinabgesunken sind und wenig weiter hinten noch tiefer unter den Darm treten werden, durch dorso-ventrale Mus- kelzüge besonders abgetrennt von der centralen Masse des Leibes- parenchyms und endlich ein Paar unter dem Darmrohr verlaufende, von den Schlundgefäßen übriggebliebene (Taf. IX, Fig. 172). Sämmt- liche Gefäße einer Seite sind durch Kommissuren mit einander, aber nicht mit dem Rückengefäß verknüpft, welches noch im Rhynchocoelom verläuft (cf. Rhynchocoelom der Anopla). In der Region des Mitteldarmes führen drei Gefäßstämme die Blut- flüssigkeit durch den Körper, das zwischen Rhynchocoelom und Darm verlaufende Rückengefäß und die beiden Seitengefäße, welche unter dem Darm, dort, wo die Taschen abgehen, gelagert sind. Fassen wirnoch einmal kurz das Wichtigste über das Gefäßsystem der Anopla zusammen: Die Kopfgefäße, die verlängerten Seitengefäße, bilden entweder eine Schlinge oder ein Gefäßknäuel in der Kopfspitze. Sie ver- einigt unter dem Rhynchocoelom eine ventrale Kommissur. Dieser ent- springen Rücken- und Schlundgefäß. Die Seitengefäße bilden je ein Sinus für die Seitenorgane. Das Schlundgefäß theilt sich in unzählige Äste, die unter sich und mit den Seitengefäßen fortgesetzt kommuni- ciren — Ösophagealgefäßlauf. Hinter diesem in der Gegend der Exkre- tionspori spaltet sich vom Seitengefäße, indem dieses an den ventralen Körperumfang hinabsinkt, je ein Gefäß ab, das am Rhynchocoelom ent- langläuft, und ein anderes Gefäß tritt in der Rhynchocoelomwand selbst jederseits auf. Beide kommissuriren mit den Rhynchocoelomseiten- gefäßen, diese mit den Seitengefäßen — Rhynchocoelomgefäßlauf. Nunmehr hinter diesem tritt das Rückengefäß aus dem Rhynchocoelom und kommunieirt mit den beiden Seitengefäßen. Eine Analkommissur bildet den Abschluss. Die Histologie der Blutgefäße. Diejenigen Abschnitte der Blutgefäßstämme, welche in das Muskelgewebe des Körpers eingebettet sind, zeigen einen durchaus anderen Bau als die, welche im Parenchym des Leibes liegen. Es sind mithin die Kopfgefäße und die des vorderen Ösophagealabschnittes verschieden von jenen vor allen, welche am Mit- teldarm verlaufen. Das laterale Gefäß in der Region des Mitteldarmes bildet ein auf dem Querschnitt runder CGylinder mit engem Hohlraum, aber sehr starker Wandung bei Cerebratulus marginatus, bei den Cari- nella-Arten ist derselbe sehr viel umfang- und inhaltreicher, aber we- niger regelmäßig gestaltet, je nach der Körperregion von bald ellip- tischem oder selbst polygonalem Querschnitt. Die innere Auskleidung bildet eine gallertartige, homogene Masse, welche dicht gefaltet mit hohen schlanken Erhebungen — es sind dieselben besonders bei Cari- Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 89 nella stark ausgeprägt — in das Lumen vorspringt. In der eigent- lichen Grundmasse sind selten Kerne eingelagert; die Falten jedoch tragen einen Besatz von Kernen, in dem sich Kern an Kern reiht. Die stark färbbaren kleinen kugligen Kerne, welche sich kaum von denen des Leibesparenchyms unterscheiden, sind nur von einem dünnen Plasmahof umgeben. In diesen Gebilden erblicken wir die Endothel- zellen. Die Faltung der homogenen, der Muskulatur des Gefäßes auf- liegenden Grundsubstanz lässt sich gut auf Querschnitten erkennen, wo Falte neben Falte immer durch deutliche, tiefe, schmale Zwischen- räume getrennt, wie ein Gitter von Stäben in das Gefäßlumen hinein- springt (Taf. IX, Fig. 179, 180, 181). Fast jeder Stab trägt als Krönchen eine kuglige Endothelzelle.e. Am Längsschnitt aber treffen wir ent- weder ein Thal und weniger Endothelzellkerne, oder eine Erhe- bung, welcher dann dieselben zahlreich aufgereiht sind. Die Musku- latur der Seitengefäße, welche, wie angedeutet, unmittelbar unter der gallertigen Grundschicht des Endothels liegt, besteht aus einer mehr- schichtigen (zwei- bis dreizeiligen) Ringmuskulatur. Die Fibrillen dieser sind kaum messbar fein und schließen eng an einander, einen gewiss sehr wirkungsfähigen Muskelmantel bildend. Bei den Eupoli- iden und Cerebratuliden besitzen die Seitengefäße eine Umwallung von hohen, durchaus nicht tingirbaren Zellen, deren Grenzen sehr scharf abgesetzt sind, und deren kugliger, stark tingirbarer Kern in der Mitte der Zelle an zarten hellen Plasmafäden aufgehängt erscheint. Nach außen, dem Körperparenchym zugewandt, sind ihre Kontouren abgerun- det, nach dem Gefäßlumen zu keilen die Zellen sich aus wie Mauer- steine, welche einen Bogen umgrenzen. Die Zellen, dies geht auch aus Längsschnitten hervor, sind, abgesehen von der Verjüngung, welche ihr basaler, der Blutgefäßringmuskulatur aufsitzender Abschnitt zeigt und der oberen Wölbung, als kubische zu bezeichnen. Ihrem Wesen nach sind es zweifellos Parenchymzellen, wie wir solche auch, obwohl selten, im Leibesparenchym verstreut wiederfinden. Zwischen den kubischen Parenchymzellen dringen Bindegewebszüge ein, welche mit zur Be- festigung der Gefäße dienen. Wir werden sofort sehen, dass die Umwallung der Gefäßrohre von Parenchymzellen nur dort statt hat, wo jene frei im Parenchym des Leibesraumes, und nicht von Körpermuskulatur wie in die Kopfspitze eingeschlossen liegen. So muss es uns wundern, dass das Rückengefäß auch dort den Mantel der Parenchymzellen nicht verliert, wo dasselbe in die Muskulatur der Wandung des Rhynchocoeloms eingeschlossen ist. Die Zellen desselben sind hier schlanker und länger, die Kerne ent- sprechend spindelartig gestaltet. Übrigens besitzt das Rückengefäß ein 90 Otto Bürger, gleiches Endothel wie das Seitengefäß. Die Ringmuskulatur des erste- ren, welche in all seinen Abschnitten ausgebildet ist, übertrifft diejenige des letzteren an Mächtigkeit. Die Kommissuren in der Region des Mitteldarmes mitEndothel und äußerem Parenchymzellmantel ausgestattet, entbehren der Muskulatur. Die Blutgefäße der Kopfspitze, auch die Hauptkommissur, und die der vorderen Ösophagealregion bilden vielgestaltige, kammerartige Räume, und gleichen besonders um Mund und Schlund herum einem aus- gedehnten Lakunennetze. Ihnen fehlt eine eigene Muskulatur und rings, unmittelbar von den Muskelfasern des Körpergewebes eingeschlossen, fast ausschließlich von Längsfibrillen, ist eine äußere Bekleidung von Parenchymzellen nicht zur Entwicklung gekommen. Die innere Aus- kleidung bildet ein Plattenendothel, dessen Zellgrenzen nicht erkennbar sind, dessen längliche, kleine, stark färbbare Kerne aber in regel- mäßigen Abständen angeordnet erscheinen. Das Endothel liegt den Elementen der Körpermuskulatur unmittelbar auf. Das Exkretionsgefäßsystem. Dasselbe ist schon von DELLE CnıAJE (3) bemerkt worden, später wieder von Max Schuttze (5) aufgefunden, aber erst von von KEnnNEL (29) näher bei Malacobdella untersucht, bei welcher dasselbe SemrEr (30) entdeckt hatte. Es besteht nach von KEnnEL aus einem Längskanälchenpaare mit je einem Ausführgange, das ein wimperndes Cylinderepithel auskleidet und in der Ösophagealregion jederseits über den Seitenstämmen gelegen ist, dessen Stämme weder unter sich verknüpft sind, noch mit irgend einem anderen Hohlraum in Kommunikation stehen. Einen wei- teren Beitrag für die Existenz dieses Gefäßsystems bei den Nemertinen lieferte HuBRECHT (23); den bei Weitem größten Theil unserer Kenntnis über jenes aber verdanken wir OUDEMANS (38), welcher dasselbe bei einer großen Reihe von Formen fast sämmtlicher Familien feststellte, und dessen Befunde in dem wunderbaren Ergebnis gipfelten, dass das Wassergefäß je am Anfang und Ende bei den niederen Formen Carinella und Carinoma in das Seitengefäß des Blutgefäßsystems münden soll. Ferner konstatirte dieser Autor bei manchen Formen statt des einen Gefäßpo- rus jederseits viele Öffnungswege nach außen führend. Eingehend untersuchte ich das Exkretionsgefäßsystem von Gari- nella und Cerebratulus marginatus, nur bei einigen der exotischen un- bewaffneten Formen nahm ich mir Zeit, dasselbe zu suchen; sodann fand ich es immer in der typischen Weise ausgebildet. Bei Carinella annulata und polymorpha beginnen die beiden weiten Stämme fast unmittelbar hinter den Rhynchocoelomgefäßen, und er- strecken sich, den Seitengefäßen ziemlich nahe aufliegend, etwa 4!/, cm weit nach hinten, hier entweder mit einem schräg aufwärts steigenden Ausführkanal, welcher keine besondere Anschwellung zeigt, endend, wie ich eseinmal bei Carinella polymorpha beobachtete, oder mit einem Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 91 kurzen, blindgeschlossenen Zipfel (dies bemerkte ich in der Regel), welcher den Abgangspunkt des Ausführkanals nach hinten überragt. Von den Längsstämmen des Exkretionsgefäßsystems gehen fortgesetzt Kanälchen ab, welche sich alle an das Seitengefäß begeben, und zwar an die laterale und ventrale Fläche desselben, und sich an ihm entlang schlängeln. Die feinen Endkanälchen, wie wir die Verzweigungen der beiden Hauptstämme nennen wollen, sind an ihren Enden meist wieder etwas angeschwollen, besonders diejenigen des vordersten, welches sich an das Seitengefäß begiebt. Das hat aber nicht etwa in einer Er- weiterung des Lumens des Endkanälchens seinen Grund, dies wird im Gegentheil haarfein, sondern in der Verdickung seiner Wandung, die wiederum in einer Vergrößerung seiner Epithelzellen beruht. Auch eine Verzweigung der Endkanälchen tritt öfters ein. Dort, wo die Kölbehen der Endkanälchen, so könnte man ihren Endabschnitt wohl noch näher bezeichnen, in die Wandung des Blut- gefäßes, in welcher sie sich vielfach kräuseln, eindringen, tritt das Endothel dieser zurück, die gallertige Grundmasse des Endothels wird äußerst dünn, die Kerne der Endothelzellen länglich und spärlich. Ja manchmal, und wieder besonders deutlich an dem Endkolben des vor- dersten Endkanälchens, welcher so tief in die Blutgefäßwandung ein- dringt, dass er das Lumen des Gefäßraumes beträchtlich verengt, scheint ein Endothel um ihn völlig zu fehlen, wenigstens gelang es mir nicht auch nur ein Kernchen oder Fäserchen, das auf ein solches dennoch hindeuten könnte, nachzuweisen. Demnach hinge hier der Endkolben frei in den Gefäßraum hinein, nur im halben seitlichen Umfang an das Körpergewebe angeheftet, die Blutflüssigkeit aber vermöchte seine Wandung zum anderen Theil zu umspülen. Da die Endkanälchen dicht hinter einander vom Exkretionsgefäßstamme abgehen, und dort, wo ein Endkolben am Blutgefäß sich befindet, unmittelbar hinter ihm ein an- derer sich anschließt, vermag sich die irrthümliche Ansicht wohl ein- zuschleichen, das für ein besonderes in der Wandung des Blutgefäßes liegendes Organ zu halten, was wir soeben als die ununterbrochene Aufeinanderfolge der Endkolben erkannten, zumal dieselben, wie wir schon andeuteten, auch histologisch merkwürdig und nicht leicht im Bau zu erschließen sind. In einen solchen Irrthum ist in der That Oupenans verfallen, wel- cher sagt: »Now, in the whole nephridial region a spongy organ lies in the blood-vessel, placed on its outer wall of which to my regret I could - not make out suffieient histological details, at least none which I would venture to communicate as yet. This organ which presents itself as a - spongy gland, I will call the nephridial gland. « 92 Otto Bürger, Mit dieser kommunieiren nach Oupemans die Kanälchen der Exkre- tionsgefäße. Auch Husrecur (25) spricht von den im Blutgefäßraume gelegenen Abschnitten derselben als »a glandular canicular portion «, fasst diese aber nur als Theile der Nephridia auf, ohne dennoch Ouper- MANS zu widerlegen. Wie leicht vorauszusetzen, sind vor Allem meine Bemühungen auch darauf gerichtet gewesen, die Kommunikationen der Wasserge- fäßstämme mit den Seitengefäßen zu Gesicht zu bekommen. Mir ist es nicht gelungen, obwohl ich den gesammten Exkretionsapparat zweier Carinella-Arten mehrmals zerlegte, dieselben zu finden, und doch zu den feinsten histologischen Zwecken das Material vollauf ausreichte, was seine Erhaltung anbetraf. Ich bin natürlich nicht berechtigt, Zweifel in die Befunde zweier Autoren zu setzen, da ein negatives Resultat einem positiven gegenüber steht und ich nichts anzuführen vermag, was even- tuell einen Irrthum Husrecur's und Oupemans’ erklären könnte. Der Auffassung Oupemans’ vom Exkretionsgefäße der Nemertinen, speciell desjenigen der Garinelliden, herbeigeführt durch die von diesem Autor festgestellte Thatsache der offenen Kommunikation von Exkretionsge- fäßsystem und Blutgefäß, vermag ich mich nicht anzuschließen. Der- selbe kommt in seinem Summary zu dem Schlusse: »With regard to the nephridia in Carinella, a portion of the lateral vessels is changed into such an apparatus. This apparatus here is distinetly a portion of the blood-space, separated from it, just as in the oesophagalregion other portion detach themselves; it communicates both directly and indirectly with the vascular system. Indirectly, because a portion of the wall of the blood-vessel changes into a gland, the function of which appears to be to convey the superfluous matter from the blood-fluid towards a reservoir, the portion separated from the blood-vessel. This has to open communications whith the blood-vessel.« Auf wohlerwogener Basis ruht die Erklärung, welche Husrecnr (25) für die Kommunikation der beiden Gefäßsysteme giebt, indem er das Gefäßsystem des Blutes als ein Archicoelom bezeichnet. Die Histologie des Exkretionssystems von Carinella. Die Längsstämme kleidet ein Cylinderepithel aus, welches Gilien trägt, die aber nicht, wie die der Haut oder des Darmrohres, als ein dichter Wimperpelz erscheinen, der aus feinsten Härchen besteht, sondern als lange, vielfach mit einander verschmolzene, einzeln stehende plasmati- sche Fortsätze in das Gefäßlumen hineinragen. Die Zellen grenzen sich an manchen Stellen scharf gegen einander ab, sie sind gleichmäßig breit und bergen im halben Abstande von der hyalinen dünnen Basal- membran, welcher sie aufsitzen, einen verhältnismäßig recht großen para; Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 93 elliptischen Kern. Ihr Plasma tingirt sich nicht. In den Ausführgängen wird das auch hier noch wimpernde Epithel plattenartig. Mit demselben Epithel sind die Endkanälchen und die Endkolben ausgestattet, in wel- chen man, so weit noch ein Lumen zu erkennen ist, auch Flimmer- haare nicht vermisst. Schon in den Zellen der Längsstämme, besonders aber in denen der Endkanälchen und Endkolben, fielen mir bis kern- große glänzende grüne Konkremente auf. Über ihre Natur musste ich im Unklaren bleiben; niemals beobachtete ich solche im Exkretionsgefäß- lumen selbst. Niemals bemerkte ich Flimmern, welche den Endkolben aufgesessen und in den Blutgefäßraum hineingewimpert hätten. Ich halte die »Glands« wenn auch nicht für Drüsen, so doch mit OuUDEMAnNS für Gebilde, deren Zellen, um mich gang allgemein auszudrücken, irgend eine Beziehung zwischen den Flüssigkeiten der Exkretionsge- fäßkanäle und der Blutgefäßstämme vermitteln sollen. — Die lappigen Bildungen, welche uns auf Schnitten vielfach an Stelle der einfachen Kanälchen an der Blutgefäßwand auffallen, werden durch. die Win- dungen, welche diese beschreiben, erklärt; sie knäueln sich manch- mal geradezu auf. Die Exkretionsgefäße von Cerebratulus marginatus liegen inner- halb der inneren Längsmuskulatur gleichfalls im Parenchym etwas unter der Höhe der Seitenstämme und bedeutend entfernt von den Seitengefäßen, welche in dieser Region erst aus ihrer dorsalen Lage neben dem Rhynchocoelom in die laterale hinabsteigen. Die Ausführ- gänge münden oberhalb der Seitenwülste nach außen, durchbrechen die Körperwand über den Seitenstäimmen und bilden in der Ringmus- kulatur eine kleine Anschwellung. Bei Eupolia delineata liegen die Stämme der Exkretionsgefäße in der Körperregion, in welcher die Schlundgefäße, die sich von den Sei- tengefäßen abzweigen, den Ösophagus mit einem Lakunennetze um- geben. Für ein Parenchym ist hier kein Platz, so weit sind die Blutge- fäßräume. In Folge dessen sind die Exkretionsgefäße unmittelbar an ein Blutgefäß gedrängt, dieses zusammenpressend. Andererseits liegen sie natürlich der inneren Längsmuskelschicht an. Von dem Blutgefäß ist ihre Wandung immer durch das deutliche, wenn auch äußerst dünne Plattenendothel getrennt. Die Exkretionsgefäße verlaufen ziemlich seit- lieh unterhalb der Seitengefäße, die hier gleichfalls noch neben dem Rhynchocoelom gelagert sind, aber deren Wandung in diesem Abschnitt noch nicht von dem Bau derjenigen der Schlundlakunen differenzirt ist. Die Ausführgänge sind wie die von C. marginatus gestaltet: in der Rinsmuskulatur schwellen sie ein wenig an. Sie münden über den Sei- tenstämmen. Ich habe nur ein Paar Pori feststellen können. Wie bei i 94 Otto Bürger, Carinella kleidet die Exkretionsgefäße auch dieser Formen ein wim- perndes Cylinderepithel aus. Verzweigungen der Exkretionsgefäße, welche an die Blutgefäßstämme herantreten, dort die eigenthümlichen Endapparate bildend, habe ich vergebens gesucht, wie auch meine Vor- gänger. Die Exkretionspori von Langia münden, wie HusrecHt und Oupenans beschrieben, in der Rückenrinne. Freie Körperchen. Freie Körperchen habe ich im Rhynchocoelom und den Blutgefäß- stämmen, niemals im Exkretionsgefäßsystem nachgewiesen. Bei Garinella polymorpha waren dieselben ballenweis im Rhyn- chocoelom zusammengetrieben durch ein Gerinnsel einer feinkörnigen Materie verklebt, zweifelsohne das Gerinnungsprodukt einer Flüssigkeit. Die freien Körperchen, oder die Zellen, wie wir sie nennen dürfen, waren ausgezeichnet erhalten und ihre kuglige Gestalt von einem Durch- messer von 7 ı, ihr kleiner 2u großer, rundlicher, stets excentrisch ge- legener Kern fielen leicht ins Auge (Taf. X, Fig. 200). Der Zellleib ist gefärbt, sein Plasma feinkörnig, öfters netzartig angeordnet. Der Kern ist besonders durch seine tief tingirte, äußerst hervortretende Randzone charakterisirt. Das Kerninnere verräth keinerlei Struktur, die ge- sammte chromatische Substanz ist an die Peripherie gedrängt, öfters ist hier ein Kernkörperchen als eine kleine Erhebung zu konstatiren. Die Kerne erinnern mithin lebhaft an jene der zelligen Auskleidung des Rhynchocoeloms, des Endothels und des Parenchyms. Ganz wie diese sind auch die Zellen gestaltet und beschaffen, welche ich im Blutgefäß- system antraf, vielleicht sind sie ein wenig kleiner. Blut- und Rhyn- chocoelomkörper von Cerebratulus marginatus sind von denen der Gari- nella-Arten, so weit ich an konservirtem Material entscheiden konnte, nicht verschieden bis auf die bedeutendere Größe: sie messen 9u. Der Kern, welcher relativ sehr groß ist mit Rücksicht auf das Verhältnis von Kern und Zellkörper bei Carinella, misst fast 5 u im Durchmesser. Dort, wo das Rhynchocoelomblutgefäß verläuft, scheinen sich nun eigenthümliche Vorgänge abzuspielen, bei Garinella sowohl als bei Gere- bratulus marginatus, die auf eine Beziehung zwischen Blutgefäßsystem undRhynchocoelom, d. h. zwischen dem Inhalt beider oder auf die Bil- dung seiner Körperchen hindeuten. Bei Carinella liegt das Rhynchocoelomgefäß in der gallertigen Schicht, welche das Rhynchocoelom auskleidet und den Zellbelag trägt, eingeschlossen; mithin innerhalb der Ringmuskelschicht des Rhyncho- coeloms — eine Längsmuskelschicht ist ja nur im vordersten Abschnitt desselben deutlich. Auch an der Stelle, wo das Rhynchocoelomgefäß Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 95 liegt, ist der innere Zellbelag im Rhynchocoelom ganz normal gestaltet; er fehlt nie. Das Rhynchocoelomgefäß besitzt die Auskleidung eines Plattenendothels, das der Gallertschicht des Rhynchocoeloms unmittel- bar aufliegt. An der medialen Seite nun, also der inneren, dem Rhynchocoelom zugekehrten, ist die Gallertschicht um das 4—Sfache ihrer gewöhn- _ lichen Mächtigkeit verdickt, eine sehr starke Wandung zwischen Rhyn- chocoelom und Gefäß herstellend (Taf. X, Fig. 202). Die Verdickung existirt nur am Blutgefäß. Lateral ist die Gallertschicht dünn. Während die Gallertschicht in ihrer ganzen Ausdehnung aber sehr arm an Kernen ist, erscheint sie an der verdickten Partie geradezu vollgestopft von solchen. Jeder Kern gleicht, es ist dies die beste Charakteristik, völligdem Kern eines freien Körperchens, und um sie herum können wir in ver- schiedenen Stadien der Ausbildung einen dunkler gefärbten und deut- licher granulirten Plasmahof erkennen, welcher-sich mehr oder minder klar aus der homogenen Gallertschicht abhebt. An solchen Stellen, an welchen die Gallertschicht strotzend voll von Kernen ist, oder Zellen, wie wir hinzufügen müssen, ist das Endothel des Rhynchocoelom- gefäßßes medial unterbrochen, und hier muss der Ort sein, an welchem die Zellen, welche man sehr häufig nur noch im lockeren Verbande mit der Gallertschicht sieht, sich loslösen, in das Blutgefäß hineinfallen und als Blutkörper, als solche wie sie beschrieben wurden, weitergetragen werden in den Kreislauf. Man mache mir nicht den Einwurf, hier habe eine Ansammlung von Blutkörperchen, sei es eine künstliche, bei der Abtödtung hervor- gerufene, sei es eine andere aus irgend einem Grunde zweckvolle, statt- gefunden, welche vielleicht durch sehr enges Aneinanderliegen der Körperchen in einer Gerinnungssubstanz, das Bild hervortäuscht, als ob sie in einer besonderen Masse wie der Gallertschicht lägen — dem kann ich entgegnen, dass die Kerne oder Zellen niemals so dicht liegen, dass man nicht immer die Gallertschicht als wirkliche Grundsubstanz unterscheiden könnte, und nur in seltenen Fällen ein Endotheldurch- bruch des Rhynchocoelomgefäßes sie in den Raum desselben gleichsam hineinschiebt; meistens ist die Gallertschicht nicht allein wie immer medial vom Zellbelag des Rhynchocoeloms, sondern auch lateral vom Endothel des Rhynchocoelomgefäßes bedeckt. Wie ist aber diese Er- seheinung zu erklären, wenn wir die Zellwucherungen nicht als Blut- körperbildungsherde deuten wollen ? Auch die merkwürdigen als Becherzellen beschriebenen Gebilde, welche an der nämlichen Stelle bei Cerebratulus marginatus über den Rhynchocoelomgefäßen stehen, die Umbildung der normalen starken 3 | 96 Otto Bürger, Rhynchocoelomlängsmuskulatur in eine Schicht feinster Fibrillen unter ihnen macht es wahrscheinlich, dass an diesem Orte Beziehungen zwischen Blutgefäßsystem und Rhynchocoelom vermittelt werden. Welcher Natur dieselben sind, vermag ich nicht zu sagen, vielleicht besitzen die Becherzellen drüsige Funktion, dafür sprechen die schau- mig-blasigen Bildungen, welche ihren Köpfen anhafteten. Das Nervensystem. Nach dem Erscheinen von McIxtosn’s Monographie (42) betrachteten wir das schon früh vor diesem Autor von QUATREFAGES (4), KEFERSTEIN (40), CLAPAREDE (9) und anderen Forschern erkannte Centralnervensystem aus den beiden Lateral- nerven und deren vorderen Endanschwellungen, je einem oberen und unteren Gan- slion, die der Rüsselscheide anliegen und durch eine dünne dorsale Kommissur über dieser, durch eine dicke ventrale unter dieser verbunden werden, zusammengesetzt. Außerdem waren Kopfnerven event. Augennerven und solche bekannt, welche die Seitenorgane versorgen. HUBRECHT (16—26) erweiterte besonders unsere Kenntnis vom peripheren Nervensystem bedeutend und beschrieb in einer Reihe von Schrif- ten innerhalb eines Decenniums: Einen dorsalen Mediannerven, Medullary-nerve, einen Rüsselscheidennerven, ein Paar Rüsselnerven bei den Anopla, einen Vagus, metamere Verzweigungen der Lateralnerven bei den Enopla und bei den Anopla eine periphere Nervenschicht außerhalb der Ringmuskulatur sich um diese aus- breitend. v. KEnseEL (29) erkannte im Rüssel der bewaffneten Formen Nervenzüge, und HuBRECHT wies nach, dass so viel Nervenstränge aus dem Gehirn in den Rüssel sich wenden als wir auf einem beliebigen Querschnitt desselben zählen. MosELEY konstatirte zuerst eine Analkommissur der Lateralnerven über dem After (Pelagone- mertes Rollestoni), ihm folgte von Kenner (Malacobdella), sodann HusrRECHT, wel- cher sie bei verschiedenen bewaffneten Nemertinen und Eupolia auffand, zwar bei letzteren unter dem After, Cerebratulus marginatus Renier, Langia formosa Hubrecht. Morphologischer Theil, Gehirn und Seitenstämme. Das Gehirn von Cerebratulus marginatus liegt etwa 1 bis 1!1/, mm von der Kopfspitze entfernt, mitten im Gewebe derselben und von diesem allseitig unmittelbar umgeben. Es nimmt auf einem beliebigen Querschnitt 2/, des Gesammtbildes ein, da es in seiner ganzen Längs- erstreckung von ziemlich gleichem Umfang ist. Das Gehirn sondert sich in die fibrilläre Gentralsubstanz oder das Fasergerüst, die Hülle des Fasergerüstes, den Ganglienbelag, eine Binde- gewebszone und die Gehirnscheide. Um das Fasergerüst gruppiren sich die Ganglienzellen, die diese umgebende breite Bindegewebszone ist ein specifisches Hüllelement für dieselben (Taf. IM). la #E2 2 2 Unters. üher die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik, 97 Das Gehirn umgiebt im vorderen Abschnitt das Rhynchocoelom resp. die Blutgefäße bis auf einen dorsalen Punkt, an welchem sich die Körpergewebsmassen, zwei Gehirnhälften trennend, einschieben (Taf. II, Fig. 4). Weiter hinten liegt es nur seitlich desselben (Fig. 7). Je ein rechter und linker Lappen des Fasergerüstes, welche den dorsalen Ganglien angehören und in der Höhe der Kopfspalten liegen (Fig. 1), werden durch eine schmale dorsale Kommissur verbunden (Fig. 2). Dieselbe legt sich unmittelbar an die Blutgefäße und das Rhynchocoe- lom an, welche es im Halbkreis umfasst und bildet in ihrem Höhe- punkte eine Anschwellung (Taf. III, Fig. 33). Etwas tiefer vereinigt die etwa doppelt so dicke ventrale Kommissur die vorderen Enden der unteren Ganglien, die sich so sehr zusammenneigen, dass die Kommis- sur nicht viel länger als breit erscheint (Taf. II, Fig. 2 und 3). Zwischen ihr und dem Rhynchocoelom bleibt ein Zwischenraum bestehen (Taf. III, Fig. 34). Beide Kommissuren liegen hinter der Insertion des Rüssels, das Rhynchocoelom, nicht das Rhynchodaeum umfassend, wie wir es bei anderen Formen finden werden. Auch die obere und untere Gehirnmasse hängt im vorderen Ab- schnitt zusammen; die untere besitzt in den Wurzeln der dorsalen Kommissur einen Anhang (Fig. 3 Wdc), welcher weiter hinten voll- kommen mit ihr verschmilzt. In diesem Gehirnabschnitt wird die Cen- tralsubstanz noch reichlich von Bindegewebszügen und eindringenden Ganglienmassen durchsetzt und bietet ein zerklüftetes Aussehen, im mittleren, wo ein scharf getrenntes dorsales und ventrales Ganglion zum Ausdruck kommt, bildet dasselbe abgerundete solide Massen. Das dorsale umfangreichere spaltet sich in zwei Äste: der obere kleine endet stumpf, der untere größere tritt mit dem Seitenorgan in Ver- bindung (Taf. II, Fig. 6, 7, 8). Das ventrale, weniger stark entwickelte, verjüngt sich in den Seitenstamm, welcher allmählich nach außen genau in die Seitenlinie des Körpers hinaufbiegt. Die Bestandtheile des Gehirns grenzt die Gehirnscheide oder Kapsel (Nea) gleichfalls eben so wie die Hülle des Fasergerüstes binde- gewebiger Natur, gegen die mächtige Körperwand ab. Das Gehirn liegt mit seinen vorderen Theilen in einer einheitlichen Kapsel. Im mittleren Abschnitt theilt eine ventrale senkrechte, unter dem Rhynchocoelom gelegene Scheidewand, in der Medianebene des Körpers stehend, diese Kapsel in ein rechtes und linkes symmetrisches Fach, und hinten theilt ‚eine horizontale Bindegewebsplatte, von der einen zur anderen Kapsel- wand durch das Rhynchocoelom hindurchlaufend, die beiden Fächer nochmals, so dass nun jedes Ganglion eine besondere Kapsel besitzt (Taf. III, Fig. 36 und 37). Trotz der senkrechten Querwand, welche die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 7 ; 98 Otto Bürger, unteren Gehirnhälften von einander abschließt, korrespondiren diesel- ben noch einmal direkt durch eine lochartige Durchbrechung der Querwand und indirekt durch Kommissuren des Schlundnerven- paares, welche später näher besprochen werden sollen (Taf. II, Fig. 5 und 6). Das Gehirn von Langia formosa weicht morphologisch nur in so fern von dem eben beschriebenen ab, als es im Vergleich zu dem kugeligen Cerebratulushirne breit gedrückt flach erscheint, sowohl die ventralen als besonders die dorsalen Ganglien weit aus einander rücken und die vier Ganglien in schräg ventrodorsaler Richtung mehr dem Rhyncho- coelom anliegen als es umfassen. Die »Lateralnerven« oder Seitenstämme, wie wir sie fortan nennen wollen, die Homologa des Annelidenbauchmarks bei den Nemertinen, schwellen an ihren vorderen Enden zu den ventralen Ganglien an, hier den unter dem Rhynchocoelom gelegenen Ganglien, welche die ventrale Kommissur unter dem Rhynchocoelom verbindet. Sie liegen bei Cerebratulus sowohl als auch bei Langia ziemlich genau in der Seitenlinie, die bei Cerebratulus marginatus bekanntlich durch eine Hervorwölbung am seitlichen Umfang, einen Saum, auch äußerlich gekennzeichnet ist. Sie enden, wie das Husrecur (19, 25) für eine Reihe von Nemertinen nachwies, für viele bewaffnete und auch waffenlose, so Eupolia Giardii, mit einer Vereinigung durch eine Kommis- sur über oder, wie bei letzterer, unter dem After oder frei, wie wir es betrefis der meisten waffenlosen Nemertinen annehmen müssen. Höchst wahrscheinlich ist diese Kommissur ein viel allgemeineres Merkmal der Nemertinen. Mir gelang es, dieselbe jetzt auch bei Gerebratulus, also einer Schizonemertine nach HusrecHt, deren Seitenstämme dieser Autor noch frei enden lässt, nachzuweisen. Sie tritt mit der Muskelnerven- schicht in Verbindung und stellt einen äußerst feinen nur sehr kurzen Strang dar, da die Seitenstämme sich zusammenbiegen. Leider ge- lang es mir nur in wenigen Fällen, dies Faktum klar zu machen, da die hinterste Spitze des Thieres am seltensten tadellos erhalten ist. Aber selbst in jenen Fällen gebe ich gern zu, dass eine Analkommissur leicht durch die Muskelnervenschicht vorgetäuscht werden kann. Die histologischen Elemente der Seitenstämme sind dieselben, welche für das Gehirn aufgezählt wurden. Die Gestalt eines Faser- stammes ist in hohem Grade unsymmetrisch. Ein Querschnitt dessel- ben macht ganz den Eindruck einer Hälfte, die sich mit einem Schnitt durch den anderen Stamm zu einem wohlgestalteten Ganzen ergänzen würde. Der Stamm ist nämlich ventral beträchtlich stärker gewölbt als dorsal, die Fläche, mit welcher er der Ringmuskulatur anliegt, ist DE aa”, DR 04 u "4 2 1 Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 99 sehr verbreitert, lateral zugespitzt. Stark schematisirt würde ein Quer- schnitt das Bild eines ungleichschenkeligen Dreiecks geben; die Basis wäre der Ringmuskelschicht anzulagern, die längere Seite entspräche dem ventralen Bogen, die kürzere dem dorsalen. Das Bild würde auch zugleich veranschaulichen, dass der Stamm in der Regel auffällig nach oben aufgebogen ist und ziemlich scharf ausgeprägt einen ventralen stumpfen und einen dorsalen spitzen Winkel mit der Ringmuskelschicht bildet. Das periphere Nervensystem. Dasselbe sondert sich nach seiner Funktion in 1) ein specielles Sinnesnervensystem und 2) ein solches, welches zwischen die Muskel- schichten des Körpers gebettet ist, ein intramuskuläres Nervensystem, das in erster Linie wohl mit diesen in Beziehung treten wird, sowie den Hauptorganen entsprechend in die Nervatur, 3) des Rüssels und 4) des Ösophagus, 5) in je einen dickeren und dünneren außerhalb oder innerhalb der Ringmuskulatur, dieser dicht angedrückt verlaufenden medianen Längsnerven. Scharfe Grenzen lassen sich jedoch hinsicht- lich der Beziehungen dieser fünf Systeme nicht ziehen, da sie sich mit einander vermischen. Für die Anatomie des peripheren Nervensystems sind Husrecut (19, 20 und 45) und v. Kenner (29) unsere gewichtigsten Gewährsmänner, und namentlich Ersterer stellte in einer Reihe von Arbeiten die Anwesenheit der genannten Systeme überhaupt fest, mit deren Mannigfaltigkeit kaum ein anderer Wurmtypus konkurriren kann. Das wahrscheinlich specielle Tast- oder Sinnessystem findet bei den genannten Arten seine Entwicklung in der Kopfspitze, in welche sich zahlreiche Nervenstämmchen begeben, die hauptsächlich von den dorsalen Ganglien ausgehen. Nur je zwei, von denen das mehr aus- wärts stehende auffallend stark ist, entspringen ventral auf der Grenze von Kommissur und Ganglion. Husrecut sagt von ihnen (19), dass sie sich rasch dichotomisch theilen, ich habe bei Cerebratulus und Langia dagegen bemerkt, dass sie sich äußerst wenig ausbreiten, sondern dicht um die Blutgefäße gruppiren, die bekanntlich als zwei weite, nahe an einander liegende Stämme über das Gehirn hinaus in die äußerste Kopfspitze ragen und so dieselben wie in einen Mantel einschließen (Taf. V, Fig. 71). Sie haben die Neigung mit einander zu anastomo- siren, und es findet ein fortgesetztes Trennen und Verbinden derselben bis in die äußerste Spitze hinauf statt, ähnlich wie bei jenem eigen- _ thümlichen Hohleylinder der sogenannten peripheren Nervenschicht. Das ist zu betonen, da Hurrecut auch in seinem Challenger-Report (45) 7* 100 Otto Bürger, die Kopfnerven der Schizonemertinen mit denen der Hoplonemertinen vergleicht, während doch jene kaum von einer Plexusbildung zu unter- scheiden sind, diese aber, in der That sich rasch verästelnd, auch durch den feineren Bau als hochentwickelte Nerven gekennzeichnet werden, durch deren Studium schon allein sich ein Gerebratulus von einem Drepanophorus unterscheiden ließe. An der Spitze strahlen die Kopfnerven auf einem Punkt aus, an dem sich mehrere kleine flaschenförmige Grübchen befinden. Diese Nerven versorgen theilweise auch die Seitenspalten, an welche sie dicht hinantreten. Das reich nervöse Gewebe aber, welches sie vor Allem umgiebt, steht in nächstem Zusammenhange mit den oberen Gehirnlappen (Fig. 71). Zwar sind die Nerven, welche vom lateralen Umfang der dorsalen Ganglien direkt an die Seitenspalten abgehen, winzig und dünn; was aber die hinteren Ränder derselben und das sie umgebende Körpergewebe dennoch zu den nervösesten Stellen des Körpers macht, sind die mächtigen Ganglienzellmassen, welche vom Ganglienbelag des Gehirns aus gleichsam ihre Ränder umfließen (Taf. III, Fig. 36 und 38). Durch Öffnungen am seitlichen Umfang des äußeren Neurilemmas (Gehirnkapsel) nämlich setzt sich der dichte, kleinzellige, obere und untere Belag der vorderen Abschnitte der dorsalen Gan- glien an die oberen und unteren Ränder der Seitenspalten, welche ja vollkommen in der queren Verlängerung der Gehirnlappen liegen, fort, nun anstatt auf die Fasermasse der Ganglien auf die Epithelwände der Spalten ausstrahlend. Vorläufig erwähnt sei an dieser Stelle schon ein epitheliales Nervensystem. Ein Muskelnervensystem par excellence ist die nervöse feinste Fibrillenschicht, welche zwischen äußerer Längsmuskulatur und der Ringmuskulatur gelagert ist. »One of the layers of the body-wall« nennt sie HugrecHt (20) und charakterisirt dieselbe im Vergleich mit den sie bei den Hoplonemertinen ersetzenden Zweignerven der Seiten- stämme »as presenting a more primitive type of peripheral nerve- system, in which it has not yet come to a localisation into transverse branches, metamerically placed, but in which one of the layers of the body-wall is yet in function as the recipient and conductor of nervous stimuli«. Im Gegensatz zu einer ähnlichen, von Husrecur nicht erwähnten Schicht, welche ich bei CGerebratulus und sehr deutlich bei Langia zwischen Ring- und innerer Längsmuskulatur festgestellt habe, will ich sie als äußere Muskelnervenschicht bezeichnen und jener als innere gegenüberstellen (Taf. IX, Fig. 172; Taf. V, Fig. 77). Sie durchzieht den Er - Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 101 Körper von der Höhe der dorsalen Kommissur ab bis in das hinterste Ende des Thieres, an den After hinantretend, und lässt sich, abgesehen in ihrem vordersten Abschnitte, wo sie mit dem Gehirn parallel läuft und sehr dünn ist, auf allen Schnitten in gleicher Ausdehnung verfol- gen. Sie wird durch Längs- und Querstämme gebildet. Erstere gehen — es sind diese von geringerer Bedeutung — vom dorsalen Gehirne zugleich mit den Kopf- und Seitenspaltennerven ab, entstehen jedoch in der Hauptsache durch Anastomosen der Nervenzüge, die von einem dorsalen Längsnerven und den Seitenstämmen entspringen; letztere aber bilden die selbständigeren, queren, kreisförmigen Bänder, welche einen gestreckten, regelmäßigen Verlauf haben. Es kommt daher kein vollständiger Mantel (tunie or sheath), sondern, wie Husrecut richtig in seinem letzten Werke schreibt, ein Maschenwerk zu Stande. Auf ge- lungenen Tangentialschnitten wird man bei mittlerer Vergrößerung schön zu Gesicht bekommen, wie sich ein ziemlich regelmäßiges und weites Gitterwerk von fast nicht gefärbten Faserzügen, deren jeder durch einen scharf tingirten Saum, die bindegewebige Scheide, einge- fasst ist, von der Muskulatur abhebt (Taf. V, Fig. 72). Eben so wie die Körperwände wird auch die Muskelnervenschicht von dem Mundrohr durchbrochen und berührt die oberen und seitlichen Ränder (Taf. V, Fig. 78). An den unteren Rand vermag sie nicht heranzutreten, da derselbe von der Ringmuskelschicht eingefasst wird (Fig. 79). Außer- dem tritt sie mit dem Schlundnerv zusammen, so dass dieser geradezu wie ein mächtig angeschwollener Strang derselben erscheint (Fig. 77). Auch diesen trennt weiter hinten die Ringmuskelschicht von der Muskelnervenschicht. Die innere Muskelnervenschicht ist bei Gerebratulus weniger stark entwickelt als die äußere, dagegen eben so mächtig als diese im vor- deren Körpertheile bei Langia. Beide Muskelnervenschichten stehen durch unzählige Querzüge, welche alle die Ringmuskelschicht durch- setzen, mit einander in Verbindung. Von der äußeren setzen sich ferner Züge bis an das Epithel fort, ganz wie es Husrecut (45) gesehen hat (Taf. VII, Fig. 130), von der inneren aber an die Darmwand und das Rhynchocoelom. In der äußeren Muskelnervenschicht verläuft, wie schon angedeutet, in der dorsalen Mittellinie ein Längsnerv, welcher vom Scheitelpunkte der dorsalen Kommissur entspringt; sein Quer- schnitt ist bei Gerebratulus marginatus länglich elliptisch, bei Langia formosa oval (Taf. II, Fig. 4). Husrecut, welcher denselben wohl irr- thümlich Rüsselscheidennerv nannte (19), bezeichnet denselben in seiner neuesten Arbeit (45) »medullary-nerve« und nennt einen Cere- bratulus nach demselben C. medullatus. Wesshalb der Autor gerade 102 Otto Bürger, diesen Namen wählte, erläutert am besten seine Tafel XVI mit »three diagrammatie figures for the comparison of the nerve-system of the Nemertea, of the Vertebrata and of the Gephalochorda«. Ich will ihn hinfort als großen Rückennerv dem unter ihm verlaufenden kleineren, der gleich behandelt werden wird, gegenüberstellen. Mit der äußeren Muskelnervenschicht in innigstem Zusammenhange verbleibend, ist auch dieser bis in das Schwanzende zu verfolgen. Besonders häufig im vordersten Abschnitt, in welchem Ring- und innere Längsmuskelschicht noch relativ dünn sind, bildet derselbe Anastomosen mit einem inner- halb der Ringmuskulatur über dem Rhynchocoelom liegenden dünneren Nerven, dem Rüsselscheidennerven nach Husreceut (45). Ich nenne ihn also kleinen Rückennerv; mit dem Rhynchocoelom hat er kaum etwas zu schaffen, obwohl man deutlich beobachtet, dass er innerhalb der hier zwar dünnen inneren Längsmuskulatur liegt. Dieser löst sich gleichfalls von der dorsalen Kommissur ab, bleibt jedoch auch durch Anastomosen im Zusammenhange mit der inneren Muskelnervenschicht und bildet über dem Rhynchocoelom, also unter der inneren Längsmuskulatur, einen dritten, aber sehr beschränkten, nervösen Plexus. Es wurde schon angedeutet, dass der große Rückennerv am Auf- bau der peripheren Nervenschicht mit Theil nimmt, aber nur in so fern, als ein fortwährendes Anastomosiren derselben mit den Rückennerven rechts und links stattfindet. Sowohl früher als auch später hat HugrecHt (20, 45) diese Verbindungen als metamer abgehende Seitenzweige des Rückennerven beschrieben und abgebildet und endlich Veranlassung genommen, die schon angedeutete Hypothese auf die Existenz dieses Längsnerven mit his transverse paired metamerical nerve-stems zu gründen. In einem Anhange des Challenger-Report, der später auch separat erschien, homologisirt der genannte Autor diesen Rückennerven mit dem Nervenrohr des Amphioxus und dem Rückenmark ; ohne über diese Ansicht zu streiten, halte ich mich allein an die sicher anatomisch feststehende Thatsache, dass die fraglichen Seitenzweige des Median- nerven nicht metamer abgehen, sondern ganz wie es unsere Figur (Taf. V, Fig. 72) darstellt, und wie es aus dem Bau der Gewebselemente der Gerebratuliden und Langiiden hervorgeht, je nachdem die Muskel- elemente den Bindegewebssträngen, welche allein die Nervenfaser- massen führen, Platz zum Austritt gewähren oder nicht. Auch diese Stellen der Verbindung der Nervenschicht und des Nerven machen vielmehr den Eindruck des Verschmelzens und Trennens, wobei natür- lich Fasern des Rückennerven mit abgehen oder des Durchgangs der queren Nervenbänder, als den einer wirklichen Verzweigung des ver- 2 en Ne RD Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik, 103 hältnismäßig dünnen Rückennerven. So sind diese Anastomosen bald besonders mächtig, bald dünn, bald folgen drei und mehr hinter ein- ander, während gegenüber nur eine einzige, sehr starke liegt oder völlig ausgefallen ist. Diese Thatsache spricht nun aber auch recht deutlich aus Husrecnr’s Pl. XIII, Fig. 2, während freilich Pl. XIV, Fig. 1 ein nur skizzirtes Bild, ganz wie eine Leiter aussieht. Wie schon hervorgehoben, gehen die Zweignerven der Seiten- stämme in die äußere Muskelnervenschicht ab. Diese Nerven aber, welche an die ventrale und dorsale Körperfläche sich begeben, nebst denjenigen, welche von den Seitenstämmen sich direkt an das Epithel wenden, entspringen nicht etwa vom Rande oder einem beliebigen Punkte der Fasermasse desselben, sondern alle von einem Faserzuge, welcher den Seitenstamm von vorn bis hinten durchsetzt und sich so- wohl durch seine eigenartig unsymmetrische, konstant dorsale Lage, als auch durch seinen besonderen Bau aus der übrigen Masse fibrillärer Substanz hervorhebt (Taf. IV, Fig. 47, 48, 54). Wahrscheinlich geht von diesem Fibrillenstamm, welcher also den Wurzelzug sämmtlicher Nerven bildet, welche der Seitenstamm abgiebt, immer ein ventraler und dorsaler Nerv zugleich ab, von denen aber der ventrale bei Wei- tem der mächtigere und auffallendere ist, da er die ganze Breite der Fasermasse des Seitenstammes durchsetzen muss. In einer vorläufigen Mittheilung! hatte ich desshalb auch den vorzugsweise ventralen Ab- gang der Zweignerven hervorgehoben. Endlich aber kommunicirt die periphere Nervenschicht unzweifelhaft durch große Durchbrechungen des inneren Neurilemmas, welche seitlich unmittelbar über der Ring- muskulatur stattfinden mit der fibrillären Substanz der Seitenstämme; unbekümmert lassen diese Verbindungen die »Spinalnerven«, welche über und unter diesen Durchbrechungen, denen eine Fülle der Faser- masse der Seitenstämme entströmt, sich in die periphere Nervenschicht wenden. Die Zweignerven der Seitenstämme sind es allein, welche im Ner- vensysteme eine Metamerie bilden. Sie gehen etwa im mittleren Kör- perabschnitt an den ventralen Leibesumfang in regelmäßigen Intervallen von 0,05 mm ab; der Abstand zweier Dissepimente beträgt in dieser Region 0,4 mm, also würden zwei »Spinalnerven« auf je eine Darm- tasche kommen (Taf. IV, Fig. 54). Die paarigen Nerven des Rüssels und des Mundes, resp. Ösophagus, entspringen dem ventralen Gehirne. ! Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Nemertinen. Vorl. Mittheilung. Nachr, der königl, Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen. Nr. 47. 4888. u", ur 0 en 104 Otto Bürger, Das erste Paar geht von der ventralen Kommissur ab und läuft in zwei Stämmen, welche der Rüsselscheide anliegen, eine kurze Strecke lang der Spitze zu. Sodann steigen sie mit einer Um- biegung zwischen dem Rhynchocoelom und den ihr anliegenden Blut- gefäßen empor und wenden sich mit einer abermaligen Umbiegung nach unten in den, dem Rhynchodaeum angehefteten Rüssel hinein. Sie lagern sich rechts und links in zwei getrennten Komplexen, die auf einem Querschnitte das Bild zweier Mondsicheln geben, die, wenn wir den Rüssel weiter nach hinten verfolgen, zuerst durch ihre Spitzen mit einander verschmelzen, und endlich eine gleichmäßige Nervenschicht zwischen Ring- und innerer Längsmuskulatur des Rüssels bilden. Zwei Anschwellungen jedoch, welche in derselben gegenüberliegen und im rechten Winkel zu den Ringmuskelkreuzen stehen, repräsentiren noch bis in das Rüsselende die beiden ursprüng- lichen Längsstämme (Taf. IX, Fig. 172). Leider fehlte der Rüssel sämmt- lichen Exemplaren von Langia formosa. Das viscerale Nervenpaar, welches den Ösophagus innervirt, wurde von HugrecnHt als Vagus beschrieben (19). Dieser Autor fand dasselbe als ein Paar vom ventralen Gehirne sich abspaltender Stränge, das, ohne zu kommissuriren, unter dichoiomischer Verästelung das Mundrohr und ein vorderstes Darmstück versorgt. In dem oft eitirten Challenger- Report fand Husrecnt (45) bei tropischen Nemertinen-Arten eine oder mehrere, wie aus der Abbildung Pl. XIV, Fig. 5 hervorgeht, gleichwerthige Kommissuren derselben. Der Bau und die Lage des Vagus oder Schlund- nerven, wie er fortan in dieser Arbeit genannt werden soll, bietet auch bei unseren Arten interessante Verhältnisse. Bei Gerebratulus marginatus nimmt er seinen Ursprung von der inneren Seite des ventralen Ganglions, nicht weit von der Umbiegung desselben (Taf. V, Fig. 74). Die beiden Äste laufen den Ganglienstämmen parallel und kommissuriren noch innerhalb der Gehirnkapsel durch Öffnungen der medianen Scheidewand. Die erste Kommissur ist sehr dünn und locker. Nur einige Faserzüge, welche mit Fibrillen der Gehirnsubstanz, die gleichzeitig austreten, ver- mischt sind, bilden eine Brücke. Die zweite ähnliche, aber festere scheint lediglich die Schlundnerven zu verbinden. Hinter dieser bie- gen sie sich an den Seiten der ventralen Gehirnfaserstämme nach unten, durchbrechen die Kapselwand und bilden unmittelbar unter derselben eine kompakte, mit Ganglienzellen bedeckte Kommissur. Diese erst ist von der Stärke einer solchen, von denen Huprzcnur drei hinter einander bei Cerebratulus Parkeri festgestellt hat (45). Über der Kommissur liegt ein Blutgefäß, welches analog diesem Nervenpaar hinter der Kom- missur sich gleichfalls dem vordersten Darmabschnitt zuwendet. Aus nz 27 2 ARE Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik, 105 der Kommissur des Schlundnerven gehen zwei Stämme hervor, die sich an die Seite des eintretenden Mundrohres legen (Fig. 77). Hier haben sie ihre konstante Lage unter den genannten Darmblutgefäßen. Jeder Nerv verbreitert und theilt sich, die obere Wölbung des Mundes zu umfassen suchend. Wie bei der Abhandlung der äußeren Muskel- nervenschicht angegeben wurde, tritt diese mit dem Schlundnerven- paare in Beziehung. Hinter dem Munde ist das Nervenpaar nur noch eine kurze Strecke zu verfolgen. Mit Rücksicht auf einen Vergleich mit Langia formosa möchte ich hervorheben und resumiren: Die erste und zweite Kommissur liegen in der rechten und linken Gehirnkapsel; beide erfolgen durch die gemeinschaftliche Scheidewand. Die dritte mächtige Kommissur liegt unter der Kapsel und verknüpft die beiden Nerven- stämme, unmittelbar nachdem sie aus der Gehirnkapsel heraus nach unten getreten sind. Die Ringmuskulatur, welche die Darmwand umschließt, legt sich hinter der letzten Kommissur um die Schlundnervenstämme, die äußere Muskelnervenschicht tritt an dieselben erst hinter der drit- ten Kommissur heran. Bis zur zweiten Kommissur zeigt das Schlund- nervenpaar von Langia dasselbe Verhalten wie es beschrieben wurde (Fig. 75). Hinter dieser aber tritt das Paar aus der rechten und linken Kapsel, die schon aus einander gewichen sind, und legt sich auf die bereits vollkommen angelegte Ringmuskulatur. Wir sehen nun in den folgenden Schnitten die äußere Muskelnervenschicht die Seitenstämme und die Schlundnerven verbinden. Letztere sind auch inmitten des nervösen Plexus durch ihre großen, runden Querschnitte kenntlich. Hier laufen sie neben einander her, bis sie die Ringmuskulatur durch- brechen und sich innerhalb an dieselbe anlegend, die dritte, gleichfalls Ganglienzellen führende Kommissur bilden (Fig. 76). Nachdem sie noch eine Zeit lang wieder einzeln, tiefer in die innere Längsmuskulatur ge- rückt zu verfolgen sind, durchbricht auch das Darmrohr die Ringmus- kelschicht und sie begleiten dasselbe in derselben Weise wie bei Cere- bratulus. | Dieses Brückensystem der Schlundnerven, in der Weise, wie es Husrecht an Gerebratulus Parkeri (Hbr) beobachtete, aus drei gleich- werthigen Kommissuren bestehend, im Verein mit den Brücken, welche vor denjenigen der Schlundnerven nur die beiden ventralen Gehirn- ganglien in Verbindung setzen, welche Husrechur gleichfalls bei dersel- ben Species feststellte und die, wie erinnerlich, auch bei Gerebratulus marginatus erwähnt wurden, beschreibt der Autor als ein metameres, ganz wie das metamere Arrangement des Nervenplexus beschaffen ; und wenn ich recht verstanden habe, soll das gesammte Brückensystem, welches hinter der ventralen Kommissur liegt, das der ventralen 106 Otto Bürger, Ganglien und des Schlundnervenpaares, als Beginn der peripheren Nervenschicht am ventralen Körperumfang gedeutet werden. Nochmals: eine Metamerie der peripheren Nervenschicht oder äußeren Muskelnervenschicht existirt bei Gerebratulus marginatus und Langia formosa nicht. Wo sie auf Querschnitten scheinbar durch grö- Bere oder geringere Mächtigkeit hervorzutreten scheint, werden sagit- tale Längsschnitte diesen Irrthum klar stellen und die kontinuirliche Verbreitung dieses Gitterwerkes, in das sich die Zweignerven der Sei- tenstämme verästeln, die allein den Anspruch auf ein metameres Abgehen haben, klarstellen. Die Mannigfaltigkeit aber, welche die Kommissuren der Schlundnerven an Zahl, an Mächtigkeit der Ausbil- dung zeigen, die Auszeichnung derselben durch einen theils sehr mäch- tigen Ganglienbelag, ihre wechselnde Lage selbst ganz außerhalb des Bereiches der äußeren Muskelnervenschicht sprechen mir dafür, dass die Kommissuren der Schlundnerven Gebilde sui generis sind. Histologischer Theil. In diesem Abschnitt soll die genauere Betrachtung der Ganglien- zellen, ihrer Vertheilung nebst ihrer Beziehung zur Fasersubstanz und ein eingehendes Studium dieser und der bindegewebigen Hüll- und Stützelemente der centralen Organe des Nervensystems folgen. Die Ganglienzellen. (Tafel III.) Sämmtliche Ganglienzellen der centralen Organe der von mir un- tersuchten Nemertinen sind unipolar, membranlos, ihre deutlichen, langen Fortsätze sind in der Regel der Centralsubstanz zugewandt. Sie stehen nie in Packeten, sondern einzeln, indem jede Zelle eine beson- dere Hülle besitzt. Wir können zwanglos vier Arten unterscheiden. Die Ganglienzellen der ersten Art (Gz,) fallen ins Auge durch die außerordentliche Neigung, welche ihre Kerne zu Tinktionsmitteln haben (Taf. IV, Fig. 59, 59a). Besonders mit Boraxkarmin und Hämatoxylin färben sie sich tief dunkel. Der Zellleib derselben ist sehr dünn und tritt am deutlichsten hervor, wo er sich in dem Fortsatz verjüngt; ist er aus- nahmsweise besonders entwickelt, so zeigt er unregelmäßige Formen, wie sie durch sein Verhalten zu den Nachbarzellen bedingt werden. Die Fortsätze sind äußerst zart, aber von seidenartigem Glanze als Fäden leicht verfolgbar. Die Kerne sind von unregelmäßiger Gestalt, stark lichtbrechend. Diese Zellen lagern sich meist kegelartig, so dass ihre Fortsätze auf einen Punkt ausstrahlen, oder sie liegen, wenp sie in dichtgedrängten Haufen vorkommen, scheinbar wirr durch einander. Bir a ae Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 107 Neben dieser Art kommt bei Behandlung mit Hämatoxylin eine ähnliche zur Geltung, welche sich durch etwas größere Kerne und leb- hafteres Hervortreten des Zellplasmas von jener unterscheidet. Es ist dies diejenige, welche durch die Gehirnkapsel hindurch an die Seiten- spalten tritt (Fig. 39). Die Ganglienzellen der zweiten Art (Gz,) sind von schlank birn- formiger Gestalt (Taf, IV, Fig. 60 und 60a). Sie besitzen eine konstante Größe. Ihr Querdurchmesser misst 3,6 u. Zellleib und Fortsatz färben sich matt. Ersterer umgiebt den Kern, welcher am Grunde desselben ruht, gleichmäßig. Dieser ist ziemlich groß, schön oval und weniger intensiv gefärbt als die der ersten Art. Vor Allem zeichnet diese Zellen ihre stets regelmäßige Anordnung aus. Sie stehen selten zerstreut, niemals verwirrt, sondern zu mächtigen Kegeln gruppirt, gewähren sie auf Querschnitten das Bild eines ausgebreiteten Fächers. Die Ganglienzellen der dritten Art (Gz,) sind es, welche den Beob- achter sofort durch ihre theilweise außerordentliche Größe fesseln (Taf. IV, Fig. 61—63). Ihr Durchmesser beträgt 19 u, mit einem dem Kerne entsprechenden von 7 u bei einigen Riesenexemplaren; das Durehschnittsmaß ist jedoch 10 u. Im Gegensatz zu der ersten und zweiten Art ist bei dieser der Zellleib tief dunkel tingirt, wenig heller als der Kern. Die Zellen gleichen einer Flasche mit kugelig ange- schwollenem Bauche und lang ausgezogenem röhrenförmigem Halse, welcher dem dicken Fortsatz entsprechen würde. Auch retortenähn- liche Formen sind häufig. Der Kern ist kugelig, doch auch nieren- und hufeisenförmige werden angetroffen; er liegt der Zelle am Boden an. Die Ganglienzellen dieses Typus stehen in losen, großen, radiären Gruppen. Diese liegen peripher von dem Ganglienbelag der ersten und zweiten Art. Wenn sie zwischen die Zellen desselben treten, so liegen sie einzeln oder nur zu wenigen beisammen. In bedeutender Anzahl finden sie sich in derselben Region nur immer in einer Gehirn- partie. Als Ganglienzellen der vierten Art (Ncz) will ich ein Paar kolossa- ler Ganglienzellen bezeichnen, das sich nur als ein einziges Paar im Gehirn von Cerebratulus und Langia, zahlreich aber in den Seiten- stämmen beider Gattungen vertreten fand (Fig. 37, 38, Taf. III; Fig. 48, 49, Taf. IV). Diese Zellen sind nahe verwandt mit den zuletzt charak- terisirten Formen. Bei Gerebratulus marginatus sieht man auf einem Querschnitte, welcher das ventrale Gehirn an der Abgangsstelle des Schlundnerven getroffen hat, zwei Ganglienzellen von ungewöhnlicher Größe einander gegenüber liegen, welche um so mehr auffallen, als in diesem Abschnitt des Gesammthirnes nur die kleineren Formen 7 108 Otto Bürger, herrschen (Fig. 37). Auf den verschiedenen Kontrollserien sah ich sie immer medial den ventralen Ganglien anliegen, also zwischen diesen und der mittleren senkrechten Scheidewand der Kapsel. Sie haben eine horizontale Lage inne, die linke liegt höher als die rechte. Ihr Längsdurchmesser ist 40 u, der quere 20 u lang. Der runde, verhält- nismäßig kleine Kern misst nur 7 u. Sie färben sich mit Tinktions- flüssigkeiten eben so stark wie die dritte Art. Der Fortsatz ist der Zelle entsprechend dick und bis in die Mitte der Centralsubstanz zu verfolgen. Der Kern ist rund. An der nämlichen Stelle befindet sich die erste Durchbrechung der senkrechten Querwand der Gehirnkapsel. Ganz ähnliche Zellen finden wir genau an der nämlichen Stelle bei Langia wieder. Im Gegensatz zu vorhin hängen sie fast senkrecht hinab. Ihre Gestalt ist eylindrisch und der Querdurchmesser beträgt so nur 12 u, der Längsdurchmesser ist derselbe wie vorhin (Fig. 38). Ehe ich mich zur genauen Betrachtung der Einzelheiten des Baues meiner vier Zellarten wende, muss ich auf die große Übereinstimmung der Resultate hinweisen, welche der Leser zwischen einer Arbeit Ronpe's (57) »Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Polychaeten« und meinen Untersuchungen finden wird. Der von Ronps als zweite Art aufgestellte Ganglienzelltypus besitzt viel Ähnlichkeit mit unseren III und in anderer Beziehung mit IV, während wieder Ronpe’s I unserer I und II nahe kommt. Außerdem wird ein Kapitel über das Bindegewebe im Nemertinengehirne manche Anklänge an einen Abschnitt haben, in welchem der genannte Autor sein »Subcuti- cularfasergewebe« behandelt. Auch ein Vergleich der Verhältnisse des Aphroditen-Bauchmarks und der Seitenstämme der Nemertinen wird mit Erfolg angestellt werden. »Alle Zellen der Aphroditen sind mem- branlos,« schreibt Ronpe, ich muss dasselbe von den Ganglienzellen der Nemertinen angeben. Sämmtliche Ganglienzellen sind in eine Binde- gewebshülle eingebettet, deren Fasern sich meist dicht an den Zellleib anlegen und leicht für eine Membran angesehen werden können. Aber »die Zellen werden nicht selten nur unvollständig von dieser Subeuti- cularfaserhülle umschlossen, so dass sie sich streckenweise von ihr weit abheben. An solehen Präparaten überzeugt man sich aufs deutlichste, dass die Zellen keine von ihnen abgesonderte Membranen besitzen etec.« Leicht überzeugen auch wir uns von dieser Behauptung bei den letzten drei Arten, bei I fällt es des minimalen Zellleibes wegen schwerer. Der Zellleib hat, wie schon ausgeführt wurde, die verschieden- artigste Größe und Form. Immer tingirt er sich deutlich, am schwäch- sten bei II. Bei Art I ist derselbe nur mit sehr scharfen Vergrößerungen Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 109 zur Kenntnis su bringen. Fortsätze, zum Theil sogar verhältnismäßig starke, an der Ausgangsstelle angeschwollene, fielen mir zahlreich auf, aber fast hätte ich sie, da sie Anfangs dieselbe Färbung besitzen wie der Kern, für Fortsätze dieses gehalten. Erst das verschiedene Licht- brechungsvermögen brachte mir die Kontouren der Kerne deutlich zu Gesicht und vor Allem Färbungen mit Enkticn'schem Hämatoxylin, durch das die Kerne vollkommen undurchsichtig werden, brachte den Zellleib zur Erscheinung. In den Zellleibern sämmtlicher Arten lässt sich eine körnige, stark gefärbte Masse von einer hell glänzenden, homogenen unterscheiden. Es sind dies die Filar- und Interfilarsubstanz oder das Mitom und Paramitom, unter welchem Namen sie Ronpe, Fremuine’s! Bezeichnung adoptirend, bei seinen Polychaeten beschreibt. An den Ganglienzellen der ersten Art konnte diese Differenzirung nur an der helle Lücken lassenden Granulirung des Zellleibes erkannt werden. Sehr deutlich wurde sie dagegen schon bei Art II (Taf. IV, Fig. 60a Pm). Meistens beobachtet man ein Gerüst feinster Körnchen, das Mitom, dessen Zwi- schenräume mit einer gleichartigen, Farbflüssigkeiten wenig absorbi- renden Masse, dem Paramitom, ausgefüllt sind. Auch größere Tropfen mit theilweise randlicher Lage traf ich an, aber niemals eine völlig lokale Sonderung, es schien mir vielmehr, als ob das eine oder andere der unzähligen Tröpfchen besonders angewachsen wäre. Große »rosa tingirte Inseln« fielen bei der Ill. Art auf (Taf. IV, Fig. 61a Pm), aber auch hier war das Paramitom, wo eine Zelle derart ausgezeichnet war, — im Ganzen seltene Fälle, — gleichzeitig überall im Körper in klei- nen Portionen zerstreut (Fig. 61c). Bei den Exemplaren der IV. Art be- sitzt das Paramitom in der Regel eine besonders fein vertheilte Anord- nung. Eine Ausnahme bildete eine mit Boraxkarmin gefärbte Zelle und ein anderes mit neutralem Karmin tingirtes Exemplar, wo dasselbe in rundlichen Inseln lag (Fig. 62). Die Filarsubstanz besitzt je nach der Zellart eine mehr oder min- der feine Granulirung und dichte Lagerung, von beiden Verhältnissen hängt die Art der Färbung ab. Je dichter und gröber die Körnelung, desto dunkler die Tinktion des Zellleibes, je feiner und lockerer, desto heller. Hämatoxylinfärbungen zeigen dies am evidentesten. Am fein- sten ist die zweite Art granulirt, am gröbsten die IIl., sehr feine und sehr dicht gedrängte Körnchen besitzt IV. In jeder Zelle selbst differenzirt sich das Mitom wieder in einen gröberen und feineren Bestandtheil. Die gröberen, dunkel 1 FLEMNING, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung, 4882, $ 372 und 377. 110 Otto Bürger, tingirten Körnchen liegen in loser, reihenartiger Anordnung am Rande der Zellen, die Fortsätze begleitend, und grenzen kranzförmig die größeren Paramitomkomplexe ab. In großen Mengen finden sie sich bei der II. Art (Fig. 64 und 61 a). Eine besonders eigenthümliche Struktur des Mitoms fand sich bei den schon erwähnten Zellen des IV. Typus (Fig. 62). Ein dicker, dunkel tingirter Stamm, dem Zell- leib entsprechend am Grunde angeschwollen, liegt in der Mitte des- selben und setzt sich verjüngt in den Zellfortsatz fort. Hier ist er nicht weiter zu verfolgen, da er sich in nichts von dem peripheren Mitom unterscheidet. Seitliche Äste desselben gehen allseitig an die Zellperi- pherie, zersplittern sich dort und lösen sich in feinste Fäserchen auf. Rundherum um den Stamm, zwischen den abgehenden Ästen, liegt das Paramitom in großen Kugeln. Die feinen, peripheren, netzartigen Ma- schen werden ebenfalls vom Paramitom, das hier aber in kleinsten Par- tikelchen eingesprengt ist, ausgefüllt. Diese scheinbare Verschieden- heit des Mitoms wird durch die, hier ausnahmsweise zur Geltung kommende, periphere, aber nicht randliche Ansammlung großer Para- mitommassen hervorgerufen, welche den Haupttheil des Mitoms in die Mitte nehmen. Derselbe kontrastirt durch seine auffallend dichte Lagerung und in Folge dessen große Armuth an Interfilarsubstanz mit dem äußeren Mitomnetze, das aus direkten Ästen desselben hervor- geht, das aber im Gegensatz zu der centralen, kompakten Säule, ein äußeres lockeres Maschenwerk bildet, das die großen Paramitomballen umfasst. Die Verhältnisse der Filar- und Interfilarsubstanz weichen bei Langia nur in so fern von den eben beschriebenen ab, als sich bei die- ser Art eine sehr gleichmäßige Vertheilung der beiden Zellsubstanzen eingestellt hat. Wie es scheint, ist das Paramitom hier reichlicher ent- wickelt als bei Cerebratulus, aber der Gehalt dieser beiden Bestand- theile scheint auch von Zelle zu Zelle in demselben Individuum zu schwanken. Über die Lage muss ich hinzufügen, dass ich das Parami- tom niemals vollkommen peripher gesehen habe, sondern dass es immer von der grobkörnigen Mitomrindenschicht bedeckt war. Bisher wurde der Bau der Zelle an den verschiedensten Exemplaren so geschildert, wie er jaauch von neueren Forschern wie Roupe und Nan- sEN (59) festgestellt ist. Nun ist es aber sehr die Frage, ob nicht alle diese verschiedenen Bildungen, insbesondere diemerk würdigen Mitomstämme der kolossalen Ganglienzellen — (Nansen giebt ein ähnliches Bild, wie es unsere Figur darstellt) — in den Bereich der Kunstprodukte mehr oder weniger gehören und andere Bilder, welche sich freilich nicht so zahlreich wie jene, aber immerhin häufig genug finden und eine regel- kb = Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 111 mäßige Anordnung der Mitom- und Paramitommassen zeigen, wohl er- haltene Zellen zur Anschauung bringen. Manche Querschnitte nämlich von Ganglienzellen der Ill. Art zeigen eine durchaus regelmäßige Ver- theilung der hellen und dunklen Zellmassen (Fig. 61d). Hier wechseln die Mitomzonen mit solchen des Paramitoms so ab, dass das Mitom die innerste, um den Kern gelegene und die Rindenschicht bildet. Die Mitomschichten verbinden Septa der gleichen Substanz, welche so das Paramitom kammern. Auf diese Weise wäre durch den koncentrischen Bau, welchen Lrivic (47) übrigens schon vor langen Jahren an lebenden Objekten als einen kugelschaligen erkannte, die Längsstreifung vieler Zellschnitte und die Gitterung erklärt, welche sie en face zeigen (Fig. 61 c, 63d). Die Paramitomsäulen der Zellfortsätze wären dann direkt aus den koncentrisch angeordneten Paramitomsäulen der Zelle hervorgegangen, welche auf dem Querschnitt das Bild von Kammern gaben, die von Mitomsubstanz abgetheilt sind. Die Mitomhüllen. beglei- ten dieselben. Fortsatz und Zelle zeigen in der That dieselben Struk- turverhältnisse. Es variirt natürlich von Zelle zu Zelle die Mächtigkeit der Paramitomsäulen und ihrer Mitomwände, in Folge dessen die ver- schieden dichte Vertheilung beider Zellsubstanzen, die sich besonders bei den verschiedenen Zellarten ausprägt. Die Ganglienzellen wurden im Eingang dieses Abschnittes unipo- lar genannt und sie sind es, wenn wir der unipolaren Ganglienzelle des centralen Nervensystems diese Definition geben: Die im Wesent- lichen immer birnförmig gestaltete Zelle, in welcher der Kern am Bo- den des mehr oder minder ausgebauchten Leibes gelagert ist, besitzt nur einen einzigen Fortsatzpol. Es ist nun gleichgültig, ob von dem Fortsatzpole nur ein einziger — wie es in der Regel der Fall isi — oder zwei, drei und selbst mehr Fortsätze in die Centralsubstanz ab- gehen, wenn nur die Differenzirung eines einzigen Fortsatzpoles, wel- che durch die eigenartige Gestalt der Zelle und die Lage der Kerne unverkennbar ausgeprägt ist, erhalten bleibt, so lange nur gleichsam die Zelle auf einen einzigen Punkt ausstrahlt, nicht auf zwei oder meh- rere in gleicher Weise. Die Unipolarganglienzelle ist das selbständige, kolbige, kernführende Endgebilde der Nervenfibrille, fertig in sich, ein Organ für sich, wenn man will. Fassen wir die unipolare, die auto- matische Ganglienzelle in diesem Sinne, im Sinne Krrinengere's !, auf _ und setzen ihr die bi- und multipolaren als reflektorische gegenüber, so haben wir eigentlich nicht mehr gethan als das, was ihr Beiname 1 KLEINENBERG, Die Entstehung des Annelids. Zeitschr. f. w. Zool. Bd. XLIV. Separat p. 52. 112 Otto Bürger, Es »unipolar« mit wenigen Silben ausdrückt, in längeren Worten darge- legt. Das aber schien mir darum wichtig, weil ich glaube, dass der Streit über die Existenz der unipolaren Ganglienzelle wesentlich daraus re- sultirt, dass viele Autoren die Zahl der Fortsätze vielmehr berücksich- tigen zu müssen glaubten, als die der Fortsatzpole, dass die unipolare Ganglienzelle sich mit der unifilaren decken sollte, was durchaus nicht nach dem Begriff der unipolaren Ganglienzelle zu erfolgen braucht!. Der Fortsatz aber, welcher der Ganglienzelle entspringt und dieser ent- sprechend stark ist, muss aus ihr heraustreten, von Säulen des Para- mitoms gebildet sein. Jene eigenthümlichen Fasern, welche nur der sicher umgewandelten Mitomrindenschicht entspringen, die jetzt er- wähnt werden sollen, sind nicht als Fortsätze im eigentlichen Sinne aufzufassen. Es treten nämlich Fasern des Mitoms (Mf) an die Bindegewebs- hüllen der Ganglienzellen hinan und stehen mit diesen im Zusammen- hang. Sie gehen öfters zu mehreren von einer Zelle ab (Fig. 61g u. 61h). Ich beobachtete sie häufig an der dritten Art und besonders an denjeni- gen, welche nahe an der Gehirnkapsel liegen. Sie geben den Zellen, da sie an der Abgangsstelle angeschwollen sind, fast das Aussehen einer multipolaren Ganglienzelle. Die Fortsätze sind zuweilen sehr lang und an ihrer dunklen Körnelung kenntlich. Die Fasersubstanz sah ich sie eben so wenig wie Ronpe (57), welcher dieselben Gebilde beschreibt, erreichen. Die Fortsätze der Ganglienzellen bestehen eben so wie diese aus Mitom und Paramitom. Vom Mitom allein sah ich niemals einen Fort- satz ausgehen, sondern immer waren zwischen die Massen des Para- mitoms auch Mitomtheilchen gelagert. Der feinere Bau der Ganglienzellfortsätze ist an Il und IV genauer zu studiren. I und II besitzen nur sehr zarte Ausläufer, so dass wir bei I nur eine sehr feine und sehr dunkel gefärbte Körnchenreihe und bei II zwei scharf kontourirte Randstreifen von einem hellen mittleren unterscheiden können. Bei III und IV ist das Paramitom vorherrschend Fig. 56, Taf. IV). Es ist in mehreren Säulen im Fortsatze gelagert, jede Säule wird von einer Mitomscheide umgeben, das gesammte Bündel 1 Jene macerirten Ganglienzellen, welche Eısıc (54) auf Tafel IX, Fig. 17 (Gan- glienzellen aus dem Bauchstrang von Notomastus) abbildet, würde ich anstandslos als unipolar bezeichnen, was im Vergleich mit Fig. 9, Taf. V (Ganglienzellen aus dem Ganglienplexus des Magendarmes von Notomastus) gewiss gerechtfertigt erscheint, denn, wenn wir jene grundverschiedenen Zellsorten, die birn- und sternförmigen, zusammen als multipolare bezeichnen wollen, da erstere anstatt des einen Fort- satzes öfters dicht neben diesem noch einen besitzen, so sind diese Termini nicht mehr dazu angethan, eine bestimmte Vorstellung zu erwecken. Unters, über die Anatomie ünd Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 113 umfasst eine besonders körnige Mitomschicht, wie sie als Rindenschicht des Zellleibes charakterisirt wurde. Dem entsprechend beobachten wir auf Längsschnitten eine parallelkörnige Streifung und zwischen dieser homogene breite Bänder; auf Querschnitten dagegen sehen wir große, helle Inseln, jede von einem Körnerkranz umsäumt, in einer faserig- körnigen, gemeinschaftlichen Scheide liegen. Die Totalansicht eines Fortsatzstückes von IV bestätigt dieses. Der Kern, dessen schon kurz bei der Charakteristik der vier Zell- sorten gedacht wurde, besitzt immer eine deutliche, stark färbbare Membran, ein oder mehrere Kernkörperchen und ein besonders her- vortretendes Chromatingerüst. Die Kerne von I und II sind nur durch Form und Färbbarkeit von einander verschieden. Sie besitzen beide ein chromatisches Gerüst, welches den ganzen Zellkörper durchflicht und aus dem ein bis mehrere, stark tingirte, kleine Nucleoli hervor- treten. Bei I habe ich immer mehrere beobachtet, bei II häufig nur einen einzigen. Bei III sind die Kernverhältnisse verschieden, bei den meisten Formen, ganz wie es Ronpe (57) angiebt, kommt neben dem dunkel ge- färbten, einzigen Nucleolus noch ein größeres Bläschen von mattem Glanz und nur sehr schwach gefärbt zur Geltung (Fig. 63—63 d). Das- selbe liegt fast immer dicht neben dem Nucleolus oder umfasst selbst denselben. Zuweilen sah ich auch viele kleine Bläschen um den Nu- cleolus gelagert (Fig. 69) oder an der Membran des Kernes kranzförmig angeordnet, in einem besonders großen lag alsdann der eigentliche Nucleolus. War der Kern, d. h. der gefärbte Bestandtheil desselben nierenförmig oder ähnlich gestaltet, so umschloss er das Bläschen, und der Nucleolus lag an der Kontaktzone dem Bläschen an. Oft sah man von ihm das chromatische Gerüst hart an die Kernmembran gedrängt. Dieser Fall war bei Langia formosa sehr häufig, da hier das Bläschen meist eine enorme Größe erreicht (Taf. V, Fig. 90). Dieses liegt stets central, der Nucleolus immer peripher. Die Zahl der Nucleolen schwankt und scheint ohne Regel zu sein, da bei großen und kleinen Zellen bei- der Arten, bei Langia sowohl als Gerebratulus, bald nur ein einziger oder zwei gleich große, selten aber mehr vorgefunden wurden. Große Kernkörner, welche gleichfalls peripher lagen, waren auber- dem noch vorhanden. Einen völlig konstanten Kernbau finden wir bei dem kolossalen Ganglienzellpaar. Der sehr große, stark lichtbrechende Nucleolus liegt am unteren Pole des großen, runden Kernes. Der Kern ist an der Peripherie fein granulirt, das chromatische Gerüst ist von hellen Lücken durchbrochen. Der Binnenraum ist von dem sehr großen, blassen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Ba. 8 114 Otto Bürger, Bläschen, welches auch hier völlig homogen erscheint und sich nur schwach färbt, ausgefüllt. Beide Nucleoli eines Zellpaares liegen der medianen Scheidewand der Gehirnkapsel eben so wie die Kerne und selbst die Zellleiber zugewandt. Auffallend aber ist es, dass den kolossalen Ganglienzellen der Seitenstämme im hinteren Körperabschnitt häufig zwei große, schön ausgebildete Nucleolen zukommen, besonders im Hinblick auf einige bewaffnete Formen, wo wir ähnliche Verhältnisse bei den kolossalen Zellen des Gehirns antreffen werden. Am Schluss dieses Kapitels muss ich einschalten, dass ich einmal im Gehirne des Cerebratulus die linke, höher liegende der kolossalen Zellen von bipolarem Aussehen fand. Der obere Fortsatz, welcher ganz nach der Regel horizontal verläuft, dringt unzweifelhaft in die Faser- substanz auf direktem Wege ein. Den Verlauf des anderen, welcher senkrecht nach unten auf die Kapseldecke zugeht, vermochte ich nicht festzustellen (Taf. III, Fig. 37). Es wird sich hier um eine Verzerrung der Ganglienzelle handeln. Die Vertheilung der Ganglienzellen im Gehirn und in den Seiten- stämmen. Wenden wir uns, um diese Verhältnisse darzulegen, zur Betrach- tung eines Gehirnschnittes von Gerebratulus marginatus, auf welchem die drei ersten Arten von Ganglienzellen vertreten sind. Das Fasergerüst ist in je drei Lappen gespalten, nämlich in das ventrale und dorsale Ganglion, und an letzterem in einen Anhang, welcher die Wurzeln der dorsalen Kommissur darstellt (Taf. IIl, Fig. 35). Art I der Ganglienzellen gehört auf diesem Bilde ausschließlich dem dorsalen Gehirne an. In je zwei Bündeln angeordnet bedeckt sie dasselbe oben und unten. Auch am Belag der dorsalen Kommissural- wurzeln nimmt sie Theil, fehlt dagegen vollkommen am ventralen Faser- stamm. Hier ist allein die II. Art vertreten, und zwar im vollen, inneren Umkreise der ovalen, quergetroffenen Faserstämme. Eine zweite, kleinere Partie füllt den Winkel zwischen den dorsalen und ventralen Lappen aus. Die Zellen des dritten Typus stehen sämmtlich dorsal und bilden eine zweite, mehr periphere Belagszone. Die größten, nach außen stehenden haben ihre Fortsätze auf die Wurzeln der dorsalen Kom- missur gerichtet, die kleineren auf die medialen Theile der dorsalen Fasermasse. Der Belag mangelt den lateralen Flächen der oberen Gan- glien und ferner jenen Abschnitten, die an die Blutgefäßwände stoßen. Auf einem Querschnitt in der Höhe der ventralen Kommissur (Fig. 34) finden wir fast ausschließlich den I. Typus. Nur in den unte- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 115 ren Buchten der ventralen Fasermassen unterscheidet man vereinzelt IH und III. Dorsal, an der Wurzel der dorsalen Kommissur, befindet sich ‘je ein großer Haufen von Ill. Die ventrale Kommissur erscheint auf diesem Bilde belaglos, da sie, wovon man sich durch einen Querschnitt derselben überzeugen kann, nur auf dem Scheitel mit zwei kleinen Bündelreihen der II. und wenigen Zellen der III. Art bedeckt ist. In der Lücke, welche sich zwischen Rhynchocoelom und Kommissur be- findet, sehen wir vereinzelt kleine Exemplare derselben Zellen. Die dorsale Kommissur ermangelt des Belages vollkommen (Fig. 33). Die Ansehwellungen, mit welchen sie die Wurzeln bildet, sind mit jenem Ganglienzellgemisch der genannten Arten umhüllt, das uns im vorderen Gehirnabschnitt fortwährend begegnet ist. Der obere Umfang der dorsalen Kommissur tritt unmittelbar an die Elemente der Körper-- wand heran, da ihn die Gehirnkapsel frei lässt. Die dorsalen Lappen, welche die Kommissur überragen, und denen die Kopfnerven ent- springen, zeigen auch in ihrem weiteren Verlauf einzig die I. Art. Im mittleren Gehirnabschnitt (Fig. 36) rücken sämmtliche Zellen von Art III allmählich aus ihrer nur dorsalen Lage medialwärts zwi- schen Fasersubstanz und Blutgefäße, aber so, dass immer noch ihre Fortsätze auf die dorsalen Kommissurwurzeln ausstrahlen. Um diese häufen sich außerdem noch die der I. Art besonders an. Der II. Typus bedeckt die ventralen Ganglien im Gegensatz zu vorhin mehr nach außen rückend. Jetzt sehen wir auch verschiedene Zellen der dritten Art mit diesen vermischt, also dem ventralen Ganglion angehörend. Je mehr die Zellen des Ill. Typus in der Folge im dorsalen Gehirnab- schnitt verschwinden, desto mehr wachsen die Haufen des I. an, bis sie endlich den alleinigen Belag desselben bilden: am mächtigsten dorsal, schwächer ventral und lateral. Medial liegt die Fasersubstanz wieder den Blutgefäßen an. Nach der Viertheilung der Gehirnkapsel treffen wir nur die I. Art allein bei den oberen Gehirnhälften an. In den ventralen Ganglien kommt der dritte Typus nicht zu bedeutender Geltung. Seine Zellen stehen nie in Haufen; vereinzelt, meist von mittlerer Größe, sind sie zwischen die Ganglienzellen der vorherrschenden II. Art eingepackt, bei Langia zahlreicher als bei Cerebratulus. Nachdem sich der Ganglienbelag in dieser Weise von vorn nach hinten differenzirt hat, sehen wir etwa an der Grenze des mittleren und hinteren Gehirnabschnittes, wo der Schlundnerv entspringt, das einzige Paar der kolossalen Ganglienzellen, Art IV, in der ausführlich beschriebenen Lage (Fig. 37, 38). Die Zellen der II. Art stehen in zwei Hauptgruppen, einer dorsalen mit kleineren, dicht gedrängten | ee 116 Otto Bürger, Zellen und einer hohen, ventralen, deren Ganglienzellen einen sehr ausgebildeten Zellleib und eine freiere Lage besitzen. In der Höhe der beiden ersten Schlundnervkommissuren treten nochmals einige beson- ders große Zellen der dritten Art auf. Der Spaltung des dorsalen Faser- stammes gemäß sondert sich auch der Belag in zwei Gruppen, die untere nimmt am Aufbau und der Innervirung der Seitenorgane Theil. Schließlich muss ich noch auf die außerordentliche Symmetrie aufmerksam machen, welche uns im Ganglienbelage der rechten und linken Gehirne entgegentritt. Sie erstreckt sich auf die Lage, Richtung und Größe der Zellen, ja selbst auf die Zahl; dieses ist am Il. Typus zu demonstriren. Fassen wir die Resultate, welche wir aus den gezeichneten Bildern gewonnen haben, ehe wir zur Betrachtung derselben Verhältnisse in den Seitenstämmen übergehen, noch kurz zusammen. Wir können scharf einen dorsalen und ventralen Belagstypus trennen. Ausschließlich dorsal ist Art I, nur ventral Art II gelagert. Im oberen und unteren Gehirne kommt Art III vor. Ein Paar beson- ders ausgezeichneter Zellen gehört den ventralen Ganglien an. Der Lage aber entspricht, theilweise lässt sich dieses vorzüglich erkennen, die Funktion. Dem dorsalen Gehirne entspringen an der Spitze die Kopfnerven, die als specielle Sinnesnerven gedeutet wur- den, da sie die Kopfgrübcehen und die Seitenspalte versorgen. Einzig finden wir im vorderen Abschnitt der dorsalen Ganglien den ersten Typus. Und auch dort, wo das hintere Ende mit den Seitenorganen sich verbindet, jenen merkwürdigen, viel umstrittenen Gebilden, welche ich, mich ganz Dewoerzky’s (41) Auffassung anschließend, für Sinnes- organe halte, finden wir nur den I. Typus. Ich halte daher diese Gan- glienzellen für Sinneszellen, zumal wir sie an Körperstellen, denen wir eine hohe Empfindlichkeit zuschreiben müssen, wie den Seiten- spalten wiederfinden. An die Seite stellen möchte ich sie den Nerven- kernen, welche Ronpe (57) in dem hutpilzförmigen Organ und den Hirn- hörnern des Gehirns der Aphroditen beschreibt. Dass diese Zellen eine ausschließliche Bedeutung haben, wird auch noch besonders dadurch nahe gelegt, dass die dorsalen Kommissurwurzeln, obwohl sie mitten zwischen jenen Zellen liegen — theilweise treten sie ja auch mit ihnen in Verbindung — hauptsächlich durch den dritten Typus innervirt werden. Eine funktionelle Sonderung von II und Ill wird sich nicht durch- führen lassen, IV dagegen gewinnt eine besondere Bedeutung, die im folgenden Kapitel ausführlich behandelt werden soll. — Ähnlich wie das ventrale Gehirn finden wir die Faserstämme der Seitenstämme mit Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 147 einem oberen und unteren Mantel von Ganglienzellen der IE Art bekleidet; auch hier ist der ventrale der stärkere. Zwischen diese Hauptart sind Ganglienzellen aller Größen des Ill. Typus eingebettet, sie stehen einzeln, aber kontinuirlich am ganzen Faserstamme entlang. Außerdem kommen in Abständen jene kolossalen Ganglienzellen vor, welche an Größe und Gestalt denen des Gehirns gleichen (Taf. V, Fig. 45 und 50). Sie zeichnen sich vor jenen durch die bedeutendere Feinkörnigkeit und Dichte der Zellsubstanz und einen größeren Kern, einige maßen 10 u, aus. Dieser besitzt ein rundes, stattliches, stark lichtbrechendes Kernkörperchen und zahlreiche kleine, sehr dun- kele Körnchen, welche rosenkranzartig an die Kernmembran gelagert sind. Die Zellen im hintersten Ende der Seitenstämme besitzen, wie schon erwähnt, häufig zwei gleich große Nucleoli. Ein sehr zartes, chro- matisches Gerüst erfüllt den Binnenraum des Kernes. Letzteres tritt überhaupt bei sämmtlichen Ganglienzellen der Seitenstämme auffällig hervor. Diese kolossalen Zellen haben ihre konstante Lage ventral oder dorsal immer an der Basis des Faserstammes, der Ringmuskulatur zu- nächst; der Zellleib liegt dicht an der Wand der äußeren Scheide. Da sie nur in Zwischenräumen erscheinen und niemals in gleicher Höhe dorsal und ventral an einem Faserstamme liegen, wie in der Regel auch nicht, wenigstens im vorderen Abschnitt der Seitenstämme, am rechten und linken Umfang zugleich, wäre die Frage einer eventuellen Periodieität dieses vierfachen Wechsels zu untersuchen. Ich darf sie in der Hauptsache beantworten. Im vorderen Körperabschnitt liegen die kolossalen Zellen in weiten Abständen (etwa 1 bis 1'!/, cm) abwech- selnd dorsal und ventral, rechts und links in ungleicher Höhe, im Schwanzende dagegen auf gleicher Höhe, aber fast nur dorsal, dicht hinter einander. Die Abstände verringern sich also von vorn nach hinten. Der Ganglienbelag der Seitenstämme nimmt im Verhältnis der Ver- jüngung derselben ab, zeigt aber immer dieselbe Zusammensetzung aus den drei Ganglienzellelementen. Die Centralsubstanz und ihre Beziehung zu den Ganglienzellen. Die CGentralsubstanz, das Fasergerüst des Gehirns, beschreibt Husrecht (19) mit folgenden Worten: »Die feinere Struktur dieses Faser- kernes könnte man als eine verfilzte oder spongiöse bezeichnen ;;« und ferner sich auf Lang beziehend: »auch bei Carinella finde ich äußerst zarte, mit einander anastomosirende, sich mit Tinktionsmitteln beinahe gar nicht färbende Fasern.« Bei den Gattungen Polia (Eupolia) und Va- leneinia fügt ernoch hinzu: »Die Verfilzung der Nervenfasern im Inneren 18 - Otto Bürger, sowohl des Gehirns als der Nervenmarkstämme ist hier eine viel inni- gere als bei Carinella, verräth aber, abgesehen von der größeren Kom- paktheit, noch denselben Charakter.« Bei der Beschreibung dieser:. Verhältnisse an den Schizonemertinen und speciell Cerebratulus be- zieht sich der Verfasser auf diese Stellen. Das Studium der Centralsubstanz habe ich an der auch für die Anneliden als günstig bekannten Gehirnkommissur und den dem Bauch- mark entsprechenden Seitenstämmen angestellt. Hier wird dasselbe einestheils durch die weniger dichte Packung der Centralsubstanz, als besonders durch den ausgesprochenen Verlauf, welchen sie zeigt, er- möglicht. Die Centralsubstanz bietet nämlich in den Kommissuren und Seitenstämmen das Bild einer längsgestreiften Masse. Diese aber wird von den Bündeln jener unzähligen Elemente, welche sämmtlich in einer Richtung, der Längsrichtung parallel mit einander verstreichen, den Fibrillen, erzeugt. So habe ich mich mit einem Schlage auf einen anderen Standpunkt stellen müssen, als ihn Husrecat mit vielen Forschern einnimmt, welche die nervöse Masse der Gentralsubstanz als eine spongiöse bezeichnen und damit ihren Aufbau aus Einzelfibrillen leugnen, die, wenn wir nur die geeigneten Mittel besäßen, ihrer Vergänglichkeit rasche Grenzen zu setzen, sich überall im centralen Nervensystem als zarteste Fäden iso- liren lassen müssten. Aber auch zu jenem Dogma von der Punktsub- stanz (#7), welches Husreent in Bezug auf die Nemertinen in seinem letzten großen Werke (45) berührt, kann ich mich somit nicht bekennen, auch nicht zu dem Terminus, in keinem tieferen Sinne wenigstens, als dass man die Gentralsubstanz im Hinblick auf Querschnittsbilder, wo ja die getroffenen Fibrillenzüge das Bild einer äußerst fein punktirten Fläche geben, so nennen könnte. Das Für und Wider, welches die Vertreter der Leyvig’schen Punkt- substanz und neuere Forscher für das spongiöse Gerüst oder die schwammartige Natur der Centralsubstanz vorgebracht haben, sowie endlich derjenigen, welche für die fibrilläre Natur derselben mit ihren Untersuchungsbefunden eintraten, findet sich in eingehender Weise im zweiten Theile der Gapitelliden-Monographie Eısıe’s (54) dargelegt und beleuchtet. Eben so in einem historischen Überblick, welchen Ronpe seiner Arbeit voranschickt (57). Es ist nun die Frage, ob die Fibrillen der Centralsubstanz ein Maschenwerk bilden und durch Anastomosen mit einander verknüpft sind. Als Formelement der centralen Fasermasse habe ich eine feinste, kaum messbare Fibrille verfolgen können, die in den Ganglien einen CAliberim - “ Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 119 verschiedenen Verlauf besitzt, in den Kommissuren von einer Gehirn-, hälfte zur anderen ihren Weg nimmt und in den Seitenstämmen ent- schieden längsgerichtet ist. Der oft wellige Verlauf derselben und hierdurch hervorgerufene Scheinmaschenbildungen entziehen sie bald dem Auge des Beobachters. Wie Ronpe (57) habe ich keine Anasto- mosen feststellen können, ohne aber definitiv sagen zu können, dass dieselben fehlen. Sicher aber besteht die Nervenfibrille als Faden fort, mag dieselbe nun Seitenfäserchen, also ungleichwerthige Verästelungen, besitzen oder nicht. Die Fibrillen der Centralsubstanz sind verschieden dick. Äußerst feine finden sich in den dorsalen Gehirnlappen, besonders starke in der ventralen Kommissur. Überhaupt besitzt das ventrale Ganglion im Ganzen nicht so feine Fibrillen wie das dorsale. Das geht Hand in Hand mit der verschiedenen Dichtigkeit der Gentralsubstanz. An einem Sagittal- schnitt durch das ganze Gehirn, auf welchem oberer und unterer Lap- pen vollständig in einem Bilde neben einander zu liegen kommen, fällt der große Unterschied in ihrem Bau sofort auch durch die verschiedene Färbung mit Tinktionsmitteln ins Auge. Das obere Gehirnfaserwerk ist sehr lebhaft tingirt, und zeigt eine gleichmäßig dichte Packung der Fibrillen von dem Punkte an, an welchem die Kopfnerven entspringen, bis in die hinterste Spitze hinein, welche im Seitenorgane liegt, wäh- rend das untere Ganglion viel lockerer gebaut ist, und in Folge dessen auch matter gefärbt erscheint. Dieses lässt schon bei mittlerer Ver- größerung die unzähligen Pünktchen der getroffenen Fibrillen erkennen, während es bei dem dorsalen der schärfsten Vergrößerung bedarf, die centrale Masse aufzulösen. Eine Partie von derselben dunklen Färbung und Dichtigkeit wie das dorsale Ganglion zeigt die ventrale Kommissur. Sie stellt sich bei Gerebratulus als ein breiter Streifen dar, welcher in der Mitte der Kommissur liegt und dieselbe der Länge nach durchzieht. An den Enden biegt er sich ganz wie jene um. In die dor- sale Kommissur sehen wir sich die Masse der dorsalen Ganglien in dich- tester Lagerung bis an den Scheitel fortsetzen, hier erscheint sie ge- lockert. Ein ganz ähnlicher, dunkler Streifen oder Balken, wie in der ventralen Kommissur bei Cerebratulus auffällt, verläuft auch bei Langia formosa in derselben Kommissur (Taf. III, Fig. 34). Besonders klar ist das Bild dieses dichten Fibrillenbündels in einer mit Hämatoxylin ge- färbten Querschnittserie dieser Species. Der Längsbalken ist hier sehr schmal, aber scharf von der übrigen Fasermasse abgesetzt. An den Enden verbreitert er sich etwas und verläuft wie es beschrieben wurde. Die Dichtigkeit der Gehirnpartien steht wiederum in Beziehung mit der Fülle und der Art des Ganglienbelages. So erklärt sich die 120 Otto Bürger, gedrängte Lage und die Feinheit der Fibrillen in den oberen Lappen aus der außerordentlichen Fülle, zumal im mittleren und hinteren Abschnitt, der Ganglienzellen und der hervorragenden Zartheit ihrer Fortsätze (ArtI). Sobald wie an die inneren Partien derselben, z.B. die Wurzeln der dorsalen Kommissur eine andere Zellart herantritt, hier III, wird die Struktur eine merklich gröbere. Die ventralen Lappen mit den Bün- deln der zweiten Art, welche mit denen der ersten, weder was die Fülle anbetrifft, noch die Feinheit ihrer Fortsätze, konkurriren können, zeigen dem entsprechend ebenfalls eine weniger dichte Struktur. Die Lücken, welche besonders in den ventralen Gehirnlappen zwischen den Pünktchen und Fäserchen überall winzig klein hervor- treten, werden auch hier, wie es Ronpe angiebt, von der alle Organe durchtränkenden Leibesflüssigkeit erfüllt. Die Centralsubstanz, in welcher Richtung und Verlauf der Ge- sammtfibrillenmasse mehr oder weniger festzustellen sind, wird in allen Theilen von parallel verlaufenden Fibrillen durchzogen, die in Längs- und Querzügen angeordnet, dem Ganglienbelag entströmen, Bahnen bildend, die besonders kenntlich sind. Diese vereinigen sich zu Systemen (Taf. III, Fig. 39). Die Fibrillen, welche sich derge- stalt anordnen, gehen direkt aus den Fortsätzen von Ganglienzellen hervor. Die Faserbahnen sind komplieirt und besonders schwer in der Centralsubstanz zu verfolgen, da dieselbe auch von Bindegewebszügen durchsetzt wird. Sie bewirken einen Austausch des Ganglienbelags der beiden Gehirnstämme, in dem, wenigstens sicher ein Theil der Fort- sätze der Ganglienzellbündel des rechten in den linken, der des linken in den rechten hinübergehen. Es gelang mir für das obere Gehirn und für das untere ein System jener Fortsatzbündel festzustellen. Das erstere System besteht einmal aus einem fibrillären Längszuge, welcher in die dorsale Kommissur eingebettet ist und die beiden Gan- glienbündel des rechten und linken dorsalen Lappens hinüber führt. Außerdem aber werden zugleich zwei Haufen von Gangienzellen, welche außerhalb der Gehirnscheide und über und unter den Seitenspalten liegen, durch denselben Strang mit dem gegenüberliegenden Faser- stamme in Verbindung gesetzt. Zweitens gehört in dieses System ein Fibrillenzug, der in der ventralen Kommissur verläuft, wiederum eine Verknüpfung der beiden dorsalen Ganglien vollzieht, sodann aber eine Leitung zwischen den großen Haufen der III. Art, welche die Wurzeln der dorsalen Kommissur innerviren, einer kleineren, anderen dorsalen Zellpartie und zwei ventralen Bündeln, die sich später an das ventrale Ganglion anlegen, herstellt und in den anderen Gehirnstamm hinüber leitet. Es ist sehr wohl anzunehmen, dass außer diesen ein System par EZ Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 121 besteht, welches den dorsalen Lappen in der Tiefe durchsetzt und in der oberen Kommissur eine Wechselbeziehung des Ganglienbelags der beiden oberen Ganglien herstellt. Mir gelang es nicht, ein solches nachzuweisen. Vor Allem aber besitzt das ventrale Gehirn ein vorzüglich ent- wickeltes und deutliches System jener Bahnen, welche die Fortsatz- bündel des Ganglienbelags bilden, dieselben verlaufen hauptsächlich von hinten nach vorn. Dasselbe ist bedeutend ausgedehnter, wie das vorige, aber es entsteht eben so wie jenes, indem sich die zahlreichen Fortsatzbündel der Ganglienzellen etwa in der Mittellinie jedes Gehirn- stammes an einander legen und durch die Kommissur in den entgegen- gesetzten Faserstamm hinüberziehen; auch in ihm sind sie noch weiter zu verfolgen. Nur Schnitte, welche in die Hauptrichtung der Gesammtcentral- fasermasse gefallen sind, wie diejenigen, welche die Kommissur längs trafen oder die Ganglien sagittal oder besser frontal, werden klare Bil- der von dem Verlauf der Fortsatzzüge der Ganglienzellbündel geben. Querschnitte, beispielsweise hinter den Kommissuren, zeigen die Fihril- lenzüge natürlich nur bis zur Umbiegungsstelle und da die Fortsätze der gegenüberliegenden Ganglienzellbündel zu einem Zuge zusammen- treten, so scheint es, als ob sich die Fortsätze der Bündel mitten in der CGentralsubstanz direkt mit einander verbänden, um etwa Kommissuren der Ganglienzellbündel herzustellen (Taf. IV, Fig. 46). Sie treten in die Mitte des Faserstammes gewöhnlich mit einem Bogen hinein, so dass beide Züge die Gestalt eines Halbbogens oder eines leicht gekrümmten $ zeigen. Öfters spalten sich auch die Fortsätze eines Ganglienzell- kegels schon beim Eintritt in die Centralsubstanz, um in zwei Zügen, ein Stück der Centralsubstanz zwischen sich fassend, einzudringen. Über- all überzeugt man sich aber auch hier, dass die Fortsätze, mögen nun mehrere Ganglienzellhaufen das Ganglion bedecken, wie bei den obe- ren, oder nur zwei, wie bei den unteren Gehirnlappen, in Zügen nach einem Punkte hingeleitet werden. Denn ob alle Fortsatzzüge von Gan- glion zu Ganglion geführt werden, wage ich nicht zu entscheiden, da auch manche Fortsatzbündel in die Centralsubstanz besenartig ausstrah- len, also nicht im Zuge vereint bleiben. Die ventrale und dorsale Kommissur kennzeichnen sich nach dem Ausgeführten als Gentra der gesammten Hirnthätigkeit, da in ihren Scheiteln die Fibrillenzüge des mehrfach differenzirten Ganglienbelags sich kreuzen. Dem entsprechend ist die außerordentliche Bedeutung, welche sie hinsichtlich des peripheren Nervensystems einnehmen, da von ihnen die Rüsselnerven und beide Mediannerven abgehen. Die Erforschung der Faserzüge im Gehirne der Wirbellosen, ins- ae: ge $ “ F 7 122 Otto Bürger, besondere des Verlaufs dieser zarten Ganglienzellfortsätze ist wohl eine der intrikatesten im Nervensystem überhaupt. Die vorzügliche Feinheit und Dichtigkeit derselben im Nemertinengehirne erschweren sie hier noch bedeutend. Um so mehr erstaunte ich, in den Seitenstämmen einen vor aller Fibrillensubstanz ausgezeichneten Längsfaserzug aufzu- finden, dessen konstante Lage es leicht macht, ihn von den Ganglien bis in das hinterste Ende der Seitenstämme zu verfolgen; er wurde bereits im morphologischen Theile beim Abgange der Zweignerven von den Seitenstämmen genannt (Taf. IV, Fig. 47, 48, 54). Mit einigen Färbemitteln, von denen ich besonders Alaun-Koche- nille, aber auch neutrales Karmin empfehlen kann, wird man auf einem beliebigen Querschnitt durch den Seitenstamm, besonders aber an einem Nervenaustrittspunkte einen runden, lebhafter tingirten Querschnitt eines besonders dichten Fibrillenzuges an der dorsalen Seite etwa an der Stelle, wo das obere Ganglienzellbündel in den Seitenstamm ein- tritt, immer lateral, außerhalb des Fortsatzbündels antreffen. An diesem beobachtet man im mittleren Theile des Körpers auf etwa jedem zehnten Schnitte den Abgang eines starken Nervenzuges, welcher innerhalb des ventralen Ganglienzellbündels das innere und das äußere Neurilemma durchbricht und in der peripheren Nervenschicht zu verfolgen ist. Die- ser quere Zug besitzt innerhalb des Faserstammes dieselbe Dichtigkeit und Tinktion, wie der Wurzelpunkt. Gewöhnlich hebt sich die Faser- masse etwas von ihm ab und wahrscheinlich wird er schon hier außer- dem durch eine bindegewebige Scheide von derselben abgegrenzt. Da ich diesen Längszug bei verschiedenen Cerebratuliden, auch indischen und bei Langia fast bis an die ventrale Kommissur verfolgte (Taf. IV, Fig. 53 WB), und überdies eine Längsschnittserie den Zusammenhang mit dem dunklen Balken der ventralen Kommissur zur Gewissheit ge- macht hat, bezweifle ich nicht, dass beide Züge sich in der ventralen Kommissur an einander legen. Es geht aus diesen Bildern ferner her- vor, dass im Gehirn eine Verbindung des Balkens mit den Bahnen auch der Ganglienzellfortsätze eintritt, so dass das Fibrillenbündel, welches man als das Wurzelbündel sämmtlicher Zweige, die der Seitenstamm abgiebt, bezeichnen muss, in direkte Verbindung mit dem Ganglien- belage des Gehirns tritt. Die Fasermasse des Wurzelbündels verhält sich bei dem Abgange eines Zweignerven wie folgt: Ein Theil derselben betheiligt sich nicht am Nervenabgang, sondern läuft durch die abgehenden Fasern, diejenigen, aus welchen sich der »Spinalnerv« zusammensetzt, bestehen in glei- cher Masse sowohl aus solchen, die von vorn, aber auch aus solchen, die von hinten kommen (Taf. IV, Fig. 54). Mehr als anderswo kann ER ann Pr. > i 1 Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 123 man sich an dem Wurzelbündel von der fibrillären Struktur der Ner- venfasersubstanz überzeugen. Die Fortsätze der Ganglienzellen, welche auf die Centralsubstanz gerichtet sind, treten in innige Beziehung zu derselben. Die der ersten Arten gehen unmittelbar in sie über. Die Fortsätze der I. und II. Art treten durch Öffnungen des inneren Neurilemmas bündelweis ein und breiten sich meist in der Gentralsubstanz aus. Die einzelnen Fibrillen, die nicht ganz so feinkörnig erscheinen als jene, sind bis in die Mitte derselben zu verfolgen, hier ändern sie ihre Rich- tung und entziehen sich der weiteren Beobachtung. Jedenfalls darf man annehmen, dass jeder dieser schon an sich äußerst feinen Fortsätze unvermittelt in eine einzige Fibrille des Faserstammes übergeht. Auch die Fortsätze der III. Art, welche theilweise außerordentlich dick sind, stehen mit der Gentralsubstanz nur durch eine einzige Fibrille in Ver- bindung. Eine pinselartige Auflösung derselben, wie sie Ronpe bei dem Il. Typus seiner Ganglienzellen, auf dessen hervorragende strukturelle Ähnlichkeit mit unserer III. Art ich so reichlich Gelegenheit hatte hin- zuweisen, vermuthet, findet hier nicht statt. Man sieht dieselben zwar in gleicher Dieke bis an die Nervenscheide herantreten, niemals aber gelang es mir, einen solchen Fortsatz in der Centralsubstanz zu kon- statiren. An tangentialen Schnitten, auf denen man diese Zellen nebst ihren Fortsätzen im ganzen Verlaufe unverdeckt durch die anderen Arten bekommt, kann mansich aber überzeugen, dass die Fortsätze sich unmittelbar vor ihrem Eintritt durch das innere Neurilemma verjüngen und mit der Centralsubstanz nur durch eine einzige, zarte Fibrille in Verbindung treten. Die Fortsätze dieser Art treten zerstreut besonders mit denen der Il. vermischt ein. Bei der I. Art findet man öfters, dass sich die zarten Fortsätze schon außerhalb der Centralsubstanz dicht zu einem Stämm- chen zusammengelegt haben. Es besitzt ganz das Aussehen eines aus- tretenden Nerven. Die Bindegewebsfasern begleiten die Zellfortsätze von Cerebratulus und Langia nur in geringem Maße, sehr spärlich zeigen sie sich zwischen denjenigen der I. Art, reichlicher sind sie denen von der II. und III. Art untermischt. Die Fortsätze der Ganglienzellen der IV, Art treten mit der Gentral- substanz des Gehirns, obwohl sie in dieselbe eindringen, nicht in Verbindung (Taf. III, Fig. 39; Taf. IV, Fig. 53). Wir haben es hier mit Gebilden zu thun, welche den Neuralkanälen, den kolossalen Nervenfasern oder den Neurochorden der Anneliden entsprechen. Es sei gestattet, ehe ich zur Beschreibung derselben mich wende, 124 Otto Bürger, die Stellen anzuführen, mit welchen Roupe (57) die kolossalen Nerven- fasern seiner Aphroditen charakterisirt, sie können modifieirt auch hier Platz finden. »Ich erwähnte öfters schon, dass unter den Ganglienzellen des II. Typus sich Formen von ganz enormer Größe befinden. Die Fortsätze dieser kolossalen Gangliezellen, wie ich sie fernerhin bezeichnen werde, zeichnen sich vor den Fortsätzen der übrigen Ganglienzellen des zweiten Typus nicht nur durch bedeutendere Stärke, sondern namentlich durch eine ganz unglaubliche Länge aus.« — Dieser kolossale Nervenfortsatz wird von einer faserigen Scheide, der Fortsetzung der Subeuticularfaser- hülle der zugehörigen kolossalen Ganglienzelle umhüllt, welche ihm Anfangs genau wie bei den Fortsätzen der Ganglienzellen des II. Typus dicht anliegt, im ferneren Verlaufe sich aber von ihm abhebt und dann einenHohlraum umschließt, welcher nach hinten stetig größer wird und in den mittleren Körpertheilen einen enormen Durchmesser erlangt. In dieser Gegend erscheint der Nervenfortsatz, welcher in seiner weiten Scheide ganz verschwindet, wesentlich modifieirt. Während er am Anfange im Hirn gleich den Fortsätzen der Gan- glienzellen des zweiten Typus scharf begrenzt und glattrandig erscheint, zweigen sichhier von ihm allenthalben verschiedene starke seitliche Fort- sätze ab, welche sich in Fäserchen von der Zartheit der centralen Fi- brillen auflösen. Diese durchziehen nach allen Richtungen den weiten Hohlraum um den Nervenfortsatz und dringen schließlich in die Scheide ein. Nach dem Hinterende des Körpers zu verlieren sich allmählich diese seitlichen Fortsätze wieder vollständig, der den Nervenfortsatz umschließende Hohlraum wird immer schwächer, so dass schließlich am Schwanztheile des Thieres die kolossale Nervenfaser genau in der Form erscheint wie vorn. »Die kolossalen Nervenfasern bestehen nur aus dem Nervenfort- satz, welchen man auch hier am besten als Achsencylinder bezeichnet und der Subeuticularfaserhülle, welche in der mittleren Körpergegend einen weiten, von Fortsätzen des centralen Achsencylinders durchzo- genen Hohlraum umschließt, mit der Größe des letzteren selbst an Stärke zunimmf.........- « So weit RoHDE. Die beiden einzigen hervorragend großen Ganglienzellen der IV. Art, eigentlich der Gestalt und Struktur nach nur besonders modifieirte der III., entsenden je einen Fortsatz in das ventrale Gehirn. Derselbe dringt mit einer schwachen Neigung bis in die Mitte der Centralsub- stanz und biegt erst hier fast rechtwinklig um, sich nach hinten wendend Fig. 39). Er folgt der Krümmung, welche das Ganglion beim Übergang in den Seitenstamm beschreibt und setzt sich auch in diesem fort. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 125 Sehen wir uns einen Querschnitt wenige Schnitte nach seinem Eintritt an, so erblicken wir einen sehr kleinen, hellen Kreis von sehr zarter Membran gebildet und in ihm eine unregelmäßig gestaltete, äußerst scharf begrenzte und stark lichtbrechende Masse (Taf. IV, Fig. 46). Dieser so ausgezeichnete, rings von der Centralsubstanz umgebene Fortsatzschnitt ist nicht viel größer als der Kern einer Ganglienzelle der III. Art. Die Größe des Fortsatzlumens nimmt nach hinten außerordentlich zu, obwohl sie niemals jenen ungeheuren Umfang erreicht, wie ihn der eitirte Autor beschreibt. Eben so der Inhalt, welcher seine scharf begrenzte Gestalt verliert und sich verästelt. Wir sehen jetzt aber nicht mehr eins in jedem Seitenstammschnitte, sondern einen Haufen, oft über zehn (Taf. IV, Fig. 48). Das genauere Studium der Neuralkanäle oder richtiger der Fort- sätze der kolossalen Ganglienzellen des Gehirns wird durch die Klein- heit der Querschnitte derselben sehr erschwert. Auch nicht jede Art der Färbung ist ihm günstig, am besten erweisen sich neutrales Karmin, Nach- und Vorfärbungen mit Alaun-Hämatoxylin und Alaun-Kochenille. Verfolgen wir zuerst dieselben in einer Querschnittserie. Gleich nach dem Eintritt des Ganglienzellfortsatzes sehen wir ziem- lich lateral, jenseits der eintretenden Fasern der beiden Ganglienbe- lagsbündel des ventralen Gehirns den runden, sehr kleinen Querschnitt etwa in der Mitte des Lappens liegen. Aber schon zehn Schnitte weiter nach hinten erblicken wir die Scheide gedoppelt und zugleich bedeutend derber entwickelt. Nach der Umbiegung in den Seitenstamm sehen wir schon vier Lumina, später noch mehr. Alle liegen dicht beisammen, immer lateral von den Fasern der Ganglienbündel, welche Lage für Cerebratulus und Langia, vielleicht für sämmtliche Anopla, welche kolossale Nervenfasern besitzen, charakteristisch ist. Die Lumina sind mit einander verknüpft. Noch weiter nach hinten treten zwei größere Hohlräume auf, dann wieder drei und mehrere. Es folgt hieraus, dass sich das ursprünglich einfache Rohr ver- ästeln muss, oder neue hinzu und wieder hinwegtreten müssen. Das Letztere ist nicht der Fall, denn in der durchgenommenen Bahn liegen keine Zellen, welchen Fortsätze von solcher Dicke entspringen könnten. Wohl aber verästelt sich das anfänglich einzige Rohr nebst seinem In- halt, denn immer sieht man in mehreren der Lumina glänzende, helle Massen liegen. Erst hinter der Ösophagealregion tritt eine Vermehrung der Röhren durch das Eintreten neuer Zellfortsätze kolossaler Ganglienzellen, wie sie vorher im Seitenstamm beschrieben wurden, ein. Ich habe mit 126 Otto Bürger, Sicherheit konstatiren können, dass auch die Fortsätze jener analog denen der beiden Gehirnzellen sich nicht unmittelbar mit der Gentralsub- > stanz verbinden, sondern entweder, 3 \ wenn sie senkrecht zu der Faser- N Be masse des Seitenstammes stehen, EN- direkt in jene eindringen und, ehe sie 2 noch die Mitte derselben erreicht haben, umbiegend nach hinten stei- gen. Mit ihnen geht das Gewebe des R inneren Neurilemmas, sie begleitend, in die centrale Substanz ab und bildet I um den Fortsatz eine ziemlich dicke —T7. Scheide (Taf. IV, Fig. 49). Auf den nächstfolgenden Querschnitten wer- den wir also erstens den Hauptröh- renkomplex lateral, zweitens ein ziem- lich großes Lumen medial, diesseits der feinen Ganglienzellfortsätze fin- den. Dasselbe rückt nun aber rasch an den nach außen liegenden Haupt- komplex heran, verästelt sich und verschmilzt mit demselben, die An- zahl der Lumina vergrößernd. Oder die kolossale Ganglienzelle ist paral- lel mit dem Seitenstamm gerichtet, dann läuft auch der Fortsatz eine Zeit lang neben dem Stamm her und biegt einige Schnitte tiefer in den Seiten- stamm ein. In diesem Falle, und es \ Fi ist der häufigere, ist das Eintreten Fig. VII. Schema vom Bau des Seiten- ' stammes und der ventralen Gan- desselben in den Nerven schwer zu gbipn.kAnerla} verfolgen, da er von Ganglienzellen Es bedeuten: NczI— NczVI, Neurochordzel- & len; NeI—NcVI, die verzweigten Neuro- vielfach verdeckt wird. chorde derselben; Gz, Ganglienzellen; Msf, Muskelfibrillen; Nec, inneres Neurilemma. Im Gehirn ist der Verlauf der Ganglienzellfortsatzbündel dargestellt, dieselben ziehen in der Richtung des Pfeiles v (als Sammelstrang) nach vorn in den rechten Seitenstamm, nahe am Wurzelbündel entlang, welches muthmaßlich in der Richtung des Pfeiles A von vorn nach hinten zieht, die Nerven N abgebend. — Es ist bei der Darstellung des Verlaufs der Fibrillenzüge im Seitenstamm von der Vermuthung ausgegangen, dass wie im Gehirn so auch in den Seitenstämmen ein Theil der Ganglienzellfortsätze (Fibrillen) die Riehtung von hinten nach vorn einschlägt, einen Sammelstrang bildet, welcher im anderen Seitenstamm zum Wurzelbündel wird, also eine Wechselbeziehung zwischen der Ganglienzellmaterie der einen Hälfte des Central- DZ Gag 2, mM a \ N a BR I we ah % ' IN N AR ER S NN» Fi el ) «Ma « a €... N EZ WERE nervensystems mit der anderen besteht, wie sie klar im Verlauf der Neurochorde in Fig. VIII sich ausspricht. Die von hinten nach vorn muthmaßlich verlaufenden Fortsätze der im Schwanzende so gehäuften Neurochordzellen ist nicht berücksichtigt. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 127 Die Lumina nehmen, wie schon gesagt, von vorn nach dem hinteren Ende des Seitenstammes an Größe etwa um das Dreifache, vor Allem aber an Zahl außerordentlich zu. Im hintersten Ende des- selben verringern sie sich allmählich wieder und werden äußerst dünn. Es ist mir nun gelungen, festzustellen, dass diese Fortsätze von vorn nach hinten ziehen. Wohin wenden sich aber die Fortsätze der gerade im Schwanz- ende so massenhaft angehäuften kolossalen Ganglienzellen? Leider vermag ich diese Frage nicht zu beantworten; dass sie gleichfalls Kanäle bilden, glaube ich außer Frage gestellt zu haben, die Richtung derselben aber festzustellen, war mir bei der Feinheit des Objektes und der größeren Anzahl der kaum von einander zu - sondernden Lumina, zu welchen sich die feinsten Querschnitte der neu hinzutretenden Ganglienzellfortsätze sofort gesellten, unmöglich. Zur Prüfung des Inhaltes der röhrenartigen Bindegewebsscheiden ‚sind Längsschnitte unerlässlich (Taf. IV, Fig.55,58). Derselbe erscheint in der Regel als ein dünner, gleichmäßiger Strang, welcher nach allen Seiten sehr feine Ästehen abgiebt, die scheinbar mit der Scheide in Verbindung treten. Zuweilen aber ist derselbe zur sechsfachen Dicke aufgetrieben, eine mächtige Anschwellung, von der die Scheide zurücktritt. An solchen Stellen sieht man nichts als eine homogene Masse, welche sich wenig tingirt hat und ganz den Eindruck des Gerinnungsproduk- tes, einer Gallerte, hervorruft. — Ich schließe mich den FriepLinDer- schen Untersuchungen (61) in so fern an, als ich gleichfalls eine Veräste- lung der centralen Masse, des Achsencylinders, innerhalb der Scheide, wo dieselbe immer auftritt, für ein Kunstprodukt halte. An jener An- schwellung war sie nicht zu konstatiren, nur ein zackiges Aussehen, das leicht, hätte die Scheide unmittelbar dieselbe umschlossen, zu der Vorstellung von Ästen geführt haben würde, verräth sich sofort als Folgen der Schrumpfungen, die ja gerade in diesen, wahrscheinlich stark wasserhaltigen Einschlüssen sehr bedeutend sein werden. Die Anschwellung verschmälert sich nach hinten und vorn wieder zu dem normalen Maße. Im lebenden Thiere wird auch die Scheide dem centralen Fortsatze eng anliegen, bei konservirten Exemplaren ist immer ein öfters recht großer Raum zwischen beiden. Durch meine ferneren Untersuchungen auch indischen Materials und an bewaffneten Formen habe ich immer mehr Bestätigungen hierfür gefunden. Ein Austreten der Röhren habe ich bisher nicht beobachtet. So besitzen wir auch in der Centralsubstanz von Gehirn und t28 Otto Bürger, Seitenstämmen der Nemertinen, wie es Eısıs ! entsprechend schon für die Anneliden angiebt, zwei Bestandtheile, welche dieselbe aufbauen, nämlich den der fibrillären Masse, welche sich von einer ungeheuren Menge Ganglienzellen, die in den verschiedensten Größen variiren, und der Gestalt und den Eigenschaften entsprechend, in mehrere Typen scharf gesondert werden konnten, ableitet und ein System dicker Fasern, die von deutlichen Scheiden umgeben, die Fortsätze einer ge- ringen Anzahl von Ganglienzellen eines Typus sind, welche durch außerordentliche Größe alle übrigen weit übertreffen. Wenn ich ein Wort über die Nomenelatur dieser kolossalen Gan- glienzellfortsätze hinzufügen darf, die ja sehr reich ist, so möchte ich die von Eısıe aufgenommene Bezeichnung »Neurochord« (an eine Chorda- Homologie oder -Analogie denke ich eben so wenig wie Eısıc) desshalb besonders empfehlen, weil in ihr die Strangnatur betont wird, was in Hinsicht auf den wohl leicht zu falschen Auffassungen führenden Namen wie Neuralkanal schätzenswerth erscheint, und selbst der ganz sach- liche Name »kolossaler Ganglienzellfortsatz«e doch wohl den Werth einer gleichzeitigen Definition durch die unbequeme Länge vermindert. Die kolossalen Zellen nennt EısıG Neurochordzellen. Die ungleiche Ausgestaltung der Ganglienzellfortsätze legt uns aber die Betrachtung nahe, ob dieselben, die Fibrille und der Neuro- chord, überhaupt völlig verschiedene Dinge darstellen. Wäre es nicht wunderbar, wenn histologisch kaum differenzirte Zellen wie die des Ill. und IV. Typus einmal einen Fortsatz aussenden würden, der in einer molekulären Punktsubstanz sich verlöre oder aber in einem unentwirrbaren, spongiösen Gewebe aufginge, um im einen und anderen Falle als Fortsatz unterzugehen? Und ein ander Mal ginge von dieser Zelle ein Fortsatz aus von ungeheurer Länge, der in Gehirn und Seitenstämmen resp. im Bauchmark sich als solcher bewahrt, wenn gleich er sich verzweigt und wieder zusammenfließt und wie SpenGeL, Eısıg, RoHDE, FriEDLÄnDER u. A. bewiesen, im Bauchmark der Anneliden, oft in der ganzen Länge desselben zu verfolgen ist, sich selbst in die Spinalnerven wendet? Denn, wenn auch diese Fortsätze, ip. 483. »Auf eine von mir schon im Vorhergehenden betonte Thatsache möchte ich aber bei dieser Frage nach der Bedeutung der Neurochordnerven noch einmal zurückkommen, weil sie möglicherweise mit zum besseren Verständnis bei- tragen kann: ich meine die Thatsache, dass wir im Nervensystem der Anneliden fortan zwei Bestandtheile zu unterscheiden haben, den einen bildet das dauernde, aus feinsten Fibrillen und zahlreichen, kleinen Ganglienzellen sich aufbauende System, den anderen bildet das allmählich der Degeneration unterliegende, aus breiten Nervenfasern und wenigen, riesigen Ganglienzellen zusammengesetzte.« Unters. über die Anatomie und Histologie der’Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 129 wie Eısıg annimmt, degeneriren, so sind sie doch immer die Fortsätze von Ganglienzellen gewesen und als solche gebildet worden. | Davon habe ich mich nicht überzeugen können. Es kann aber wohl nichts näher liegen, als von Gebilden, welche unsere Methoden besser konserviren, und die sich durch ihre hervorragende Größe besser zum Studium eignen, aber so wichtige Charaktere mit jenen gemeinsam haben, welche sich schwer, durch große Feinheit und Hin- fälligkeit ausgezeichnet, dem mikroskopischen Sehen erschließen, aber doch so weit erkennen lassen, um nicht die Ähnlichkeit mit ersteren auch bei diesen festgestellt zu haben und die endlich beide als Fort- sätze in hohem Grade tibereinstimmender Ganglienzellen nachgewie- sen wurden, von dem Bau der einen auf den der anderen zu schließen. Accessorische Bestandtheile des Gehirns und der Seitenstämme, Als solche treten uns Bindegewebs- und Muskelelemente ent- gegen. Erstere dienen als Schutz- und Stützapparate und differenziren sich in die Gehirnkapsel oder das äußere Neurilemma, das intrakapsu- läre Bindegewebe und diejenige Hülle, welche den centralen Faser- stamm umgiebt, und welche ich im Gegensatz zu der Gesammthülle inneres Neurilemma nennen will. Gehirnkapsel und inneres Neurilemma sowie die Grundsubstanz des intrakapsulären Bindegewebes sind Modifikationen des Körper- bindegewebes, das die Muskulatur und die Drüsenzellen einbettet, den Organen als Stützapparat dient. Die Gehirnkapsel wird direkt von jenen radiären Bindegewebs- zügen gebildet, welche die radialen Muskelzüge einschließen, indem sich dieselben ausbreiten und durch mehr oder minder dichte Ver- flechtung, welche ganz an ein Korbgeflecht erinnert, einen lockeren Mantel um die Gehirnmassen bilden. Am mächtigsten ist derselbe in mehreren Schichten ventral im vorderen Gehirnabschnitt entwickelt, hier zugleich den primitivsten Bau zeigend. Medial und dorsal ver- schlingen sich dieBindegewebszüge enger, so dass die Hülle fester und dünner erscheint. Sehr locker, für den Durchtritt von Nerven und Ganglienzellen berechnet, ist sie lateral in der Gegend der Kopfspalten gebaut; sie fehlt, wie schon gesagt wurde, nur dem Scheitel der dor- salen Kommissur. In das Flechtwerk der Gehirnkapsel sind verschie- den geformte, lange, meist spindelförmige, bipolare Kerne, die typischen Bindegewebskerne, eingelagert, welche zahlreiche Kernkörperchen besitzen und sich mit Farbstoffen stark tingiren. Die Gehirnkapsel erweist sich bei Cerebratulus und Langia als ein sehr ursprüngliches Gebilde. Es ist bemerkenswerth, dass Eupolia Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 9 130 Otto Bürger, eine bedeutend höher entwickelte Kapsel besitzt und diese schon eine membranartige Bildung verräth, wie sie erst den waffenführenden Ne- mertinen zukommt. Noch rudimentärer ist die Kapsel, wenn man überhaupt von einer solchen reden darf, gebaut, welche den Seitenstamm von der Körper- wand nach außen abschließt (Fig. 49 und 50). Medial nämlich liegt seine Fasermasse nur vom inneren Neurilemma eingeschlossen unmit- telbar der Ringmuskulatur auf. Dagegen lateral und oben und unten wird er von den radiären Bindegewebssträngen sammt seinen Gan- glienzellmassen eingeschlossen, die zur Bildung einer losen Decke zu- sammentreten. Aus diesem primitiven Flechtwerk, das sich dorsal und ventral über die äußere Muskelnervenschicht fortsetzt, treten reichlich Bindegewebsstämme heraus, welche den nothdürftig gegen die Längsmuskulatur abgegrenzten Binnenraum des Halbeylinders des so entstandenen äußeren Neurilemmas durchdringen und durch die Ringmuskulatur hindurch mitradialen Muskelzügen an die Organe ziehen. Das intrakapsuläre Bindegewebe (BgHa) ist im Gehirn dorsal und ventral mächtig entwickelt und umgiebt ziemlich ausschließlich die ventrale Kommissur (Taf. II). Dasselbe setzt sich in erster Linie aus solchen Elementen zu- sammen, welche das innere und äußere Neurilemma aufbauen. Über- all sehen wir, wie sich Züge, die sich ihrerseits wieder in zahllose Fäserchen spalten, von den Strängen des letzteren abtrennen und in den Gehirnraum treten, meist von den inneren Strängen der Kapsel, aber auch von den weiter nach außen liegenden, jene dann durch- brechend; oder selbst von denen des Körperbindegewebes direkt. Diese Zweige lösen sich nun entweder auf oder verbinden sich mit dem inneren Neurilemma oder den Theilen der Gehirnkapselwandung, welche dem Rhynchocoelom eventuell den Blutgefäßen anliegen. Auf diese Weise bilden sie ein Grundgerüst, welches die Faserstämme und die Ganglienbelagsbündel in dem großen Binnenraume, den das äußere Neurilemma umschließt, aufhängt. Dieses Bindegewebe bestätigtseinen Ursprung auch durch die bekannten Spindelkerne, die es begleiten. In dieses Grundgewebe tritt jedoch ein noch anderes Gewebsele- ment hinein, welches ich im Gegensatz zu jenem, dem ich eine mehr stützende Bedeutung zusprechen möchte, ein: speeifisches Hüllmaterial nennen muss. Bei sämmtlichen Behandlungen sehen wir, wo immer das Bindegewebe im Gehirn oder den Seitenstämmen eine Rolle spielt, in die Maschen desselben zahlreich Kerne (BgHak) eingebettet, welche durch ihre Struktur und durch ihr charakteristisches Verhalten gegen die gebräuchlichsten Tinktionsmittel unverkennbar sind. f “a ” A Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 131 Sie fallen durch ihre Größe, ihre regelmäßige, elliptische Gestalt, durch eine periphere, rosenkranzartige, dunkel gefärbte Körnchenzone, sehr kleine Nucleolen, welche zu einem oder mehreren im Kernleibe liegen und die stets ungefärbte, helle, selbst Hämatoxylinen wider- stehende, centrale Substanz, welche ein zartes, chromatisches Gerüst durchflicht, ins Auge (Taf. IV, Fig. 66 und 66a). Die Hauptmasse dieser Kerne liegt meist in gleichmäßiger Vertheilung peripher von den Gan- glienzellbündeln der größeren Arten, aber auch zwischen den Zellen, auch denen der ersten Art, findet man sie übergll zerstreut. Um die großen Arten sind sie haubenartig gruppirt. In zahlloser Menge treten sie lateral von den ventralen Ganglien etwas unter der Höhe der ventralen Kommissur dicht zusammengedrängt auf. Ihre gleichmäßigste Vertheilung zeigen sie um die ventrale Kommissur herum, sodann me- dial zwischen den ventralen Gehirnlappen. Daneben kommen noch kleinere Kerne vor, welche etwas färb- barer, sonst nichts von jenen unterscheidet. Wie die gleiche Struktur, so besitzen sie denselben eigenthümlichen Zellleib, so dass sie nicht als eine andere Art abzutrennen sind. Der Zellleib, welcher diesen blassen Kernen zukommt, ist äußerst hinfälliger Natur und nicht mit jeder Behandlung deutlich zu machen. Mit Boraxkarmin beispielsweise zerfällt er völlig in kleine Körnchen, die von dem Fasergewirr, zumal sie den Farbstoff annehmen, kaum zu unterscheiden sind. Die schönsten Resultate habe ich mit einer Vorfärbung mit Hä- matoxylin erhalten. In diesen Präparaten (Taf. III, Fig. 39, Bgz) um- lagerte der Zellleib den Kern als eine körnige, gelblichgrüne Masse, welche sich nach allen Seiten dendritisch verästelt. Sie macht ganz den Eindruck eines Pigmentes und ich werde ihre Trägerinnen auch künftig als Pigmentzellen bezeichnen, ohne hiermit eine Deutung be- zwecken zu wollen. Die Pigmentzellen sind membranlos, von unregelmäßiger Gestalt, bald mehr, bald weniger Fortsätze zeigend. Das Pigment wird theils von kleinen, gröberen oder feineren, dunklen, undurchsichtigen Körn- chen gebildet oder von bis kerngroßen, grünlichen, glänzenden Tröpf- chen, welche entweder, hell wie ein Ölbläschen, matt glänzend erscheinen oder im Inneren eine körnige Ansammlung zeigen. Die Tröpfchen waren seltener, aber es ist wahrscheinlich, dass sie durch die Behandlung erst in Körnchen zerfallen sind, dafür spricht, dass bei Behandlung mit neutralem Karmin (Hamann), welchem ich überhaupt immer gute Bilder verdanke, Tröpfchen bedeutend zahlreicher erhalten waren. Die Fortsätze dieser Zellen bilden außerordentlich zarte Ausläufer, 9%* 132 Otto Bürger, welche einer Bindegewebsfaser gleichen und auch wie jene sich maschen- artig verstricken. Denn sie sind es, welche die Hauben um die großen und mittleren Ganglienzellen bilden und sich dicht um ihren Leib und ihre Fortsätze legen, sie anstatt einer Membran umscheidend. Diese Zellen sind in unendlicher Fülle vorhanden und bilden ein Gewirr von Fasern, die sich aber um die Ganglienzellen, ganz ähnlich wie die Körperbindegewebszüge um das Gesammthirn, korbartig verflechten. Die Pigmentzellen legen sich seltener direkt an die Ganglienzellen, sondern aus einiger Entfernung entsenden sie ihre fibrillär verfeinerten Fortsätze, in welchen ich nichts von der grünlichen Substanz mehr nachzuweisen vermochte, zwischen und um die Ganglienzellen. Der Zellleib derjenigen Kerne, welche zwischen den Ganglienzellen der ersten Art liegen, ist bedeutend pigmentärmer, eben so tritt das Pig- ment auch im Umkreis jener Kerne zurück, welche die dichten Haufen bilden. Auch im Gehirne der gänzlich anders konservirten, indischen Nemertinen ist ein pigmentführendes Hüllgewebe vorzüglich zu kon- statiren. In den Seitenstämmen liegen die Pigmentzellen über den Gan- glienzellhaufenjederseits und lateral von der Centralsubstanz, wo sie am bedeutendsten entwickelt sind (Taf. IV, Fig. 49). Die Pigmentzellen bilden das typische Bindegewebe nicht der ganglionären Materie des Gehirns und der Seitenstämme allein, son- dern dasjenige der nervösen Materie überhaupt. Zwar werden wir die- selben nirgend im Körper wieder so massenhaft entwickelt finden wie in den Centralorganen des Nervensystems, aber auch bei der Betrachtung der Seitenorgane der peripheren Nervenschichten etc. werden wir ihrer zu gedenken haben. Bieten die Verhältnisse der Hüllsubstanzen im Gehirne anderer Würmer Ähnliches? Hier auch darf ich auf Roune (57) zurückgreifen, da mir die Bilder seiner Subeuticularfaserzellen mit den großen, runden, hellen Kernen inmitten der von Krümeln erfüllten, großen Maschen und der zellähn- lichen Bildungen nichts Anderes zu sein scheinen als wirkliche Zellen, wie es der eitirte Autor ja auch entwicklungsgeschichtlich begründet sehen möchte, die auf das engste mit unseren Pigmentzellen verwandt sind. Beiden kommt dieselbe Aufgabe zu, nämlich mit ihren zartesten Fortsätzen die nackten Ganglienzellen zu umhüllen. Nicht unerwähnt will ich es lassen, dass es mir wohl auffiel, wie sehr die mattglänzenden, grünlichgelben Tröpfchen im Nervensystem von Gerebratulus — bei Langia konnte ich sie nicht beobachten, ob- wohl sich der Aufbau der Hüllelemente in nichts von dem eben ge- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 133 schilderten unterscheidet — der Beschreibung nach den »Exkretbläs- chen« glichen, welche Eısıc (54) im Gehirne von Notomastus auffand. | Eine gründliche Untersuchung dieses Pigmentes wird sich nur mit Hilfe frischen Materiales anstellen lassen. Ich muss mich darauf be- schränken, festgestellt zu haben, dass dasselbe membranlosen Zellen mit zahlreichen Ausläufern angehört, welche ein typisches Hüllelement für die nervösen Massen von Cerebratulus und Langia bilden. Zuletzt wenden wir uns zur Schilderung des inneren Neurilemmas (Nei), welches die Centralsubstanz einschließt. Dieses bildet ein dünnes, ziemlich homogenes Häutchen, welchem, wie dem äußeren, spindelförmige Kerne zukommen, und das lateral, wo es dicht an das äußere Neurilemma herantritt, mit ihm mehrfach ver- wachsen ist. Überall im dorsalen und ventralen Lappen und in den Seitenstämmen ist es entwickelt. Die dorsale Kommissur schließt das- selbe allein gegen die Körperwand ab. Eine besonders gleichmäßige und hervorragende Stärke besitzt das innere Neurilemma in den Seitenstämmen (Taf. IV, Fig. 47—50 Ne), wo es medial der Ringmuskulatur unmittelbar anliegt. Unter dem inneren Neurilemma liegt ein Kernbelag (Bg Hr) unmittelbar dem Faser- stamm auf (Taf. IV, Fig. 53, 68 Bg Hik). Diese Kerne sind etwa von der Größe derjenigen der Ganglienzellen der zweiten Art: oval, ziemlich färbbar, körnig, mit einem oder mehreren, sehr kleinen Nucleolen aus- gestattet. Besonders an Stellen, wo sich die Centralsubstanz etwas von der inneren Neurilemmascheide abgehoben hat, bemerkt man, dass die Kerne in einer Zone liegen, in der sich öfters Zellkontouren ab- grenzen lassen, oder die als eine äußerst feinfaserige, körnige erscheint. Sie zeichnet sich durch gänzliche Farblosigkeit und lockeres Gefüge vor der dichten und blass tingirten, centralen Fibrillenmasse aus, und ist immer als ein heller Mantel in Gehirn und Seitenstämmen zu kon- statiren. Besonders dicht liegen feine Kerne um die dorsale Kommissur herum, welche sie im ganzen Umkreis einfassen. Der Kernmantel scheint mit seinem Auftreten an die Existenz eines inneren Neurilemmas gebunden zu sein, wenigstens spricht da- für die Thatsache, dass derselbe im Gehirne der Enopla, wo letzteres theilweise fehlt, gleichfalls theilweise ausfällt. Die austretenden Ner- ven durchbrechen den Mantel, eine Fortsetzung desselben um sie herum findet nicht statt. Endlich gedenke ich der Längsmuskelfibrillen (Taf. IV, Fig. 48-50 Msf), welche, in den Seitenstämmen zwischen äußerem und innerem Neu- rilemma bis an die Ganglienzellsäulen herantretend, verschiedene Bün- del bilden, die immer nur lateral sich dem äußeren Umfange des Faser- 134 | -Otto Bürger, stammes anlegen. Bei Langia sind diese sehr feinen Längsmuskelfibrillen — sie sind von viel geringerem Durchmesser als die des Körpers — zu ‚einem dichten Polster um das innere Neurilemma herum angeordnet, bei Cerebratülus liegen sie zerstreuter im intracapsulären Bindegewebe. Wir haben der Centralsubstanz des Gehirns und der Seitenstämme bisher als einer fibrillären Masse, die mit dem Ganglienbelag in der innigsten Beziehung steht, welche von einem Kernmantel umgeben und durch eine besondere Haut von den Ganglienzellhaufen getrennt ist, die nur ihren Fortsatzbündeln den Eintritt und abgehenden Nerven den Austritt in Gestalt einfach lochartiger Durchbrechungen gewährt, ge- dacht. Es ist bisher verschwiegen worden, dass neben der fibrillären, nervösen Materie auch eine bindegewebige sich am Aufbau der Cen- tralsubstanz betheiligt. Dieses erhellt vor Allem aus dem Studium der Seitenstäimme eben so wie aus dem des Annelidenbauchmarkes. Besonders in den Seitenstämmen der Gerebratuliden ‘und Langi- iden ist es leicht zu beobachten, dass mit den eintretenden Fortsätzen der Ganglienzellen und hauptsächlich mit denen der Neurochordzellen Stränge des inneren Neurilemmas mit in die centrale Substanz des Faserstammes abgehen. Hier kommt das innere Neurilemma zu großer Entwicklung als Scheide der Neurochorde, welche sich durch die spin- deligen Kerne leicht als direkte Abkömmlinge des inneren Neurilem- mas erweisen. Es geht die große Entwicklung des inneren Neurilemmas im Faserstamme vollkommen, wie Eısıc (54) sehr richtig bemerkt, mit der- jenigen der Neurochorde Hand in Hand, oder gleichsam an der Hand derselben vor sich, indem die mächtige Neurilemma-Entwicklung als eine Folge des mächtigen Wachsthums vereinzelter Ganglienzellfort- sätze bezeichnet werden muss. Ob aber die Neurilemmascheiden noch eine andere Bedeutung haben, als einen besonderen Schutz- apparat um die kolossalen Ganglienzellfortsätze herzustellen, und wie Eısıs vermuthet, Stützen sind, welche Knickungen des Bauchmarks verhindern sollen, was dieser Autor daraus folgert, dass sie bei den- jenigen Capitelliden am mächtigsten sind, wo das Bauchmark frei in der Leibeshöhle liegt, und umgekehrt dort selbst gänzlich fehlen, wo dasselbe in die Körperwand eingebettet ist, darf ich aus solchen Grün- den, auch hypothetisch nicht, auf die Seitenstämme der Nemertinen übertragen, da sowohl Langia und Cerebratulus mit völlig intramusku- lärer Lage der Seitenstämme eben sowohl entwickelte Neurochorde besitzen wie Drepanophorus und Prosadenoporus mit völlig parenchy- DT ei Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 135 matischer Lagerung derselben, da sie aber wiederhin Eupolia, Carinella, aber auch Amphiporus zu mangeln scheinen. Freilich sind die Neuro- chorde, wie ich noch darlegen möchte, bei Hönalineien und waffenlosen Formen verschieden gebaut. | Bindegewebigen Ursprungs sind ferner auch merkwürdige, stark tingirbare Gebilde (Nei W), welche man auf Querschnitten unregel- mäßig, bald hier, bald dort zerstreut, aber immerhin selten mitten im Faserstamm antrifit (Taf. IV, Fig. 51). Auf Querschnitten nur durch die Seitenstämme sind sie leicht bemerkbar, da sie von ziemlich bedeu- tendem Umfang, aber von minimalster Dicke, blattartig dünn sind. Am leichtesten möchte man dieselben mit multipolaren, vielkernigen Gan- glienzellen vergleichen. Meist nämlich treten sie mit Kernen vergesell- schaftet auf, von denen man sich wohl nicht immer im ersten Augen- blick überzeugt, dass sie ihnen nur angelagert sind und gewiss nicht in ihnen liegen. Ferner besitzen sie mehrere bedeutende, sternartig aus- strahlende Fortsätze, die sich auf das feinste in die umliegende Fibril- lenmasse zersplittern oder auch sich an die Neurochordscheiden anheften. Diese Gebilde wurden sowohl bei CGerebratulus marginatus als auch bei indischen Cerebratuliden gefunden, bei ersterem mehrfach in der Öso- phagealregion, bei letzteren einmal dicht hinter dem ventralen Gan- glion noch in der Höhe der Seitenorgane. Niemals wurden sie im Ge- hirn festgestellt. Es sind einfach hautartig homogene Gebilde, wie das innere Neurilemma, nicht die Spur einer Granulirung, die auf Zell- natur könnte schließen lassen, verrathend. Die Kerne, welche ihnen unregelmäßig angedrückt sind, gehören zu denen des peripheren Kern- mantels unter dem inneren Neurilemma. Endlich beobachtete ich, dass die Fortsätze auch dieser Gebilde direkt sich an der Scheidenbildung der Neurochorde betheiligen, d. h. ihre Fortsätze verschmelzen mit der Wand derselben. Auch das Vorkommen der länglieh elliptischen Kerne des peri- pheren Kernmantels um den Faserstamm ist nicht auf diese Mantelzone und die centralen Neurilemmawucherungen beschränkt. An manchen Stellen, die eben so wenig regelmäßig erscheinen, wie die letzteren, treten die Kerne massenhaft aus dem Bereich des Mantels mitten in die Centralsubstanz des Seitenstammes hinein (Taf. IV, Fig. 52). An solchen Stellen ist dann am besten das Dasein eines Lückensystems zu beob- achten, das unzählbar viele, kreisrunde Maschen zeigt. In dem Gewebe, welches die Maschen verknüpft, liegen die Kerne öfters noch von Zell- substanz umlagert, in den Lücken selbst die nervösen Fibrillen. Ehe dazu geschritten werden soll, diese verschiedenen nicht nervösen Ele- mente mit einander eben so wie mit der nervösen Materie in Einklang 136 Otto Bürger, zu bringen, müssen wir auch hier uns auf einen Augenblick in das Reich der Ringelyalrmer wenden. Wie ist das eentrale Nervensystem der Anneliden nach den ver- schiedenen Autoren aufgebaut? Zuerst Ronpe (57). Bei den Aphroditen liegen Gehirn und Bauch- mark in einer weiten, faserigen Scheide, welche durch Erweiterung der Subeutieula entstanden ist, dem Subcuticularfasergewebe. Dieses modifieirt sich einmal in ein äußeres, weitmaschiges mit großen, hellen Kernen, um diese treten zellartige Bildungen auf, sodann in ein eng- maschiges, dicht um die Centralsubstanz liegendes Gewebe mit spinde- ligen, kleinen Kernen. Das Subeuticularfasergewebe bildet die Hüllen um die Ganglienzellen und die Scheiden der kolossalen Ganglienzell- fortsätze. In diesen findet man die kleinen, spindeligen Kerne, welche auf das innere Subeuticularfasergewebe hinweisen. Ein Netzwerk des Subeuticularfasergewebes, und mithin irgend eine bindegewebige Aus- breitung innerhalb der Gentralsubstanz existirt nicht. Nach Eısıc (54) liegen Gehirn und Bauchmark der Capitelliden in einer zweiblättrigen Scheide, deren äußeres, zelliges Blatt, ein peritoneales ist, das äußere Neurilemma, deren inneres ein mehr homogenes, cuti- culaähnliches (aber auch zelliges) ist, das innere Neurilemma. Letzteres umspinnt im Gehirn und den Bauchmarksganglien die Ganglienzellen und bildet in den Connectiven ein komplieirtes Gerüstwerk in der Centralsubstanz und die Scheiden der Neurochorde. Hiernach bildet also das Neurilemma ein Fachwerk in der Centralsubstanz. Dagegen Harscazk (63) im Hinblick auf die Untersuchungen Nan- sEN’S (59). Das Bauchmark (Sigalion sguammatum) wird von eirkulären Faser- zügen mit länglichen, dunklen Kernen umgeben. Sie bilden auch die mediane Scheidewand in demselben, und ferner die Scheiden der kolossalen Ganglienzellfortsätze und ein Netzwerk mit derberen Kno- tenpunkten, zwischen den kleineren Achsencylindern, die von uns immer als Fibrillen bezeichnet wurden. Diese Substanz enthält Kerne, welche sie überall begleiten. Diese Fasermasse, welche auch die Gan- glienzellen einbettet, nennt der genannte Autor Gliasubstanz, oder kurzweg Glia (Neuroglia, Nınsen). Ihre »meist länglichen Zellkerne, mit Plasmaresten, welche am häufigsten rings um die centrale Nerven- masse, aber auch einzeln innerhalb derselben zu finden sind«, Glia- körperchen oder Gliazellen. Die Gliasubstanz führt der Autor unmit- telbar auf epitheliales Stützgewebe zurück. Hiervon überzeugen wir uns, »wo bei verwandten Arten und Gattungen, ja sogar innerhalb Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 137 eines und desselben Thierkörpers alle Übergänge von epithelialen zum epithelogenen Nervensystem zu beobachten sind «. So viel geht wenigstens auch aus diesen kurzen Angaben hervor, dass dasjenige Gewebe, welches um das centrale Nervensystem eine Kapsel bildet, das sowohl die Ganglienzellen umspinnt, als die Neuro- chorde umscheidet und nach Eısıs, Nansen und Hartscuzk auch mit der Centralsubstanz in innige Beziehungen tritt, dort ein Maschenwerk bildend, mit dem (inneren) Subeuticularfasergewebe, dem inneren Neurilemma, der Gliasubstanz identisch ist. Ferner sehen wir, dass den Anneliden jener Cylinder, welcher sich bei den Nemertinen zwi- schen dem Ganglienbelag und der Centralsubstanz kontinuirlich fort- setzt, diejenige Haut, die wir als ein inneres Neurilemma bezeichneten, fehlt, und folglich der Ganglienbelag unmittelbar auf der Centralsub- stanz ruht. Können wir trotzdem das Hüllgewebe des Annelidennervensystems mit einem Bindegewebsbestandtheil des centralen Nervensystems der Nemertinen homologisiren ? Mit Rücksicht auf seinen eigenthümlichen histologischen Bau als ein bald homogenes, mehr oder minder hautartiges oder bald eng- maschiges Gewebe mit kleinen, dunklen, länglichen bis spindeligen Kernen, welches immer die Neurochorde membranartig umscheidet, und vor Allem mit Rücksicht auf seinen genetischen und oft noch direkt nachweisbaren Zusammenhang mit den epithelialen Stützgeweben, würde lediglich bei den Nemertinen nur dasjenige, was als inneres und äußeres Neurilemma bezeichnet wurde und Alles, was sich direkt von ihm ableitete: die intracapsulären Hüllelemente mit spindeligen Kernen, die Fasern in der Centralsubstanz, so weit sie die charakte- ristischen Spindelkerne führen, die regellos auftretenden Wucherungen im centralen Faserstamm als Subeuticularfaser, Neurilemma, Glia gleichwerthig bezeichnet werden. Denn nur inneres und äußeres - Nemertinen-Neurilemma allein mit all seinen Verzweigungen wurde direkt aus den radiären Körperbindegewebssträngen, die wiederhin als mit der Basalmembran im innigsten Zusammenhang stehend er- kannt wurden, abgeleitet. Bei Carinella spaltet sich, wie folgen wird, das Neurilemma selbst direkt von dieser ab. Was ist aber das Hüllgewebe der Pigmentzellen und das des Kern- mantels um die Centralsubstanz? I. Das Pigment führende Hüllgewebe (BgHa) der Gan- glienzellbündel mit den großen, elliptischen, blassen Kernen und der faserig-zellige Mantel des Faserstammes (BgHi) mit den kleineren, gleichfalls elliptischen, etwas 138 . Otto Bürger, mehr färbbaren Kernen sind ursprünglich ein und diesel- ben Gewebsgebilde, örtlich von einander getrennt und differenzirt durch das Auftreten des inneren Neurilem- mas, durch welches Ganglienbelag und Fibrillenmasse gesondert wurden. I. Sie sind vielleicht als mit dem Neurilemma (Nei, Nea) in Gemeinschaft entstanden zu denken, jetzt aber so sehr von den Bildungen desselben verschieden, dass sie für sich zu betrachten sind. So sind sie auch mit der Glia (Harscaer’s) unvereinlich, da sie ihrem vornehmsten Kri- terium als Scheiden- oder Röhrenbildnerinnen niemals entsprechen. Sie sind feinfaserige Zellelemente, aber keine homogene hautartige Elemente. Eupolia delineata. Gehirn und Seitenstämme. Das Gehirn dieser Form zeigt in morphologischer und histologi- scher Beziehung eine überraschende Ähnlichkeit mit dem der vorbe- sprochenen Arten. Es ist wie dort in die noch nicht in einzelne Lager gesonderten Muskel- und Bindegewebselemente der Kopfspitze einge- bettet und wird durch eine verflochtene Scheide umhüllt. Der erste Anblick zeigt uns die mächtige Entwicklung des Ganglienbelags gegen- über der des Faserkernes, welcher minder stark ist, und eine breite Bindegewebszone, die sich auch hier in Folge matter Tinktion leicht bemerklich macht und die Ganglienzellkegel umhüllt. Die Gesammt- masse des Gehirns hat im Verhältnis zum Körperdurchmesser noch an Umfang zugenommen. Der Faserkern, welcher auch im vorderen Absehnitt eine solide, kaum zerklüftete Masse darstellt, ist ganz so gebaut, wie es im ersten Kapitel beschrieben wurde. Ein dorsaler und ventraler Lappen sind vorn verschmolzen, an dem ersteren bildet die Wurzel der dorsalen Kommissur eine kugelige Anschwellung. Hinten weichen sie aus ein- ander. Der obere Lappen ist etwa doppelt so stark als der untere und endet mit zwei Zipfeln, deren unterer mit dem Seitenorgane in Verbindung tritt. Er erreicht aber dennoch nicht die Mächtigkeit der Entwicklung dem ventralen Ganglion gegenüber, welche wir bei Cere- bratulus kennen lernten. Im vorderen Abschnitt ist der obere Lappen kaum umfangreicher alsjener, und erst im letzten schwillterbedeutend an. Das Zurücktreten der oberen Gehirnhälften aber ist bedeutungs- voll für die Stellung der Nemertine eben so wie die lockere Lage und Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 139 ‚damit die scheinbar unverhältnismäßige Fülle des Ganglienbelags und der Bindegewebsmasse im Vergleich zu dem Faserstamme. Beides weist im Hinblick auf die Gerebratuliden, Langiiden und die bewaffneten Formen auf eine niedere Stufe der Entwicklung. Die ventrale Kom- missur ist der des Cerebratulus ähnlich gebaut, die dorsale ist kürzer und flacher. Das periphere Nervensystem. Auch das periphere Nervensystem trägt im Ganzen einen Cerebra- tulus-ähnlichen Charakter. Die Kopfnerven treten als äußerst zarte Fibrillenzüge auf, welche an der Spitze und besonders seitlich in ver- schiedener Höhe dem vordersten Ende des Faserkernes entspringen. Hier tritt in der That eine schnelle diehotomische Verästelung ein, welche schon mehr wie das Auflösen eines Faserstammes in feinste, dünne Fibrillenzüge erscheint, die sich bis an die Augen, an das Epi- thel und in die äußerste Kopfspitze bis in dieNähe einer flaschenförmigen Einstülpung, der Kopfgrube, verfolgen lassen. Eben so wie hier den Nervenstämmchen die Kompaktheit mangelt, fehlen derartige Bildungen von Anastomosen, wie sie bei Gerebratulus beschrieben wurden. Je ein Nerv, welcher seitlich in der Höhe der ventralen Kommissur vom oberen Lappen abgeht, versorgt den Seitenkanal. — Dieselbe Lage wie bei der zuerst behandelten Ordnung besitzt auch hier die von HusrecHt (20) zuerst beschriebene periphere Nervenschicht oder äußere Muskelnervenschicht. Sie ist analog gebaut, bildet aber nur im vor- deren Körpertheil einen geschlossenen Mantel, während sie im hinteren einen Halbeylinder darstellt, der von den Seitenstämmen, welche genau eine obere und untere Körperhälfte markiren, den dorsalen Umfang der Ringmuskulatur umfasst. — Sehr auffallend sind jene Fibrillenzüge, welche den Seitenstämmen entspringen und sich in die Muskelnerven- schicht verästeln. — Der große Rückennerv nimmt dieselbe Lage ein wie bei Cerebratulus und ist öfters aus der Nervenschicht hinaus höher in die Längsmuskulatur gerückt. — Um den kleinen Rückennerv, welcher über dem Rhynchocoelom liegt, findet eine deutliche Plexus- bildung statt. — Von der inneren Muskelnervenschicht sind nur Spuren vorhanden. — Im Rüssel sehen wir eine periphere, nervöse Schicht, ohne eine Anschwellung zu bilden, gleichmäßig innerhalb der Längs- muskulatur unter dem Papillenmantel eingebettet. Auch diese entsteht durch die Ausbreitung zweier Nerven, welche vom ventralen Ganglion entspringen, beinahe vom inneren Rande der ventralen Kommissur, und sofort aufwärts in das Rhynchocoelom an die Ansatzstelle des Rüssels steigen. — Der Schlundnerv erinnert in seinem Bau und seiner 140 Otto Bürger, verschiedenartigen Lage an Langia formosa. Derselbe nimmt seinen Ursprung jederseits vom ventralen Ganglion, nachdem dieses schon ziemlich weit aus einander gerückt ist. Aber nicht medial, dorsal von diesem, sondern vollständig ventral abgehend, durchbricht er in der- selben Höhe die Kapsel, wendet sich nach hinten und ist unter je einem Blutgefäße in Bindegewebe eingehüllt zu verfolgen. Sobald eine Sonde- rung der Muskulatur in die bezüglichen Lager eingetreten ist, durch- bricht er die Ringmuskulatur und bildet eine starke Kommissur unter dieser, welche sich um das eintretende Mundrohr legt. Nach der Trennung begleitet der Schlundnerv den Ösophagus, sich verästelnd und öfters zwischen seine Epithelien dringend. Am Munde liegt je ein Hauptstamm in der Mitte seiner Seitenwände; am geschlossenen Darmrohr lässt sich das Nervenpaar unter ihm verfolgen und seine beiden Stämme sind nahe an einander gerückt. Histologischer Theil. Die Ganglienzellen. Im Gehirn von Eupolia delineata treffen wir nur die ersten drei Arten der von uns unterschiedenen Ganglienzellen an. Neurochord- zellen und mithin Neurochorde fehlen dem Nervensystem der Eupolia. Typus I und II sind nicht so scharf, auch durch die Färbung nicht, von einander differenzirt, wie wir es kennen lernten. Immerhin fällt ein nicht zu übersehender Unterschied in der Struktur der Kerne, dem mehr oder minder ausgebildeten Zellplasma und der Tinktion auf. Eine etwas von I durch dunklere Färbung unterschiedene Kernart tritt auch hier auf, welche einen schmalen, länglichen Haufen bildet, der seitlich von den dorsalen Lappen liegt in schräg dorso-ventraler Richtung, wo der Seitenkanal an das Gehirn herantritt. Diese Kerne sind weniger regelmäßig und dem Typus I von Cerebratulus mehr entsprechend als die Hauptmasse der I. Art im Eupolia-Gehirne. Die III. Art erreicht nicht die Größe, unter der sie gekennzeichnet wurde, aber der runde Kern mit den großen runden Nucleolen, welche oft zu mehreren vorkommen, der lebhaft gefärbte, ausgebauchte Plasmaleib und die langen-Fortsätze sowie ihre wechselnde Lage haben sie mit der ursprünglich beschrie- benen gemeinsam. Gehen wir auf die strukturellen Verhältnisse ein, besonders des Mitoms und Paramitoms, so ist festzustellen, dass nie- mals eine insuläre Ansammlung der letzteren Zellsubstanz zubeobachten war. Die Vertheilung beider ist eine gleichmäßige und äußerst feine, wie sie bei den großen Zellen der Seitenstämme von Cerebratulus geschildert wurde. Eben so werden die hellen, blassen, mattglänzen- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 141 den Kugeln im Kerne vermisst, öfters findet jedoch eine Sonderung der chromatischen Substanz von der achromatischen, indem erstere die letztere einschließt, statt. Die Vertheilung der Ganglienzellen bietet wenig Neues. Die Zellen der Ill. Art liegen im vorderen Gehirnabschnitt dorsal, weiter hinten medial und im letzten Gehirnabschnitt um das untere Ganglion herum, das sie zahlreich umgeben. Bemerkenswerth ist, dass der Ganglien- belag auch lateral den dorsalen Lappen nicht fehlt, und die Anhäufung desselben, mit Zellen der Ill. Artuntermischt, umdie ventraleKommissur. Die Seitenstämme besitzen eine obere und untere Gangliensäule. Accessorische Elemente. Als solche treten auch hier äußeres Neurilemma, eine bindegewe- bige Hüllzone um die Ganglienzellen und ein inneres Neurilemma auf. Das äußere Neurilemma differenzirt sich in zwei Hüllen, eine äußere und eine innere. Die äußere ist eine Verstrickung der Körper- gewebszüge, wie die Gehirnkapsel der Cerebratuliden und Langiiden, ein lockeres, korbartiges Flechtwerk darstellend, in welches die cha- rakteristischen, spindelförmigen Kerne eingelagert sind. Dasselbe ist dorsal mächtig entwickelt, ventral und medial bildet es nur dünne Wände. Die innere Hülle ist ein hyalines, ziemlich gleichmäßiges Blatt, das außer den Gehirnpartien auch die Seitenorgane einschließt. Dass dieselbe gleichfalls bindegewebiger Natur ist, beweist der innige Zu- sammenhang mit der äußeren Decke, an welche sie vielfach geknüpft ist. Niemals aber fand ich Kerne in dieselbe eingelagert, sondern nur dicht an dieselbe gedrängt, sie sowohl außen als auch innen begrenzend. Das innere Blatt derart und ferner durch einheitlichen Bau und größeres Lichtbrechungsvermögen vor dem äußeren Geflecht membran- artig ausgestaltet, ist dem äußeren Neurilemma ähnlich gebaut, welches wir bei den bewaffneten Formen ins Auge fassen werden. Das innere Neurilemma besitzt einen faserigen Bau. Es fehlt an keiner Stelle des Gehirns oder der Seitenstämme und führt reichlich eingelagert die Spindelkerne. Zwischen diesem und der Centralsub- stanz befindet sich gleichfalls überall der zellig-faserige Mantel mit den hier besonders gedrängt liegenden, elliptischen Zellkernen. Sie sind. in allen Gehirntheilen so dicht gelagert, dass dieselben theilweise über einander geschichtet sind und durch ihre Massenhaftigkeit geradezu charakteristisch für das Eupoliagehirn zu sein scheinen, da ich sie auch bei indischen Formen eben so zahlreich antraf. Das intracapsuläre Bindegewebe, auch dasjenige der Pigmentzellen, welches freilich nur durch die charakteristischen Kerne und die Fäserchen zur Geltung 142 Otto Bürger, kommt, ist wohl entwickelt. Die Seitenstämme haben ganz die Zu- sammensetzung des Gehirns. Auffallenderweise fehlen Eupolia deli- neata Längsmuskeln innerhalb des äußeren Neurilemmas. Carinella. Gehirn und Seitenstämme. Ohne das Studium des Nervensystems der Nemertinen durch die gewiss lehrreiche Betrachtung einer überleitenden Form fortgesetzt zu haben — eine solche stand mir nicht zur Verfügung — wenden wir uns jetzt unvermittelt zur Darstellung desselben bei dem ursprünglich- sten Typus dieser Thierklasse, der wohl treffend als ein Architypus analog den Archianneliden bezeichnet werden könnte, einem Genus der Palaeonemertinen HusrecHr's, die in diesem Sinne gewiss von den, auf eine spätere Stufe der Entwicklung vorgeschrittenen Gerebratuliden, Langiiden, Lineiden und so fort zu trennen sind, Wir begegnen hier nicht geradezu Neuem, Unerwartetem, sondern finden all jene elementaren Bestandtheile des Nervensystems, die bis- her beschrieben wurden, ohne Ausnahme wieder, aber in hohem Grade verändert, durch die epitheliale Lage und vor Allem durch die geringe Entwicklung des Centralorgans, des Gehirns. Das gesammte Nervensystem der Garinelliden (Carinella polymor- pha und annulata) liegt außerhalb der Muskulatur zwischen dieser und den Membranen, welche ein Epithel tragen, sei es die Basalmembran der Haut, die Tunica propria des Darmrohres oder dasjenige Bindege- webshäutchen, welches die Rüsselpapillen trägt. Das Gehirn befindet sich dicht vor dem Munde und besteht aus zwei seitlichen, etwas ventralwärts gerückten Hälften, welche nach innen gekrümmt sind. Die oberen und unteren Zipfel dieser Lappen fasst einmal die sehr dünne, dorsale Kommissur, dann die bedeutende, vielleicht viermal so kräftige, ventrale Kommissur zusammen. Die Kom- missuren liegen vor der Rüsselinsertion, umfassen demnach das Rhyn- chodaeum (Taf. IV, Fig. 40 und Taf. VII, Fig. 134). Jeder Lappen wird aus zwei Hälften gebildet, die, dicht zusammenstoßend, nur durch eine sehr kleine, seitliche Bucht und öfters durch einen queren Neurilemma- zug getrennt erscheinen oder im vorderen Abschnitt völlig verschmolzen sind. Die obere Hälfte jedes Lappens besitzt einen kleinen, kugeligen Anhang, die Wurzeln der dorsalen Kommissur. Die beiden Hälften, in welche jede Gehirnanschwellung zerfällt, deuten das untere und obere Ganglion an, darin kann ich nämlich Husrecenr nicht beistimmen, dass das Carinella-Gehirn noch nicht in »Lobi« gesondert sei (Taf. IV, Fig. 41—43), Bis: Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 143 Selbstverständlich sind auch hier die Gehirnmassen »Verdiekungen der Nervenstämme«. Die obere Gehirnhälfte überragt sogar deutlich durch eine hintere Einschnürung zwischen den beiden auf einander liegenden Fasermassen, welche die äußere und innere seitliche Bucht verbindet, die untere. Und noch dies trägt zur Erkenntnis eines oberen und unte- ren Ganglions mit bei, dass nur vom oberen die Innervirung des Sei- tenorgans erfolgt, wodurch sich dessen hinterer Zipfel etwas nach außen biegt. Am primitivsten ist die Trennung bei C. polymorpha. Schon plastischer kommen die beiden Ganglienanschwellungen bei C. annu- lata zum Ausdruck. Die Kommissuren sind äußerst lang. Wie die Körperwand ge- krümmt, umfassen sie im Verein mit den Hirnen die hier schon theil- weise vorhandenen Muskelschichten und mit diesen das Eingangsrohr des Rhynchodaeums und die sehr mächtigen Blutgefäße. Außer der dorsalen Hauptkommissur, von welcher der Rückennerv abgeht, tritt dicht vor dieser über dem Rückennerven, der sich nach vorn und hinten erstreckt, eine zweite, dünnere Kommissur zusammen, welche die vordersten Gehirnzipfel nochmals verbindet. Sie besitzt also keinerlei Zusammenhang mit dem Rückennerven. Diese eigen- thümliche Bildung, welche ich bei beiden Carinelliden an Querschnitten und sagittalen Längsschnitten mit aller Deutlichkeit konstatiren musste, fand ich nirgends, auch bei keiner indischen Form wieder. Die hintere Kommissur ist unzweifelhaft, sowohl durch ihr Verhalten zum Median- nerven als auch ihrer Stärke nach, die typische zu nennen. Die Seitenstämme haben ihre konstante Lage in der seitlichen Mittellinie. Ihr Querschnitt ist rundlich. Über dem After verbindet sie eine Kommissur. Dieselbe liegt unmittelbar unter dem Epithel, da die Basalmembran unendlich fein in diesem Körperabschnitt geworden ist. übrigens tritt sie viel deutlicher hervor als bei Gerebratulus. Das periphere Nervensystem. Die Zahl der Kopfnerven übertrifft bei den Carinelliden die jeder anderer unserer Arten, da hier den Ganglien mindestens jederseits zehn mächtige Stämme entspringen, welche in gerader Richtung der Kopfspitze zustreben. Sie liegen hauptsächlich seitlich, breiten sich aber auch an den ventralen und dorsalen Körperumfang aus. Obwohl sie dem Bau nach den Augennerven der bewaffneten Form ähneln, theilen sie doch die Neigung zur Anastomosenbildung mit denen der Cerebratuliden. Wenn im Anfang dieses Kapitels die epitheliale und vor Allem die extramuskuläre Lagerung auch der peripheren Nerven betont wurde, so hat dies seine volle Berechtigung, sobald wir das Grundsystem ins # 144 Otto Bürger, Auge fassen und für dies ein Schema festlegen wollen, wie es beispiels- weise HuBreEcHT für gewisse Nerven, den großen Rückennerv und den kleinen Rückennerv bei den verschiedensten Gattungen bildlich aus- geführt hat, um das Wandern dieser Nerven in Gesellschaft der Seiten- stämme durch die Körperschichten zu verfolgen (45). Abgesehen davon aber, dass selbstverständlich die Verzweigungen der Seitenstämme tief in die Muskelschiehten eindringen, sehen wir selbst den großen Rücken- nerven häufig aus seiner subepithelialen Lage durch die Ringmuskulatur hindurch sich in die Längsmuskulatur hinunterbiegen, wellenartig aus seiner typischen Lage hinab und in dieselbe wieder emporsteigend. Ersteres aber führt zur stellenweisen Verschmelzung mit dem kleinen Rückennerven. Der kleine Rückennerv, welchen Huprecat bei Carinella und Gari- nina vermisste (45), liegt bei Carinella als ein feiner, auf dem Quer- schnitt elliptischer Nerv innerhalb des Muskelkreuzes, welches die äußere und innere Ringmuskulatur dorsal verbindet, in der Längsmus- kelschicht meist der inneren Ringmuskelschicht auf (Taf. V, Fig. 80—83). Eine kontinuirliche Muskelnervenschicht, in dem Sinne wie bei Cerebratulus, ist nicht vorhanden, da außer einzelnen quer getroffenen, unregelmäßig vertheilten, weit aus einander liegenden Fibrillenzügen, nur periodisch auf Schnitten ein Nervenstratum unter der Basalmem- bran über der Ringmuskulatur angetroffen wird. Die Zweige der Seitenstämme, an denen sich eine Metamerie nicht feststellen lässt, anastomosiren mit einander, im vorderen Abschnitt ein dichteres Maschenwerk, im hinteren ein viel weitmaschigeres Gewebe bildend, in welchem die dem Seitenstamme entspringenden, ringartig den Kör- per umfassenden Fasern vorherrschen. Die Anastomosen, also die Längsverbindungen, treten zurück. Aus der außerordentlich lückenhaften Anordnung der nervösen Elemente bei den Carinelliden an dem Orte, an welchem wir bei den höheren Formen ein dichtes, nervöses Netzwerk gefunden haben, scheint die Thatsache zu erhellen, dass der Nervenplexus dieser eine Bildung eigener Art ist, in gewissem Sinne unabhängig von den Ver- zweigungen der Seitenstämme und den Rückennerven. Diese Ansicht bestätigen die histologischen Befunde. Das Rüsselnervenpaar entspringt der ventralen Kommissur etwa auf der Grenze von Kommissur und Ganglion (Taf. IV, Fig. #0) und steigt schräg aufwärts an die Insertion des Rüssels. Beide Stämme bilden mit ihren Verzweigungen einen dünnen Mantel unter der Papillen- schicht; ohne in demselben aufzugehen, erhalten sie sich aber als zwei dicke Stämme in der ganzen Rüssellänge. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 145 - Das Schlundnervenpaar geht aus einer mächtigen Kommissur un- mittelbar hinter der ventralen Kommissur, welche die Ganglien aber- mals verbindet, der Schlundnervenkommissur, hervor (Taf. IV, Fig. 41 bis 43). Dasselbe besitzt eine außerordentliche Mächtigkeit und ist noch mindestens achtmal jederseits durch mehr oder minder dicke Faserzüge mit dem Ganglienpaar verbunden. Wahrscheinlich bilden die beiden Stämme unter sich eben so viel Kommissuren, von denen nur einzelne von mir konstatirt werden konnten. Je ein Stamm des Nervenpaares liegt in dem Winkel, welchen Mund- und Körperepithel mit einander bilden. Weiter nach hinten steigen sie an die oberen Mundränder hinauf und enden mit einer Ausbreitung an denselben mit dem Beginn des Ösophagus. Die Histologie des Gehirns und der Seitenstämme. Auch bei diesen Formen ist die Sonderung der Ganglienzellen nach Typen zum Ausdruck gekommen. Es sind zwei Haufen großer Zellen der Ill. Art, von denen ein dorsaler der Wurzel der dorsalen Kommissur anliegt, ein ventraler dem ventralen Ganglion medial hinter der Abgangsstelle des Schlundnerven. Nur die medial-dorsale Aus- breitung dieser wie überhaupt irgend einer Zellart vermissen wir im Hinblick auf bekannte Verhältnisse, da der Ganglienbelag bei den Cari- nelliden nur am äußeren Umfang der centralen Fasermasse liegt. Die Neurochordzellen fehlen wie bei Eupolia. Die kleineren Arten der Gan- glienzellen kommen wie die Gehirnlappen weniger scharf zur Sonde- rung. Immerhin fallen aber jene stark lichtbrechenden Kerne der I. Zellart besonders an der Wurzel des Seitenorgans (Taf. V, Fig. 43) und auch sonst um das dorsale Gehirn vertheilt auf, eben so wie sich die sehr schlanke, regelmäßige Form der Seitenstammganglienzellen schon im unteren Gehirnlappen zur Geltung bringt, in der wir die II. Art erkennen. Die regelmäßig kegelartige Gruppirung des Ganglienbelags tritt zurück. Seine Haufen werden überall von Bindegewebszügen, Ästen der Basalmembran, durchbrochen und ganze Gruppen des Belags er- scheinen von der Hauptmasse mitten in die Basalmembran bis an das Epithel versprengt, oder der Belag tritt tief in die ventrale Fasermasse des Gehirns hinein, diese furchend und gliedernd (Taf. V, Fig. 44). | Den primitivsten Charakter besitzen die Hüllelemente. Das äußere Neurilemma wird theilweise unmittelbar durch die Basalmembran er- setzt, mittelbar bildet sie dasselbe durch Äste, welche sich von ihr ab- zweigen und das Gesammthirn in lockerster Weise umscheiden und nach innen von der Muskulatur abgrenzen (Fig. 44). Fasern dieser Äste Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 40 U nr . 146 Otto Bürger, bilden öfters das Stück einer Scheide zwischen Gentralsubstanz und Ganglienbelag. Ein Kernmantel um die Gehirnfasersubstanz fehlt. An- dere Hüllelemente als die feinsten Verfaserungen des Neurilemmas und der Äste der Basalmembran, welche auch hier kleine spindelige Kerne, aber von geringerer Größe als sie bei Gerebratulus auftreten, führen, habe ich durchaus nicht im Gehirne feststellen können, dagegen wohl im Seitenstamme durch die unverkennbaren, wenn auch spärlich ver- theilten großen, hellen, elliptischen Zellkerne. Die Seitenstäimme besitzen eine dorsale und eine ventrale Belags- säule von der zweiten Zellart, welche nach hinten zu äußerst dünn werden. Die großen Zellarten fehlen gänzlich. — Außer dem Korbge- flecht des äußeren Neurilemmas tritt auch hier wieder ein inneres, und mit diesem ein Kernmantel auf (Taf. IV, Fig. 45). Auch den Carinelliden fehlen die Längsmuskeln an der Wand des inneren Neurilemmas. Die Histologie des peripheren Nervensystems. Ein Ganglienzellbelag, wie derselbe das centrale Nervensystem auszeichnet, fehlt den peripheren Nerven oder Nervenschichten mit Ausnahme des auch durch seinen Bau besonders hervorgehobenen Schlundnerven. Die Stämme dieses Nervenpaares besitzen einen oberen und unte- ren Zellbelag, hauptsächlich der mittleren Art, aber auch mit Zellen der großen untermischt, der so mächtig werden kann, dass er dem der Seitenstämme kaum etwas nachgiebt. Auch die Hauptkommissur der- selben ist von Ganglienzellbündeln umhüllt. Sonst aber, sei es in den Kopfnerven, den Rüsselnerven oder den medianen Nerven, wird der Ganglienbelag durch Zellen ersetzt, die im centralen Nervensystem fehlen. Aber in diesen Zellen tritt nur der Kern hervor, und es ist eine negative Eigenthümlichkeit, dass es scheint, als ob den Nemertinen jene großen, multipolaren Ganglien- zellen mit hochentwickeltem Zellleibe, die im Reiche der Plattwürmer und der Ringelwürmer überall in Nervenplexusbildungen beschrieben wurden, fehlen. In den Kopfnerven und auch schon in ihren Wurzeln sind massen- haft elliptische, bald mehr kugelige, bald spindelartige Zellkerne in der Richtung der Nervenfibrillen eingelagert. Die kugeligen Kerne herrschen bedeutend vor, und damit unterscheiden sich die Kopfnerven der Anopla von denen der Enopla, wo dieselben Gebilde eine entschie- den spindelige Form haben. Bei Cerebratulus sind sie ziemlich groß, und hier am wenigsten scharf von jenen zu trennen, die wir hier nur Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 147 peripher, beispielsweise nur um den Mediannerven gelagert finden werden. Bei Eupolia sind sie von geringerer Größe, sehr klein und reich- lich, am ähnlichsten jenen der bewaffneten Formen bei den Carinella- Arten. Obwohl uns über ihre Natur Studien der Kopfnerven der Dre- panophorus-Arten noch manche Aufschlüsse geben, ist doch so vielschon hier zu ersehen, dass wir es mit den sogenannten Myelocyten (Caarıx [62]) zu thun haben, welche sich bei den Wirbellosen dort im Nervensystem, wo dasselbe eine hohe physiologische Bedeutung erhält, einstellen. Bei den Wirbelthieren findet man die Myelocyten nach Cnarın in der Retina und in der grauen Substanz. Sie sind nicht mit den Kernelementen des Neurilemmas noch denen des Kernmantels zu verwechseln. In den großen und kleinen Rückennerven kommen die Myelocyten eben so wenig wie in dem Rüsselnerv und in den Nervenschichten vor. Diese werden von einer Kernschicht umlagert, deren einzelne Kerne den Nerven immer außerhalb der Fibrillenmasse anliegen. Es sind große, kugelige Gebilde von verschiedenster innerer Struktur, und je nach der Entwicklung des Kerngerüstes matter oder stärker färbbar. Einen Zellleib nahm ich niemals deutlich wahr. In den Nervenschichten dagegen kommen außer diesen unzweifel- haft jene hellen Kerne des intracapsulären Bindegewebes vor, welches sich aus der Kapsel der Seitenstämme in diese fortpflanzt, und zahl- reiche dunklere, kleinere Kerne, von welchen es mir gelang einzelne zu isoliren. Dieselben bleiben mit einer spongiösen Fasermasse in Ver- bindung, welche von dem Kerne ausstrahlt. Endlich aber sind in ihr, wie auch den Nervenzügen, welche von ihr ausgehen, sehr kleine, kugelige Gebilde mit starkem Lichtbrechungs- vermögen und leichter Tinktionsfähigkeit, welche gleichfalls in einer Fasermasse liegen, eingebettet. Sie stimmen mit jenen Körperchen tiberein, welche ich später auch im Gehirne des Drepanophorus werde zu beschreiben haben. Wie weit diese Gebilde im ausschließlich nervösen Dienste stehen, wer vermöchte das zu sagen? Auch über die Fasermaterie der peripheren Nervenschichten evi- dente Aufschlüsse zu geben ist schwer. Die Nerven — Kopfnerv, Schlundnerv, großer und kleiner Rücken- nerv und die Rüsselnerven — sämmitlich zeigen sie eine zweifellos parallel fibrilläre Struktur. — In den Plexusbildungen tritt neben dieser, welche sich von Fibrillenzügen der »Spinalnerven« ableitet, aber die spongiöse Materie auf. Wenn dieselbe auch theilweise auf Hüllelemente, welche mit den großen, hellen Zellkernen zusammenhängen, zurückzuführen ist, so beweisen doch die letztgenannten, verschiedentlich durch 10* 148 Otto Bürger, Maceration vereinzelten Gebilde, dass auch andere Zellen sich an einer Netzwerkbildung betheiligen. So haben wir fürerst für die Muskelnervenschichten einen beson- deren Faserplexus anzunehmen, der durch den großen Rückennerven und die Äste der Seitenstämme mit den Centren in Verbindung steht. Bei den Carinelliden tritt die Plexusbildung zurück, wir haben einfach die unregelmäßig abgehenden Zweignerven der Seitenstämme, welche in der vorderen Körperregion häufig, hinten seltener mit einander ana- stomosiren. | Die Nervenschicht im Rüssel ist wohl nur als eine Ausbreitung der beiden Rüsselnerven zu betrachten, sie besitzt den gleichen Kernbelag wie diese. | Die epitheliale Nervenschicht wurde mit dem Epithel zugleich be- handelt. Die Sinnesorgane. Der Leser darf mit Recht schon aus mehreren Andeutungen, welche im Laufe dieser Arbeit gemacht wurden, erwarten, in diesem Kapitel auch eine eingehende Beschreibung der Seitenorgane zu finden, denn dass diese Organe unzweifelhaft als Sinnesorgane gedeutet werden müssen, hat jüngst DewoLrrzky mit zahlreichen Argumenten belegt und wurde auch hier verschiedentlich betont; wenn dieselbe dennoch ver- schoben worden ist, so geschah es aus dem Grunde, dass in diesem ganzen Abschnitt nur europäische Formen grundlegend behandelt wer- den sollten, zu der Bearbeitung der Seitenorgane aber die gleichzeitige Heranziehung des indischen Materials unerlässlich gewesen wäre. Es werden daher hier nur die Augen und terminalen Kopfgrüb- chen zur Behandlung kommen. Augen besitzt von den untersuchten neapolitanischen Formen nur Eupolia delineata. Dieselben stehen einzeln seitlich an der Kopfspitze, dem dorsalen Körperumfang genähert, und rücken ziemlich weit bis an das Gehirn nach hinten. Sie sind klein und unscheinbar und lassen kaum mehr als einen grünlichen Pigmentbecher aus Pigmentzellen, in welchen die elliptischen Kerne besonders deutlich hervortreten und eine centrale zellige Masse erkennen. Eine genaue Erforschung des Nemertinenauges wird erst das Studium bewaffneter Formen, so der Drepanophoriden, mit Erfolg krönen. Als Sinnesorgane betrachte ich ferner grubenartige Einziehungen, welche sich bei Cerebratulus marginatus zu dreien dorsal über der Blutgefäßschlinge und neben derselben, also über dem Rhynchodaeum, finden. Ich erwähnte dieselben schon in einer vorläufigen Mittheilung, ae) Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 149 hatte von ihnen damals jedoch nur bei Cerebratulus die mittlere höchste gesehen. Es sind winzig kleine Grübchen, die oft nicht erhalten sind, sondern mit der Verletzung des Epithels leicht zu Grunde gehen. Das mittlere, höhere, ist ein klein wenig größer als die etwas tiefer liegenden, seit- lichen. Nicht ein Drittel so tief wie die einzige Kopfgrube von Eupolia reichen sie bei Cerebratulus kaum in die Cutis hinunter. Ihr Umkreis ist dadurch ausgezeichnet, dass er völlig drüsenfrei ist, d. h. die reiche Cutisdrüsenentwicklung fehlt unter den Gruben und niemals gehen irgend welche Sekretstraßen durch das Epithel, welches sie auskleidet. Der Hals der Grübchen wird vom Körperepithel gebildet. Den inneren Raum kleidet dagegen ein besonderes Epithel aus, in dem auch epitheliale Drüsenzellen fast vollkommen fehlen. Die Epithelzellen sind sehr lang, fadenförmig und radiär angeordnet, aber nicht scharf kontourirt. Da sie eine Basalmembran nicht begrenzt, sind ihre Fortsätze weit ins innere Körpergewebe zu verfolgen. Man sieht zarte Längsfasern rings von ihnen in das Körpergewebe abgehen. Nach hinten vereinigen sie sich sämmtlich in ein dichtes, dünnes Faserstämmehen. In das Stämmchen sind unregelmäßig sehr große Kerne eingelagert. Um das Grübchen und das Faserstäimmchen herum liegen massenweis Zellkerne der Cutis, welche an diesen hier besonders reich ist. Bis unmittelbar an das mittlere Grübchen habe ich die vorderste Spitze eines Kopfnerven verfolgen können. Es ist wohl nicht zweifel- haft, dass derselbe zur Innervirung dieses Grübchens dient, und dass die beiden seitlichen gleichfalls Nervenzutritte besitzen. Was bedeuten diese wohl treffend als Kopfgrübchen zu bezeichnenden, terminalen Einstülpunngen der Kopfspitze, und wo finden wir Ankntipfungspunkte bei anderen Nemertinen-Arten und verwandten Thiergruppen ? Kopfgrübchen der beschriebenen Art habe ich noch bei einer indi- schen Form, bei Gerebratulus coloratus, ganz wie bei C. marginatus in der Dreizahl, nur größer ausgebildet gefunden. Zuerst drängte sich mir die Vermuthung auf, ob sie vielleicht wie die unpaare Kopfgrube bei Eupolia delineata Ausführorgane für die Kopfdrüsenzellen darstellen; dem ist nicht so, denn die Sekretstraßen durchsetzen ihr Epithel nicht. Nun liegt es nahe, dieselben den accessorischen Seitengruben der Dre- panophoriden an die Seite zu stellen. Nervöse Organe an der Kopf- spitze sind bei rhabdocölen Turbellarien als Frontalorgane beschrieben, da diese aber nur in der Einzahl vorhanden sind, dürften sie wohl nicht mit den Kopfgrübchen der Cerebratuliden zu vergleichen sein. 150 Otto Bürger, Das Nervensystem der exotischen Formen. (Tafel II.) Nachdem versucht wurde dies Organsystem in möglichst erschöp- fender Weise an den Nemertinen des Golfs von Neapel zur Anschauung zu bringen, darf hier eine Beschränkung in so fern stattfinden, dass mehr die äußere Form, besonders des Gehirns, ins Auge gefasst wird, da sie zur Diagnose der Art mit herangezogen ist, als der Bau der Elemente, welcher uns die vorige detaillirte Darstellung bestä- tigen wird. Das Gehirn liegt bei sämmtlichen Arten um das Rhynchocoelom herum, zerfällt in eine rechte und linke Hälfte, deren jede ein an der vorderen Spitze verschmolzenes oberes und unteres Ganglion bildet. Die Ganglien sind durch eine dorsale und ventrale Kommissur mit ein- ander verbunden. Von den Eupoliiden fällt uns Eupolia Brockii (Fig. 20) durch die Gestalt ihrer dorsalen Kommissur besonders auf. Während dieselbe nämlich in der Regel um das Rhynchocoelom einen Halbbogen bildet, dieses überwölbend und so über den seitlichen Partien des Gehirns liegt, wird sie in diesem Fall durch einen kurzen, queren, geraden Faserzug, welcher die dünne Wand des Körpergewebes, die die beiden Gehirnhälften trennt, durchbricht, hergestellt. Nun sind die Massen der Ganglien theilweise höher als die Kommissur gelegen. Auf Quer- schnitten zeigt das Gehirn in dieser Gegend die charakteristische Figur einer Hantel, die auch bei manchen bewaffneten Nemertinen, dort frei- lich durch Anpassung der Gehirngestalt an die Lage des Ösophagus be- dingt wird. Hier kommt dieselbe dadurch zu Stande, dass das Gehirn in die äußerste Kopfspitze über das Rhynchocoelom hinaus vorgerückt ist, wo das Rhynchodaeum noch ein kanalartig enges Lumen besitzt, in Folge dessen die Gehirnhälften nicht nur nicht aus einander getrieben, sondern vielmehr so nahe an einander gerückt sind als es bei keiner Form wieder beobachtet wurde. Ferner liegt das Rhynchodaeum noch excentrisch (ventral), so dass die kurze Kommissur auch nicht im ge- ringsten im Verlauf von ihr beeinträchtigt wurde und den direkten, queren Weg nehmen konnte. Bei Eupolia ascophora (Fig. 27) ist die scharfe, vor den Seitenorganen Platz greifende Umbiegung der Seitenstämme zu beachten. Im Übrigen schließt sich die Gestalt des Gehirns dieser Art, wie auch die von Eup. marmorata an Eup. delineata an (Fig. 26). Von den Cerebratuliden besitzt das niedrigst entwickelte Gehirn Cerebratulus aurostriatus, wie dies schon aus dem sehr geringen Um- a M Bar). LS Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 151 fang der dorsalen Ganglien, sie sind kaum doppelt so mächtig als die ventralen, hervorgeht. Auch dasjenige von Cerebratulus coloratus, welches dem der vorigen Art sehr ähnlich ist, kennzeichnet primitive Verhältnisse in seinem Bau. Cerebratulus glaucus, galbanus und Cerebratulus psittacinus (Fig. 10—1%) zeigen den Ursprung der Seitenstämme vor den Seiten- organen: Der Seitenstamm verläuft zuerst über dem hintersten Zipfel der Kopfspalten quer nach außen, plötzlich in seine seitliche Lage, in die laterale Mittellinie, und in die Längsrichtung einbiegend, wendet er sich nach hinten. Die Gehirne dieser beiden Arten sind sehr ähnlich gebaut. Die dorsalen Ganglien sind vier- bis fünfmal mächtiger als die ventralen (Fig. 11). Die Gehirne sämmtlicher übrigen Cerebratuliden sind Gerebratu- lus marginatus ähnlich. Besonders vorzüglich entwickelt fand ich das- selbe bei Cerebratulus tigrinus (Fig. 15,16) und albo-vittatus (Fig. 1—8). Über die Größe des Gehirns, welche bei den verschiedenen Arten wechselt, aber meist dem Umfang des Körpers proportional ist und über die nicht immer konstante Lage, welche die Ganglien zu den Blut- gefäßen einnehmen, mögen die Abbildungen der Serien orientiren (Taf. II). Die accessorischen hinter der ventralen Kommissur gelegenen Kommissuren, welche die unteren Ganglien noch mehrfach, wie wir bei Cerebratulus marginatus sahen, verknüpfen, sind bei den tropischen Cerebratuliden theilweise kräftiger und zahlreicher entwickelt. Ferner verbinden Kommissuren die Ganglien zugleich mit den Schlundnerven (Fig. #, 6). Die Seitenstämme bieten nichts Neues. Über ihre Endigungsweise bin ich bei fast allen Formen im Unklaren geblieben, da die Schwanz- spitze meistens defekt war oder wenigstens zu solch intrikaten Unter- suchungen nicht mehr verwendbar. Nur die hinterste breitgedrückte Spitze eines Exemplares von Cerebratulus pullus schien mir ein gün- stiges Objekt zu bieten; und in der That, hier durfte ich mich an einer Serie, sagittal das betreffende Schwanzstück zerlegend, überzeugen, dass die über dem After zusammengebogenen Enden der Seitenstämme durch eine feine Kommissur, an welche die äußere Muskelnervenschicht un- mittelbar herantritt, verbunden sind. Die Histologie der nervösen Centralorgane. Nach der Verthei- lung der vier Arten des Ganglienbelags sind wieder die Eupoliiden von den Cerebratuliden zu trennen, da es bestimmt feststeht, dass unseren drei tropischen Eupolia-Arten die Neurochordzellen fehlen. Die kleinen, mittleren und großen Ganglienzellen umhüllen die Ganglien in scheinbar = 152 Otto Bürger, zur Mächtigkeit der centralen Fasersubstanz auffallender Masse, da sie zu lockeren Bündeln vereint, desto umfangreichere bilden. Art I ge- hört ausschließlich dem dorsalen Gehirnlappen an, die III. Art ist be- sonders reichlich um die vorderen Gehirnspitzen vertheilt, II bildet den Hauptbelag der ventralen Ganglien, und wahrscheinlich einzig den der Seitenstämme; um diese bewahrt derselbe bis in das Schwanzende eine hervorragende Stärke. Es ist mir nicht gelungen, betrefis sämmtlicher Cerebratuliden nachzuweisen, ob dieselben Neurochordzellen im Gehirn besitzen, es wäre mir aber auch nicht möglich zu versichern, dass einer Reihe von Thieren dieser Gattung diese Riesenzellen fehlen, was frei auszu- sprechen ich bei den Eupoliiden wagen konnte, da gerade diese vor- züglich erhalten waren, manche der Cerebratuliden aber für die Klar- stellung solcher Fragen zu wünschen übrig ließen. Durch die besonders treffliche Erhaltung der Neurochordzellen sind Cerebratulus tigrinus, aurostriatus und psittacinus ausgezeichnet. An der bekannten Stelle vor dem Austritt des Schlundnervenpaares treffen wir sie bei Gerebra- tulus tigrinus als ein Paar hängender Gebilde von 120 u Länge und 40 u Breite, also von so erstaunlichen Dimensionen, wie wir sie früher nicht kennen gelernt haben (Fig. 15). Bei den beiden anderen Cerebratulus- arten liegen sie. Auf ihr Vorkommen in den Seitenstämmen habe ich diejenigen von Cerebratulus tigrinus untersucht und meine an Cerebratulus margina- tus gewonnenen Resultate bestätigt gefunden. Die erste hinter den Neurochordzellen des Gehirns im Seitenstamm auftretende Zelle war von jener etwa 2 cm entfernt. Das zerlegte Exemplar dieser Nemer- tinenart maß circa 10 cm. Je weiter man nach hinten die Serien ver- folgt, in je geringeren Abständen wird man die kolossalen Ganglien- zellen konstatiren können. Im Schwanzende folgen sie dicht auf ein- ander. Die Seitenstämme dieser Form besitzen den für Cerebratulus, wie es scheint typischen gemischten Ganglienbelag, an welchem sich außer den Neurochordzellen auch die mittleren und großen betheiligen. Der Ganglienbelag der Cerebratuliden ist im Gegensatz zu dem der Eupoliiden in dichte Bündel gruppirt. Die drei Arten zeigen überall die bekannte Anordnung. Die Centralsubstanz ist bei den Eupoliiden unverhältnismäßig stark — zu den ventralen Ganglien — in den Seiten- stämmen entwickelt. Diese im Verein mit dem mächtigen Ganglien- belag und der bindegewebigen Hüllmaterie verleiht demselben einen enormen Umfang im Vergleich zu dem des Körpers, wie es diese Maße, welche an einem Schnitt durch die Schwanzspitze von Eupolia Brockii Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 153 festgestellt wurden, im Vergleich der eines Schnittes durch Cerebra- tulus in derselben Körperregion beweisen mögen. Der Körperumfang von Cerebratulus 1,5 mm. Der Umfang der beiden Seitenstämme 0,2 mm. Der Körperumfang von Eupolia Brockii 1,7 mm. Der Umfang der beiden Seitenstämme 0,4 mm. Wir haben seiner Zeit bei Cerebratulus marginatus und Langia formosa der balkenartigen Verdichtungen der Centralsubstanz in der ventralen Kommissur gedacht, und ich vergesse nicht ihrer bei der Betrachtung des Gehirns von Cerebratulus tigrinus Erwähnung zu thun, wo auch wieder Alles darauf hindeutet, dass sie aus den Wurzelbündeln der Zweige der Seitenstämme hervorgehen, die wir auch hier in großer Deutlichkeit fortgesetzt in ihrer typischen, unsymmetrischen dorsalen Lage in den Seitenstämmen verfolgen können. Eine auffällige Differenzirung in der Dichtigkeit der Gentral- substanz zeigt die dorsale Kommissur von Cerebratulus albo-vittatus. Dieselbe besitzt nämlich dort, wo sie aus den Ganglien heraustritt, zwei längliche Anschwellungen einer Fasermasse, welche sich intensiv färbt und scharf von derjenigen der eigentlichen Kommissur abhebt (Fig. 2). Beide Anschwellungen sind durch Faserzüge verbunden, die wie jene der Hauptmasse der Kommissur aufliegen, mithin im Scheitelpunkt jener zusammentreffen. Auch die Kommissur der Anschwellungen im- bibirt leicht Tinktionsmittel. Es lassen sich diese dorsalen, seitlichen Anschwellungen der oberen Kommissur nicht als Theile oder Anhänge der dorsalen Ganglien auffassen, da sie weder vorn noch hinten in be- deutender Masse denselben anliegen, sondern lediglich nur mit ihnen vor und hinter der Kommissur verschmolzen sind; sie sind vielmehr, was wir beim ersten Anblick vermuthen, Anhangsgebilde der dorsalen Kommissur, noch dadurch merkwürdig, dass von ihnen je ein kräftiger Nerv an das obere Epithel der Kopfspalten abgeht. Die Neurochorde auch sämmtlicher indischer unbewaffneter For- men sind stets verzweigt. Ihre Stämme verlaufen fast ausschließlich medial innerhalb der eintretenden Fibrillen der Ganglienzellbelags- bündel, mitten in der Centralsubstanz. Die Scheide führt bei Gerebra- tulus tigrinus, wo sie oft ein Lumen von 30 u Durchmesser umspannt, die spindeligen Neurilemmakerne und umhüllt einen glänzenden, homo- genen Inhalt. Ohne Neurochorde scheint sicher Cerebratulus albo-vit- tatus zu sein. Niemals, weder bei Eupolia noch bei Cerebratulus fehlt ein inneres und äußeres Neurilemma. Beide Blätter sind immer leicht aus subepi- thelialen Stützgeweben abzuleiten. 154 Otto Bürger, Das Hüllbindegewebe der nervösen Elemente innerhalb der Gehirnkapsel besteht aus neurilemmatischem Gewebe, Gliafasern und Kernen, und aus den Fasern, welche sich von den Fortsätzen der pigment- führenden Zellen mit den großen, blassen Kernen abspalten. Der die Centralsubstanz umhüllende Kern- und Fasermantel, dem inneren Neuri- lemma anliegend, ist stets vorhanden, und besonders bei den Eupoliiden mächtig ausgebildet. Dass endlich auch jene blattartigen Neurilemma- wucherungen innerhalb der Centralsubstanz der Seitenstämme, welche wir bei Cerebratulus marginatus eingehend besprachen, sich z. B. in den Seitenstämmen von Cerebratulus aurostriatus finden, wurde schon in demselben Kapitel hervorgehoben. Das periphere Nervensystem stimmt bei allen exotischen Formen mit dem für Eupolia delineata und Cerebratulus marginatus geschil- derten Typus in sämmtlichen Punkten überein. Betreffs der indischen Eupoliiden sind außer den Kopfnerven, welche sich nach vorn der Spitze zuwenden, sehr starke zu erwähnen, welche vom Gehirn gerade aufsteigen an die dorsale Kopffläche. Für gewisse Cerebratuliden ist die größere Anzahl der starken Schlundnervkommissuren bemerkenswerth, welche in solcher Dicke, wie sie HuprecHt (25) bei Cerebratulus Parkeri beschreibt und abbildet, bei Cerebratulus albo-vittatus auftreten. Außerhalb der Gehirnkapsel fand ich die beiden Nervenstränge noch viermal hinter einander durch solch mächtige Faserbrücken verbunden, wie wir deren bei den neapolitani- schen Formen nur eine, die wir als die Hauptschlundkommissur kenn- zeichneten, besitzen. Die Sinnesorgane der exotischen Formen. Die Augen der waffenlosen Formen sind im Gegensatz zu denen der waffentragenden äußerst klein. Vielen Arten fehlen sie sogar. Bei diesen aber sind die Kopfnerven, welche bei den augenbesitzenden Formen die Augen versorgen, nichtsdestoweniger reichlich vorhanden. Eine Vielheit von Augen zeichnet unsere Eupoliiden aus. Bei diesen finden sich charakteristische Augenstellungen, wie bei Eupolia ascophora, wo sie zwei symmetrische Figuren am abgeplatteten Kopf- ende bilden, die wohl zur Erkennung dieser Form mit beitragen können. Die Augen liegen unter der Basalmembran in der Cutis, gelegent- lich sind sie auch in die Tiefe dieser Schicht gerückt. Ein epithelial gelegenes Auge, wie QUATREFAGES (4) solche beschreibt, bemerkte ich nie. Viel weniger zahlreich sind die Augen bei den Cerebratuliden, wo solche wie bei Cerebratulus albo-vittatus, psittacinus, glaueus und galbanus vorkommen. Bei Cerebratulus psittacinus sind sie in die k Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 155 äußerste Spitze gerückt, bei den anderen Formen sind sie dagegen von der Spitze bis zum Gehirn seitlich dorsal, über den Seitenspalten, diesen fast unmittelbar anliegend, vertheilt. Ein Auge von Cerebratulus albo-vittatus misst etwa 0,04 mm im Durchmesser. Jedes Auge lässt immer einen bald schalenartig flachen, bald tiefen Pigmentbecher erkennen, welcher sich stets nach außen öffnet. Wir erkennen in ihm fächerartig angeordnet Stäbchen, ferner Kerne. Das Ganze umschließt eine hyaline Hülle. Auch außerhalb der Hülle, dicht an ihr, finden wir in der Regel ein Kernhäufchen, und zwischen den Kernen desselben feine Fasern, die ich für Nervenfasern halte. Der Nerv wird hier ein kleines Ganglion vor seinem Eintritt in das Auge, den ich bei diesen kleinen Sehorganen nicht feststellen konnte, bilden. Ich sah nur solche Gebilde, welche als Augen zu deuten nahe liegt, niemals Sehorgane, wie sie Mcelntosn (12) beschreibt, einfache und komplieirte Augen unterscheidend. Die Seitenorgane. (Tafel II und VI.) Durch die Untersuchungen von QUATREFAGES (4), KEFERSTEIN (40) und McIntosa (12 und 45) wurden dieselben ihrer Lage nach und betreffs ihrer Beziehungen zum Ge- “ hirne bekannt. Letzterer erkannte in ihnen den flimmernden Kanal und die Drüsen- zellmassen und den ganglionären Antheil. Husrecart (49 und 25) erweiterte unsere Kenntnis durch das Studium einer Reihe verschiedenster Nemertinentypen. Eine genaue und auch histologisch eingehende Beschreibung dieser merkwürdigen Ge- bilde verdanken wir jedoch erst DeworLerzky (44). Nach ihm baut sich das Seiten- organ der Schizonemertinen aus dem Gehirnantheil und einem vorderen und hin- teren Drüsenfelde auf, deren Fortsätze getrennt an zwei Punkten in den Kanal münden, welcher im hinteren Drüsenfelde blind endigt. Der hintere Kanalabschnitt wird durch einen in ein mediales und laterales Epithel gesonderten Zellbelag aus- gekleidet. Die Zellen des letzteren sind durch Größe, Kern und hyaline Fortsätze von denen des ersteren auffallend differenzirt (Sinneszellen). Das Seitenorgan der Hoplonemertinen (Drepanophorus) besitzt ein Drüsenpolster, aber einen zweitheili- gen Kanal, den Sack und den eigentlichen im hinteren Abschnitt die Drüsenzell- fortsätze aufnehmenden Kanal. Der vordere besitzt ein Sinnesepithel. Drei Ner- ven, dem oberen Ganglion entspringend, setzen die Ganglienmassen des Organs mit dem Gehirn in Verbindung. — Das Seitenorgan von Carinella beschreibt derselbe Autor als ein epitheliales Grübchen, welches Drüsenzellfortsätze empfängt, und an das ein Nerv hinantritt. Eine eingehende Schilderung dieser interessanten, vielumstrittenen Gebilde hat, wie oben schon hervorgehoben, jüngst DEwoLETzky (41) unter Berücksichtigung der Haupttypen der Nemertinen gegeben. Es kann - daher nur meine Aufgabe sein, an der Hand jener sorgfältigen Studien in Kürze den Bau der Seitenorgane der unbewafineten exotischen 156 Otto Bürger, Formen, so weit es eine Beschreibung derselben mit sich bringt und von Eupolia delineata, welche der eitirte Autor unberücksichtigt ließ, darzulegen. Das Seitenorgan (Fig. 113) oder die hintere Gehirnanschwellung, wie Husrecnart (19) dasselbe auch wohl früher genannt hat, setzt sich aus einem centralen nervösen Faserkern, der mit der Fasermasse des dor- salen Ganglions verschmilzt und einem peripheren Ganglienzellbelag zusammen. welcher wiederum nur die Fortsetzung des Ganglienzell- mantels bildet, der das dorsale Ganglion umhüllt. Dieser kugelige Ge- hirnanhang wird am lateralen Umfang von einem Kanal durchsetzt, welcher sich an der hinteren Kuppe des Organs umbiegt und am me- dialen Umfang meist noch ein wenig wieder nach vorn sich wendet, in jedem Fall aber blind endet. Zwei Drüsenfelder ergießen nach Dzwo- LETZKY ihr Sekret in den Kanal, welcher mit ausgesprochenen Nerven- endapparaten ausgestattet ist. Ehe ich mich nun aber zu einer vergleichenden Beschreibung unserer Arten wende, muss ich einige Bemerkungen über den Bau und die Lage der Seiten- oder Kopfspalten voranstellen, da dieselben theilweise ein völlig abweichendes Verhalten von den bis- lang bekannt gewordenen Verhältnissen zeigen. Entweder treten die Kopfspalten unmittelbar an das Gehirn resp. die Seitenorgane hinan, in diesem Falle liegt das Seitenorgan genau am hintersten Zipfel der Spalte, welcher sich in den Kanal, der nicht aus dem eiförmigen oder halbkugeligen Kontour des Organs heraustritt, öffnet. Oder es bleibt zwischen den Kopfspalten und Gehirn und Seitenorganen ein mehr oder minder bedeutender Abstand, sodann wird die Verbindung mit dem Kanal des Seitenorgans durch ein enges Rohr hergestellt, welches ähnlich wie der Kanal des Seitenorgans ge- baut ist; ich nenne dasselbe den Verbindungskanal. Die Grenze von Verbindungskanal und Seitenorgankanal wird durch den ersten Drüsen- eintritt markirt. Je nach der größeren oder geringeren Tiefe der Kopfspalten können wir zwei Formen des Seitenorgans unterscheiden. Sind die Kopfspal- ten flach, so bemerken wir, dass sich das Seitenorgan zumeist nach vorn länglich ausgezogen hat, indem der Kanal desselben mit dem ersten Drüseneintritt oder mitsammt der Drüsenzellmasse des vorderen Feldes aus dem kugeligen Kontour des Organs herausgetreten ist, den Kopfspalten entgegen, den Verbindungskanal ganz oder theilweise er- setzend; wir bekommen das retortenförmige Organ (mit Rohr, das aus- gezogene Kanalstück, und Bauch, dem eigentlichen Organ mit den Ganglienmassen und hinteren Drüsenzellen). Umgekehrt erscheint das: Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 157 Organ kugelig, eiförmig, wenn die Kopfspalten tief sind, der Verbin- dungskanal wegfällt und der erste Drüseneintritt innerhalb der kuge- ligen Organkontouren erfolgt, fast unmittelbar am hintersten Zipfel der Kopfspalte. Treten die Seitenspalten nicht an das Gehirn hinan, so sind sie flach, relativ sehr breit und der Kanal geht vom vordersten Zipfel ab. Die Spalten überragen das Seitenorgan nach hinten, so dass Organ und Spalte neben einander liegen — während bei den tiefspaltigen Formen das Organ hinter der Kopfspalte sich befindet — setzen sich aber nicht über das Gehirn hinaus an der Kopfspitze nach vorn fort. Eupolia Brockii (Fig. 32) und marmorata besitzen flache, breite und kurze Kopfspalten, die sich bei letzterer ferner dadurch noch aus- zeichnen, dass sie nicht mehr in der lateralen Mittellinie verlaufen, sondern an die Bauchseite gerückt, hier zwei schräge Schlitze bilden, die sich nach hinten verlängert vereinigen müssten. Über die Ein- schnitte wölbt sich die Körperdecke klappenartig vor (Eupolia marmo- rata). Hier verwachsen die Klappen hinten mit der Körperwand, je eine kleine Tasche bildend. Völlig lateral, aber etwa um ein Viertel ihrer Tiefe von den Seiten- organen entfernt, liegen die Kopfspalten von CGerebratulus aurostriatus und Cerebratulus rubens (Fig. 29 und 30). Nur durch je eine flache Bucht angedeutet sind die Kopfspalten von Cerebratulus coloratus, welche man selbst an Schnitten übersehen könnte, wenn sie nicht ihr Epithel kennzeichnete. Der Verbindungskanal ist in Folge dessen im ‚Verhältnis zur Dicke der Körperwand sehr lang (Fig. 17 und 31). Fast an das Organ treten diejenigen von Cerebratulus albo-vittatus, pullus und luteus hinan, jedoch ist bei ihnen ein kleines Verbindungs- kanalstück, sowie der vordere Drüseneintritt sammt einem kleinen Stück des Kanals des Organs nach vorn etwas über den eigentlichen Organkontour ausgezogen, in denselben noch theilweise extrakapsulär. Die Kopfspalten sämmtlicher übrigen Cerebratuliden treten nahe an das Gehirn hinan (Fig. 28). In all diesen Fällen sind die Kopfspalten äußerst lang und setzen sich bis an die äußerste Kopfspitze fort, vorn fast verschmelzend. Nach hinten jedoch treten sie nur bis an die Seitenorgane, dieselben nicht begleitend. Sie sind schmal, immer un- verdeckt und völlig horizontal in den Kopf eingeschnitten. Sie liegen stets lateral, die seitliche Mittellinie kennzeichnend. Äußerlich sichtbare Kopfspalten vermissen wir bei Eupolia asco- phora. Dagegen hängen an einer ringartigen Kopfeinstülpung zwei Säcke, welche durch ein anderes Epithel als jene ausgestattet, je einen langen Kanal in schräg ventro-dorsaler Richtung — die Säcke sind 158 Otto Bürger, etwas an den unteren Leibesumfang gerückt — in das Seitenorgan ent- senden (Fig. 27)'. Die Histologie der Kopfspalten bietet selbst bei den Arten einer Gattung wesentliche Differenzen. Bei Gerebratulus marginatus sind die äußeren Wände der Kopfspalten mit dem Körperepithel aus- gekleidet und erscheinen so als direkte Einstülpungen desselben. Sie enthalten die Flaschendrüsen, und eine Schicht von Cutiszellen bahnt seine Sekretstraßen durch die wimpernden Fadenzellen. Die inneren, tieferen Wände sind, wie all jene Epithele, welche wir als Reiz em- pfindend zu betrachten haben (ich erinnere an das der terminalen Kopf- grüben und der accessorischen Seitengruben), völlig drüsenlos, und es mangelt ihnen auch die subepitheliale Drüsenschicht. Die Zellen des Epithels sind nur modifieirte Hautfadenzellen, und zwar dadurch, dass sie kürzer als diese, aber verbreitert gleichmäßig eylindrisch erschei- nen, der Kern länger und noch schlanker spindelig geworden ist und die Wimpern der leichter färbbaren plasmatischen Zellen (Taf. X, Fig. 203) die des Körperepithels bedeutend an Länge übertreffen. Um diesen Abschnitt der Kopfspalten liegen Massen von Ganglienzellen, welche, wie seiner Zeit gesagt wurde, gleichsam aus seitlichen Öffnun- gen der Gehirnkapsel hervorquellend, sich vom Belag der dorsalen Ge- hirnlappen herleiten (Taf. III, Fig. 36 und 39). Die Kopfspalten von Cerebratulus albo-vittatus besitzen auch in der Tiefe eine wohl entwickelte subepitheliale Drüsenschicht, obwohl ihr Epithel ganz wie das der Kopfspalten der vorigen Art gebaut ist und der Drüsenzellen vollkommen ermangelt. Ja unter den äußeren oberflächlichen Epithelien, welche noch den Charakter des Körperepi- thels bewahrt haben, fehlt jene, und wir finden hier die durch ihr glänzend rein grünes Sekret unverkennbar schlauchförmigen Cutis- ! Es wurde bereits in einem früheren Kapitel die Frage erörtert, ob die ring- förmige Einstülpung als eine durch die Konservirung hervorgerufene Kontraktion zu betrachten sei. Es sei hier noch die interessante Thatsache hinzugefügt, dass auch HusrecHt bei Eupolia Giardii (45), also auch einer Eupolia, eine Einziehung am Kopfe beobachtete: »The head shows a faint annular constriction, not continuous in the median ventral line. In this constriction the right and left external openings leading into the posterior brain-lobe are situated.« Der Autor hält aber dafür, dass dieselbe am lebenden Thiere nicht markirt ist. Aus den Abbildungen P!I. I, Fig. 7—9 ist wenig über das Wesen der Einstülpung, noch über den Charakter von Eupolia Giardii überhaupt zu erkennen, und auch in der Beschreibung vermisste ich wesentliche Anhaltepunkte, welche auf eine Identität jener Art mit Eupolia asco- phora hätten hinweisen können, deren Zeichnung und Gestalt in dem mir über- lieferten Zustande freilich auch nicht zur präcisen Diagnose ausreichen, mit der Ausnahme, dass die ringförmige Einziehung bei unserer Form ununterbrochen rings um den Kopf läuft. Be . Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 159 drüsen. Die Zellen der also den Kopfspalten insbesondere typischen Drüsenschicht sind gleichfalls auffallend durch das bei dieser Art fast allen Drüsen zukommende lebhaft gefärbte Sekret. Es ist gelblich grün und imbibirt Tinktionsmittel leichter als das der Cutisdrüsen; die Zellen sind mehr gedrungen, am Grunde angeschwollen. Sie stehen in Fülle über und unter den Kopfspalten, spärlich am nach auswärts vorge- wölbten medialen Umfang. Auch bei dieser Form ist, wie bei allen übrigen unserer Arten mit Kopfspalten, der hintere Theil derselben, ohne irgend welche Drüsenor- gane und in eigenthümlicher Weise umgewandelt. Vor Allem ist der in- nere Raum der Spalte sackartig erweitert und mit je zwei Gruben aus- gestattet, die einander gegenüberliegen, einmal an der Grenze von Kör- perepithel und dem des inneren Raumes, sodann im innersten Zipfel, dort, wo der Kanal des Seitenorgans mündet. Der gesammte innere Raum ist von einem mächtigen, sehr hohen Epithel ausgestattet, das in mancher Weise an dasjenige erinnert, welches wir im Kanal des Sei- tenorgans kennen lernen werden, und früher in den accessorischen Seitengruben der bewaffneten Formen besprochen haben. Als das Lu- men begrenzend fallen uns hohe, cylindrische, stabartige Gebilde auf, welche einen ungemein langen Wimperschopf, der das Aussehen einer Wimperflamme hat, da die Cilien verklebt sind, tragen; auch die Inser- tionsstäbchen und Knöpfchen erscheinen als ein einziges, kurzes, ge- meinsames Fußstück des Wimperschopfes, es besitzt einen starken Glanz. An das stabartige Gebilde mit dem straffen längsgestreiften Plasma setzt sich ein langer feiner Fortsatz an, welcher allmählich an- schwillt, einen birnförmigen Zellleib bildend; dieser birgt in seinem erweiterten unteren Abschnitt einen ziemlich großen, elliptischen Kern. Der Inhalt der Zelle ist sehr feinkörnig, ähnlich dem der Gan- glienzellen (Taf. X, Fig. 203). Wenn es mir häufig schien, dass sich die schlanke, birnförmige Zelle unmittelbar in das stabartige Gebilde fortsetzte und dieses als der obere Abschnitt derselben gedeutet werden konnte, so sah ich doch sehr viel öfter einen langen Spindelkern an der Anheftungsstelle des Zellfortsatzes von jenem eingeschlossen. Über die Deutung der Verhältnisse der Epithelzellen dieses Kopf- spaltenabschnittes bin ich dieser Ansicht. Die stabartigen, gleichmäßig eylindrischen Gebilde, welche aufeinem starren, kurzen Fußstück Wimperschöpfe tragen, sind Epithelzellen ganz wie die in der Tiefe des vorderen Abschnittes der Kopfspalten, dafür spricht einmal eine unverkennbare Ähnlichkeit im Habitus, ferner aber der spindelige, charakteristische Kern, welcher sehr oft vorhanden ist. Bin 160 Otto Bürger, - Dieselben sind in Verbindung mit Ganglienzellen getreten, stabartig ge- worden und haben dann in vielen Fällen den Kern eingebüßt. Erklären wir durch letztere Annahme die von mir bei den verschiedensten Ce- rebratuliden bestätigte Erscheinung des Mangels eines Kernes im obe- ren Zellabschnitt dieser Zellgebilde des hinteren Kopfspaltenzipfels, so wird es uns leicht auf dieselben jene merkwürdigen »Sinneszellen«, welche den Kanal des Seitenorgans aufbauen, zu beziehen. Ob nun die schlanken, birnförmigen Zellen, welche ich als Gan- glienzellen in Anspruch nehme, durch Fasern mit dem Gehirn in Be- ziehung stehen, habe ich nicht erweisen können; wahrscheinlich ist es jedoch im höchsten Grade, da rings um die Kopfspalten herum reich- lich nervöses Gewebe sich befindet. Endlich möchte ich noch auf einen anderen Punkt, welcher für die Seitenorgane im Allgemeinen charakteristisch sein kann, nämlich auf die Lage, welche dieselben zu den ventralen Ganglien, beziehungs- weise den Seitenstämmen einnehmen, hingewiesen haben. Bei den meisten Formen, besonders stark ausgeprägt bei Gerebra- tulus marginatus, liegen die Seitenorgane völlig über den ventralen Gehirnlappen (Fig. 8 und 9), d. h. die Umbiegung und Verjüngung dieser in die Seitenstämme findet erst hinter den Seitenorganen statt. Bei ei- nigen Formen hingegen gehen die Seitenstämme vor den Seitenorganen mit fast gerader seitlicher Umbiegung aus den unteren Ganglien her- vor, sie liegen dann vollkommen seitlich von den Seitenorganen (Cere- bratulus psittacinus, glaucus und galbanus) (Fig. 11, 12, 43, AA). DEwOLETzKY (5) ferner nimmt Rücksicht auf die Beziehung des dor- salen Zipfels des oberen Gehirnlappens zum Seitenorgan. Ich habe fol- gende Vorkommnisse konstatirt: Bei zahlreichen Cerebratuliden ist der- selbe so kurz, dass er überhaupt nicht in das Seitenorgan, bis in die Höhe des Kanalaustrittes, geschweige bis in die Tiefe des Sinus hinab- reicht. Bei den Eupoliiden und Cerebratulus psittacinus durchsetzt der- selbe jedoch das Organ fast in seiner ganzen Länge und bei Cerebra- tulus tigrinus im vorderen Abschnitt, aber ohne bei den Cerebratuliden an der Innervirung des Kanals des Seitenorgans sich zu betheiligen. Auch bei Cerebratulus coloratus ist der obere Zipfel ungemein lang und der ganglionären Masse des unteren, dasOrgan versorgenden, angepresst. Oder der obere Zipfel des dorsalen Ganglions liegt außerhalb des Organs und der Ringmuskulatur, die sich in dieser Körperregion eben deutlich anlegt, also völlig vom Seitenorgane getrennt im Körpergewebe, wie es der genannte Forscher von Cerebratulus fasciolatus beschrieb und abbildete. Dies hat bei Gerebratulus aurostriatus und Cerebratulus vubens statt (Fig. 18). Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 161 DrwoLerzky und auch bereits frühere Autoren haben festgestellt, dass das Seitenorgan an zwei Stellen, dem Kanalaustritt und dem Ner- veneintritt, festgeheftet ist und sonst frei in den Blutgefäßsinus hinein- hängt. Obwohl ich bei einer Reihe von Cerebratuliden diese typische Lage bestätigt fand, auch bei den so vielfach abweichenden Eupoliiden, sind doch von ersteren einige Arten auszunehmen, bei denen über- haupt von einem Sinus nicht die Rede sein kann. In diesem Fall ist das Seitenorgan rings in das Gewebe des Kopfes eingebettet und selbst um die hintere Kuppe desselben ist nicht die Spur eines Blutgefäßhohl- raumes zu entdecken, in welchen das Organ nur durch seine Hülle be- grenzt hineinragte. Wo das sehr in seiner Ausdehnung zurückge- gangene Gefäß jedoch in die Nähe des Seitenorgans tritt, sei es medial oder am hinteren Umfang des Organs, bleibt dieses von demselben durch bedeutende Muskel- und Bindegewebsschichten, welche jenes umhüllen, getrennt, so dass keinerlei Beziehung zwischen Blutgefäß und Organ existiren kann. In evidentester Weise führt uns Cerebratulus aurostriatus den Mangel eines Blutgefäßsinus vor; nicht minder Cerebratulus coloratus. Wenig ausgebildet ist der Sinus bei Cerebratulus tigrinus, rubens und spadix. Die Histologie des Seitenorgans gipfelt in der mannigfachen Ausgestaltung, welche die Epithelzellen des Kanals erfahren haben. Der Kanal ist dasjenige Gebilde des Seitenorgans, durch welches sämmtlicheElemente desselben, drüsigeund nervöse, mit der Außenwelt in Beziehung treten. Der vordere kürzere Abschnitt des Kanals ist das Stück des- selben, welches durch die Einmündungsstelle des vorderen und hin- teren Drüsenfeldes markirt wird und im vordersten Theile des Seiten- organs ventral unter dem Faserkern jenes liegt, im mittleren lateral an seine Seite rückt. Der Querschnitt seines Lumen ist rund und wird fast ausgefüllt durch die langen Wimperflammen, welche auf hohen, glänzenden, gemeinsamen Fußstücken, Stäbchen, stehen, die wiederum eine schlank birnförmige Zelle krönen, welche einen großen runden Kern in dem angeschwollenen Zellleib birgt. Das Epithel ist im ganzen Umfange der Kanalwandung durchaus gleichartig. Derhintere, längere Kanalabschnitt läuft von der Mün- dung des hinteren Drüsenfeldes in der Richtung des vorderen fort, biegt aber, dem kugelschaligen Kontour des Seitenorgans entsprechend nach einwärts um, und steigt, sich rasch verjüngend, noch ein wenig medial wieder nach vorn. Hier kommt es, wie Drworrrzkv’s (41) Entdeckungen bekannt machten, zur bedeutsamen Differenzirung eines medialen und lateralen Epithels. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bad. 4 162 | Otto Bürger, Das mediale Epithel weicht nicht unwesentlich von dem des vorderen Kanalabschnittes ab. Die Cilien sind bedeutend kürzer, und anstatt der mächtigen, ge- meinsamen Fußstücke bemerken wir, dass jede Wimper ganz wie die des Körperepithels, durch ein feines Stäbchen der Zelle inserirt ist, welches ein sehr zartes Zwischenstück mit einem Knöpfchen verbindet, das erst die eigentliche Wimper trägt. Daher der doppelt kontourirte Saum, welcher das Kanallumen im medialen Halbkreis zu begrenzen scheint. An die feinen Wimperfüße setzt sich das Plasma der langen Zellen an, die ein oberes, eylindrisches Stück durch höhere Tinktions- fähigkeit des außerordentlich dichten, feinkörnigen Inhaltes ausgezeich- net, unterscheiden lassen. Dieses verjüngt sich in einen dünnen Fortsatz, welcher in einiger Entfernung vom Kanalrande spindlig um einen schön elliptischen Kern anschwillt (Taf. VI, Fig. 143—117). | Um dem nicht orientirten Leser kurz die Zellen des lateralen Epithels des hinteren Kanalabschnittes zu charakterisiren, kann ich nichts Besseres thun, als DewoLerzky selbst reden zu lassen: »Diese lateralen (Epithel-) Zellen zeigen — wie die medialen — eine symmetrische Anordnung: auf jedem Querschnitte umschließen je zwei auffallend große, blasige Zellen mit großen, elliptischen, schwach gefärbten Kernen eine dichtgedrängte Gruppe von vier kleineren, et- was zuücktretenden Zellen, von denen zwei sehr lebhaft gefärbte, langgezogene Kerne besitzen, die schief gestellt und sehr nahe an das Lumen herangerückt sind; die beiden anderen schwächer gefärbten Kerne liegen etwas tiefer. Diese sechs Zellen besitzen aber noch eine andere, sehr auffallende Auszeichnung; jede derselben ist mit einem prismatischen, hyalinen Fortsatz von der Breite des Zellleibes versehen, der mit geradem Kontour sich scharf von der Zelle abhebt und seiner ganzen Länge nach ins Lumen des Kanals hineinragt. Der Größe der einzelnen Zellen entsprechend sind die pflockartigen radial gerichteten Fortsätze der beiden Grenzzellen am mächtigsten und entsprechen in ihrer Höhe der Länge der Cilien bei den medialen Zellen. Viel schmä- ler, aber beinahe gleich lang sind die Fortsätze der den Grenzzellen zu- nächst stehenden zwei Zellen; sie neigen ihre beiden Enden einander zu. Noch schmäler und bedeutend kürzer sind die Fortsätze der beiden kleinsten mittleren Zellen; sie erscheinen den großen Fortsätzen der Grenzzellen gegenüber fast rudimentär, und stehen einander wie ab- geknickt gegenüber.« So gestaltet ist das laterale Epithel des hinteren Kanalabschnitts von Cerebratulus marginatus und — von Eupolia delineata. Es ist der eigenartige Bau der lateralen Zellen mithin nicht, wie DEwoLETzky an- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 163 nimmt, ein Kriterium allein der Schizonemertinen, und es beweist ihre Existenz im Seitenorgan der Eupoliiden, denn auch in denen der drei indischen Arten sind sie wohl ausgebildet, von Neuem die Zugehörigkeit dieser Familie zu jener Ordnung. Die schnabelartigen Fortsätze der lateralen Zellen glaubt der ci- tirte Autor aus verklebten Gilien entstanden, » wie etwa die Otolithen- träger bei den Ctenophoren«. Aber nicht allein diese Fortsätze sind ein Verschmelzungsprodukt, sondern die lateralen Zellen überhaupt sind aus mehreren Zellen hervorgegangen, welche in ihrem Bau wohl kaum von den medialen abgewichen sind. Wollte ich eine Grenzzelle von Eupolia beschreiben, so hätte ich drei Regionen der Zelle zu unterscheiden, die des großen trapezartigen Zellleibes, des Kragens und des Schnabels (Fig. 115). In dem matttingirten mit dichtem, feinstem Plasma angefüllten Zellleibe ist nun nicht nur ein Kern, sondern es sind ihrer mehrere von fast gleicher Größe in denselben eingeschlossen. Eben so habe ich mit aller Evidenz je drei Kerne, dieses ist die Regel, seltener findet man nur zwei, in den lateralen Grenzzellen von Gerebratulus tigrinus (Fig. 114) und Cerebratulus pullus (Fig. 116) festgestellt. Die Kerne von Gerebratulus pullus sind verschieden groß. Der mächtigste, kuge- lige, liegt nach außen, ein kleiner, gleichfalls kugliger, in der Mitte und ein schmaler, bedeutend kleinerer, länglicher Kern nach innen, den mittleren lateralen Zellen zunächst. Diesen Kern trennt ein zarter, etwas dunklerer Plasmastreif, welcher die Zelle längs kammert, von dem die beiden übrigen Kerne enthaltenen Theile des Zellleibes ab. Wir haben es hier unzweifelhaft mit einem unvollkommenen Ver- schmelzungsakte zu thun, welcher im oberen Abschnitt der lateralen Grenzzelle bereits verwischt wird, da sich die abgetheilte einkernige Zelle keilartig zuspitzt und in dem gemeinsamen Schnabel aufgeht. Eine andere Art unvollkommener Verschmelzung, welche ein klares Licht auf die Genesis des Schnabels wirft, hat bei Gerebratulus tigrinus (Fig. 114) statt. Hier nämlich tragen die Zellen, statt der »prismatischen hyalinen Fortsätze«, die ich ihrer eigenthümlich gebogenen Gestalt wegen kurz als Schnäbel bezeichnete, einen wohl erhaltenen Wimper- schopf, dessen einzelne Wimpern völlig freistehen, und ein Stäbchen, ein zartes Zwischenstück und ein Knöpfchen besitzen (Fig. I14a). Die Schicht der Stäbchen und Knöpfchen bildet, sobald die Wimperele- mente zum Schnabel verschmolzen sind, einen immer sehr deutlichen, dunklen Saum, den Kragen. Dass die Mehrheit der Kerne in den lateralen Grenzzellen, zumal wenn diese an und für sich eigenthümliche Erscheinung von solchen 11% 164 Otto Bürger, Umständen begleitet wird, wie wir sie in dem inneren dunkleren Plas- mastreifoder Plasmahäutchen der lateralen Grenzzellen von CGerebratulus pullus zu berücksichtigen haben, für die Zusammensetzung derselben aus mehreren Zellen spricht, deren Grenzen, die sich ja in der Regel durch ein gröber gekörntes peripheres Plasma kenntlich machen, durch Re- sorption jener Randkörnchen verwischt wurden, ist nicht zu bestreiten, selbst wenn uns nicht die enorme Größe der lateralen Grenzzellen — denn nur in diesen finden sich mehrere Kerne — und die Art ihrer Innervirung darauf hinwiese. Ich habe nämlich nachzuholen, dass jede der medialen Zellen des hinteren Kanalabschnitts (Fig. 116) durch eine einzige Faser mit dem Gehirn in Verbindung steht. Von den lateralen Grenzzellen jedoch gehen unmittelbar mehrere Fortsätze ab. Ich zählte bei Gerebratulus tigrinus und pullus deren drei bis vier. Von den mittleren lateralen Zellen, welche ja weit an Größe den Grenzzellen nachstehen und sehr gut nur einer medialen Zelle entsprechen, beobachtete ich auch nur stets den Abgang einer Nervenfaser. Während die Grenzzellen bei allen’von mir untersuchten Formen die nämliche Gestalt und bis auf Cerebratulus tigrinus stets die schnabel- artigen Fortsätze besitzen, sind die mittleren lateralen Zellen bei den verschiedenen Arten verschieden gebildet und entbehren theilweise der Schnäbel. Eupolia delineata (Fig. 115) kennzeichnen zwei Paar bis auf die Größe durchaus gleichgestaltete mittlere Zellen, da keines derselben durch »die langgezogenen« Kerne besonders auffällig gemacht wird, wie dies bei Eupolia ascophora deutlich, besonders aber bei den Cere- bratuliden hervortritt. Die mittleren Zellen von Cerebratulus tigrinus (Fig. 116) tragen wie die Grenzzellen Wimperschöpfe. Das innerste Paar kennzeichnet zwei kleine spindelige Kerne, welche die des äußeren Paares kaum an Länge tibertreffen. Zwischen den beiden innersten Zellen sind noch am Grunde derselben ein paar kleine längliche Kerne eingeschaltet, um die ich einen Zellleib nicht feststellen konnte. Ein paar kolossale spindelige Kerne von der Länge der lateralen Grenzzellen (10 ı) finden sich zwi- schen diesen bei Gerebratulus pullus (Fig. 116). Hier vermochte ich aber nichts Änderes als einen unteren feinen Fortsatz, welcher denselben Weg nimmt wie die Faserfortsätze der Grenzzellen, also eine Nervenfaser und einen zarten oberen Fortsatz, der in das Kanallumen hineinragt, in Gemeinschaft des schmalen Spindelkernes aufzufinden: nicht die Spur eines Zellleibes oder eines Schnabels. Diese schließen noch ein paar Zellen mit elliptischen Kernen ein, die auch keinen Schnabel besitzen Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 165 und wie ein Pfropf zwischen sie geschoben sind. Ein paar der mittleren Zellen ist normalerweise mit Schnäbeln versehen. Von den übrigen Nemertinen ist keine mehr besonders hervorzuheben, da sie, was die mittleren Zellen des hinteren Kanalabschnittes ihres Seitenorgans anbe- trifft, sich vollkommen an die zuerst mit DEwoLETzky’s Worten gegebene Beschreibung anschließen. Wiederholen wir den Bau der medialen Zelle und der lateralen Grenzzelle, wie er am typischsten bei Eupolia delineata ausgebildet ist, noch einmal, ehe wir dieselben Gebilde der hinteren Kanalstrecke bei Cerebratulus psittacinus schildern, wo sie uns in deutlichster Weise eine Modifikation vorführen, die zwar bei den meisten Cerebratuliden statt hat, jedoch nur hier in voller Klarheit zum Ausdruck kommt, und welcher bisher noch nicht gedacht wurde. Die mediale Zelle besteht aus zwei leicht zu unterscheidenden Abschnitten, dem Zellkopfe und dem eigentlichen den Kern enthalten- den Zellleibe. Die Zellköpfe hebt ein dichtes, leicht tingirbares Plasma hervor, sie tragen die Wimpern, welche vermittels Stäbchen und Knöpfchen inserirt sind. Die laterale Grenzzelle lässt einen oberen und unteren Ab- schnitt nicht erkenncn, die Cilien sind zu einem Schnabel umgewandelt, der durch einen dunkeln Saum am Grunde begrenzt ist: die ver- wachsenen Füßchen der Wimpern. Die mediale Zelle von Cerebratulus psittacinus hat gleichfalls einen Kopf und einen Kern führenden Leib. Der Kopf ist weitgehend dif- ferenzirt (Fig. 117 u. 148). Die Wimpern sind einer ziemlich hohen Platte inserirt, welche sich durch ihr außerordentlich starkes Tinktions- vermögen, es übertrifft dasjenige der Sinneskerne von der Substanz der Cilien und des Zellleibes, leicht unterscheiden lässt. In einem weiten Abstande von dieser dunkelgefärbten, glänzenden Platte fällt uns ein doppelter Kontour auf, welcher ein helles Zwischenstück um- schließt. Es gelingt uns die beiden Streifen in zwei feine Stäbchen- reihen aufzulösen, welche durch ein helles Plasma mit einander ver- bunden sind. Zwischen dem doppelten Kontour und der Platte befindet sich ein hohes ceylindrisches Stück, welches eine vorzügliche Längs- streifung aufweist. Das Kopfstück erweitert sich am Grunde und ist mit einem Zellleibe, der einen Kern birgt, verwachsen, aber durch einen dunklen Saum wie durch eine Verwachsungsnaht von ihm abgehoben. An dieser Stelle liegen stark tingirbare kernartige Körperchen meist zu mehreren in jeder medialen Zelle, welche aber viel kleiner sind als die eigentlichen Kerne der medialen Zellen und überhaupt als solche, die je von mir beschrieben wurden. Der Schnabel der lateralen Grenz- 166 | Otto Bürger, zelle ist gleichfalls auf einer Platte basirt, die nur etwas dünner als die der medialen Zelle, sonst sich völlig wie jene verhält. In gewissem Abstand von der Platte fällt uns hier ein einfacher Kontour auf; zwischen diesem und der Platte liegt auch diesmal ein deutlich gestreiftes, nur kürzeres Stück. An den am Grunde sehr erweiterten Kopf setzen sich mehrere kernführende Zellleiber an, welche bei diesem Individuum nicht verschmolzen waren. Auch hier liegen auf der Grenzzone des oberen und unteren Zellabschnittes, die sich ja so klar durch die ver- schiedene Struktur des Plasmas und in Folge dessen durch verschieden- artige Tinktion kenntlich macht, die gleichen stark tingirbaren, vielleicht etwas angebröckelten Körperchen; hier jedoch zu vielen in einer la- teralen Grenzzelle. | Vergleiche mit anderen Cerebratuliden, so mit Gerebratulus tigri- nus, wo die Platte bei den medialen, nicht aber bei den lateralen Grenz- zellen ausgebildet ist, haben mich gelehrt, dass der doppelte Kontour der medialen Zelle den Stäbchen und Knöpfchen der Wimpern ent- spricht. Wir erinnern uns, dass beide Elemente bei Cerebratulus tigrinus den Grenzzellen ursprünglich erhalten sind. An einem gutgetroffenen Querschnitt durch den hinteren Kanalabschnitt dieser Art werden wir feststellen müssen, dass sich im Umkreis des Kanallumens der doppelte Kontour der medialen Zellen genau in die beiden Streifen fortsetzt, welche die Stäbehen und Knöpfchen der Grenzzellen bilden. Diese und der doppelte Kontour der Grenzzellen bilden also zwei völlig regel- mäßige koncentrisch geschlossene Kreise um das Kanallumen, einen äußeren, Stäbchen, einen inneren, Knöpfehen. Die Platten aber der medialen Zellen liegen weit in das Kanallumen vorgerückt. Durch den Anschluss der medialen Zellen an die Grenzzellen kom- men wir auch bei Cerebratulus psittacinus zu dem Schluss, dass der doppelt kontourirte Saum der medialen Zellen dem einfachen Saum der Grenzzellen, in dem Stäbchen und Knöpfchen an einander gerückt sein mögen, entspricht. Ferner folgt aber aus unseren Beobachtungen, dass die Platte und das ceylindrische gestreifte Zwischenstück nicht Zellge- bilde sind, sondern Ciliargebilde, d. h. der Zellkörper des Kopfes wird durch den inneren, den dem Stäbchen entsprechenden Saum begrenzt. Ein Gleiches versteht sich für die lateralen Grenzzellen. Sobald wir erkannt haben, dass die Platte der Cilien oder des Schnabels nicht dem umgebildeten Basilarstäbehen und Knöpfchen, die wir schon bei der Epithelzelle des Körpers uns vorführten, entspricht, sondern uns jene aus dem doppelten Kontour der medialen Zelle und dem einfachen der Grenzzelle abgeleitet haben, ist ein Vergleich der Epithelelemente des hinteren Kanalabschnittes auch dieses CGerebratulus Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 167 mit Eupolia delineata ermöglicht: Wir konstatiren hier bei den medi- . alen Zellen den doppelten Saum, bei den Grenzzellen den einfachen, vermissen aber die Platte und das zwischen ihr und dem Knöpfchen gelegene, längsgestreifte eylindrische Stück. Welche Bedeutung die Platte hat und wie ihre auffallend starke Tinktionsfähigkeit zu erklären ist, vermag ich nicht zu sagen. Eben so ist mir ihr Ursprung dunkel. Eine Hypothese ist dieses: die Platte ist das Verschmelzungsprodukt eigenthümlicher, auch chemisch umge- wandelter Ciliarverdickungen, welche sich an den sehr langgewordenen Wimpern im halben Abstande von den Knöpfchen befunden haben. Die über der Platte stehenden Wimperenden sind frei geblieben: mediale, oder verschmolzen: Grenzzellen. Dessgleichen hat ein Verschmelzungs- process begonnen, der unteren, zwischen Platte und Knöpfchen befind- lichen Wimperhälften bei den Grenzzellen, sie blieben frei bei den medialen Zellen. Daher hier die vorzügliche Streifung des ceylindrischen Zwischenstückes, dort die weniger deutliche desselben. Eine Streifung der Kanalzellen beschreibt auch DrwoLerzky und erklärt dieselbe: »aus der strangförmigen Anordnung des Protoplasmas, welche dem tief in die Zellen eingepflanzten, zu je einem Bündel ver- einigten Cilien entspricht«. Aus der Darstellung wird bereits hervorgegangen sein, dass ich, wie vorher die Epithelzellen des hinteren Zipfels der Kopfspalten, auch die Epithelzellen, mediale und laterale, des hinteren Kanalabschnittes genetisch aus zwei Zellen hervorgegangen mir vorstelle. Das was kurz als Zellkopf bezeichnet wurde, ist eine jetzt kernlose, und auch im Übrigen weitgehend modifieirte Hautfadenzelle (mediale Zelle), oder ein Verschmelzungsprodukt mehrerer derselben (laterale Grenzzelle), die mit einer oder mehreren Ganglienzellen verknüpft wor- den sind und die wiederum im letzteren Falle entweder mit den Gan- glienzellen durch Verschmelzung dieser mit einander und starke Ver- kürzung derselben eine einzige mehrkernige Zelle zu bilden scheinen (Grenzzelle von Eupolia delineata), oder noch gewisse Grenzen der ver- schmelzenden Ganglienzellen aufwiesen, oder endlich das Produkt mehrerer verschmolzener Fadenzellen, einen deutlichen großen Kopf zeigen, an welchen sich von einander getrennt mehrere kernführende Zellen, Ganglienzellen heften. Im ersten Fall sind also die Leiber der Ganglienzellen verschmolzen und nur die Fortsätze getrennt und selb- ständig geblieben. Die merkwürdigen dunklen Körperchen aber, welche ich erst, nachdem ich lange zur vorstehenden Ansicht gelangt war, bei Cerebratulus psittacinus in den medialen und lateralen Zellen auffand, glaube ich mit jenem Verschmelzungsprocess in Verbindung bringen zu 168 Otto Bürger, müssen. Sollten sie die zerfallenen Kerne der oberen Zellabschnitte vorstellen? | Die Innervirung des Seitenorgans, d. h. die der Epithelien des Kanals erfolgt vom dorsalen Ganglion aus durch den unteren Zipfel, selten auch durch den oberen (Eupoliiden) und zwar durch Fibrillen, welche sich mit den Fortsätzen der Epithelzellen des Kanals verbinden und die in ihrem Verlauf einen sehr tinktionsfähigen, kleinen kugeligen Kern, ein Korn, eingeschaltet besitzen. Das Seitenorgan besitzt einen mächtigen Ganglienbelag des klein- sten Typus. Hervorzuheben ist je eine Gruppe von Ganglienzellen lateral jederseits der hinteren Kanalstrecke, die sich durch die Klein- heit ihrer Kerne, ihre äußerst dichte Lagerung, ihre tief dunkle Färbung mit Tinktionsmitteln, die diejenige der Hauptganglienzellmasse weit übertrifft, dem Beobachter aufdrängt, und sich nach all diesem als eine Gruppe von Sinneszellen von hoher physiologischer Bedeutung doku- mentirt. Sie steht mit den lateralen Zellen im Connex. Mit der Betrachtung des Seitenorgans von Eupolia delineata kann eine kurze Berücksichtigung der Drüsen des Seitenorgans und der Bindegewebselemente verknüpft werden, welche DrwoLETzkY ein- gehend bei Cerebratulus geschildert hat. Die Kopfspalten, welche bei Eupolia marmorata und Eupolia Brockii beträchtliche Einschnitte bilden, sind bei Eupolia delineata nur durch geringe Gruben angedeutet, welche unmittelbar vor den Gehirnkom- missuren an die ventrale Körperfläche gerückt, wie auch bei den indi- schen Formen, liegen. Der Kanal, welcher ihnen entspringt, steigt schräg aufwärts, sich zugleich nach hinten wendend und erreicht die Wand der Gehirnkapsel hinter den Gehirnkommissuren, genau zwischen dor- salem und ventralem Ganglion seine Lage einnehmend. Allmählich dringt der Kanal zwischen den beiden Ganglien ein, und nun erfolgt die Innervirung durch einen starken Faserstrang, der dem dorsalen Ganglion ventral entspringt und mit scharfer seitlicher Umbiegung sich an das Kanalepithel wendet. Der hinteren kugelschaligen Kappe des Seitenorgans gemäß, welche rings frei, in einen Blutsinus sieht, biegt sich der Kanal wie bei den CGerebratuliden um, ohne jedoch an der medialen Wand des Organs wieder nach vorn zu steigen. Bei den Cerebratuliden hat DrwoLrrzky »zwei größere Drüsen- bezirke« unterschieden: »ein vorderer, der nur von feinkörnigen flaschenförmigen Drüsenzellen mit langen Ausführgängen und hellen elliptischen Kernen gebildet wird, und sich am inneren vorderen Ende, welches schulterartig vorspringt, besonders an der Unterseite und am Vorderrande ausbreitet und ein hinterer, der außer den erwähnten BR sw Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 169 ‚Körnchendrüsen auch noch aus mehr oder weniger zahlreichen glänzen- den Kugeln von verschiedener Größe gebildet wird, die hintere Spitze des Organs in mehr gleichartiger Ausbreitung umgiebt und eine förm- liche Drüsenkappe darstellt«. Mit DewoLerzky habe ich diese beiden Drüsenbezirke, welche keinem Cerebratulus fehlen, als »vorderes und hinteres Drüsenfeld« unterschieden. Ihre Mündungen in den Kanal des Seitenorgans grenz- ten bei den Cerebratuliden die auch histologisch von einander diffe- renzirten Strecken, die vordere ohne laterale Zelle, die hintere mit diesen ab. Bei Eupolia habe ich nur eine einzige Drüseneinmündungsstelle auf mehreren Schnitten dort, wo der Kanal an die Gehirnkapsel heran- tritt, also sehr weit vorn konstatiren können. Von hier ab treten auch sofort die lateralen Zellen mit den mächtigen Grenzzellen auf, welche bei Eupolia delineata ein längeres Kanalstück auskleiden als bei irgend einem Cerebratulus. Die Drüsenzellmasse liegt, es tritt das gut bei Eu- polia ascophora hervor, nicht unmittelbar dem Ganglienbelag an, wie bei Cerebratulus, sondern ihre Masse ist in einem dicken bindegewe- bigen Sack vereinigt unter der nervösen Materie des Organs resp. über dem ventralen Ganglion gelagert. Der Kanal endet blind in dem hinteren Drüsenzellpolster, das sich wenig tingirt, eine gelblich körnige Materie. Bei Eupolia delineata be- merkte ich, dass der Kanal hier sehr stark kugelig angeschwollen war und von einem Epithel langer dünner Zellen, mit hervorragend großen, länglich elliptischen Kernen ausgestattet, gebildet wurde. Dasselbe wimpert. Das Seitenorgan wird rings von einer bindegewebigen Scheide, dem äußeren Neurilemma entsprechend, eingehüllt, niemals konstatirte ich ein Fehlen derselben, auch nie an Partien des Organs, welche vom Blut umspült wurden. Außer den Fasern, welche sich von dieser Scheide, die mit spinde- ligen Kernen ausgestattet ist, abspalten und den Ganglienbelag oder die nackten Drüsen umspinnen, habe ich reichlich das Hüllgewebe, welches von den Pigmentzellen mit den großen blassen Kernen ab- stammt, ganz wie in den nervösen Centralorganen peripher um die Ganglienzellmassen angeordnet, aufgefunden. Das Seitenorgan der Garinelliden entspricht der Beschrei- bung Drwoırtzky’s, welcher ich mich auch, auf Carinella polymorpha Bezug nehmend, anschließen kann. Das Seitenorgan dieser Form (Taf. IV, Fig. 43) befindet sich im hin- teren Zipfel eines fast drüsenfreien, seitlich vom Gehirn liegenden etwa 170 Otto Bürger, dreieckigen Epithelfeldes. Anstatt der Packetdrüsenzellen, von welchen nur einige Reste, so möchte man die spärlich unregelmäßig in dem- selben zerstreuten Zellen jener bezeichnen, übrig geblieben sind, finden wir die Epithelfadenzellen, welche dicht an einander schließen, und in denen das Pigment sehr zurücktritt, von einem feinfaserigen Ge- webe durchwoben, in das massenhaft elliptische und spindelige Kerne eingelagert sind. Dies retikuläre Gewebe befindet sich innerhalb der Zone, welche die langen Kerne der Fadenzellen, die nicht weit vom Epithelsaume in gleicher Höhe angeordnet sind, bilden, also ganz dort, wo sich sonst die Packetdrüsenzellen ausbreiten. Es ist dasselbe ein Bindegewebe, wie es rings zwischen Basalmembran und Packetdrüsen- zellen, diese umhüllend, entwickelt ist, das hier eine mächtige Fülle in Folge des Schwundes jener erreichte; es wurde schon seiner Zeit als ein den Carinelliden eigenthümliches interstitielles Hüllgewebe cha- rakterisirt. Das Epithel dieses Feldes trägt ein höheres Wimperkleid als das Körperepithel (5:3), und empfängt besonders im hinteren Zipfel um das Seitenorgan herum starke radiale Muskelfibrillenzüge, welche von der Ringmuskulatur abgehen, sich zwischen die Ganglienmassen des Gehirns hindurchdrängen, die Basalmembran durchsetzen, um in das Epithel auszustrahlen. Das Seitenorgan besteht aus einem engen Kanal, welcher nicht ganz die Tiefe des Epithels durchsetzt, sondern von der Basalmembran um ein kleines Stück entfernt bleibt. Hier konstatiren wir wieder das interstitielle Gewebe. Die mit sehr langen Wimpern ausgestatteten Epithelzellen des Kanals sind wie die Epithelfadenzellen mit »köpfchen- förmigen Enden« versehen, wie DEwoLerzky ihre oberen verbreiterten, nahe an einander stoßenden Abschnitte treffend bezeichnet, die Spin- delkerne der Zellen liegen diesen und so dem Kanallumen genähert. Um das untere Ende des Kanals sind rosettenartig Drüsenzellen grup- pirt, deren Ausführgänge, wie ich genau feststellen konnte, sich zwi- schen den Kanalepithelzellen einzeln einen Weg nach außen bahnen. Die Drüsenzellen führen ein fein granulirtes Sekret, das sich bei Doppelfärbungen mit Karmin durchaus nicht mit Hämatoxylin tingirt. Sie sind schlauchförmig, am hinteren Ende angeschwollen. Einen Nerven sah ich von jenem Theile des Gehirns an das Organ, und zwar an das Kanalende hinantreten, welchen ich als ein dorsales Ganglion auffasse. Dieser Nerv zeigt unterhalb des Organs eine kleine durch Ganglienbelag hervorgerufene Anschwellung; von der Existenz eines zweiten Nerven, welcher nach Drworrrzkv die Epithelzellen, welche die Vorderseite der Kanalwand begrenzen, versorgen soll, habe ich nichts bemerkt. lien Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 171 Über ein Paar von Seitenorganen bei Carinella aus der Gegend der Exkretionspori. Um noch einmal eine Schnittserie durch das Exkretionsgefäßsystem herzustellen, untersuchte ich, schon fast am Abschluss dieser Arbeit angelangt, das Exemplar einer Carinella polymorpha äußerlich mit un- bewaffnetem Auge, ob nicht etwa die Exkretionspori zu entdecken wären und mir so die Region, welche ich zu zerlegen wünschte, in engerer Begrenzung angedeutet würde. Ich fand in der That ein paar seitliche, einander gegenüberliegende Grübchen, welche ein völlig weißer Hof umsäumte und leicht kenntlich in der beinahe dunkel- braunen Haut absetzte. Ich hielt sie natürlich für die gesuchten Was- sergefäßöffnungen. An der angefertigten Serie aber überzeugte ich mich, dass ich die Pori, die ich in der That fast genau an der gekennzeichneten Stelle an- traf, unmöglich gesehen haben konnte, so eng sind sie, und dazu ist das sie umgebende Körperepithel nicht pigmentfrei, überhaupt nicht im geringsten differenzirt, sondern ein paar Gebilde, ein paar Grübchen, welche unterhalb der Pori, diese münden ja ein bedeutendes Stück über den Seitenstämmen aus, in der Höhe der Seitenstämme einander gegenüberliegen, von jenen durch eine breite Strecke der Körperwand getrennt. Sie besitzen dieselbe Lage wie die Seitenorgane dieser Art (Fig. 133, Taf. VII). Ich prüfte auch eine Schnittserie von Carinella annu- lata mit Erfolg auf die Anwesenheit dieser epithelialen Gebilde, fand sie hier aber nicht im eingezogenen Zustande als Grübchen, sondern ausge- streckt als Hügel, in Folge dessen sie sich weniger gegen das Körper- epithel abhoben und leichter übersehen werden konnten. Es sind diese Hügel, an ihnen werden wir uns am besten den Bau klar machen, rundlich, mit einem Durchmesser von 0,3 mm. Vom Körperepithel sind sie durch eine deutliche Ringbucht abgesetzt. Sie sind gewölbt. Ihr Epithel unterscheidet sich von dem der Körperwand vor Allem durch den völligen Mangel eines Pigmentes, und den beinahe gänzlichen Schwund jener Schlauchdrüsenzellen, welche Hämatoxylin widerstehen, ein glänzend grünes Sekret führen und gerade in dieser Gegend die Hauptdrüsenzellmasse des Epithels ausmachen. Anstatt dieser aber erfüllen das Epithel der Hügel in größter Menge schlanke Drüsenzellen, welche am Grunde nur wenig angeschwollen sind, packet- weise zusammengepresst, sich wie die Packetdrüsenzellen sehr intensiv mit Hämatoxylin, durchaus nicht mit Karmin färben (Taf. X, Fig. 206). Auch das Sekret, welches sie absondern, ist ein blasiges und wird in langen Straßen nach außen befördert. Diese Drüsenzellen stehen so 112 Otto Bürger, dicht wie die Packetdrüsenzellen in der Kopfregion. Zwischen ihnen -befinden sich die den Epithelfadenzellen entsprechenden Zellen. Sie zeichnet ein feinkörniges, nicht färbbares Plasma aus, in dem ich nicht die Spur von jenen grünlich krümlichen Pigmentmassen entdecken konnte, welches die Epithelfadenzellen von Carinella sonst einschließen. Sie stehen wie die Drüsenzellen außerordentlich dicht, so dass sich die Zellen im oberen Abschnitt nicht mehr gegen einander abgrenzen lassen. Auffallend sind die sehr langen spindeligen Kerne derselben, welche alle in gleicher Entfernung von der Basalmembran nahe dem Rande liegen. Die Zellen tragen Cilien, welche ein wenig länger als die des Epithels sind, äußerst gedrängt, dicht an einander schließen und ver- mittels Stäbchen und Knöpfchen inserirt sind. Obwohl nach der Beschreibung zu urtheilen man kaum erwarten sollte, dass das Epithel der Hügel einen sehr verschiedenen Eindruck von dem der Haut macht, ist dasselbe dennoch in hohem Maße der Fall, nur lässt sich derselbe besser bildlich darstellen als schildern. An dem Hügel breitet sich eine Muskulatur fächerartig aus, deren Züge ich direkt bis in die Ringmuskelschicht der Körperwand verfolgen konnte (Taf. X, Fig. 205). Die Muskelfibrillen, welche dorsal vom Seiten- stamme die Basalmembran durchbrechen, fallen mit ihrer Fülle um so mehr auf, als in dieser Körperregion an keiner anderen Stelle der Basal- membran irgend welche Muskelzüge von’Bedeutung bemerkt werden, hier aber unter dem Hügel, außer den quer durchziehenden Fibrillen auch noch ein Polster von quer getroffenen, zum Theil wohl längsver- laufenden Muskelzügen sich befindet. Diese Fibrillenzüge müssen sich an die Epithelfadenzellen des Hügels anheften, denn überall dringen sie zwischen den Drüsenzellpacketen in das Hügelepithel hinein. So wird es uns aber auch verständlich, wenn wir das eine Mal dieses Gebilde im eingezogenen Zustande, als Grübchen, das andere Mal als Hügel, in dem sämmtliche Zellen lang ausgestreckt waren, vorfanden. Eine andere Frage ist die nach der Innervation dieses Organs, denn als ein solches müssen wir sicher das, mit einer Muskulatur aus- gestattete, durch seine Drüsen- und Fadenzellen vom Körperepithel differenzirte Gebilde auffassen. Dasselbe liegt in nächster Nachbar- schaft des Seitenstammes, von welchem fortgesetzt Nerven abgehen, deren Ausbreitung man ohne Weiteres zwischen den die Basalmembran durchdringenden Muskelzügen des Organs wahrnimmt. Ferner kommen in dem zart fibrillären Nervengewebe so eigenthümliche große Zellen mit relativ sehr umfangreichen Kernen vor, in welchen ein sehr deut- liches Kernkörperchen sich befindet, wie ich sie nie vorher im Nemer- tinenkörper wahrnahm. Das Plasma der Zelle ist feingekörnt, lebhaft ae Sa Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 173 gefärbt wie das einer Ganglienzelle, der kugelige Kern hat ganz das Aussehen eines solchen. Wie nahe liegt es da, diese Zellen, welche in dem Gewebe der Muskel- und Nervenfibrillen liegen, für Ganglienzellen zu halten, da sie ganz jenen Ganglienzellen gleichen, welche so oft im peripheren Nervensystem bei anderen Würmern nachgewiesen wurden! Die einzelnen Nervenfibrillen müssen mit den Muskelfibrillen zugleich an das Epithel des Organs hinantreten, denn einen kompakten Nerven verfolgte ich nicht bis an den Rand desselben. Ihre Verbindung mit den Epithelzellen des Organs nachzuweisen ist mir in Schnittpräparaten nicht gelungen; Zupf- und Macerationsmethoden in Anwendung zu bringen erlaubte die Beschränkung meines Materials nicht. Die Geschlechtsorgane. Unsere sämmtlichen unbewaffneten Formen sind getrennten Ge- schlechts. Je nachdem wir ungegliederte ursprüngliche Formen betrachten oder metamer gegliederte höhere, wie die Carinelliden einerseits, die Poliiden, Cerebratuliden und Langiiden andererseits, ist nicht allein die Anordnung der Geschlechtsorgane eine andere, sondern auch die Ent- stehung der Geschlechtsprodukte zeigt durchaus verschiedene Bilder. Ich unterscheide am Geschlechtsorgan einen Geschlechtssack, einen Ausführgang, welcher in ein inneres und äußeres Stück zerfällt, und als Ausführöffnung den Geschlechtsporus. Bei Carinella annulata und polymorpha traf ich Geschlechtssäcke von der postösophagealen Region bis in die äußerste Schwanzspitze an. Sie liegen zu mehreren über einander, Hoden zählte ich drei bis vier, Ovarien sechs bis sieben, immer oberhalb der Seitenstämme, außerhalb der Seitengefäße, unmittelbar an die Darmwand, d. h. an die sie um- gebende sog. innere Ringmuskulatur gepresst und sonst von der Körper- längsmuskulatur begrenzt (Taf. X, Fig. 185). Nur ventral senken sie sich ein wenig in das ganz zurücktretende gallertige Leibesgewebe ein. Obwohl diese Säcke nicht in ununterbrochener Reihenfolge dicht hinter einander liegen‘, sondern Packete derselben durch dissepimentartige Querwände eines faserigen kernreichen Gewebes, wie ich dasselbe an Stelle des gallertähnlichen, bei einem männlichen Thiere von Carinella annulata konstatirte, von einander abgetheilt sind, vermöchte ich, trotz- dem dieselben in einigen Fällen gleichzeitig rechts und links auftraten, nicht zu entscheiden, ob dieselben in irgend etwas mit den Dissepi- menten der höheren Nemertinen in Parallele zu stellen sind. Die Geschlechtsöffnungen münden in ungleicher Höhe am seitlich dorsalen Umfang des Körpers aus, es bilden die Pori demnach nicht 174 Otto Bürger, eine Längslinie, sondern je ein breites, seitlich längs verlaufendes Feld, welches uns schon früher durch die Umwandlung seines Epithels ge- fesselt hat. | Bei den höheren Formen aber alterniren Darmtaschen und Ge- schlechtssäcke so, dass auf ein Metamer je eine Darmtasche und je ein Geschlechtssack kommt (Taf. IX, Fig. 175; Taf. X, Fig. 189). Es sind die Geschlechtssäcke bei den Eupoliiden kleinere, bei den Cerebratuliden und Langia jedoch mächtige Räume, welche dorsal an das Rhynchocoelom oder hinter diesem fast an das Rückengefäß hinan reichen, vom axialen Theil des Darmes nur durch die dorsoventralen Muskelzüge getrennt sind, sonst aber rings vom gallertigen Parenchym- gewebe eingeschlossen werden und ventral beinahe bis auf die Seiten- gefäße, welche sich ja in der hinteren Körperregion unter den Darm- tractus gelagert haben, hinabreichen. Auf jedes Metamer fällt auch mithin nur je eine Geschlechtsöffnung, welche dorsal weit über den Seiten- stämmen die Körperwand durchbricht. Die beiden Typen ihrer Entwicklung lassen sich kurz charakteri- siren: bei den Carinella-Arten entwickeln sich die Geschlechtstaschen mit den Geschlechtsprodukten, d. h. die membranöse mit einem Epithel ausgekleidete Hülle, welche dieselben darstellt, wird erstmit dem Wachs- thum der Geschlechtsprodukte gebildet und umhüllt die kleinen Ballen dieser, sich mit ihrer Zunahme erweiternd. Mit der Reife der Geschlechts- produkte tritt die Anlage der Ausführwege in Beziehung. Bei den höheren Formen entstehen die Geschlechtsprodukte, wenigstens für die Eier konnte ich es leicht nachweisen, an der Wand der Geschlechts- säcke, welche, obwohl völlig leer — bis auf die peripheren Keimzellen — schon in der letzt beschriebenen mächtigen Ausdehnung vorhanden sind. Auch die Ausführwege fand ich bereits bei einem Cerebratulus marginatus in diesem Stadium durch die Gutis hindurch bis an die Basalmembran präformirt und sonst fast immer wenigstens in die innere Längsmuskulatur eingedrungen. Der erste Entwieklungsgang der Geschlechtsprodukte und der sie einschließenden Säcke erinnert in all seinen Phasen an die Beschreibung, welche v. Kenner in Bezug auf diese Vorgänge an Malacobdella, jener gleichfalls der Darmtaschen entbehrenden parasitären Nemertine giebt. Er ist unzweifelhaft der ursprünglichere. Der zweite ist derjenige, weleher nicht allein bei den höheren Anopla, sondern wie wir sehen werden, auch bei den Enopla Platz greift. Die Anlage der Geschlechtsorgane erfolgt, wie v. Kenner (29) es darstellt, von vorn nach hinten vorschreitend aus »großen, protoplasma- reichen Zellen« des jugendlichen Körperparenchyms, indem sich zuerst Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 175 isolirte Zellhäufchen ohne Zellgrenzen, die Kerne mit Kernkörperchen einschließen, bilden, diese Häufchen sich vergrößern, ventral abrunden, dorsal zuspitzen und von einer Membran, welche das umliegende Ge- webe liefert, umhüllt werden (Taf. X, Fig. 187, 188). Aus den bisher indifferenten Zellen der Häufchen gehen nun durch Vergrößerung der- selben schließlich Eier, durch fortgesetzte Theilung zuletzt Spermatozoen hervor. In beiden Fällen bleiben jedoch von den indifferenten Zellen solche übrig, die die membranöse Hülle epithelartig auskleiden; von den dorsal gelegenen indifferenten Zellen soll ein Nachschub unver- ändert erfolgen. Am Grunde der sehr schwachen radialen Muskelzüge, welche die Körperlängsmuskelschicht durchsetzen, sehen wir bei Carinella jene Zellhäufehen am seitlich-dorsalen Körperumfang, der vorhin als Ge- schlechtsregion gekennzeichnet wurde, auftreten, welche durch ihren sehr großen kugeligen kaum tingirten Kern und ihr kolossales Kern- körperchen auffallen. Dort finden wir auch Stadien, wo die Kerne dieser Zellen noch unverkennbar denen des Parenchyms ähnlich sind. Auch das Auftreten einer sehr feinen Membran verfolgen wir, sobald sich um die immer stattlicher werdenden Kerne schon eine mächtige Plasmaschicht gelagert hat. Um und an sie legen sich theilweis die radialen Muskelfibrillen. Zugleich bemerken wir, wie der spitze obere Zipfel des Säckchens immer mehr in den radialen Muskelzug, also in die Längsmuskelschicht hineinwächst, so den späteren Ausführgang der Geschlechtsprodukte andeutend. In der unteren Hälfte des birn- förmig gestalteten kleinen Geschlechtsorgans erkennen wir zuerst, was aus den Zellen werden wird. Sie wachsen in unserem Falle zu Eiern aus, indem nunmehr das Zellplasma, das Deutoplasma, Kern und Kernkörperchen, Keimbläschen und Keimfleck gegenüber rasch anzu- wachsen beginnt, und sich, sowie es die Nachbarzellen gestatten, ausdehnt, so dass die Eier frühzeitig abgeplattet vieleckig werden. Im oberen Zipfel aber sind die Zellen nebst Kern und Kernkörper- chen klein geblieben, sie legen sich epithelartig an die Hülle an. Das reifende Ei umgiebt sich mit einer dünnen hyalinen Hülle, welcher innen gleichsam als eine zweite Eihülle ein Mantel großer besonders intensiv färbbarer dicht an einander schließender Körner anliegt. Das Deutoplasma tingirt sich gleichfalls leicht, ist grob, aber gleichmäßig gekörnt. Das helle Keimbläschen enthält immer einen großen, kuge- ligen, sehr dunkel tingirten Keimfleck. Der zweite Modus der Eientwicklung soll auf Grund von Studien an Cerebratulus marginatus dargelegt werden. Die innere endothel- artige Auskleidung des Geschlechtssackes wird von sehr niedrigen nicht 176 Otto Bürger, gegen einander abgegrenzten Zellen mit kleinen kugeligen oder läng- lichen Kernen gebildet (Taf. X, Fig. 189). Die Kerne liegen, wie wir es ausgeprägter noch bei den Enopla finden werden, häufig paarig. Diese Zellen sind die Urkeimzellen. Eine nämlich vergrößert sich, indem ihr Kern sammt Kernkörperchen mächtig wächst, das ihm aufliegende Zell- plasma emporhebt, so dass ein Zäpfchen in den Raum des Geschlechts- sackes hineinragt, das sich nun fortgesetzt eigentlich nur durch Kern- wachsthum wenig durch Zunahme von Zellplasma vergrößert. Um den Kern bilden sich auch hier, wenn auch in geringerer Fülle wie bei den Enopla, kugelige oder ovale glänzende stark färbbare Gebilde, welche wir weder an noch im ausgereiften Ei wieder treffen. Sie sollen später näher besprochen werden. Wohl schon um das Zäpfchen herum be- merkt man öfters zarte, kleine längliche Kerne führende Fasern ge- schlungen, die uns auf ein viel späteres Stadium der Keimzellen, die sich wiederum in unserem Falle zu Eiern entwickeln werden, vorbe- reiten. In diesem Stadium nämlich sind die Eier von einer dicken, sie auch gegen das Sackinnere vollständig abschließenden Hülle umkleidet, einem lockeren Maschengewebe, das dem Ei unmittelbar anliegt, und welchem es an einer Seite fest aufsitzt, wovon man sich gut überzeugt, wenn man ein Ei gewaltsam lostrennt und dasselbe dann mit einem Theil an der Hülle haften geblieben findet. In diese Hülle, ein Folli- kelgewebe (Taf. X, Fig. 189 Flik), das aus einem Flechtwerk feinster Bindegewebsfasern besteht, sind massenhaft Kerne von ähnlichem Aus- sehen und derselben Größe wie die des Parenchyms eingebettet, aber auch wahre Riesen im Vergleich zu jenen, Kerne mit einem Durch- messer von 16 u. Aus dem Lumen des Sackes hinausgedrängt liegen die Eier in ihrem Follikel eingeschlossen im Parenchym der Septen meist nahe der Wand der Darmtaschen an, ventral oder dorsal, je nachdem wo sie zur Reife kommen, in das Leibesparenchym getrieben unter dem axialen Theil des Darmes, neben dem Rhynchocoelom oder selbst zwischen Rhynchocoelom und Darm, das Rückengefäß beengend. Natürlich stößt eine Fläche des Follikels unmittelbar an die Wand des Geschlechtssackes, und es ist höchst wahrscheinlich, dass diese an einer Stelle, derjenigen, an welcher sich das Ei aus dem Hohlraum in das Parenchym zurückzog, nicht vollständig ist und hier die Zellauskleidung, das Epithel, fehlt, sonst aber setzt sich die Wand mit Membran, Epithel und den ihr an- liegenden Muskeln über den Follikel fort. Die Fasern, welche als das junge Eichen umschlingend angegeben wurden, scheinen mir der Anfang einer Follikelbildung zu sein, sie spalten sich von der Hülle der Geschlechtssäcke ab. Später wird sich Unters. über die Anatomie und Histologie. der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 177 an der Follikelbildung das Parenchym betheiligen, in das die Entwick- lungsstadien der Eier hineinrücken. Fragen wir nach dem Grunde der Umlagerung der Eier, so scheint derselbe mir darin zu beruhen, dass die Eier gleichsam einen guten Nährboden aufsuchen; diesen finden sie vorzüglich in den Septen, welche die queren Gefäßschlingen führen, denen in der That auch die Follikel meist nahe anliegen. Das reife Cerebratulusei besitzt ein feinkörniges, sehr dichtes, färbbares Deutoplasma, und um dasselbe eine hyaline Hülle. Das Keimbläschen ist nicht tingirt und von zartesten Fädchen durchzogen, welche mit einander verknüpft sind, und an den Knotenpunkten ver- schieden große Kügelchen enthalten. In der Regel kann man zwei umfangreiche Keimflecke konstatiren, welche aus einer schwärzlich- grünen körnigen Substanz zusammengesetzt sind, aber einen membran- artig scharfen Kontour besitzen. Die beiden Keimflecke sind nicht von gleicher Größe. Die Entleerung der Eier muss wohl durch die Geschlechtssäcke stattfinden, in deren Wand sie keimten, da in diese die Ausführgänge münden; wahrscheinlich werden die Eier durch eine Dehiscenz des Follikels in die Geschlechtssäcke nach völliger Reife hineinbefördert. Bei den Gerebratulus marginatus-Exemplaren, die ich zerlegte, fand ich niemals ein Ei frei im Geschlechtssack flottirend. Sie hingen ihm immer einzeln oder zu mehreren, nie zu vielen an. Bei Cere- bratulus pullus dagegen fand ich sie ähnlich wie bei Eupolia delineata vollgepackt von Eiern, so dicht, dass sie polygonale Gebilde dar- stellten. — Während dem Geschlechtssacke bei Cerebratulus margina- tus Eier anhingen, fanden sich häufig gleichzeitig in seiner Wand Ei- keime. Bei keiner meiner Nemertinen vermochte ich irgend welche An- fangsstadien der Spermatogenese aufzufinden, nur die letzten, wo die Samenelemente jene strahlige, z. B. von Sasarırr (37) beschriebene Anordnung annehmen, besaß ich in Präparaten einer Carinella und einiger exotischer Cerebratuliden. Die Ausführgänge fand ich präformirt, eine einfache Dehiscenz der Leibeswand beobachtete ich nie. Dieselben sind mit einem Platten- epithel wie die Säcke ausgekleidet, das sich gleichfalls auf eine dünne Membran stützt. Den Geschlechtsgängen kommen epitheliale Einstül- pungen entgegen, diese sind mit einem Cylinderepithel ausgestattet, die Geschlechtspori. . Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 12 178 Otto Bürger, Enopla. Die Körperwand. (Taf. VII.) Die Körperwand der Enopla wiederholt die Zusammensetzung der- jenigen, welche wir bei den Carinelliden kennen lernten: die Haut wird von einem Cylinderepithel, das sich auf eine mächtige Basalmembran stützt, gebildet, die Muskulatur von einer äußeren Ring- und einer inneren Längsfaserschicht. Zwischen beiden befindet sich auch hier eine Diagonalmuskulatur (Fig. 128). Die Haut ermangelt der Cutis, mit dieser zugleich fehlen die sub- epithelialen Muskelschichten. Das Epithel, welches relativ außerordentlich hoch ist und auch absolut dasjenige der Cerebratuliden und der verwandten Gruppen an Höhe übertrifft, kommt etwa demjenigen der Carinelliden gleich. Wir unterscheiden in ihm außer den Hautfadenzellen drei Arten von Drüsen- zellen (Fig. 127 und 142). Die Hautfadenzellen sind schlank und heften sich mit einem fadendünnen Fortsatz an die Basalmembran fest, ihr oberes Ende ist eylindrisch erweitert und zeichnet sich durch ein straffes Gefüge des Zellplasmas und eine bedeutende Tinktionsfähig- keit aus. Mit diesen Anschwellungen, welche in der Kopfregion ziem- lich hoch sind, nach hinten zu aber stetig abnehmen, stoßen die Zellen unmittelbar an einander, auf Schnitten einen breiten stark hervor- tretenden Saum bildend, also eine feste undurchdringliche Decke, welche die tieferen lockeren Epithelelemente vor den Unbilden der Außenwelt schützt. Unter den differenzirten ceylindrischen Zellab- schnitten liegt in dem sich allmählich verjüngenden Zellleib, welcher ein wenig durch Färbung hervortretendes körniges Plasma enthält, eine Masse grünlich-gelblicher Körnchen eingeschlossen, wie sie DEWOLETZKY bereits bemerkte, ein Pigment wie bei den Carinelliden, das sich auch wie dort im hinteren Körperabschnitt unmittelbar an den Epithelrand drängt, einen kontinuirlichen epithelialen Pigmentmantel um den Thier- körper bildend. Etwa zwei Drittel der Gesammthöhe des Epithels von der Basalmembran entfernt, dort, wo das als Fortsatz bezeichnete Zell- stück sich aus dem oberen erweiterten Abschnitt fortsetzt, liegt der regel- mäßige, stark färbbare, länglich elliptische Kern, welcher leicht von jenen Kernen zu unterscheiden ist, welche wirr am Grunde des Epithels zwischen den fortsatzartig verjüngten Hautfadenzellen gehäuft sind. Die Cilien sind auch hier, Drepanophorus demonstrirt es besonders Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 179 deutlich, mit einem stärkeren und längeren Fußstück der Zelle aufge- heftet. Das stabartige Fußstück ist durch ein äußerst feines Zwischen- stück mit einem Knöpfchen verbunden, diesem sitzt das Wimperhaar, das sehr lang ist (länger als das der Cerebratuliden), auf. Die erste seltenste Art der Drüsenzellen ist die auch bei Carinella spärliche, dagegen bei den Cerebratuliden und Eupoliiden in größter Menge vertretene der Flaschendrüsen. Sie sind kurz oval und reichen nicht bis auf die Basalmembran hinab, sondern erscheinen zwischen den Hautfadenzellen aufgehängt. Ihr Sekret färbt sich in der Regel wenig. Diese bei den Drepanophoriden vor allen nur sehr vereinzelten Drüsenzellen sind zahlreicher im Epithel von Amphiporus pulcher zu finden, wo sie auch eine intensivere Tinktionsfähigkeit hervorhebt. Eine andere Art, welche massenhaft im Epithel von Drepanophorus serraticollis eingebettet ist, hat große Ähnlichkeit mit jenen Rhabditen- zellen im Rüssel der Anopla, welche die verschieden großen Schleim- stäbchen liefern. Die Zelle derselben ist einer Hautfadenzelle zu ver- - gleichen, welche im oberen kolbig angeschwollenen Abschnitt eine Masse kleiner, gleich großer glänzender kaum gefärbter Schleimpar- tikelehen enthält, welche dem Aussehen der kleinsten Rhabditen der CGerebratuliden nahe kommen. Der Kern dieser Drüsenzelle liegt im unteren verjüngten Abschnitt, in welchem sich eine homogene glän- zende Substanz befindet, das hier deutlich hervortretende Zellplasma, welches den Kern umhüllt, und dessen Fortsatz wie der einer Haut- fadenzelle sich der Basalmembran anheftet. Die größte Fülle erreichen mächtig ausgebauchte Drüsenzellen, welche sich gleichfalls in einen Fortsatz verjüngen, der den Kern birgt und der Basalmembran inserirt ist. Ihr Sekret ist durchaus gleichartig, niemals glänzend, selten im unteren verschmälerten Zellabschnitt körnieg. Es färbt sich lebhaft mit Hämatoxylin, matter mit Karmin. Diese Drüsen- zellen, deren Sekret an dasjenige der Hämatoxylindrüsenzellen der Carinelliden erinnert, stehen stets einzeln, jene kommen, wie bekannt, nur zu Packeten vereinigt vor. Packetdrüsen aber fehlen im Epithel unserer Stilettträger. Schließlich muss ich noch eine Drüsenzellart erwähnen, welche besonders im Kopftheil reichlich vorhanden ist; es zählen zu dieser lange, schlanke, schlauchförmige Zellen mit glänzen- dem mit Karmin lebhaft gefärbten Sekret, welche mit den Schlauch- drüsen der Carinelliden verglichen werden können. Die Vertheilung der Drüsenzellen bleibt im Ganzen in den ver- schiedenen Körperregionen eine gleichartige. Drüsenfrei ist die äußerste Kopfspitze um die Öffnung des Rhynchodaeums herum. Im Wesent- liehen auf Kopf- und Ösophagealregion beschränkt ist die Art der 12% 180 Otto Bürger, Schlauchdrüsenzellen, im mittleren und hinteren Körperabschnitt ver- drängen sie die Körnerdrüsenzellen; überall herrschen die großen »Hämatoxylindrüsenzellen«, zerstreut liegen die Flaschendrüsenzellen. Die Interstitien, welche die Hautfadenzellen und Drüsenzellen lassen, füllt ein Bindegewebe, das sich theils von der Basalmembran abspaltet und spindelige Kerne führt, theils ähnlich den pigmentirten Bindegewebselementen des Nervensystems eigener Art ist und Ein- lagerungen dunkler, schwarzgrüner und heller mehr oder minder großer tröpfchenartiger immer glänzender Gebilde enthält, welche unregelmäßig aber reichlich versprengt sich überall in der Tiefe des Epithels, auch in der Kopfspitze, vorfinden. Drüsen eigenthümlicher Art, welche nicht auf das Epithel be- schränkt sind, sondern tief in das Körpergewebe hineinragen, sind die Kopfdrüsen; sie mögen im Anschluss an die epithelialen Drüsenzellen besprochen werden. Die Kopfdrüsen bestehen aus einer Summe von Drüsenzellen, welche entweder wenige Packete bilden, deren Sekretstraßen an einem Punkte durch das Körperepithel nach außen münden, Drepanophorus und Amphiporus, oder welche in gewaltiger Anzahl fast sämmtlich ihr Sekret in eine grubenartige Vertiefung am Kopfe befördern, geradezu ein komplieirtes drüsiges Organ bildend, ähnlich wie wir es bei Eu- polia delineata kennen lernten: Prosadenoporus. Bei Drepanophorus cerinus erfüllen die äußerste Kopfspitze dorsal über der Öffnung des Rhynchodaeum, zerstreut im Gewebe derselben liegend, verschiedene Drüsenkörper, welche eine obere und zwei seit- liche Gruppen bilden, die sich vorzüglich mit Hämatoxylin tingiren. Karmin widerstehen sie ganz und gar. In dieser Eigenschaft gleichen sie also ganz den Kopfdrüsen der Eupoliiden. Dass die Gruppen der Drüsenkörper aus mehreren einzelligen Drüsen zusammengesetzt sind, davon überzeugen wir uns leicht, eben so von der schlauchförmigen Gestalt der einzelnen Drüsenzelle, welche in dem hintersten ange- schwollenen Ende einen kleinen länglichen Kern birgt. Zu der Natur des Sekretes dieser Drüsenzellen ist noch hinzuzufügen, dass dasselbe sehr fein und gleichmäßig granulirt erscheint, und sowohl dasjenige, welches den Kern umlagert, als das, welches das Epithel zu durchdringen im Begriff ist, sich nicht im mindesten, auch durch die Färbung nicht von einander unterscheidet. Unter der Basalmembran treffen die verschie- denen Sekretgänge der Drüsenpackete zusammen, um diese gemein- schaftlich zu durchbrechen. Im Epithel aber weichen sie wieder aus einander, einzeln einen Komplex eigenthümlich modifieirter Epithel- zellen durchdringend. So erscheint hier eine kugelige Anschwellung ai: 3 Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 181 der das Epithel durchsetzenden Sekretmassen, welche dadurch zu Stande kommt, dass jeder Sekretgang von Epithelzellen umgeben ist, die gleichsam durch Röhren austreten, welche die Epithelzellen umgren- zen; fast am Rande des Epithels vereinigen sich sämmtliche Sekret- straßen, gemeinsam nach außen mündend (Fig. 140). Ziehen wir zum Vergleich eine mit neutralem Karmin behandelte Serie von Drepano- phorus serraticollis heran, so wird uns der Bau dieses drüsigen Gebil- des rasch völlig klar werden. Wir konstatiren nämlich an jener Stelle, wo die Kopfdrüsen bei Drepanophorus cerinus münden, eine sehr schön ausgebildete epitheliale Grube mit einem Epithel ausgekleidet, wie wir es in den Kopfgrübchen von Cerebratulus marginatus feststellten. Die Zellen der Wandung dieser Grube weichen dadurch von denen des Nachbarepithels ab, dass sie völlig pigmentfrei, der oberen Anschwel- lungen fast entbehren und sehr verkürzt sind. Die Cilien sind ihnen erhalten worden. Sie begrenzen ein ziemlich geräumiges kugeliges Lumen, in das ein enger Hals führt, welchen die normalen Zellen des Körperepithels umschließen. Aus diesem Bilde können wir nun leicht ‚dasjenige mit den gefärbten Sekretmassen von Drepanophorus cerinus erklären. Wir haben auch dort, wenn auch nur eine sehr wenig aus- gebildete epitheliale Grube, ein Sammelorgan für die Sekretstraßen der Kopfdrüsenzellen vor uns; zwischen den Epithelzellen der Grube, an welchen wir die Modifieirung gleichfalls bemerkten, münden einzeln die Sekretgänge, auf dem Schnitt also abwechselnd mit einer Zelle, im Halse vereinigen sie sich wieder gemeinsam, die verschmelzenden Massen ihres Sekretes nach außen befördernd. Bei Drepanophorus serraticollis ist die Grube schon bedeutender ausgebildet zu den Ver- hältnissen überleitend, welchen wir bei den Prosadenoporiden begeg- nen werden. Weder bei Amphiporus pulcher, noch bei Drepanophorus rubrostriatus habe ich die Kopfgrube konstatirt, ohne aber damit be- haupten zu wollen, sie fehle diesen Formen. Die Kopfdrüsen der letz- ten Art sind mächtig entwickelt, diejenigen der ersteren sind schlanker und länger. Niemals überragen die Kopfdrüsen bei einer der bisher besprochenen Gattungen das Gehirn nach hinten. Wahrhaft erstaunliche Dimensionen erreichen die Kopfdrüsen- zellen bei den Prosadenoporus-Arten, wo sie den Drüsenmagen nach hinten überragen (Taf. IX, Fig. 171). Die Drüsenzellen sind in Rosetten angeordnet, wie ein Bündel Früchte, die an ihren Stielen aufgehängt sind; und wie hier die Stiele, so laufen dort die Drüsenzellfortsätze zu- sammen. Wie wir es für die kolossalen Kopfdrüsenzellen der Eupoliiden an- gaben, wiederholen wir hier noch einmal: die Drüsenzellen sind mem- 182 Otto Bürger, branlos, werden aber von gallertigem Bindegewebe umgeben, welches auch Röhren bildet, in denen das Sekret fortgeleitet wird, diese haben wir öfters als Drüsenzellfortsätze kurzweg bezeichnet. Die Drüsenzelle ist eine regelmäßig gestaltete, schlank birnförmige. Es gelingt, im Grunde der Zelle einen kugligen, ziemlich großen Kern mit kleinen Kern- körperchen festzustellen, inmitten einer lebhafter mit Karmin tingirten Masse, dem Zellplasma. Das Sekret, welches sich mit Karmin wenig färbt und hauptsächlich die birnförmige Anschwellung füllt, ist sehr fein sranulirt und glänzend. Die Sekretgänge der Drüsenzellen schließen sich unmittelbar an einander, so dass man wohl einen einzigen, gemein- samen, mit Sekret gefüllten Schlauch aus einem Drüsenzellbündel her- vorgegangen wähnt; in diesem ist das Sekret erheblich von dem des birnförmigen Abschnittes differenzirt. Bis zur äußersten Feinheit ge- körnt, widersteht dasselbe Karminen völlig, imbibirt aber Hämotoxylin bis zur tiefsten Blaufärbung. Da auch die einzelnen Schläuche, die Sammelbündel der Sekretröhren der Drüsenzellen, sich wieder zusam- menschließen, so bekommen wir, je näher wir der Kopfgrube sind, desto mächtigere und umfangreichere, intensiv gefärbte Schläuche, welche der flüchtige Beobachter wohl als Gavitäten, als Sammelblasen des Se- krets der überall in der vorderen Körperregion vertheilten Drüsenzellen ansprechen möchte (Taf. VII, Fig. 144). Zwar liegen die Rosetten der Drüsenzellbündel der Hauptsache nach über dem Rhynchocoelom, aber auch neben diesen und selbst unter dem Blinddarm sind sie angehäuft. Die Sammelschläuche, zuerst paarig, liegen neben dem Rhynchocoelom und vereinigen sich hinter der Kopfgrube, mithin über demselben. Die Art der Ausmündung der Sekretmassen der Kopfdrüsenzellen durch die Kopfgrube ist im Grunde ganz dieselbe wie wir sie bei Drepanophorus kennen lernten. Die Kopfgrube, welche an der nämlichen Stelle liegt wie die von Eupolia delineata und dieser ja mindestens an Größe gleichkommt, ist noch mehr in die Tiefe gerückt, und in Folge dessen ist der Hals noch mehr kanalartig enger geworden. Kanal wie Grube kleidet ein Wimperepithel aus, das am Kanal mäßig hoch, um das innere geräumige Lumen aber sehr bedeutend wächst. Die Zellen sind also theilweise außerordentlich lang, fadendünn und mit einem spindeligen Kern aus- gestattet. Die Kerne sind regelmäßig angeordnet und liegen in gleichem Abstand vom Lumen entfernt. Hinter der Kopfgrube nun treten die bisher gemeinschaftlich mit einander erst in zwei Hauptschläuchen, sodann in einem einzigen der- selben zuziehenden Sekretröhren der Drüsenzellen wieder aus ein- ander, um einzeln zwischen den Epithelzellen der Kopfgrube -— wie bei Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 183 Drepanophorus — hindurchzudringen und ihr Sekret, das zwischen den Epithelzellen keine bindegewebige Hülle mehr besitzt, sondern allein von diesen begrenzt wird, in das Lumen der Kopfgrube zu er- gießen. An der weiteren Beförderung nach außen wird sich die Flim- merung des Lumens und des Kanals oder Halses betheiligen. Bei Prosadenoporus arenarius haben die Kopfdrüsenzellen von unseren Arten ihre größte Entfaltung. Sie sind vielleicht ein Zehntel der Gesammtlänge des Thieres lang. Und so zahlreich scheinen sie zu sein, dass ihre Sekretgänge nicht mehr sämmtlich durch das Epithel nur der Kopfgrube geleitet werden konnten, sondern sie sich über dieser Wege durch die Basalmembran und das Körperepithel bahnen mussten (cf. Eupolia delineata). Dieser Art schließt sich völlig Pr. badio-vagatus an. Prosadenoporus janthinus und oleaginus, welche gleichfalls betreffs der Kopfdrüse zusammengehören, besitzen die Kopfdrüsenzellen, obwohl in mächtiger Entwicklung, fast nur auf die Kopfspitze beschränkt. Sie überragen das Gehirn nicht bedeutend nach hinten. Sie sind in dichten und umfangreichen Bündeln zu beiden Seiten des Rhynchodaeum resp. des Rhynchocoeloms und des Darmtractus über den Seitenstämmen gruppirt. Die Kopfdrüsenzellen liegen stets innerhalb der Längsmuskulatur (ef. Eupolia). Wie schon in dem entsprechenden früheren Kapitel hervorgehoben wurde, ist eine Kopfdrüse, d. h. das aus Grube und Drüsenzellen zu- sammengesetzte Organ, bisher meines Wissens nur von SALensky (36) bei Monopora vivipara erkannt und beschrieben. Die knappe Darstel- lung, welche der Autor durch Abbildungen ergänzt, entspricht den Ver- hältnissen, welche ich zu schildern suchte. Bei mehreren anderen Forschern aber bin ich sicher, dass die eigenthümlichen Gebilde, welche sie in der Kopfspitze der verschiedensten stiletttragenden Nemertinen sahen, nichts Anderes gewesen sind als die Kopfdrüsenzellschläuche. Am nächsten ist von v. Kenner (29) der richtigen Erkenntnis einer Kopf- drüse gewesen, denn dieser Autor fand bei Geonemertes palaensis eine - Kopfgrube, hinter dieser ein bindegewebiges Balkenwerk, wie der Quer- schnitt eines »großlöcherigen Badeschwammes« und noch weiter hinten, besonders dorsal stark glänzende Zellen von »drüsenartigem Aussehen «. Ausführgänge dieser beobachtete er nicht; so entging ihm der Zusam- menhang zwischen diesen und der Kopfgrube und die Erklärung des bindegewebigen Maschenwerks. v. Grarr (32) fand im Kopfe von Geone- mertes chalicophora gleichfalls ein spongiöses Gewebe mit stark glän- zenden Zellen ohne Kern, mit Membran, zweifellos die umfangreichen ausführenden Schläuche der viel weiter rückwärts gelegenen Kopf- 184 | Otto Bürger, drüsenzellen. Husrecat (25) beschreibt drüsige gelappte Organe bei Drepanophorus Lankesteri und rubrostriatus, ferner bei Amphiporus Moseleyi. Bei den ersteren entging ihm der Ausführweg, bei letzteren sah derselbe solche Gebilde in einer von vorn nach hinten verlaufenden Rückenlinie mündend. Der Bau wurde bei keinem derselben näher festgestellt. (Siehe Kapitel: Sense organs, accessory glandular Structures and organs of unknown significance.) Ä Als Basalmembran bezeichne ich wie bei Carinella jene fast homogene, nicht tingirbare Gewebsmasse, auf welche das Epithel basirt ist und an welche sich innen unmittelbar der Hautmuskelschlauch an- legt. Ich bin mir auch hier bewusst, dass ich dieses dicke, als Basal- membran aufgefasste Gewebspolster nicht jenen feinen Häutchen gleich stellen darf, welehem jener Name bei den Eupoliiden und Cerebratuli- den als dem gleichen Zweck entsprechend, die Epithelzellen zu be- festigen, gegeben wurde, sondern dass der Basalmembran der Carinel- liden und Enopla das gesammte Bindegewebe der Cutis jener höheren Anopla entspricht. In die Basalmembran, welche 80 u dick wird, sind zahlreich kleine kuglige oder elliptische Kerne eingelagert. Weder die obere noch die untere Fläche ist eine glatte. Von beiden, namentlich der oberen, erheben sich Zacken, welche den Epithelzellen und auch der Muskulatur Befestigungspunkte gewähren. Betrachten wir, um unser Bild von der Basalmembran zu vervollständigen, einen Längsschnitt, welcher sie in der Fläche traf, so bekommen wir den Eindruck als ob ein homogenes, gallertartiges Grundgewebe von einem retikulären im ausgedehnten Maße durchflochten worden sei (Taf. VII, Fig. 136), in dessen Maschen die beschriebenen Kerne eingelagert sind. Der Hautmuskelschlauch (Taf. VII, Fig. 4128). Die Ring- muskelschicht ist kaum mächtiger als die der Carinelliden. Die Diago- nalmuskelschicht, in der vorderen Körperregion etwa halb so dick als die Ringmuskulatur, in der hinteren abnehmend, besteht aus Muskel- fibrillen, welche sieh dorsal und ventral in der Medianebene unter einem rechten Winkel schneiden. Die Längsmuskulatur ist auch bei den Enopla die bei Weitem stärkste Schicht und übertrifft die Ringmuskel- schicht etwa achtmal. Das Studium der Muskelfibrille bestätigt die schon früher gewon- nenen Resultate. Jede Muskelfibrille entspricht einer Muskelzelle, an welcher die Zellsubstanz bis auf den länglich spindeligen Kern, welcher der kontraktilen Substanz, der Fibrille, angedrückt ist, nicht ausge- bildet ist. Die Längsmuskelfibrillen liegen in Fächern, welche durch Züge radialer Muskelfibrillen abgetheilt werden. An der Längsmuskulatur konnte ich oft eine Streifung im Wagener’schen Sinne wahrnehmen (11). Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 185 Es besitzt also auch die Einzelfibrille die verdickten Abschnitte (Taf. VII, Fig. 128). Vergleichen wir unsere Formen in Bezug auf die Entwicklung der Muskulatur mit einander, so sind es die Prosadenoporus-Arten, und unter ihnen ist wieder Pr. arenarius vor Allem seiner ungewöhnlich mäch- tigen Muskulatur willen hervorzuheben, deren Schichten diejenigen der Drepanophoriden an Stärke bedeutend übertreffen. Auch die Muskelschichten von Amphiporus Amboinensis sind stärker als die von Amphiporus pulcher Das Parenchym. Dasselbe erfüllt bei den Enopla auch die Kopfspitze. Es ist wie das der Anopla ein gallertigs Gewebe mit kleinen, tief tingirbaren, kugligen Kernen. Parenchymzellen bilden einen Mantel um die Blut- gefäße, das Rhynchocoelom und dessen Säcke; häufig sind auch Paren- chymzellen um den Darmtractus gelagert (cf. Parenchym der Anopla). Zur Organisation der Mitteldarmregion, welche dort schon klar gestellt wurde, bleibt noch hinzuzufügen, dass die Rhynchocoelomsäcke in den Dissepimenten liegen, also mit den Geschlechtssäcken eben so wie die Blutgefäßkommissuren alterniren; dass mit den Darmtaschen aber, zu- gleich mit den dorso-ventralen Muskelzügen, die Zweige der Seiten- stämme abwechseln. Die Verzweigungen eines »Spinalnerven« liegen immer theils vor theils hinter einem Geschlechtssack, etwas in die Disse- pimente hineingedrängt (Taf. X, Fig. 176). Die Hohlräume. Solche sind, wie bei den Anopla, die Geschlechtssäcke, das Rhyn- chocoelom, die seitlichen Längsspalten zwischen Parenchym und Darm- tractus. Letztere zeigen genau denselben Bau und ein gleiches Ver- halten wie dort. Erstere werden weiterhin näher behandelt. Verdauungsapparat. Auch bei einer Reihe von unseren exotischen Formen wiederholt sich die eigenthümliche, von Kenner (29), v. GRAFF (32) und SAaLensky (3%) bei bewaffneten Nemertinen festgestellte Bildung, dass der Darmtractus der eigenen äußeren Öffnung, des Mundes, entbehrt und in das Rhyn- chodaeum einmündend durch die terminale Öffnung dieses mit der Außenwelt in Beziehung tritt. Es sind dies die Prosadenoporiden. Bei Prosadenoporus arenarius und badio-vagatus mündet der Darm un- mittelbar vor der Insertion des Rüssels in das Rhychodaeum (Taf. IX, Fig. 171), bei Prosadenoporus janthinus dagegen fast terminal, so dass 186 Otto Bürger, hier, präcis ausgedrückt, Mund und Öffnung des Rhynchodaeums zu- sammenfallen. Am Darmtraetus der Enopla unterscheiden wir außer dem Ösopha- gus, eventuell auch dem Munde, dem Mitteldarm und Enddarm einen Abschnitt zwischen Ösophagus und Mitteldarm, welchen ich den Magen- darm nennen will, und ferner ein blindgeschlossenes Darmstück, wel- ches sich vom Hauptdarmrohr an der Eintrittsstelle des Magendarms in den Mitteldarm abzweigt und unter ersterem liegend, nach vorn sich erstreckt, den Blinddarm. Dieser ist schon von v. Kenner (29) und von HusrecHt (25) beschrieben worden. Der Mund liegt, vorbehaltlich der genannten Ausnahmen, immer subterminal, ventral vor den Ganglien und bildet einen äußerst feinen Porus, welcher auch bei den Drepanophorus-Arten der Öffnung des Rhynchodaeums sehr nahe liegt. Der Ösophagus ist ein sehr enges, einfaches, gerades Rohr, welches sich hinter dem Gehirn, der ventralen Kommissur, glocken- artig erweitert und in den Magendarm fast unvermittelt übergeht, eine faltenreiche, weite Cavität, welche keiner unserer Gattungen fehlt, aber in der Mächtigkeit ihrer Ausgestaltung bei ihnen verschieden entwickelt ist (Fig. 171). Drepanophorus und Amphiporus besitzen einen kurzen Magendarm, welcher als ein kugliges Gebilde unmittelbar hinter dem Gehirn liegt; ihnen schließen sich Prosadenoporus janthinus und oleaginus an. Bei Prosadenoporus badio-vagatus und arenarius jedoch hat er die Dimen- sionen eines langen geräumigen Sackes angenommen, welcher sich vom Gehirn an weit nach hinten erstreckt. Vom Magendarm geht wiederum ein einfaches gerades Rohr ab, welches sich fortgesetzt nach hinten zu verjüngt, etwa so lang wie der Magendarm ist und in den Mitteldarm, welcher auch bei den Enopla das Hauptstück des Darmtractus bildet, sich öffnet. Der Mitteldarm besitzt große metamere Aussackungen, Darmtaschen, wie wir sie bereits bei den Anopla be- schrieben haben. Der Mitteldarm erfüllt im hinteren Körperabschnitt bis auf das Rhynchocoelom fast den Gesammtraum innerhalb der Körper- wand, da seine Taschen so anschwellen, dass sie bis an die dorsale Körperfläche hinaufragen. Indem das einfache Rohr, in welches sich die Höhle des Magen- darmes fortsetzt, nicht mit der äußersten vordersten Spitze des Mittel- darmes verschmilzt, sondern in seiner ganzen Länge mit dem Mitteldarme über diesem gelagert parallel läuft und erst dann in der Medianebene die obere Wand des Mitteldarmes durchbricht, in denselben durch ein sehr feines Endstück einmündend, wird ein vorderer, unter dem Fort- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 187 satzrohr des Magendarmes sich nach vorn erstreckender Abschnitt des Mitteldarmes abgeschnürt, der vorn blind endigt. Wir nannten den- selben Blinddarm. Der Blinddarm besitzt wie der Mitteldarm Taschen, welche nur weniger geräumig sind und wie der axiale Theil des Blinddarmes nach vorn immer mehr abnehmen. Der Blinddarm endet bei Amphiporus unmittelbar vor dem Magendarm, bei Drepanophorus schiebt er sich unter diesem noch etwas nach vorn, bei den Prosadenoporiden endlich ist er unter dem Magendarm fast bis an das Gehirn zu verfolgen (Fig. 171). Den Enddarm bildet ein einfaches gerades, taschenloses kurzes Rohr. Jeder Darmabschnitt besitzt eine Membrana propria, auf welche sich die verschiedenartigen Epithelzellen stützen, und innerhalb welcher die Darmmuskulatur eingeschlossen ist. Histologie (Taf. VII). Um die Mundöffnung herum wird das Körperepithel niedrig und geht in ein Plattenepithel über, welches den vordersten Schlundabschnitt auskleidet. Von einer Mundhöhle, wie wir eine solche bei den Anopla be- schreiben durften, kann weder morphologisch noch histologisch die Rede sein, da nicht nur eine vom Ösophagus verschiedene Eingangs- höhle, sondern überhaupt eine solche glockenartige Erweiterung fehlt. Das Plattenepithel wird allmählich höher, aber die deutlich abgegrenz- ten Zellen erscheinen niemals höher als breit. Sie sind also würfel- förmig. Der kuglige Kern liegt am Grunde der Zelle. Es ist mir nicht völlig klar geworden, ob die öfters wie von einer Cuticula überzogenen Ösophagealepithelzellen Flimmern tragen, es ist mir aber in hohem Maße wahrscheinlich, zumal der Magendarm einen dichten Wimperpelz besitzt. Der Ösophagus ist völlig drüsenfrei; seine Würfelzellen tingiren sich nicht und in ihnen sind zarte Plasmafäden verflochten (Taf. IX, Fig. 471). Das Epitheldes Magendarms, welches in das des Ösophagus unvermittelt übergeht, ist ein überaus drüsenreiches, wesshalb man den Magendarm auch wohl Drüsendarm bezeichnen könnte (Fig. 162). Die einzige Art der Drüsenzellen stellen längliche kolbige Gebilde dar, welche bis auf die Membrana propria hinabreichen und von wimper- tragenden, hohen Cylinderepithelzellen umgrenzt sind. Ihr Inhalt, welcher sich namentlich mit Hämatoxylin lebhaft tingirt, besteht aus ziemlich groben, glänzenden Körnchen, welche massenhaft durch die Epithelzellen hindurch in das Darmlumen geschoben werden. Oder das Sekret scheint aus Bläschen zu bestehen, welche mit Körnchen an- gefüllt sind. Solche gewahrt man häufig, wie sie gerade abgeschnürt 188 Otto Bürger, werden und bereits halb in den Darm hineinragen oder schon in seine Höhle hineingestoßen sind. Der Kern der Körnerdrüsenzellen, welche mit den Epitheleylinderzellen auf dem Schnitte abwechseln, so zahlreich sind sie vorhanden, ist klein, kuglig und liegt am Grunde derselben. Die Epitheleylinderzellen sind ganz wie die des Körperepithels nach dem Darmlumen zu trichterartig verbreitert, die Drüsenzellen über- wölbend und eine kontinuirliche, nur von den Sekretbahnen durch- brochene Decke mit ungemein, für den Magendarm geradezu charak- teristisch diehtem Flimmerkleide. Die Einzelwimper ist ganz wie die des Hautepithels inserirt. Der fadendünne Fortsatz der Magendarm- cylinderzelle heftet sich an die Tunica propria fest. Der Kern ist spindelig und liegt immer in gleichem Abstande von der Tunica am Grunde des oberen erweiterten Zellabschnittes. Kein Bild ist wechselnder wie das des Epithels des Mittel- darmes bei demselben Individuum in den verschiedenen Regionen und auch bei verschiedenen Individuen in denselben Regionen, Mannig- faltigkeiten, die im letzteren Falle sicherlich mit der Ruhe oder der mehr oder minder energischen verdauenden Thätigkeit, in welcher das Darm- epithel konservirt wurde, zusammenhängen. Ein Schnitt aus der hinteren Region des Mitteldarmes von Drepano- phorus serraticollis mag uns in die Verhältnisse des Darmepithels ein- führen (Taf. VIII, Fig. 166—167). Wir haben hier den Zustand, in welchem das Epithel mit Kügelchenkolben angefüllt ist. So möchte ich, um nicht mit der Bezeichnung Lane’s (51) zu kollidiren, welcher drüsige Gebilde mit stark färbbarem Inhalt im Darmepithel der Poly- claden beschrieben hat und als Körnerkolben bezeichnete, — wir wer- den noch ähnliche erwähnen — Zellen nennen, welche auch kolbig angeschwollen sind, jedoch mit kleinen glänzenden, nicht tingirbaren Kügelchen, deren Gestalt durch die sehr dichte Packung beeinträchtigt ist, vollgestopft erscheinen; die kolbige Erweiterung der Zelle ist dem Darmlumen zugewandt, basal läuft sie in einen feinen Fortsatz aus, welchem der ovale Kern einverleibt ist, und der sich an die Tunica propria festheftet (Fig. 166, 167). Die Kügelchen sind wasserhell, tingi- ren sich, wie gesagt wurde, nicht, und oft habe ich mit aller Evidenz in ihnen ein central gelegenes, noch stärker lichtbrechendes Körnchen oder Stäbehen von unregelmäßiger Gestalt konstatiren müssen. Ehe wir uns die Frage vorlegen, was für Zellen diese durch ihren Inhalt eigen- thümlichen Gebilde sind, wollen wir einen anderen Zustand des Mittel- darmepithels betrachten. Wir verbleiben bei einer Schnittserie von Drepanophorus serraticollis, studiren aber das Epithel eines anderen Exemplares. Hier stehen im axialen Theil des Darmes Kügelchenkolben Ad Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 189 neben Kügelchenkolben. Nach dem Epithel der Tasche zu aber ver- folgen wir folgenden allmählichen Übergang: die Kügelchenkolben nehmen ab, d.h. sie werden spärlicher; je mehr diese aber verschwin- den, um so massenhafter wird die Einlagerung von glänzenden, größeren und kleineren Bläschen im Epithel, welche gleichfalls merkwürdig sind: Sie besitzen fast stets ein centrales Körperchen von sehr hohem Licht- brechungsvermögen, bald wie ein Krystall vieleckig, oder bald kuglig wie ein Kernkörperchen. Öfterskommen sogar zwei dichtneben einander liegende von solchen vor (Fig. 169, 470). Die Bläschen sind sehr eben- mäßig kuglig und übertreffen die Kügelchen der Kügelchenkolben an Umfang bei Weitem. Sie sind glänzend, gleichfalls nicht tingirbar, und liegen zahlreich, aber zerstreut am Grunde des Epithels der Tunica propria zunächst. Ein letzter Zustand, welchen wir betrachten wollen, führt uns das Epithel des Mitteldarmes, völlig mit jenen Bläschen bis hinauf an den Rand erfüllt vor, so dass wir nur unmittelbar über der Tunica propria die Fortsätze der Epithelzellen unterscheiden können, weiter hinauf im Epithel aber nichts mehr als die ziemlich regelmäßig angeordneten Spindelkerne (Fig. 166, 167, 168). Von den Kügelchen- kolben ist keine Spur mehr wahrzunehmen. — Jeder dieser drei ver- schiedenen Zustände, in welchen wir das Epithel des Mitteldarmes uns vorgeführt haben, ist also durchaus nicht auf eine bestimmte Region desselben beschränkt, sondern bald vorn, bald hinten anzutreffen. Über- gänge sind häufig von den Wandungen der axialen Darmstrecke zu denen der Darmtaschen zu verfolgen. Ferner glaube ich sicher annehmen zu dürfen, dass die geschilderten Zustände solche eines Epithels sind, welches in Thätigkeit überrascht wurde; denn die epitheliale Ausklei- dung des Mitteldarmes weist auch Partien auf, in denen sich das Epithel in einem unveränderten Stadium befindet; d.h. weder die Körnerkolben noch die glänzenden Bläschen sind vorhanden. Statt dessen bilden ganz ähnliche Epithelzellen, wie wir sie im Magendarm beschrieben und als indifferente den Drüsenzellen gegenüber stellten, eine dichte, hohe Schicht. Die einzelne Epithelzelle hat einen kolbig erweiterten, oberen, dem Lumen des Darmes zugekehrten Abschnitt, welcher mit einem matt färbbaren, gekörnten Plasma angefüllt ist und einen unteren faden- dünnen, fortsatzartigen, in welchen der elliptische große Kern liegt, der sich auf die Tunica propria stützt. Die Zellen stoßen am oberen Rande zusammen, am Grunde lassen sie bedeutende Interstitien zwischen sich. Durch mannigfache Übergänge, welche das Plasma der Epithel- zellen von der äußersten Feinkörnigkeit zur gröber und gröber werden- den Granulirung zeigt, und welche so weit fortschreitet — zumal da die Färbbarkeit mit der zunehmenden Grobkörnigkeit abnimmt —, dass 190 Otto Bürger, ähnliche Gebilde, wie die Kügelchenkolben erzielt werden, bin ich zu der Überzeugung gelangt: die Körnerkolben sind aus den (nicht diffe- renzirten) Epithelzellen dadurch hervorgegangen, dass sich das Plasma letzterer verändert hat und unter dem Einfluss der verdauenden Thätig- keit allmählich die glänzenden Kügelchen entstanden. Es wird meine Ansicht dadurch bestätigt, dass dort, wo die Kügel- chenkolben einzeln auftauchen (Fig. 164, 165), die indifferenten Epithel- zellen zwischen ihnen leicht und zahlreich zu erkennen sind, dass es aber Stellen des Darmepithels giebt, in welchen Kügelchenkolben neben Kügelchenkolben stehen und nicht eine Epithelzelle zwischen ihnen zu konstatiren ist (Fig. 166). Übersehen konnten letztere nicht werden, da die Körnerkolben zum Auseinanderweichen an den entscheidenden Präparaten gebracht wurden. Wo bleiben die (indifferenten) Epithelzellen, sofern wir sie nicht in den Kügelchenkolben, freilich umgewandelt, wieder erkennen wollen? Schließlich, ich will diese Möglichkeit wenigstens nicht unerwähnt lassen, könnte man in den Kügelchenkolben dauernde Drüsenzellen vermuthen. Abgesehen davon, dass es auffällig wäre, dass sich das Sekret, die glänzenden Kügelchen, durchaus mit keinem der ange- wandten Mittel tingirten, ist es wichtig, dass keine sogenannten Sekret- straßen existiren, und niemals Kügelchen im Darmlumen, wie doch sonst Sekretkörner, flottiren. Es ist nun zu natürlich, den Zustand der Kügelchenkolben des Mitteldarmepithels als ein Vorstadium zu betrachten, welches zu dem- jenigen führt, in dem das Darmepithel vollgestopft von glänzenden Bläschen ist. Lassen wir sich die Kügelchen der Kügelchenkolben, in welchen wir oft gleichfalls ein stärker lichtbrechendes Körperchen bereits konstatirt haben, vergrößern, so bekommen wir die Bläschen, welche die Zellen auf Kosten der großen Interstitien aus einander treiben. Es wurde versucht, an der Hand der verschiedensten Präparate eigenthümliche Modifikationen des Mitteldarmepithels zu beschreiben und mit einander in Einklang zu setzen resp. aus einander abzuleiten. Unwillkürlich wurde hiermit ein kurzes Stück des muthmaßlichen Ver- dauungsprocesses verflochten, freilich ohne die Art und Weise der Ein- leitung desselben, noch seinen Ausgang, noch selbst seine Produkte, denn als solche fasste ich in gewissem Sinne die Kügelchen und Bläschen auf — analysiren zu können. Das ist am lebenden Thiere und mit Hilfe von Fütterungsversuchen festzustellen. Ich darf aber doch wohl noch anschließen, dass ich der Meinung bin, dass auch bei den Nemer- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 191 tinen eine intracelluläre Verdauung stattfindet, zumal v. Grarr (32) eine solche bei Geonemertes chalicophora beobachtet hat. Besonders er- innert mich die Beschreibung, welche METschnIkorr (49) von dem Ver- dauungsprocess einiger Süßwasserturbellarien giebt, lebhaft an Zustände, wie ich sie in den glänzenden Bläschen mit den centralen Körperchen fixirt sah, vollends aber sind die Beschreibungen, welche v. GrarrF (50) und Lane (51) in ihren Monographien über diese Verhältnisse geben, verglichen, mit unseren Befunden überzeugend. Lang bezeichnet die glänzenden nicht färbbaren Kugeln, welche in einem Theil der Darm- zellen bei den Polycladen sich fanden, direkt als Assimilationsprodukte, die Zellen, welche sie enthalten, als die eigentlich verdauenden, sie so den Drüsenzellen, den Körnerkolben, gegenüberstellend. Während in dem Stadium, in welchem das Epithel prall mit Bläschen angefüllt ist, irgend welche anderen Einschlüsse völlig fehlen, auch keinerlei Hohlräume aufzufinden sind, zeigen die Stadien der nicht differenzirten Epithelzellen, der Kügelchenkolben, und das Anfangs- stadium der Bläschen, d. h. dasjenige, in welchem diese noch einzeln vorkommen, mancherlei andere Einlagerungen. So kommen ver- schieden große, grünlich-gelbe, pigmentartige Körnchenballen vor, wie sie bei einigen Cerebratuliden beschrieben wurden, ferner schwarze Kugeln; oder die Zelle erscheint mehr oder minder vacuolisirt. — End- lich sind sowohl im Lumen als auch im Epithel Kolonien von kugligen, leicht färbbaren Gebilden mit besonders stark tingirtem mittleren Kör- perchen vorhanden. Ich halte dieselben für Parasiten oder Entwick- lungszustände solcher, vielleicht von Gregarinen. Dort, wo das Verbindungsrohr des Magendarmes in den Mitteldarm einmündet, sind in das Epithel des Mitteldarmes, und zwar in das des axialen Rohres, dorsal und ventral in ziemlich dichten, aber regel- mäßigen Abständen Zellen eingeschaltet, welche ich wiederum am treffendsten kolbige nenne, die sich mit einem dünnen Fortsatz der Tunica propria aufheften. Dieselben sind mit krystallartigen, kantigen, stark lichtbrechenden und tief tingirbaren Körperchen angefüllt, die in einer homogenen, gleichfalls färbbaren, schleimigen Grundmasse liegen (Taf. VII, Fig. 163). Man beobachtet, dass diese Körperchen gelegent- lich in eine gestaltlose Schleimmasse aufgelöst sind. Ein Kern wurde stets im verjtngten Ende des Zellleibes angetroffen. Zwischen diesen Schleimkörperzellen, welche am ehesten den Körnerkolben im Darmepithel der Polycladen gleichen (51), stehen va- cuolisirte, Bläschen führende Epithelzellen. In den Darmtaschen, in welchen sich die Bläschen mehren, treten die Schleimkörperzellen zurück. Ihre Funktion wird — ich traf sie nur im vorderen Mitteldarm 192 | Otto Bürger, und Blinddarm bei Drepanophorus rubrostriatus — eine drüsige sein. Als Gregarinen dokumentiren sich unzweifelhaft große, kugelige Gebilde mit großem, runden Kern, einem oder mehreren Kernkörper- chen, äußerst fein und gleichmäßig granulirtem Zellplasma und einer derben cuticulaartigen Haut, welche an gewissen Stellen sehr dicht besonders in den Taschen zwischen den Epithelzellen fast unmittelbar auf der Tunica propria liegen. Diese einzelligen Organismen sind in wechselnder Größe vertreten. Der Blinddarm morphologisch nicht vom Mitteldarm abweichend, besitzt ein gleiches Epithel mit all seinen Modifikationen wie dieser. Der Enddarm ist sehr kurz, nur auf wenigen Schnitten zu kon- statiren, und von einem niedrigen, einfachen Cylinderepithel ausge- kleidet. | Stützgewebe und Muskulatur des Darmtractus. Zwi- schen die indifferenten Epithelzellen und die Drüsenzellen schieben sich überall dünne Zellen mit spindeligem Kern ein, welche häufig nicht die Höhe des Epithels erreichen. Sie sind auf der Tunica propria be- festigt und fungiren als Stützzellen. Die Tunica propria ist die Basalmembran des Darmepithels, eine dünne, hyaline, strukturlose Haut, welcher Kerne angelagert sind. Eine eigene Muskulatur besitzen nur Mittel- und Blinddarm. Sie besteht nur aus Ringfibrillen, welche das axiale Rohr des Mitteldarmes in zweizeiliger Schicht umgeben. Die Fibrillen sind in Rückblick auf die Anopla ungewöhnlich stark, und geben denen der Körperwand nichts an Dieke nach. Die Taschen besitzen nur spärlich vertheilte ein- zeln liegende Ringfibrillen. Die Muskulatur des Blinddarmes, gleichfalls lediglich aus Ringfibrillen zusammengesetzt, ist wesentlich dünner, und jedenfalls im Vergleich zu der des Mitteldarmes rückgebildet. Ösophagus und Magendarm besitzen keine darmeigene Muskula- tur. Dagegen sind sie mit einem mächtigen Mantel von Längsmuskel- fibrillen ausgestattet, welcher sich den Darmwänden unmittelbar an- legt, und der nach hinten am Verbindungsrohre des Magendarmes mit dem Mitteldarm allmählich dünner wird. Er leitet sich direkt von der Längsmuskelschicht der Körperwand ab. Diese Muskelschicht umgiebt Ösophagus und Magendarm in des Bildes wahrem Sinne wie ein Mantel, da sie sich außen an die Tunica propria festheftet und allen Faltungen, auch des Magendarmes folgend, ein geschlossenes Lager um die Ab- schnitte des Vorderdarmes bildet. Es ist eine bekannte Erscheinung, die uns schon früher, so bei der Abhandlung der Blutgefäße der Anopla, begegnet ist, dass die Muskulatur Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 193 eines Organs dort in Wegfall kommt, wo dasselbe in intensıver Weise von derjenigen der Körperwand beeinflusst wird. In jenem wie in diesem Falle stammt die äußere, der Wand des Organs anliegende Muskelschicht von der Längsmuskulätur der Körper- wand ab. Die eigene Muskulatur dagegen setzt sich nur aus Ring- fibrillen zusammen (ef. Blutgefäßstämme). Rüssel und Rhynchodaeum!. McIntos# (12) unterscheidet am Rüssel einer bewaffneten Nemertine, theil- weise seinen Vorgängern, wie QUATREFAGES (4), KEFERSTEIN (40) und Anderen folgend, vier Regionen: den großen Raum, welcher vor den Stiletten liegt, und welcher allein eine Aus- und Einstülpung erfährt, nannte er »Anterior chamber«, die Region, in der die Stilette sich befinden, »Stylet-region«, eine kleinere sich an diese an- schließende Cavität »Reservoir«, und den wiederum ziemlich weiten letzten Ab- schnitt des Rüssels, in welchen diese sich öffnet, »Posterior chamber«. HUBRECHT (25) bezeichnet die erste ihrer Auskleidung entsprechend » Papilliferous«, die vierte, hinterste, »Glandular part of the proboscis«. Für das vor der Rüsselinsertion lie- gende Rohr, durch welches der Rüssel in der That wie eine Scheide bewegt wird, schlägt letzterer Autor die Bezeichnung Rhynchodaeum vor. — Ein Ejaculatory duct verbindet nach McIntosa das Reservoir mit einer Muscular chamber, die sich in die Anterior chamber öffnet, und in welche das Hauptstilett hineinragt. Neben dem Hauptstilett, welches von einem muskelreichen Gewebswulste getragen wird, das bis auf die genannten Höhlungen und Kanäle, welche er ein- und um- schließt, die vordere Kammer von der hinteren trennt, hat der citirte Autor auch in der Regel noch das Vorhandensein von mehr oder weniger zahlreichen Neben- stiletten wieder bestätigt, welche in je einem Randsacke, deren jeder sich durch einen Kanal in die vordere Kammer öffnet, und die gleichfalls in dem Gewebs- wulste etwas vor dem Hauptstilett liegen. Das Hauptstilett, welches nach vorn ge- richtet ist, sitzt einem kegelförmigen Apparat auf, einem »Granular basal apparatus«, welchen eine » Bekleidung von Muskeln« umhüllt. ‘Reserve-stylet nennt derselbe Forscher dem Hauptstilett ähnliche Stilette, welche sich öfters in der Einzahl am Grunde des »Granular basalapparatus « feststellen lassen. Die Wand der vorderen Kammer setzt sich aus diesen Schichten zusammen, von außen nach innen zählend: 4) elastisches Gewebe, 2) äußere Schicht von Längsmuskeln, 3) reticuläre Schicht, 4) innere Schicht von Längsmuskeln, 5) Ringmuskelschicht, 6) Basalmembran (Basement-layer), 7) eine Schicht » of glandular papillae«. Auch der hintere Rüssel- raum soll mit »Glandular papillae« ausgekleidet sein. Ein Retraktor heftet den Rüssel an der Rüsselscheide (Proboscidian sheath or chamber) an. Eine ganz eigene Art der Bewaffnung entdeckte Husrecht (16) bei Drepanopho- rus, ein sichelartiges Gebilde, das dort auf einer »kragenförmigen« Erhebung der Rüsselwandung mit seiner konkaven Seite ruhen soll, wo der papillöse Theil des Rüssels aufhört, das Rüssellumen sich verengt und »bei anderen Enoplen die Sti- 1 Leider war der Rüssel von den Prosadenoporiden nur bei zwei Formen, Pr. badio-vagatus und arenarius, vollständig erhalten. Zum Studium des Rüssels im Allgemeinen sind auch Exemplare eines Amphiporus, Amph. lactifloreus (?) ver- wandt worden, welche Herr Geheimrath Euters die Freundlichkeit hatte, mir von Helgoland mitzubringen. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. L. Bd. 43 194 Otto Bürger, lettregion eintritt« Er vermisst nun aber nicht nur den gesammten Stilettapparat, Hauptstilett, Nebenstilette, sondern auch die Kanäle und Hohlräume, welche sonst die Stilettregion der Enopla kennzeichnen. Die kragenförmige Erhebung ist wohl ein Analogon des Gewebswulstes. Ein hinter dem lose im Gewebe befestigten sichelförmigen Häkchen sich befindliches »taschenförmiges Gebilde« mit »grünlicher Flüssigkeit« angefüllt, hält der Autor für homolog der Gifttasche anderer Nemer- tinen. Der Bau der Rüsselwand bietet nichts Neues. In seinem Challenger Report beschreibt Husrecur (25) statt des einfach »schwarzbraunen« Häkchens »a curved handle of stylets«, an welche normal gebaute Stilette mit Muskelfibrillen befestigt sind; außerdem accessorische Reservoire von Stiletten, d. h. Taschen, welche mit Stiletten angefüllt, in der Nähe der »curved handle« sich finden (Drepano- phorus serraticollis). Fernere Einzelheiten sollen in der Darstellung Berücksichti- sung erfahren. Durchaus an das nach Melnrtosn (12) kurz.dargelegte Schema schließt sich der Bau und die Einrichtung des Rüssels von Prosadenoporus are- narius an (Taf. VIII, Fig. 145). Derselbe bildet ein langes wohlausgebildetes Rohr, welches vor dem Gehirn an der Wand des Rhynchodaeums inserirt ist, rings das Rhynchocoelom nach außen abschließend. Betrachten wir den Rüssel nach Aufhellung mit koncentrirter wässeriger Lösung von Chloralhydrat, welches auch konservirtes Material vorzüglich durchsichtig werden lässt, so unterscheiden wir leicht den mit dunklen Krausen erfüllten papillösen Raum (Anterior chamber) von dem hinteren (Posterior cham- ber), welcher vollständig hell ist. Wir gewahren zwischen beiden den undurchsichtigen dieken Gewebswulst, und auf ihm eine tonnenförmige Erhebung einer grün aussehenden körnigen Masse, eine Art Polster, an welches sich rings Muskeln ansetzen, und welches einen langen, sehr spitzen Stachel mit verbreiterter Basis, die den Stachel wie einen Ring umschließt, trägt, das nach vorn, hier in den vorderen Rüsselraum hineinragende Hauptstilett. Jederseits macht sich auch unmittelbar an der Rüsselwand ein Säckchen bemerklich, das mit einem engen Kanal in den vorderen Raum mündet, und darin je ein Paar bedeutend kleinerer Stilette als das Hauptstilett, von denen das eine Stilett eines Paares nach vorn, das andere nach hinten mit der Spitze gewandt ist. Ein Kanal führt aus dem hinteren Raum in ein zwiebelförmiges Hohl- gebilde (Reservoir), das innerhalb des Gewebewulstes vor dem Polster des Hauptstiletts — nennen wir dieses künftig den » Stützapparat« des- selben — liegt und mit dem vorderen Raum durch ein unter dem Stützapparat, den Gewebswulst des Rüssels, bezeichnen wir diesen als Diaphragma, durchbohrendes Rohr, den Ejaculatory duct, kom- munieirt. Der Rüssel von Prosadenoporus badio-vagatus, welcher sich in seiner Einrichtung völlig an den der beschriebenen Form anschließt, Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst. Beitr. zur Systematik. 195 bietet in seinem Stilettapparate eine merkwürdige, meines Wissens bisher noch nicht bekannte Abweichung (Taf. VII, Fig. 146). Außer den Nebenstiletten, mit denen wenigstens eine Tasche gefüllt ist, die andere enthält eigenthümliche glänzende Kügelchen, wie sie auch Melxtos# aufgefallen sind, sehen wir neben der Basis des nach vorn gerichteten Hauptstiletts in sehr symmetrischer Anordnung je ein Paar Stilette liegen, die dem Hauptstilett an Größe nicht nachstehen. Sie entbehren aber, so viel ich konstatiren durfte, sowohl des Stützapparates als auch eines Sackes. Sie liegen nicht in der Längsachse des Rüssels, sondern quer zu dieser, und zwar über Kreuz, wie ein Paar über Kreuz gelegte Waffen, aber nun unerklärlicherweise nicht mit der Spitze nach vorn, sondern nach hinten gerichtet, ganz entgegengesetzt der Richtung, welche die Spitze des Hauptstiletts inne hat. Weder den Nebenstilet- ten, wenigstens den in die randlichen Säcke eingeschlossenen, noch den Reservestiletten wird man diese accessorischen Waffen an die Seite stellen können. Ihre Bedeutung ist mir gänzlich dunkel. Auch die der Nebenstilette ist bekanntlich noch keineswegs zur Genüge auf- gehellt. Behandeln wir auch den Rüssel von Drepanophorus latus mit Chloralhydrat, um ihn unter dem wechselnden Drucke eines Compres- sors bei schwacher Vergrößerung zu betrachten, so fällt auch hier ein vorderer mit den krausenartig angeordneten Papillen ausgestatteter Abschnitt und ein hinterer, welcher keinerlei innere Elemente erken- nen lässt, ins Auge (Taf. VII, Fig. 147). Auf der Grenze bemerken wir ein scharf abgesetztes, undurchsichtiges, sichelförmiges Gebilde. Noch erscheint es glatt. Vergrößern wir aber ein wenig stärker, so sehen wir seinen äußeren konvexen, der Rüsselöffnung zugekehrten Rand mit Zähnen besetzt, welche in gleichen Abständen angeordnet sind. Ein Diaphragma fehlt; auch eine Blase, welche sich dem Reservoire vergleichen ließe, und die entsprechenden Kanäle sind nicht aufzu- finden. Untersuchen wir jedoch die Zähne genauer, so erkennen wir leicht in ihnen Stilette, ganz gebildet wie die im Rüssel eines Amphi- porus oder eines Prosadenoporus mit scharfer, langer Spitze und einer ringartig, das verdickte Ende derselben umgebenden Basis. Wie die Zähne einer Säge sind die Stilette zur Unterlage nicht gerade aufwärts, sondern geneigt gestellt, alle derselben Richtung mit der Spitze zuge- wandt. Die sichelartige Unterlage ist als eine Hautbildung, als eine Hautfalte zu betrachten. In ihr macht sich eine sehr dichte Streifung kenntlich, die wir schon jetzt nicht etwa auf Muskelfibrillen, sondern auf unzählige, sehr dicht liegende Sekretgänge gewaltiger Drüsen- zellmassen, welche innerhalb der Sichel Platz nehmen, zurückführen 13* 196 Otto Bürger, müssen. Wir erkennen selbst schon am gequetschten Rüssel die Gestalt der einzelnen sehr langen Drüsenzelle, welche eine sehr schlank schlauchförmige ist, und das äußerst fein gekörnte, glänzende Sekret, das dieselben führen (Fig. 148). Außerdem liegen Haufen accessorischer Stilette um die Sichel herum, ohne besondere Anordnung, regellos in der Rüsselwandung eingesenkt. Säcke um die Stilettgruppen, welche aus fünf und mehr Stiletten bestanden, habe ich vermisst. Die accessorischen Stilette haben eine kürzere Spitze als die der Sichel eingepflanzten, aber eine umfangreichere discusartige Basis. Die Histologie des Rüssels. Die Wand des vorderen Raumes setzt sich, wie dies erst Husrecur vollständig erkannt hat, aus drei Muskelschichten, einer äußeren Ringmuskelschicht, und einer inneren Ringmuskelschicht, welche beide eine Längsmuskelschicht ein- schließen, zusammen (Fig. 145). Die Längsmuskelschicht wird, wie dies schon früher beschrieben wurde, durch die Nervenstämme des Rüssels und die sie begleitenden Ganglienzellmassen in zwei Schichten geson- dert, in eine innere dünnere, und eine äußere stärkere. Die innere Ringmuskulatur wird von einer dünnen hyalinen Membran bedeckt, einer Basalmembran, auf welcher ein Plattenepithel ruht, das den Rüssel nach dem Rhynchocoelom zu umkleidet. An die äußere Ring- muskulatur legt sich eine homogene gallertartige, wenig färbbare und kernarme Masse an, welche aber im Gegensatz zu der Basalmembran des Plattenepithels eine außerordentliche Mächtigkeit erreicht; auf diese stützt sich das äußere Epithel, seiner eigenthümlichen, wechselnden Ausbildung willen die Papillenschicht genannt. Wir haben, wie bei den Anoplen, die Schichten der Rüsselwand so gezählt, und demnach als äußere oder innere unterschieden, wie sie der ausgestülpte Rüssel vorführt, ein Verfahren, das auch gerechtfertigt wird, wenn wir den Rüssel als eine Einstülpung der Körperwand betrachten. Das Platten- epithel verhält sich wie das der Anopla. Die innere Ringmuskulatur ist ein Drittel so stark als die äußere. In der Längsmuskelschicht ist ein reiches bindegewebiges Flechtwerk entwickelt, das die Muskulatur, wie wir es bei Gerebratulus kennen lernten, in ungezählte Bündel ab- theilt. Die Bindegewebsstränge, welche gleichfalls radial angeordnet sind, vereinigen sich unter der inneren und äußeren Ringmuskelschicht, namentlich unter der inneren ein ziemlich dickes Lager bildend, und ferner um die Rüsselnerven und ihre Ganglienzellmassen, sie hüllen- artig umschließend. | Die Nervatur des Rüssels wird später besprochen werden. Die Papillen der äußeren epithelialen Deckschicht werden durch Kan Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 197 wulstartige Erhebungen der homogenen gallertartigen Grundschicht ge- bildet und dadurch, dass auf den Wülsten die Epithelzellen eine immense Höhe besitzen, während sie sonst, in den Thälern, plattenartig niedrig sind. Aus Längs- und Querschnitten folgt, dass die Papillen ziemlich eng stehen, oft so eng, dass man gar keine Thäler zu erkennen vermag, immer aber in regelmäßigen Intervallen. Sie sind also nicht regellos im Rüssel verstreut, sondern lassen sich sowohl in Längsbänder als auch in Ringe auflösen, wie es die dunklen Säume im aufgehellten Rüssel bereits früher andeuteten. Dabei können sie »dachziegelartig« den ausgestülpten Rüssel bedecken, wie Husrecht es von demjenigen von Drepanophorus angiebt (16). Die einzelne Papille setzt sich aus einer Summe von Epithelzellen zusamınen, deren jede eine schlank cylin- drische Gestalt mit trichterartig erweitertem oberen Abschnitt und einen fadendünnen unteren, fortsatzartigen besitzt. Jede Zelle birgt am Grunde des erweiterten oberen Stückes einen großen, länglich elliptischen Kern, so dass alle Kerne in gleicher, etwa halber Höhe von der homogenen Unterlage entfernt liegen. Melntosu (18) nennt die Pa- pillen »Glandular papillae« und charakterisirt sie so in aller Kürze treffend, denn dass die Zellen der Papillen eine sekretorische Thätig- keit ausüben, davon zeugt einmal die Schleimschicht, welche in der Regel die Papillen überlagert, sodann aber der Inhalt der trichterartigen oberen Zellerweiterung. Dieser nämlich färbt sich eben so wie die schleimige, die Papillen bedeckende Masse intensiv mit Hämatoxylin (Fig. 155), weniger mit Karmin und besitzt ein glanzloses, schaumiges Aussehen. Da die stark tingirbaren Zellabschnitte lückenlos äußerst dicht zusammenschließen, ist es mir nicht gelungen, zwischen ihnen sogenante indifferente Zellen, Analoga der Epithelfadenzellen festzu- stellen, und ich nehme keinen Anstand zu vermuthen, dass hier sämmt- liche Epithelzellen, die, was ihre Gestalt anbetrifft, noch durchaus an die der Epithelfadenzellen erinnern, als sekretorische Organe funktioni- ren, zumal die stützende Funktion, die wir doch den Epithelfadenzellen zuschrieben, hier von den Wülsten des homogenen Gewebes der Grund- schicht übernommen wird, von denen nämlich in ungemeiner Masse hohe, schmale Äste abgehen, die, sich zwischen die Zellen drängend und sich bis an den Rand der Papille verzweigend, einen vorzüglichen Stützapparat für ihr Epithel abgeben. Die Stilettregion trennt den vorderen Rüsselraum von dem hin- teren, indem sich, wie angedeutet, ein Gewebswulst, ein Diaphragma gebildet hat, das nur dem Ejaculatory duct den Durchtritt gewährt und hinten eine Höhlung, das »Reservoir«, einschließt. Demnach zerfällt die Stilettregion in zwei in der That scharf getrennte Abschnitte, den 198 Otto Bürger, stilettführenden und den der Sekrettasche, wie wir das sog. Reservoir forthin nennen wollen. Das Diaphragma entstand durch eine Konkrescenz der äußeren Schicht der Rüsselwand (Fig. 145). Um den Stützapparat des Stiletts und den Sekretkanal, dieses ist der Ejaculatory duct, ist die innere Längsmuskelschicht, welche sich verstärkt hat, zusammengewachsen und dient zur Bewegung des Hauptstiletts. Die äußere Ringmuskulatur, welche sich nicht, wie die Längsmuskelschicht, ausgebreitet hat, ist gleichwohl auch um Stilettträger und Sekretkanal verwachsen, eine Muskelscheibe um jene erzeugend. Diese wird von der Papillenschicht, welche äußerst niedrig geworden ist und einer dünnen Membran, die Fortsetzung der homogenen Grundsubstanz, auf welche sich jene stützt, bedeckt. Die innere Längsmuskulatur ist in unveränderter Mächtigkeit auch in der Wand des Wulstes weiter zu verfolgen, sie verläuft inner- halb der Taschen der Nebenstilette und der Drüsenzellen der Stilett- region, die uns später näher beschäftigen sollen, bis an den Abschnitt, welcher die Drüsenzelltasche einschließt. Endlich verwachsen auch die Rüsselnerven, je einen Ring um den Sekretkanal und ein Polster bildend, das unter dem Hauptstilettträger liegt, und um den Sekretkanal allein über der Tasche innerhalb des zweiten Abschnittes der Stilett- region. Die Abschnitte der Stilettregion werden durch eine uhrglas- artig vorgewölbte, bindegewebige Membran geschieden, die nur vom Sekretkanal durchbrochen, sich an jene Bindegewebsschicht, welche die innere Längsmuskulatur umgiebt, rings ansetzt. Diese Bindege- websschicht nämlich setzt sich aus der Wand des vorderen Rüssel- raumes auch um die gesammte Stilettregion und auch um den hinteren Rüsselraum fort. Die Bindegewebsschicht aber, welche der äußeren Ringmuskulatur nach außen anliegt, die homogene Grundschicht der Papillen, setzt sich durch den Sekretkanal hindurch in die Sekrettasche fort, auch den hinteren Rüsselraum nebst einem Epithel auskleidend, das an der Öffnung des Sekretkanals im vorderen Rüsselraum unmittel- bar in die Papillenschicht übergeht. Kontinuirlich ist ferner die innere Ringmuskelschicht, das Plattenepithel und dessen Basalmembran um den ganzen Rtissel ausgebreitet. Die innere Ringmuskulatur wird in der Stilettregion fast Null, im hinteren Rüsselabschnitt verstärkt sie sich wieder. Betrachten wir von den merkwürdigen Gebilden der Stilettregion zunächst den Stilettträger. Dieser ist ein sockelartiges, hohes Organ, das aus einem festen granulären Kern und einem epithelialen Mantel besteht. Der Kern macht den Eindruck wie eine aus feinsten Sand- körnchen geformte Pyramide. Die äußeren Körner stehen lose, die Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 199 centralen sehr dicht, diese sind kaum messbar fein, jene ziemlich grob. Der Kern des Stilettträgers steht in Verbindung mit Körnchenmassen, weiche dicht unter den Säcken der Nebenstilette unmittelbar an die Wand, d. h. an die innere Längsmuskulatur des Rüssels gelagert sind. Diese Körnermassen, welche sich mit Methylgrün lebhaft, aber auch mit Hämatoxylin färben, sind wie das Sekret von Drüsenzellen in Bindegewebshüllen eingeschlossen und bilden einen geschlossenen breiten Ring an der Rüsselwand um den Stilettträger herum. Ich zweifle nicht, dass sie in der That das Sekret von Drüsenzellen dar- stellen und den Granular glands entsprechen, welche Melntosu (12) in derselben Gegend gesehen hat und vor ihm QUATREFAGES (4), CLAPAREDE (9), Kererstein (10) und Andere konstatirten, obwohl ich über ihren Bau nicht ins Reine gekommen bin. Die Verbindung der Körnermassen mit dem Kern des Stilettträgers wird durch viele feine Körnchenstraßen bewirkt, die sich näher an einander schließen und so auf einem Längs- schnitte eine große Straße bilden, welche sich erst am Kern selbst wieder in zahlreiche Körnchenreihen auflöst. Die Insertion der Körn- chenreihen am Kern ist keine glatte, sondern überall springen aus dem- selben Spitzen und Zacken, an welche sich jene anheften können. Die Straßen beschreiben eine Wellenlinie, sie wenden sich beim Austritt aus der Körnermasse der Drüsenzellen ein wenig nach hinten, um darauf mit starkem Bogen nach vorn an den Stilettträgerkern hinanzusteigen. Die Körnermassen stehen auch mit den Taschen der Nebenstilette in Verbindung. — Stellen die Körnermassen, was höchst wahrscheinlich, ein Sekret von Drüsenzellen vor, so werden wir ihnen die Bildung des Kernes des Stilettträgers zuzuschreiben haben, vielleicht auch diejenige der Stilette selbst, wenigstens neige ich zu der Ansicht hin, dass die centrale, feste, feinkörnige Substanz des Stilettträgerkernes dieselbe Materie enthält, welche die Stilette aufbaut. Die Stilette bestehen be- kanntlich aus einer Kalkverbindung. Aber sie sind sehr widerstands- fähig, z. B. gegen Säuren, dafür spricht, dass sie selbst andauernd schwachen Salzsäurelösungen ausgesetzt, wie man solche zum Aus- waschen von Farbstoffen anwendet, nicht die Spur einer Veränderung, einer Löslichkeit oder nur einer Ätzbarkeit verrathen. Das Sekret der Drüsenzellen der Körnermassen und mithin das körnige Material des Kernes des Stilettträgers würde also ein Ca-haltiges sein. Das Stilett ist mit seiner Basis in den Kern eingesenkt, der ring- förmige Wulst ist von seiner Substanz um- und überwallt; er steht nicht, wie ich dies bei Melntosa fast immer abgebildet sehe, nur auf dem Träger, sondern in ihm, wie es dem Zweck, welchen das angeschwollene 200 Otto Bürger, basale Stück des Stiletts andeutet, der Festigkeit der Stellung willen umfasst zu werden, völlig und einzig entspricht. Den Kern des Stilettträgers umgiebt ein Mantel von Zellen, in denen nur die kleinen dicht bei einander liegenden Kerne hervortreten. An den Zellmantel heften sich flügelartig (auf dem Längsschnitt) am Fuße des Stilettträgers Muskelfibrillen an, die in die äußere Längsmuskulatur übergehen. Bei Amphiporus bilden die in gleichem Bogen wie die Körnerstraßen vom Stilettträger ausstrahlenden Muskelfibrillen eine Scheibe, welche rings an der in einigen straffen Zügen diesen Abschnitt durchsetzenden äußeren Längsmuskulatur befestigt ist. Der Stilett- träger ruht mithin auf einem besonderen Muskelapparat, welcher durch den ausgeprägten Verlauf, den seine Fibrillen nehmen, deutlich inmitten des übrigen, gleichfalls zumeist von der äußeren Längsmuseularis stam- menden Muskelgewebes hervortritt. Bei Prosadenoporus arenarius finden wir unter dem Stilettträger noch eine Art Polster. Es ist dies ein Kissen lockerer Muskelfibrillen, welches von einer bindegewebigen Hülle eingeschlossen oder doch mindestens bedeckt ist. Diese Hülle springt trichterartig etwas in den Kern des Stilettträgers, welcher sich unmittelbar an sie legt, vor. An den Vorsprung der Hülle des Kissens in den Kern und jene Masse von Fasern, in welche die Hülle nach außen zerschlitzt ist, und die sich von ihr abspalten, heften sich dicke, zahlreiche Muskelfibrillenzüge, die sämmtlich von vorn aus dem Lager der äußeren Längsmuskelschicht kommen. Wie Muskulatur und elastisches Kissen zusammen wirken, um ein Aus- und Einziehen des Stiletts zu bewirken, ist leicht verständlich. Den Sekretkanal finden wir dicht an den Stilettträger gepresst. Nicht eigentlich nur als ein Reservoir ist der zwiebelförmige Hohl- raum, die Sekrettasche, in welchem sich der Sekretkanal hinter dem Stilettträger in dem durch die uhrglasartige Membran von der eigent- lichen Stilettregion abgetrennten Abschnitt erweitert, aufzufassen, son- dern die mächtige Muskulatur, der Nervenring, legt uns nahe, dass wir hier eine Gavität vor uns haben, welche in erster Linie durch die Fähig- keit des plötzlichen Kontrahirens und Ausdehnens ausgezeichnet ist, welche mit einem Worte eine Flüssigkeit kräftig austreiben soll. Wir haben es demnach auch bezüglich der Sekrettasche mit einem Spritz- apparat zu thun. Diese Flüssigkeit scheint theilweis in dem muskulösen Hohlraum selbst zu entstehen, hierfür zeugen lange Körnchendrüsen- zellen, welche ich bei einem nordischen Amphiporus fand, größtentheils aber wird sie wieder durch den kurzen, gleichfalls sehr muskulösen Verbindungsgang mit dem hinteren Raume aus diesem zugeleitet werden. Die Muskulatur besteht, wie dies McInrosu schon am frischen Objekt N Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 201 erkannt hat, aus Zügen sich kreuzender Längsfibrillen. Das Epithel ist ein Cylinderepithel mit länglich elliptischen Kernen. Der hintere Raum ist merkwürdig durch den außerordentlich ein- fachen Bau seiner Wandung. Es ist der ruhende Abschnitt des Rüssels, dessen einzige Aufgabe es ist, ein Sekret darzustellen, das wohl sicher- lich ein relativ giftig wirkendes sein wird, im Gegensatz zum vorderen und mittleren, dem thätigen, dessen Funktion als Angriffs- und Ver- theidigungsorgan einen komplieirten Muskel- und Nervenapparat er- forderte. Nerven setzen sich in die Wand des hinteren Rüsselraumes nicht fort; die des vorderen bilden ein System, das durch zwei Ringe, wie gesagt, geschlossen ist. Sollten Nerven auch in der hinteren Rüsselcavität vorhanden sein, so sind dieselben von größter Feinheit, jedenfalls fehlt ein solch typischer unverkennbarer Apparat, wie in der Wand des vorderen Raumes. Ferner fehlt die äußere Ringmuskulatur, welche sich um den vorderen Raum an der hinteren Wand, dem Dia- phragma schloss. Es existirt natürlich nur eine Längsmuskelschicht, welche kaum halb so mächtig ist wie eine der vorderen Längsmuskel- schichten. Die Existenz nur der inneren Ringmuskelschicht, der des Plattenepithels und seiner Basalmembran wurde bereits begründet. Die drüsenzellreiche äußere Epithelschicht des hinteren Rüsselraumes näher zu studiren erlaubte mein Material nicht. Das Sekret erkannte ich als ein schleimig körniges. Bei den Drepanophoriden finden wir den komplicirten Stilettapparat nebst Zubehör durch eine äußerst einfache Einrichtung ersetzt, die, wenn sich die nachstehende Beobachtung bestätigen sollte, an den Mechanismus der Giftzähne der Schlangen erinnert. Schon am aufge- hellten Rüssel hatten wir uns von dem an der eigenthümlichen Bewaff- nung Wesentlichen unterrichtet. Zerlegen wir jetzt den Waffenapparat in Schnitte. Wir überzeugen uns am Schnittbilde, dass das einzelne Stilett auf einer kleinen Erhebung steht, welche von schmalen Zellen mit länglichen Kernen, die sich lebhaft färben, umsäumt ist; sie umschließen eine körnige schleimige Masse, in welche wir die Sekretgänge von langen Drüsenzellbündeln verfolgen (Fig. 149). Jede einzelne Drüsen- zelle ist schlank, am Grunde mäßig angeschwollen, mit einem kleinen ‘ stark färbbaren Kern versehen. Dem kleinen, von den Epithelzellen ähnlichen Zellkörpern umkleideten Kegel sitzt nun ein Stilett auf, welches unzweifelhaft hohl ist, und zwar an der Basis eine ziemlich umfangreiche Höhlung besitzt, die der Spitze zu enger wird und schließ- lich höchst wahrscheinlich in einen feinen Kanal ausläuft, so dass am guten Längsschnitt durch das Stilett die Spitze desselben zweispaltig zu sein scheint. An die Bekleidungszellen des Kegels heften sich Mus- 202 Otto Bürger, kelfibrillen an. Erinnern wir uns, dass bei dem gewöhnlichen enoplen Rüssel von den Körnermassen, die wir für das Sekret von Drüsenzellen hielten, Sekretgänge an den Stilettträger gingen, so ist es hier nichts Sonderliches, dass wir die Sekretstraßen der schlauchförmigen Drüsen- zellen bis in den Kegel des Stiletts, also gleichfalls in den Stilettträger hinein verfolgen. Die Längsdurchlöcherung des Stiletts weist aber darauf hin, dass sich hier außer einem Sekret, das an der Bildung von Stiletten Theil nimmt, eine Flüssigkeit absondern muss, die, durch das Stilett ausgespritzt, in Wunden als Gift reagiren wird. Leider erlaubte es mir mein Material nicht, die Studien über den feineren Bau des Sti- lettapparates der Drepanophoriden zum Abschluss zu bringen. Das Rhynchodaeum, in welches bei verschiedenen Formen der Schlund gleich vor der Insertion des Rüssels einmündet (Prosadenoporus badio-vagatus und arenarius), oder dessen Öffnung mit der des Mundes zusammenfällt (Prosadenoporus janthinus und Amphiporus Amboinensis), wird von einem Plattenepithel oder kubischen Zellen ausgekleidet, welche sich nicht stark tingiren und elliptische Kerne führen. Um die Rüsselinsertion herum ist dasselbe höher und die Zellen sind eylinder- förmig. Die Epithelzellen stützen sich auf eine Art Basalmembran. Diese liegt unmittelbar Längsmuskelzügen auf, welche sich aus der Längsmuskulatur der Körperwand, am Rhynchodaeum entlang ziehend, nach hinten wenden, um sich beim Beginn des Rhynchocoeloms wieder mit der Längsmuskulatur der Körperwand zu vereinigen — sie ist haupt- sächlich dorsal stark ausgebildet — (Drepanophorus cerinus). Ferner aber bekleidet die Basalmembran die bedeutenden Ringmuskelmassen, welche gerade vor dem Rüssel hart an das Rhynchodaeum gelagert, in der That einen kräftigen Sphincter bilden. Als solchen hat Huprecnr (25) den Ringmuskelring des Rhynchodaeums wohl richtig gedeutet. Bei manchen Formen, z. B. bei Drepanophorus serraticollis ist die Längsmuskulatur im vorderen Abschnitt des Rhynchodaeums fast nicht ausgebildet, hier ist dasselbe eingebettet ins Parenchym der Kopfhöhle, von einem Zellmantel ausgekleidet, der ganz und gar an die charakte- ristische Parenchymzellbekleidung der Blutgefäßstämme erinnert. Das Rhynchocoelom. Das Rhynchocoelom der Enopla unterscheidet sich, wie schon in dem entsprechenden früheren Kapitel angedeutet wurde, wesentlich durch seine Länge von dem der Anopla. Es erreicht bei Prosadenoporus badio-vagatus den After, bei Drepanophorus rubrostriatus bleibt es nur N,2 mm von demselben entfernt. Das Rhynchocoelom der Prosadenoporiden schließt sich an das der Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 203 Anopla, was Lage, Gestalt und Bau anbetrifft, fast völlig an. Nur ist es noch mehr an den Rücken hinaufgerückt, es liegt über den dorsalen Ganglien fast unmittelbar der Längsmuskelschicht der Körperwand an, und stellt einen im Querschnitt kreisrunden Sack dar. Die Wand besteht demgemäß aus einer äußeren Ringmuskelschicht, welche nur wenig stärker als die innere Längsmuskelschicht ist, und einer sehr mächtigen inneren Auskleidung von einer gallertigen Grund- masse, welcher kuglige, kleine, stark tingirbare Zellkerne aufliegen. Das Rhynchocoelom der Prosadenoporiden besitzt keine Art von Ausstülpungen, und hierin stimmt es mit dem der Amphiporiden über- ein, welchem gleichfalls Taschen fehlen. Das Rhynchocoelom dieser aber leitet uns durch seine tiefere Lage — zwischen den dorsalen Gan- glien und später ein Stück unterhalb der Längsmuskulatur der Körper- wand und vor Allem durch den Bau seiner Wandung zu dem der Dre- panophoriden hin. Während wir bisher stets eine Sonderung der Muskelfibrillen der Rhynchocoelomwand in zwei scharf geschiedene Schichten, eine äußere Ringmuskelschicht und eine innere Längsmuskel- schicht, konstatirten, kommt in der Wandung des Rhynchocoeloms der Amphiporus- und Drepanophorusarten nur eine Muskelschicht zum Aus- druck, die sowohl Ring- wie Längsfasern enthält, denn beide sind mit einander maschenartig verflochten worden (Taf. VIII, Fig. 150). Die einzige Muskelschicht ist so stark wie die doppelte der Prosadenoporus-Arten. Am Rhynchocoelom der Drepanophoriden haben wir die Rhyncho- coelomsäcke ins Auge zu fassen. Dieselben gehen aus dem Rhynchocoelom etwa dort, wo bei den Enopla die Rhynchocoelomgefäße liegen, in metamerer Reihenfolge ab (Taf. IX, Fig. 176). Sie sind, wie die Blutgefäßkommissuren des Bauches den Darmtaschen superponirt und enden blind, nachdem sie, der Run- dung der Körperwand angepasst, ein Stück eines Halbbogens be- schrieben haben, ehe sie noch die Seitenstämme, in der hinteren Körper- region wenigstens, in welcher dieselben fast völlig ventral gelagert sind, erreicht haben (Fig. 173). Oft sind sie gefäßartig eng, oft aber zu umfangreichen Säcken aufgetrieben. Sie kommunieiren mit keiner Cavität, weder mit der des Wassergefäßes, wie dies Melntosu irrthüm- lich behauptete, Husrecat sofort widerlegte, noch mit der des Blut- gefäßes. Sie sind rings vom gallertartigen Gewebe des Leibesraumes eingeschlossen. Die Wandung setzt sich aus einer einreihigen Ringmuskelschicht — Längsmuskeln vermisste ich bis auf einige wenige Fibrillen, welche sich zerstreut zwischen den Ringfasern fanden, einer inneren dünnen ‚homogenen Membran — der gallertigen Grundmasse — und der zelligen 204 Otto Bürger, endothelartigen Auskleidung zusammen. Was die Rhynchocoelomsäcke aber den Blutgefäßen zum Verwechseln ähnlich macht, ist der dichte Mantel von Parenchymzellen, welcher sich außen um die Ringmuskel- schicht der Säcke herumlegt (Fig. 150). Es sind, wie dies bei Cerebra- tulus marginatus früher an den Längsgefäßen der Mitteldarmregion ge- schildert wurde, kubische Zellen mit einem kleinen kugeligen Kern, welche dicht an einander schließen, wie die Steine eines einschichti- gen Mauerwerks. Diese Erscheinung veranlasste mich auf den Paren- chymzellmantel auch noch einmal das Rhynchocoelom ins Auge zu fassen. Und siehe: bei unseren sämmtlichen Enoplen fand ich ihn als eine meist wohlentwickelte, immer aber angedeutete Zellschicht. Be- sonders vorzüglich war er bei Prosadenoporus badio-vagatus und Dre- panophorus latus ausgebildet. Schließlich will ich noch mit Bezug auf einige Drepanophoriden die ungemein starke Faltenbildung der gallertigen Auskleidung des Rhynchocoeloms hervorheben, welche so enorm werden kann, dass die Falten, welche rings vom ganzen inneren Umfang in das Lumen des Rhynchocoelom hinein vorspringen, fast ganz dasselbe erfüllen ; der endo- thelartige Zellbelag ist auf denselben plattenartig niedrig geworden. Das Rhynchocoelom der Enopla steht in keiner Beziehung zu den Seitengefäßen. Rhynehocoelomgefäße fehlen. Das Rückengefäß, das einen längeren oder sehr kurzen Abschnitt des Rhynchocoeloms in der Medianebene ventral, aber nur innerhalb desselben, der Wand ange- heftet durchläuft — es steigt fast gerade in das Rhynchocoelom hinauf, und senkrecht wieder aus ihm hinunter — ist entweder mit einer ein- schichtigen Zelllage wie das Rhynchocoelom selbst ausgekleidet, oder es kommt um seinen Stamm herum zur vielschichtigen Anhäufung von Zellen, welche ihn, so lange er im Lumen des Rhynchocoeloms liegt, begleitet. Das Blutgefäßsystem. Das Blutgefäßsystem unserer Formen setzt sich gleichfalls immer aus drei Längsstämmen, den beiden Seitengefäßen, und dem unpaaren Rückengefäß zusammen. Die Seitengefäße vereinigt in der Kopfspitze vor dem Gehirn über dem Rhynchodaeum eine geräumige Kopfschlinge; unter dem Rhyncho- coelom, in der Gegend des Vorderhirns verschmelzen sie abermals zu einem wenig angeschwollenen Gefäßraum, dem das Rückengefäß ent- springt. Die Kopfgefäße, d. s. die vor dem Gehirn liegenden Abschnitte der Seitengefäße, liegen zwischen Rhynchodaeum und Ösophagus. Die Seitengefäße verlaufen in der vorderen Körperregion über den Seiten- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 205 stämmen, weiter hinten neben diesen, endlich unter ihnen, aber stets innerhalb derselben, an der Bauchseite zusammenrückend (Taf. IX, Fig. 193). Die Gefäße der Enopla erfahren keine sackartigen Erweiterungen wie die der Cerebratuliden und Eupoliiden, z. B. um die Seitenorgane herum; sie besitzen ferner stets einen gesonderten Verlauf, und bilden weder Netze noch kapillarartige Verzweigungen, wie die der unbewaff- neten Formen in der Ösophagealregion und häufig in der Kopfspitze. Im mittleren und hinteren Körperabschnitt kommissuriren die Seitengefäße in der bekannten Weise mit dem Rückengefäß. Diese Querverbindungen liegen in den Septen, sie sind also den Darmtaschen superponirt (Taf. IX, Fig. 172). Das Rückengefäß ist im Vergleich mit dem der Anopla auf eine sehr kurze Strecke in das Rhynchocoelom eingeschlossen. Bei den Prosadenoporiden findet nur ein Hinauf- und Hinunterbiegen des Rückengefäßes in das Rhynchocoelom statt. Es war dasselbe nur auf etwa 15 Schnitten im Rhynchocoelom zu verfolgen. Die hinterste Vereinigung der drei Stämme bewirkt die über dem After gelegene Analkommissur. In der mittleren Körperregion sind sowohl die Seitengefäße als auch die Kommissuren öfters bedeutend angeschwollen und voll von Blutkörperchen, von denen viele sich im Theilungszustande befanden ; wir werden auf sie zurückkommen. Die Histologie der Gefäße entspricht derjenigen der Stämme der mittleren und hinteren Körpergegend der Anopla: da die Blutge- fäße der Enopla nämlich nie innerhalb der Muskulatur liegen, sondern stets in die mit Parenchym ausgefüllten Räume, welche die Körperwand umschließt, gebettet sind, so besitzen die Stämme, welche enge Cylin- der bilden, stets einen Mantel von würfelförmigen Parenchymzellen und eine eigene Ringmuskulatur innerhalb des Parenchymzellmantels. Das hohe Endothel stützt sich auf eine homogene helle Grundmasse. Den metameren Querverbindungen der Seitengefäße mit dem Rückengefäß fehlt eine Ringmuskulatur. Das Exkretionsgefäßsystem. Die kurzen vielfach geschlängelten paarigen Kanälchen dieses Ge- fäßsystems liegen bei unseren Formen unmittelbar hinter den Seiten- organen und verlaufen von hier ab eine kleine Strecke nach hinten im Körper entlang, oft wie bei Amphiporus Amboinensis, nur 0,2 mm lang ober- und innerhalb der Seitenstämme, und auch über den Seitengefäßen. Sie münden mit je einem Gange nach außen, welcher sich über 206 Otto Bürger, die Seitenstämme hinweg nach unten biegt, immer mehr oder weniger ventral Muskelschichten, Basalmembran und Epithel durchbrechend (Taf. IX, Fig. 173). Bei Drepanophorus cerinus liegt der gerade, nicht gewundene enge, keinerlei Anschwellungen zeigende Ausführkanal noch in der Region des Drüsenschlauches des Seitenorgans. Bei Drepanophorus latus liegt er am weitesten nach hinten, 0,3 mm von den Seitenorganen entfernt. Sehr nahe liegt derselbe den Seitenorganen bei Amphiporus Am- boinensis. Das Gefäß selbst tritt unmittelbar an die Drüsenpolster jener heran. Amphiporus pulcher zeigt ein gleiches Exkretionsgefäß wie Am- boinensis. Bei Drepanophorus serraticollis nähern sich die Exkretions- pori am Bauche am meisten, da die Ausführgänge dicht den Seiten- stämmen anliegend sich umbiegen, unter ihnen angelangt sich noch mehr einwärts wenden und nun erst, immer noch eine schräge nach innen gekehrte Richtung beibehaltend, die Körperwand durchdringen. Ich habe es bald aufgegeben, bei den Enoplen Verbindungen zwi- schen Exkretionsgefäß und Blutgefäß zu suchen, denn bei der Feinheit dieser Gefäßstämme, den unentwirrbaren Knäueln, welche sie bilden, und der oft so sehr intimen Nachbarschaft, in welche sie zu den Rhyn- chocoelomsäcken bei den Drepanophoriden treten, ist es geradezu aus- sichtslos Definitives festzustellen. Diese bildeten mein Hauptmaterial; aber auch bei den Amphiporiden gelangte ich nicht zur Klarheit, die ja in so fern etwas weniger komplieirt sind als hier die Rhynchocoe- lomsäcke fehlen. Auch jene bei den Carinelliden festgestellten ge- schlossenen Wassergefäßendigungen im Blutgefäß vermochte ich nicht aufzufinden. Beide Arten der Verbindungen von Blut und Exkretions- gefäß sind bisher ja auch nicht bei den Enopla festgestellt worden. Bei keiner Art der Gattung Prosadenoporus gelang es mir ein Exkretionsgefäßsystem festzustellen. Ich glaube auch nicht, dass sie ein solches besitzen, vielmehr auch im Mangel desselben mit Geone- mertes übereinstimmen, bei welcher Form ein Exkretionsgefäß gleich- falls noch nicht nachgewiesen wurde (29, 32). Die Histologie der Wassergefäße ist eine außerordentlich ein- fache: die Wandung bildet ein Cylinderepithel, dessen Zellen jenen des Sackes im Seitenorgane ähnlich sind, wenn sie höher als breit sind. Zellgrenzen sind gut zu erkennen. Das Plasma der einzelnen Zelle zeigt ein streifiges Gefüge. Es tingirt sich nicht. Die ziemlich großen kugelig ovalen Zellkerne liegen am Grunde, dort, wo die Epithelzellen sich auf eine sehr feine Basalmembran stützen. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 207 Das Epithel ist ein Wimperepithel, jedoch eben so wie das des Sackes, z. B. im Vergleich zu dem der Haut oder des Magendarmes, nur mit einem dünnen Wimperkleide ausgestattet. An der Wand der Pori wird das Epithel kubisch, zu äußerst flach. Freie Körper. Solche kommen wie bei den Anopla im Rhynchocoelom und den Blutgefäßstämmen vor. In beiden sind es Zellen, wie wir sie seiner Zeit kennen lernten, von kugeliger Gestalt mit excentrisch gelegenem Kern, nur bedeutend kleiner, der Kern misst 2 u, der Zellleib 4 u im Durchmesser (Taf. X, Fig. 198). Es ist mithin der Kern im Vergleich zum ganzen Körperchen noch viel bedeutender als dies schon bei Cerebratulus marginatus der Fall war. Das Körperchen ist ganz so gebaut, wie es seiner Zeit be- schrieben wurde. Neben diesen Körperchen, welche ich im Rhynchocoelom und in den Rhynchocoelomsäcken nur spärlich antraf, finden sich in den letz- teren Knäuel anderer eigenthümlicher Gebilde, welche schon von Kererstein (10) als Navicula-ähnlich beschrieben wurden. Sie sind sehr lang und schmal, ihre Gestalt ist schwer mit Worten klar zu machen, öfters erinnern sie ganz an das Aussehen kleiner Schiffehen, oder sie sind bandartig oder elliptisch und ähneln dann schon sehr den gewöhn- lichen Körperchen, zumal ihr freilich mehr länglicher Kern der Struk- tur und Tinktion nach ganz an den des Körperchens erinnert (Taf. X, Fig. 199). Das Zellplasma der Navicula-ähnlichen Gebilde unterscheidet sich sehr leicht von dem der kugeligen Körperchen, es verräth nicht die Spur einer Struktur, besitzt einen matten Glanz, färbt sich nicht. Der Kern liegt meist in der Mitte des Schiffehens, oder des Bandes, nur wenn dasselbe sich der Kugel mehr oder weniger in seiner Gestalt nähert, bemerkte ich, dass es eine excentrische Lage einnimmt. Ich konstatirte diese Körperchen nur in den Rhynchocoelomsäcken, niemals im Rhynchocoelom selbst. Das Rhynchocoelom der Enopla entbehrt der Gefäße in den Seiten- linien, nur das Rückengefäß verläuft eine kurze Strecke innerhalb seines Hohlraumes. Sowohl bei einigen Drepanophoriden, Drepanophorus rubrostriatus, Drepanophorus latus, als auch Prosadenoporiden, Prosa- denoporus janthinus und Amphiporus Amboinensis fiel der sehr dichte vielschichtige Kernbelag auf, welcher das Rückengefäß als ein dicker Mantel innerhalb des Rhynchocoeloms umhüllt; in der Wand desselben und außerhalb ist um das Gefäß ein solcher durchaus nicht festzu- stellen. Es sind Kerne wie die der Zellauskleidung des Rhynchocoeloms, 208 Otto Bürger, nur lebhafter tingirt. Öfters schien es, als ob dieser Kernwulst, wie ich ihn kurz nennen will, noch von der dünnen Zellschicht der Rhyn- chocoelomauskleidung überwachsen wäre, vom Rhynehocoelominnern abgesperrt, öfters schien dieselbe nicht mehr vollständig zu sein. Immer aber sah ich deutlich das Lumen des Rückengefäßes, klar erkennend, dass die Kerne nur in der Wandung des Rückengefäßes, und zwar vom Endothel desselben hinweggerückt, sich am oberen und seitlichen Um- fange der hohen Wandung befinden, dort, wo das Gefäß dem Rhyncho- coelom angeheftet ist, fehlen sie. Diese Zustände traf ich aber nicht immer an, so zeigte sich von einer Kernmasse in der Wandung des dem Rhynchocoelom angehörigen Rückengefäßabschnittes bei Drepanopho- rus serraticollis in einem Exemplare nichts, in einem anderen dagegen hatte dieselbe, wenn auch noch nicht so mächtig wie bei Drepano- phorus latus, Platz gegriffen (Taf. VIII, Fig. 150). Es liegt mir auch hier der Gedanke nahe, dass in der Wand des Rückengefäßes — wie in derjenigen der Seitengefäße bei den Carinel- liden, wo es mir ohne Zweifel erscheint — bei den bewaffneten Formen periodisch die Bildung freier Körperchen statt hat. In Theilung begriffene Blutkörperchen fand ich zahlreich bei einem Drepanophorus, welcher nur eine enge spaltartige Anlage der Ge- schlechtssäcke aufwies, in der Mitteldarmregion in Massen von Blut- körperchen, welche sich zusammengeballt und die Gefäße, auch die Querkommissuren, stellenweis außerordentlich aufgetrieben hatten. Es waren in den durch ihre Größe und dunklere Tinktion auffallenden Kernen mannigfaltige karyokinetische Figuren sichtbar. Das Nervensystem. Drepanophorus rubrostriatus Hbr., Drepanophorus serrati- collis Hbr., Amphiporus pulcher MelIntsh. Morphologischer Theil. Gehirn und Seitenstämme. In der äußersten Kopfspitze, in welcher sich das Gehirn der Enopla befindet, haben sich im Gegensatz zu den Cerebratuliden, Langiiden und Eupoliiden bereits die verschiedenen Muskulaturen der Körper- wand in koncentrische Ringe gesondert. Das Gehirn hat daher eine freiere Lage innerhalb der Muskelschichten und erscheint rings von den radiär angeordneten Bindegewebszügen auf- gehängt. Es liegt vor dem Munde. Das Rhynchocoelom wird von den Ganglien nicht wie bei Cerebratulus umfasst, dieselben liegen vielmehr Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 209 unter dieser, ventral, dicht an einander tretend, nur durch das hier noch sehr enge Mundrohr getrennt. Bei Amphiporus ist das Mundrohr in derselben Körpergegend schon sehr erweitert, die Ganglien sind da- her aus der ventralen in eine seitliche Lage gedrängt. Ich fahre, dem Beispiel früherer Autoren folgend, fort, auch in dieser Betrachtung von einem oberen und unteren Ganglion zu reden, füge aber hinzu, dass denselben trotz der vielmal mächtigeren Umfang- entwicklung der dorsalen Ganglien im Vergleich zu den ventralen noch ein weit geringerer Grad der Selbständigkeit zukommt als dies bei Cerebratulus und Langia der Fall war. Beide Ganglien bilden im vor- deren und mittleren Abschnitt eine innig verschmolzene Masse, welche sich erst im hinteren derart einBuchtet, dass ein dorsaler Lappen, kugel- föormig abgerundet, stumpf endigt und eine ventrale Anschwellung sich in die Seitenstämme verjüngt. Die Größe des Gesammtgehirns ist im Verhältnis zum Körperum- fang bei den Drepanophorus-Arten ganz außerordentlich. Bei einem Durchmesser des Thierleibes von 1 mm an dieser Stelle beträgt der des Gehirns in der Breite 0,5 mm, dorsoventral 0,35 mm. Bei Amphiporus pulcher sind die Gehirndimensionen wesentlich geringer. In Gestalt und Bau schließt das Gehirn dieser Art sich jedoch dem dieser Beschrei- bung zu Grunde liegenden von Drepanophorus an. Der Faserkern bildet die Hauptmasse des Gehirns und ist von einer ziemlich gleichmäßigen, relativ dünnen, aber äußerst dichten Rindenschicht von Ganglienzellen umgeben. Im vordersten Abschnitt wird derselbe durch die Wurzelanschwellungen der Kopfnerven geglie- dert, im hinteren erscheint er kompakt; der dorsale endet mit zwei Zipfeln, der obere ist kleiner und kürzer. Die bindegewebigen Hüllelemente treten vollständig zurück. Die Gehirnkapsel ist dünn, aber solid und membranartig. Ein inneres Neurilemma ist nur stellenweis vorhanden, es ist äußerst zart. Ventrale und dorsale Kommissur sind ganz analog wie bei den Anopla gebaut. Die dorsale liegt dem Rhynchocoelom nicht unmittelbar auf wie die ventrale, welche an ihrem Scheitel eine tiefe Einbuchtung zeigt, der oberen Wölbung des Darmrohres entsprechend. Letztere ist etwa viermal so dick als erstere. Die Seitenstämme, welche über dem After, wie es zuerst HußrEcHT nachgewiesen hat, durch eine Analkommissur verbunden sind, liegen im vorderen Körperabschnitt völlig lateral in der seitlichen Mittellinie des Körpers und zwar derart, dass der längere Querdurchmesser, wel- cher die beiden Gangliensäulen verbindet, fast parallel zu dem dorso- ventralen Durchmesser des Körpers verläuft. Im hinteren Abschnitt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 44 210 Otto Bürger, tritt jedoch bei den Drepanophoriden durch den mächtigen, allen Raum innerhalb der Längsmuskulatur erfüllenden Darmtractus eine solche Verschiebung ein, dass die Seitenstämme aus der seitlichen Mittellinie völlig an die Bauchseite gedrängt und in eine flache Lage gebracht werden. Das periphere Nervensystem. Dasselbe zeigt mit Ausnahme des kleinen Rückennerv dieselbe Zu- sammensetzung wie bei den unbewaffneten Nemertinen; Bau und An- ordnung sind jedoch durch die veränderte Lage des Gehirns und der Seitenstäimme und die abweichend gebaute Körperwand modifieirt. Im Gegensatz zu den unbewaffneten Formen überhaupt, wo das periphere Nervensystem einen netzförmigen Charakter bewahrt, und es nicht gelang, einen Nerven von Bedeutung festzustellen, welcher, ohne zahlreiche Anastomosen zu bilden, den Körper durchzogen hätte, haben wir hier ein gesondertes Nervensystem vor uns. Nicht, dass auch hier nicht ab und zu eine Vereinigung von Nervenzügen stattfände, in der Hauptsache jedoch versorgen die dem Gehirn und den Seitenstäm- men entspringenden Äste unter reichlicher, dichotomischer Verzwei- gung ohne Verstriekung mit einander oder benachbarten Ästen die verschiedenen Körpertheile. Als Nerven, welche dem Gehirn entspringen und in de Kopfspitze gehen, fallen jederseits zwei ziemlich gleichmäßige Stämme auf, welche sich in ihrem oberen Abschnitt verästeln. Sie versorgen hauptsächlich die Augen, außerdem aber dringen Zweige in die Längsmuskulatur ein und breiten sich unter der Ringmuskulatur aus und auch durch diese und die Basalmembran bis an das Epithel sind sie vereinzelt zu ver- folgen (Taf. V, Fig. 8,—87). Der obere Nerv (0AuN) innervirt besonders die dorsale, der untere die seitliche Augenreihe (uAuN). Es ist wahr- scheinlich, dass einige Äste dieser Stämme, welche weit in die Körper- mitte dringen, sich mit denen der anderen Seite kreuzen; leider ver- mochte ich dies nicht mit aller Schärfe zu konstatiren. Denselben Wurzelpunkt, nämlich den vorderen Gehirnzipfel, besitzen je zwei schwächere Nerven, von welchen sich der untere (uN,) schon unmittel- bar an der Abgangsstelle in die Muskulatur und auch an die Augen verzweigt. Der obere (oN,) hat eine gleiche Bestimmung, verästelt sich aber erst weiter entfernt vom Gehirn. Ein fünfter (N,) für die Muskulatur bestimmter Nerv drängt sich zwischen den eben beschrie- benen durch. — Seitlich giebt das untere Ganglion im mittleren und hin- teren Abschnitt je einen Nervenstrang ab (N,,N,), der nach vorn ziehend, gleichfalls die Muskulatur versorgt. Ferner verzweigen sich an dieselbe Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 211 je zwei Nerven, von denen der eine am äußeren (N,), der andere am medialen Umfange des oberen Ganglions entspringt (N,). Besonders ersterer ist kräftig entwickelt und verbreitet sich an die Ringmuskulatur. Nach hinten zieht je ein Nerv (N;), welcher mit dem oberen, kleineren Kopfnerven zugleich aus dem Gehirn abgeht, sich nach allen Seiten verästelt und bis zu den Seitenstämmen nach hinten zu verfolgen ist. Eine Eigenthümlichkeit, welche lebhaft an die Umgitterung des Gehirns von der Muskelnervenschicht der waffenlosen Formen, bei- spielsweise des Cerebratulus-Gehirns, erinnert, ist die Umhüllung des Gesammthirns, also des äußeren Neurilemmas von Nervenfaserzügen, welche zugleich mit den großen Kopfnerven entspringen und, sich nach rückwärts biegend, eng um dasselbe herumlegen. Auch von den Seitenstämmen und einem nervösen Ringe, welcher das Rhynchocoelom umschließt, werden solche Züge an die Gehirnkapsel gesandt. Obwohl diese Nerven zweifellos die inneren Körpergewebspartien versorgen, ist doch diese auffallende Entwicklung derselben unmittelbar um die Gehirnmasse herum schwer verständlich. Eine besonders reich nervöse Ausbreitung, d. h. kein Plexus, fin- det sich innerhalb der Ringmuskulatur. Sie erstreckt sich bis in die äußerste Kopfspitze und lässt sich besonders auf Längsschnitten gut erkennen, da hauptsächlich Längsnerven vorhanden sind (NG). Dieselben werden von Faserzügen der genannten Gehirnnerven, die an die Mus- kulatur gehen und sich weit nach hinten fortsetzen, gebildet. Im mittle- ren und hinteren Körperabschnitt treten noch Fibrillen von den Zweigen der Seitenstämme hinzu. Viel schwieriger ist es, nervöse Elemente über der Ringmuskulatur zu konstatiren. Jedoch habe ich auch hier oft Querschnitte von Nervenfasern angetroffen, welche aber nicht als Über- reste einer Muskelnervenschicht zu deuten sind, sondern von den » Spinalnerven« herstammen. Trotzdem die nervösen Elemente über der Ringmuskulatur bei- nahe vollständig geschwunden sind, ist ein Rückennerv über der Ring- muskulatur, mithin unter der Basalmembran, in der dorsalen Mittellinie vorhanden. Husrecutr beschrieb ihn gleichfalls in seinem Challenger Report (45) (Taf. IX, Fig. 173). Dieser Nerv ist der einzige, welcher bei den Drepanophoriden von allen peripheren Nerven, welche mit dem Nervencentrum von außen nach innen wanderten, seine ursprüngliche Lage, diejenige, welche er schon bei den Carinelliden einnimmt, be- wahrt hat. Husrecht beschreibt denselben Nerven bei Amphiporus über dem Rhynchocoelom innerhalb der Längsmuskulatur. Ich habe mich nicht darüber unterrichten können, an welcher Art der Autor diese eigenthümlich abweichende Lage des Mediannerven festgestellt hat. 212 Otto Bürger, Amphiporus pulcher dagegen besitzt den Nerven eben so wie ein indi- scher Amphiporus in der typischen Lage über der Ringmuskulatur unter der Basalmembran. Der Rückennerv durchzieht auch hier den Körper bis in das hinterste Ende und überragt das Gehirn, sich bis in die äußerste Kopfspitze erstreckend, bald mehr oder minder tief in die Ringmuskulatur eingesenkt. Schwierig ist die Frage zu beantworten, wie derselbe von der dorsalen Kommissur entspringt. Ich habe nicht feststellen können, dass der Nerv direkt von der Kommissur in die Höhe steigt, die beiden Muskelschichten durchbricht und dann, er müsste sich hier gabeln, nach vorn und hinten zieht. Wohl aber scheint es mir, dass der Nerv dicht über dem Rhynchodaeum vom Scheitel der dorsalen Kommissur entspringend, nach vorn zu verfolgen ist und in der äußersten Spitze mit der Umbiegung nach hinten zugleich zwi- schen die Ringmuskulatur und Basalmembran in die Körperwand hinauf steigt. Diesen Verlauf habe ich ziemlich sicher aus verschiedenen Längsschnittserien kombiniren können. Der Rückennerv verästelt sich gleichfalls nicht metamer. Die nervösen Ausbreitungen, welche sich öfters um ihn finden, sind regellos und unbedeutend. Aus der Abwesenheit der peripheren Nervenschicht bei den Eno- pla darf geschlossen werden, dass dieselbe von der Existenz des Mediannerven nicht abhängt. Charakteristisch, wie es scheint, für die Enopla überhaupt ist die Innervirung des Rüssels. Dieselbe erfolgt durch eine große Anzahl von Strängen, welche je nach der Art wechselt. Bei Drepanophorus serraticollis sind es mindestens 17, bei rubrostriatus 14, bei Amphiporus pulcher 40, bei einigen indischen Drepanophoriden sind es mehr als30. Früher glaubte man die Stränge aus der Verästelung von nur zwei Hauptnerven, welche dem Gehirne eben so entspringen sollten, wie es für die Anopla feststand, hervorgegangen. Erst Husrecut (45) wieder bewies, dass der Rüssel so viel Längsnervenstränge führt als vom Gehirne in ihn abgehen. Diese entspringen in der That alle vom gesammten Umfang des Gehirnringes, wenden sich, das Rhynchocoelom wie ein Kranz von Säulen umgebend, nach vorn und biegen sich im ganzen Umfang der Rüsselinsertion in den Rüssel hinein, nach hinten ziehend und ihre ursprüngliche Zahl be- wahrend. Ein sehr feiner Fasercylinder mit ringartigem Verlauf der Fibrillen halbirt sämmtliche Längsstränge, sie scheinbar durchsetzend, und mit einander verbindend. In diesen Cylinder sind Ganglienzell- säulen eingeschaltet. Die Nervenstränge sind nur im vorderen Rüssel- abschnitt zu verfolgen. Unmittelbar hinter der Stilettregion, wo die Gewebsmassen des Rüssels einen kompakten Kern bilden, vereinigen sie sich alle zu einem Knoten, welcher mit Ganglienzellen bedeckt ist, Re; WE BR Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 213 da auch die Ganglienzellsäulen zusammentreffen. Man kann mithin ge- radezu von einem Rüsselganglion reden. In der Region des Rüssels, welche hinter den Stiletten liegt, habe ich keine Nervenzüge mehr ent- decken können. Das Schlundnervenpaar entspringt vom inneren Bogen der ven- tralen Kommissur (Taf. V, Fig. 84 Sin) hart an ihren Verschmelzungs- punkten mit den ventralen Ganglien. Eben so wie wir an den ventralen Ganglien der Enopla Nebenkommissuren vermissen, finden wir Kom- missuren nicht an den Schlundnerven. Sie wenden sich direkt nach hinten, verästeln sich rasch und versorgen das Darmrohr nicht über die Ösophagealregion hinaus. Nach Huprechr soll sich das Schlund- nervenpaar nach vorn wenden, ich habe dies nicht bestätigen können. Der kleine Rückennerv fehlt. Erst die freie Lage der Seitenstämme im Körper der bewaffneten Nemertinen ermöglicht es, mit aller Bestimmtheit ihre metamere Zweig- abgabe und das Wesen derselben zu erkennen. Die Zweignerven gehen bei den Drepanophoriden vor Allem an die dorsale Körperfläche ab, d.h. die dorsalen Nerven sind die mächtigsten an Stärke und Reich- - thum der Äste. Es entspringt fast nur immer ein einziger Nerv dem Seiten- stamm gleichzeitig. Seine Wurzel ist in der unteren Fibrillenmasse der Centralsubstanz desselben zu suchen. Diejenigen Zweignerven, welche an die ventrale Körperfläche abgehen, sind unbedeutend und dünn, oft fast gänzlich verkümmert. Aus diesem Grunde hält es schwer, die gleichmäßige Hintereinanderfolge festzustellen. Auf je ein Septum kommt ein Nerv. Die Äste eines Nerven werden dort, wo Geschlechts- säcke entwickelt sind, durch diese aus einander gedrängt, so dass sich dieselben in je einem vorderen und hinteren Bündel diesen anlagern. Das Gebiet eines »Spinalnerven« liegt zwischen den Darmtaschen, mit diesen alternirend (Taf. IX, Fig. 176). Die dorsalen Zweige der Seiten- stämme breiten sich seitlich und über dem Rhynchocoelom am oberen Umfang der Körperwand in der Diagonalmuskelschicht aus, sie durch- brechen also die Längsmuskelschicht, aber auch noch die Ringmusku- latur durchdringend, sind sie bis an das Epithel verfolgbar. Die un- gleiche Ausbildung der dorsalen und ventralen Zweige der Seitenstämme hat seinen leicht zu erklärenden Grund in der ventralen Lage dieser und darin, dass dorsal von ihnen der größere Umfang der Körperwand, die Darmtaschen und das Rhynchocoelom liegen (Taf. VII, Fig. 128; Taf. IX, Fig. 173). So ist der Unterschied in der Stärke der Zweige bei Amphiporus, wo die Seitenstämme seitlich liegen, auch nur gemildert und keineswegs aufgehoben. 214 Otto Bürger, Histologischer Theil. Die Ganglienzellen und ihre Vertheilung, (Taf. V, Fig. 88, 89; Taf. VI, Fig. 98—102.) Die vier Zellarten, welche wir im Ganglienbelag des Centralnerven- systems von Cerebratulus und Langia feststellten, die der kleinen Gan- glienzellen, der mittleren und der großen und unter letzteren die kolos- salen, bauen auch die Zellrinde des Gehirns und der Seitenstämme der Enopla auf. Durch ihre sehr kleine, längliche oder unregelmäßige Gestalt und ihre mit Hämatoxylin blauschwarze Tinktion fällt eine mediale Kern- zone um den dorsalen Gehirnlappen auf, welche denselben außerdem auch oben und unten etwas umgreift. Ihre Zellen erinnern lebhaft an die Sinneszellen Art I der waffenlosen Nemertinen (GZ,). Der Zellleib lässt sich kaum mehr wahrnehmen. Die Kerne sind glänzend, körnig, ohne besondere Struktur und ohne besondere Körperchen erkennen zu lassen. Sie liegen äußerst dicht, lückenlos neben einander, unmittelbar an die Centralsubstanz gedrängt. Im hintersten Abschnitt des dorsalen Ganglions umgeben sie in zahlloser Menge den Hauptnervenstrang, wel- cher in das Seitenorgan abgeht (Fig. 89 GZ,). Es entspricht den ähn- lichen Eigenschaften dieser Zellen mit den Sinneszellen der Anopla und der analogen Lagerung eine funktionelle Gleichartigkeit, da auch sie den Nerven des Seitenorgans versorgen. Während sie mit dem Sei- tenorgan der ersten Nemertinengruppe aber in unmittelbare Berührung treten, da sich dasselbe direkt an das Gehirn legt, vermittelt hier ein Nerv, um dessen Wurzeln sie sich massenhaft scharen, die Beziehung des dorsalen Ganglions mit dem der Lage nach selbständigen Sinnes- apparate. Den Hauptganglienbelag, zumal der ventralen Lappen, bildet eine schmale, schlanke Zellart mit deutlichem Zellleib und ovalem, mattge- färbtem Kern mit meist einem Kernkörperchen. Sie repräsentirt die zweite Art. Sie bedecken aber auch das dorsale Ganglion im vorderen und mittleren Abschnitt und treten eigentlich nur dort zurück, wo sich der kleinste Zelltypus findet und eine andere merkwürdige Zellart, welche nur den dorsalen Ganglien zukommt (Fig. 99, 100 G2,). Dieselbe tritt im mittleren Gehirnabschnitt am oberen Gehirnlap- pen als ein mächtiges, dorsales Zellpolster auf, das vor Allem durch die auf dem Querschnitt vorzüglich fächerartige Anordnung seiner Zellele- mente ausgezeichnet wird und die durch die übrigen Arten des Gan- glienbelags im Gehirn der bewaffneten Form nicht zum Ausdruck Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 215 kommt (Fig. 98, 100, 102 GZ,). Außerdem dienen die hellen, zu den Zellen unverhältnismäßig großen, sehr regelmäßig kugeligen Kerne, an denen sich nur der Rand tief tingirt hat, dazu, sie aus der übrigen - Ganglienzellmasse leicht herausheben zu können. Der sehr kleine Nucleolus liegt in der Mitte des Kernes. Ferner treten dieselben be- sonders vor den übrigen Ganglienzellkernen durch Doppelfärbung mit Boraxkarmin und Haematoxylin hervor, indem sie sich im Gegensatz zu jenen, welche blau erscheinen, bis auf einen peripheren Körnchenkranz, den Rand, rosa färben. Es hat dies seinen Grund in der scharf geson- derten, peripheren Lagerung der chromatischen Substanz. Bei sämmt- lichen anderen Arten ist dieselbe netzartig im Kern verflochten und verdeckt so beim ersten Anblick die homogenere Grundsubstanz, das Achromatin. — Der Zellleib, welcher wegen der äußerst dicht gedräng- ten Lage der Zellen nur an besonders günstigen Zellexemplaren deut- lich zu sehen ist, liegt dem Kern eng an und ist eben so wie der lange, fadendünne Fortsatz matt gefärbt. Im hinteren Abschnitt verlieren diese Kerne allmählich an Größe und umfassen das obere Ganglion auch lateral, medial liegen die der kleinsten Zellart. Da die Größenab- nahme nur auf Kosten der achromatischen Substanz vor sich geht, so tritt ein langsamer Wechsel von vorn nach hinten im Aussehen der doppeltgefärbten Kerne ein. Das Hämatoxylin nämlich herrscht immer mehr vor, und im gleichen Maße tritt die Karmintinktion zurück. So gleichen sie endlich bei Drepanophorus rubrostriatus merkwürdig den Kernen jener Zellen, die das Hauptganglienzellelement in den Seiten- organen bilden und die sich gleichfalls durch ihre kugelige Gestalt, die noch immer erkennbare, periphere Körnchenzone und einen kleinen central gelegenen Nucleolus auszeichnen. Die großen Zellen, Art II, erreichen nur in vereinzelten Fällen solche Dimensionen wie bei CGerebratulus. Im Ganzen sind sie schmäch- tiger, mehr schlank birnförmig als ausgebaucht. Der kugelige Kern liegt am Grunde der Zelle und ist etwa so groß wie derjenige der eben beschriebenen Varietät. Das Chromatin ist netzartig angeordnet, ein randliches Kernkörperchen ist die Regel. Der Zellleib ist sehr gleich- mäßig feinkörnig, außer einer weniger fein granulirten Rindenschicht. Diese Zellen liegen, wie wir es kennen lernten, immer peripher von dem anderen Zellbelage, nicht in Haufen, sondern einzeln (Fig. 88, 99 und 100 GZ,). Sie wandern vom oberen Umfang der dorsalen Ganglien von vorn nach hinten und steigen an die mediale Fläche derselben bis zu den ventralen Ganglien hinab. Bei Drepanophorus serraticollis erreichen einige dieser Zellen medial eine recht bedeutende Größe (Fig. 88), aber auch sie bleiben 216 Otto Bürger, hinter einem Zellpaare zurück, welches jene an Größe des Zellleibes, des Kernes und des Kernkörperchens weit übertrifft. Ihr Querdurch- messer misst bei den Exemplaren von Dr. rubrostriatus 16 u, der Längsdurchmesser 27 u, der des Kernes 9 u. Von ganz erheblicher Größe ist besonders der einzige, stark licehtbrechende Nucleolus, wel- cher der Kernmembran anliegt. Dieselben Zellen von Dr. serraticollis sind etwa doppelt so groß. Der Zellleib, gleichfalls membranlos, ist in ein zartes Hüllbindegewebe gebettet (Fig. 88, 89 NcZ). Er besitzt eben so wie der Kern eine sehr zarte Struktur, indem hier Filar- und Inter- filarsubstanz auf das feinste vertheilt sind, dort die chromatische und achromatische. Erstere bildet ein dichtes, sehr fein granulirtes Netz- werk mit peripherem, zartem Körnerkranze. Kern und Zellleib zeigen fast dasselbe Tinktionsvermögen. Wie aus der Beschreibung hervorgeht, besitzen diese Zellen eine außerordentliche Ähnlichkeit mit den kolossalen Ganglienzellen, welche wir in den Seitenstämmen von Cerebratulus und Langia fanden. Was den kolossalen Ganglienzellkörpern der Enopla — denn sicher werden sie bei geeigneter Präparation in vielen Gehirnen dieser Gruppe nachzuweisen sein — aber ein specifisches Merkmal verleiht, ist ihre eigenthümliche Stellung zum Gehirne. Sie liegen medial in einer Bucht, welche das obere und untere Ganglion mit einander bilden, nun aber nicht, wie die sämmtlichen übrigen umliegenden Zellen mit den Fort- sätzen dem Faserkern der Ganglien zugekehrt, diesem mit dem Fort- satze auf dem kürzesten Wege zustrebend, in diesem Falle also in der horizontalen Querachse des Thierleibes, die von Seite zu Seite geht, sondern sie liegen in der Längsachse, die rechte weiter nach hinten als die linke. Die Fortsätze sind mithin nach vorn auf die untere Gehirnkommissur gerichtet und laufen neben den Gehirnlappen her (Fig. 89 NcZ, Ne). Ohne Zweifel haben wir hier dieselben Gebilde vor uns, welche bei den Anopla als Neurochordzellen gekennzeichnet wurden. Wäh- rend aber die mächtigen Fortsätze jener direkt in das ventrale Gehirn hineindringen, d.h. sich mit denselben auf dem kürzesten Wege in Ver- bindung setzen und alsbald in den Seitenstamm umbiegend, nach dem Schwanzende hin zu verfolgen sind, laufen die Fortsätze dieser kolos- salen Ganglienzellen dem Gehirn bis an den hinteren Rand der ventralen Kommissur parallel, dringen hier zwar gleichfalls noch in das ventrale Ganglion ein, biegen aber dann, vorwärts steigend, in die ventrale Kommissur, durchsetzen dieselbe und steigen: der Fortsatz der linken Ganglienzelle durch den rechten Gehirnlappen, der der rechten durch den linken in den entsprechenden Seitenstamm hinein nach hinten. ”e ten. aa N I: - Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 217 Diese Erkenntnis war nicht so unmittelbar wie bei Gerebratulus und Langia zu gewinnen, sondern es bedurfte einer Reihe von Kombi- nationen und vieler Präparate, um das, was sich mir früh vermuthungs- weise aufdrängte, auch zu beweisen. Zuerst war es je ein hyalines Gebilde, das, in einer neurilemma- tischen Scheide ruhend, sich medial am ventralen Umfang der Seiten- stämme befindet, und meine Auf- merksamkeit durch seine konstante Lage vom Gehirn bis zum äußersten Schwanzende auf sich zog, da das- selbe bis in die Höhe der Hirnkom- missuren und fast bis zur Analkom- missur zu beobachten war (Taf. VI, Fig. 103—105 Ne). An Längsschnit- ten durch die ventrale Kommissur bemerkt man ferner in der gleich- artigen Fibrillensubstanz mehrere hart an einander liegende Bindege- websstränge und ein glänzendes Gerinnsel zwischen ihnen; auf Quer- schnitten endlich durch die Kom- missur zwei neben einander lie- gende, rundliche Gebilde, von einer ziemlich derben Scheide umschlos- sen, ganz wie die in den Seiten- stämmen (Taf. VI, Fig. 100 und 100a Nc). Endlich gelang es mir, die Ganglienzellfortsätze fast auf einem Schnitt bis in die Kommissur hinein direkt verfolgen zu können (Taf. V, Fig. 89). Ich darf nicht zu erwähnen vergessen, dass auch HusrecHt diese kolossalen Zellen gesehen zu haben scheint (19), ohne freilich ihre Be- deutung geahnt zu haben. Der Au- tor beschreibt sie wie folgt: »Als Nei---- Fig. VIII. Drepanophorus. Es bedeuten: Nczl, linke Neurochordzelle; Ner, rechter Neurochord; Nel, linker Neuro- chord. Die Neurochorde sind nicht ver- zweigt (cf. p. 126, Fig. VII). Gegensatz zu den sonst bei Drepanophorus so kleinen Ganglienzellen finde ich doch in dieser Gattung auch einige außerordentlich große und zwar multipolare Ganglienzellen, welche auch hier in der Nähe 218 Otto Bürger, der nach der Körperachse zugekehrten Gehirnwandung liegen.« Dem gegenüber muss ich auch an dieser Stelle nochmals betonen, dass sämmtliche Ganglienzellen im Gehirn der von mir untersuchten Nemertinen-Arten unipolar sind und gerade diese so ausgezeichnet großen Zellen diesen Charakter am überzeugendsten zeigen, sobald sie im Längsschnitt getroffen wurden. Querschnitte, auf welchen ja der einzige Fortsatz nicht getroffen werden kann, zumal nicht gut erhaltene, können leicht zu Trugbildern in Folge runzliger Kontouren des Zellleibes werden. Eine auffallende Erscheinung im Gehirnganglienbelag der bespro- chenen Formen sind schließlich kleine, regelmäßige Kügelchen (Taf. V, Fig. 935), welche sich hier zerstreut um den oberen Lappen finden, aber in Menge am Aufbau des Seitenorgans Theil nehmen und einzeln die Nerven begleiten. Von ziemlich konstanter Größe übertreffen sie kaum die Nucleoli der kolossalen Ganglienzellen. Sie färben sich, wie jene, äußerst intensiv, lassen aber außer einer noch dunkler tingirten Randzone auch mit den schärfsten Vergrößerungen keinerlei Struktur erkennen. Das Innere bildet eine stark lichtbrechende, glänzende, durchaus homogene Masse. In den Kernen der besprochenen Ganglienzellarten wurden nie solche mattglänzende Bläschen, wie ich sie besonders bei Langia schildern konnte, aufgefunden. Chromatische und achromatische Sub- stanz sind meist fein vertheilt, nur in dem einen hervorgehobenen Falle ist eine scharfe Sonderung eingetreten, indem erstere eine peri- phere Lagerung zeigt. Eben so weist der Zellleib eine ziemlich gleich- mäßige Vertheilung der Filar- und Interfilarsubstanz auf, welche in den kolossalen Ganglienzellen die äußerste Feinheit und Ebenmäßig- keit erreicht hat. Nur die Rindenschicht ist auch hier minder fein- körnig. Insulare Bildungen der Interfilarsubstanz im Ronpe’schen Sinne fehlen. Sämmtliche Ganglienzellen sind in die sehr zarten Fasern des intracapsulären Bindegewebes eingehüllt. Die Ganglienzellen sind bis auf die des kleinsten Zelltypus wohl regelmäßig angeordnet, d. h. sie liegen nicht in unentwirrbaren Knäueln, aber doch fehlt ihnen bis auf die eine Art die kegelartige Gruppirung, welche für die der unbe- waffneten Formen so bezeichnend war. Sie bilden eine gleichmäßige, dem Faserkern angeschmiegte Rinde. Es treten nun die Ganglienzellfortsätze auch keineswegs, wie es bisher immer beobachtet wurde, zu Bündeln vereinigt in die Gentral- substanz ein, um sich in derselben wieder auszubreiten wie Licht- strahlen, welch durch eine Sammellinse gehen, sondern sie setzen sich auf der ganzen Oberfläche mit der Centralsubstanz in Verbindung. Mi Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 219 Diese Erscheinung resultirt aus dem Mangel eines inneren Neurilemmas, welches nur durch lochartige Öffnungen einer Summe von Fortsätzen den Eintritt gestattet. Erst im ventralen Ganglion, wo sich dasselbe in den Seitenstamm verjüngt, tritt ein inneres Neurilemma auf und damit erfolgt auch eine bündelartige Gruppirung der Ganglienzellen und ihrer Fortsätze (Taf. VI, Fig. 100). Die Fortsätze sind auch hier von äußerster Zartheit und verfeinern sich zu der Einheit einer einzigen Faserfibrille der nervösen Central- substanz, mit Ausnahme selbstverständlich derjenigen der Neurochord- zellen. Die Neurochorde aber, welche, wie schon gesagt wurde, in die ventrale Kommissur einbiegen, steigen allmählich in ihrem Scheitel empor, so dass wir ihre Querschnitte dorsal in derselben unmittelbar unter ihrer oberen Neurilemmadecke neben einander finden (Taf. VI, Fig. 147). Durch die deutlichen Scheiden und, je mehr wir sie seitlich verfolgen, durch eine um so dickere Schicht der Gentralsubstanz der Kom- missur sind die Neurochorde und vor Allem ihre Achsencylinder von ein- ander getrennt. Nur im höchsten und vordersten Punkte der Kommissur treten sie so nahe an einander, dass die an einander grenzenden Partien der Neurochordscheiden schwer zu konstatiren sind und man glauben sollte, an dieser Stelle umhülle beide Fortsätze ein gemeinschaftliches Rohr. Aus der Kommissur wenden sie sich durch die Ganglien in die Seitenstämme hinein nach hinten. Noch an der Grenze von Ganglion und Seitenstamm liegen sie, rings von Fibrillenmasse umgeben, in der Mitte der Centralsubstanz, und erst allmählich nehmen sie mit lang- samer, medialer Einbiegung ihre typische Lage medial-ventral ein, diese nun nicht mehr verändernd (Taf. VI, ef. Fig. 100 mit Fig. 103). Während die Seitenstämme der unbewaffneten Formen viele Neu- rochorde durchziehen, welche sich theils von den im Ganglienbelag der Seitenstämme zahlreich vertheilten Neurochordzellen ableiten, theils aus der Verzweigung der Fortsätze dieser hervorgehen, zeichnet den Seitenstamm der Enopla nur ein einziger unverzweigter Neuro- chord aus, dessen Rohr aber bedeutend mächtiger ist als bei den Cere- bratuliden selbst das umfangreichste Gebilde dieser Art (Fig. 107 Ne). Das Rohr besitzt von vorn bis hinten einen ziemlich gleichen Durch- messer, welcher nur allmählich mit der Verjüngung der Seitenstämme abnimmt. Nur in äußerst seltenen Fällen schien es, als ob ein dünner Strang von der Scheide sich ablöse und das Lumen einige Schnitte hindurch kammere. Der Inhalt, der Achseneylinder, ist homogen, glänzend und liegt der Scheide meist fast unmittelbar an (Taf. VI, Fig. 105 Nc Ax, Nc Sch). Die Scheide ist eine direkte Einstülpung des inneren Neurilemmas und führt gelegentlich einen Spindelkern. Sie 220 Otto Bürger, liegt dem inneren Neurilemma unmittelbar an, und ich glaube, dass sie bei Drepanophorus theilweise mit diesem verwachsen ist. Der Seitenstamm wird von den mittleren, schlanken Ganglienzellen, ganz ähnlich denen der II. Art, welche schön den Zellleib um den kleinen, länglichen, stark tingirten Kern zeigen, und welche in einer dorsalen und ventralen Säule angeordnet sind, bedeckt. Die dorsale ist doppelt so mächtig als die ventrale (Fig. 103—105). Die Fasermasse der Ganglien bei den Enopla ist noch dichter als die Centralsubstanz beispielsweise der Cerebratuliden. Die dorsalen Ganglien übertreffen auch hier wieder an Dichtigkeit die ventralen. Die accessorischen Elemente des Gehirns und der Seitenstämme. Inneres und äußeres Neurilemma sind bindegewebiger Natur, wie bei den vorbesprochenen Arten, aber weit von den dort dargelegten Verhältnissen differenzirt, verleugnen sie am meisten den Charakter des Körperbindegewebes. Das äußere Neurilemma ist zu einem mem- branartigen Blatte umgewandelt, zu einer dünnen, soliden, stark licht- brechenden Haut, die auch um die Seitenorgane eine Kapsel bildet. Außen legt sich dicht um dasselbe das Körperbindegewebe, dessen Stränge sich zerfasern, innen begrenzt es das intracapsuläre Binde- gewebe. Das äußere Neurilemma (Nea) besteht also ähnlich wie bei Eupolia delineata aus zwei Schichten. Zwischen diesen beiden findet man hier öfters Nervenzüge eingeschlossen. Außer den typischen, spindeligen Bindegewebskernen fand ich vereinzelt kleine, ovale, mit deutlichem Zellleibe im äußeren Neurilemma, die Spindelkerne pflegten demselben anzuliegen (Taf. VI, Fig. 105). Ein intracapsuläres Bindegewebe hat sich bei Weitem nicht so bedeutend entwickeln können wie bei Eupolia oder Cerebratulus, da sich die Gehirnscheide meist unmittelbar dem Ganglienbelag auflegt; wo dasselbe, es wechselt dies je nach der Art, aber in größerer Fülle medial, dorsal oder ventral auftritt, zeigt dasselbe wieder einen neu- rilemmatischen Bestandtheil mit den charakteristischen Spindelkernen und einem zellig faserigen, durch große, helle Kerne mit einer peri- phberen Körnchenzone hervorgehoben. Bei verschiedenen indischen Formen fand ich um diese Kerne ein reich entwickeltes Pigment gela- gert, ganz ähnlich wie bei Gerebratulus marginatus. Dasselbe ist hier mehr gelblich, glänzend, feinkörnig und lässt sich noch bis in die feinsten Zellfortsätze verfolgen. Es liegt hauptsächlich peripher von den Ganglienzellen und ist besonders um die großen Zellarten ent- wickelt (Fig. 99— 100). Wie schon angedeutet, ist das innere Neurilemma nicht in den A en ni ” | Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 221 Ganglien ausgebildet; mit dem Mangel desselben geht der Verlust des inneren Kernmantels um die Centralsubstanz Hand in Hand. Erst im hinteren Abschnitt der unteren Gehirnlappen und in den Seitenstäm- men ist ein deutliches inneres Neurilemma (Nei) nachzuweisen. Hier tritt auch sofort der zellig faserige Mantel mit einem großen Kernreich- thum auf (Fig. 105 BgHr). Ein solcher ist außerdem um die Kommissur herum vorhanden, aber auch hier ist zugleich ein zartes inneres Neu- rilemma zu erkennen. Endlich finden sich im Gehirn und den Seitenstämmen rundliche, sehr dichte, gelbe Pigmenthaufen von verschiedener Größe — ähnlich wie in den Seitenorganen, welche völlig isolirt, unregelmäßig auftauchen (Fig. 103 Pi). Sie sind nicht mit den Pigmentzellen des Hüllgewebes zu verwechseln, da sie nie Verästelungen zeigen, sondern immer kom- pakt erscheinen und statt der großen blassen Kerne sehr zahlreich _ äußerst minimale, dünne, kurze Kerne eingelagert besitzen, welche sich intensiv tingiren. Solche Pigmenthaufen finden sich aber auch an anderen Orten im Nemertinenkörper, und man möchte sagen, es wären dieselben Pigmentballen mit denselben Kernen gewesen, welche ich im Gehirn und Bauchmark eines Sipunculus, den ich Gelegenheit näher zu studiren hatte, häufig auffand. In den Seitenstämmen wiederholen sich die strukturellen Ver- hältnisse, welche für das ventrale Ganglion maßgebend sind. Diesel- ben besitzen ein äußeres und inneres Neurilemma, ein intracapsuläres, zweifach differenzirtes Hüllgewebe und einen Kernmantel, welcher die Centralsubstanz umhüllt. Eine besonders starke Entwicklung des pig- mentführenden Hüllgewebes kommt medial zwischen den beiden Neuri- lemma-Cylindern zu Stande. Lateral findet sich nur ein dünnes, lockeres Faserwerk mit spindeligen Kernen. Dem inneren Neurilemma fehlen die Spindelkerne nicht. Endlich sind noch die muskulösen Elemente auch in den Seiten- stämmen der bewaffneten Formen zu behandeln. Die Querschnitte sehr feiner, kaum messhbarer Muskelfibrillen liegen nur an der medialen Seite und umgreifen die dorsale und ven- trale Fläche des Stammes etwa bis zu den eintretenden Fortsatzbündeln der Ganglienzellen. Sie sind im Halbeylinder reihenartig angeordnet, hart an das innere Neurilemma gedrängt (Fig. 105 Msf). Ehe ich dies Kapitel schließe, muss ich auf eine Erscheinung im Bau der Seitenstämme der Nemertinen vergleichsweise aufmerksam machen, die gewiss von Interesse ist. Es handelt sich um eine Umlagerung der abgehenden Hauptner- venzweige und der scheinbar hiermit Hand in Hand gehenden ver- 222 | Otto Bürger, schiedenen Lage der Bauelemente in den Seitenstämmen der bewaff- neten und unbewaffneten Formen. Ich fasse daher die an verschiedenen Orten niedergelegten That- sachen über den anatomischen Bau derselben kurz zusammen. Bei Cerebratulus und Langia bemerkten wir, dass die mächtigsten Zweignerven an die ventrale Körperseite, sämmtlich von einem dorsalen Punkt entspringend, abgingen. Diejenigen, welche von demselben Wurzelpunkte an den dorsalen Körperumfang sich wandten, waren dünn und unbedeutend. Dem entsprechend lag das größere Ganglien- bündel ventral. Die kolossalen Fortsätze ferner waren hauptsächlich Fig. IX. Langia. Fig. X. Drepanophorus. Es bedeuten: Nea, äußeres Neurilemma; Nei, inneres Neurilemma; Nc, Neurochord; WB, Wurzel- bündel: N, Nerv; Ms/, Muskelfibrillen; ByHa, äußeres Hüllgewebe; 2, lateral; m, medial; D, dor- sal; V, ventral. lateral und außerhalb der eintretenden Fortsatzbündel der Ganglien- zellen zu verfolgen. Die accessorische Bindegewebsmasse hatte lateral ihre bedeutendste Entwicklung erfahren und nur lateral waren Mus- kelfibrillen anzutreffen (Taf. IV, Fig. 47. Bei Drepanophorus gehen die stärksten Spinalnerven an den dor- salen Körperumfang von einem ventralen Punkte der Centralsubstanz des Seitenstammes ab. Nur diese Nerven erreichen eine bedeutende Verästelung und einen beträchtlichen Umfang. Jetzt finden wir die mächtigere Ganglienzellsäule dorsal. Die kolossalen Fortsätze liegen immer medial innerhalb der Fortsätze der Ganglienzellbündel. Die accessorischen Bindegewebsmassen sind medial am mächtigsten ent- a ee _ Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 223 wickelt und sämmtliche Muskelfibrillen sind auf den medialen Umfang der Seitenstämme beschränkt (Taf. VI, Fig. 103 und 105). Sobald wir mit den Seitenstämmen eine Drehung von links nach rechts vornehmen, werden wir denjenigen der einen Ordnung in die Lage desjenigen der anderen Ordnung bringen. Amphiporus pulcher besitzt dieselbe Anordnung der Gewebsele- mente im Seitenstamm wie Drepanophorus, nur fehlen ihm die Neu- rochorde. Die Histologie des peripheren Nervensystems. Während bei den unbewaffneten Formen sich ein Ganglienbelag aus unipolaren Zellen bestehend, wie er dem Gehirn typisch ist, bei einem Nerven, dem Schlundnervenpaar, erhalten hatte, ist derselbe bei den bewaffneten auch hier verschwunden, so dass alle Theile des peri- pheren Nervensystems dieses Hauptcharakters nervöser Gentralorgane entkleidet sind; aber um so mannigfaltiger ist die Ein- und Umlage- rung von Zellkernen, oder überhaupt die Anordnung der ganglionären Zellsubstanz zur Fasermasse, welche die einzelnen peripheren Systeme auszeichnen und von einander sondern. Bei den Enopla kommt es niemals zu einer Plexusbildung, wie sie bei den Cerebratuliden am ausgedehntesten vorhanden ist. Alle peri- pheren nervösen Elemente sind Bündel feinster, parallel verlaufender Fibrillen, welche den Centralorganen entspringen. So sind die Augen- nerven Längszüge solcher, die sich dichotomisch verästeln. Diejenigen, die an das Seitenorgan gehen, das Schlundnervenpaar, der Rückennerv, die zahlreichen Rüsselnerven, die den Seitenstämmen entspringenden Zweige, alle lassen sich in fibrilläre Längszüge auflösen, welche ein mehr oder minder dichtes Gefüge haben. Bei den Rüsselnerven allein scheint es zu einer abweichenden Bildung zu kommen, indem hier die Längsstämme durch einen äußerst feinen Mantel eirkulärer Fibrillen, scheinbar verbunden und durchdrungen werden, welche wie die Ring- muskelfibrillen verlaufen. Die Nerven besitzen in der Tiefe der Gen- tralsubstanz ihre Wurzeln, die sich dadurch erkennen lassen, dass selbst dort, wo ein Verlauf der Fasermasse wie in den dorsalen Ganglien nicht mehr festzustellen ist, dieselbe eine bündelartige Gruppirung annimmt, welche in der Richtung der austretenden Nerven verstreicht oder in dieselbe einbiegt. Am evidentesten ist die Wurzelbildung auch hier in den Seitenstämmen ausgeprägt, wo dieselbe in der Tiefe des Stammes am ventralen Umfang erfolgt. Sämmtliche Kopfnerven und diejenigen, welche an die Seitenorgane abgehen, sind durch eingelagerte Kerne besonders charakterisirt, die 224 Otto Bürger, nur hier und in den Wurzeln dieser Nerven liegen, sonst aber durch- aus nicht im Gehirn vorkommen. Sie konnten schon bei der Betrach- tung der Kopfnerven der Anopla als Myelocyten besprochen werden. Dieselben sind bei den Enopla schmal, von elliptischer, oder wie in dem Hauptnerven, welcher das Seitenorgan versorgt, von fast spinde- jiger Gestalt, sehr gleichmäßig groß und äußerst klein, da sie nur 3,6 u breit und 5,6 u lang sind; sie liegen stets mit ihrer Längsachse in der Richtung des Nervenzuges (Taf. V, Fig. 91). Sie besitzen ein stark tingir- bares, dichtes chromatisches Gerüst, in welchem nur ein oder zwei größere, dunklere Kügelchen Kernkörper andeuten. Auf den Zellleib ist nicht anders als durch einen hellen, feinen Hof zu schließen, welchen die Nervenfibrillen, sich rings von dem Kern etwas abhebend, frei lassen. Besonders an den Kernen des Seitenorgannerven war deutlich festzustellen, dass diese Gebilde bipolar sind, indem jeder Pol einen weit verfolgbaren, am Ansatzpunkte angeschwollenen und sich weiter- hin allmählich verfeinernden Fortsatz besitzt. Diese Kerne sind gleich- mäßig, aber massenhaft bei Weitem zahlreicher als bei Cerebratulus in den Nerven, spärlicher in ihren Wurzeln vertheilt. Die Myelocyten finden sich nicht in dem Rückennerven und in dem Rüsselnervensystem. Ersteres ist gleichfalls ein Nerv von äußerst fein fibrillärer Längsstruktur, um dessen Stamm nach Art eines Belages, seitlich an die Scheide gedrängt, große, kugelige Kerne mit peripherer Körnchenzone und mattgefärbtem, zartfaserigem Inneren liegen. Diesel- ben begleiten ihn ununterbrochen in seinem Verlaufe (Taf. V, Fig. 94). Anders noch ist das Rüsselnervensystem gebaut. Jeder Längs- stamm sitzt mit einer Bindegewebsleiste der äußeren Muskelschicht auf und ist auch mit der inneren durch Bindegewebszüge verknüpft. Auf einem Schnitte gleichen dieselben Scheiben, die inmitten der Mus- kulatur zwischen einem oberen und unteren Bande ausgespannt sind. Dieselben werden von jenem Fasermantel durchsetzt, der sich zwischen je zwei Stämmen ausspannt. In diesem, gleich weit von je zwei Faser- stämmen entfernt, befindet sich eine Ganglienzellsäule aus solchen Zell- kernen, wie sie den Mediannerven umlagern, aufgebaut. Das Rüssel- nervensystem theilt die Längsmuskulatur in ein inneres und äußeres Lager. Zur genaueren Orientirung diene ein Querschnitt durch den Rüssel von Amphiporus pulcher (Taf. VI, Fig. 108). In der That, bei flüchtiger Betrachtung gewährt es ganz das Bild, als ob zwischen zwei Scheiben, deren kreisförmiger Umriss scharf durch eine Bindegewebsscheide ab- . a ET gegrenzt ist, ein Seil ausgespannt sei, das von Scheibe zu Scheibe die- selben halbirend, sich fortsetzt und ein ziemlich regelmäßig elliptisch = Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 225 abgerundeter Kernhaufen von demselben schwebend getragen wird. Das genauere Studium aber lehrt, dass von jedem Ganglienzellhaufen rechts und links feine, dicht an einander gepresste Fasern abgehen, welche in die Längsstämme eintreten und hier leicht sichtbar bleiben, da sie längs, die Fibrillen jener aber quer getroffen wurden. Hier dringen sie jederseits bis in die Mitte des Längsstammes; und so unmittelbar nahe treten die Fasern der beiden seitlichen Ganglienzellbündel in diesem an einander heran, dass man glauben sollte, sie vereinigen sich. Den- noch lässt sich jetzt eine leichte Umbiegung jedes Fibrillenzuges nach außen zu feststellen. Man überzeugt sich, sie verändern ihre Richtung. Gewiss, denn es sind die cirkulären Fibrillenzüge nichts Anderes als die Fortsätze der Ganglienzellen, welche haufenweis, eigenthümlich gruppirt zusammengefasst, weitab vom eigentlichen Faserstamm liegen und nun einen weiten Weg durch die Muskulatur einschlagen müssen, um in denselben einzubiegen. Jederseits mitten im Faserstamm ange- langt, folgen sie nun dem Verlauf seiner Fibrillen nach oben oder unten. Eine Bestätigung finden wir hierfür bei den Drepanophoriden, wo bei der großen Anzahl der Nervenlängsstämme im Rüssel der Raum zu einer solch’ ausgesprochenen Sonderung der Ganglienzellmasse und der Fibrillenmasse fehlt und beide dicht an einander rücken mussten, wäh- rend es durch die geringe Zahl der Nerven bei Amphiporus ermöglicht wurde, dass die Trennung sich so ausgezeichnet entwickeln konnte. An dem Vereinigungspunkte der Nervenlängsstämme hinter der Stilettregion lagern die Ganglienzellkerne unmittelbar um die Fasersubstanz. Das Schlundnervenpaar und die »Spinalnerven« entbehren den Reichthum der Ausstattung mit dem einen oder anderen Zellelemente, und nur spärlich sind um und in sie Kerne gelagert, die theils vom Ganglienbelag der Centralorgane mitgewandert, theils Myelocyten ähn- lich sein mögen. Immer besitzen sie eine neurilemmatische Scheide und diese führt die charakteristischen Spindelkerne. Die Sinnesorgane. Unbestrittene Sinnesorgane der bewaffneten Formen sind die als Augen beschriebenen Pigmentbecher, ferner werden als solche die accessorischen Kopfgruben aufzufassen sein. | Die Augen der Enopla zeichnen sich denen der Anopla gegenüber durch ihre außerordentliche, bei Drepanophorus rubrostriatus geradezu im Verhältnis zum Körperumfang erstaunliche Größe aus. Bei den Dre- panophorus-Arten sind sie zahlreich in zwei Längsreihen mit dorsal seit- licher Lage vor dem Gehirn in der Kopfspitze angeordnet. Ähnlich bei Amphiporus pulcher. Hier sind sie aber klein und übertreffen kaum Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 45 226 Otto Bürger, die der Eupoliiden; sie liegen stets innerhalb der Muskulatur, deren Schichten bekanntlich bei diesen Formen bis in die vorderste Kopf- spitze gesondert sind. Das Auge eines Drepanophorus gleicht einem eiförmigen, tiefen Becher mit einem kuppelartig vorgewölbten Aufsatz (Taf. VI, Fig. 411). Derselbe wird von einer dünnen Membran umschlossen. Seine Höh- lung kleidet eine Pigmentschale aus, die besonders bei Dr. rubrostriatus sehr hoch ist und bis an den Rand des Bechers reicht, an welchem eine Einschnürung die kuppelartige Wölbung zum Ausdruck bringt. In dem Pigmentbecher steht eine Schicht stabartiger, hyaliner Gebilde, nennen wir sie Stäbchen, welchen ein kurzer Kegel aufgesetzt ist. An diesen setzt sich ein Faserstrang an, welcher in der Kuppel zu einem zellartigen Gebilde, das einen Kern birgt, kolbig anschwillt. Außerdem liegt schon zwischen dem Kegel und der Anschwellung ein schmaler Kern in dem Faserstrange. Die Membran, welche das Auge vollkommen umhüllt, ist bindege- webig und führt die entsprechenden Kerne, hat aber das Aussehen einer cuticularen Haut gewonnen. Die radiären Körperbindegewebs- stränge heften sich unmittelbar an sie an, um sie zu stützen. Das Pigment befindet sich in zahlreichen, polygonalen Zellkörpern, welche kleine, kugelige Kerne besitzen, die der Pigmentschale zwischen dieser und der Augenhaut außen anliegen. Es ist braun oder schwarz. Bei Drepanophorus serraticollis schieben sich $®hmale, stabartige Fort- sätze derselben zwischen die Stäbchen, sie in ihrer ganzen Höhe um- schließend. Wahrscheinlich stecken die Stäbchen im lebenden Auge völlig im Pigment und haben sich bei manchen Exemplaren erst während der Konservirung und weiteren Behandlung aus demselben herausgehoben. Die Stäbchen sind verschieden hoch. Am Grunde des Bechers kaum wahrnehmbar, wachsen sie allmählich wie Orgelpfeifen bis zum Rande des Bechers länger werdend, zur fünffachen Höhe empor. Zu ihrer Breite sind sie etwa drei bis viermal so hoch. Die seitlichen sind ein wenig nach außen gekrümmt. Völlig strukturlos, ohne irgend welchen Glanz, tingiren sie sich gleichmäßig. Das kurze, kegelförmige Stück, welches dem Stäbchen aufsitzt, und zu den seitlich stehenden Stäbchen winklig nach aufwärts um- gebogen erscheint, färbt sich mit Tinktionsmitteln fast nicht und ist stark lichtbrechend. Der Kegel sitzt dem Stäbchen mit einem Kragen auf, d. h. es existirt ein deutlicher, dunkler Insertionsrand. Die Kegel, welche ich vorzüglich und oft auch an losgerissenen Elementen des Auges beobachtete, zeigten auch bei indischen Formen eine auffallende RR 1. NR Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 227 Klarheit und ein intensives Lichtbrechungsvermögen, so dass ich sie dem entsprechend wohl als Krystallkegel bezeichnen darf. Die Zwischenkerne des Fortsatzes sind schmal und spindelig und tingiren sich ähnlich wie die Zellen des kleinsten Ganglienzelltypus im Gehirn sehr tief. Nur ein einziger fadenförmiger Fortsatz setzt sich mit verbreiterter Basis an jeden Kegel an und steigt aus dem Bechergrunde in die Kuppel hinein. ° Die Zellen der Fortsätze, welche den Kuppelraum erfüllen, sind schlank birnförmig und besitzen einen ovalen, regelmäßigen, mäßig färbbaren, granulirten Kern. An die Ganglienzelle setzt sich eine Faser des Augennerven an. Erläutern wir die Zusammensetzung eines Sehelements noch ein- mal in umgekehrter, richtigerer Reihenfolge (Taf.Vl, Fig. 112), so ergiebt sich: Eine dem Gehirn entspringende Fibrille (Vf) des Augennerven tritt von außen in die Kuppel des Augenbechers hinein und innervirt eine Zelle (GZ); diese sendet einen Fortsatz (@Zf), dem ein Zwischen- glied, ein Spindelkern (Ar), oder ein Korn nach Eısıc eingelagert ist, an einen lichtbrechenden Zapfen (Ark), der einem stabartigen Gebilde (St), das im Pigment eingebettet liegt, aufgesetzt ist. Sinnesorganähnlich sind jene, als accessorische Kopfgruben bekannte Nebengrübchen an den beiden Seitenkanälen gebaut. Bei den Drepanophorus-Arten nehmen sie, zu vielen beisammen- stehend, vor den Seitenkanälen die ganze laterale Kopffläche bis hinauf an die Spitze ein (Taf. VI, Fig. 109). Ihr genauer Bau ist dieser. Jedes Grübchen besitzt etwa eine halbkugelige Gestalt und wird rings von den sehr hohen, verschieden- artigen Epithelzellen, welche auf einer ringförmigen, wulstartigen Er- hebung der Basalmembran noch weiter nach außen gerückt sind, um- fasst. An der Eingangsöffnung wird die Grube etwas vom Körperepithel überwölbt. In derselben, in mittlerer Tiefe, wird eine seitliche, ring- förmige, tiefe Rinne und eine centrale Einstülpung, welche zugleich den tiefsten Punkt der Grube bildet, durch eigenthümliche Zellen ein- gefasst. Diese unterscheiden sich von den fadenförmigen Epithelzellen der Haut einestheils dadurch, dass ihnen irgend welche pigmentartige Einlagerungen gänzlich fehlen, und dass sie völlig drüsenfrei sind, in Folge dessen dicht an einander schließen. Außerdem besitzen sie eine hohe Tinktionsfähigkeit und eine besondere Gestalt (Fig. 110), nämlich einen breiten, kolbig am Grunde angeschwollenen Zellleib, dem basal ein kugeliger Kern eingelagert ist und der sich nach oben verschmälert und ein deutlich abgesetztes, eylindrisches Stück, ein ziemlich hohes 15* 2283 Otto Bürger, Zwischenstück trägt, dem mehrere Stäbchen aufsitzen. Dem Stäbchen sind die Wimpern inserirt. Sämmtliche Zellen neigen sich nun um die Rinne und die centrale Grube zusammen, wodurch die Zwischen- stücke winklig zu den je nach der mehr oder minder seitlichen Lage schon etwas gekrümmten Zellen stehen. Wenn ich die accessorischen Kopfgruben, trotzdem es mir nicht gelang, eine direkte Nervenverbindung mit ihnen klarzustellen, den- noch als Sinnesgrübchen betrachte, so geschieht es mit Rücksicht auf ihre eigenthümlichen, von der normalen Epithelzellengestalt erheblich differenzirten Zellen, und insonderheit als Trägerinnen jener kantigen, hohen, glänzenden Stäbchen, welche wir nur im Kanal des Seitenor- gans wiederfinden werden. Das Nervensystem der exotischen Formen. (Taf. VL.) Dasselbe schließt sich, was die Lage und die Gestalt anbetrifft, im Wesentlichen, was die Art der Ganglienzellen, die Zusammensetzung der Centralsubstanz, die accessorischen Elemente, als bindegewebige und muskulöse anbetrifft, völlig an die Schilderung an, welche vom Centralnervensystem der bezüglichen Repräsentanten aus dem Golf von Neapel gegeben wurde. Auch die Gattung Prosadenoporus ist hinsicht- lich des Gehirns und der Seitenstämme leicht einzureihen, jedoch eher an Drepanophorus als an Amphiporus anzuschließen. Es ist bei Drepanophorus latus und cerinus das Gehirn, dessen Hälften einen länglich elliptischen Querschnitt besitzen, in der zum Körperumfang außerordentlichen charakteristischen Mächtigkeit ent- wickelt, besonders der dorsale, hinten kuglig abgerundete Lappen, mit dem der ventrale nur im vordersten Abschnitt durch einen besonderen medialen Querzug verbunden ist (Fig. 99). Die dünne, lange, dorsale Kommissur mit deutlichen Wurzelanschwellungen umgreift das Rhyn- chocoelom im Halbbogen, die kurze ventrale dagegen erscheint nicht mehr symmetrisch zu jener um das Rhynchocoelom gekrümmt, sondern wie diese parallel der oberen Körperdecke gebogen, passt sie sich dem dorsalen Kontour des Magendarmes an, welcher hier schon eine be- trächtliche Ausdehnung besitzt, die ventralen Ganglien aus einander getrieben hat und zwischen sie eingedrungen ist, so dass jene jeder- seits des Darmrohrs und zwar unterhalb der ventralen Kommissur ge- lagert sind (Fig. 101). Die Seitenstämme rücken aus ihrer zuerst seitlichen Lage nach hinten zu mehr und mehr an die Bauchfläche hinab. Das Gehirn von Amphiporus Amboinensis ist, wie dasjenige von - ZEN Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik, 229 Amphiporus pulcher, klein und unentwickelt. Die beiden kugligen Hälf- ten sind ziemlich weit aus einander gerückt und liegen genau zwischen Rhynchocoelom und Magendarm, welcher gleichfalls schon in der Ge- hirnregion sich befindet. Der Größenunterschied zwischen oberen und unteren Ganglien ist keineswegs sehr auffallend. Die dorsale Kommis- sur beschreibt einen Bogen um das Rhynchocoelom, die ventrale ist fast gerade und kurz, nur ein wenig dem Magendarm gemäß, welchem sie unmittelbar aufliegt, gewölbt. Sie liegt aber, da die Gehirnhälften nur klein und vor Allem nicht wie diejenigen von Drepanophorus latus in die Breite ausgezogen sind, in gleicher Höhe mit den ventralen Ganglien. Die Seitenstämme liegen ein wenig unterhalb der seitlichen Mittel- linie der Längsmuskulatur dicht angepresst in der Höhe, in welcher Darm und Rhynchocoelom an einander grenzen. Von den Prosadenoporiden zeichnet das umfangreichste Gehirn, welches dem von Drepanophorus serraticollis an Größe nicht nachsteht, Prosadenoporus arenarius aus. Da der Magendarm sich erst hinter der Gehirnregion entfaltet, sind die beiden Gehirnhälften äußerst nahe an einander gerückt und es werden die ventralen Ganglien durch eine sehr starke aber sehr kurze Kommissur mit einander verschmolzen. Am nächsten steht dieser Form Prosadenoporus badio-vagatus. Das Gehirn liegt gänzlich unterhalb des Rhynchocoeloms. Die ventrale Kommissur ist gerade, die dorsale beschreibt, da sie bedeutend aufsteigen muss, einen weiten Bogen um das Rhynchocoelom. Unmittelbar hinter der ventralen Kommissur beginnt der Magendarm, welchem völlig allein die oberen und unteren Ganglien der Gehirnhälften anliegen. Das Mächtig- keitsverhältnis zwischen oberem und unterem Ganglion ist ähnlich wie bei Drepanophorus. Bei Prosadenoporus janthinus ist die ventrale Kommissur ungemein stark nach oben gebogen, da sich der Ösophagus, welcher sich hier in dem Magendarm zu erweitern im Begriff steht, tief in dieselbe einsenkt. Die ventralen Ganglien liegen in Folge dessen unter der Kommissur, die sich fast bis an das Rhynchocoelom hinaufbiegt. Die ventralen Ganglien stehen mit den dorsalen gleichfalls durch besondere mediale Querzüge der Centralsubstanz in Verbindung. Die dorsalen Lappen, welche eine kuglige Gestalt haben, liegen in der Höhe zwischen Rhyn- chocoelom und Magendarm, die ventralen eventuell die Seitenstämme tiefer in der Region des Magendarmes (Fig. 99). Während das Gehirn bei Prosadenoporus janthinus und badio-vaga- tus um etwa 0,2 mm von der Spitze entfernt liegt, befindet sich dasjenige von Prosadenoporus arenarius fast I mm hinter der Kopfspitze. Obwohl die Seitenstämme der Prosadenoporus-Arten nach hinten 230 Otto Bürger, zu niemals ihre seitliche Lage bewahren, sondern mehr der Bauchfläche genähert sind, liegen sie unter dem Darmtractus doch niemals so nahe zusammen, wie es bei den Drepanophorus-Arten bekannt ist (Taf. X, Fig. 186). Bei Prosadenoporus badio-vagatus, wo die Ganglien tiefer liegen als die Seitenstämme, biegen sich diese aus jenen durch Ver- jüngung hervorgehend in eine höhere mehr seitliche Lage hinauf. Bei Pr. janthinus behalten sie ziemlich die Lage der Ganglien bei, nur noch ein wenig mehr aus einander weichend, bei Pr. arenarius endlich senken sie sich in eine tiefere Lage hinab, da die ventralen Ganglien höher als die Seitenstämme liegen. Der Querschnitt der Seitenstämme ist rund- lich. Das Vorhandensein oder Fehlen einer Analkommissur vermochte ich leider nicht zu konstatiren. Der Ganglienbelag des Gehirns von Drepanophorus latus ist medial der großzellige, welcher peripher von einem Mantel des klein- zelligen liegt und auch auf die obere Partie der Gentralsubstanz rückt (Fig. 99 u. 100). Weiter hinten werden die den Seitenstämmen ty- pischen Ganglienzellen unterschieden. Die Neurochordzellen liegen den ventralen Ganglien in der Region der ventralen Kommissur ziemlich dicht an diese hinangedrückt an. Die kleinzellige Ganglienzellmasse umhüllt ausschließlich die oberen Gehirnlappen, ihre Kerne sind ver- schieden groß, besonders stark entwickelt am hintersten oberen Zipfel desLappens; zu außerordentlicher Kleinheit sinken sie am medialen und ventralen, dem Seitenstamme zugekehrten Umfang desselben hinab, äußerst dicht gedrängt messen sie hier nur 2u. Die Kommissuren sind bis auf eine dünne Zellschicht, welche dem inneren Neurilemma hart anliegt, belagslos. Die Seitenstämme besitzen bei dieser wie auch den folgenden Formen den typischen Belag der sehr schlanken Zellen mit den elliptischen kleinen Kernen, welcher dorsal immer bedeutend mäch- tiger ausgebildet ist als ventral. Der Ganglienbelag von Amphiporus Amboinensis zeigt sowohl die größeren medial vertheilten Zellformen als die kleinsten den dorsalen Ganglien zukömmlichen, wie auch das mächtige Bündel jener mit den großen runden Kernen, in denen das randliche Chromatingerüst so cha- rakteristisch ist, wie auch endlich die für ventrales Ganglion und Seiten- stämme bezeichnenden — aber es fehlen, wie bei Amphiporus pulcher die Neurochordzellen. Ä Auch im Ganglienbelag weicht der auch sonst.nicht ganz mit den übri- gen Prosadenoporus-Arten übereinstimmende Prosadenoporus arenarius durch die auffallende enorme Entwicklung und Fülle der großen Zellen ab. Sie bilden in der Vorderhirnregion fast das ausschließliche Belags- element, besonders zahlreich in den Furchen angeordnet, welche oberes Vi sen un Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 231 und unteres Ganglion mit einander bilden. Im mittleren Abschnitt ge- hören sie ausschließlich den ventralen Ganglien, welche sie bis zu den Seitenstämmen reichlich umgeben und auch diese selbst begleiten sie noch eine Strecke lang mit den kleinen typischen Zellen vermischt. Diese in der Regel 20—24 u im Durchmesser besitzenden Zellen sind von kolbiger Gestalt, der Leib ist fast kuglig, die Fortsätze sind lang, da die Zellen, wie wir es immer bestätigt fanden, dem äußeren Neurilemma nahe liegen, außerhalb vom kleinzelligen Ganglienbelag. Ihr Kern ist völlig kuglig von 6 u Durchmesser, stets mit einem einzigen, sehr deutlichen randlichen Kernkörperchen ausgestattet. Der klein- zellige Ganglienbelag ist relativ weniger ausgebildet, aber er tritt mit all seinen Arten in den bekannten Abschnitten auf: der kleinkernigste am dorsalen Ganglion mit dünnen aber dichten Schichten in der mitt- leren und hinteren Hirnregion, der großkuglig-kernige gleichfalls am dorsalen Ganglion in der hintersten Partie am Endzipfel ein mächtiges Bündel bildend, der kleinkernig schlankzellige am ventralen Ganglion und den Seitenstämmen. Außerdem jedoch konstatiren wir auch die Neurochordzellen, in Wahrheit relativ kolossale Gebilde, welche 27 u in der Breite und 54 «u in der Länge bis zum Abgang des Fortsatzes messen. Sie liegen unmittelbar hinter der ventralen Kommissur, dicht an diese hinangedrängt, den ventralen Ganglien medial an (Fig. 101 u. 102). Das, was diese Zellen außer durch ihre Größe, ihre Fortsätze aber noch äußerst charakteristisch macht in dieser Gruppe der Enopla, das ist der immer elliptische Kern, welcher ohne Ausnahme zwei Nucleoli enthält. Sie liegen etwa in den Brennpunkten der Kernellipse. Sie treten immer sehr deutlich hervor, da der Kern sonst kaum gefärbte Einschlüsse enthält. Der eine ist immer wohl doppelt so groß als der andere und nach meiner Beobachtung ist der kleinere immer der dem Fortsatz zugewandte, der größere aber derjenige, welcher der Endkuppe des Zellleibes zunächst liegt. Die Gestalt des sehr feinkörnigen Zell- leibes ist eine birnförmige. Sehen wir von der vornehmlichen Entwicklung der großen Zellen ab, so finden wir bei den übrigen Prosadenoporiden dieselben Verhältnisse. Bei Prosadenoporus janthinus liegen die Neurochordzellen in Folge der eigenthümlichen Gestaltung und Lagerung der einzelnen Gehirntheile durch Anpassung an das Darmrohr, zwischen dorsaleın Ganglion und der ventralen Kommissur, jenem auf. Normalerweise sind sie unmittel- bar ventraler Kommissur und ventralem Ganglion anliegend, also in die Bucht, welche jene bilden, eingeschlossen, bei Prosadenoporus badio- vagatus angeordnet. Über die centrale Fasersubstanz des Centralnervensystems ist zu 232 Otto Bürger, der früheren allgemeinen Darlegung nichts hinzuzufügen; Einiges jedoch über das Verhalten der Neurochorde der exotischen Formen. Es ist bereits hervorgehoben, wie trefflich bei Drepanophorus lat es sich an Querschnitten durch die ventrale Kommissur konstatiren ließ, dass in dieser eine Kreuzung der Neurochorde stattfindet, nachdem dieselben die ventralen Ganglien nur eine minimale Strecke durch- setzend, sich nach vorn gewandt haben, und in der Kommissur an der oberen Fläche derselben umbogen, um rechts und links weiter zu ziehen, und mit einer nochmaligen Biegung, nun nach hinten, abermals in das Ganglion sich fortsetzten, dieses der Länge nach durchdringend, um in den Seitenstamm zu gelangen (Fig. 117a). — Die beiden, dies Verhalten demonstrirenden Neurochordschnitte liegen dicht bei einander an die dorsale Wand des inneren Neurilemmas gedrängt. Im Seitenstamm nimmt der Neurochord, Anfangs noch allseitig von Fasersubstanz um- geben, bald seine konsequente medial-ventrale Lage am inneren Neuri- lemma ein. Eine Kreuzung der Neurochorde bei den Prosadenoporus-Arten habe ich nieht nachweisen können, vielmehr sah ich, dass der Fortsatz der Zelle sich in die ventrale Kommissur wandte und in dieser ohne Um- biegung direkt dem ventraleu Ganglion zustrebte (Fig. 101). Im Seiten- stamm verläuft der Neurochord, welcher eben so dick ist wie bei Dre- panophorus, gleichfalls medial am inneren Neurilemma, aber nicht ventral, sondern gleich weit vom oberen und unteren Ganglienbelag entfernt in der medialen Mittellinie des Stammes (Fig. 106). Die Neu- rochorde auch der exotischen Formen sind unverzweigt und so lange wie die Seitenstämme nach hinten zu verfolgen, sich wie diese ver- jüngend. Inneres und äußeres Neurilemma sind in bekannter Weise ausge- bildet. Die Hüllgewebsmassen der Ganglienzellbelagsmassen setzen sich aus neurilemmatischen Elementen, d. h. solchen Fasern, welche sich vom äußeren Neurilemma abspalten und Spindelkerne führen, zusammen und solchen, deren Fasern aus jenen ausführlich beschriebenen Zellen hervorgehen, die in der Regel ein gelblichgrünes, krümliges Pigment und immer ein ovaler wenig färbbarer Kern mit peripherem Körnchen- kranz auszeichnet. Das Pigment ist in den Zellen von Drepanophorus latus vorzüglich ausgebildet (Fig. 99 u. 100). Die charakteristischen Fasern und Kerne sind überall, auch bei den Prosadenoporus-Arten nach- zuweisen. Endlich werden auch solche Pigmentballen, wie sie in den Seitenorganen angetroffen werden, an den verschiedensten Stellen, hauptsächlich in den Seitenstämmen bei Drepanophorus latus aufge- funden. I Er Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 233 Das periphere Nervensystem. Dem Gehirn der exotischen Drepanophorus-Arten entspringen je zwei mächtige Augennerven von der äußersten Spitze und je ein mehr seitlich abgehender, sich reich an das umliegende Muskelgewebe der Körperwand verästelnder Nerv. Vom ganzen vorderen Gehirnumfang gehen die Rüsselnerven ab und zwar bei jedem mindestens 30. Dort, wo die untere Kommissur mit den unteren Ganglien verschmilzt, entspringt letzteren der paarige Schlundnerv, welcher auch hier nach hinten sich wendet, den Magen- darm begleitend. Von der dorsalen Kommissur geht der Rückennerv ab. Bei Amphiporus Amboinensis zeichnen sich die »Spinalnerven« durch ihre hervorragende Stärke aus. Die bei Weitem mächtigsten gehen an die dorsale Körperfläche ab. Sie durchdringen die Längs- muskelschicht der Körperwand und biegen sich sämmtlich unter der Ringmuskelschicht in der Diagonalmuskelschicht um, sich in dieser aus- breitend; an sagittalen Längsschnitten durch das ganze Thier überzeugt man sich von dem in gleichmäßigen Intervallen auch schon in der Magendarmregion stattfindenden Abgehen der Zweige der Seitenstämme, da ihre Querschnitte sich fortgesetzt in bestimmten Zwischenräumen wiederholen (Taf. VII, Fig. 128). Den dorsalen Mediannerven habe ich auch bei dieser Species in der für die Enopla typischen Lage, der Ring- muskelschicht aufliegend, unter der Basalmembran festgestellt. Inner- halb der Längsmuskelschicht, also über dem Rhynchocoelom, ist nicht die Spur eines Nerven festzustellen gewesen. Die Prosadenoporus-Arten besitzen jeeinen mächtigen, ausmehreren Zügen bestehenden Kopfnerven, welcher sich an die Augen verzweigt. Ähnlich dem dritten Nerven der Drepanophoriden entspringt auch hier ein seitlicher schwächerer, sich an das Gewebe der Kopfspitze ver- zweigender Nerv. Der Schlundnerv entspringt dem ventralen Ganglion auf der Grenze zwischen Kommissur und Ganglion, direkt sich nach unten ein wenig umbiegend und horizontal an den Darm hinantretend (Fig. 104). Rüsselnerven zählte ich bei Prosadenoporus arenarius 12, bei Prosadenoporus badio-vagatus 15. Einen Rückennerven erkannte ich bei Prosadenoporus badio-vaga- tus und stellenweise glaube ich diesen feinen Fibrillenzug auch bei Prosadenoporus arenarius in der dorsalen Mittellinie zwischen Basal- membran und Ringmuskulatur vor Augen gehabt zu haben. Die Sinnesorgane der exotischen Formen. Auch die indischen Drepanophoriden besitzen die accessorischen Seitengrübchen, welche ganz so wie es seiner Zeit beschrieben wurde, gebaut sind. 234 Otto Bürger, Drepanophorus und Amphiporus charakterisiren viele Augen, welche seitlich dorsal in je einer Längsreihe angeordnet sind. Die Augen von Amphiporus Amboinensis sind fast so groß wie diejenigen von Drepanophorus. Die Prosadenoporiden besitzen nur vier Augen, die im Viereck stehend wie bei Tetrastemma dorsal seitlich je zu zwei und zwei in der äußersten Kopfspitze sich befinden. Ihr Bau schließt sich der vor- hergehenden Beschreibung an. Die Seitenorgane. (Taf. VI.) Die Seitenorgane unserer Enopla befinden sich entweder vor dem Gehirn, die Gattung Prosadenoporus, oder seitlich von diesem, Drepano- phorus und Amphiporus. Bei den Prosadenoporiden sind dieselben sehr klein und liegen entweder ventral, jederseits des Ösophagus, nahe an einander gerückt oder durchaus dorsal in unmittelbarer Nachbarschaft der Augen. 1) Prosadenoporus janthinus und Prosadenoporus badio- vagatus — 2) Prosadenoporus arenarius. Bei den Drepanophoriden und Amphiporiden sind es ansehnliche, länglich ovale Gebilde, welche das Gehirn in der Regel nach hinten überragen. Der Kanal, welcher niemals aus kopfspaltenähnlichen Höhlungen hervorgeht, sondern immer direkt an der Oberfläche des Epithels ent- springt, öffnet sich fast terminal bei Prosadenoporus: janthinus nach außen, bei Prosadenoporus arenarius und badio-vagatus ist er weiter nach hinten gerückt, der Lage des Organs entsprechend bei ersterer Form die dorsale Körperwand, bei letzterer die ventrale durchbohrend. Bei den Drepanophorus- und Amphiporus-Arten tritt er mit Ausnahme von Amphiporus Amboinensis, wo er ventral entspringt, etwa in der seitlichen Mittellinie oder oberhalb dieser aus. Wie bei den höher organisirten Anopla wird das Seitenorgan im Wesentlichen durch einen in der Längsrichtung des Körpers verlaufen- den Kanal gebildet, an welchen Ganglienmassen, die wiederum durch mehrere Nerven mit den dorsalen Gehirnlappen in Verbindung stehen, herantreten. Ferner gehören Drüsenzellen, deren Sekret sich in den Kanal ergießt, zu den Bestandtheilen des Organs. | Ein Blutsinus um das Seitenorgan ist nicht vorhanden. Dasselbe ist rings von den Gewebselementen des Körpers umgeben. Zur detaillirten Schilderung diene uns Drepanophorus latus als Beispiel. Der gerade Verbindungskanal tritt an das Organ in schräg dorso-ventraler Richtung hinan (Taf. VI, Fig. 120). Noch vor seinem Eintritt in dasselbe münden in ihn die langen Sekretgänge kleiner Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 235 Drüsenzellhaufen, welche ventral und dorsal im Organ der Kapsel an- liegen. Diese Drüsenzellen sind schlank, mit langen, sehr feinen Fort- sätzen ausgestattet, welche aus einem schmächtigen, am Grunde nur wenig angeschwollenen Leibe hervorgehen. Der Zellinhalt ist farblos geblieben, sehr feinkörnig und glänzend, bis auf eine Masse, welche den kleinen, stark färbbaren und lichtbrechenden Kern umgiebt, und sich fast so dunkel wie dieser tingirt hat. Unmittelbar nach seinem Eintritt in das Organ gabelt sich der Kanal; ein unteres Rohr durchsetzt das Organ, an den vorderen Kontour desselben gedrängt und wie dieser gekrümmt, quer, sich an die mediale Wand des Organs wendend, und nach hinten umbiegend, mehr und mehr an den ventralen Umfang des Organs hinabsteigend. Das obere Rohr aber erweitert sich zu einem weiten faltenreichen Lumen, einem »Sack «, wie es DEwoLETzZKYy (41) treffend nennt, das im vorderen Organ- abschnitt lateral, im hinteren dorsal dicht an der Hülle jenes gelegen ist. An dem oberen Rohr, dem Kanal, wie wir es kurzweg im Gegen-. satz zum Sack nennen wollen, sind zwei Abschnitte zu unterscheiden; ein vorderer weiterer, welcher, wie wir sehen werden, mit der ner- vösen Materie des Organs in Beziehung tritt, und ein sehr enger, blind geschlossener hinterer, um welchen sich die Hauptdrüsenzellmasse des Organs rosettenartig wie ein »Polster« gruppirt hat, oder welcher lang ausgezogen das eigentliche Organ, d. h. den Sack und die ganglionäre Substanz, weit nach hinten überragt, einen Drüsenzellschlauch von er- staunlicher Länge bildend {Drepanophorus cerinus, Fig. 98). Der Sack tritt mit den Drüsenzellen nie in Beziehung und ist im mittleren und hinteren Organabschnitt vollkommen von jenen durch eine membranöse Scheidewand getrennt, welche das Organ der Länge nach durchsetzt. Die Halbirung in eine drüsige Hälfte, welche das hintere Kanalende und das Drüsenzellpolster und eine nervöse, welche den Sack und die Gan- glienzellen- und Fasern einschließt, wird auch äußerlich an der Schale des Seitenorgans durch je eine Längsbucht an der Anheftungslinie der Scheidewand kenntlich. Außerdem liegt, wie es auch der citirte Autor beschreibt, ein großer Pigmentballen innerhalb der Drüsenzellkammer unmittelbar der Scheide- wand an. Die Drüsenzellen des hinteren Kanalendes sind von den am Kanal- eintritt beschriebenen nicht unerheblich verschieden. Sie liegen in reichlicher Fülle dicht gedrängt bei einander, besitzen eine gedrungenere, bedeutend größere birnförmige Gestalt, da der kernführende Abschnitt stark angeschwollen ist, einen gleichfalls fein granulirten Inhalt, welcher sich nicht gefärbt hat, aber einen ovalen, matt tingirten und kaum licht- 236 Otto Bürger, brechenden Kern, welcher stets am Rande der Inhaltsmasse liegt. Ein Nucleolus ist immer erkennbar. Wie alle Drüsenzellen sind auch diese membranlos; die Ausführgänge sind durch die Epithelzellen des Kanals begrenzt, und die Zellen in ein zartes Bindegewebe, dessen spindelige Kerne ich dem Sekret derselben oft angepresst sah, gehüllt. Besprechen wir, ehe wir uns zu den Verhältnissen der Innervation des Kanals oder des Sackes wenden, das Epithel dieser Bildungen in ihren einzelnen Abschnitten. Das die Körperwand durchsetzende Stück des Kanals, welches, wie bekannt, einer der accessorischen Seitengruben entspringt, besitzt ein sehr niedriges flimmerndes Cylinderepithel, welchem Drüsenzellen vollständig fehlen. Die Wand des inneren Kanals schildert DrwoLerzky wie folgt am optischen Längsschnitt: »dann erblickt man deutliche zierlich gestreifte Zellenköpfe (wie in der Kanalwand bei den Schizonemertinen), welche aber hier senkrecht zur Kanalachse stehen und noch länger und schmä- ler erscheinen. Die Stellen, an welchen die Cilien aus den Enden der Epithelzellen hervorbrechen, sind durch eine Reihe äußerst feiner Punkte markirt«. In der That, die Ähnlichkeit dieser Zellen mit den medialen des hinteren Kanalabschnitts, z. B. von Cerebratulus, ist eine überraschende, besonders wenn wir den Bau bis ins feinste Detail ins Auge fassen (Taf. VI, Fig. 120—122). Die Zelle besteht wiederum aus zwei Abschnitten, einem oberen, dem Zellkopfe, welcher ein sehr fein- körniges, stark tingirbares dichtes Plasma besitzt, und einem unteren, durch Tinktion wenig hervortretenden Zellleibe, welcher den ovalen Kern birgt. Die Zellköpfe, welche unmittelbar zusammengetreten sind, d. h. lückenlos an einander schließen, sind durch einen doppelten Kon- tour nach dem Lumen zu abgegrenzt: Ein unterer sehr feiner, dem Köpfchen aufsitzender Saum, und ein oberer innerer, gleichfalls deut- lich hervortretender, sind mit einander durch helle, zarte Längsstreifen verbunden. An den oberen Saum heften sich die Wimpern an. Es gelingt uns unschwer, in dem doppelten Kontour den aus Stäbchen, Zwischenstücken und Knöpfchen sich zusammensetzenden Fußapparat der Wimpern, wie bei Cerebratulus, zu erkennen. So ist derjenige Ab- schnitt des Kanals mit einem wimpernden Epithel ausgestattet, welcher sich später in den Sack erweitert, derjenige jedoch, welcher sich an der vorderen Kuppe des Seitenorgans umbiegt, und sich an der media- len-Wand desselben in den Drüsenzellkanal verjüngt, ist vordem mit einem stäbchentragenden Epithel ausgekleidet. Es sind dies jene hel- len glänzenden, auf dem Querschnitt kantigen Gebilde, welche wir be- reits in den accessorischen Kopfgruben der Drepanophorus- Arten Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 237 fanden, und die nicht anders wie die Schnäbel der lateralen Zellen durch Verklebung von Cilien entstanden sein werden. Während das Epithel des Kanalabschnittes, der sich in den Sack erweitert, ein dichter Wimperpelz bedeckt, ist das Flimmerkleid des Sackepithels ein sehr dünnes. Die Epithelzellen des Sackes sind ein- fach gebaut. Die bald hohen cylindrischen, bald niedrig würfelför- migen Zellen zeigen keinerlei Differenzirung. Ihr Plasma färbt sich kaum, der kugelige Kern liegt am Grunde. Ein scharfer Kontour gegen das Lumen hin ist nicht erkennbar, da der Fußapparat der Wimpern rückgebildet zu sein scheint. Das Epithel des die Ausführgänge der Drüsenzellen des »Polsters« aufnehmenden engen, blindgeschlossenen Kanalrohres ist würfelförmig niedrig, die Kerne sind klein, rundlich, die Wimpern stehen spärlich. Das Seitenorgan steht mit dem Gehirn, und zwar dem dorsalen Ganglion, durch drei Nerven, ganz in der Art wie es DrwoLrrzky be- schrieben hat, in Verbindung. Ein sehr starker Nerv entspringt am hinteren Zipfel des dorsalen Lappens, von zwei bedeutend schwäche- ren, welche aus dem dorsalen Ganglion weiter vorn heraustreten, geht der eine von der Unterseite, der andere von der Oberseite desselben ab. Es wurde bereits früher erwähnt, dass die kleinen kugeligen Gan- glienzellkerne des Seitenorgans nicht den sehr kleinen, äußerst inten- siv gefärbten und lichtbrechenden Sinneszellkernen glichen, welche massenhaft besonders die Wurzel des großen Seitenorgannerven um- lagern, sondern vielmehr jenen Kernen des Ganglienzelltypus, welcher sich durch seine sehr großen, stets regelmäßigen kugeligen Kerne, in denen ein randliches Chromatingerüst mit Hämatoxylinfärbung scharf zum Ausdruck kam, und die auf Kosten der achromatischen Substanz im dorsalen Ganglion stetig von vorn nach hinten abnahmen, gleichzu- setzen wären. Diejenigen Epithelpartien, auf welche die Ganglienzellmasse, die den Kern des Seitenorgans bildet, da sie sich hauptsächlich zwischen Sack und Drüsenzellpolster ausbreitet, ausstrahlt, um sie zu innervi- ren, gehören den vorderen Abschnitten des Gabelkanals an, sowohl dem, welcher Flimmern besitzt und sich in den Sack ausweitet, als dem, welcher mit Stäbchen ausgestattet ist und sich später in den Drüsenschlauch fortsetzt. Die Innervirung der Einzelzelle erfolgt, indem sich eine Nerven- faser, wie bei den medialen Zellen der Cerebratuliden mit dem Fort- satz, in welchen der Zellleib sich verjüngt, verbindet. In der Nervenfaser liegtin einiger Entfernung vom Verschmelzungspunkte mit der Kanalzelle ein Kern (Korn) eingeschaltet. 238 Otto Bürger, Schließlich sei auch noch einmal des Myelocytenreichthums ge- dacht, welcher die Nerven des Seitenorgans auszeichnet, und der selbst noch innerhalb des Organs, wo sie sich an die Ganglienmassen dessel- ben ausbreiten, ein bedeutender ist. Die Pigmentpolster, deren sich auch eines dort findet, wo die Ganglienmassen sich nach hinten abrunden, den Raum zwischen diesen und der Hülle des Organs füllend, werden von verschieden großen, gelblichen Krümeln gebildet, in welche spindelige, stark tingirbare, kaum messbar kleine Kerne eingestreut sind (Taf. VI, Fig. 98). Außer- dem sind kleinere Pigmentballen von derselben Beschaffenheit in die Ausbreitung des großen Organnerven sowie in derselben Gegend oben und unten dicht unter die Kapsel zwischen nervöse und drüsige Materie versprengt (Fig. 121). An diese Darstellung, welcher sich Drepanophorus serraticollis und rubrostriatus, wie ich aus DewoLrtzky’s Abhandlung entnehme und gemäß eigener Anschauung bestätigen kann, anschließen, muss ich noch die von Drepanophorus cerinus anfügen, da diese Form betreffs des Seitenorgans einige interessante Abweichungen aufweist. Auch bei dieser Form steigt der gerade Verbindungskanal in dorso- ventraler Richtung durch die Körperwand in das Organ, durchsetzt dasselbe quer an die vordere Wand desselben gerückt und biegt sich an seine mediale Wand um, nach hinten sich wendend. An der late- ralen Wand ist das Rohr des Kanals zu verfolgen, welches sich in nor- maler Weise unmittelbar nach dem Eintritt des Verbindungskanals in das Organ von jenem abschnürt und später die sackartige Erweiterung, welche hier wie eine laterale Ausstülpung des Kanals erscheint, bildet, die noch im mittleren Abschnitt des Organs durch eine Längsspalte — auf dem Querschnitt bekommen wir das Bild eines kurzen engen Ver- bindungskanales — mit jenem kommuniceirt (Fig. 121, 122 und 98). Erst. ganz hinten geht der Kanal völlig in den Sack auf. Der Kanal zeigt auf Querschnitten die Gestalt eines Hufeisens und lässt sich leicht von dem Faltensacke, welcher lateral unmittelbar an die Hülle des Organs gelagert ist und ventral bis auf die Drüsenzellen des Schlauches her- abhängt, durch sein eigenartiges Epithel unterscheiden. Das des Kanals setzt sich aus hohen cylinderförmigen Zellen von dem bekannten strei- figen Aussehen, welche ein doppelt kontourirter Saum gegen das Kanal- lumen abgrenzt, und die dicht mit Wimpern besetzt sind, zusammen. Das des Sackes bestätigt die für Drepanophorus latus geschilderten Verhältnisse, es besitzt eine wechselnde Höhe und eine dünne Wimper-. bekleidung. Ein allmählicher Übergang vom Kanal zum Sackepithel findet nicht statt; auf der Grenze beider scheint ein regelmäßiges Epithel fest:n Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 239 zu fehlen, wenigstens sind Zellgrenzen hier nicht zu konstatiren, wohl aber je ein dorsales und ventrales Häufchen kleiner kugeliger Kerne (Fig. 121). Während das Epithel des Kanals einerseits hinter diesen Kernhäufchen niedriger wird, ist das des Sackes andererseits vor den Kernhäufchen am höchsten überhaupt. Der Längsbucht, welche zwischen dem abnehmenden Epithel des Kanals und dem fast unmittel- bar daneben sich erhebenden des Sackes naturgemäß auftritt, entspricht eine Längsfurche am dorsalen Umfang der Kapsel des Seitenorgans. Vor Allem ist es aber die Eigenthümlichkeit des Drüsenzellschlau- ches, welche das Seitenorgan dieser Species von dem ihrer Verwandten entfernt. Wie gesagt, endet der hintere Kanalabschnitt des unteren Zweigrohres nicht in einem Drüsenpolster, sondern er tritt aus dem eiförmigen Kontour des Organs heraus und erstreckt sich über den Seitenstämmen und den Seitengefäßen liegend bis in die Gegend des Exkretionsporus nach hinten öfters, namentlich am Ende, in Win- dungen verschlungen. Um den Kanal, welchen das typische würfelförmige, mit wenigen Wimpern besetzte Epithel auskleidet, bilden Drüsenzellen, welche eine flaschenförmige, kurze, gedrungene Gestalt besitzen und halb so lang sind als die im Drüsenzellpolster, einen dichten Mantel. Sie stützen sich auf eine bindegewebige Membran, welche sich von derjenigen, die das Seitenorgan umhüllt, um den Schlauch fortsetzt, ihn überall begren- zend. Der Zellinhalt zeigt immer eine obere gleichmäßig granulirte, nicht gefärbte Masse, und eine untere, den kleinen Kern umlagernde intensiv tingirte, homogenere: Sekret und Zellplasma (Fig. 98«). Hier tritt es ungemein klar hervor, dass die Ganglienmassen außer auf den vorderen Abschnitt des unteren Kanalrohres, nur auf das Epi- thel des Kanals, dessen Ausstülpung der Sack ist, ausstrahlen, der Sack aber in gar keiner Beziehung zu den Ganglienmassen steht. Davon zeugt eine starke Membran, welche bei Drepanophorus cerinus dem Sack medial anliegt und eine undurchdringliche Scheidewand zwischen seiner Wand und den nervösen Elementen des Seitenorgans herstellt. Es ist mithin bei dieser Art nicht allein der drüsige Theil vom nervösen abgekammert, sondern auch die Höhle des Sackes. Letzteres machte sich bei Drepanophorus latus kaum bemerklich (Fig. 121). Diese Thatsache im Verein mit der Erwägung, dass das Epithel des Sackes in nichts an ein Sinnesepithel erinnert, welche sonst immer unverkennbar den Beobachter als solche gefangen nehmen, und dass der Sack theilweise völlig aus der Ganglienmasse herausgerückt er- scheint, wie auch, dass es weder Drworrtzkyv noch mir gelang, eine Verbindung seiner Epithelzellen mit Nervenfasern festzustellen, sind 240 Otto Bürger, wohl berechtigt, dem Sackepithel überhaupt keine nervöse Funktion zuzuschreiben; auch der eitirte Autor thut dies nur vermuthungsweise, um die Bedeutung dieses Gebildes nicht in seinem Epithel, sondern vielmehr in der Bildung selbst zu suchen. Betrachten wir nun das Seitenorgan der Nemertinen als ein Sinnes- organ, und schreiben ihm »eine Art Perception in Bezug auf die Be- schaffenheit des umgebenden Mediums« zu, so liegt nichts näher als ° Ss 216. > oa S : I og S > = la, = IB ı—J 0 = Ey E I Kg = = D - = = oe E= 3 |e = Esp. A = p = = = S i Ss DrEv._ = [ Boll I ZN FIN ERon (he 050 SIIST, DrEl--- = Ch. Ep---—-- _ Bsm--- Fig. XI. Anopla (Cerebratulus rubens). Fig. XII. Enopla (Drepanophorus cerinus). Es bedeuten: Ep, Epithel; Bsm, Basalmembran; XSp, Kopfspalte; VrC, Verbindungskanal; D@, dor- sales Ganglion; 0ZD@, oberer, uZDG, unterer Zipfel des dorsalen Ganglions; Cv, vorderer Abschnitt des Seitenorgankanals; Ch, hinterer; Drzv, vorderes Drüsenfeld ; Drzh, hinteres Drüsenfeld; DrEv, Einmündung des vorderen Drüsenfeldes; DrEh, Einmündung des hinteren in den Kanal; C, der unpaare Kanal gabelt sich in den Drüsenzellschlauch Dr(, in den die dem hinteren Felde entsprechen- den Drüsenzellen münden und einen Kanal, welcher mit dem Sack S in Verbindung steht; EpCs, Epithel dieses; Pi, Pigment. zu vermuthen, dass die Säcke einer größeren Menge von Wasser den Eintritt in das Organ gestatten sollen, um in dieser geräumigen Cavität, in unmittelbarer Nähe der Sinnesepithelien, einen Strudel hervorzu- rufen, welcher einen rascheren Wechsel und lebhaftere Beziehungen zu dem »umgebenden Medium« bewerkstelligen kann, als diese durch eine einfache Röhre veranlasst werden würden. Auch dass gerade Vertreter der Enopla dieses sackförmige An- hangsgebilde des Kanals besitzen, scheint mir mit Hilfe dieser Erklä- rung verständlich. Ich glaube nämlich, dass die Säcke in Beziehung Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 241 mit dem Schwund der Kopfspalten in so fern stehen, als sie zum Er- satze derselben entstanden sind. Dass die Kopfspalten die Aufgabe, welche ich vorhin den Säcken zusprach: dem Sinnesepithel des Seiten- organkanals fortgesetzt Wasser zuzustrudeln, besitzen, ist allgemein anerkannt; ferner ist es ersichtlich, dass dem Organ durch eine ober- flächliche, aber dennoch geschützte Lage, meist unmittelbar an den Spalten eine erhöhte Leistungsfähigkeit verliehen ist. Bei den Enopla nun, wo das Organ gleichfalls in der Tiefe liegt, aber keine kopfspalten- artigen Bildungen die Nachtheile, welche für die Funktion als Sinnes- organ aus der der Erhaltung vortheilhafteren tiefen, intramuskulären Lage hervorgehen möchten, ausgleichen, ist ein vom Sinneskanale un- abhängiges Strudelorgan entstanden, das in Anbetracht seiner Geräu- migkeit, seiner Wimperauskleidung ganz das leisten wird, was die Kopfspalten bezwecken sollten: einen bedeutenderen Wasserstrom vor dem Sinneskanal hindurchzuführen. Je oberflächlicher die Lage des Seitenorgans, um so entbehrlicher wird ein kopfspaltenartiges äußeres, oder ein sackartiges inneres Gebilde; ich erinnere einmal an die Cari- nelliden, sodann an die Prosadenoporusarten, wo das Organ weit mehr nach außen als bei den Drepanophoriden gerückt ist. Die Seitenorgane von Amphiporus pulcher und Amboinensis passen zu der Darstellung DrwoLerzkv’s, welcher Amphiporus dubius zu Grunde liegt. Vor Allem fällt die unmittelbare Nachbarschaft auf, in welcher diese Organe ähnlich wie die Seitenorgane der Eupoliiden und Cerebratuliden zu den dorsalen Ganglien stehen. Nach hinten überragen sie die dor- salen Lappen und hier erfolgt die Innervirung durch einen starken Nerven, welcher dem hintersten Zipfel jenes entspringt. Da der Kanal sich noch ein beträchtliches Stück vor dem Gehirne — an der ventralen Körperfläche — nach außen öffnet, ist derselbe ungewöhnlich lang. Er steigt in ventro-dorsaler Richtung, schräg nach hinten sich biegend, auf, und legt sich dicht an die Gehirnkapsel an, ähnlich wie der Verbin- dungskanal von Eupolia delineata in der Höhe zwischen oberem und unterem Ganglion. Hier bildet er noch außerhalb der kugligen, nervöse und drüsige Elemente bergenden Anschwellung, welche wir insonder- heit immer Organ genannt haben, eine laterale, ziemlich enge, wenig entwickelte Ausstülpung, den Sack, mit welcher der medial an dieser nach hinten weiter verlaufende Kanal fortgesetzt in Konnex verbleibt. Sobald sich um den Kanal, welcher sich allmählich zwischen die beiden Gehirnlappen schiebt (cf. Eupolia delineata), die Ganglienmassen grup- piren, hört der Sack auf. Es erreicht dieser also nicht allein nicht, wie der vorgenannte Forscher angiebt, die »hintere Drüsenmasse«, sondern kaum die ganglionäre des Organs. Wie wir es seiner Zeit schon bei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 16 242 Otto Bürger, Besprechung des Seitenorgans von Drepanophorus latus feststellten, münden auch hier zwei Drüsenzellmassen, eine vordere und hintere, in den Kanal ein. Für Amphiporus dubius beschreibt dies auch Dzwo- Lerzky. Nur ist die vordere Masse besonders im Vergleich zur hinteren relativ viel mächtiger entwickelt wie bei Drepanophorus. Das Kanal- stück, welches die Sekretgänge des hinteren Polsters aufnimmt, ist sehr kurz. Die Ganglienzellen und Nervenfasern umgeben den Kanal, welcher an die mediale Wand des Organs gedrückt ist, ausschließlich lateral. Pigmentballen liegen im hinteren Abschnitt des Organs in der Nähe des hinteren Drüsenpolsters. Schon den Verbindungskanal kleidet ein Stäbehenepithel aus. Von der sackförmigen Ausstülpung an zeigt das- selbe den doppelt kontourirten Saum und flimmert. Außerordentlich einfach ist das vor dem Gehirn gelegene Seiten- organ der Prosadenoporus-Arten gebaut. Die Lage ist demnach eine ähnliche wie die der Seitenorgane der Gattung Örstedia (QuATrEriGss), betreffs welcher Husrecur (43) angiebt: »Respiratory lobe (Seitenorgan) of the ganglion in front of the superior lobe with which it is in elose con- nection.« Letzteres freilich bestätigt sich in unserem Fall nicht, da das Organ immer weit vom oberen Gehirnlappen entfernt ein völlig selb- ständiges Gebilde repräsentirt, das mit dem oberen Gehirnlappen nur durch einen sehr starken Nerven — ich habe nur diesen einen kon- statiren können —, welcher vom hinteren Zipfel des dorsalen Ganglions seitlich abgeht und sich hinter der Drüsenkappe des Organs an den lateralen, äußeren Umfang desselben wendet, die am oberen Kanal- abschnitt gelegenen Ganglienmassen innervirend, zusammenhängt. Husrecut charakterisirt die Seitenorgane der Tetrastemmidae als in rückschreitender Metamorphose begriffen. Man möchte dieses auch von denen der Prosadenoporiden vermuthen. Der Verbindungskanal ist kurz; die Ganglienzellmassen treten bis dicht an die Ringmuskulatur hinan und umhüllen das Kanalstück, welches mit einer scharfen Um- biegung nach hinten aus dem Verbindungskanal hervorgeht und längs, nahe an die Körperwand gerückt, verläuft, dorsal, lateral und ventral — nicht medial. Der Kanal erweitert sich hinten in eine Kugel, um diese herum sind die Drüsenzellen büschelartig angeordnet. Jede Andeutung einer sackartigen Ausstülpung fehlt. Das ganze Organ besitzt eine läng- lich schlauchartige Gestalt, an dem die Ganglienmassen eine vordere, die Drüsenzellmassen eine hintere, deutlich gegen einander abgesetzte Anschwellung hervorrufen. Das Seitenorgan, d.h. Kanal, Sack, Drüsenzellschlauch oder Drüsen- polster, Ganglienmassen und Pigmente werden immer von einer hyalinen gemeinschaftlichen Membran umhüllt, welche sich von der Basalmem- DEF SET: Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 243 bran um den Verbindungskanal fortsetzt und mithin eine sackartige Einstülpung jener darstellt. Sie gleicht völlig der Gehirnkapsel. Die Geschlechtsorgane. Die. exotischen Arten der bekannten Gattungen, Drepanophorus latus, cerinus und Amphiporus Amboinensis, sind wie diese getrennten Geschlechts, sämmtliche Arten jedoch der neuen Gattung Prosadeno- porus sind Zwitter. Die Geschlechtsprodukte reifen in Säcken, welche in metamerer Weise mit den Darmtaschen abwechseln. Ich habe bei den Drepanophoriden, welche wir zunächst kurz ins Auge fassen wollen, nur immer je einen Geschlechtssack zwischen einem Darmtaschenpaar aufgefunden. Der Geschlechtssack, welcher im voll entwickelten Zustande eine beträchtliche Ausdehnung besitzt, seitlich an die Seitenstämme gedrängt ist, dorsal bis an das Rhynchocoelom hinauf steigt und sich ventral noch zwischen den axialen Theil des Darmrohrs und die Körperwand einschiebt, liegt rings im Leibesparen- chym eingebettet, besitzt aber eine besondere Auskleidung von einer sehr dünnen hyalinen Membran und eben so wie bei den betreffenden Anopla ein Epithel, in dem in gewissen Abständen kleine kuglige Kerne, welche in der Regel paarig angeordnet sind, hervortreten. Zellgrenzen der endothelartigen Schicht habe ich nicht konstatiren können, wohl aber einen meist ungemein niedrigen Plasmabelag, welcher die Kerne einschloss, und überhaupt das Lumen des Sackes auskleidete. Die Eientwicklung findet auch hier von der Wand dieser metameren geräumigen Hohlräume aus statt, den ersten Anstoß zu derselben er- blicken wir im Wachsthum eines der Kerne der epithelialen Auskleidung. Es ist nachzuholen, dass diese Kerne in hohem Grade denen des galler- tigen Parenchymgewebes ähneln, sie kennzeichnet immer ein äußerst intensiv tingirter Rand; es ist an diesen die chromatische Substanz ge- drängt, ein matt tingirter Binnenraum, ein deutliches mittleres, ziemlich großes Kernkörperchen. Nachdem ein solcher Kern sich allmählich etwa um das Sechsfache vergrößert hat, finden wir ihn von einem zarten fein- körnigen Plasma umgeben, welches ihn rings mit der plasmatischen Bekleidung verschmelzend, kuppelartig überwölbt, so dass an der be- treffenden Stelle ein kleiner Hügel in das Lumen des Geschlechtsraumes hinein vorspringt. Auch das Kernkörperchen dieses sich zum Eikern umbildenden Zell- kernes aus der Bekleidung des Geschlechtssackes ist gewachsen. Den wenig tingirten Binnenraum des Kernes durchflicht ein zartes Netzwerk feiner Fäserchen, peripher sind gröbere dunklere Körnchen angeordnet. A 6* 244 Otto Bürger, Neben diesem Kern, noch mit in die Plasmawölbung eingeschlossen, liegt ein zweites, kernartiges Körperchen mit scharf kontourirtem Rande, welches noch eine höhere Tinktionsfähigkeit als jener besitzt, sonst aber, weder an Gestalt noch Struktur irgend welche Veränderungen erfuhr. In diesem Körperchen habe ich nichts außer einer gleichartigen Masse wahrgenommen (Taf. X, Fig. 190—193). So werden wir auch ferner stets bemerken, dass nur immer das eine, als Kern erkannte hellere Gebilde sich durch sein Wachsthum differenzirt, das andere aber in dem geschilderten Stadium fast unverändert bleibt. Indessen der Eikern sammt seinem Nucleolus, d. h. Keimbläschen und Keimfleck fortgesetzt an Umfang zunehmen, gehen in unmittelbarer Umgebung des Keimbläs- chens innerhalb des Plasmahügels merkwürdige Veränderungen vor sich. Es sammeln sich nämlich, dem Keimbläschen anliegend, in jenem kug- lige oder längliche, tropfenähnliche Gebilde an, erst spärlich ein ein- ziges, zwei und mehrere, später aber mit dem immer noch fortschreiten- den Wachsthum des Keimbläschens sich zahlreich vermehrend in größter Menge. Sie sind durchaus homogen, von mattem Glanze und äußerst tinktionsfähig. Mit Karmin färben sie sich dunkelroth. Nur beim ersten Auftreten scheinen sie etwas weniger leicht Farbstoffe zu imbibiren, wenigstens bemerkte ich öfters, dass dort, wo nur erst ein Ballen vorhan- den war, derselbe sich schwächer gefärbt hatte. Diese Gebilde hat auch HuprecHt bereits an unentwickelten Eiern von Amphiporus marioni (H.) bemerkt und sagt nach ihrer Beschreibung: »but for this offers a certain analogy to the oil-drop in fish eggs«. Derselbe Autor theilt ferner auch vollkommen sachlich mit, dass dieselben an entwickelten Eiern nicht mehr zu bemerken sind. — Sie verschwinden jedoch erst sehr spät und durch ihr absolutes Fehlen ist das letzte Stadium der Eireife gekenn- zeichnet. Mit dem Auftreten der scholligen, dunkel tingirten Massen zugleich vermisste ich das dem Eikern vergesellschaftete Körperchen. Daraus dürfte vielleicht gefolgert werden, dass jenes einem Dotterkern ent- spricht (Taf. X, Fig. 194, 195, 196). Während das Keimbläschen schon fast die Größe gewonnen hat, welche es im reifen Ei besitzt, ist das Deutoplasma in der Ausbildung völlig zurückgeblieben, das Keimbläschen wird lediglich von den tief tingirten Ballen, welche nicht allein zahlreicher sondern auch umfang- reicher geworden sind, umgeben. Erst nach der Entwicklung des . Keimbläschens geht die des Deutoplasmas vor 'sich und zwar nun auf Kosten der glänzenden Dotterballen, welche aufgebraucht werden und so im reifen Ei verschwinden. Stadien, welche diesen Process vor- führten, fand ich bei Drepanophorus cerinus, wo die Dotterballen gleich- r Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 245 sam abbröckelten, körnig wurden und so vom Keimbläschen nach der Peripherie vorschreitend mehr und mehr sich in das fein granulirte, glanzlose, weniger färbbare Deutoplasma umwandelten. Das reife Ei besitzt eine elliptische Gestalt, einen Längsdurchmesser von 14% u, einen Querdurchmesser von 100 u. Es ist von einer 10 wu dieken, hyalinen Membran umgeben. Das Deutoplasma ist völlig gleich- mäßig granulirt und imbibirt, wie angedeutet, Farbstoffe in geringem Maße. Der Keimfleck tritt durch Tinktion lebhaft hervor, er ist feiner gekörnt als das Deutoplasma und enthält viele kuglige, noch intensiver gefärbte Körperchen. Der Durchmesser des Keimflecks beträgt 39 u, derjenige der Körperchen, welche er einschließt, 2 u. Da die Eier zu mehreren in einem Genitalsacke liegen, so werden sie eng an einander gedrängt und platten sich gegenseitig ab (Taf. X, Fig. 186). Schon an den reifen oder fast reifen Eiern von Drepanophorus serraticollis, aber viel deutlicher an solchen von Drepanophorus latus bemerkte man außer der eigentlichen Eihülle nochmals eine dünne kernführende Hülle um dieselben, ein Follikelgewebe, das sich von der Wand des Geschlechts- sackes abgespaltet hat und ein Netzwerk in jenem bildet, in dessen Maschen die Eier liegen. Die Geschlechtsorgane der Hermaphroditen, der Prosadenoporus- Arten, erinnern der Beschreibung nach sowohl an diejenigen von Bor- lasia Kefersteini Marion (27) (Tetrastemma Kefersteini Hubr.), als auch an diejenigen von Geonemertes palaensis (29). In der That, ovules et les poches spermatiques sont disposes pele-mele sur les flanes du tube digestif, depuis le voisinage de la bouche jusque vers l’extremite poste- rieure«. So beschrieb Marıon. Bei Prosadenoporus janthinus treffen wir bald hinter dem Gehirn auf je einen Hodensack rechts und links mit präformirtem, völlig zum Durchbruch gekommenen Ausführgang (Taf. X, Fig. 186). Getrennt von diesen finden wir weiter hinten auf einer Seite drei Hodensäcke mit gesonderten Ausführgängen, auf der anderen zwei Säcke mit Eiern und nur einen Hodensack, gleichfalls jeder Sack mit einem besonderen Ausführkanal versehen. Ein folgendes Packet lässt einmal zwei Ovarien und einen Hoden, auf der anderen Seite zwei Hoden und ein Ovarium er- kennen. Es herrscht mithin in der Vertheilung von männlichen und weiblichen Geschlechtsprodukten dieser Reihenfolge nach, die ähnlich beliebig lange fortgesetzt werden könnte, keine bestimmte Regel, son- dern »bunt durch einander« liegen Hoden und Ovarien; nur dass erstere immer lateral, letztere innerhalb jener, medial zu liegen pflegen. Etwas gesetzmäßiger gestalten sich die Lagerungsverhältnisse bei Prosadeno- porus arenarius. Bei dieser Art liegen gewöhnlich drei Säcke mit Eiern 246 Otto Bürger, und ein Sack mit Sperma angefüllt zusammen. Der Hoden ist ventral von den Ovarien dem Seitenstamme angedrückt, ganz wie es v. KEnneL (29) beschreibt. Der Hermaphroditismus ist ein homochroner. Samen und Eier reifen gleichzeitig. Die Anfangsstadien der Entwicklung beider fehlten mir, dagegen fand ich von den späteren verschiedene Zustände. Sper- matozoen mit cylindrig angeschwollenem Kopfstück und fadenartigem dünnen Schwanz beobachtete ich bei einem Exemplar von Prosadeno- porus janthinus. Hier waren die Eier auch völlig reif und ihr Keim- bläschen ist ausgezeichnet durch eine Menge kugliger Bläschen von über 5 ıı Durchmesser mit scharf kontourirter und stark gefärbter Peripherie. Der Hodeninhalt von Prosadenoporus arenarius bestand aus einem Haufen kleiner kernähnlicher, stark tingirbarer Körner oder unregelmäßiger Kügelchen. Die Keimbläschen der Eier waren schon mit einer ziemlich dicken Schicht von Deutoplasma umgeben, gleich- zeitig fanden sich aber noch diesem angepresst die glänzenden, tief tingirten Ballen und öfters hatte es auch hier das Aussehen, als ob jene in das Deutoplasma übergingen, d. h. mehr und mehr von ihnen gleich- sam abbröckelte, körnig wurde und ihre Masse so die Struktur des Deutoplasmas annahm. Während, so wie festgestellt wurde, die Geschlechtssäcke bei den Drepanophorus-Arten je in der Einzahl mit den Darmtaschen alterni- ren, wechseln bei den Prosadenoporus-Arten Packete von Geschlechts- säcken, deren jedes bis zu vier enthalten kann, mit ihnen ab. Während bei jenen demnach je ein Porus auf ein Segment fiel, kommen hier bis zu vier Geschlechtspori jederseits auf ein Metamer. Die Geschlechtsöffnungen liegen bei den Drepanophorus-Arten etwas ventral, durchbrechen die Körperwand aber stets oberhalb der Seiten- stämme. Sie sind präformirt, d. h. sie dringen bis an die Ringmusku- latur, später durchbrechen sie auch diese und erstrecken sich bis an die Basalmembran. Der Durchbruch durch diese aber und das Epithel scheint erst unmittelbar vor der Ausstoßung der Geschlechtsprodukte angelegt zu werden, so folgere ich nach einem Exemplar von Drepano- phorus serraticollis, wo ich gemäß der bekannten Anzeichen auf völlige . Eireife schließen darf, und den Weg, welchen der Porusgang durch Basalmembran und Epithel später nehmen soll, zwar schon angedeutet, aber nicht vollendet finde. Denn auch dieser Weg wird immer als ein wohl ausgebildeter, mit einem Epithel ausgekleideter Kanal fortgesetzt, der wie das Stück bis zur Ringmuskulatur auch durch die Basalmem- bran dadurch zu Stande kommt, dass der Sack sich röhrenartig auszieht, die Muskulatur durchdringt und selbst in die Basalmembran hinein Ein- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 247 gang findet. Im Körperepithel aber scheint eine unabhängige gruben- artige Vertiefung, die von niedrigen Epithelzellen der Haut umsäumt wird, jener Wucherung zu Hilfe kommend, entgegen zu wachsen, wenigstens besteht das epitheliale Stück des Geschlechtsweges schon, wenn die Basalmembran noch nicht durchbrochen ist. Eine Dehis- cenz aber konnte ich nie feststellen, denn ein solch gewaltsamer Riss ‚würde wohl der besonderen epithelialen Auskleidung seiner Rinne entbehren. Die Geschlechtswege müssen im frühesten Stadium angelegt wer- den. Schon Mcelntosn (13) hat das bei (Amphiporus spectabilis), Drepano- phorus serraticollis Hubr. richtig erkannt, denn die von ihm mit einem Fragezeichen »generative Organs« genannten Säcke sind in der That Geschlechtssäcke, welche ich, wie der Autor es zeichnet, mit feinstem Kanal bis an die Ringmuskulatur dringend, bei der nämlichen Art wie- der gefunden habe. Erst nach mannigfachen Irrthümern habe ich sie bestimmt als solche erkannt. Sie liegen über den Seitenstämmen innerhalb dieser an den Darm, welcher hier mächtig ausgedehnt ist, gedrängt und setzen sich mit je einem spitz ausgezogenen Zipfel etwas nach oben und nach unten fort, enge Räume bildend. In denselben traf ich große ovale fein gekörnte und blass tingirte Kerne an und in und an ihrer Wandung massenhaft jene kleinen, tief gefärbten kugeligen Kerne, welche sich als solche des gallertigen Parenchyms dokumentiren. Geschlechtsprodukte oder An- fangsstadien derselben sah ich nie in ihnen. Den Ausführgang kleidet ein Plattenepithel mit länglichen Kernen aus. Sowohl im inneren Abschnitt der Ausführgänge der Ovarien als auch der Hoden sind bei Prosadenoporiden, z. B. bei Prosadenoporus janthinus, große Zellen dicht an einander gedrängt der Wand ange- lagert, wie wir sie schon früher bei Carinella konstatiren durften, welche ganz wie in der Entwicklung im frühen Stadium stehen geblie- bene Geschlechtsprodukte aussehen, zu einer Zeit also schon zu wachsen inne hielten, als sich aus den eiartigen Anfangsgebilden noch nicht schließen ließ, ob sie zum Ei auswachsen werden, oder als Samen- mutterzellen zu betrachten sind. Es fällt an diesen Zellen vor Allem das große Keimbläschen, der Kern und der sehr bedeutende Keimfleck, dasKernkörperchen, auf. Den äußeren, das Körperepithel durchdringen- den Abschnitt kleidet mithin ein anderes Epithel, ein wirkliches vom Körperepithel nur durch geringere Höhe differenzirtes Epithel aus. Die Geschlechtswege bahnen sich immer durch die radialen Muskelzüge, welche bekanntlich die Längsmuskelschicht kammern, einen Weg. Die radialen Muskelzüge setzen sich mit einem Theil ihrer Fibrillen auch 248 Otto Bürger, noch an die Geschlechtssäcke fort, namentlich die jugendlichen um- schließen sie fast völlig. Die Geschlechtspori liegen bei den Drepanophoriden sämmtlich in gleicher Höhe über den Seitenstäimmen ausmündend, sich etwas an die Bauchfläche hinabbiegend. Bei den Prosadenoporus-Arten münden sie, bei Prosadenoporus janthinus unmittelbar, wie gesagt, zu drei bis vieren hinter einander, gleichfalls in derselben Höhe, eine Linie am Körper be- schreibend, welche der seitlichen Mittellinie völlig entspricht. Bei Prosadenoporus arenarius dagegen münden die Pori der verschiedenen Geschlechtssäcke zwar gleichfalls hinter einander, aber die der Ovarien mehr seitlich, die der Hoden mehr ventral, einen ziemlich weiten Ab- stand unter jenen, dicht den Seitenstämmen aufgelagert. Schluss. Die Nemertinen wurden gemeiniglich zu den Plattwürmern gestellt, und so in die nächste Nachbarschaft zu den Turbellarien gebracht; nur wenige Autoren, zu denen y. SırsoLp ! zählt, stellten sie schon früh zu den Anneliden. Auch Mcintosn rechnet die Nemertinen zu den Anne- liden und giebt diesem Ausdruck, indem er seiner Gesammtmonogra- phie den Titel vorsetzt: »The British Annelids, Part I, Nemer- teans«. Erst im letzten Decennium hat sich ein weitgehenderer Um- schwung in der Auffassung über die Stellung dieser Thiergruppe vollzogen, angebahnt durch die Erkenntnis einer Metamerie, die gewisse Organe im mittleren und hinteren Körperabschnitt als höher organisirt bekannte Nemertinen zum Ausdruck brachten. HusrecHht war es, welcher anstatt der gleichmäßigen Entwicklung der gallertigen Grundmasse, des Parenchyms, welches alle Organe ein- bettet, in der Region der Darmtaschen Dissepimente feststellte, und welcher, unermüdlich im Studium der Anatomie der Nemertinen vor- dringend, immer wieder die konstanten Beziehungen bezüglich der Anordnung von Darmtaschen, Dissepimenten, Blutgefäßschlingen, Ge- schlechtssäcken und eventuell auch den Rhynchocoelomsäcken betonte. Nun lag kein Gedanke näher, als endgültig die Nemertinen aus dem Verwandtschaftskreise der Turbellarien zu lösen — sie waren ja lange völlig mit jenen im System verschmolzen gewesen und fanden nur als Unterordnungen jener Geltung —, sie dem der Annulata zuzu- führen. HuBrEcHT ging weiter; dieser Autor suchte Beziehungen zwischen Nemertinen und Wirbelthieren anzuknüpfen. I v. SıeBoLDd, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. 1848. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 249 Ich darf Husrecut auf diesem Wege nicht folgen. Weitgehende Spekulationen werden nur immer durch ein eingehendes entwicklungs- geschichtliches Studium erlaubt und gerechtfertigt. Ein solches fehlt meiner Arbeit völlig. Doch scheint es mir, dass ein Vergleich der einzelnen Organ- systeme, wie wir sie an unseren Formen erkannten, mit denjenigen der hier nicht behandelten Nemertinen-Gattungen, welchen sich ein Aus- blick nach den Turbellarien und den Anneliden anschließt, von einigem Interesse sein möchte. Alle Nemertinen besitzen ein wimperndes Cylinderepithel, wel- ches entweder die Gesammtdrüsenmasse der Haut führt, und in diesem Falle auf einer fast strukturlosen Bindegewebsschicht, einer sog. Basal- membran, ruht, hierher gehören sämmtliche Stilettträger, die Enopla, ferner Carinella und, wie ich nach Husrecar schließen darf, Carinina, Carinoma, und auch wohl Cephalothrix; oder ein Theil der Drüsen- zellen hat sich in die Bindegewebsschicht gesenkt, es hat sich eine Gutis gebildet, die öfters muskelreich ist. Eupolia, Gerebratulus und Langia charakterisirt, wie wir erfahren, diese doppelte Drüsenzellschicht, aber nach Melntosa und HuprecHt dürfen wir annehmen, dass dieselbe auch Valeneinia, Lineus und Borlasia zukommt. Das Auftreten der Cutis hat augenscheinlich sehr bedeutsame Ver- änderungen im Gefolge: die Erscheinung einer äußeren Längsmuskel- schicht, der subepithelialen Muskelschichten und die Bildung eines Muskelgewebes in der Kopfspitze, wo wir bei Carinella ein Parenchym konstatirten, wie sich dasselbe auch bei den Enopla erhalten hat. Ferner finden wir diese Formen mit Kopfdrüsen ausgestattet, welche wir bei Carinella vermissten, und die wahrscheinlich auch ihren Ver- wandten fehlt. Eine Kopfdrüse charakterisirt auch die Enopla, und wir machen in dieser Gruppe dieselbe Bemerkung, wie in derjenigen, welcher Eupolia, Gerebratulus etc. angehören, dass nämlich die Kopf- drüse bei den Formen, welche, was die Ausbildung des Nervensystems, der Sinnesorgane, Seitenorgane anbelangt, als die höheren zu bezeich- nen sind, Drepanophorus, Amphiporus, klein ist, wie auch bei Gerebra- tulus und Langia, dass sie dagegen bei Tetrastemma, Prosadenoporus — Geonemertes eine kolossale Entwicklung, ganz wie bei der ur- sprünglicheren Eupolia, erfahren hat. Der Hautmuskelschlauch ist bei der ersten Gruppe, welcher ich unbedingt Carinella, Carinina und Garinoma zuzähle — über die Stel- lung von Gephalothrix möchte ich mich nicht entscheiden, obwohl ich dahin neige, ihn zu der ersten Gruppe zu stellen —, und bei der dritten Gruppe, welche die Anopla einbegreift, völlig übereinstimmend gebaut, 250 Otto Bürger, und setzt sich aus Ring-, Diagonal- und Längsmuskelschicht zusammen. Der der zweiten Gruppe, welche die übrigen unbewaffneten Formen (Valencinia, Eupolia, Lineus, Borlasia, Gerebratulus, Langia) einschließt, zerlegt sich in Längs-, Diagonal-, Ring- und Längsmuskelschicht. Höchst eigenthümlich ist die durchaus verschiedene Lage der Diagonalmuskel- schicht in der II. Gruppe im Vergleich mit der I. und II. Die innere Ringmuskelschicht der I. Gruppe haben wir als eine nicht zum Hautmuskelschlauch gehörige Schicht erkannt, und sie der dorso-ventralen, welche bei den metameren Formen der I. und Ill. Gruppe auftritt, homologisirt und letztere aus ihr abgeleitet. Keiner Gruppe fehlt die radiale Muskulatur, deren Züge die Mus- kelschichten des Hautmuskelschlauches kammern, sie fächerartig ab- theilend. Die Haut der Nemertinen weist durch ihr Flimmerepithel, die mannigfachen Drüsenzellen desselben und die Entwicklung der tiefer innerhalb der Basalmembran gelegenen Drüsenzellen, eine unverkenn- bare Ähnlichkeit mit derjenigen der Turbellarien auf. Der Hautmuskelschlauch der Rhabdocoelida (50) weist eine große Übereinstimmung mit dem der I. und III. Gruppe auf, indem er gleich- falls sich aus Ring- und Längsfaserschichten zusammensetzt, zu welchen bei vielen Rhabdocoeliden noch eine Diagonalfaserschicht, die zwischen jenen liegt, kommt. Weit komplicirter ist der Hautmuskelschlauch der Polycladen gebaut, welcher nach Lang (51) sechs Schichten aufweisen kann: Ring-, Längs-, Diagonal-, Ring-, Diagonal-, Längsmuskel- schicht. Auch hier ist indess sofort ersichtlich, dass nur die innere Diagonalfaserschicht wegzufallen braucht, damit wir das Schema der Muskelschichten der II. Gruppe, insonderheit dasjenige eines Cerebra- tulus, besitzen. Dass die Haut, speciell das Epithel, ganz ähnlich wie die Hypo- dermis der Anneliden, mit welchen ich die Gephyreen vereinigt wissen möchte, aus Fadenzellen und Drüsenzellen zusammengesetzt ist, wurde seiner Zeit hervorgehoben. Es bleibt aber hinzuzufügen, dass dieselbe eine Cuticula, die stellenweis Wimpern tragen kann, bedeckt. Im All- gemeinen fehlt wohl den Anneliden eine Cutis, aber bei Sipunculus nudus ist beispielsweise eine solche zuletzt von Anprear! beschrieben worden, Pigmentballen und Drüsenzellen bergend. Merkwürdig sind die Erscheinungen, welche die Hypodermis der Anneliden, das Epithel der Nemertinen zur Zeit der Geschlechtsreife zeigt, indem bei beiden die nackten Drüsenzellen mächtig anschwellen, die Oberhaut um die 1 J. AnpreAE, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus nudus. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. a 7 3 Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 251 Geschlechtspori herum fast vollständig erfüllend (das Clitellum der Regenwürmer, die Porophore der Capitelliden) (54). Der Hautmuskel- schlauch der Anneliden schließt sich dem der ersten und dritten Gruppe an, da er aus Ring- und Längsmuskelschicht sich zusammensetzt. Sehen wir davon ab, dass die Diagonalmuskulatur, welche Anpkrear bei Sipun- culus zwischen diesen Schichten beschreibt, zwar nicht völlig in ihrer Organisation mit derjenigen der Nemertinen übereinstimmt, so würde der Hautmuskelschlauch einer Carinella oder eines Drepanophorus im Wesentlichen dem jener Gephyree gleichen. Bei allen Nemertinen gelangt ein Parenchym zur größten Entwick- lung. Die Organe sind in ein Gallertgewebe eingebettet. Bei der Il. und Ill. Gruppe ist dies Gewebe in der Region des Mitteldarmes in Dissepimente zerlegt, und zugleich tritt zwischen Darm und Parenchym jederseits ein Spalt auf (Gerebratulus marginatus und Drepanophorus serraticollis), welcher unterbrochen ist an den Stellen, an welchen die äußersten Zipfel der Darmtaschen sich an die Dissepimente und jene Platten, in denen die Geschlechtssäcke und die dorso-ventralen Muskel- züge liegen, sich an das axiale Rohr des Darmes heften. Diesen Spalt, welchen Sırensky (35) bei Monopora vivipara und Eupolia aurita fest- stellte, fasst dieser Autor als ein CGoelom auf. Derselbe findet ihn durch ein somatisches und ein splanchnisches Blatt begrenzt. Den Turbellarien gehen solche zwischen Körpergewebe und Darm gelegene Hohlräume ab. Dahingegen sind Muskelsepten vorhanden, und es ist hier die langgestreckte Gunda segmenta! besonders bemer- kenswerth, wo die seitlichen unverzweigten Darmtaschen regelmäßig durch solche Bildungen getrennt sind. Andererseits aber führt uns die streng metamere Anlage der Nemertinen-Dissepimente zu den Anneli- den, insonderheit zu den Hirudineen, wo eine Leibeshöhle nicht exi- stirt, wohl aber Muskeldissepimente ausgebildet sind. Der Verdauungsapparat der Nemertinen zeigt zwei histologisch und morphologisch wohl unterschiedene Abschnitte: den bei allen For- men der Taschen entbehrenden. Vorderdarm, welcher ein reiches Drüsenepithel besitzt, und den bei den beiden letzten Gruppen mit metameren paarigen Aussackungen ausgestatteten drüsenlosen Mittel- darm. Die Taschen nehmen nach hinten zu an Größe allmählich ab, und schließlich können wir einen winzig kurzen geraden taschen- losen Darmabschnitt als Enddarm unterscheiden, welcher sich indess durch sein Epithel nicht vom Mitteldarm unterscheidet; es ist desshalb I A. Lang, Der Bau von Gunda segmentata. Mitth. a. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. TII. 4884. 252 Otto Bürger, fraglich, ob, ohne auf die Entwicklungsgeschichte einzugehen, von einem Proctodaeum bei den Nemertinen die Rede sein kann. Der Mund liegt stets ventral bei der I. und Il. Gruppe hinter oder unter den Gan- glien, und mündet in eine glockenartig erweiterte Schlundhöhle bei der III. Gruppe vor den Ganglien, sich in ein enges Rohr öffnend. Die Mundöffnung ist nicht immer nach außen geöffnet eine selbständige, sondern fällt mit der Rüsselöffnung öfters zusammen. Bei Monogono- pora öffnet sich der Ösophagus in das Rhynchodaeum, eben so bei Prosadenoporus, bei dieser Form ziemlich weit von der Rüsselöffnung entfernt; ein Gleiches hat höchst wahrscheinlich bei Geonemertes pa- laensis statt, nur ist hier die Öffnung des Darmtractus ganz nach vorn gerückt, so dass faktisch Mund und Rüsselöffnung zusammenfallen. Bei Malacobdella aber mündet das Rhynchodaeum in eine eigenartige Höhle, welche mit Zotten ausgestattet ist, und in der That eine Schlundhöhle genannt werden muss. v. Kenner (29) lässt auch bei Geonemertes palaensis das Rhynchodaeum sich in den Mund öffnen, mir scheint es aber nach der Abbildung, welche dieser Autor darüber giebt, ganz so zu sein wie bei Monogonopora und Prosadenoporus, der Ösophagus öffnet sich in den vordersten Raum des Rhynchodaeums. Der nie fehlende After liegt stets terminal. Auch v. Grarr (32) lässt die »Rüsselscheide« bei Geonemertes chali- cophora sich in den Mund öffnen. Aus Taf. XXVI, Fig. 7 des eit. op. folgt aber ganz gewiss, dass der Ösophagus sich in die »Rüsselscheide « ein nicht unbeträchtliches Stück vor ihrer Mündung öffnet, er biegt sich deutlich aufwärts und die Rüsselöffnung, nach v. Grarr die Mundöffnung, öffnet sich hier fast völlig terminal, während sie doch als Mundöffnung ventral liegen sollte und erscheint durchaus als Verlänge- rung der » Rüsselscheide«. Im Nemertinendarm haben wir den Typus des Annelidendarmes. Da wird ein Vergleich mit dem Darmtractus der Turbellarien, selbst wenn wir uns zu der durch einen geraden unverzweigten Darm, welcher sich in regelmäßiger Anordnung in Taschen ausstülpt und sich in einen ganz an das vordere Körperende gerückten Mund öffnet — ausgezeichneten Gunda segmentata wenden, immer daran scheitern, dass derselbe, wie weit er sich von dem radial verzweigten Polycladendarm auch dem Nemertinendarme ähnlich entwickelt hat, afterlos ist. Der Rüssel führt in den beiden ersten Gruppen nach HußrecHr (25) und Max Mürzer ! Nematocysten, wir konnten nur Rhabditen feststellen, in der letzten, mit Ausnahme der parasitären Malacobdella, Stilette. Der 1 Max MÜLLER, Observationes Anatomicae de Vermibus quibusdam maritimis. Berolini 1852. a Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 253 Rüssel ist in den ersten beiden Gruppen verschieden gebaut und zeigt selbst in der Anordnung der Schichten seiner Wandung zwischen einer Eupolia und einem Cerebratulus erhebliche Abweichungen. Der Cari- nellarüssel setzt sich aus einer Ringmuskelschicht und einer starken Längsmuskelschicht zusammen, derjenige von Eupolia zeigt in umge- kehrter Folge eine Längsmuskelschicht und eine Ringmuskellage, und derjenige von CGerebratulus wiederholt den Bau seines Hautmuskel- schlauches, aus Längs-, Ring-, Längsmuskelschicht bestehend. Die Nerven des Rüssels liegen bei Carinella der Ringmuskeischicht an, bei Eupolia aber der Längsmuskelschicht und damit zeigt das nervöse Gewebe ein Verhalten, wie nach meiner eigenen Erfahrung es nur der Rüssel der Enopla wiederholt, dass nämlich die Nervenmasse nicht einer Ringmus- kelschicht wie sonst bei allen unseren Arten anliegt, wo immer wir sie sonst im Körper einer Carinella, einer Eupolia, eines Gerebratulus, Dre- panophorus etc. in konstanter Lage konstatiren, sei es als Nerv, sei es als Nervenschicht. Im Cerebratulusrüssel liegt der nervöse, von der Ausbreitung der beiden Nervenstränge herrührende Plexus innen der Ringmuskulatur an. Der Rüssel der Anopla zeigt einen durchaus übereinstimmenden Bau: Ring-, Längs-, Ringmuskulatur. Die Nerven- stränge verlaufen mitten in der Längsmuskelschicht, diese in zwei Lager theilend. Die Rüsselöffnung liegt aber nicht, wie vielfach fälschlich an- genommen worden ist, terminal, sondern bei allen Formen subterminal ventral. Dies ist schon bei Carinella, wo die Rüsselöffnung von der Kopfspitze überwölbt wird, klar ausgeprägt. Terminal aber mündet ein anderes Organ nach außen, die Kopfdrüse. Man hat den Rüssel der Nemertinen dem sogenannten Rüssel der Turbellaria, Proboscidea, jenen terminalen, einziehbaren und vorstreck- baren Sinnesorganen vergleichen wollen. Dahin sind in neuerer Zeit noch die Spekulationen von Yves DerAczs (53) und SarEnsKy (34) ge- gangen. Dem ist nochmals entgegenzusetzen, dass der Nemertinenrüssel keineswegs terminal mündet, dass aber die nämliche Stelle, wo bei- spielsweise der Rüssel einer Convoluta Schulzii sich befindet, bei den Nemertinen die Kopfdrüse einnimmt. Ferner scheint mir die Beziehung, in welche Mund und Rüssel- öffnung treten, insbesondere wie sie bei Malacobdella zur Ausbildung gelangt, lehrreich und darauf hinzuweisen, dass wir im Rüssel eine Art Pharyngealapparat zu erblicken haben, einen Pharynx, welcher nun nicht mehr in die Pharyngealtasche als einen Abschnitt des Schlundes einge- schlossen ist, sondern eine eigene Höhlung besitzt. Auch der Bau des Pharynx ist dem des Nemertinenrüssels durchaus ähnlich, da er sich, außer aus radialen Muskeln, aus Ring- und Längsmuskelschichten zu- 254 Otto Bürger, sammensetzt (Prosthiostomum sipunculus: Längs-, Ringmuskelschicht, Radiäre Muskeln, Längs-, Ringmuskelschicht) und derselbe Drüsen- zellen besitzt oder doch die Fortsätze solcher durch ihn münden. Auch eine Nervatur besitzt der Pharynx in einer Nervenschicht. Der bei den Anneliden Rüssel genannte Pharyngealapparat ist mit Papillen und Kiefern ausgestattet, ein Gebilde, das, zumal bei den Euniciden, wo es in einem vom Schlunde getrennten Raum ruht, in frappanter Weise an den Nemertinenrüssel erinnert, freilich durch seine Lage, er liegt ventral vom Darm, einer direkten Parallele den Weg ab- schneidet. Das Rhynchocoelom wächst in seiner Ausdehnung im Nemertinen- körper von der ersten bis zur letzten Gruppe. Es wurde einem Leibes- raum gleich gesetzt und es dokumentirt sich als solcher seiner Entwick- lung nach aus dem Blastocoel als ein Überrest der primitiven Furchungs- höhle; als solchen nennt Husrecur (24) diesen Hohlraum ein Archicoel. Das Rhynchocoelom führt freie, kernführende, den Blutkörpern ähnliche Körperchen; es besitzt einen endothelartigen Zellbelag, wie die Blutge- fäße, mit welchen es auf gleiche Weise entstanden sein soll. Das Rhynchocoelom kann sich durch sackartige metamere Aus- stülpungen noch erweitern. Anknüpfungspunkte bezüglich des Rhynchocoeloms müssen wir bei den Turbellarien natürlich vermissen. Wie steht es mit solchen bei den Anneliden? Ich wage diese Hypo- these: während bei den Anneliden alle Organe in einem Leibesraume liegen, hat sich bei den Nemertinen nur eine beschränkte Leibeshöhle ausgebildet, den Rüssel und einen Abschnitt des Rückengefäßes auf- nehmend. Diese bildet das Rhynchocoelom, dessen Wand gleichsam die Körperwand, d. h. den muskulösen Antheil derselben wiederholt. Die freien Körper desselben sind mit den Körpern der perivisceralen Flüssigkeit zu vergleichen. Der Körper der höher organisirten Nemertine besitzt mithin zwei Hohlräume, welche man als eine Leibeshöhle auffassen könnte: das Rhynchocoelom und den Spalt zwischen Darm und Parenchym. Es ist nicht anzunehmen, dass beide Hohlräume gleichwerthig sind. Der Spalt dokumentirt sich durch seine zellige Auskleidung, welche im höchsten Maße derjenigen der Geschlechtssäcke ähnlich ist, sehr wahrschein- lich als ein Schizocoel. Das Rhynchocoelom dagegen repräsentirt den Rest der primitiven Furchungshöhle. Ist einer dieser Hohlräume mit der Leibeshöhle der Anneliden zu homologisiren? Ich muss es der Entwicklungsgeschichte überlassen, diese Frage zu beantworten. Das Blutgefäßsystem besitzt die höchste Ausbildung in der I. und N a N Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 255 II. Gruppe, was die Entfaltung der Gefäße anbetrifft; hierberücksichtigen wir außer zwei oder drei Längsstämmen, welche im Kopf und in der Schwanzspitze verknüpft sind, ein Ösophagealgefäßnetz und hinter diesem ein Rhynchocoelomgefäßnetz. Außerdem in der II. Gruppe meist sinusähnliche Räume für die Seitenorgane. Die III. Gruppe weist mit ihren drei Längsstämmen, die durch metamere Querkommissuren fortge- setzt mit einander verbunden sind, am meisten auf das Blutgefäßsystem der höheren Anneliden hin. Den Turbellarien fehlt ein Blutgefäßsystem. Ein Wassergefäßsystem werden alle Nemertinen besitzen bis auf die landlebigen Formen und das Genus Prosadenoporus, wo ich es ver- misste. Das der ersten Gruppe soll in offener Kommunikation mit dem Blutgefäß stehen. Jedenfalls sendet dasselbe außerdem blindgeschlos- sene Äste in die Wand des Blutgefäßes, welche diese durchdringen. Die meisten Nemertinen besitzen nur ein paar Exkretionspori, bei einer Reihe finden sich dagegen nach Oupenans (38) zahlreiche, Valeneinia, Eupolia, Amphiporus lactifloreus etc. Die Ähnlichkeit des Exkretionsgefäßes der Nemertinen mit dem der Turbellarien ist unverkennbar, besonders auch, wenn es sich allge- meiner bestätigen sollte, dass die Enden der Exkretionsgefäße der Nemertinen mit Flimmerläppchen ausgestattet sind, wie es SırLıman (43) bei Tetrastemma aquarum dulecium beschreibt. Doch ist ein Vergleich nach den Anneliden hin auch bezüglich des Exkretionsgefäßes keineswegs ausgeschlossen, wenn wir uns jener eigenthümlichen Terebellide, Lanice conchilega, erinnern, wo jederseits vier Nephridien durch einen Längskanal verbunden sind. Von großer Wichtigkeit ist es hier zu erfahren, ob sich betrefls der Pori der Formen mit vielen Exkretionsausführgängen eine Metamerie nachweisen lässt. Der Exkretionsapparat der Anneliden hat sich wohl in Abhängigkeit von einer so geräumigen Leibeshöhle in seiner eigenartigen Weise entwickelt. Das Nervensystem zeigt uns, wenn wir mit der Betrachtung der ursprünglichsten Formen der I. Gruppe beginnen und unser Studium durch die beiden anderen fortsetzen, unverkennbar die Phasen einer Entwicklungsgeschichte, nicht durch den primitiven oder höheren Bau allein, sondern durch seine wechselnde Lage, welche aus einer epithe- lialen, wie Husrecut sie für das Nervensystem von Carinina beschreibt, in eine intermuskuläre und schließlich in eine inframuskuläre übergeht. Die verschiedensten Stadien der von außen nach innen vorschreitenden Wanderung zeigt die Lagerung des Nervensystems bei den Vertretern der ersten Gruppe nach Husrecut. Ein Ruhestadium ist dann wohl gewissermaßen dasjenige, in welchem wir das Nervensystem wie in 256 Otto Bürger, der zweiten Gruppe, wie ich nach Melntosu (12), Huprecur (25), Oupe- mans (38) schließen darf, bei allen Vertretern außerhalb der Ring- muskulatur dieser unmittelbar anliegend finden. Ein Übergang von diesem Stadium zu dem inframuskulären der Enopla ist in dieser Gruppe nicht bekannt. Dieser ist schon in der ersten zu suchen und wird nach Huprecur’s Beschreibung und Abbildung (25) (Taf. XI) durch Cari- noma und Cephalothrix veranschaulicht. Von diesen Formen sind daher, sollten wir nach der Lage der Seitenstämme urtheilen, die Enopla ab- zuleiten, nur aber von einer Form, deren Seitenstämme noch außerhalb der Ringmuskulatur gelegen sind, würden sich die Gattungen der II. Gruppe herleiten können. Es hätte demnach dies Schema statt: Carinina Carinella Carinoma Cephalothrix ——— — | Enopla II. Gruppe Das centrale Nervensystem zerfällt in Gehirn und Seitenstämme. Das Gehirn zeigt immer angedeutet außer der Anschwellung der Sei- tenstämme, den ventralen Ganglien, ein Paar dorsale Ganglien, deren Entwicklung bei den höchsten Formen die der ventralen Ganglien bei Weitem übertrifft und in gewisser Beziehung mit derjenigen der Sei- tenorgane zu stehen scheint, das demonstriren die ursprünglichsten For- men, wo Seitenorgan und dorsales Ganglion einfach gebaut und klein sind; die bei den höheren aber mit einer Reduktion der Seitenorgane, wie wir sie bei Prosadenoporus kennen lernten, keineswegs gleichfalls eine Rückbildung in ihren Dimensionen erfahren. Eine: dorsale Kom- missur vereinigt die Ganglienmassen des Gehirns über dem Rhyncho- daeum, Carinella, eventuell dem Rhynchocoelom, Cerebratulus, Drepano- phorus; eine ventrale unterhalb dieser, bei den Enopla dem Vorderdarm aufliegend. Die Lage des Gehirns ist mithin auch in dieser Hinsicht keineswegs ganz konstant, bei vielen Nemertinen ist eine Analkommis- sur der Seitenstämme nachgewiesen. Das CGentralnervensystem besitzt einen verschiedenartigen Ganglienzellbelag, dessen durchaus ver- schieden gestaltete Typen sich nach der Gehirnregion sondern, zur Cha- rakteristik dieser wesentlich beitragend. Gehirn und Seitenstämme gewisser Vertreter der II. Gruppe, Cerebratulus, Langia, besitzen Neu- vochordzellen und verzweigte Neurochorde, welche die CGentralsubstanz des Seitenstammes durchziehen. Vertreter der Ill. Gruppe, Drepano- Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 257 phorus und Prosadenoporus besitzen nur ein Paar dem Gehirn ange- hörende Neurochordzellen und nur ein Paar unverzweigte Gehirn und Seitenstämme durchsetzende Neurochorde. Die Gesammtmasse des Centralnervensystems ist von einem Neuri- lemma umschlossen und auch die fibrilläre Centralsubstanz immer der Seitenstämme und in der II. Gruppe durchgehend auch die des Ge- hirns ist von einer Scheide, einem inneren Neurilemma umhüllt und von dem Ganglienzellbelag scharf gesondert. Das periphere Nervensystem zerlegt sich in Nerven und Nerven- schichten. Nerven versorgen die Kopfspitze, die Augen, die Seiten- spalten. Ein dem ventralen Ganglion entspringendes Nervenpaar be- giebt sich nach hinten an den Schlund, ein ganz analoges, der ventra- len Kommissur entspringendes begiebt sich bei Gruppe I und II in den Rüssel. In der Ill. Gruppe innerviren denselben zahlreiche dem Gehirn entspringende Faserstämme. Bei einigen Arten der ersten und sämmtlichen der letzten Gruppe steht das Seitenorgan durch Ner- ven mit dem dorsalen Ganglion in Verbindung. Die Seitenstämme geben in allen Gruppen Nerven und in der zweiten und dritten in metamerer Folge ab. Nervenschichten entwickeln sich in der ersten Gruppe mit der epithelialen Lage der Seitenstämme bei Carinina epi- thelial, bei den übrigen Gattungen derselben subepithelial. In der 1l.Gruppe vor Allem außerhalb der Ringmuskelschicht, aber auch inner- halb derselben (Langia, Cerebratulus), in der dritten fehlen sie. Die ‘Nervenschichten werden durch einen dorsalen Mediannerven charakteri- sirt, welcher in ihnen in der Längsachse des Körpers verläuft. Dieser erhält sich auch in der Ill. Gruppe, wo er allein eine intermuskulare Lagerung über der Ringmuskelschicht bewahrt hat. Ein zweiter sol- cher innerhalb der Ringmuskelschicht verlaufender kleinerer Nerv ist nur für die ersten beiden Gruppen bezeichnend. Eng an das Nervensystem schließen sich die Sinnesorgane, die subepithelialen Augen, deren Pigmentbecher sich nach außen wendet, die Seitenorgane, die accessorischen mit einem Stäbchenepithel ausge- statteten Seitengrübchen (Drepanophorus), die terminalen Kopfgrüb- chen (Cerebratulus) an. Die Seitenorgane sind wie das Gehirn gelagert und bei einem Theil der Gattungen der ersten Gruppe, bei allen der zweiten mit dem dorsalen Ganglion verschmolzen, immer hinter diesem liegend. Bei den Enopla sind sie selbständig, nur durch Nerven mit dem oberen Gan- glion verknüpft, meist seitlich desselben gelegen oder aber vor das Ge- hirn in die Kopfspitze gerückt. Besondere Bildungen der Körperwand sind die bei den meisten Formen der II. Gruppe als Kopfspalten be- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 47 258 Otto Bürger, kannten seitlichen Einschnitte, welche die Beziehung der Seitenorgane mit der Außenwelt anstatt eines Kanals vermitteln. Noch sind ein Paar Seitenorgane in der Gegend der Exkretionspori bei Carinella zu er- wähnen. Während die Nemertinen durch die plexusartigen epithelialen und subepithelialen nervösen Schichten zu einem Ausblick selbst nach den Cölenteraten hin Motive bieten — Husrecur (25) eröffnete diese Perspektive — zeigt das centrale Nervensystem indessen einen solch hohen Grad der Entwicklung, was die Mächtigkeit seiner Centralsub- stanz, die seines mehrfach und scharf differenzirten Ganglienbelags und seiner doppelten häutigen und zelligfaserigen Hüllelemente anbetrifft, wie er den Anneliden in solcher Beziehung gleich kommt. Es ist beson- ders das Auftreten einer zweiten Hülle um die Gentralsubstanz herum von Wichtigkeit. Ein solches inneres Neurilemma, das sich zwischen Gan- glienbelag und fibrillärer Substanz einschiebt, hat Hermann auch beim Hirudo beschrieben und eben so bezeichnet (48). Im Übrigen entspricht das Gewebe, welches von vielen Autoren als inneres Neurilemma be- zeichnet wird, nicht dem inneren Neurilemma der Nemertinen, indem diese Bezeichnung auf die feinfaserigen Hüllelemente der Ganglienzellen [NAnseEn (58)] oder auf eine häutige Hülle bezogen worden ist, welche die nervösen Elemente, Ganglienzellen und Gentralsubstanz, so des Bauch- marks einiger Anneliden einschließt und als ein inneres Neurilemma einem äußeren gegenübergestellt wurde, welches eine Zwischenmasse, die zwischen beiden Blättern sich befindet, umhüllt (Leyvı 1, ANDREAE 2). Im Übrigen sind der Beziehungen, welche sich zwischen Nemer- tinengehirn und dem Annelidenhirn anknüpfen lassen, viele. Da ist besonders die in letzter Zeit immer mehr betonte Thatsache, dass sich der Ganglienbelag fast ausschließlich aus unipolaren Ganglienzellen zusammensetzt, hervorzuheben und nicht zuletzt auf das Vorkommen der Neurochordzellen und Neurochorde auch bei den Nemertinen hin- zuweisen. Ob wir aber berechtigt sind das Nemertinenhirn dem Anneliden- hirn völlig gleich zu setzen scheint mir aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen vorläufig noch dahingestellt. SıLensky kommt zu diesen Resul- taten: Es sind die Gehirnganglien der Nemertinen und Anneliden homolog, die Bauchkommissur des Nemertinenhirns entspricht der zwischen beiden Hälften des Annelidenhirnes liegenden Kommissur, die dorsale Kommissur der Nemertinen ist eine Bildung sui generis, 1 F, Leyopıc, Tafeln zur vergl. Anatomie. Tübingen 1864. I. Fig. 9. 2 J. AnprEAE, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus nudus. Diese Zeitschr, Bd. XXXVI. Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 359 sie hat bei den Anneliden kein Homologon, die Schlundkommissur der Anneliden entspricht den Lateralnerven der Nemertinen. Letzteres folgert der Autor daraus, dass sich das Nemertinengehirn, welches sich als je eine Ektodermverdickung zu beiden Seiten der _ Rüsseleinstülpung anlegt, nach hinten in die Seitenstämme auszieht. Nun ist aber der Beweis nicht erbracht, dass dies Gehirn ganz dem Anne- lidengehirn entspricht, in das doch immer ein Theil der Scheitelplatte der Larve übergeht, während wiederum beim Pilidium die Scheitel- platte abgeworfen wird. Jedenfalls möchte ich die Seitenstämme der Nemertinen mit dem Bauchmark der Anneliden vergleichen — dazu berechtigt wohl das Verhalten der von ihnen abgehenden Nerven, ohne die Frage weiter zu diskutiren ob das Nemertinenhirn nur als eine Anschwellung der Seitenstämme aufzufassen ist, oder eine besondere Bildung im Sinne des Annelidengehirns darstellt. Die Anknüpfungspunkte, welche das centrale Nervensystem nach dem der Turbellarien hin bietet, scheinen mir so allgemeiner Natur zu sein, dass sie gegenüber derjenigen zwischen Nemertinen- und Anne- lidennervensystem zurücktreten müssen. Dagegen sind die Nemertinenaugen kurz als Turbellarienaugen zu charakterisiren. | Auf eine Übereinstimmung auch in der Art der Entstehung der Seitenorgane der Nemertinen mit den Flimmergruben gewisser Rhab- docoelida (Mikrostomeen) weist bereits DEwoLerzky (41) hin, auch die Anneliden mit Erfolg auf das Vorkommen ähnlicher Gebilde musternd. So zieht der Autor die mit Flimmergruben ausgestattete Lovin’sche Larve, die Sipunculuslarve und auch Ctenodrilus heran, bei welch letzterem v. Kenner ! Kopfgruben, wie sie den Seitenorganen der Nemer- tinen entsprechen möchten, auffand. Auf die Vergleichbarkeit der Seitenorgane der Nemertinen mit den Wimperorganen der Capitelliden ist auch Eısıc eingegangen. Ich will es nicht versuchen Homologa für das zweite Paar von Sei- tenorganen der Garinella-Arten bei den Anneliden, denn nur hier, nicht wohl bei den Turbellarien, würden solche zu finden sein, aufzusuchen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass sich mit der Erscheinung derselben auch bei den Nemertinen eine Seitenlinie als Trägerin von Sinnesorganen wie bei den Anneliden herausbildet. Die Geschlechtsprodukte entstehen einmal im Parenchym und um sie herum sondert sich eine Hülle, einen Sack bildend, oder sie ent- stehen in der Wand von Säcken, welche mit den Darmtaschen abwech- 1 v. Kenner, Über Ctenodrilus pardalis. Arbeiten aus dem zool. Institut zu Würzburg. Bd. V. 4882. 17# 260 Otto Bürger, seln. Vor der Reife bildet sich ein Ausführgang, von jedem Sack aus einer. Bei den nicht metameren Formen scheint der erste Modus zu herrschen (Carinella), bei dem metameren letzterer (Cerebratulus, Drepanophorus). Übrigens liegen auch bei diesen wie bei Prosadeno- porus, Geonemertes u. A. mehrere Geschlechtssäcke zwischen einem Darmtaschenpaar, mithin kommen auch mehrere Geschlechtspori auf ein Metamer. Die Nemertinen sind nicht durchweg Gonochoristen, die Landleber und verwandte Formen, wie die Prosadenoporiden, sind Zwitter. Auch unter den letzteren nahestehenden Tetrastemmiden kommen Zwitter vor. Als lebendiggebärend sind Prosorhochmus und Monopora beschrieben worden. Der außerordentlich komplicirte Geschlechtsapparat der Turbel- larien schließt jede Parallele mit dem der Nemertinen aus. Aber auch mit dem Generationsapparat der polychaeten Anneliden stimmt derselbe nur, was seine Einfachheit anbelangt, überein. Ziehen wir das Facit der vorliegenden Betrachtung, so ergiebt sich, dass manche Erscheinungen in der Nemertinenorganisation auf eine Verwandtschaft mit den Turbellarien hinweisen, im Großen und Ganzen jene aber hinter dem Anneliden-ähnlichen Gesammtbau der Nemertinen zurücktreten. Freilich, wenn wir die lebende, platte, in ihrem Schleime krie- chende Nemertine ins Auge fassen und sie mit einem Polychaeten oder Oligochaeten vergleichen, dessen Metamerie sich auch äußerlich durch Ringelung und die Vertheilung von Borstenbündeln kund giebt, werden wir gern geneigt sein unseren älteren Vorgängern auf dem Gebiete der Naturerforschung in der systematischen Schätzung dieser Würmer beizustimmen, sobald wir nur auf die Hilfsmittel angewiesen sind, mit welchen jene zu arbeiten gezwungen waren. Heute aber, wo Technik und Mikroskop unzählige Schwierigkeiten, mit welchen jene zu kämpfen hatten, beseitigt haben, darf die Außenseite und der Habitus eines Individuums nur in letzter Instanz für seine Auffassung maßgebend sein, die systematische Stellung ergiebt sich vielmehr aus der inneren Organisation, wie sie die Anatomie und Histologie lehrt und vor Allem aus der Entwicklungsgeschichte. Diese aber führen uns zu der Annahme, dass die Nemertinen sich wohl von Turbellarien-ähnlichen Formen ableiten, aber auf dem Wege eines Entwicklungsganges, wie ihn das Annelid zurückgelegt hat, sich befanden und von jenem wieder in eine dritte Richtung sich entfernten. Göttingen, im September 1889. 22. 23, 24, Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik, 261 Litteraturverzeichnis. . Quoy et GaımAarp, Voyage de decouverts de l’Astrolabe, Zool. T. IV. Paris 4833, DELLE CHıaJE, Memoria sulla storia e notomia degli animali senza vertebre del regno di Napoli. Vol. II. 1828. .„ —— Decrizione e notomia degli animali invertebrati delle Sicilia criteriöre osservati vivi negli anni 1823—4830. Vol, III. . DE QUATREFAGES, Etudes sur les types inferieurs de ’embranchement des Anneles, Memoire sur la famille des Nemertiens. Ann, Sc. Nat. VI. 1846, . Max ScHuLtze, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien, Greifswald 1851. „ —— Zoologische Skizzen. 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Eıisıs, Monographie der Capitelliden des Golfs von Neapel. Fauna und Flora des Golfs von Neapel. XVI. 1887. 55. 56. der. Bd.I. 1885. Breslau. 57. Zool. Beiträge. 4887. Breslau. 58. Zeitschr. 4887. 59. nervous system. 18837, 60. Naturw. Bd. XX. 1887. 61. Leyvis, Zelle und Gewebe. Bonn 1885. Ronpe, Die Muskulatur der Chaetopoden. Zool. Beiträge. Herausg. v. A. Schnei- —— Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Polychaeten, Nansen, Anatomie u. Histologie des Nervensystems der Myzostomen. Jenaische —— The Structure and combination of the histological elements of the central KÜRENTHAL, Über das Nervensystem der Opheliaceen. Jenaische Zeitschr. für FRIEDLÄNDER, Beiträge zur Kenntnis des Centralnervensystems von Lumbricus, Diese Zeitschr. Bd. XLVII, 4, 4888. 62. 63. Caartın, Sur les myelocytes des Invertebres. Gompt. rend. T. CVII. 1888. HATscHEk, Lehrbuch der Zoologie. Jena 4889. A. Lieferung. Erklärung der Abbildungen‘. In sämmtlichen Figuren bedeutet: a.C, accessorische Kommissur der ven- tralen Ganglien; acdC, accessorische dorsale Gehirnkom- missur; acGC, accessorische Gefäßkommissur; AH, Augenhülle; Au, Auge; Bg, Bindegewebe; BgHa, Hüllgewebe der Ganglienzellen; BgyHaK, Kern aus dem Hüllgewebe der Ganglienzellen; BgHi, Hüllgewebe der Centralsubstanz ; Bgsch, Bindegewebsschicht; Bgstr, Bindegewebsstrang; BgZ, Zelle des pigmentführenden Hüll- bindegewebes der Ganglienzellen;; BJZK, Kern einer Zelle des pigmentfüh- renden Hüllbindegewebes der Gan- glienzellen ; Bild, Blinddarm,; Big, Blutgefäß; BigC, Blutgefäßkommissur; BigRm, Ringmuskulatur des Blutgefäßes ; BIK, Blutkörperchen; Bis, Bläschen der Darmepithelzellen; BR, Bauchrinne; Bsm, Basalmembran; Bz, Becherzellen; Ci, Cilien; CiKn, Knöpfchen der Cilien; Cist, Stäbchen der Cilien; Cistr, ciliare Streifung; Cr, Konkremente; CS, Centralsubstanz = fibrilläre Sub- stanz von Gehirn und Seitenstäm- men; Cu, Cutis; DBi, Dotterballen ; DC, dorsale Gehirnkommissur; Dep, Darmepithel; Depfz, darmepitheliale Fadenzelle; Deutpl, Deutoplasma;; 1 Die Umrisse fast aller Figuren sind vermittels der Camera — Abstand zwi- schen Camera und Vorlage 35 cm — gezeichnet und mit einem entsprechend schärferen Objekt ausgeführt. Es wurden Systeme von WınkeL und solche von Zeıss benutzt. 264 DFldrz, Flaschendrüsenzelle des Darm- epithels; DG, dorsales Ganglion; DG, Darmgefäß ; DK, Dotterkörper; DKK, Körnerkolben aus epithel ; DKrdrz, Körnchendrüsenzelle aus dem Darmepithel; DLm, Darmlängsmuskulatur; - Dm, Diagonalmuskulatur; DMs, dorsoventrale Muskulatur; DR, Darmrinne; DrE,, Einmündung des vorderen Drü- senfeldes in den Kanal des Seitenor- gans; DRm, Darmringmuskulatur; Drsch, Drüsenzellschicht der Cutis; Drst, Sekretstraßen der Drüsenzellen ; Drz, Drüsenzelle; DT, Darmtasche; DTep, Darmtaschenepithel ; EiK, Eikern; End, Endothel; Ep, Epithel; Epfz, Epithelfadenzelle, Hautfadenzelle; EpfzK, Kern einer Epithelfadenzelle; EpZ, Epithelzelle; Fik, Follikel ; GC, Hauptgefäßkommissur, ventrale; GP, Geschlechtsöffnung;; gRn, großer Rückennerv; GschS, Geschlechtssack ; GSOrg, ganglionäre Anschwellung des Seitenorgannerven; GZ, Ganglienzelle; GZla, Ganglienzelle I. Art, modificirter Typus; ! GZı, GZ1, Ganglienzelle I. Art; GZs, GZı1, Ganglienzelle II. Art; GZs, GZı11, Ganglienzelle III. Art; GZy4, Ganglienzelle IV. Art; nur Enopla; GZF, Ganglienzellfortsatz ; GZFb, Ganglienzellfortsatzbündel; GZK, Ganglienzellkern; GZS, Ganglienzellsäule; Hd, Hoden; IstGK, Kern aus dem interstitiellen Binde- gewebe; dem Darm- Otto Bürger, K, Kern; k, Körnchen, körnige Ballen; KBl, Keimbläschen; KBls, Kernbläschen; KDrs, Kopfdrüsenzellschläuche ; KDrz, Kopfdrüsenzellen; KFl, Keimfleck;; KG, Kopfgefäß ; KGr, Kopfgrube; KgZ, Kügelchenzelle; KK, Kernkörperchen; KN, Kopfnerv; Kr, Zwischenkern, Korn; Krg, Kragen; KrK, Krystallkegel; kRn, kleiner Rückennerv; Ksp, Kopfspalte, Seitenspalte; Kw, Kammerwand einer Cutisdrüsenzell- packetkammer; Lm, Längsmuskelschicht; Lma, äußere Längsmuskelschicht; Lmi, innere Längsmuskelschicht ; LZ, Lateralzelle; LZGr, laterale Grenzzelle; LZm, mittlere laterale Zelle; M, Mund; MD, Mitteldarm; Mi, Mitom; MiF, Mitomfaser; MiRs, Mitomrindenschicht; MiSch, Mitomschicht; Mnsa, äußere Muskelnervenschicht; Mnsi, innere Muskelnervenschicht; Ms, Muskelzüge; Msbd, Muskelbündel ; MsF, Muskelfibrille; MsK, Muskelkern; Msl, Längsmuskeln; Msz, Muskelzelle; MZ, mediale Zelle; N, Nerv, nervöses Gewebe; N/—N7, Kopfnerven; Ne, Neurochord;; NcAx, Neurochord-Achsencylinder; NecSch, Neurochordscheide; NeZ, Neurochordzelle; Nea, äußeres Neurilemma, Gehirnkapsel- oder Scheide; Nei, inneres Neurilemma; Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 265 NeiK, Kern des inneren Neurilemma ; Neip, periphere Neurilemmawucherung; NeiW, Wucherungen des inneren Neuri- lemmas; NF, Nervenfaser; NG, nervöses Gewebe; Nsch, Nervenscheide; oAuN, oberer Augennerv; Oes, Ösophagus; Ov, Ovarium ; oZdG, oberer Zipfel des dorsalen Gan- glions; P, Parenchym ; Pa, Papille; Pdr, Packetdrüsenzellen ; Pdro, äußere, kürzere Packetdrüsen der Cutis; Pi, Pigment; PiK, Pigmentkern; PiZ, Pigmentzelle; P!, Platte, Cilienplatte; Pmi, Paramitom; PmisS, Paramitomsäule; Ppl, Papille, welcher das Stilett aufsitzt; PZ, Parenchymzelle; R, Rüssel; Re, Rhynchocoelom; RcG, Rhynchocoelomgefäß; ReLm, Rhynchocoelomlängsmuskulatur; ReLma, äußere Rhynchocoelomlängs- muskulatur; ReLmi, innere Rhynchocoelomlängsmus- kulatur; ReMs, Rhynchocoelommuskulatur; ReRm, Rhynchocoelom-Ringmuskulatur ; RcS, Rhynchocoelomsack RcSG, Rhynchocoelom-Seitengefäß ; Rd, Rhynchodaeum ; Rdm, radialer Muskelzug;; REpa, äußeres Rüsselepithel; REpi, inneres Rüsselepithel; RG, Rückengefäß ; RH, hinterer Rüsselraum ; Rhd, Rüsselrhabditen; RLm, Längsmuskulatur des Rüssels; RLma, äußere Längsmuskulatur des Rüs- sels; RLmi, innere Längsmuskulatur des Rüs- sels; Rm, Ringmuskulatur der Körperwand; Rmi, innere Ringmuskulatur (Carinella); Rnst, Rüsselnerven; Rö, Rüsselöffnung, Öffnung des Rhyncho- daeums; RPa, Rüsselpapillen ; RRma, äußere Ringmuskulatur des Rüs- sels; RRmi, innere Ringmuskulatur des Rüs- sels; RV, Rüsselvorraum; S, Sack; SAC, Sekretkanal; SCDr, hinteres Stück des Seitenorganka- nals, Drüsenzellschlauch (Enopla); SCh, hinteres Stück des Seitenorganka- nals (Anopla); Scr, Sekret einer Drüsenzelle; SCv, vorderes Stück des Seitenorganka- nals (Anopla und Enopla); Sdr, Schlauchdrüsenzelle; SG, Seitengefäß; SGS, Seitengefäßsinus ; Sidr ;, Schleimdrüsenzelle; Sidrz, Schlunddrüsenzelle ; Slep, Schlundepithel ; S!G, Schlundgefäß; Sin, Schlundnerv; SinC, Hauptschlundnervkommissur; SinCac, accessorischeSchlundkommissur; Sn, Schnabel; SOrg, Seitenorgan; Spdr, Speicheldrüse; Spdrz, Speicheldrüsenzelle ; Sph, Sphincter; Split, Spalt zwischen Darm und Paren- chym; Spt, Septum ; SstZ, Zweig des Seitenstammes, »Spinal- nerv«; St, Stäbchen; ST, Sekrettasche ; Stap, Stützapparat des Hauptstiletts; Stdrz, Stäbchendrüsenzelle; Stil, Stilett; Tp, Tunica propria; uAuN, unterer Augennerv; uZdG, unterer Zipfel des dorsalen Gan- glions 266 Otto Bürger, Ve, Vacuolen; WadC, Wurzel der dorsalen Kommissur;; VC, ventrale Gehirnkommissur;; WG, Exkretionsgefäß; VG, ventrales, unteres Ganglion, unterer WGEPp, Epithel des Exkretionsgefäßes ; Gehirnlappen ; ZPI, Zellplasma, VrC, Verbindungskanal des Seitenorgans Zsch, zellige Auskleidung des Rhyncho- mit der Kopfspalte event. der Außen- coeloms; welt; Zwst, ciliares Zwischenstück zwischen WB, Wurzelbündel ; Knöpfchen und Stäbchen. Tafel I. Fig. A. Cerebratulus albo-vittatus (Stimps.) mihi. Fig. 2. Cerebratulus psittacinus n. Sp. Fig. 3. Cerebratulus glaucus n. sp. Fig. 4. Gerebratulus galbanus n. sp. Fig. 5. Cerebratulus tigrinus n. sp. Fig. 6. Cerebratulus spadix n. sp. Fig. 7. Cerebratulus rubens n. sp. Fig. 8. Cerebratulus aurostriatus n. sp. Fig. 9. Cerebratulus coloratus n. sp. Fig. 40. Eupolia Brockii n. sp. Fig. 44. Eupolia marmorata n. sp. Fig. 42. Drepanophorus latus n. sp. Fig. 43. Fig. 13a. Fig. 44. Prosadenoporus badio-vagatus n. Sp. Fig. 15. Fig. Ada. } Ein anderes Exemplar von Drepanophorus latus. } Prosadenoporus janthinus n. sp.; zwei verschiedene Exemplare. Tafel II. Fig. —27. Querschnitte durch das Gehirn und die Seitenorgane verschiede- ner indischer Nemertinen, um charakteristische Gehirnformen, die Größenverhält- nisse der Ganglien zu einander, die Lage der Seitenstämme zu den Seitenorganen, die der hauptsächlichen Nerven und der Blutgefäße und die Beziehungen, in welche direkt oder indirekt die Kopfspalten zu den Seitenorganen treten, zu illustriren. W. Obj. 2a, Oc. 2 und Fig. 9, 45, 46, Obj. 2a, Oc. A. E.T. Fig. —8. Cerebratulus albo-vittatus. Fig. 9. Cerebratulus pullus. Fig. 10—12. Cerebratulus psittacinus, Fig. 43 und 44. Cerebratulus glaucus. Fig. 15 und 46. Cerebratulus tigrinus. Fig. 17. Cerebratulus coloratus. Fig. 18. Cerebratulus aurostriatus. Fig. 49—25. Eupolia Brockii. Fig. 26. Eupolia marmorata. Fig. 27. Eupolia ascophora. Fig. 23—32. Querschnitte aus der vorderen Gehirnregion verschiedener un- bewaffneter Nemertinen, um die bei denselben wechselnde Tiefe der Kopfspalten darzustellen. 2 Ds Da Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 267 Fig. 28. Cerebratulus tigrinus. Die sehr tiefen Kopfspalten treten unmittelbar an das äußere Neurilemma. Fig. 29. Cerebratulus rubens. DieKopfspalten bleiben vom äußeren Neuri- Fig. 30. Cerebratulus en lemma weit entfernt. Fig. 34. Cerebratulus coloratus. Die Kopfspalten sind buchtenartig flach. Fig. 32. Eupolia Brockii. Kopfspalten ähnlich wie bei Cerebratulus rubens. Tafel III, Fig. 33—38. Gehirnquerschnittsbilder von Cerebratulus marginatus und Lan- gia formosa, stellen eine Serie dar, welche die Vertheilung des Ganglienbelags, der sich aus drei Arten von Ganglienzellen (GZ7, GZır, GZır]) und dem Neurochord- zellenpaar (NcZ) zusammensetzt, darstellen sollen. Derselbe wechselt von vorn nach hinten, indem die großen Ganglienzellen (GZy77) zuerst dem dorsalen Gan- glion aufliegen, sodann medial anliegen und endlich um das ventrale Ganglion sich gruppiren. Man beachte die mediale Lage der Neurochordzellen an der Ab- gangsstelle des Schlundnerven am ventralen Ganglion, die ausschließliche Ange- hörigkeit der kleinsten Ganglienzellen (Sinneszellen) (GZ7) zum dorsalen Ganglion, der mittleren (GZır) zum ventralen, äußeres (Nea) und inneres (Nei) Neurilemma und das demselben entsprechende äußere (BgHa) und innere (BgHt) Hüllbindege- webe, von welchem hauptsächlich die Kerne deutlich sind. W, Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 33. Cerebratulus marginatus (neutrales Karmin). Schnitt durch die dor- sale Kommissur. Auch die Rüsselnerven, welche zuerst sich nach vorn wenden, sind getroffen. Fig. 34. Langia formosa (wässeriges Hämatoxylin). Schnitt durch die ventrale Kommissur. Der dunkle Balken stellt das auch die Kommissur durchsetzende längsgetroffene Wurzelbündel dar (WB). Fig. 35. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Querschnitt dicht hinter der ventralen Kommissur. Die großen Zellen umgeben hauptsächlich die Wurzeln der dorsalen Kommissur. Fig. 36. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Bald folgender Querschnitt. GZı1r, medial am dorsalen Ganglion. Fig. 37. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Querschnitt an der Abgangs- stelle des Schlundnervenpaares. Das einzige dem Gehirn angehörige Paar der Neu- rochordzellen (NcZ) ist auf einem Schnitt getroffen. Die rechte Zelle scheint zwei Fortsätze zu haben, aber nur den seitlichen oberen, der Centralsubstanz zustreben- den, sah ich in diese, d.h. in das ventrale Ganglion eindringen. Der untere ist wohl ein durch Verzerrung der Zelle entstandenes Kunstprodukt. Fig. 38. Langia formosa (wässeriges Hämatoxylin).. Dem vorigen Schnitt ent- sprechend. Die Neurochordzellen zeigend. Fig. 39. Cerebratulus marginatus (Alaun-Hämatoxylin. Kombinirtes Bild. Längsschnitt durch das Gehirn in der Höhe der ventralen Kommissur. Der Fort- satz der linken Neurochordzelle wurde in der gezeichneten Länge auf einem Schnitt getroffen. In der Centralsubstanz sind die Bahnen der Fortsatzbündel der Gan- glienzellen hell gelassen. GZ/a, eine noch etwas lebhafter sich tingirende größere Art von GZ7, welche die Seitenspalten versorgt (cf. Fig. 36). Grünlichgelb, wie es erschien, ist das Pigment der Zellen (BgZ) des äußeren Hüllbindegewebes (BgHa) gezeichnet. W. Obj. 2a, Oc. 4. 268 Otto Bürger, Tafel IV. Fig. 40. Carinella annulata. Querschnitt durch die Kopfspitze. Es wurde das Gehirn mit dorsaler und ventraler Kommissur getroffen. W. Obj. 1, Oc. 2. Fig. 41. Carinella annulata. Gehirnquerschnitt, die großen Zellen liegen dor- sal. Sin, Schlundnerv. W. Obj. 2a, Oc. 1. Fig. 42. Carinella annulata. Bald folgender Gehirnschnitt, die großen Zellen liegen ventral. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 43. Carinella annulata. Schnitt aus der Region des Seitenorgans (Sorg). Man erkennt specielle Ganglienmassen (GSorg) desselben. Der Schlundnerv bildet noch eine nachträgliche Kommissur mit dem Gehirne (SinCac). W. Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 44. Carinella polymorpha (Dahlia). Querschnitt durch das Gehirn. Z. D, Oc. 2. Das äußere Neurilemma spaltet sich aus dem Gewebe der Basalmembran ab. Eine strenge Sonderung von Ganglienzellmassen und Centralsubstanz durch ein inneres Neurilemma ist noch nicht erfolgt. Dieselbe greift jedoch Platz in Fig. 45, einem Querschnittsbilde durch den Seitenstamm derselben Art. W. Obj. 5, Oc. 4 (Boraxkarmin). Fig. 46. Langia formosa (neutrales Karmin). Querschnitt eines ventralen Gan- glions hinter den Neurochordzellen. Die großen Ganglienzellen GZırr sind zahl- reicher als bei Cerebratulus marginatus in dieser Gehirnregion vertreten. Der Neurochord (Nc) liegt noch unverzweigt und medial von den Bahnen der Gan- glienzellfortsätze in der Centralsubstanz. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 47. Langia formosa (Hämatoxylin, EurLica). Querschnitt durch den Sei- tenstamm, Zwei Neurochorde (Ne) liegen lateral von den vom Wurzelbündel (WB) entspringenden Nerven, von denen der eine (N7) ans Epithel, der andere (N) in die äußere Muskelnervenschicht geht; lateral sind die eigenen Muskelfibrillen des Seitenstammes, an das innere Neurilemma (Nei) gelagert. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 48. Wie vorher (Alaunkochenille). Eine weit abliegende Neurochordzelle (NcZ) darstellend, das Wurzelbündel (WB) zwischen den Nervenabgängen und einen Zug von Neurochorden (Nc). Msf, Seitenstamm eigene Muskelfibrillen. W. Obj. 5, Oc. A. vo Fig. 49. Cerebratulus marginatus (neutrales Karmin). Querschnitt durch den Seitenstamm aus der Nephridialregion. Nc, Neurochorde, welche aus dem Gehirn kommen; von Nei löst sich die Scheide des hinzutretenden Fortsatzes der Neuro- chordzelle NcZ. Das Pigment der Zellen des äußeren Hüllbindegewebes (BgZ, BgHa) ist gelb. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 50. Wie vorher. Seitenstamm und äußere Muskelnervenschicht. Fig. 54. Wie vorher. Querschnitt durch die Centralsubstanz, um das neuri- lemmatische Gewebe (Glia) im Gegensatz zu den inneren Hüllgewebe zu illustriren ; Nei, inneres Neurilemma; Neip, periphere, N&W, centrale Wucherung desselben im Faserstamm; NeiK, Kerne des Neurilemma; BgHiK, Kerne des inneren Hüll- gewebes (nicht Glia gleichwerthig!) Obj. 5, Oc. 2. Fig. 52. Wie vorher. Die Ausbreitung des vom inneren Neurilemma (Glia) ab- stammenden Gewebsnetzes zeigend, das die längs verlaufenden Nervenfibrillen- bündel der Centralsubstanz umhüllt. In dasselbe sind auch reichlich Kerne des inneren Hüllgewebes eingestreut. Fig. 53. Cerebratulus marginatus (Pikrokarmin). Stellt die Neurochordzellen nebst dem Fortsatz der einen dar, welcher vor dem Wurzelbündel (nach hinten) umbiegt. W. Obj. 4, Oc. 2. -_ Unters, über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 269 Fig. 54. Langia formosa (neutrales Karmin). Längsschnitt durch den Seiten- stamm aus der Gegend des Mitteldarmes, das Wurzelbündel (WB) mit seinen Zwei- gen, abgehenden Nerven (N) darstellend. Z. A. Oc. 2. Fig. 55. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Längsschnitt durch den Sei- tenstamm aus der Oesophagealregion ; Nc, der verzweigte Neurochord. V. w. v. Fig. 56. Cerebratulus marginatus (Pikrokarmin). Ein noch außerhalb der Centralsubstanz liegendes Stück des Fortsatzes einer Neurochordzelle, längs und quer getroffen, den Bau aus Säulen von Paramiton (PmiS), welche mit Mitomsub- stanz (MiSch) umkleidet sind, deutlich machend. W. Obj. 8, Oc. 4. Fig. 57. Cerebratulus marginatus (neutrales Karmin). Stück des Fortsatzes einer Neurochordzelle aus der Centralsubstanz; Ax, Achsencylinder ; Sch, Scheide. W. Obj. 8, Oec. 2. Fig. 58. Wie vorher. Querschnitt des Neurochords. Fig. 59—62. Ganglienzellen aus dem Gehirn von Cerebratulus marginatus. W.Obj. 8, Oc. 2. Fig. 59. Boraxkarmin. Ganglienzellen I. Art. Fig. 59a. Neutrales Karmin. Wie vorher. Fig. 60. Boraxkarmin. Ganglienzellen II. Art. Fig. 60a. Neutrales Karmin. Wie vorher. Fig. 64 und 64a. Boraxkarmin. Ganglienzellen III, Art. Fig. 61b und 64c. Neutrales Karmin. Wie vorher. Fig. 64d. Neutrales Karmin. Querschnitt einer GZı1, die quer getroffenen centrisch angeordneten Paramitomsäulen und die septenartig angeordneten Mitom- bekleidungen derselben veranschaulichend; central der Kern. Fig. 61 und 64f. Neutrales Karmin. Längs- und quergetroffene GZrır. Die ‚Streifung rührt von der Anordnung von Paramitom und Mitom her. Fig. 649 und 61h. Neutrales Karmin. Ganglienzellen der III. Art von deren Mitomrindenschicht sich Mitomfasern (MiF) abspalten. Fig. 62. Neurochordzelle aus dem Gehirn von Cerebratulus marginatus. Boraxkarmin. Die Mitom- (Mi) und Paramitomsubstanz (Pmi) sind gesondert; ‚erstere central, letztere peripher. W, Obj. 8, Oc. 4. Fig. 63. Ganglienzellen der III. Art aus dem Gehirn von Langia formosa. W. ©bj. 8, Oc. 2. Fig. 63 und 63a. Neutrales Karmin. 635, c, d, e. (Wässeriges Hämatoxylin.) Fig. 64 und 64a. Kerne des äußeren Neurilemma, Gliakerne. Cerebratulus marginatus. Fig. 65. Cerebratulus marginatus. Kern aus dem äußeren Hüllgewebe. W. ‘Obj. 8, Oc. 4. Fig. 66 und 66a. Durch Maceration gewonnene Kerne aus der äußeren Mus- kelnervenschicht von einem Faserfilz umhüllt. Cerebratulus marginatus. Fig. 67. Ebensolche mit Muskelelementen. Cerebratulus marginatus. Fig. 68. Querschnittsstück aus dem Faserkern des dorsalen Ganglions von ‘Cerebratulus marginatus. Saures Karmin. Das innere Hüllgewebe (BgHi) und das innere Neurilemma (Ne) haben sich von der Centralsubstanz (CS) abgehoben. 0b]. 8, 0c. 2. Fig. 69. Kern einer Ganglienzelle III, Art mit einem Bläschenkranze, Cerebra- tulus marginatus. Boraxkarmin. Fig. 70. Durch Maceration isolirtes Körperchen aus der äußeren Muskelnerven- schicht, 270 Otto Bürger, Tafel V. Fig. 71. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Frontaler Längsschnitt durch die Kopfspitze, welcher das dorsale Ganglion nebst Seitenorgan getroffen hat. Die äußere Muskelnervenschicht ist besonders markirt. W. Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 72. Cerebratulus marginatus (Hämatoxylin, EnurLicn). Frontaler Längs- schnitt, den großen Rückennerven (gRn) und seine (nicht metameren!) Verbindungen mit der äußeren Muskelnervenschicht darstellend. Msdbd, Muskelbündel, welche von bindegewebigen Scheiden umhüllt sind. W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 73. Eupolia marmorata. Schlundnerv nebst Ganglienzellbelag (Querschnitt). Obj. 5, Oc. 2. Fig. 74. Cerebratulus marginatus. Querschnitt. Das Schlundnervenpaar bildet die Hauptkommissur unter den ventralen Ganglien, über dem Munde. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 75. Langia formosa. Querschnitt. Das Schlundnervenpaar (Sn) liegt in der äußeren Muskelnervenschicht (Mnsa) außerhalb der Ringmuskelschicht. Die ventralen Ganglien haben sich bereits in die Seitenstämme verjüngt und sind als solche weit aus einander gewichen. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 76. Wie vorher. Das Schlundnervenpaar hat die Ringmuskelschicht durch- brochen und bildet innerbalb derselben die Hauptkommissur vor dem Munde. (cf. Fig. 74). Fig. 77. Cerebratulus marginatus. Querschnitt in der Höhe des Mundes zur Orien- tirung über die Nerven und Nervenschichten. Der große Rückennerv (gRn) liegt bereits in der äußeren Muskelnervenschicht, der kleine (kRn) an der Wandung des Rhynchocoeloms. Die innere Muskelnervenschicht (Mnsi) ist nur dorsal und wenig mächtig ausgebildet. Das Schlundnervenpaar tritt mit der äußeren Muskelnerven- schicht (Mnsa) in Berührung. W. Obj. 1, Oc. 2. Fig. 78. Theil eines solchen Querschnittes; stärker vergrößert, welcher etwas weiter nach hinten liegt. Die Ringmuskelschicht hat sich zwischen äußere Muskel- nervenschicht und Schlundnerv geschoben, jene berührt jetzt die Mundränder. Fig. 79. Wie vorher, aber noch weiter nach hinten gelegen. Die Ringmuskel- schicht hat sich noch weiter nach unten geschoben, so dass die äußere Muskel- nervenschicht nicht mehr an die Mundwand zu treten vermag. Fig. 80. Carinella polymorpha Z. Oc. 3, D. Querschnittsstück. Verschmelzung der beiden Rückennerven, deren großer der Körperwandringmuskulatur, deren kleiner der inneren Ringmuskelschicht aufliegt wie in Fig. 81, welche die vorige ergänzen soll. Fig. 82 und 83. Carinella annulata, dieselben Verhältnisse wie Fig. 80 und 84 demonstrirend und die Kreuzung, welche bei dieser Art die beiden Ringmuskel- schichten mit einander bilden. Fig. 84-—87. Drepanophorus serraticollis. Kombinirte frontale Längsschnitts- bilder durch das Gehirn und die Kopfspitze, um ihre Nervatur und den Ursprung dieser zu zeigen. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 84. Schnitt in der Höhe der ventralen Kommissur. Fig. 85. Tieferer Schnitt durch das ventrale Ganglion. Fig. 86. Schnitt durch das dorsale Ganglion. Fig. 87. Schnitt in der Höhe der dorsalen Kommissur. uwAuN unterer, 0AuN oberer Augennerv. uN;, 0Nı, No, Na, N4, Ns, Ne, Nr, Nerven, welche hauptsäch- lich die Muskulatur versorgen; RN, Rüsselnerv; SI!n, Schlundnerv. Zn Din Ku en A > Sa . er 7 2 = Br. Unters., über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr, zur Systematik. 271 Fig. 88. Drepanophorus rubrostriatus (Boraxkarmin-Hämatoxylin). Querschnitt durch eine Gehirnhälfte in der Höhe der Neurochordzellen. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 89. Wie vorher. Frontaler Längsschnitt Neurochordzellen (NcZ) entsenden ihre Fortsätze (Nc) in die ventrale Kommissur (VC). Z.D. Oc. 2. Fig. 90. Langia formosa (neutrales Karmin). Neurochordzelle. Kern mit Nu- cleolus (KK) und Bläschen (BilsK). W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 94. Drepanophorus serraticollis (neutrales Karmin). Längsschnitt durch einen Augennerven; Nsch, kernführende Nervenscheide; My, Myelocyten. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 92. Wie vorher. Große Ganglienzelle GZ3. Fig. 93a. Kleines Exemplar der Ganglienzellen der IV. Art GZ,. b, stark licht- brechendes Körperchen. Beides aus dem Gehirne von Drepanophorus rubrostria- tus. W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 94. Drepanophorus serraticollis. Rückennerv. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 95. Drepanophorus latus. GZ,, W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 95a. Drepanophorus latus. GZ2. V. w. v. Fig. 96. Prosadenoporus badio-vagatus. GZ;. V. w. v. Fig. 97. Wie vorher. Neurochordzelle. V. w. v. Tafel VI. Fig. 98. Drepanophorus cerinus. Sagittaler Längsschnitt durch dorsales Gan- glion und Seitenorgan. Pi,, vorderer, Pia, hinterer Pigmentballen. W. Obj. 2a, 06.2. Fig. 98a. Längsschnitt aus der Wand des Drüsenzellschlauches desselben Sei- tenorgans. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 99. Drepanophorus latus (saures Karmin). Querschnitt in der Höhe der dorsalen Kommissur. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 4100. Wie vorher; aus der mittleren Gehirnregion. Fig. 100a. Drepanophorus latus. Querschnitt durch den Scheitel der ventralen Kommissur. Nc, Neurochord, Fig. 1005. Wie vorher, aber seitlicher, die Neurochorde sind mehr in die Mitte der Kommissur und schon ein wenig aus einander gerückt. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 4104. Prosadenoporus janthinus (neutrales Karmin). Gehirnquerschnitt in der Gegend der ventralen Kommissur. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 4102. Prosadenoporus badio-vagatus (Mever’sches Karmin). Frontaler Längs- schnitt durch das Gehirn in der Höhe der Neurochordzellen. V. w, v. Fig. 403. Drepanophorus latus, Seitenstammquerschnitt. Pi, Pigmentballen ; Msf, Längsmuskelfibrillen des Seitenstammes, medial gelegen. Z. A. Oc. 3, Fig. 404. Drepanophorus cerinus, Seitenstammaquerschnitt nebst abgehendem Nerv. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 405. Drepanophorus rubrostriatus (wässriges Hämatoxylin). Seitenstamm- querschnitt. Msf, Muskelfibrillen; BgHaK, Kerne des äußeren Hüllbindegewebes ; BgHiK, Kerne des inneren; NcSch, Neurochordscheide; NcAx, Neurochordinhalt, Achsencylinder; Nea, äußeres, den abgehenden Nerv begleitendes Neurilemma;; Nei, inneres, sich in die Centralsubstanz verzweigendes. Z. D. Oc. 2. Fig. 106. Prosadenoporus arenarius. Seitenstammquerschnitt, Z. A. Oc. 3, Fig. 107. Drepanophorus serraticollis (neutrales Karmin). Längsschnitt durch den Seitenstamm. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 108, Amphiporus pulcher (wässeriges Hämatoxylin). Querschnitt durch 272 Otto Bürger, den Rüssel. Anst, Nervenstränge; GZS, Ganglienzellsäulen; GZF, Ganglienzellfort- sälze. W. Obj.-5, Oc. 2: Fig.4109. Drepanophorusrubrostriatus (Boraxkarmin-Hämatoxylin). Querschnitt durch die Haut, welcher die accessorischen Seitengrübchen traf. Z. A. Oc. 2. Fig. 440. Wie vorher. Ein Seitengrübchen. Z.D. Oc. 2. Fig. 444. Drepanophorus rubrostriatus (Boraxkarmin-Hämatoxylin). Längs- schnitt durch ein Auge. Pi, Pigment; PiK, Pigmentzellkern; St, Stäbchen; KrK, Krystallkegel; GZF, Ganglienzellfortsatz; Kr, Zwischenkern; GZ, Ganglienzelle; AH, Hülle. Z. D. Oc. 2. Fig. 442. Ein einzelnes Element aus dem Auge. Nf, Nervenfaser. Sonst w. v. Fig. 443. Cerebratulus pullus (Boraxkarmin). Querschnitt durch das Seiten- organ. Nea, Hülle; BgH, Hüllgewebe; Dr, Drüsenzellen, quer getroffen; SCh, Kanal; LZ, laterale Zellen; MZ, mediale Zellen, an welche sich die Nervenfasern (NF), die zu den Ganglienzellkernen (GZK) hinführen, anheften. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 444. Cerebratulus tigrinus (Hämatoxylin, EurLica). Seitenkanal nebst late- ralen Zellen. LZGr, laterale Grenzzellen; MZm, laterale mittlere Zellen; sämmt- lich Cilien tragend. W. Obj. 8, Oc. 2. | Fig. 114a. Kopf einer lateralen Grenzzelle. Cist, Stäbchen; CiKn, Knöpfchen; Ci, Cilien,; Zwst, Zwischenstück. Fig. 145. Eupolia delineata (neutrales Karmin). Krg, Kragen der lateralen Zellen. Mediale Zellen (MZ), deren Köpfe eine straffe streifige Plasmastruktur, deren kern- bergende Leiber ein körniges lockeres Plasma besitzen, an sie heften sich die Ner- venfibrillen an. V. w. v. Fig. 416. Cerebratulus pullus (Boraxkarmin). Kanal nebst Epithel, laterale und mediale Zellen, zwischen ersteren ein Paar sehr großer Spindelkerne. V. w. v. Fig. 4116a. Mediale Zelle ebendaher. Fig. 447. Cerebratulus psittacinus (Boraxkarmin). Mediale Zellen —, deren Köpfe mit doppelt kontourirtem Saum, den Knöpfchen (Kn) und Stäbchen (Sib) der Cilien entsprechend. In halber Länge der Cilien ein Saum von starker Tinktionsfähigkeit und bedeutendem Lichtbrechungsvermögen (Pl). Die Cilien zerfallen also in eine untere (Cistr) und obere Hälfte (C%). Auf der Grenze des streifigen oberen Zellab- schnitts und des locker gekörnten unteren tief gefärbte Körperchen (k). Laterale Grenzzellen — die mittleren sind als undeutlich erkennbar fortgelassen — ent- sprechen im Bau den medialen. Der doppeltkontourirte Saum jener ist hier zum Kragen verschmolzen. Die Cilien sind über der tieftingirten Platte zum Schnabel (Sn) verschmolzen, unter derselben als feinste Fädchen an einer ausdrucksvollen Längsstreifung erkennbar (Cistr). V. w. v. Fig. 418. Einzelne laterale Grenzzelle ebendaher; eben so. Fig. 449. Einzelne mediale Zelle. Zo, oberer Zellabschnitt; Zu, unterer. Mediale Zelle Laterale Zelle Ci — Cilien | Schnabel — Sn PI — Platte — Pi Cistr — Ciliare Streifg. — (istr Cikn — Cilienknöpfchen Cist — Cilienstäbchen K— Körperchen — k K — Kern —K N — Nervenfasern — Nf. Kragen — Krg Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 273 Fig. 120. Drepanophorus latus (neutrales Karmin). Seitenorganquerschnitt. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 4124. Wie vorher. Aus der mittleren Region. Fig. 122. Drepanophorus cerinus. Seitenorganquerschnitt. Mittlere Region. MW. V. Tafel VII. Fig. 423. Carinella polymorpha (Boraxkarmin-Hämatoxylin Earticn). Ein Schnitt durch die Haut. Die Hautfadenzellen (Epfz), die Packetdrüsenzellen (Pdr) und Einzeldrüsenzellen (Sdr und Fdr) darstellend. Die Basalmembran, die Ring- und Diagonalmuskelschicht. Ösophagealregion. W. Obj. 8, Oc. A. Fig. 124. Wie vorher, Mitteldarmregion. Fig. 4125. Carinella polymorpha (Boraxkarmin-Hämatoxylin). Schnitt durch die Haut eines geschlechtsreifen Thieres. Ein Geschlechtsporus (GP) ist getroffen. Das Epithel ist fast bis zum Rande mit Drüsensekretmassen (Drz) angefüllt. Die Packet- drüsenzellen (Pdr) sind theilweise völlig untergegangen oder deformirt. W. Obj. 5, Oc. 1. Fig. 126. Eupolia Brockii. Hautschnitt. Piz, Pigmentzellen durchflechten die Cutis, die subepithelialen Muskelschichten und die Epithelzellen. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 127. Drepanophorus serraticollis (neutrales Karmin). Hautschnitt. Zweier- lei Drüsenzellen: Si!dr mit schleimig schaumigem Sekret erfüllt; Stdr mit Schleim- stäbchen von starkem Glanze. Epfz, Epithelfadenzellen. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 1428. Amphiporus Amboinensis (Boraxkarmin-Hämatoxylin, Enkrıch). Längsschnitt der Körperwand, das Epithel ist nicht gezeichnet. Basalmembran, Bsm; Ring-, Rm; Diagonal-, Dm; Längsmuskelschicht, Lm. Letztere ist gestreift. Die Diagonalmuskulatur zeigt in ziemlich gleichen Intervallen die Zweige der Sei- tenstämme (Sstz). W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 129. Cerebratulus marginatus (Pikrokarmin). Hautschnitt, Kopfregion. Die Cutis enthält zweierlei Packetdrüsenzellen, kürzere (Pdro) und längere (Pdr). - —_W. 0bj. 5, 06 2. Fig. 430. Cerebratulus marginatus. Schnitt durch die Körperwand bis zur Ringmuskelschicht. Die Cutis enthält nunmehr nur eine Drüsenzellschicht. Rumpf- region. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 434. Eupolia delineata (Boraxkarmin-Hämatoxylin, EurLica). Hautschnitt. Die Wände (Kw) der Kammern der Cutisdrüsenzellpackete (Pdr) durchsetzen radi- ale Muskelzüge (Rdm). Die Packete sind nach innen durch ein dickes gewelltes Bindegewebspolster abgegrenzt (BgCu). W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 432. EupoliaBrockii (Boraxkarmin-Hämatoxylin, EurLiıch). Querschnitt aus der Mundgegend, die Vertheilung der Kopfdrüsenzellpackete (KdrS) in der äußeren Längsmuskelschicht zeigend. W. Obj. 4, Oc. A. Fig. 433. Carinella annulata. Querschnitt in der Region der Exkretionspori {WGP). Das eine des zweiten Paares der Seitenorgane zeigend (Worg). Fig. 134. Carinella polymorpha (Hämatoxylin, Earrıca). Sagittaler Längsschnitt durch die Kopfspitze. W. Obj. 4, Oc. A. Fig. 435. Cerebratulus marginatus. Isolirte Epithelfadenzelle. Das Plasma der Zelle ist längs gestreift in der Richtung der Cilien. Fig. 135a. Oberes Stück derselben stärker vergrößert. Fig. 4136. Drepanophorus serraticollis (neutrales Karmin). Schnitt durch die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 18 274 Otto Bürger, Basalmembran, sie in der Fläche treffend. Die homogene gallertige Grundsubstanz durchflicht ein faseriges, Kerne führendes Netzwerk. W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 437. Carinella annulata. Querschnitt durch die Längsmuskulatur. Die Bündel der Muskelzellen sind in eine gallertige Grundsubstanz, welche elliptisch- spindelige Kerne einschließt, eingebettet. Eine Muskelzelle, Msz. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 137a. Einzelner Muskelzellquerschnitt ebendaher. Fig. 138. Cerebratulus marginatus. Längsschnitt durch ein Kopfgrübchen. W.Obj. 8, Oc. 2. Fig. 139. Wie vorher. Nur im gleichen Maße mit der folgenden Figur ver- größert, wo in Fig. 440 die terminale Kopfgrube von Eupolia delineata längsgeschnitten dar- gestellt ist (wässeriges Hämatoxylin). Z. Oc. 2, A. i Fig. 4140a. Eupolia delineata (EnrLıcH, Härnatoxylin). Stück des Kopfgruben- epithels mit den Mündungen der Ausführgänge der Kopfdrüsenzellen. Fig. 444. Drepanophorus cerinus (Boraxkarmin-Hämatoxylin, EarLıch). Sagit- taler Längsschnitt durch die Kopfspitze, die Kopfdrüse zeigend. W. Obj. 2a, Oc. 1. Fig. 442. Prosadenoporus janthinus (Boraxkarmin -Hämatoxylin, EHRLICH). Längsschnitt durch den ausführenden Abschnitt der Kopfdrüse. W. Obj. 2a, Oc. 1. Fig. 443. Drepanophorus serraticollis. Epithel der Haut aus der Mitteldarm- region. Epithelfadenzellen, Epfz; Stäbchendrüsenzellen, Stdr; Schleimdrüsenzellen, Sidr. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 444. Cerebratulus marginatus. Die Kommunikation eines Hohlraumes mit dem Rhynchocoelom; Big, Blutgefäß. W. Obj. 5, Oc. 2. Tafel VIII. Fig. 145. Prosadenoporus arenarius. Längsschnitt durch den Rüssel. Kombi- nirtes Bild. Fig. 146. Prosadenoporus badio-vagatus. Skizze des Stilettapparates eines mit Chloralhydrat aufgehellten Rüssels. Auffallend sind die neben dem Hauptstilett über Kreuz liegenden accessorischen Stilette. Fig. 147. Drepanophorus latus. Rüssel mit Stilettapparat; Quetschpräparat (Chloralhydrataufhellung). W. Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 448. Wie vorher. Stilettapparat. Dr Z, Drüsenzellen desselben. W. 0bj.8,0c.4. Fig. 4149. Drepanophorus latus. Der Schnitt hat ein Stilett (Stil) fast längs, Ppl, die Papille, welcher es aufsitzt, und die Drüsenzellen (Drz), die zu ihr hin- führen, getroffen. W. Obj. 5, Oc. 4. Fig. 150. Drepanophorus latus. Rhynchocoelomquerschnitt aus der Ösopha- gealregion. Ein äußerer Parenchymzellmantel (Pz) umgiebt die aus Ring- und Längsmuskelfasern geflochtene Wandung, welche, einem Gallertgewebe (Bsm) auf- sitzend eine endothelartige Zellschicht auskleidet (Zsch). Das Rückengefäß wird umgeben von einem vielschichtigen Zellmantel (K). W. Obj. 5, Oc. 1. Fig. 454. Cerebratulus marginatus (Hämatoxylin, EnrtLicH). Rhynchocoelom- querschnitt. Parenchymzellmantel (Pz), Ring (ReRm), Längsmuskulatur (RcLm) ; Bsm, gallertige Stützsubstanz; Zsch, endothelartige Zellschicht; dorsal Falten der letzteren ; Rhynchocoelomseitengefäß (RcSG), Rhynchocoelomgefäß (RcG) mit jenem kommunicirend; Rückengefäß (RG). Über ersteren der Streif der Becherzellen (Bz) und die modificirte Muskulatur, über welcher diese sich erheben. W.Obj. 5, Oc. 4. Fig. 152. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Längsschnitt, welcher die Rhynchocoelomwand, das Parenchym und theilweise die innere Längsmuskulatur Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 275 darstellt. Ein Rhynchocoelomseitengefäß (RcSG) steht mit dem reich in der Rhyn- chocoelomringmuskulatur verzweigten Rhynchocoelomgefäß (RcG) in Verbindung. Fig. 153. Cerebratulus albo-vittatus. Ein Schnitt durch das innere Rüsselepi- thel. W, Obj. 5, Oc. 2. Rhabditenzellen, Rhabditenbündel (Rha). Fig. 154. Ein Rhabditenbündel ebendaher. W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 155. Drepanophorus cerinus (Boraxkarmin, Hämatoxylin, EnrLica). Eine Rüsselpapille; sämmtliche Zellen sind zu Drüsenzellen umgewandelt. Die Zellen der Papille gehen in ein Plattenepithel über. N, nervöses Gewebe. W.Obj.5, 0c. 2. Fig. 156. Cerebratulus tigrinus (Hämatoxylin, EnrLica). Schnitt durch Mund und Schlund. Der Speicheldrüsenring (Spdr) bildet auf dem Querschnitt zwei ovale tief gefärbte Säcke. W. Obj. 0, Oc. 2. Fig. 157. Cerebratulus marginatus (Boraxkarmin). Schnitt durch Mund und Schlundwand. Spdrz, Speicheldrüsenzellen; Sidrz, Schlunddrüsenzellen. Fig. 158. Cerebratulus marginatus. Darmepithel aus der hintersten Ösophageal- region. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 459. Cerebratulus marginatus. Epithel aus dem Mitteldarm (Hämatoxylin). Tp, Tunica propria. W. Obj. 5, Oc. 2. Fig. 4160. Cerebratulus glaucus. Mitteldarmepithel mit gelblichgrünen Konkre- menten erfüllt. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 161. Carinella polymorpha (Boraxkarmin, Hämatoxylin, EurLicn). Epithel aus der hinteren Region des Ösophagus. DFldrz, Schleimdrüsenzellen (mit Kar- min gefärbt) ; DKrdrz, Körnerdrüsenzellen (mit Hämatoxylin gefärbt) ; BgK, Kerne eines feinfaserigen Gewebes. Fig. 462. Drepanophorus latus. Epithel aus dem Magendarm. Msl, der Darm- wand anliegende Muskulatur. W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 163. Drepanophorus rubrostriatus (Boraxkarmin). Querschnitt durch den Blinddarm und das verjüngte Ende des Magendarmes. DKK, Drüsenzellen mit glän- zenden, stark tinktionsfähigen und lichtbrechenden Schleimkörperchen. Z.D, Oc.2. Fig. 164. Drepanophorus serraticollis. Mitteldarmepithel. KgZ, Zellen mit Kör- nern oder Bläschen ; Depfz, vacuolisirte Zellen (indifferente). W. Obj. 5, Oc. A. Fig. 165. Zellen ebendaher. Cr, Konkremente; Ve, Vacuolen; Bis, Bläschen ; feinkörniges Plasma zwischen diesen (ZP!). W. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 166. Drepanophorus latus. Mitteldarmepithel; sämmtliche Zellen enthal- ten Bläschen. W. Obj. 5, Oc. 2 Fig. 467. Einzelne Zellen ebendaher. W, Obj. 8, Oc. 2 Fig. 168. Epithel einer Darmtasche ebendaher. Fig. 469. Drepanophorus serraticollis (neutralesKarmin). Mitteldarmepithel mit Bläschen (Bls) angefüllt. Ve, Vacuolen; Cr, Konkremente, W. Obj. 8, Oc. A. Fig. 470. Einzelne Bläschen ebendaher. Centrales Körperchen. Tafel IX. Fig. 474. Prosadenoporus badio-vagatus. Sagittaler Längsschnitt durch den Kopf. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 472. Cerebratulus marginatus. Querschnitt aus der Region des Exkretions- gefäßes. W. Obj. 4, Oc. A. Fig. 473. Drepanophorus latus. Querschnitt aus der Region des Exkretionsge- fäßes. V. w. v. Fig. 474. Cerebratulus marginatus. Querschnitt aus der MibleldnEm nalen Es ist eine Genitaltasche getroffen. V. w, v 18* 276 Otto Bürger, Fig. 475. Cerebratulus marginatus. Hälfte eines frontalen Längsschnittes aus der Mitteldarmregion. W. Obj. 2a, Oc. A. Fig. 476. Drepanophorus serraticollis. Wie vorher. Fig. 477. Carinella annulata. Querschnittshälfte. Ösophagealregion (vor der- jenigen der Exkretionsgefäße). W. Obj. 4, Oc. 2. Fig. 4178. Cerebratulus luteus. Querschnitt aus derMitteldarmregion. DR, Darm- rinne; BR, Bauchrinne; Relma, äußere Längsmuskulatur des Rhynchocoeloms. W. Obj. 0, Oc. 2. Fig. 479. Cerebratulus marginatus. Querschnitt durch ein Seitengefäß. PZ, Parenchymzellmantel; BIGRm, gefäßeigene Muskulatur; End, Endothelzellkerne einer gallertigen Grundsubstanz aufgelagert. W. Obj. 8, Oc. A. Fig. 180. Ein Längsschnitt durch ein Seitengefäß, ebendaher. V. w.v. Fig. 484. Carinella annulata. Querschnitt durch ein Seitengefäß und einen End- kanal des Exkretionsgefäßlängsstammes, welcher hier die laterale Wand des Blut- gefäßes ausmacht. Exkretionsgefäßepithel WGEp; Blutgefäßendothel End. Fig. 182. Cerebratulus rubens. Querschnitt durch den Darm. DR, Darmrinne. W. Obj. 0, Oc. 2. 1 Fig. 483. Cerebratulus coloratus. Querschnitt durch die äußerste Kopfspitze, die drei Kopfgrübchen schneidend. W. Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 484. Eupolia ascophora, die Augenstellung. Tafel &. Fig. 185. Carinella polymorpha. Querschnitt eines geschlechtsreifen Thieres. Das modificirte Epithel in der Gegend der Geschlechtsöffnungen erscheint durch die in ihm liegenden massenhaften Drüsenzellen gegen das normale dunkel. W. Obj. 0, Oc. 2. Fig. 186. Prosadenoporus janthinus. Querschnitt eines geschlechtsreifen Thie- res. W. Obj. 0, Oc. 4. Fig. 487. Carinella polymorpha. Querschnitt (Hämatoxylin). Anlage der Ge- schlechtsprodukte (Eier). W. Obj. 5, Oc. 1. Fig. 188. Wie vorher. Späteres Stadium. Das Zellhäufchen, in dem sich Eier und Epithelzellen differenziren, wird schon von einer Membran umschlossen, an welche sich letztere anlegen. Rm, Ringmuskelschicht. W. Obj. 2a, Oc. 4. Fig. 489. Cerebratulus marginatus. Ein reifes Ei, von einem Follikelgewebe umschlossen, liegt außerhalb des Geschlechtssackes. Keimzellen im Geschlechts- sack. W. Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 190. Drepanophorus serraticollis. W. Obj. 5, Oc. 4. Keimzellen in ver- schiedenen Entwicklungsstadien in der Wand eines Geschlechtssackes. a,b, c, = Eikern und Dotterkern in a und b. Fig. 4194—1497. Dessgleichen Keimzellen (Eier) in verschiedenen Entwicklungs- stadien. Eik, Eikern; DK, Dotterkern; DBl, Dotterballen; Deutipl, gekörntes Deutoplasma; KBl, Kern = Keimbläschen; KFl, Kernkörperchen = Keimfleck. W. Obj. 8, Oc. 4. — Fig. 4197 Drepanophorus cerinus. Fig. 498. Drepanophorus serraticollis. Blutkörper. W. Obj. 8, Oc. 4. Fig. 199. Drepanophorus serraticollis. Naviculaähnliche Körperchen aus den Rhynchocoelomsäcken. Fig. 200. Carinellapolymorpha. Freie Körper aus dem Rhynchocoelom. v. W.Vv Fig. 2041. Cerebratulus marginatus. Becherzellen aus dem Rhynchonnaia V.w.Vv. . ee Unters. über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beitr. zur Systematik. 277 Fig. 202. Carinella polymorpha. Rhynchocoelomgefäß, Querschnitt. Es lösen sich von seiner Wandung freie Körperchen ab. W. Obj. 8, Oc. 4. Fig. 203. Cerebratulus luteus. Epithel des hinteren Zipfels der Kopfspalte. W. Obj. 8, Oc. A. Fig. 204. Cerebratulus marginatus. Epithel der Kopfspalte. V. w. v. Fig, 205. Carinellaannulata (neutralesKarmin). Hälfte eines Querschnittesdurch das Seitenorgan aus der Nephridialregion. Das Organ befindet sich in ausgestreck- tem Zustande. Drüsenzellen sind nicht distinkt gefärbt. W. Obj. 8, Oc. 1. Fig. 206. Carinella polymorpha (Boraxkarmin, Hämatoxylin). Das vorige Organ befindet sich im eingezogenen Zustande, seine Drüsenzellen treten deutlich durch ihre Tinktion hervor. W, Obj. 2a, Oc. 2. Fig. 207. Cerebratulus marginatus (neutrales Karmin). Theil eines Querschnitt- bildes. Es zeigt ein Stück Parenchym und noch einige Stränge der Rhynchocoelom- ringmuskulatur (RcRm) mit den »geschwänzten« Kernen. W. Obj. 8, Oc. A. Fig. 208. Carinella polymorpha., Ein reifes Ei. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. Von Dr. A. Ortmann, Straßburg i. E. Mit Tafel XI. Zu den folgenden Untersuchungen wurde ich veranlasst, als ich mir vornahm, die Homologien der sogenannten »gemeinsamen Wand«, die sich bei vielen koloniebildenden Steinkorallen findet, festzustellen !. Da das Zustandekommen dieses Gebildes eng mit den ersten Wachs- thumserscheinungen und mit der Koloniebildung zusammenhängt, und diese wiederum ihren Ausdruck im fertigen Skelett finden, so wurde ich dahin geführt, das Gesammtskelett der Kolonie in Beziehung zu setzen zu der einfachen Jugendform: nur eine derartige Betrachtung kann von Erfolg begleitet sein. Da nun einfache Jugendformen von Korallen- kolonien sehr selten zur Untersuchung kommen, so ist man darauf an- gewiesen, durch Untersuchung der in Bildung begriffenen jungen Theile der Kolonien die gewünschten Aufschlüsse zu erhalten, und in den meisten Fällen genügt dieses vollkommen. Selbstverständlich müssen eventuell aufzufindende wirkliche Jugendformen zur Kontrolle dienen. Bis in die neueste Zeit herrschte über die Auffassung des Kalkske- lettes der Steinkorallen noch große Unklarheit, da über die Beziehungen desselben zu den Weichtheilen so gut wie nichts bekannt war. Seitdem aber jetzt, besonders durch G. v. Kocn? über diesen Punkt, wenn auch noch nicht bis in alle Einzelheiten und für alle Korallenformen, wün- schenswerthe Klarheit geschaffen ist, ist es möglich, das Zustandekom- men der Korallenkolonien mit Berücksichtigung der Weichtheile sich vorzustellen. Im Folgenden werde ich mich auf die von G. v. Koch i Das Material wurde mir von der Steinkorallen-Sammlung des Straßburger Museums geliefert. 2 Vgl. hauptsächlich: G. v. Koch, Über das Verhältnis von Skelett und Weich- theilen bei den Madreporen. Morphol. Jahrb. X1I. 4887. p. 154—161. Taf. IX. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 279 gewonnenen Resultate vielfach beziehen '!, und es ist wohl nicht über- flüssig, dieselben hier kurz anzugeben. Die Bildung des Kalkskelettes geschieht nach G. v. Koca ausschließ- lich von ektodermalen Elementen, und zwar werden folgende vier Haupt- theile gebildet: 1) Basalplatte; 2) Außenplatte, Epithek ; 3) Innenplatte, Mauer, Theca; #) Radialplatten, Septen. Die beiden ersteren umgeben das Thier von unten und außen und liegen dem Ektoderm, von dem sie ausgeschieden werden, auf. Sie können sich nur nach einer Seite (nach innen) verdicken. Die Innenplatte und die Radialplatten nehmen ihre Entstehung in Falten, die sich von der Basalplatte erheben. Sie zeigen beide ähnliche Struktur, nämlich Verdickungsschichten nach beiden Seiten von den zuerst angelegten Theilen. Von diesen vier Theilen sind nicht immer alle gleichmäßig ent- wickelt. Am häufigsten fehlt die Innenplatte (Mauer): bisweilen ist sie durch andere Bildungen ersetzt. I. Ursprünglichste Form des Skelettes einer Einzelkoralle. Die einfachste Form einer Steinkoralle kann man sich in folgender Weise vorstellen. | Eine zunächst skelettlose Korallenperson, mit Darmhöhle, Schlund und Mesenterialfalten, setzt sich fest. Es erfolgt von den mit dem Sub- strat in Berührung stehenden Theilen eine cuticeulare Kalkabscheidung, durch die das Fußblatt?, die Basalplatte v. Kocn’s, gebildet wird.. Weiter- hin bilden’sich von der Basis der Koralle her zwischen den Mesenterial- falten hinein radial angeordnete Einfaltungen, deren ektodermale Ele- mente (Chalicoblasten) die kalkigen Septen abscheiden. Das Skelett besteht somit aus der dem Substrat aufliegenden Basalplatte, und den von dieser sich erhebenden Septen (Radialplatten v. Kocn’s). Mirist augenblicklich keine recente Koralle bekannt, die diese Urform des Skelettes zeigt, doch ist dieselbe häufig bei noch jugendlichen Knos- pen von Korallenkolonien zu treffen. (Man vergleiche hierzu besonders den Befund, wie er unter Cylicia verreauxi geschildert werden wird.) Bei den recenten Formen treten, wie es scheint stets, gewisse Kom- plikationen hinzu, die diese Urform verändern. 1 Dass man in der Verallgemeinerung der v. Koc#’schen Principien das Richtige trifft, folgt indirekt schon daraus, dass bei Anwendung derselben durchweg der Bau der Skelette eine überraschende Klarheit erhält. ? In meiner Arbeit, Zool. Jahrb., IV, 1889, p. 555, Anm. leugnete ich das Vor- handensein eines Fußblattes: diese Bemerkung bezieht sich nur auf erwachsene Kolonien, wo in der That ein Fußblatt selten zu beobachten ist. Dass dasselbe in der Jugend wahrscheinlich stets vorhanden ist, geht aus den Untersuchungen v. Koc#'s hervor. Im Alter treten jedoch die weiter unten zu besprechenden Kom- plikationen hinzu, die das Fußblatt oft völlig überwuchern. 280 A. Ortmann, II. Weiterbildungen des Skelettes, die noch nicht mit der Koloniebildung zusammenhängen. A. Die Septen werden durch die Epithek verbunden. In dem Falle, dass die von der Basalplatte sich erhebenden Septen eine bedeutendere Höhe erreichen, tritt die Nothwendigkeit ein, den- selben einen festeren Halt zu geben. Im einfachsten Falle geschieht Letzteres so, dass die scheibenförmige Basalplatte sich am Rande ring- wallförmig erhebt und frei wird, und die Septen an ihren peripheren Enden verbindet. Mit anderen Worten: die euticulare Kalkabscheidung des Fußes setzt sich auf die freie Außenwand des Thieres fort und bil- det so einen mehr oder minder regelmäßig gestalteten Kalkbecher, von dessen Basis und Wänden aus sich die Septen nach oben und innen erstrecken. Der freie Theil der Basalplatte bildet die Epithek der Autoren, die Außenplatte v. Koan's. Cylieia verreauxi Milne-Edwards et Haime. M. MıLne-EpwArops et J. Haıne, Histoire Naturelle des Coralliaires. II. 1857. p. 6081. Die mir vorliegenden Exemplare (Mus. Straßburg) stammen von den Fidji-Inseln!. Bildet kleine Kolonien, die aus ziemlich entfernt von einander stehenden Personen zusammengesetzt sind. Die letzteren sind durch zungenförmige, dünne, dem Substrat angeschmiegte Kalkblättchen (Sto- lonen) verbunden. Auf die Koloniebildung haben wir hier noch keine Rücksicht zu nehmen: die Betrachtung der Einzelkelche lehrt uns jedoch die Über- einstimmung mit dem oben gegebenen Typus. Jede Person ist von einer Wand? umgeben, die sich ringförmig von der Basalplatte erhebt und nach oben den Kelchrand bildet. Von dieser Wand aus erstrecken sich die Septen frei nach innen. Dass diese Wand als Epithek (Außenplatte) aufzufassen ist, lehrt Folgendes. Zunächst zeigt dieselbe auf Querschliffen (vgl. Cylicia tenella, Fig. 2) keine Verkalkungscentren, die in ihrem Inneren liegen. Woin 1 Ich eitire einige Daten der systematischen Litteratur, sowie den Fundort bei den mir zur Untersuchung dienenden Stücken, um über die Identität der letzteren keinen Zweifel aufkommen zu lassen. 2 Mit »Wand« oder »Umwandung« bezeichne ich jedes Gebilde, das eine mehr oder weniger scharfe periphere Grenze einer Korallperson markirt. Beide Aus- drücke begreifen morphologisch oft ganz heterogene Gebilde. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 281 ihr eine Struktur zu erkennen ist, sieht man Kalkfasern, die von außen nach innen laufen, die aber durchaus nicht die für eine echte Mauer (Innenplatte) oder für Synaptikelgebilde charakteristische Anordnung zeigen, nämlich von einem Verkalkungscentrum nach beiden Seiten (oder radial) ausstrahlende Fasern. Der Verlauf der Fasern deutet vielmehr an, dass die Wand von außen nach innen sich verdickte, dass die ältesten Theile nach außen liegen, und dieselbe also eine Ausschei- _ dung der äußeren Körperwand darstellt. In den Septen dagegen findet man Verkalkungscentren, von denen radial Kalkfasern ausstrahlen, und die den trabekulären Aufbau derselben anzeigen. Eine seitliche Ver- schmelzung der Septen findet jedoch nicht statt. Ein weiterer Beweis dafür, dass außerhalb der Wand keine Weich- theile sich befanden, und diese demnach als Epithek aufzufassen ist, liefert die Bildung der Stolonen (Fig. 1). Diese entspringen nämlich nicht irgendwo an der Basis oder an der Außenseite, sondern wachsen aus dem Inneren des Kelches hervor, über den Rand hinweg und an der Außenwand hinab, um dann auf das Substrat sich fortzusetzen. Wenn sich Weichtheile außerhalb der Wand befunden hätten, wäre dieser Vorgang völlig unverständlich. Unter der Annahme jedoch, dass nur im Inneren der Kelche Weichtheile sich befanden, ist es nur so möglich, dass sich die Stolonen bilden: es wuchsen über den Kelchrand hohle Fortsätze (die Theile der Gastralhöhle enthielten) herab, die an ihrer unteren Seite, wo sie zunächst der Kelehwand, dann dem Substrat anlagen, ein Kalkblatt abschieden, das gemäß der langgestreckten Form der Stolonen ebenfalls eine lang zungenförmige Gestalt bekam, im Übri- gen jedoch absolut identisch ist mit den von den basalen, der Unterlage aufliegenden Theilen der Koralle abgeschiedenen Kalktheilen, nämlich der Basalplatte. Bei der Knospenbildung verhält sich diese letztere auch völlig als solche: sie dient als Unterlage für die sich von ihr erhebenden Septen. Die jüngsten Knospen lassen weiter nichts erkennen, als eine Anzahl radial gestellter, nur wenig sich von der Basalplatte erhebender Septen. Bald scheinen sich aber die Weichtheile von den knospenlosen Theilen der Stolonen zurückzuziehen, letztere verdicken sich nämlich nicht und verschwinden vielfach (wohl durch Corrosion durch das Meerwasser) ganz zwischen den älteren Personen: die Weichtheile koncentriren sich, so zu sagen, auf die Knospen. Alsdann beginnt gleichzeitig mit dem Höherwerden der Septen die Abscheidung der Epithek auf der äußeren Körperwand, die die Umwandung des Kelches bildet. Die Einzelpersonen von Cylicia verreauxi, die mit einander nicht mehr in Verbindung stehen, würden dem oben unter A. angeführten 282 A. Ortmann, Verhalten entsprechen. Die Koloniebildung spielt hier eine ganz un- wichtige Rolle, so dass man sie füglich vernachlässigen kann. Cylicia tenella Dana. M. MıLne-Epwarps et J. HAımE, ibid. p. 608. Meine Exemplare stammen von Port Natal. Zeigt die Charaktere der Epithek auf Querschliffen fast noch schöner wie Cylicia verreauxi (Taf. XI, Fig. 2). Die Stolonenbildung ist jedoch nicht so gut zu beobachten, da die Personen dichter gedrängt stehen und mehr einer flächenartigen Ausbreitung zu entspringen scheinen. Über die bilaterale Anordnung der Septen vgl. meine Notiz: Zool. Anzeiger 1889, Nr. 323. Gattung: Flabellum. G. v. Koc# (Morphol. Jahrb. XII, Taf. IX, Fig. 4) bildet einen Schliff von Flabellum michelini aus dem Tertiär von Modena ab, wo die Wand nur nach innen Verdiekungsschichten zeigt. Dagegen finde ich bei einem Schliff von Flabellum distinctum MıLne- Epwarns et Hams, 1. c. II, 1857, p. 80 (von Japan)! Verkalkungscentren innerhalb der Wandung und von diesen auch nach außen gerich- tete Kalkfasern, ein Verhalten, welches auf das Vorhandensein von Weichtheilen außerhalb der Wand hindeuten würde. Leider besitze ich kein weiteres Material der Gattung Flabellum, das ich zur Anfertigung von Schliffen benutzen könnte, so dass die Frage, ob die Wandung von Flabellum als Epitbek (Außenplatte) oder als Theca (Innenplatte) aufzu- fassen ist, einstweilen noch offen gelassen werden muss. Jedoch bin ich geneigt, zu glauben, dass bei dem Präparat von G. von Koch die äußere Wandschicht entweder schon durch die Fossilisation oder beim Schleifen verloren ging. B. Die Septen werden durch eine echte Mauer verbunden. In den Fällen, wo die Ausbildung einer Epithek mit dem Höhen- (bez. dem horizontalen) Wachsthum der Septen nicht Schritt hält, oder wo die Koralle frei wird und eine Epithekbildung ganz unterbleibt, oder auch wo die Epithek zu schwach ist, um die stark entwickelten Septen fest zu verbinden, tritt die Nothwendigkeit ein, die Septen auf andere Weise gegenseitig zu fixiren. Es geschieht dies in verschiede- ner Weise?. 1 Vgl. die Abbildung: OrTMANN, Beobachtungen an Steinkorallen von der Süd- küste Ceylons. — Zool. Jahrb. Abth. f. Syst. IV. 1889. Taf. XVII, Fig. 9. 2 Vgl. ebenda. p. 543. v2 N r a EN ER, Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 283 In manchen Fällen erhebt sich von der Basis der Koralle her eine Ringfalte, die in ähnlicher Weise wie die Radialfalten der Septen, in ihrem Inneren eine ringförmige (meist von den sie durchsetzenden Sep- ten unterbrochene) Kalkplatte abscheidet, welche die Septen verbin- det. Es ist dieses die Innenplatte v. Kocw’'s, die Mauer oder Theca der Autoren. Es liegt in dem Wesen einer derartigen Faltenbildung, dass sich außerhalb derselben und somit auch außerhalb der von ihr abgeschiedenen Mauer Theile der Gastralhöhle befinden !. Deltocyathus italicus (Micht.) var. von Japan. Vgl. OrTMAnN, Stud. System. und geogr. Verbreitung der Steinkorallen. Zool. Jahrb. III. 1888. p. 467. ; Die erwachsene Koralle ist frei, in Folge dessen findet man keine Basalplatte. Eben so fehlt die Epithek. Die Gestalt ist mehr oder weniger scheibenförmig und die Septen werden nahe ihrer äußeren Peripherie durch eine echte Mauer verbunden, die sich einer horizon- talen Erstreckung mehr oder minder nähert. Paracyathus striatus (Phil.) aus dem Mittelmeer. M. Mıtne-EpwaArps et J. Haıne, 1. c. II. 4857. p. 55. Die Person ist hier becher- oder trichterförmig und festgewachsen. Eine Epithek fehlt, dafür sind die Septen durch eine echte Mauer ver- bunden, deren Verkalkungscentren durch ihren senkrecht zu denen der Septen gerichteten Verlauf die Entstehung in einer Ringfalte kenn- zeichnen (Taf. XI, Fig. 3). Hierher würde nach meinen Untersuchungen auch die Gattung Flabellum gehören, vgl. oben. C. Die Septen verschmelzen seitlich in verschiedener Ausdehnung. Die genannten Formen sind die einzigen Einzelkorallen, bei denen ich bisher eine echte Mauer beobachten konnte. Bei allen anderen bildet sich keine Ringfalte. Alsdann treten die Septen auf andere Weise in Verbindung und zwar durch seitliche Verschmelzung. Es erheben sich zunächst von den Septalflächen Körner oder Leisten, die mit ein- ander im Interseptalraum zusammenstoßen; man bezeichnet diese Ge- bilde als Synaptikeln. Vielfach stehen die letzteren auf der Septalfläche zerstreut, ein Verhalten, das ich bisher nur bei fossilen Formen kennen lernte (so weit es Einzelkorallen betrifft). Man vergleiche hierzu die Gattungen ! In meiner oben citirten Arbeit habe ich für die echte Mauer eine Bildung im Mesoderm der Körperwand angenommen. Zu dieser irrthümlichen Ansicht wurde ich durch die Auffassung v. Hrıner's (diese Zeitschr. XLIV. 1886. p. 534 f.) geführt. 284 A. Ortmann, Omphalophyllia und Anabacia (Orrmann, Neues Jahrb. f. Mineral. etc. 1887, II, p. 190—193). Doch giebt es jedenfalls derartige Formen auch unter den lebenden einfachen Fungiden, von denen mir aber bisher kein Material zur Verfügung stand. (Die Arten der Gattung Fungia fasse ich als Stöcke auf. Vgl. Zool. Jahrb. IV, 1889, p. 557, ff.) Bei anderen Formen beschränken sich diese Synaptikelgebilde auf eine vom Centrum etwas entfernte Zone und bilden dort eine poröse Umwandung der Person. Heteropsammia cochlea (Spgl.) von Reunion. M. MıLne-EpwArns et J. HAme, 1. c. III. 1860. p. 106. Die Koralle sitzt auf Schneckengehäusen auf, die sie ganz um- wächst. In Folge dessen wird die Basalplatte ebenfalls völlig über- wachsen und zwar in der Weise, dass das die Septen in ihrer Peri- pherie verbindende Netzwerk sich nach außen und unten ausdehnt und schließlich das ganze Gehäuse der Schnecke umgiebt. Eine Epithekbildung unterbleibt. Balanophyllia italica (Mchl.) von Lesina. M. MıLne-Epwarops et J. Hame, 1. c. II. 1860. p. 104. Die Septen verbinden sich wie bei Heteropsammia in ihrer Peri- pherie durch ein von zahlreichen Synaptikeln gebildetes Netzwerk. Die Koralle ist festsitzend und erreicht eine bedeutende Höhe. Die außerhalb der Umwandung sich befindenden Weichtheile ziehen sich an der Basis etwas nach oben zurück und scheiden hier nach unten eine gerunzelte, etwas unregelmäßige Epithek ab. Stephanophyllia (Discopsammia) superstes Ortm. von Japan. Zool. Jahrb. III. 1888. p. 460. Taf. VI, Fig. 5. Die Koralle ist nicht festgewachsen. Die seitliche Verschmelzung der Septen durch Synaptikel findet in einer sehr schmalen Zone und in einer sehr regelmäßigen Weise statt, so dass eine dünne, von regel- mäßigen Poren durchbohrte Wand entsteht. Eine Epithek wird nicht gebildet. Die seitliche Verschmelzung der Septen kann ferner in der ganzen Höhe der Septen eintreten und zwar in einer meist in der Nähe der peripheren Enden gelegenen Zone. Es entsteht so eine kompakte Um- wandung (falsche Mauer), die aber nicht einer Ringfaltenbildung ihren Ursprung verdankt. Die Stelle, wo die erste seitliche Verschmelzung der Septen sich bildet, hängt von der Dicke und der Bildung der Sep- ten ab. Letztere bauen sich nämlich meist (ob stets?) aus den bekann- Br, Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 285 ten, von Pratz ! beschriebenen Septaltrabekeln auf, die von einer ge- wissen Zone sowohl nach oben und innen als auch nach oben und außen, also fächerförmig verlaufen: in jener Zone liegen die ältesten Theile der Septen und hier müssen dieselben ihre größte Dicke haben und zuerst seitlich verschmelzen. Es folgt daraus, dass außerhalb der falschen Mauer Theile der Gastralhöhle liegen müssen, in die sich die äußeren Fortsetzungen der Septen (Rippen) erstrecken. Caryophyllia eyathus (Ell. Sol.) aus dem Mittelmeer. M. Mırne-EpwAros et J. Haıme, 1. c. II. 4857. p. 43. Die Septen verschmelzen nahe der äußeren Peripherie in sehr ausgedehnter Weise ınit einander, wie es G. v. Koca (Morph. Jahrb. V, 1879, Taf. XX, Fig. 4, 5 und VII, 1883, Taf. III, Fig. 7 und 8) abbil- det. Die Verschmelzung geht so weit, dass im Alter die Kelchhöhle von unten her sich durch die Verdickungsmassen der Septen (nebst Pali und Columella) völlig ausfüllt. Die Koralle bleibt festsitzend und es kommt bei ihr zu einer Epithekbildung in der Weise, dass die außer- halb des Kelches befindlichen Weichtheile, entsprechend der Verlänge- rung des Kelches und der gleichzeitigen Ausfüllung von unten her, sich nach oben zurückziehen und an ihrer unteren Grenze in ähnlicher Weise wie früher die Basalplatte Kalkschichten abscheiden, die der falschen Mauer dicht aufliegen und eine parallel dem Kelchrand ge- runzelte, den abgestorbenen Theilen der Kelche aufliegende, unregel- mäßige Epithek bilden. Diese Epithek stellt nicht den Typus derartiger Bildung dar, da eine Ausscheidung an der äußeren Körperwand nicht stattzufinden scheint, sondern nur an deren unterer Grenze: sie ist vielmehr ein Mittelding zwischen Basalplatte und Epithek (Außenplatte). Die genetische Verwandtschaft beider Gebilde lässt jedoch das hier vorliegende Verhalten nicht auffällig erscheinen. Desmophyllum dianthus (Esp.) von Japan. M. MıLne-Epwaros et J. Haıne, 1. c. Il. 4857. p. 77. Diese Koralle schließt sich eng an Caryophyllia an. In meiner schon mehrfach eitirten Arbeit (Zool. Jahrb. IV, 1889, Taf. XVII, Fig. 8) habe ich dieselbe zu den Euthecalia gestellt, da ich eine echte Mauer zu sehen glaubte. Nach erneuter Prüfung des betreffenden Schliffes komme ich jedoch zu dem Schlusse, dass das als echte Mauer (t) ge- deutete Gebilde die Epithek ist. Der von mir als Verkalkungscentrum derselben aufgefasste dunklere Streifen ist nicht als solcher anzuspre- 1 Pratz, Über die verwandtschaftlichen Beziehungen einiger Korallengattungen mit hauptsächlicher Berücksichtigung ihrer Septalstruktur. Palaeontographica. XXIX. 1883—1883, 286 A. Ortmann, chen, sondern als die Ausfüllung des zwischen der falschen, durch seit- liche Verschmelzung der Septen gebildeten Mauer und der Epithek vorhanden gewesenen Zwischenraumes durch regellose, von Sprüngen durchsetzte und mit Resten organischer Substanz verunreinigte Kalk- masse. ITI. Weiterbildungen des Skelettes, die durch die Koloniebildung bedingt werden. Alle die bisher besprochenen Fälle (mit Ausnahme von Cylicia, bei der jedoch nur die isolirten Personen in Betracht gezogen wurden) be- handelten Einzelkorallen. Die größte Mehrzahl der Steinkorallen zeigt jedoch eine Vermehrung der Personen, deren Veranlassung in einer Größenzunahme der einfachen Jugendform zu suchen ist, in einer Ver- mehrung der Körperoberfläche, mit der eine Vermehrung der Mund- öffnungen Hand in Hand geht. Die durch die einzelnen Mundöffnungen markirten Personen können in mehr oder weniger vollkommener Weise sich trennen, bleiben jedoch meist mit einander in Zusammenhang. Wir haben vornehmlich zwei Formen des Wachsthums zu unter- scheiden. Einmal zeigt die Koralle die Tendenz, vorwiegend in hori- zontaler Richtung, seitlich, sich auszubreiten, wenn nämlich die Wan- dung ursprünglich ebenfalls ungefähr horizontal ausgebreitet war: es entstehen dann flache Blätter, die sich gelegentlich auch unregelmäßig aufkrümmen und rasenartig werden können: man bezeichnet dieses als prolates Wachsthum. Das andere Mal wachsen die einzelnen Personen vorwiegend nach oben, wenn die Wandungen mehr oder weniger cylindrisch sind, und neue Kalktheile diese Cylinder nach oben verlängern: acrogenes Wachsthum !. Beide Formen des Wachs- thums können je für sich allein bei gewissen Korallen vorkommmen, sehr häufig jedoch finden sich Übergänge zwischen beiden, wie denn auch die cylindrische Form der Umwandung und die flache Ausbrei- tung derselben Extreme sind, zwischen denen sich zahlreiche Übergänge denken lassen. Derartige Fälle zeigen dann prolates und acrogenes Wachsthum in der mannigfachsten Weise mit einander vereinigt. 1 Die Ausdrücke: »prolat« und »acrogen« wurden zuerst von DanA und später yon KLUNZINnGER angewendet. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 287 A. Prolates Wachsthum. 1. Stolonenknospung !. Cylicia verreauxi vgl. oben. Es bilden sich in der oben beschriebenen Weise hohle Fortsätze von den Weichtheilen aus dem Inneren des Kelches heraus, die nach unten als Basalplatte aufzufassende Kalktheile abscheiden. Bei der Anlage von Knospen dient diese Basalplatte als Unterlage für die sich von ihr erhebenden, von Radialfalten abgeschiedenen Septen. Andere Fälle dieser Art sind mir bei Steinkorallen nicht bekannt. Die bei den Astrangiaceen vorkommenden Bildungen von »Stolonen« und »basalen Ausbreitungen« (MıLne-Epwarns et Harms, 1. c., II, 1857, p- 606) bedürfen für die einzelnen Formen einer genaueren Unter- suchung und werden sich wahrscheinlich als etwas ganz Anderes her- ausstellen. 2. Coenenchymknospung. Es gehören hierher (unter Anderen) sämmtliche Knospungsvor- gänge, die sich bei den Funginen und Lophoserinen finden. Die Knos- pung geschieht bei diesen in der Weise, dass im Umfang der flach aus- gebreiteten Kolonie, wo die Septen (sog. Septocostalstreifen) gegen den Rand hin verlaufen, sich die Septen an gewissen Stellen radial an- ordnen und zur Entstehung neuer Kelchcentren Veranlassung geben. Phyllastraea elegans (Milne-Edwards et J. Haime). = Mycedium elegans. M. Mırne-EpwaArns et J. Haıme, l.c. III. 4860. p. 75. Pl. D 12, Fig. 2. Die Kolonie besteht aus einem dünnen, ungefähr horizontal aus- gebreiteten oder flach schüsselförmigen Blatte. Die freie Unterfläche derselben, die »gemeinsame Wand« ist kompakt, undurchbohrt, ohne Epithek und fein gerippt. Die Oberseite trägt die Kelchcentren, die zerstreut stehen oder in unregelmäßige, dem Rande parallele Reihen gestellt sind. In der Nähe der Kelchcentren sind die Septen deutlich radial gestellt, in den Zwischenräumen laufen sie parallel in der Rich- tung nach dem Rande der Kolonie. Neue Kelche bilden sich dadurch, dass die gegen den Rand laufenden Septen sich an gewissen Stellen radial anordnen. Auf Querschliffen durch die gemeinsame Wand er- 1 Die hier angewendeten Ausdrücke für die Knospungs- und Theilungsvor- gänge schließen sich zunächst an die von G. v. Koch aufgestellte Terminologie an (vgl. G. v. Koch, Die ungeschlechtliche Vermehrung einiger palaeozoischer Koral- len. Palaeontographica. XXIX. 1883). 288 A. Ortmann, kennt man, dass diese durch seitliches Verschmelzen der Septen ent- steht (Taf. XI, Fig. 4). Außerdem verbinden sich die Septen noch gegenseitig durch Synaptikeln und zwar fast nur in der Nähe der Kelch- centren, wo dieselben sich etwas stärker erheben und dadurch die Kelche etwas warzenförmig erscheinen lassen. Die Synaptikeln ver- schmelzen daselbst theilweise zu falschen, unvollständigen Mauern um die Einzelkelche, theilweise bleiben sie isolirt. Mycedium fragile Dan. von Florida. Vgl. Acassız, Report on the Florida Reefs. Mem. Mus. Comp. Zool. VII. 4880. Pl. XI, Fig. 1—10; Pl. X1IL, XIV. Ähnelt vollkommen im Bau der vorigen. Die Kelche stehen in koncentrischen, unregelmäßigen, durch mehr oder weniger zusammen- hängende Hügelzüge gebildeten Reihen. Diese Hügelzüge zeigen den- selben Bau, wie die unvollkommenen Einzelmauern bei Phyllastraea: sie setzen sich aus etwas stärker erhabenen, seitlich durch Synap- tikeln verschmelzenden Septen zusammen. Die Synaptikeln verschmel- zen schließlich zu mehr oder weniger kompakten Massen. Durch das Häufigerwerden ähnlicher Hügelzüge, die in den mannigfachsten Richtungen verlaufen können, entstehen Formen wie sie uns z. B. in den Gattungen: Lophoseris, Agaricia, Pachyseris und Tichoseris entgegentreten. Tichoseris sericea (Ortm.) von den Fidji-Inseln. Diese Form wurde von mir seiner Zeit (Zool. Jahrb. III, 1888, p. 173, Taf. VI, Fig. 7) als Goniastraea sericea beschrieben. Sie zeigt das Extrem der Entwicklung dieser Hügelzüge: fast jeder einzelne Kelch ist vollkommen umschrieben, die Hügel bestehen jedoch aus Synaptikeln, die stellenweise noch isolirt sind (Taf. XI, Fig. 5). Das Zustandekommen dieser Kolonieform wird uns klar, wenn wir uns überlegen, wie aus der einfachen Jugendform wohl die Kolonie entstehen mag. Nehmen wir eine Jugendform an, deren Umwandung sich unge- fähr horizontal erstreckt, und die (in diesem Specialfalle) aus seitlich verschmolzenen Septen entstanden ist, so können wir uns die vorlie- gende Knospungsform nur in der Weise vorstellen, dass die Umwan- dung sich weiter horizontal ausdehnt und dass die gegen den ausge- breiteten Rand hin laufenden Septen beginnen, sich an gewissen Stellen am Rande radial anzuordnen. Die oben beschriebenen Hügelzüge, be- ziehungsweise die mehr oder minder vollkommenen Einzelumwan- dungen entstehen alsdann durch eine reichliche mit etwas stärkerer Erhöhung der Septen verbundene Entwicklung von Synaptikeln. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 289 Dass die Bildung der Kolonie thatsächlich auch in dieser Weise stattfindet, lehren uns die Abbildungen junger Exemplare von Myce- dium fragile bei Acassız (l. ce. Pl. XI, Fig. 1—8, besonders die Vergleichung von Fig. 7 und 8). Diese Knospung findet demnach innerhalb der Wandung der ein- fachen Jugendform statt, und ist desshalb folgerichtig als Innenknos- pung zu bezeichnen. Nach der Eintheilung G. v. Kocn’s muss man dieselbe zu seiner Coenenchymknospung stellen, wenn sie auch mit den typischen Fällen der letzteren durchaus nicht völlig übereinstimmt, wie sie v. Koch besonders von Heliolites, Heliopora und Plasmopora beschrieben hat. Ob bei den letzteren dieser Vorgang als Außenknos- pung aufzufassen ist, will ich nicht entscheiden. Weiter unten werden wir jedoch Knospungsvorgänge kennen lernen, die ebenfalls unter v. Kocu’s Coenenchymknospung fallen, und die thatsächlich als Außen- knospung zu bezeichnen sind (vgl. unten Rippenknospung). Obige Betrachtung lehrt uns ferner, dass die »gemeinsame Wand« der Lophoserinen als Fortsetzung der Umwandung der ein- fachen Jugendform anzusehen ist, und dass wir in ihr auch den Bau der Umwandung der Jugendform wiederfinden müssen. Bei den Lophoserinen ist die Urform der Wand kompakt, und eben so ist die gemeinsame Wand der Kolonie kompakt. Sie wird gebildet durch seitliches Verschmelzen der Septen und stimmt völlig überein mit dem Bau der falschen Mauer bei Formen wie Caryophyllia und Desmo- phyllum (vgl. oben). Das Vorhandensein von Synaptikeln in der Nähe der Kelchcentren charakterisirt jedoch die Lophoserinen. Bei den Fun- ginen verschmelzen die Synaptikeln der gemeinsamen Wand dagegen nicht völlig mit einander, letztere bleibt desshalb mehr oder minder löcherig. Bei vielen der später zu besprechenden Korallenformen kann man sich ebenfalls leicht überzeugen, dass der gemeinsamen Wand derselbe morphologische Werth beizulegen ist. Ich werde an den betreffenden Orten darauf hinweisen. Wir werden jedoch auch sehen, dass in an- deren Fällen die gemeinsame Wand durch die Epithek gebildet wird. Bei den bisher besprochenen Formen, überhaupt bei den Funginen und Lophoserinen — so weit sie von mir untersucht werden konnten — findet sich keine Epithek. Formen mit alleinigem prolatem Wachsthum, die eine echte Mauer besitzen, sind mir vorläufig nicht bekannt, doch kann man die Gattung Echinopora, wenn man von dem unbedeutenden acrogenen Wachs- thum absieht, hierher stellen (vgl. unten). Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. L. Bd. 49 er 290 A. Ortmann, B. Acrogenes Wachsthum. Das acrogene Wachsthum kommt in der Weise zu Stande, dass bei mehr oder minder eylindrischer Gestaltung der Umwandung die Weich- theile sich aus den Kelchen nach oben herausziehen, indem sie gleich- zeitig neue Kalktheile abscheiden, die die Kelche nach oben verlängern. Hand in Hand damit geht die Bildung eigenthümlicher Kalkplättchen, der Traversen oder Tabulae, die einen Abschluss der Weichtheile nach unten bilden, und durch periodisches oder ruckweises Zurückweichen ‘ der Weichtheile entstehen!. Dieselben sind weiter nichts als Wieder- holungen der Basalplatte, da sie von denselben Theilen wie diese, von dem Ektoderm der Korallenbasis, abgeschieden werden. Traversen können sich bei allen Formen der Umwandung finden. Bisweilen treten sie jedoch bei acrogenem Wachsthum nicht auf: an ihre Stelle tritt eine Ausfüllung der Kelchhöhle von unten her durch kompakte Kalkmassen, welche einer extremen Verdickung von Wand, Septen etc. zuzuschreiben ist. Die Ursache hiervon ist in einem lang- samen, allmählichen, nichtruckweisen Wachsthum nach oben zu suchen. 1. Theilknospung. Gattung: Mussa. Es wurden mehrere Arten untersucht. Das Folgende bezieht sich besonders auf: Mussa corymbosa (Forsk.) aus dem rothen Meer (Kıun- ZINGER, Die Korallthiere des rothen Meeres, II, 1879, p. 6, Pl. I, Fig. 4 und 9) und Mussa danaana MirLne-Epwarps et J. Haıne, 1. c., II, 1857, p. 335 von den Samoa-Inseln. Das acrogene Wachsthum ist sehr stark, in Folge dessen entwickeln sich Traversen äußerst reichlich, und es findet das eigenthümliche Ver- halten statt, dass durch diese starke Entwicklung der Traversen eine gegenseitige direkte Verbindung der Septen verhindert wird. Da weder eine echte Mauer angelegt wird, noch irgend wo auf den Septalflächen sich Anlagen von Synaptikeln finden, so muss man annehmen, dass ur- sprünglich die Septen seitlich zu einer falschen, kompakten Mauer ver- schmolzen, und in der That findet man hier und da Stellen, wo eine solche Verschmelzung zu erkennen ist. Für gewöhnlich entwickeln sich jedoch zwischen den noch freien oberen Septalenden die Traversen so schnell, d. h. die Weichtheile ziehen sich so schnell nach oben heraus, dass eine weitere seitliche Verdickung der Septen nicht mehr statt- 1 Vgl. meine Arbeit: Neues Jahrb. für Mineral. etc. 1887. II. p. 185. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 291 finden kann, und dieselben nur durch die blasigen Traversen verbun- den werden (Fig. 6)!. Die Vermehrung der Personen erfolgt in folgender Weise (vgl. hierzu G. v. Kocn, Palaeontographica, XXIX, Pl. XLIH, Fig. 19). Der Um- fang eines Kelches beginnt sich an zwei gegenüberliegenden Stellen einzubuchten, die Buchten werden tiefer und verschmelzen schließlich mit einander, so dass zwei isolirte junge Kelche entstehen, die voll- ständig direkte Fortsetzungen des Mutterkelches sind. Mit der vollstän- digen Trennung der beiden Kelche tritt (meist etwas später) eine Trennung der Weichtheile ein, so dass schließlich, wenn die Knospen zu längeren Zweigen ausgewachsen sind, nur die einzelnen Spitzen dieser Zweige Weichtheile tragen, die mit einander in keiner Verbin- dung mehr stehen. Eine Kolonie von Mussa besteht also aus einzelnen Personen oder (an den Stellen, wo eben eine Theilung vor sich geht) Gruppen von wenigen Personen, die völlig isolirt sind und auf den Spitzen eines etwa dichotom verzweigten, abgestorbenen Kalkstockes aufsitzen. Auf der Außenseite der Wand wird von den sich zurückziehenden Weichtheilen gewöhnlich keine Epithek abgeschieden; man kann die Grenze des belebten Theiles der Kolonie an der Außenseite nur an der Grenze der vom Meerwasser corrodirten und von allerlei fremden Ge- bilden besiedelten Oberfläche erkennen. Lithophyllia lacera (Pall.). M. MiıLnE-EpwaArns et J. Harz, 1. c. II. 4857. p. 29. Die Koralle bleibt zeitlebens einfach. Ich führe sie hier auf, weil sie in der Art und Weise ihres acrogenen Wachsthums und in der Bil- dung der Traversen vollkommen mit Mussa übereinstimmt. Mussa harti. VERRILL, Trans. Connect. Acad. I. 1868. p. 357. Vel. OrrmAnn, Zool. Jahrb. Ill. 4888. p. 169. | Die mir vorliegenden Exemplare erhielt das Straßburger Museum vom Museum Cambridge, und es sind dieselben mit der Mussa harti -Verrill identisch. | Im ganzen Habitus, in der Koloniebildung, stimmt diese Art völlig mit Mussa überein, doch weicht sie in der Wandbildung wesentlich ab: sie besitzt nämlich eine echte Mauer, welche offenbar von einer Ring- falte abgeschieden wurde und deutlich mittlere tangential gerichtete Verkalkungscentren zeigt, auf die sich beiderseits Kalkfasern aufsetzen. ! Vgl. hierzu: G. v. Koch, Bemerkungen über das Skelett der Korallen. Morph. Jahrb. V. 41879. p. 319. Taf. XX, Fig. 6. 19* 292 A. Ortmann, Schon mit unbewaffnetem Auge kann man zwischen den Septen die scharf abgesetzten Verbindungsstücke, durch die die echte Mauer ge- bildet wird, erkennen. Dieses Verhalten macht es nothwendig, die Mussa harti von der Gattung Mussa zu trennen und dieselbe den folgenden Formen anzu- schließen. Wegen der eigenthümlichen, stark bedornten Rippen wird sie wohl eine eigene Gattung bilden müssen, für die ich den Namen Mussismilia vorschlagen möchte. Caulastraea distorta Dana (U. S. Expl. Exp. Zooph., 1846, p. 197, Pl. IX, Fig. 5) von den Fidji-Inseln, Dasyphyllia echinulat« M.E. et H. (1. c., I, 1857, p. 339) von Singapur, Eusmilia aspera M. E. et H. (ibid., p. 188) von den Antillen, und gewisse Arten der Gattung Euphyllia (gaimardi, turgida, rugosa, striata) schließen sich im Wesentlichen an Mussa harti an. Die Theilung der Kelche ist dieselbe wie bei Mussa, die Umwandung ist eine echte Mauer, die einer Ringfalte ihre Bildung verdankt. Vgl. die Abbildung von Caulastraea distorta Taf. XI, Fig. 7 und die Abbildung von Euphyllia fimbriata, Zool. Jahrb., IV, 1889, Taf. XVII, Fig. 10. Für Dasyphyllia echinulata ist die eigenthümliche Epithekbildung bemerkenswerth. Bei dieser Art trennen sich die den einzelnen be- nachbarten Zweigen der Kolonie angehörigen Weichtheile nicht immer vollkommen, sondern bleiben hier und da längere Zeit in Zusammen- hang. Indem diese Verbindungsstücke nach unten und außen Kalk- hlätter abscheiden, bilden sich die als »Collerettes« bezeichneten, als eigenthümliche Epithekbildung aufzufassenden, Skeletttheile. Lophohelia prolifera (Pall.) Norwegen. M. MıtLne-EpwArns et J. Haıme, 1. c. II. 4857. p. 447. Dem äußeren Anschein nach sollte man vermuthen, dass hier eine Außenknospung vorhanden sei, wie sie weiter unten bei Cladocora, Cyathohelia, Amphihelia beschrieben werden wird. Es stehen hier näm- lich in ganz ähnlicher Weise wie bei den letzteren dicht am oberen Rande großer Mutterkelche bedeutend kleinere Knospen. Schon bei genauer äußerlicher Betrachtung schien es mir jedoch, als ob die Kelchhöhlen ganz junger Knospen mit der des Mutterkelches unten zusammenhängen, und diese Vermuthung wurde bestätigt, alsich derartige mit jungen Knospen versehene Kelche von oben her allmählich horizontal abschliff. Die Fig. 8 a—e stellen die so gewonnenen Bilder dar. Man sieht, dass die Höhlen der Knospen sich unten in den Mutterkelch öffnen, und dass ihre erste Anlage durch die lokale Ausbuchtung des Randes des letzteren gebildet wird. Die echte Mauer! des Mutterkelches nimmt an der ı Vgl. Zool. Jahrb. IV. 4889. Taf. XVII, Fig. 5. >. - de Ü Ba. ” a RK } Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 293 Ausbuchtung Theil. Diesen Vorgang können wir nur als eine Theilknos- pung auffassen, bei der jedoch die Theilungsprodukte nicht, wie in den vorhin besprochenen Beispielen, annähernd gleichwerthig sind, sondern wo das eine Theilprodukt (die Knospe) bedeutend viel kleiner ist als das andere (der Mutterkelch). Das von G. v. Koch, Palaeontographica, XXIX, Taf.XLII, Fig. 21 gegebene Schema passt völlig für den vorliegenden Fall. Die Knospen füllen ihre Kelchhöhle unterwärts sehr bald durch Verdiekung von Mauer und Septen vollständig aus, so dass an älteren Theilungsstellen die Kelchhöhlen nicht mehr zusammenhängen. Die Weichtheile der verschiedenen Zweige der Kolonie bleiben sehr lange in Zusammenhang und überziehen die einzelnen Äste bis weit herab. Dadurch wird eine sekundäre Verdickung der Kelchwände nach außen ermöglicht, die auch in sehr ausgedehnter Weise stattfindet. Durch eine derartige sekundäre Verdickung der Wand wird selbstver- ständlich eine Epithekbildung unmöglich gemacht. 2. Wandknospung. Diese Form der Knospung wird in der hier zu schildernden typi- schen Form von G. v. Kocu nicht erwähnt. Dieselbe ist als echte Außen- knospung zu bezeichnen und geht folgendermaßen vor sich. Von den auf der Außenwand der Person befindlichen Weichtheilen bildet sich eine Ausstülpung, in die natürlich die ebenda befindliche Gastralhöhle hineinragt. Die der Wand der Person unmittelbar aufliegende Schicht der Weichtheile verhält sich zu dieser Knospenanlage wie der Fuß zur ursprünglichen Person: es ist dies nicht auffällig, da diese Schicht die- selben Elemente enthält, wie der ursprüngliche Fuß: ein Entoderm (der Knospe zugekehrt), darunter Mesoderm und skeletterzeugende Zellen ektodermalen Ursprungs. Es können sich demnach von diesem physio- logischen Fuß nach der Knospe zu Falten erheben, die einestheils radial gerichtet sind und Septen abscheiden, anderntheils auch als Ringfalte eine Mauer bilden können. Die Septen (und Mauer) der Knospe sitzen dann der Umwandung des Mutterkelches genau in derselben Weise auf, wie die Septen des ersten Jugendkelches der Basalplatte. Eine wich- tige Folge davon ist, dass die Kelchhöhle des Kalkskelettes der Knospe mit der Höhle des Mutterkelches in keiner direkten Verbindung stehen kann, ausgenommen den Fall, dass die Wand des Mutterkelches porös ist. Die Gastralhöhle der Knospe kommunicirt selbstverständlich noch, so lange deren Weichtheile mit denen der Mutterperson zusammen- hängen, mit der Gastralhöhle der letzteren. Wichtig ist noch der Gesichtspunkt, dass dieser Knospungsvorgang ein Vorhandensein von Gastralhöhle außerhalb der Wandung des Mut- 294 A. Ortımann, terkelches erfordert. Wäre die Wandung nach außen nur von Meso- und Ektoderm bekleidet, so würde ein solcher Vorgang und besonders die Herkunft des Gastralraumes in der Knospe völlig unverständ- lich sein. Auf derartige Kospenbildung hat Duncan! bei Madrepora aufmerk- sam gemacht, wo er ausdrücklich hervorhebt, dass die Kelehhöhle der Knospe mit der des Mutterkelches durch keine besondere Öffnung kommunieirt. Ähnliches finde ich bei anderen Porosen und auch bei Pseudothe- calen und Athecalen. Zunächst kann ich das von Duncan beobachtete Verhalten bei Madrepora durchaus bestätigen. Besonders eignete sich zu diesen Unter- suchungen die Madrepora echinata Dana (MıLne-Epwarns et Hams, 1. c. III, 1860, p. 147) von den Liu-kiu-Inseln ?2, wo die jungen Kelche ziem- lich weit vom Rande des Mutterkelches entfernt entstehen. Ferner fand ich dieselbe Knospung bei folgenden weiteren Porosen: Astroides calycularıs®, bei verschiedenen Arten der Gattung Dendro- phyllia, z. B. Dendrophyllia ramea aus dem Mittelmeer und mehreren unbeschriebenen aus Japan, bei Ooenopsammia micranthus (Ehrb.) (vgl. Kıunzınger, Korallen des rothen Meeres, II, 1879, p. 58, Taf. VII, Fig. 13, Taf. X, Fig. 13) von Koseir. Besonders bei letzterer lässt sich wegen der Schmalheit der Septen des Mutterkelches in der Höhe der Knospe leicht beobachten, dass die Wand keine besondere Öffnung zeigt, die nach der Knospe hinführt. Cladocora eaespitosa (Gualt.) von Nizza. Hier ist die Umwandung der Person eine kompakte, durch seit- liches Verschmelzen der Septen entstandene falsche Mauer (Taf. XI, Fig. 9a). Junge Knospen sitzen ganz in der Weise wie bei den eben genannten Formen in der Nähe des Kelchrandes auf der kompakten Wand auf und ihre Höhle kommunicirt durchaus nicht mit der des Mutterkelches (Taf. XI, Fig. 9b). Die Epithek kann bei diesen Formen in verschiedener Weise auf- treten. Bei vielen kommt sie unter normalen Verhältnissen gar nicht i Duncan, On the Hard Structures of some Species of Madrepora. Ann. Mag. N.H. (5) XIV. 4884. p. 188 ff. 2 Madrepora prolixa Verrill (Proc. Essex Instit. V. p. 22) von »Ousima« (Liu- kiu) ist identisch mit Madrepora echinata Dana. Zu derselben Art gehört als Wachs- thumsform die Madrepora microphthalma Verrill (ibid. VI. p. 83) von den Liu-kiu- Inseln. Beide Formen wurden von Herrn Dr. Döperrein in einem Schleppnetzzuge bei Amami Oshima, Liu-kiu-Inseln, erbeutet. 3 Vgl. G. v. Kocn, Palaeontographica. XXIX. Taf. XLIIT, Fig. 36. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 295 zur Entwicklung (z. B. Madrepora), da die ganze Kolonie mit Weich- theilen überzogen ist und eine sekundäre Verdickung der Wände statt- findet. Nur hier und da macht sich bisweilen ein Zurückweichen der Weichtheile bemerkbar: letzteres ist aber häufig pathologisch, und es sterben dann meist ganze Partien der Kolonie ab, die dann später eine durch das Meerwasser korrodirte Oberfläche zeigen, auf der sich allerlei fremde Gebilde ansiedeln. Derartige Flächen erscheinen oft bei flüchtiger Betrachtung epithekähnlich. Für Astroides calyceularis ist zu bemerken, dass sich eine gemein- same Wand nicht vorfindet, wenn auch bisweilen die Kelche dicht ge- drängt stehen und eine astraeoidische Kolonie zu bilden scheinen. An den Einzelkelchen zeigt sich in verschiedener Ausdehnung Epithek, die bisweilen bis in die Nähe des Kelchrandes hinaufreicht. Die Ur- sache hiervon ist der Umstand, dass die Weichtheile der durch die Knospung entstehenden Zweige sich häufig völlig von einander trennen. Ähnlich verhalten sich die Rasen von Cladocora: auch hier findet sich keine gemeinsame Wand und die Kelche sind meist isolirt, biswei- len stehen sie jedoch mehr oder minder gedrängt. In letzterem Falle findet sich häufig eine »colleret«-ähnlich entwickelte Epithek, die auf ein ähnliches Verhältnis wie bei Dasyphyllia (vgl. oben) zurück- zuführen ist. Cyathohelia axillaris (Ell. Sol.) Japan. M. MiıLne-EnwAros et J. HAmmE, 1. c. II. 41857. p. 440. Die Wandung ist eine durch seitliches Verschmelzen der Septen gebildete falsche Mauer. Die Kolonie hat in Folge einer äußerst regel- mäßigen Knospung eine eigenthümliche Gestalt: die Knospen entstehen zu je zwei auf entgegengesetzten Seiten dicht unter dem Rande des Mutterkelches. Ihre Kelchhöhle steht mit der des Mutterkelches in keiner Verbindung (Taf. XI, Fig. 10). Bei dieser Form findet in ausgedehntestem Maße eine sekundäre Verdiekung der Wand, besonders unterwärts, statt. An der Basis wach- sen die Verdickungsmassen weit über die Basalplatte hinaus und um- lagern die ganzen Anheftungsstellen der Koralle. Man muss sich dies so vorstellen, dass das ganze Fußblatt der Person in die Faltenbildung hineingezogen wird: ursprünglich waren nur isolirte Radialfalten vor- handen, diese verschmolzen dann in der Peripherie und auf der Außen- seite der so gebildeten falschen Mauer entstand eine ringförmige Schicht kalkbildender Elemente, die dann die sekundären Verdickungs- schichten abschied. Ähnlich verdicken sich die Septen im Inneren des Kelches und füllen die Höhle von unten aus, doch geschieht letzteres nur in geringem Maße und ein völliges Herausziehen der Weichtheile 296 A. Ortmann, aus den älteren Kelchen scheint nicht stattzufinden. Durch die sekun- däre Verdickung der Wand wird eine Epithekbildung verhindert. Amphihelia oculata (L.) aus dem Mittelmeer. M. MıLne-EpwArns et J. Hame, 1. c. II. 4857. p. 149. Über das Vorhandensein einer echten Mauer vgl. Zool. Jahrb. IV, 1889, Taf. XVII, Fig. 6. Diese Koralle ist zur Anfertigung von Schliffen besonders desshalb geeignet, weil die Achsen der Knospen in sehr stumpfem Winkel, oft sogar senkrecht zur Achse des Mutterkelches stehen, so dass der zu fertigende Schliff leicht zu orientiren ist. Auf den von mir gemachten Schliffen (Taf. XI, Fig. I1a und b) sieht man deutlich, dass die Falten, die die Septen und besonders die Mauer der Knospen bildeten, sich unabhängig von der Mauer des Mutterkelches bilden mussten, d. h. dass die Mauer des Mutterkelches unter der Basis der Knospe sich un- verändert erstreckt. Von den Verkalkungscentren der Septen setzten sich hier und da einige direkt in die Verkalkungscentren der Septen und der Mauer der Knospe fort, andere Verkalkungscentren der letz- teren entstanden völlig getrennt von jenen. Eine Verbindung der Kelchhöhlen ist nirgends zu bemerken. Dasselbe Verhältnis zeigt Acrohelia horrescens (Dana) von den Palau-Inseln (M. MıLne-Epwarps et J. Hıme l. c. II, 4857, p. 116). Gattung: Galaxea. Das Folgende bezieht sich auf mehrere Arten, besonders auf: Galaxea irregularis Milne-Edwards et Haime von Koseir (vgl. KLunzınGer, Korallen des rothen Meeres, II, 1879, p. 78, Taf. VII, Fig. 11) und Galaxea clavus (Dana) von Singapur (MıLne-Epwards et J. Hımes, 1. ce. II, 1857, p. 232). Galaxea zeigt neben acrogenem auch prolates Wachsthum. Ich behandle die Gattung hier, da sich einige Eigenthümlichkeiten zeigen, welche im Anschluss an die vorangehenden Formen, mit denen sie auch im Vorhandensein einer echten Mauer übereinstimmt, leichter verständlich werden. Die Einzelkelche zeigen eine Wandknospung, die ziemlich weit vom oberen Rande der Kelche vor sich geht!. Dadurch, dass die 1 G. v. Kocn (Palaeontographica. XXIX. Taf. XLIII, Fig. 28) schreibt der Gat- tung Galaxea »Coenenchymknospung« zu. Ich habe eine solche (nach dem Schema v. Kocn’s, 1. c. Fig. 25) nirgends auffinden können, sondern stets nur, nach Entfer- nung der sog. Exothecalblasen, eine deutliche Wandknospung. Auch die Fig. 28 l. c. widerspricht nicht einer solchen. Altere Knospen sind jedoch in die Exothe- calmasse so eingebettet, dass es allerdings den Anschein hat, als läge Coenenchym- knospung vor. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung., 297 jungen Kelche sich bestreben, die gleiche Höhe mit den älteren zu er- reichen, entstehen Bündel von annähernd gleich hohen Kelchen, und da die Knospenbildung am Rande der Kolonie besonders lebhaft ist, so breitet sich diese auch horizontal aus. Das Eigenthümliche von Galaxea besteht nun in dem zwischen den Kelehen entwickelten »CGoenenchym« (Exotheca der Autoren). Das- selbe zeichnet sich dadurch aus, dass es eine blasenförmige Struktur besitzt, ohne jede Andeutung von Rippen in demselben (vgl. Helia- straea). Die Entstehung kann nur folgende sein. Indem bei dem acrogenen Wachsthum der Kelchbündel nicht, wie z. B. bei Cladocora, die ähnliche Kelchbündel zeigt, die Weichtheile der einzelnen Äste der Kolonie sich von einander trennen und für jeden Ast eine besondere Epithekbildung veranlassen, sondern indem die Weichtheile aller neben einander stehenden Kelche in Verbindung bleiben, mussten, da die Verbindungstheile dem acrogenen Wachsthum folgten, von der unteren Ektodermschicht der letzteren in ähnlicher Weise, wie im Inneren der Kelche Traversen, außerhalb der Kelche Kalkplättchen abgeschieden werden, die hier in unregelmäßig-blasiger Weise, über einander liegen. Da außerhalb der Mauer keine (oder nur unbedeutende) Rippen vorhanden sind, so ist dieses hlasige Gewebe die einzige Kalkbildung, die sich zwischen den Kelchen findet. Von der die ganze Kolonie nach außen umgebenden Körperwand wird dann ferner eine Epithek, die meist eine mehr oder minder horizontale Er- streckung besitzt, ausgeschieden, die in diesem Falle die »gemeinsame Wand« bildet (vgl. hiermit Heliastraea ete.). C. Prolates und acrogenes Wachsthum verbunden. 1. Coenenchymknospung. Coseinaraea maeandrina (Ehrb.) von Koseir C. monile (Forsk.). Krunzınszr, 1. ec. II. 1879. p. 79. Taf. IX, Fig. 4; WaEX, Fig. 17. | Die Koloniebildung schließt sich an die oben bei Phyllastraea be- schriebene an. Die gemeinsame Wand wird von den verschmelzenden Septocostalstreifen (Taf. XI, Fig. 12) gebildet und die jungen Kelche bilden sich in derselben Weise. Außerdem findet jedoch ein ziemlich bedeutendes acrogenes Wachsthum statt, indem sich die ganze Ober- fläche der Kolonie erhöht: es führt letzteres zur Bildung von Traversen. Die Vermehrung der Kelche in der Mitte der Kolonie erfolgt durch den gleichen Knospungsvorgang wie am Rande. Die Kelche gehen un- merklich in einander über, da die die Septen verbindenden Synapti- keln nirgends dichter zu irgend einer Wandbildung zusammenschließen. 298 A. Ortmann, Eine Epithek ist bei dem mir vorliegenden Exemplar nicht vor- handen. Die abgestorbenen Theile der gemeinsamen Wand sind corro- dirt und theilweis mit fremdartigen Bestandtheilen besetzt. Siderastraea radians (Pall.) von Brasilien, MıLne-Epwarns et J. Hammer, 1. c. II, 1857, p. 505 = Siderastraea galaxea (Lmk.), Acassız, Florida Reefs 1880, Taf. XV, Fig. 1—12, stimmt in der Koloniebildung vollkommen mit Coseinaraea überein. An diese Formen scheinen sich die meisten sog. Porosen anzu- schließen, nämlich die Poritiden, Montiporiden und Turbinariiden. Leider konnte ich keine geeigneten jüngeren Stadien untersuchen, um festzustellen, ob die Knospung hier ebenfalls eine Innenknospung ist. Sollte sich Letzteres mit Sicherheit nachweisen lassen, so würde der Unterschied der genannten Formen von den Eupsammiden (nebst Astroides) und Madreporiden beachtenswerth sein. Trachypora lacera Verrill. (Bull. Mus. Comp. Zool. 1864, p. 53) und Merulina ampliata (Ell. Sol.) (MiLne-Epwaros et J. Ham, 1. c. II, 1857, p. 628), beide von Singapur, zeigen genau dasselbe prolate Wachsthum wie die Funginen (mit löcheriger gemeinsamer Wand): nur findet bei beiden in den älteren Theilen der Kolonie ein unbedeutendes acroge- nes Wachsthum statt, welches Traversenbildung veranlasst. Die Ge- stalt der Kolonie bleibt jedoch im Wesentlichen blattförmig, bei Meru- lina krümmen sich die Blätter häufig auf und falten sich zu Ästen zusammen. Gattung: Echinopora besonders: Echinopora carduus, Kıunzinger, Korallen.des rothen Meeres, IH, 1879, p. 57, Taf. VI, Fig. 5; Taf. X, Fig, 14. Echinopora helli Rouss., MıLne-Enwarns et J. Hıme, 1. c. II, 1857, p. 623. Indien. Echinopora undulata Dan. Expl. Exped., Taf. XVII, Fig. 3. Palau- Inseln u. A. | Die als einfache, mehr oder weniger horizontale Blätter wachsen- den Formen entsprechen äußerlich durchaus dem bei Phyllastraea be- schriebenen Typus. Bei näherer Untersuchung der gemeinsamen Wand findet man jedoch, dass diese nicht durch seitliches Verschmelzen der Septocostalstreifen gebildet wird, sondern dass in derselben senkrecht zu den letzteren verlaufende Verkalkungscentren sich befinden, die als echte Mauer anzusprechen sind (Taf. XI, Fig. 13a). Man muss in diesem Fall annehmen, dass die einfache Jugendform eine echte, durch Ring- faltenbildung entstandene Mauer besaß, welche sich horizontal aus- Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 299 breitete und, indem sich durch Innen- (Coenenchym-) Knospung neue Kelche bildeten, zur gemeinsamen Wand der Kolonie wurde. Die Knospen entstehen nun nicht etwa in der Weise, dass sich neue Ring- falten bilden, die die Einzelumwandungen darstellen, sondern dadurch, dass sich die gegen den Rand der Kolonie verlaufenden Septen lokal zu neuen Sternen anordnen und durch seitliche Verschmelzung falsche Mauern bilden (Taf. XI, Fig. 136). Die Eigenthümlichkeit der Gattung Echinopora beruht also darin, dass die gemeinsame Wand (und die der Jugendform) von einer echten Mauer, die der Einzelpersonen der Kolonie von einer falschen Mauer gebildet wird. Echinopora ist also ursprünglich eine Euthecale. Die Kolonie bleibt bei Echinopora nicht einfach prolat, sondern es tritt mindestens in den älteren Theilen ein acrogenes Wachsthum, ver- bunden mit Traversenbildung auf. Ebenda entstehen durch erneute Knospungen weitere Personen, die alle dieselbe scharfe Umgrenzung durch falsche Mauern zeigen. Durch diese scharfe Umgrenzung wird eine deutliche Trennung des Coenenchyms von den einzelnen Personen bewirkt. (Bei den Lophoserinen und Funginen sind die Personen nie so scharf umgrenzt.) Weiterhin tritt bei vielen Arten der Gattung ein Aufkrümmen der Lappen, ein Zusammenfalten derselben und Zusammenrollen bis zur Form mehr oder minder gerundeter Äste (Echinopora horrida Dan.) auf. Bei den mir vorliegenden Exemplaren von Echinopora undulata Dana und Echinopora flexuosa Verrill (Bull. Mus. Comp. Zool. 1864, p- 54) von Singapur bemerkt man stellenweise, dass an den mehr oder minder aufrechten Blättern beiderseits Kelche vorhanden sind, ohne dass Aneinanderfalten zweier Blätter wahrscheinlich ist. Man muss hier eine Außenknospung annehmen, die auf der Außenseite der ge- meinsamen Wand stattfand, die jedoch nichts Auffälliges darbieten kann, wenn man bedenkt, dass auf der Außenseite der gemeinsamen Wand in ähnlicher Weise wie bei regulärer Außenknospung (Wand- knospung) junge Kelche entstehen hönnen, da die für die Bildung der- selben erforderlichen Weichtheile daselbst vorhanden sind. 2. Theilknospung. Die hierher gehörigen Formen schließen sich an die oben einer- seits in Verbindung mit Mussa typ. (Pseudothecalia), andererseits mit (Mussa) n. gen. harti (Euthecalia) behandelten Formen an, indem die Theilung der Kelche in ähnlicher Weise eingeleitet wird, jedoch die Theilungsprodukte längere Zeit in Zusammenhang bleiben und selbst sich überhaupt nicht trennen. Durch dieses seitliche Verbundenbleiben 300 A. Ortmann, wird es verursacht, dass zunächst mehr oder minder langgestreckte Kelchreihen entstehen, die in Folge dieser seitlichen Ausdehnung auch als dem prolaten Wachsthum angehörig, anzusehen sind. Durch seit- liches Verbinden benachbarter derartiger Kelchreihen entsteht der Typus der mäandrischen Kolonien. a. Pseudothecalia. An Mussa danaana ete. schließen sich zunächst noch andere Arten der Gattung Mussa an, die sich im Wachsthum nur dadurch unterschei- den, dass die sich theilenden Kelche mehr oder minder lange vereinigt bleiben, so dass Reihen von unvollkommen getrennten Kelchen ent- stehen. Von der Gattung Mussa zu der jetzt zu beschreibenden Gattung Symphyllia finden sich stufenweise alle Übergänge von solchen Formen, deren Kelche sich schnell isoliren zu solchen, die isolirte Reihen und schließlich seitlich verwachsende Reihen bilden. Symphyllia radians (Val.) von Singapur. M. MıLnE-EDwARDs et J. Haie, 1. c. II. 4857. p. 372. Die Kolonie besteht aus mehreren sehr langen Reihen von unvoll- ständig getheilten Kelchen, deren Bau im Wesentlichen derselbe ist, wie bei Mussa. Die benachbarten Reihen legen sich dicht an einander und die Wandungen der Reihen verschmelzen völlig bis oben hinauf. Es entsteht so eine gewölbte kompakte Kolonie, deren Oberfläche von mäandrisch gewundenen Kelchreihen bedeckt wird, welche an der Peripherie sich durch neue Einbuchtungen prolat ausbreitet und in der Mitte acrogen wächst. Die gemeinsame Wand dieser Kolonie bildet sich aus der Summirung der peripherischen Buchten und ist also eine Fortsetzung der Umwandung der Jugendform. Die Epithekbildung ist ähnlich wie bei Mussa unterdrückt. Isophyllia dipsacea (Dana) Antillen. Expl. Exped. 1846. p. 484. Pl. VIII, Fig. 9. Verhält sich in der Koloniebildung ganz wie die vorige: die Kom- plikation der Kelchreihen durch Einbuchtungen der gemeinsamen Wand ist besonders bei jüngeren Exemplaren deutlich zu erkennen, da die Wandungen der benachbarten Buchten bisweilen nicht völlig ver- schmelzen. Die Wandungen selbst zeigen deutlich die Entstehung aus seitlich verschmelzenden Septen, ein Vorgang, der nicht wie bei Mussa und Symphyllia durch reichliche Entwicklung von Traversen verhindert wird!. Die gemeinsame Wand besitzt eine etwas stärker entwickelte 1 Aus diesem Grunde vereinige ich hier auch nicht die Gattung Isophyllia mit Symphyllia, wie es Duncan vorschlägt (Journ. Linn. Soc. Zool. XVII. 1884, p. 94). Die. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 301 Epithek, die jedoch an den Einbuchtungen nicht Theil nimmt. Letzterer Umstand, dass die Epithek überhaupt nicht an der Einbuchtung Theil nehmen kann, bedarf wohl keiner Erläuterung, da dieselbe alsdann die Charaktere einer Epithek nicht mehr zeigen würde. Wie Isophyllia dipsacea verhält sich Pectinia brasiliensis (MıLnE- Epwarps et J. Hıme, 1. c. II, 1857, p. 209 = Ütenophyllia brasiliensis MıLne-Epwarns et J. Hamme Ann. Se. nat. (3) X, 1849, Pl. VI, Fig. 7). Diploria cerebriformis (Lmk.) Antillen M. MıLne-EpwaArns et J. HaımE, 1. c. II. 4857. p. 402. und Maeandrina labyrinthiformis (L.) Antillen. VERRILL, Bull. Mus. Comp. Zool. 4864. p. 49. = Maeandrina sinuosissima. M. Mırne-EpwAros et J. HAIE, 1. c. II. 4857. p. 393, Beide schließen sich an Isophyllia dipsacea an. Bei Diploria sind die Wände der benachbarten Kelchreihen noch nicht völlig verschmol- zen, sondern laufen parallel neben einander und bilden zwischen den Thälern breite, oben abgeflachte oder selbst vertiefte Hügelzüge. Bei Maeandrina sind die benachbarten Reihen völlig mit einander ver- wachsen und die Septen (Rippen) der ursprünglichen beiden Wan- dungen schieben sich zwischen einander und bilden eine einfache Wand zwischen den Thälern (vgl. Orrmann, Zool. Jahrb. IV, 1889, Taf. XVII, Fig. 3). Bei Beiden sind die Thäler außerordentlich lang und gewunden und die ganze Oberfläche der Kolonie hat nur wenige (oft nur 2—3) Thal- züge, die sich bei weiterem Wachsthum immer mehr einbuchten, sowohl am Rande als in der Mitte. Eine vollständige Theilung eines vorhan- denen Thalzuges habe ich nie beobachten können und dieser Charakter unterscheidet die Maeandrina labyrinthiformis scharf von den altwelt- lichen Coelorien. Ob die vorhandenen wenigen Thalzüge ursprünglich durch Außenknospung entstanden oder durch vollständige Theilung, kann ich nicht entscheiden, da ich am Rande der Kolonie keine Neu- bildung von Thälern beobachtete, sondern nur weitere Einfaltungen der schon vorhandenen. Dendrogyra caudex Ehrb. Bahama-Inseln. M. MıLne-EpwaArns et J. Hame, 1. c. II. 4857. p. 202. Die Hügelzüge zeigen ähnlichen Bau, wie Maeandrina, auch sind dieselben pseudothecal. Im Übrigen scheint die Koloniebildung eben- falls übereinzustimmen, wenn auch die Thäler viel kürzer sind. Ganz Untersuchung der übrigen diesen beiden Gattungen angehörigen Formen kann je- doch die Frage erst endgültig entscheiden. is 302 A, Ortmann, klar ist mir der Bau jedoch nicht geworden, da den mir vorliegenden Exemplaren freie Randtheile fehlen. Coeloria arabiea Klunzinger und Verwandte. Korallen des rothen Meeres. III. 1879. p. 47. Von verschiedenen Fundorten. Die altweltlichen CGoelorien zeigen einen eigenthümlichen Bau der Kolonie, der zwar mit dem der neuweltlichen Maeandrina labyrinthi- formis einige äußerliche Ähnlichkeit besitzt, jedoch bei genauerer Be- trachtung manche Unterschiede darbietet. Die Oberfläche der Kolonie besteht aus zahlreichen, gewundenen oder ziemlich geraden, längeren oder kürzeren, oft sehr kurzen Kelchreihen. Während nun bei Maean- drina labyrinthiformis nur eine gewisse beschränkte Anzahl von Thä- lern existirt, welche niemals sich durch vollkommene Theilung vermehrt, findet bei Coeloria gerade das Gegentheil statt, indem die einzelnen Thäler sich durch stärker werdende, sie quer durchsetzende Septen, an die sich die benachbarten Septen anlehnen, äußerst lebhaft und vollkommen theilen. Die Theilung durch stärker werdende Septen lässt sich unschwer als etwas modifieirter Faltungsprocess der Wand auffassen. Eben so bilden sich am Rande der Kolonie unausgesetzt neue Hügelzüge, welche eine weitere Komplikation der vorhandenen Thäler verursachen. Die Bildung dieser Hügelzüge geht vom Rande der Kolonie aus und zwar in der Weise, dass einzelne der gegen den Rand verlaufenden Septen stärker werden, sich erheben, und dass die be- nachbarten auf sie überrücken: es ist dieser Vorgang, wie mir scheint, auch als Faltung aufzufassen (Taf. XI, Fig. Ika). Der Rand der Kolonie selbst bietet ein Bild dar, wie z. B. der Rand der Kolonie bei Heliastraea (vgl. unten). Eine Epithek ist sehr kräftig entwickelt und bildet die gemeinsame Wand. Gegen diese verlaufen die Septen der randlichen Thalstrecken ungefähr parallel, ohne jedoch seitliche Verschmelzungen zu zeigen: sie machen also den Eindruck wie die Rippen bei Heliastraea. Ob wir es hier wirklich mit Rippen, d.h. mit außerhalb der Wandung der Jugendform gelegenen Septaltheilen zu thun haben und ob demgemäß die randlichen Knospungsvorgänge als unvollkommene Außenknospung (Wandknospung oder Rippenknospung) aufzufassen sind, kann ich nicht entscheiden, da letzteres nur möglich ist durch Beobachtung der Jugendformen, die mir nicht vorlagen. Die Wandungen der Thäler aller von mir untersuchten Exemplare zeigen einen eigenthümlichen Bau, den schon Duncan! beobachtete. Die Septen verbinden sich seitlich nur unvollkommen und zwar durch einzelne von Septum zu Septum verlaufende Querbalken, die man wohl 1 Journ. Linn. Soc. Zool. XVII. 1884. p. 361. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 303 als schief gerichtete Septaltrabekeln auffassen muss. Der Kamm der Hügelzüge wird durch diese Querverbindungen, die mit einander nicht verschmelzen, porös. Bei weiterem Wachsthum tritt ähnlich wie bei Mussa eine starke Entwicklung von Traversen auf, die ein völliges seitliches Verschmelzen der Septen zu einer kompakten falschen Mauer verhindert (vgl. Taf. XI, Fig. 145, c). Vielleicht hat man das Unver- schmolzenbleiben der Septen am Rande der Kolonie derselben Ursache zuzuschreiben, denn auch hier findet sich eine auffällig reiche Traver- senentwicklung. Coeloria muss als pseudothecale Koralle angesehen werden: ein- mal kommt eine Faltenbildung senkrecht zur Richtung der Septen, durch die eine echte Mauer abgeschieden werden würde, nicht vor, und ferner vereinigen sich die Septen seitlich durch jene erwähnten ein- fachen Balken, die Synaptikel darstellen, jedoch muss man die letzteren mit den typischen Synaptikeln anderer Formen nicht in nähere Bezie- hung bringen, da sie sich in einer ganz bestimmten Zone finden und hier bei ungestörter Entwicklung jedenfalls zur Bildung einer falschen Mauer führen würden, die jedoch durch die Entwicklung der Traversen verhindert wird. Goniastraea serrata Ortm. von Geylon. Zool. Jahrb. IV. 1889. p. 526. Taf. XV, Fig. 10. Leider ist unter dem mir vorliegenden Material der Gattungen Goniastraea und Favia kaum irgendwo der Rand der Kolonie schön zu beobachten, so dass ich über die Bildung der neuen Kelche kein end- gültiges Urtheil abgeben kann. Es scheint mir jedoch wahrscheinlich, dass sich Goniastraea und Favia an Coeloria anschließen, von der sie sich hauptsächlich dadurch unterscheiden, dass die Theilung der Kelche stets eine vollständige ist und schnell vor sich geht, so dass höchstens zwei bis drei eben in Theilung begriffene Kelche in kurzen Reihen zusammenstehen. Je nachdem sich bei der Einfaltung der Wandungen die Faltenränder enger oder weniger eng an einander legen entstehen Formen mit schmaleren oder breiteren Zwischenräumen zwischen den Kelchen. Prionastraea robusta (Dana) Singapur. Expl. Exped. Zooph. 4846. p. 248. Pl. XIli, Fig. 10. Der Rand der Kolonie besitzt eine ausgebildete Epithek, auf die sich die den Randkelchen angehörigen Septen aufsetzen ohne seitlich zu verschmelzen !. Erst bei der Bildung der Einzelumwandungen tritt ! Ich weise hier nochmals darauf hin, dass diese Bildung es nahe legt, man 304 A. Ortmann, seitliche Verschmelzung der Septen zu falschen Mauern ein. Die radial gegen den Rand verlaufenden Wandungen bilden sich in ähnlicher Weise, wie es bei Coeloria abgebildet ist, die parallel dem Rande lau- fenden und die in der Mitte der Kolonie in verschiedenen Richtungen sich erstreckenden Wandungen entstehen jedoch in eigenthümlicher Weise, indem nicht von der Wand der alten Kelche her nach innen eine Einfaltung erfolgt, sondern indem ein Theil des Mutterkelches in der Weise abgegrenzt wird, dass sich quer über die Kelchgrube her- über in einer gewissen Zone gleichzeitig alle neben einander lie- genden Septen seitlich, zunächst durch wirr nach allen Seiten aus- gehende Septaltrabekeln vereinigen. Aus diesem Gewirr von Trabekeln geht dann die Umwandung, welche die Knospe vom Mutterkelch trennt, hervor, die dann als falsche Mauer uns entgegentritt. Dieselbe Form der Knospung fand ich auch bei anderen Priona- straeen. Es ist mir bis jetzt noch nicht möglich, dieselbe mit den ande- ren Formen in nähere Beziehung zu setzen. Jedenfalls liegt hier Innen- knospung vor, da trotz der fast gleichzeitigen Entstehung der neuen Wand in ihrer ganzen Ausdehnung die beiden Kelche noch unter der sich bildenden Mauer hin mit einander in Verbindung bleiben. b. Euthecalia. Dasselbe Verhältnis wie zwischen Mussa und Symphyllia findet sich zwischen Formen wie Mussa harti, Dasyphyllia, Gaulastraea etc. und anderen Euthecalen, die durch unvollständige Theilung der Kelche Reihen bilden, welche sich mehr und mehr ausbuchten und die schließ- lich seitlich verwachsen. Trachyphyllia amarantum (Dana) Singapur. M. MıLne-Epwaros et J. Hans, 1. c. II. 4857. p. 344. Bildet in der Jugend eine einfache, nach unten sich kegelförmig zuspitzende Person, deren Umwandung beim weiteren Wachsthum sich ausbuchtet, wobei es aber niemals zu einer vollkommenen Theilung kommt. Durch die randlichen Einbuchtungen dehnt sich die Kolonie auch seitwärts aus, wächst also auch prolat. Die euthecale Wand setzt sich direkt in die gemeinsame Wand fort, was in diesem Falle sofort in die Augen springt, da die Buchten durchaus nicht verschmelzen und ihre Ränder völlig frei bleiben. Gegen die Basis der Kolonie liegt den habe am Rande Rippen vor sich, also Theile, dieaußerhalb der Wand des jun- gen Einzelthieres lagen. Weitere Untersuchungen müssen erst diese Frage entschei- den. Einstweilen homologisire ich den Rand der Kolonie mit der Fortsetzung der Wand des jungen Einzelkelches und nehme folglich auch am Rande Innenknospungan. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 305 deutlich vortretenden und dornigen Rippen eine gut entwickelte Epi- thek auf. Manieina areolata (L.) Antillen. M. MıiLne-Enwaros et J. HAımeE, 1. c. II. 4857. p. 397. Vgl. auch Acassız, Flor. . Reefs. 4880. Mem. Mus. Comp. Zool. VII, 4. Pl. V et VI. Schließt sich unmittelbar an die vorige an: die Ausbuchtungen legen sich mit ihren Rändern nahe an einander an, und es bilden sich so zwischen den Thälern Hügelzüge, die zwei mehr oder minder eng an einander liegende Mauern zeigen. Zwischen diesen beiden Mauern vereinigen sich die Rippen und Traversen zu einem lockeren oder kompakteren Gewebe. Die Epithek ist ziemlich gut entwickelt und nimmt an den Faltungen nicht Theil (Taf. XI, Fig. 15). Colpophyllia gyrosa (Ell. Sol.) Antillen. M. MıLne-EpwaArns et J. Hain, 1. c. II. 4857. p. 384. Acassız, I. c. Pl. VII. Die mäandrisch gewundenen Kelchreihen werden durch Hügelzüge getrennt, die wie bei Manicina deutlich zwei Mauern zeigen; letztere laufen hier in äußerst regelmäßiger Weise in geringer, fast gleichblei- bender Entfernung neben einander hin. Bei einem mir vorliegenden halbkugeligen Exemplar von ca. 15 cm Durchmesser ist die ganze Oberfläche von einer einzigen außerordentlich gewundenen Kelchreihe gebildet: eine vollständige Theilung hat also nie stattgefunden. Eine Epithek ist nur unvollständig entwickelt und die von Weichtheilen nicht bedeckten unteren Partien der gemeinsamen Wand sind meist nackt und von Meerwasser korrodirt. Tridacophyllia symphylloides M. E. et H. M. MıLne-EpDwaArps et J. HAınE, 1. c. p. 383. und Tridacophyllia paeonia Dan. (l. c. Pl. IX, Fig. 11) von Singapur, und andere Arten. Am Rande der Kolonie zeigt sich eine Komplikation der Kelch- reihen durch Einfaltung: die Ränder der Falten legen sich eng an ein- ander, und die echten Mauern verschmelzen vollkommen, so dass die Thäler durch einfache Mauern getrennt erscheinen: nur an den Einfal- tungsstellen am Rande selbst erkennt man bisweilen noch auf eine kurze Strecke hin eine doppelte Mauer. Ziemlich häufig ist vollkom- mene Theilung der Thäler in der Mitte der Kolonie: die Einfaltungen zeigen hier stets eine einfache Mauer, die Anfangs, so lange sie noch nicht breiter ist als die Septen, von letzteren nicht unterschieden wer- den kann. Epithek ist gewöhnlich nicht entwickelt !. 1 Dass die gemeinsame Wand hier die direkte Fortsetzung der Wand des Jugendthieres ist, welche sich einfaltet, geht aus den Abbildungen junger Tridaco- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. L. Bd. 30 a ST 5 . ” ig N 306 A. Ortmann, Zum Schluss sind hier noch diejenigen Euphyllien u. a. zu erwähnen, bei denen die Kelche zu Reihen verbunden bleiben, welche letztere aber nicht seitlich verschmelzen. Derartige Formen stimmen . im Wachsthum ungefähr mit Trachyphyllia überein. (Vgl. Euphyllia fimbriata [Spgl.] Singapur |MıLne-Enwarps et Hame, 1. c., p. 195], Euphyllia plicata [MıLne-Enwarns et Hamez, ibid.), Plerogyra laxca [MıLne-Epwarps et Hame, ibid. p. 204] Singapur.) 3. Außenknospung. Die hier zu erwähnenden Knospungsvorgänge lassen sich mit der oben beschriebenen Wandknospung in nahe Beziehung bringen, unter- scheiden sich jedoch etwas von derselben. Denkt man sich nämlich eine einfache Koralle mit etwa eylindrischer Wandung, bei welcher die Septen über die Wand hinaus als Rippen stark hervorragen und bei der sich diese letzteren mit der von der Außenfläche der Weichtheile abgeschiedenen Epithek vereinigen, so erhält man zwischen Wand und Epithek ein Gewebe, das durch die Anwesenheit jener Rippen charak- terisirt ist, und welches oft eine bedeutende Entwicklung erreichen kann. Bei derartigen Formen kann natürlich direkt auf der Wand keine Knospung stattfinden, sondern, so bald überhaupt Außenknos- . pung eintritt, müssen sich die Knospen in diesem durch die Rippen ausgefüllten Raume bilden und zwar in der Weise, dass von den Rip- pen die Theile der Knospe gebildet werden: d. h. die Rippen ordnen sich an gewissen Stellen zu radialen, die junge Knospe markirenden Septen an. Man sieht, dass auf diese Weise die Knospe neben den Mutterkelch zu stehen kommt und zwar werden beide durch die Rippen verbunden und liegen gewöhnlich in ungefähr gleicher Höhein das vonden Rippen gebildete Gewebe eingebettet. Indem dieser Knospungsvorgang weiter fortschreitet und sich immer von Neuem in der Peripherie der jun- senKolonie durch stellenweises radiales Anordnen der Rippen neue Kel- che bilden, dehnt sich die Kolonie in annähernd horizontaler Richtung aus, wenn die Epithek, d. h. die äußerste Umgrenzung der Kolonie sich mehr oder weniger horizontal erstreckt. Wir haben hier also einerseits prolates Wachsthum, andererseits aber auch, da sich die einzelnen Kelchröhren auch nach oben verlängern, acrogenes. Die gemeinsame Wand der Kolonie wird von Epithek gebildet, oder wenn diese letztere sich der Unterlage anschmiegt, liegt eben auch die gemeinsame Wand dieser letzteren auf, d. h. sie kommt zu keiner freien Entwicklung. Diesen Knospungsvorgang, den ich als Rippenknospung be- phyllien bei MoseELey, Rep. Voy. Challenger. Zool. Vol. II. 1884. Pl. X, Fig. 2u.3 | hervor. ee PEEZE a: BE SI BE in 3 Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 307 zeichnen möchte, konnte ich nur bei pseudothecalen Korallen beob- achten. Heliastraea annularis (Ell. Sol.) Samoa. M. MıLne-EpdwArns et J. HAıneE, 1. c. II. 4857. p. 473. ORTMANN, Zool. Jahrb. III. 1888. p. 174, Die Bildung der falschen Mauer und die Entwicklung der Rippen habe ich früher (Zool. Jahrb. IV, 1889, Taf. XVII, Fig. 2) abgebildet. Die Gestaltung des Randes der Kolonie konnte ich besser bei einem Exemplar der nahe verwandten Heliastraea stellulata (Ell. Sol.) (Miene-Epwarns et Ham, 1. c., p. 473) von Westindien beobachten. Die Epithek ist gut entwickelt, breitet sich fast horizontal aus und erhebt sich nur wenig von der Unterlage: sie bildet so die gemeinsame Wand. Von den randständigen Kelchen laufen die Rippen nach der Epithek hin und indem diese sich zu Sternen anordnen, entstehen neue Kelche. Zwischen den fertigen Kelchen befinden sich, da die seitliche Ver- schmelzung der Septen (Rippen) zu falschen Mauern nicht genau in der Mitte zwischen den Kelchcentren stattfindet, sondern diesen letzteren mehr genähert ist, Zwischenräume, die von Rippen durchsetzt werden. Wird die Oberfläche der halbkugeligen Kolonie durch acrogenes Wachs- thum vergrößert, so schieben sich zwischen die älteren Kelche junge Knospen ein, die in ganz derselben Weise entstehen, wie am Rande der Kolonie. In dem von den Rippen gebildeten Coenenchym bilden sich bei dem acrogenen Wachsthum eben so Traversen, wie im Inneren der Kelche. Dieser Knospungsvorgang deckt sich völlig mit der »Goenen- chymknospung« G. v. Kocw’s und ist auch als wirkliche Außenknos- pung anzusehen. Genau in derselben Weise geht die Koloniebildung bei der Gat- tung Oyphastraea (= Solenastraea subgen. Gyphastraea, Duncan, Journ. Linn. Soc. Zool. 1884, p. 107), von der ich mehrere Arten untersuchte, und bei Plesiastraea peroni (MıLne-Enwarps et Hame, 1. c., p. 492, Taf. D 7, Fig. 3), von Mauritius, vor sich. Bei Cyphastraea erreichen die Traversen zwischen den Rippen eine auffällig starke Entwicklung, während die Rippen selbst sich weniger bemerkbar machen, da sie, ähnlich wie die Septen im Inneren der Kelche, oberwärts aus einzel- nen unverschmolzenen Trabekeln bestehen: die Trabekel der Rippen verschmelzen in noch viel geringerem Grade als die der Septen, da die Traversenentwicklung zwischen ihnen bedeutend stärker ist. Die Gattung Leptastraea unterscheidet sich in gewissen Formen von der typischen Heliastraea nur dadurch, dass die Kelche dichter 20* 308 A. Ortmann, gedrängt stehen und das »CGostalcoenenchym« weniger stark entwickelt ist, resp. dass die Rippen ganz in die Bildung der falschen Mauern hin- eingezogen werden. Leptastraea bottai (M. E. et H.) von Koseir (Krunzinger, 1. c. II, 1879, p. 4%, Taf. V, Fig. 9, Taf. X, Fig. 13), steht dem Heliastraeentypus noch sehr nahe und an manchen Stellen der Kolonie findet man ein Coenenchym noch deutlich entwickelt. Bei Leptastraea transversa (KLUNZINGER, ibid. p. 46, Taf. VI, Fig. 2), von Koseir rücken die Kelche dicht an einander, so dass die Wände fast völlig verschmelzen und ähnlich ist es bei Leptastiraea ehrenbergana M. E. et H. (Krunzınger, ibid. Taf. VI, Fig. 3) von Koseir. Bei letzterer Art finde ich zwar am Rande eine Außenknospung, wie sie bei den übri- gen hierher gehörigen Formen normal ist, in der Mitte der Kolonie jedoch tritt eine Vermehrung der Kelche durch deutliche Theilung ein, in der Weise, dass die Wandung, ähnlich wie bei den oben beschrie- benen Coelorien etc., sich an einer Stelle einfaltet, was durch starkes Wachsthum eines Septum eingeleitet wird, auf welches dann die be- nachbarten übergehen. Oculina diffusa (Lmk.) von Florida. M. MıLne-Epwarods et J. HAımE, 1. c. p. 407. Oculina schließt sich vollkommen an den Heliastraeentypus an, mit dem Unterschied, dass hier das Coenenchym völlig kompakt wird, ohne dass die Kelche so nahe an einander rücken, wie bei Leptastraea. Die zwischen den Kelchen befindlichen Rippen verschmelzen meist völlig mit einander, so dass oberflächlich dieselben vielfach kaum noch angedeutet sind. Man muss sich diesen Vorgang so vorstellen, dass die die Rippen ausscheidenden Falten allmählich verstreichen und eine mehr oder minder einfache kalkabscheidende Schicht auf der Ober- fläche der Kolonie zwischen den Kelchen bilden. In der Tiefe, beson- ders an Stellen, wo Knospung stattgefunden hat, erkennt man jedoch häufig noch deutlich, wie die Rippen isolirt von einander verlaufen und Lücken zwischen sich lassen. Der baumförmige Wuchs von Oculina ist eine Folge davon, dass die ursprünglich konvexe Oberfläche der Kolonie durch lokales stärke- res acrogenes Wachsthum sich in Äste und Zweige erhob, ein Vorgang, dessen Anfänge man schon bei gewissen Arten von Cyphastraea beob- achten kann. Bei dem einen mir vorliegenden Exemplar (vom Mus. Cambridge erhalten) erkennt man deutlich noch den astraeoidischen Basaltheil der Kolonie, von der sich die Äste erheben. | Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 309 Oculina hat mit den übrigen sog. Oculiniden (Amphihelia, Acro- helia, Lophohelia) absolut nichts zu thun, sondern gehört in die Ver- wandtschaft von Heliastraea. Von ersteren unterscheidet sie sich vor allen Dingen durch das Fehlen der echten Mauer. Mit der Diagose der Oculiniden bei MıLne-EpwaArps et Hıme (l. c. II, 1857, p. 102) stimmt sie nur äußerlich überein, doch fehlt ihr einer der Hauptpunkte, näm- lich die Ausfüllung der Kelchhöhle durch kompakte Kalkmasse: die Kelche werden nach unten durch deutliche Traversen, ganz wie bei Heliastraea,’abgeschlossen (vgl. Acassız, Florid. Reefs. 1880, Taf. II, Fig. 13, 16, 17). Ferner lässt die ganze Art und Weise der Knospung an den Zwei- generkennen, dass die jungen Knospen nicht wie bei Amphihelia ete. die Tendenz zeigen, sich vom Mutterkelch in der Richtung zu entfernen und selbständige Zweige zu bilden, sondern sie bleiben ungefähr in derselben Höhe. Sie sitzen überhaupt nicht der Wand der Mutter- kelche auf, sondern den Rippen, die jedoch hier völlig verschmolzen sind und mit der Wand der Kelche eine kompakte Masse bilden. Einen freien Rand der basalen astraeoidischen Masse und die Entwicklung der Epithek daselbst konnte ich nicht beobachten. Es scheint mir, als ob die gemeinsame Wand sich dem Substrat völlig an- schmiegt, d. h. dass die Rippen auf dem letzteren horizontal weiter wachsen. Ob zwischen ihnen und der Unterlage noch epitheliale Kalk- abscheidungen (Epithek oder richtiger Fortsetzung der Basalplatte) sich finden, kann ich nicht angeben. Zusammenfassung. Die Koloniebildung der Steinkorallen kommt durch eine Anzahl Knospungsvorgänge zu Stande von denen jeder einzelne ein gewisses charakteristisches Wachsthum bedingt und welche in Verbindung mit dem Wachsthum der Jugendform entweder nach oben oder nach der Seite oder beides zugleich zu einer zahllosen Menge von Kolonieformen führen, die sich aber unter gewisse Gesichtspunkte gruppiren lassen. Die einfache Jugendform kann neue Personen auf zwei verschie- dene Weisen erzeugen: entweder durch Innen- oder durch Außen- knospung. Beide Vorgänge sind nur bei solchen Formen scharf aus einander zu halten, welche eine deutliche Umwandung der Jugendform zeigen, und zwar liegt bei Innenknospung die Knospe innerhalb, bei Außenknospung außerhalb dieser Umwandung. Zugleich ist hierdurch das Merkmal gegeben, dass bei dem ersteren Vorgang die Kelchhöhlen der Knospe und des Mutterkelches in direktem Zusammenhang stehen, bei dem letzteren dagegen nicht, da beide durch die Umwandung ge- 310 A, Ortmann, trennt sind. Beide Knospungsformen, Innen- und Außenknospung, gehen in einander über, beziehungsweise sind nicht von einander zu unterscheiden bei solchen Formen, welche keine scharfe Umwandung besitzen. Derartige Formen mögen etwa mit den fossilen Gattungen Anabaeia und Genabacia zu vergleichen sein. Hier besteht die ganze Koralle wesentlich aus Septen, die durch Synaptikeln verbunden sind. Eine Wandung fehlt und die äußere Grenze der Koralle wird eben nur durch das Aufhören des Kalkskelettes markirt. Bei Genabacia entstehen Knospen auf der gewölbten Oberfläche. Denkt man sich nun, dass eine Umwandung gebildet wird, so kommen die Knospen, die auf der Oberfläche der Koralle liegen, ent- weder innerhalb dieser Umwandung zu liegen (Innenknospung, speciell Goenenchymknospung), wenn dieselbe sich etwa horizontal aus- breitet, oder sie kommen auf die Außenseite zu liegen (Außenknos- pung), wenn die Wandung sich ungefähr eylindrisch erhebt. Jedoch kann auch in letzterem Falle Innenknospung auftreten, wenn nämlich innerhalb der cylindrischen Wand sich ein neues Kelchcentrum bildet, was gewöhnlich durch Theilung des vorhandenen Kelches geschieht (Theilknospung). Die Außenknospung stellt sich je nach der Entwicklung der Septalfalten auf der Außenseite der Kelche als Wandknospung oder als Rippenknospung dar. — Einen eigenthümlichen Fall bildet schließlich noch die Stolonenknospung, die völlig mit dem von G. von Kocu besonders bei Gorgoniden beschriebenen Typus über- einstimmt!. Es bilden sich hier aus dem Inneren der von der Epi- thek gebildeten Wandung nach außen heraus Ausstülpungen, die eine Strecke fortwachsen und von denen sich in einiger Entfernung Knospen hervorstülpen. Auch hier steht die Kelchhöhle der Knospe mit der des Mutterkelches in keiner direkten Verbindung. Die Gastral- höhle der Knospe wird Anfangs durch ein besonderes Verbindungsstück mit der des Mutterkelches verbunden, während beide sonst direkt in einander übergehen. Ich theile demnach ein?: - A. Innenknospung. Die Knospung erfolgt innerhalb der Umwandung des einfachen 1 G.v. Koch, Gorgoniden. Fauna u. Flora d. Golfes v. Neapel. 45 Monogr. 1887. p. 5 fl. Fig. 7. 2 Man vergleiche hiermit G. v. Kocw’s Eintheilung (Palaeontographica. XXIX). Die Abweichungen von dieser sind im Wesentlichen dem Umstand zuzuschreiben, dass meine Untersuchungen sich vielfach auf Formen erstrecken, die v. Koca nicht in Betracht zog und umgekehrt. Ich berücksichtige hier nur recente Steinkorallen. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 311 Jugendthieres und die Kelchhöhlen der Knospen stehen mit denen der Mutterkelche in direkter Verbindung. I. Theilknospung. Die Umwandung des Jugendthieres ist annähernd cylin- L drisch. Die Knospen bilden sich durch Abschnürung eines Theiles des Mutterkelches. (Theilknospung -—+ Septalknospung v. Koch.) IM. Goenenchymknospung. Die Umwandung des Jugendthieres breitet sich flach aus. Die Septen bilden ein Coenenchym, in welchem sich neue Kelchcentren bilden, die sich nicht abschnüren. (Coenenchymknospung v. Kocn, zum Theil.) B. Außenknospung. DieKnospung erfolgt außerhalb der Wand des einfachen Jugend- thieres, und die Kelchhöhlen der Knospen stehen mit der des Mutterkelches in keiner direkten Verbindung. II. Wandknospung. Die Knospen setzen sich unmittelbar auf die Wand des Mutterkelches auf. IV. Rippenknospung. Die Knospen setzen sich auf die außerhalb der Wand ent- wickelten Rippen auf. (Goenenchymknospung v. Koch, typisch.) V. Stolonenknospung. Die Knospen liegen in einiger Entfernung vom Mutterkelche und werden Anfangs mit letzterem durch Verbindungs- stücke (Stolonen) verbunden. (Stolonenknospung v. Koch.) Bei dieser Eintheilung ist vornehmlich darauf Rücksicht genommen, wie sich der Knospungsvorgang im Skelett darstellt. Berücksichtigt man die Weichtheile, so kommt man zu derselben Anordnung: A. Innenknospung. Die Mundöffnung der Knospe entsteht innerhalb der Mund- scheibe der Mutterperson !. l. Theilknospung. Die Mundöffnung der Knospe entsteht durch Theilung oder Abschnürung von der Mundöffnung der Mutterperson. ! Ich bemerke hier, dass über das hier angenommene Verhalten noch die Beobachtungen fehlen, und solche diese Eintheilung eventuell ändern können, »Mundscheibe« ist hier derjenige Theil der Weichtheile, der innerhalb der zukünf- tigen kalkigen Umwandung liest. 312 A. Ortmann, II. Coenenchymknospung. Die Mundöffnung der Knospe bildet sich nur innerhalb der Mundscheibe der Jugendperson. B. Außenknospung. Die Mundöffnung der Knospe entsteht außerhalb der Mund- scheibe der Mutterperson. II. Wandknospung. Die Mundöffnung der Knospe entsteht an der Spitze einer Ausstülpung, die von dem die Wand außen bekleidenden Gastralraum aus sich bildet. IV. Rippenknospung. Die Mundöffnung der Knospe entsteht an der Spitze einer Ausstülpung, die sich von dem zwischen Wand und Epi- thek liegenden, von Rippen durchsetzten Gastralraum aus bildet. V. Stolonenknospung. | Die Mundöffnung der Knospe entsteht an der Spitze einer Ausstülpung, die sich von besonderen, langgestreckten Fortsätzen des inneren Gastralraumes nach außen bildet. Diese verschiedenen Knospungsformen bedingen in ihrer typischen Entwicklung verschiedene typische Kolonieformen. Ausgesprochene Theilknospung ist nur möglich unter der Vor- aussetzung acrogenen Wachsthums, durch dieselbe kommen dichotom verzweigte Bäume zu Stande (Mussa). Coenenchymknospung hat prolates Wachsthum zur Folge und bildet flache Blätter (Phyllastraea). Wandknospung in typischer Form bildet aufrechte Bäume, deren Äste durch je einen Kelch gebildet werden (Cyathohelia). Rippen- knospung bildet flach ausgebreitete sog. astraeoidische Kolonien (kommt nur in Verbindung mit acrogenem Wachsthum vor). Durch Stolonenknospung bilden sich basale Ausbreitungen, von denen sich einzelne Kelche erheben. Meist sind jedoch die einzelnen Knospungsvorgänge nicht typisch entwickelt. Am häufigsten geschieht es, dass solche, die prolates Wachs- thum bedingen, auch mit acrogenem Wachsthum verbunden sind, so dass gewölbte, breit aufsitzende Kolonien entstehen, deren Oberfläche weiterhin sich in Buckel und Äste auflösen kann. Wir haben oben bei der Untersuchung der einzelnen Korallenformen derartige komplicirtere Bildungen in mannigfacher Weise kennen gelernt. Für die einzelnen Korallenformen und für ganze Gruppen dersel- ben sind die einzelnen Knospungsvorgänge äußerst charakteristisch. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 313 Nur äußerst selten scheint der Fall einzutreten (z. B. Leptastraea), dass verschiedene Knospungen bei einer Art vorkommen. Diese Konstanz legt die Vermuthung nahe, dass es möglich ist, die Knospungserscheinungen, wenn auch nicht in erster Linie, für das Korallensystem zu verwerthen, und ich glaube auch in gewissen Grup- pen zu einigen Resultaten in dieser Hinsicht gelangt zu sein. Dass das von Duncan (Journ. Linn. Soc. Zool. XVII. 1884) aufgestellte System den Anforderungen, die an eine moderne Eintheilung der Korallen ge- stellt werden müssen, nicht im entferntesten entspricht, daran kann von maßgebender Seite gar nicht gezweifelt werden. Das Duncan’sche System ist eine rein künstliche Zusammenwürfelung der Gattungen, die den natürlichen Verwandtschaftsverhältnissen fast gar nicht Rechnung trägt: nur wenige Gruppen sind wirklich natürlich. Als Beispiele führe ich nur folgende an. Duncan trennt z. B. die Gattungen Lithophyllia und Mussa in zwei verschiedene Subfamilien, während beide doch, wie schon MıLne-Epwarps et Haıme erkannten, eng zusammengehören. Fer- ner stehen Favia, Goniastraea, Prionastraea (und Scapophyllia), deren nahe Zusammengehörigkeit besonders Kıunzinger betont, bei Duncan weit von einander entfernt. Leptastraea, die sich an Heliastraea und Verwandte anschließt, wird in eine besondere Gruppe gestellt. Die Gattungen Latimaeandra und Merulina, die mit einander absolut nichts zu thun haben, stehen bei Duncan neben einander, während er anderer- seits die Gattungen Thamnastraea, Coscinaraea und Siderastraea von einander entfernt. Coscinaraea stellt er zu Agaricia und Verwandten, was ganz verkehrt ist. Diese Beispiele könnten leicht vermehrt werden, und noch größere Unterschiede zwischen bei Duncan nahe stehenden Gattun- gen werden sich ergeben, wenn man die Wandbildung berücksichtigt. In einer früheren Arbeit (Zool. Jahrb., IV, 1889) habe ich auf die Wichtigkeit der Wandbildung für das System aufmerksam gemacht, und halte auch jetzt noch an den dort aufgestellten Principien fest, wenn auch die Einzelheiten des Systems, entsprechend der größeren Zahl der mir jetzt vorliegenden Untersuchungen, bedeutend sich ändern müssen '!. Besonders das Studium der Gattung Cylicia hat mir gewisse neue Gesichtspunkte gegeben für die Auffassung der ursprünglichen Form des Korallenskelettes, und besonders die genauere Untersuchung einer Reihe von Astraeiden hat mich zu dem Resultat geführt, dass die Pseudothecalia und Euthecalia durchaus nicht »ungefähr« mit den früheren Astraeiden und Oculiniden (wie ich 1. e. p. 551 und 552 ver- muthete) sich decken. Leider steht mir auch jetzt noch nicht hin- ! Das a. a, O. gegebene System habe ich vorwiegend dem mir damals vorliegen- den Material von Ceylon angepasst. 3 A. Ortmann, reichendes Material, nicht einmal von recenten Korallen, zu Gebote, um die gewonnenen Principien zu einem System im Einzelnen auszu- arbeiten. Jedoch will ich versuchen, hier einige Fingerzeige zu geben, wie sich die einzelnen natürlichen Gruppen anordnen lassen, indem ich besonders auch auf die oben gewonnenen Anschauungen in Betreff der Koloniebildung Rücksicht nehme. Zoantharia Madreporaria. ‘I. Ordnung: Athecalia. Von der Basis der Koralle erhebt sich keine Ringfalte, die eine echte Mauer abscheidet. 1. Unterordnung: Inexpleta. Septen einfach auf der Basalplatte aufsitzend, oder nur durch Epithek verbunden. Interseptalkammern leer, ohne Synaptikeln. Kein acrogenes Wachsthum. Hierher: Cylicia. 2. Unterordnung: Synapticulata. Septen durch Synaptikeln verbunden, die zu mauerartigen Gebilden etc. zusammentreten können. a) Einfache Formen, ohne prolates Wachsthum, ohne se- kundäre Wandverdickung. Hierher: Siephanophyllia. b) Durch Innenknospung koloniebildende Formen. Wachsthum prolat oder prolat + acrogen. Fam.: Thamnastraeidae) mit kompakter gemeinsa- Fam.: Lophoseridae mer Wand. Fam.: Poritidae pr. part.!| mit durchlöcherter ge- Fam.: Fungidae / meinsamer Wand. c) Einfache Formen mit acrogenem Wachsthum und se- kundärer Wandverdickung oder meist durch Wand- knospung koloniebildende Formen. Sekundäre Ver- diekung der porösen Wand konstant. Hierher: Eupsammidae (mit Balanophyllia und Hete- ropsammia), Madreporidae. 3. Unterordnung: Pseudothecalia. Die Septen verbinden sich durch seitliche Verschmelzung zu einer falschen Mauer. a) Einfache Formen, ohne erhebliches acrogenes Wachs- thum und ohne Traversenbildung. Hierher: Caryophyllia und Desmophyllum. b) Koloniebildung durch Theilung. Vorwiegend acroge- nes Wachsthum mit reichlicher Traversenbildung. 1 Bedürfen noch genauerer Untersuchung. Die Morphologie des Skelettes der Steinkorallen in Beziehung zur Koloniebildung. 315 Hierher: Mussidae nov. fam. Reihe: Zithophyllia, Mussa, Symphyllia. Eine weitere Reihe ist: Diploria, Maeandrina ? (Ooeloria, Goniastraea, Favia)?, Prionastraea. Ferner: Pectinia. c) Koloniebildung durch Außenknospung. Wandknospung mit vorwiegend acrogenem Wachs- thum. Hierher: Oladocora und Cyathohelia. Rippenknospung mit prolatem + acrogenem Wachs- thum. Hierher: Heliastraeidae nov. fam. Reihe: Heliastraea, Plesiastraea, Cyphastraea, Leptastraea, Oculina. II. Ordnung: Euthecalia. Von der Basis der Koralle erhebt sich eine Ringfalte, die eine echte Mauer abscheidet!. a) Einfache Formen ohne bedeutendes acrogenes Wachsthum und ohne Traversenbildung. Hierher: Deltocyathus und Paracyathus. b) Koloniebildung durch Innenknospung, und zwar Coenenchym- knospung, mit überwiegend prolatem Wachsthum. Fam.: Echinoporidae. c) Koloniebildung durch Theilknospung mit vorwiegend acro- genem Wachsthum. Fam.: Eusmilidae nov. fam.? Caulastraea Reihe: Mussismilia (Mussa) Bar asp Trachy- Eusmilia phyllia, Manicina, Colpophyllia, Tridacophyllia. Fam.: Euphyllidae nov. fam. Reihe: Euphyllia, Plerogyra. Ferner: Lophohelia ®. d) Koloniebildung durch Wandknospung. Wachsthum vorwie- gend acrogen. Hierher: Amphihelia und Acrohelia. Galascea. Straßburg i. E., Januar 1890. 1 Hierher gehören auch — wie es scheint — die Poecilloporiden, über welche ich neuerdings keine Untersuchungen angestellt habe. 2 Septen gezähnt, oft jedoch undeutlich. 3 Kann als Übergang von c zu d aufgefasst werden. 316 A. Ortmann, Die Morphol, des Skelettes der Steinkorallen in Bez. zur Koloniebildung. Erklärung der Abbildungen. Tafel XI. Fig. 4. Cyliciaverreauxi M.E.etH. Circa 2/4. Stolonen und Knospen- bildune. Fig. 2. Cyliciatenella Dan. Querschliff durch einen Theil der Umwandung. Circa 30/4. e, Epithek; s, Septen. Fig. 3. Paracyathus striatus (Phil.).. Querschliff durch einen Theil der Umwandung. Circa 30/4. t, Theca; s, Septen. Fig. 4. Phyllastraea elegans (M. E.etH.). Querschliff durch die gemein- same Wand. Circa 20—30/4. Fig. 5. Tichoseris sericea (Ortm.). Etwas schräg gelegter Schliff, der die Hügel der Oberfläche und die gemeinsame Wand schneidet. Circa 20—30/4. Fig. 6. Mussa danaana M.E.et H. Durch Abbrechen frei gelegte Septal- fläche, um die Entwicklung der Traversen zu zeigen. Circa 1,5/4. Fig. 7. Gaulastraea distorta Dan. Querschliff durch einen Theil der Wand. Circa 30/4. t, Theca; s, Septen. Fig. sa—e. Lophohelia prolifera (Pall.). Durch allmähliches Abschleifen gewonnene Bilder des Knospungsvorganges. Circa 5/1. Man sieht bei beiden Knos- pen, dass ihre Bildung durch Ausstülpung der Wand des Mutterkelches eingeleitet wird. Bei Fig. 8a sind die Verkalkungscentren eingezeichnet. a und b, c und d die- jenigen Septen, zwischen denen die Knospen sich ausstülpen. Fig. 9. Cladocora caespitosa (Gualt.). Fig. 9a. Querschliff durch einen Theil der Wand. Circa 30/41. Fig. 95. Längsschliff durch die Längsachsen eines Mutterkelches und einer Knospe. Circa 5/41. M, Mutterkelch; K, Knospe; col, Colu- mella; dis, Dissepimente —= Traversen. Fig. 40. Cyathohelia axillaris (EIl. Sol... Erste Knospenanlage auf der Wand eines Kelches. Circa 4/4. Fig. 44, Amphihelia oculata (L.). Fig. 44a. Schliff durch die Längsachsen eines Mutterkelches und einer Knospe. Fig. 414. Schliff quer zur Längsachse eines Mutterkelches und (ungefähr) durch die Längsachse einer Knospe. Circa 45/4. tund t, Theca; s und s’, Septen, Fig. 42. Coscinaraea maeandrina (Ehrb.). Querschliff durch die gemein- same Wand. Fig. 12a. Circa 45/4. syn, Synaptikel; p, Poren der Septen. Fig. 425. Circa 60/1. Fig. 43. Echinoporahelli Rouss. Fig. 13a. Querschliff durch die gemein- same Wand. Circa 30/4. Fig. 135. Querschliff durch die Wand eines Einzelkelches, Circa 30/1. Fig. 14. Coeloria arabica var. triangularis Klzg. Fig. 14a. Horizon- talschliff durch einen sich bildenden Hügelzug am Rande der Kolonie. Circa 4/1. e, Epithek;, tr, Traversen. Fig, 44b. Durch Abbrechen frei gelegte Septalfläche, um die Traversen und die Querverbindungen der Septen zu zeigen. Circa 2/4. Fig. 44c. Kamm eines Hügelzuges mit den Querverbindungen der Septen und den durch diese gebildeten Poren. Circa 2/4. Fig. 45. Manicina areolata (L.). Querschliff durch einen in Einbuchtung begriffenen Theil der Wand. Circa 10/1. t, Theca; s, Septen; tr, Traversen; r, Rip- pen; h, Höhlungen innerhalb der Septen an Stellen, wo Verkalkungscentren liegen sollten; e, Zone der Epithek, die hier nicht getroffen ist, da der Schliff oberhalb des oberen Randes derselben angefertigt wurde. An dem vorderen Theil der Bucht ist in Folge der lebhaften Neubildungen die Anordnung von Septen und Theca un- deutlich. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. Dis Spermatozoen der Insekten !. (l. Goleopteren.) von Dr. ned. Emil Ballowitz, Privatdocenten und Prosektor an der Universität Greifswald, Mit Tafel XII—XV. Die Samenkörper der Insekten sind des öftern Gegenstand der Untersuchung gewesen, besonders in neuerer Zeit anlässlich sperma- togenetischer Studien. Die ersten genaueren Angaben über Vorkommen und Formen der Spermatosomen in dieser Thierklasse machte v. Sırsorn (1, 1836), wel- cher in einer umfassenden, systematisch durchgeführten und grund- legenden Arbeit zahlreiche Vertreter aller Insektenordnungen unter- suchte und feststellte, dass sich bei allen Insekten ausnahmslos die Haarform der Spermatozoen vorfindet. Eine Gliederung dieser haar- _ förmigen Samenkörper in Kopf- und Geißeltheil vermochte v. SırzoLn jedoch noch nicht zu erkennen. Nur von Blatta orientalis und Leptis Scolopacea (p. 34 und 38) wird erwähnt, dass das eine Ende (»Wurzel- ende«) des Samenkörpers eine Strecke weit verdickt ist. Derselbe Forscher berichtete sodann zuerst auf der Naturforscher- versammlung zu Mainz (2, 1842) und später in seiner ausgezeichneten 1 Diese Abhandlung bildet den II. Theil zu meiner im XXXI. Bande des Archi- ves für mikroskopische Anatomie erschienenen Arbeit: »Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen«, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. Theil I. »Die Spermatozoen der Vögel.« p. 404—473, Taf. XIV—XVIIL Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. L. Bd. 2A : w MEERES a. ee 318 ‘Emil Ballowitz, Abhandlung »Über die Spermatozoiden der Locustinen« (3) von eigen- thümlichen Bauverhältnissen der Spermatozoen dieser Orthopteren, wodurch sich dieselben in auffälliger Weise von denen der übrigen Insekten unterscheiden. Es lassen sich nämlich an den betreffenden Gebilden drei verschiedene Theile wahrnehmen: ein sehr langge- streckter Körper, ein außerordentlich langer, fadenförmiger Schwanz- theil und ein eigenthümlicher winkelförmiger Anhang. Der langge- streckte Körper ist seitlich zusammengedrückt und geht an dem einen Ende allmählich in den fadenförmigen Anhang über, während sein anderes Ende sich zuspitzt und mit dem winkelförmigen Anhange verbunden ist. Eine Andeutung einer Sonderung des Insektenspermatosoms in Kopf- und Schwanztheil sah auch schon R. Wacner (4), welcher die Spermatozoen von Agrion virgo als drehrunde längliche Körper abbil- det, die in einen feineren, aber kurzen Schwanz auslaufen; zuweilen schien es WaGner, als wäre der Körper vom Schwanz etwas abgesetzt, wie bei den Amphibien. Diesen Angaben wird von R. WAGner und LeuckArt in den betref- fenden Abschnitten des Handwörterbuches der Physiologie (5) und in Topp’s Gyelopaedia of Anatomy and Physiology (6) nichts Wesentliches hinzugefügt. Auch in Srrıcker’s Handbuch der Lehre von den Geweben, in wel- chem (p. 531) die Samenkörper von Blaps mortisaga als einfache Fäden dargestellt werden, findet sich nur die Bemerkung von v. LA VALETTE St. GEORGE (7), dass in der Klasse der Insekten fast durchgängig haar- förmige an- beiden Enden zugespitzte Samenfäden vorkommen. In Betreff der Pedieulinen machte L. Lanvoıs (8) die Mittheilung, dass die Spermatosomen derselben sich aus einem rundlichen oder länglich runden Kopf und einer feinen Geißel zusammensetzen. Das- selbe erwähnt Weısmann (9) von den Musciden. In seiner vortrefflichen Monographie der Anatomie des Hundeflohes giebt L. Lannoıs (10) zuerst eine genauere Beschreibung der Samenfäden dieses Kerfes. Dieselben werden als langgestreckte, haarförmige Gebilde beschrieben, welche zugleich plattbandartigsind undsichnachbeiden Seiten hin verjüngen. Von den völlig ausgewachsenen Spermatosomen von Cimex lectularius berichtet derselbe Forscher (11), dass dieselben vollkommen fadenförmige Gebilde darstellen. 3 Nicht unwesentlich wurde unsere Kenntnis dieses Gegenstandes durch die schönen Untersuchungen O. Bürscuur’s bereichert, welcher hauptsächlich Coleopteren und Orthopteren für seine Arbeiten über die” Spermatogenese bei diesen Thieren heranzog. BürscnLı zeigte (12), dass Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 319 sich an den Samenfäden sämmtlicher von ihm genauer untersuchten In- sekten ein vorderer, mehr oder weniger langer Theil durch seinen stär- keren Glanz, seine Undurchsichtigkeit und durch verschiedenesVerhalten bei Zusatz bestimmter Reagentien vor dem eigentlichen Schwanzfaden auszeichnet. Dieses glänzende an Dicke den eigentlichen Schwanzfaden fast nicht übertreffende Stück hat bei den verschiedenen Insekten eine verschiedene Länge; im Vergleich zu der Gesammtlänge des Fadens bleibt es jedoch immer verhältnismäßig klein, am größten wurde es bei Calopteryx virgo getroffen, wo es ungefähr !/, der Gesammtlänge des Fadens erreicht. Mehrfach beobachtete Bürscnı nun an der Spitze dieses glänzenden Vorderendes noch ein sehr kurzes, blasses, stäbchen- artiges Spitzchen oder auch, wie bei Blatta orientalis, Dyticus margi- nalis und Locusta viridissima ein kleines, scheibenförmiges, Kreisrun- des helles Gebilde, über dessen Bedeutung jedoch keine Klarheit gewonnen wurde. Auch in Betreff der Struktur des Schwanzfadens eines Coleopters der Clythra octomaculata wird eine interessante Mittheilung gemacht. »Die Spermatozoen dieses Kerfes zeigen das stark glänzende undurch- sichtige und unbewegliche vordere Stück, an welches sich nach hinten hin nicht ein, sondern zwei Schwanzfäden ansetzen, von welchen der eine stets gerade gestreckt oder doch nur sehr schwach gebogen erscheint, während der zweite stets zahlreiche, wellenförmige Bie- gungen macht und sich wahrscheinlich nur scheinbar um den ersteren herumwindet« (p. 414). »Von diesen beiden Fäden bewegt sich nur der eine, der in wellenförmige Biegungen gelegte und zwar schienen alsdann gleichsam Wellen an dem geraden Faden hinabzulaufen. « In der zweiten ausführlichen Mittheilung desselben Beobachters (13) wird angegeben, dass sich der geschlängelte Faden in lebhafter wellenförmiger Bewegung befindet und zwar so, dass gleichsam ein Fort- schreiten dieser Bewegung vom Hinter- zum Vorderende hin stattfindet. Auf Taf. XL, Fig. V sind in Fig. 6, 7 und 8 drei Spermatosomen dieses Coleopters dargestellt, von welchen zwei den Zerfall in zwei Fasern auf größere Strecken sehr deutlich zeigen. Das Versehen Bürscnur's, welcher den von ihm beschriebenen vor- deren verdickten, sich vom Geißeltheil absetzenden Abschnitt des Insekten-Spermatosoms dem von ScHwEIGGEr- Seien (14) bei Säuge- thieren aufgefundenen »Mittelstück« gleichsetzte, wurde später durch Eımer (15) und v. La Varerte St. George (16) berichtigt. Der letztere Forscher erwähnt dabei gleichzeitig (16), dass er in der Form ganz ähnliche »doppelschwänzige« Zoospermien, wie sie Bürscenui bei Clythra entdeckte, auch bei einem verwandten Coleopter, 24* 320 Emil Ballowitz, der Phratora vitellinae, auffand. Fig. 65 der Taf. XXXV in der betref- fenden Abhandlung von v. La VALETTE St. GEORGE stellt ein Spermato- som dieses Kerfes dar, welches sich aus einem kurzen anscheinend cylindrischen, vorn abgestutzt gezeichneten Kopf und einem damit zusammenhängenden langen, ziemlich regelmäßig wellenförmig gebo- genen Schwanzfaden zusammensetzt. Fig. 64 zeigt diesen Schwanztheil in ganzer Ausdehnung in zwei vorn mit dem Hinterende des Kopfes zusammenhängende, nach hinten divergirende Fäden zerspalten, von denen der eine gerade, der andere dagegen wellenförmig gebogen er- scheint. Über das Vorkommen des von Bürscuuı beobachteten Spitz- chens am vorderen Ende des Kopfes wird indessen nichts mitgetheilt; nur die schon von v. SızrBoLp gesehene Auflagerung auf dem Kerne bei Locusta viridissima, erwähnt von v. La VALETTE ST. GEORGE; er setzt die- ‚sen »Winkel« geradezu der Kopfkappe gleich, welche am Samenkörper des Meerschweinchens sich vorfindet. Die sehr umfangreichen und mit vielen Illustrationen versehenen Abhandlungen Gizson’s (17) über die spermatogenetischen Vorgänge bei den Arthropoden, in welchen alle Insektenordnungen berücksichtigt werden, enthalten über eine Struktur der entwickelten Spermatosomen nur wenige Daten, welche dem bisher Bekannten kaum Neues hinzu- fügen. Auch dieser Mikroskopiker unterscheidet an dem Spermatosom einen aus dem Zellkerne hervorgehenden Kopf und einen fadenförmi- gen Schwanztheil, beide je nach der Art von sehr variabler Länge. An den ausgebildeten immer sehr langen und sehr feinen Samenfäden der Lepidopteren färbt sich der Kopf nicht mehr durch Methylgrün. Bei den meisten Insekten wurde an dem vorderen Ende des länglichen, feinen Kopfes ein gleichfalls schmales, gewöhnlich nur kurzes Stück wahrge- nommen, welches eine andere Farbenreaktion wie der eigentliche Kopf zeigt. Gizson nennt diesen Abschnitt, dessen Vorhandensein BÜTscHLI, wie erwähnt, schon bei den Coleopteren feststellte »Segment proce&- phalique«. Oft ist dieses Segment proc&phalique so kurz, dass man es nur mit Hilfe sehr starker Systeme und bei Anwendung geeigneter Farbstoffe sieht. Auch der ankerförmige Anhang v. Sırsorp’s an den Spermatosomen der Locustinen wird als »Segment proc&phalique« be- zeichnet und auf Taf. VI und VII mehrfach abgebildet. Sehr auffällig erscheint mir, dass einer Struktur des Geißeltheiles, welcher überall nur als einfacher Faden von verschiedener Länge gezeichnet ist, nir- gends Erwähnung gethan wird. Auch die Beobachtungen von BürscHLE und v. La VALETTE St. GEORGE in Betreff einer Spaltung dieses Abschnit- tes in zwei Fäden wird nicht bestätigt, ja nicht einmal erwähnt, obwohl gerade diese Erscheinung schon bei der Untersuchung des frischen Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 321 Spermas mancher Insekten mit schwachen Systemen nach meinen Er- fahrungen sehr oft und sehr leicht wahrgenommen werden kann. In jüngster Zeit hat v. La VALETTE St. GEORGE in den »Spermato- logischen Beiträgen« seine früheren Arbeiten wieder aufgenommen und darin auch die Insekten berücksichtigt. Während die fünfte Mit- theilung (18) dieses Forschers nur die Entstehung der Spermatocysten bei den Lepidopteren schildert, enthält die zweite Mittheilung (19) eine gelegentlich gemachte Notiz über die Zusammensetzung des reifen Spermatosoms von Blatta germanica, welches als oben und unten zu- gespitzter, sich lebhaft schlängelnder Faden beschrieben wird. Der später wieder verschwindende Kopf soll aus dem Kerne der Sperma- tide, der Faden aus dem Cytoplasma hervorgehen ; die Verbindung zwi- schen Kopf und Faden soll vermittelt werden durch ein besonderes Zwischenstück, welches dem Nebenkern seine Entstehung verdanke. Nur die vierte Mittheilung (20) der»Spermatologischen Beiträge«bringt ausführlichere Daten über die reifen Spermatosomen und zwar einiger CGoleopteren. v. La VALETTE ST. GEORGE bestätigt darin seine früher schon an Phratora vitellinae gemachte Beobachtung und berichtet ausführ- lich, dass, wenn man die Spermatozoen dieses Coleopters mit gewissen Reagentien, wie verdünnter Essigsäure und verdünntem Alkohol be- handelt und mit Hämatoxylin färbt, man sehr schön zwei Fäden sieht. Von diesen ist der eine etwas dünner und verläuft geradlinig, während der andere kurze Biegungen macht. Die beiden Fäden trennen sich von einander, indem sich zuerst der gebogene von dem geradlinigen in der Mitte in einer Kurve ablöst, bis sie später wie die Schenkel eines Zirkels aus einander fahren (ef. 1. c., Taf. III, Fig. 37 und 38). Ganz klar indessen scheint v. La VALETTE ST. GEoRGE die Anordnung der beiden Fäden doch nicht geworden zu sein, da in den kurz vorher- gehenden Sätzen über die Entwicklung des Schwanztheiles von einer »Spirale« gesprochen wird. Mit zunehmender Reife des Spermatosoms verschwinden die kleinen oder größeren Cytoplasmaklümpchen, welche dem Schwanztheil anhaften und der ganze Faden erscheint von einer Schicht Zellsubstanz eingehüllt. Dabei soll der Schwanzfaden sich »spiralig« in kurzen Touren krümmen, über deren Kontour die an- hängende Cytoplasmaschicht hinwegläuft und jene theilweise verwischt. Der flimmernde Samenfaden liegt jedoch, wie v. La VALETTE St. GEORGE dann hinzufügt, nur einfach dem anderen an und geht erst bei der Biegung des letzteren mit in die Spirale ein. Anhangsweise werden dann noch einige Angaben über Größenverhältnisse und Gestalt der Spermatosomen einiger anderer CGoleopteren (Ocypus olens, Astynomus aedilis, Lema melanopa, Cassida nebulosa, Coccinella bipunetata) bei- 322 Emil Ballowitz, gefügt. Auf Taf. IV sind die Spermatosomen dieser fünf Arten als in kleineren oder größeren wellenförmigen Einbiegungen verlaufende Fäden mit feinem, geradem oder fast geradem nadelförmigem Kopf dar- gestellt. Die Köpfe sind dieker als der Schwanztheil, nur bei Coceinella bipunctata erschien er feiner, als der Faden ist. Übrigens ist an den Köpfen ein vorderer vom Hinterstück differenzirter Abschnitt (segment proeephalique Girson’s) auch hier weder gezeichnet noch wird ein sol- cher in der Beschreibung erwähnt. Bei Lema melanopa wird ein »Dop- pelfaden« und bei Cassida nebulosa ein schmaler Flimmersaum für den Geißeltheil angegeben. Für Coccinella bipunetata bemerkt v. La VaLETTE Sr. Grorer ausdrücklich, dass der Flimmersaum des lebhaft schlängeln- den Fadens sich durch verdünnten Alkohol und Eosin nicht ablösen ließ. Auch bei Forficula auricularis, deren Spermatosomen aus einem verhältnismäßig starren, stäbchenförmigen Kopf und dem lebhaft undu- lirenden Faden bestehen, fand v. La VALETTE ST. GEORGE, wenn auch nur selten, Samenkörper, welche am unteren Ende in zwei Fäden ausliefen (21, Fig. 7%). Für das Vorhandensein eines flimmernden Spiralsaumes tritt Leyvie (22) ein. Dieser Forscher will bei Timarcha coriacea, welche Art sich besonders günstig für die Untersuchung erwies, einen in rascher Bewegung begriffenen »Spiralsaum« deutlich gesehen haben. An den Zoospermien von Hydrophilus caraboides unterscheidet Lerypıe einen blassen Anfangstheil und ein langes, gerades, wie stabförmiges Kopfstück, anscheinend mit Spirallinie versehen. Der darauf folgende fadige Anhang zeigt stellenweise deutlich den »schraubigen« Saum. An den sehr feinen Samenfäden von Melo& violacea konnte eine »unduli- rende Membran« unterschieden werden. Auch von anderen Insekten- ordnungen vermuthetLeypıs, dass sie sich ähnlich verhalten, wenigstens wird von Naucoris cimicoides das Vorhandensein des Spiralfadens an- gemerkt. Derselbe kommt wieder erst bei sehr starker Vergrößerung zur Ansicht und das Bild ist nach Leyvic so, als ob ein Faden dicht um den anderen geschlungen wäre. Weitere vereinzelte Beobachtungen über Insektenspermatozoen von Emmer (15), Jensen (23), Leypıg (22) und Anderen sollen an betref- fender Stelle Berücksichtigung finden. Erwähnen muss ich nur noch, dass auch in den neuesten die Spermatogenese der Insekten behan- delnden Arbeiten v. WirLowizsskr’s (24) (Goleopteren, Orthopteren und Lepidopteren) und BrAurzsArpe’s (25) (Canthariden) über das Aussehen der reifen Spermatozoen entweder keine Angaben sich finden oder DE Ba Se 0 nur gelegentlicht bemerkt wird, dass dieselben die Form langer, sehr feiner, etwas wellig gebogener Fäden besitzen. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc, 333 Dasselbe gilt von der älteren Mittheilung Bausıanr's (26) über die Samenbildung bei den Aphiden. HER Aus Obigem geht hervor, um kurz zu rekapituliren, dass über eine Struktur der reifen Insektenspermatozoen trotz der vielen spermatolo- gischen Untersuchungen, bis jetzt nur sehr wenig bekannt war. Nur so viel schien im Allgemeinen festzustehen, dass die Samenkörper der Hexapoden durchaus fadenförmige Gebilde darstellen und sich aus zwei _ Theilen, einem sehr schmalen Kopf und einem Fadentheil zusammen- setzen, welche beide je nach der Species von sehr differenter Länge sind. An dem vorderen Ende des Kopfes wurde von einigen Beobachtern (BürscaLı, LeyDis, GiLson) ein von dem übrigen Kopftheil verschiedenes Stück (Segment procöphalique GıLson’s) wahrgenommen, welches in- dessen von anderen Forschern, wie z.B. von v. La VALFTTE ST. GEORGE nicht erwähnt wird. An dem vorderen Kopfende der Locustinen findet sich statt dessen ein eigenartiger hakenförmiger Ansatz. In Betreff einer Struktur des Geißeltheiles liegen nur die Angaben von BürscnLı und von v. La VALETTE ST. GRORGE vor, nach welchen sich derselbe bei einigen wenigen Goleopteren in zwei verschiedene Fäden, einen geraden und einen gebogenen, zerlegen lässt. v. La VALETTE St. Grorsz entscheidet sich dahin, dass der letztere Faden dem ersteren saumartig angeheftet sei. Hiermit stehen im Widerspruch die Mitthei- lungen Leyvie’s über das Vorhandensein eines wirklichen Spiralsaumes, resp. einer schraubig am Geißeltheil verlaufenden undulirenden Membran. | Diese geringe Kenntnis, welche wir von dem Baue der Spermato- somen der Hexapoden besitzen, sowie die theilweisen Widersprüche in dem nur mangelhaft Bekannten lassen es wünschenswerth erscheinen, die Samenkörper dieser Thiere einer genauen vergleichenden Unter- suchung zu unterziehen. Es dürfte mithin der Versuch, eine feinere Struktur auch an diesen Gebilden darzustellen, schon aus diesem Ge- sichtspunkte nicht ohne Werth sein. Ein derartiges Unternehmen bie- tet gerade jetzt um so mehr Interesse, als sich in der Neuzeit die Untersuchungen über die Spermatogenese auch in dieser Thierklasse, wie wir aus der Litteraturübersicht gesehen, sehr gemehrt haben; ist es doch auch hier, wie überall, dringend erforderlich, zuvor den fei- neren Bau des ausgereiften Gebildes genau kennen zu lernen, bevor man die komplieirten Entwicklungsvorgänge des werdenden Körpers zu enträthseln mit Erfolg unternehmen kann. Dass nun auch diese Spermatozoen in der That eine feinere Struk- tur besitzen, dies zu vermuthen, berechtigten mich die Resultate, welche ich bei anderen Thieren erhalten hatte. Ich konnte demnach R ar j f >. m 324 Emil Ballowitz, mit einiger Aussicht auf Erfolg an diese Arbeiten herantreten. Ich ließ mich daher auch nicht durch die groben Schwierigkeiten, welche sich mir Anfangs entgegenstellten und durch den wahrlich nicht geringen Aufwand an Zeit und Arbeitskraft, welchen dieselben erforderten, ab- schrecken; sagt doch schon v. Sırsorp (1) von diesen Untersuchungen, dass dieselben sehr mühsam seien und viele Geduld erfordern. Zugleich leitete mich hierbei aber auch der Gedanke, zu versuchen, ob sich mir auch bei Untersuchung dieser meist sehr lebhaft beweg- lichen Elemente wichtigere, allgemeinere Gesichtspunkte im Hinblick auf die Lehre von der Struktur der kontraktilen Elemente überhaupt ergeben würden, in dem Sinne, wie ich diese Gesichtspunkte in der Einleitung zum ersten Theil meiner Arbeiten (27) bereits skizzirt habe. Ich legte daher auch bei dieser Arbeit das Hauptgewicht auf die Er- forschung einer feineren Struktur des kontraktilen Geißeltheiles, ohne indessen das Studium der feineren Bauverhältnisse des Kopfes zu ver- nachlässigen. In wie weit mir dies gelungen ist, ob die vorliegende Arbeit als ein Beitrag zur Lehre von der fibrillären Struktur der kon- traktilen Substanzen verwerthet werden kann, möge aus den mitzuthei- lenden Thatsachen hervorgehen (vgl. hierüber auch 28 und beson- ders 29). Wie bei den Spermatosomen anderer Thiere, so machte ich bei den Hexapoden sehr bald die Erfahrung, dass bei Weitem nicht alle Species einer Thiergruppe sich gleich gut für eine detaillirte Unter- suchung ihrer Spermatosomen eignen; vielmehr finden sich solche Arten sehr sporadisch und wollen erst gesucht sein, deren Samenkör- per für die Erforschung ihres feineren Baues günstig sind und ihre Struktur leicht aufschließen. Hat man aber einmal an diesen günstigen Objekten die Bauverhältnisse erkannt und festgestellt, so hält es meist nicht allzu schwer, auch an weniger geeigneten Körpern die gleichen Strukturen wahrzunehmen und darzustellen, natürlich vorausgesetzt, dass es sich nicht um abweichende Formen handelt, wie sie bei nahe verwandten Gattungen ja vorkommen. Allerdings stößt man auch sehr häufig auf Formen, welche einer eingehenden Untersuchung die größten Schwierigkeiten entgegensetzen. Ich erinnere an meine erste Studie über die Struktur der Spermatozoen der Vögel (27), bei welchen mir z. B. die durch ihre Größe ausgezeichneten Spermatozoen des Buch- finken zuerst die werthvollsten Aufschlüsse gaben, die sich dann später auch bei allen übrigen, im Allgemeinen weniger günstige Unter- suchungsobjekte liefernden Singvögeln bestätigen ließen. Es musste mir demnach darauf ankommen, um zunächst günstige Objekte aufzufinden, möglichst viele Gattungen und Arten in Unter- Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete, 3235 suchung zu ziehen. Dabei hatte ich das Bestreben, so weit thunlich, systematisch zu Werke zu gehen, um gleichzeitig einen möglichst voll- ständigen Überblick über die Spermatozoenformen und ihre Verbrei- tung zu gewinnen und Familien, welche sich vielleicht durch Besonder- heiten ihrer Samenkörper auszeichnen könnten, so weit dies überhaupt möglich ist, nicht zu übersehen. Allerdings ist man hierbei ganz außerordentlich abhängig von dem Material und der Jahreszeit, und muss der Untersucher gewöhnlich sehr zufrieden sein mit dem, was ein glücklicher Zufall ihm in die Hände spielt. Es wäre mir nun nicht möglich gewesen, ein so umfangreiches Material, wie ich es beabsichtigte, zusammenzubringen, obwohl einige Kenntnis der einheimischen Fauna mir hierbei sehr zu statten kam, wenn ich nicht von zahlreichen Entomologen und Sammlern unter- stützt worden wäre. Ich habe keine Mühe gescheut, um Verbindungen anzuknüpfen und mir, selbst aus dem Auslande, lebende Insekten schicken zu lassen, von denen allerdings die wenigsten in gebrauchs- fähigem Zustande ankamen. Zu ganz besonderem Danke fühle ich mich den Herren Professor Kırı Sasö in Ungvär, Dr. Rupow in Perleberg und C. F. Lange in Annaberg im Erzgebirge verpflichtet, welchen Herren ich manche werthvolle Sendung verdanke. Ich ergreife gern diese Ge- legenheit, den genannten Herren für ihre liebenswürdige Unterstützung an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Trotz aller Bemühungen bin ich mir aber sehr wohl bewusst, dass diese Untersuchungen doch viele Lücken aufweisen müssen und kann ich nur hoffen, dass die Arbeit mit Rücksicht auf ihre Subtilität, ihre Ausdehnung und die Schwierigkeiten, welche sich ihr besonders auch in der Beschaffung des Materials entgegenstellten, eine wohlwollende Nachsicht finden mögen. Vielleicht sind diese Untersuchungen auch nur aufzufassen als Vorarbeiten für höhere Aufgaben, welche sich die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete zu stellen hat. Warpeyer hat diese Aufgaben kürzlich auf dem ersten Kongress der anatomischen Gesell- schaft in Leipzig in seinem überaus lehrreichen und umfassenden Vortrage (30) präcisirt und der spermatologischen Forschung die Wege und Ziele in scharfer und übersichtlicher Weise vorgezeichnet. Der genannte Forscher sagt darin (l. c. p. 354): »Für die Zukunft sind, wie ich meine, außer dem mit Rücksicht auf den Bewegungsmechanismus anzustellenden genauerem Studium des Kopfes und der Fadenverhält- nisse am Schwanze, besonders auch noch die Erscheinungen der Be- fruchtung, so weit sie am Samenfaden ablaufen, in Betracht zu ziehen.« Und vorher (l. ce. p. 349): »Äußerst mannigfaltig sind bekanntlich die 326 Emil Ballowitz, Formen des Kopfes, und wird es eine der Hauptaufgaben künftiger Forschung bilden, dieselben abzuleiten und zu erklären, wobei An- passungsverhältnisse an den Bau des Eies wohl hauptsächlich in Frage kommen dürften. « Es bietet sich hier der Forschung noch ein weites, kaum betretenes und viele Ausbeute versprechendes Feld, welches einer sorgfältigen Bearbeitung harrt, und scheinen mir gerade die Insekten für derartige Untersuchungen günstige Bedingungen zu liefern. — — In der vorliegenden Arbeit sollen nun zunächst die Spermatosomen der Coleopteren abgehandelt werden. Ich hatte Gelegenheit, folgende 101 Arten genauer zu untersuchen: Familie Genus Species CGarabidae Calosoma sycophanta L. Procrustes coriaceus L. Chaetocarabus intricatus L. Megadontus azurescens De]. Carabus Parreyssi Palld. Garabus arvensis Hbst. CGarabus hortensis Fabr. Garabus gemmatus Fabr. CGarabus cancellatus Ill. Nebria brevicollis Fabr. Notiophilus rufipes Gurt. Loricera pilicornis F. Harpalus aeneus F. Amara communis Panz. Amara trivialis Gyll. Feronia cuprea L. Galathus cisteloides Panz. Hydrophilidae Hydrophilus piceus L. Hydrophilus aterrimus Eschsch. Hydrocharis caraboides L. Staphylinidae Staphylinus cyaneus Payk. Silphidae Thanatophilus rugosus L. Thanatophilus sinuatus F. Xylodrepa A-punctata L. Silpha obseura L. Necrodes littoralis L. Necrophorus germanicus L. Necrophorus humator Goeze. N w- - uf E iz Familie Silphidae Cucujidae Cistelidae Histeridae Lucanidae Searabaeidae Cleridae Cisidae Tenebrionidae Pyrochroidae Meloidae Gureulionidae Rhynchitidae Attelabidae Genus Necrophorus Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. Species vespillo L. Hyliota (Brontes Fahr.) planata L. Byrrhus Hister Saprinus Lucanus Sinodendron Copris Onthophagus Aphodius Aphodius Geotrypes Geotrypes Trox Rhizotrogus Melolontha Phyllopertha Anomala Oryctes Getonia Gleroides Glerus Cis Blaps Blaps Opatrum Gorticeus Laena Pyrochroa Melo& Otiorrhynchus Otiorrhynchus Otiorrhynchus Otiorrhynchus Otiorrhynchus Chlorophanus Lepyrus Hylobius Rhinomacer Attelabus pilula L. A-maculatus L. nitidulus Payk. capreolus Sulz. eylindrieum L. lunaris L. fracticornis Preyssl. fossor L. fimetarius L. stercorarius L. sylvaticus Panz. sabulosus L. solstitialis L. vulgaris F. horticola L. aenea Degeer. nasicornis L. aurata L. formicarius L. apiarius L. boleti Scopoli. mortisaga L. similis Latr. sabulosum L. cimeterius Herbst. Reitteri Weise. coceinea L. variegatus Donov. niger F. atroapterus Deg. irritans Herbst. laevigatus F. ovatus L. viridis L. capueinus Schall. abietis L. populi L. ceureulionides L. 327 328 Emil Ballowitz, Familie Genus Species Attelabidae Apoderus coryli L. Gerambycidae Spondylis buprestoides L. Prionus coriarius L. Stenocorus inquisitor L. Strangalia atra Fabr. Cerambyx heros Scop. Aromia moschata L. Acanthoeinus aedilis L. Pogonochaerus fasciculatus Deg. Morimus funereus Muls. Lamia textor L. Mesosa nebulosa F. Oberea oculata L. Chrysomelidae Donacia crassipes F. Grioceris lilii Scop. Grioceris asparagi L. Grioceris 12-punctata L. Entomoscelis dorsalis F. Timarcha metallica Laich. Timarcha tenebricosa F. CGhrysomela analis L. Chrysomela sanguinolenta L. Chrysomela limbata F. Chrysomela cerealis L. Chrysomela haemoptera L. Chrysomela staphylea L. Chrysomela geminata Payk. Chrysomela hyperici Forst. Phyllodeecta (Phratora Redtb.) vitellinae L. Melasoma (Lina Redtb.) populi L. Galeruca (Adimonia Laich.) pomonae Scop. Galeruca (Adim. Laich.) tanaceti L. Goccinellidae Coceinella 7-punctata L. Außer den aufgeführten Species, deren Benennung dem »Catalogus coleopterorum Europae et Caucasi. Auctoribus Dr. L. v. HEyDen, E. REITTER et J. Weise, Editio III, Berolini 1883«, entspricht, kamen noch mehrere Arten zur Untersuchung, besonders aus den Familien der Carabidae, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 339 CGureulionidae und Chrysomelidae, welche aber nicht näher bestimmt wurden. Von jeder Art wurden meist mehrere, oft zahlreiche Exemplare untersucht, da ein Exemplar gewöhnlich nicht genügte, um die für Macerationen nöthige Menge Spermas zu gewinnen. Häufiger wurden im Hoden und Vas deferens ausgebildete Samenkörper überhaupt ver- misst oder traten im Hoden im Vergleich zu den zahlreichen Sperma- tiden und Hodenzellen so sehr an Zahl zurück, dass die durch Zerzupfen gewonnenen Präparate, der vielen Verunreinigungen wegen, nicht be- nutzt werden konnten. Besonders auffällig wurde das Fehlen von reifen Spermatozoen, ja überhaupt von Entwicklungsformen derselben, im Hoden bei Coleopteren z. B. aus der Familie der Scarabaeiden (z. B. Aphodien), Cieindelen, Silphiden und Anderer, welche zu überwintern pflegen und im Herbst zur Untersuchung kamen. Es geht daraus wohl hervor, dass bei den meisten dieser überwinternden Thiere erst im nächsten Frühling die männlichen Keimdrüsen in Funktion treten. Meist wurde das Sperma aus Hoden und Vas deferens benutzt, seltener untersuchte ich auch den Inhalt des Receptaculums des Weib- chens. Besonders geeignet war die Samenflüssigkeit, wenn sie das Vas deferens strotzend erfüllte, da dann Verunreinigungen so gut wie ganz fehlten; derartige Männchen waren aber nicht zu häufig. Zur Fixirung der lebensfrischen Samenkörper dienten Osmium- säuredämpfe. Für Macerationen erwiesen sich Chlornatriumlösungen in der Koncentration von 0,8—10°/, als sehr geeignet. Gefärbt wurde meist mit den intensiv färbenden violetten Anilinfarben, besonders mit Gentianaviolett!. Alle Abbildungen der beigefügten Tafeln sind nach mit Gentianavioletl tingirten Präparaten angefertigt. Für die mikroskopische Untersuchung wurde hauptsächlich Winkeı, homogene Immersion 1/24, gewöhnlich mit Zuhilfenahme des Assr’schen Beleuchtungsapparates benutzt. Nach diesen Vorbemerkungen mögen die ausführlichen Mitthei- lungen der Resultate meiner Untersuchungen folgen. Es dürfte auch hier sich empfehlen, wie ich schon in meiner ersten Abhandlung dis- ponirt habe, zuerst den feineren Bau des Geißeltheiles der Spermato- somen zu schildern, um dann die Besprechung der Zusammensetzung des Kopfes folgen zu lassen. In einem besonderen Abschnitt sollen als- dann die Bewegungserscheinungen und ihre Beziehungen zur Struktur abgehandelt werden. 1 Die Farbstoffe wurden aus dem chemischen Laboratorium des Dr. GRÜBLER in Leipzig bezogen, 330 Emil Ballowitz, A. Di Struktur der Geißel. Wie ich schon 1886 kurz berichtete (31), beobachtete ich in der Klasse der Insekten zwei Haupttypen von Spermatozoen, welche sich sowohl durch ihre Zusammensetzung, wie durch die Art ihrer Bewe- gung unterscheiden. Die eine Form zeichnet sich durch das Vorhanden- sein einer mehr oder weniger starren, differenten Faser (»Stützfaser «) aus, welche bei dem anderen Typus nicht in dieser Weise morpholo- gisch und funktionell differenzirt ist. Zwischen beiden Typen finden sich Übergangsformen. | Es sollen zuerst die Spermatozoen mit aus nei BENFE Stützfaser berücksichtigt werden. . Um zunächst eine Anschauung von der äußeren Gestalt des Geißel- theiles dieser Samenkörper zu geben, welche bis jetzt noch nicht zu- treffend beschrieben wurde, will ich ein ganz beliebiges Beispiel wäh- len, etwa die Spermatosomen von Hylobius abietis L. Die Samenkörper dieses Coleopters stellen dünne, in frischem Zustande ziemlich starre Fäden dar, deren Länge sich auf 0,147 mm beläuft. Hiervon fallen 0,027 mm auf den Kopf und 0,12 mm auf den Geißeltheil. Nur diese beiden Theile lassen sich an dem Spermatosom unterscheiden; ein Verbindungsstück (Mittelstück ScHWEIGGER- SEIDEL’S) oder auch nur irgend eine Andeutung desselben ist hier eben so wenig, wie bei allen anderen, oben namhaft gemachten Coleopteren nachweis- bar. Die meisten dieser Fäden erscheinen nun in ganz frischen Präpa- raten leicht $-förmig gekrümmt, oft fast gerade gestreckt. Häufig ist diese Krümmung derart, dass eine lang ausgezogene, aus einer einzigen Tour bestehende Spirale gebildet wird. Bisweilen zeigen sie auch nach einer Seite hin eine Umbiegung, welche sich nur selten so vergrößert, dass annähernd ein Halbkreis entsteht. Jedenfalls werden an dem lebensfrischen Spermatosom, wenn nicht Ösenbildung eingetreten ist, größere unregelmäßige Einbiegungen und mehrfache spiralige Windun- gen stets vermisst. Bei Untersuchung mit schwacher Vergrößerung erscheint nun die Geißel wie wellig gebogen; man gewinnt bei flüchtiger Prüfung den Eindruck, als ob dieselbe in ihrem ganzen Verlaufe zahlreiche kleine mehr oder weniger regelmäßige seitliche Einbiegungen besäße. Dieses Aussehen ist jedoch nur ein scheinbares. Untersucht man durch Osmiumsäuredämpfe lebensfrisch fixirtes Sperma mit einer guten Öl- immersion und Assr'schem Beleuchtungsapparat bei gutem Tageslicht, so erkennt man Folgendes. Wird der mittlere Theil eines leicht eingebogenen Spermatosoms, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 331 welches möglichst in einer optischen Ebene ausgebreitet liegt, bei mitt- lerer Einstellung fixirt, so nimmt man eine gerade, stark lichtbrechende Faser wahr, welche anscheinend die Achse der Geißel durchzieht und um welche sich eine weniger stark lichtbrechende Faser, wie es auf den ersten Blick scheinen will, in regelmäßigen kurzen Spiralen herumwindet. Indessen auch diese spiralige Umwickelung ist nur eine scheinbare, wie schon eine genaue Analyse des mikroskopischen Bildes lehrt. Stellt man denselben Theil ganz oberflächlich ein, so tre- ten zuerst kleine dunkle Schatten auf, welche ganz regelmäßig gestellt sind. Diese Schatten werden breiter, länger und deutlicher, wenn man den Tubus noch ein wenig nach abwärts bewegt. Sie erscheinen dann als gleich große, in bestimmten Abständen auftretende Einbie- gungen, deren Konvexität meist nach der konkaven Seite des geboge- nen Spermatosoms hinsieht. Die Zahl dieser Schatten deckt sich aber nicht mit der Anzahl der Einbiegungen bei mittlerer Einstellung, viel- mehr liegt stets zwischen zwei dunkel erscheinenden Einbiegungen eine hellere, nicht genau eingestellte und daher undeutlich erschei- nende. Geht man von der oberflächlichen zu der mittleren Einstellung über, so setzen sich die dunklen und die hellen Einbiegungen nach der konvexen Seite der Geißel hin mit einander in Verbindung. Dabei verblassen die bei oberflächlicher Einstellung dunklen Einbiegungen und werden weniger deutlich. Zugleich erscheint aber scharf begrenzt die gerade Faser. Man erkennt jetzt bei wiederholter Bewegung der Mikrometerschraube, dass sich diese Faser hinter den Anfangs dunklen und vor den anderen auch jetzt noch undeutlichen Einbiegungen be- findet. Stellt man noch tiefer die untere Fläche des Spermatosoms ein, so kann man die Biegungen hinter die nunmehr undeutlicher werdende gerade Faser verfolgen, bis sie in die Anfangs blassen Windungen über- gehen. Diese letzteren erscheinen jetzt dunkel und scharf, während umgekehrt die bei oberflächlicher Einstellung dunklen Windungen nunmehr undeutlich und blass geworden sind. Dabei sind die unteren jetzt scharf eingestellten Biegungen genau so gerichtet, als die oberen: auch ihre Konkavität sieht gegen den konvexen Rand der Geißel. Andere Bilder erhält man, wenn man mehr gerade gerichtete Spermatozoen untersucht, die aber auch in günstiger Lage befindlich Sein müssen. Stellt man auch hier wieder ganz oberflächlich ein, so sieht man eine Anzahl von schräg gerichteten Schatten in regelmäßigen Abständen schräg über die Geißel hinziehen. Die Richtung dieser Schatten ist eine verschiedene, indem alternirend eine dunkle Linie, _ welche vom Kopfe her und von rechts nach hinten und links hinzieht, stets gefolgt wird von einer anderen, welche eine entgegengesetzte 332 Emil Ballowitz, Richtung hat und von vorn und links nach hinten und rechts hingeht. Die Zahl dieser Schrägschatten ist genau doppelt so groß als die An- zahl der bei oberflächlicher Einstellung einer gebogenen Geißel dun- kel erscheinenden Biegungen.. Der Theil, welcher zwischen den Enden der dunklen Linien liegt und dieselben verbindet, ist undeutlich und heller und erscheint häufig wie eingekerbt. Diese scheinbaren Einker- bungen werden um so deutlicher, je tiefer man einstellt. Senkt man nun den Tubus bis zur mittleren Einstellung, so werden die Schräg- schatten breiter und deutlicher und man erkennt jetzt hinter denselben eine gerade verlaufende Faser. Es wird mithin zu jeder Seite einer geraden Faser eine Reihe regelmäßig alternirender, zierlicher, gleich großer konvexer Biegungen einer zweiten Faser sichtbar. Die geschilderten Eindrücke lassen sich nur dadurch erklären, dass an eine gerade Faser eine zweite gebogene, saumartige Faser angehef- tet ist. Der eine Rand dieses gebogenen Saumes ist gerade und heftet sich an die eine Seite der zweiten Faser an. Der andere freie Rand dagegen ist nach beiden Seiten hin in ganz regelmäßigen Abständen krausenartig umgehogen, so dass er etwa drei Viertel der Cirkumferenz der geraden Faser umfasst. Diese Umbiegungen sind von bestimmter, ziemlich gleicher Größe und alterniren sehr regelmäßig mit einander, so dass auf eine rechte Umbiegung stets eine linke folgt und umge- kehrt. Einigermaßen ließe sich diese Bildung etwa vergleichen mit einem mit der Brennschere »getollten« oder »gekrausten« Kleidersaume. Ich möchte daher den Saum als »Krausensaum« bezeichnen. Es mag hier schon erwähnt werden, dass der Krausensaum kontraktil ist und ein Flimmerphänomen zeigt, während die gerade Faser nicht kontraktil ist und nur als »Stützfaser« der Geißel fungirt. Die gerade Faser möge daher fortan auch diese Bezeichnung führen. Stellt man ein gebogenes Spermatosom ein, so blickt man mithin gewöhnlich von der Seite auf den Krausensaum. Die dunklen Schatten, welche dann bei oberflächlicher Einstellung zuerst sichtbar werden, sind die oberen Krausen; bei tiefer Einstellung erscheinen die unte- ren, hinter der Stützfaser gelegenen der anderen Seite. Sieht man von oben her auf die mehr gerade gestreckte Geißel, so erhält man an den Seiten der Stützfaser die beiden Reihen der Umbiegungen des Sau- mes, von denen jede eine Einzelkrause darstellt. Die tiefsten, am wei- testen nach hinten umgebogenen Stellen des Saumrandes erscheinen als die kleinen Einkerbungen der Krausen (Taf. XII, Fig. 1 bei eeeeee). Es ist klar, dass die Bilder sich ändern, wenn das Spermatosom eine andere Lage einnimmt; das Aussehen des Saumes wird hierdurch ein ziemlich wechselndes. Man muss daher bisweilen suchen, um so ww Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 333 | typische Ansichten, wie die geschilderten, zu erhalten, zumal dies auch sehr von einer in allen Theilen genau horizontalen Lage des Samen- körpers abhängt. Dazu kommt, dass auch häufig Unregelmäßigkeiten. in den Umbiegungen des Saumes zur Beobachtung kommen, die wohl mit Kontraktionszuständen während des Absterbens des Spermatosoms zusammenhängen. So sind einige Einbiegungen bisweilen etwas klei- ner, andere größer, oder reichen nicht so weit herum, als die übrigen. Häufiger habe ich eine Abweichung gefunden, die möglicherweise mit _ den Bewegungserscheinungen des Saumes zusammenhängt. Man trifft nämlich nicht zu selten Spermatozoen an, welche gerade noch einmal so viele Umbiegungen zeigen, als die anderen. Diese Krausen sind be- deutend kleiner und zierlicher und reichen nicht so weit um die Stütz- faser herum. Färbt man in indifferenten Flüssigkeiten durch Osmiumsäure- dämpfe fixirte Spermatozoen mit Gentianaviolett, so treten die krau- senförmigen Umbiegungen des Saumes sehr schön hervor (Fig. 1). Auch die am weitesten nach hinten umgebogenen Randtheile, welche Einker- bungen der Krausen vortäuschen können, sind bei bestimmten Lagen des Samenkörpers stets sehr deutlich (Fig. I bei eeeee). Zugleich erkennt man, dass es sich nicht einfach um einen der Stützfaser etwa nur an- liegenden Saum handelt, sondern dass der letztere kontinuirlich mit der ersteren zusammenhängt, so dass keine Lücke zwischen beiden besteht. Es hebt sich daher an dem gefärbten Präparat die Stützfaser auch nicht so deutlich von dem Saume ab, wie es an dem ungefärbten Spermatosom der Fall ist. Da es sich bei der Erkennung dieses Reliefs um zarte Schatten handelt, ist es nicht so ganz leicht, an dem frischen Präparat die Zahl und die Länge der Krausen zu bestimmen. Am leichtesten gelingt dies noch an Deckglas-Trockenpräparaten, welche von durch Osmiumsäure- dämpfe fixirtem! Material hergestellt und mit Gentianaviolett gefärbt werden. Es erhalten sich hierin die Umbiegungen ganz gut und lassen noch die Einzelheiten erkennen, welche am frischen Objekt festgestellt wurden. An derartigen Präparaten konnte ich bei Hylobius abietis im Durchschnitt 16 Krausen jederseits zählen, von denen eine jede in der Nähe des Kopfes 0,003 mm, in der Mitte 0,003—0,0035 mm, gegen das Ende hin 0,004—0,0045 mm lang erscheint. Es sind mithin die Umbie- gungen des Saumes von ziemlich gleicher Größe. Auch die Breite des Saumes ist in der ganzen Länge der Geißel dieselbe, nur gegen das 1 An Spermatozoen, welche ohne vorherige Fixirung einfach auf dem Deck- glase angetrocknet werden, erscheinen die seitlichen Einbiegungen größer und oft unregelmäßig, da sich der Flimmersaum etwas von der Stützfaser gelockert hat. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd. L. 22 334 Emil Ballowitz, Ende hin tritt eine geringe Verschmälerung ein. Das äußerste Ende der Geißel verjüngt sich schnell zu einer kleinen feinen Spitze. Ganz ähnlich gestaltete, mit einem typischen Flimmersaum ver- sehene Spermatosomen fand ich nun bei sehr zahlreichen Goleopteren und zwar besonders aus den Familien der Chrysomeliden, Cureulioni- den und Cerambyeiden; in den beiden ersteren Familien wurde dieser Typus fast ausschließlich vorgefunden. Aber auch in anderen Fami- lien (Rhynchitidae, Attelabidae, Carabidae |Calathus Taf. XI, Fig. 9]) kam ein charakteristisch ausgebildeter Krausensaum zur Beobachtung. Fig. 2 stellt z. B. ein Spermatosom von Pogonocherus fascicularis (Cerambycide) dar; im vorderen und hinteren Theil der Geißel blickt man von oben her auf den Krausensaum, während der mittlere Theil mehr die Seitenansicht zeigt; in dem letzteren Abschnitte sind die nach oben gerichteten, dunkel erscheinenden und die blasseren unteren, mit der scheinbaren Einkerbung versehenen Krausen recht deutlich. Hier im mittleren Theile ist auch an der linken Seite des Spermatosoms der gerade, der Stützfaser entsprechende Rand sichtbar. Die Ausbildung des Saumes, die Anzahl und Länge seiner Umbie- gungen variiren nun nach den Arten etwas. Es findet sich hier eine hemerkenswerthe Analogie mit den Spiralwindungen des Spiralsaumes der Singvögel-Spermatozoen. Wie dort, hängt auch hier die Anzahl der Umbiegungen von der Geißellänge ab, während die Länge der Ein- zelkrausen nur um ein Geringes differirt (vgl. 27, p. 422). Die meisten Spermatozoen dieser Form zeigten eine Geißellänge von 0,09—0,14 mm und ließen durchschnittlich 11—15 Krausen jederseits erkennen. Die Länge der Einzelkrause betrug dann 0,0035—0,005 mm (Lamia, Timarcha, Chrysomela staphylea u. A., Lepyrus, Otiorrhynchus laevigatus, Morimus, Phratora u. A. m.). Nur wenige Species wiesen bei der gleichen Geißellänge zahlreichere und kleinere Umbiegungen auf, wie z. B. Pogonocherus bei ca. 0,l mm Länge 15—20 Umbie- gungen jederseits, jede von 0,0025—0,003 mm Länge (Fig. 2). Kleinere Spermatosomen besitzen Krausen von etwas geringerer Länge. So kom- men bei Lina populi bei einer Geißellänge von 0,07 mm durchschnitt- lich auf jeder Seite 10—1% Einzelkrausen vor, jede in einer Länge von 0,003—0,0035 mm. Die kleinsten Spermatosomen dieser Form trafich bei Mesosa, deren Geißel 0,055 mm misst. Der Saum zeigt hier jeder- seits 12 Umbiegungen, jede von 0,002—0,0025 mm Länge. Im Gegen- satz hierzu stellte ich als größte Geißellänge bei Galeruca (Fig. 5) 0,37 mm fest mit ca. 30—35 Krausen jederseits, so dass auf jede eine Länge von 0,005—0,006, selten 0,007 mm fällt. Meist sind die Umbie- gungen in der ganzen Länge der Geißel ziemlich von gleicher Ausbil- "Ca Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc, 338 Ein; häufig zeigen sich die Krausen jedoch in der Mitte etwas mehr _ entwickelt, auch die zwei bis drei letzten Umbiegungen können eine größere Ausbildung erfahren. Auffällig wird dieses Verhalten bei Chrysomela sanguinolenta (Taf. XIII, Fig. 34), wo in der Mitte und in dem vorderen Theile der hinteren Hälfte der Geißel die Krausen sehr stark seitlich umgebogen und auch länger sind als an den anderen Stellen. Auch die Breite des Krausensaumes variirt nur wenig; durchschnittlich besitzt derselbe eine Breite von 0,001—0,002 mm. Ich muss noch hervorheben, dass bei allen diesen Arten die Sper- matosomen in lebensfrischem und ausgebildetem Zustande ziemlich starr sind und stets entweder fast geräde oder, was meistens der Fall ist, schwach S-förmig gekrümmt erscheinen (Fig. 2, 4, 34). Niemals wurden an dem reifen, sich bewegenden Spermatosom dieser Form unregel- mäßige Einbiegungen oder eine mehrfache spiralige Aufrollung der Geißel beobachtet. Es geht mithin schon aus der Untersuchung der unversehrten Spermatozoen hervor, dass es sich in dem Saume nicht um eine ein- fach wellenförmig gebogene Faser, als welche derselbe von v. La VALETTE ST. GEORGE (20) beschrieben wird, handelt und dass auch eine spiralige Umwicklung nicht besteht. Wir werden sehen, dass spiralige Bildungen, wie sie von JEnsen (23) und Leyvic (22) als »Spiralfaden«, »Spiralsaum« und »schraubige Nebenlinie« an den Spermatozoen der Insekten, spe- ciell auch der Coleopteren, angegeben werden, auch bei allen übrigen von mir untersuchten Coleopteren nicht vorhanden sind. Den endgültigen Beweis, dass der Krausensaum in der That nur der einen Seite der Stützfaser angeheftet ist und keine spiralige Bil- dung darstellt, liefern die Befunde, welche sich aus dem Zerfall der Geißel ergeben. Es löst sich nämlich der Saum sehr häufig und oft ganz regelmäßig von der geraden Faser ab. Diese Ablösung erfolgt am leichtesten, wie auch v. La VALETTE St. George (20) schon erwähnt, in dem mittleren Theile der Geißel; von hier aus erstreckt sie sich dann nach oben und nach unten hin (Taf. XII, Fig. 3, 4; Taf. XIII, Fig. 35). Diese Zerspaltung hört an dem hinteren Ende des Kopfes auf, man er- kennt, dass sich hier Stütz- und Flimmerfaser getrennt von einander an verschiedenen Stellen des Kopfes anheften. Auch an der äußersten hinteren Spitze der Geißel sistirt oft der Zerfall, so dass hier noch beide Fasern an einer ganz kleinen Stelle fest zusammenhängen, wäh- rend auf der ganzen übrigen Strecke zwischen Kopf und Spitze eine vollständige Trennung erfolgt ist. Derartige Präparate beweisen zur Ge- nüge, dass es sich nur um eine einseitige Anheftung des Flimmersaumes handeln kann. Oft erfolgt die Trennung aber auch über die äußerste 99% A 396 Emil Ballowitz, Spitze hinaus, so dass die Spermatosomen »doppelschwänzig« erschei- nen, Bilder, wie sie von BürscaLı (12, 13) und von v. La VALETTE Sr. GEorGE (20) beschrieben sind. Der Zerfall tritt nun bei manchen Coleopteren außerordentlich leicht ein. So habe ich z. B. bei Chrysomeliden, Gurculioniden und manchen Cerambyciden oft gesehen, dass in ganz frischen Präparaten, die durch Zerzupfen des Hodens in indifferenten Flüssigkeiten gewon- nen waren, ein Theil der Spermatozoen sehr bald in die beiden Fasern zerfiel, während sich die übrigen Samenfäden noch lebhaft wei- ter bewegten. Lässt man diese Präparate eine kurze Zeit liegen, so pflegt dann die Theilung meist eine allgemeine zu werden. Durch Maceration in Kochsalzlösungen lassen sich nun die beiden Fasern bei allen Coleopteren mit ausgebildeter Stützfaser von einander trennen, nur dass bei der einen Art die Trennung leichter vor sich geht, als bei einer anderen. Nahe verwandte Arten verhalten sich dabei oft ver- schieden. Auch ist die Ausdehnung der Ablösung nicht immer die- selbe. Bei manchen zerfallen die Spermatozoen z. B. an dem hinteren Ende leicht in zwei Fasern, während bei anderen, wie z.B. bei Lina populi, die beiden Fasern an der Spitze meist noch vereint bleiben. Es hängt dies jedenfalls mit der verschiedenen Ausbildung einer Kitt- substanz, eines wohl plasmatischen Bindemittels zusammen. Dass eine solche Kittsubstanz vorhanden sein muss und die Befestigung des Krau- sensaumes an der Stützfaser nicht eine so ganz lose sein kann, habe ich direkt beobachten können. Denn ich sah bisweilen, dass der Krausen- saum, wenn er schon von einem Theil der Stützfaser abgelöst war, da- bei aber doch noch lebhafte, wenn auch unregelmäßige Kontraktionen zeigte, sich von Strecke zu Strecke ruckweise ablöste, gleichsam als würde dem Losreißen des Saumes von der Stützfaser ein gewisser Widerstand entgegengesetzt. Der Grund des allgemeinen Zerfalls der bereits abgestorbenen Spermatosomen ist jedenfalls die völlige Auflö- sung dieser Kittsubstanz. Die beiden Theilfasern, in welche sich die Geißel zerlegt, sind nun nach ihrem Aussehen, ihren Reaktionen und vor Allem nach ihrer Struk- tur sehr wesentlich von einander verschieden. Zunächst besitzt die Stützfaser ein stärkeres Lichtbrechungsver- mögen, erscheint daher stark glänzend, ist drehrund und verjüngt sich gewöhnlich von der Mitte an allmählich gegen das freie oft sehr fein zugespitzte Ende hin. Die Kontouren sind stets glatt und scharf her- vortretend. Wodurch die typische Stützfaser aber besonders auffällt, das istihre große Elastieität und federnde Biegsamkeit, die dabei doch mit einer gewissen Starrheit verbunden ist. Sie erinnert hierdurch Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 337 - sehr an die physikalischen Eigenschaften einer biegsamen Gerte oder Weidenruthe. Hierdurch wird bedingt, dass die Stützfaser niemals winklige Umknickungen, oder, so lange sie nicht durch Maceration stark erweicht ist, auch keine unregelmäßigen Einbiegungen, wie der Flimmersaum, zeigt, wenigstens doch niemals in dem Maße, als der letztere. Vielmehr ist sie, wenn nicht ganz gerade gestreckt, häufig in schönem Schwunge gebogen, so dass sehr elegante Biegungen und bis- weilen auch zierliche Schleifen entstehen. Ein Blick auf die Fig. 3, #, 5 u. 10 der Taf. XII und Fig. 35—45 der Taf. XIII wird diese Eigenthüm- lichkeit der Stützfaser (Sif) am besten erläutern. Besonders treten an der langen Faser (S’f) von Galeruca (Fig. 5) diese eleganten Biegungen und zierlich geschlungenen Schleifen hervor, während der Krausen- saum (XS) nur unregelmäßige Biegungen zeigt. Die Bildung dieser Schleifen wird oft dadurch befördert, dass der kontraktile Flimmer- saum während seiner Ablösung von der Stützfaser im Augenblick des Absterbens sich häufig unregelmäßig einbiegt. Hierdurch tritt eine Verkürzung ein, so dass das Geißelende dem Kopf genähert und die Stützfaser gezwungen wird, sich in Schleifen zu legen (Taf. XIII, Fig. 36, 37 Chrysomela sanguinolenta). Es scheint auch alsbald nach dem Ab- sterben in der kontraktilen Faser eine Art Starre einzutreten, so dass der Saum die Form, die er angenommen hat, eine Zeit lang bewahrt. Hiervon kann man sich am besten überzeugen, wenn man die Sperma- tosomen durch das Präparat rollen lässt. Erst nachdem die Präparate einige Zeit gelegen haben, wird der Krausensaum wieder weich und flottirt leicht; alsdann gleichen sich auch die schleifenförmigen Bie- gungen der Stützfaser meist wieder aus. Diese federnde Elastieität ist für die typische Stützfaser außerordentlich charakteristisch und be- fähigt sie gewiss sehr, als Stützgebilde der Geibel zu fungiren. Es be- stimmt daher die Stützfaser durch ihre Biegung auch die Gestalt der Geißel; je mehr sie entwickelt ist, um so starrer erscheint im Allge- meinen das Spermatosom, um so mehr sind die flimmernden Einbie- gungen nur auf den Flimmersaum selbst beschränkt. Die Stützfaser bricht und reißt auch viel schwerer, als der Flimmersaum. Hand in Hand hiermit geht eine große Widerstandsfähigkeit dieser Faser gegen Reagentien.Wenn der Flimmersaum in Kochsalzlösungen oder durch Fäulnis nach längerer Maceration schon längst zerfallen ist und theilweise sich schon aufgelöst hat, ist doch die Stützfaser noch völlig intakt und bleibt auch noch erhalten, wenn selbst der Kopf des Sper- matosoms schon anfängt, sich in seine Bestandtheile aufzulösen. Nur findet schließlich durch allzu lange Maceration bisweilen eine gewisse 338 Emil Ballowitz, Erweichung der Stützfaser statt, so dass auch kleinere unregelmäßige Einbiegungen beobachtet werden. So außerordentlich oft, wie ich nun die Stützfaser auch unter- suchte und so vielen Macerationsmethoden ich sie auch unterworfen habe, niemals habe ich auch nur an einer einzigen Faser die allerge- ringste Andeutung einer feinfädigen Struktur gefunden. Ich kann da- her mit größter Bestimmtheit sagen, dass diese Faser einen fibrillären Bau nicht besitzt. Auch die Reaktionen der typischen Stützfaser bei Färbung sind andere, als sie der Flimmersaum zeigt. Während der letztere sich mit Anilinfarben z. B. Gentianaviolett zuerst und sehr intensiv färbt und diese Färbung sehr lange zurückhält, färbt sich die Stützfaser nur schwer und bleibt die Färbung merklich schwächer. Vorherige Fixirung mittels Osmiumsäuredämpfen scheint ihre Tinktionsfähigkeit etwas zu erhöhen. Lässt man frisch tingirte Präparate ein bis mehrere Tage liegen, so verschwindet bald der Farbstoff aus der Stützfaser, so dass dieselbe wieder hellglänzend wird, während der Flimmersaum noch lebhaft tingirt erscheint (Taf. XII, Fig. 3, 4,5, 10; Taf. XIII, Fig. 35 bis 45, Taf. XV, Fig. 84 Sıf). Nach längerem Liegen ist schließlich nur noch der letztere der einzige Theil des Spermatosoms, welcher eine deutliche Färbung bewahrt hat. Maceration durch Kochsalzlösungen oder durch Fäulnis scheint das Färbevermögen der Stützfaser zu ver- ändern und dieselbe imbibitionsfähiger zu machen. Denn es färbt sich nach längerer Maceration die Faser meist recht intensiv und bewahrt diese Färbung dann auch länger (Taf. XV, Fig. 76, 77, 85, 86 Sif). Von der Stützfaser unterscheidet sich nun sehr wesentlich der kontraktile Krausensaum. Derselbe ist nicht so stark lichtbrechend und zeigt vor Allem stets am frischen Präparat die zierlichen krausen- förmigen Einbiegungen, die bei nicht zu intensiver Färbung am isolir- ten Saum besonders schön hervortreten (Taf. XII, Fig. 3, %, 5 und 10 KS). Liegen indessen die lingirten Präparate einige Zeit, ein- bis mehrere Tage, unter dem Deckglase, so werden die Krausen oft undeut- lich und unregelmäßig, weil die kleinen Umbiegungen mehr und mehr verstreichen und der Saum sich gerade legt. Diese Erscheinung wird dadurch bedingt, dass die Geißel in Folge der Flächenattraktion seitens’ der Glasflächen sich allmählich dicht an die letzteren anlegt. Schlieb- lich verschwinden die Krausen ganz und der Saum ist dicht neben der Stützfaser und, falls keine Ablösung erfolgte, parallel derselben platt ausgebreitet. Zugleich ist meist die Färbung eine blasse und zarte ge’ worden. Der freie Saumrand, welcher sich etwas intensiver gefärbt Bee . Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc, 339 “ hat, als der übrige Theil des Saumes, erscheint dann oft in sehr zierliche _ kleine, meist regelmäßige, wellenförmige Einbiegungen gelegt, welche vorher in dieser Weise nicht vorhanden waren, während der an die ‚Stützfaser angeheftele Rand nach wie vor gerade verläuft (Taf. XII, Fig. 6, 7, 8 Sf). Diese Einbiegungen rühren daher, dass der freie Rand des Saumes in Folge seiner krausenförmigen Umbiegungen eine größere Länge besitzt, als der übrige Theil des Saumes und sich daher bei der Ausbreitung und Anlagerung falten muss. An Stellen, an welchen sich der neben der Stützfaser ausgebreitete Saum von der einen Seite der Stülz- faser nach der anderen hin umfaltet (Taf. XII, Fig. 6, 8 bei U), wie es durch unregelmäßige Lagen der an der Glasfläche fixirten Spermato- zoen öfters gegeben wird, erscheint der Saum stark verschmälert und intensiver gefärbt. Diese Präparate beweisen mithin auf das beste, dass der Flimmersaum die Gestalt eines schmalen, abgeplatteten, gleich breiten, nur gegen die äußerste Spitze hin sich verjüngenden Bandes besitzt, dessen freier, wohl ein wenig verdickter Rand krausenförmig umgebogen und daher länger ist, als der andere gerade verlaufende Rand. Auch in der Entwicklung der beiden Fasern bestehen Diffe- renzen. Ich will an dieser Stelle nur hervorheben, dass der Krausen- saum wohl ganz hauptsächlich aus dem Zellprotoplasma des Spermato- eyts sich hervorbildet, wie auch aus den Untersuchungen v. La VALETTE St. GEorcE's (20) hervorgeht. Er würde daher der Entwicklung nach manchen Mantelbildungen, wie sie bei den Wirbelthieren aus dem Zell- protoplasma hervorgehend angetroffen werden, homolog gesetzt werden müssen, z. B. dem Spiralsaum an der Geißel der Singvögel-Spermato- zoen (vgl. 27). Der wichtigste Unterschied zwischen Stützfaser und Krausensaum wird aber dadurch gegeben, dass dem letzteren eine weitere eigen- artige Struktur zukommt. Sehr im Gegensatz zu der strukturlosen und auch nicht kontraktilen Stützfaser besitzt nämlich der kontraktile Saum, wie ich fand, einen höchst komplicirten Bau, welcher beweist, dass auch hier vitale Bewegung nicht an ein strukturloses, homogenes Sub- strat, sondern an sehr verwickelte und zwar faserige Strukturen ge- knüpft ist. Es bedurfte umfangreicher Untersuchungen, um diese sehr schwierig darzustellenden und auch nicht leicht wahrnehmbaren Bauverhältnisse klar zu legen, da bei Weitem nicht alle untersuchten Arten sich für die Darstellung derselben eignen und auch an den günstigen Objekten Macerationen nicht immer gelingen. Als besonders geeignet für diese Untersuchungen, wenigstens für die Darstellung des grobfaserigen 340 Emil Ballowitz, Zerfalles, erwiesen sich mir die Spermatozoen von Chrysomela sanguino- lenta, einer Chrysomelide, welche unter Steinen lebt und in Deutschland nicht gerade selten zu sein pflegt. Ich will daher dieses Thier als Paradigma wählen und den Bau des Flimmersaumes bei Chrysomela sanguinolenta näher beschreiben (vgl. Taf. XII, Fig. 3?—%4). Das Sperma wurde hier dureh Zerzupfen des Hodens des brünstigen Thieres gewonnen. Die Geißel der Spermatosomen dieses Coleopters (Fig. 34) besitzt einen schönen breiten Flimmersaum, der eine Anzahl gut ausgebildeter Krausen aufweist. Wie oben schon erwähnt, sind von der Mitte ab die Krausen sehr stark seitlich umgebogen; an der isolirten Stützfaser sind indessen keine korrespondirenden Einbiegungen wahrnehmbar. Die Spaltung in Flimmersaum und Krausenfaser tritt nun sehr leicht ein. Es können dabei die beiden Fasern an der Spitze vereinigt bleiben (Fig. 35, 36) oder sich auch an dieser Stelle trennen (Fig. 38). Hierbei erkennt man, dass die Stützfaser an diesen Spermatosomen schon nicht mehr so ganz typisch ausgebildet ist. Sie macht nicht mehr so ganz den Eindruck einer elastisch federnden Faser, erscheint viel- mehr wenigstens von der Mitte ab, und besonders nach kurzer Ein- wirkung einer Maceration, mehr weich und nachgiebig, so dass sie in diesem Theile nicht selten unregelmäßiger gebogen ist. Auch ist sie in der hinteren Hälfte etwas dünner als vorn. Sie wird daher den größe- ren Einbiegungen des Flimmersaumes in der Mitte des Spermatosoms wohl schon etwas nachgeben können. Im Übrigen dokumentirt sich diese Faser aber durch ihren Glanz, ihr Verhalten gegen Farbstoffe, ihre große Resistenz, und vor Allem durch ihre Strukturlosigkeit ganz als Stützfaser. An dem isolirten Flimmersaum tritt nun sehr häufig und sehr leicht, oft schon in dem frischen, in indifferenten Flüssigkeiten untersuchten Hodenpräparat an dem noch lebenden Spermatosom ein weiterer Zer- fall ein: es löst sich von ihm eine dritte Faser ab (Fig. 38). Die Ablö- sung kann aufkleinere oder größere Strecken erfolgen ; meist spaltet sich jedoch der Saum der ganzen Länge nach in zwei Fasern, die gewöhnlich nur noch an der äußersten hinteren Spitze zusammenhängen (Fig. 38). Seltener findet auch hier schon eine Trennung statt, so dass dem Kopfe im Ganzen drei völlig isolirte Fäden anhängen. Diese Fasern verlaufen stets neben einander, falls sie nicht durch einen im Präparat entstan- denen Flüssigkeitsstrom von einander abgerissen sind. Eine, wenn auch nur lockere spiralige Umschlingung wird niemals beobachtet. Diese beiden Theilfasern des Flimmersaumes sind von verschie- denem Aussehen. Die eine Faser (Sf) ist merklich dicker, intensiver gefärbt und zeigt noch sehr deutlich die zierlichen Krausen. Die N Asia Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 341 andere Faser hingegen (Mf‘) ist dünner, blass violett, verläuft mehr ge- streckt und entbehrt der Krausen. Ich hielt es daher von vorn herein für wahrscheinlich, und auch das Lageverhältnis schien darauf hinzu- deuten, dass die diekere Faser den freien Rand des Krausensaumes bildet, während die blassere Faser zwischen diese und die Stütz- faser eingelagert ist. Durch Resultate, welche ich bei anderen Coleop- teren erhielt, wurde ich jedoch hierüber zweifelhaft, da ich fand, dass bei anderen Species die dickere Faser zwischengelagert ist, während sich die dünnere vom freien Rande des Krausensaumes ablöst. Es ist nun nicht gerade leicht, dies Lageverhältnis genau festzustellen, da an den isolirten Fasern sehr häufig Verlagerungen eintreten. Möglich wird dies nur, wenn die Fasern nur theilweise isolirt wurden, sich nicht so weit von einander entfernt haben, und genau in situ der Glas- fläche angelagert sind. Wenn Letzteres der Fall ist, sind die Fasern allerdings meist sehr blass hellviolett geworden, so dass ein Irrthum . leicht möglich wird. Ich habe daher Chrysomela sanguinolenta hierauf hin einer wiederholten Untersuchung unterzogen und mich davon über- zeugt, dass die blasse, dünnere Faser zwischen Stützfaser und dem dunkleren Faden gelegen ist. Überzeugend waren für mich Bilder, an denen ich sah, dass die blassere Faser zwischen den beiden anderen lag und hierbei, gerade gestreckt, noch in fester Verbindung mit der Stützfaser sich befand. Ich nenne daher diese Faser »Mittelfaser « (Mf der Tafeln), während ich die hier dickere, dunkler gefärbte Theil- faser des Krausensaumes als »Saumfaser« (S/ der Tafeln) bezeichnen möchte. Schwerer darstellbar, aber durchaus nicht selten, ist ein weiterer Zerfall, welcher sich an der Saumfaser (Fig. 37, 39, 40) vollzieht. Man sieht oft in Kochsalzmacerationen, dass sich von der letzteren wiederum eine Faser (S/Tf,) streckenweise ablöst, welche sehr der Mittelfaser gleicht, eben so dünn und blass, wie diese ist und auch mehr gerade gestreckt oder unregelmäßig wellig eingebogen erscheint. Der Rest der Saumfaser ist noch deutlich dicker und intensiv gefärbt geblieben und zeigt noch gut die allerdings schmäler gewordenen Krausen. Die Ab- lösung dieser ersten Saumtheilfäser (S/T/,) geschieht auf größere oder kleinere Strecken noch recht häufig und erhält man meist Bilder, wie sie in den Fig. 37 und 39 dargestellt sind. Große Mühe dagegen erfor- dert es schon, Präparate aufzufinden, in denen ihre Ablösung in ganzer Ausdehnung der Geißel erfolgt ist. Bilder vollends, welche den Zerfall in so prächtig übersichtlicher Weise zeigen wie die Fig. 40, gehören schon zu den Seltenheiten und wollen auch in sonst wohlgelungenen Macerationen sehr gesucht sein. en fi - r 42 Emil Ballowitz, Es ist hier die Geißel in ihrer ganzen Länge in die vier genannten Spaltfasern zerlegt, welche weit von einander entfernt liegen, an dem Kopfe und an der hinteren Geißelspitze aber noch fest mit einander verbunden sind. Die Stützfaser (Sif), welche in der Nähe des Kopfes eine zierliche, wie abgezirkelte Schleife bildet, wie sie an den übrigen Fasern niemals beobachtet wird, und der Rest der Saumfaser (Sf) sind deutlich als solche zu erkennen. Schwer aber ist es, die Mittelfaser (Mf) von der fast gleich aussehenden ersten Saumtheilfaser (SfT/,) zu unterscheiden. Aus diesen Bildern geht wohl mit größter Bestimmtheit hervor, dass alle die aufgeführten Fasern in den unversehrten Samen- körper parallel neben einander liegen und eine gegenseitige Umwick- lung der Fasern nirgends besteht. Wenn es hierfür eines weiteren Beweises noch bedürfte, so wird derselbe durch die Fig. 7 und 8 der Taf. XII (Otiorrhynchus laevigatus) gegeben. Es hat sich hier die Geißel wiederum platt ausgebreitet der Glasfläche angelagert, und ist sodann ein Zerfall in die drei Hauptfasern eingetreten; dieselben sind ein wenig von einander abgewichen und liegen an jeder Stelle der Geißel parallel neben einander. | Schließlich konnte ich, wenn auch weit schwieriger und seltener, noch eine weitere Theilung an der Saumfaser feststellen. Ich nahm bisweilen wahr, dass sich von derselben noch eine zweite blasse dünne Faser ablöste, anscheinend blasser und dünner als die Mittelfaser und erste Theilfaser des Saumes. Ich machte diese Beobachtung an sehr gut gelungenen Präparaten mehrmals und am schönsten dann, wenn sich die intensiv gefärbten Fasern ganz dicht an die Glasfläche des Präparates angelegt hatten. Dann lag diese zweite Saumtheilfaser nach innen gegen die erste Theilfaser hin, meist ganz in der Nähe des Restes der Saumfaser und gewöhnlich parallel demselben. In den Fig. 42,' 43 und 4% ist die Ablösung dieser zweiten Theilfaser (S/T/,) auf größere Strecken hin erfolgt. In Fig. 42 hat sich die Saumfaser vom Kopfe ab- getrennt, wie es bisweilen beobachtet wird, und ist nur noch an der äußersten Geißelspitze mit Stütz- und Mittelfaser fest verbunden. Während sich nun die erste Theilfaser fast in ganzer Ausdehnung von der Saumfaser abgelöst hat, ist die Trennung in die anderen beiden Theilfasern nur erst in der Mitte an zwei Stellen erfolgt. Ähnliches zeigt Fig. 44. Die Geißel ist hier in die drei Hauptfasern zerspalten. Links vom Kopfe liegen Stütz- und Mittelfaser, rechts die Saumfaser. An dem hintersten Ende der letzteren sieht man, abgesehen von der ersten Theilfaser (S/T/,), eine Trennung in zwei dicht neben einander liegende Fäden, welche eine etwas verschiedene Dicke und Färbung zeigen. Die blasse und auch dünnere Faser liegt gegen die erste Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 343 Theilfaser hin und bildet mithin die zweite Saumtheilfaser (S/T/5). Der etwas dunkler gefärbte Rest, welcher bisweilen noch kleinere Biegungen alsReste der Krausen zeigt (Fig. 43), könnte als dritte Saumtheilfaser (S/7/;) bezeichnet werden. Einige Male (Fig. 41) konnte ich diese letzte Zerspal- tung der Saumfaser in der ganzen Länge der Geißel nachweisen. Auch hier ist die Differenz in der Färbung der beiden Fäden meist deutlich. Eine so vollständige Trennung, dass diese beiden Theilfasern frei flot- tiren, wie die anderen Fasern, konnte ich jedoch niemals hervorrufen. Hieraus geht hervor, dass ihre Verbindung schon eine bedeutend festere ist, als die der übrigen Theilfäden. An Präparaten, welche sich den Glasflächen dicht angelagert haben, kann man an diesen drei Theil- fasern, aber auch an der Mittelfaser erkennen, dass alle diese Fasern etwas abgeplattet und sehr schmal bandartig sind. Selbst an der dritten Saumtheilfaser erkennt man häufig noch sehr deutlich an Umfaltungs- stellen eine Verschmälerung und intensivere Färbung (Fig. 41). Nur allein die Stützfaser scheint von drehrunder Form zu sein. Alle diese Theilfasern des Saumes besitzen stets glatte Kontouren und sind in ihrer ganzen Ausdehnung bis auf die äußerste Spitze von sich gleich- bleibender Dicke. Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass der Krausensaum sich aus vier Fasern zusammensetzt, nämlich der Mittelfaser, einer ersten, zweiten und dritten Saumtheilfaser. Diese schmal bandförmigen Fasern liegen, durch Kittsubstanz mit einander verbunden, parallel neben ein- ander, durchziehen den ganzen Flimmersaum vom Kopf bis in das äußerste Geißelende hinein und sind so neben einander angeordnet, dass die Mittelfaser sich an die Stützfaser anheftet, dann die erste und die zweite Saumtheilfaser kommen, und schließlich die dritte Saum- theilfaser den freien Rand des Krausensaumes bildet. Aus dieser Lage- rung folgt, dass, je weiter gegen den freien Rand des Krausensaumes, gegen die dritte Theilfaser hin, um so mehr diese Fasern auch umge- bogen und mithin auch länger sein müssen. Die dritte Saumtheilfaser bewahrt daher am längsten die Andeutungen der krausenförmigen Um- biegungen und zeigt auch eine messbar größere Länge als z. B. die Mittelfaser. Diese bei Chrysomela sanguinolenta erhaltenen Resultate haben sich mir nun bei allen anderen Coleopteren, deren Spermatosomen mit einer typischen Stützfaser versehen sind, bestätigt. Allerdings bin ich nur noch bei wenigen Arten in der übersichtlichen Darstellung der Struk- tur der Geißel so weit gekommen, als bei der genannten Chrysomelide. Nicht minder gut für diese Untersuchung geeignet, wenn auch in einigen Punkten ein wenig abweichend, fand ich z. B. die Spermatosomen von 344 Emil Ballowitz, Morimus funereus, einer größeren CGerambyeide. Auch einige andere Chrysomeliden erwiesen sich als sehr günstige Objekte. Meist gelingt es indessen nur einen weiter gehenden fädigen Zerfall auf kleinere Strecken hin hervorzurufen, und auch oft erst nach vielen vergeblichen Versuchen. Ich konnte mich aber bei allen Species, deren Spermato- somen mit deutlich ausgebildeter Stützfaser und Flimmersaum versehen sind, davon überzeugen, dass hier derselbe faserige Bau des kontrak- tilen Organs vorliegt, wie er bei Chrysomela sanguinolenta näher ge- schildert wurde. I Am leichtesten gelingt es noch, den Flimmersaum der ganzen Länge nach in zwei Fasern zu zerfällen. Bei manchen, z. B. Galathus, Otiorrhynchus, Lamia (Taf. XV, Fig. 84), Mesosa, Timarcha u. A. m., tritt dieser Zerfall bei Maceration sehr leicht ein und kann sich auch hier sogar schon an dem noch lebenden, in indifferenten Flüssigkeiten befindlichen Samenkörper vollziehen. Selbst an den großen Spermato- zoen von Galeruca sah ich diese Trennung des Flimmersaumes in sei- ner ganzen Länge eintreten (Taf. XII, Fig. 5). Beide Theilfasern des Sau- mes zeigen sich auch hier meist deutlich verschieden und kann man der Lage nach eine Mittelfaser (Mf) und eine am freien Rande des Krau- sensaumes gelegene Saumfaser (Sf) unterscheiden. Indessen habe ich das Verhältnis der beiden Fasern zu einander bei manchen Coleopteren etwas anders gefunden, als bei Chrysomela sanguinolenta. Wie bei letzterer erscheint die eine Theilfaser des Krau- sensaumes gewöhnlich etwas breiter, intensiver gefärbt und mehr ein- gebogen als die andere (Taf. XV, Fig. 84). Ich glaubte nun Anfangs, dass diese breitere Faser die Saumfaser wäre, die dünnere, weniger eingebogene aber die Mittelfaser darstelle. Bei genauer Untersuchung habe ich mich aber schließlich doch davon überzeugt, z. B. bei Lamia, Morimus u. A., dass die breitere Faser zwischen Stützfaser und der anderen liegt, dieselbe mithin als Mittelfaser anzusprechen ist. Diese Mittelfaser zerlegt sich nun häufig wieder der ganzen Länge nach in zwei ziemlich gleich aussehende Theilfasern, so dass an dem Kopfe bei vollständigem Zerfall vier isolirte Fäden haften. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Faser, welche bei Ghrysomela sanguino- lenta als erste Saum-Theilfaser bezeichnet wurde, statt wie dort mit der Saumfaser, hier mit der Mittelfaser in festere Verbindung getre- ten ist. Im Allgemeinen lässt sich nun sagen, dass dieser weitgehende Zerfall des Flimmersaumes in drei ganz isolirte Fasern schon recht schwer eintritt und stets nur an dem ganz abgestorbenen Spermatosom beobachtet wird. Bei manchen Species, bei denen eine Zweitheilung Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc, 345 des Saumes in ganzer Ausdehnung sehr leicht erfolgt, habe ich eine weitere Zerspaltung überhaunpt nur selten und dann nur auf kleine Strecken, am häufigsten noch an Bruchstücken der Geißel, hervorrufen können, wie z. B. bei Galeruca. Die Ablösung einer vierten Theilfaser endlich, welche ich bei Chrysomela sanguinolenta als zweite Saum-Theilfaser so deutlich nach- weisen konnte, habe ich nur sehr selten und nur bei sehr wenigen Arten wahrgenommen, so dass es mir zweifelhaft erscheint, ob sie überall vorhanden ist. In der Art nun, wie dieser faserige Zerfall bei den einzelnen Spe- cies eintritt, bestehen große Verschiedenheiten. Während derselbe bei der einen Art durch Maceration in dünnen Kochsalzlösungen sehr leicht hervorgerufen wird, findet er bei anderen Coleopteren nur in stärkeren Chlornatriumlösungen statt. Auch die Macerationszeit diffe- rirt. Bei manchen ist schon nach wenigen Stunden ein allgemeiner Zerfall eingetreten, während die Spermatosomen anderer Coleopteren einer Macerationsdauer von mehreren Tagen bedürfen. Es beruht dies jedenfalls auf einer verschiedenen Ausbildung, vielleicht auch in einer differenten Beschaffenheit der Kittsubstanz, welche die Fasern mit ein- ander verbindet, sich aber nicht durch direkte Beobachtung nachwei- sen lässt. Durch Maceration in Kochsalzlösung geht diese Kittsubstanz in Lösung, so dass die Fasern sich isoliren. Einen sehr bemerkenswerthen Einfluss auf den faserigen Zerfall übt die Färbung mit Anilinfarben aus: dieselbe verhindert denselben, hält ihn wenigstens doch sehr auf. Ich habe häufiger beobachtet, dass zuvor gefärbte und dann einer Maceration unterworfene Spermatozoen, z. B. von Ghrysomela sanguinolenta, sich nicht mehr in Fasern zerlegen, während demselben Thiere entnommene und in derselben Macerations- flüssigkeit die gleiche Zeit, aber ohne vorherige Färbung, macerirte Samenkörper ausnahmslos zerfallen waren. Es muss demnach durch die Färbung die Kittsubstanz doch derart chemisch verändert werden, dass sie durch Chlornatrium nicht mehr angegriffen werden kann. Auch durch Osmiumsäuredämpfe zuvor fixirte Geißeln lassen sich durch Maceration in Kochsalzlösungen, in den meisten Fällen wenigstens, nicht mehr in ihre Bestandtheile auflösen. Wenn wir uns nun die Frage vorlegen, ob alle diese Theilfasern des Flimmersaumes gleichwerthig sind, so möchte ich diese Frage da- hin entscheiden, dass nur den beiden primären Theilfasern, der Mittel- und der Saumfaser, eine größere Selbständigkeit und mehr Bedeutung zukommen. Hierfür spricht schon der Umstand, dass sich diese beiden Theilfasern ausnahmslos bei allen Coleopteren leicht isoliren lassen, 346 Emil Ballowitz, während die übrigen Fasern sich bedeutend schwerer und meist lange nicht in dieser Vollständigkeit ablösen. Ganz besonders aber bestimmt mich hierfür die Beobachtung, dass der Zerfall in die beiden primären Fasern bei manchen Coleopteren schon an dem noch lebenden Sper- matosom auftritt, während die anderen Fasern nur an dem bereits ab- gestorbenen Samenkörper meist erst nach längerer Maceration darge- stellt werden können. Es wäre mithin festgestellt, dass die Geißel der Spermatozoen dieses ersten Typus sich aus drei selbständigeren, parallel neben einan- der liegenden Fasern zusammensetzt, der Stützfaser, Mittel- und Saum- faser. Die beiden letzteren vereinigen sich zu dem krausenförmig um- gebogenen Flimmersaum und sind ihrerseits, entweder beide, oder nur eine von ihnen (Chrysomela sanguinolenta) wiederum aus sekundären Fasern zusammengesetzt. Auf die Frage, wie diese Fasern an der Kon- traktion der Geißel betheiligt sind, werde ich später bei Besprechung der Bewegungserscheinungen des Spermatosoms eingehen. Diese Theilfasern, in welche sich der Flimmersaum zerlegt, sind nun durchaus noch nicht die Elementartheile, aus welchen sich dieses kontraktile Gebilde zusammensetzt. Vielmehr ergab mir eine genaue Untersuchung, dass auch diese Fasern wiederum eine feinere Struktur besitzen. Ich sah nämlich in den einfachsten Fällen, dass sich von einer Theilfaser des Krausensaumes auf eine kleinere oder größere Strecke ein feinstes Fädchen ablöst. Dieses Fädchen, welches stets mit beiden Enden noch im Zusammenhang mit der Faser blieb, ist sehr blass, aber noch deutlich tingirt und äußerst fein, konnte jedoch mit Wınker’s homogener Immersion 1/24 und Assr’schem Beleuchtungsapparat bei gutem Tageslicht noch sehr deutlich und scharf wahrgenommen werden. So hat sich z. B. bei Chrysomela sanguinolenta in Fig. 44 am Ende der Saumfaser (Sf), welche in die drei nur an der äußersten Spitze noch vereinigten Spaltfasern zerfallen ist, von der erten Saum-Theil- faser (S/Tf,) eine feinste, gebogene Fibrille (Fb) auf eine kleine Strecke abgetrennt. In Fig. 43 ist bei demselben Thier in der Mitte der Geißel an zwei Stellen ein feinstes Fädchen sichtbar geworden, welches sich von derselben Theilfaser auf etwas größere Strecken abgelöst hat. Diese merkwürdige Beobachtung, dass sich nur eine Fibrille von ö dem zerfallenen Krausensaume ablöste, habe ich häufig gemacht. Aller- dings tritt diese Erscheinung im Vergleich zu dem relativ leicht dar- 4 zustellenden Zerfall des Flimmersaumes in gröbere Fasern recht selten auf und ist auch bei der einen Art leichter festzustellen, als bei einer Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 347 anderen. So konnte ich diese Fibrille z. B. bei Chrysomela sanguino- lenta, so vollkommen, wie hier auch die faserige Zerspaltung des Flim- mersaumes bei Maceration stets eintrat, doch nur höchst selten und meist nur auf kleinere Strecken isolirt wahrnehmen (Fig. 43, 4%), obwohl ich gerade von diesem Thiere sehr viele meist ausgezeichnet gelungene Prä- parate durchmustert habe. Bei Morimus, Lamia u. A. löst sich diese Einzelfibrille schon weit häufiger ab und oft auf große Strecken, ja in ganzer Ausdehnung der Geibel. Es geht hieraus hervor, dass auch sie die Geißel der ganzen Länge nach durchsetzt. Es erscheint dann die- ses isolirte Fädchen als äußerst feine, schön gebogene Fibrille mit glat- ten Kontouren, welche in ihrem ganzen Verlaufe gleiche Feinheit besitzt. Diese Fibrille ist nun nicht die einzige, welche an dem Flimmer- saum zur Beobachtung kommt, vielmehr werden alle Theilfasern des Saumes, wie sich mir herausstellte, von zahlreichen Fibrillen zusam- mengesetzt, nur dass sich diese letzteren noch weit schwieriger iso- liren lassen. Gerade die Darstellung dieser Fibrillen bildete die schwie- rigste Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Hierdurch haben sich diese Untersuchungen auch so sehr in die Länge gezogen, so dass die schon längst beabsichtigte Veröffentlichung der vorliegenden Mittheilungen erst jetzt erfolgen konnte. Allerdings hatten sich mir im Laufe der Untersuchungen schon früh mehrfache Anhaltspunkte ergeben, welche mich berechtigten, auf eine feinfibrilläre Struktur des kontraktilen Saumes zu schließen. In- dessen ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, zu versuchen, die Ele- mentarfibrillen in ähnlicher Weise in ihrer ganzen Ausdehnung noch im Zusammenhange mit den übrigen Theilen des Spermatosoms darzu- stellen und so übersichtlich zur Anschauung zu bringen, wie es mir mit den gröberen Theilfasern des Flimmersaumes gelungen war. Dies wurde um so schwieriger, als es sich hierbei um weitgehende Macera- tionen handelt, die ja auch bei einfacheren, leichter zu trennenden Ob- jekten nicht immer gelingen. Überdies erwiesen sich auch hierfür lange nicht alle Species als geeignet und mussten günstige Objekte erst gesucht werden. Dazu kommt, dass die äußerste Feinheit dieser Fibril- len die größte Sorgfalt und Vorsicht in der Beobachtung erforderte. Die Thatsachen nun, aus denen die fibrilläre Struktur der Theil- fasern des Krausensaumes hervorgeht, sind folgende. In Präparaten, welche frisch dem mit Sperma strotzend angefüllten Vas deferens oder Receptaculum seminis entnommen waren, traf ich bisweilen bereits isolirte, von den Samenkörpern ganz abgetrennte Fasern, welche durchaus den durch Maceratien künstlich isolirten 348 Emil Ballowitz, Theilfasern des Saumes glichen und meistens nur etwas blasser gefärbt waren. Diese Fasern zeigten sich nun hier und da an einem Ende oder an einer mittleren Stelle in mehrere äußerst feine Fädchen zerspalten. Es geht hieraus hervor, dass auch im lebenden Thiere, wenn reich- liches Sperma längere Zeit angehäuft ist, immer einige Spermatozoen absterben und in Fasern zerfallen; ich werde Gelegenheit haben, hier- auf später noch zurückzukommen. Auch in frischen Kochsalzmacera- tionen habe ich dann und wann derartige, auf kleine Strecken in Fibrillen zerfallene, isolirte Fasern angetroffen. Wenn nun aus diesen Befunden auch hervorging, dass Theilfasern des Saumes eine feinfädige Struktur besitzen, so ließ sich doch an diesen Präparaten nicht mehr entscheiden, welche Theilfaser, ob Mit- telfaser oder Saumfaser, diese Zusammensetzung besitzt oder ob beiden Fasern eine fibrilläre Struktur zukommt. Aufschluss über diese Frage gaben mir bei mehreren hierfür ge- eigneten Coleopteren Präparate, welche längere Zeit, bis drei Wochen, in Kochsalzlösungen unter dem Deckglase macerirt hatten und dann tingirt wurden. Die meisten Spermatosomen waren dann faserig zer- fallen und hatten sich, mit allen ihren Theilen in einer Ebene ausge- breitet, den Glasflächen des Präparates dicht angelegt. In solchen Präparaten waren nun bisweilen die Theilfasern des Flimmersaumes weiter zerfallen und ließen die Fibrillen ! noch im Zusammenhang mit den übrigen Theilen des Spermatosoms erkennen, so dass sehr gute Übersichtsbilder entstanden. Fig. 45 auf Taf. XII zeigt z. B. ein Spermatosom von Hylobius abietis, welches längere Zeit in dünner Kochsalzlösung macerirt hatte. Der Flimmersaum ist eben so wie die Stützfaser, vorn noch in Ver- bindung mit dem Kopfe, im übrigen Theile aber isolirt. Während sich nun die Mittelfaser (Mf) in ganzer Länge von der Saumfaser (Sf) abge- löst hat, zeigt die letztere nur erst an einigen kleinen Stellen eine Trennung in zwei Theilfasern. In der vorderen Hälfte des Spermato- soms ist die Mittelfaser nun sehr deutlich in drei feine Fädchen (FbFb) zerlegt. Auch in der Nähe des hinteren Endes geht die Mittelfaser in diese drei Fädchen (Fb) auf eine kurze Strecke aus einander. Es machte 1 Die isolirten Fibrillen dürfen nicht verwechselt werden mit den durch längere Maceration erweichten und dehnbar gewordenen Theilfasern des Flimmer- saumes, welche bisweilen, wenn sie an ihrem einen Ende irgend wie festgehalten sind, durch einen im Präparate erzeugten Flüssigkeitsstrom gewaltsam gedehnt und oft fein ausgezogen werden. Diese Erscheinung wird bisweilen in schlecht gerathenen Präparaten beobachtet. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 349 auf mich den Eindruck, dass diese Fädchen nicht die gleiche Dicke be- saßen. Ähnliche Präparate habe ich hier und bei vielen anderen Species mehrmals vor mir gehabt. Weit instruktiver waren indessen Bilder, welche ich bei der Unter- suchung der Spermatozoen von Calathus erhielt. Die Samenkörper dieses Coleopters besitzen einen gut ausgebildeten Flimmersaum, wel- cher sich leicht von der Stützfaser ablöst. In Kochsalzlösungen zerfällt der Saum dann wieder in eine Saumfaser (Sf) und in eine breitere, aber ein wenig blasser sich färbende Mittelfaser, welche letztere sich wie- derum in zwei Fäden theilen kann. In gut gelungenen Präparaten, welche sich acht Tage in dünner Chlornatriumlösung unter dem Deck- glase befunden hatten und dann mit Gentianaviolett vorsichtig gefärbt waren, fand ich nun Folgendes (Taf. XV, Fig. 76— 79). Die Spermatosomen waren zum größten Theile faserig zerfallen und hatten sich wiederum mit allen ihren Theilen an die Deck- glasfläche angelegt. Hierdurch wurde es möglich, jede Stelle der Fasern einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Ich sah nun, dass die Saumfaser (Sf) 'sich an zahlreichen Spermatosomen auf klei- nere und größere Strecken in mehrere feinste Fibrillen aufgelockert hatte, die sehr deutlich zu unterscheiden waren und nach kurzem iso- lirten Verlaufe alsbald wieder zusammentraten. Diese Zersplitterung konnte an jedem Theile der Saumfaser auftreten (Fig. 76 S/Fb). Bis- weilen verbreiterte sich die Faser unter deutlicher Verblassung zu einer der Begrenzung nach spindelförmig erscheinenden Stelle, ohne dass man hier Fibrillen wahrnehmen konnte (Fig. 76 bei x und x). Jedenfalls war an solchen Stellen die Auflockerung noch nicht weit genug vorgeschritten und die Fibrillen lagen hier noch zu dicht neben einander, als dass man sie schon hätte unterscheiden können. Übri- gens erschien die Saumfaser, wenn sich an ihr Zerfallstellen ausgebildet hatten, merklich blasser tingirt und auch etwas dünner, als an den noch nicht so stark macerirten Spermatozoen. An zahlreichen Samenkörpern war nun die Saumfaser (S/) in ihrer vollen Länge in zahlreiche neben einander liegende Fibrillen aufgelöst (Fig. 77). Vorn waren dieselben noch im Zusammenhang mit dem Kopfe, während sie sieh hinten an die äußerste Spitze der Stützfaser (Stf) anlegten. Derartig zerfallene Spermatosomen nahmen sich sehr eigenthümlich aus und bewiesen so deutlich, wie man es nur immer wünschen konnte, dass die Saumfaser durch die Vereinigung vieler Fibrillen gebildet wird, welche dieselbe vom Kopfe bis in die äußerste Geißelspitze hinein kontinuirlich durchziehen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 23 350 Emil Ballowitz, | Zwischen dieser fibrillären Saumfaser und der Stützfaser liegt nun die etwas breitere, aber nach so langer Maceration auch nur blass violett gefärbte Mittelfaser (Mf), welche, wie erwähnt, häufig in zwei Theilfasern zerspalten ist (Fig. 76). Auch diese Mittelfaser sah ich nun in demselben Präparat, welches den fibrillären Zerfall der Saumfaser so prächtig zeigte, auf größere Strecken in feinere und feinste Fäden aufgelöst (Fig. 77 bei Fb); indessen machte ich diese Beobachtung nur an wenigen Stellen. Es scheinen mithin die Fibrillen der Mittelfaser bei Calathus sich schwerer von einander zu trennen, als die der Saumfaser. Einige Präparate desselben Coleopters, welche ich etwas länger hatte liegen lassen, ergaben noch weiteren Aufschluss. Die Saumfasern waren von den meisten Spermatosomen fast ganz verschwunden, nur hier und da ließen sich von den feinsten Fibrillen noch einige wahr- nehmen; die letzteren lagen dann meist wirr im Präparate umher. Auch die Köpfe waren so gut wie ganz aufgelöst. Übrig geblieben waren mithin von den Bestandtheilen der meisten Samenkörper nur noch die Stützfasern und Mittelfasern, beide völlig von einander ge- trennt; wenigstens muss ich nach Allem annehmen, dass die zahlrei- chen isolirten Fasern, welche sich oft in zwei Fäden getheilt zeigten, Mittelfasern und nicht auch Saumfasern waren. Die nach so langer Maceration sich intensiv dunkelviolett färbenden Stützfasern erwiesen sich auch jetzt noch als starre, meist gerade verlaufende Fasern und zeigten niemals auch nur eine Andeutung eines feinfädigen Zerfalles. Hierdurch ließen sie sich sehr leicht von den Mittelfasern unterscheiden. Diese letzteren waren nun, an manchen Stellen der Präparate fast sämmtlich, in zahlreiche (bis acht) feinste Fibrillen zer- fallen (Fig. 78, 79), welche genau denen der Saumfasern glichen. Die 'Fädchen durchsetzen auch hier die Faser kontinuirlich von einem Ende bis zu dem anderen; ein Absplittern eines kürzeren Fädchens, das Hervorragen eines freien Endes im Verlaufe der Mittelfaser habe ich niemals bemerkt. An Stellen, wo die Fasern sich umgebogen hatten, zeigten diese schwach violett gefärbten Fibrillen bisweilen sehr zier- liche Schleifen und Ösen (Fig. 79), eine Erscheinung, welche auf einen ziemlichen Grad von federnder Elastieität und innerer Festigkeit dieser äußerst zarten Gebilde schließen lässt. Es überrascht diese elastische Biegsamkeit der Fibrillen einigermaßen, da die Mittel- und Saumfasern vor der Zerspaltung nicht in dem Grade diesen Eindruck machen, viel- mehr, wenigstens im macerirten Zustande, mehr weich erscheinen und eine Zusammensetzung aus so vielen so biegsamen Fädchen nicht ahnen lassen. Allerdings habe ich auch an den ungetheilten Fasern niemals winklige Umkniekungen wahrgenommen. rs a I. ( Ay IR mi Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 351 Übrigens sind mir von den zahlreichen, von Calathus angefertigten Präparaten nur wenige so gut gelungen, ein Umstand, der sich wohl dadurch erklärt, dass es sich hier um so zarte Macerationen handelt. Auch fiel mir auf, dass der fibrilläre Zerfall in den Präparaten oft nur fleckenweise aufgetreten war; an der einen Stelle fanden sich die meisten Fasern auf das schönste in Fibrillen zerlegt, während biswei- len in der Nachbarschaft viele Spermatozoen noch intakt geblieben waren. Worauf dies beruht, vermag ich nicht zu sagen. Um nun diese Unzuverlässigkeit der Darstellung der Fibrillen zu beseitigen und die Zeitdauer der Maceration abzukürzen, griff ich zu einem Verfahren, welches mir schon früher bei der Untersuchung der Spermatosomen der Vögel (27) ganz ausgezeichnete Dienste geleistet hatte, ich meine die Maceration des Spermas innerhalb des getödteten Thieres selbst. Besonders haben mich hierzu die ausgezeichneten Re- sultate veranlasst, welche ich durch Anwendung dieser Methode bei einem anderen Coleopter, dem Hydrophilus, erhielt; ich werde alsbald hierauf noch näher eingehen. Allerdings eignen sich für dieses Verfah- ren nur die wenigsten Insekten. Zunächst lassen sich nur größere Thiere verwenden, deren Vasa deferentia reichlich mit Sperma erfüllt sein müssen, da sich nur dann eine genügende Menge Spermatozoen in reinem Zustande, ohne andere störende Beimischungen, gewinnen lässt. Auch müssen die Wandungen der Vasa deferentia resistent genug sein, um nicht sogleich in der ersten Zeit der Maceration selbst zu zerfallen. Nach Entfernung der Flügelpaare und der oberen Abdominalwand Tegte ich die zuvor getödteten Thiere in eine Glasschale, in welcher sich so viele verdünnte Kochsalzlösung befand, dass die Flüssigkeit gerade die bloßgelegten Eingeweide bedeckte. In diesem Zustande blieben die Körper einige Tage in bedeckter Schale sich selbst überlassen, nur muss die Kochsalzlösung öfters erneuert werden. Alsdann wurde ein Stückchen des Vas deferens sauber herauspräparirt, sorgfältigst abge- spült und der Inhalt desselben in einem Tropfen verdünnter Kochsalz- lösung zerzupft. Die so gewonnenen Präparate wurden mit einem Deckgläschen bedeckt, ein bis drei Tage unter demselben sich selbst überlassen und dann mit einer Anilinfarbe gefärbt. Verunreinigungen sind hierbei durchaus zu vermeiden. Nach der angegebenen Zeit ist in der Kochsalzlösung gewöhnlich noch ein weiterer Zerfall eingetreten, wobei die Fasern sich mit ihren Fibrillen bisweilen noch im Zusam- menhang befinden und auch hier wieder meist an die Glasflächen dicht angelagert sind. Die Figuren 85 und 86 der Tafel XV sind nach in dieser Weise 23% 352 Emil Ballowitz, hergestellten Präparaten von Lamia textor gezeichnet. Die Spermato- somen dieses Goleopters zerfallen sehr leicht in drei Fasern, eine cha- rakteristische Stützfaser (S/f), eine Saumfaser (Sf) und eine dickere und intensiver gefärbte Mittelfaser (Mf) (Fig. 84). Nach zweitägiger Maceration des Spermas im Vas deferens des Thieres sind fast alle Spermatosomen in diese drei Fasern zerspalten, häufig trennt sich auch noch die Mittelfaser in zwei Theile. Werden diese Fasern nun noch einer Maceration in Kochsalzlösung unter dem Deckglase unterworfen, so tritt oft noch ein weiterer Zerfall der Fasern ein, welche dann bis- weilen noch in ihrem Zusammenhange erhalten bleiben. Nur die Stütz- faser bleibt stets ungetheilt. Fig. 86 stellt ein Spermatosom dar, welches die intensiv gefärbte Stützfaser und an der Stelle des von der- selben abgetrennten Flimmersaumes ein lockeres-Bündel zahlreicher, feinster, neben einander liegender, jedoch ungleich dicker Fibrillen aufweist. Ob dieses Fibrillenbündel dem ganzen Flimmersaum ent- spricht oder ob sich hier schon eine Theilfaser von demselben abgelöst hat und abgefallen ist, ist nicht mehr zu entscheiden. Die Fibrillen lassen sich wiederum vom Kopfe bis in das hintere Geißel- ende verfolgen; es ragt auf der ganzen Strecke nirgends ein freies Fibrillenende hervor. Auch Fig. 85 ist sehr instruktiv. Es hat sich hier die Stützfaser bereits ganz abgelöst, befindet sich jedoch noch in un- mittelbarer Nähe des Spermatosoms, wie dieses der Deckglasfläche dicht anhaftend. Der Flimmersaum hat sich in zwei Fasern zerlegt, von denen die linke in ihrer hinteren Hälfte wiederum eine Trennung in zwei Hälften zeigt. Diese Faser ist mithin wohl die Mittelfaser, wäh- rend die rechts liegende Faser als Saumfaser zu bezeichnen ist. Beide Fasern sind dünner als vor der Maceration und blass violett gefärbt, wie es bei den Theilfasern des Flimmersaumes der Fall zu sein pflegt, wenn sie sich kurz vor dem fibrillären Zerfall befinden und sich dabei der Glasfläche dicht angelegt haben; ich habe auf diese Erscheinung oben bereits wiederholt aufmerksam machen müssen. Es beruht dies wohl auf einem theilweisen Schwund und auf einer Auflockerung der interfibrillären Kittsubstanz, welche die Theilfasern des Saumes viel- leicht auch in Gestalt einer dünnen Hülle! umgiebt. Beide Fasern sind nun (Fig. 85) an verschiedenen Stellen in mehrere Fibrillen zerlegt, die jedoch wiederum nicht alle dieselbe Dicke besitzen. Es können daher auch nicht alle die letzten Spaltprodukte sein und muss ! Einige Male schien mir an den Theilfasern der Spermatosomen dieses Typus bei anderen Coleopteren so etwas, wie eine stellenweise der Quere nach zerfallene Hülle vorhanden zu sein (vgl. auch Copris lunaris p. 370. Taf. XH, Fig. 12 Mf). Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 353 man noch eine größere Zahl von den Flimmersaum bei Lamia zu- sammensetzenden Fibrillen annehmen. Ein Fädchen zeigte eine kleine Schleife. Bilder, wie die geschilderten, habe ich bei Anwendung dieser Methode häufiger erhalten. Im Allgemeinen habe ich dieses Macera- tionsverfahren zur Darstellung der Fibrillen indessen nur selten, und auch nur in der letzten Zeit in Anwendung gezogen. Ich betone, dass es auch hier durchaus erforderlich ist, dass die Spermatozoen bei dem Zerzupfen des Vas deferens in der Kochsalzlösung durch vorsichtiges Umrühren der Mischung so vertheilt werden, dass sie im mikroskopi- schen Präparat völlig isolirt liegen. Vornehmlich habe ich mich an ein- fache Kochsalzmacerationen gehalten, und dienten mir diese Fäulnis- macerationen hauptsächlich nur zur Bestätigung der bei dem an- deren Verfahren erhaltenen Resultate. Es sind eben diese Coleopteren nicht so recht für die Anwendung dieser energischen Maceration ge- eignet, schon aus dem Grunde, weil die Wandungen des Vas deferens meist zu zart sind. Es ist mir in dieser Weise gelungen, die Fibrillen bei sehr vielen Arten zur Ansicht zu bringen. So konnte ich dieselben z. B. bei Otior- rhynchus, Lina, Brontes, mehreren Chrysomela-Arten, Timarcha, Ento- moscelis u. a. m. des öftern sehr deutlich wahrnehmen. Aus Obigem geht hervor, dass bei den Spermatozoen mit Stütz- faser der kontraktile Flimmersaum aus zahlreichen parallel neben einander liegenden feinsten Fibrillen gebildet wird, welche sich kon- tinuirlich vom Kopfe bis in die äußerste Geißelspitze erstrecken. Diese Fibrillen sind zu Bündeln vereinigt, welche als Mittel- und Saumfaser und deren Theilfasern von mir unterschieden wurden. Von größerer Selbständigkeit sind indessen nur die als Mittel- und Saumfaser zuerst sich isolirenden Fibrillenbündel. Diese Fasern sind eben so, wie die Fibrillen unter sich, durch nur sehr geringe Kittsubstanz mit einan- der verbunden. Es löst sich indessen die Kittsubstanz zwischen den Fasern viel leichter als die interfibrilläre. Diese Anordnung der Fi- brillen erinnert etwas an die Zusammenlagerung der Primitivfibril- len zu Bündeln innerhalb des Sarcolemmas der quergestreiften Muskel- faser. Die feinsten Fibrillen des Flimmersaumes gleichen nun vollkom- men den Fibrillen, welche ich in den Spermatosomen der Wirbelthiere, 2. B. der Vögel (27), als letzte Komponenten des Achsenfadens aufge- funden und als Elementarfibrillen beschrieben habe, wie ein Vergleich der beigegebenen Figuren mit den Abbildungen meiner früheren Ab- handlung sofort ergiebt. Hier wie dort sind die Fibrillen äußerst 394 Emil Ballowitz, feine, glatte, elastisch biegsame, resistente Fädchen, welche sich in völlig isolirtem Zustande nicht von einander unterscheiden ließen. Diese vollkommene Übereinstimmung ist um so merkwürdiger und beachtenswerther, als die Elementarfibrillen bei den Wirbelthieren und Insekten genetisch wohl durchaus verschieden sind. Denn wäh- rend sie bei den Coleopteren aus dem Zellprotoplasma des Spermato- cyts hervorgehen, nehmen die Achsenfibrillen bei den Wirbelthieren wohl höchst wahrscheinlich ihren Ursprung aus dem Kerne des Sper- matocyts. Erwähnen will ich noch, dass die Elementarfibrillen sich, wie bei den Wirbelthieren, so auch bei den Insekten, erst spät durch innere Differenzirung in der protoplasmatischen Anlage des Krausensaumes an dem im Übrigen schon ziemlich ausgebildeten Spermatosom bilden. An dem aus dem Spermatocyt hervorwachsenden Geißelfaden ist daher noch keine Andeutung eines faserigen Baues nachweisbar. Der zweite Spermatozoentypus, der von mir unterschieden wurde: die Spermatozoen ohne Stützfaser, bieten ein von dem soeben geschilderten wesentlich verschiedenes Verhalten dar. Schon die äußere Erscheinung dieser Spermatozoenform ist eine andere. Während die mit ausgebildeter Stützfaser versehenen Samen- körper fast alle annähernd gerade gestreckt oder $-förmig gekrümmt erscheinen, ziemlich starr sind und nur sehr selten größere un- regelmäßige Einbiegungen erkennen lassen, besitzen die Spermato- somen ohne Stützfaser gewöhnlich die Form einer aus mehreren ziem- lich gleich großen Windungen bestehenden Spirale, in deren Verlaufe aber sehr häufig größere unregelmäßige Einbiegungen auftreten (Taf. XII, Fig. 30, 31, 32 [Laena, Melolontha], Taf. XIV, Fig. 56 [Hydro- philus]). Haben die Spermatosomen nach dem Tode kurze Zeit gelegen, so dass die Starre beseitigt und eine gewisse Erweichung der Faser eingetreten ist, so werden diese unregelmäßigen Einbiegungen zahl- reicher und größer, so dass diese Samenfäden meist sehr unregelmäßig hin und her gebogen erscheinen, ein Anblick, wie ihn Spermatosomen mit Stützfaser unter gewöhnlichen Verhältnissen kaum jemals zeigen. Schon einfache, ohne vorherige Fixirung und weitere Kautelen ange- fertigte und tingirte Deckglas-Trockenpräparate zeigen diese Unter- schiede stets sehr deutlich. Eine genaue Untersuchung dieser Form mit starker Vergrößerung am frischen, durch Osmiumsäuredämpfe fixirten Objekte ergiebt nun, dass es sich auch hier um abgeplattete, schmal bandförmige Fäden” handelt, welche in ihrer ganzen Länge von ziemlich gleicher Breite sind; nur gegen die äußerste Spitze hin verjüngen sie sich schnell, so Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 355 - dass eine feine Zuspitzung des hinteren Endes erfolgt. Indessen ist der Unterschied der beiden Ränder dieser schmal bandförmigen Geißel lange nicht so groß, als bei den Spermatosomen mit Stützfaser, weil es hier nicht zur Entwicklung eines eigentlichen Krausensaumes kommt. Allerdings verläuft der eine Rand auch hier mehr gerade, glatt, ohne "Umbiegungen, indessen tritt dieser Rand bei Untersuchung des frischen, ungefärbten Objektes nicht als deutlich unterscheidbare gerade Faser hervor. Der entgegengesetzte Rand verläuft gewöhnlich nicht so gerade, zeigt vielmehr öfters kleinere Umbiegungen, die besonders gut an tin- girten Präparaten hervortreten (Taf. XII, Fig. 31, 32, Laena). Doch sind diese Umbiegungen niemals so zahlreich, so regelmäßig und ausgebildet, wie die Krausen des Krausensaumes. Es geht aber hieraus hervor, dass der eine Rand auch bei dieser Form etwas länger ist und sich daher etwas falten muss. Recht deutlich wird dies bisweilen, wenn sich die Samenfäden der Länge nach ausgestreckt und der Deckglas- fläche platt angelegt haben, wobei die Färbung aber nicht zu intensiv sein darf. Der längere Saumrand tritt dann etwas stärker gefärbt her- vor und hat sich oft in eine Reihe zierlicher kleiner wellenförmiger Einbiegungen gefaltet, welche neben dem blasser tingirten, ganz ge- rade verlaufenden anderen Rand einherlaufen (Fig. 33). Derartig platt ausgehreitete Geißeln gleichen dann sehr dem Bilde, unter welchem der typische Krausensaum unter den gleichen Bedingungen erscheint (vgl. auf Taf. XII, Fig. 33 [Laena] mit Fig. 6 [Otiorrhynchus)]). Dasselbe zeigen noch deutlicher die Fig. 47 und 48, welche von Hydrophilus entnommen wurden. Die Geißel dieser Spermatosomen besitzen die Gestalt einer Spirale von etwas über 2'/, Windungen, deren Verlauf aber häufig durch kleinere unregelmäßige Einbiegungen unterbrochen wird (Fig. 46). Fig. 47 stellt ein Spermatosom dar, wel- ches 24 Stunden in gefärbtem Zustande unter dem Deckglase gelegen hatte, so dass die Färbung nur erst wenig abgeblasst ist; der Faden- theil des Samenkörpers hatte sich bereits etwas der Deckglasfläche angelagert und lässt deutlich seine schmal bandförmige Gestalt er- kennen. Fig. 48 wurde nach einem gut gelungenen und tingirten _ Deekglas- Trockenpräparate gezeichnet. Auch hier erscheinen die Geißeln an allen Spermatozoen als sehr schmale Bänder, welche sich nach hinten noch etwas verschmälern und in eine feine, kurze Spitze auslaufen. In dem vorderen Theile der nur blass gefärbten Geißel treten die beiden parallel neben einander liegenden Ränder sehr deut- lich tingirt hervor und werden durch einen schmalen, weniger gefärb- ten Zwischenraum von einander getrennt, so dass es den. Eindruck macht, als bestehe hier die Geißel aus zwei Fasern. Gegen die Mitte 03 396 Emil Ballowitz, hin und in der hinteren Hälfte hört dieses Verhältnis auf; es erscheint von hier ab der eine Rand mehr abgeblasst, saumartig, und setzt sich nicht scharf von dem anderen Rande ab. Dieser letztere tritt nun in der vollen Länge der Geißel, besonders auch in der vorderen Hälfte, durch etwas dunklere Färbung mehr hervor und ist auch gewöhnlich mehrfach umgefaltet. Die Umfaltungsstellen erscheinen wiederum schmal und dunkler. Die Zahl, Lage und Größe dieser Umfaltungen ist an den Trockenpräparaten sehr verschieden, ja sie können ganz fehlen. In letzterem Falle sind sie jedenfalls wohl verstrichen, denn vorhan- den waren solche Umbiegungen wohl’ immer. Es sind dies mithin ganz andere Bilder, wie sie der Krausensaum mit seinen regelmäßigen, gleich großen Krausen. bei derselben Behandlung in Deckglas-Trocken- präparaten stets zeigt. Noch größere Unterschiede bestehen in der Struktur der Sperma- tosomen beider Typen. Es ist jedoch bei diesen nach dem zweiten Typus gebauten Formen noch schwieriger, in alle Einzelheiten des feineren und feinsten Baues einzudringen, da sich hier die Fasern, welche die Geißel zusammensetzen, meist sehr viel schwerer trennen lassen wie dort. Ich habe daher bei diesen Formen auch niemals an dem noch lebenden, Kontraktionen zeigenden Spermatosom einen Zer- fall beobachten können, stets trat derselbe erst an dem abgestorbenen Gebilde ein, nachdem die Maceration einige Zeit eingewirkt hatte. Es ist mir jedoch gelungen, bei einer Gattung, und zwar bei Hydrophilus, einen genauen und klaren Einblick in die feinsten Bauverhältnisse dieser Spermatosomen zu gewinnen und auch an diesem bis jetzt für völlig homogen gehaltenen kontraktilen Gebilde eine in hohem Grade komplieirte Struktur aufzufinden. Dieser Einblick konnte ein so voll- ständiger sein, dass ich wohl annehmen darf, dass mir nichts Wesent- liches entgangen ist (vgl. Taf. XIV). Dass ich nun gerade bei Hydrophilus so werthvolle Aufschlüsse erhielt, verdanke ich besonders dem Umstande, dass die Männchen dieser Gattung an den Ausführungsgängen der Sexualdrüsen eine Ein- richtung besitzen, welche sie für die vorliegenden Untersuchungen sehr geeignet macht. Es findet sich nämlich an den Vasa deferentia kurz vor ihrer Vereinigung mit den Ausführungsgängen der Anhangsdrüsen zu dem unpaaren Ductus ejaculatorius jederseits eine Stelle, welche spindelförmig erweitert ist und als Spermareservoir dient. An den meisten Männchen, die längere Zeit am Leben erhalten werden, sam- meln sich die im Hoden produeirten Samenkörper hier allmählich an, so dass diese Stelle zu einem ansehnlichen, ovalen, blass gelblichweiß aussehenden Körper ausgedehnt wird. Diese Bildung ist schon von Wi» Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 357 L£on Durour (32) zutreffend beschrieben und abgebildet worden, nur dass dieser Entomotom fälschlich die Anhangsdrüsen als Samenblasen bezeichnet hat. Den Inhalt dieser Ampullen bilden Unmengen von Spermatozoen, die fast ohne alle anderen Beimengungen sind. Ich habe bei allen den zahlreichen Hydrophilusmännchen, welche ich unter- suchte, nachdem sie einige Zeit in der Gefangenschaft gelebt hatten, diese Ampullen stets strotzend mit Sperma erfüllt gefunden. Hierdurch wird es möglich, von Hydrophilus stets reines Sperma in größerer Menge für Macerationszwecke zu erhalten, was bei den anderen Cole- opteren nicht der Fall ist. Im günstigsten Falle trifft man bei den übrigen Coleopteren, an denen ich keine derartigen blasenartigen Er- weiterungen der Vasa deferentia gefunden habe, in letzteren eine reichliche Menge von Spermatosomen an; indessen sind solche Männ- chen nicht zu häufig. Meistens ist man daher auf den mit anderen zelligen Elementen stark vermischten Hodeninhalt angewiesen. Alle, auch die geringsten anderen Beimengungen und Verunreinigungen sind aber für diese subtilen Untersuchungen außerordentlich störend, ja sie können die Präparate völlig unbrauchbar machen. Schon die Untersuchung des frisch dem Spermabehälter bei Hydro- philus entnommenen, mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnten und mit Gentianaviolett tingirten Spermas ergab mir wichtige Auf- schlüsse. Ich fand nämlich unter den vielen unversehrten Spermato- zoen bisweilen Samenkörper, an welchen sich der hellere gerade Rand der Geißel von dem anderen dunkler gefärbten, in Gestalt einer Faser abgelöst hatte (Fig. 49). Diese Ablösung konnte an jeder Stelle der Geißel auf größere oder kleinere Strecken hin stattfinden. Nur in sehr seltenen Fällen jedoch wurde die Trennung eine vollkommene, so dass die beiden Fasern nur noch am Hinterende des Kopfes vereint waren. Der Ablösungsprocess findet mithin in anderer Weise statt, als bei der Stützfaser. Während die letztere als sehr elastische Faser von dem Flimmersaum meist in ganzer Ausdehnung gewissermaßen abfedert, findet die Ablösung hier nur langsam, schwerer und auch nur in ge- ringerem Grade statt. Auch das Aussehen dieser Faser ist sehr ver- schieden von dem der Stützfaser. Sie erscheint schwach gefärbt, ist meist unregelmäßig gebogen, besitzt keine so hervortretende elastische Biegsamkeit, und hat auch nicht den Glanz wie jene. Häufiger noch, als diese Zweitheilung, ist eine Spaltung der Geißel in drei Fasern, die jedoch nur selten in der Ausdehnung beobachtet wird, wie sie in Fig. 50 abgebildet ist. Diese Befunde beweisen, dass in den Ampullen innerhalb des lebenden Thieres in Folge einer Art physiologischer Maceration stets 398 Emil Ballowitz, mehrere Spermatozoen sich allmählich auflösen und dem Untergange anheimfallen, wie es oben schon von anderen Coleopteren berichtet wurde. Natürlich sind diese zerfallenden Samenkörper im Vergleich zu den unversehrten nur sehr spärlich. Übersichtlicher als diese frischen Präparate es zeigen können, lässt sich der faserige Zerfall der Geißel durch Maceration in Chlor- natriumlösungen darstellen. In gut gelungenen Präparaten ist dann oft die ganze Geißel in drei völlig isolirte, sehr schmal bandartige Fasern zerlegt, welche nur noch mit dem Hinterende des Kopfes im Zusam- menhang stehen. | Schon eine flüchtige Untersuchung dieser drei Fasern zeigt, dass auch von diesen keine das Aussehen der Stützfaser besitzt und eine ausgebildete Stützfaser hier nicht vorhanden ist (Fig. 51, 52). Die eine Faser (S/) erscheint ein wenig dicker und intensiver gefärbt, ist an- scheinend leicht biegsam und ist häufig gerade gestreckt. Die anderen beiden Fasern dagegen (Rf und Mf) sind etwas blasser gefärbt, zeigen gewöhnlich größere Einbiegungen und sind meist in Spiralen mit mehreren ziemlich regelmäßigen Windungen zusammengelegt. Ich beobachtete nun auch hier des öftern in Präparaten, die einige Zeit unter dem Deckglas gelegen hatten, dass die Spermatozoen sich platt an eine Glasfläche anlagerten, und dass sodann erst der faserige Zerfall der Geißel eintrat. Alle Fasern liegen dann neben ein- ander, wie sie in der Geißel angeordnet sind, und werden so in situ an der Glasfläche fixirt. Derartige Präparate geben in der vollkommen- sten Weise sicheren Aufschluss über die Lagerung der Fasern. Ein solches Spermatosom ist in Fig. 51 dargestellt. Man erkennt die dunk- lere, an dem einen Rande befindliche Faser (Sf), welche jetzt deutlich nachweisbar länger erscheint, als die beiden anderen. Diese Faser überragt daher auch die übrigen und scheint ausschließlich die feine Spitze des Spermatosoms zu bilden. Häufig kommt es vor, besonders im vorderen Theile des Samenkörpers, dass sich diese Faser in Folge ihrer größeren Länge in kleine, mehr oder weniger regelmäßige, wel- lenförmige Einbiegungen gelegt hat (Fig. 51; vgl. damit auch Fig. 33 Laena]). Auch Umfaltungen werden häufiger beobachtet. Ein Ver- gleich dieser Abbildung mit Fig. 48 ergiebt nun sofort, dass diese dunk- lere Faser der mehr gebogene, etwas intensiver gefärbte freie Rand der Geißel ist, der in Fig. 48 an dem Deckglas-Trockenpräparat schon an dem unversehrten Samenkörper deutlich faserartig hervortrat. Ich will diese Faser wieder als Saumfaser bezeichnen. Die anderen beiden Fasern (Rund Mf), welche genau gleiche Länge und das gleiche Aussehen besitzen, sind in Präparaten, denen Fig. 51 Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 359 entnommen wurde, so gelagert, dass sie parallel neben einander und parallel neben der Saumfaser liegen und sich vom Kopfe bis in die Nähe des Geißelendes erstrecken. Die mittlere der drei Fasern kann ich mithin als Mittelfaser (Mf) benennen, die noch übrige möge » Rand- faser« heißen. Die letztere würde dem geraden blassen Rand der Fig. 48 entsprechen. Unklar bliebe allerdings vor der Hand noch, warum an dem Deckglas-Trockenpräparat der vordere Theil dieses Randes deutlicher als der hintere hervortritt; wir werden indessen auch hierüber alsbald Aufschluss erhalten. Es hätte sich mithin bereits ergeben, dass die Geißel aus drei schmal bandartigen, parallel neben einander liegenden Fasern besteht, einer Rand-, Mittel- und Saumfaser (R/, Mf und Sf der Taf. XII und XII). Bei weitergehender Maceration in gut gelungenen Präparaten löst sich nun häufig noch eine vierte, sehr eigenthümliche Faser von den übrigen ab, welche ganz anders aussieht als die letzteren. Dieselbe bildet ein dünnes, gleichfalls platt bandartiges, hlassviolett tingirtes Fädchen, welches sich an das Ilinterende des Kopfes anheftet. Gegen das hintere freie Ende hin verjüngt es sich ganz allmählich und wird sehr fein, um mit einer feinsten Zuspitzung aufzuhören. Immerhin ist es aber, auch in seinem hinteren Theile, noch wesentlich dicker, als eine der oben von mir beschriebenen Fibrillen. Sehr auffällig ist, dass dieses Fäserchen bei Weitem nicht die Länge der übrigen Fasern er- reicht; es besitzt nur eine Länge von circa 0,05—0,06 mm, erstreckt sich mithin noch nicht bis zur Mitte der Geißel, welche gegen 0,13 mm misst. Mit dem hinteren Ende löst es sich gewöhnlich zuerst ab (Fig. 53 Wf). Merkwürdig und sehr charakteristisch ist auch die Art der Einbiegungen dieser Faser (vgl. Fig. 54—59, 62 und 63 Wf). Die- selbe scheint außerordentlich weich und nachgiebig zu sein, so dass sie meist zahlreiche kleine unregelmäßige Einbiegungen, öfters auch winkelige Umknickungen zeigt, welche letztere bei den anderen Fasern niemals beobachtet werden. Auch flottirt sie sehr leicht hin und her. Durch diese zahlreichen Einbiegungen und durch ihr ganzes Aussehen ähnelt sie einer geschwungenen Peitschenschnur, oder mehr noch einem im Winde flatternden Schiffswimpel (vgl. Taf. XIV). Sie möge daher die Bezeichnung der » Wimpelfaser« führen (W/ der Taf. XIV). Die Befestigung dieser Wimpelfaser an dem Kopfe ist eine sehr feste, so dass sie sich nur schwer ablöst und an- den meisten, durch stärkere Maceration isolirten Köpfen noch vorhanden ist. Der letztere Umstand spricht zugleich für eine große Resistenz dieser Faser. Im Übrigen ist sie strukturlos, da ich niemals an ihr etwa eine Zerfaserung in Fibrillen wahrgenommen habe. 360 | Emil Ballowitz, Ich habe mir nun Mühe gegeben, zu entscheiden, wo die Wimpel- faser gelegen ist, ob sie sich am Rande angeheftet befindet, oder sich zwischen die Fasern einlagert. Ich legte diesem Umstande Anfangs einige Bedeutung bei, weil ich eine Zeit lang vermuthete, es könnte sich in der Wimpelfaser um ein Rudiment der Stützfaser handeln. Diese Möglichkeit glaube ich aber ausschließen zu müssen. Jedenfalls liegt die Wimpelfaser nicht zwischen der Saumfaser (Sf) und der Mittelfaser (Mf); denn ich habe mehrmals gesehen, dass diese beiden Fasern vorn noch in ganz festem Zusammenhang sich befanden, wäh- rend die Randfaser (Rf) zum größten Theil, die Wimpelfaser (Wf) aber schon ganz abgelöst war. Fig. 56 z. B. zeigt dies deutlich. Es scheint mir auch nicht recht wahrscheinlich, dass die Wimpelfaser dem freien Rande der Randfaser angeheftet ist; denn sonst hätte es wohl bisweilen vorkommen müssen, dass sie sich allein von der sonst noch intakt ge- bliebenen Geißel ablöste. Ich habe dies aber niemals beobachtet, viel- mehr wurde sie nur immer dann erst sichtbar, wenn ein Zerfall im oberen Theil der Geißel bereits eingetreten war, und die Fasern sich hier mehr oder weniger von einander gelockert hatten. Es scheint mir demnach das Wahrscheinlichste, dass die Wimpelfaser zwischen Rand- und Mittelfaser eingelagert ist. Hiermit stimmt auch überein, dass ich sie häufig in dem Spaltraum zwischen diesen beiden getrennten Fasern isolirt angetroffen habe (vel. Fig. 53). Jedenfalls ist sie auch die Ur- sache, dass an dem Deckglas-Trockenpräparat (Fig. 48) der der Rand- faser entsprechende Rand in dem vorderen Theile der Geibßel deutlicher faserartig hervortritt, als in dem hinteren Abschnitte. Es wollte mir nun recht lange nicht gelingen, einen noch weiter gehenden Zerfall der Spermatosomen bei Hydrophilus hervorzurufen und auch an den Theilfasern eine feinere Struktur darzustellen. Alle Macerationsversuche mit Kochsalzlösungen und anderen Reagentien führten zu keinem Ergebnis. Und doch hatte ich sehr sichere Anhalts- punkte dafür, dass auch diese Fasern noch eine viel feinere Struktur besitzen mussten. Es erschien mir dies nicht allein aus dem Grunde wahrscheinlich, weil es mir bereits an den Theilfasern des Krausen- saumes gelungen war, die Zusammensetzung derselben aus Elementar- fibrillen nachzuweisen. Ich hatte vielmehr auch von Hydrophilus selbst bereits unzweifelhafte Beweise in Händen, dass auch hier eine feinst- fädige Struktur besteht. Ich fand nämlich in dem frisch den Ampullen des Vas deferens entnommenen und tingirten Sperma außer den partiell zerfallenen Spermatozoen nicht selten völlig isolirte Fasern, welche sich auch nicht mehr im Zusammenhange mit dem Kopfe befanden und gewöhnlich die Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 361 Länge der Geißel besaßen; jedenfalls waren sie niemals länger als die letztere in ausgestrecktem Zustande. Viele dieser Fasern zeigten die Dicke, die Färbung und überhaupt ganz das Aussehen der Theilfasern des durch Maceration zerlegten Spermatosoms. Ein Theil der Fasern war indessen etwas dünner, merklich blasser tingirt und auffallend weich, nachgiebig und hin und her gebogen. Diese Fasern glichen sehr den verblassten Theilfasern des Krausensaumes kurz vor ihrem Zerfall in Fibrillen. Eine genaue Untersuchung ergab nun, dass diese blassen Fasern bisweiler in feinste Fibrillen zerfällt waren (Taf. XV, Fig. 64—67). Am häufigsten traf ich diesen fibrillären Zerfall an den freien Enden der Fasern. Dieselben sind oft pinselartig in zahlreiche kurze, feinste Fädchen zerfasert (Fig. 66, 67 bei z). Trennen sich die Fibrillen an den Enden auf größere Strecken, so entstehen Bildungen, wie sie in Fig. 65 und 66 dargestellt sind. Auch im mittleren Theile der Fasern können die Fibrillen streckenweise aus einander treten (Fig. 65). Niemals habe ich indessen im Verlaufe der Fasern frei abstehende kürzere Fibrillen- enden gesehen; auch zeigten die an den Enden isolirten Fädchen fast immer die gleiche Länge. Einige wenige Male beobachtete ich, dass eine Faser fast ihrer ganzen Länge nach in die zahlreichen feinsten Fibrillen aufgesplittert war, welche nach allen Seiten hin zierlich ge- bogen aus einander lagen, und nur noch an dem einen Ende, wie an einem Stiele, im Zusammenhang waren, so dass sehr absonderliche Bildungen entstanden (Fig. 67). Alle diese Fibrillen hatten meist noch ihre volle Länge bewahrt, welche der Länge der Fasern entsprach. Bisweilen kommt es auch vor, dass sich nur eine isolirte Fibrille ab- löst (Fig. 64 Fb). Die Fibrillen scheinen auch hier wiederum in zwei Bündeln angeordnet zu sein; ich sah wenigstens nicht selten, dass die Faser sich zuerst in zwei Theilfasern trennte (Fig. 64, 66), welche dann fibrillär weiter zerfielen. Auch völlig isolirte, frei flottirende Fibrillen waren nicht zu selten. Die Zahl der Fibrillen, in welche eine jede der isolirten Fasern sich theilen konnte, ist eine ganz beträchtliche, da ich häufig acht bis zehn Fibrillen zählte. Dieselben schienen mir sogar nicht immer von gleicher Dicke zu sein, so weit sich dies überhaupt sicher erkennen lässt, so dass möglicherweise noch ein weiterer Zerfall eintreten kann. Auch diese Fibrillen zeichnen sich dadurch aus, dass sie äußerst fein und meist sehr zierlich gebogen sind. Sie gleichen in Allem vollständig den Elementarfibrillen, welche oben von mir als letzte Bestandtheile des Krausensaumes beschrieben wurden. Diese feinsten Fädchen sind daher auch nur bei stärkster Vergrößerung und gutem Tageslicht dann 362 Emil Ballowitz, wahrzunehmen, wenn sie horizontal in einer Ebene an den Glasflächen des Präparates ausgebreitet sind und die Tinktion eine intensive und durchaus saubere geworden ist. Ich war stets von Neuem durch die Zartheit und Zierlichkeit dieser Bilder überrascht; man traut seinem Auge kaum, wenn man sieht, dass eine an sich schon so feine Faser sich doch noch in so sehr zahlreiche, gleichartige Fädchen zerlegt. Die Untersuchung des frischen Spermas hatte mir mithin schon einen wichtigen Aufschluss über die feinste Struktur der Geißel erge- ben. Der Befund der isolirten, fibrillär zerfallenen Fasern machte zur Gewissheit, dass in der Geißel Elementarfibrillen in großer Anzahl vor- handen sein müssen. Indessen genügten mir diese Befunde noch nicht; denn es blieb noch die Frage zu entscheiden übrig, ob alle drei von mir durch Maceration dargestellten Fasern (Rand-, Mittel- und Saum- faser) fibrillär strukturirt wären, oder ob hier Differenzen beständen und nur bestimmten Fasern diese Struktur zukäme. Ich stellte mir diese Frage besonders auch aus dem Grunde, weil die Struktur der Einzelfasern vielleicht Anhaltspunkte dafür geben konnte, welche Homo- logien zwischen den Theilfasern dieser Spermatozoenform und der Spermatozoen mit Stützfaser beständen. Aus dem Folgenden wird hervorgehen, dass diese Frage nicht unberechtigt war. Um nun eine Beantwortung zu finden, durchmusterte ich zunächst in dem frischen Sperma wiederholt und auf das sorgfältigste die faserig zerfallenen Samenkörper, in der Hoffnung, hier und da Fibrillen anzu- treffen, welche sich von den noch mit den übrigen Theilen des Sper- matosoms im Zusammenhang befindlichen Hauptfasern abgelöst hätten, so dass man sicher hätte entscheiden können, welchen Fasern die Fibrillen angehören. Indessen gelang es mir niemals, trotz vielen Suchens, solche Präparate aufzufinden. Auch die Kochsalzmacerationen ergaben mir bei Hydrophilus stets nur einen Zerfall in die vier Fasern, niemals aber eine weitere Auflösung der Fasern in Fibrillen. Ich glaubte hieraus schließen zu müssen, dass die Fibrillen innerhalb der Theilfasern sehr fest mit einander verkittet sind durch eine Kittsub- stanz, welche sehr resistent ist und erst durch lange einwirkende Maceration angegriffen wird. Daher findet sich in dem Inhalt der Am- pullen die fibrilläre Auflösung nur an den völlig isolirten Fasern, welche nach dem vollständigen Zerfall des Spermatosoms wohl bereits längere Zeit in der Flüssigkeit der Samenblasen macerirt haben müssen. Es blieb mir demnach nichts Anderes übrig, um obige Frage zu entscheiden, als auch hier die energisch wirkende Fäulnismaceration zu versuchen. Gerade der männliche Hydrophilus erschien mir hier- = | Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 363 für auch besonders geeignet, weil bei demselben eine größere Quanti- tät Spermas ohne alle Verunreinigungen von den widerstandsfähigen Wandungen der Ampulle des Vas deferens umschlossen wird. Es ergab mir denn auch hier diese Methode, welche ich mit der Kochsalzmace- ration kombinirte, ganz ausgezeichnete Resultate. Ich verfuhrdabeigenau in derselben Weise, wie oben p. 351 schon näher aus einander gesetzt wurde. Nach einer Macerationsdauer von mehreren Tagen wurde eine gefüllte Ampulle herauspräparirt, sorgfältig abgespült und in einer ent- sprechenden Quantität 0,8°/,iger Kochsalzlösung vorsichtig zerzupft, so dass die Spermatosomen in der Flüssigkeit aufgeschwemmt werden. Die fast sämmtlich schon stark zerfallenen Samenkörper müssen derart in der Flüssigkeit vertheilt sein, dass sie späterhin im mikroskopischen Prä- parat völlig isolirt liegen, dies ist durchaus erforderlich, Von der Flüs- sigkeit bringt man sodann einen Tropfen unter das Deckglas und lässt das Präparat einen bis mehrere Tage liegen. In der Kochsalzlösung tritt jetzt noch ein weiterer Zerfall der Spermatosomen ein. Hierbei legen sich die zerfallenen Samenkörper wiederum mit allen ihren Fasern und Fibrillen dicht der Glasfläche an, so dass sie in einer hori- zontalen Ebene ausgebreitet sind und leicht in genauer Ausdehnung überblickt werden können. Auf diese Weise gelang es mir, so prächtig übersichtliche und in allen Einzelheiten deutliche Präparate zu gewin- nen, wie sie in den Figuren 59—63 dargestellt sind. Fig. 59 zeigt ein Spermatosom, dessen Geißel in voller Länge in die vier Fasern zerspalten ist. Die Wimpelfaser (Wf) links oben und die Saumfaser (Sf) rechts sind noch im Zusammenhang mit dem Kopf (A). Dazwischen liegt die schon vom Kopfe abgelöste Rand- und Mittelfaser (Rf, Mf). Alle vier Fasern zeigen das oben beschriebene charakteristi- sche Aussehen. Zwischen der Saumfaser und der Mittelfaser habe ich nun häufig ein sehr feines, sehr schmal bandförmiges Fäserchen ange- troffen, welches sich vom Kopfe bis in die Geißelspitze erstreckte. Bald lag es der Saumfaser, bald der Mittelfaser streckenweise an, so dass kein Zweifel darüber bestehen kann, dass es sich in dem intakten Spermatosom zwischen diesen beiden Fasern befindet, wenn dasselbe auch bei der Maceration oft herausgerissen und verlagert wird. Sehr häufig sah ich nun dieses Fädchen der ganzen Länge nach in zwei äußerst feine Fibrillen zertheilt, welche oft parallel dieht neben einan- der verliefen und nur an den Enden etwas aus einander wichen (Fig. 59 Fb Fb). Oft sind sie aber auch weit von einander abgezerrt (Fig. 60 Fb Fb). Diese »Zwillingsfibrillen«, wie ich sie nennen möchte, scheinen in keinem festeren Zusammenhange mit den sogleich zu beschreiben- den übrigen Fibrillen zu stehen. Sie erinnern hierdurch etwas an die 364 Emil Ballowitz, eine auch leichter isolirbare Fibrille, welche ich in dem Flimmersaum der Spermatozoen mit Stützfaser z. B. bei Lamia, Morimus u. A. auf- gefunden habe (vgl. oben p. 346). Es ist klar, dass diese Zwillingsfibril- len bei der Maceration und der Herstellung des Präparates leicht herausgerissen werden und in weiteren Stadien der Maceration am Spermatosom meist nicht mehr anzutreffen sind. Auch in dem frisch untersuchten Inhalt der Ampullen des Vas deferens habe ich die isolir- ten Zwillingsfibrillen wieder erkennen können, wenn sie noch theil- weise unter sich zusammenhingen; sie waren dann hier natürlich stets außer allem Zusammenhang mit den Spermatosomen. Schreitet die Maceration noch weiter vor, so tritt zuerst eine Ver- änderung an der Saumfaser (Sf) ein. Dieselbe scheint etwas dünner und weicher zu werden und nimmt eine blassere Färbung an. Hier und da sieht man nun an ihr eine Spaltung in zwei Fäden (Fig. 60 Sf, am hin- teren Ende) und alsbald auch einen Zerfall in sehr zahlreiche Fibrillen auftreten. Am frühesten zeigt sich dieser Zerfall an den Enden der Fasern. In Fig. 62, wo an dem Kopfe nur noch die Wimpelfaser (Wf) und die Saumfaser (Sf) haften, ist das freie Ende der letzteren auf eine große Strecke in, der Dicke nach noch ungleiche Fibrillen zerspalten, nachdem kurz vorher (bei x) eine Trennung in zwei Fäden erfolgt war. Hierdurch hat die Faser ein ähnliches Aussehen erlangt, wie es die im frischen Sperma gefundenen isolirten Fasern oft zeigen (vgl. auf Tafel XV, Fig. 65, oberes Ende). In Fig. 61 hat sich die Saumfaser (Sf) bereits vom Kopfe abgelöst und ist in der Mitte an zwei Stellen, be- sonders aber am vorderen und hinteren Ende fibrillär zerfallen. Fig. 63 endlich zeigt diesen fibrillären Zerfall in ideal schöner Weise, ein Bild, wie ich es einige Male in gut gelungenen Präparaten erhalten habe. Kopf und Theilfasern der Geißel sind in ihrer gegenseitigen Lage fixirt; an dem Kopf befindet sich nur noch die Wimpelfaser, die anderen drei Fasern sind von ihm abgetrennt. Statt der Saumfaser findet sich nun ein lockeres Bündel von zahlreichen, blassen, völlig von einander getrennten, feinsten Elementarfibrillen vor, welche alle genau dieselbe Länge und damit die Länge der ursprünglichen Saumfaser besitzen. Natürlich trifft man in solchen Präparaten auch sehr häufig völlig isolirte Saumfasern, die eine Theilung in zahlreiche Fibrillen aufweisen (Taf. XV, Fig. 68— 74). Bemerkenswerth sind in Fig. 70 die eleganten Biegungen, welche die an einer Stelle weit von einander abtretenden (acht) Fasern zeigen; zwei von diesen Fäserchen schienen merklich dicker zu sein, als die übrigen. In Fig. 69 sieht man (bei x und &;) zwei schmale blasse Stellen, ähnlich wie es an der Saumfaser bei Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 365 x 'alathus beobachtet wurde (vgl. p. 349); an diesen Stellen waren die _ Fibrillen wohl noch nicht weit genug von einander abgewichen, um - unterschieden werden zu können, wie es an einer Stelle weiter unten möglich geworden ist. In Fig. 71 ist der Zerfall einer isolirten Faser * v j ein sehr weitgehender. Beide Enden sind bis gegen die Mitte der Faser hin in zwei Fibrillenbüschel umgewandelt; an dem rechten Büschel zählte ich zehn, an dem linken neun solcher feinsten Fädchen. Ein Vergleich dieser durch Maceration fibrillär gewordenen Saum- fasern mit den im frischen Sperma aus den Ampullen beobachteten Fibrillenbündeln ergiebt nun, dass beide völlig übereinstimmen (vgl. Taf. XV, Fig. 64—67). Es geht hieraus hervor, dass diese letzteren fibrillär zerfallene Saumfasern, wenigstens zum Theil bestimmt, sein müssen. Es bleibt nun aber noch die Frage offen, ob nicht auch die beiden anderen Fasern, die Rand- und Mittelfaser, in gleicher Weise fibrillär zerfallen können, so dass auch sie als fibrilläre Fasern im fri- schen Sperma gefunden werden. Ich glaube auch hierüber Aufschluss erhalten zu haben, da es mir gelang, auch die feinere Struktur dieser beiden Fasern festzustellen. Dieselbe ist indessen eine etwas andere, als an der Saumfaser. In dem Stadium der Maceration, in welchem die Saumfaser fibril- lär zerfällt, bleiben die Rand- und Mittelfaser noch völlig unversehrt. Beide Fasern sind noch spiralig gebogen, besitzen glatte Kontouren, haben dieselbe Dicke bewahrt und erscheinen noch dunkel gefärbt (Fig. 61, 63 Rf, Mf). Hierdurch unterscheiden sie sich sofort von der zerfallenden Saumfaser. Wenn die Maceration noch weiter vorschreitet, löst sich die Saumfaser völlig auf und verschwindet der größte Theil der Elementarfibrillen ; nur ein Theil ganz isolirter, oft wirr durch ein- ander liegender Fädchen bleibt hier und da zurück. Auch die Wim- pelfaser wird undeutlich. Jetzt erst tritt eine Veränderung in den beiden resistenten Fasern ein. Dieselben werden etwas blasser und erhalten fein eingekerbte Kontouren. Alsbald erscheinen sie wie in zahl- reiche, in einer Reihe hinter einander angeordnete, körnchenartige Segmente der Quere nach zerfallen (Taf. XV, Fig. 72—75). Die spira- ligen Umbiegungen und eine dunklere Tinktion, die den Segmenten angehört, hat die Faser dann oft noch bewahrt (Fig. 72). Häufig brök- keln nun diese Körnchen ab oder es löst sich auch die dunklere Masse in kleinen Stückchen los. Alsdann wird ein feiner, heller, wenig ge- | färbter, elastisch biegsamer Faden sichtbar, auf welchem die Körnchen aufgereiht sind. Ob es sich nun wirklich in den Körnchen um völlig von einander getrennte Segmente handelt oder ob dieselben etwa nur den optischen Ausdruck einer um die feine Achsenfaser in engen Win- Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. L. Bd. n 24 66 Emil Ballowitz, dungen herumgelegten Spirale bilden, ist bei der großen Kleinheit der Körnchen zu entscheiden ganz unmöglich. Sehr häufig sah ich nun an Stellen, wo dieser Achsenfaden auf größere Strecken isolirt war, dass derselbe deutlich in zwei äußerst feine Fibrillen zerfiel (Fig. 73, 74, 75). Diese Fibrillen sind meist, eben so wie der ungetheilte Achsenfaden, wiederum elegant gebogen und zeigen bisweilen hübsche Schleifen (Fig. 74). Nicht selten waren die Körnchen durch die beiden aus ein- ander tretenden Fibrillen zerrissen, so dass jeder Fibrille korrespon- dirende Körnchenreste der Umhüllung anhafteten (Fig. 75). An man- chen Stellen schien mir der sehr feine Achsenfaden noch in mehr als zwei Fihrillen zu zerfallen, indessen habe ich diese Beobachtung sicher nicht machen können; es scheint mir dies aber sehr wahrscheinlich zu sein. Hieraus geht hervor, dass die Mittelfaser und die Randfaser bei Hydrophilus gebildet werden von einem feinen, fibrillären, die Fasern in ganzer Länge durchziehenden Achsenfaden und einem diesen Achsenfaden gleichmäßig in ganzer Ausdehnung umhüllenden, bei weitgehender Maceration der Quere nach in körnchenartige Segmente zerfallenden Mantel. Bei den übrigen CGoleopteren, deren Spermatosomen der Stützfaser gleichfalls entbehren, ist es mir nun nicht gelungen, einen so vollstän- digen Einblick in die feinsten Bauverhältnisse der Geißel zu gewinnen. Indessen habe ich doch bei vielen Arten zahlreiche und bestimmte An- haltspunkte, gewonnen, welche darauf schließen lassen, dass auch bei den übrigen Spermatozoen dieser Form dieselben oder doch ganz ähn- liche Verhältnisse vorliegen, wie bei Hydrophilus. So konnte ich z. B. bei Getonia aurata des öftern die Geißel in die ganz von einander getrennten Randfaser, Mittel- und Saumfaser zerlegen. Auch eine feine blasse Wimpelfaser traf ich hier regel- mäßig an, welche lange an dem Kopfe haften bleibt, wenn auch die anderen Fasern sich schon abgelöst haben. Auch bei Lucanus capreolus schien mir diese eigenthümliche Faser vorhanden zu sein, nur scheint sie hier relativ länger, als bei dem vorigen Coleopter. | Bei den meisten Coleopteren ohne Stützfaser vermisste ich jedoch die Wimpelfaser, obwohl ich hier bei manchen Arten, oft ganz regel- mäßig an jedem Spermatosom die drei Hauptfasern in voller Länge von einander getrennt hatte; ich glaube daher nicht, dass sie mir hier ent- gangen ist. So konnte ich z. B. bei Laena, Geotrypes, Clerus und Cle- roides, Melolontha, Corticeus, Blaps u. a. die Saumfaser, Mittel- und Randfaser regelmäßig von einander isoliren, während eine Wimpel- Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 367 faser stets vermisst wurde. Letztere ist mithin kein konstantes, nur wenigen Arten zukommendes Gebilde. Überhaupt ist mir die Zergliederung der Geißel in die drei Haupt- fasern bei jeder Art ohne Ausnahme gelungen. Diese Trennung erfolgt bei diesem Typus aber im Allgemeinen weit schwerer als an den Sper- matosomen mit Stützfaser. Die isolirten Fasern lassen gewöhnlich die bei Hydrophilus hervorgehobenen Unterschiede leicht erkennen (vgl. Fig. 30, Melolontha; Rf, Mf, Sf). Indessen kamen auch Fälle zur Beob- achtung, in denen die sich isolirenden Fasern ein etwas abweichendes Aussehen darboten und die Anordnung der Fasern und Fibrillen in der Geißel gewissermaßen etwas atypisch zu sein schien. So sah ich z. B. bei Nebria brevicollis, dass sich an den langen Samenkörpern dieses Thieres von einer dickeren, intensiv sich färbenden Faser häufig in großer Ausdehnung drei ganz gleich aussehende feinere unregelmäßig hin und her gebogene Fasern ablösten, welche aber noch nicht fein genug waren, um Elementarfibrillen darzustellen. Erwähnen will ich noch, dass bei Loricera pilicornis das hinterste kurze, zugespitzte Ende, - welches sich nur blass färbt, sehr deutlich und scharf von dem übri- gen dickeren, intensiv sich tingirenden Geißeltheil abgesetzt ist, so dass hier ein »Endstück « vorliegt. Es erinnert diese Bildung an das von Rerzıus (33) zuerst an den Spermatozoen der Säugethiere beschrie- bene Endstück. Der angeführte Fall ist jedoch der einzige, in dem unter allen p. 326—328 aufgezählten Goleopteren dieses Endstück von mir beobachtet wurde. Auch die Elementarfibrillen habe ich an den Spermatozoen des zweiten Typus bei sehr vielen Arten aufgefunden, selten allerdings an den noch zusammenhängenden Fasern; meist wurden sie an Bruch- stücken oder an isolirten Fasern wahrgenommen. Indessen kommen dieselben auch hier überall recht selten zur Beobachtung und isoliren sich sehr schwer. Ich habe dieselben sehr deutlich gesehen z. B. bei Laena, Galosoma, Garabus-Arten, Melo&, Pyrochroa, Blaps, Oryctes, Luca- nus, Cetonia u. a. m. Bei Gerambyx heros gelang es mir, dieselben in größerer Anzahl und in größerer Ausdehnung zu isoliren. Ich habe oben erwähnt, dass zwischen den beiden geschilderten Spermatozoentypen Übergangsformen von mir beobachtet wurden. Diese Übergänge beanspruchen ein gewisses Interesse, weil sie einigen Aufschluss geben können über die Homologien, welche etwa zwischen den Hauptfasern der Geißel beider Typen bestehen. Sie werden be- stimmt durch eine geringere Ausbildung des Krausensaumes und be- sonders dadurch, dass die Stützfaser ihre charakteristischen Eigen- schaften allmählich verliert. 24* 368 Emil Ballowitz, Die letztere kann sehr verschieden entwickelt sein. Von extremer Dicke und Starrheit fand ich sie in den langen, etwas abweichend ge- bauten Spermatosomen von Cis boleti, welche dagegen nur einen schma- len, aber auch feinfädigen Krausensaum besitzen. Aber auch in den Familien der Chrysomeliden und Gureulioniden, bei welchen ich die Stützfaser fast überall antraf, kann sie von sehr wechselnder Ausbil- dung sein; ich habe hierauf schon bei Ghrysomela sanguinolenta auf- merksam gemacht. Büßt sie nun allmählich ihre charakteristischen Eigenschaften ein, so nimmt sie hierdurch mehr und mehr das Aussehen der Mittelfaser und damit auch der Randfaser an, so dass schließlich diese beiden Fasern, wie bei Hydrophilus (Taf. XIV), nicht mehr von einander zu unterscheiden sind. | Ich habe nun alle Übergänge gefunden zwischen der typischen Stützfaser und der Randfaser der Spermatosomen der zweiten Form. Die Stützfaser wird dabei weicher, nachgiebiger, verliert ihren mehr gestreckten Verlauf und zeigt häufig unregelmäßige Einbiegungen. Zu- gleich erhält sie auch ein anderes Färbevermögen; sie färbt sich mit Anilinfarben leichter und behält auch den Farbstoff länger zurück. Fig. 27 z.B. zeigt ein Spermatosom von Brontes planatus, dessen Geißel einen, wenn auch nur schmalen, aber doch sehr deutlichen und mit gut ausgebildeten, regelmäßigen Krausen versehenen Saum besitzt, welcher sich bei genauer Beobachtung an jedem Spermatosom leicht wahrnehmen lässt. Das Ende dieser Geißel theilt sich nun häufig in zwei differente Fasern (Fig. 28 auf Taf. XI). Nur sehr selten tritt ein Zerfall zuerst in dem mittleren Theil ein, wie es bei den Spermatozoen mit typischer Stützfaser gewöhnlich beobachtet wird. Die eine dieser Fasern (XS) bewahrt alle Eigenschaften des Krausensaumes; auch zer- legt sie sich, wenn auch nur schwer, in zwei bis drei Fasern. Die andere Faser (Rf) hingegen besitzt nicht mehr das Aussehen der Stütz- faser, ähnelt vielmehr sehr der Randfaser. Dieselbe ist besonders in ihrem hinteren, fein ausgezogenen Abschnitt weich geworden. und legt sich in den Präparaten leicht in unregelmäßige Biegungen (Fig. 28). Sie färbt sich mit Gentianaviolett auch leicht, wenn auch blasser als der Krausensaum und hält diese Färbung zurück. Noch deutlicher wird dies, wenn sich die beiden Fasern in voller Länge von einander abge- löst haben (Fig. 29). Ähnliches zeigen die kleinen Spermatosomen vieler Garabus-Arten, von Galosoma, Ghaetocarabus, Procrustes u. a. m., bei denen keine typische Stützfaser mehr zur Ausbildung kommt, viel- mehr die sich ablösende Faser meist schon als Randfaser bezeichnet werden muss. Andererseits habe ich beobachtet, dass an Spermatosomen, welche Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 369 ganz den Habitus der zweiten Spermatosomenform zeigen, die Randfaser schon manche Eigenschaften der Stützfaser angenommen hatte und der letzteren sehr ähnelt. Besonders fiel mir dies bei Gleroides formicarius auf, dessen Samenkörper leicht in voller Geibellänge in die drei Haupt- fasern zerfallen. Die Randfaser unterscheidet sich hier von der Mittel- faser, besonders in ihrem vorderen Theile, durch etwas stärkeren Glanz, größere Starrheit und auch etwas differente Tinktion; sie färbt sich nur schwer und verblasst auch bald wieder. Immerhin sind diese Eigen- schaften aber noch nicht so ausgeprägt, dass man diese Randfaser als Stützfaser bezeichnen könnte. Eine sehr merkwürdige und in vieler Beziehung interessante Spermatozoenform fand ich bei Copris lunaris. Diese Scarabaeide besitzt mäßig lange, kräftig ausgebildete Spermatosomen (Taf. XII, Fig. 9), deren Geißel sehr deutlich zwei differente Abschnitte unter- scheiden lässt. Die vordere Hälfte ist leicht S-förmig gebogen, fast ge- rade gestreckt und sehr starr; hier ist ein breiter, schön entwickelter, aus sehr regelmäßigen Krausen bestehender Flimmersaum angeheftet. Dieser Abschnitt gleicht mithin ganz einem Spermatosom des ersten Typus. Die hintere Hälfte der Geißel dagegen erscheint weicher, nach- giebiger und ist in 2—2!/, Spiralwindungen gelegt, die öfters unregel- mäßige Einbiegungen zeigen. Regelmäßige Krausen sind hier nicht vorhanden, obwohl sich der Flimmersaum kontinuirlich auf diesen spi- raligen Abschnitt erstreckt; nur hier und da zeigt der freie Saumrand mehr unregelmäßige Umbiegungen. Es besitzt demnach diese hintere Hälfte der Geißel ganz den Habitus eines Spermatosoms der zweiten Form. Hiermit steht auch die Art und Weise, wie die Geißel in diesen beiden differenten Abschnitten zerfällt, im Einklange. In Kochsalz- macerationen löst sich nämlich sehr leicht der Flimmersaum ab und es erscheint dann eine sehr charakteristische, recht stark ausgebildete Stützfaser (Fig. 10 Sif, KS). In dem hinteren Abschnitt tritt dieser Lerfall weit schwerer und meist auch nur auf kleinere Strecken ein; die Geißel theilt sich hier gewöhnlich nicht in zwei Fasern, sondern zerlegt sich sogleich in drei, wie bei den Spermatozoen des zweiten Typus. Späterhin tritt dann auch ein weiterer Zerfall in zwei bis drei Fasern in dem Krausensaum des vorderen Theiles ein. Hierbei setzt sich die Saumfaser des Krausensaumes (Fig. 11—13 Sf) kontinuir- lich auf die hintere Hälfte bis in die Spitze hinein fort, eben so die Mittel- und Stützfaser. Die letztere wird in dem hinteren Drittel etwas dünner und auch nachgiebiger und ist gewöhnlich spiralig oder un- regelmäßig wellig gebogen, zeigt aber sonst ganz das Aussehen, wie im vorderen Theile. 370 Emil Ballowitz, Es ist mir nun geglückt, an guten Kochsalzmacerationen, die längere Zeit gelegen hatten, auch über die feinste Struktur dieser Fasern einigen Aufschluss zu erhalten (Taf. XII, Fig. 11—13). So habe ich mehrmals auf das schönste gesehen, wie an der in die drei Hauptfasern zerspaltenen Geißel die Saumfaser (Sf) der ganzen Länge nach in zahl- reiche feinste, neben einander liegende Elementarfibrillen zerfiel, welche wie ein zartes Schleierband neben den übrigen Fasern lagen und sich vom Kopfe bis zur Geißelspitze erstreckten. Die Mittelfaser war meist spiralig gebogen, dunkel gefärbt und zeigte nicht selten eine Spaltung in zwei Theilfasern (Fig. 13 Mf). Bei weiter vorgeschrittener Macera- tion sah ich an derselben des öftern eine feine sehr regelmäßige nicht so leicht wahrzunehmende Querkörnelung (Fig. 12 Mf), wie ich sie an der Rand- und Mittelfaser von Hydrophilus beschrieben habe (vgl. hier- über auch p.352 Anm.). Es lässt diese Erscheinung darauf schließen, dass hier eine ähnlich strukturirte Hülle wie bei Hydrophilus vorhanden ist. Ein merkwürdiges, nur hier aufgefundenes Verhalten zeigte die Stützfaser (Sif). Dieselbe war in Präparaten, die längere Zeit in Koch- salzlösungen gelegen hatten, intensiv gefärbt, wie es bei der Stützfaser dann ja meistens der Fall zu sein pflegt. Bisweilen sah ich nun, dass unmittelbar neben dieser dunklen Stützfaser noch ein heller, sehr schmaler, weniger tingirter, gegen die Mittelfaser gerichteter saumarti- ger Rand verlief. Bisweilen zeigte dieser zweite Kontour, ähnlich wie die Mittelfaser, eine Quertheilung in sehr schmale kurze Segmente. Diese Segmente konnten auch streckenweise abbröckeln. In der hin- teren Hälfte der Stützfaser bemerkte ich nun mehrmals, dass hier eine Spaltung in zwei ziemlich gleich aussehende Fasern eintrat (Fig. 13), welche indessen nur wenig von einander abtraten. Ob diese Trennung sich nun wirklich nur innerhalb der Stützfaser vollzog, konnte ich nicht ganz sicher entscheiden. Denn ich machte diese Beobachtung nur an Präparaten, welche sich bei längerem Liegen allmählich an die Glasfläche angelegt hatten und dann erst zerfallen waren. Ich konnte daher die Möglichkeit nicht ganz ausschließen, dass sich hier eine Theilfaser, die eigentlich dem Flimmersaum, speciell der Mittelfaser an- gehörte, der Stützfaser dicht angelegt hat und so als schmaler, bisweilen der Quere nach zerfallender Saum resp. als Theilfaser der Stützfaser hervortrat. Ich betone, dass ich das beschriebene Verhalten der Stütz- faser nur hier an der auch im Übrigen abweichenden Spermatozoen- form von Copris gefunden habe, während mir diese Faser sonst stets als durchaus homogenes Gebilde erschienen ist. Auf die abweichende Bewegungsform dieser Samenkörper werde ich späterhin noch eingehen. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 371 Wenn ich nun diese verwickelten Fadenverhältnisse der Sperma- tozoengeißel der Coleopteren überblicke, so komme ich zu dem Resul- tat, dass dieselbe bei den Spermatosomen beider Typen aus drei selb- ständigeren Hauptfasern zusammengesetzt ist: der Stützfaser, Mittelfaser und Saumfaser, resp. der Randfaser, Mittelfaser und Saumfaser. Es fragt sich, welche Homologien zwischen den Fasern beider Typen be- stehen. Nach den obigen Ausführungen kann es keinem Zweifel unter- liegen, dass die Saumfasern der beiden Formen völlig identisch sind. Ihre Lage, ihr Ausseben, ihre Umbiegungen, ihr leichtes Zerfallen in zahlreiche Elementarfibrillen deuten darauf hin. Die einzige Differenz besteht darin, dass sie im Krausensaum regelmäßiger seitlich umgebo- gen ist, als an den Spermatozoen ohne Stützfaser. Größere Unterschiede zeigen schon die Mittelfasern beider Formen: Während dieselbe in dem einen Falle einen sehr deutlichen, durch Maceration in Segmente zerfallenden, die Fibrillen einschließenden Mantel besitzt, lässt sich der letztere an den Mittelfasern der Spermato- zoen mit Sttitzfaser meist nicht deutlich erkennen. Indessen ergiebt ein Vergleich der Mittelfasern von Copris mit denen von Hydrophilus, dass beide übereinstimmen und als gleichwerthige Bildungen zu be- trachten sind. Man muss annehmen, dass die Kitisubstanz, welche die Fibrillen zusammenhält, wohl in dem einen Falle an der Peripherie der Faser noch besonders reichlich aufgelagert ist, so dass eine Hülle gebildet wird. Es kann indessen auch sein, dass dieser Mantel eine plasmatische Bildung eigener Art ist, welche mit der interfibrillären Kittsubstanz nichts zu thun hat. Die größte Schwierigkeit macht die Beantwortung der Frage, ob Stützfaser und Randfaser einander homolog sind; denn hier bestehen bereits sehr wesentliche Strukturdifferenzen. Der Umstand aber, dass ich alle Übergangsformen in der Ausbildung der Stützfaser bis zur Randfaser hin angetroffen habe, spricht bestimmt dafür, dass beide als gleichwerthig anzusehen sind. Die volle Bestätigung kann allerdings erst ein genaues Studium der Entwicklung der Fasern bringen. In welchem Übergangsstadium nun aber die von mir in den beiden typisch ausgebildeten Fasern nachgewiesene Strukturdifferenz sich einleitet, wann die sich umwandelnde, vorher strukturlose Stützfaser eine fibril- läre Struktur erhält, das zu entscheiden war mir nicht möglich, weil es mir nicht gelang, ein hierfür günstiges Objekt aufzufinden. Es dürfte dies auch recht schwer festzustellen sein. Die Wimpelfaser steht zu diesen drei Hauptfasern in keiner Be- _ ziehung, Sie stellt eine Bildung sui generis von räthselhafter Be- 372 Emil Ballowitz, deutung dar; wir werden derselben bei anderen Insekten wieder begegnen. Schließlich wilt ich nicht unerwähnt lassen, dass ich auch bei den Goleopteren die Beobachtung machte, dass bisweilen ganz nahe ver- wandte Genera, ja Species sowohl der Größe, wie auch der Struktur nach sehr differente Spermatozoenformen besitzen. So fand ich z. B. bei Aromia moschata kleine Spermatozoen vor, während der ganz nahe verwandte Gerambyx heros außerordentlich lange Samenkörper auf- weist. Während ferner die Samenkörper aller anderen von mir unter- suchten Repräsentanten des Genus Ghrysomela dem ersten Typus an- gehören, traf ich bei Chrysomela hyperici in den auch bedeutend längeren Spermatosomen statt der Stützfaser eine weiche, biegsame Faser an, welche sich von den übrigen Fasern, in welche die Geißel zerfiel, besonders von der Mittelfaser, kaum unterscheiden ließ. Das auffälligste Beispiel bietet aber Copris dar, deren abweichende Form sich sehr von den nach dem zweiten Typus gebauten Samenkörpern der nahe verwandten Gattungen unterscheidet. Auch Galathus muss hier genannt werden. Im Allgemeinen kann man allerdings sagen, dass natürlich zusammengehörige Gruppen und Familien auch ähnlich aussehende und ähnlich strukturirte Spermatozoen besitzen. B. Die Struktur des Kopfes. Wie aus der Litteraturübersicht zu Anfang dieser Abhandlung her- vorgeht, ist über eine Struktur des Kopfes der Insektenspermatozoen so gut wie nichts bekannt. Nur Bürsenzi (12, 13), Leypıe (22) und GiLson (17) berichten von einem kurzen an der Spitze des Kopfes be- findlichen und von dem übrigen Theile desselben differenten Abschnitt (Segment proc&phalique Gızson’s). Eine genauere Untersuchung hat mir nun ergeben, dass auch der Kopf dieser Spermatosomen eine kompli- cirtere Struktur besitzt. Was zunächst die äußere Form des Kopfes (K der Figuren) anbe- trifft, so ist dieselbe bei fast allen aufgeführten Arten sehr schmal cylindrisch, nadel- oder pfriemenförmig, mit oft sehr fein ausgezogener Spitze; von der Mitte ab tritt nach vorn hin gewöhnlich eine sehr all- mählich verlaufende Verjüngung ein. Oft erscheinen die Köpfe nicht ganz gerade, sondern in der Richtung der Biegung der Geißel ein wenig $-förmig gekrümmt. Die Länge der Köpfe ist je nach der Art sehr verschieden und be- wegt sich zwischen 0,01—0,031 mm; am häufigsten wurden Kopflängen von 0,013—0,02 mm beobachtet. Ausnahmsweise lang und dabei sehr Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 373 dünn und biegsam fand ich den Kopf von Brontes, der hier eine Länge von 0,056 mm erreicht (Taf. XI, Fig. 27—29). Auch die relative Länge des Kopfes mit Bezug auf die Länge der Geibel variirt sehr und steht durchaus nicht etwa in geradem Verhält- nis zu der letzteren, wie ein Blick auf die Abbildungen am besten zeigt. Die kleinen Spermatosomen haben gewöhnlich einen relativ großen Kopf, wie z. B. viele Garabus-Arten, Clerus, Melolontha (Taf. XII, Fig. 30), Lucanus u. a. Bei den drei letzteren Gattungen beträgt der Kopf z. B. etwa !/, der Geißellänge. Am häufigsten kommt derselbe dem sechsten bis neunten Theil der Geißel gleich. Der Kopf kann aber auch im Vergleich zu der oft sehr langen Geißel verschwindend klein werden. So misst er z. B. bei Onthophagus 0,027 mm, während die Geißel die ansehnliche Länge von über 0,85 mm besitzt. Noch größer dürfte das Missverhältnis zwischen beiden Theilen bei Gerambyx heros sein. Durch alle diese Verhältnisse sind die Spermatozoen jeder Art auch in dieser Thiergruppe scharf charakterisirt, so dass sich auch an diesen anscheinend so gleich gestalteten Gebilden bei genauer Unter- suchung, besonders wenn man auch die Struktur berücksichtigt, stets Eigenthümlichkeiten nachweisen lassen, welche nur einer bestimmten Art zukommen. Die Köpfe sind meist ziemlich starr; nur wenn sie längere Zeit macerirt wurden, tritt bei manchen eine Erweichung ein, so dass die- . selben wie biegsame Fäden bisweilen hin und her flottiren können. Besonders wird dies bei so dünnen Köpfen, wie sie Brontes besitzt, auffällig (Taf. XII, Fig. 28, 29 K). Auch die kin stohiskon wird durch den Einfluss der Macera- tion merkwürdig verändert. Die Köpfe frisch untersuchter Spermato- zoen, welche ohne Weiteres mit violetten Anilinfarben tingirt werden, färben sich meist schlecht und verlieren den Farbstoff sehr bald wie- der. Sind die Spermatozoen zuvor durch Osmiumsäuredämpfe fixirt, so pflegt die Färbung besser auszufallen. Lässt man auf solche Präpa- rate längere Zeit intensiv färbende Anilinfarben einwirken, so nehmen die Köpfe in ganzer Ausdehnung meist eine intensive Färbung an. Bei längerem Liegen dieser intensiv gefärbten Samenkörper, gewöhnlich schon nach 24 Stunden, verschwindet aber der Farbstoff wieder aus dem größten Theil des Kopfes, so dass derselbe ganz farblos und wie- der stark glänzend wird und sich hierdurch sehr deutlich von der intensiv gefärbten (Taf. XII, Fig. 1; Taf. XIII, Fig. 34) Geißel abhebt. Maceriren dagegen die Spermatozoen längere Zeit in Kochsalzlösun- gen oder werden sie einer Maceration in dem Thiere ausgesetzt, so 374 Emil Ballowitz, scheint die Substanz der Köpfe etwas verändert und aufgelockert zu werden, so dass die letzteren für Farbstoffe imbibitionsfähiger werden, eine sehr intensive Färbung annehmen, und diese Färbung auch lange zurückhalten, Häufig erscheinen die Köpfe bei länger einwirkender Kochsalzmaceration auch etwas gequollen (vgl. viele Figuren auf Taf. XII, XIM und XIV). Bei dem Verblassen der mit Gentianaviolett intensiv gefärbten, zuvor aber durch Osmiumsäuredämpfe fixirten Spermatozoenköpfe tritt nun an der Spitze ein Abschnitt hervor, der sich sehr deutlich von dem farblos gewordenen größeren Abschnitt des Kopfes, dem »Haupt- stück« dadurch unterscheidet, dass er die intensive dunkel violette Färbung bewahrt. Dieser Abschnitt bildet das äußerste Ende der nadelförmigen Köpfe und ist fast immer nur sehr kurz; doch variirt je nach der Art die absolute und relative Länge dieses » Spitzenstückes«, wie ich es nennen will, etwas. Gewöhnlich wird es in einer Länge von 0,004—0,0045 mm beobachtet. Bei genauer Untersuchung lassen sich an demselben noch weitere Einzelheiten wahrnehmen. So sah ich z. B. bei Chrysomela sanguinolenta, Hylobius u. a. m. am ganz frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirten und dann tingirten Präparat (Fig. 1, 34), dass das Ende des Spitzenstückes fein knopfförmig ver- diekt erschien; bei Chrysomela war es auch meist ein wenig umge- bogen. Mehrere Male glaubte ich auch ganz deutlich bei letzterem Coleopter an der Spitze auf der einen Seite des Spitzenstückes eine Bildung zu erkennen (Fig. 37 Spst), die an einen kleinen Widerhaken erinnert, so dass hier eine ähnliche Einrichtung bestände, wie an den Spermatosomen der urodelen Amphibien. Diese Bildung scheint in- dessen sehr hinfällig zu sein. Übrigens lässt sich dieses Spitzenstück gewöhnlich auch schon an den frischen Samenkörpern ohne Färbung erkennen; jedenfalls ist es durch Tinktion überall leicht nachzuweisen. Ich habe es bei keiner Art vermisst, die ich daraufhin näher unter- suchte. Es kann diese Differenz in der Färbung auch schon eintreten, wenn man die frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirten Spermato- somen nur einer sehr schwachen Tinktion mit Gentianaviolett unter- wirft (Fig. 1, 3%). [In den Fig. 27—30 ist das Spitzenstück nicht ange- geben; doch ist es bei Melolontha (Fig. 30) bestimmt vorhanden, und wird auch den sehr feinen Kopfenden von Brontes (Fig. 27—29) nicht fehlen, es wurde hier aber nicht speciell darauf geachtet.] Sehr ausgebildet ist dies Spitzenstück bei Copris lunaris (Taf. XII, Fig. 9, 40, 1%, 45). Es besitzt hier eine Länge von 0,006 mm und be- trägt damit über ein Drittel des Hauptstückes des Kopfes. Von der Spitze gegen die Basis hin verdickt es sich allmählich ein wenig, so Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 375 - dass es hier fast etwas breiter als das Hauptstück erscheint. Auch unter- scheidet es sich selbst bei intensivster Färbung des Kopfes durch etwas stärkere Tinktion und eine etwas andere Farbennuance von dem hin- teren Abschnitt des Kopfes. Das hintere Ende ist von der einen nach der anderen Seite hin schräg abgestutzt und häufig durch eine sehr schmale etwas hellere Linie von dem übrigen Theile des Kopfes abge- grenzt (Fig. 9). Bisweilen fand ich das Spitzenstück außerordentlich breit, walzenförmig und sehr intensiv gefärbt, so dass es sehr auffällig wurde (Fig. 16). Jedenfalls handelt es sich hier um noch nicht völlig ausgereifte Samenkörper. Dem vorderen Ende dieses Abschnittes sitzt stets ein deutlich abgesetztes, kleines, kugeliges Knöpfchen auf, wel- ches sich schon durch blassere Färbung von dem Spitzenstück abhebt (Spkn in den Fig. 10, 14, 15,16, 17 der Taf. XII). Dieser »Spitzenknopf« ist hinfälliger als das Spitzenstück und löst sich daher in Macerationen bald auf. Es erhält sich daher auch nicht in Deckglas-Trockenpräpa- raten (Fig. 21), während das Spitzenstück darin meist gut fixirt wird; letzteres erscheint dann bisweilen an der Basis wie eingekerbt. Das Spitzenstück besitzt nun, wie ich gefunden habe, eine beson- dere Struktur, welche mit dem Bau des übrigen Kopftheiles in innigem Zusammenhange steht. Setzt man Spermatosomen, die nicht durch Osmiumsäuredämpfe fixirt waren, einige Zeit der Kochsalzmaceration aus, so verliert das Spitzenstück sehr deutlich an Dicke, und statt der vorher intensiv ge- färbten und den Farbstoff lange zurückhaltenden Spitze erscheint jetzt ein sehr feines, stiftförmiges oder stäbchenartiges, bisweilen fast bor- stenförmiges Gebilde (Spsb der Figuren), welches sich nur schwer blass violett färbt. Durch diese blasse Tinktion hebt es sich sehr scharf von dem jetzt intensiv dunkel violett sich färbenden Hauptstück des Kopfes ab. Mithin ist in der Farbenreaktion gerade das entgegengesetzte Ver- halten eingetreten: was vorher intensiv gefärbt war, ist jetzt farblos und umgekehrt (vgl. z. B. die Figuren auf Taf. XIII und XIV Spst und Spsb). An Deckglas-Trockenpräparaten, an welchen sich die Köpfe sehr intensiv färben, ist das blasse Spitzchen meist noch deutlich erhalten. Diese Metamorphose des Spitzenstückes beruht darauf, dass von demselben durch den Macerationsprocess eine Hülle abgelöst wird, welche das darin liegende Stiftchen umgiebt. Ich habe diese Auflösung der Hülle bisweilen direkt beobachten können. Fig. 39 auf Taf. XII zeigt z. B. bei Chrysomela sanguinolenta, dass an dem Spitzenstück der vordere Theil dieser Hülle (Sph) sich verbreitert hat, verblasst und in Auflösung begriffen ist, so dass das Endstiftehen hier schon sichtbar wird. Bisweilen erhält sich noch das Spitzenknöpfchen, während der i & zwischen diesem und dem Hauptstück gelegene Theil der Hülle sich aufgelöst hat und das Spitzenstiftchen hier frei vorliegt. Es erscheint dann der Spitzenknopf deutlich gestielt (vgl. Taf. XIII, Fig. 36, 38, 42). Gewöhnlich aber tritt der Auflösungsprocess zuerst an dem freien Ende des Spitzenstückes ein und schreitet von hier aus nach hinten hin vor. Es können sich daher auf der hinteren Strecke noch Reste der Hülle in wechselnder Ausdehnung erhalten, welche an ursprünglich tingirt gewesenen, dann wieder abgeblassten Köpfen als intensiv blauviolett gefärbte Stelle sehr deutlich hervortreten (vgl. Taf. XIV, Fig. 50—53, 56, 57, Hydrophilus). Besonders deutlich habe ich die Ablösung der Hülle bei Copris gesehen. Ich konnte hier bisweilen wahrnehmen, wie sich dieselbe kappenartig abhob und das darin steckende Stiftchen frei gab (Taf. XII, Fig. 19). Auch an Deckglas-Tröckenpräparaten sieht man hier und da, dass die Hülle zerfallen ist; die Reste derselben sind dann nur wenig diflus gefärbt, so dass das Stiftchen sehr deutlich sichtbar wird (Fig. 18). Das letztere ist bei diesem Coleopter sehr ansehnlich und scheint etwas abgeplattet, säbelartig (Fig. 20, 22). Es ist hier wie überall mit dem Kopfe in sehr festem Zusammenhange und bricht nur selten ab. Bei der Untersuchung des frei gewordenen Endstiftchens fiel mir nun z. B. bei Silpha auf, dass dasselbe nach längerer Maceration bis- weilen eine verschiedene Länge zeigte und ziemlich lang wurde; auch schien mir der Umstand, dass dieser Theil in sehr festem Zusammen- hange mit dem Hauptstücke steht, darauf hinzudeuten, dass derselbe zu der Struktur des Hauptstückes in engster Beziehung stehe. Das letz- tere erwies sich indessen als sehr resistent und ließ auch wieder erst nach sehr weit vorgeschrittener Maceration eine Struktur erkennen. Ich nahm dann wahr, dass sich an den meist schon isolirten Köpfen Theile ablösten, welche mantelartig einen schmalen, länglich eylindri- schen, central gelegenen Innenkörper umgaben. Schließlich war der größte Theil dieses Gentralkörpers entblößt bis auf kleine noch von Mantelresten verdeckte Stellen (Taf. XV, Fig. 87 c, Morimus; Fig. 88 a—q, Lamia). Nur die Theile dieser Rindenschicht waren intensiv gefärbt, während der frei gewordene centrale Körper (Ck) farblos erschien, vor- ausgesetzt, dass die Färbung keine zu intensive war. Hierdurch unter- scheiden sich diese beiden Bestandtheile sehr deutlich von einander. Das Spitzenstiftchen schien eine direkte Fortsetzung dieses centralen Körpers zu sein. Bisweilen (z. B. Morimus, Fig. 87 a, b) habe ich ge- sehen, dass die Rindenschicht in unregelmäßige quere Segmente zer- fiel, zwischen welchen dann schließlich der Gentralkörper sichtbar wurde. 376 Emil Ballowitz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 377 Sehr lehrreich wurden in dieser Hinsicht auch mit Gentianaviolett gefärbte Deckglas-Trockenpräparate, welche längere Zeit gelegen hatten _ und schon etwas verblasst waren. So zeigten in einem Präparat von Lina populi die meisten Köpfe sehr deutlich einen farblosen centralen Theil, der an jedem Rande von einem gefärbten schmalen Kontour, der Rindenschicht, begrenzt wurde. Das umgekehrte Verhältnis traf ich in Trockenpräparaten von Morimus. Die Köpfe erschienen hier oft ge- quollen und nur sehr blass violett gefärbt (Fig. 87 d). In der Mitte die- ser gequollenen Masse wird nun häufig eine dunkel tingirte, bisweilen wohl durch den Quellungsprocess etwas verbogene Linie sichtbar, wel- che sich sehr deutlich von der Umgebung abhebt und sich von dem vorderen Ende unterhalb des sehr feinen Spitzenstäbchens (Spsb) bis in die Nähe der Geißel erstreckt. Diese Linie ist der intensiv sich fär- bende Innenkörper, während die blasse, gequollene und dadurch durchsichtig gewordene Masse die veränderte Rindenschicht bildet. An der letzteren ließen sich in diesen Präparaten noch weitere Einzelhei- ten erkennen (Fig. 87 d). Sehr häufig zeigte dieselbe nämlich eine ungleichmäßige Quellung; es zeichneten sich in ihr feine, schmale, oft dieht neben einander liegende, meist unregelmäßige, dunkle Querstrei- fen ab, so dass die gequollene Masse bisweilen ein sehr deutliches, querstreifiges Ansehen erhielt. Diese Querstreifung steht jedenfalls im Zusammenhange mit dem oben geschilderten Querzerfall und mit einer Erscheinung, welche ich an den frischen, ungefärbten Spermato- zoenköpfen bei manchen Arten einige Male wahrgenommen habe. Ich sah nämlich z. B. bei Hydrophilus und Chrysomela sanguinolenta an Spermatosomen, welche nach Fixirung durch Osmiumsäuredämpfe kurze Zeit in Wasser gelegen hatten, bei guter Beleuchtung eine sehr zarte, abwechselnd hell und dunkle, immer aber sehr verwaschene und undeutliche Querstreifung. Diese Querbänderung konnte jedoch nicht an allen Spermatozoen der Präparate unterschieden werden. Von einer Spirallinie, mit welcher nach Levis (22) die Köpfe von Hydrophilus versehen sein sollen, habe ich nichts wahrgenommen. An dem vorderen und hinteren Ende verschmälert sich nun in den Deekglastrockenpräparaten von Morimus die gequollene Rindenschicht des Kopfes etwas und geht hier in zwei intensiv gefärbte, scharf abge- setzte punktförmige Stellen über (Fig. 87 d). Aus dem vorderen Punkt geht das Spitzenstäbchen hervor, während die hinten intensiv tingirte Stelle vor der Geißel liegt. Diese beiden Punkte habe ich häufig auch an einfachen Macerationspräparaten gesehen. Besonders wird der vor- dere Grenzpunkt an wieder verblassten, macerirten Köpfen sehr oft sichtbar (vgl. Taf. XIII, Fig. 41, 44; Taf. XIV, Fig.55). Diese dunklen Stel- 378 Emil Ballowitz, len hängen nun unmittelbar mit der Rindenschicht zusammen; sie stellen mithin, wie mir scheint, nur verdichtete und modifieirte Theile der Rindenschicht dar, welche sehr resistent und auch nicht quellungsfähig sind. An sonst völligin Lösung gegangenen Köpfen in Deckglas-Trocken- präparaten waren daher nur noch diese beiden intensiv tingirten Theile übrig geblieben. Jedenfalls bildet der hintere Punkt keinen Abschnitt der Geißel und stellt nicht etwa ein Endknöpfchen dar, welches ich niemals an irgend einer Theilfaser der Geißel beobachtet habe. Er bildet vielmehr die Insertionsstelle der Geißel am Kopf, welche in ähn- licher Weise verdichtet ist, wie an den Spermatozoenköpfen mancher Vögel. Überhaupt bestehen mehrfache Analogien in der Struktur des Spermatozoenkopfes beider Thiergruppen (vgl. 27, Taf. XVIM). Erwähnen muss ich noch, dass sich das Hauptstück des Kopfes, auch an Deckglas-Trockenpräparaten sehr deutlich mit Alaunkarmin färbt, während das Spitzenstück und die Geißel kaum eine Färbung annehmen. Die Art der Verbindung der einzelnen Fasern der Geißel mit dem Hinterende des Kopfes ist eine verschiedene. Ich muss zunächst be- tonen, dass niemals beobachtet wurde (mit einer sogleich zu bespre- chenden Ausnahme [Calathus]), dass Bestandtheile der Geißel tiefer in den Kopf eindringen. Völlig auszuschließen ist die Annahme, wie es bisweilen wohl den Anschein haben kann (vgl. z. B. Fig. 88 e), dass eine Faser, etwa die Stützfaser, den Kopf durchsetze und den schmalen ‚Gentralkörper desselben bilde, um am vorderen Ende als Spitzenstäb- chen zu erscheinen. Denn es ist mir stets gelungen, die Geißel mit ihren Bestandtheilen von dem Kopfe zu trennen und hier eine be- stimmte Abgrenzung festzustellen. Die lockerste Verbindung mit dem Kopfe scheint die Mittelfaser zu besitzen, deren vorderes Ende gewöhnlich etwas zugespitzt ist; sie löst sich daher auch häufig und meist zuerst vom Kopfe ab. Fester ist schon die Stützfaser angeheftet, doch kann auch sie sich nicht selten vom Kopfe ablösen. Die festeste Verkittung mit dem Kopfe zeigt meist die Saumfaser, die daher gewöhnlich auch am längsten mit jenem im Zu- sammenhange bleibt. Sie wird hierin nur noch von der Wimpelfaser übertroffen (vgl. z. B. auf Taf. XIV, Fig. 54, 55, 58). Indessen gilt diese Stufenfolge der Ablösung nicht für alle Arten als Regel. Im Allgemeinen muss man übrigens sagen, dass der Kopf recht fest mit der Geißel ver- bunden ist und sich nur schwer und erst nach lange einwirkender Maceration von derselben isolirt. Eine genauere Untersuchung der Ansatzstellen am Kopf und der vorderen Enden der Geißelfasern ließen mich nun bisweilen Vorrich- Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 379 tungen erkennen, welche dazu dienen, die Verbindung beider Theile zu einer recht innigen zu machen. So nahm ich z. B. bei Chrysomela sanguinolenta wahr, dass sich am vorderen Ende der Stützfaser ein sehr "kurzes Stiftchen befindet, welches schmaler ist als die Faser und sich von letzterer deutlich absetzt. Dasselbe ist in einem entsprechenden Einschnitt am Hinterende des Kopfes eingelassen. Gewöhnlich er- scheint indessen das vordere Ende der Stützfaser nur einfach quer ab- gestutzt; nur bei Copris fand ich es fein zugespitzt. Bei Hydrophilus konnte ich einen sehr hervortretenden Unterschied in der Anheftung der Rand- und Wimpelfaser einerseits und der Saum- faser andererseits feststellen. An isolirten Köpfen ist nämlich an dem einen Rande in der Nähe des hinteren Endes ein schmaler Ausschnitt deutlich sichtbar, wodurch eine Art Falz gebildet wird (Taf. XIV, Fig. 58, 61, 63 bei I). In diesen Falz legt sich das vordere Ende der Saumfaser hinein und ist darin festgekittet. Besonders fest scheint diese Verkittung in dem vorderen Winkel dieses Falzes zu sein, da die Faser bisweilen aus dem übrigen Theile des Falzes bis auf diese Stelle herausgerissen ist (Taf. XIV, Fig. 57, 62). Die Rand- und Wimpelfaser hingegen sind gegenüber an dem hinteren Ende des Kopfes angekittet, ohne dass sich gerade ein derartiger Einschnitt nachweisen ließe. Ähnliche Verhält- nisse scheinen sich bei Getonia zu finden. Die Anheftungsstellen treten nun öfters an den nicht intensiv gefärbten Köpfen von Hydrophilus (Fig. 47-—56 bei J), besonders deutlich an Deckglastrockenpräparaten (Fig. 48), in Gestalt kurzer, intensiv gefärbter, parallel neben einander liegender Linien hervor, welche durch einen schmalen hellen Raum von einander getrennt sind. Die Linie, welche der Insertion der Saum- faser entspricht, ist länger und reicht weiter nach vorn, als die gegen- überliegende. Die intensive Färbung dieser Insertionsstellen, die auch bei anderen Coleopteren beobachtet wurde, erkläre ich mir dadurch, dass sich hier die verkittende Zwischensubstanz, welche die Fasern mit dem Kopfe verbindet, mitgefärbt hat. Eine andere Struktur des Kopfes stellte ich bei Copris lunaris L. fest. Werden frisch dem Vas deferens entnommene und durch Osmiumsäure- dämpfe fixirte Spermatosomen dieses Thieres mit Gentianaviolett intensiv gefärbt, so nimmt der ganze Kopf, mit Ausnahme des Spitzenknöpfchens, eine dunkelviolette Färbungan. Nach einiger Zeit verblasst nun an diesen tingirten Spermatosomen der eine Rand des Hauptstückes etwas, so dass er als schmaler, weniger gefärbter Saum hervortritt (Taf. XII, Fig. 16, 18, 19, 20). Nach längerem Liegen, etwa nach 24 Stunden, zeigen die - Köpfe indessen ein anderes Aussehen. Der größere Theil des Haupt- stückes, welcher vorher intensiv glänzend violett gefärbt war, ist jetzt 380 Emil Ballowitz, verblasst, fast farblos, kaum noch etwas bläulich schimmernd und dabei stark glänzend. Dagegen erscheint der vorher mehr blasse, schmale Saum jetzt als dunkel gefärbte, scharf begrenzte Randlinie (Fig. 1%, 15, 17). Ich will den farblos gewordenen Theil, welcher die Haupt- masse des Kopfes bildet, als Hauptstreif, den dunklen Rand als Neben-. streif bezeichnen. Vorn trägt der Hauptstreif das noch intensiv tingirte Spitzenstück (Fig. 17), hinten setzt er sich von dem mit ihm in Verbin- dung tretenden dunkelvioletten Krausensaum scharf ab und wird hier von dem Nebenstreif etwas überragt. Der letztere stößt an die Stütz- faser und wird in seinem hintersten Theile durch eine schmale helle Linie von dem Krausensaum getrennt. Über das Verhältnis dieser beiden Theile zum Spitzenstück geben Deckglastrockenpräparate, welche einer Färbung mit Gentianaviolett unterworfen wurden, Aufschluss. Auch in diesen Präparaten tritt An- fangs eine intensive Färbung des ganzen Hauptstückes ein, welche nach einiger Zeit einer allmählich eintretenden Entfärbung und damit ein- hergehenden Differenzirung weicht. Die Entfärbung beginnt dabei ge- wöhnlich in dem vorderen Theile des Hauptstreifs und schreitet von hier nach hinten hin vor (Fig. 22). Ist diese Differenzirung eingetreten und der Hauptstreif entfärbt, so erkennt man, dass nur dieser letztere in das oft noch erhaltene und dunkel gefärbte Spitzenstück eintritt. Das vordere Ende des violett tingirten Nebentreifs dagegen hört in geringer Entfernung von dem Spitzenstück auf. Dass nun der Hauptstreif direkt in das Spitzenstäbchen übergeht, kann man an Köpfen feststellen, deren Spitzenhülle sich aufgelöst hat, so dass das Spitzenstäbehen entblößt vorliegt (Fig. 20, 22). Indessen scheinen diese beiden Substanzen des Hauptstreifs und des Spitzenstäbchens doch chemisch different zu sein; denn an Köpfen, an welchen der Hauptstreif noch intensiv gefärbt ist, setzt sich auch dieser stets scharf von dem entblößten Spitzenstäbchen ab, da das letztere niemals eine intensivere Färbung zeigt und stets nur als blasses, sehr schwach tingirtes Gebilde erscheint (Fig. 11, 12, 13, 20). Auch an mit Alaunkarmin gefärbten Deckglastrockenpräparaten färbt sich nur der Hauptstreif sehr deutlich, während die Spitze und die Gei- Bel ungefärbt bleiben oder nur eine sehr schwache Färbung annehmen. Es ist mir nun auch bei Copris durch längere Einwirkung der Maceration gelungen, die Köpfe von der Geißel zu isoliren und in ihre Bestandtheile zu zerlegen. Fig. 23 zeigt einen von der Geißel abge- lösten Kopf. Der Hauptstreif ist intensiv gefärbt und hebt sich scharf von dem langen, blassen Spitzenstäbehen ab, dessen Hülle sammt Spitzenknopf bereits aufgelöst ist. Das hintere Ende dieses Streifs ist schräg abgestutzt. Am linken Rande erscheint der weniger gefärbte - Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 381 _ Nebenstreif, welcher am hinteren Ende in eine frei nach hinten sehende Spitze ausgeht. Hierdurch wird am hinteren Ende ein von zwei un- d gleichen Spitzen begrenzter, spitzwinkeliger Ausschnitt gebildet. In Fig. 24 ist nach einiger Zeit die entgegengesetzte Farbenreaktion ein- getreten; der Hauptstreif ist entfärbt, während der Nebenstreif dunkel- violett erscheint. Bisweilen habe ich nun gesehen, dass der Nebenstreif sich von dem anderen Theile des Kopfes ablöste (Fig. 25). Das Spitzen- stäbchen bleibt dabei aber mit dem Hauptstreif im Zusammenhang (Fig. 26, isolirter Hauptstreif mit Spitzenstäbchen |Spsb]). Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass das Hauptstück des Kopfes bei Copris aus zwei neben einander liegenden, verschiedenen Substanzen gebildet wird; das vordere different gewordene Ende der Hauptmasse (Hauptstreif) bildet das Spitzenstäbchen des Spitzen- stückes. Es scheint mir nun, dass der Unterschied dieser Struktur des Kopfes von der bei den übrigen CGoleopteren nachgewiesenen kein sehr großer ist. Denn ich halte es für wahrscheinlich, dass hier die beiden Substanzen, welche bei den anderen Goleopteren, wie wir sahen, den Kopf als Gentralkörper und Rindenschicht zusammensetzen, gleichfalls vorhanden sind; nur liegen sie bei CGopris neben einander, anstatt dass die eine die andere völlig umhüllt. Der das Spitzenstäbchen tragende Theil dürfte wohl dem Innenkörper entsprechen. Ich will noch bemer- ken, dass die an den entfärbten Köpfen bei den übrigen CGoleopteren oft hervortretenden, intensiv gefärbten, punktförmigen Stellen am Vor- der- und Hinterende des Hauptstückes bei Copris nicht zur Beobach- tung kommen; auch ein Querzerfall wurde an keinem der beiden Streifen wahrgenommen. Die Insertion der Geißel an dem Hinterende des Kopfes ist bei Copris nun derart, dass der Krausensaum sich mit dem hinteren schmalen Rande des Hauptstreifs fest verbindet. Das zugespitzte Ende der Stützfaser, welche mit dem Kopfe in mehr lockerer Verbin- dung, als der Flimmersaum, steht, legt sich dagegen in den spitzwinke- ligen Ausschnitt am Hinterende des Kopfes hinein und scheint hier be- sonders mit dem Innenrande der vorragenden Spitze des Nebenstreifs verkittet. In Fig. 20 ist die vordere Spitze der Stützfaser bereits ab- gelöst, liegt aber noch in dem falzförmigen Einschnitt am Hinterende des Kopfes zwischen Krausensaum und Nebenstreif, während sie in ‚Fig. 15 schon aus demselben hervorgetreten ist; der Flimmersaum war an beiden Präparaten noch fest mit dem Hauptstreif verbunden. Eine ganz abweichende und wohl einzig dastehende Kopfform fand ich bei Galathus, einer Gattung aus der Familie der Garabiden. Unter- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 25 382 Emil Ballowitz, sucht man die Spermatozoen dieses Coleopters, wenn sich dieselben nach vorheriger Fixirung und nicht zu intensiver Färbung mit Genti- anaviolett der Deckglasfläche dicht angelagert haben, so erkennt man, dass der relativ sehr kleine Kopf, welcher nur 0,005 mm lang und 0,002 mm breit ist, aus drei queren Linien gebildet wird, welche durch ein axiales Mittelstäbchen zusammengehalten werden (Taf. XV, Fig. 80, 81). Diese Querlinien sind annähernd halbmondförmig gestal- tet und so gestellt, dass ihre Konkavität nach hinten sieht, mithin die spitz zulaufenden Enden nach hinten hin gerichtet sind. Die beiden vorderen Querlinien färben sich gewöhnlich leichter und meist inten- siver, als die hinterste, welche leicht verblasst und dann sehr zart membranartig aussieht (Fig. 80). Der vordere konvexe Rand der vor- dersten Linie wird nun kappenartig bedeckt von einer sehr zarten, blass violett gefärbten, membranartigen Bildung, auf deren Wölbung, genau in ihrer Mitte, bisweilen ein intensiv gefärbtes kleines Pünkt- chen wahrgenommen wurde (Fig. 80). Auch nach hinten hin geht eine eben so zarte membranartige Bildung ab, welche indessen auch der zweiten Querlinie angehören kann. Bisweilen sah ich auch zwischen der zweiten und dritten Linie eine ähnliche Substanz (Fig. 81). Einige Male traf ich statt dieses gegliederten Kopfes einen intensiv gefärbten Körper, an welchem die Gliederung nur erst durch kleine Einschnitte angedeutet war (Fig. 83); jedenfalls handelte es sich hier um noch nicht völlig ausgereifte Spermatosomen. Dort, wo die Geißel in den Kopf übergeht, findet sich nun eine intensiv gefärbte, glänzend violette Verdickung, aus welcher das feine, sich gegen die vorderste Linie hin verlierende Mittel- stäbehen hervorgeht (Fig. 80). Man gewinnt den Eindruck, als ob die sich zuspitzende Geißel unmittelbar in den Kopf übergehe und dieses Mittelstäbchen bilde. Dieser Eindruck wird noch dadurch erhöht, dass der Kopf als solchgr sich niemals, selbst nach längerer Einwirkung einer Maceration, von der Geißel ablöst, vielmehr das Mit- telstäbehen mit der Geibel stets im Zusammenhang bleibt und die noch anhaftenden, meist intensiv gefärbten letzten Reste der Querlinien trägt (Fig. 76, 77 K). Diese Kopfbildung ist überhaupt sehr zart und hinfällig; sie erhält sich daher auch nicht an Deckglas-Trockenpräpara- ten. In letzteren bleiben von dem Kopf meist nur noch zwei punkt- förmige Reste übrig, welche der verdickten Basis des Mittelstäbchens entsprechen. Dieselben liegen meist in etwas verschiedener Höhe seit- lich neben der vorderen Spitze der Geißel. Auch an diesen Deckglas- Trockenpräparaten schien es mir, dass sich die Geißel, wenigstens die Stützfaser, in den Kopf als Mittelstäbchen fortsetzt. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 383 4 Ist in den Präparaten der Kopf nicht dicht der Glasfläche ange- lagert, so ist die Untersuchung desselben wesentlich schwieriger. Ich habe dann öfters eine Ansicht erhalten, wie sie in Fig. 82 dargestellt ist. Es würde hieraus hervorgehen, dass der Kopf abgeplattet ist und etwa die Gestalt einer mit drei Paaren von Widerhaken versehenen Har- pune besitzt. Man könnte versucht sein, diese absonderliche Kopflform in Zu- sammenhang zu bringen mit dem Umstande, dass die Spermatosomen von Galathus in sehr großer Zahl mit ihren Köpfen ringsum an einem fadenartigen, axialen Körper, wie an einem gemeinschaftlichen Joche, befestigt sind. Während die Köpfe, einer dicht neben dem anderen, in dem Achsenkörper festsitzen, ragen die Geißeln frei nach außen her- vor und zeigen ein lebhaftes Flimmern des Krausensaumes, dessen Flimmerschläge besonders gegen das freie Ende der Geißel hin deutlich werden. Man trifft diese merkwürdigen Bildungen im Vas deferens häufig an. Indessen findet sich diese Art der Verkuppelung auch bei den Spermatozoen anderer Coleopteren mit einfachem nadelförmigen Kopfe, ohne dass die Köpfe hier anders gebildet sind, als an den Sper- matosomen, welche sich nicht in dieser Weise zusammenlagern. Bekanntlich sind diese interessanten, höchst eigenartigen Ver- kuppelungen zahlreicher Spermatozoen von v. SırsoLp entdeckt und zuerst im Receptaculum seminis der Locustinen aufgefunden worden (2, 3). Dieselben stellen hier lange federförmige und bewegliche Kör- per dar, » wallenden Straußfedern vergleichbar «, welche dadurch ge- bildet werden, dass sich die winkelförmigen Anhänge des Kopfes dicht an einander legen, während die flimmernden Geißeln in zwei Reihen frei neben einander liegen. Auch bei den Coleopteren hat v. Sırsorp (1, p. 31) höchst wahr- scheinlich schon diese durch Zusammenlagerung ausgereilter Sperma- tozoen entstandenen Bildungen gesehen und bezeichnet er dieselben sehr treffend als »blumenstraußartig «. Überhaupt sind Zusammenjochungen von Spermatozoen hei Insek- ten mehrfach beobachtet worden, so von Fr. Stein (3%) bei mehreren Coleopteren, von Dusarpın (35) bei Tettigonia und Sphodrus und von Leypig (36) bei Gercopis spumaria. In neuerer Zeit hat Gizson (17) diese Gebilde untersucht und sehr umfänglich beschrieben und abgebildet. Gırson bezeichnet dieselben als »Spermatophores« und unterscheidet in der Ordnung der Coleopte- ren zwei Typen: »Spermatophores en bouquet« und »Spermatophores filamenteux«. Die erstere Form wird dadurch charakterisirt, dass eine Anzahl von Samenkörpern mit ihren Köpfen straußartig der Oberfläche 25* 384 Emil Ballowitz, eines abgeplatteten, zungen- oder schüppchenförmigen Körpers auf- sitzt; sie wurde bei bestimmten Garabiden, z. B. bei Garabus auratus, auronitens, purpurascens, Procrustes coriaceus und CGalosoma inquisitor beobachtet. Die »Spermatophores filamenteux« werden von einer eylin- drischen, fadenförmigen, oft beträchtlich langen Achse und zahlreichen Samenkörpern gebildet, welche mit ihren Kopfenden an der Oberfläche der Achse in ihrer ganzen Länge fixirt sind. Gızson fand dieselben bei Feronia anthracina, Helops und Loricera!. Auch ich habe beide Typen unter den Coleopteren mehrfach beob- achtet, ganz besonders in der Familie der Garabiden. So fand ich die straußförmigen Bildungen regelmäßig z. B. bei Calosoma sycophanta, Procrustes, Chaetocarabus intricatus, Megadontus azurescens und allen Garabus-Arten, die fadenförmigen dagegen außer bei Loricera pilicornis z. B. bei Feronia und Calathus. Die Bezeichnung »Spermatophoren«, welche Gırson diesen Bildungen zu geben beliebt hat, kann ich indessen nicht billigen. Allerdings die- 1 Übrigens möchte ich hervorheben, dass Steın diese beiden bei den Coleo- pteren vorkommenden Formen schon gekannt und in seiner prächtigen Monographie der weiblichen Geschlechtsorgane der Coleopteren (34) näher beschrieben hat. Er sagt darüber (l. c. p. 4106): »Nicht bei allen Käfern liegen die Spermatozoen im Samenbehälter regellos durch einander. Bei vielen Laufkäfern, z. B. bei Carabus hortensis und granulatus, Loricera pilicornis, Stenolophus vaporariorum, Ptero- stichus oblongopunctatus und nigritans, Harpalus ruficornis und Elaphrus riparius sind sie zu meist sehr langen, feinen, haarförmigen Strängen vereinigt, die ent- _ weder geschlängelt neben einander liegen, oder lockenförmig und spiralförmig zu- sammengerollt sind.« »In demselben Moment, wo Wasser mit den Strängen in Berührung kommt, ...... rollen in der ganzen Ausdehnung des Stranges die Spermatozoen dem größeren Theile nach das freigewordene Ende lockenförmig zu- sammen. Der ganze Strang erscheint nun als ein haarförmiger Stamm, der mit zahl- reichen, weit abstehenden Locken, die noch lange hin und her schnellen und sich auf- und wieder zusammenrollen, nach allen Seiten hin auf das zierlichste besetzt ist. Diese Erscheinung beobachtete ich z. B. an den sehr langen haarförmigen Strängen aus dem Samenbehälter von Loricera pilicornis, ferner bei einem Weib- chen von Elaphrus riparius, wo die Spermatozoenstränge kurze gerade Bündel waren, die, als sich die einzelnen Spermatozoen zusammenrollten, kleinen zier- lichen Bäumchen glichen.« Auf Taf. I in Fig. XIX und XX bildet Stein die beiden Typen ganz zutreffend ab. Auch hat dieser Forscher den Körper, an welchem die Spermatosomenköpfe sitzen, bereits gesehen und abgebildet, eine Thatsache, welche GiLson entgangen zu sein scheint. In den angeführten Figuren ist derselbe, welcher bei der fadenförmigen Bildung als axialer Faden, und bei der blumen- straußartigen als Stiel des Straußes gezeichnet ist, mit a bezeichnet, während die frei mit ihren Geißeln abstehenden Samenkörper den Buchstaben 5 führen. Aller- dings hat StEın diese Spermatozoenträger nicht richtig gedeutet, vielmehr hält er dieselben für die »übrigen, in der Achse des Stranges gelegenen Spermatozoen « (vgl. 1. c. den Text auf p. 106), TR & Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 3855 nen dieselben wohl ganz hauptsächlich dazu, um bei der Kopulation den sicheren Transport einer möglichst großen Anzahl von Spermato- zoen vom Männchen auf das Weibchen zu erleichtern, wenn auch noch näher zu untersuchen ist, ob denselben bei ihrer Eigenartigkeit nicht doch noch eine weitere Bedeutung zukommt. Seitdem Mırne-Epwarns aber die Nrzpuam’schen Körper der Gepha- lopoden als »Spermatophores« benannt hat, ist man gewohnt, unter letzterer Bezeichnung Körper zu verstehen, welche kapsel- oder schlauchförmige, jedenfalls hüllenartige,, eine mehr oder weniger große Menge von Sperma umschließende Gebilde darstellen, welche von dem Männchen abgesondert werden und dazu bestimmt sind, vom Männchen auf das Weibchen übertragen zu werden. Von anderen Thierordnungen abgesehen (ich erinnere z. B. an die Cyclopiden, Decapoden, Myria- poden), werden diese echten Spermatophoren auch in der Klasse der Insekten mehrfach beobachtet und sind z. B. bei den Locustinen durch v. SıesoLD (2, 3) näher beschrieben worden. Sie bilden hier runde oder birnförmige Körper von der Größe eines Stecknadelkopfes, an welchen sich ein Körper von kugel- oder birnförmiger Gestalt und ein kurzer Hals unterscheiden lassen ; der letztere ist an seinem freien Ende mit einer Mündung versehen, welche durch einen Kanal mit der Höhle des Körpers in Verbindung steht. Als Inhalt dieser Spermatophoren ent- deckte v. Sırsorp eben jene zierlichen, durch Verkuppelung sehr zahl- reicher Spermatosomen entstandenen Federn. GiLson selbst ist dies nicht entgangen, indem er |. c. p. 37 sagt: »WAGNER et LEUCKART appellent aussi spermatophores les capsules decrites par v. SIEBOLD, et qui contiennent des faisceaux plumeux de spermatozoides chez les locustiens. Or, ces faisceaux eux-me&mes sont evidemment des formations analogues aux vrais spermatophores des col&opteres. On serait done amen&, en imitant ces savants, A designer sous un m&me terme le contenant et le contenu de ces corps. Aussi preferons-nous reserver aux productions de cette espece le nom de: capsules a spermatophores. « Dieses, scheint mir, etwas willkürliche Verfahren Gizson’s dürfte denn doch wohl nicht gerechtfertigt sein; vielmehr halte ich dafür, die historische Bezeichnung der »Spermatophore« den Bildungen zu be- lassen, welchen dieselben ursprünglich gegeben wurde, mithin die von v. SıesoLD beschriebenen Kapseln und nicht die den Inhalt derselben bildenden Spermatozoen-Vereinigungen als Spermatophoren zu be- nennen. Folgerichtig hätte GıLson mit diesem Namen auch nur die Körper, an welchen die Spermatozoen wie an Trägern befestigt sind, belegen dürfen, bei den »Spermatophores filamenteux« demnach nur 386 Emil Ballowitz, den axialen Faden und an den »Spermatophores en bouquet« nur das Stielschüppchen. Dann würde diese Bezeichnung bei den Verkuppe- lungen der Samenkörper der Locustinen, bei welchen ein die Sperma- tozoen tragender Körper überhaupt fehlt, vielmehr die Samenkörper sich nur mit den winkelförmigen Kopfanhängen an einander lagern, überhaupt keine Anwendung finden können; Girson bezeichnet aber auch diese bei den Locustinen sich findenden Bildungen als »Sperma- tophores «. Um nun diese beiden, so verschiedenen Bildungen schärfer aus einander zu halten, dürfte es wohl zweckmäßig sein, die eigenartigen, bei den Insekten zur Beobachtung kommenden Zusammenjochungen zahlreicher Spermatozoen mit einem besonderen Namen zu belegen und möchte ich mir erlauben, hierfür die Bezeichnung »Spermatozeugma «! in Vorschlag zu bringen. C. Bewegung der Spermatozoen. Obgleich die Bewegungserscheinungen der Insektenspermatozoen sehr eigenartige und fesselnde sind und schon aus dem Grunde beach- tenswerth erscheinen, weil sie die einzige Flimmerbewegung darstellen, welche im Insektenkörper zur Beobachtung kommt, so sind dieselben doch bis jetzt wenig berücksichtigt worden. v. SıesoLD (1, p. 19) hat hierüber zuerst, wenn auch nur sehr un- vollkommene Angaben gemacht. Die Bewegung der einzelnen Samen- fäden beschränkt sich nach diesem Forscher nur auf ein Schlängeln des ganzen Haares und auf ein perpendikelartiges Hin- und Herbiegen des einen oder anderen Endes desselben. Sehr deutlich und eigenthüm- lich tritt die Bewegung jedoch an Spermatozoen hervor, welche noch als Bündel in ihren Hüllen (den Spermatoeysten) eingeschlossen sind: »Hier schimmern die gemeinschaftlichen Bewegungen der Haare durch die Hüllen hindurch, indem sie sich wellenförmig in regelmäßiger Rei- henfolge auf das schnellste krümmen, so dass man im ersten Augenblick verführt wird, zu glauben, es riesele eine Flüssigkeit in diesen Kör- pern. Stehen die Haare in freien Bündeln (ohne Hüllen) beisammen, so sieht man jeden einzelnen Haarschopf sich wellenförmig und zitternd bewegen. « | Bürsenzi (12, p. 44%) macht bereits die wichtige Bemerkung, dass von den beiden Fäden, in welche er die Geißel bei Clythra oetomacu- lata sich theilen sah »nur der eine, der in wellenförmige Biegungen ge- legte sich bewegte und dass alsdann gleichsam Wellen an dem geraden Faden hinabzulaufen schienen«. Ob Bürscenzı diese Beobachtung aber I 70 Gsdyua, Zusammenjochung. u J S | " Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc, 387 En den völlig von einander getrennten Fäden machte, oder dieses ver- schiedene Verhalten nur aus Beobachtungen an den sich bewegenden, noch intakten Spermatosomen erschloss, ist nicht ersichtlich. In seiner späteren ausführlichen Mittheilung (13, p. 530) sagt derselbe Beobach- ter, dass »man den geschlängelten Faden in lebhafter wellenförmiger Bewegung sieht und zwar so, dass gleichsam ein Fortschreiten dieser Bewegung vom Hinter- zum Vorderende hin stattfindet «. v. La VALETTE St. GrorGE berichtet (20, p. 10) über die Bewegung der Samenkörper von Phratora vitellinae Folgendes: »Bei der Bewe- gung der Samenkörper bleibt der Kopf starr und nimmt nur passiv an derselben Theil; der Faden dreht sich um seine Längsachse, bohrend und zuckend, oft in längeren Intervallen, mit dem Kopfe voran, wobei dann die Spitze des letzteren in einem Kreisbogen ausschlägt. Bei sehr lebhaft sich bewegenden Samenkörpern ging der Wellenschlag etwa vom oberen Drittel des Fadens an einerseits nach dem Kopfende zu, andererseits nach der Fadenspitze; während bei verlangsamter oder stoßweiser Bewegung die Undulation stets von der Schwanzspitze zum Kopfe fortschritt. Es wird sich die Sache wohl so verhalten, dass der undulirende Flimmerfaden vom Kopfe gegen das Fadenende zu schwingt, wodurch dann das Spermatosom sich drehend nach der ent- gegengesetzten Richtung hin bewegt.« Wenn es mir nun auch fern liegen musste, die Bewegungserschei- nungen mechanisch und physiologisch genau festzustellen, was durch- aus nicht leicht ist und so ohne Weiteres kaum möglich sein dürfte, so gaben mir doch sehr häufige Beobachtungen lebender Insektensperma- tozoen bei meinen Untersuchungen Gelegenheit, einige in mancher Be- ziehung nicht unwichtige Beobachtungen zu machen. Als indifferente Flüssigkeiten zur Verdünnung des dem frisch ge- tödteten Thiere entnommenen Spermas benutzte ich die Hämolymphe der Thiere selbst, denen die Spermatosomen entstammten. Bei klei- neren und kleinsten Thieren, von welchen sich Körperflüssigkeit nicht in genügender Menge gewinnen ließ, wurde die Hämolymphe größe- rer Thiere, besonders von Hydrophilus, verwandt. Auch das von Bürscnui angegebene Eiweißgemisch (12), ferner der Humor aqueus von Schlachtthieren und physiologische Kochsalzlösung von 0,6 — 0,8%), leisteten sehr gute Dienste; die letztere kam sehr häufig zur An- wendung. Die Untersuchung ergab mir nun, dass die Bewegungsform der Spermatozoen mit typischer Stützfaser eine andere war, als bei denen, welche derselben entbehrten; auch die Bewegung der eigenartigen Samenkörper von Copris äußerte sich in besonderer Weise. Hervor- u; ; « e) b 4 heben will ich auch hier, dass der Kopf stets unbeweglich sich zeigte und keinen Antheil an der aktiven Beweglichkeit des Gebildes hatte. Die Samenkörper mit charakteristisch ausgebildeter Stützfaser z. B. von Chrysomela, Lina, Crioceris, Otiorrhynchus, Lepyrus, Mesosa, Morimus, Pogonochaerus und anderen mehr, sind, wenn sie sich in lebhaftester freier Bewegung befinden, fast gerade gestreckt oder nur sehr wenig $-förmig oder in einer einzigen, lang ausgezogenen Spiraltour gekrümmt. Der Geißeltheil erscheint dann bei Unter- suchung mit mittelstarker Vergrößerung etwas verbreitert, mit un- deutlichen Kontouren, im Übrigen aber ruhig; der Kopf ist deutlicher. Der Körper dringt dabei mit der Kopfspitze voran unter ruhiger, gleich- mäßiger Bewegung in fast gerader Richtung, indessen nur mäßig schnell vor. Eine schlagende Bewegung der Geißel habe ich an den Spermatozoen dieses Typus nicht gesehen; nur wenn der in lebhafter Bewegung befindliche Samenkörper auf ein Hindernis gestoßen war, gerieth er bisweilen, besonders an seinem hinteren Ende, in Schwin- gungen, die jedoch nur passiver Natur waren. Eine Rotation findet für gewöhnlich, wie ich v. La VALETTE ST. GEORGE gegenüber betonen muss, nicht statt; nur wenn das Spermatosom durch entgegenstehende Hin- dernisse, durch einen Flüssigkeitsstrom oder dergl. aus seiner Bahn gelenkt wird, tritt langsam Drehung ein, man sieht die Spermatozoen dann oft zwischen diesen Hindernissen behend hindurchschlüpfen. Dieses Fehlen einer Rotation habe ich oft an solchen Spermatozoen genau feststellen können, welche sich an dem einen Ende umgebogen und eine Öse gebildet hatten, während die Flimmerung noch in vollem Gange war: ich sah, dass diese Öse meist in ihrer Lage verblieb und eine Drehung derselben nur unregelmäßig und selten bei den genannten An- lässen eintrat. An den Samenkörpern, an welchen die eintourige spiralige Biegung mehr hervortritt, beschreibt der flimmernde Faden eine geringe, wenig hervortretende spiralige Drehung in der Richtung dieser Spirale. Verlangsamt sich die Bewegung, so wird es möglich, die Ursache des Fortschreitens der Spermatozoen in einer lebhaften Flimmerung des Krausensaumes zu erkennen. Man sieht, dass jede Krause von der einen Seite zur anderen rhythmisch sich umbiegt, wobei der freie Rand derselben stets die ergiebigsten Exkursionen macht. Die Bewegung beginnt unter normalen Verhältnissen dabei stets an dem Anfang der ersten Krause und schreitet von hier aus gegen die Geißelspitze bis zur letzten Krause vor. Ich habe dieses Vorschreiten der Bewegung von Krause zu Krause öfters sehr gut sehen können an solchen Spermatosomen, deren Flimmersaum nur noch vereinzelte Schläge zeigte; ich erkannte dann, wie eine vereinzelte Umbiegung der ersten Krause entstand, an 388 Emil Ballowitz, Bl Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 389 welche sich dann successive die Bewegung der nächstfolgenden Krau- sen anschloss, so dass dieser einzelne Flimmerschlag an der Geißel bis zum Schwanzende fortlief. Ich gewann dabei den Eindruck, dass an dem noch normal funktionirenden Saume die Bewegung einer nächst höheren Krause zugleich als Bewegung auslösender Reiz für die dar- auffolgenden Krausen wirkt. Finden in dieser Weise vom Kopfende nach hinten hin fortschreitende, äußerst schnell auf einander folgende Flimmerschläge der Krausen statt, so muss jede Einzelkrause als klei- nes Ruderplättchen funktioniren ; das Spermatosom wird in Folge dessen (nach dem Principe der Schiffsschraube) mit dem Kopfe voran durch das umgebende Medium in stetiger Bewegung hindurchgetrieben!. Sehr merkwürdig sind auch die Beobachtungen, welche man an dem absterbenden, nicht mehr normal funktionirenden Flimmersaume machen kann. Die Bewegungen desselben nehmen dann meist einen mehr zuckenden Charakter an. Bisweilen sah ich, wie während der verlangsamten Bewegung plötzlich kurze, sehr schnelle, unregelmäßige Kontraktionen den Saum ergriffen, so dass ich einigermaßen an das Bild der sogenannten »fibrillären Muskelzuckung« erinnert wurde. Auch sieht man, dass oft der eine Theil der Geißel schon völlig ruht, während der andere noch regelmäßiges Flimmern der Krausen zeigt. Am häufigsten erlosch die Bewegung zuerst am Kopfe, während sie sich am längsten an dem hinteren Theil des Spermatosoms, besonders an der Spitze erhielt. Es kann aber auch oft das entgegengesetzte Ver- halten eintreten. Auch in der Mitte können schließlich noch verein- zelte Flimmerschläge übrig bleiben. Das Absterben der Bewegung tritt meist allmählich ein, es kann aber auch in vollster Flimmerung plötz- lich ein Stillstand erfolgen. Findet ein allmähliches Absterben statt, so machen die sehr verlangsamten Bewegungen einen zitternd mühsamen Eindruck; es will bei Anwendung stärkerer Vergrößerung scheinen, als ob sich an dem Saume kleinste Stücke hinter einander nach Über- windung eines gewissen Widerstandes umbiegen. An Geißeln, welche schon ganz ruhig eine Weile, wie abgestorben, dagelegen hatten, sah ich bisweilen an einer beliebigen Stelle einen oder mehrere Flimmer- schläge irgend einer oder mehrerer Krausen auftreten, die meist den An- stoß zu der Wiederkehr der Bewegung der benachbarten gaben, während 1 Wie schon Eimer (15, p. 443) von der analogen Bewegung der Samenkörper der Tritonen, welche sich in ganz ähnlicher Weise durch flimmernde, krausenför- mige, seitliche Umbiegungen der sogenannten undulirenden Membran vorwärts be- wegen, treffend bemerkt, »wird hierdurch eine stetig und gleichmäßig vor sich gehende Vorwärtsbewegung des Ganzen bewirkt, nach der Art, wie ein Schrauben- dampfer bewegt werden würde, wenn Schrauben parallel den Längsseiten dessel- ben angebracht wären «. 390 Emil Ballowitz, die übrigen Krausen regungslos bleiben konnten. Bisweilen stellte sich aber auch am ganzen Saume ganz plötzlich die lebhafteste Flimmerung aller Krausen, wie mit einem Schlage, wieder ein, eine Erscheinung, wie ich sie ähnlich schon von den Spermatozoen der Vögel berichtet habe (27, p. 454). Auch die sehr bemerkenswerthe Beobachtung machte ich nicht zu selten, dass die Bewegungsrichtung der Flimmerung sich umkehrte, so dass die Bewegung von dem Schwanzende gegen den Kopf hin vor- schritt. Diese Wendung des Flimmerstromes konnte noch bei lebhafter Bewegung des ganzen Saumes auftreten, so dass dann naturgemäß auch die Bewegungsrichtung dieser umgekehrt flimmernden Spermatosomen entgegengesetzt werden musste und derartige Spermatosomen sich mit der Schwanzspitze voran bewegten. Bei Timarcha metallica sah ich einmal dieses Phänomen an fast den meisten Samenkörpern. Die Beob- achtung allerdings, von welcher v. La VALrrtE St. GrorGE berichtet, dass »bei sehr lebhaft sich bewegenden Samenkörpern, der Wellen- schlag etwa vom oberen Drittel des Fadens an einerseits nach dem Kopfe zu, andererseits nach der Fadenspitze zu ging«, habe ich nicht machen können; ich glaube vielmehr, dass hier eine Täuschung vor- liegt, wie ja das Studium dieser Flimmerbewegungen ein äußerst schwieriges ist und leicht Irreführungen des Auges unterlaufen können. »Bei sehr lebhaft sich bewegenden Samenkörpern« dürfte überhaupt eine sichere Beobachtung der Flimmerung so ohne Weiteres ganz un- möglich sein. Aus Allem scheint mir hervorzugehen, dass jeder beliebige Ab- schnitt des Saumes, jede Einzelkrause in sich das Vermögen besitzt, sich zu kontrahiren. Dies ist um so merkwürdiger, als die den Saum zusammensetzenden Elementarfibrillen sich durch die ganze Länge desselben von Anfang bis zu Ende kontinuirlich erstrecken. Auch haben wir gesehen, dass diese Rlementarfibrillen stets ganz gleichmäßig er- scheinen und nirgends in ihrem Verlaufe hiermit in Zusammenhang zu bringende Differenzen aufweisen. Ich erwähnte in der obigen Abhandlung, dass ich bei manchen Goleopteren, z. B. bei Hylobius, im Sperma, welches während lebhaf- tester Bewegung seines Inhaltes durch Osmiumsäuredämpfe fixirt wor- den war, häufiger Samenkörper antraf, welche annähernd die doppelte Anzahl dann kleinerer und zierlicherer Krausen aufwiesen, als sie an den übrigen Spermatosomen zur Beobachtung kommen. Ob dieser Be- fund vielleicht damit zusammenhängt, dass während intensivster Flim- merung, deren Einzelschläge sich optisch nicht mehr verfolgen lassen, jede der später sichtbar werdenden Krausen noch einmal eingebogen Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 391 - ist, so dass die Flimmerschläge an noch kleinere Bezirke des Saumes gebunden sind, vermag ich nicht zu entscheiden und muss es vorläufig noch dahin gestellt sein lassen. Die Bewegung der Spermatosomen ohne Stützfaser ist wesentlich komplieirter und schwieriger festzustellen. Die Samenkörper sind hier fast immer in mehreren Spiraltouren gebogen, z. B. bei Getonia aurata in 3'/,, bei Hydrophilus in etwa 2'/, Windungen. Der Kopf setzt die erste Windung fort, verläuft aber mehr gerade, so dass er meist ein wenig aus der Spirale hervorragt. Auch an dieser spiraligen Geißel findet eine Flimmerung statt, indem sich bestimmte Strecken der Geißel seitlich umbiegen. Diese Flimme- rung ist aber nicht in einem Flimmersaum lokalisirt, wie bei den Spermatosomen mit Stützfaser. Während sich, wie wir sahen, bei die- sen letzteren nur die Krausen des Flimmersaumes um die ruhig und geradlinig bleibende Stützfaser flimmernd herumschlagen, biegen sich bei den Spermatozoen der zweiten Form bestimmte Strecken des gan- zen Geißelfadens ein, so dass immer bestimmte Abschnitte der Geißel annähernd Halbkreise beschreiben; die größten Exkursionen macht dabei wiederum der der Saumfaser entsprechende Rand. Die Unter- schiede dieser beiden Formen der Flimmerung sind indessen nur gra- duelle. Denkt man sich, dass die Stützfaser als solche nur wenig ent- wickelt ist, während der Flimmersaum eine kräftige Ausbildung erhalten hat, so wird die Stützfaser mit dem Flimmerschlage fort- gerissen und umgebogen werden müssen. Dies beobachtet man in der That an solchen Spermatosomen, die eine nicht mehr ganz typisch aus- gebildete, weniger widerstandsfähige Stützfaser haben, wie z. B. in dem hinteren Geißeltheile der Spermatozoen von Ghrysomela sanguino- lenta (vgl. hierüber auch p. 340). Die Bewegung setzt bei den Spermatosomen des zweiten Typus gleichfalls am Kopfende ein und schreitet an der Spirale entlang gegen die Geißelspitze hin vor, woraus die Bewegung des Samenkörpers mit dem Kopfe voran resultirt. Ist die Flimmerung in vollem Gange, so bohrt sich das Spermatosom in Spiralen ziemlich schnell vorwärts. Hierdurch entsteht der optische Eindruck der Schlängelung. Bisweilen will es dann scheinen, als ob die Bewegung durch schlagende Einbie- gungen der Geibßel hervorgerufen würde. Es ist mir sogar zweifelhaft geblieben, ob nicht doch neben dieser Flimmerbewegung noch eine zweite Art aktiver Bewegung der Geißel besteht in Gestalt schlagen- Baer Einbiegungen. Bei Cerambyx heros z. B. sah ich, dass die sehr großen flimmernden Spermatozoen sich von Zeit zu Zeit in langen - Windungen langsam einbogen, so dass ein eigenartiges Gewoge entstand. & Im Übrigen wurden auch hier dieselben Bewegungserscheinungen beob- achtet, welche oben vom Flimmersaume geschildert wurden. Sehr eigenthümlich ist die Bewegung der Samenkörper von Copris. Der vordere Theil des Spermatosoms in Bewegung ist gerade gestreckt, starr und zeigt ein sehr schönes, im Saume lokalisirtes Flimmerphäno- men seiner Krausen. Der hintere Abschnitt hingegen weist spiralige Windungen und streckenweise flimmernde Einbiegungen des ganzen Geißelfadens auf. Hieraus resultirt eine ziemlich schnelle Fortbewe- gung des Samenkörpers mit dem Kopfe voran, wobei der gerade ge- streckte, lange vordere Abschnitt ziemlich ruhig bleibt und als lange Bohrerspitze fungirt. Bei lebhaftester Bewegung nehmen die Kontrak- tionen des spiraligen hinteren Theiles oft einen unregelmäßigen, fast schlagenden Charakter an. Liegen die flimmernden Spermatozoen beider Typen einige Zeit unter dem Deckglase, so verändern dieselben ihr Aussehen, indem sie sich zu einer aus einer einzigen Tour bestehenden, sehr flachen Spirale zusam- menlegen; bei Gopris ist nur der hintere Geibßelabschnitt in dieser Weise umgebogen. Fast alle Spermatozoen ! erscheinen dann kreis- förmig gebogen; bei genauer Untersuchung erkennt man aber, dass der Kopf ein wenig hervorragt und der scheinbare Ring eine sehr flache Spirale ist, an welcher das Kopf- und Schwanzende sich fast berühren. Die Flimmerung dieser Spermatosomen bleibt dabei in vollem Gange, bisweilen indessen flimmert nur noch das hintere Ende sehr schnell. Die fortschreitende Bewegung findet dann in der Weise statt, dass die Samenkörper in sehr flachen Spiraltouren mit dem Kopfe voran sich in gleichem Sinne vorwärts schrauben, so dass es auf den ersten Blick den Anschein hat, als drehen sie im Kreise. Ich sah häufig, wie das vorstehende Kopfende mit seinem Spitzenstücke an der Unterfläche des Deckglases glitt, bisweilen kurze Zeit an einer vielleicht etwas rauhen Stelle haften blieb, um dann mit einem kleinen Ruck sich wieder davon frei zu machen und weiter zu gleiten. Nach einer Weile pflegt es dann geschehen zu sein, dass an den beiden einander zugewandten Glasflächen, der Oberfläche des Objekt- trägers und der Unterfläche des Deckgläschens, sich die meisten, wenn nicht alle Spermatozoen angesammelt haben und dabei mit der Ebene ihrer flachen Spiralen parallel den Glasflächen gestellt sind, den letz- teren dicht anliegend. Man erkennt dann, dass die untenliegenden Spermatosomen in entgegengesetzter Richtung gleiten, als die oberen, am Deckglase befindlichen. 392 Emil Ballowitz, 1 Diese Beobachtung wurde nur bei kleineren und mittelgroßen Spermatozoen gemacht. aa k Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 393 Diese Erscheinung erklärt sich einfach dadurch, dass die Spiralen, welche parallel der Glasfläche so zu liegen kommen, dass ihre Köpfe nach oben vorragen, durch ihren Flimmerschlag allmählich an die Unterfläche des Deckgläschen gelangen, während diejenigen, deren Köpfe sich nach unten richten, schließlich auf den Objektträger stoßen müssen. Sind sie an den Glasflächen angelangt, so können sie sich natürlich nicht weiter schraubig vorwärts bewegen und scheinen an den Glasflächen im Kreise zu drehen. Daraus nun, dass in dem einen Falle die Schraubenbewegung nach oben, in dem anderen Falle nach unten hin stattfindet, folgt die entgegengesetzte Richtung der Drehbewegung bei den Spermatozoen am Deckglase und am Objektträger. Vielleicht wirkt für den Umstand, dass sich die flachen Spiralen mit ihrer Ebene sobald den Glasflächen parallel stellen, auch die Adhäsion! seitens der Glasflächen unterstützend mit; jedoch spielt dieselbe nur eine sehr untergeordnete Rolle, Hauptsache ist die Eigenbewegung der Sperma- tozoen selbst. Ich habe diese Erscheinung aus dem Grunde ausführlicher bespro- chen, weil J. Dewırz (37) in seiner Abhandlung »Über Gesetzmäßigkeit in der Ortsveränderung der Spermatozoen und in der Vereinigung mit dem Ei« vor nicht langer Zeit von ganz ähnlichen Erscheinungen an den Spermatozoen von Periplaneta orientalis berichtet, denselben aber eine eigenthümliche und meiner Ansicht nach nicht richtige Deutung gegeben hat. Nach Dewirz haben die Samenkörper dieses Orthopters die Eigen- schaft, sich nicht gerade aus zu bewegen, sondern kreisförmige Bahnen zu beschreiben und zweitens von Flächen angezogen zu werden. Die Spermatozoen sollen sich in einem zweckmäßig mit dem nöthigen Spiel- raum hergerichteten Präparat nur oben am Deckglase und unten auf dem Objektträger ansammeln. Auch eine Kugelfläche sollen sie nicht verlas- sen können. Diese Erscheinung erklärt Dewırz durch eine »Anziehung« und »Anlockung« der Spermatosomen, welche durch die Anziehung seitens der Glasflächen gegeben wird und meint, dass diese letztere in derselben Weise auf die Spermatozoen eine lokomotorisch richtende 73 . 1 Die Adhäsion seitens der Glasflächen lässt sich sehr schön in solchen Präpa- raten demonstriren, in welchen die Spermatozoen schon seit längerer Zeit abgestor- ben und bereits erweicht sind. Wie oben schon mehrfach erwähnt werden musste, legen sich in einem solchen Präparate von den Anfangs regellos durch einander liegenden Spermatozoen sehr viele, bisweilen fast alle platt den Glasflächen an, so dass man oft nur an der Deckglasunterfläche und der Oberfläche des Objektträgers die platt ausgebreiteten Fäden vorfindet, in der Flüssigkeitsschicht dazwischen dieselben aber vollständig vermisst. Es kann bei langen Spermatozoen vorkommen, dass der eine Theil derselben sich dem Deckgläschen dicht anlegt, während der andere Abschnitt dem Objektträger anhaftet. 394 Emil Ballowitz, Reizwirkung ausübe, wie es von PrErrer (Lokomotorische Richtungsbe- wegung durch chemische Reize. Unters. a. d. bot. Inst. zu Tübingen. Bd. I, Heft 3, 1884) z. B. für die Apfelsäure nachgewiesen ist. Dewırz sagt sogar, man könne beobachten wie die Spermatozoen, welche den An- schluss an eine Fläche noch nicht erreicht hätten »mit Unruhe und Un- behagen umherschwämmen, um eine Fläche zu erlangen«. Dieser Auffassung kann ich nicht beipflichten. Der eigentliche Grund für die Ansammlung der Spermatozoen an den beiden Glas- flächen musste Dewırz unklar bleiben, weil er die Vorwärtsbewegung der Spermatozoen in Schraubenlinien nicht erkannt hat. Die Sperma- tozoen von Periplaneta nehmen wohl nicht, wie oben von den Coleo- pteren angegeben, die Gestalt einer flachen Spirale an, sondern blei- ben ausgestreckt, bewegen sich aber durch die lebhaft schlagende Flimmerbewegung ihrer Geißel ziemlich schnell mit dem Kopfe voran in einer breiten Spirale vorwärts, deren Drehung bei allen in gleichem Sinne erfolgt. Wie oben ausgeführt, müssen sich die Sper- matozoen dann bald an den Glasflächen, an welchen die spiralige Be- wegung einen Widerstand erfährt, ansammeln und hier in eine Kreis- bewegung übergehen. Die Ansammlung an Kugelflächen erklärt sich dadurch, dass die sich bewegenden Spermatozoen die Neigung haben, sich senkrecht zu der Kugeloberfläche zu stellen. Auch der Versuch von Dewirz, welcher Sperma mit Gummilösung verdickte und in der schleimigen Flüssigkeit keine Ansammlung an den Glasflächen sah, be- weist nichts, da die Bewegung hierdurch zu sehr alterirt wird. Nach Allem erklärt sich die von Drwırz geschilderte Erscheinung durch die Eigenbewegung der Spermatozoen einfach mechanisch und ist an eine in so auffälliger Weise sich äußernde Reizwirkung durch Attraktion sei- tens der Glasflächen nicht zu denken. Der Umstand, dass die Spermato- zoen am Deckglase in entgegengesetzter Richtung drehen als am Objekt- träger, eine Erscheinung, welche Dewızz für eine »scheinbare«, auf einem »bei ihrer Beurtheilung begangenen Fehler beruhende« erklärt, wird wiederum einfach dadurch hervorgerufen, dass die ursprünglich spira- lig sich bewegenden Gebilde in dem einen Falle alle mit dem Kopfe nach oben, in dem anderen Falle mit dem Kopfe nach unten drehen. Übrigens hat es mit dem Studium der Bewegungserscheinungen der Goleopterenspermatozoen seine eigene Bewandtnis; ich habe nicht immer das geschilderte Verhalten beobachten können. Ja es gelang mir bei manchen Individuen oft überhaupt nicht, intensive Allgemein- bewegung der Spermatozoen hervorzurufen, während dieselbe bei an- deren Individuen unter denselben Bedingungen bei Benutzung dersel- ben indifferenten Zusatzflüssigkeiten ohne Weiteres eintrat. Öfters trat Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 395 auch erst nach einer Weile in den Präparaten, deren Samenkörper zu Anfang keine oder nur geringe Bewegung zeigten, lebhafteste Flimme- rung ein. Bisweilen zeigten mir gerade die Elemente, welche bereits seit einigen (bis 24) Stunden verendeten Thieren entnommen waren, die lebhaftesten Bewegungen. An solchen Spermatozoen, welche Anfangs nur sehr geringe Flimme- rung zeigten, gelang es mir häufig, wenn auch nicht regelmäßig, durch Er- wärmung aufdem heizbaren Objekttische von Max Scuurtze lebhafte und regelmäßige Bewegung hervorzurufen und übte die Erwärmung einen wesentlichen Einfluss auf die Flimmerbewegung der Spermatozoen aus. Von 20—30° Celsius war meist eine sehr deutliche Steigerung der Be- wegung zu konstatiren; das Temperaturoptimum lag meist gegen 30 bis 35° Celsius (Chrysomela, Lepyrus, Otiorrhynchus, Lina, Hydrophilus, Clerus, Carabus u. a. m.). Die Wärmestarre, welche das Leben der Spermatozoen vernichtete, trat gegen 40° Gelsius ein; bei Lepyrus und Ötiorrhynchus habe ich 50 ® notirt. Obwohl diese auf dem Scuurrze’schen Objekttisch abgelesenen Temperaturgrade nicht genau der im Präparat herrschenden Tempe- ratur entsprechen, stimmen diese von mir erhaltenen Werthe doch ziemlich mit den Ergebnissen überein, welche bei Einwirkung der Wärme auf Muskelsubstanz, Protoplasma und Flimmerhaare erhalten wurden. Nach Hrrmann’s Handbuch der Physiologie (38, p. 99) ist für den Froschmuskel der Grad der Erregbarkeit um so höher, je höher, bis zu etwa 30— 35 Celsius, die Temperatur. Die zum sofortigen Ein- tritt der Wärmestarre nöthige Temperatur beträgt nach Künne für den Froschmuskel 40°, für den Säugethiermuskel 15—146° Gelsius. Für das Zellprotoplasma liegt nach Enaeımann (38, p. 358) das Ultramaximum zwischen 35—48° Celsius. Bei den Flimmerorganen (38, p. 396) liegt das Temperaturmaximum, bei dessen Überschreitung die Bewegung auch unter den sonst günstigsten Bedingungen sofort erlischt, für Warmblüter bei 45°, für Kaltblüter bei etwa 40° Gelsius. Das Tem- peraturoptimum liegt einige Grade unter diesem Maximum. Nicht selten sah ich nun, dass nach derart angefachter, lebhafte- ster Bewegung, besonders nach Erwärmung des Präparates, alsbald bei allen Spermatozoen ein so weitgehender und allgemeiner faseriger Zerfall eintrat, wie er gewöhnlich nicht stattzufinden pflegte, wenn die Elemente sich nicht zuvor in intensivster Flimmerung befunden hatten. Es wollte mir scheinen, als ob eine lebhafte Bewegung der Spermato- zoen den faserigen Zerfall der Gebilde nach ihrem Absterben befördere und beschleunige. Mir kam der Gedanke, dass dieses Verhalten viel- leicht ein physiologisches sei und mit der Bedeutung der einzelnen i ” BR 4 Spermatozoentheile für die Befruchtung zusammenhängen könne. Man könnte sich vorstellen, dass die Spermatozoen zur Zeit der Befruchtung des Eies im weiblichen Insektenkörper zu maximaler, einige Zeit an- dauernder Bewegung angefacht würden, dass alsdann aber, nachdem der Kopf des Spermatosoms durch diese Bewegung in das Ei hineinge- trieben wäre, die jetzt überflüssig gewordene Geißel in Folge der vor- hergegangenen maximalen Bewegung schnell faserig zerfiele und in dieser Weise zu Grunde ginge. Dies müsste indessen noch durch genaue Versuche festgestellt werden. Ich habe mich nun bemüht, diese Bewegungserscheinungen der Samenkörper der Coleopteren mit ihrer Struktur in Beziehung zu bringen und die Frage zu entscheiden, welcher Theil des Spermatosoms als der eigentliche selbständige Träger der Kontraktilität aufzufassen sei. An den Samenkörpern mit Stützfaser ist es mir denn auch gelungen Aufschlüsse zu erlangen, die wohl als wichtige Stütze dafür dienen können, dass Kontraktilität an die Existenz einer fibrillären Struktur gebunden ist. Ich sah nämlich bei sehr vielen Arten, z. B. bei Calathus, Otior- rhynchus, Lina, Chrysomela, Morimus u. a. m., dass schon in indiffe- renten Flüssigkeiten bereits an den noch lebenden Spermatosomen, der Geißeltheil, welcher in dieser Frage nur allein in Betracht kommen kann, sich in die Stützfaser und den Flimmersaum oft in seiner ganzen Länge zerlegte. Hierbei blieb die Stützfaser stets bewegungslos und ließ niemals auch nur die geringsten Anzeichen einer ihr innewohnen- den Kontraktilität erkennen. Nur der isolirte Flimmersaum zeigte an solchen zerfallenen Samenkörpern allein Bewegungen, welche in bisweilen noch ziemlich regelmäßigen Flimmerschlägen der Krausen bestanden und gewöhnlich vom Kopf- gegen das Schwanzende hin fort- schritten. Bisweilen durchlief den abgelösten Saum auch ein unregel- mäßiges, zuckendes Zittern. Bei den Arten, deren Samenkörper auch in indifferenten Flüssig- keiten sich sehr bald und sehr leicht auf größere Ausdehnung hin noch weiter zerlegen, wie z. B. bei Chrysomela sanguinolenta, Lamia, Mori- mus, habe ich ferner mehrmals sehr deutlich gesehen, dass auch die beiden Theilfasern, in welche sich der abgelöste Saum zerspalten hatte, noch Bewegungen zeigten. Die Mittelfaser und Saumfaser, welche bis- weilen in ganzer Ausdehnung von einander und von der Stützfaser ge- trennt waren und dann nur noch mit dem Kopfe und unter sich mit ihren äußersten Spitzen zusammenhingen, ließen noch kurze Zeit zuckende, flimmernde, wenn auch unregelmäßige Kontraktionen er- kennen. Dass diese Kontraktionen der isolirten Mittel- und Saumfaser 396 Emil Ballowitz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen ete. 397 _ unabhängig von einander erfolgen und jeder dieser Fasern an sich das - Vermögen innewohnt, sich selbständig Kontrahiren zu können, geht daraus hervor, dass an diesen Samenkörpern die eine Theilfaser, gleich- gültig, welche, schon abgestorben, wenigstens in den Zustand der Be- wegungslosigkeit übergegangen sein konnte, während die andere noch Kontraktionen zeigte. Ein weiterer Zerfall findet nur an den bereits ganz abgestorbenen Gebilden statt. Diese Beobachtungen sind durchaus nicht in jedem Präparat zu machen; vor Allem muss sogleich nach dem Tode des Thieres und unmittelbar nach der Präparation untersucht werden. Überhaupt ge- hört immer ein besonderer glücklicher Zufall dazu, um diese Erschei- nung zu sehen, da nur wenige Spermatosomen so schnell noch in vivo zerfallen und die Kontraktionen der isolirten Fasern sehr bald, meist schon nach ein bis zwei Minuten, erlöschen. Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass nur die fibrillären Theile dieser Spermatozoen im Stande sind, selbständig sich zu kontrahiren. An den Samenkörpern ohne Stützfaser habe ich ähnliche Beobach- tungen nicht machen können, da hier der Zerfall schwieriger eintritt und wie oben ausgeführt, nur erst an dem bereits seit längerer Zeit abgestorbenen Samenkörper sich vollzieht. Es wollte mir nicht ge- lingen, hierfür geeignete Thiere aufzufinden. Leider muss ich daher die Frage unentschieden lassen, ob die Randfaser dieser Spermatosomen auch kontraktil ist; ihr mit dem der Mittelfaser übereinstimmender Bau (cf. Hydrophilus) scheint darauf hinzudeuten. Wäre dies der Fall, so würde hier ein beachtenswerthes Beispiel eines mit Strukturver- änderung einhergehenden Funktionswechsels vorliegen, da die Rand- faser wohl der Stützfaser der Spermatosomen des ersten Typus als homolog gleichzusetzen ist. Greifswald,.den 10. März 1890. = Litteraturverzeichnis. 1. C. Tu. v. SıesoLd, Über die Spermatozoen der Grustaceen, Insekten, Gastropo- den und einiger anderer wirbellosen Thiere. Mürter's Archiv. Jahrgang 1836. p. 13. 2. —— Über die Spermatozoen in dem Heuschreckenweibchen. Amtlicher Bericht über die 20. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte zu Mainz. Mainz 1843. p. 223, 3. —— Über die Spermatozoen der Locustinen. Nov, Act. Acad.Caes. Leopoldino- Carolinae, Vol. XXI. 1845, p. 251. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 936 j 398 Emil Ballowitz, 4. R. WAGneEr, Fragmente zur Physiologie der Zeugung, vorzüglich zur mikrosko- pischen Analyse des Spermas. Abhandlungen der mathematisch-physika- lischen Klasse der Königl. Bayrischen Akademie der Wissenschaften. 1837. Bd. I. p. 398. Taf. Ill, Fig. XXI. | Handwörterbuch der Physiologie. Bd. IV. 1853. Artikel »Zeugung«. p.838. 6. Topp’s Cyclopaedia of Anatomy and Physiologie. Vol. IV. 1852. Artikel »Semen«. p- 488. 7. STRICKER, Handbuch der Lehre von den Geweben. Artikel »Hoden« von v. La VA- LETTE ST. GEORGE. p. 534. 1874. Vgl. auch v. LA VALETTE ST. GEORGE, Über die Genese der Samenkörper. 11. Mittheilung. Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. Ill, 1867, wo auf Taf. XIV, in Fig. 9 ein Spermatosom der Hausgrille als Faden mit einem länglich verdickten Ende dargestellt wird. 8. L. Lannoıs, Untersuchungen über die auf dem Menschen schmarotzenden Pedi- culinen. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 4864. p. 49. Bd. XV. 4865. p. 53 und 495. 9, A. WEISMANN, Die nachembryonale Entwicklung der Musciden nach Beobach- tungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnea. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 1864. p. 187. 10. L. Lanpoıs, Anatomie des Hundeflohes (Pulex canis Duges), mit Berücksichti- gung verwandter Arten und Geschlechter. Nov. Act. Acad. Caes. Leo- poldino-Garolinae. T. XXXIIL. 1867. p. 40. 44. —— Anatomie der Bettwanze, mit Berücksichtigung verwandter Hemipteren- geschlechter. Diese Zeitschr. Bd. XIX. 4869. p. 214. 12. O. BürscnLı, Vorläufige Mittheilung über Bau und Entwicklung der Samenfäden bei Insekten und Crustaceen. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874. p. 402. Nähere Mittheilungen über die Entwicklung und den Bau der Samenfäden der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1871. p. 526. 44, SCHWEIGGER-SEIDEL, Über die Samenkörperchen und ihre Entwicklung. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. I. 1865. 15. Tu. Eimer, Untersuchungen über den Bau und die Bewegung der Samenfäden. Verhandlungen der physikal.-medic. Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge. Bd. VI. 4874. p. 106. 16. v. LA VALETTE ST. GEORGE, Über die Genese der Samenkörper. Dritte Mittheilung. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. X. 1874. 17. G. GıLson, Etude comparce de la spermatogentse chez les arthropodes. La Cellule. Tome I. 1884. 18. v. LA VALETTE St. GEoRGE, Spermatologisch „Beiträge. Fünfte Mittheilung. Über die Bildung der Cysten bei den Lepidopteren. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XXX. 1887. 5% 13. > 49. —— Spermatologische Beiträge. Zweite Mittheilung. Blatta germanica. Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. XXVIlI. 1886. 20. —— Spermatologische Beiträge. VierteMittheilung. Phratora vitellinae. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XXVIIl. 1886. 24, —— Zelltheilung und Samenbildung bei Forficula auricularis. Festschrift für: A. v. KÖLLIKER, 1887. p. 51. 22. Fr. Leypıg, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. Bonn 1883. p. 447 und 118. 23, 0, S. JENSEN, Die Struktur der Samenfäden. Bergen 1879. v | Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 399 24, H. pE WıeLowıcyskı, Observations sur la spermatogenese des arthropodes. Archives slaves de Biologie. Tome II. 1886. 25. H. BEAUREGARD, Recherches sur les insects vesicants (Suite). I. Spermatogenese et Spermatozoides. Journal de l’Anatomie et de la Physiologie. 1887. 26. Bausıanı, Memoire sur la generation des Aphides. C. Developpement des spermatozoides. Annales des sciences nat. Zoologie. Ser. V. T.XI. 4869. 27. E. BarLLowırz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. Theil I. Die Spermatozoen der Vögel. Archiv für mikroskopische Ana- tomie. Bd. XXXIl. 1888. 28. —— Über Verbreitung und Bedeutung feinfaseriger Strukturen in den Gewe- ben und Gewebselementen des thierischen Körpers. Biologisches Gen- tralblatt. Bd. IX. Nr. 20 und 24. 239. —— Fibrilläre Struktur und Kontraktilität. Vortrag, gehalten auf dem III. Kon- gress der anatomischen Gesellschaft zu Berlin am 42. Oktober 4889, Arch. für die gesammte Physiologie. Bd. XLVI. p. 433. 30. W. WALDEYErR, Bau und Entwicklung der Samenfäden. Verhandlungen der ersten Versammlung der anatomischen Gesellschaft. Anatomischer An- zeiger. Jahrg. II. 1887. Nr. 12. 34. E. BıLLowirz, Zur Lehre von der Struktur der Spermatozoen. Anatomischer Anzeiger. Jahrg. I. 1886. Nr. 44. 32, LEon Durour, Recherches anatomiques sur les Carabiques et sur plusieurs autres Insects CGol&opteres. Suite. Organes de la generation. Annales des sciences naturelles. Tome. VI. p. 173. Pl. VI, Fig. 7, 8. 33. G. Rerzıus, Zur Kenntnis der Spermatozoen. Biologische Untersuchungen. Jahr- gang 1881. 34, Fr. Stein, Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insekten. Erste Mono- graphie. Die weiblichen Geschlechtsorgane der Käfer. Berlin 1847, 35. Dusarnın, Nouveau manuel de l’observateur au microscope. PI. XI, Fig. 18 und 49. (Nach Girsox citirt.) 36. Fr. Leypic, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. 1857. p. 534. Fig. 261 B, 37. J. Dewirz, Über Gesetzmäßigkeit in der Ortsveränderung der Spermatozoen und in der Vereinigung mit-dem Ei. Archiv für die gesammte Physiolo- gie. Bd. XXXVIII. 4886. p. 358. 38. L. Hermann, Handbuch der Physiologie. Bd.I. Thl. 4. Handbuch der Physiolo- gie der Bewegungsapparate. Theil I. 1879. Erklärung der Abbildungen. Fast alle Figuren sind in demselben Größenverhältnis gezeichnet, indem ich einen jeden Theilstrich des Wınker’schen Ocular-Mikrometers Nr. 2, mit welchem die Objekte bei WınkeL, homogene Immersion 4/24 (Tubus nicht ausgezogen) ge- messen wurden, und bei welchem dann jeder Theilstrich = 0,004 mm wirklicher Objektgröße beträgt, in der Zeichnung gleich 1 mm setzte. Ich musste eine solche Größe wählen, um besonders die feinsten Fibrillen in ihrem. Verhältnis zu den 26* 400 Emil Ballowitz, Fasern besser hervortreten zu lassen. Nur die Figuren auf Taf. XIII mit Ausnahme von Fig. 34 und 45, und auf Taf. XV, Fig. 84 sind etwas kleiner gehalten. Simmt- liche Abbildungen sind nach mit Gentianaviolett tingirten Präparaten gezeichnet. Ich kann nicht umhin, auch hier ausdrücklich zu bemerken, dass alle Zeichnungen nur nach im Präparat völlig isolirt liegenden Spermatosomen genau nach dem Prä- parat, ohne alle Kombination sich ergänzender Bilder, angefertigt wurden. Die Abkürzungen der Figurenbezeichnungen bedeuten: K, Kopf; G, Geißel des Spermatosoms; Stf, Stützfaser; KS, Krausensaum ; Mf, Mittelfaser; Sf, Saumfaser; S/Tf, SfTfg und S/Tfs, erste, zweite und dritte Saumtheilfaser; Rf, Randfaser; Wf, Wimpelfaser; Spst, Spitzenstück; Hst, Haupt- stück des Kopfes; Spsb, Spitzenstäbchen; Spkn, Spitzenknopf; Sph, Hülle des Spitzenstückes; Ck, Gentralkörper des Kopfes; Af, Achsenfaden. Tafel XII. Fig. 4, Spermatosom von Hylobius abietis L., frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirt, schwache Gentianaviolettfärbung. Der Flimmersaum vorn und hinten etwas von der Seite, in der Mitte von oben gesehen; bei eeeeee die scheinbaren Ein- kerbungen der Krausen, die am weitesten nach hinten umgebogenen Stellen des Saumes (es sind nicht alle Krausen gezeichnet). Am Kopf nur das Spitzenstück intensiv gefärbt. ; Fig. 2. Spermatosom von Pogonochaerus fasciculatus Deg., durch Osmium- säuredämpfe fixirt, schwache Gentianaviolettfärbung. Flimmersaum in dem mitt- leren Theile der Geißel von der Seite gesehen ; an der linken Seite der Geißel der gerade, der Stützfaser entsprechende Rand sichtbar. Am Kopf nur noch das Spitzenstück intensiv gefärbt. Fig. 3. Spermatosom von Pogonochaerus fasciculatus Deg., kurze Zeit in 50/giger Kochsalzlösung. Geißel in ganzer Ausdehnung in Stützfaser und Flimmersaum zerlegt, beide nur noch am hinteren Kopfende und an der äußersten Geißelspitze zusammenhängend; an dem intensiv gefärbten Kopf das blasse, feine Spitzenstäb- chen freiliegend. Fig. 4. Lepyrus capucinus Schall. Der Krausensaum hat sich zum größten Theil von der Stützfaser abgelöst; Spitzenstäbchen am Kopf entblößt. Fig. 5. Galeruca tanaceti L. 12 Stunden: in 50/giger Kochsalzlösung macerirt. Geißel in Stützfaser und Flimmersaum zerfallen, letzterer zum größten Theil in Mittel- und Saumfaser zerspalten. Am äußersten Ende der Geißel sind die drei Fasern noch in festem Zusammenhange. Stützfaser in zierliche Schleifen gelegt. Kopf mit entblößtem Spitzenstäbchen. Fig. 6—8. Otiorrhynchus laevigatus F. 3 Tage in A40/giger Chlornatriumlösung. Die Spermatosomen haben sich der Deckglasfläche dicht angelegt. Fig. 6. Geißel platt ausgebreitet; der Krausensaum hat sich geglättet und seine Krausen verloren. An dem einen Rande erscheint die gerade gestreckte Stützfaser; an dem anderen Rande hat sich die Saumfaser an einigen Stellen schon etwas ab- gelöst und in ihrer ganzen Länge in zahlreiche kleine, regelmäßige, wellenförmige Einbiegungen gelegt. Bei U faltet sich der Saum von der rechten Seite der Stütz- faser nach der linken hin um, Fig. 7. Die drei Hauptfasern neben einander liegend; die Saumfaser an zwei Stellen schon weiter abgetrennt. Fig. 8. Mittelfaser bei x x x in zwei Fasern aus einander weichend. Fig. 9—27. Copris lunaris L. Fig. 9—13 ganze Spermatosomen. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 401 Fig. 9. Spermatosom frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirt. Intensive Fär- bung. Am Kopfe Spitzenstück und Spitzenknopf deutlich. Geißel im vorderen Ab- schnitt sehr wenig $-förmig gebogen, fast gerade gestreckt, mit schön ausgebilde- tem Krausensaum; der hintere Theil der Geißel in etwa 2!/ Spiralwindungen gebogen, ohne charakteristische Krausen, Fig. 10. 24 Stunden in 50/yiger Kochsalzlösung. Geißel in dem geraden vorde- ren Abschnitt in Stützfaser und Krausensaum zerlegt, sonst wie vorher. Fig. 11—43. Längere Zeit (&—3 Wochen) in 0,750/giger Kochsalzlösung macerirt. Spitzenknopf und Hülle des Spitzenstückes aufgelöst, so dass das Spitzenstäbchen frei liegt. Geißel in die drei Hauptfasern getheilt. Saumfaser in voller Ausdehnung in ein lockeres Bündel von zahlreichen Elementarfibrillen aufgelöst, welche vorn noch mit dem Kopfe, hinten mit der Geißelspitze in Berührung stehen. Fig. 44. Stützfaser intensiv gefärbt, Mittelfaser spiralig gebogen. Fig. 12. Dessgleichen. Der eine Rand der Stützfaser erscheint im vorderen Abschnitt wie in kleine, dicht auf einander folgende Segmente zerfallen, eben so in ihrem größten Theile die Mittelfaser. Fig. 43. Der eine Rand der Stützfaser etwas heller, fast saumartig. In dem hinteren gebogenen Theile ist die Stützfaser in zwei Fasern aus einander ge- wichen. Auch die Mittelfaser zeigt an mehreren Stellen eine Trennung in zwei Fasern. Fig. 14—23. Köpfe mit dem vorderen Theil der Geißel, Fig. 14. Fixirung durch Osmiumsäuredämpfe, dann Färbung mit Gentianavio- lett; zwei Tage nach der Färbung gelegen. Spitzenknopf blass, Spitzenstück inten- siv gefärbt; am Hauptstück des Kopfes nur der Nebenstreif gefärbt. Insertion der von einander getrennten Stütz- und Flimmerfaser am Hinterende des Kopfes. Fig. 15. Wie vorher. Die vorn spitz auslaufende Stützfaser hat sich abgelöst, - während der Krausensaum noch in Verbindung mit dem Hauptstreif des Kopfes ist. Nach hinten gerichteter, fein zugespitzter Fortsatz des Nebenstreifs. Fig. 16. Frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirt. Sehr dickes, walzenförmiges Spitzenstück. Fig. 47. Frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirt und mit Gentianaviolett ge- färbt, dann vier Tage gelegen. Spitzenstück noch intensiv gefärbt, der linke Rand ein wenig dunkler, Spitzenknopf blass. Hauptstreif entfärbt, Nebenstreif dunkel violett. Der Krausensaum hat sich etwas von der Stützfaser gelockert. Fig. 18. Zwei Tage in 40/yiger Chlornatriumlösung. Endknopf verschwunden; Hülle des Spitzenstückes in Auflösung begriffen, so dass das Spitzenstäbchen sicht- bar wird, Fig. 49. 24 Stunden in 0,750/yiger Kochsalzlösung. Vom Kopfe hat sich vorn kappenartig die Hülle des Spitzenstückes abgelöst; in derselben steckt noch zum Theil das leicht umgebogene Spitzenstäbchen. Fig. 20. Drei Tage in 0,750/yiger Kochsalzlösung. Hülle des Spitzenstückes, so- wie Spitzenknopf aufgelöst, Spitzenstäbchen freiliegend. Das zugespitzte Ende der i Stützfaser ist abgelöst, liegt aber noch in dem falzartigen Einschnitt am Hinterende des Kopfes. Fig. 21. Nach einem tingirten Deckglas-Trockenpräparat, welches einige Zeit gelegen hatte. Spitzenknopf nicht mehr erhalten. In das Spitzenstück setzt sich der bereits entfärbte Hauptstreif fort. Stützfaser und Krausensaum von einander getrennt, letzterer zeigt die Andeutungen eines faserigen Zerfalles. je 402 Emil Ballowitz, Fig. 22. Aus demselben Deckglas-Trockenpräparat, wie Fig. 24. Spitzenstäb- chen entblößt, in den Hauptstreif des Kopfes übergehend. Der Hauptstreif nur erst im vorderen Theile entfärbt, im hinteren Theile noch dunkel violett. Stütz- faser vom Krausensaum abgetrennt. Fig. 233—26. Isolirte Köpfe von Copris lunaris L. Fig. 23. Spitzenstäbchen entblößt. Haupistreif intensiv gefärbt, Nebenstreif blasser. Einschnitt am hinteren Ende des Kopfes. Fig. 24. Wie Fig. 23. Färbung der beiden das Hauptstück zusammensetzen- den Substanzen aber umgekehrt. Fig. 25. Der intensiv gefärbte Nebenstreif hat sich in der unteren Hälfte des Kopfes von dem Hauptstreif abgelöst. Fig. 26. Isolirter Hauptstreif des Kopfes im Zusammenhang mit den Spitzen- stäbchen. Fig. 27—29. Hyliota (Brontes Fabr.) planata L. Fig. 27. Intaktes Spermatosom, frisch gefärbt. Schmaler Krausensaum deutlich, Fig. 28. 24 Stunden in 50/giger Chlornatriumlösung. Hinteres Ende der Geißel in Krausensaum und Randfaser zerlegt; die letztere gefärbt, weich, am verdünnten Ende hin und her gebogen. Fig. 29. Wie Fig. 28. Geißel in voller Länge in Krausensaum und Randfaser getheilt; Krausensaum an einer Stelle («) in zwei, an einer anderen Stelle (x) in drei Fasern zerlegt. Fig. 30. Melolontha vulgaris. Geißel an zwei Stellen in Randfaser, Mittelfaser und die etwas stärker tingirte Saumfaser zerfallen. (Es ist eine Verlagerung der Fasern eingetreten, so dass die Saumfaser zwischen den beiden anderen liegt.) Fig. 33—33. Laena Reitteri Weise. Ganze Spermatosomen. Fig. 34. Frisch gefärbt. An zwei Stellen (©, &,) Faltungen der Saumfaser deutlich. | Fig. 32. Biegungen der Saumfaser deutlich, besonders im vorderen Theile. Fig. 33. Zwei Tage in A0/yiger Kochsalzlösung. Die gerade gestreckte Geißel hat sich platt der Deckglasfläche angelagert, wobei sich die Saumfaser in regel- mäßige, wellenförmige Biegungen gelegt hat; in der Nähe des Kopfes (bei U) ist eine Verlagerung der Saumfaser eingetreten. Tafel XIII, Fig. 34—h4. Chrysomela sanguinolenta. Fig. 34. Spermatosom aus dem Vas deferens, frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirt, nicht zu intensive Färbung. Krausen des Flimmersaumes deutlich; am Kopf nur das Spitzenstück intensiv gefärbt. Fig. 35. 24 Stunden in 50/giger Kochsalzlösung. Stützfaser und Krausensaum von einander getrennt, nur an den beiden Enden der Geißel besteht noch eine Vereinigung. Kopf und Spitzenstück intensiv gefärbt. Fig. 36. Krausensaum unregelmäßig hin und her gebogen und zusammenge- zogen; Stützfaser in Schleifen gelegt. Spitzenknopf umgebogen, Fig. 37. Wie vorher. Krausensaum faserig zerfallen. Spitzenstück deutlich widerhakenartig. Fig. 38. Von dem Krausensaum, der auch am hinteren Ende von der Stütz- faser getrennt ist, hat sich in ganzer Ausdehnung die Mittelfaser abgelöst, die nur noch an den beiden äußersten Enden des Saumes mit dessen anderem Theile, der Saumfaser, in Verbindung steht. Spitzenknopf des Spitzenstückes deutlich gestielt. Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 403 Fig. 39. Geißel in Stützfaser und Flimmersaum zerlegt; letzterer in drei un- regelmäßig gebogene Fasern getheilt. Hauptstück des Kopfes bereits wieder ver- blasst; intensiv gefärbter Grenzpunkt zwischen dem Hauptstück und dem Spitzen- stück. Die Hülle des letzteren ist in Auflösung begriffen, daher nur schwach gefärbt, so dass das Spitzenstäbchen bereits sichtbar ist. Zwei Tage in 0,750/yiger Kochsalzlösung (wie die folgenden Figuren bis Fig. 44). Fig. 40. Geißel in voller Länge in vier von einander weit abstehende Fäden zerfallen, welche aber noch am Hinterende des Kopfes festsitzen und an der hin- teren Geißelspitze mit einander vereinigt sind. Die Stützfaser zeigt im vorderen Theile eine zierliche Schleife; Mittelfaser und erste Saumtheilfaser schwer von einander zu unterscheiden. Von dem intensiv gefärbten Kopfe ist das blasse Spitzenstäbchen scharf abgesetzt. Fig. 44. Der in die Mittelfaser, Saumfaser und erste Saumtheilfaser zerlegte Krausensaum auch an dem Geißelende von der Stützfaser abgelöst. Saumfaser in ganzer Ausdehnung in zwei weitere, dicht neben einander liegende Theilfasern zerfallen, zweite und dritte Saumtheilfaser; die letztere noch ein wenig mehr ge- färbt, als die beiden anderen. Alle vier Theilfasern des Krausensaumes noch an beiden Enden desselben mit einander im Zusammenhang. Hauptstück des Kopfes bereits wieder verblasst, nur der Grenzpunkt noch intensiv gefärbt; das Spitzen- stäbchen entblößt. Fig. 42. Stützfaser und Mittelfaser noch in Verbindung mit dem Kopfe und am hinteren Geißelende auch noch im Zusammenhange mit der Saumfaser. Die letz- tere ist bis auf diese Stelle von der Geißel abgelöst und zum größten Theile in die drei Saumtheilfasern zerfallen. Gestielter Spitzenknopf noch erhalten. Fig. 43. Geißel in Stützfaser und Krausensaum zerlegt. Der letztere zeigt die isolirte Mittelfaser und Saumfaser. Die Saumfaser in dem mittleren und hinteren Abschnitt in ihre drei Theilfasern getheilt, indessen hat sich nur die erste Saum- theilfaser weiter von den anderen beiden, welche dicht neben einander liegen, entfernt. Von dieser Theilfaser löst sich nun an zweien in der Mitte gelegenen Stellen eine äußerst feine Elementarfibrille (Fb) ab. Fig. 44. An dem Kopfe hängen die drei völlig isolirten Hauptfasern; links die Stütz- und Mittelfaser, rechts die Saumfaser. Die letztere besonders in ihrer hin- teren Hälfte in ihre drei Theilfasern zerfällt. In der Nähe des Endes der Saum- faser hat sich von der ersten Theilfaser eine feinste Fibrille (Fb) auf eine kleine Strecke abgelöst. _ Fig. 45. Hylobius abietis L. Vier Tage in 30/yiger Chlornatriumlösung. Geißel in Stützfaser und Krausensaum getheilt; an dem letzteren ist die isolirte Mittelfaser und die an einigen Stellen in zwei Fäden zerlegte Saumfaser zu unterscheiden. In der vorderen Hälfte ist die Mittelfaser in drei feine Fibrillen (Fb) von verschie- dener Dicke aufgelöst; dasselbe in der Nähe des hinteren Endes an einer kleineren Stelle (bei Fb). Tafel XIV. Fig. 46—63, Hydrophilus piceus L. und aterrimus Eschsch, Aus den Ampul- len der Vasa deferentia. Fig. 46. Spermatosom in frischem Zustande durch Osmiumsäuredämpfe fixirt und intensiv gefärbt. Kopf nicht deutlich von der Geißel abgrenzbar, Spitzenstück nicht zu unterscheiden. | | Fig. 47. 24 Stunden nach der Färbung. Kopf verblasst, farblos; nur das u 404 Emil Ballowitz, Spitzenstück intensiv gefärbt und scharf von dem Haupttheil des Kopfes abgesetzt. Ungleiche Insertion der Geißelränder an dem hinteren Kopfende (bei /). Die schmal bandartig abgeplattete Form der Geißel deutlich. Fig. 48. Nach einem tingirten Deckglas-Trockenpräparate. Kopf farblos, nur der noch erhaltene Basaltheil der Hülle des Spitzenstückes intensiv gefärbt; vor demselben das feine, von der Hülle entblößte Spitzenstäbchen. Geißel sehr deut- lich schmal bandartig. In der vorderen Hälfte heben sich die beiden Ränder der Geißel faserartig von einem etwas blasser tingirten Inneren ab; der rechte Rand etwas intensiver gefärbt als der linke, inserirt auch etwas höher hinauf am Kopfe; die Insertionsstelle erscheint als dunkler gefärbte Linie. Auch die Insertionsstelle des anderen Randes tritt als intensiv gefärbte, aber kürzere Linie hervor, Der dunklere Rand zeigt mehrere schmale Umfaltungsstellen. Fig. 49. Aus dem frisch untersuchten Inhalt der Ampulle des Vas deferens. Hülle des Spitzenstückes noch intakt. Geißel an zwei Stellen in zwei Fasern zer- legt. Die eine davon ein wenig dunkler gefärbt. Fig. 50. Wie Fig. 49. Entblößte Spitzenstäbchen des Kopfes. Geißel in der vorderen Hälfte in zwei Fasern zerlegt; die eine Theilfaser an einer Stelle wiederum in zwei Hälften aus einander gewichen. Fig. 51. Zwei Tage in 50/oiger Chlornatriumlösung. Kopf wie vorher. Die Geißel hat sich der Deckglasfläche platt angelegt und ist sodann in drei parallel neben einander liegende Fasern der ganzen Länge nach zerfallen: links die Rand- faser, rechts die Saumfaser, zwischen beiden die Mittelfaser. Die Saumfaser ein wenig intensiver gefärbt als die anderen, ist in dem vorderen Theile in mehrere kleine wellenförmige Einbiegungen gelegt (vgl. auf Taf. XII, Fig. 6 und 33) und überragt die beiden anderen am hinteren Geißelende. Auch am Kopfe ragt die Insertion der Saumfaser ein wenig weiter nach vorn, als die der Randfaser. Beide Insertionslinien treten in Gestalt zweier kleiner, ungleich langer, intensiv gefärb- ter, paralleler Striche hervor. Diese ungleiche Insertion der beiden Fasern ist auch an den meisten folgenden Figuren (Fig. 52—57), bei denen eine Entfärbung des Kopfes eingetreten ist, deutlich. Rand- und Mittelfaser sind von gleicher Färbung und gleicher Länge. Fig. 52—57. Drei Tage in 50/yiger Chlornatriumlösung. Fig. 52. Geißel in die völlig von einander getrennten Rand-, Mittel- und Saum- faser zerlegt, alle drei noch im Zusammenhang mit dem Kopfe. Fig. 53. Wie Fig. 52. Zwischen Rand- und Mittelfaser erscheint der hintere, sich sehr fein zuspitzende Theil der sich ablösenden Wimpelfaser. Fig. 54. Rand- und Mittelfaser spiralig gebogen und vom Kopfe bereits abge- trennt; mit dem letzteren nur noch die Saumfaser und Wimpelfaser im Zusammen- hang. Die letztere in ihrer ganzen Ausdehnung isolirt und in charakteristischer Weise hin und hergebogen. Fig. 55. Kopf nur noch in Verbindung mit der Saumfaser und Wimpelfaser. Verschiedene Insertion derselben am Kopf. Fig. 56. Von der Geißel haben sich in dem vorderen Abschnitt die Randfaser, in dem hinteren Theile die Saumfaser abgelöst; Mittelfaser und Saumfaser mithin in dem vorderen Abschnitt noch vereinigt. Die Wimpelfaser ist dabei in ganzer Länge abgetrennt. Fig. 57. Links vom Kopfe die isolirte Wimpelfaser, rechts die Saumfaser, von welcher Rand- und Mittelfaser im Begriff sind sich abzulösen. Die Saumfaser ist Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 405 _ aus einem falzartigen Einschnitt am Hinterende des Kopfes (bei /), in dessen Grunde sie noch angekittet ist, herausgezerrt. Fig. 58—63. Drei Tage lang Maceration im Thier, dann zwei Tage in 0,750/yiger Kochsalzlösung. In allen Figuren der Kopf intensiv gefärbt und das von demselben scharf abgesetzte, blasse, feine Spitzenstäbchen freiliegend. Fig. 58. Kopf nur noch mit der Wimpelfaser versehen ; an seinem einen Rande in der Nähe des hinteren Endes ein länglicher schmaler Ausschnitt (vgl. die vorige Figur). Fig. 59. Die spiralig gebogene Rand- und Mittelfaser von dem Kopfe bereits abgetrennt; links die Wimpelfaser, rechts die Saumfaser. Zwischen der Saum- faser und Mittelfaser die parallel neben einander liegenden Zwillingsfibrillen (Fb, Fb), in ihrer vollen Länge isolirt. Fig. 60. Rand- und Saumfaser noch in Verbindung mit dem Kopf, Mittelfaser bereits abgelöst. Wimpelfaser noch nicht sichtbar. Die Zwilligsfibrillen (FdFb) mit ihren hinteren Enden weit von einander abgewichen; auch in der vorderen Hälfte aus einander gerissen, die eine der Mittelfaser, die andere der Saumfaser ange- lagert. Saumfaser an ihrem hinteren Ende gegabelt. Fig. 64. Nur noch die Randfaser in Verbindung mit dem Kopfe, eine Wimpel- faser ist dabei noch nicht sichtbar geworden, Zwillingsfibrillen nicht mehr vor- handen. Saumfaser an dem vorderen und an dem hinteren Ende in fünf ungleich dicke Fädchen zerfasert; auch in der Mitte an zwei Stellen in zwei, resp. drei Fasern zerlegt. Falzartiger Ausschnitt am Hinterende des Kopfes deutlich. Fig. 62. Kopf nur noch in Verbindung mit der Wimpeifaser und der Saum- faser, letztere bei /aus dem Falz am hinteren Kopfende herausgerissen. Saumfaser in der hinteren Hälfte (bei x) in zwei Fasern aus einander gewichen ; das Ende derselben in acht ungleich dicke, weit von einander abstehende zierliche, gebo- gene Fädchen zersplittert. Fig. 63. Mit dem Kopfe, der den falzartigen Ausschnitt zeigt, nur noch die Wimpelfaser im Zusammenhang. Die Rand- und Mittelfaser, welche das gleiche Aussehen darbieten, intakt. Statt der Saumfaser ein lockeres Bündel von circa acht feinsten, gleich langen, neben einander liegenden Fibrillen (SfFb). Tafel XV. Fig. 64—75. Hydrophilus piceus L. und aterrimus Eschsch. Fig. 64—67, Isolirte Fasern aus dem frisch untersuchten Inhalt der Ampullen des Vas deferens. Fig. 64. Im vorderen Theile und am unteren Ende Theilung in zwei gleich dicke Fasern. Eine fast ganz isolirte Elementarfibrille hat sich abgelöst und hängt mit der Faser nur noch in der Nähe des vorderen und hinteren Endes zusammen. Fig. 65. Der obere Theil der Faser in neun feinste, gleich lange Fibrillen zer- fasert; eine davon zeigt wiederum eine Theilung. In der Mitte an zwei Stellen ein Zerfall in vier, resp. in sechs Fasern, Fig. 66. Das rechte Ende der Faser in mehrere kurze Fäserchen zerlegt, das linke Ende gegabelt; jeder Gabelast zerfasert sich alsbald in mehrere sehr zierlich gebogene feine Fädchen. Fig, 67. Faser in ganzer Ausdehnung in neun von einander abstehende Fibril- len zerspalten, welche nur noch an dem einen Ende, wie an einem Stiele, zusam- menhängen; auch die äußerste Spitze dieses Stieles pinselartig aufgefasert. Alle Fibrillen von gleicher Länge. 406 Emil Ballowitz, Fig. 68—74. Künstlich durch dreitägige Maceration im Thiere mit nachfolgen- der Maceration in Chlornatriumlösung isolirte und in Fibrillen zerfällte Saumfasern. Fig. 68. An den beiden Enden und in der Mitte Trennung in mehrere Fäserchen. Fig. 69. Das untere Ende und eine größere Stelle unterhalb der Mitte fibrillär zerfallen. An zwei Stellen (bei &, &,) verbreitert sich die Faser ein wenig, zugleich deutlich blasser werdend, ohne dass ein fibrillärer Zerfall erkannt werden kann. Auch an diesen Stellen ist wohl bereits eine Lockerung der Fibrillen eingetreten, nur sind die letzteren noch nicht weit genug von einander abgewichen, um deut- lich unterschieden werden zu können. Fig. 70. Beide Enden, besonders das untere, in Fibrillen zerlegt. An einer Stelle oberhalb der Mitte treten die (acht) Fibrillen, welche elegant gebogen sind, und nicht alle die gleiche Dicke besitzen, weiter von einander ab. Fig. 71. Beide Enden der Faser bis gegen die Mitte hin in Büschel feinster, neben einander verlaufender, gleich langer Fibrillen aufgelöst. Auf der rechten Hälfte lassen sich zehn, auf der linken neun Fibrillen zählen. Fig. 72—75. Isolirte Rand-, resp. Mittelfasern, welche 5 Tage im Thier und sodann 8 Stunden in Chiornatriumlösung macerirt hatten. Fig. 72. Faser, noch spiralig gebogen. Der Mantel in sehr zahlreiche, kleine, körnchenartige Quersegmente zerfallen. Fig. 73. Segmente an drei Stellen abgebröckelt, so dass der Achsenfaden (Af) hier frei liegt. Bei © ist der letztere umgebogen und in zwei feine neben einander liegende Fibrillen getheilt. Fig. 74. Achsenfaden (Af) an drei Stellen isolirt, in der Mitte und unten in zwei weit von einander abstehende Fibrillen zerlegt. In der Mitte bilden die Fibril- len zwei zierliche Schleifen. Fig. 75. Achsenfaden (Af) in der Mitte und unten in zwei Hälften zerfallen. An den oberen und unteren Enden der Fibrillen befinden sich noch korrespondirende Reste der der Länge nach durch die Spaltung des Achsenfadens zerrissenen Seg- mente. Fig. 76—83. Calathus. Fig. 76—78 acht Tage in 0,750/yiger Chlornatriumlösung. Fig. 76. Kopf durch Maceration verändert. Geißel der ganzen Länge nach in Stützfaser, Mittelfaser und Saumfaser zerlegt, welche nur noch am Kopfe und am hinteren Geißelende zusammenhängen. Stützfaser jetzt intensiv gefärbt. Mittel- faser vorn und im hinteren Abschnitt in zwei Hälften getheilt. Saumfaser an zwei Stellen in mehrere Fibrillen zerfallen. Bei & und x, blasse, verbreiterte Stellen der Faser, für welche dasselbe gilt, was über die gleiche Erscheinung bei Fig. 69 ge- sagt wurde. Fig. 77. Mittelfaser an einer Stelle in mehrere Fibrillen von verschiedener Dicke zerlegt. Statt der Saumfaser ein lockeres Bündel zahlreicher, gleich langer, feinster Elementarfibrillen (SfFb), welche sich vom Kopfe bis in die hintere Geißel- spitze erstrecken. Kopf stark verändert, es sind nur noch die intensiv gefärbten Reste der drei Widerhaken-Paare übrig geblieben. Fig. 78. Isolirte Faser, im oberen Theile an einer Stelle in zwei Hälften ge- theilt, in der Mitte in sechs, und am Ende in acht Fibrillen aufgelöst. Fig. 79. Faser in ganzer Ausdehnung in zahlreiche, neben einander liegende Elementarfibrillen zerfallen, die zierliche Schleifen bilden. Nur an den freien En- den der Faser sind die Fibrillen noch vereint. Fig. 80—83. Köpfe mit vorderem Geißeltheil von Calathus; frisch durch Os- miumsäuredämpfe fixirt, nicht zu intensive Färbung mit Gentianaviolett. | { Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen etc. 407 Fig. 80 und 84. Köpfe von der Fläche. Fig. 82. Kopf von der Kante. Fig. 83. Noch nicht ganz ausgebildeter Kopf. Fig. 84—86. Lamia textor L. Fig. 84. 24 Stunden in 0,750/yiger Kochsalzlösung. Geißel in Stützfaser, Mittel- faser und Saumfaser zerlegt, alle drei Fasern nur noch am Kopf und am äußersten Geißelende mit einander im Zusammenhang. Am intensiv gefärbten Kopf das blasse Spitzenstäbchen deutlich. Fig. 85. Zwei Tage im Thier macerirt, dann 24 Stunden in 0,750/yiger Koch- salzlösung. Stützfaser (jetzt intensiv gefärbt, vgl. Fig. 84) von dem Kopfe bereits abgelöst. Krausensaum in Mittel- und Saumfaser getheilt, beide an mehreren Stel- len in Fibrillen aufgelöst. Fig. 86. Wie Fig, 85. Stützfaser noch in Verbindung mit dem Kopfe, Krausen- saum in ganzer Länge in ein lockeres Bündel gleich langer Elementarfibrillen zer- fallen. Fig. 87 a—d. Köpfe von Morimus funereus Muls. a—c, fünf Tage im Thier ma- cerirt, dann 24 Stunden in A40/yiger Kochsalzlösung; d, nach einem Deckglas-Trocken- präparat. a, Spitzenstäbchen isolirt. Hauptstück des Kopfes zeigt eine verwaschene Querbänderung. b. Hülle des Spitzenstückes noch erhalten. Centralkörper an einer Stelle im vorderen Theile und am hinteren Ende freiliegend. Der Rest der Rinden- schicht der Quere nach zerfallen. c. Centralkörper in der vorderen Hälfte des Hauptstückes isolirt. d. Nach einem Deckglas-Trockenpräparat, welches vom fri- schen, mit 0,750/yiger Chlornatriumlösung verdünnten Sperma aus dem Vas defe- rens (ohne Fixirung durch Osmiumsäuredämpfe) angefertigt wurde und in tingirtem Zustande längere Zeit in Kanadabalsam gelegen hatte. Die Rindenschicht ist ge- quollen, blass violett gefärbt, zeigt eine verwaschene Querbänderung und besitzt am vorderen und hinteren Ende eine intensiv gefärbte, nicht gequollene, punkt- förmige Stelle. Aus dem vorderen Punkte ragt das noch deutlich wahrnehmbare, feine, isolirte Spitzenstäbchen hervor; der hintere Punkt stößt unmittelbar an die nur blass gefärbte Geißel. Zwischen beiden Punkten befindet sich in der Achse der Rindenschicht und von letzterer deutlich abgesetzt der hier intensiv gefärbte Innenkörper des Kopfes. Fig. 88 a—h. Isolirte Köpfe von Lamia textor. Zweitägige Maceration im Thier mit nachfolgender zweitägiger Maceration in 0,750/,iger Kochsalzlösung. a. Aus dem intensiv gefärbten Hauptstück ragt das blasse Spitzenstäbchen hervor. Rin- denschicht noch erhalten. c—d. Der sich nicht färbende Innenkörper des Kopfes in verschiedener Ausdehnung isolirt. Die Reste der Rindenschicht intensiv gefärbt. e. Rindenschicht bis auf den vorderen und hinteren, intensiv gefärbten Punkt auf- gelöst ; Stützfaser noch in Verbindung mit dem Kopfe. fund g. Rindenschicht bis auf geringe Reste entfernt, Bei fnoch die Hülle des Spitzenstückes erhalten. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. Von Richard Ritter. Mit Tafel XVI. Es ist als eine höchst auffällige und interessante Erscheinung längst bekannt, dass, während sich die ersten Entwicklungsvorgänge im Ei der Dipteren abspielen, eine Anzahl Zellen an dem einen Pole des Eies austreten und erst, nachdem die Blastodermbildung ihren Abschluss erreicht hat, wieder in das Innere zurückwandern. Die ersten Beob- achtungen darüber machte Ropın 1862 (2) und kurz darauf gab WEısmann in seiner klassischen und für die Insektenembryologie grundlegenden Arbeit über die Entwicklung der Dipteren (1) eine genaue Darstellung ihrer Entstehung. Beide Forscher bezeichneten diese Zellen ihrer Lage nach als Polzellen, ohne aber über ihre Bedeutung schon Aufschluss geben zu können. Weısmann verdanken wir die Beobachtung, dass diese Zellen nach ihrer Vermehrung und nach Bildung der Keimhaut wieder in die Tiefe des Dotters zurückwandern und dort dem Blick sich ent- ziehen, wenigstens bei den von ihm untersuchten Arten von Chirono- mus und Musca. Wiederum ein Jahr später glaubte dann Merscnnikorr (3) an den durchsichtigeren Eiern einer Gecidomyia-Art beobachtet zu haben, dass aus diesen Polzellen die Geschlechtsorgane des Thieres hervorgehen. Weitere genauere und vollständigere Angaben über das, was man am lebenden Ei über die Bildung und den Austritt der Polzellen beob- achten kann, brachte Weısmann in J. Henue’s Festschrift 1882 (4), ohne aber das Schicksal dieser merkwürdigen Zellen weiter verfolgen und die Frage zum Abschluss bringen zu wollen, ob in der That dieselben als Anlage der Geschlechtsorgane zu betrachten sind. Erst Barsıanı (5) nahm diese Frage wieder auf, indem er vor Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 409 vier Jahren die Eier von Chironomus von Neuem auf diesen Punkt untersuchte und durch Beobachtungen am lebenden Ei ebenfalls zu der Überzeugung gelangte, dass wirklich die Polzellen nach ihrer Rück- wanderung in den Dotter sich zu den Geschlechtsorganen des Thieres ausbilden. Immerhin konnte man auch jetzt noch zweifeln, ob nicht doch irgend eine Täuschung mit untergelaufen sei, denn auch die Beob- achtungen Bausıanrs waren nicht an Schnitten gemacht worden, und es ist ja bekannt, wie schwierig es ist, kleine Zellgruppen mit Sicherheit zu verfolgen, wenn sie von mehreren Zellschichten überdeckt sind. In jedem Falle war es wünschenswerth, über diesen Punkt vollkommene Sicherheit zu haben. Eine Wiederaufnahme der Untersuchungen über die Entwicklung der Generationsorgane bei Dipteren schien um so mehr Erfolg zu verheißen, als über die Art und Weise der Entstehung der Polzellen noch nichts bekannt war, als was man am lebenden Ei sehen kann, d. h. was sich an der Oberfläche des Eies abspielt, die Vorgänge im Inneren des Dotters aber noch gänzlich in Dunkel verborgen waren; nur Schnitte konnten da Aufklärung schaffen. Mit Freuden ergriff ich daher im vorigen Herbste den Vorschlag Herrn Prof. Weısmann’s, mich den erwähnten Untersuchungen am Ei von Chironomus zuzuwenden, und ich gebe nun im Folgenden die Ergeb- nisse meiner Beobachtungen wieder. Schon Weısmann macht in seinen erwähnten Arbeiten darauf auf- merksam, dass Chironomus die Eier in der Nacht ablegt, und es daher immer mit einigen Schwierigkeiten verknüpft ist frisch abgelegte Eier zu bekommen oder gar die Thiere bei der Eiablage selbst zu über- raschen. So habe auch ich mich von Mitte September an eine ganze Zeit hindurch vergeblich bemüht, in den Besitz meines Untersuchungs- materials zu gelangen, und erst Anfangs Oktober fand ich in einem der vier Aquarien des zoologischen Instituts einige Eierschnüre mit Eiern auf schon vorgerückter Entwicklungsstufe. Da die Thiere während der nächsten Tage das Eierablegen einstellten, versuchte ich, eine An- zahl gefangener Mücken im Zwinger zur Eiablage zu bringen, aber ohne Erfolg. Zum Glück reichten im vorigen Herbst die warmen Tage bis in den December hinein, und endlich, nach vielen vergeblichen Be- mühungen, gelang es mir doch, den Thieren an verschiedenen Tagen bei der Eiablage zuzusehen. Der Vorgang ist nicht ohne biologisches Interesse und verläuft in folgender Weise. Schon lange vor beginnen- _ der Dämmerung erschienen die Mücken über dem Wasser unserer - Aquarien, flogen über dasselbe hin, ihren Hinterleib von Zeit zu Zeit in dasselbe eintauchend, um dann wieder zu verschwinden und anderen - Platz zu machen, welche nun in derselben Weise über dem Wasser hin- 410 | Richard Ritter, und herschwebten. Ungefähr um 8'/, Uhr, als es vollständig dunkel geworden war, setzte sich die erste, direkt aus der Luft kommend, an den Rand des Aquariums nahe über die Oberfläche des Wassers, so dass ein Raum von ungefähr 3 mm zwischen diesem und ihrem Hinter- leibsende frei blieb. Als ich die Stelle durch ein Licht deutlicher sichtbar machte, sah ich sofort nach dem Niederlassen des Thieres an seinem Hinterende einen dunkelbraunen Klumpen, die Eier, welche dicht an einander gedrängt, in scheinbar sehr wenig Gallerte einge- hettet waren. Dieser Klumpen näherte sich durch das Nachdrängen neuer Eier aus dem Körper des Thieres immer mehr dem Wasser, bis endlich die ersten Eier dasselbe berührten. Sofort schwoll die Gallerte an durch Aufnahme von Wasser, und der hintere Theil der Schnur schwamm nun bereits auf dem Wasser. Das Wasser ergriff hierauf immer mehr Besitz von der Schnur, zog sie immer weiter herein und leistete so dem Thiere eine wichtige Hilfe, indem der Theil der Schnur, welcher sich im Wasser befand und immer stärker anschwoll, die Eier aus dem Thier gleichsam herauszog. Zum Schluss klebte das Thier das Ende der Schnur am Rande des Aquariums fest und flog davon, wäh- 5 rend die Eier, frei im Wasser schwimmend, zurückblieben. Der ganze ° Akt der Eiablage war in ungefähr fünf Minuten beendet. Die Thiere erschienen an einzelnen Abenden in ganzen Scharen, so dass ich z. B. am 18. Oktober, einem besonders günstigen Tage, nahezu 100 Eier- schnüre, eine dicht neben der anderen frei ins Wasser ragend, vorfand und dieselben sammeln konnte. Im warmen Zimmer entwickelten sich dieselben gut weiter, so dass ich die ganze Reihe der einzelnen Ent- wicklungsstadien mit Leichtigkeit konserviren konnte. Welch’ wichtige Rolle die Wärme bei der Entwicklung spielt, ist wohlbekannt, dass aber auch der Instinkt der eierlegenden Weibchen darauf gerichtet ist, ihren Eiern die günstigsten Temperaturverhältnisse zu sichern, dürfte vielleicht bei diesen Thieren noch unbekannt sein. Zu Beginn meiner Beobachtungen, als noch recht warme Tage herrsch- ten, fanden sich unsere Thiere an sämmtlichen vier Aquarien des Gar- tens ein, um ihre Eier in dieselben abzulegen ; alsjedoch die Temperatur zurückging, bevorzugten sie das eine derselben. Dieses, vollständig in die Erde eingegraben, während die übrigen von zwei Seiten frei sind, blieb bis Ende November vollständig eisfrei, während sich auf den anderen Eis zeigte. Aber noch mehr; die Thiere wählten sich stets den Nordostrand desselben zur Eiablage aus als denjenigen, welchen die Sonne am längsten beschien, und welcher am wärmsten war; wie denn auch das Wasser in seiner Nähe wärmer war als an den übrigen Stellen, da ja der Ausgleich der Temperatur allmählich stattfindet. In i E 2 ! Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 411 dem Maße, als die Nächte kälter wurden, verlegten die Thiere die Ei- ablage auf immer frühere Zeit, so dass dieselbe Ende November bereits % Uhr Nachmittags stattfand, was die Beobachtung ungemein erleich- terte. Hervorgehoben sei noch, dass sich die Thiere bei dem Geschäft der Eiablage nicht leicht stören lassen; es bedurfte schon eines ener- gischen Anstößes von meiner Seite, um sie zu veranlassen, das Geschäft zu unterbrechen. Sie flogen dann auf, den Eierklumpen mit sich neh- mend, setzten sich aber in der Entfernung weniger Gentimeter wieder nieder, um das Geschäft zu beenden. Nach Barsrunts Darstellung (l. e. Holzschn. 1 und 2 auf p. 542) soll Ghironomus die Eierschnur zuerst ankleben. Ich konnte das Gegentheil schon durch direkte Beobachtung erkennen und dann dadurch bestätigen, dass ich die Thiere veranlasste, mit den zur Hälfte abgelegten Eiern davonzufliegen, was nach BaLBIants Darstellung nicht möglich wäre. Dass die Einrichtung, wie ich sie beobachtete, dem Thiere aber mehr Vortheil gewährt, liegt auf der Hand. | Wir gehen nun zu den eigentlichen Untersuchungen über und be- trachten zunächst die ersten Entwicklungsvorgänge im Ei bis zum Aus- tritt der Polzellen. Vorausgeschickt aber seien einige Bemerkungen über die Behandlung des Untersuchungsmaterials. Die Eierschnüre wurden mit heißem 30°/,igen Alkohol, dem etwas Sublimat zugesetzt worden, getödtet. Die Entwicklung der Eier bis zum Ausschlüpfen der Embryonen dauerte im warmen Zimmer fünf bis sechs Tage und da die- selbe in den einzelnen Schnüren gleichmäßig vor sich ging, so war es leicht, sämmtliche Entwicklungsstadien in kontinuirlicher Reihe zu erhal- ten. Die Schnüre wurden dann weiter mit 70, 90°/,igem und absolutem Alkohol behandelt, allmählich in Chloroform und Paraffın gebracht und in Schnittserien zerlegt, worauf die Färbung mit Pikrokarmin und Hämatoxylin erfolgte. Bei dem Schneiden der Eierschnur wurden natürlich die Eier in den verschiedensten Richtungen getroffen und man konnte auf jedem Objektträger Serien von Quer-, Sagittal- und Frontalschnitten herausfinden. Eine große Schwierigkeit bildete längere Zeit der Widerstand, welchen die Eier der frühesten Stadien der Fär- bung entgegensetzten; dieselben wollten keine Kernfärbung anneh- men; fast alle Färbungsmittel, die mir im Institut zur Verfügung stan- den, wurden angewandt, jedoch ohne Erfolg. Nach wochenlangen - vergeblichen Versuchen gelang endlich die Kernfärbung dennoch und - zwar dadurch, dass ich die ganzen Eierschnüre mindestens vier Tage - lang in Pikrokarmin legte und vorfärbte. Dabei musste die Übertragung _ aus absolutem Alkohol in Pikrokarmin allmählich erfolgen, weil sonst 412 Richard Ritter, der Eiinhalt aus einander floss. Die Schnitte wurden dann später mit Hämatoxylin nachgefärbt. Leider ging mir bei diesen vielen Ver- suchen eine Menge kostbaren Materials verloren und diesem Umstande ist es zuzuschreiben, wenn gerade die ersten Entwicklungsstadien mehrfach Lücken aufweisen. Verfolgen wir jetzt die ersten Vorgänge der Entwicklung, so weit ich sie beobachten konnte, an der Hand der beigegebenen Längs- schnitte. Fig. 1 zeigt uns einen solchen durch die Mitte des Eies gelegt. An der Peripherie finden wir die plasmatische Rindenschicht, welche feine Fortsätze in das Innere sendet und so die einzelnen Dotterele- mente umgiebt. Der Dotter, in den Figuren gelb gehalten, besteht aus kleineren und größeren Kugeln, welche das Innere des Eies erfüllen. In der Längsachse liegend finden sich zwei von Plasmahöfen umgebene Kerne, von denen der eine die Mitte einnimmt, der andere aber dem einen Pole genähert ist. Das Chromatin der Kerne findet sich im Inneren vertheilt in ähnlicher Weise, wie von Weısmann und IscHIkAwA für Crustaceen dargestellt worden ist (6). Ich sehe die beiden Kerne als den weiblichen und männlichen Vorkern an, welche, wie Fig. 2 zeigt, sich einander nähern und vermuthlich auch verschmelzen wer- den. In Fig. I finden wir auch noch die beiden Richtungskörper; sie liegen in der Rindenschicht dicht neben einander, sich zum Theil bedeckend, und lassen deutlich ihren Zellcharakter erkennen. Beide lagern sich zwischen dem ersten Drittel und der Mitte des Eies in etwas schiefer Richtung zu einander und treten nicht aus, sondern zerfallen später. Ähnliches ist schon von anderen Beobachtern, z. B. von Henkıng (7), bei anderen Insekten beobachtet worden. In dem nächsten Stadium sind in dem Dotter keine Zellen mehr zu sehen; dagegen tritt an demjenigen Pol, an welchem später die Pol- zellen erscheinen, also an dem hinteren, ein eigenthümlicher wulst- artiger Körper auf, welcher durch das Hämatoxylin sehr dunkel gefärbt wird. Er erscheint auf mehreren Schnitten und stellt eine etwas nach oben vorgewölbte Platte dar, welche vielfach runde Fortsätze zeigt und aus feinkörnigem Protoplasma besteht. Er bleibt bis zum Austritt der Polzellen an derselben Stelle. Da auf diesem Stadium im Inneren des Dotters keine Zelle mehr zu sehen ist, so kann man nicht umhin anzu- nehmen, dass dieser Körper den ersten Furchungskern enthält; die dunkle Färbung verhindert aber, dass man denselben mit Sicherheit erkenne. Es ist offenbar, dass nach der Theilung des Furchungskernes die Theilprodukte theils in dem dunklen wulstförmigen Körper verbleiben, theils aus demselben herausrücken; denn in dem nächsten Stadium, > 2 Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 413 wie es Fig. 3 zeigt, bemerkt man den wulstförmigen Körper und ober- halb desselben einen deutlichen Kern. Etwas später trifft man mehrere Kerne im Dotter. In Fig. 4 sehen wir außerhalb des wulstförmigen Körpers vier Kerne, von welchen der am vorderen Pole liegende in Theilung begriffen zu sein scheint; in der Rinde liegen die zerfallenden Richtungskörper, welche, wie schon erwähnt, bei Chironomus, wie bei manchen anderen Insekten, nicht austreten. Man beachte auch an Fig. die Protoplasmastraße zwischen dem untersten und dem zweitunter- sten der im Dotter liegenden Kerne; dieselbe lässt erkennen, dass diese beiden Kerne sich so eben durch Theilung getrennt haben. Die Reihenfolge der ersten Kerntheilungen konnte ich nicht genau fest- stellen, weil das Material für diese Stadien großentheils durch die Färbungsexperimente verloren ging und nicht zum zweiten Mal zu be- schaffen war. Die Vermehrung der Kerne im Inneren geht nun sehr rasch von statten, so dass beim Austritt der Polzellen, welcher auf Fig. 5 dargestellt ist, schon eine ziemliche Anzahl im Dotter zerstreut liegt. Die Polzellen treten ungefähr zwei Stunden nach der Eiablage immer in der Zweizahl ganz kurz hinter einander am hinteren Pole aus dem Ei aus. Wir sehen in jeder derselben deutlich den großen Kern und um denselben herum kranzförmig einen Theil des obengenannten dunklen wulstförmigen Körpers. Die plasmatische Dotterhaut schließt sich wieder unter den beiden Zellen, und diese selbst liegen jetzt frei zwischen jener und dem Chorion, welches auf den Zeichnungen weg- blieb, da es auf Schnitten meist nicht deutlich zu sehen ist. In dem nächsten Stadium (Fig. 6) sehen wir außen die Polzellen liegen, die sich durch Theilung bereits auf vier vermehrt haben, von denen drei getroffen sind. Eine davon enthält bereits drei Kerne, worüber später Näheres. Die Zellen im Inneren des Dotters haben sich bedeutend ver- mehrt. Da die Polzellen, wie wir sehen werden, direkt zu den Geschlechis- organen werden, während die im Ei zurückbleibenden Zellen das Material zum Aufbau des Thieres liefern, so können wir bereits schon jetzt diese als Keimzellen, jene als somatische Zellen bezeichnen. Frei- lich genügen leider meine Beobachtungen nicht um festzustellen, ob schon bei der ersten Theilung des Furchungskerns das Kernmaterial für das Soma und für die Genitalzellen des jungen Organismus ge- trennt wird. Wenn der in dem dunklen wulstförmigen Körper ent- haltene Furchungskern sich getheilt hat und der eine Theilkern in den Dotter rückt, so wäre es möglich, dass der in dem dunklen Körper ver- bleibende Kern noch ein- oder zweimal durch eben solche Theilung somatische Zellen abgebe und dann erst durch Theilung die Kerne der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L, Bd. 97 414 Richard Ritter, beiden austretenden Polzellen erzeugte. In theoretischer Hinsicht dürfte dies nicht von großer Bedeutung sein, in so fern auf jeden Fall fest steht, dass das Keimplasma und das somatische Plasma schon bei den ersten Theilungen zur Sonderung gelangen. Kurze Zeit nach dem Austritt der Polzellen aus dem Ei beginnen sich dieselben durch Theilung zunächst auf vier und durch abermalige Theilung auf acht zu vermehren. Zu einer weiteren Vermehrung kommt es nicht, dagegen erfolgt noch eine zweimalige Theilung der Kerne, so dass die sämmtlichen Polzellen bei ihrem Wiedereintritt ins Ei bereits vierkernig sind (Fig. 7, 10, 41). Im Inneren des Eies sind während dieser Zeit weitere Verände- rungen vor sich gegangen, indem sich die Kerne der somatischen Zellen durch fortgesetzte Theilung stark vermehrt haben. Jeder Kern liegt im Inneren eines Protoplasmahofes, und diese Höfe stehen unter einander durch zahlreiche zarte Fortsätze in Verbindung (Fig. 6). Nachdem die Vermehrung der Zellen im Inneren so weit vorge- schritten ist, finden wir im nächsten Stadium die Kerne in die Peri- pherie gerückt, wie Fig. 7 zeigt. Ob dieselben einen Theil protoplas- matischer Substanz mit in die Rindenschicht einführen, konnte ich nach meinen Schnitten nicht direkt feststellen. Nach Kowazvsky (9) ist dies bei Musca der Fall, und da bei Chironomus mit den Kernen auch die Protoplasmahöfe aus dem Eiinneren verschwunden sind, so dürfte derselbe Vorgang auch hier stattfinden. Die kugeligen Kerne liegen Anfangs in der plasmatischen Rinden- schicht ziemlich weit von einander entfernt und sind gekennzeichnet durch ihre bedeutende Größe. Um jeden derselben wölbt sich das Plasma nach außen, so dass die Oberfläche des Eies ein höckeriges, maulbeerartiges Aussehen erhält, wie bereits von WEISsMmAnN in seiner Dipterenarbeit dargestellt worden ist. Überhaupt ist der ganze Vorgang der Blastodermbildung schon so genau von ihm am lebenden Ei beob- achtet worden, dass selbst durch Schnitte nichts wesentlich Neues er- bracht wird, wesshalb auf seine Arbeit hingewiesen sein möge (l. ce. p- —8 und Fig. 1—4). Auf dem oben besprochenen Stadium schon werden die Polzellen a Se = S YrI ZEV von dem blasig sich vorwölbenden Blastoderm zum Theil umschlossen, was aber noch mehr auf dem folgenden Stadium geschieht, wie Fig. 8 darstellen soll. In dieser Figur sehen wir, dass die Kerne in der Rindenschicht sich durch Theilung vermehrt haben, und dass sie durch diese Theilung zugleich bedeutend an Größe verringert worden sind. In Fig. 9 ist dieser Process noch weiter fortgeschritten, die Kerne sind noch zahl- . i = 2 Er | Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus, . 415 - reicher und kleiner geworden. Wenden wir unsere Aufmerksamkeit den Polzellen zu, so finden wir, dass dieselben sich in das Blastoderm eingedrängt haben, denn anders als durch aktive Bewegung können sie wohl kaum in die Lage kommen, in welcher wir sie in Fig. 10 finden. In dieser Figur sind zwischen den einzelnen Blastodermzellen bereits deutliche geradlinige Zellgrenzen sichtbar geworden, während die Kerne längliche Gestalt angenommen haben; die Blastodermbildung kann als beendet gelten. Die Polzellen ragen in Fig. 10 nur ein klein wenig noch über die sie dicht einschließenden Blastodermzellen her- vor; in Fig. 11 sind sie durch letztere bereits weiter ins Innere ge- drängt worden, bis sie in Fig. 12 vollständig im Inneren der vom Blastoderm gebildeten Zellblase liegen. Da die Polzellen vorher die ganze Kuppe des Eies ausfüllten, so musste jetzt eine Lücke entstehen, die sich aber bald wieder schließt, indem die Blastodermzellen sich entgegenwachsen, was wir in Fig. I1 dargestellt finden. Der hiermit abgeschlossene Vorgang der Wiederaufnahme der anfänglich ausge- stoßenen Polzellen regt zu der Frage nach seiner Bedeutung an. Ich möchte die anfängliche Ausstoßung der Polzellen als das Mittel auf- fassen, dessen sich die Natur hier bedient, um den Vorgang der Keim- hautbildung möglichst rasch und ungestört durchführen zu können. Der ganze Akt der Blastodermbildung bis, zum Wiedereintritt der Pol- zellen hat im warmen Zimmer nach ungefähr 20 Stunden seinen Ab- schluss erreicht. Damit er sich aber so rasch abspielen konnte, war es nöthig die voluminösen Polzellen gewissermaßen aus dem Wege zu räumen, welche sich ja an der Blastodermbildung nicht zu betheiligen hatten und nur störend gewirkt haben würden. Erst dann, wenn die somatischen Zellen das Innere des Eies verlassen und an die Ober- fläche steigen, werden auch die Polzellen wieder aufgenommen und ins Innere gedrängt, soll ja jetzt nach der Blastodermbildung die Anlage und Ausbildung der einzelnen Organsysteme erfolgen, wobei auch die Polzellen ihre definitive Lage erhalten und zu den Genitalanlagen des Thieres umgebildet werden. Wenden wir daher jetzt unsere Beobachtungen der ferneren Ent- wicklung im Ei zu und verfolgen wir das Schicksal der Polzellen weiter. Gleich nach der Wiederaufnahme der Polzellen ins Ei beginnt die Bildung des Keimstreifens, indem die Zellen auf der Ventralseite be- deutend an Größe zunehmen, während die Zellen auf der Dorsalseite i dem entsprechend ausgezogen und verflacht erscheinen, so dass der - Keimstreif eine bandförmige Verdickung darstellt, welche vom vorde- _ ren bis zum hinteren Pole reicht. Sodann tritt auf der ganzen Länge 27* 416 Richard Ritter, des Keimstreifs die Keimrinne auf, mit welcher eine Einstülpung von Zellen Hand in Hand geht, welche das Ento-Mesoderm (Hypoblast nach GraABER| 10) liefern, und die dem Keimstreifen, oder vielmehr dem Ekto- derm desselben, dicht anliegen. Das Anfangs vorhandene Lumen zwi- schen den Elementen des Ento-Mesoderms verschwindet sehr bald, und die Zellen liegen dann dem Ektoderm unregelmäßig an. Fig. 13 zeigt die Rinnenbildung; das Ektoderm ist ventral verdickt, während es dorsal verdünnt erscheint. Die eingestülpten Ento- Mesodermzellen sind hier wie auf den folgenden Figuren etwas heller gezeichnet. Der Vorgang der Keimstreifen- und Keimrinnenbildung, sowie der Einstülpung und Bildung des Ento-Mesoderms ist schon von vielen Autoren für verschiedene Insekten eingehend beschrieben worden, so von Kowauevsky (9a u. 9), Bürscaui (16 u. 17), Scummpr (14), VöLTzkow (12) für Musca, von Hemer (13) für Hydrophilus. Nach VöLtzkow und Sennipr beginnt die Bildung der Keimrinne am vorderen und hin- teren Pole und schreitet nach der Mitte zu fort; ob dieselbe Erschei- nung auch am Ei von CGhironomus auftritt, konnte ich nach meinen Präparaten nicht entscheiden. Sehr bald wächst der Keimstreif über den hinteren Pol hinaus auf den Rücken hinüber. Die Polzellen liegen dem hinteren Ende des Keimstreifens dicht an und_ rücken mit demselben immer weiter nach vorn, und zwar wird der Transport derselben offenbar bewerkstelligt durch das Vorwachsen des Ento-Mesoderms. Die Ausstülpung desselben erstreckt sich nämlich nicht über den ganzen Keimstreifen, sondern reicht nur bis zum hinteren Ende des Eies, an welchem die Polzellen liegen, tritt aber bis dicht an die letzteren heran, so dass die hinteren Zellen des Ento-Mesoderms dieselben berühren und nun bei dem Weiter- wachsen des Keimstreifens vor sich herschieben. Dabei sei noch her- vorgehoben, dass der Keimstreif, so weit ihm die Polzellen anliegen, am dicksten ist und sich allmählich wieder verflacht; dessgleichen hat das Ento-Mesoderm dicht hinter den Polzellen die größte Mächtigkeit. Diese Verhältnisse werden wiedergegeben auf den Fig. 14, 15, 16 und 17; dabei stellen die Fig. 14 und 15 ein etwas jüngeres Sta- dium dar, als die Fig. 16 und 17; das Ende des Keimstreifens hat das erste Drittel des Rückens erreicht. Die beiden Schnitte folgen in der Richtung von vorn nach hinten dicht auf einander. In Fig. 15 sehen wir das Ento-Mesoderm dorsal in großer Mächtigkeit; das Ektoderm ist hier bedeutend dicker als ventralwärts. In Fig. 14 ist dorsal die Einstülpung nicht mehr vorhanden, dagegen erscheinen die Ektoderm- zellen über den Polzellen etwas gelockert. Fig. 18 ist ein Längsschnitt durch die betreffende Stelle eines etwas älteren Stadiums, bei dem | Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 417 eben die Einstülpung des Hinterendes des Keimstreifens und die Amnionbildung beginnt. Auch hier finden wir die besprochenen Ver- hältnisse wieder. Die Erscheinung, dass das Hinterende des Keimstrei- fens sich an der Rinnenbildung nicht betheiligt, also kein Ento-Meso- derm liefert, verdient besondere Berücksichtigung, da dieses Stück, wie wir später sehen werden, den Enddarm bildet. Doch verfolgen wir die Vorgänge an der betreffenden Stelle weiter. Auf Fig. 19 sehen wir, wie das Hinterende des Keimstreifens sich in das Innere des Eies hineinsehiebt, die Polzellen ebenfalls mit ins Innere drängend. Gleich- zeitig lässt sich das Amnion (die Schwanzfalte nach Weısmann) beob- achten, das in Gestalt einer Doppelfalte auftritt. Aus der Figur geht deutlich hervor, dass die erwähnte Einstülpung des Keimstreifens die direkte Veranlassung zur Bildung der Schwanzfalte wird. Die Bildung der Keimhüllen der Insekten ist in der letzten Zeit von GrABER (14) genauer studirt worden, und führt dieser Autor anstatt der bis jetzt gebräuchlichen Bezeichnungen Serosa und Amnion die einfache und zweckmäßige Bezeichnung, »äußere und innere Hülle«, »Ekto- und Entoptygma« ein, welche Ausdrücke auch in dieser Arbeit angewandt werden sollen. Die beiden Blätter wachsen nun weiter nach hinten und unten und hüllen so das Hinterende des Em- bryo ein; dabei werden sie ganz dünn ausgezogen und stellen von oben gesehen ein ganz dünnes Plattenepithel dar (Grager 1. c. Fig. 54). Kurze Zeit nach dem Auftreten der Schwanzfalte bildet sich die Kopffalte, welche ebenfalls von Weısmann zuerst gesehen wurde. Ihre beiden Blätter wachsen nach hinten, treffen auf die Blätter der Schwanzfalte und verwachsen mit denselben, so dass sie den Embryo schließlich ganz einhüllen (Grager 1. c. Fig. 48 und folgende). Diese Verhältnisse sind auch zu sehen auf unserer Fig. 19. Die Schwanzfalte stellt zwei ganz dünne Blätter dar, die schon um das Hinterende des Embryo herumgreifen. Am vorderen Theile beginnt die Bildung der Kopffalte, welche ebenfalls aus zwei Blättern besteht. Auf Fig. 20 sehen wir die Kopffalte im Wachsthum weiter vorge- schritten. Während nun endlich die äußere Hülle sich vollständig schließt, bleibt die innere Hülle vom Hinterende des Embryo bis zum Kopftheil offen und gelangt erst nach der Rückenbildung zum Ver- schluss (GrABER, 1. c. Fig. 51). Kehren wir jetzt wieder zu Fig. 19 zurück, so finden wir, dass das sich ins Innere des Eies einstülpende Hinter- ende des Keimstreifens die innere Hülle, mit welcher es ja zusammen- hängt, mit sich hineinzieht. Das Hinterende schiebt sich immer weiter ‚ins Innere vor, zunächst in wagerechter Richtung vordringend, um schließlich nach hinten umzubiegen. Die Polzellen sind durch ihre Rr 4 2i 418 Richard Ritter, Lage gezwungen diesen Bewegungen zu folgen, und wir finden sie daher immer an der alten Stelle, bis sie endlich zwischen das einge- stülpte Hinterende und das Ento-Mesoderm des Keimstreifens zu liegen kommen, wie wir in den Fig. 21 und 22 sehen. Während dieses Vorganges der Einstülpung des Hinterendes hat aber ein anderer wichtiger Process begonnen, nämlich die Bildung des Enddarmes, der sich auf meinen Schnitten sehr schön verfolgen ließ (siehe die Fig. 19—28). Das Hinterende, welches in Fig. 18 begann sich in den Dotter vorzuschieben, hat sich in Fig. 21 und 22 bereits nach unten gekrümmt. Die beiden Figuren stellen zwei neben einander liegende Längsschnitte dar, von denen Fig. 21 in der Medianebene liegt, Fig. 22 dagegen etwas seitlich verläuft. Es fällt uns sofort auf, dass in Fig. 21 der Spalt zwischen dem Hinterende des Keimstreifens und der inneren Hülle bedeutend breiter ist als in Fig. 22, in welcher die Hülle dem Keimstreifen fast anliegt. Wir haben es in Fig. 21 offen- bar mit einer medianen Rinne zu thun, die sich auf der äußeren Seite des eingestülpten Hinterendes gebildet hat. Mustern wir die Quer- schnitte durch dasselbe Stadium, so finden wir unsere Annahme be- stätigt. Aus der vollständigen Querschnittserie sind hier zwei wieder- gegeben, welche in der im Längsschnitt Fig. 21 angedeuteten Richtung verlaufen. Wir sehen auf dem ersten Schnitt (Fig. 23) das eingestülpte Hinterende sich direkt an das Ento-Mesoderm des Keimstreifens an- legen und bemerken die Rinne, welche nach unten offen ist, da ja das Hinterende eine Drehung von 480° gemacht hat (vgl. das Schema Fig. 28); die Zellen mit ihren großen Kernen ordnen sich radiär zu der Rinne an. Die mit ins Ei hereingezogene innere Hülle liegt dem Hinter- ende dicht an. Es sei darauf hingewiesen, dass auf diesem Stadium die Grenze zwischen dem Hinterende des Keimstreifens und der inne- ren Hülle nicht anzugeben ist, da beide allmählich in einander über- gehen. Betrachten wir jetzt den etwas weiter hinten gelegenen Quer- schnitt Fig. 24, so sehen wir, dass sich zwischen dem eingestülpten Hinterende und dem Ento-Mesoderm des Keimstreifens eine Lücke findet, in welcher die Polzellen eingelagert worden sind; einzelne Kerne des Ento-Mesoderms schieben sich zwischen sie ein; die sich bildende Rinne ist nur gerade noch angedeutet. Aus der Durchsicht aller Querschnitte dieses Stadiums und noch früherer Stadien ergiebt sich, dass die Rinne sich von vorn nach hinten bildet und dem nach hinten weiter vordringenden Hinterende folgt. Es schließen sich jetzt die Fig. 25, 26, 27 an. Fig. 25. stellt einen Frontalschnitt dar, die Fig. 26 und 27 sind Querschnitte, die das Ei an den Stellen treffen, welche im Frontalschnitt durch die Linien bezeichnet sind. Der wei- er rw ren y . Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 419 / tere Fortschritt in diesem Stadium gegen das vorher besprochene giebt sich darin kund, dass sich die Rinne bedeutend vertieft, sich hinten bereits geschlossen hat, indem sich die Ränder derselben an einander legten und nun ein Rohr darstellen. Der Schluss der Rinne schreitet in den nächsten Stadien weiter nach vorn zu fort, so dass sich die letz- tere an der Stelle, welche zum After wird, zuletzt schließt. Die innere Hülle ist durch das Vordringen des Enddarmes, denn so können wir jetzt das eingestülpte Hinterende des Keimstreifens nennen, wie wir erwarten mussten, sehr dünn ausgezogen worden und liegt als ganz dünnes Häutchen dem Enddarm noch an. Aus allen den Beobachtungen über die Bildung des Enddarmes sehen wir, dass er entsteht aus dem letzten Theile des Keimstreifens, der sich an der Keimrinnenbildung nicht betheiligte, also kein Ento- Mesoderm lieferte, durch einfache rinnenförmige Einstülpung von außen und durch Schluss der Rinne von hinten nach vorn. Die mit herein- gezogene innere Hülle nimmt an der Enddarmbildung keinen Antheil, sondern wird ganz dünn ausgezogen und verschwindet endlich. Was die Polzellen betrifft, so werden sie durch den Enddarm, der sich dem Ento-Mesoderm des Keimstreifens nähert, aus einander ge- drückt, so dass sie sich jetzt in zwei Gruppen seitlich vom Enddarm, etwas nach oben lagern. Zur besseren Orientirung über den ganzen Vorgang der Enddarmbildung, der dadurch komplieirt wird, dass wir den Keimstreifen sich an zwei Stellen je um 180° drehen sehen, so dass an der Stelle, wo sich der Enddarm zeigt, ein Querschnitt den Keim- streifen dreimal trifft, beachte man den schematischen Querschnitt Fig. 28. Wir sehen hier den Keimstreifen auf der Ventral- und Dorsalseite getroffen, nach außen von dem Entoptygma umgeben. Er setzt sich zu- sammen aus dem Ektoderm und dem Ento-Mesoderm; die Rinne, welche zur Bildung des Ento-Mesoderms führte, ist noch zu erkennen. Unter dem dorsalen Theile des Keimstreifens finden wir dessen Hinter- ende, welches durch Vordringen in das Eiinnere und durch Umbiegung nach hinten diese Lage erhalten hat. Wir bemerken an ihm die Rinne, welche zur Bildung des Enddarmes führt; unterhalb derselben findet sich die innere Hülle, während die äußere Hülle das ganze Ei um- schließt. Der Vorgang der Einstülpung des Hinterendes des Keimstreifens und die Anlage des Enddarmes, so weit sie am lebenden Ei überhaupt - beobachtet werden konnte, ist schon von Weısmann dargestellt worden, _ und es sei hervorgehoben, dass seine Beobachtungen durch meine 420 Richard Ritter, Dipterenarbeit). Die Einstülpung des Hinterendes, um welche es sich hier handelt, entspricht ganz meinen Figuren. Das vom hinteren Ende des Keimstreifens nach vorn aufsteigende Blatt ist die mit hereinge- zogene innere Hülle, die Weısmann aber ihrer außerordentlichen Zart- heit wegen nicht weiter verfolgen konnte. Eben so war es ihm natür- lich nicht möglich die Rinnenbildung und Entstehung des Enddarmes am lebenden Thiere direkt zu sehen. Nun erschien vor Kurzem die schon erwähnte Arbeit von VöLtz- kow (12), welche sich auch mit der Bildung des Enddarmes eingehend beschäftigt. Da seine Darstellung mit der meinigen nicht stimmt, so sei es mir gestattet, seine Funde mit meinen Beobachtungen zu ver- gleichen und dieselben zu beurtheilen. Wir beginnen am besten mit seiner Fig. 14, einem Längsschnitt durch das Ei von Musca vomitoria in dem Stadium der Enddarmbildung und stellen derselben zum Ver- gleich meine Fig. 18—28 gegenüber. Wir können in seiner Figur den Verlauf des ganzen Keimstreifens verfolgen, sowohl ventral als auch dorsal, und unterscheiden an demselben deutlich das Ektoderm und das durch Rinnenbildung entstandene Ento-Mesoderm, welch letzteres in doppelter Lage erscheint. Auch auf meinen Figuren finden sich diese Verhältnisse wieder, nur dass bei Chironomus, wie schon er- wähnt, das Ento-Mesoderm nicht als Rohr erscheint. Wir sehen ferner, wie sich bei Musca, in gleicher Weise wie bei Ghironomus, das Hinter- ende des Keimstreifens ins Innere des Eies einstülpt, und dass an der Umbiegungsstelle, worauf ich ausdrücklich aufmerksam mache, die Ento-Mesodermbildung ihr Ende erreicht, das Hinterende sich also ebenfalls nicht an ihr betheiligt. Endlich sehen wir, wie die beiden Hüllen ganz in der Weise entstehen wie bei Ghironomus, siehe meine Fig. 18, nämlich veranlasst durch das Eindringen des Hinterendes in den Dotter. Die innere Hülle, denn als solche müssen wir das zu unterst der Einstülpung liegende Blatt ansehen, ist vom Keimstreif- ende mit hereingezogen worden und bleibt im Zusammenhange mit demselben. Der einzige Unterschied in den Keimhüllen der beiden Dipteren besteht darin, dass dieselben bei Musca nicht durch ausge- dehntes Wachsthum nach hinten und unten so dünn ausgezogen wer- den wie bei Chironomus, vielmehr nur einen kleinen Theil des Em- bryo bedecken, wie bereits von WeEısmann, METSCHNIKOFF, KOWALEVSKY, GraBer und Anderen hervorgehoben worden ist. Auf alle Fälle sind aber nach Vörrzkow’s Zeichnung beide Hüllen, Ekto- wie Entoptygma vorhanden, gelangen nur nicht zur weiteren Entfaltung. In seiner Zeichnung 15 finden wir sie noch schöner ausgeprägt, da sie etwas nach hinten gewachsen sind. Diese Figur enthält aber im Übrigen sehr * Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 421 viele fragwürdige Punkte. Zunächst ist der eingestülpte Theil aus ver- schiedenen Stücken höchst seltsam zusammengesetzt, so dass er kaum den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen dürfte. Verfasser hat sich auch auf keine weitere Erklärung dieser Figur eingelassen, son- dern will nur zweierlei an derselben zeigen, einmal die Afteröff- nung, die nach ihm an der Übergangsstelle der beiden Hüllen liegen soll und dann, dass im Inneren des Darmes die Polzellen zu sehen seien. Nach unserer Auffassung liegt nun aber die Afteröffnung nicht an dieser Stelle, sondern da, wo das Keimstreifende sich nach innen umbiegt, eben so wenig wie sich die Polzellen im Darm befinden können. Mustern wir nun VöLrzkow’s diesbezüglichen Querschnitte, so zeigen mehrere von ihnen dieselben Verhältnisse wie bei Chironomus und lassen sich direkt auf die meinigen zurückführen. Wir finden so in seiner Fig. 43 ganz wie bei Ghironomus zu unterst der Einstülpung die hereingezogene Hülle, über derselben liegt, durch einen Spalt getrennt, das eingestülpte Ende des Keimstreifens, in welchem wir die nach oben gerichtete Rinne bemerken, die zum Lumen des Enddarmes wird; über derselben folgt das Ento-Mesoderm und darüber das Ektoderm des Keimstreifens. Eben so können auch die übrigen Querschnitte auf die- selbe Weise gedeutet werden. Hätte der Verfasser die nächsten Sta- dien verfolgt, so würde er jedenfalls gefunden haben, dass auch bei Musca die innere Hülle sich nicht an der Enddarmbildung betheiligt, und dass die Öffnung über derselben gar nicht das Darmlumen ist. So würden nach seinen Zeichnungen die Polzellen in Wirklichkeit also nicht in den Enddarm zu liegen kommen, sondern sich zwischen der inneren Hülle und dem Enddarm befinden. Denken wir uns diese Hülle nun auf späteren Stadien sehr dünn ausgezogen, bis sie zuletzt vom Enddarm abreißt und zerfällt, so kämen die Polzellen dann auch neben den Enddarm zu liegen wie bei Chironomus. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die theoretisch so schwer verständliche Angabe von VöLrzkow, nach welcher die Genitalzellen zuerst im Darme liegen, bei erneuter sorgfältiger Untersuchung sich als irrig erweisen wird. Was die Anlage des Vorderdarmes betrifft, so tritt derselbe als ektodermale Einstülpung auf, doch wurde seine Entwicklung in ihren einzelnen Theilen von mir nicht verfolgt; dagegen wurde die Entstehung des Mitteldarmes in den Bereich der Untersuchung gezogen. Über dieselbe herrschen die verschiedensten Ansichten, die sich oft geradezu widersprechen. So lassen einige Beobachter den Mitteldarm der Insekten aus dem inneren Blatt sich anlegen, während er nach anderen aus den Dotterzellen hervorgehen soll. Einzelne wiederum fassen den ganzen Darm als eine Ektodermeinstülpung auf, 422 Richard Ritter, und nach VöLTzkow’s Untersuchungen endlich erscheint er als zwei seitliche Wucherungen, die vom Vorder- und Enddarm ausgehen. Eine Zusammenstellung und Beurtheilung der drei ersten Ansichten findet man in Wırzacziv's Arbeit über Aphiden (15). | Wirhaben gesehen, dass das Hinterende des Keimstreifens sich nach innen und hinten umbiegt und sich dem Ento-Mesoderm des Keimstrei- fens dicht anlagert (Fig. 22). Während sich dasselbe nun auf die oben be- schriebene Weise zum Enddarm umbildet, treten vereinzelte Zellen vom Ento-Mesoderm des Keimstreifens an ihn heran und zwar schon, wenn der Enddarm nach hinten zu noch geschlossen ist. Man sieht diese Zel- len dem Enddarm seitlich und vorn anliegen und findet sie auch zwi- schen den Polzellen (Fig. 20). Kurze Zeit nach Einstülpung des Keim- streifens, während der fortschreitenden Bildung des Enddarmes, ist eine auffällige Veränderung am Keimstreifen zu bemerken; an seinen Seitenrändern bilden sich segmentweise Wülste, welche aus zwei Zellreihen bestehen und sich in den Dotter vorwölben. Fig. 29 zeigt diese Bildung auf einem Querschnitt, der allerdings etwas schief ge- fallen ist und daher die Mitte eines Segmentes nur rechts unten getrof- fen hat, doch zeigen die übrigen Schnitte der Serie, dass dieser Wulst jedem Segment zukommt. Auch auf Median- und Frontalschnitten kann man sich von dem Auftreten dieser Segmentwülste überzeugen. Die Zellen dieser Wülste berühren sich gegenseitig und ist zwischen den- selben kein Hohlraum vorhanden, wie dies für andere Insekten ange- geben wird, so von KowALevsky und HeEiper für Hydrophilus, von GRABER für Stenobothrus, von VöLrzkow für Melolontha. Eben so wenig lässt sich eine Kommunikation zwischen den einzelnen Wülsten wahrneh- men, wie GRABER für Gasteropacha quereifolia angiebt; die Wülste be- rühren sich zwar gegenseitig, doch besteht intersegmental keine Ver- bindung zwischen denselben. Während sich so die Segmentwülste anlegen, ist an dem nach hinten gerichteten Ende des Enddarmes eine stärkere Vermehrung der oben genannten Zellen eingetreten; sie sind bereits deutlich in zwei Reihen angeordnet, allerdings noch von ge- ringer Mächtigkeit. Sie legen sich eng an die Polzellen an, biegen um dieselben herum und stellen so die Verbindung her zwischen dem Enddarm und den Segmentwülsten. Auch am Enddarm ist eine Ver- änderung wahrzunehmen, indem sich sein nach hinten gerichtetes Ende geöffnet und nach zwei Seiten hin aus einander gebogen hat, um jenen beiden Zellsträngen den Anschluss an den Enddarm gleichsam zu er- leichtern. Eine Anzahl hinter einander liegender Querschnitte einer Serie möge die so geschilderten Verhältnisse etwas näher beleuchten (Fig. 36 a—.c). Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus. 493 Verfolgen wir die Entwicklung der Wülste weiter, so sehen wir, dass sie sich immer mehr nach dem Dotter zu vorwölben, wie der Querschnitt Fig. 30 bestätigt, um sich endlich ganz loszulösen (Fig. 31). Doch bevor diese Loslösung der Segmentwülste stattfindet, erfolgt vom Vorder- und vom Enddarm her die Vereinigung derselben unter ein- ander; diese Vereinigung veranlasst aber sofort das Abheben der Wülste vom Mesoderm. So finden wir dann die Mitteldarmwülste, denn so können wir sie jetzt nennen, in ununterbrochenem Zusammen- hang mit Vorder- und Enddarm. Mit dieser Auffassung von der Bildung des Mitteldarmes befinden wir uns in Übereinstimmung mit GraBER, der in einer vorläufigen Mit- theilung angiebt, dass sich nach seinen ausgedehnten Beobachtungen die Mitteldarmwand bildet aus den zwei Lateralsträngen, welche ent- standen sind aus der Vereinigung der Hypoblastsomiten (10, p. 264 und 265). Dagegen befinden wir uns wieder im Widerspruch mit VöLTzkow, welcher nach seinen Untersuchungen an Musca und Melolontha die Mitteldarmwand als ein Wucherungsprodukt von End- und Vorderdarm ansieht. Verfolgen wir nun noch kurz die weitere Entwicklung der jetzt in zwei Lateralstränge umgewandelten Segmentalwülste. In Fig. 31 sehen wir die beiden Darmwülste getroffen, wie sie dem Mesoderm noch an- liegen. Wir erkennen deutlich zwei Lagen von Zellen, von denen die eine dem Dotter zugekehrte aus größeren und höheren, die dem Meso- derm zugewandte dagegen aus zahlreicheren, aber kleineren Zellen besteht. Es ist außer Zweifel, dass aus der ersteren das Darmdrüsen- blatt hervorgeht, während die letztere das Darmmuskelblatt liefert. Auf dem Querschnitt Fig. 32 haben sich die Darmwülste bedeutend weiter entwickelt; die inneren Zellen haben noch an Größe zugenom- men, die Zellen des Darmmuskelblattes haben sich dagegen noch be- deutend vermehrt. Auf den nächsten Stadien der Embryonalentwick- lung umwachsen die beiden Mitteldarmwülste den Dotter immer weiter nach oben und unten, bis sich ihre Ränder berühren, mit einander ver- wachsen, und so die Mitteldarmbildung ihren Abschluss erreicht. Der Dotter ist dann vollständig in den Darm aufgenommen. Während die- ses Vorgangs hat sich der Keimstreifen wieder zusammengezogen, So dass der After allmählich an das hintere Ende des Embryo gerückt ist. Fig. 33 stellt in einem Querschnitt die Mitteldarmbildung in dem Sta- dium dar, in welchem die Darmwülste eben im Begriff sind sich zu einem Rohre zusammenzuschließen. Betrachtet man schließlich die Querschnitte Fig.37 und 38 und den 424 Richard Ritter, Frontalschnitt Fig. 39, so sieht man, dass die Polzellen neben dem An- fangstheil des Enddarmes liegen. An diesem Orte verbleiben dieselben, während der Embryo in die freilebende Larve sich umwandelt (vgl. Barrant, 1. c. Fig. 19, 20, 22, 23) und gehen in die Geschlechtsorgane über (BaLrant, 1. ec. Fig. 35—38). Da in der vorliegenden Arbeit die Polzellen von ihrem ersten Auf- treten bis zu einem späten Entwicklungsstadium auf Schnitten verfolgt wurden, so kann wohl die Frage, ob aus den Polzellen die Genitalzellen entstehen, als definitiv entschieden gelten. Die vorstehende Arbeit beruht auf einer Reihe von Untersu- chungen, welche ich während des Wintersemesters 1888—89 und im Sommer 1889 im zoologischen Institut an der Universität zu Freiburg. B. vornahm. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle meinen tiefgefühlten Dank Herrn Geheimrath Weısmann auszusprechen für das freundliche Inter- esse, welches er mir und meinen Arbeiten während meines zweijäh- rigen Aufenthalts in Freiburg entgegenbrachte, namentlich aber für die vielfachen Anregungen in seinen Vorlesungen und in dem von ihm geleiteten und mir lieb gewordenen Seminar. Möchte ihm mein ernstes Streben, die biologischen Anschauungen, welche ich ihm verdanke, im Dienste des Unterrichts und der Erziehung einer neuen Generation zu überliefern, einige Freude bereiten. Dessgleichen spreche ich auch Herrn Prof. Dr. Gruger meinen herz- lichen Dank aus für freundliche Antheilnahme an meinen Arbeiten, sowie Herrn Dr. ZıesLer, welcher lebhaftes Interesse für dieselben bewies. Freiburg, den 22. Juli 1889. Litteratur. 4. WEISMANnN, Die Entwicklung der Dipteren. Diese Zeitschr. Bd. XIII und XIV. 1863 und 4864. 2. Rosın, Mem. sur la production des cellules du blastoderme sans segmentation du vitellus chez quelques articules. Compt. rend. Tom. LIV. p. 150 und Journal de la physiologie de Brown-S£quArn. Tom. V. 1862. 3. METSCHNIKOFF, Embryologische Studien an Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XVI. 41866. 4. WEısmAnn, Beiträge zur Kenntnis der ersten Entwicklungsvorgänge im Insek- tenei. Hente’s Festgabe. 1882. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chironomus, 425 5. BaLsıanı, Contribution a l’etude de la formation des organes sexuels chez les Insectes. Recueil zoologique suisse. Tom. II. 1885, | 6. WEISMAnN und IscHıkAwA, Die Bildung der Richtungskörper bei thierischen Eiern, Berichte der naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. III. 1887. 7, HEnkıng, Die Bildung der Richtungskörper im Ei der Insekten. Nachrichten der königl. Gesellsch. der Wissensch. Göttingen 1888. 8. WeısmAnn, Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung. Jena 1885. 9. KowALEvsky, Zur embryonalen Entwicklung der Musciden. Biol. Centralblatt. Bd. VI. 4886, 9a. —— Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. Acad, d. sc. St. Petersbourg. 7 Serie. Tom, XVI. 1874, 40. GRABER, Über die primäre Segmentirung des Keimstreifs der Insekten. Morphol. Jahrbuch. Bd. XIV. 1888. 44, ScaMipt, Die Bildung des Blastoderms und des Keimstreifens der Musciden. Sitzungsbericht der Dorpater Naturforscher Gesellschaft. 1889. 42. VöLrzkow, Entwicklung im Ei von Musca vomitoria. Arbeiten aus dem zool.- zoot. Institut zu Würzburg. Bd. IX. 1. Heft. 43. Heiner, Über die Anlage der Keimblätter von Hydrophilus piceus. Abhandl. der königl. preuß. Akademie der Wissensch. zu Berlin vom Jahre 1885. 44. GRABER, Vergleichende Studien über die Keimhüllen und die Rückenbildung der Insekten. Denkschr. der mathem.-naturw. Klasse der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Wien 1888. 15. WırzaczıL, Entwicklungsgesch. der Aphiden. Diese Zeitschr. Bd. XL. 1884. 46. BürscuLıi, Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Diese Zeitschr. Bd. XX. 1870. 47. —— Bemerkungen über die Entwicklungsgeschichte von Musca. Morphol. Jahrbuch. Bd, XIV. 1888. Erklärung der Abbildungen. Durchgehende Bezeichnungen: ec, Ektoderm; dz, Dotterzellen ; en, Entoderm ; bl, Blastoderm; ms, Mesoderm; vp, vorderer Pol; e-m, Ento-Mesoderm ; hp, hinterer Pol; d, Dotter; ds, Dorsalseite; pz, Polzellen; vs, Ventralseite; sk, Kerne der somatischen Zellen; est, Einstülpung;; w, Wulst; ksir, Keimstreif; rk, Richtungskörper; kr, Keimstreifrinne; chr, Chromatin ; he, Hinterende; rsch, Rindenschicht; äh, äußere Hülle; movk, männlicher Vorkern; wvk, weiblicher Vorkern ; ph, Protoplasmahöfe ; i % vr ih, innere Hülle; ed, Enddarm ; kf, Kopffalte ; 426 Richard Ritter, sw, Seitenwülste ; dm, Darmmuskelblatt; dw, Wülste des Mitteldarmes;; m, Mitteldarm; mdt, Mundtheile; vd, Vorderdarm;; ddr, Darmdrüsenblatt; n, Nervensystem. Tafel XVI. Fig. 1. Längsschnitt durch das frisch abgelegte Ei. Im Inneren des Dotter liegen der männliche und weibliche Vorkern, in der plasmatischen Rindenschicht die beiden Richtungskörper. Fig. 2. Längsschnitt durch ein Ei, in welchem der männliche und der weib- liche Vorkern sich mehr genähert haben. Fig. 3 zeigt an dem’ hinteren Pole den dunkeln wulstartigen Körper; ein Toch- terkern ist im Begriff ins Innere des Dotters zu wandern. Fig, 4. Längsschnitt. Im Dotter vier Kerne, von denen einer in Theilung be- griffen ist. In der Rinde die zerfallenden Richtungskörper. Fig. 5. Längsschnitt. Es findet der Austritt der Polzellen statt. Fig. 6. Längsschnitt. Die Polzellen haben sich durch Theilung auf vier ver- mehrt. Im Inneren viele somatische Zellen. Fig. 7. Längsschnitt. Die Polzellen sind vierkernig; die Kerne der somatischen Zellen sind an die Peripherie gerückt. Fig. 8. Längsschnitt. Die Polzellen beginnen in das Blastoderm einzuwandern. Fig. 9. Längsschnitt. Die Kerne der somatischen Zellen haben sich durch fort- gesetzte Theilung bedeutend vermehrt. Fig. 40. Längsschnitt. Zwischen den Kernen der somatischen Zellen treten Zellgrenzen auf; die Blastodermbildung hat hiermit ihr Ende erreicht. Fig. 14, Längsschnitt. Das Blastoderm schließt sich am hinteren Pole und umwächst die in den Dotter einrückenden Polzellen. Fig. 412. Längsschnitt. Das Blastoderm hat sich vollständig geschlossen. Fig. 43. Querschnitt. Zeigt ventral die Keimstreifen- und Keimrinnenbildung. Fig. 44. Querschnitt am Ende des dorsal umgeschlagenen Theiles des Keim- streifens; dorsal die Polzellen, ventral die Keimrinne. Fig. 15. Querschnitt etwas weiter hinten gelegen; zeigt ventral und dorsal die Keimrinne. Fig. 46 und 47 zeigen aus einem älteren Stadium dieselben Verhältnisse wie die Fig. 14 und 15. Fig. 48. Längsschnitt. Bildung der Schwanzfalte. Äußere und innere Hülle sind deutlich zu sehen. Die Polzellen liegen dem Hinterende des Keimstreifens dicht an und werden vom Ento-Mesoderm berührt. Fig. 19. Längsschnitt. Bildung der Kopf- und Schwanzfalte schon vorgeschrit- ten. Das Hinterende des Keimstreifens stülpt sich ins Innere des Eies ein. Fig. 20 zeigt dieselben Verhältnisse wie Fig. 19, nur in vorgerückterem Sta- dium, Fig. 24 und 22. Längsschnitte. Das sich nach hinten umbiegende Hinterende des Keimstreifens bringt die Polzellen in die Lage zwischen Hinterende und Ento- Mesoderm. Fig. 23 und 24. Querschnitte aus einer Serie, die Bildung des Enddarmes zei- gend. Die Richtungslinien in Fig. 21 geben ihre Lage an. Fig. 25. Frontalschnitt. Die Rinne beginnt sich hinten zu schließen und führt ee Pre Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Ghironomus, 497 zur Bildung des Enddarmes. Ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium als in Fig. 21—24. Fig. 26 und 27. Querschnitte aus einer Serie desselben Stadiums, in der Rich- tung der in Fig. 25 eingezeichneten Linien verlaufend. Fig. 28. Schematischer Querschnitt, die Enddarmbildung darstellend; der Keimstreifen ist dreimal getroffen. Fig. 29—33 veranschaulichen auf Querschnitten die Bildung des Mitteldarmes, Fig. 34 und 35. Längsschnitte. Man sieht die Wülste des Mitteldarmes getrof- fen, die mit Vorder- und Enddarm in Verbindung treten. Fig. 36a—e. Aus einer Querschnittserie, den Übergang der Wülste des Mittel- darmes in den Enddarm zeigend. Fig. 37 und 38. Querschnitte, die Polzellen in ihrer definitiven Lage am Anfang des Enddarmes zeigend. Fig. 39, Dieselben Verhältnisse auf einem Frontalschnitt. | | | Über den Reifungsprocess des Selachiereies. Von Dr. N. Kastschenko, Professor der Zoologie an der Universität zu Tomsk. Mit Tafel XVIl. Während meines neunmonatlichen Aufenthaltes in Neapel im Jahre 1887/88 habe ich mich hauptsächlich mit der Sammlung von Material wie auch mit der Bearbeitung desselben beschäftigt und es ist mir Dank der Liebenswürdigkeit und der Fürsorge der Verwaltung der Zoolo- gischen Station gelungen einen so großen Vorrath von Präparaten vor- zubereiten, dass eine baldige ausführliche Bearbeitung derselben unmöglich war. Es ist mir leider auch bis jetzt noch, wegen der Neu- schaffung und Einrichtung eines zoologischen Instituts an der jungen Universität zu Tomsk, nicht möglich dieser Arbeit so viel Zeit zu wid- men, als es mir wünschenswerth wäre. Ich beabsichtige desswegen die Resultate meiner Untersuchungen in einzelnen Abschnitten mitzutheilen, wobei ich mich, was den ganzen Umfang meiner Beobachtungen betrifft, auf meine vorläufige Mittheilung (8) beziehe. Dieser kleine Aufsatz stellt das erste Glied einer Reihe von Mittheilungen dar, die zusammen ein Ganzes bilden sollen. I. Untersuchungsmethode. Die Untersuchung der Keimbläschen, wie auch der Reifungs- erscheinungen derselben, habe ich hauptsächlich an den Eiern von Pristiurus melanostomus, Torpedo ocellata und Seyllium canicula aus- geführt. Die Eierstöcke resp. die Eier von den angegebenen Thieren waren nach der in der Zoologischen Station üblichen Methode (koncen- trirte Sublimatlösung, Entwässerung und Erhärtung in Alkohol mit einigen Tropfen Jodtinktur) behandelt und mit Boraxkarmin gefärbt. Jedes Ei habe ich auf zweierlei verschiedene Weise untersucht: 1) als Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 429 durchsichtiges Objekt und 2) in successiven Schnitten. Die Untersu- chung der kleinen Ovarialeier in der ersten Weise bietet keine Schwie- rigkeiten; dieselbe geschieht nach der Aufhellung eines Theiles des gefärbten Eierstockes in Nelkenöl bei durchfallendem Lichte des Mikro- skops. Zur Untersuchung in dieser Weise der größeren Ovarialeier, wie auch der Eier aus dem Eileiter resp. dem Uterus, braucht man nur die Keimscheibe sammt der umgebenden dünnen Schicht des Nahrungs- dotters von der übrigen Masse des letzteren abzutrennen, was über- haupt sehr leicht vor sich geht. Hat man diese Trennung gleich nach der Fixirung im Sublimat nicht ausgeführt, so geschieht dieselbe fast immer während der späteren Behandlung des Präparates von selbst. Es gelingt nur bei großer Vorsicht die Keimscheibe in Verbindung mit dem umliegenden größeren Theile des Nahrungsdotters zu bearbeiten und die Untersuchung mancher solcher Präparate in successiven Schnitten hat mir gezeigt, dass nur die Keimscheibe und gelegentlich auch die- jenige dünne Schicht des Nahrungsdotters, welche der Keimscheibe stets fest anhaftet, die Kerne resp. die denselben homologen Bildungen enthalten können. Was aber die ganze übrige Masse des Nahrungs- dotters betrifft, so bleibt dieselbe in allen Entwicklungsstadien voll- ständig kernlos. Dies finde ich für nothwendig schon jetzt zu erklären, weil dieser Umstand eine große praktische Bedeutung hat. Interessirt man sich für die Geschichte irgend welcher Kerne im Ei, so findet man in allen Entwicklungsstadien in der dünnen Platte, welche aus der Keimscheibe und einer zuerst ganz dünnen, später etwas dickeren Schicht des Nahrungsdotters besteht und von der übrigen Eimasse ganz leicht sich trennen lässt resp. von selbst trennt, Alles, was überhaupt zu untersuchen ist. In den späteren Entwicklungsstadien wird diese Platte desshalb dicker, weil dann dıe Dotterkerne sich in den Nahrungs- dotter immer weiter verbreiten und, indem sie ein dichteres Proto- plasmanetz mitführen, die anliegenden Theile des Nahrungsdotters mit der Keimscheibe verbinden. Die eben beschriebene Platte, nach der Färbung mit Boraxkarmin und Aufhellung mit Nelkenöl, unter Umständen auch nach der Einbet- tung in Kanadabalsam, lässt sich stets ganz leicht unter dem Mikroskop bei durchfallendem Lichte untersuchen. Nach der Untersuchung in toto und nach der Anfertigung der Zeichnungen, wurden die Keimscheiben in Paraffin eingebettet und mikrotomirt, wobei alle Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, dass die Zugehörigkeit jedes Bildes in toto zu der be- stimmten Serie der Schnitte genau angegeben war. Hier will ich noch bemerken, dass die Reifung der Eier in beiden Ovarien desselben Thieres und die weitere Entwicklung der schon aus- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 28 430 N. Kastschenko, getretenen und befruchteten Eier gleichzeitig vor sich geht. Man findet desswegen in einem und demselben Thiere stets mehrere paarige Eier, wobei beide Eier eines jeden Paares dasselbe Entwicklungsstadium darstellen. Ein genaues Studium mehrerer solcher paarigen Eier hat mir gezeigt, dass der immer noch mögliche Unterschied in dem Ent- wieklungsstadium zwischen denselben außerordentlich gering ist. Ge- wöhnlich findet man in denselben sogar dasselbe Stadium der Kern- theilung. Diese Möglichkeit stets zwei ähnliche Stadien ‘desselben Objektes zu haben, ist in höchstem Grade günstig für das Verständnis der Präparate. II. Das reife! Keimbläschen. Die Keimscheibe des ovarialreifen Eies hat die Form einer flach- konvexen, ca. 1,6 mm breiten und 0,4—0,5 mm dicken Linse, deren flache Seite nach außen gerichtet ist und unmittelbar der Dotterhaut anliegt und deren konvexe Seite allmählich in den Nahrungsdotter übergeht. In gefärbten Präparaten erscheint die Keimscheibe schwach rosaroth, indem der umliegende Nahrungsdotter fast ungefärbt bleibt (Taf. XVII, Fig. 2). Die Färbung der Keimscheibe wird augenschein- lich durch das Protoplasmanetz bedingt, welches hier viel dichter als im Nahrungsdotter erscheint. Genau in der Mitte der Keimscheibe sieht man schon mit unbe- waffnetem Auge einen runden weißen Fleck von 0,3—0,4 mm im Dia- meter. Dieser Fleck ist das Keimbläschen, dessen Form nur an den Schnitten oder an den isolirten Objekten sich genauer erkennen lässt; dieselbe steht einer flachkonvexen 0,16—0,18 mm dicken Linse auch ziemlich nahe (Fig. 1 und 4) mit der Abweichung, dass der äußere Rand des Keimbläschens abgerundet ist und die obere (äußere) Fläche desselben zuweilen leicht eingebuchtet erscheint. An der Oberfläche ist das Keimbläschen mit einer dünnen homogenen Membran bekleidet. Außerhalb dieser Membran findet man zuweilen an den erhärteten Präparaten eine zweite dickere und körnige Hülle, welche mit der echten Membran nicht zu verwechseln ist. Diese Hülle besteht aus sehr kleinen Dotterkörnchen, welche wahrscheinlich durch ein dichtes Protoplasmanetz verkittet sind. Die homogene Membran des Keimbläs- chens liegt gewöhnlich dem Inhalte desselben fest an und ist wegen ihrer Dünne in den meisten Fällen gar nicht zu bemerken. Es ist leich- ter dieselbe in den vertikalen Schnitten zu sehen, weil die untere, d.h. gegen das Centrum des Eies gerichtete Wandung derselben in vielen 1 Als reifes bezeichne ich ein solches Keimbläschen, welches die höchste Größe erreicht hat und noch keine Merkmale des späteren Zerfalles zeigt. Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 431 Fällen bedeutend dicker als in den anderen Richtungen ist und als ein breiter homogener oder koncentrisch geschichteter Saum erscheint (Fig. 1). Den letzteren findet man zuweilen auch an dem isolirten Keimbläschen, wenn dasselbe auf seine Kante gestellt ist, wodurch be- wiesen wird, dass die besprochene Verdickung der Membran in der That existirt und nicht etwa durch Faltung oder die schiefe Richtung der Schnitte hervorgerufen wird. Was die Existenz der Membran überhaupt betrifft, so wird man über dieselbe außer Zweifel gestellt, wenn man eine Anzahl der in Folge der Reifung des Eies schon ge- schrumpften Keimbläschen beobachtet. In solchen Fällen kommt es nicht selten vor, dass die Membran von dem Inhalte des Bläschens sich trennt und an der Oberfläche desselben sich in Falten legt. Trotz ihrer Feinheit erscheint dann gewöhnlich der optische Querschnitt der Mem- bran doppelkontourirt (Fig. 6). Der Inhalt des Keimbläschens enthält, außer der feinkörnigen mit Boraxkarmin sich nicht färbenden Masse, welche in einigen Fällen eine radiäre Lagerung ihrer Körnchen bemerken lässt und im lebenden Zu- stand wohl flüssig ist, geformte Gebilde von zweierlei Art, welche beide gefärbt erscheinen : Körner und Fäden (Fig. I und 10). Die Körner sind fast kugelförmig und verschieden groß. Die größten derselben errei- chen jedoch in den reifen Keimbläschen selten mehr als 16 u im Durchmesser. In einem und demselben Keimbläschen findet man stets die verschiedenartigsten Abstufungen in der Größe der Körner, von der oben angegebenen Dimension, bis zu solchen, welche überhaupt bei stärkeren Vergrößerungen nur kaum noch zu bemerken sind. Diese Körner sind augenscheinlich nichts Anderes als die schon längst bei allen meroblastischen und bei vielen holoblastischen Eiern bekannten pluralen Keimflecke oder richtiger Keimkörperchen. Die größeren von denselben erhalten gewöhnlich je eine oder mehrere Vacuolen. In den reifen Keimbläschen liegen gewöhnlich die Keimkörperchen excentrisch und in der Nähe der oberen Fläche des Keimbläschens, in einen Haufen versammelt, wobei die größeren eine mehr peripherische, die kleineren aber eine mehr centrale Lage im Keimbläschen einnehmen. So viel mir bekannt ist, sind die Keimkörperchen die einzigen chromatischen Gebilde, welche bis jetzt im reifen Keimbläschen der meroblastischen Eier oder überhaupt solcher Eier, welche mit einer großen Menge des Nahrungsmaterials versehen, beobachtet worden sind. Ich fand dagegen bei meinen Objekten, wie in den Schnitten so - auch in den isolirten Keimbläschen, stets eine bedeutende Anzahl von langen, verschiedenartig gewundenen Chromatinfäden (Fig. 4 und 10). Dieselben scheinen nicht selten verästelt zu sein, dieses ist aber nur 28* 432 N. Kastschenko, eine Täuschung. Untersucht man die scheinbar verästelten Fäden mit den stärksten Vergrößerungen, so findet man stets, anstatt der Veräste- lungen nur Kreuzungspunkte mehrerer oder eines stark gewundenen Fadens. Auf diese Weise habe ich mich überzeugt, dass echte Veräste- lungen nie vorkommen. Trotzdem, dass die meisten Fäden in der Zwischensubstanz ziemlich entfernt von einander liegen und überhaupt ganz gut zu sehen sind, kann man die Zahl derselben nicht genau be- stimmen, weil es gewöhnlich nur bei starken Vergrößerungen gelingt, die freien Enden eines ausgewählten Fadens aufzufinden und somit denselben in seiner ganzen Ausdehnung zu verfolgen. Dabei erweist es sich nicht selten, dass der eine oder der andere Knoten, welcher früher aus mehreren zusammengerollten Fäden zu bestehen schien, in Wirklichkeit durch einen einzigen langen zusammengerollten Faden ge- bildet ist. Das Zählen aber dieser relativ sehr großen Gebilde bei star- ken Vergrößerungen ist höchst unbequem. Sicher ist es nur, dass es in jedem Keimbläschen mehrere ganz getrennte CGhromatinfäden giebt Ungefähr kann die Zahl derselben auf 30—50 bestimmt werden. Im Gegensatz zu den Keimkörperchen liegen die Chromatinfäden näher der unteren Oberfläche des Keimbläschens; man kann desshalb in isolirten Keimbläschen diese beiderlei Gebilde nicht gleichzeitig klar sehen und solche Zeichnungen, wie z. B. Fig. 10, können nur unter Be- nutzung der Mikrometerschraube des Mikroskops angefertigt werden. An solchen Flächenbildern sieht man unter Anderem, dass die Chroma- tinfäden den mittleren Theil des Keimbläschens einnehmen. Der peri- pherische Theil desselben bleibt gewöhnlich von den Fäden frei, doch ist die Breite dieses freien Saumes bei verschiedenen Keimbläschen sehr verschieden. | Untersucht man die kleineren Eier, so findet man bei den Keim- bläschen derselben folgende Abweichungen von dem oben Beschrie- benen. Die Keimkörperchen sind etwas größer, zahlreicher und unregelmäßig vertheilt; nicht selten sind sie in dem ganzen Raum des Keimbläschens zerstreut. Bei solchen Eiern endlich, welche noch in toto als durchsichtiges Objekt untersucht werden können, sind die Keimkörperchen absolut weniger zahlreich, obgleich die Größe derselben wenig verändert erscheint und man findet nicht selten solche, welche 20 u und mehr im Diameter haben. Die Chromatinfäden sind in den Keimbläschen der kleineren undurchsichtigen Eier weniger deutlich als in denselben der großen. In den Keimbläschen ganz kleiner durch- sichtiger Eier konnte ich auch die Anwesenheit des Kerngerüstes nach- weisen; was aber die Einzelnheiten der Struktur desselben betrifft, so sind mir dieselben, zu meinem größten Bedauern, nicht genügend klar geworden, weil meine diesbezüglichen Präparate schon nach mei- ner Abreise aus Neapel, also nicht aus frischem, sondern aus konser- virtem Material angefertigt waren. Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 433 III. Die Reifung des Eies. Die Reifung des Eies geschieht im Ovarium. Schon bei den größe- ren noch recht unreifen Eiern wechselt das Keimbläschen seine Lage genau so, wie es schon für alle meroblastischen Eier vielfach beschrieben ist. Es kommt dasselbe aus dem Centrum des Eies, wo es bei den kleinen Eiern zu liegen pflegt, an den oberen Pol desselben herauf und legt sich im Centrum der Keimscheibe ganz nahe der Oberfläche der- selben an, so dass es von der äußeren Oberfläche des Eies nur durch eine dünne Schicht der Dotterkörner getrennt bleibt. Diese dünne Schicht, welche in manchen Fällen im Querschnitte bis zu einer einzigen Reihe der Dotterkörnchen reducirt erscheint (Fig. 4), wird gewöhnlich während der Entfernung der Follikelwand mit derselben weggenommen und in solchen Präparaten kommt die Oberfläche des Keimbläschens in ihrem mittleren Theil ganz frei zu Tage zu liegen. Nicht selten sieht man in solchen Fällen, dass die Dotterkörnchen in der Umgebung des Keimbläschens unregelmäßig radial gerichtet sind (Fig. 13). Zu dieser Zeit wird die Form des Keimbläschens schon bedeutend verändert. Dasselbe erscheint wie geschrumpft, weil seine Wand viele größere und kleinere Ausbuchtungen und Vertiefungen gebildet hat (Fig. 4 und 13). Manches Mal findet man in der nächsten Umgebung des Keimbläschens eine oder mehrere Vacuolen, welche in Folge des Austrittes der formlosen Flüssigkeit aus den Keimbläschen gebildet zu sein scheinen. Die chromatischen Bestandtheile des Keimbläschens zeigen zu gleicher Zeit wichtige Veränderungen. Die Fäden sammeln sich im Centrum desselben und bilden hier zuerst einen lockeren (Fig. 13) und nachher einen dichteren Knäuel (Fig. 4). Auch der Haufen der Keimkörperchen nähert sich dem Centrum des Keimbläschens. Die Zahl derselben wird geringer, die einzelnen Keimkörperchen wer- den kleiner, blasser und scheinen allmählich sich aufzulösen. Im Stadium des lockeren Knäuels decken sich zum Theil beide Gruppen der, Chromatinbildungen, so dass eine Anzahl der Keimkörperchen zwischen den Chromatinfäden zerstreut erscheint. Ich habe jedoch nie gesehen, dass beide Gruppen sich vollständig deckten. Im Sta- dium des diehteren Knäuels sieht man schon nichts mehr von den Keimkörperchen. | Hier folgt eine Lücke in meinen Beobachtungen. Trotz aller Mühe 434 N. Kastschenko, n und reichem Material ist es mir nicht gelungen die Auflösung des Keim- bläschens und die erste Richtungsspindel zu beobachten. In den näch- sten Stadien, welche ich zahlreich beobachtet habe, sah die Keimscheibe etwa so aus, wie die Fig. 3 zeigt. Von dem Keimbläschen ist schon nichts mehr zu bemerken. An der Oberfläche des Eies findet man schon ein ganz fertiges Richtungskörperchen und im Inneren der Keim- scheibe einen Rest der Chromatinsubstanz. Bei zwei (paarigen) Eiern, welche ich für die jüngsten dieser Art zu betrachten geneigt bin, war der Chromatinrest bei den schwachen Vergrößerungen gar nicht zu bemerken; bei mittleren Vergrößerungen fand ich jedoch in einiger Entfernung von dem Richtungskörperchen mehrere Gruppen kleinster Chromatinkörner (Fig. 11), welche in solcher Weise gelagert waren, dass man beinahe vermuthen konnte, ob dieselben nicht bei star- ken Vergrößerungen sich als unregelmäßig zusammengerollte Chro- matinfäden erweisen würden. Die Anwendung der besten Apochro- mate hat jedoch die Zusammensetzung dieser Chromatinflecken aus ge- trennten Körnern vollständig bestätigt (Fig. 12). In den meisten Eiern aber, welche aus dem Eierstock genommen sind und schon kein Keim- hläschen besitzen, findet man im Inneren der Keimscheibe nur ein einziges Chromatinkorn, welches, obwohl im Vergleich mit den einzel- nen Fäden relativ groß, doch im Verhältnis zu der Keimscheibe und desto mehr zu dem ganzen Ei außerordentlich klein erscheint. Die Chromatinsubstanz ist in diesem Korn so kompakt zusammengedrückt, dass es nur ausnahmsweise gelingt an der Oberfläche desselben einige Unebenheiten, wie es z. B. Fig. 7 zeigt, zu bemerken. Gewöhnlich sieht derselbe vollständig homogen aus. Wenn mein Verständnis dieser Präparate richtig ist, so müssen wir annehmen, dass die Chromatin- fäden, welche nach der Bildung der ersten Richtungsspindel im Ei ver- bleiben, in einzelne Körner zerfallen können. Die letzteren fließen nachher in eine einzige Chromatinkugel zusammen, welche, wie die weiteren Erscheinungen zeigen, sich wieder in mehrere Fäden theilt. Das weitere Stadium und zu gleicher Zeit das einzige Objekt seiner Art stellen Fig. 8 und 9 dar. Hier waren die Schnitte ganz zufällig so gerichtet (ich glaube nicht, dass es möglich wäre dies mit Absicht zu erreichen), dass das Richtungskörperchen und der in der Keimscheibe verbleibende Theil der Chromatinsubstanz vollständig und unberührt in einen und denselben Schnitt gefallen sind. Sämmtliche Schnitte dieser Keimscheibe sind aufbewahrt worden und mit Ausnahme des abgezeichneten Schnittes ist in den übrigen nichts von der Chromatin- substanz zu sehen. In diesem Falle sieht man den Eikern schon in der deutlichen Gestalt der Richtungsspindel, jedenfalls der zweiten Rich- Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 435 tungsspindel. Dieselbe ist sehr klein (ca. 15 u lang) und schief zu der Oberfläche der Keimscheibe gerichtet. Man sieht klar die achromatische Substanz und scheinbar drei (von einer Seite aus gesehen) chromatische Stäbchen. In der That aber bestehen diese scheinbaren Stäbchen, wie die Untersuchung mit den stärksten Vergrößerungen zeigt, aus mehre- ren dicht zusammengerollten Chromatinfäden, welche durch achroma- tische Substanz in drei Gruppen getheilt sind. Das paarige Ei zeigt dasselbe Stadium, ist aber nicht so demonstrativ, weil das Richtungs- körperchen und die Richtungsspindel bei demselben in verschiedene Schnitte gefallen sind. | Hier müssen wir die Frage über die Bildung der Dotterhaut be- rühren. Die Dotterhaut des Selachiereies ist überhaupt nicht in allen Fällen und nicht in allen Theilen der Eioberfläche von der oberflächlichen Dotterschicht scharf geschieden. Man überzeugt sich von der Existenz derselben viel leichter durch Experimente als durch die anatomische Untersuchung. Versucht man an einem schon mithorniger Schale versehe- nen Ei das Blastoderm an einer bestimmten Stelle mit der Nadelspitze zu durchstechen,, so bemerkt man, dass dies nicht leicht gelingt, weil die Oberfläche des Eies mit einer elastischen Membran bekleidet ist, welche die Genauigkeit der Operirung erschwert. Dieselbe ist übrigens sehr zart, was schon daraus zu schließen ist, dass der, von der Hornschale be- freite Dotter viel leichter zerreißt, als es z. B. bei den Hühnereiern der Fall ist. An den Schnitten ist trotzdem die Dotterhaut nicht immer klar zu sehen. In den jüngeren Entwicklungsstadien und namentlich wäh- rend der Segmentation erscheint dieselbe meistens nur außerhalb des Blastoderms als scharf begrenzte, dünne, homogene Membran. Im Be- reich des Blastoderms dagegen findet man an der Oberfläche desselben nur einen scharfen Kontour, eine Verdichtung des Protoplasmas, welche - keine scharfe Abgrenzung von der Substanz der Furchungskugeln dar- stellt und doch an der Peripherie der Keimscheibe in die Dotterhaut unmerklich übergeht. Der oben erwähnte scharfe Kontour geht auch in die Ränder der Segmentationsfurchen über und verliert sich allmählich in der Tiefe der letzteren. So steht die Sachlage bei den mit einer Hornschale versehenen Eiern. Was die Ovarialeier betrifft, so könnte man auf Grund der groben Beobachtungen glauben, dass dieselben jeder Spur von Dotter- haut entbehren, weil es nie gelingt ein Ei aus dem Ovarialfollikel in toto zu befreien. Jedes Ovarialei scheint in seinem Follikel ganz frei zu liegen und unmittelbar durch das Epithel desselben begrenzt zu sein. Trotzdem findet man gewöhnlich an den Schnitten auch bei den Ovarialeiern eine dünne Dotterhaut und, was besonders unerwartet 456 N. Kastschenko, erscheint, auch im Bereich der Keimscheibe, was z. B. an den Fig. 5 und 9 deutlich zu sehen ist. Dass diese dünne Haut etwas Anderes als Dotterhaut darstellen sollte, ist schwer anzunehmen. Im Gegentheil, die Anwesenheit derselben erscheint ganz nothwendig, um den Übergang des Eies in den Eileiter in toto zu ermöglichen. Vielmehr kann man sich darüber wundern, warum die Dotterhaut während der Furchung nicht so scharf von der Eisubstanz abgegrenzt erscheint. Jedenfalls kann ich auf Grund meiner Beobachtungen Barrour (10) nicht beistim- men, welcher behauptet (l. ec. p. 37), dass das Selachierei vor der Befruchtung keine Dotterhaut besitzt. Die Dotterhaut kann also schon bei den Ovarialeiern gebildet wer- den, aber wann? vor oder nach der Bildung der Richtungskörperchen? Ganz bestimmt kann ich diese Frage nicht beantworten, weil ich nur bei fünf Eiern die gegenseitigen Beziehungen zwischen der Dotterhaut und den Richtungskörperchen klar gestellt habe. Zwei von denselben gehörten dem Pristiurus mel. an und besaßen je ein Richtungskörper- chen und eine Richtungsspindel. Das Richtungskörperchen lag bei den beiden unter der Dotterhaut (Fig. 9); dieselbe war also schon vor der Bildung des ersten Richtungskörperchen da. Drei andere Eier stammten von Seyllium. Unter diesen, zwei von Sc. canicula, hat- ten je zwei und eins von Se. catulus sogar drei Richtungskörperchen. In allen drei Fällen lagen sämmtliche Richtungskörperchen über der Dotterhaut (Fig. 5). Die letztere war also in diesen Fällen nach der Bildung sämmtlicher Richtungskörperchen entstanden. Aus diesen Gründen scheint es möglich, dass die Dotterhaut bei verschie- denen Gattungen bald kurz vor, bald nach der Ausscheidung der Rich- tungskörperchen gebildet werden kann. Wenn aber diese Annahme als unrichtig sich erweist, so bleibt nur anzunehmen, dass an der Ober- fläche des Selachiereies zu verschiedenen Zeiten es zwei ähnliche Hüllen giebt. Bei den Eiern, welche noch ein Keimbläschen besaßen, habe ich nie deutliche Dotterhaut und höchstens nur einen scharfen Kontour der Dotteroberfläche auffinden können. IV. Die Richtungskörperchen. Angesichts neuer Theorien über die Bedeutung der Richtungskör- perchen, welche der Zahl derselben besondere Wichtigkeit beilegen (Weısmann u. A. m.), habe ich alle meine Flächenpräparate und alle Schnittserien der unsegmentirten Keimscheiben, wie auch manche Scehnittserien aus früheren und späteren Furchungsperioden (die Flä- chenpräparate aus den letzten Stadien waren nicht untersucht, weil das Auffinden der Richtungskörperchen in denselben aus den weiter Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 437 unten angeführten Gründen höchst unsicher ist) in Bezug auf die An- wesenheit und die Zahl der Richtungskörperchen sehr sorgfältig durch- geprüft. Im Ganzen sind 52 Eier auf diese Weise untersucht worden. Unter diesen waren sieben (sämmtlich von Pristiurus mel.) aus dem Eierstock entnommen und gehörten dem Reifungsstadium an. Sechs von denselben hatten je ein Richtungskörperchen und einen Kern resp. Richtungsspindel oder ein Konglomerat der Chromatinkörnchen in der Keimscheibe. In dem siebenten Ei habe ich keine Richtungskörperchen undbloß einen Haufen der Chromatinkörnchen mitten in der Keimscheibe aufgefunden. Zwei Richtungskörperchen habe ich in Ovarialeiern nie beobachtet. Wahrscheinlich wird das zweite derselben nur nach dem Austritt des Eies aus dem Eierstock (nach der Befruchtung?) gebildet. Die übrigen 45 Eier waren dem Eileiter entnommen. Unter den- selben sind nur bei zweien, von Seyllium catulus, sicher drei Rich- tungskörperchen aufgefunden worden. Zwei waren in sieben Fällen (sechs von Prist. mel. und eins von Seyll. canicula) vorhanden; eins in 43 Fällen (12 von Prist. mel. und eins von Raja sp.); gar keine Richtungskörperchen sind in 23 Fällen aufgefunden worden (21 von Prist. mel., eins von Seyll. can. und eins von Raja sp.). Ich theile diese Resultate mit, weil dieselben unter gewissen Bedingungen vielleicht nützlich sein können, obgleich ich vollständig zugebe, dass diese An- gaben, an und für sich, die Weısmann’sche Theorie über die Existenz zweier Richtungskörperchen weder erschüttern noch unterstützen können. Das Auffinden eines einzigen, wie auch gar keiner Richtungs- körperchen bei solchen Eiern, welche sicher schon reif oder sogar seg- mentirt waren, giebt natürlich noch keine Berechtigung zu der An- nahme, dass die betreffenden Eier in der That nur eins oder keine Richtungskörperchen besaßen. Es ist nämlich eine sehr mühsame Arbeit kleine Richtungskörperchen zwischen den Segmentationskugeln oder auch an der Oberfläche der Keimscheibe zuweilen an Hunderten und jedenfalls an mehreren Dutzenden von successiven Schnitten auf- zusuchen und die Möglichkeit eines Versehens ist auch bei der größten Sorgfalt nicht ausgeschlossen. Allerdings will ich bemerken, dass ich auch an den unsegmentirten, aber schon mit mehreren Furchungs- kernen versehenen Eiern, an welchen das Auffinden der Richtungs- körperchen unvergleichlich sicherer, als an den segmentirten ist, doch meistens nur eins von denselben auffand. Die Zahl solcher Eier von Pristiurus betrug acht. Dazwischen hatten zwei zu je zwei, fünf zu je eins und eins gar keine Richtungskörperchen. Die Lage der Richtungskörperchen auf der Keimscheibe ist sehr ver- schieden. Dieselben liegen zuweilen in der Nähe des Centrum derselben, 438 N. Kastschenko, vorzugsweise aber in der Peripherie; in einigen Fällen liegen sie alle zusammen, in anderen sind sie zerstreut in verschiedene Gegenden der Keimscheibe. Das Aussehen der Richtungskörperchen ist sehr charakteristisch. Seiner Form nach stellt jedes derselben eine von 30 bis 42 u lange, 20 bis 30 u breite und 12 bis 18 u dicke ovale oder ellipsoidale Platte (Fig. 42 und 7) dar. Seine Substanz ist stärker lichtbrechend als z. B. dieselbe der Furchungskugeln und mit einer leichten gelblichen Nuance versehen. Im Körper des Richtungskörperchen kann man ge- wöhnlich zwei Zonen unterscheiden: eine äußere koncentrisch ge- schichtete und eine innere, punktirte. In der letzten sieht man nicht selten kleinere und größere Vacuolen (Fig. 5). In einigen Fällen trifft man im Richtungskörperchen auch auf Dotterplättchen, aber stets in einer geringen Anzahl. Der Körper desselben besteht also hauptsäch- lich aus Protoplasma. Einen gewöhnlichen ruhenden Kern habe ich in den Richtungskörperchen nie beobachtet. Anstatt desselben findet man stets eine unregelmäßige Gruppe der Chromatinkörner, welche meistens reihenweise vertheilt sind und bei ungenügender Vergrößerung für Fäden angenommen werden können (Fig. 7 und 12). Nur in einem Falle habe ich in der That einen unregelmäßigen Knäuel der Chromatin- fäden aufgefunden (Fig. 5). Charakteristische Theilungsfiguren habe ich in den Richtungskörperchen eben so wenig als ruhende Kerne gesehen. In meiner vorläufigen Mittheilung (8) habe ich schon erwähnt, dass die Richtungskörperchen im Anfang der Furchung zuweilen in die Räume zwischen den Furchungskugeln hineinfallen, wo sie ohne be- sondere Schwierigkeiten im Anfang der Segmentation, so lange die Segmentationskugeln noch groß sind, aufgefunden werden können. Das Aufsuchen derselben in den späteren Stadien hielt ich damals für unmöglich, wegen der Schwierigkeit der Unterscheidung der Rich- tungskörperchen von den kleinen Furchungskugeln. Die späteren wie- derholten Nachuntersuchungen meiner Serienschnitte haben mir jedoch gezeigt, dass die eben erwähnte Unterscheidung im Gegentheil, Dank den charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Richtungskörperchen, gewöhnlich ganz leicht erscheint und die Schwierigkeit nur ausschließ- lich in der Nothwendigkeit, eine Menge von successiven Schnitten bei relativ starker Vergrößerung zu durchforschen, liegt. Es ist mir in der That gelungen, in manchen von meinen Schnittserien von bedeutend spä- teren Entwicklungsstadien, als ich zuerst für möglich gehalten, die Rich- tungskörperchen aufzufinden und zwar in Stadien der tiefen Furchung, der äußerlich sichtbaren Furchungshöhle und der schüsselförmigen Keimscheibe, also bis in das inel. V. Stadium meiner Stadientheilung (l.e.). A Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 439 - Die Richtungskörperchen traf ich bei den älteren Eiern gewöhnlich am Boden der Furchungshöhle liegend. Dies hat mich auf die Vermuthung geführt, ob die Richtungskörperchen nicht irgend welche Rolle in der Formirung des Embryonalleibes spielen, ob dieselben nicht etwa das Material für die Blutkörperchen liefern? Der Gedanke war vielleicht an und für sich wenig wahrscheinlich, ich hielt es jedoch für zweck- mäßig denselben auf dem Wege direkter Beobachtung entweder zu ver- werfen oder zubestätigen. Mit äußerster Geduld gewaffnet habe ich noch eine bedeutende Anzahl von Schnittserien durchmustert und gefunden, dass das Eindringen der Richtungskörperchen in das Innere der seg- mentirten Keimscheibe keine beständige Erscheinung ist. An einigen derselben, welche schon im IV. Stadium sich befanden, an welchen also die primäre Furchung schon längst abgeschlossen war, habe ich die Richtungskörperchen an der Oberfläche des Blastoderms und ge- wöhnlich am Rande derselben aufgefunden. Das spätere Eindringen der Körperchen in das Innere der Keimscheibe scheint mir höchst unwahrscheinlich, weil die Oberfläche der letzteren zu dieser Zeit schon aus dicht zusammengepressten Zellen besteht, also eine kontinuirliche Schicht ohne irgend welche Öffnungen darstellt und auch weiterhin diesen Charakter beibehält. Diese Unbeständigkeit des Eindringens der Richtungskörperchen in das Innere der Keimscheibe beweist genü- ‚gend, dass dieselben keine Rolle in der Formirung des Embryonalleibes spielen. Hierzu will ich noch beifügen, dass auch diejenigen Richtungs- körperchen, welche ich in der Furchungshöhle heobachtet habe, nie irgend welche Erscheinungen zeigten, welche ihre Lebens- und Ver- mehrungsfähigkeit beweisen könnten. V. Schlussfolgerungen. Der Reifungsprocess der meroblastischen Eier ist bis heute nicht klar gestellt. In Einem nur sind alle Forscher einverstanden: dass das Keimbläschen zu dem animalen Pole des Eies hinaufsteigt und hier schließlich verschwindet. Die meisten Forscher erklären das Ver- schwinden durch das Ausstoßen entweder des ganzen Keimbläschens (%) oder gewisser Bestandtheile desselben (9, 5 und 6) auf die Ober- fläche des Eies, wobei die im Ei verbleibenden Theile sich auflösen sollen. Die Bildung der Richtungskörperchen war meistens nicht beob- achtet und sogar in Abrede gestellt worden. Woher der später erschei- nende Eikern kommt, wird auch nicht aufgeklärt. Nur an den Eiern der Knochenfische hat Horrmann (3) die Bildung der Richtungskörper- a : R 2 chen beobachtet, aber auch dieser allerdings sehr wichtige Befund hat die Frage nicht lösen können, weil die späteren Untersuchungen, wel- 440 N. Kastschenko, che an den mit großer Menge des Nahrungsdotters versehenen mero- blastischen Eiern ausgeführt worden sind (1), diese Thatsache nicht bestätigen konnten. In der letzten Zeit hat die schöne und ausführliche Arbeit von O. ScHuLtze (2) über den Reifungsprocess des Amphibieneies, das, ob- wohl es seiner totalen Furchung wegen zu den meroblastischen nicht zugerechnet wird, doch seiner Struktur nach viel Anknüpfungspunkte mit denselben darbietet, viel Licht in den uns interessirenden Process gebracht. Jedenfalls aber, so viel es mir bekannt ist, bleibt die Frage über die Reifung der charakteristischen, mit einer großen Menge des Nahrungsdotters versehenen meroblastischen Eier, wie z. B. derjenigen von Selachiern, Reptilien und Vögeln, bis jetzt noch im Dunkeln und diejenigen Erscheinungen an diesen Eiern, welche thatsächlich beob- achtet wurden, können mit den durch die Arbeiten von O. Herrwis, BürscaLıi, FoL, van BENEDEN u. A. m. entdeckten und ausführlich be- schriebenen Reifungserscheinungen der holoblastischen Eier nicht in Einklang gebracht werden!. Obgleich meine Arbeit nicht lückenlos erscheint, so glaube ich dennoch berechtigt zu sein, aus meinen Befunden den Schluss zu ziehen, dass die Reifung des Selachiereies in allen Haupterscheinungen genau in derselben Weise vor sich geht, wie diejenige der holoblasti- schen Eier. Während der Reifung werden durch karyomitotische Thei- lung der Eizelle die Richtungskörperchen gebildet, manchmal zwei, von denen das eine im Ovarium, das zweite, wie es scheint, nach dem Austritt des Eies und vielleicht gleichzeitig mit der Befruchtung abge- trennt wird. Das Keimbläschen, als ein Ganzes, wird sicher aus dem Ei nicht ausgestoßen; ob aber auch etwas von den Bestandtheilen des- selben ausgestoßen wird, dieses kann ich mit Sicherheit nicht sagen, doch finde ich aus meinen Beobachtungen keinen Grund auch eine solche partielle Ausstoßung bei den Selachiern anzunehmen. Ein kör- niges Gerinnsel, welches manche Forscher an der Oberfläche der rei- fenden resp. reifen meroblastischen Eier beobachtet haben und als ausgestoßenen Inhalt des Keimbläschens oder sogar als ausgebreitete Membran desselben ansehen, habe ich nie beobachtet. Desshalb scheint es mir viel wahrscheinlicher, dass der flüssige Inhalt des Keimbläs- chens, wie auch die Membran desselben ganz einfach im Dotter des Eies aufgelöst werden. Noch früher werden die Keimkörperchen im Inneren des Keimbläschens aufgelöst. Die Chromatinfäden der Rich- tungsspindel, der Richtungskörperchen und des Eikernes sind dieselben ! Eine ausführliche Zusammenstellung der Litteratur siehe bei WALDEYER (7797019: u | | Über den Reifungsprocess des Selachiereies. 441 Chromatinfäden (resp. deren Abkömmlinge), welche ich in den ruhen- den Keimbläschen noch weit vor der Reifung des Eies nachgewiesen habe. 410: Tomsk, den 20. Februar 1890. Litteratur. . C. F. Sarasın, Reifung und Furchung der Reptilieneier. Arb. aus dem zool.- zoot. Institut in Würzburg. Bd. VI. Wiesbaden 4883. O0. SCHULTZE, Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphi- bieneies. Erste Abhandlung. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. . C. K. Horrmann, Zur Ontogenie der Knochenfische. Amsterdam 1881, . J. OELLACHER, Beiträge zur Geschichte des Keimbläschens im Wirbelthierei. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. VIII. 4872. . 0. Herrwie, Beiträge zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morphol. Jahrb. Bd, III. 1876. . —— Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbel- thiere. Jena 1886—4887, . W. WALDEYER, Über Karyokinese und ihre Beziehungen zu den Befruchtungs- vorgängen. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. XXXII. 1. Hft. 1888. . N. KASTScHENKo, Zur Entwicklungsgeschichte des Selachierembryo. Anat. An- zeiger. III. Jahrg. 1888. Nr. 46. . F. M. Barrour, A monograph of the development of elasmobranch fishes. London 4878. —— Handbuch der vergl. Embryologie. Übersetzt von Verter. II. Bd. Jena A88i, Erklärung der Abbildungen. Tafel XVII. Sämmtliche Zeichnungen sind mit Hilfe der OBeruÄuser’schen Camera und des Mikroskop von Harrnack gezeichnet. Diejenigen Präparate, welche die Anwendung der stärksten Objektive verlangten (Fig. 5, 7 und 412), waren zuerst mit 44, Immer- sionssystem von HArTnAcK gezeichnet. Später habe ich die Möglichkeit bekommen, diese Präparate mit dem apochromatischen Objektiv 2,0 von Zeıss durchzumustern und die Richtigkeit der Zeichnungen zu kontrolliren. Auch alle übrigen Zeichnun- gen sind vor und nach dem Zeichnen wiederholt mit weit stärkeren Vergrößerun- gen untersucht worden als sie gezeichnet worden sind. Fig. 4. Theil eines vertikalen Schnittes durch die Keimscheibe eines ovarial- reifen Eies von Torpedo ocellata. In der Mitte sieht man das Keimbläschen. 5. System von HARrTNAcKk mit ausgezogenem Tubus. a, Bindegewebshülle des Ei- A449 N. Kastschenko, Über den Reifungsprocess des Selachiereies. follikels; d, Epithel desselben; c, Bildungsdotter; d, verdickter Theil der Keim- bläschenmembran; e, Keimkörperchen; f, Chromatinfäden. Fig. 2 und 3. Keimscheiben der Ovarialeier von Pristiurus melanostomus. Flächenpräparate. 2. System von Harrnack. Der Bildungsdotter ist röthlich, der Nahrungsdotter gelblich. Fig. 2. Keimscheibe eines ovarialreifen Eies. Im Centrum sieht man das Keim- bläschen mit mehreren Keimkörperchen. Fig. 3. Keimscheibe eines befruchtungsreifen Eies. In der Verlängerung der Linie a Chromatinrest im Ei; in der Verlängerung der Linie 5b ein Richtungs- körperchen. Fig. 4. Theil eines vertikalen Schnittes durch die Keimscheibe eines reifenden Eies von Pristiurus melanostomus. In der Mitte sieht man das geschrumpfte Keim- bläschen, in dessen Centrum ein dichter Knäuel der Chromatinfäden sich befindet. 5. System von Harrnack mit ausgezogenem Tubus. a, Bindegewebshülle des Ei- follikels; d, Epithel desselben. Fig. 5. Theil eines vertikalen Schnittes einer unsegmentirten Keimscheibe von Scyllium eanicula mit 48 Kernen. 44. Imm.-System von HaArTNAcK. a, Dotterhaut; b, Dotterplättchen; c, Richtungskörperchen. Fig. 6. Theil eines isolirten Keimbläschens von Pristiurus melanostomus mit der abgetrennten homogenen Membran desselben. 5. System von HaArTnAcK mit ausgezogenem Tubus. Fig. 7. Chromatinrest (a) und Richtungskörperchen (b) des Präparates, welches in Fig. 3 abgebildet ist. 14. Imm.-System von HArTNAcK. Fig. 8. Vertikaler Schnitt durch die Keimscheibe eines Ovarialeies von Pristiu- rus melanostomus, welche ein Richtungskörperchen und eine Richtungsspindel besitzt. 2. System von HarrnAck. a, Bildungsdotter; 5, Nahrungsdotter. An der Oberfläche des ersteren sieht man zwei rothe Pünktchen: ein Richtungskörperchen und eine Richtungsspindel (vgl. Fig. 9). Fig. 9. Theil desselben Präparates bei 5. System von HARTNACK mit ausgezoge- nem Tubus gezeichnet. a, Dotterhaut; b, Bildungsdotter; c, Richtungskörperchen; d, Richtungsspindel. Fig. 10. Ein isolirtes Keimbläschen von Pristiurus melanostomus von der un- teren Oberfläche aus gesehen. 5. System von HArTnAck mit ausgezogenem Tubus. a, Keimkörperchen; b, Chromatinfäden. Fig. 41. Theil der Keimscheibe eines Ovarialeies von Pristiurus melanostomus mit Gruppen von Chromatinkörnchen und einem Richtungskörperchen. Flächen- präparat. 5. System von HArTNAcK mit ausgezogenem Tubus. Fig. 12. Dasselbe Präparat bei A 1. Immersionssystem von HARTNAcK. a, Gruppen der Chromatinkörnchen; b, Richtungskörperchen. \ Fig. 43. Mittlerer Theil der Keimscheibe eines reifenden Ovarialeies von Pri- stiurus melanostomus. Flächenpräparat. Man sieht das geschrumpfte Keimbläs- chen und die radiär gerichteten Dotterplättchen oberhalb desselben. 5. System von HARTNACK mit ausgezogenem Tubus. a, Keimkörperchen; b, lockerer Knäuel der Chromatinfäden; c, Vacuole im Bildungsdotter. Biologische Protisten-Studien. II. Von Dr. Max Verworn Jena. (Aus dem physiologischen Institut in Jena.) Mit Tafel XVII und 3 Holzschnitten. Wie die erste Mittheilung! hat auch diese zweite ihren Ursprung in der Untersuchung gewisser Gehäuseverhältnisse der Difflugien. An diese Fragen knüpften sich dann eine Reihe anderer, nur lose damit | im Zusammenhang stehender Untersuchungen an, die ich vornahm, um ' das ausgezeichnete und sehr reichliche mir zur Verfügung stehende | Material möglichst auszunutzen. | Im December 1889 entwickelten sich in einem meiner Kulturge- - fäße, das nicht mehr als ca. 150 eem Wasser aus dem Gartenbassin des - physiologischen Instituts in Jena enthielt, Anfangs nur spärliche Indi- viduen von Difflugia lobostoma, deren Zahl sich indessen nach 14 Tagen, als ich das Glas einer erneuten Durchsicht unterzog, so enorm vermehrt hatte, dass sich in jedem vom Bodensatz entnommenen Trop- fen durchschnittlich acht Individuen befanden. Die Protisten waren äußerst lebensfrisch und hielten sich sehr gut Wochen hindurch in Uhrschälchen, eventuell auch längere Zeit auf dem Öbjektträger im offenen Tropfen, wenn derselbe genügend vor Verdunstung geschützt ‘ war. Die einzelnen Individuen konnten mit bloßem Auge erkannt und isolirt werden, indem ein Theil des sehr geringen Bodensatzes aus dem ursprünglichen Kulturgefäß auf eine Glasplatte gebracht wurde, von wo sich die einzelnen Exemplare leicht durch ein zu kapillarer Spitze ‚ausgezogenes Glasröhrchen entnehmen und zu den verschiedenen Versuchen einzeln oder in größerer Menge in Uhrschälchen mit klarem Wasser übertragen ließen. 1 M. VERworn, »Biologische Protisten-Studien«. I. Diese Zeitschr. 1888. Bd. XLVI, 444 Max Verworn, Difflugia lobostoma Leidy. 1) Anatomie. Die Schale. Größe und Form der Schale variirten bei den ein- zelnen Individuen der Kultur innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Die Größe von der Schalenöffnung (Pylom) zum Fundus gemessen schwankte zwischen 0,17 und 0,06 mm. Die Gestalt der Schale ist ungefähr bir- nenförmig und variürt in so fern als bei den größeren Individuen der Fundus an Breite zunimmt, während die Weite des Pyloms ungefähr dieselbe ist wie bei den kleinen Individuen, ca. 0,03 mm. Die Gestalt des Pyloms selbst ist ebenfalls größeren Schwankungen unterworfen. In den meisten Fällen ist das Pylom regelmäßig fünf- bis siebenlappig (Taf. XVII, Fig. 24 und d), doch kann es durch mehr oder weniger vollständige Reduktion der zwischen den lappigen Ausbuchtungen der Öffnung vorspringenden spitzen Zacken der Schale auch regelmäßig polygonal, ja sogar fast ganz kreisförmig erscheinen. Sehr interessant ist die Zusammensetzung und Struktur der grau- braunen Schale (Taf. XVII, Fig. 1). Bei schwacher Vergrößerung ober- flächlich betrachtet scheint die Schale wie bei anderen Difflugien aus dicht an einander gefügten Sandkörnchen von fast gleicher Größe zu bestehen. Untersucht man sie aber genauer, so erkennt man, dass das, was man Anfangs für Sandkörnchen gehalten hat, ziemlich gleich große, unregelmäßig rundliche und polygonale, halbdurchscheinende Plättehen sind, die durch dunkle Kontouren deutlich von einander abgegrenzt werden (Taf. XVII, Fig. 6a und b). Bei einer Durch- schneidung der Schale kann man sich leicht überzeugen, dass die- selbe sehr dünn ist und dass die dünnen, fest unter einander ver- bundenen Plättchen eine runzelige, unebene Oberfläche besitzen, die meistens leicht nach außen konvex hervorgewölbt ist. Die Uneben- heiten stammen zum größten Theil von kleinen Detrituskörnchen ete., die der Schale ein- und aufgelagert sind. Auch zwischen den einzelnen Plättchen liegen viele kleinere oder größere Detritustheilchen einge- bettet. Außerdem aber finden sich bei sehr vielen Individuen in und zwischen die Plättchen eingelagert kleıne runde und stäbchenförmige Körper, letztere an den Enden biskuitförmig verdickt, welche große Ähn- lichkeit mit Bakterien haben und höchst wahrscheinlich auch als solche aufzufassen sind. Die stäbchenförmigen Körper sind auf der Grenze der Plättchen immer so gelagert, dass ihre Längsachse der Richtung der Grenzlinie entspricht. Was mir aber am wichtigsten an der Schale erschien, war der Umstand, dass sich kein einziges Sandkörn- chen in der Schale fand, wie sich beim Zerdrücken unter dem Biologische Protisten-Studien. II, 445 Deckglas und bei stärkeren Vergrößerungen sicher feststellen ließ. Das Gehäuse bestand lediglich aus den unregelmäßig geformten Plättchen, durchsetzt mit Detritustheilchen. Neben den Individuen mit diesen eben beschriebenen, sehr regel- mäßig gestalteten Gehäusen fand ich hin und wieder ein Exemplar und zwar lebend, das eine äußerst unregelmäßig geformte, seltsam ver- zerrte, ziemlich kleine Schale besaß, die im Übrigen aber vollkommen die Struktur der normalen Gehäuse erkennen ließ. Der Protoplasmakörper. Bei Individuen, die erst vor Kur- zem aus der Theilung hervorgegangen sind, füllt der Protoplasmakör- per kaum die Hälfte der Schale aus (Taf. XVII, Fig. 3), während bei alten Individuen die Protoplasmamasse sich fast dicht an die Innen- wand des Gehäuses anlegt (Taf. XVIII, Fig. 4). Die einzelnen Theile des Protoplasmakörpers zeigen stets eine ganz charakteristische Lagerung, so dass man, wenigstens bei noch nicht sehr alten Individuen, mehrere in einander übergehende Abschnitte desselben unterscheiden kann. Der eigenthümlichste Theil des Körpers ist der im Fundus des Gehäuses gelegene. Hier findet man eine Masse von sehr feinen, ganz eng an einander gelagerten, hell olivenfarbigen Körnchen, in deren Mitte der in der Einzahl vorhandene Zellkern liegt (Taf. XVII, Fig. 3 und %). Die Körnchen sind so dicht gedrängt, dass kaum die protoplasmatische Grundmasse zu erkennen ist. Um die chemische Beschaffenheit der Körnchen etwas genauer zu prüfen ließ ich verschiedene Reagentien unter dem Deckglas auf sie einwirken, die aber zum größten Theil gar keine sichtbare Wirkung hatten. So verhielt sich die Körnermasse völlig indifferent gegen Säuren (Salzsäure, Salpetersäure, Osmiumsäure, Essigsäure) und Alkalien (kaltes und heißes Ätzkali). Dagegen färbte sich dieselbe mit Jodlösungen intensiv dunkelbraun, während das übrige Protoplasma die gewöhnliche gelbe Jodreaktion zeigte. Auch von Karminfarbstoffen wurde die Körnermasse sehr stark gefärbt, so dass es unmöglich war, an gefärbten Exemplaren den in ihr liegenden Zellkern zu erkennen. Nach diesem Verhalten ist es mir bisher unmög- lich etwas Genaueres über die chemische Zusammensetzung der Kör- nermasse zu sagen. Der Zellkern liegt stets an derselben Stelle des Körpers, nämlich fast genau in der Mitte des hinteren Körperdrittels. Er stellt eine ziemlich große rundliche Masse dar, die mit einer deutlichen, bei Zer- rungen Falten zeigenden Membran versehen ist und als helle, aus vie- len Körnern bestehende Substanz erscheint, wie sie überhaupt für - Difflugienkerne charakteristisch ist. Es ist übrigens schwer, die Kernverhältnisse bei der vorliegenden Form zu untersuchen, da man Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. L, Bd, 99 446 Max Verworn, durch Kernfärbungen durchaus nichts erreicht, weil einerseits sich die ganze Körnermasse mitfärbt und andererseits die Schale jede Erkennt- nis feinerer Verhältnisse verhindert. Die einzige Methode, welche mir bei der Untersuchung der Kernverhältnisse einige Resultate lieferte, war eine ziemlich rohe, nämlich die, dass ich entweder die Individuen mit einer feinen Lanzette unter dem Mikroskop in zwei Längshälften zer- schnitt und diese dann mit dem Deckglas plattdrückte, oder dass ich die Protisten gleich in toto unter dem Deckglas vorsichtig zerquetschte, wo- bei die Kerne wegen ihrer festen Membran ganz gut erhalten blieben. Die Körnermasse mit dem Kern, welche den hintersten Abschnitt des Körpers darstellt, geht über in den mittleren Abschnitt, der ein mit Körnern, Nahrungstheilchen und allerlei Fremdkörpern erfülltes Protoplasma darstellt, das sich ganz allmählich in den letzten Theil des Körpers, das hyaline Protoplasma, aus dem die Pseudopodien ihren Ursprung nehmen, fortsetzt (Taf. XVII, Fig. 3). Das hyaline Proto- plasma, das bei mittelstarken Vergrößerungen noch den Eindruck einer völlig homogenen Masse macht, zeigt sich bei starken Vergrößerungen und bei Anwendung mancher Reagentien (Jod) als fein granulirte Sub- stanz. Die Gestalt der aus ihm hervorgehenden Pseudopodien ist in der Regel eine schmal fingerförmige, doch kommen aüch Pseudopodien von ganz abweichender Form und ungleicher Dicke vor und einige Ver- zweigungen sowie Höckerbildungen werden häufig an ihnen beobach- tet. Über die Bewegungen der Pseudopodien werden unten noch einige Bemerkungen folgen. 2) Gehäusebau. Die eigenthümliche Struktur des Gehäuses musste mir nothwendig die Frage nach der Art und Weise seiner Entstehung nahe legen. Es waren in dieser Beziehung offenbar zwei Möglichkeiten gegeben: ent- weder die Schale wird als eine zusammenhängende Decke in toto an der Oberfläche des Protoplasmakörpers ausgeschieden und erhält ihre Täfelung erst nachträglich durch Zerklüftung, oder aber die Täfelung stammt daher, dass die Tafeln im Protoplasma vorgebildet sind und wie etwa bei Euglypha oder Quadrula einzeln an der Oberfläche neben einander abgelagert werden. Aufschluss darüber hätte am besten die Beobachtung des Theilungsvorganges selbst, bei dem ja das Gehäuse der neuen Theilhälfte gebildet wird, geben können; indessen ist es mir, obwohl ich häufig Exemplare fand, die offenbar eben aus Theilungen hervorgegangen waren, doch niemals gelungen, den Thei- lungsakt direkt zu beobachten. Ich vermuthete, dass die Difflugien sich nur des Nachts theilen und beobachtete daher mehrmals des Biologische Protisten-Studien. II. 447 Nachts eine größere, in einem Uhrschälchen vereinigte Zahl von Individuen ohne aber den gewünschten Erfolg zu haben !. So musste ich mich auf die Kombination verschiedener Momente beschränken, die mich auch wohl kaum irre geführt haben dürfte. Anfangs nämlich neigte ich mehr der Ansicht zu, dass die Schale als zusammenhängende Decke ausgeschieden wird und zwar besonders desshalb, weil es mir trotz vieler mühevoller Untersuchungen nie gelang solche Täfelchen, wie sie die Schale zeigte, im Inneren des Protoplasmakörpers aufzu- finden. Bei diesen Untersuchungen wurden die Difflugien mit einer sehr scharfen und dünnen Lanzette der Länge nach durchschnitten und dann beide Hälften unter dem Deckglas genau durchmustert. In- dessen auch bei den ältesten Individuen, bei denen der Protoplasma- körper schon fast die ganze Schale ausfüllte, Individuen, die also ver- muthlich kurz vor der Theilung standen, fand ich keine derartige Anhäufung von präformirten Plättchen, wie sie bei Euglypha be- schrieben worden ist und man hätte doch erwarten müssen, dass keine unbeträchtliche Menge vorhanden wäre, da zum Bau der Schale wenig- stens 60—80 Plättchen erforderlich sind. Da führte mich aber gerade die Untersuchung älterer Individuen auf den richtigen Weg. Ich fand nämlich hier statt mit fertigen Plättchen den Körper bis an das hyaline Protoplasma hin angefüllt mit runden Körnern, die je weiter nach hin- ten, um so kleiner wurden und schließlich in die Körnermasse, welche den Kern umgiebt, übergingen (Taf. XVII, Fig. 4). Die am meisten nach vorn gelagerten größten Körner hatten nicht ganz die Größe der Schalenplättchen und hatten an den Stellen, wo sie dicht an einander gedrängt waren, polyedrische Gestalt angenommen. In und auf ihnen lagen bei vielen Individuen die bakterienartigen Körper, welche das ganze Protoplasma in ungezählter Menge durchsetzten. Wurden nun die Körner mit dem Deckglas etwas breitgedrückt, so war die Ähnlich- keit der dichtgedrängten unregelmäßig polygonalen flachen Körner mit der Struktur der Schale frappirend. Auch die Stäbchen zeigten hier dieselbe Anordnung wie an der Schale, indem sie sich meist in der Richtung der Grenzlinien mit ihrer Längsachse lagerten. Die größten Körner lagen bei allen Individuen stets in dem Theil des Protoplasma- körpers, in dem auch die aufgenommenen Fremdkörper, Nahrungstheile etc. zu liegen pflegen. Bei jüngeren, erst aus der Theilung hervorge- gangenen Individuen zeigten sich noch keine oder nur sehr vereinzelte größere Körner. Aus allen diesen Thatschen scheint mir hervorzugehen, dass in diesen Körnern der Ursprung der Schalenplättchen zu suchen ist. 1 Versuche, welche sich auf die Prüfung der Lichtempfindlichkeit und speciell des Heliotropismus bezogen, lieferten ebenfalls nur negative Resultate. 29* 448 Max Verworn, Es erübrigt aber noch, auf den Ursprung dieser Körner selbst ein- zugehen. Schon das allmähliche Übergehen der Größe von den kleinen Körnchen der Körnermasse, die den Kern umgiebt, in die großen Kör- ner legt die Vermuthung eines genetischen Zusammenhanges beider nahe. Ihr Aussehen ist denn auch völlig gleich. Am meisten aber be- weisend ist für die Identität beider die Jodreaktion. Die großen Kör- ner färben sich nämlich ebenfalls mit Jodlösungen braun, nur etwas heller je größer sie sind, ein Unterschied, der wahrscheinlich auf einer optischen Täuschung beruht. Diese Thatsachen weisen darauf hin, dass die großen Körner durch Wachsthum, sei es durch Anlagerung neuer Substanz, sei es durch Verschmelzung unter einander aus den Körnchen der den Kern umgebenden Körnermasse entstehen. Bei älte- ren Individuen sind übrigens die Körnchen der Körnermasse in der Regel auch bedeutend größer als bei ganz jungen. Auch über die Her- kunft der Körnermasse wird kaum ein Zweifel sein können. Wenn man ihr Lageverhältnis zum Kern berücksichtigt, das sehr konstant er- scheint, wird man nicht annehmen dürfen, dass dasselbe ein zufälliges ist. Es muss jedenfalls eine Beziehung zum Zellkern vorhanden sein, die entweder darin besteht, dass die Körnermasse eine vom Proto- plasmakörper produeirte Substanz ist, welche dem Kern zugeführt wird um von ihm weiter verarbeitet zu werden, oder dass die Körnermasse unter dem Einfluss des Zellkerns gebildet, eventuell von ihm selbst direkt produeirt wird und sich erst außerhalb desselben zu Körnern ansammelt. Die erstere Annahme kann man ganz ausschließen, denn das Wachsthum der Körner außerhalb des Kerns widerspricht ihr direkt. Sollten die Körner vom Kern aufgenommen werden, so dürften sie nicht wachsen, da der Kern durch seine Kernmembran keine ge- formten Elemente in sich aufnehmen kann. Es kann daher nicht zweifel- haft sein, dass die Körnermasse unter dem Einfluss des Kerns gebildet wird, ein Vorgang, der also als Sekretion aufzufassen ist und in zahl- reichen secernirenden Zellen sein Analogon findet. Man wird sich hiernach von dem Gehäusebau der Difflugialobo- stoma folgendes Bild machen müssen. Unter dem Einfluss des Zellkerns werden gewisse Stoffe secernirt, die sich im Protoplasma zu Kügelchen anhäufen. Während des Wachsthums des Protoplasmakörpers wachsen und vermehren sich auch diese Kügelchen, erleiden möglicherweise noch im Protoplasma, eventuell erst während des Theilungsvorgangs gewisse chemische Veränderungen (die fertige Schale zeigt nämlich keine Jod- . reaktion mehr), und werden bei der Theilung an der Oberfläche des neuen Theilindividuums abgelagert, wo sie sich fest mit einander ver- kitten und sich zu den runzeligen, das Gehäuse zusammensetzenden Biologische Protisten-Studien. I. | | 449 - Plättehen umbilden. Dieser Modus des Schalenbaus bei Difflugia lobo- stoma verbindet übrigens als interessantes Mittelglied denjenigen von Formen, die eine zusammenhängende Hülle in toto ausscheiden, eventuell mit Einlagerung von Fremdmaterial (z.B. Pamphagus und Difflugia urceolata etc.), mit dem Modus jener Formen, die schon in ihrem Protoplasmakörper die Schalenelemente in ihrer definitiven Form vor- gebildet enthalten, um sie beim Theilungsakt nur an ihrer Oberfläche abzulagern (Euglypha und Quadrula). Die Körnermasse der Dif- flugia lobostoma würde sonach einerseits das Analogon sein der ganz ähnlichen, äußerst feinen, olivenfarbigen, stark lichtbrechenden Körnchen, die sich im Endoplasma von Difflugia urceolata finden und offenbar beim Schalenbau auch als Kittsubstanz für die Sandkörner dienen und andererseits das Analogon der präformirten ovalen resp. quadratischen Schalenplättchen im Körper von Euglypha und Qua- drula. Höchst wahrscheinlich wird auch die Schale von Arcella einem ganz ähnlichen Modus wie die der Difflugia lobostoma ihre Entstehung verdanken. Da bekanntlich im Hinblick auf die Thatsache, dass manche Dif- flugienschalen nur aus ganz bestimmtem, gleichartigem Baumaterial zusammengesetzt sind, von verschiedenen Seiten die Ansicht ausge- sprochen worden ist, dass die Difflugien bei der Aufnahme ihres Gehäusebaumaterials eine bestimmte, von bewussten Vorstellungen geleitete Auswahl unter den ihnen zur Verfügung stehenden Stoffen treffen, so hatte ich mich bei dem hohen psychologischen Interesse, das diese Frage bietet, bereits früher! eingehender mit ihr beschäftigt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass von einer bewussten Auswahl bei der Aufnahme des Materials keine Rede sein kann. Die Erschei- nung, dass manche Difflugienschalen nur aus großen? Sandkörnern, i M. VERWoRN, »Psycho - physiologische Protisten - Studien. Experimentelle Untersuchungen.« Jena 1889. p. 154 ff. 2 So lange ich auf die Zusammensetzung der Difflugienschalen geachtet habe, ist mir übrigens noch nie eine Form aufgestoßen, die ihr Gehäuse nur aus großen Sandkörnern gebaut hatte, ohne auch allerlei kleine dabei verwendet zu haben. Ich will zwar nicht die Existenz solcher Schalen überhaupt bezweileln, doch glaube ich, dass ein großer Theil der Beobachtungen auf Täuschung beruht, indem nämlich bei Beobachtungen mit schwächeren Vergrößerungen die kleinen Körn- chen so in den Hintergrund treten, dass die Schale nur aus großen zusammenge- setzt erscheint, besonders, da die größten nicht eine bestimmte Größe überschrei- ten, so dass der Anschein gleicher Größe entsteht. Ich bin überzeugt, dass über- all, wo kleine und große Sandkörner am Standort der Difflugien vorhanden sind, auch bis zu einer gewissen Größe alle möglichen Größen auf- genommen und zum Gehäusebau verwendet werden, 450 Max Verworn, andere nur aus ganz kleinen, die dritten aus Diatomeenschalen, einige aus noch anderem Material gebaut sind, ist, wie ich bereits bemerkt habe, nicht aus einem einheitlichen Princip zu erklären, vielmehr können in jedem speciellen Fall andere, zum Theil ganz äußerliche Faktoren für die Aufnahme und Verwerthung des Materials maßgebend sein. Ich habe seit längerer Zeit mein Augenmerk darauf gerichtet, solche Um- stände kennen zu lernen und habe bereits I. c. einige angeführt. Für die Wirksamkeit zweier sehr naheliegender Umstände bei der Zusam- mensetzung des Gehäuses will ich im Folgenden den experimentellen Beweis führen. | Es musste auffallen, dass die Individuen meiner Kultur zum Auf- bau ihres Gehäuses außer dem selbstprodueirten Material nur allerlei organische Detritusstoffe, nie aber ein Sandkörnchen benutzt hatten. Die Freunde der Auswahltheorie würden diese Thatsache entschieden so deuten, dass die Difflugien in bewusster Absicht nur diese be- stimmten Stoffe aussuchen. Dem ist nicht so. Eine Untersuchung des Bodensatzes, auf dem die Difflugien in meinem Kulturgefäß lebten, ergab nämlich, dass derselbe überhaupt keinen Sand, sondern nur Detritus enthielt. Es liegt also auf der Hand, dass sich kein Sandkörn- chen in den Gehäusen finden konnte. Dieses Fehlen gewisser und Vorhandensein anderer Baustoffe an dem Standorte ist entschieden ein Umstand, dessen Wirksamkeit die größte Verbreitung hat und der für den Aufbau des Ge- häuses den bedeutendsten Einfluss besitzt, und doch ist er, trotzdem seine Wirkung so selbstverständlich ist, nie von den An- hängern der Auswahltheorie gewürdigt worden. Mir blieb indessen der eigentliche Beweis noch übrig, dass diese Difflugien bei Anwesenheit von Sandboden auch Sandkörnchen in ihr Gehäuse einfügen. Wie früher schon zu anderen Zwecken, wandte ich auch hier fein gepul- vertes Glas an, das in Uhrschälchen vertheilt wurde, in welchen sich zahlreiche Difflugien befanden. Schon nach zwei Tagen bemerkte ich den Erfolg. Es fanden sich nämlich bei der Durchsuchung der Uhrschälchen einige neugebildete Individuen, deren Gehäuse ganz aus Glassplittern aufgebaut war (Taf. XVII, Fig. 5) und andere, deren Schale nur zum Theil aus solchen bestand. Im Verlauf der Zeit erhielt ich noch eine größere Anzahl solcher nur aus Glas- splittern und dem selbstprodueirten Schalenmaterial gebauter Ge- häuse. Bei einer genaueren Untersuchung dieser Gehäuse zeigte sich dann, dass in den Fällen und an den Stellen der Gehäuse, wo größere Glassplitter vorherrschten, die Plättchenstruktur der Schale vollkommen verwischt war, so dass in einzelnen Fällen keine Spur mehr davon Biologische Protisten-Studien. II. 451 bemerkt werden konnte; die Schale erschien nur aus eng an einander gefügten, durch ein Bindemittel verkitteten Glassplittern zusammenge- setzt. Auf anderen Schalen resp. an Stellen, wo gerade mehr kleine Glassplitter abgelagert waren, ließ sich die Täfelung, bisweilen sogar noch sehr deutlich erkennen. In allen Fällen aber fiel die konstante Erscheinung auf, dass sich die größten Glassplitter in der Nähe der Schalenöffnung, meist eng um dieselbe herum angelegt hatten. Ferner stellte sich heraus, dass obwohl die Glassplitter in allen möglichen Größen geboten worden waren, doch nie solche in den Schalen zu sehen waren, welche die Größe von 0,03 mm überschritten. Auch diese Erscheinung findet ihre höchst einfache Erklärung darin, dass nämlich die Weite des Pyloms nicht die Aufnahme umfangreicherer Glassplitter gestattet. Hierin ist ein zweiter wichtiger Umstand zu erblicken, der die Zusammensetzung des Gehäuses regelt. Ich habe selbst öfters beobachten können, wie beim Einziehen der Pseudopodien größere, daran klebende Glassplitter an den Rändern des Pyloms abgestreift wurden, während kleinere ohne Hindernis mit in das Gehäuse hineingelangen. In einzelnen Fällen fand ich jedoch auch Glassplitter in das Gehäuse eingefügt, die an Länge 0,05—0,07 mm maßen, dafür aber so schmal waren, dass sie ganz bequem der Länge nach die Schalenöffnung hatten passiren Können, ein weiteres Zeichen dafür, dass nicht die Masse an sich für die Difflugia bei der Auswahl maßgebend ist. Der Aufnahmemodus des Baumaterials ist bei Difflugia lobo- stoma genau derselbe wie der bei Difflugia urceolata beschrie- bene,doch habe ich bei Difflugialobostoma mitunter bemerkt, dass auch ohne äußerlich sichtbaren Reiz die Pseudopodien beim Einziehen runzelig und klebrig werden können und bei gegebener Gelegenheit dann auch ein Glassplitterchen mit in das Gehäuse hineinziehen. Dass übrigens keineswegs nur so viel Glassplitter aufgenommen werden, wie zum Bau des Gehäuses nöthig sind, dass also keine sogenannte Zählung oder Schätzung stattfindet, geht aus dem Umstand hervor, dass sich die Difflugien häufig ganz mit Glassplittern vollstopfen, dann aber gelegentlich auch wieder große Massen davon ausstoßen, um wie- der von Neuem welche aufzunehmen. Die Menge des aufgenommenen Materials hängt eben ganz von der Menge ab, die ihnen zur Verfügung steht und von dem seltneren oder häufigeren Einziehen der Pseudo- podien, sei es, dass dies auf Reize oder spontan erfolgt. Wie aus den vorstehenden Thatsachen hervorgeht, liegen also zwei sehr wichtige Umstände, welche im Stande sind, die Zusammen- setzung des Gehäuses im weitesten Maße zu beeinflussen, einerseits im 4 452 Max Verworn, Fehlen resp. Vorhandensein gewisser Stoffe am Standort und anderer- seits in mechanischen Hindernissen, welche die Beschaffenheit des Ge- häuses der Aufnahme gewisser Stoffe in den Weg legt. Für die Bedeu- tung des ersteren Faktors will ich außer dem obengenannten hier noch ein sehr prägnantes Beispiel anführen. Ich hatte zwei Kulturgefäße, in denen sich durch Übertragung von demselben Standort zahlreiche Indi- viduen von Echinopyxis aculeata entwickelt hatten. In dem einen der Kulturgefäße bestanden die Gehäuse dieser Protisten nur aus Dia- tomeenschalen und Detritustheilchen, in dem anderen dagegen traten in den Gehäusen die Diatomeenschalen sehr in den Hintergrund, wäh- rend ihnen eine große Menge von Sandkörnchen eingefügt war. Die Wände des ersten Gefäßes, an denen die Protisten lebten, sowie der Boden desselben enthielten nur etwas Detritus und ungeheure Mengen von Diatomeen, die Wände des zweiten Gefäßes waren außerdem mit einer ziemlich dicken Sandkruste überzogen und auch der Bodensatz bestand fast nur aus Sand. Hier hatte also die Natur selbst einen dem meinigen analogen Versuch gemacht. Außer den beiden angeführten Faktoren sind entschieden noch eine ganze Reihe anderer in vielen Fällen für die Zusammensetzung der Schalen bedeutsam, die zum Theil noch genauer zu untersuchen sind. Möglicherweise kommen auch chemische Wirkungen dabei ins Spiel, wie bei der Nahrungsaufnahme, möglichenfalls steht sogar in manchen Fällen die Nahrung zu dem Schalenbaumaterial in enger Be- ziehung, in der Weise, dass die unverdaulichen Reste der Nahrung, wie Panzer von niederen Organismen bei der Theilung an der Körper- oberfläche der neuen Theilhälfte ausgeschieden und verklebt werden. Jedenfalls giebt es unendlich viele näher liegende Faktoren, welche die Zusammensetzung des Gehäuses in viel einfacherer Weise erklären als die Annahme einer bewussten Auswahl. Schließlich machte ich an Difflugialobostoma und Arcella vulgaris auch Versuche über die Regeneration abgeschnittener Schalentheile in derselben Weise wie früher an Difflugia urceo- lata. Der Erfolg derselben war genau der gleiche wie hei letztge- nannter Form, so dass durch die neuen Versuche, auf deren nähere Beschreibung ich hier füglich verzichten kann, die an D. urceolata gemachten Erfahrungen vollkommen bestätigt werden. 3) Konjugation. Die ersten spärlichen Difflugien bemerkte ich in meinem Kul- turgefäß Mitte December 1889. Nach eirca 14 Tagen, als sich ihre Zahl Biologische Protisten-Studien. Il. 453 bereits enorm vermehrt hatte, fand ich auch schon zahlreiche konju- girte Individuen. Ihren Höhepunkt erreichte die Zahl der Konjuga- tionen in der ersten Hälfte des Januar 1890, wo sich von 100 Indivi- duen immer eirca 30—40 in Konjugation befanden. Auf dieser Höhe blieb das Verhältnis ungefähr vier bis fünf Wochen bis Mitte Februar, von wo an der Procentsatz der Konjugationen allmählich abnahm. Ende Februar wurde ich dann gezwungen die Kultur aus den Augen zu lassen. Die Vermehrung war von Mitte bis Ende December 1889 ent- schieden am größten, doch fand ich in der späteren Zeit bis zur Mitte Februar, also während die Konjugationsperiode in voller Blüthe stand, immer noch zahlreiche, durch Theilung neu entstandene Individuen. Von Mitte Februar an wurde auch ihre Zahl geringer. Ferner machte ich während der ganzen Zeit öfter die Beobachtung, dass sich sowohl Indi- viduen, die erst vor Kurzem durch Theilung entstanden waren, konju- girten, als auch dass eben aus Konjugation hervorgegangene Indivi- duen sich kurze Zeit darauf getheilt hatten. Eine Gesetzmäßigkeit in der Beziehung beider Vorgänge zu einander konnte ich indessen nicht konstatiren, doch scheint mir wenigstens das Eine aus meinen Beobachtungen hervor- zugehen, dass unter den Difflugien nicht ein so regelmäßiger Wech- sel zwischen den Kon- jugations- und Thei- lungsperioden einer ganzen Kultur besteht, wie er neuerdings von Mavpras und Anderen bei ciliaten Infusorien nachgewiesen worden er ist. Fig. a. Drei konjugirte Individuen. Unter den konju- girten Individuen begegnete ich oft einer Erscheinung, die von Bürscnri! schon an Arcella beobachtet worden ist, und die ich auch an den Gregarinen des Mehlwurms zu konstatiren Gelegenheit hatte, dass - nämlich außer den gewöhnlichen Konjugationen, bei denen zwei Exem- - plare protoplasmatisch mit einander verschmolzen sind, auch Konju- \ gationen von drei und vier, ja, wie ich in einem Fall sah, sogar von 1 Bürscuui in Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XI. 454 Max Verworn, fünf Individuen vorkommen. Die Konjugation von dreien war gar nicht selten. Auf 20 Konjugationen von zwei Individuen kamen durchschnitt- lich vier von dreien und eine von vieren. Während bei den Konjuga- tionen von zwei Individuen letztere genau mit den Rändern des Pyloms auf einander liegen, so dass das Pärchen Semmelform zeigt, sind die Individuen, wenn sie zu dreien vereinigt sind, fast ganz genau unter einem Winkel von 120° in einer Ebene zu einander gerichtet, und bei den Konjugationen von vieren entspricht die Richtung der Individuen meistens genau der Richtung der Strahlen eines regulären Vierstrahlers. Die Protoplasmakörper der konjugirten Individuen verschmelzen zu einer einzigen Masse, indem die vorderen, hyalinen Partien zusammen- fließen und sich vermischen. Doch findet keine Verlagerung des hin- teren, die Körnermasse führenden Theiles des Protoplasmakörpers statt. Dieser Theil bleibt vielmehr, so weit ich beobachtet habe, wäh- rend der ganzen Dauer der Konjugation in jedem Individuum an seiner gewöhnlichen Stelle im Fundus der Schale liegen. Während der Kon- jugation entwickeln die Paare stets wie die einzeln lebenden Indivi- duen in normaler Weise Pseudopodien (Taf. XVII, Fig. 7—10), indem die Ränder der beiden Schalenöffnungen an einer Seite etwas von einander gehoben werden, um so der zu einem gemeinschaftlichen Ganzen ver- schmolzenen Pseudopodienmasse den Austritt zu gewähren. Mit ihren Pseudopodien kriechen die konjugirten Individuen dann umher und bewegen sich ganz wie einzeln lebende Difflugien. Die Dauer der Konjugation war, wie ich durch Isolirung von Individuen, die sich eben unter meinen Augen im Uhrschälchen konjugirt hatten, feststellen konnte, sehr verschieden. Während manche nicht länger als 3—4 Stun- den vereinigt blieben, trennten sich andere erst nach 2—3 Tagen. Welche Bedeutung die Dauer der Vereinigung hat, konnte ich nicht entscheiden. Da ich öfter beobachtete, dass unter einer Anzahl von einzelnen Individuen, die ich in einem Uhrschälchen zusammengebracht hatte, zwei oder drei, zufällig nahe an einander liegende, nachdem sie ihre Pseudopodien auszustrecken begonnen hatten, dicht an einander her- ankrochen und dann konjugirten, so entstand für mich die Frage, ob bei gegebener Gelegenheit jedes Individuum mit jedem beliebigen konjugiren kann, oder ob eine Konjugation nur zwischen ganz bestimm- ten Individuen zu Stande kommt. Zur Entscheidung dieser Frage suchte ich den Difflugien dadurch möglichst viel Gelegenheit zur Konjugation zu geben, dass ich eine sehr große Menge mit klarem, dem Kulturgefäß entnommenen Wasser in ein Uhrschälchen zusammen- brachte. Ihr Verhalten wurde dann unter dem Mikroskop verfolgt. * E E Biologische Protisten-Studien. II. 455 Nachdem das Uhrschälchen einige Minuten in Ruhe gestanden hatte, begannen die Difflugien ihre Pseudopodien auszustrecken und um- herzukriechen. Dabei ereignete sich Folgendes. Einige Difflugien geriethen schon nach wenigen Minuten mit ihren Pseudopodien an ein- ander, ihre Gehäuse rückten sich näher, das Protoplasma verschmolz und die Konjugation vollzog sich, während sich die Schalen nach und nach mit ihren Öffnungen genau auf einander legten. Andere Indivi- duen verhielten sich aber anders. Sie krochen eventuell auch dicht an einander, berührten sich ebenfalls mehrfach mit ihren Pseudopodien, schoben sich sogar häufig gegenseitig bei Seite, und doch kam es zu keiner Verschmelzung, die beiden Difflugien krochen vielmehr als- bald von einander fort. In einzelnen Fällen machte es sogar fast den Eindruck, als ob das eine Individuum bei der Berührung mit einem anderen seine Pseudopodien wie von einer Reizquelle zurückzog und von dem anderen Individuum fort nach einer neuen Richtung hinkroch, doch ist bei der Deutung solcher Beobachtungen zu leicht ein Irrthum möglich, als dass ihnen ein großer Werth beigelegt werden könnte. Jedenfalls aber steht die Beobachtung fest, dass zwei Individuen sich berühren können, selbst längere Zeit, ohne doch zu konjugiren. Nachdem ich diese Thatsache festgestellt hatte, hielt ich mir sofort die Möglichkeit vor, dass in diesen Fällen die Berührung vielleicht doch nicht eng genug gewesen wäre, um eine Verschmelzung des Proto- plasmas herbeizuführen. Ich isolirte daher solche Individuen, die trotz ihrer Berührung nicht verschmolzen waren, und suchte sie nun künst- lich zu vereinigen, indem ich ihre Pseudopodien mit einer Nadel ganz nahe an einander rückte. Trotzdem ich diese Versuche an einer großen Zahl von Individuen wiederholte und häufig eine halbe Stunde lang fortsetzte, trotzdem ich die Pseudopodien mehrmals auf einander drückte, trotz alledem gelang es mir nicht in einem einzigen Falle eine Verschmelzung herbeizuführen. Immer krochen die Difflugien wie- der aus einander. Das scheint mir unzweifelhaft zu beweisen, dass nicht jedes Individuum mit jedem beliebigen konjugirt. Um indessen _ ganz sicher zu sein, machte ich als Gegenprobe auch den umgekehrten Versuch. Zwei Individuen, die eben zur Konjugation übergegangen waren, trennte ich mittels einer feinen Lanzette wieder von einander und legte sie so, dass sich ihre Schalenöffnungen gegenüber lagen. Nach kurzer Zeit begann darauf das eine oder auch beide Individuen ihre Pseudopodien zu entwickeln, und wenige Sekunden später war die Konjugation wieder hergestellt. Der Versuch, der oft wiederholt wurde, führte eben so sicher zu seinem positiven Ergebnis wie der umgekehrte zu seinem negativen geführt hatte. Ich brauchte sogar die 456 Max Verworn, beiden Individuen nach ihrer künstlichen Trennung nicht einmal ganz nahe an einander zu bringen, sondern konnte sie auf eine Entfernung, die mehr als ihre Schalenlänge betrug, von einander hinlegen, und doch kroch das eine Individuum direkt auf das andere los, streckte seine Pseudopodien in das Pylom des anderen hinein, und nach kaum einer Minute lagen wieder beide Schalenöffnungen auf einander, die Fig. db. Wiedervereinigung von zwei künstlich aus der Konjugation getrennten Individuen (1 und 2). Die linke Figur zeigt beide Individuen nach der Trennung auf Schalenlänge von einander entfernt liegend. Die mittlere Figur zeigt, wie das Individuum Nr. 2 Pseudopodien in der Richtung nach Nr. 1 ausgestreckt und sich Nr. 1 genähert hat. In der rechten Figur hat Nr. 2 seine Pseudo- podien in die Schalenöffnung von Nr. 1 hineingesteckt; die Verschmelzung ist bereits im Gange. Verschmelzung war wieder eingetreten und blieb dauernd bestehen. Aus der Sicherheit, mit der das eine Individuum auf das andere oder beide auf einander in gerader Richtung zukriechen, wenigstens auf die Entfernung ihrer eigenen Schalenlänge, geht hervor, dass das eine auf das andere, resp. beide auf einander eine richtende Wirkung ausüben, deren Ursache nur chemischer Natur sein kann, also als eine Form des Chemotropismus aufzufassen ist, und den von PFEFFER so genau Biologische Protisten-Studien. II, 457 untersuchten Erscheinungen bei Flagellaten und Bakterien an die Seite gestellt werden muss. Das Aufsuchen des einen Individuums vom an- deren bei Beginn des Konjugationsaktes, das nur auf geringe Entfer- nung stattzufinden scheint, ist demnach ganz derselbe Vorgang wie das Aufsuchen der Nahrung bei gewissen Rhizopoden, z. B. der Lohe von Seiten des Aethalium septicum oder der Spirogyrafäden von Seiten der Vampyrella Spirogyrae. Nachdem bereits mehrfach festgestellt worden ist, dass die Kerne bei dem Konjugationsprocess der ciliaten Infusorien eine Hauptrolle spielen, wie namentlich neuerdings wieder die ausgezeichneten Unter- suchungen von R. Hrrrwis gezeigt haben, so lag mir viel daran, auch die Kernverhältnisse bei der Konjugation der Difflugien zu unter-. suchen. Leider ist mir dies nur in sehr beschränktem Maße möglich gewesen und ich muss, um die Lückenhaftigkeit meiner Ergebnisse zu entschuldigen, nochmals auf die sehr großen Hindernisse hinweisen, welche einerseits die Schale der Difflugien, und andererseits die den Kern umgebende Körnermasse einer Untersuchung der Kernver- hältnisse an gefärbten Objekten in den Weg legen. Mir blieb daher kein anderer Weg übrig, als die ziemlich rohe Methode der Unter- suchung des frischen zerdrückten Objekts, wie ich sie oben angegeben habe. Trotz der Unvollkommenheit dieser Methode stellten sich aber dennoch, wenn auch lückenhafte, so doch ganz interessante Resultate heraus. Im Ganzen wurden circa 100 Konjugationen auf ihre Kernver- hältnisse untersucht. Ich will zunächst nur eine Darstellung des objek- tiven Befundes geben, den ich in verschiedenen Fällen beobachtete. 1) Neben den Individuen, welche die oben beschriebenen norma- len Kernverhältnisse zeigten, fanden sich sehr häufig auch einzeln lebende Exemplare mit ganz abweichendem Verhalten. Diese Indivi- duen besaßen zwar auch den großen, runden, blassen Kern mit ganz nor- malem Aussehen, der wie überhaupt bei allen untersuchten Individuen im hinteren Drittel des Körpers gelegen war, aber außer ihm noch einen zweiten, der eine völlig verschiedene Beschaffenheit aufwies. Er lag ebenfalls in der Körnermasse, nicht weit von dem gewöhnlichen Kern, war aber bedeutend kleiner, nicht rund, sondern gedrungen spindelförmig, besaß eine ungemein dicke, doppelt kontourirte Mem- bran, welche vom Kernprotoplasma besonders an beiden Enden durch eine Flüssigkeitsschicht abgehoben war, und zeigte in der runden, grau gekörnten Kernplasmamasse drei bis fünf größere, intensiv orange- gelb gefärbte Körnchen, die dem Kern ein höchst charakteristisches Aussehen verliehen. Den gewöhnlichen Karminfarbstoffen gegenüber 458 Max Verworn, verhielt sich dieser Kern völlig indifferent, denn er nahm keine Spur von Färbung an, während der große Kern die gewöhnlichen Kernreak- tionen deutlich zeigte. Durch Jodlösungen wurden beide Kerne hell- braun gefärbt. Die orangefarbenen Körner im Plasma des kleinen Kerns erweckten zuerst den Verdacht von Öltröpfehen, doch ließen sie bei Os- miumsäurebehandlung durchaus keine Farbenveränderung bemerken, obwohl, wie aus der dunkleren Färbung des Kernplasmas selbst zu er- kennen war, die Osmiumsäure in den Kern eingedrungen sein musste. 2) Ganz dieselben Kernverhältnisse fand ich häufig bei zwei konju- girten Individuen, deren jedes beide Kernformen besaß (Taf. XVIIL, Fig.7). 3) Bei der größten Zahl aller Konjugationen fand ich folgendes Kern- verhältnis. Die beiden großen Kerne lagen wie stets jeder im Fundus seines Individuums. Dagegen lagen die beiden kleinen Kerne dicht an einander in der Mitte, häufig mehr im hinteren Drittel des einen Individuums. Der kleine Kern des anderen war also hier hinüberge- wandert. Im Übrigen war Alles normal (Taf. XVIII, Fig. 8). 4) Mehrfach war die Lagerung der Kerne dieselbe wie in Fall 3, aber die kleinen Kerne zeigten folgende Veränderung. Die orange- gelben Körnchen waren fast ganz verblasst, dafür hatte das gesammte Kernplasma eine gleichmäßig hellgelbe Farbe angenommen und füllte jetzt fast den ganzen Raum innerhalb der Membran aus. 5) In einigen Fällen hatten die kleinen Kerne bei derselben Lage- rung wieder ein anderes Aussehen. Statt ihrer stumpfen Spindelform hatten sie jetzt vollkommene Kugelform angenommen und das Kern- plasma schien mir in beiden Kernen Kerntheilungsfiguren zu zeigen. Die Farbe des Kernplasmas war wie im Fall 4 gleichmäßig hellgelb (Taf. XVII, Fig. 9). 6) Öfter fand ich Konjugationen, in denen außer dem normalen großen Kern keine kleinen Kerne vorhanden waren, sondern in ein- zelnen Fällen nur mehrere unregelmäßige hellgelbe Trümmer in dem einen Individuum (Taf. XVII, Fig. 10), von denen ich nicht mit Sicher- heit zu entscheiden wage, ob sie von den kleinen Kernen abstammten, in anderen Fällen war überhaupt keine Spur von den kleinen Kernen zu sehen. 7) In einzelnen Fällen schließlich, theils bei Anwesenheit, theils bei Fehlen der kleinen Kerne schienen mir die großen Kerne in so fern eine Veränderung zu zeigen, als sie bei normaler Lage einen unregel- mäßigen Umriss angenommen hatten, als ob ihre Membran verschwun- den wäre. Ja in seltenen Fällen bemerkte ich in einem oder in beiden Individuen überhaupt keinen großen Kern, was indessen auch leicht eine Folge der Zerquetschung gewesen sein Kann. Biologische Protisten-Studien. II. 459 Aus diesen Befunden scheint es mir nicht erlaubt, ein zusammen- hängendes Bild von den Veränderungen des Kernes bei der Konjugation der Difflugien zu entwerfen, besonders, da bei der verschieden langen Dauer der Konjugation in den einzelnen Fällen nicht verschie- dene Zeitpunkte durch bestimmte Stadien charakterisirt sind. Doch geht wenigstens so viel mit Sicherheit aus den Beobachtungen hervor, dass der Kerneine bedeutsame Rollebeider Konjugation spielt, indem die Konjugation charakterisirtist durch das Auftreten je eines kleinen, eigenthümlich gestalteten Kerns neben dem gewöhnlichen, der möglicherweise dem Nebenkern der ciliaten Infusorien entspricht, und ferner dadurch, dass diese kleinen Kerne der beiden Indivi- duen während der Konjugation in nahe Beziehung zu ein- ander treten, deren Art allerdings noch unbekannt bleibt. Über die Entwicklung des kleinen Kerns, der vermuthlich durch Theilung aus dem großen entsteht, sowie über die endlichen Schicksale der Kerne lässt sich vorläufig überhaupt nichts Sicheres sagen. Hoffentlich wer- den Beobachtungen an anderen monothalamen Rhizopodenformen, die geeigneter zur Untersuchung sind als Difflugia lobostoma, wie etwa Quadrula oder Euglypha, später die Lücken ausfüllen und im Zusammenhange mit den vorstehenden Befunden ein eben so klares Bild von den Kernverhältnissen bei der Konjugation der monothalamen Rhizopoden geben, wie wir es durch die Untersuchungen von Bürscnti, Barbıanı, GRUBER, Maupas, R. Hertrwic u. A. von der Konjugation der eiliaten Infusorien erlangt haben. 4) Theilungsversuche. Zur Untersuchung des Verhaltens kernloser Theilstücke bezüglich ihrer Bewegungen stellte ich, wie früher an verschiedenen anderen Protisten ', auch an Difflugia lobostoma zahlreiche Theilungsver- suche an. Da ich bei meinen früheren Versuchen die kernlosen Theil- stücke in der Regel nicht bis zu ihrem Absterben im Auge behielt, weil dies für meine damaligen Zwecke durchaus überflüssig war, so möchte ich an dieser Stelle eines von den Protokollen meiner Theilungsver- suche an Difflugia lobostoma mittheilen, das sich auf die gesamm- ten Bewegungserscheinungen des kernlosen Theilstückes, vom Moment der Theilung an bis zu seinem Tode erstreckt. Ich komme besonders - desshalb noch einmal auf die Theilungsversuche zurück, um einen An- > pe BE N all 9 oo knüpfungspunkt zu haben für einige Bemerkungen über die von 1 Psycho-physiolog, Protisten-Studien. 460 Max Verworn, B. Horer neuerdings in seiner vortrefflichen Untersuchung über die Bedeutung des Zellkerns! ausgesprochenen Ansichten, die meine früher gemachten Mittheilungen sehr eng berühren. Ehe ich jedoch zur Darstellung des Verhaltens der Theilstücke übergehe, will ich, um den Vergleich zu ermöglichen, vorerst eine kurze Skizze der charakteristischen Bewegungen des unverletzten Pro- tists geben. Der vordere hyaline Theil des Protoplasmakörpers ist die Matrix der fingerförmigen Pseudopodien. Die Zahl der Pseudopodien ist sehr verschieden. In der Regel treten gleich mehrere Pseudopodien dicht an einander liegend gleichzeitig aus der Schalenöffnung hervor, die dann, indem sie sich allmählich verlängern, unter sich divergiren und sich bisweilen in zwei, drei, selten mehr Ausläufer verzweigen. Die Pseudopodien heften sich meistens bald nach dem Austritt aus der Schale vermöge einer gewissen Klebrigkeit an der Unterlage fest. Hierdurch gewinnen sie einen Fixationspunkt, so dass sie, wenn sie sich kontrahiren, wie Muskeln wirkend den Körper mit dem Gehäuse gleich einer Schnecke nach sich ziehen. In den meisten Fällen werden die Pseudopodien ungefähr nach einer Richtung hin ausgestreckt, so dass die Lokomotion absatzweise ebenfalls in dieser bestimmten Rich- tung stattfindet. Bisweilen heften sich die Pseudopodien nicht an der Unterlage an, sondern flottiren frei im Wasser und zeigen dann häufig eine langsame, unregelmäßig pendelnde, sehr charakteristische Bewe- gung. Das Einziehen der Pseudopodien geschieht in der Regel so, dass das Protoplasma langsam dem Körper wieder zuströmt, so dass das Pseudopodium kürzer und kürzer wird, bis es im Körperplasma ganz verschwunden ist. Selten kommt es spontan zu etwas schnellerer Re- traktion, wobei dann die bereits früher von Difflugia urceolata beschriebenen Erscheinungen der Bildung eines Achsenstranges und einer runzeligen Außenmasse bemerkbar werden. Die Technik der Theilungsversuche an Difflugia lobostoma war dieselbe wie bei meinen früheren Versuchen. Da der Kern bei Diffl. lobostoma stets dieselbe Lage im hinteren Drittel des Proto- plasmakörpers zeigt, so war es nicht schwer durch einen queren Schnitt ungefähr durch die Mitte des Gehäuses kernlose Theilstücke zu erhalten. Zur Sicherheit wurde gleich nach der Durchschneidung das als kernhaltig betrachtete Theilstück auf die Anwesenheit des Kerns untersucht und eben so das andere Theilstück nach Beendigung der Beobachtung. Die folgenden Angaben beziehen sich nur auf sicher kernlose Theilstücke. 1 Bruno Horer, »Experimentelle Untersuchungen über den Einfluss des Kerns auf das Protoplasma«. in: Jen. Zeitschr. für Naturw. 41889. | F Biologische Protisten-Studien. II. 461 Protokoll. Kurz nach der Theilung. Die Pseudopodien des kernlosen Theilstückes sind vollständig eingezogen. Keine Bewegungen. Nach 10 Min. Ein Pseudopodium entwickelt sich durch die Schnitt- öffnung in der gewöhnlichen Weise. Ihm folgt die Bildung von zwei eben solchen Pseudopodien. Dieselben kleben sich auf der Unterlage an und das Theilstück beginnt durch abwechselndes Einziehen und Ausstrecken von Pseudopodien in gerader Rich- tung vorwärts zu kriechen, wie eine unverletzte Difflugia. Dies Verhalten besteht dauernd (Fig. c f). Nach 70 Min. Die Pseudopodien werden nach und nach eingezogen. Das Theilstück liegt wieder still. Nach 80 Min. Es werden wieder nach einander zwei lange völlig nor- male Pseudopodien gebildet. Das Theilstück kriecht auf seiner Unterlage weiter. Ab und zu macht ein Pseudopodium frei im Wasser die gewöhnlichen, unregelmäßig pendelnden Bewegun- gen. Dies normale Verhalten dauert fort. Nach 120 Min. Das Theilstück wird vom Objektträger in ein Uhrschäl- chen übertragen. Die Pseudopodien werden in Folge dessen eingezogen. - Nach 140 Min. Es treten wieder in normaler Weise Pseudopodien her- vor, mit denen sich das Theilstück von Neuem an der Unter- lage anheftet. Das Verhalten bleibt dauernd wie das einer unverletzten Difflugia. Nach 180 Min. Die Pseudopodien werden eingezogen. Nach 200 Min. Neue, an der Unterlage haftende Pseudopodien werden in gewöhnlicher Weise gebildet. Das Verhalten bleibt dauernd normal. Nach 240 Min. Die Pseudopodien werden wieder eingezogen. Nach 260 Min. Ein neues Pseudopodium wird in normaler Weise ge- bildet. Bei der Bildung eines zweiten, die Anfangs ebenfalls in normaler Weise erfolgt, bricht, als dasselbe noch nicht sehr weit ausgestreckt ist, an seiner Basis ruckartig ein rundlicher hyaliner Protoplasmavorstoß hervor, in den sich das Pseudo- podium sofort wieder zurückziebt. Darauf werden wieder mehrere normale, sogar theilweise verzweigte Pseudopodien zu gleicher Zeit gebildet, mit denen das Theilstück sich an- heftend vorwärts kriecht. Auch die charakteristischen Pendel- bewegungen treten wieder auf. Nach 280 Min. Alle Pseudopodien werden wieder eingezogen. Es Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. L. Bd. 30 462 Max Verworn, treten kurz nach einander ruckartig zwei größere, halbkugelig gewölbte Vorstöße von hyalinem Protoplasma auf. In den zweiten strömt etwas körniges Protoplasma nach. Beide wer- den nach einander langsam wieder eingezogen (Fig. ce 2). Nach 290 Min. Es zeigen sich nur schwache amöboide Formverände- rungen des Protoplasmakörpers mit Bildung ganz kurzer Lappen. Nach 300 Min. Ein langes, normales, an der Unterlage haftendes Pseudo- podium wird in der gewöhnlichen Weise gebildet. Ihm folgt ein zweites eben So. Nach 310 Min. Die Pseudopodien werden wieder langsam eingezogen. Der Körper macht nur schwache amöboide Bewegungen. Mit- unter bricht, nachdem ein Pseudopodium eben begonnen hat sich in normaler Weise zu entwickeln, ein kurzer Protoplasma- lappen an seiner Basis ruckartig hervor, in welchen das Pseudo- podium sich sofort wieder zurückzieht. | Nach 330 Min. Ein normales Pseudopodium wird durch die Schalen- öffnung ausgestreckt, aber bald wieder zurückgezogen. Es werden darauf dauernd keine normalen Pseudopodien ge- bildet. Nach 350 Min. Bald hier bald dort an der Oberfläche bricht von Zeit zu Zeit mehr oder weniger ruckartig ein größerer hyaliner, halbkugelförmiger Vorstoß hervor, der sich langsam wieder zurückzieht. Nach 360 Min. Ein langes, an der Unterlage haftendes Pseudopodium wird durch die Schalenöffnung in normaler Weise gebildet, aber nach 3 Min. wieder eingezogen. Darauf tritt aus der Schnittstelle eine große hyaline Vorwölbung langsam hervor. Später wird ein neues langes Pseudopodium aus dem Pylom hervorgestreckt und nach | Min. wieder eingezogen. Nach 380 Min. Es treten nur langsame, schwache amöboide Formver- änderungen des Körpers auf, nur von Zeit zu Zeit eine ruck- artige hyaline Vorwölbung, die langsam verschwindet. Der Körper haftet nicht mehr an der Unterlage. Nach 410 Min. Ein großer halbkugeliger hyaliner Vorstoß entsteht, auf dessen Oberfläche drei bis vier kleine hyaline Tröpfchen er- scheinen. Darauf bildet sich in der gewöhnlichen Weise ein völlig normales, nicht an der Unterlage haftendes Pseudopo- dium, das sich nach einer Minute langsam wieder einzieht. Der Körper nimmt vollkommene Kugelgestalt an. Nach 420 Min. Schwache amöboide Bewegungen treten auf, sowie ab und zu hyaline Vorstöße. Bisweilen erscheinen an der Ober- Biologische Protisten-Studien. II. | 463 fläche kleine, fingerkuppenförmige Ausbuchtungen. Ein nicht anhaftendes Pseudopodium wird in normaler Weise, aber nicht sehr lang ausgestreckt, aber gleich darauf wieder langsam ein- gezogen. Es folgen dauernd nur schwache Formveränderungen. Nach 480 Min. Ein großer hyaliner Vorstoß bricht ruckartig hervor, in welchen körniges Protoplasma nachströmt. Gleichzeitig ent- stehen mehrere sehr kleine fingerkuppenförmige Vorwölbungen. Der Protoplasmakörper ist zum größten Theil aus der Schnitt- stelle der Schale herausgetreten. | Nach 500 Min. Der Körper nimmt rundlich ovale Gestalt an, die er nur sehr wenig und träge verändert. Nach 600 Min. Der Körper zeigt nur äußerst langsame, kaum merk- liche Gestaltveränderungen und liegt jetzt fast ganz außerhalb der Schale, die nur noch lose an ihm haftet. Nach 1200 Min. (wahrscheinlich schon bedeutend früher) zeigt sich keine Bewegung mehr. Der Körper hat unregelmäßig klum- pige Form angenommen mit verschwommenem Kontour. Das Protoplasma ist zum größten Theil körnig getrüht. Das Theil- stück ist todt. Die Untersuchung ergiebt Kernlosigkeit. Fig. c.. Bewegungen des kernlosen Theilstücks (die Schale als durchsichtig gezeichnet). 1. Normale Pseudopodienbildung durch die Schnittstelle 2. Halbkugelige hyaline Vorwölbungen. Aus diesem Versuchsprotokoll, das übrigens für alle Theilungsver- suche an Difflugia lobostoma als typisch betrachtet werden kann, geht deutlich hervor, dass das kernlose Theilstück nach Überwindung eines kurzen Excitationsstadiums in Folge des mechanischen Reizes 20% 464 _ Max Verworn, der Durchschneidung wieder vollkommen die Bewegungen zeigt, welche die unverletzte Difflugia charakterisiren. Es bildet Pseudopodien in normaler Weise und von normaler Beschaffenheit, die Pseudopodien haben die Fähigkeit sich an der Unterlage anzuheften, resp. frei ins Wasser ragend die charakteristischen Pendelbewegungen zu machen, durch Kontraktion der angehefteten Pseudopodien wird der Körper mit dem Gehäuserest nachgeschleppt und das Theilstück kriecht auf diese Weise wie ein unverletztes Protist. Dies Verhalten dauert in völlig normaler Weise mehrere (im vorliegenden Falle über vier) Stun- den hindurch fort. Erst jetzt beginnen sich ganz geringe Störungen geltend zu machen. Die ersten Unregelmäßigkeiten bestehen darin, dassneben den normalen Pseudopodien häufig ruckartig hervortretende, kurze Protoplasmavorstöße gebildet werden. Später wird die Bildung normaler Pseudopodien immer seltener, es entstehen immer längere Pausen, in denen überhaupt keine Pseudopodien, sondern nur ruck- artig hervortretende hyaline Vorstöße gebildet werden, und die verein- zelten Pseudopodien, welche sich noch normal entwickeln, werden meist nach ganz kurzer Zeit wieder eingezogen. Bald verliert das Protoplasma die Fähigkeit an der Unterlage zu haften. Dann bemerkt man wohl noch das Bestreben Pseudopodien zu bilden aber diesel- ben kommen nur selten noch zur Entwicklung. Im vorliegenden Fall wurde allerdings sogar nach sieben Stunden noch ein völlig nor- males Pseudopodium ausgestreckt. Schließlich aber hört die Pseudo- podienbildung ganz auf. Der Körper zeigt zuerst noch ziemlich leb- hafte amöboide Bewegungen, bald aber nur noch sehr geringe und träge Formveränderungen. Zuletzt tritt mit der körnigen Degeneration des Protoplasmas der Tod ein. Die Lebensdauer der kernlosen Theilstücke, also die Zeit, auf welche sich alle diese Erscheinungen vertheilen, hängt wesentlich von der Größe des Theilstücks ab; größere leben länger und behalten länger ihr normales Verhalten bei als kleinere. Aus den vorstehenden Thatsachen scheint mir eben so wie aus den zahlreichen, in den »Psycho-physiologischen Protistenstudien « mitgetheilten Theilungsversuchen ganz unzweideutig der Schluss her- vorzugehen, den ich bereits (l. ce. p. 183) gezogen habe: »Die Bewe- gungen stehen, wie die Versuche zeigen, durchaus nicht unter dem unmittelbaren Einfluss desKern«s..... Der Kern kann daher keinesfalls als psychisches Gentrum aufgefasst werden.« etc. Horer hat in seiner oben angeführten Arbeit ebenfalls Theilungsver- suche angestellt und zwar hauptsächlich an sehr großen Individuen von Amoeba proteus, wobei er sein Augenmerk besonders auf die Be- Biologische Protisten-Studien. II. 465 wegungs- und Verdauungsvorgänge der kernlosen Theilstücke richtete. Obwohl nun die objektiven Thatsachen, die Horer bei seinen ausge- zeichneten Versuchen fand, im Wesentlichen dieselben sind, wie die, welche ich bezüglich der Bewegungen bei meinen Theilungsversuchen feststellte, glaubt doch Horer dieselben anders deuten zu müssen. Er fand, dass kernlose Theilstücke von Amoeba proteus bald nach der Durchschneidung, ohne sich wieder an die Unterlage anzuheften, ge- nau dieselben Formveränderungen zeigten, wie das unverletzte Protist, dass aber nach einiger Zeit die Formveränderungen begannen Stö- rungen zu erleiden, indem die Pseudopodienbildung langsamer und schwächer wurde und schließlich ganz erlosch. Trotzdem aber beob- achtete Horzr, dass in den kernlosen Theilstücken noch nach mehreren (bis zu 14) Tagen vorher aufgenommene Nahrungstheilchen schwache chemische Veränderungen erfuhren. Aus diesen Thatsachen glaubt Horer den Schluss ziehen zu müssen: »Der Zellkern besitzt einen direkten Einfluss auf die Bewegung des Protoplasmas, welchem an sich zwar die Fähigkeit der Bewegung innewohnt, das aber erst durch seine Wechselbeziehungen zum Kern die Gesammtheit aller die normale Zelle charakterisirenden Formen der Bewegung zur Entfaltung bringen kann, da die Aufhebung des Kerneinflusses wahrscheinlich einen Ver- lust der Steuerung in der bewegenden Kraft zur Folge hat, der Kern — mit anderen Worten — ein regulatorisches Centrum für die Bewegung darstellt.« Die höchst wichtige Thatsache, dass das kernlose Theilstück noch längere Zeit nach der Abtrennung vom Körper durchaus normale Bewegungen ausführt, deutet Horer als Nachwirkung des Kerns. Mir scheint diese Schlussfolgerung Horer’s den Thatsachen doch ein wenig Zwang anzuthun. Wenn dem kernlosen Theilstück nur die Fähigkeit der Bewegung innewohnte und wenn das regulatorische Centrum für die Bewegung im Kern gelegen wäre, so wäre es unmög- lich zu verstehen, wie es kommt, dass noch so lange Zeit nach der Theilung die Bewegungen in der gewöhnlichen Weise ungestört fort- gesetzt werden, wesshalb nicht sofort nach Abtrennung des regulato- rischen Bewegungscentrums die Bewegungen aufhören oder statt der normalen völlig regellose Formveränderungen auftreten. Denn die Nachwirkung eines früher mit dem Körper verbundenen regula- torischen Bewegungscentrums ist eine kaum verständliche Erschei- nung und scheint mir einen Widerspruch in sich zu enthalten. Ein Stück Protoplasma, das kurz nach Verlust seines regulatorischen Be- wegungscentrums noch dieselben Bewegungen ausführt wie vorher, würde eben so wunderbar sein wie ein Frosch, der nach Abtragung seines Gehirns sich noch eben so verhält wie vor der Operation. Die 466 Max Verworn, kürzere oder längere Fortdauer der normalen Bewegungen ist hierbei völlig gleichgültig. Mir scheinen sich die Thatsachen, auch ohne dass man ihnen den leisesten Zwang anthut, ganz leicht zu erklären. Wie ich 1. c. bereits ausführlich entwickelt habe, bestehen in der Zelle zwischen Außenwelt und Protoplasma, sowie zwischen Protoplasma und Kern, wie auch zwischen Kern und Außenwelt höchst komplieirte Stoffwechselbezie- hungen und der Organismus jeder Zelle ist so eingerichtet, dass wenn einer dieser drei Faktoren wegfällt, selbstverständlich auch die Funk- tionen der beiden anderen, welche auf ihn angewiesen waren, Stö- rungen erleiden müssen. Zellkern und Zellprotoplasma stehen also in einem Abhängigkeitsverhältnis von einander und es ist klar, dass, wenn z. B. der Kern einer Zelle exstirpirt wird, je nach den Wechsel- beziehungen Störungen der verschiedensten Art sich im Protoplasma geltend machen werden, die schließlich zum Tode desselben führen müssen. In so fern ein solches Abhängigkeitsverhältnis des Protoplas- mas vom Kern besteht, in so fern stehen auch schließlich die Bewe- gungen des Protoplasmas unter dem Einfluss des Kerns, denn wenn im Protoplasma durch Wegfall der Beziehungen des Zellkerns immer wei- ter gehende molekulare Störungen auftreten, so werden schließlich auch die Bewegungen darunter leiden. Aber diese Beziehung des Kerns zu den Bewegungen des Protoplasmas ist offenbar keine unmittelbare, ist nicht die eines regulatorischen CGentrums, sonst würden die Stö- rungen im Moment der Abtrennung desselben auftreten müssen. Im gleichen Sinne wie die Bewegungen stünden dann überhaupt alle Funktionen des Protoplasmas unter dem Einfluss des Kerns und alle Funktionen des Kerns unter dem Einfluss des Protoplasmas. Mit dem- selben Recht wie Horsr den Kern als regulatorisches Gentrum für die Bewegungen des Protoplasmas bezeichnet, könnte man dann umgekehrt bei den Zellen mit amöboid veränderlichem Kern, wie sie neuerdings namentlich von Korscuet mehrfach beschrieben sind, das Protoplasma als regulatorisches Bewegungscentrum für den Kern auffassen, denn nach der Isolirung des Kerns vom Protoplasma geht dieser, wie man sich leicht überzeugen kann, ebenfalls nach und nach zu Grunde und seine Bewegungen hören auf. Die Thatsache, dass noch nach langer Zeit Nahrungstheilchen chemische Veränderungen im Protoplasma der kernlosen Theilstücke erfahren, steht mit der obigen Auffassung im besten Einklang; denn offenbar werden bei der höchst komplieirten chemischen Zusammen- setzung des Protoplasmas nicht alle Verbindungen, die sich im Proto- plasma vorfinden, gleichzeitig einer Zersetzung anheimfallen, besonders Biologische Protisten-Studien. II. 467 wäre’ es sehr leicht verständlich, wenn die viel haltbareren Verbin- dungen der Verdauungssäfte, sei es, dass sie als solche direkt vom Kern oder vom Protoplasma producirt oder dass sie unter Mitwirkung _ beider entstanden sind, auch längere Zeit bestehen bleiben werden, als die leichter zerfallenden Eiweißkörper von kompliecirter Konstitution, an deren Vorhandensein und Zerfall die Bewegung geknüpft ist. Es dürfte demnach auch hier ein eben so müßiger Streit sein wie bei irgend einem höheren Thier, wenn man einen bestimmten Moment als den des Todes bezeichnen wollte, da doch einzelne Theile schon tiefgehende Veränderungen erfahren haben können, während andere noch in ganz normaler Weise weiter funktioniren. Im Übrigen wird es bei unseren jetzigen Mitteln wohl kaum möglich sein, mit Sicherheit zu entschei- den, ob die Nahrungstheilchen im kernlosen Theilstück noch eben so verdaut werden wie im unverletzten Protist, oder ob die chemischen Veränderungen, welche sie erfahren, nicht anderer Natur sind. Ich glaube, dass die vorstehenden Bemerkungen ein wenig zur Verständigung über die streitigen Fragen beitragen werden und dass ich durchaus berechtigt bin zu der Behauptung: Der Kern ist kein psychisches Gentrum der Zelle. Er regulirt die Bewe- gungen des Protoplasmas nicht in der Weise wie ein Cen- tralorgan die Thätigkeit der Bewegungsapparate, denn dieBewegungen dauern noch lange Zeit nach seiner Ent- fernung in normaler Weise fort; er beeinflusst vielmehr dieBewegungennurindirekt, in so fern seine Entfernung mit derZeittiefergehende molekulare Störungen im Zell- protoplasma herbeiführt, welche das Fortbestehen der normalen Bewegungen verbieten. Zum Schluss will ich noch bemerken, dass Amoeben nach meiner Erfahrung für die Untersuchung dieser Fragen ein sehr ungünstiges Objekt sind, einerseits weil die normalen Bewegungen der kernlosen Theilstücke schon in unvergleichlich viel kürzerer Zeit nach der Thei- lung aufhören als bei anderen Protisten und andererseits besonders desshalb, weil die Bewegungen der Rhizopoden sehr wenig charakte- ristische Momente an sich haben. Viel günstigere Versuchsobjekte lie- fern wegen ihrer höchst bezeichnenden, oft sehr komplicirten, Koordi- nirten Wimperbewegungen die ciliaten Infusorien, bei denen die Fort- dauer der normalen Bewegungen an kernlosen Theilstücken viel mehr in die Augen fällt und im höchsten Maße frappirt. Jena, physiologisches Institut, im März 1890. 468 Max Verworn, Biologische Protisten-Studien. II. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVII. Fig. 4. Difflugia lobostoma Leidy. Das Gehäuse aus unregelmäßig poly- sonalen, schwach nach außen konvexen Plättchen, ohne Sandkörner gebaut. Fig. 2. a und b Formen der Schalenöffnung (Pylom). Fig. 3. Ein jüngeres, erst vor kurzer Zeit aus der Theilung hervorgegangenes Individuum, dessen eine Schalenhälfte abpräparirt ist. Im hinteren Drittel liegt der Kern eingebettet in die Körnermasse. Im mittleren Drittel befinden sich auf- genommene Detrituskörnchen und Nahrungstheilchen ete. Aus dem vorderen Drittel gehen die Pseudopodien hervor. | Fig. 4. Ein älteres Individuum, bei dem der Protoplasmakörper fast den ganzen Gehäuseraum ausfüllt. Der ganze Körper ist angefüllt mit der Körnermasse, deren Körner nach vorn zu immer größer werden. Fig. 5. Ein aus lauter Glassplittern gebildetes Gehäuse. Die Plättchenstruktur ist völlig verwischt. Fig. 6. a Einige Plättchen der gewöhnlichen Schale etwas stärker vergrößert. Auf den Grenzlinien sind mehrere stäbchenförmige Körper in der Richtung der Grenze eingelagert. db Querschnitt durch ein Stück Schale. Fig. 7—10. Konjugationsstadien. Nur die großen und kleinen Kerne sind auf der Abbildung ausgeführt, Schale und Protoplasmakörper nur im Umriss. wer Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. I. Zur Entwicklung und Differenzirung des Keimstreifens von Lumbricus. Von R. 8. Bergh. Mit Tafel XIX— XXI. Einleitung. Die nachfolgenden Erwägungen bildeten die Veranlassung zu der hier vorliegenden Untersuchung. Es schien noch vor wenigen Jahren, als ob zwischen Hirudineeu und Oligochaeten in mehrfacher Hinsicht höchst bedeutende Abwei- chungen vorhanden seien mit Rücksicht auf den Aufbau und die Diffe- renzirung des Keimstreifens. Während man bei den Oligochaeten am Hinterende des Keimstreifens gewöhnlich nur eine Urzelle (oder Polzelle) jederseits fand, durch deren Thätigkeit bekanntlich nur das sogenannte Mesoderm entsteht, war es gelungen bei den Blutegeln jederseits am Hinterende des Keimstreifens fünf Urzellen zu finden, und durch _ die Thätigkeit dieser Urzellen entsteht ein Keimstreifen, aus dem sich nicht nur »mesodermale« Theile bilden, sondern aus dem unter Anderem auch die Bauchkette entsteht. Ja, bei den Kieferegeln gelang es sogar nachzuweisen, dass der ganze Rumpf des erwachsenen Thieres mit Ausnahme des Mitteldarmepithels sich aus dem Keimstreifen entwickelt. Der Erste, der die größere Anzahl von Zellen und Zellreihen ge- sehen hat, ist, so viel mir bekannt, Raruke!, der bei Nephelis ein Bild davon lieferte. Später hat Bürscnuı am Hinterende des Keimstreifens von Nephelis mehrere große Zellen gezeichnet?, ohne in seinem Text 1 H. Rıruke,, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen. Leipzig 1862. Taf. V, Fig. 7. 2 O0. BürscahLı, Entwicklungsgeschichtl. Beiträge. Diese Zeitschr, Bd. XXXIX. 1876. Taf. XVIII, Fig. 43. a ’ N e hi 470 R. S. Bergh, Genaueres darüber anzugeben; auch Rosın stellte eine größere Anzahl solcher Polzellen für Glepsine in seinen zahlreichen Abbildungen dar!. Die Sache wurde doch erst durch die vorzüglichen Untersuchungen Wuırtman’s von 1878 über die Furchung und die Bildung des Keim- streifens von Olepsine ? genauer aufgeklärt. Wnıtman hat hier nachge- wiesen, dass alle zehn Urzellen des Keimstreifens aus einer einzigen Furchungskugel hervorgehen, die sich erst in zwei Zellen theilt, die als der »primäre Neuroblast« und der »primäre Mesoblast« bezeichnet wurden; letzterer theilt sich dann weiter in die zwei tiefer liegenden »Mesoblasten «, ersterer in die acht mehr oberflächlich liegenden »Neuro- blasten«. Ich habe nach eigenen Untersuchungen diese Darstellung Wurrman’s für Glepsine bestätigt’, indem ich zwar mit Bezug auf die weitere Umbildung des Keimstreifens anderer Ansicht war wie Wuırt- MAN; wie es schon der Name andeutet, ließ dieser Verfasser in der eitirten Arbeit die »Neuroblasten« und die von ihnen ausgehenden Zellreihen alle in die Bildung des Nervensystems ganz und gar auf- gehen. Bei den Kieferegeln war es mir gelungen genau dieselbe Zusam- mensetzung des Keimstreifens nachzuweisen, wie sie Wnıtman bei Clepsine gefunden hatte: jederseits aus fünf Zellreihen, von denen die vier mehr oberflächlich liegen, die eine dagegen tiefer, und die hinten von Polzellen ausgehen‘. Mit Bezug auf das weitere Schicksal dieser Zellreihen theilte ich in so fern die Ansicht Wnıtman’s, dass es sich fest- stellen ließ, dass sich aus dem Keimstreifen »Rumpfkeimen«) nicht nur »mesodermale« Theile, sondern auch Bauchkette und Epidermis bilden. Ich stellte somit den Satz auf, dass »die Rumpfkeime« der Blutegel nicht den Mesodermstreifen der Regenwürmer streng homolog sind, sondern letztere entsprechen nur einem Theil der in den ersteren enthaltenen Gebilde. Ich vermochte es aber nicht herauszubringen, was aus jeder einzelnen der fünf Zellreihen entsteht, und ob sich die vier oberfläch- lich liegenden mit Bezug auf ihre definitive Ausbildung von einander unterscheiden. | Später hat Wnıman seine Untersuchungen an Clepsine wieder ! Gn. Rosın, Mem. sur le developpement embryonnaire des Hirudinees. Mem. ce lacad. de l’inst. de France. Tom. XI. 1875. 2 C. 0. Wurman, The Embryology of Clepsine. Quart. journ. ol micr. Sc. Vol. XVIH. {N. S.) 4878.°p. 215 ff. 3 R. S. BersH, Über die Deutung der allgemeinen Anlagen am Ei der Clepsine und der Kieferegel. Zool. Anzeiger. Nr. 216. 1886. p. 112. 4 R. S. Bercn, Die Metamorphose von Aulastoma gulo. Arbeiten aus dem zool.- zoot. Inst. Würzburg. Bd. VII. 1885. p. 234, sowie: Über die Metamorphose von Nephelis. Diese Zeitschr. Bd. XLI. 1884. p. 284. ir Nene Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 471 aufgenommen !, und er gelangte rücksichtlich der Differenzirung des Keimstreifens theilweise zu neuen Ergebnissen. Die tieferen Zellreihen hält er wie früher für identisch mit den »Mesodermstreifen«; von den vier oberflächlich gelegenen geht aber, wie er jetzt erkannt hat, nur die der ventralen Medianlinie am nächsten gelegene in die Bildung der Bauchkette auf, und wird demgemäß jetzt nur diese als Neuralreihe, und ihre Urzelle als Neuroblast bezeichnet; die zwei nächst folgenden Zellreihen bezeichnet er als »Nephridialreihen« und ihre Urzellen als »Nephroblasten«, weil dieselben bei der Bildung der Nephridien (Seg- mentalorgane) verwendet werden sollen; die vierte (äußere) Reihe würde mit dem indifferenten Namen »laterale oder äußere Reihe« belegt, ihre Urzelle heißt »lateraler Teloblast«. Wnırman gelangte mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Reihe nicht ganz ins Reine, jedoch vermuthete er, dass sich aus derselben Muskelgewebe entwickle?. Es wäre somit nach der neuen Darstellung Wnırman’s jede Zellreihe als Anlage für ein besonderes Organsystem zu betrachten. Eine andere Darstellung der Differenzirung der vier oberflächlichen Zellreihen gab kürzlich in vorläufiger Mittheilung nach Untersuchungen an Nephelis Sr. Arıruy?. Nach diesem Verfasser gehen jederseits die drei inneren Reihen ganz und gar in die Bildung der Bauchkette auf, und zwar so, dass aus der innersten das ganze System der Längskom- missuren, aus der zweiten die Ganglienkapseln, aus der dritten die peripherischen Nervenstämme entstehen. Aus der vierten (äußersten) Reihe soll sich die Längsmuskulatur bilden !. Während somit alle neueren Untersucher, die sich eingehender mit der Entwicklung der Blutegel beschäftigten, darüber einverstanden sind, dass ihre Keimstreifen (d. h. die Summe der fünf Zellreihen, die von Urzellen ausgehen) nicht schlechthin »Mesodermstreifen« sind’, 1 C. 0. Wuıtman, A contribution to the history of the Germ-layers in Clepsine. Journal of Morphology. Vol. I. No. A. 1887. p. 105 ff. 2 C.0. Wnıtman, The Germ-layers in Clepsine. Zool. Anz. Nr. 218. 4886. p.173. 3 St. Arırny, Nach welcher Richtung muss die Nervenlehre reformirt werden? Biol. Gentralblatt. Bd. IX. Dechr. 1889. Nr. 19. p. 603. 4 ApırHy drückt sich übrigens über die Zusammensetzung des Keimstreifens recht sonderbar aus: »Die Keimstreifen, welche, wie schon WHıTMAn gezeigt hat, auf vier Teloblasten zurückgeführt werden können und in gewissen Stadien ziem- ‚lich weit nach vorn als vier Längsfelder von Zellen sich verfolgen lassen« etc. Wurtman hat aber nachgewiesen, dass sich jede Keimstreifhälfte auf fünf Telo- blasten zurückführen lässt. Oder rechnet Apırny die tieferen Zellreihen mit ihren Urzellen gar nicht mit zum Keimstreifen ? 5 Als Kuriosum sei erwähnt, dass kürzlich Rası (Theorie des Mesoderms. Morphol. Jahrb. Bd. XV. 4889. p. 496) mit der Behauptung auftrat, dass »die beiden Streifen an der Bauchseite« einfach »Mesodermstreifen« seien, und seinen 472 R. S. Bergh, so ist dagegen die Frage noch nicht definitiv gelöst worden, was für eine Bedeutung jede einzelne der Zellreihen und Urzellen hat. Denn seit Jahren bin ich mit Untersuchungen über diesen äußerst schwie- rigen Gegenstand beschäftigt, die mir zwar noch nicht hinlänglich be- friedigende Ergebnisse geliefert haben, die jedoch so viel erkennen lassen, dass weder die alte noch die neue Darstellung Wnırtman’s, noch auch diejenige Arırny’s ganz das Richtige getroffen hat. Bei den Oligochaeten wurde, wie erwähnt, ganz allgemein die Existenz von nur einem Zellstreifen und einer Urzelle jederseits im Keimstreifen behauptet, nämlich der sog. Mesodermstreifen und Ur- mesodermzellen. Doch lag schon von früherer Zeit eine Angabe vor, nach welcher bei Tubifex eine größere Zahl von großen Zellen am Hinterende des Keimstreifens vorkommen soll. Die betreffende Angabe rührt von KowaLevs&y her, der am Schluss seiner Abhandlung über die Entwicklungsgeschichte von Euaxes! sagt: »Ich möchte hier nur noch bemerken, dass auch bei Tubifex so eine Scheidung der Keimblätter zu verfolgen ist, nur mit dem Unterschiede, dass die Keimstreifen an ihren hinteren Enden nicht zusammenliegen, sondern weit von einan- der abrücken, und dass man an dessen hinteren Enden nicht zu einer großen, sondern zu drei und in späteren Stadien zu fünf Zellen sieht, und dass die Keimstreifen selbst aus fünf Längsreihen von Zellen be- stehen.« Diese Angaben scheinen sehr wenig beachtet worden zu sein, und es war daher von bedeutender Wichtigkeit, dass vor wenigen Jahren Wırson bei Lumbricus ganz entsprechende Verhältnisse nach- wies? und außerdem die Mittheilung machte, dass die vier oberfläch- lichen Zellreihen im Ektoderm liegen? Was das weitere Schicksal dieser vier Zellreihen betrifft, war Wırson ganz derselben Ansicht wie Wnırman: dass aus der inneren die Bauchkette, aus den beiden mittle- ren die Nephridien entstehen, während er es nicht herausbringen konnte, was aus der äußeren hervorgeht. Zweifel an dem Zugrundegehen der ursprünglichen Epidermis der Kieferegel in sehr sarkastischer Weise äußerte. Rası ist also durch seine »Untersuchungen« nicht so weit gekommen wie vor etwa dreißig Jahren RArake trotz der Unvollkom- menheit der damaligen Technik. 1 A. KowALevsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. de l’acad. imper. de St. Petersbourg. Ser. VII. Tom. XVI. 4874. No.12. p.20. 2 Enm. B. Wırson, The Germ-Bands of Lumbricus. Journal of Morphology. Vol. I. No. 4. 1887. p. 483 ff. 3 Bei Lumbricus » communis « (bekanntlich einer kollektiven Art) fand WıLsoN vier Urzellen und vier Zellreihen jederseits im Ektoderm, bei Lumbricus » olidus« (= foetidus) nur drei solche, bei Lumbricus »agricola« (= terrestris) vier Zell- reihen, aber nur drei Urzellen (die äußere soll fehlen). Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 473 Schon vor dem Erscheinen von Wiırsow’s Abhandlung war ich durch Untersuchungen an Criodrilus zu dem Ergebnis gelangt !, dass die Nephridien keineswegs aus der Epidermis (oder Ektoderm sensu strictiori) entsteht, sondern sich ganz und gar aus der Hautmuskelplatte »parietalem Mesoderm«) entwickeln; auch vermochte ich die ektoder- malen Urzellen und Zellreihen bei Criodrilus in den von mir unter- suchten Entwicklungsstadien weder damals noch später aufzufinden. Die Sache interessirte mich aber umgemein, erstens weil nach den Ergebnissen Wırson’s eine so große Ähnlichkeit im Aufbau des Keim- streifens bei Oligochaeten und Hirudineen vorhanden wäre, und weil die Oligochaeten in der Hinsicht (wie auch sonst) primitivere Verhält- nisse aufweisen würden; zweitens weil ich schon früher die Regen- wurmembryonen als Objekte kannte, an denen es leichter ist mit Bezug auf den Schichtenbau des Embryo und auf die Organogenese vorwärts zu kommen als bei den Jungen der Blutegel. Ich ging daher an diese Untersuchung heran, und es gelang sehr leicht die Existenz der im Ektoderm gelegenen Wırsov’schen Zellreihen und Urzellen zu konsta- tiren, und die Hauptvorgänge ihrer weiteren Entwicklung festzustellen war auch nicht allzu schwierig. So konnte ich Mitte Februar dieses Jahres einen vorläufigen Bericht über meine Untersuchungsergebnisse schreiben ?. Diese Arbeit ist also in der Absicht verfasst, die Bedeutung der verschiedenen, dem Keimstreifen angehörigen Elementartheile aufzu- klären und dadurch den Vergleich mit anderen Anneliden (besonders Hirudineen) um einen kleinen Schritt weiter zu führen. Danach be- handle ich zunächst die Wırson’schen Streifen und ihre Entwicklung; nachher muss auch noch die Bildungsgeschichte der Segmentalorgane und der Borstensäcke genauer betrachtet werden, weil Wırson die ersteren, wie erwähnt, von den »Nephroblasten« und »Nephridialreihen« herleitet, und auch über die Entwicklung der Borstensäcke Angaben gemacht hat, die nicht richtig sind. Einen eigentlich histogenetischen Zweck hat diese Arbeit somit nicht; ich gehe auf histogenetische Vor- gänge hier nur in so fern ein, als es die Darstellung der eben genann- ten Gegenstände nothwendig macht. In einer Beziehung muss ich im Voraus um Entschuldigung bitten. Ich habe nämlich keine Reinkulturen einzelner Arten von Regenwür- mern angelegt, sondern die Kokons einfach aus der Erde aufgegraben. 1 R.S. BereHn, Zur Bildungsgeschichte der Exkretionsorgane bei Criodrilus, Arbeiten aus dem zool.-zoot. Inst. Würzburg. Bd, VIII. 4888. p. 223 ff. 2 R.S, BEercHu, Neue Beiträge zur Embryologie der Regenwürmer. Zool. Anz. 4890. Nr. 332. p. 186. Ä 474 R. S. Bergh, Desshalb war die Artbestimmung der Embryonen nicht so sicher wie erwünscht. Die Kokons waren (jedenfalls bei Weitem die meisten derselben) zwei Arten gehörig, einer größeren und einer kleineren, als welche ich Lumbricus (Allolobophora) turgidus Eisen (= Lumbrieus communis p. p.) und Lumbrieus (Allolob.) riparius Hoffm. (= chloroti- cus) vermuthe, weil nur diese beiden Arten in dieser Erde in großer Anzahl gefunden wurden. Übrigens stimmen die in beiden Arten von Kokons enthaltenen Embryonen mit einander ganz genau überein, sogar die Größenverhältnisse der Embryonen und der ganz jungen Würmer sind dieselben für beide. In beiden Fällen enthält jeder Kokon nur einen einzigen Embryo. T, Zur Entwicklung und Differenzirung der Wilson’schen Zellreihen. Nachfolgern auf diesem Gebiete möchte ich zur ersten Orientirung über die Wırson’schen Streifen folgendes, von L. Ranvıer übrigens für ganz andere Zwecke angegebene Verfahren empfehlen. Embryonen von 0,5—0,8 mm Länge werden auf eirca 5 Minuten in frisch ausgepressten und durch Flanell filtrirten Citronensaft gebracht, werden danach eirca 20 Minuten in eine 1°/,ige Lösung von Goldchlorid eingelegt, worauf die Reduktion in einem Gemisch von einem Theil Ameisensäure und vier Theilen Wasser im Tageslicht erfolgt. Nach einer bis zwei Stunden sind die Embryonen röthlich und recht weich geworden; man bringe sie nun auf einen Objektträger, ziehe die ganze Rückenhaut ab und lege die isolirte Bauchwand mit der Außenseite nach oben (Deckglas mit Wachsfüßchen, Untersuchung in Wasser!); dies gelingt Alles sehr leicht. Bei dieser Behandlungsweise treten die Urzellen und die Zellreihen als solche individualisirt mit einer geradezu wunderbaren Klarheit hervor; im ganzen hinteren Theile sind sie durch helle Linien von einander ge- trennt (die Ursache dazu ist wohl eine Schrumpfung des Gewebes), und nur im vordersten Theil des Keimstreifens solcher Embryonen ist es nicht möglich die drei äußeren Reihen aus einander zu halten, diesel- ben fließen hier in eine zellige Masse zusammen. Es handelt sich bei Anwendung dieser Methode darum, den richtigen Zeitpunkt zu treffen, da die Präparate sich bald überfärben und unbrauchbar werden. Für die feineren Untersuchungen ist diese Methode nicht zu ver- wenden. Ich brauche hierfür folgendes Verfahren, durch welches die Gewebe sehr hübsch differenzirt werden. Die Embryonen werden auf wenige Minuten in Osmium-Chromessigsäure nach Frennming’s Vorschrift eingelegt, kommen danach etwa doppelt oder dreimal so lange in eine '/,procentige Lösung von Platinchlorid, werden dann ausgewaschen und in gewöhnlicher Weise weiter behandelt. Die Flächenpräparate Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 475 werden am besten ungefärbt in Glycerin untersucht; die zu schnei- denden Embryonen werden in wässeriger Hämatoxylinlösung gefärbt, welcher Farbstoff die durch die vorausgehende Behandlungsweise her- vorgerufene Differenzirung der Elemente noch erhöht. Es gelingt nicht so oft bei dieser Behandlungsweise so vollständige Flächenpräparate des Keimstreifens zu erhalten wie bei der vorigen, oft muss man sich mit Fragmenten begnügen, weil einige der Urzellen gewöhnlich gerade an der Krümmung am Hinterende liegen. Vollständig ausgebildet und sehr deutlich findet man die Urzellen und Zellreihen bei Embryonen von circa 0,35—1,5 mm Länge; die Ur- zellen sind in diesen Stadien in voller Thätigkeit und treten recht klar hervor. Bei Würmern, die größer waren als 1,5 mm, sind die Zell- reihen im hinteren Körpertheil noch recht deutlich zu unterscheiden, sind aber dann, wie schon Wırson bemerkt »more than one cell wide through their whole length«. Die Urzellen konnte ich aber bei solchen größeren Würmern niemals finden, weder an Schnittserien noch in Flächenpräparaten (auf die Verhältnisse bei ganz kleinen Embryonen gehe ich später ein). Ich glaube sie sicherlich nieht übersehen zu haben in den späteren Stadien, was ausdrücklich hervorgehoben wer- den muss, weil Wırson (l. c. p. 184) sie bei Lumbrieus foetidus noch bei Würmern von 8—10 mm Länge findet. Verhalten sich in dieser Hinsicht verschiedene Arten in dem Grade verschieden ? Die Anordnung der vier Urzellen ist eine sehr konstante (Fig. 5). Etwas vor dem Hinterende des Embryo finden sich die innerste (N) und die äußerste (M,) derselben (der Neuroblast und der »laterale Teloblast « Wırson’s), während die beiden mittleren (MV, und M,, die beiden »Nephroblasten« Wırson’s) gewöhnlich gerade an dem stark gekrümm- ten Hinterende liegen, wesshalb sie in den Präparaten oft von dem vorderen Theil des Keimstreifens abgetrennt werden müssen. Die Bezeichnung »Neuroblast« habe ich beibehalten, während ich die drei äußeren Urzellen zusammen als vordere oder äußere Myo- blasten bezeichne; die »Urmesodermzelle« mag innerer oder hin- terer Myoblast heißen (vgl. hierüber meine vorläufige Mittheilung). Die Urzellen zeigen meistens eine eckige Gestalt und sind gewöhnlich vorn breiter, hinten etwas verjüngt. Sehr oft trifft man sie in Thei- lung, wobei die Kernfigur excentrisch (vorn) liegt; die Theilung ist ja als Zellknospung zu bezeichnen, durch welche kleinere Zellen nach vorn abgegeben werden. In Fig. 5 ist die äußerste Urzelle (M,) eben in Theilung begriffen (hat eine sehr deutliche excentrische Äquatorial- platte). Diese Zelle liegt immer noch ein wenig weiter nach vorn als der Neuroblast; bei größeren Embryonen ist übrigens der Längen- 476 R. S. Bergh, abstand zwischen den verschiedenen Urzellen viel bedeutender als bei kleineren, wo sie viel näher an einander liegen. Die Urzellen haben alle einen außerordentlich großen Kern und gewöhnlich ein einfaches, großes Kernkörperchen, das sich sehr intensiv färbt; das ist wohl der Ruhezustand der Zelle. Statt des einfachen Kernkörperchens findet man öfters mehrere kleine Nucleoli (Fig. 8); diesen Zustand fasse ich als Vorbereitung zur Theilung oder als Rückkehr zur Ruhe auf. Von jeder Urzelle geht nach vorn eine einfache Zellreihe aus, die Anordnung dieser Reihen ist aus Fig. 5 ersichtlich. Im hintersten Theil verläuft jede Zellreihe gewöhnlich eine kurze Strecke getrennt von den anderen (von gewöhnlichen Epidermiszellen umlagert); wenig weiter nach vorn schließen sich die Zellreihen sehr eng an einander, und ihre gegenseitigen Begrenzungslinien bieten ein recht zierliches Bild dar. Die Zellen haben einen größeren Quer- als Längsdurchmesser, sie haben große runde oder ovale Kerne mit einfachem oder doppeltem Kern- körperchen. Nicht selten sind sie in Theilung zu finden. Bei kleineren Embryonen lassen die Zellreihen dieselbe elemen- tare Anordnung in ihrer ganzen Ausdehnung erkennen: sie sind bis ganz vorn deutlich von einander zu unterscheiden. Bei den etwas größeren ist das nur in der hinteren Region der Fall. Allerdings lässt sich die von dem Neuroblasten entspringende Neuralreihe (oder, wenn sie breiter wird, Neuralplatte) mit ziemlicher Deutlichkeit in der ganzen Länge des Keimstreifens unterscheiden, mit den drei äußeren Reihen ist das aber nicht so. Verfolgt man ihren Verlauf von hinten nach vorn, so verschmelzen mit einander erst die beiden der Neuralreihe am nächsten liegenden, und noch weiter nach vorn lässt sich auch die äußerste Reihe von ihnen nicht scharf abgrenzen!. Zugleich werden die Streifen breiter; wie später zu erwähnen, enthalten ihre Quer- schnitte in der vorderen Körperregion (bei größeren Embryonen) eine größere Anzahl von Zellen. Die aus der Summe der drei äußeren Zell- reihen gebildete tiefere Ektodermschicht habe ich wegen ihrer weiteren Entwicklung als äußere Muskelplatten bezeichnet. Gehen wir nun zunächst etwas zurück und sehen wir, wie es sich bei noch jüngeren Embryonen als den bis jetzt erwähnten mit den 1 Wırson sagt hierüber für Lumbricus foetidus, wo nur drei Zellreihen vor- kommen sollen (l. c. p. 486): »In early stages it (s: the outer row) sometimes fuses in front with the nephridial row, but in some specimens it seems to be distinch.« Im Postscriptum (p. 194) wird die betreffende Reihe als zweite » Nephridialreihe « gedeutet; wie sich aber die bei Lumbricus » communis« und Lumbricus »agricola« vorkommende vierte (äußerste) Zellreihe verhält, ob sie vorn mit der dritten ver- schmilzt oder nicht, wird nicht gesagt. Wırson wäre wohl in Folge seiner Deutung der Zellstreifen geneigt anzunehmen, dass sie ganz gesondert bliebe. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 477 Wirsow’schen Zellreihen und Urzellen verhält. Wırson giebt hierüber nur Folgendes an: » The neuroblasts, nephroblasts and the ‚lateral telo- blasts‘ (a) can first be distinguished with certainty in spherical embryos towards the end of the invagination« (l. c. p. 188). Ich bin mit Rück- sicht auf diese Verhältnisse ein Stück weiter gekommen, muss aber bedauern die Sache doch nur bis zu einem gewissen Punkt zurückver- folgen zu können, nämlich bis zu einem Stadium, in welchem (außer den inneren Myoblasten) nur zwei Urzellen und zwei Zellstreifen jeder- seits vorhanden sind. Von den ganz jungen Gastrulae und von den Furchungsstadien habe ich bis jetzt nur ein recht kärgliches Material gehabt, und je frühere Stadien man untersucht, desto schwieriger wird es die Wırson’sschen Urzellen zu unterscheiden, da sie sich in Größe und Gestalt von den gewöhnlichen Ektodermzellen um so weniger unterscheiden, je jünger die Embryonen sind. Diese Sache bis zum ersten Anfang zu verfolgen ist bei Lumbricus jedenfalls mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden, und wird in dieser Beziehung wahrschein- lich Tubifex, der ja nach Kowaervsky entsprechende Verhältnisse dar- zubieten scheint, ein weit günstigeres Objekt sein. Von den ganz jungen Embryonen habe ich verhältnismäßig wenige geschnitten; die Schnittrichtung lässt sich bei der fast sphärischen Form derselben nicht sicher bestimmen, und selbst wenn sie einmal ganz richtig war, werden nur wenige Schnitte brauchbar, indem die meisten schräg geführt werden müssen. Die Hauptuntersuchung sol- cher jungen Stadien ist somit an durchsichtig oder halb durchsichtig gemachten ganzen Embryonen vorzunehmen. Dieselben wurden (nach Behandlung mit Fremnine’scher Flüssigkeit und Platinchlorid) ungefärbt in Glycerin untersucht, und zwar unter einem Deckglas mit Wachsfüß- chen, so dass sie in der verschiedensten Lage beobachtet werden können. Um den Bau eines solchen Embryo richtig zu verstehen, muss oft das Deckglas vielmals hin- und hergeschoben werden, zu dem Zweck, dass der Keimstreifen von allen Seiten (im Profil und en face) betrachtet werden kann. Bisweilen ist es auch zweckmäßig Stücke vom Keimstreifen unter dem Präparirmikroskop abzulösen. Das erste von mir beobachtete Stadium des Keimstreifens ist in Fig. 1 abgebildet. Es waren hier erkennbar: die beiden hinteren oder inneren Myoblasten (My) sowie die von ihnen ausgehenden Zellreihen (my —= »Mesodermstreifen« der Autoren), schon vom Ektoderm bedeckt. Jene liegen gerade am Hinterende dem Munde gegenüber, die von ihnen ausgehenden Zellreihen sind einfach und gebogen (die Konvexi- tät ist gegen den Bauch, die Konkavität gegen den Rücken gekehrt). Etwas weiter nach vorn sind dann ferner erkennbar: jederseits zwei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 31 478 RS. Bergh, größere Zellen (N und M) mit großem Kern und Kernkörperchen; die- selben liegen ganz seitlich und vollkommen oberflächlich, von den ge- wöhnlichen Ektodermzellen nicht bedeckt. Sie haben schon eine ähn- liche Form wie die Urzellen in späteren Stadien (hinten verjüngt) und vorn schließen sich ihnen einige wenige, reihenartig angeordnete Zellen an. Nur die eine Hälfte des Keimstreifens ist in der Figur vollständig wiedergegeben (schräg von oben gesehen); die andere Hälfte verhielt sich ganz eben so, nur lagen die beiden oberflächlichen, vorderen Ur- zellen hier ein bischen näher an dem hinteren Myoblasten. Dieser ist noch viel größer als die vorderen Urzellen. — Das eben beschriebene Stadium wurde bei einem Embryo von 0,125 mm Durchmesser beob- achtet. Das nächste Stadium ist in Fig. 2 dargestellt (auch hier wurde nur die Hälfte des Keimstreifens gezeichnet). Der hintere Myoblast und die von ihm entspringende Zellreihe verhalten sich wie zuvor; weiter vorn im Ektoderm finden sich aber drei ansehnliche Urzellen von ähnlicher Form und Größe wie zuvor. Von zwei derselben (N und M,+,) gehen Zellreihen aus, die schon aus einer größeren Anzahl von Zellen bestehen wie im vorigen Stadium; von der dritten (M°) ging keine solche Zell- reihe aus; an ihrem Vorderrande lag aber eine kleinere Zelle, die ich geneigt bin als den ersten Anfang einer solchen Zellreihe aufzufassen. Wie die Zelle M, entstanden ist, gelang es mir nicht direkt zu verfol- gen; aus den im Folgenden mitzutheilenden Beobachtungen ist aber durch Analogie höchst wahrscheinlich, dass sich die Zelle M (in Fig. 1) in die beiden Zellen M,+, und M; getheilt hat, wobei M,.;, im Zusam- menhang mit der schon vorhandenen Zellreihe m, bleibt, während M, eine ganz neue Reihe (m) liefert. Das Stadium Fig. 2 wurde bei einem Embryo von 0,16 mm gefunden; die andere Keimstreifhälfte zeigte genau dieselben Verhältnisse wie die eben beschriebenen. Das nächste Stadium habe ich in Fig. 3 dargestellt; durch einen glücklichen Zufall ist mir dieser Zustand ein einziges Mal zu Gesicht gekommen. Das Stadium wurde bei einem Embryo von 0,19 mm Länge beobachtet; es war hier zwischen den beiden Hälften des Keimstreifens in so fern ein Unterschied vorhanden, als die nicht abgebildete ein wenig weiter entwickelt war: sie hatte vier im Ektoderm gelegene Ur- zellen (außer den hinteren Myoblasten), und von jenen hatten nur die beiden inneren (N und M, im folgenden Stadium) und die äußerste (M;) Zellreihen producirt, während von der dritten Zelle (M2) noch keine Zellreihe ausgeht. In der abgebildeten Hälfte sind nur drei Urzellen vorhanden, die mittlere derselben (M, >) ist aber im Begriff sich in zwei gleiche Hälften zu theilen, und die Theilungsebene steht fast parallel Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 479 zu der Längsrichtung des Keimstreifens. Ich kann nicht wohl daran zweifeln, dass durch diese Theilung die beiden Zellen M, und M, ent- stehen, und dass, wie aus dem folgenden Stadium hervorgeht, M, in Zusammenhang mit der ursprünglichen Zellreihe x, bleibt, während M; eine neue bilden muss. Von N und M, gehen in diesem Stadium deutliche Zellreihen (n und m;) aus, jedoch ist die Reihe m, noch ziem- lich kurz. Das nächste Stadium (Fig. 4) nähert sich, wie leicht ersichtlich, der vollkommenen Ausbildung der Zellreihen und ihrer Urzellen (Fig. 5) sehr. Eigentlich sind ganz dieselben Verhältnisse zu beobachten wie hier, nur ist die Zellreihe m, noch sehr kurz, reicht bei Weitem nicht so weit nach vorn wie die drei anderen Reihen, sie besteht nur aus ganz wenigen Zellen, die sich zwischen den Reihen m, und m, ein- schieben und diese aus einander schieben. Es ist die Kürze der Zell- reihe my sehr einfach dadurch zu erklären, dass die Urzelle M, später als die übrigen Urzellen angefangen hat Zellen nach vorn zu knospen. Das Stadium Fig. 4 entstammt einem Embryo von 0,2 mm Länge; die nicht abgebildete Hälfte des Keimstreifens zeigte entsprechende Ver- hältnisse. In solchen Stadien sind die hinteren Myoblasten schon ein bischen vom Hinterende auf die Rückenfläche verschoben. Also um das über die Entwicklung der Wırson’schen Streifen Mit- getheilte kurz zu rekapituliren: im ersten von mir genauer untersuch- ten Stadium finden sich jederseits drei Urzellen des Keimstreifens, die schon nach vorn Zellreihen producirt haben, und die als der hintere Myoblast (= Urmesodermzelle My), als Neuroblast (N) und als primärer vorderer Myoblast bezeichnet werden können. Wäh- rend die beiden ersteren keine weiteren Veränderungen eingehen, sondern ununterbrochen fortfahren vorn kleinere Zellen zu knospen, theilt sich wahrscheinlich der letztere erst in eine äußere (M,) und eine mittlere (M, >) Zelle, und die letztere theilt sich nochmals in die beiden mittleren Urzellen (WM, und M;); in dieser Weise entstehen also die drei sekundären vorderen Myoblasten. Von diesen bleibt die innere (M,) mit der ursprünglichen Zellreihe (m,) in Zusammenhang, während die beiden äußeren (M, und M,) neue Zellreihen (my und m;) produeiren müssen!. In solchen Stadien wie Fig. 1—3 liegen alle die Wırson’ schen Ur- zellen und Zellreihen ganz frei an der Oberfläche, zwischen den 1 In diesem Zusammenhang mag nochmals daran erinnert werden, dass KowALEvsKy erst in späteren Entwicklungsstadien von Tubifex die volle Zahl von - Urzellen (jederseits 5), in jüngeren Stadien nur 3 fand. Die Sache verläuft wohl bei Tubifex in derselben Weise wie bei Lumbricus. 34% 480 R. S. Bergh, gewöhnlichen Ektodermzellen. In Fig. 20 ist ein gut gelungener Quer- schnitt aus einer Serie durch einen Embryo von 0,17 mm dargestellt, Die beiden großen Zellen im Ektoderm, die frei an der Oberfläche vor- ragen, sind die Neuroblasten; neben der einen (rechts in der Figur) liegt auch ganz oberflächlich eine kleinere Zelle (m,), die dunkler ge- färbt ist als die sonstigen oberflächlichen Ektodermzellen und die der von der Urzelle M, ausgehenden Zellreihe angehörig ist. In späteren Stadien ändern sich aber diese Verhältnisse. Wırson giebt hierüber an (l. ec. p. 188): »At this period (s. bei ganz jungen Embryonen) they have the same arrangement as in later stages, but lie in the ectoblast, extending to the surface of the body. Each gives rise to a row of cells, that can be traced forwards for a short distance and then is lost amongst the surrounding cells. In later stages these teloblasts are gradually crowded below the surface by adjoining ectoblast cells, though they always remain embedded in the ectoblast«, und (p. 185): »The neuro- blasts fit closely into the ectoblast, and in some cases unquestionably extend to the outer surface, as my be seen with especial clearness when they are rounded and swollen at the time of division«; genau dasselbe soll von den vorderen Myoblasten (= Wırson’s Nephroblasten und lateralen Teloblasten) gelten. Ich finde in dieser Beziehung einen ganz konstanten Unterschied zwischen den Neuroblasten und den vor- deren Myoblasten. Die Neuroblasten werden nämlich sehr bald von gewöhnlichen Ektodermzellen überwachsen; in Fig. 6 (Sagittalschnitt durch einen Embryo von 0,34 mm Länge) sieht man den Neuroblasten und die Neuralreihe von einer platten Ektodermschicht bedeckt, in der zwei Kerne liegen, und dass die Neuroblasten nicht einmal bei ihren Theilungen die Oberfläche erreichen, zeigt der Sagittalschnitt Fig. 7 (Embryo von 0,55 mm Länge). Die vorderen Myoblasten dagegen blei- ben bei den von mir untersuchten Arten ganz frei an der Oberfläche liegen, so lange sie überhaupt nachzuweisen sind; so finde ich sie noch bei einem Würmchen von 1,45 mm Länge in ganz oberflächlicher Lage. In Fig. 8 ist ein Schnitt aus einer Sagittalschnittserie durch einen Em- bryo von 0,53 mm abgebildet; die Serie ist ein bischen schief ausge- fallen, so dass in dem abgebildeten Schnitt sowohl der innerste der drei vorderen Myoblasten (M,) und der Neuroblast (N) vorhanden sind. Ersterer nebst den jüngsten Zellen der von ihm entspringenden Zell- reihe liegen frei an der Oberfläche; letzterer ist bedeckt. Die von den vorderen Myoblasten ausgehenden Zellreihen oder die äußeren Muskel- platten bleiben auch viel länger frei an der Oberfläche liegen als die Neuralreihen; so ist in Fig. 21 ein Stück eines Querschnittes durch einen Embryo von 0,33 mm Länge abgebildet, wo die Neuralreihe (n) Ed; A 3 EEE Ds han m Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 481 bedeckt ist, während die äußeren Muskelplatten (m,—m;) frei an der Oberfläche vorragen. Schließlich werden jedoch auch diese von ge- wöhnlichen Ektodermzellen überwachsen. Querschnitte von etwas älteren Embryonen, die eine kurze Strecke vor den vordersten Urzellen (N und M,) geführt sind, ergeben ein sehr zierliches Bild. Ein Stück eines solchen (von der betreffenden Region eines Embryo von 0,84 mm Länge) ist in Fig. 22 dargestellt. Die Epi- dermis ist einschichtig, aber zu beiden Seiten der ventralen Median- linie, die durch die Wimperzelle (wz) gekennzeichnet ist, finden sich in der Tiefe der Epidermis von der Oberfläche ausgeschlossen vier ziemlich abgeplattete Zellen, die von den Epidermiszellen durch ihr Aussehen recht scharf unterschieden sind (worauf ich gleich zurück- komme) und die den Neuralreihen (rn) und den äußeren Muskelplatten (mı—m;) angehörig sind. Dieses Bild wiederholt sich in den Quer- schnitten der betreffenden Region mit großer Regelmäßigkeit. Stammen die Zellreihen, die von den Wiırson’schen Urzellen ent- springen, allein von diesen her, oder nehmen auch die gewöhnlichen Ektodermzellen an der Bildung derselben Theil? Trotzdem es schwie- rig sein dürfte einen vollkommen positiven Beweis dafür zu liefern, ist es mir doch in hohem Grade wahrscheinlich, dass sie einzig und allein von den Urzellen producirt werden. Dafür spricht erstens die That- sache, dass in diesen letzteren so außerordentlich häufig statt ruhender Kerne karyokinetische Figuren gefunden werden (Fig. I, 7), dass sie also immerfort lebhaft kleinere Zellen nach vorn produciren; dann lässt sich auch am besten die einfache, reihenförmige Anordnung der Zellen aus diesem Ursprung erklären. Es spricht für diese Deutung auch noch die Thatsache, dass die gewöhnlichen Ektodermzellen von den Zellen der Neuralreihen und der äußeren Muskelplatten scharf differenzirt sind, und zwar sowohl in jüngeren wie in älteren Stadien. Nach Hämatoxylinfärbung behält die Zellsubstanz der gewöhnlichen Ekto- dermzellen einen gelblichen oder schwach bräunlichen Ton und er- scheint körnig, oft enthält sie Vacuolen. Die Zellsubstanz der Zellen der Neuralreihen und der äußeren Muskelplatten dagegen erscheint bei schwächerer Vergrößerung homogen und nimmt einen hellblauen Ton an. Zur Illustration dieser Verhältnisse mögen die Fig. 6, 7, 8, 20, 21, 22, 23, 24 und 25 dienen. Dieselbe Beobachtung machte übrigens Wiırson, der nach Färbung mit Boraxkarmin die verschiedenen Zellfor- mationen von einander hübsch differenzirt fand (l. ec. p. 185); desshalb ist dieser Verfasser derselben Ansicht über den Ursprung der Zell- - reihen, wie ich sie soeben vertreten habe. Ich füge nur noch bei, dass Neuralreihen und äußere Muskel- 482 R. 8. Bergh, platten gegen die inneren Muskelplatten überall ganz scharf abgegrenzt sind. — Wir gehen nun zur Beantwortung der Frage über: welche Bedeu- tung für den Aufbau des Körpers besitzen die Wırsow’schen Zellstreifen, was entsteht aus ihnen? Wie schon in der Einleitung erwähnt, meinte Wırson mit Bezug hierauf, dass aus den Neuralreihen die Bauchkette hervorgehe, während die zwei nächstfolgenden Reihen die Schlingen- theile der Nephridien bilden, indem sie sich hinter jedem Septum in die inneren Muskelplatten und schließlich in die Leibeshöhle einstülpen (der Trichter soll aus einer einzigen größeren »mesodermalen« Zelle entstehen); über das Schicksal der äußersten Zellreihe gelang es ihm nicht klar zu werden. Ehe ich zur Detailschilderung meiner Beobach- tungen hierüber übergehe, möchte ich nur gleich bemerken, dass solche Einstülpungen der äußeren Muskelplatten niemals vorkommen; dieselben behalten im Gegentheil ihre Lage zwischen der Epidermis und den inneren Muskelplatten mit großer Beharrlichkeit. Meine Ver- muthung darüber, wie Wırson’s Resultate entstanden sind, werde ich in dem Abschnitt über die Entwicklung der Nephridien darlegen. Wenn wir zunächst die Entwieklung der Neuralreihe betrachten wollen, so lässt sich dieselbe, wie schon erwähnt, in kleineren Embry- onen immer recht deutlich von den äußeren Muskelplatten abgrenzen und zwar sowohl an Flächenpräparaten, wie an Querschnitten. Ver- folgen wir sie nun in einer Querschnittserie durch einen Embryo von circa 0,8 mm Länge von hinten nach vorn, so ist sie (in den Schnitten) ursprünglich nur durch eine einzige Zelle repräsentirt (Fig. 22, rechts), hald aber erscheinen in den Querschnitten statt dieser einen Zelle zwei oder mehrere neben einander liegende (Fig. 23), was auch in Flächenpräparaten erkennbar ist (Fig. 9). In der letztgenannten Figur ist von den Wırson’schen Streifen nur die Neuralreihe dargestellt: die- selbe besteht hier nicht mehr aus einer einfachen Zellreihe, sondern es erscheinen fast überall zwei Zellen neben einander. Zugleich findet nach und nach eine Verdickung statt: auf dem Querschnitt zeigen sich die Zellen über einander geschichtet (Fig. 24); kurzum, die ursprüng- lich einfache Neuralreihe geht in eine breitere und diekere Neural- platte über. Das geschieht natürlich durch eine sehr lebhafte Ver- mehrung der Zellen: dieselben sind sehr oft in Theilung begriffen und zwar gehen die Theilungen in allen möglichen Richtungen vor: bald steht die Theilungsebene parallel, bald senkrecht zur Oberfläche. Die Zellen der Neuralplatten sind immer ganz scharf von den gewöhnlichen Epi- dermiszellen in derselben Weise wie früher unterschieden; lateralwärts lassen sie sich in den Schnitten noch immer sehr deutlich von den gar Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 483 nicht verdiekten, sondern eher abgeplatteten äußeren Muskelplatten ab- grenzen (Fig. 233—25); die Zellen dieser beiden Anlagen stimmen übri- gens (wie auch früher) in ihrer Empfängliehkeit für Farbstoffe gut überein. Bevor wir nun die Neuralplatten in ihrer Entwicklung weiter ver- folgen, müssen wir erst eine andere nervöse Anlage betrachten, die früher in Funktion tritt als sowohl das obere Schlundganglion wie die Neuralplatten, die aber bisher — so weit mir bekannt — von Niemand gesehen wurde, trotzdem es gar nicht schwer ist die Existenz der- selben nachzuweisen. Es ist dies ein Plexus von Nervenzellen und Nervenfasern, der sich entlang der Mittellinie des Bauches, zwischen den Neuralplatten der linken und rechten Seite entwickelt. Schon bei Embryonen von 0,5 mm Länge, bei denen die Zellen sowohl in den Neuralplatten wie in der Anlage des oberen Schlundganglions noch einen ganz embryonalen und nicht specifisch nervösen Charakter tragen, und wo noch keine »fibril- läre Punktsubstanz« gebildet ist, lässt sich der betreffende Plexus nach- weisen und auch in viel späteren Stadien ist er im hinteren Körpertheil noch immer sehr deutlich. Die Zellen, die ihn zusammensetzen, sind meistens unipolar oder bipolar und die Ausläufer verlaufen fast immer in der Längsrichtung des Embryo; desshalb sind sie in Flächenpräpa- raten (Fig. 9, 40) und in sagittalen Längsschnitten (Fig. 12) leicht nach- zuweisen, während in Querschnitten nur die centralen Zellkörper und nicht die Ausläufer erkannt werden können (Fig. I1 nz). An Flächen- präparaten lassen sich die Ausläufer, die sehr fein und dünn sind, oft eine ansehnliche Strecke weit verfolgen, wobei sie sich bisweilen ver- zweigen. Die Zellen und ihre Ausläufer liegen in der Tiefe der Epi- dermis, gewöhnlich zwischen den großen ventralen Wimperzellen oder zwischen diesen und anderen Ektodermelementen eingelagert (Fig. 9, wo die Zellen durch Druck zufällig halb isolirt wurden); in dem Fig. 10 zu Grunde liegenden Präparat waren die Nervenzellen mit ganz vor- züglicher Klarheit zu erkennen. Die Kerne dieser Zellen scheinen mir gewöhnlich im Verhältnis zum Zellkörper kleiner wie bei den noch einen embryonalen Charakter tragenden Zellen; sie enthalten ein oder zwei Kernkörperchen. Die Zellsubstanz färbt sich durch Osmiumbe- handlung ein bischen dunkler wie die der übrigen Elemente, beson- ders als die Epidermiszellen und besonders in Hämatoxylin nimmt sie eine viel kräftigere blaue Farbe an als die der meisten übrigen Ele- mente (Fig. 14, 42, 13). Am lehrreichsten ist aber die Behandlung mit Goldchlorid. Zu diesem Zweck werden die Embryonen wie vorhin er- wähnt in Citronensaft und danach in einprocentige Goldcehloridlösung gebracht; die Reduktion darf aber nicht in starker Ameisensäure, son- 484 R. S. Bergh, | dern in äußerst verdünnter Essigsäure erfolgen (im Tageslicht). Nach zwei Tagen (im Winter) sind sie violett gefärbt und können nun (im Dunkeln) in Alkohol weiter erhärtet werden; schließlich werden sie eingebettet und in Serien zerlegt. Bei solchen ganz jungen Embryonen zeigen sich Epidermis, Neuralplatten, Muskelplatten hell gefärbt, und nur die Nervenzellen erscheinen dunkelviolett bis schwärzlich. Nach einem durch diese Behandlungsweise hergestellten Präparat wurde Fig. 14 gezeichnet. — In späteren Stadien, wenn schon die Zellen der Neuralplatten und des oberen Schlundganglions sich als Nervenzellen ausgebildet haben und wenn die fibrilläre Punktsubstanz aufgetreten ist, färbt sich die letztere durch die Goldbehandlung tief schwarz, wäh- rend die größtentheils unipolaren Zellen dunkelviolett erscheinen; ihre in die Punktsubstanz sich begebenden Ausläufer treten äußerst deutlich hervor. Die meisten übrigen Theile nehmen nur einen ganz schwachen Ton an. Ich habe die eben erwähnte Methode genauer angegeben, da sie, wie ich glaube, für das Studium der Entwicklung des Nerven- systems recht gut ist und vielleicht auch bei anderen Thierformen in dieser Beziehung Aufklärungen geben könnte. Es entsteht die Frage: woher stammen die Zellen, die den eben er- wähnten ventralen nervösen Plexus zusammensetzen? Stammen sie von den Neuralplatten her, oder sind sie von gewöhnlichen Epidermis- zellen herzuleiten? Positiv kann ich die Sache nicht entscheiden; in- dessen spricht alle Wahrscheinlichkeit für die letztere Alternative. Wenn Ersteres der Fall wäre, müssten sich in dem einen oder in dem anderen Stadium Zellen beobachten lassen, die sich von den Neural- platten ablösten, um sich in Nervenzellen umzubilden und ein solches Verhalten hätte mir bei den vielen Embryonen der verschiedensten Sta- dien, deren Keimstreifen ich sowohl von der Fläche wie an Schnitten untersuchte, auffallen müssen; das war aber niemals der Fall. Die Zellen der Neuralreihen schließen immer fest an einander und ein Auswandern von Zellen aus denselben findet nicht statt. Dazu kommt aber noch ein anderer Umstand. Der erwähnte ventrale Nervenplexus bildet sich nicht nur in der Region aus, wo die Neuralplatten vorhanden sind, sondern es entstehen auch Nervenzellen in der Region hinter den Neuroblasten. Gerade am Hinterende des Körpers finde ich eben ziemlich konstant jederseits eine Gruppe von solchen Nervenzellen und zwar sowohl bei jüngeren wie bei älteren Embryonen. In den Querschnittserien treten sie in den ersten Flachschnitten der Körperwand oft mit großer Deut- lichkeit hervor (Fig. 13, 14) zwischen den gewöhnlichen Epidermis- zellen!. Würde man nun annehmen, dass diese Zellen von den Neu- 1 Fig. 43 und 44 rühren von Embryonen von resp. 2 und 4 mm Länge her; u Bi uud. A Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 485 ralplatten herstammen, so müssten sich von den letzteren Zellen losgelöst haben, die bis an das Hinterende wanderten, um sich hier nervös auszubilden; eine solche Annahme dürfte aber wohl schwerlich Anhänger finden. Nach alledem möchte ich also annehmen, dass sich der ventrale Nervenplexus aus Epidermiszellen entwickelt; denn ich wüsste keine andere Quelle für denselben. Indem sich die Neuralplatten während der weiteren Entwicklung medianwärts verbreitern, werden die Zellen, die den eben erwähnten Plexus bilden, von ihnen einverleibt. Wir müssen uns mit den hier- hergehörigen Vorgängen ein bischen näher beschäftigen. In seiner so ungemein sorgfältigen Untersuchung über die Entwicklung von Lum- brieus trapezoides! sprach KLEINEnBERG die Ansicht aus, dass die Neu- ralplatten unmittelbar innerhalb der großen Wimperzellen sich mit einander vereinigen, während die letzteren nachher sich in gewöhn- liche Ektodermzellen umbilden, indem sie ihre Wimperhaare verlieren und sich mehrfach theilen. Das ist nach meinen Beobachtungen nicht der Fall; im Gegentheil werden die Wimperzellen von innen nach außen nach und nach resorbirt. Während dieselben in früheren Sta- dien, ein feinkörniges, vakuolenhaltiges, helles Plasma besitzen, das sich durch Osmiumsäure nicht stärker als gewöhnliche Ektodermzellen imprägnirt und in dem sich feine Stränge unterscheiden lassen, die von den Wimperhaaren in das Innere der Zelle hineinziehen und während sie in solchen Stadien mit breiter Basis die Grenzlamelle zwischen Epidermis und inneren Muskelplatten erreichen (Fig. 7, 11, 12, 22, 23), ist das in späteren Stadien wie Fig. 17—19 anders. In Fig. 17 ist der Basaltheil der Zelle recht schmal (in der Figur sogar noch ein bischen zu breit gezeichnet), und zwischen demselben und den Neuralplatten wuchern die Ektodermzellen. In den in Fig. 18 und 19 abgebildeten Schnitten, die weiter vorn durch denselben Embryo geführt sind, ist die Basalpartie der Wimperzellen bereits gänzlich resorbirt, und die Zellen liegen als dünne Platten den gewöhnlichen Epidermiszellen auf, die sich als dünne Schicht unter ihnen verbreitern (die Epidermis ist hier viel dünner als weiter nach hinten, was in der durch das Wachs- , thum vergrößerten Spannung seinen Grund hat). Weiter vorn werden die wimpernden Platten noch dünner und verschwinden schließlich ganz. Schon in solchen Stadien wie Fig. 17—19 haben die Wimper- - zellen ihre früher sehr großen Kerne eingebüßt (was die Flimmerbe- aber auch in solchen von 0,5 mm Länge finde ich entsprechende Verhältnisse am Hinterende. 1 N. KLEINENBERG, Sullo sviluppo del Lumbricus trapezoides. Napoli 1878. - p.45. " 486 R. S. Bergh, wegung keineswegs zu beeinträchtigen scheint, und sie bräunen sich durch Osmiumsäure sehr stark; auch lassen sich in der Zellsubstanz keinerlei feinere Strukturen erkennen. Also diegroßen Wimper- zellen bilden sich nicht in Elemente der bleibenden Epi- dermis um, sondern werden resorbirt. Indem nun die Neuralplatten sehr stark wachsen, drängen sie sich auf einander zu; die Epidermiszellen werden dadurch emporgehoben, die ursprünglichen, plexusbildenden Nervenzellen werden aber, wie gesagt, der Bauchkette einverleibt. Dabei gehen sie wahrscheinlich auch ganz neue Beziehungen ein, indem Ausläufer in anderen Rich- tungen als die ursprünglich vorhandenen zu entstehen scheinen. So sind in Fig. 15 drei solche Nervenzellen abgebildet, von denen die zwei schräg nach außen laufenden Ausläufer besitzen, nur die eine zeigt die ursprüngliche Anordnung der Ausläufer. Auch an Schnitten lässt sich solches beobachten. In Fig. 18 sind die Zellen der Neuralplatten noch nicht nervös ausgebildet, und es ist noch keine fibrilläre Punkt- substanz gebildet; nur nahe an der Medianlinie zeigt sich eine Zelle mit einem schräg lateralwärts laufenden Ausläufer versehen; in anderen Schnitten erweisen sich an solchen Zellen mehrere Ausläufer. Zum Vergleich diene Fig. 19: hier haben sich sehr viele Zellen der verwachsenen Neuralplatten in unipolare Nervenzellen ausgebildet und die Punktsubstanz ist deutlich erkennbar. Auch in den Goldehlorid- präparaten erweisen sich in den jungen Ganglienanlagen Anfangs nur ganz wenige, nahe an der Medianlinie liegende Zellen sehr stark ge- färbt, erst später reduziren auch die übrigen Zellen das Gold in hohem Grade. Alle diese Zellen, die der Medianlinie so nahe liegen und früher nervös ausgebildet werden als die übrigen Elemente der Bauchkette, halte ich für Mitglieder des ursprünglichen Plexus, der in dieser Weise in die Bildung der Bauchkette mit eingezogen wird. Es ist ja nicht wohl möglich einen vollkommen exakten Beweis hierfür zu liefern; nach alledem, was ich gesehen, halte ich aber diesen Verlauf der Ent- wicklung für äußerst wahrscheinlich. Die Bauchkette der Regenwürmer würde demgemäß / aus zwei verschiedenen Anlagen entstehen: A) aus einem aus gewöhnlichen Epidermiszellen hervorgehenden und frühzeitigfungirendenPlexus; 2) aus den durch die Thätig- keit der Neuroblasten entstehenden Neuralplatten, deren Zellen erstspäterin Funktion treten. Es wäre nun interessant zu wissen, welche Zellen der Bauchkette 1 Das wäre also ein neues Beispiel dafür, wie ganz unabhängig vom Kern die Flimmerbewegung vorgeht. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 487 aus der einen und welche aus der anderen dieser Anlagen hervor- gehen. Ich vermag keine sichere Lösung dieser Frage zu geben, es lag dieselbe auch außerhalb der ursprünglichen Aufgabe, die ich mir ge- stellt hatte. Ich kann jedoch eine Vermuthung in dieser Beziehung nicht unterdrücken. Durch eine sorgfältige Untersuchung von B. Friep- LÄNDER! ist die elementare Zusammensetzung der Bauchkette vom Regenwurm genauer bekannt geworden als früher und besonders hat FRIEDLÄNDER uns mit einer von dem gewöhnlichen unipolaren Typus der Nervenzellen abweichenden Art von Elementen bekannt gemacht: es sind multipolare, nicht sehr zahlreiche Zellen, die ventral in und neben der Medianlinie an bestimmten Stellen gelegen sind und die sich auch in chemischer Beziehung von den gewöhnlichen Elementen unterschei- den ?. Ich möchte nun die Vermuthung aussprechen, dass diese Zellen von dem ursprünglichen Plexus herstammen, während die gewöhn- lichen Elemente ihren Ursprung aus den Neuralplatten nehmen. Wei- tere Untersuchungen mtissen hierüber entscheiden. — Über die ältere Litteratur zur Genese der Bauchkette kann ich mich kurz fassen; nur über die allerneuesten Angaben hierüber habe ich mich näher auszusprechen. Die oben gelieferte Darstellung liefert in dem einen Hauptpunkt eine Bestätigung der von KowaALEvskyY und von KLEINENBERG (l. c.) gegebenen Schilderung: dass die beiden seit- lichen ventralen Ektodermverdicekungen in die Bildung der Bauchkette aufgehen, indem sie in der Medianlinie mit einander verwachsen. Von der Theilnahme einer mittleren Ektodermeinstülpung, wie HaATscHek 3 wollte, ist keine Rede; eine solche Einstülpung existirt nicht und konnte nur durch schlecht konservirte und stark geschrumpfte Embry- onen vorgetäuscht werden. — Über die späteren Entwicklungsstadien hat KLeEinenger@ sehr genaue Auskunft gegeben: so hat er beobachtet, dass die Sonderung in einzelne Ganglien schon anfängt, während die Anlage noch im Ektoderm liegt, und dass die fibrilläre Punktsubstanz 1 B. FRIEDLÄNDER, Beiträge zur Kenntnis des Centralnervensystems von Lumbri- cus. Diese Zeitschr. Bd. XLVII. 1888. p. 47. 2 In einer kürzlich erschienenen Arbeit (Beiträge zur Kenntnis der Textur des Centralnervensystems höherer Würmer. Arbeiten aus dem zool. Institut Wien. Bd. VIII. 1889. p. 81) sagt B. HALLeEr, dass ihm zwischen den Medianzellen und den anderen Zellen der Bauchkette »nach der von mir angewandten Methode« kein Unterschied in chemischer Beziehung aufgefallen sei. Um aber die bestimmt lautenden Angaben FriepLÄnper Ss hierüber in Abrede zu stellen, wäre es doch nothwendig gewesen die Sache durch die von ihm angewandte Methode (Osmium- säure, Reduktion in Holzessig) zu prüfen, und das hat Harrer jedenfalls nicht gethan. 3 B. HAtscHek, Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Morphol. der Anneliden. Sitzungsberichte der Wiener Akad. Bd. LXXIV. 4876. Abth. I. 488 R. S. Bergh, sich in jedem Ganglion gesondert anlegt und dass erst nachträglich eine kontinuirliche Leitung zu Stande kommt, endlich wie die Anlage nach und nach von der Epidermis getrennt und von den inneren Muskel- platten umwachsen wird. Dies ist Alles richtig. Zur Erläuterung des ersten Punktes habe ich noch die Fig. 16 gegeben, die ein Stück eines sagittalen Längsschnittes darstellt, wo die segmentalen Anschwellun- gen der im Ektoderm gelegenen Neuralplatten (n) sichtbar sind. Solche Längsschnitte sind mit Bezug auf diese Erkenntnis wenigstens eben so instruktiv wie die Querschnitte, die KLeinengerG abbildet. — Der ein- zige Fehler in KLEInenBerg’s Darstellung der Entwicklung der Bauch- kette war die Ableitung der Neuralplatten. Da er die Bedeutung der Neuroblasten nicht kannte, leitete er — wie ja früher auch Kowı- LEVSKY — die Elemente der Neuralplatten von gewöhnlichen Epidermis- zellen her, besonders am Hinterende sollte eine lebhafte Proliferation derselben stattfinden, um die Neuralplatten zu bilden. Dies ist unrich- tig, und die Sache wurde erst von Wiırson richtig aufgefasst. Auch in späteren Stadien, wenn die Neuroblasten verschwunden sind, sind es nicht die gewöhnlichen Epidermiszellen, sondern die Abkömmlinge jener, die Elemente der Neuralplatten, die selbständig weiter wuchern, um die neuen Segmente der Bauchkette zu bilden, wie auch schon Wiırson richtig eingesehen hat. In neuester Zeit wurde gegen die paarige Anlage der Bauchkette von L. Rouz£! Opposition gemacht. Rovrr fand bei Enchytraeoides Marioni n. sp. die Bauchkette gleich von ihrem ersten Auftreten median angelegt, und stellte diesen Befund mit den Darstellungen von SıLENSKY und Nusgaum für Branchiobdella resp. Clepsine zusammen; dann gene- ralisirt er: »Il est probable que les assertions e&mises par les divers auteurs et tendant ä faire admettre qu'il se produit d’abord deux plaques medullaires separe6es, ont &t& donn6es d’apres l’etude de stades assez avanc6s; il existe toujours des l’abord, un seul centre de proli- feration, dans lequel prennent naissance ensuite les deux cordons fibril- laires.« Nun, ich denke, dass ein Jeder, der das erste Stadium der Bauchkette, das Rouze abbildet (seine Fig. 83), mit den Figuren von KLEINENBERG und von mir vergleicht, darüber nicht im Zweifel sein wird, dass das erste Stadium, das RovuLr untersuchte, weit älter ist als die z. B. in dieser Arbeit gegebenen Bilder der Anfangsstadien, und damit kann ich mich weiterer Bemerkungen enthalten. ! L. RouLe, Etudes sur le developpement des Annelides et en particulier d’un Oligochete limicole marin, Ann. des sc. nat. Ser. 7. Tom. VII. Zoologie, 1889. p- 107—ı442, Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 489 Die neueste Arbeit Vespovsey’s ! stellt die Entwicklung der Bauch- kette bei den Regenwürmern in einer Weise dar, die mit allen bis- herigen Angaben darüber unvereinbar ist. Während alle anderen Beobachter — ihre Angaben mögen sonst so verschiedenartig wie mög- lich lauten — darüber einverstanden sind, dass die Anlagen der Gan- glien der Bauchkette ursprünglich mit einander zusammenhängen, dass sie (einen oder) zwei kontinuirliche Zellstränge bilden, so leugnet dies VespovskY. Die Wırson’schen Urzellen und Zellreihen hat er nicht nach- weisen können; nach seinen Untersuchungen kommen nur zwei Ur- zellen des Keimstreifens vor, nämlich die »Promesoblasten « (= hintere Myoblasten). Und die Ganglien sollen nach seiner Darstellung voll- ständig gesondert von einander entstehen, indem jederseits der Median- linie in jedem Segment eine Epidermiszelle zu besonderer Größe sich heranbildet, um dann durch Theilung eine Zellgruppe zu erzeugen, aus der die Hälfte eines Ganglions entsteht (in ähnlicher Weise lasse sich auch, wenigstens bei Allurus tetraeder, die Bildung des Gehirns auf zwei größere Ektodermzellen zurückführen). Diese Bildungszellen des Gehirns und der Ganglien der Bauchkette werden als »Neuroblasten« bezeichnet (l. ec. p. 2337—241). Die Schilderung der weiteren Entwick- lung des Nervensystems wird erst im dritten Heft desselben Werkes erfolgen. ‚Zu diesen Angaben Vz)povsky's möchte ich mir folgende Bemer- kungen erlauben. Dass einem so bewährten Beobachter die WıLson- schen Urzellen und Zellreihen unbekannt bleiben konnten, findet seine Erklärung in der etwas einseitigen Methodik, die er angewandt hat. Die betreffenden Bildungen treten am deutlichsten in durchsichtig ge- machten Flächenpräparaten der abpräparirten Bauchwand sowie in Sagittalschnittserien hervor, und auf diese Präparationsmethoden hat VEIDOVSKY, wie aus seiner Arbeit hervorgeht, wenig Gewicht gelegt. Er untersuchte hauptsächlich die lebenden Embryonen, und diese Me- thode hat ihm mit Rücksicht auf andere Verhältnisse — namentlich bez. der Furchung und der Ausbildung der Larvennieren — sehr schöne Resultate ergeben; für die Erkenntnis der Entwicklung des Nerven- systems und der Existenz der Wırsovw’schen Streifen betrachte ich sie aber als unzuverlässig. Dann hat Vrspovsky auch Querschnittserien durch ältere Embryonen gemacht; dass indessen diese an und für sich nicht genügen, um die Existenz der Wırson’schen Streifen klar hervor- 1 Franz VEIDovVsKy, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Heft II. Prag 41890. — Ich bin Herrn Professor VEIDovskY zu großem Dank verpflichtet für seine _ Liebenswürdigkeit, mir die sämmtlichen Druckbogen und Tafeln. dieser Arbeit zu _ übersenden, ehe sie noch im Druck erschienen war. + « i 490 | R. S. Bergh, treten zu lassen, geht daraus hervor, dass die letzteren einem Beob- achter von KLEINENBERG’S Schärfe unbekannt geblieben sind, trotzdem er zahlreiche Querschnittserien durch ältere und jüngere Embryonen untersuchte. Indessen bleibt es mir doch unerklärlich, dass VEIDovskY die zusammenhängenden, von KLEINENBERG So genau dargestellten Neu- ralplatten in Abrede stellen konnte, und was die großen Zellen sind, die er als » Neuroblasten« bezeichnet, kann ich nicht sagen, da ich nie- mals Ähnliches beobachtet habe. Übrigens hat Verpovsky sicherlich die Urzellen der Wırson’schen Streifen gesehen. Das geht mir aus mehreren seiner Abbildungen her- vor, so namentlich aus der Fig. 4, Taf. XVI (rechts). Ihre Bedeutung hat er jedoch nicht verstanden; er fasste sie im Gegentheil als Ele- mente auf, die (durch besondere Größe ausgezeichnet) im »Mesoblast« entstehen, um nachher auszuwandern und das »magere« Ektoderm verstärken zu helfen; etwas Derartiges meinte er auch bei Rhyn- chelmis zu finden. Indessen hat er, wie er selbst zugiebt, bis jetzt keine Abbildungen gegeben, die mit Bezug hierauf beweisend seien, und ich kann die Deutung, die er seinen diesbezüglichen Beobachtungen ge- geben hat, unmöglich für richtig halten. — Auf die höchst werthvollen Angaben Vespovsky’s über die Furchung von Rhynchelmis werden wir weiter unten zurückkommen. — Die andere Quelle, aus welcher die Bauchkette entsteht, der Plexus, war bisher unbekannt geblieben. Ich glaube auch, dass dies an den Methoden liegt, die die früheren Forscher in Anwendung brachten. — Der Plexus ist wohl mit den Plexusbildungen in eine Kategorie zu stellen, die bei so vielen Polychaeten- und Blutegellarven vorkommen. Wahrscheinlich ist bei allen solchen Anneliden, die entweder frühzeitig als Larven ins Freie ausschlüpfen oder als Larven im Kokon frühzeitig anfangen Eiweiß aktiv aufzunehmen, ein solches Nervensystem vor- handen, bevor noch die Neuralplatten in Funktion treten, während in Fällen direkter Entwicklung, wo das ganze Nahrungsmaterial für die Jungen in den Eiern selbst als Nahrungsdotter abgelagert ist, auch die Entwicklung des Nervensystems auf mehr direktem Wege, ohne Ver- mittlung eines Larvennervensystems vorgeht. — Es bleibt uns noch übrig darzulegen, was aus den dvei äußeren Wırson’schen Zellreihen (seinen »Nephridialreihen« und »äußeren Reihen«) entsteht. Wie schon oben erwähnt, erweisen sie sich sowohl in Flächenpräparaten wie in Schnittserien von den Neuralplatten recht‘ ! In einer früheren Arbeit (System und Morphologie der Oligochaeten. Prag 1885. p. 93) schilderte übrigens VEınovsky die Entwicklung der Bauchkette wesent- lich übereinstimmend mit den früheren Angaben KLEINENBERG’S. Neue Beiträge zur Emhryologie der Anneliden. 491 gut gesondert, und zwar nicht nur am Anfang ihrer Entwicklung, son- dern auch später. Dagegen verschmelzen, wenn wir sie von hinten nach vorn verfolgen, erst die Reihen m; und m;, später mit diesen auch mM;, so dass sie sich in etwas größeren Embryonen vorn als eine ein- heitliche Anlage kund geben, in der die Descendenten der Zellen M,, M, und M, nicht von einander unterschieden werden können. Diese Anlage bezeichnete ich als äußere Muskelplatten. Die äußeren Muskelplatten wuchern stark, aber in einer ganz an- deren Weise als die Neuralplatten. Während sich die letzteren nur verhältnismäßig wenig verbreitern, sich aber dabei erheblich ver- dicken, verdicken sich die äußeren Muskelplatten zunächst durchaus nicht. Wenn wir von einem solchen Stadium ausgehen wie Fig. 22, wo noch alle Zellreihen deutlich unterschieden sind, so erhalten wir nach dem weiteren Stadium, wo m, und my verschmolzen sind, m, aber noch gesondert (welches Stadium ich nicht für nothwendig hielt ab- zubilden), ein solches Querschnittsbild wie Fig. 23. Alle drei Zellreihen bilden eine Platte (m), die am lateralen Rande der Neuralplatte (n) be- ginnend sich eine Strecke lateralwärts erstreckt, als eine tiefere Ekto- dermschicht von gewöhnlichen Epidermiszellen überlagert. Im nächst abgebildeten Schnitt sind die Verhältnisse ähnlich, nur sind die Zellen der äußeren Muskelplatten (m) bedeutend abgeplattet und sind eine gute Strecke weiter lateralwärts gewuchert; überall bilden sie eine einfache Schicht, nur ganz lateral lagen zufällig zwei Zellen über ein- ander (Fig. 24); von den gewöhnlichen Epidermiszellen sind sie noch immer wohl differenzirt. Noch weiter lateralwärts verbreitert und noch mehr abgeplattet sind die Elemente der äußeren Muskelplatten im nächsten Querschnittsbild (Fig. 25); sie liegen hier als spindelförmig ausgezogene Zellen zwischen der Epidermis und den inneren Muskel- platten, gegen die sie immer durchaus scharf abgegrenzt sind. In den sämmtlichen eben erwähnten Schnitten sind die ventralen Längs- muskelbündel (lm) in der äußersten Schicht der inneren Muskelplatten sehr deutlich; nach und nach werden sie breiter (Fig. 22—25). Die Neuralplatten erweisen sich auch in allen Schnitten scharf umschrieben. Es ergiebt sich also aus der Verfolgung der äußeren Muskelplatten von hinten nach vorn oder an älteren und jüngeren Stadien, dass die Elemente jener in der Weise wuchern, dass sie sich seitlich ver- breitern und dabei spindelförmig ausziehen und abplatten, noch immer eine einfache Schicht in der Tiefe des Ektoderms bildend. Nirgends wo erscheint die Schicht sonderlich verdickt und nirgends wo stülpt sie sich in die inneren Muskelplattten hinein (wie Wırson meinte, um Nephridialanlagen zu bilden); die Elemente bleiben (wie auch später) ri 492 R. S. Bergh, in ihrer Lage zwischen Epidermis und inneren Muskelplatten (spätere Längsmuskulatur). Es fragt sich, wie sie sich weiter differenziren. Zunächst hellt sich die Zellsubstanz auf; die lang ausgezogenen Zellen der äußeren Muskelplatten erscheinen in den Schnitten hell, und nur ihre Kerne ziehen das Hämatoxylin an; zugleich zeigen sich die Begrenzungslinien der Zellen noch schärfer wie vorher (Fig. 26). Sie haben noch immer gewuchert und sich mehr nach dem Rücken zu verbreitert, dabei sind sie sehr lang ausgezogen, noch mehr wie früher, und die zugespitzten Enden der Zellen sind außerordentlich schmal und dünn, so dass es an vielen Stellen scheinen kann, als sei die Schicht unterbrochen und als wäre die Epidermis den inneren Muskelplatten direkt aufgelagert (stellenweise in Fig. 26); das ist nun kaum der Fall, aber die spitzig zulaufenden Enden der Zellen sind so dünn, dass sie sich in den Schnitten hier und da der Beobachtung entziehen. Nur ganz dorsal fehlt die Schicht noch (die Abbildung ist der unteren Region des dorsalen Längsmuskels entnommen). Andererseits lagern hier und da (wie in Fig. 26) zwei Zellen der Schicht schon jetzt über einander, so dass eine Verdickung derselben stattzufinden anfängt. — Die Auf- hellung der Zellen sowie ihre Längsstreckung schreitet noch weiter fort, dabei werden auch die Kerne, die ursprünglich rund waren (z. B. Fig. 23), oval (Fig. 26) und noch später recht lang und schmal (Fig. 27). Zugleich zeigt sich am Rand einer solchen Zelle in diesem letzten Sta- dium eine sehr stark brechende, oft wellig gebogene Faser, wodurch die Zelle sich schon jetzt als Muskelzelle charakterisirt (Fig. 27). Die speciellen histologischen Vorgänge bei dieser Ausbildung der Zellen habe ich nicht ermittelt, z. B. in wie fern eine und dieselbe Zelle nur an einer oder an mehreren Seiten in kontraktile Substanz sich umbil- det. Dies lässt sich an den Schnitten nicht entscheiden, sondern wäre mittels Maceration der jungen Würmer und Abziehen der äußeren Schichten zu untersuchen und wie ich schon betont habe, verfolgt die vorliegende Arbeit keinen speciell histogenetischen Zweck. Zur Fest- stellung der Thatsache, dass die Zellen der äußeren Muskelplatten in die Bildung der Ringmuskulatur aufgehen, genügen die Schnittserien, nach denen die obigen Figuren gemacht wurden, vollständig, indem die Muskelfasern sich als ganz zweifellos den Zellen der genannten tieferen Ektodermschicht angehörig kund geben. Die muskulöse Ausbildung der Zellen der äußeren Muskelplatten geht zuerst in einer Zone vor, die zwischen dem ventralen und dem dorsalen Längsmuskelbündel liegt; später, wenn sich die Schicht nach der Ventrallinie und der Dorsallinie ausgebreitet hat, findet die Bil- dung von Ringmuskelfasern auch in diesen Regionen statt. Diese erst Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 493 gebildete Ringmuskelschicht ist eine recht dünne und feine, später verdickt sie sich erheblich; ist ja die erwähnte Schicht bei den Regen- würmern durch eine viel bedeutendere Dicke ausgezeichnet wie bei den meisten übrigen Oligochaeten. Die Diekenzunahme findet in der Weise statt, dass neue Fasern den alten außen aufgelagert werden; die äußeren Fasern sind also die jüngeren, die inneren die ältesten. Um dies zu erläutern sind die Fig. 233—29 hergestellt; dieselben stellen Theile von Querschnitten durch ein schon circa 3 mm langes Würm- chen dar. Die Ringmuskelschicht ist im Verhältnis zu den früheren Stadien schon verdickt; man sieht mehrere, wellig gebogene, stark lichtbrechende Fasern über einander geschichtet und zwischen den- selben erscheinen hier und da sehr schmale, lang ausgezogene Kerne. Um diese Verhältnisse recht zu verstehen ist es zweckmäßig ein Objektiv für homogene Immersion ! anzuwenden und Strukturbild und Farben- bild mit einander zu kombiniren. Gegen die inneren Muskelplatten, die jetzt schon sehr weit ausgebildet sind, ist die Ringmuskulatur (wie in allen früheren Stadien) sehr scharf abgegrenzt; ihre Begrenzung nach außen, gegen die Epidermis, ist stellenweise viel weniger scharf, indem hier und da Zellen der inneren schon histologisch ausgebildeten Ringmuskelschicht außen aufsitzen, die noch ähnlichen Charakters sind wie die jugendlichen Ringmuskelzellen von Fig. 26: helle spindel- förmige Zellen, an deren Außenseite noch keine Muskelfaser entwickelt ist, deren Grenze gegen die Epidermis demgemäl weniger scharf ist. Diese Zellen sind offenbar dazu bestimmt, sich in neue Muskelzellen umzubilden und also die Ringmuskelschicht von außen her zu verstär- ken. Dass sie von gewöhnlichen Epidermiszellen herstammen sollten, halte ich für sehr unwahrscheinlich, da ich auch in diesen späteren Stadien niemals Übergangsstadien zwischen den beiden Zellarten fand. Vielmehr spricht Alles dafür, dass diese jugendlich gebliebenen Zellen ganz eben so wie die schon ausgebildeten Elemente der Ringmusku- latur von den äußeren Muskelplatten abstammen. Die Entstehung der Ringmuskulatur bei den Oligochaeten wurde bisher nur sehr selten zum Gegenstand specieller Untersuchungen ge- macht; die meisten Autoren haben sich damit begnügt stillschweigend anzunehmen, dass sie denselben Ursprung habe wie die Längsmusku- latur: aus den inneren Muskelplatten (»Mesodermstreifen« der Autoren). 1 Ich bin der Direktion des »Carlsberg-Fond« zu vielem Dank verpflichtet, weil sie mir ein apochromatisches Objektiv für homogene Immersion nebst zuge- hörigen Ocularen von Zeiss zur Verfügung gestellt hat. Der »Carlsberg-Fond« ist eine reiche Stiftung für Kunst und Wissenschaft, die vom verstorbenen Brauer J. C. JAcoBsEn der dänischen Akademie der Wissenschaften vermacht wurde. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 39% 494 R. S. Bergh, Bei KowALEvskv, KLEINENBERG, HATSCHEK! und Vespovsky habe ich keine diesbezüglichen Angaben finden können; auch Semrer 2, der über die Entstehung der Längsmuskulatur so genaue Angaben machte, musste die Entstehung der bei Nais und Chaetogaster äußerst feinen Ringmuskelschicht unbekannt bleiben. BüLow° hat sich die Frage vor- gelegt, es ist ihm aber nicht gelungen sie zu lösen. Er sagt (l. c. p. 88): »Ob diese (s. die Ringmuskelschicht) ekto- oder mesodermalen Ursprungs ist, kann nicht entschieden werden, doch müssen wir als höchst wahr- scheinlich annehmen, dass auch sie aus dem mittleren Blatt entstanden ist.«e Die Abbildungen Bürow’s, die sich auf das erste Auftreten der Ringmuskelschicht beziehen, gestatten aber gerade eben so gut die An- nahme, dass sie aus dem Ektoderm entsteht. — Von Wiırson erfahren wir hierüber nur sehr summarisch (l. ec. p. 187): »The mesoblastie bands give rise to all the museles and vessels of the body«; Näheres wird aber nicht mitgetheilt. Endlich wird uns in der neuen Arbeit von Rouze nachdrücklich versichert, dass die Ringmuskulatur aus dem »Mesoblast« und nicht aus dem Ektoblast entsteht (l. ec. p. 219 und p- 365), und es wird uns zum ersten Male eine, übrigens recht schlechte Abbildung gegeben, die dies illustriren soll. Die Sache hat aber ihre bedenkliche Seite. Die Zellen, die die Ringmuskulatur bilden, sollen sich schon in die Länge strecken, ehe noch die kontraktilen Fasern der Längsmuskulatur in den Querschnitten sichtbar sind, und an einer Stelle erzählt uns der Verfasser (p. 202), dass die Differenzirung der kontraktilen Substanz von der Peripherie centralwärts vorschreitet, dass erst die äußerste Schicht und dann nach und nach die inneren musku- lös ausgebildet werden. Mit anderen Worten, wenn ich Rouzz recht verstehe, tritt bei Enchytraeoides nicht — wie bei allen anderen Oligo- chaeten — die Längsmuskulatur zuerst auf, sondern im Gegentheil die Ringmuskelschicht und nach dieser differenziren sich erst die Längs- muskelfasern. Diese Annahme würde zu unseren sonstigen Erfah- rungen im Widerspruch stehen und es scheint mir aus mehreren Grün- den eine viel einfachere und näherliegende Annahme zu sein, dass Rovz£ die Entwicklung der Muskulatur nur recht oberflächlich unter- sucht hat. Noch eine Weile, bevor sich die Ringmuskulatur histologisch aus- 1 B. HATscHeEK, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten aus dem zool. Institut Wien. Bd. I. 41878. 2 C. SEmper, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. II. Arbeiten aus dem zool. Institut Würzburg. Bd. Ill. 1876. 3 C. BüLow, Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbri- culus variegatus. Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. 1883. p. 64 fl. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 495 zubilden anfängt, haben sich schon in bekannter Weise die ersten Längsmuskeln entwickelt. Es sind dies die beiden zu den Seiten der Neuralplatten gelegenen Bündel (Fig. 22—25 Im), Semrer’s »primäre Muskelplatten«. Dieselben entstehen bekanntlich aus der äußersten Schicht der inneren Muskelplatten. Nachdem sich erst diese »primären« Bündel ausgebildet haben, entstehen auch, fern von diesen, eine Strecke weiter dorsalwärts eben solche. Eine speciell-topographische Darstel- lung der Entwicklung der Längsmuskulatur will ich hier nicht geben, sondern füge nur ein paar allgemeine Bemerkungen bei. Anfänglich sind die Muskelfasern in einer einfachen Schicht an der äußeren Grenze der inneren Muskelplatten vorhanden, ein Zustand, in dem ja viele niedere Oligochaeten zeitlebens verharren; bald wird aber eine dem definitiven Zustand ähnliche Ausbildung erreicht, indem kontraktile Fasern nicht nur an der Oberfläche der inneren Muskelplatten gebil- det werden, sondern auch in Ebenen, die radial zu dieser stehen. So kommen nach und nach kleine Muskelkästchen zu Stande (Fig. 28—29), die sich nur weiter zu vergrößern brauchen. Die Muskelfasern zeigen sich schon frühzeitig bandförmig. Trotzdem wie erwähnt diese Arbeit keinen speciell histogeneti- schen Zweck verfolgt, kann ich doch eine diesbezügliche Bemerkung nicht unterlassen. Die Muskelfasern der meisten Lumbriciden enthal- ten bekanntlich beim Erwachsenen niemals Kerne. In seiner Arbeit über die Muskulatur der CGhaetopoden! sagt nun Ronupe: »Sehr oft ist im Inneren der Muskelfasern von Lumbricus olidus deutlich ein sehr großer Kern zu erkennen (Fig. 19 A). Da eben so bei Branchiobdella und Phreoryctes, wie ich gezeigt habe, der Kern stets in der Achse der Muskelfaser liegt, so scheint mir gerechtfertigt bei allen Oligochaeten den Kern der Muskelfasern axial anzunehmen. Lang giebt von den Polycladen an, dass bei jungen Larven der Kern stets in der Achse der Muskelfaser liegt, während bei ausgewachsenen Thieren nie ein solcher zu beobachten ist, und hält es für das Wahrscheinlichste, dass die Kerne der Larvenmuskeln später redueirt werden. Dies scheint mir auch bei den Oligochaeten die beste Erklärung der Fälle, in denen ich keinen axialen Kern beobachten konnte.« — Es mag sein, dass für die Polyeladen Lane’s Vermuthung zutrifft, das kann ich nicht beurtheilen; die Vermuthung Ronpe’s mit Bezug auf die Oligochaeten findet aber in den Thatsachen der Entwicklungsgeschichte nicht nur keine Stütze, sondern wird im Gegentheil durch dieselben direkt widerlegt, und hätten die schon existirenden Abbildungen von Längsmuskeln der 1 Zoologische Beiträge, herausgegeben von A. ScHNEIDER. Bd. 1. 3. Heft. 1885. p. 184. 32* AR =” Regenwurm-Embryonen Ronpe von der erwähnten Vermuthung zu- rückhalten können. Denn die Querschnitte der embryonalen Muskel- fasern erscheinen Anfangs ganz außerordentlich klein, aber in ähnlicher Gestalt wie später; es sind diese ganz kleinen Muskelfäserchen, die später so stark anwachsen und die bleibenden Fasern herstellen; an keinem Stadium ist aber irgend eine Spur von Kernen in ihnen nach- zuweisen, sondern die Kerne liegen immer zwischen denselben (An- fangs innerhalb der Längsbündel, später in den Muskelkästchen, zwi- schen den Fasern). Die Vermuthung Ronuper’s trifft also für die von mir untersuchten Lumbricus-Arten sicherlich nicht zu. — Bei den Polychaeten soll nach den Untersuchungen SaLensKy's ! und Kırinensere’s? die ganze Muskulatur (sowohl die Ring- als die Längsmuskeln) des erwachsenen Thieres aus den vom Ektoderm her gebildeten Muskelplatten im Sinne KLeinengerg’s (= Muskelplatten —- Seitenplatten SaLenskKy's) entstehen. | Um nun die Ergebnisse dieses Abschnittes kurz zusammenzufas- sen: aus der medialen der vier Wırson’schen Zellreihen entsteht dieBauchkette, an deren Bildung noch einfrüh- zeitig entwickelter Nervenplexus Theil nimmt; aus den drei lateralen Zellreihen entwickelt sich die Ringmusku- latur. Die Längsmuskulatur bildet sich in bekannter Weise aus den inneren Muskelplatten. 196 R. S, Bergh, II. Zur Entwicklungsgeschichte der Nephridien und der Borstensäcke. Wie schon vorhin erwähnt, wollte Wırson zwei der von ihm ent- deckten Zellreihen in Beziehung bringen zu der Bildung der Nephridien, indem sich die betreffenden Zellreihen segmentweise einstülpen sollten, um die Anlagen der genannten Organe zu erzeugen. Schon die Ergeb- nisse meiner Untersuchungen über die Entwicklung der Nephridien bei Criodrilus (l. e.) mussten lebhaften Zweifel an der Richtigkeit der Wiırson’schen Mittheilungen aufkommen lassen, indem es nicht wohl denkbar wäre, dass sich bei so nahe verwandten Formen die Bildung gleicher Theile in fundamental verschiedener Weise vollziehe, und wir haben denn auch im vorhergehenden Abschnitt dieser Abhandlung gesehen, dass nirgend wo und niemals Einstülpungen der äußeren Muskelplatten vorkommen. Ich halte es nun für zweckmäßig die ! W. Sarensky, Etudes sur le developpement des Annelides. Arch. de Biologie. Tom. III—IV, 1882—1883. 2 N. KLEinenBErg, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopado- rhynchus. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. p. 138 ff. Fakt cn zu Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 497 Hauptvorgänge der Entwicklung der Segmentalorgane auch für Lumbri- ceus darzulegen, weil die Sache hier etwas schwieriger zu verfolgen ist als bei Criodrilus, und somit von Forschern, die das letztgenannte Ob- jekt nicht kennen und nicht mit besonderer Sorgfalt verfahren, wieder in Konfusion gebracht werden könnte. Wie bei Criodrilus, so sind auch bei Lumbrieus die erst erschei- nenden Theile der Nephridien die großen Zellen, die sich zu den Trich- tern entwickeln, und die ich desshalb schon früher Trichterzellen genannt habe. Dieselben treten schon in den inneren Muskelplatten auf, wenn diese noch solid sind, d. h. wenn die Ursegmente schon gegen einander abgegrenzt, aber noch nicht gespalten sind ; so erschei- nen sie mit Regelmäßigkeit in dem Längsschnitt Fig. 30 (tz). Wenn die Ursegmente erst gespalten werden, sind die Trichterzellen immer mit großer Deutlichkeit zu erkennen, sie liegen dann immer an den Vor- derwänden der jungen Dissepimente, seitlich vor den primären Längs- muskelbündeln (Fig. 34). Diese Figur ist in so fern ein diagrammatisches Bild, als sie nach einem Flächenpräparate entworfen ist, in dem zahl- reiche Zellschichten über einander geschichtet sind, von denen nur die- jenigen, worauf es hierbei ankommt, gezeichnet wurden. Ich hielt es für zweckmäßig ein solches Diagramm herzustellen, das sich den thatsäch- lichen Verhältnissen möglichst genau anschließt, weil sowohl HATscHEk wie Wırson derartige Figuren zur Erläuterung der Nephridien - Ent- wicklung gegeben haben, die recht fehlerhaft sind!. In diesem Bild, das also einem bestimmten mikroskopischen Präparate möglichst genau entspricht, ist von dem hintersten Nephridium nur die Trichterzelle erkennbar; schon im zweiten schließen sich der Trichterzelle mehrere kleinere Zellen an, deren Kerne in der Querachse verlängert sind; noch weiter nach vorn wächst die Zahl dieser Zellen, und sie scheinen sich in zwei Reihen anzuordnen. Es verdient ausdrücklich hervorgehoben zu werden, dass niemals die Spur eines Zusammenhanges zwischen den einzelnen hinter einander liegenden jungen Nephridialanlagen vorhan- den ist; davon ist es äußerst leicht sich zu überzeugen, sowohl an Flächenpräparaten wie an Schnitten. Die Trichterzellen bestehen noch unverändert in dem vordersten Nephridium der Fig. 34. Die hinten sich denselben anschließenden Zellen stellen die Anlagen des Schlingen- und Endtheils der Organe vor. ! Um die Entwicklung der Nephridien sowohl an Flächenpräparaten wie an Schnittserien zu untersuchen, thut man am besten nicht die ganz jungen, sondern etwas größere Embryonen zu verwenden, wo die hinteren Nephridien noch in Bildung begriffen sind. Alle diesbezüglichen Vorgänge treten bei solchen größeren Jungen mit viel größerer Klarheit hervor. 498 R. S. Bergh, In Fig. 34 ist auch im vordersten Theil noch keine Spur der Borstensäcke, weder der äußeren noch der inneren sichtbar. In dem Stück aus der vorderen Region des Keimstreifens von demselben Em- bryo, das in Fig. 35 dargestellt ist, sind die Borstensäcke erschienen, die inneren decken das hintere Stück des Schlingentheils der Nephri- dien und kompliciren hierdurch das Bild. Die Schlingentheile bestehen jetzt aus zwei Schenkeln, die aber nicht deutlich in der Figur hervor- treten, weil sie sich im größten Theil ihres Verlaufs gegenseitig decken; an denselben ist schon ein sehr deutlicher Peritonealüberzug vorhan- den. Die Trichterzellen persistiren als solehe noch in den beiden hin- _ teren Nephridien der Fig. 35, in den beiden vorderen haben sie sich dagegen in kleinere Zellen getheilt. In Fig. 31 a—c ist eine Serie von drei Querschnitten (von !/;,, mm Dicke) durch ein Segmentalorgan etwa von dem Alter der vordersten in Fig. 34 dargestellt; a ist der vorderste, c der hinterste Schnitt. In diesem letzteren ist die Anlage des Segmentalorgans als eine kleine Zellgruppe sichtbar (so), die der äußersten Schicht der inneren Muskel- platten angehörig, also von innen den äußeren Muskelplatten aufliegt, von welchen sie durch eine vollkommen scharfe Grenzlinie getrennt ist. Medianwärts liegen die schon deutlich ausgebildeten »primären« Längsmuskelbündel (lm), lateral sind noch keine Längsmuskeln vorhan- den. Die Segmentalorgananlage ist durch andere Zellen der inneren Muskelplatten von der Ursegmenthöhle getrennt. Der nächste Schnitt (Fig. 31 b) bietet ganz entsprechende Verhältnisse, nur die Form der Zell- gruppe (so) erscheint ein bischen verschieden. Im Schnitt Fig. 31 a sieht man schließlich die große Trichterzelle, deren Plasma sehr hell ist und die mit einem auffallend großen Kern und Kernkörperchen versehen ist; sie sieht frei in die Ursegmenthöhle, hat keinen Peritonealüberzug, liegt aber nicht mehr so wie früher (Fig. 30) den äußeren Muskelplatten an, sondern ist durch mehrere Zellschichten von ihnen getrennt. Ob die beiden Zellen, die zwischen ihr und den äußeren Muskelplatten liegen, ob diese mit zur Anlage des Nephridium gehören, vermag ich nicht bestimmt zu entscheiden. Nochin diesem Stadium liegt also das Nephridium ganz und gar in den inneren Muskelplatten; zu der Epidermis oder zu den äußeren Muskelplatten hat esnoch (wie auch in den früheren Stadien) auch nicht die geringste Bezie- hung. Die soeben geschilderten Verhältnisse widerholen sich in der an- gezogenen Serie durch eine gewisse Region mit großer Regelmäßigkeit. Aus meinem Journal führe ich beispielsweise an: in den Schnitten %. u u Da u Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 499 17—48 (von hinten; Embryo von circa 2 mm Länge) Anlage eines Nephridium, in 49 die zugehörige Trichterzelle; in 53—54 wieder An- lage eines Nephridium, in 55 die Trichterzelle; in 62—63 Anlage eines Nephridium, in 64 die Trichterzelle etc. Auch in den Schnitten sieht man in dieser Region noch keine Spur von Anlagen der Borstensäcke; dieselben treten erst weiter vorn auf. Indem die Anlagen der inneren Borstensäcke auftreten, werden nun die Bilder komplicirter, und zwar, weil die Nephridialanlagen etwa gleichzeitig in die Epidermis hinauswachsen, und weil diese distale Verlängerung des Nephridium und die Borstensackanlage sich sehr nahe anliegen. Es ist desshalb nothwendig die Bilder mit einander zu kombiniren, die man in Quer- und Längsschnittserien erhält. In Fig. 32a—b sind Stücke von zwei auf einander folgenden Querschnit- ten dargestellt, die derselben Serie angehörig sind, der Fig. 31 a—c entnommen wurden; a ist der vordere, b der hintere Schnitt. Im letz- teren erkennt man die beiden Schenkel des Segmentalorgans (so), die zusammen eine Schleife bilden, und von den umgebenden Geweben, sowohl von den inneren Muskelplatten wie von der Epidermis scharf abgegrenzt sind. Die Epidermis stülpt sich aber in der Form eines an- sehnlichen soliden Zapfens (i.bo), gegen das Segmentalorgan gerichtet, in die innere Muskelplatte hinein; diese Wucherung ist die Anlage des ventralen (inneren) Borstensackes. Zu beiden Seiten der Segmentalor- gananlage sind Längsmuskelbündel angelegt, lateralwärts allerdings noch aus ganz wenigen Fasern bestehend; die » primäre Muskelplatte « ist dagegen -recht breit geworden gegen früher. Im nächsten Schnitt (Fig. 325) ist nur der eine Schenkel der Schleife des Nephridium voll- ständig, nämlich der distale (vom proximalen fällt nur ein kleines Stück in den Schnitt), und dieser distale Schenkel liegt nicht ganz und gar in der inneren Muskelplatte, sondern ist mit seinem freien Ende in die Epidermis hinausgewachsen, um das Endstück und die äußere Mündung des Organs herzustellen. Aus den beiden abgebildeten Schnitten (be- sonders aus b) ist ferner ersichtlich, dass die Nephridien sich schon in die Leibeshöhle eingestülpt haben und dabei eine Schicht der inneren Muskelplatten als Peritonealüberzug (p) mitgenommen haben. Aus Querschnitten allein geht die Deutung, die ich den beiden Schnitten Fig. 32 a und b gegeben habe, schon mit einiger Wahrschein- lichkeit hervor. Denn die Verlängerung des Nephridium in die Epi- dermis hinaus sieht in der Beziehung anders aus als die Borstensack- Einstülpung, dass die Kerne der ersteren stark verlängert sind in querer Richtung zur Längsachse des soliden Zellstranges, während die Kerne der letzteren einigermaßen rund sind. Hieraus ist schon wahr- 500 R. S. Bergh, scheinlich, dass es sich um zwei verschiedene Bildungen handelt; indessen lässt sich aus den Querschnitten allein nicht mit Sicherheit ermitteln, ob zwischen jenen beiden Theilen irgend welcher Zusam- menhang besteht, oder ob nicht. Um dies zu entscheiden, müssen Längsschnitte zu Hilfe genommen werden; es ist mir aber nur selten gelungen so klare und beweisende Bilder zu erhalten wie das in Fig. 33 dargestellte. Es sind in diesem Bilde zwei Nephridialanlagen (so) mit ihren Trichterzellen (£z) vorhanden; die hintere Trichterzelle ist im Begriff sich zu theilen (Äquatorialplatte). Von dem vorderen Nephri- dium ist nur der distale Schenkel im Schnitt vollständig getroffen, der- selbe bohrt sich in die Epidermis hinaus, und hier ist mit größter Deutlichkeit ersichtlich, dass Nephridium und Borstensack mit einan- der nichts zu thun haben, indem sich die Epidermis unmittelbar hinter der distalen Verlängerung des Nephridium zur Borstensackanlage (i.bo) einstülpt; beide Bildungen sind aber ganz scharf von einander abge- grenzt, trotzdem sie sich genau anliegen. Dass man selten so klare Präparate erhält wie Fig. 33, hat — glaube ich — seinen Grund darin, dass der distale Auswuchs des Nephridium fast immer schräg lateral- wärts gerichtet ist (Fig. 32 a), und desshalb in senkrechten Längsschnit- ten, die die Borstensackanlagen enthalten, nur unvollständig getroffen wird. Alle diese Verhältnisse sind bei Griodrilus viel leichter er- kennbar, weil hier die Ursegmente sammt ihren Höhlen verlängert sind im Verhältnis zu denen von Lumbricus, und weil desshalb die Endstücke der Nephridien und die jungen Borstensäcke durch andere Elemente von einander getrennt sind (vgl. Taf. XIII, Fig. 5—6 meiner Arbeit über Criodrilus). Ä In dem Querschnitt, der gerade hinter dem in Fig. 325 dargestell- ten folgt, erscheint weit lateralwärts die noch sehr junge Anlage des äußeren Borstensackes desselben Segmentes (Fig. 39), und diese Anord- nung wiederholt sich in jedem Segment der betreffenden Region des Embryonalkörpers mit großer Regelmäßigkeit: in einem Schnitt findet sich die Anlage des äußeren Borstensackes, im Schnitt unmittelbar da- vor liegt die (etwas weiter entwickelte) Anlage des inneren Borsten- sackes; im dritten Schnitt findet sich das in die Epidermis hinausragende Endstück des Segmentalorgans. In den bisher erwähnten Stadien war die zellige Anlage des Ne- phridium noch eine ganz solide; später höhlt sich dieselbe aus, und zwar geschieht das in der Weise, dass- innerhalb jeder Zelle Hohlräume auftreten, so dass das Lumen der Röhre intracellulär wird!. Die i In seinen »Untersuchungen an neuen Turbellarien« (Zool. Jahrbücher. Bd. IM. Abtheilung für Anat. und Ontog. der Thiere. 1888. p. 463—464) spricht KEnxeEL die Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 501 weiteren specielleren Umbildungen habe ich nicht verfolgt, namentlich nicht wie die Sonderung in die drei Abtheilungen des Schleifenkanals zu Stande kommt; nur das vermag ich zu sagen, dass die Epidermis an der Bildung derselben durchaus keinen Antheil nimmt, dass dieselben im Gegentheil allein auf Grundlage der ursprünglichen, einheitlichen Anlage entstehen. Also kurz, die Entwicklung der Nephridien findet bei Lumbri- cus in derselben Weise statt, wie es früher für Criodrilus geschildert wurde: Trichter-, Schlingen- und Endabsehnitt differen- ziren sich aus einer einheitlichen Anlage heraus, die in den inneren Muskelplatten ohne Betheiligung der Epi- dermis entsteht. Und die auf einander folgenden Nephri- dien stehen gleich von ihrem ersten Anfang an unter ein- ander in keinem Zusammenhang. Das Verhalten solcher Schnitte wie Fig. 324 und 5 hat wahrschein- lich Wırson auf die Ansicht geführt, dass die Schlingentheile der Seg- mentalorgane als Einstülpungen der äußeren Muskelplatten entstehen, die sich sekundär mit den in den inneren Muskelplatten entstandenen Triehterzellen verbinden. Er hat diese Sache nur im höchsten Grade oberflächlich untersucht und die ersten Entwicklungsstadien der Nephridien hat er überhaupt gar nicht gesehen. Dies geht deutlich her- vor aus dem, was er von den Borstensäcken sagt (l. c. p. 187): »They arise at the same time with the nephridia.« Nun geht ja die Bildung der Nephridien und der Borstensäcke in zeitlicher Hinsicht sehr gesetz- mäßig vor sicn, indem in jedem Segment erst die Anlage der Nephri- dien deutlich wird, dann die Anlagen der inneren und zuletzt die der äußeren Borstensäcke auftreten (vgl. Fig. 34—35), und diese Regel scheint sich nicht nur auf die Regenwürmer zu beschränken, sondern eine weitere Verbreitung zu haben; VEmovsky hat schon vor Jahren! für Rhynchelmis festgestellt, dass »die Bauchborsten um zwei Tage früher zur Entwicklung gelangen wie die Rückenreihen«. Wenn nun Wırson angiebt, dass Borstensäcke und Segmentalorgane gleichzeitig entstehen, so liegt darin implicite — was allerdings fast unglaublich Vermuthung aus, dass in den Fällen, wo wir es mit »durchbohrten Zellen« zu thun haben, diese sich nicht eigentlich ausgehöhlt, sondern eher zusammenge- krümmt haben bis zum Verwachsen ihrer Ränder, dass also das Lumen in dieser Weise zu Stande kommt. Wie plausibel mir das auch scheint, was Kenner darüber schreibt, so glaube ich doch, dass er Unrecht hat eine solche Bildungsweise der intracellulären Kanäle überall anzunehmen. Jedenfalls stimmt das, was ich be- züglich der Entwicklung der Nephridien und der Urnieren der Blutegel beobachtet habe, nicht mit seiner Annahme überein. 1 VEıDovsky, System und Morphologie der Oligochaeten, Prag 1885. p. 75. 502 R. S. Bergh, scheint —, dass er die lange Reihe von Stadien, die in Fig. 34 darge- stellt sind, gar nicht beachtet hat. Seine Beobachtungen fangen erst mit dem Stadium an, wo sich die innere Borstensackanlage bildet und . einstülpt; er hat dieselbe nicht von der Anlage des Nephridium zu son- dern gewusst, sondern beide zusammen als einheitliche Bildung, als Nephridialanlage aufgefasst; dabei hat er noch den Fehler begangen Zellen der Epidermis und der äußeren Muskelplatten zu verwechseln, indem es nach ihm die äußeren Muskelplatten sind, die sich einstülpen. Mit dieser Deutung von Wırson’s Beobachtungen stimmt auch die That- sache, dass er die Borstensäcke gar nicht aus dem Ektoderm herleitet, sondern es nach seinen Beobachtungen für wahrscheinlich hält, dass die Urzellen der Borstensäcke in den inneren Muskelplatten entstehen (»believes them to be of mesoblastie origin«). Was endlich Wırson’s Angabe von dem Entstehen der Nephridien aus zwei genetisch ver- schiedenen Theilen (dem ektodermalen Schlingentheil und der meso- dermalen Trichterzelle) betrifft, so kann dieselbe unmöglich auf Beob- achtungen fußen, da, wie erwähnt, Wırson so frühe Stadien, die hierüber entscheiden können, gar nicht beobachtet hat. Die Ansicht von WıLson ist wohl von seinen theoretischen Voraussetzungen herzuleiten, indem die nach seiner Ansicht aus den »Nephridialsträngen« entstehenden Schlingentheile der Nephridien dem Vornierengang, die »mesoblasti- schen« Trichter den Segmentalorganen des Mesonephros der Vertebraten homolog seien. | In meiner Arbeit über Criodrilus habe ich übrigens die frühere Litteratur über die Entwicklung der Nephridien eingehend analysirt und ich habe mich desshalb hier nur mit einigen neueren, in der er- wähnten Schrift nicht zur Besprechung gekommenen Arbeiten zu befassen. Gegen Ende des Jahres 1887 erschienen bald nach einander drei Arbeiten über das hier angezogene Thema, nämlich eine Abhandlung von O. Lenmann!, eine vorläufige Mittheilung von Vzınovsky ? und eine sehr stattliche Arbeit von EnpuArp Meyer®. Die beiden ersteren beziehen sich auf Oligochaeten, die letztere auf Polychaeten. Leumann lässt die Nephridien ganz richtig in den inneren Muskel- 1 O0. LEHMANN, Beiträge zur Frage von der Homologie der Segmentalorgane und Ausführungsgänge der Geschlechtsprodukte bei den Oligochaeten. Jenaische Zeit- schrift. Bd. XXI. 4887. p. 322. 2 Fr. VEIDOVsKY, Das larvale und definitive Exkretionssystem. Zool. Anzeiger. 1887. Nr. 268. 3 EpuArn MEyER, Studien über den Körperbau der Anneliden. I. Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. VII. 4887. p. 593. Nene Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 503 platten entstehen; auch fand er als erste Anlage derselben die Trichter- zellen an den Vorderwänden der Septa und er vermuthete, dass dieselben identisch sind mit den großen Zellen, die schon im ungespaltenen Meso- derm vorhanden sind; den direkten Zusammenhang konnte er jedoch nicht ermitteln. Wie er aber zu den folgenden Angaben kommt, ist mir unverständlich geblieben. Die große Zelle soll nämlich in der Mitte des Segments hinwandern, indem sie sich zugleich vermehrt, und in dieser Weise »entsteht ein Haufen von Zellen, in dem sich bald ein intracel- luläres Lumen bildet«. »Der Trichter entsteht erst in verhältnismäßig später Zeit und zwar wenn in dem Zellhaufen schon ein Kanal gebildet und dieser mit der Außenwelt verbunden ist.« Leumann hat also den genetischen Zusammenhang zwischen Trichterzelle und Trichter gar nicht verstanden und dies erscheint uns um so wunderlicher, weil die Trichterzelle durchaus nicht wandert, sondern im Gegentheil in ihrer Lage an der Vorderwand des Septum treulich verharrt, wovon es sehr leicht ist sich zu überzeugen. Richtig hat er aber gesehen, dass die Epidermis keinen Antheil an der Bildung der Nephridien nimmt, son- dern dass die ursprünglichen Anlagen derselben in die Epidermis hin- auswachsen, um die äußere Mündung zu bilden. — Leumann fand außer- dem die Urnieren von Lumbricus !; diese wurden etwa gleichzeitig von Vezspovsky entdeckt und in neuester Zeit viel eingehender beschrieben (Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Heft II). Die Zeichnungen, die Lenmann seiner Arbeit beigegeben hat, können keinen Anspruch auf Naturtreue machen; sie sind Schemata und nicht einmal gute Schemata. Die vorläufige Mittheilung von VerpovskyY bezieht sich theils auf die Urnieren von Rhynchelmis und Lumbricus, theils auf die Entwick- lung der bleibenden Nephridien ; wir haben es hier nur mit dem letzten Gegenstand zu thun?. Die Angaben Vesovsky’s hierüber stimmen im 1 Die Existenz dieser Larvenorgane ist mir (auch bei Lumbricus) schon seit Jahren bekannt; indessen habe ich mich nicht eingehender mit denselben beschäf- tigt. Ihr Bau ist jedenfalls schwieriger zu eruiren wie bei Criodrilus. Nach VEs- Dovsky stehen die Kanäle mit den großen, von Hatscuzx »Schluckzellen« genannten vorderen Ektodermzellen in Verbindung, und sehr interessant ist seine Angabe, dass die letzteren bei gewissen Arten schon als Furchungskugeln sich zu exkreto- rischer Funktion ausbilden und in ihrem Inneren Kanäle bilden. | 2 Etwa gleichzeitig mit der citirten Mittheilung hat VEsDovskY noch einen etwas ausführlicheren Artikel über den genannten Gegenstand in Tschechisch veröffentlicht (Vyvoj e morfologie exkrecnich orgänüv. Sitzungsber. der böhm. Gesellsch. der Wissensch. 4887. p. 697). Trotzdem mir dieser Aufsatz durch die Güte des Ver- fassers zuging, war es mir der Sprache wegen nur möglich die beigegebenen Figu- ren zu benutzen, was ich bedauern muss, da der Artikel auch die allgemeinen Ansichten VEıpovsky’s über das Exkretionssystem enthält. Ich habe auch nirgend- wo ein Referat dieser Abhandlung gefunden, 504 R. S. Bergh, Allgemeinen gut mit den meinigen überein; nur Folgendes möchte ich hervorheben. Vepovskty fasst die Anlage von Trichter- und Schlingen- theil (wie ich) als eine einheitliche auf; aber die große Zelle, die als erste Spur derselben erscheint, soll nicht an der Vorderwand, sondern an der Hinterwand des Septum liegen; erst später entsteht die Trich- terzelle an der Vorderwand. Diese Angaben beziehen sich ursprünglich auf Rhynchelmis; in der neuesten Arbeit wird aber auch eine Zeich- nung eines Lumbricus-Embryo gegeben, in der man eine große Zelle an der Hinterwand jedes Septum als erste Anlage des Nephridium sieht (Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Heft II. Taf. XVI, Fig. 45). Hier befindet sich Vespovsky jedenfalls im Irrthum. Von der erwähnten Zelle leitet nun Vz»povsky das ganze Nephridium her, das Anfangs einen geraden Strang darstellt und in diesem Zustand als »Pronephridium« bezeichnet wird; indem sich dasselbe zur Bildung der Schleife ausstülpt, wird es zum Nephridium. Ob Veıpovsky auch für die Lumbriciden die Entstehung des Endstückes aus der Epidermis annimmt, oder ob sich seine diesbezüglichen Angaben allein auf Rhyn- chelmis beziehen, weiß ich nicht; im ersteren Fall würde er Unrecht haben. Von größter Bedeutung sind seine Angaben über die Entstehung des Trichters bei Rhynchelmis. Die Trichterzelle erscheint hier als eine geschlossene Wimperzelle, in der sich ein Kanal entwickelt, in dem Kanal schwingt ein sehr langes und kräftiges Wimperhaar; später bildet sich dieses »Pronephrostom« in das definitive Nephrostom um, indem sich jene Zelle theilt und das Lumen intercellulär wird. Somit würde sich der Trichter aus einer Bildung entwickeln, die in ihrem Bau anfänglich eine genaue Übereinstimmung zeigt mit den Endorganen der feinsten Kanäle des Exkretionsapparates der Plattwürmer und der Räderthiere. Die entwicklungsgeschichtlichen Mittheilungen in der ersten Ab- theilung der sehr werthvollen Studien von EpuArn Meyer beziehen sich auf Polymnia nebulosa. Die Wimpertrichter entstehen hier als perito- neale Wucherungen, und eine kurze Strecke hinter jedem derselben entsteht der übrige Theil des Nephridium, dessen erste Anlage »allem Anschein nach außerhalb des Peritoneums liegt«; die beiden Anlagen verwachsen erst später mit einander. So deutet Meyer seine Befunde; aus seinen hübschen und gewiss sehr naturgetreuen Abbildungen lässt sich aber eben so gut Anderes herauslesen und ich wäre geneigt die- selben so umzudeuten, dass bei Polymnia die Anlage des Nephridium einheitlich auftritt und dass die Anlage vorn und hinten, wo Trichter resp. Schleife entstehen, viel stärker wuchert als in der Mitte, wo der dünne Trichtergang entsteht (vgl. namentlich Fig. 14, Taf. XXVII von Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 505 _ Meyer). Auf Mever’s Deutung seiner Befunde an Polymnia waren gewiss seine gleich zu erwähnenden Befunde bei Psygmobranchus von Einfluss ; denn Meyer giebt selbst in einer Anmerkung (p. 663) zu, dass »die ge- sonderte Anlage von Wimpertrichter und Nierenschlauch gerade in der ontogenetischen Entwicklung von Polymnia nebulosa nicht einmal be- sonders deutlich hervortritt«. — Bei den Larven der erwähnten Art findet sich, bevor noch die bleibenden Nephridien entstehen, ein Paar Exkretionsorgane von ähnlichem Bau wie der Exkretionsapparat der Plattwürmer und Räderthiere (mit terminaler Wimperzelle); sie gehen frühzeitig zu Grunde. Die Trichter der bleibenden Organe entstehen gleich als mehrzellige Anlagen. In der zweiten Abtheilung seiner »Studien über den Körperbau der Anneliden « bespricht Meyer u, A. die Entwicklung der Nephridien bei Psygmobranchus protensus!. Auch hier findet sich zunächst ein Paar Larvenorgane im Kopfmundsegment von ähnlichem Bau wie bei Polymnia; sie degeneriren später. Jedes einzelne der bleibenden Nephridien entsteht aus zwei gesonderten Anlagen, nämlich erstens aus einer einzigen, großen und sehr charakteristischen Zelle, die lange ungetheilt bleibt, sich aber in die Länge streckt und krümmt, somit den Nephridialschlauch herstellt, später theilt sie sich und bildet sich so nach und nach in ein echtes Drüsenepithel um. Zweitens aus den Anlagen der Trichter. Diese werden vom Peritoneum an den Vorder- wänden der Septa gebildet und treten erst sekundär mit den großen »Nierenzellen« in Verbindung; die Trichteranlagen sind gleich von An- fang an mehrzellig. Nach Epvarn Meyer würden also bei Psygmobranchus protensus Trichter und Schlingentheil der Nephridien aus gesonderten Anlagen entstehen, die sich erst nachträglich verbinden. Die Nephridien der auf einander folgenden Segmente fand Meyer immer bei allen von ihm untersuchten Formen bei ihrem ersten Auftreten ganz von einander ge- sondert, niemals durch Gänge verbunden ?. In neuester Zeit hat dagegen Rouze den Versuch gemacht, die von Hatscaek bei Criodrilus beschriebenen kontinuirlichen Längsstränge, aus denen sich die Segmentalorgane durch Abgliederung bilden sollten, wieder aufzufrischen, und diese Stränge nochmals mit den auch von 1 Mitth. a. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. VIII. 1888. p. 462. 2 In einer Anmerkung zu der ersten Abtheilung seiner Schrift theilt MEYER mit, dass von Arıray die gesonderte Anlage von Trichter und Nierenschlauch für ‚gewisse Oligochaeten und Hirudineen beobachtet worden sei. Das möchte ich nach VeEspDovskY’s und nach meinen eigenen Untersuchungen recht energisch be- streiten. 506 R. S, Bergh, Hırtschek entdeckten, aber bekanntlich nicht existirenden Gängen von Polygordius zu vergleichen !. Nach Route soll ursprünglich im ungespal- tenen Mesoderm jederseits ein solcher Strang vorhanden sein, von dem sich die Nephridien successiv abgliedern; sie liegen dann in der Haut- platte (l. ce. p. 213— 215). Die einzige Abbildung, die diesen Entwick- lungsgang erläutern soll (Fig. 12), ist aber so schlecht, dass ich den eben erwähnten Mittheilungen von Roue durchaus keinen Werth beimessen kann. Und wenn der Verfasser noch dazu sagt, dass seine Beobach- tungen über die ursprüngliche Kontinuität der Nephridien »s’accordent avec celles de Harschek sur les Archiannelides et de R.-S. Bercn sur les Hirudinees« (l. c. p. 374), so muss ich mir nachdrücklich verbitten, dass man meine diesbezüglichen Beobachtungen mit denjenigen HATscHEr’s in eine Kategorie wirft, denn ich habe immer gegen die Richtigkeit der letzteren protestirt. Aber vielleicht hat Rousr meine Angaben über Urnieren und Segmentalorgane verwechselt?! In einer früheren Arbeit? habe ich die Morphologie des Exkre- tionsapparates der Würmer eingehend behandelt; besonders habe ich die Ableitung der Nephridien der Anneliden von dem Exkretionsappa- rat der Plattwürmer bestritten und die von den Anhängern der ge- nannten Lehre beigebrachten Beweisführungen widerlegt. Dieser Widerlegung hat sich später Eısıc fast in jedem Punkte angeschlossen und außerdem noch Weiteres gegen die genannte Lehre vorgeführt. Nichtsdestoweniger erscheinen die alten, längst entkräftigten Argu- mente alltäglich in neuer Gestalt. Es sind besonders zwei englische 1 Nachdem schon ich und FraAıront erwähnt hatten, dass wir bei den von uns untersuchten Polygordiuslarven keine Spur der Gänge hatten finden können, ist Eısıc in seiner Monographie der Capitelliden nochmals auf diese Gänge zurückge- kommen; er will ihnen »die letzte Ehre erweisen«, nämlich sie zum Grabe bringen. Er berichtet nämlich (l. c. p. 662): »Von allen denen, die hier in Neapel Polygor- diuslarven untersucht haben, ist es nicht einem Einzigen gelungen den fraglichen Längskanal aufzufinden. Ich nenne von diesen Untersuchern nur E. MEYER, weil er sich sehr eingehend mit der betreffenden Larve befasst hat, und weil er, der für die Ableitung der Nephridien von Plathelminthennieren eingenommen war, gewiss als für diese Wiederauffindung disponirt gelten konnte. Nun, auch dieser Forscher erklärte mir mit Bestimmtheit, dass der gesuchte Kanal nicht existire.«e — Es muss danach befremden, wenn KorscHELT und HEipeEr in ihrem übrigens verdienstvollen und recht unparteiisch geschriebenen »Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgesch. der wirbellosen Thiere« (Specieller Theil. I. 4890) nicht nur HATscHer’s Schemata zur Entwicklung der Nephridien von Polygordius nochmals zum Abdruck bringen, sondern auch (p. 232) diesen Modus der Entwicklung als den ursprünglichen auf- stellen. Wie lange wird es denn dauern, bis die imaginären Gänge endlich auf- hören Unheil zu stiften? 2 Die Exkretionsorgane der Würmer, Kosmos 1885. Bd. II. p. 97. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden, 507 Forscher auf dem Gebiete der Oligochaeten, nämlich Bepparnp! und SPENCER 2, die sich versucht fühlten eine Lanze für die »Einheitstheorie ‘ des Exkretionsapparates« zu brechen. Diese beiden Verfasser haben uns mit einer Anzahl interessanter anatomischer Thatsachen bekannt gemacht; ihre Beweisführung in der genannten Sache ist aber nicht gerade glücklich. Man erlasse es mir alle ihre Argumente eingehender zu widerlegen — denn sie widerlegen sich ganz von selbst. Ich führe sie nur an. Erstens: die Gänge von Polygordius, die nicht existiren. Zweitens die Wırson’schen »Nephridialstränge «, die zur Entstehung der Nephridien durchaus keine Beziehung haben. Drittens: gewisse ana- tomische Verhältnisse (Existenz eines »nephridialen Netzwerkes « bei Perichaeta und bei einigen anderen hochdifferenzirten Regenwürmern), die ohne Weiteres als ursprüngliche Einrichtungen gedeutet werden. Viertens: die Nephridialgänge bei Terebella (Lanice) conchilega. Fünftens: der histologische Gegensatz zwischen Trichter- und Schlin- gentheil bei Oligochaeten und Hirudineen, indem das Trichterlumen intercellulär, dasjenige des Schlingentheils intracellulär ist. SPENcER geht in dieser Beziehung so weit, dass er sich nicht recht die Homo- logie der Nephridien und der Geschlechtsgänge (bei den Regenwür- mern) vorstellen kann ohne anzunehmen, dass der »intracelluläre Theil« der Nephridien bei der Umbildung in Geschlechtsgänge verloren gegangen und durch Neubildungen ersetzt worden sei (l. c.p. 44). Wie nun, wenn bei zahlreichen Polychaeten der ganze Nephridialschlauch ein sehr schönes Epithel besitzt (vgl. hierüber namentlich die Arbeiten EpuArp Meyer’s)? Wird hierdurch nicht erwiesen, was ich schon früher aussprach, dass der erwähnte histologische Unterschied als Kriterium zur Aufstellung von Homologien nicht gelten kann? Es sind nur zwei Argumente, die sich wirklich für die Annahme einer Homologie des Exkretionsapparates der Anneliden und der Platt- würmer verwenden lassen und diese widersprechen sich gegenseitig. Erstens Vespovsky’s Angaben über die Entstehung der Trichter von Rhynchelmis; werden diese in dem genannten Sinne verwendet, dann gelangt man zu der Annahme, dass die Nephridialtrichter aus den ter- minalen Wimperzellen des Exkretionsapparates der Plattwürmer oder 1 F.E. BEppArn, On the occurrence ofnumerous Nephridia in the same segment in certain Earthworms, and on the Relationship between the Excretory system in the Annelida and in the Platyhelminths. Quart. Journ. of micer. sc. Vol. XXVIII. N. S. 1888. p. 397. — On certain points in the structure of Urochaeta and Dicho- gaster, with further remarks on the Nephridia of Earthworms. Ibid. Vol. XXIX. N. S. 4889. p. 235. 2 W.B. Spencer, The Anatomy of Megascolides australis. Transactions of the - Royal Society of Victoria. Vol, I. Part I. 1888. 508 R. S. Bergh, der Rotiferen entstanden seien. Zweitens die Beobachtungen E. Mever’s über die gesonderte Anlage von Trichter und Schlauch der Nephridien von Psygmobranchus protensus. Die Verwerthung dieser Beobach- tungen für die genannte Lehre führt zu dem Schluss, der auch schon früher von Lang gezogen wurde, dass die Wimpertrichter der Nephridien Neubildungen seien, die im Exkretionsapparat der Plattwürmer kein Homologon haben. Nach alledem meine ich noch immer, dass es um die Homologie der Nephridien der Anneliden mit dem Exkre- tionsapparat der Plattwürmer und der Räderthiere recht schlecht steht. — Die Entstehung der Borstensäcke gestaltet sich bei Lumbricus wesentlich folgendermaßen. Sie bilden sich als Einwucherungen der Epidermis, und zwar lässt sich dies leichter für die äußeren als für die inneren nachweisen, weil die inneren, wie oben erwähnt, in unmittel- barer Nähe der Nephridien entstehen, welche letztere etwa gleichzeitig in die Epidermis hinauswachsen. Ich schildere desshalb zunächst die ersten Stadien der Entwicklung der äußeren Borstensäcke. In Fig. 35 sind die sehr jungen Borstensäcke sichtbar und zwar sowohl die äuße- ren wie die inneren. Die inneren, die den Nephridialanlagen aufliegen, bestehen schon jeder aus einer ansehnlichen Anzahl von Zellen; auch die beiden vorderen der äußeren Säcke sind aus mehreren Zellen zu- sammengesetzt (die zweite aus drei Zellen); die beiden hinteren be- stehen dagegen jeder nur aus einer einzigen sehr großen Zelle; auch diese ragen in die inneren Muskelplatten hinein und sind von einer Schicht von diesen angehörigen Elementen umgeben. Hinter dem letz- ten der abgebildeten äußeren Borstensäcke sind keine Anlagen von solchen sichtbar; die inneren setzen sich dagegen nach hinten noch durch eine Anzahl von Segmenten fort, werden dann aber undeutlich. Die vorhin erwähnten größeren Zellen können wir als Urzellen der Borstensäcke bezeichnen und sie finden sich hier und da in den Schnitten wieder. Sie entstehen höchst wahrscheinlich durch tangen- tiale Theilung einer Epidermiszelle; jedenfalls spricht dafür das in Fig. 38 dargestellte Bild, das mir allerdings nur einmal zu Gesicht ge- kommen ist. Man sieht hier eine Epidermiszelle im Begriff sich zu thei- len; die Äquatorialplatte steht parallel oder vielleicht ein bischen schräg zur Oberfläche, so dass die Theilung in tangentialer Richtung stattfinden muss. Dass nun diese Zelle wirklich einem Borstensack Ursprung giebt, ist aus den topographischen Verhältnissen sehr wahrscheinlich. Erstens mit Bezug auf die Querrichtung: die Zelle liegt eben da, wo die breiten dorsalen Längsmuskelbündel ventralwärts aufhören, gerade u i Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 509 in derselben Region, wo sich die weiter entwickelten äußeren Borsten- säcke in die inneren Muskelplatten einsenken (vgl. mit Fig. 38 die Fig. 39—40). Zweitens mit Bezug auf die Längsrichtung: Fig. 38 ist dem Schnitt Nr. 90 (einer Serie durch einen Embryo von 2 mm Länge, von hinten .anfangend) entnommen; im Schnitt 91 findet sich die schon weiter entwickelte und aus mehreren Zellen bestehende innere Borstensackanlage, im Schnitt 92 das Endstück des Segmental- organs desselben Segmentes, in die Epidermis hinauswachsend; also ganz entsprechende topographische Verhältnisse, wie sie sich auch in wenig älteren Stadien finden, und wie sie oben (bei der Entwicklung der Nephridien) erwähnt wurden. In dem in Fig. 39 abgebildeten Schnitt derselben Serie, aber wenige Segmente weiter vorn, ist die äußere Borstensackanlage nur von einer großen Zelle gebildet, die von einer gewöhnlichen Epi- dermiszelle bedeckt wird und die schon in die innere Muskelplatte hineinragt. Das dorsale Längsmuskelbündel wird durch das Einragen der Zelle etwas einwärts gebogen ; ventralwärts der Zelle finden sich noch keine Muskelfasern entwickelt. In Fig. 40 ist ein weiter ent- wickeltes Stadium des äußeren Borstensackes abgebildet; er setzt sich jetzt aus mehreren Zellen zusammen und ragt schon etwas tiefer in die innere Muskelplatte hinein; sowohl ventralwärts wie dorsalwärts sind neben ihm jetzt Muskelfasern deutlich. Fig. 39 entspricht etwa den hinteren äußeren Borstensäcken in Fig. 35, Fig. 40 ist noch ein wenig weiter entwickelt als die vorderen daselbst!. — In den bis jetzt be- schriebenen Stadien ist die Verbindung der Borstensackanlagen mit der Epidermis sehr deutlich. Erst später, wenn sich schon in den Follikeln Borsten zu bilden angefangen haben, scheinen die Borstensäcke in vie- len Fällen ganz von der Epidermis getrennt in den inneren Muskel- platten zu liegen, indem sich Ringmuskelfasern und Zellen zwischen ihnen und den Epidermiszellen einschieben (Fig. 41). In den meisten früheren embryologischen Arbeiten über Anneliden (so in denjenigen von SEMmPER, HATSCHEK, v. DRASCHE, (GOETTE, SALENSKY) wird behauptet, dass die Borstensäcke vollkommen unabhängig von der Epidermis in dem »Mesoderm« entstehen. Doch hatte schon Kowa- Levsky (1871) die epidermoidale Entstehung derselben hervorgehoben ohne es jedoch bildlich gut darzustellen. Erst die Untersuchungen von Veipovsky (1885) und namentlich von KLeinengerg (1886) haben jedoch 1 Die früheren Stadien der Entwicklung der inneren Borstensäcke habe ich nicht verfolgt; meine Beobachtungen fangen hier etwa mit dem Stadium Fig. 32 _ an, wo die aus einer größeren Anzahl von Zellen gebildete Anlage von der Epi- dermis in die inneren Muskelplatten hineinragt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 33 510 R. 8. Bergh, diese Entwicklungsweise resp. für Oligochaeten und Polychaeten genü- gend sichergestellt; ich habe dann (1888) die Resultate letztgenannter Untersuchungen für Criodrilus bestätigt. Bei den Regenwürmern, so- wohl bei Lumbricus wie bei Criodrilus ist es durchaus nicht schwierig die epidermoidale Entstehung der Borstensäcke nachzuweisen, falls man denn überhaupt die jüngeren Stadien an Schnitten untersucht und nicht erst mit den ganz alten Anlagen seine Untersuchung anfängt. Es ist mir desshalb unbegreiflich, wie Wırson noch 1887 der früheren Ansicht geneigt sein konnte, die Borstensäcke aus dem »Mesoderm« herzuleiten. Dieser Verfasser hat — glaube ich — die Flächenbilder zu einseitig berücksichtigt und seine Schnittserien — denn er giebt an solche ge- macht zu haben — nicht gründlich genug untersucht. Rouzr behauptet für Enchytraeoides zwar die epidermoidale Entstehung der Borsten- säcke (l. c. p. 231); indessen ist auf diese Angabe nur recht wenig Ge- wicht zu legen, da die Figuren, die die Ansicht des Verfassers unter- stützen sollen, schon sehr weit entwickelten Stadien entsprechen, indem schon in dem jüngsten derselben (Fig. 109) die Borste weit ent- wickelt ist und aus dem Follikel hinausragt. Die jüngsten Anlagen der Borstensäcke hat RouLe demgemäß wohl kaum beobachtet. — Nachdem sich die Zahl der in den jungen Borstensackanlagen ent- haltenen Zellen etwas erhöht hat, findet eine Sonderung derselben statt, wodurch in jeder der primären Anlagen zwei Follikel gesondert wer- den, die dazu bestimmt sind, den beiden ersten Borsten Ursprung zu geben. Fig. 36 stellt ein solches Stadium dar, wo diese Sonderung kürzlich stattgefunden hat: man sieht in dem Borstensack, innerhalb der wohlentwickelten Peritonealhülle zwei recht gut abgegrenzte Zell- gruppen, die eine an der medialen (ventralen), die andere an der late- ralen (dorsalen) Seite. Am Vorder- und Hinterrand liegen noch einzelne Zellen, die in die beiden Follikel nicht mit aufgenommen sind; in Fig. 36 ist besonders eine solche Zelle am Hinterrande deutlich. Bald nachdem sich die Follikel differenzirt haben, fängt nun die Bildung der Borsten an. Sie entstehen in jedem Segment ganz gesetzmäßig in fol- gender Reihenfolge: erst bildet sich in dem inneren (ventralen) Bor- stensack die mediale Borste; danach entsteht in demselben die laterale Borste und etwa gleichzeitig fängt die Bildung der lateralen Borste im äußeren (dorsalen) Borstensack an; zu allerletzt bildet sich in diesem letzteren die mediale (mehr gegen die Ventralseite gelegene) Borste. In Fig. 37 ist eine Darstellung zweier äußeren Borstensäcke gegeben, in denen die Bildung der Borsten schon angefangen hat; die äußeren sieht man im Profil, die inneren en face. In Flächenpräparaten der ausgebrei- teten Körperwand junger, aus dem Kokon herausgenommener Würmer Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 511 _ sieht man fast immer die innere Borste des inneren und die äußere des äußeren Borstensackes in Profil, jene nach innen, diese nach außen gerichtet. Die äußere Borste des inneren und die innere des äußeren sieht man en face; sie sind fast genau senkrecht zur Oberfläche ge- richtet. In Fig. 37 liegen noch am vorderen und hinteren Rande der Bor- stensäcke einzelne Zellen (innerhalb des Borstensackes selbst), die nicht in die Bildung der beiden die ersten Borsten bildenden Follikel aufge- gangen sind; in Fig. 42, die einen Schnitt durch einen schon etwas weiter entwickelten Borstensack darstellt, sieht man neben dem Folli- kel, in dem schon eine ansehnliche Borste sich findet, eine einzige große Zelle, von genau derselben Beschaffenheit wie die Follikelzellen; sie liegt dicht innerhalb der Ringmuskelschicht. Es fragt sich, was für eine Bedeutung diese Zellen haben. Ich kann das nicht mit Sicherheit beantworten, möchte aber vermuthen, dass sie bei der Bildung der Ersatzborsten eine Rolle zu spielen haben. Das, was über die Herkunft der die Ersatzborsten bildenden Follikel bei den Lumbrieiden in der Litteratur vorliegt, ist nicht sehr viel. VEspovsky lässt sie bei Dendro- baena aus Divertikeln des alten Follikels entstehen!, in ähnlicher Weise wie es SpenseL für Echiurus so eingehend beschrieben hat?; prineipiell weicht diese Entstehungsweise von der von mir ver- muthungsweise angenommenen durchaus nicht ab. Noch größer wäre aber die Ähnlichkeit mit Rhynchelmis, wenn die vergrößerten, in die inneren Schichten einragenden Epidermiszellen, die VEIDoVskKY neben dem sich entwickelnden Borstenfollikel zeichnet, dazu bestimmt wären Ersatzborsten zu bilden, was mir ganz wahrscheinlich ist (vgl. VzsvovsKY, 1. c. Taf. XII, Fig. 26). — Ob jede Borste nur durch die Thätigkeit einer einzigen Basalzelle entsteht, wie es für Echiurus durch SpenGEr’s schöne Untersuchung festgestellt ist, kann ich nicht entschei- den. Eine so ausgesprochene Differenzirung der an der Basis und der zu den Seiten der Borste liegenden Zellen findet sich bei den Lumbri- ciden jedenfalls nicht. III. Über den Keimstreifen der Anneliden. Zunächst möchte ich hier so genau als möglich bestimmen, was ich unter dem Begriff »Keimstreifen« verstehe. Denn diese Bezeichnung ist so höchst verschiedenartig gebraucht worden: der eine Forscher verstand darunter nur die »Mesodermstreifen«, ein anderer fasste die 1 VEIDOVSKY, System und Morphologie der Oligochaeten. Prag 1885. p. 76. 2 J. W. SpEngEL, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. II. Die Organisation des Echiurus Pallasii. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV, 4880. p. 478 ff. 30% 512 R. S. Bergh, Anlage von Rumpfnervensystem und »Mesoderm« darunterzusammen ete. Desshalb ist gegen den Gebrauch des genannten Wortes mehrfach oppo- nirt worden, so z. B. von HarscHzk und von mir. Wenn ich jetzt die Be- zeichnung wieder aufnehme, so geschieht es, weil ich das System der Urzellen und Zellreihen bei den Oligochaeten in eine gemeinsame Kate- gorie zusammenfassen möchte und das Wort »Rumpfkeime«, das ich für die Blutegel in Anwendung brachte, applieirt sich weniger gut auf die Oligochaeten, da sich bei diesen Thieren — wenigstens bei Lumbricus und Criodrilus — die bleibende Epidermis aus der ursprünglichen Larvenepidermis hervorbildet, also nicht wie bei den Kieferegeln aus dem Material des Keimstreifens neugebildet wird und eben so sicher auch die Borstensäcke nicht aus dem Material des Keimstreifens her- vorgehen. Bei den bis jetzt genauer untersuchten Oligochaeten und Hirudineen lässt sich der Begriff Keimstreifen schlechthin als das System sämmtlicher von den hinten gelegenen Urzellen ausgehenden Zellreihen und deren Umbildungsprodukte definiren. Um aber den Begriff auch auf die Polychaeten auszudehnen, wo in vielen Fällen gar keine Urzellen nachgewiesen werden konnten, muss die allgemeine Fassung folgendermaßen lauten: Unter dem Namen Keimstreifen sind embryonale Gewebswucherungen zu verstehen, die vonhinten ausgehend nach vorn immer weiter vorschrei- ten und unter Differenzirungsvorgängen wesentlichen Theilen des Rumpfes (in vielen Fällen auch des Kopfes) Ursprung geben. Es versteht sich von selbst, dass die Rumpfkeime der Blut- egel in diesen allgemein gefassten Begriff aufgehen müssen. Dass ich das System sämmtlicher Urzellen und Zellreihen bei Öligochaeten und Hirudineen in eine Kategorie zusammenfasse, er- scheint auf den ersten Blick sehr natürlich; denn die Weise, in der sich die Urzellen benehmen, wie sie Zellen nach vorn produeiren, und wie sie während der Furchung entstehen, ist für sie alle so gleichartig, dass man bei vorurtheilsfreier Betrachtung kaum anders könnte als die Urzellen als genau verwandt und das System derselben als einheitliche Anlage zu betrachten. Hier kommen aber die Vorurtheile mit ins Spiel, und es handelt sich also darum, dieselben zu beseitigen. Es handelt sich dabei wesentlich um den unglückseligen Begriff des »Mesoderms«, der immer noch in der Embryologie eine ganz hervorragende Rolle spielt. Wenn nämlich der Keimstreifen der Anneliden als eine einheit- liche Bildung zu betrachten ist, dann muss derselbe zweifellos vom Ektoderm hergeleitet werden, und darin liegt implieite, dass die »Mesodermstreifen« der Anneliden nicht als den Urdarmdivertikeln von Sagitta, Echinodermen. ete. homolog betrachtet werden können; Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 518 kurzum es wäre der beste Beweis dafür geliefert, dass eine Homologie dessen, was man in den verschiedenen Thiergruppen als » Mesoderm « bezeichnet hat, nicht existirt; der Begriff des Mesoderms wäre in dem Falle also definitiv aufgelöst. Es handelt sich also zunächst darum, die positiven Angaben über die Bildung des sogenannten Mesoderms bei den Anneliden zu durch- mustern. Es sind hier zwei Gruppen von Autoren zu unterscheiden, die zu entgegengesetzten Ergebnissen gekommen sind: die Einen leiten das »Mesoderm« aus dem inneren, die Anderen aus dem äußeren der beiden primären Keimblätter her. Betrachten wir zunächst die Verfasser, die, indem sie sich ein- gehender mit der Entwicklungsgeschichte der Anneliden beschäftigten, zu der erstgenannten Ansicht gelangten. Sowohl bei Lumbricus wie Euaxes wies zunächst Kowazvsky die Existenz von »Urmesodermzellen« nach; dieselben entstehen bei Euaxes — wie später noch eingehender von VEIDovskY verfolgt wurde — während der Furchung durch Spros- sung aus der hinteren großen Furchungskugel; bei Lumbricus leitete KowALevsKy die »Urmesodermzellen« vom Entoderm her, indem sie erst in dem Gastrulastadium aus dem Verband der übrigen Entodermzellen austreten sollten. Die letztgenannte Angabe beruht gewiss auf einem Irrthum;; denn.nach den Untersuchungen von KLEINENBERG, HATSCHEK (Crio- drilus), Wırson und Vespovsky werden die Urmesodermzellen bei den Regenwürmern schon etwas früher gesondert (nach den drei ersteren der genannten Autoren schon während der Furchung). Auch für Euaxes sind die Angaben Kowauevsky's über die Entstehung des Mesoderms in ihrem ganzen Umfange nicht aufrecht zu halten, wie VEIDoVskY ein- gehend aus einander gesetzt hat; die Angaben des letztgenannten Ver- fassers sind unten näher zu betrachten. Von den späteren Autoren hat zunächst GorrtE! für Nereis die entodermale Entstehung der Urmesodermzellen behauptet. Der einzige Grund dafür ist der, dass die Mutterzelle jener beiden Zellen aus der größten Makromere hervorsprosst; dieses Argument ist aber hinfällig, weil vorher die Ektodermzellen auch von den Makromeren hervor- sprossen; die betreffende Zelle kann man demnach ganz eben sowohl als den zuletzt gesonderten Theil des Ektoderms betrachten. Sie liegt anfänglich ganz oberflächlich am Rande des Blastoporus, an der Grenze von Ektoderm und Entoderm, sie .theilt sich bald in die beiden » Ur- mesodermzellen« und wird in die Tiefe gedrängt. v. Drasche hat sich in seinen Süksicklimgsgeschichtiieieh & Studien . 1 A.GoETTE, Abhandlungen zur Entwicklungsgesch. der Thiere. 4. Heft. Leipzig 1882. p. 85. 514 R. 8. Bergh, an Polychaeten nicht über die Herkunft des Mesoderms (aus welchem der primären Blätter) ausgesprochen. Er fand bei Sabellaria spinulosa in dem Stadium der sich zur Gastrula einstülpenden Blastosphaera zwei weit aus einander liegende Zellen an der Grenze von Ekto- und Entoderm, die er »geneigt ist für Mesoblasten anzusprechen«!. Bei Eupomatus fand Harscaek ? im Stadium der Blastosphaera an der Grenze von Ekto- und Entoderm zwei neben einander liegende Zellen, die jedenfalls als »Urmesodermzellen« zu deuten sind, indem sie später in die Furchungshöhle hineingeschoben werden und hier die »Mesodermstreifen« produeiren. HaATscazk leitet sie aus dem Entoderm ab, ohne indessen irgend welche Gründe dafür anzugeben; denn nach seinen Bildern können sie ganz eben so gut als an das Entoderm an- grenzende Ektodermzellen angesehen werden. Ganz Ähnliches gilt auch von den Mittheilungen Fraıont’s? (der derselben Ansicht ist wie Har- SCHEK) mit Rücksicht auf Polygordius. Als Autoren, die sich in neuerer Zeit mit der Entwicklung der Anneliden eingehender beschäftigten, und dabei die » Urmesoderm- zellen« aus dem Entoderm herleiten, sind, so viel ich weiß, eben nur GoETTE, HATscHek und FrAIronT anzuführen, und diese Verfasser haben, wie erwähnt, ihre diesbezügliche Ansicht gar nicht oder nur mit sehr schwachen Gründen gestützt, mit Gründen, die nicht aus der Entwick- lungsgeschichte selbst resultiren, sondern aus den allgemeinen An- schauungen der betreffenden Verfasser. Aber im Allgemeinen dürfte ihre Ansicht unter den Zoologen die verbreitetste sein, eben weil man noch allgemein eine totale oder partielle Homologie des »Mesoderms « der höheren Thierstämme annimmt, und weil dieselbe durch die ent- . gegenstehende Anschauung aufgehoben wird. So finden wir denn auch in mehreren Schriften allgemeinen Inhalts die ventodermale« Ent- stehung des »Mesoderms« der Anneliden behauptet. Schon in der »Coelomtheorie« sprechen sich die Gebrüder Herrwıc* dahin aus, dass sich »Mesodermstreifen« der Anneliden und Urdarmdivertikel der Chaetognathen etc. entsprechen, und ihren schärfsten Ausdruck findet diese Ansicht in einem neuen Erzeugnis von RAsL°, das ich an einem anderen Ort eingehender beleuchtet habe®. Eben so findet sich die 1 R. v. DrascHE, Beiträge zur Entw. der Polychaeten. 2. Heft. Wien 1885. p.5. 2 B, Harscher, Entwicklung der Trochophora von Eupomatus uncinatus Phil. Arbeiten aus dem zool. Institut Wien. Bd. VI, 4. 4885. p.9. 3 J. Fraıpont, Le Genre Polygordius. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Nr. XIV. 1887, p. 44. 4 Studien zur Blättertheorie. 4. Heft. Jena 1884. p. 46—47. 5 C, Rası, Theorie des Mesoderms. Morphol. Jahrb. Bd. XV. 1889. p. 143fl. 6 Ein moderner Theoretiker und seine Methodik. Zool. Anz. 4890. Nr. 325. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 515 genannte Anschauung in Harscazr’s »Lehrbuch der Zoologie« vertreten, wie auch KorscheLt und HEıper in ihrem neuen Lehrbuch der Em- bryologie der wirbellosen Thiere geneigt sind diese Anschauung anzu- nehmen (Einleitung, p. XI). In der neuesten Zeit leitete übrigens noch ein Autor das »Meso- derm« der Anneliden von dem Entoderm her, nicht aber durch Bildung von Urmesodermzellen. Bei Enchytraeoides lässt nämlich Rourr nach der Furchung die Keimblätterbildung in der Weise vorgehen, dass sich durch eine Art Delamination eine innere Zellmasse (» Meso-Entoblast «) von der äußeren Schicht (Ektoblast) sondert; es giebt also demgemäß eine Embryonalform, ähnlich einer Coelenteraten-Planula, und ohne besonders differenzirte Regionen. Nachher sondern sich dann aus der inneren Zellmasse eine äußerste Schicht (Mesoblast) von der innersten (Entoblast); Urmesodermzellen sollen gar nicht vorkommen. — Die Untersuchungen Rourr’s machen mir (sowohl nach dem Text wie nach den Abbildungen zu urtheilen) den Eindruck, dass dieser Verfasser das vielleicht etwas schwierige Objekt, womit er gearbeitet, nicht recht verstanden hat. Wenn aber Rouır (l. c. p. 336) bei den Verfassern, die das Mesoderm aus dem Ektoderm herleiten, eine Unvollkommenheit ihrer Technik vermuthet (ohne Genaueres hierüber mitzutheilen), so macht das wirklich einen recht sonderbaren Eindruck. Denn falls die Abbildungen Rourr’s korrekt sind, dann ist wohl so viel sicher, dass dieser Autor seine Eier und Embryonen nicht gerade glänzend konservirt hat. Auch mit Bezug auf die Litteratur ist es ersichtlich, dass Rour das, was er gelesen, nicht immer verstanden hat. So meint er, dass bei den Hirudineen (l. c. p. 333) Urmesodermzellen ($initiales me6soblastiques«) gänzlich fehlen (seine Autorität dafür ist — — J. Nus- BAUM); an einer anderen Stelle heißt es aber (p. 339), dass es bei Clep- sine eine einzige Urmesodermzelle gebe, die den beiden der Trocho- sphaera entspreche. Nach alle Dem wird man wohl Rourr als Autorität für die entodermale Entstehung des »Mesoderms« kaum ins Feld führen können. Die Frage, ob die Urmesodermzellen ekto- oder entodermalen Ur- sprungs sind, ließ Wnrrman in seiner früheren Arbeit über Clepsine (1878) unentschieden; indessen neigte er eher zu der Ansicht, dass sie aus dem Entoderm herzuleiten seien, als der entgegengesetzten, indem er die Lage der Zellen am unteren Pol des Eies berücksichtigt. Das hat nun recht wenig zu sagen, denn bei Rhynchelmis liegen sie viel näher am animalen Pol. In seiner späteren Arbeit (1887) sprach er sich über diese Frage nicht aus, so wenig wie auch Wiırson. Die Mehrzahl der Forscher, die sich eingehender mit der Entwick- 516 RS. Bergh, lung der Anneliden beschäftigten, sind der Ansicht, dass das sog. Mesoderm ektodermalen Ursprungs ist. Dies wurde mit Bestimmtheit zunächst von KLEInENBERG in seiner Arbeit über Lumbrieus (1878) aus- gesprochen. Kıerinengers behauptete, dass die inneren Muskelplatten »Mesodermstreifen«) nicht ausschließlich durch die Thätigkeit der Urmesodermzellen entstehen, sondern auch durch Proliferation von gewöhnlichen Ektodermzellen an der Ventralseite. Ich hatte mich in dieser Hinsicht früher KLeinenBerG angeschlossen !, und zwar war diese Deutung, so lange die Existenz der Wırson’schen Urzellen und Zell- streifen unbekannt war, sehr natürlich, indem das Ektoderm, da, wo es dem »Mesodermstreifen« anliegt, in Wucherung begriffen ist und immer größere Zellen enthält, die in das Mesoderm hinein vorspringen (nämlich die Urzellen). Die Bilder KLeiengerg’s sind außerordentlich naturgetreu; es lässt sich an ihnen mit größter Sicherheit erkennen, dass ihr Autor sowohl die Neuroblasten wie die äußeren Myoblasten gesehen hat; so ist in seiner Fig. 415 einer der äußeren Myoblasten, in Fig. 12 jederseits ein Neuroblast und einer der äußeren Myoblasten dargestellt. Jetzt können aber solche Bilder nicht mehr in der Weise gedeutet werden, wie es damals von KLEInENBERG und von mir geschah; die Ektodermverdickungen stellen die Wırson’schen Streifen dar, die an der Bildung der inneren Muskelplatten keinen Antheil nehmen. Nachdem ich die Existenz der Wırson’schen Streifen erkannt habe, habe ich nichts mehr sehen können, was für irgend eine Antheilnahme des Ektoderms (s.s.) an der Bildung der inneren Muskelplatten sprechen könnte. Ich schließe mich daher rückhaltslos der Ansicht HartscHek’s und Vespovsky’s an, dass die inneren Muskelplatten einzig und allein aus den hinteren Myoblasten ihren Ursprung nehmen. — Der andere Punkt von Kıemenserg’s Lehre ist aber jedenfalls richtig, dass nämlich die »Urmesodermzellen« ektodermaler Herkunft sind, wie unten näher aus einander gesetzt werden soll. Nachher hat sich zunächst SıLensky für verschiedene Polychaeten dahin ausgesprochen ?, dass das »Mesoderm« der Anneliden aus dem Ektoderm entstehe. In einigen Fällen finden sich auch hier Urmeso- dermzellen (Psygmobranchus, Nereis), und dieselben sind nach SaLensky ektodermaler Herkunft; bei Nereis liegen sie Anfangs ganz oberfläch- lich, in einer Reihe mit den sonstigen Ektodermzellen. Dieselben pro- dueiren nach SarLensky nur einen Theil der Mesodermstreifen, ein an- ! Die Metamorphose von Aulastoma gulo. Arbeiten aus dem zool. Inst. Würz- burg. Bd. VII. 1885. p. 275 und 285. 2 W. SıLenskv, Etudes sur le developpement des Annelides. Arch. de Biologie. Tom. IH—IV. 1882—41883, 1 re en nv Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 517 _ derer Theil soll vom Ektoderm geliefert werden. In anderen Fällen fehlen die Urmesodermzellen, und in diesen Fällen bildet sich das Mesoderm in der Form zweier Längsbänder, die durch Wucherung des Ektoderms entstehen (Aricia, Pileolaria !). SaLensky tritt demgemäß in dem allgemeinen Theil seiner Arbeit? sehr energisch für die ekto- dermale Ableitung des Mesoderms ein; wie er aber damit seine Mit- theilungen über die Embryologie der Branchiobdella® in Einklang bringen kann, ist mir unklar geblieben. In meinen Arbeiten über Hirudineen-Entwicklung habe ich mich der Lehre vom ektodermalen Ursprung der inneren Muskelplatten an- geschlossen; ich sprach schon 1885 aus, dass »Ektoderm und Mesoderm bei den Anneliden ein Keimblatt bilden im Gegensatz zum Entoderm .«. Maßgebend für diese Ansicht waren mir 1) die Furchungsvorgänge bei Clepsine, 2) die Deutlichkeit, womit der Keimstreifen sich auch in späteren Stadien bei den Blutegeln als einheitliche Anlage erkennen lässt, 3) die eben erwähnten Angaben KLEinENnBERG’S und SALENSKY’S. Kurz nachher erschien die epochemachende Arbeit KLEinEngerg's über Lopadorhynchus. Diese Arbeit fängt zwar mit einem Larvensta- dium an, das aber so einfachen Baues ist, dass gegen die Benutzung desselben als Ausgangspunkt für das Studium der betreffenden Vor- gänge kein vernünftiger Einwand gemacht werden kann, indem die Bildung der Muskelplatten erst in einem späteren Stadium anfängt. Bei dieser Larve finden sich keine Urmesodermzellen; die Muskel- platten (= Mesoderm der Autoren) entstehen schlechthin als bilaterale 1 Bekanntlich sind auch bei vielen Gastropoden Urmesodermzellen nicht nachzuweisen, während sie ja bei anderen Formen vorhanden sind. Über das Fehlen derselben liegen aus neuerer Zeit Angaben von BLOCHMANN, SARASIın und RasL vor, welche Verfasser sie vergeblich suchten. 2 Archives de Biologie. Tom. VI. 4885 (erschien 4887). p. 617 ff, 9 SALEnsKY’S Darstellung der Bildung der Keimblätter bei Branchiobdella (Arch. de Biologie. Tom, VI. p. 4 ff.) resultirt in einem ähnlichen Schluss wie demjenigen, zu dem RouvLeE für Enchytraeoides kam (vgl. oben). Es soll sich zunächst eine innere Zellmasse (»Meso-Endoblast«) von dem äußeren Ektoblast sondern, die dann weiterhin in Entoderm und Mesoderm gespalten wird; hier würde also das Meso- derm nähere Verwandtschaft zu dem Entoderm als zu dem Ektoderm haben. In- dessen glaube ich, dass SALEnsky sich in mehrfacher Hinsicht an dem schwierigen Objekte getäuscht hat, so z. B., wenn er die Anlage des »Meso-Endoblasts« jeden- falls theilweise aus Zellreihen hervorgehen lässt, die von großen, bilateral-ange- ordneten Zellen am Hinterende gesprosst werden. So weit ich seine Darstellung verstehe, sollen dieselben Zellen nachher Zellreihen produciren, die in die Bildung der Bauchkette aufgehen. Ich glaube, dass diese großen Zellen am Hinterende nur dieselbe Bedeutung haben wie sonst bei Oligochaeten und Hirudineen: näm- . lich den Keimstreifen zu produciren, und dass sie zur Bildung des Entoderms keine Beziehung haben. 518 R. S. Bergh, Wucherungen des ventralen Ektoderms;. von einer Theilnahme des Entoderms an der Bildung derselben ist gar keine Rede. Endlich hat sich in neuester Zeit VeımovskY und zwar für Rhyn- chelmis und Lumbrieus für die ektodermale Herkunft der inneren Muskelplatten bestimmt ausgesprochen. VespovskY rechnet bei beiden Formen die »Urmesodermzellen« mit zum Ektoderm: sie liegen bei Rhynchelmis noch im Gastrulastadium frei an der Oberfläche und wer- den in genau derselben Weise gebildet wie die »vorderen Mesomeren«, die sich in kleinere Ektodermzellen theilen (hierüber unten mehr). Auch bei Lumbricus stammen sie wahrscheinlich vom Ektoderm, doch gelang es ihm nicht dies so genau zu verfolgen’. Nach dieser historischen Übersicht handelt es sich darum die Ar- gumente anzuführen, die dafür sprechen, dass der Keimstreifen der Anneliden eine einheitliche und demgemäß ektodermale Bildung ist2. Zunächst ist hier KLeinengere’s Darstellung der Bildung der Mus- kelplatten bei Lopadorhynchus zu erwähnen. Denn diese Darstellung ist wörtlich und bildlich so klar und einfach, dass ich nicht recht wüsste, wie die Anhänger der Lehre von der entodermalen Entstehung der Muskelplatten über dieselbe hinwegkommen können, ohne sie geradezu für falsch zu erklären. Nun, ich bin — außer bei Rouze! — noch nicht der Behauptung begegnet, dass KLEinENBERG Seine Objekte nicht ordent- lich zu behandeln verstehe, oder dass er seine Figuren schematisch und phantastisch zeichne; wer sich mit denselben Objekten beschäftigt hat (wie z. B. ich mit Lumbricus), muss eben die ungewöhnliche Korrektheit und Naturtreue derselben anerkennen. Wenn aber die Schnittserien, die KLEINENBERG in seinen Fig. 29, 33, 50, 51, 52, 54 und 55 darstellt, korrekt wiedergegeben sind, dann ist es für Lopadorhynchus bewiesen, dass die Muskelplatten, also jedenfalls die Hauptmasse des »Meso- derms«, vom Ektoderm entstehen. Diejenigen Autoren, die noch die entodermale Entstehung des Annelidenmesoderms auf rein deduktivem Wege behaupten, haben also zunächst zu zeigen, dass die erwähnte Darstellung wörtlich und bildlich falsch ist. Und Solches ist bis jetzt nicht geschehen. Während bei den Polychaeten nach den bis jetzt vorliegenden An- 1 Wenn wir in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der neueren Forscher die Echiuriden als modificirte Anneliden auffassen, so hat sich für Bonellia auch SPENGEL dahin ausgesprochen, dass das Mesoderm aus dem Ektoderm entsteht (Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen, I. Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. I. 4879. p. 378—379). — Auch die Angaben von BüLow über das wachsende Schwanzende von Lumbricus sind wohl in dieser Richtung zu deuten (vgl. hier- über die Bemerkungen in KLEINENBERG, Lopadorhynchus, ], c. p. 96—97). 2 Vgl. das weiter unten über die Geschlechtszellen Gesagte. N Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 519 gaben Urzellen des Keimstreifens nicht durchweg vorzukommen scheinen, entwickelt sich bei allen genauer untersuchten Formen von Oligochaeten und Hirudineen der Keimstreifen auf Grundlage solcher Urzellen. Es finden sich typisch fünf Zellreihen im Keimstreifen, die hinten von eben so vielen Urzellen ausgehen, vier liegen mehr ober- flächlich, eine tiefer. Mit Sicherheit ist dies für Glepsine (Wurrman, ich), Nephelis und Aulastoma (ich), ferner für Tubifex (KowaLevsky) und für Lumbrieus (Wiırson, ich) nachgewiesen, und außerdem glaube ich aus den vorliegenden Angaben über Branchiobdella (Sırensky) und Rhyn- chelmis (Verpovsky) schließen zu dürfen, dass die Verhältnisse dort entsprechende sind. Es handelt sich also noch darum, wie sich die Ur- zellen entwickeln, die dem gesammten Keimstreifen Ursprung geben. Sehr schön und klar liegen in dieser Beziehung die Verhältnisse bei Glepsine. Die Eizelle wird hier zunächst durch zwei Meridional- furchen in vier Furchungskugeln getheilt; von diesen enthalten die drei vorderen hauptsächlich entodermale Bestandtheile, indem sie am animalen Pol zwar einige Mikromeren knospen, die in die Bildung der Epidermis und sonstiger ektodermaler Theile aufgehen, sonst aber mit ihrer Hauptmasse dem Darmepithel Ursprung geben. Die vierte hintere (größere) Furchungskugel enthält keine entodermalen Bestandtheile, am animalen Pol entstehen auch aus ihr einige Mikromeren; ihre Haupt- masse theilt sich aber nach und nach in die zehn Urzellen des Keim- streifens: aus ihr entstehen also theils Epidermiszellen, theils das ge- sammte »Mesoderm« und endlich der oberflächlicher liegende Theil des Keimstreifens, die vier Zellreihen, deren Schicksal bei den Hirudineen noch nicht so genau bekannt ist, wie erwünscht wäre !. Die Thätigkeit der zehn Urzellen findet in genau gleicher Weise statt: jede producirt eine Zellreihe nach vorn. Bei Clepsine zeigt sich also nicht nur die Thätig- keit der Urzellen gleich, sondern sie erweisen sich auch ihrem Ursprung nach als nahe verwandt, indem sie alle aus einer Furchungskugel her- vorgehen. Es ergiebt sich also für Clepsine dasselbe wie für Lopadorhyn- chus: dass der Keimstreifen eine einheitliche Bildung ist, dass also ekto- und »mesodermale« Theile gleichen Ursprung haben. Bei vorur- theilsfreier Betrachtung muss dies einleuchten ; die modernen Theore- 1 Es liegt mir fern ohne erneute Untersuchung meine Resultate über die Regenwürmer auf die Blutegel zu übertragen. Bei zwei Gruppen, in deren Ent- wicklung, trotzdem der Grundtypus derselbe ist, so viele Abweichungen vorhan- den sind, mögen auch in der Entwicklung der einzelnen Theile des Keimstreifens kleinere Funktionswechsel stattgefunden haben, Das halte ich jedenfalls für mög- lich, Schon oben habe ich hervorgehoben, dass weder Arırny’s noch WHITMAN’S Darstellung dieses Punktes zutreffend ist. 520 R. S. Bergh, tiker werden aber sicherlich hierüber hinwegkommen bei Anwendung der Wörter, die sich bei diesen Autoren immer zur rechten Zeit dort einstellen, wo Begriffe fehlen: »sekundäre Abänderung« oder »Ceno- genese«. Unter den Oligochaeten besitzen wir nur über Rhynchelmis ziem- lich vollständige und genaue Darstellungen der Furchung, die bekannt- lich erst von Kowaevsky untersucht wurde, dessen Angaben später in mehreren Punkten von Vzspovsky berichtigt wurden. VEJDovsky hat die Vorgänge bei der Bildung der Urzellen des Keimstreifens sehr vollstän- dig dargestellt!. Diese Vorgänge sind hier besonders interessant, weil die Urzellen in der typischen Zahl auftreten, aber mit Ausnahme der Urmesodermzellen sehr frühzeitig verschwinden, so dass sie, wenn der Keimstreifen deutlich wird, nicht mehr da sind. Bei Rhynchelmis wird nicht wie bei Clepsine eine Makromere bei der Bildung der Urzellen des Keimstreifens fast ganz verbraucht, sondern aus der hinteren, großen Makromere sprossen nach einander gegen den animalen Pol drei mittelgroße Zellen hervor (»Mesomeren« Vespovsky). Diese drei Zellen theilen sich jede in zwei, so dass sie jetzt in bilateraler Anordnung hinter einander liegen. Das hinterste Zellpaar persi- stirt, wie von KowALEvsky und VEIDoVskY übereinstimmend angegeben wurde, als die Urmesodermzellen; von den zwei anderen Paaren behaupte ich, dass das vordere den Neuroblasten, das mittlere den primären äußeren Myoblasten beiLum- brieusentsprechen. Dass hier typische Vorgänge vorliegen, geht schon daraus hervor, das die ersten und weiteren Theilungen der » Mesomeren« mit großer Regelmäßigkeit vorgehen, während die Thei- lungen der Mikromeren ganz unregelmäßig verlaufen. Die Neuroblasten (die Zellen ms, VEspovsky’s) sprossen nach vorn ganz wenige, kleinere Zellen, so dass eine ganz kurze Zeit kurze Zellreihen von ihnen aus- gehen; danach verschwinden die Neuroblasten, indem sie sich in kleinere Zellen auflösen. Die primären äußeren Myoblasten (die Zellen ms, VEs- povsky’s) theilen sich nach und nach in drei Paare von Urzellen: erst entsteht die Zelle me, (= M, beim Regenwurm) und eine zweite Theil- hälfte (= M, +3), die sich noch in die beiden Zellen mo, (= M;) und mo (= M,) theilt; auch diese Urzellen knospen wie die Neuroblasten kleinere Zellen und zerfallen dann schließlich in Mikromeren. Um die Übereinstimmung in der Entwicklung der Urzellen von Rhynchelmis und Lumbrieus klar hervortreten zu lassen erlaube ich mir nach Vrs- povsky’s und nach meinen eigenen Beobachtungen folgendes Schema aufzustellen: | ! Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Heft I—II, Prag 1888—1890. Neue Beiträge zur Embryolegie der Anneliden. 521 Rhyncehelmis. Lumbricus. Wise dan a inleneh nalen na u ymo = MN mo — m M; re am a EN 3, m ———— nn y, ya i—— — — — — — —_ My Es finden sich also bei Rhynchelmis genau dieselben Urzellen des Keimstreifens wie bei Lumbricus, zehn an Zahl. Vzspovsky hat die Be- deutung der acht frühzeitig zu Grunde gehenden Urzellen nicht recht verstanden, weil ihm ja auch die Existenz der entsprechenden Zellen von Lumbricus unbekannt geblieben ist. Er theilt indessen rücksicht- lich der späteren Entwicklung interessante Beobachtungen mit, die für unsere Deutung von Werth sind. Er sagt nämlich (l. e. p. 277): »Bei der Betrachtung der in Chromsäure erhärteten Embryonen erscheinen die Mesoblastreihen aus vier bis fünf Längsreihen zusammengesetzt, es sind dies die reihenartig angeordneten Zellen der Somatopleura« und diese Anordnung aus vier Längsreihen wird mit größter Deutlichkeit in den Fig. 14 (Taf. XI) und in Fig. 9 (Taf. XII) dargestellt. Ich kann nicht wohl daran zweifeln, dass diese vier Zellreihen nicht der Somato- pleura angehörig sind, sondern die Wırson’schen Streifen darstellen und diese Vermuthung erhält durch die Betrachtung von KowaLkvsky’s Querschnittsbildern (Taf. V der eitirten Arbeit) eine Stütze, indem KowALEVSKY eine tiefere Ektodermschicht abbildet, anfänglich aus weni- gen Zellen neben der ventralen Mittellinie bestehend, aber sich alsbald nach den Seiten ausbreitend. Vespovsky erklärt zwar, dass diese Bil- der nach schrägen Schnitten gemacht seien; ich glaube aber, dass sie nach sehr guten Querschnitten dargestellt sind und dass die Verhält- nisse dort dieselben sind wie beim Regenwurm. Dass das Ektoderm in der Region des Keimstreifens höher ist als sonst, deutet VEIDOVSKY bei Rhynchelmis wie bei Lumbricus in der Weise, dass er Elemente aus dem Mesoderm auswandern lässt um das Ektoderm zu verstärken. Ein solcher Vorgang findet bei Lumbricus sicherlich nicht statt und wohl auch schwerlich bei Rhynchelmis, und meine Konklusion muss also die sein, dass Vespovsky die Elemente der Wırson’schen Streifen wohl beobachtet, aber die Bedeutung derselben verkannt hat. Ich habe die Gründe angeführt, die dafür sprechen den ganzen Keimstreifen der Anneliden als eine einheitliche und ektodermale An- lage zu betrachten. Es fragt sich weiter: welche Bedeutung hat dieser Keimstreifen? Mit Rücksicht hierauf schließe ich mich im Wesentlichen der Anschauung KLEINENBERG’S an, der in demselben eine Nervenmus- kelanlage sieht; er wies ja eben nach, dass die Hauptmasse der Bauch- 522 R« S. Bergh, kette und die Muskulatur aus dieser Anlage hervorgehen. KLEINENBERG’S Objekt war gewiss für eine solche Annahme sehr günstig, indem Lopa- dorhynchus keine Blutgefäße besitzt, und seine Segmentalorgane nicht aufgefunden werden konnten. Und was die Geschlechtsorgane (s. Hoden und Ovarien) betrifft, so tritt KLEINENBERG im Gegensatz zu der gewöhn- lichen Lehre, dass sie aus dem Peritonealepithel entstehen, indem er vermuthet, dass die Geschlechtsorgane nicht aus den Muskelplatten (»Mesoderm« der Autoren), sondern aus besonderen Einstülpungen des Ektoderms entstehen (l. c. p. 166—167), also in ähnlicher Weise wie es auch Husrecut für die Nemertinen vermuthet!. Diese Angaben KLEINENBERG’S Scheinen mir indessen bei Weitem nicht vollständig genug, um über den erwähnten, höchst wichtigen Punkt die genügende Sicher- heit zu geben. Dass der Keimstreifen der Oligochaeten auch in der Hauptsache eine Nervenmuskelanlage ist, geht aus meinen im ersten Absehnitt mitgetheilten Beobachtungen hervor. Aus den inneren Muskelplatten entstehen hier aber außer Muskeln auch noch die Geschlechtsdrüsen, ferner die Nephridien, das Peritonealepithel und die Blutgefäße. Dass die Blutgefäße sich auf Grundlage von kontraktilen Zellen (phylogene- tisch) entwickelt haben, halte ich nicht nur für möglich, sondern sogar für recht wahrscheinlich; dies würde also unserer Auffassung keine Schwierigkeiten bereiten. Anders mit den Geschlechtsdrüsen. Die dieselben zusammensetzenden Elemente, die Keimzellen, sind wohl zweifellos phylogenetisch älter als die beiden (primären) Keimblätter, und wenn sie also bei Oligochaeten und Hirudineen nicht aus beson- deren Anlagen, sondern aus dem Material der inneren Muskelplatten (in letzter Instanz also aus dem hinteren Myoblasten) entstehen, so liegt hier eine Koncentration der Entwicklung vor, indem in die sonst einheitliche und wesentlich neuromuskuläre Anlage des Keimstreifens das sich zu Geschlechtszellen differenzirende Material mit aufgenommen ist. Und was Peritonealepithel und Nephridien betrifft, so halte ich es einerseits für möglich, dass dieselben durch Umbildung von kontrak- tilen Zellen entstehen könnten, bin aber andererseits einer anderen Auffassung eigentlich mehr geneigt, der ich schon früher Ausdruck ge- geben habe?, derjenigen nämlich, dass sie mit den Geschlechtsdrüsen zusammen aus den Geschlechtsfollikeln der Nemertinen entstanden sind. Wir finden uns hier noch auf einem höchst unsicheren Boden. Wie die segmentalen Peritonealsäcke und die Nephridien phylogene- 1 A. A. W. Husrecat, CGontributions to the Embryology of the Nemertea (I. Li- neus obscurus). Quart. Journ. of micr. sc. Vol. XXVI. No. 3, 1886. p. 444, 2 Die Exkretionsorgane der Würmer. I. c. p. 4118—424, a 2 a Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 523 tisch entstanden sind, ist noch immer sehr zweifelhaft; KLEInENnBERG bemerkt auch sehr richtig, dass die Frage nach dem Ursprung der Ge- schlechtsorgane der Polychaeten durchaus einer neuen Bearbeitung bedarf. ; Mit dem obigen Hinweis auf die Schwierigkeiten, die unserer Auf- fassung des Keimstreifens sich gegenüberstellen, will ich diese kleine Arbeit abschließen. Kopenhagen, Anfang April 1890. Nachträgliche Bemerkung. Nachdem der obige Aufsatz schon längst der Redaktion dieser Zeitschrift eingesandt war, kam mir eine neue größere Arbeit WıLson’s über denselben Gegenstand zu Gesicht (The Embryology of the Earth- worm. Journ. of Morph. Vol. III. Decbr. 1889. p. 387 ff.). Dieselbe ist im Wesentlichen eine weitere Ausführung der oben eitirten kürze- ren Mittheilung des Verfassers; indessen spricht sich WıLson jetzt über die Genese der Nephridien viel weniger apodiktisch aus als früher, und die ganze Unsicherheit, die seine jetzige Darstellung der Ausbildung der Zellstreifen kennzeichnet, lässt meine frühere Beurtheilung seiner ersten, sehr bestimmt lautenden Abhandlung als ein recht unreifes Produkt vollkommen berechtigt erscheinen. Wırson ist jetzt darüber im Unklaren, ob der ganze Schleifentheil des Nephridium oder nur die Endblase aus den »Nephridialreihen« entstehen; ja er weiß nicht ein- mal recht, ob beide Reihen in die Bildung der Nephridien aufgehen, indem er es für wohl möglich hält, dass aus der einen die inneren Bor- stensäcke entstehen! Und jetzt erfahren wir noch, dass »there can be little doubt, that the outer setigerous glands arise from the lateral cell- cord«, und wäre für den Fall die Urzelle der Reihe als »Setiblast« zu bezeichnen. Ich erwarte mit Spannung die phylogenetischen Theorien, die man auf diese Entdeckung gründen wird. — Die Abbildungen, die Wırson gegeben hat, lassen jetzt erkennen, dass seine Darstellung der Nephridien-Entwicklung theils auf der Untersuchung von schrägen Schnitten (an denen die Grenzen zwischen den Schichten verwischt sind), theils auf Untersuchung sehr später Stadien begründet ist. Sein Schema Fig. 63 ist sehr irrthümlich, indem die äußeren Borstensäcke früher erscheinen als die inneren und als die Nephridien (falls. sich denn Lumbricus foetidus in der Beziehung nicht anders verhalten sollte als die übrigen Oligochaeten, was ich nicht recht glauben kann). Übri- gens hat WıLson jetzt einige recht naturgetreue Querschnittsbilder ge- 524 R. S. Bereh, geben, wie er denn auch erkannt hat, dass die drei äußeren Zellreihen vorn nicht aus einander zu halten sind. Von der Entstehung der Urzellen und von dem Nervenplexus, der an der Bildung der Bauchkette Theil nimmt, hat Wırson nichts erkannt. Auf seine sonstigen Angaben und theoretischen Bemerkungen habe ich hier nicht einzugehen. Kopenhagen, Ende April 1890. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnungen: i.bo, innere Borstensackanlage ; wz, Wimperzellen ; N, der Neuroblast; M, der primäre äußere Myoblast; Mir, die durch die Theilungen jenes nn N Ms, $: A sep, Dissepimente; entstehenden sekundären äuße- =ı ren Myoblasten ; ra ae, Ms, y f dfp, Darmfaserplatte ; Im, Längsmuskeln ; rm, Ringmuskeln ; pu, Punktsubstanz; p, Peritoneum; My, der innere Myoblast; n, m, My, Ma, Ma, my, die resp. von jenen Zellen ausgehenden Zellreihen (Neu- ralplatten, äußere und innere Mus- kelplatten); iz, Trichterzellen; ec, gewöhnliche Ektodermzellen (Epider- so, Schleifentheil der Segmentalorgane; mis); b, Borste, en, Entoderm;; z, Ersatzzellen der Borstensäcke. a.bo, äußere Borstensackanlage; Alle Figuren mit Ausnahme von Fig. 44 sind nach mit FLemmine’scher Lösung und Platinchlorid behandelten Präparaten gezeichnet, die Schnitte waren mit Hämatoxylin gefärbt. — Die Angaben von Objektiven und Ocularen beziehen sich auf diejenigen von ZEIss, Tafel XIX. Fig. 1. Neuroblasten, äußere und innere Myoblasten mit den von ihnen aus- gehenden Zellreihen von einem Embryo von 0,425 mm Durchmesser (nur die eine Hälfte des Keimstreifens ist vollständig dargestellt). D, Oc. A. Fig. 2. Hälfte des Keimstreifens eines Embryo von 0,46 mm. D, Oc.4. Fig. 3. Die Wırson’schen Urzellen und Zellreihen eines Embryo von 0,19 mm. D, Oc. A. Fig. 4. Dieselben von einem Embryo von 0,2 mm. F, Oc. A. Fig. 5. Dieselben von einem Embryo von 0,57 mm Länge. D, Oc. 2. Fig. 6. Aus dem Schnitt Nr. 10 von einer Sagittalschnittserie durch einen Em- bryo von 0,34 mm (enthaltend den Neuroblasten und die Neuralreihe). F, Oc. A. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. 525 Fig. 7. Aus dem Schnitt Nr. 16 von einer Sagittalschnittserie durch einen Em- bryo von 0,55 mm. Der Neuroblast im Begriff eine Zelle zu knospen. F, Oc. 2. Fig. 8, Aus dem Schnitt Nr. 47 einer Sagittalschnittserie durch einen Embryo von 0,53 mm, enthaltend einen äußeren Myoblasten und einen Neuroblasten mit Zellreihen. D, Oc. 2. Fig. 9. Flächenbild der Neuralreihe nebst anliegenden Wimperzellen und Nervenzellen (Halbisolation durch Druck) eines Embryo von 0,5 mm. D, Oc. 2. Fig. 40, Flächenbild aus der mittleren Partie des Keimstreifens eines viel größeren Embryo mit sehr deutlichen Nervenzellen, D, Oc. 2. Fig. 44. Aus dem Querschnitt Nr. 24 (von hinten aus) einer Serie durch einen Embryo von 4,1 mm Länge, mit Neuralplatten und (dazwischen) Wimperzellen und Nervenzellen. D, Oc. 2. Fig. 42. Aus dem Schnitt Nr. 44 derselben Serie, der Fig. 7 entnommen wurde. D, Oc. 2. Fig. 43. Aus dem Schnitt Nr. 4 (von hinten, Tangentialschnitt vom Ektoderm) einer Querschnittserie durch einen Embryo von circa 2 mm Länge, D, Oc, 2. Fig. 44. Schnitt Nr. 3 vom Hinterende (Tangentialschnitt vom Ektoderm) einer Querschnittserie durch einen Embryo von circa 4 mm Länge. Citronensaft, Gold- chlorid, Essigsäure. F, Oc. 2. Fig. 15. Flächenbild der medianen Partie des Keimstreifens eines jungen Regenwurms mit Nervenzellen, die von den Neuralplatten umwachsen werden. D, 0c. 2. Fig. 16. Aus dem Schnitt Nr. 10 einer Sagittalschnittserie durch einen Em- bryod von 1,45 mm Länge. Die Neuralplatten bilden segmentale Anschwellungen. D, 0e.2. Fig. 47. Aus dem Querschnitt Nr. 57 derselben Serie, der Fig. 13 entnommen wurde. D, Oc. 2. Fig. 48. Aus dem Schnitt Nr. 92 derselben Serie. D, Oc. 2. Fig. 49. Aus dem Schnitt Nr. 115 derselben Serie. D, Oc. 2. Tafel XX, Fig. 20. Querschnitt Nr, 8 (von hinten) einer Serie durch einen Embryo von 0,17 mm. D, 0c. 2. Fig. 21. Aus dem Querschnitt Nr. 40 (von hinten) einer Serie durch einen Em- bryo von 0,33 mm. F, Oc. 1A. Fig. 22. Aus dem Querschnitt Nr. 25 (von hinten) einer Serie durch einen Em- bryo von 0,84 mm. D, Oc. 2. Fig. 23. Aus dem Schnitt Nr. 48 derselben Serie wie Fig. 22. D, Oc. 2. Fig. 24. Aus dem Schnitt Nr. 64 derselben Serie, der Fig. 43 entnommen wurde. D, Oc. 2. Fig. 25. Aus dem Schnitt Nr. 68 einer Querschnittserie durch einen Embryo von 4,4 mm Länge. D, Oc. 2. Fig. 36. Aus dem Schnitt Nr. 465 derselben Serie, der Fig. 43 entnommen wurde. Apochromatische Öllinse, Apert. 4.30. Brw. 2 mm. Comp. Oc. 4. Fig. 27. Aus einem Schnitt noch weiter nach vorn aus derselben Serie. Die- selbe Vergrößerung. Fig. 28 und 29. Aus Querschnitten der vorderen Körperregion eines jungen Regenwurms von circa 3 mm Länge. Dieselbe Vergrößerung. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. L. Bd. 34 526 R. S. Bergh, Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden, Tafel XXI. Fig. 30. Aus dem Schnitt Nr. 46 einer Sagittalschnittserie durch einen Embryo von 0,8 mm Länge. D, Oc. 2. Fig. 34 a—c. Aus den Schnitten Nr. 64, 63, 62 derselben Serie wie Fig, 13, die ganze Anlage eines Nephridium enthaltend. D, Oc. 2. Fig. 32a und db. Aus den Schnitten Nr. 103 resp. 402 derselben Serie, die An- lage des Endstückes des Nephridium und die eines Borstensackes enthaltend. D, Oe. 2. Fig. 33. Aus dem Schnitt Nr. 19 einer Sagittalschnittserie durch einen Embryo von 1,45 mm Länge, zwei Segmentalorgan- und eine Borstensackanlage enthaltend. Fig. 34. Flächenpräparat eines Theiles vom Keimstreifen eines jungen Regen- wurms mit sehr jungen Nephridialanlagen (halbschematisch). D, Oc. 2. Fig. 35. Aus der vorderen Körperregion in demselben Präparate; die jungen Borstensackanlagen sind aufgetreten. D, Oc. 2. Fig. 36. Noch weiter vorn aus demselben Präparat (äußerer Borstensack mit Follikeln). D, Oc. 2. Fig. 37. Die Borsten treten in den Follikeln der äußeren Borstensäcke auf. D, Oe. 2. Fig. 38. Aus dem Schnitt Nr. 90 derselben Serie wie Fig. 13. D, Oc. 2. Fig. 39. Aus dem Schnitt Nr. 404 derselben Serie. D, Oc. 2. Fig. 40. Aus dem Schnitt Nr. 444 derselben Serie. D, Oc. 2. Fig. 44. Aus dem Schnitt Nr. 437 derselben Serie. D, Oc. 2. Fig. 42. Aus einem Schnitt der vorderen Körperregion eines Würmchens von circa 3 mm Länge. F, Oe. 2. 4 ae Über die Entwicklung des Süfswasserschwammes. Von Dr. Otto Maas in Berlin. (Aus dem zoologischen Institut zu Berlin.) Mit Tafel XXI und XXI. Die Entwicklungsgeschichte der Spongillen hat eine Reihe von Darstellern gefunden. Deren Angaben lauten jedoch, wie schon eine flüchtige Übersicht der Litteratur zeigt, so verschiedenartig und wider- sprechend, dass eine neue Untersuchung mit verbesserten Hilfsmitteln der Technik wohl gerechtfertigt erscheint. Außer Carter kommt zunächst Liegerkünn in Betracht. Er hat die »Schwärmsporen «, wie er sie nennt, ihr Festsetzen und ihre Ausbrei- tung zum jungen Schwamm zuerst festgestellt. Für die Histologie sind seine Arbeiten (Litteraturverzeichnis 16—22) außerordentlich werth- voll, geradezu grundlegend; auch für die Entwicklungsgeschichte ent- halten sie eine Reihe wichtiger Beobachtungen, deren an den einzelnen Stellen gedacht werden muss. Auf modernem Boden stehen die Untersuchungen von Ganin (7, 8). Ihre Hauptergebnisse sind mit anderen bekannten Thatsachen gut ver- einbar, so die Zusammensetzung der Larve aus drei Schichten und deren Verwendung zum Aufbau der Gewebe des Schwammes, die Entstehung der Geißelkammern aus einem einheitlichen Hohlraum durch Ausstül- pung u. A. Manches konnte allerdings Bedenken erregen, wie die An- nahme einer wirklichen Leibeshöhle noch außer der Entodermhöhle, sowie der Umstand, dass viele seiner Bilder keine wirklichen, sondern nur optische Durchschnitte sind. Görre’s Resultate (9, 10) sind von den ebengenannten Punkt für - Punkt verschieden. Die Larve ist nach ihm zweischichtig, ihr Ekto- derm wird aber bei der Metamorphose abgeworfen und »der ganze künftige Schwamm geht mit allen seinen Theilen aus dem Entoderm Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. L. Bd. 35 528 Otto Maas, hervor«. Im letzteren bilden sich durch Lockerung die Hohlräume, die Geißelkammern entstehen getrennt von einander aus je einer Zelle durch Knospung; die Dotterkörner bilden sich dabei direkt zu Kernen um. Der auffallendste Punkt ist hierbei die Abstoßung des Ektoderms. Da dasselbe bei den Larven von Sycandra (31), Plakina (35), Osca- rella (13), Chalinula (14), nach den bestimmten Mittheilungen der Au- toren F. E. Scnuze, Heiver und Kerr, vollständig in das äußere Epi- thel des jungen Schwammes übergeht, da ferner jedoch bei Reniera laut Marsuaıı (24) ein theilweises Bloßlegen der inneren Keimschicht stattfindet, und auch bei Esperia von Barroıs (1) etwas Derartiges er- wähnt wird, so wird vollends durch die Görrz’sche Darstellung bei Spongilla jede übereinstimmende Auffassung, auch des ausgebildeten Schwammkörpers, bei den verschiedenen Arten unmöglich. Im Hinblick auf alle diese Widersprüche ergriff ich daher gern die Anregung meines hochverehrten Lehrers, zunächst die Metamorphose der Spongilla mit Hilfe des von ihm erfundenen Horizontalmikroskops und der Deckglasaquarien zu verfolgen, sodann aber auch die ganze übrige Entwicklung noch einmal zu studiren. Durch Fıeper (6) ist die einzellige Natur des Eies gegenüber der Anschauungsweise Görtr's überzeugend vertheidigt worden. Meine Untersuchungen habe ich daher am reifen Ei begonnen und versucht dieselben ohne Lücke bis zum fertigen jungen Schwamm durchzu- führen. Wenn ich nicht für alle Stadien dieselbe Bestimmtheit der Deu- tung in Anspruch nehme, wie für die Vorgänge bei der Metamorphose, so geschieht dies, weil ich glaube, dass mir erst das Studium ver- wandter, mariner Formen darüber völlige Klarheit bringen wird. Au keinen Fall möchte ich den Süßwasserschwamm, der in so vielen Be- ziehungen abgeändert und als ungünstiges Objekt erscheint, zum Aus- gangspunkt vergleichender Spekulation machen. Die Arbeit wurde im zoologischen Institut der Universität Berlin ausgeführt in der Zeit vom Sommer 1889 bis zum Frühjahr 1890. Herrn Professor F. E. ScuuLze sage ich meinen aufrichtigen Dank für das große Interesse, das er meinen Untersuchungen zuwandte, und für die mannigfache Förderung, die denselben daraus erwuchs. Auch den Herren Dr. Korscutrr und Dr. Hrıper bin ich für vielfache Anleitungen sehr verbunden. Im Zoologischen Anzeiger (Nr. 316, 1889) habe ich bereits eine kurze vorläufige Mittheilung über meine Ergebnisse, so weit sie die Kontinuität des Ektoderms betreffen, veröffentlicht. Über die Entwicklung des Süißwasserschwammes. 599 Material und Methoden der Untersuchung. Material lieferte mir in reichster Fülle die Spree, die gerade im Herzen von Berlin, wo jedenfalls viele Abfallsstoffe ins Wasser gelangen, ein außerordentlich mannigfaches Thierleben zur Entfaltung bringt. Ganze Rasen von Vorticellinen bedecken die Steine, zwischen den Wasserpflanzen schwärmen zahllose Infusorien umher, nach denen Hydren ihre Arme strecken, und die verschiedensten Spongillen über- kleiden die Pfähle der dort befindlichen Waisenbrücke. Die davon ausschwärmenden Larven sind so zahlreich, dass es an manchem gün- stigen Sommertag genügt, ein Glas Wasser im Fluss zu schöpfen, um mit Sicherheit einige darin zu erhalten. Die mütterlichen Schwämme selbst haben ein sehr verschiedenes Aussehen und gehören zu mehre- ren Arten. An den Seiten der Pfähle, wo die Strömung stärker ist, ist die meistens grün aussehende Sp. lacustris vertreten und flottirt mit ihren baumartigen Verzweigungen im Wasser; an den von der Strö- mung abgekehrten Stellen bilden sich dünne schmutzig gelbliche Überzüge von Sp. fluviatilis, und mehr in der Tiefe finden sich dicke, blendend weiße und zackige Krusten derselben Species. Diese letz- teren haben mir vorzugsweise zu meinen Untersuchungen gedient. Um unnöthige Arbeit zu vermeiden empfiehlt es sich, die mit dem Netz hervorgeholten Krusten sofort im Kahn in einer flachen Schale mit der Lupe auf Furchungsstadien zu prüfen, die an ihrer weiblichen Farbe im übrigen Gewebe leicht erkannt werden. Die so ausgewählten Stücke wurden in Gläser mit Spreewasser gefüllt und im Institut in bereit- gehaltene Aquarien vertheilt, wie es Fırnırer beschreibt. Bemerken möchte ich nur, dass es für das längere Leben der Stücke rathsam ist, die Aquarien nicht nur »vor starker Besonnung geschützt«, sondern in möglichstem Schatten aufzustellen, wie es aus ihren natürlichen Siedel- plätzen im Fluss hervorgeht. Sobald die Larven zahlreich ausge- schwärmt waren, was gewöhnlich über Nacht geschah, wurden sie zum Theil nebst einem Stück des mütterlichen Schwammes auf ver- schiedene Weise konservirt, zum Theil in einer großen Glasröhre ein- zeln aufgefangen und ins Deckglasaquarium übertragen. Da dieser Apparat, wie aus zerstreuten Litteraturangaben (VERWoRN, FIeDter [6]) hervorgeht, wohl gelegentlich zum Studium von Bewegun- gen, bisher aber noch nicht zur wissenschaftlichen Beobachtung ge- braucht worden ist, so empfiehlt es sich, hierüber einige Angaben zu machen. Auf einem Stativ ruht das oblonge Aquarium, dessen vordere und hintere Wand aus je einem ! qdm großen Deckglas besteht, wäh- rend die I cm tiefen Seiten durch massive Glasstützen gebildet werden. 35* 530 Otto Maas, Es befindet sich in ihm also eine Wassermenge von gegen 400 ccm, auch Elodeapflänzchen und Bodentheilchen können hineingebracht wer- den. Die Verhältnisse sind den natürlichen möglichst ähnlich, unver- gleichlich günstiger wie im hängenden Tropfen oder Gramne’schen Ring, und was die Hauptsache ist, man kann ein und dasselbe Indivi- duum, während der ganzen Dauer der Metamorphose, als frei- schwärmende Larve beim Festsetzen und als jungen Schwamm im Auge behalten. Das horizontal gestellte Mikroskop lässt sich bequem handhaben, und durch den besonders aufgestellten Spiegel einerseits wie durch die am Aquarium angebrachte Blende andererseits lässt sich sowohl genügende Helligkeit zur Anwendung stärkerer Vergrößerungen (Zeıss E und F), als auch die für das Weiter- entwickeln der Larven nöthige Dunkelheit erzielen. Zur Beobachtung der Einwirkung von Reagentien bediente ich mich außerdem des hängenden Tropfens, den ich mir auf folgende Weise herstellte. Große Deckgläser wurden vorsichtig auf die Wasser- oberfläche der Zuchtaquarien gelegt, so dass sie (nach dem bekannten physikalischen Experiment) schwammen; an diese setzten sich die Lar- ven gern an und konnten dann mit denselben herausgenommen und beobachtet werden. Auch für die Anfertigung von Dauerpräparaten eignet sich dies Verfahren, besonders bei NO,Ag-Einwirkung. Es können auf diese Weise Präparate in Kanadabalsam zwischen zwei Deckgläsern hergestellt werden, so dass ein Betrachten von zwei Sei- ten möglich ist, was für manche Stadien sich wichtig zeigt. Zum Härten der iganzen Schwammstücke bediente ich mich nach vorherigem Ausschwenken (wie es F.E. Schuze angiebt) des absoluten Alkohols. Für die Larven wandte ich Sublimat, Überosmiumsäure und die Fremmine’sche Chromosmium -Essigsäure an. Besonders letztere lieferte so gute Resultate, dass ich sie bald ausschließlich gebrauchte. Zum Durchfärben der ganzen Schwammstücke, wie auch der Larven benutzte ich Boraxkarmin, manchmal auch Hämatoxylin. Zum Nach- färben der Schnitte behufs Differenzirung des Dottermaterials, was für viele Fragen von großer Bedeutung ist, dienten mir Anilinfarben, Bleu de Lyon und Malachitgrün. Letzteres in einer schwach alkoholischen Lösung mit nachherigem Auswaschen durch stärkeren Alkohol lieferte mir die besten Bilder. Das Einbetten der mütterlichen Schwämme sowie der Larven geschah in Paraffin. Wo die letzteren an Elodea- blättern saßen, war dies ohne Weiteres möglich; im anderen Fall mussten die Objekte wegen ihrer Kleinheit vorher mittels Eiweiß auf Leberstückchen aufgeklebt werden!, die Schnittdicke betrug nach dem 1 Semon, Entwicklung von Synapta digitata. Jen. Zeitschr. Bd. XXII. 1888, Über die Entwicklung des Süißwasserschwammes. 531 - jeweiligen Bedürfnis !/s, bis 1/99 mm. Eine besondere Schwierigkeit für das Mikroskopiren bietet der Umstand, dass die Larve selbst, kaum größer als eines der großen Infusorien (nach Ließerkünn gegen ?/; mm lang, !/; mm breit), sich aus Hunderten von Zellen zusammensetzt, so dass sich manchmal die stärksten Vergrößerungen (Zeıss, apochroma- tische Immersion) als machtlos erweisen. Furchung und Bildung der Höhle. Das reife Ei mit seinem Reichthum an größeren und kleineren Dot- terkörnern (Fig. 1), dem bläschenförmigen Kern mit dem stark tingir- baren Kernkörperchen ist besonders von FiEpDLer genau beschrieben worden. Auch bezüglich der Furchung kann ich seine kurzen Bemer- kungen, sowie Ganin’s Darstellung im Allgemeinen nur bestätigen. Es liegt bei Spongilla eine nach dem gewöhnlichen zweitheiligen Typus verlaufende äquale Furchung vor, die zunächst zur Bildung eines maul- beerförmigen und durchaus kompakten Zellenhaufens führt, wie ihn schon LieBERKÜHN als »unbewimperter Embryo « abbildet. Da der Haupttheil des ganzen Entwicklungsverlaufes im mütter- lichen Follikel vor sich geht, so ist man, wie GörtE mit Recht hervor- hebt, »auf die Kombination der Bilder angewiesen, welche bei den Durchschnitten ganzer Schwammstücke zufällig gewonnen werden « (10, p. 4). Doch schien mir die Schwierigkeit, geschlossene Reihen der Vorgänge zu erhalten, nicht so groß. Die trächtigen Spongillen sind ‚nämlich außerordentlich reich an Furchungsstadien, so dass man auf einem dünnen Querschnitt von etwa 4 gem gewiss sechs davon an- | geschnitten erhält, oft aber auch das Dreifache. Außerdem schienen sie mir in Bezug auf ihre Lage einer gewissen Gesetzmäßigkeit zu unterliegen. Denn, wenn auch von einer besonderen Keimstätte nicht die Rede sein kann, und alle Zellen des sog. Mesoderms zur Eibildung verwandt werden können, so fand ich doch in den oben erwähnten Schwammkrusten die weniger entwickelten Stadien mehr nach der Oberfläche zu, wo mir aus anderen Gründen das hauptsächlichste Wachsthum des Schwammes stattzufinden scheint, und die ausgebilde- teren mehr in der Tiefe, wo sich die größeren ausführenden Lakunen sammeln. Je nachdem man also seinen Paraffinblock orientirt hat, - kann man entweder verschiedene Stufen auf einem Schnitt vergleichen, oder von den Schnitten mit früheren Stadien zu den ausgebildeteren - fortschreiten. (Auch Krıier giebt an [14, p. 335], dass »das Schwärmen an der Basis des Schwammes zuerst erfolgt und gegen das Osculum fortschreitet «.) Die zwei ersten Furchungszellen gelangen häufig zur Ansicht, sie 532 Otto Maas, erscheinen in Bezug auf Tingirbarkeit, Größe und Struktur durchaus gleich; eben so wenig lässt sich bei den 4-, 8-, 16- und mehrzelligen Sta- dien (Fig. 2—4) eine Verschiedenheit nachweisen, etwa in der Weise, dass an einem Pol die Zellen sich schneller theilen und ihr Dottermate- rial früher verarbeiten würden. Wo am einzelnen Schnitt einmal eine Verschiedenheit der Blastomeren zu sehen ist, lässt sich durch Zusam- mensetzung der vorangehenden und folgenden Schnitte — am besten im Modell — stets nachweisen, dass die Ungleichheit nur durch die Schnittrichtung bedingt war (vgl. Fig. 3). Die einzelnen Blastomeren der etwa 64zelligen Morula sind noch ganz ähnlich gebaut, wie das Ei. Sie bestehen aus einem sehr zähen Protoplasma, in dem Dotterkörner dicht eingelagert sind. Diese letzteren sind im Allgemeinen kleiner, wie die im Ei, färben sich mit Boraxkarmin tiefroth und verdecken auf diese Weise öfters den Kern, der sich aber in anderen Fällen als wasserhelles Bläschen mit dunkelrothem Nucleolus bemerkbar macht und durch die Doppelfärbung noch mehr hervorgehoben werden kann. Die einzelnen Blastomeren sind, wie Görtz beobachtet, »bald locker gefügt, bald gegen einander abgeplattet«; doch scheint mir das letztere das typische Verhalten zu sein und das erstere von nicht festschließenden Follikeln herzurühren. Jedenfalls ist die Morula durchaus solid und zeigt nicht die Spur einer Furchungshöhle. Wenn auch, wie GAanin bemerkt, beim viertheiligen Stadium die Andeutung einer solchen vermuthet werden könnte, so verschwindet dies später, wie er selbst auch betont, ganz und gar, und Schnitte zeigen, wie sehr die Zellen den gegebenen Raum ausnutzen (Fig. 4). Die Größe und äußere Gestalt der Morula gleicht, von Anomalien abgesehen, der des Eies, ihr Querschnitt ist kreisrund, ihr Längsschnitt oval. Eine Verschiedenheit der beiden Pole habe ich nicht mit Sicherheit feststellen können. In demselben Sinne, wie dies F. E. Scuusze beim Badeschwamm thut (33, p. 643) könnte man auch bei Spongilla von einer »Abfurchung« sprechen, in so fern die Zellen bei den ersten Theilungen noch durchaus Blastomeren-Charakter tragen, von einem bestimmten Stadium an aber sich rapide zu theilen anfangen, und die gleichzeitige Differenzirung der Gewebsschichten eintritt. Zwischen beiden Vorgängen liegt die Bildung der Höhle. Nach Ganin tritt zuerst eine Differenzirung der Zellen durch ra- schere Theilung der peripheren Elemente auf und dann erst erfolgt »durch Desaggregation und Zerfall der centralen Zellen« die Bildung der Höhle. GörtE aber hält ihm mit Recht deren excentrische Anlage entgegen, die Ganın bei seinen optischen Durchschnitten entgangen sei, und sagt selbst (p. 5), dass an einem peripher differenzirten Embryo . Über die Entwicklung des Süißwasserschwammes. 533 die Höhle schon vorhanden ist. Ich kann dies durchaus bestätigen. So- bald nur einigermaßen Unterschiede in den Zellen hervortreten, ist auch bereits die Höhle zu sehen. Schon desshalb aber glaube ich, dass man hier nicht von einer epibolischen Gastrula sprechen darf, wie es GöTTE thut. Denn was für diese charakteristisch ist, das Vorhandensein eines differenten äußeren Zelllagers und einer großzelligen kompakten Innenmasse, tritt bei Spongilla zu keiner Zeit auf. Nach einer ganzen Reihe von Bildern, die mir im Verlauf meiner Schnittserien erschienen sind, scheint mir die Entstehung der Höhle von außen her zu erfolgen. Dafür spricht zunächst ihre excentrische Lage, dann aber auch ihre charakteristische, etwa mützenförmige Gestalt, die im Längsschnitt halbmondförmig, im Querschnitt kreisrund erscheint. In der That kann man Übergänge von einer leichten Einsenkung von dem einen Pol der Morula bis zu einer so geformten Höhlung auffinden (Fig. 6—9), und diese Bilder sind zu häufig, als dass ich sie für zufällige halten könnte. Auch sind es nicht herausgefallene Blastomeren, die solche Lücken vortäuschen; diese zeigen ein anderes Ansehen und erscheinen nur in weiten Follikeln, die die Morula nicht fest zusammen- halten, während die Bilder, die ich in Beziehung zur Höhle bringe, ge- rade an sehr festgefügten, sich gegenseitig abplattenden Furchungszellen auftreten. Auf jeden Fall ist die Höhle schon gebildet, ehe eine Diffe- renzirung der Zellen auftritt. Schnitte, die mit Absicht sehr dick her- gestellt wurden, zeigen bei hoher Einstellung den Boden, bei tiefer die Decke der Höhle, bei mittlerer die Höhle selbst. Die Schließung ist also schon erfolgt, die umgrenzenden Zellen zeigen aber noch durchaus Blastomeren-Charakter. Wie dieser Entstehungsmodus aufzufassen wäre, wird sich, wie ich in derEinleitung bemerkt habe, wohl erst beim Studium verwandter, mariner Formen ergeben. Ob wir es hier mit einer wirklichen Einstül- pung zu thun haben, die nur desswegen so klein ist, weil bei der Mo- rula im Gegensatz zur Blastula die Furchungshöhle sehr rudimentär ist, oder ob wir eine Art Umwachsung vom einen Pol annehmen sollen (Kezer, Chalinula, 14, p.335), oder ob hier ein Mittelding zwischen epi- bolischer und Einstülpungs-Gastrula vorliegt, das sind einstweilen nur Vermuthungen, die ihre Stütze erst durch weitere Beobachtungen an Kieselschwämmen finden können. Differenzirung der Gewebe. Der jetzt beschriebene Embryo ist kein ungeordneter Zellhaufen ; er birgt in seinem Inneren eine charakteristisch geformte und gelegene Höhlung und besitzt bereits die ovale Gestalt der Larve. Auch können 934 Otto Maas, die einzelnen Zellen nicht mehr als gleichwerthig angesehen werden, da sie durch ihre Lage verschiedene Beziehungen sowohl unter sich, wie zur Außenwelt gewonnen haben. Es lässt sich aus diesem Grunde wohl den- ken, dass z.B. die Zellen & des Embryo (Fig. 9) sich im Lauf der Entwick- lung anders verhalten werden, wie die Zellen y oder z, äußerlich aber unterscheiden sie sich einstweilen in keiner Weise, und auch im Lauf der weiteren Entwicklung lässt sich keine scharfe Grenze zwischen ihnen ziehen, so dass man etwa sagen könnte, die einen Blastomeren liefern das Ektoderm, die anderen das Mesoderm, die anderen das Ento- derm. Wenn ich daher auch in der Folge diese Ausdrücke für die Ge- webe der Larve verwende, so geschieht dies mehr, um damit eine ge- läufige Terminologie für die Schichten der Larve anwenden zu können, als um damit von wirklichen Keimblättern zu reden. Die Differenzirung der Gewebe erfolgt an allen Punkten ziemlich gleichzeitig, unter Aufbruch des vorhandenen Dottermaterials und ra- pider, vielfach wiederholter Theilung der Zellen, nur in der mittleren Schicht bleiben Dotterkörner etwas länger liegen. Die Verfolgung dieser Vorgänge im Einzelnen ist ziemlich schwierig, weil man auf Kombina- tion der Bilder angewiesen ist, und die Elemente sehr klein sind; doch glaube ich das Folgende mit Bestimmtheit aussagen zu dürfen. Die peripheren Zellen theilen sich sehr schnell in verschiedene unregelmäßig geformte Stücke (Fig. 19); Kerntheilungsbilder sind dabei häufig zu sehen, ohne dass sich für die Richtung der Spindeln eine Regel aufstellen ließe; im Gegentheil scheinen Theilungen in allen Ebenen vorzukommen. Diese unregelmäßigen Zellen, die noch Dotterkörner ent- halten, zerfallen wieder in eine große Anzahl von kleineren rundlichen Zellen, die ihrerseits vollkommen dotterfrei sind, einen runden Kern mit Chromatingerüst aufweisen. Sie scheinen gruppenweise angehäuft (fast, als wenn jede Gruppe aus einem Blastomer herrührte), umgeben als ge- schlossenes Lager den ganzen Embryo, lassen sich aber von dem unter- liegenden Gewebe nicht scharf abgrenzen (Fig. 19 u. 20a). Nach und nach werden aus ihnen immer mehr eylindrische Zellen mit länglichen Kernen, in richtiger epithelialer Anordnung. Unterdessen sind auch an r 3 Ä EEE ee Wen" u allen anderen Stellen außerordentlich rasche Theilungen vor sich ge- gangen. Die Höhle zeigt sich umgrenzt von einem deutlichen Lager rundlicher und kubischer kleiner Zellen, die an manchen Stellen be- sonders gehäuft erscheinen und bisweilen Fortsätze bis in die Innen- masse hinein erkennen lassen. Auch diese selbst zeigt sehr verschiedene Elemente. Außer noch dotterreichen Zellen mit hellem Protoplasma und bläschenförmigem Kern (Fig. 19 u. 20dz) finden sich schon andere Zellen, die kein Dottermaterial mehr enthalten, deren Kern ein Chro- Über die Entwicklung des Sißwasserschwammes. 535 matingerüst aufweist und deren Plasma sich lebhafter färbt (Fig. 19 u. 20mz). Ihre Form ist verschieden; sie nähern sich im Charakter den späteren Zellen der Bindesubstanz und sind offenbar gegenüber den Zellen mit reichem Dottermaterial die vorgeschritteneren, wie manche Übergänge zeigen. Diese letzteren zwei Zellsorten glaube ich auch in den von MErscH- NIKOFF bei Halisarca (25, p. 354) beschriebenen »Rosettenzellen« einer- seits und »feinkörnigen Elementen« andererseits wiederzuerkennen. Deren Verhalten gegen Reagentien, sowie die Thatsache, dass im Lauf der Entwicklung die ersteren immer weniger werden gegen die letz- teren (p. 357), rechtfertigt diesen Schluss. Ein drittes Mesodermele- ment der Spongille, was bei Halisarca ja nicht vorhanden ist, sind die skelettbildenden Zellen, die in ihrem Inneren die Spicula bilden. Ich kann dem hierüber bereits Bekannten nichts Neues hinzufügen. Auch die knorrige Form der Nadeln, wie ich sie abbilde, ist von LiEBERKÜHN u. A. beschrieben. Alle diese Differenzirungen lassen sich aber nur mit Hilfe der oben erwähnten Doppelfärbungen erkennen, bei einfacher Anwendung von Boraxkarmin, das auch die Dotterkörner roth färbt, erscheint davon nichts Deutliches. Es erklären sich hieraus, wie schon FıEDLer (6, p. 30) nachgewiesen hat, nicht nur Görtr’s Darstellung von der Nichtzellig- keit des Spongilleneies, sondern auch seine Beschreibung des Entste- hens der Geißelkammern. Diese sollen sich direkt durch Knospung aus je einer dotterreichen Zelle bilden (p. 17), wobei sich einfach die Dot- terkörner in Kerne umwandeln. Wie eine solche Verwechselung mög- lich ist, zeigt ein doppelt gefärbtes Bild (Fig. 22 g%k, dz), wo eine solche Zelle neben einer wirklichen Geißelkammer liegt, mit der sie auch an Größe übereinstimmt. Man braucht sich nur zu denken, wie das, was hier durch die Anilinfarbe blau erscheint, bei einfacher Karminfärbung sich ebenfalls roth darstellen würde, um zwei sehr ähnliche Zellbilder zu erhalten. In Wirklichkeit entstehen die Geißelkammern durch eine weitere Differenzirung der Höhlenauskleidung, indem einzelne Zellen sich strangartig verlängern, andere aber sich gruppenweise anhäufen, be- sonders in kleinen Einbuchtungen. Stränge von solch langgestreckten Wandungszellen der Höhle ragen oft in die mittlere Masse hinein und zeigen an ihrem Grund die Kammeranlage (Fig. 20 :). Nicht verschwei- gen kann ich allerdings, dass ich auch solche Bildungen ohne Verbin- . dung mit der Höhle gesehen habe ; doch werde ich bei der Besprechung des Kanalsystems in der freischwärmenden Larve noch darauf zurück- - kommen. 536 Otto Maas, Auch die mittlere Gewebsschicht ist während dessen in ihrer Entwicklung fortgeschritten. Die dotterreichen Zellen haben sich an Zahl sehr vermindert, die Dotterkörner selbst sind kleiner geworden und zeigen eine unregelmäßigere Form. Bei sehr starker Vergrößerung zeigt auch ihre Struktur bedeutsame Veränderungen. Während die färbbare Substanz ursprünglich in einem feinen Netzwerk angeordnet war, erscheint sie später mehr in Bändern gleich einem Vorticellenkern und schließlich in mehr unregelmäßigen Anhäufungen (Fig. 30). Auch ist schon die Gallertsubstanz vorhanden und es sind einzelne Zellen in charakteristischer Gestalt darin zu finden. Es scheint mir, als ob die erste Entstehung dieser Grundsubstanz (wie bei den Nadeln) intracel- lulär geschehe; wenigstens lassen kleinere und größere Vakuolen in den embryonalen Mesodermzellen dies vermuthen (Fig. 100 u. 27). Ich bin jedoch zu keinen sicheren Ergebnissen hierüber gelangt. Einzelne Spi- cula sind mittlerweile sehr groß geworden, zeigen aber immer nur eine anliegende Zelle. Die Zellen des Ektoderms haben sich ebenfalls weiter verändert, sind ganz hoch eylindrisch geworden und haben schließlich Wimpern bekommen. In solchem Zustand, also mit drei differenten Ge- websschichten, schwärmen die Larven aus. Betonen möchte ich noch einmal die Gleichzeitigkeit der Differen- zirung. In demselben Grade wie sich die peripheren Zellen von dem ursprünglichen Blastomeren-Charakter entfernen und ihr Dottermate- rial verarbeiten, ist dies auch bei den innenliegenden der Fall. Wenn die äußere Zellschicht ihren definitiven Charakter erreicht und ihre Wimpern zum Ausschlüpfen und Schwärmen gebildet hat, ist auch ein entwickeltes Kanalsystem vorhanden, und nur die mittlere Schicht ent- hält dann noch einiges Dottermaterial. GörtE hat dies offenbar auch gesehen (p. 6), will aber dennoch als den normalen Fall den ansehen, dass bei der ausschwärmenden Larve das Ektoderm vollständig ent- wickelt ist, während »das Entoderm in seiner Hauptmasse aus größeren und kleineren, locker gefügten Zellen von rundlich eckiger Form und indifferenter Textur besteht«. Ich habe ein solches Verhalten niemals gefunden, sondern stets feststellen können, dass die Differenzirung innen und außen gleichen Schritt hält. Ich glaube desshalb auch nicht, dass »eine bestimmte Regel über die Reihenfolge der verschiedenen Entwicklungserscheinungen und ihre Verbindung mit den verschiede- nen biologischen Zuständen (im Follikel eingeschlossene, schwärmende angeheftete Larven) bei Spongilla durchaus vermisst wird«. (GÖTTE ebenda.) Vielmehr scheint mir das Verhalten des Süßwasserschwam- mes so zu erklären, dass eben der Haupttheil der Entwicklung in den mütterlichen Körper zurückverlegt ist und das Larvenleben und seine Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 537 Aufgaben dem entsprechend beschränkt sind. Ähnlich scheint es bei Chalinula (14, p.336—338) zu sein, und wenn wir dagegen bei anderen Schwämmen finden, dass im Mutterschwamm nur die ersten Anfänge der Entwicklung liegen (Oscarella, Plakina), so haben wir in diesem biologischen Unterschied nur eine Erscheinung, die in allen Thiergrup- pen vorkommt, und die zur Erklärung der theilweise recht verschie- denen Entwicklung bei den einzelnen Formen ein und derselben Gruppe verwandt worden ist. Die. freischwärmende Larve. Da die Embryonen bisher von einem Follikel von Mesodermzellen umschlossen wurden, so muss bei ihrem Freiwerden nothwendig eine Schädigung des mütterlichen Gewebes erfolgen. Dass diese so weit geht, den Untergang des betreffenden Schwammes herbeizuführen, ist nicht wohl anzunehmen, nachdem es WELTNER gelungen ist, Schwamm- stücke, die reichlich Larven entsendet, im Aquarium zu überwintern (42, p.21). Da man die zuletzt beschriebenen Entwicklungsstadien auch in dem Kanalsystem antrifft, so ist vielmehr zu vermuthen, dass die Larven nach Durchbrechung des Follikels in die ausführenden Gänge und von da ins freie Wasser gelangen. Die Bewegungen der freischwärmenden Larve sind außerordent- lich lebhaft. Es gewährt ein interessantes Schauspiel, sie mit dem Horizontalmikroskop zu verfolgen. Doch hat schon LirBErkünn eine so anschauliche und richtige Beschreibung gegeben (16, p. 10), dass der- selben kaum etwas hinzuzufügen ist. Wenn er u. A. sagt: »sie schwim- men in geraden Linien, öfters drehen sie sich im Kreise herum «, so ist damit die von allen Schwammlarven bekannte Bewegung in Schrauben- linien charakterisirt. Der Pol der Höhle ist dabei meist nach vorn ge- richtet und erscheint durchscheinend und wasserhell, der Pol der kom- pakteren Gewebsmasse nach hinten und erscheint weißlich, was die Auffindung der Larven erleichtert. Auch die Lirgerkünn’sche Abbildung (17, Fig. XV) scheint mir auf diese Schwimmrichtung hinzuweisen, in- dem der Pol der Höhle eine schopfartige Anordnung der Geißeln, der - andere eine angedrückte Lage derselben zeigt, wie sie beim ent- sprechenden Schwimmen nothwendig eintritt. Dass »die Larven im - Wasser schweben, immer mit aufwärts gekehrtem Scheitelpol, was sich - einfach daraus erklärt, dass unmittelbar unter ihm sich die große Entodermhöhle, und in der unteren Hälfte der schwere Entodermkern befindet « (GöTTE), scheint mir demnach ein pathologisches Verhalten zu sein. Ich habe, wo ich das Einzelindividuum bis zum Festsetzen und weiter hinaus verfolgen konnte, immer ein aktives Schwimmen mit Hilfe 538 Otto Maas, der Wimpern beobachtet, und ein passives Schweben nur einmal bei Larven in einem und demselben Zuchtaquarium gesehen. Diese Larven zeigten ein geplatztes Ektoderm und setzten sich, wie ich mich an eingehängten Deckgläsern überzeugen konnte, niemals an. Auch konnte ich nicht finden, dass die munter schwärmenden Larven an Blättern oder in Ritzen hängen blieben, im Gegentheil sah ich sie stets aus dem oft recht diehten Gewirr der Wasserpflanzen sich wieder herauswin- den. Bestätigen kann ich dagegen ihre außerordentliche Lichtscheu, die sie an den dunkleren Stellen des Aquariums zusammendrängt, und die um so auffallender ist, als sich hier nicht wie bei Halisarca, Osca- rella u. A. Pigmente finden. Man muss die Aquarien desshalb dunkel halten und auch bei der direkten Beobachtung im durchfallenden Licht öfters abblenden. Sonst kann es passiren, dass eine Larve, die man schon mit dem Horizontalmikroskop eingestellt hatte, sich von ihrem Festheftungsort wieder loslöst, beunruhigt durch die hellen Lichtstrah- len, und langsam weiter schwimmt. Die Ektodermzellen lassen sich schon im lebenden Zustande sehr gut einzeln erkennen, ihr Plasma ist feinkörnig, der Kern länglich und scheint heller. Die Geißeln erscheinen als dichter Pelz und sind wegen ihrer schnellen Bewegungen und ihrer dichten Stellung, die durch die Schmalheit der Ektodermzellen bedingt ist, nicht genauer und einzeln wahrzunehmen (Fig. 11). Dagegen ist dies am Zupfpräparat, sowohl vom lebenden als von mit Sublimat gehärtetem Material sehr gut mög- lich: die Geißel ist etwa zwei- bis dreimal so lang wie die zugehörige Zelle; sehr fein in ihrem schwingenden Theil, schwillt sie an ihrem Ursprung plötzlich sehr stark an (Fig. 10a) und kann noch innerhalb der Ektodermzelle als ein Strang hyalinen Plasmas bis gegen den Kern hin verfolgt werden, ein Verhalten, wie es bei Flagellaten und auch bei Geißelzellen höherer Thiere, des öftern beschrieben worden ist (vgl. Heıper, Oscarella [13, p. 16—20]). An Oberflächenbildern von Ektodermstückchen sieht man den polygonalen Umriss der Zellen auch ohne Reagentien und bemerkt, dass der Kern fast den ganzen Quer- schnitt ausfüllt (Fig. 29). Feine Schnittpräparate, die durch die frei- schwärmende Larve gefertigt sind, zeigen, dass die Ektodermzellen wohl im Allgemeinen gleichmäßig neben einander und radiär zum Lar- venumriss stehen, dass aber einzelne sich von unten dazwischen drängen (Fig. 105), andere sich gegen die mittlere Schicht hin aus- fasern, so dass eine scharfe Abgrenzung vom unterliegenden Gewebe nicht möglich ist. Durch Zerzupfen lassen sich auch dessen Elemente gut sondern; die oben beschriebenen amöboiden Zellen kriechen auf dem Objekt- Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 539 _ träger weiter, während die mit Dotter beladenen, die gewöhnlichen Mesodermzellen und Nadelbildner sich passiv verhalten. Die Spicula haben an Zahl sehr zugenommen, liegen aber stets nur in der dichten Masse, die den hinteren Pol ausfüllt, so dass man den Eindruck ge- winnt, als sei die Larve am vorderen Pol nur zweischichtig (Fig. 27). Ihre Größe ist oft so bedeutend, dass man sich wundern muss, wie sie die Larve nicht am Schwimmen stören. Da ich noch solche von fast !/, mm fand, die nur einen anliegenden Silicoblastkern zeigten, die Nadeln des erwachsenen Schwammes aber eine bestimmte Größe nicht überschreiten (vgl. 17, Figuren) so glaube ich, dass die ganze Dauer des Wachsthums nur eine einzige Zelle in Anspruch nimmt, um so mehr als ich nie Nadeln mit epithelartig anliegenden Zellen gesehen habe. Wo die großen Nadeln bis an die Peripherie ragen, zerreißen sie das Ektoderm nicht (Fig. 27), sondern treiben es etwas vor sich her. Es kommen sogar Fälle vor, wo der ovale Umriss der Larve durch beson- ders weit hinausragende Nadeln ganz gestört wird, und sogar dann zeigen diese noch bis zu ihrer Spitze das Ektoderm als feine Haut mit deutlichen Kernen. Einen solchen extremen Fall giebt Fig. 31. Ich will nicht zu erwähnen vergessen, dass ich im Mesoderm mancher Larven auch die sog. grünen Körper fand und in manchen derselben auch eine deutliche Tetradenbildung sah (vgl. Hamann [12]). Die be- treffenden Individuen schienen aber sonst vollkommen normal und in ihrer Entwicklung nicht gehemmt. Die ganze Mesodermmasse ist bei der freischwärmenden Larve weniger kompakt, weil sie von Hohlräu- men durchsetzt ist, die von Divertikeln der großen Höhle herrühren. Deren Auskleidung bildet die dritte der an der Larve zu unter- scheidenden Gewebsschichten und weist ebenfalls sehr charakteristi- sche Zellformen auf. Zunächst epithelartig an einander gefügte, sehr langgestreckte Zellen, die von der Fläche aus spindelförmig sich dar- stellen (Fig. 10e), von der Kante aber sehr schmal aussehen, so dass beim optischen Schnitt der Kern ganz heraustritt. Außerdem fallen Gruppen von sehr kleinen Zellen mit stark tingirbaren Kernen auf, manchmal direkt an der Höhle, manchmal weiter im Inneren, die Geißelkammern. Dass es schon wirkliche Kammern sind, zeigen Schnitte, bei denen entweder das meist kreisförmige Lumen oder das Aufsichtsbild zur Ansicht kommt (vgl. Fig. 27, 21, 22). An Isolirpräpa- raten kann man auch stets den Kragen als auffallend breiten, hellen Saum, weniger deutlich und nicht immer die Geißel der einzelnen Zelle nachweisen (Fig. 10 .). Über die Konfiguration der Höhle und ihre Beziehung zu den Ge- weben der Larve geben Totalpräparate bei verschiedener Einstellung, 540 Otto Maas, genauer aber Schnittserien, sowohl längs wie quer, wie schief geführte, Auskunft. Es zeigt sich dabei, dass die Höhle doch stets nur einen beschränkten Theil der Larve einnimmt; denn wo ein einzelner Schnitt etwa den Hohlraum gegen die Gewebsschichten sehr überwiegend zeigt, lehrt die Vergleichung der ganzen Serie, dass dies an der Rich- tung des Schnittes gelegen war (vgl. Fig. 27 Richtung v—w). Der Quer- schnitt der Höhle ist stets rund, der Längsschnitt ein 3/, mondförmiger, dadurch dass sich die mittlere Gewebsmasse etwas vorwölbt. Oft führen Gänge von der Höhle aus ins Innere; manchmal sind diese sehr weit zu verfolgen, öfters gehen sie bis zu Geißelkammern. Solche Gänge im Inneren können auch ohne Verbindung mit der Höhle erscheinen, und natürlich kann man nicht auf jedem Schnitt das schematische Ver- halten bekommen: Höhle mit Divertikel, der in die Geißelkammer führt. Wenn man aber in einigen Fällen die Höhle mit nahe ansitzen- der Kammer, in anderen die Höhle mit lang ausgezogenen Divertikeln, in wieder anderen Fällen solche Divertikel mit Kammern sieht, so ist die naheliegende Kombination um so eher gestattet, als auch das kon- struirte Verhalten öfters im Bilde erscheint (Fig. 27 gk). Die freischwärmende Larve kommt nach alledem in vielen Be- ziehungen dem ausgebildeten Schwamm sehr nahe. Die Gewebe sind sehr differenzirt, und namentlich ist das Kanalsystem schon vorgebildet. Dessen Verbindungen mit der Außenwelt sind aber noch nicht her- gestellt, also die in die Kammern einführenden Pori, und das von den Ausführgängen ausführende Osculum. Diese Bildungen können nur durch Durchbrechen des Ektoderms zu Stande kommen, und dessen Veränderungen bilden den wichtigsten Gegenstand der Metamorphose. Festsetzen und Metamorphose. Während der ganzen Zeit des freien Schwärmens hat die Larve ihre äußere Gestalt unverändert erhalten. Einzelne Ausnahmen, die unter der großen Menge des beobachteten Materials vorkommen, wie sehr langgestreckte oder wurstförmig gekrümmte, konnte ich mit Sicherheit als Missbildungen ansprechen, und auch die wenigen Fälle von vorübergehenden Einstülpungen, die mir zu Gesicht kamen, halte ich für bedeutungslos (vgl. hierüber MarsHaLL 24, p. 226; ScuuLze 31, p- 266). Die Zeit des Larvenlebens scheint mir kurz bemessen zu sein; in einer Anzahl von Fällen konnte ich nachweisen, dass das Festsetzen vor Ablauf von 12 Stunden erfolgte, die Zeit von 24 Stunden schien mir nie überschritten zu werden!. Das Horizontalmikroskop ist zur 1 Nach Barroıs’ anschaulicher Darstellung soll eine schnelle Entwicklung das beste Kriterium für normale Verhältnisse sein. Anderenfalls halten sich die Larven Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 541 Beobachtung gerade der Metamorphose vorzüglich geeignet; ich glaube auf diese Untersuchungsmethode aus den Eingangs erwähnten Gründen besonderen Nachdruck legen zu dürfen. Die erste Anheftung erfolgt, wie auch GötTttE festgestellt hat, am Pol der Höhle (der [s. o.] beim Schwim- men nach vorn gerichtet ist). Wenn das Festsetzen an den Wasser- pflanzen des Deckglasaquariums geschah, so konnte man dem Vorgang von der Seite folgen, allerdings wegen der trennenden Wassermenge nur mit schwächeren Vergrößerungen; doch gewahrt man, wie sofort die Höhle kleiner wird, dadurch, dass die über ihr befindliche schon im Larvenleben vorgewölbte Gewebsmasse sich noch mehr senkt (Fig. 35). Noch günstiger gestalten sich für die Beobachtung die Fälle, wo sich die Larve direkt an die Deckglaswand ansetzte und sich so geradezu der Betrachtung hingab. Man sieht dabei auf die entstehende Ansatzbasis und bemerkt, wie bald hier, bald dort eine Welle über den Kontour des lebhaft flimmernden Ektoderms hinläuft. Diese Wel- len werden immer ausgesprochener und schärfer, bis zuletzt die ganze Peripherie nicht mehr kreisförmig ist, sondern lauter größere und kleinere Buckel zeigt. Auch körperlich treten diese, wenn man ab- blendet, durch die Schattirung gut hervor (Fig. 36), und Dauerpräpa- rate lassen dies Verhalten noch besser erkennen, wenn man genau diesen Moment bei der Konservirung getroffen hat. Das Thier selbst wird dadurch flacher und nähert sich mehr der Mützenform, wie sie von fast allen Schwämmen beschrieben wird, die Höhle wird noch mehr ausgeglichen und erscheint von der Seite als ein halbmondför- miger hellerer Spalt im dunklen übrigen Gewebe. Durch diese Wellenbildung am Ektoderm, die wie es scheint dazu beiträgt, den Schwamm aus der ovalen Larvenform in eine flache Kruste zu verwandeln, ist eine starke Oberflächenvergrößerung bedingt; diese kann aber nur statthaben durch Breiterwerden der Ektodermzellen. In der That kann man diesen Vorgang am lebenden Individuum aufs genaueste beobachten, da die Randpartien durchsichtig sind und sich noch mit starken Vergrößerungen (Zeıss E und F) betrachten lassen. Die hocheylindrischen Ektodermzellen werden zunächst mehr kubisch (in den Wellenthälern bleibt das ursprüngliche Verhältnis am längsten erhalten), dann immer flacher, bis ihre größte Erstreckung nicht mehr radiär, sondern tangential zur Oberfläche liegt. Die Zellgrenzen sind - noch deutlich zu erkennen; auch die Kerne sind als hellere Bläschen - wahrnehmbar, und zwar haben auch sie den Process mitgemacht und sind nicht mehr länglich, sondern rund. Die Streckung geht indess - vielleicht lange in den Aquarien, zeigen aber dann viele Anomalien, »des bouches, - des invaginations, des replis« und gelangen nicht zur Metamorphose. 942 Otto Maas, immer weiter, die Ansatzbasis wird dadurch mehr und mehr verbrei- tert und das ganze Individuum sehr flach. Die Ektodermzellen sind dabei flachgestreckt, aber bald nicht mehr einzeln zu erkennen, indem ihre Grenzen und Kerne sich verwischt haben!. Einen sehr anschaulichen Beleg für das Breiterwerden der Zellen bietet das Verhalten der Geißeln. Während diese bei der freischwär- menden und der sich ansetzenden Larve nicht einzeln zu erkennen sind, weil jede an einer sehr schmalen Ektodermzelle steht, und ihre Stellung demnach sehr dicht ist, rücken sie während der eben beschrie- benen Entwicklungsvorgänge zusehends mehr und mehr aus einander, bis sie zuletzt in großen Zwischenräumen stehen, nur noch vereinzelt und schwach schlagen und endlich ganz eingehen (Fig. 11, 12, 13 und 14). Die eben beschriebenen Vorgänge vollziehen sich sehr schnell; vom Festsetzen bis zu diesem Stadium vergeht etwa 1/)„—?/, Stunde. Von da an werden aber größere Zeiträume für die Veränderungen ge- braucht, und bis zum Stadium des wirklichen, wenn auch noch so klei- nen Schwammkörpers vergehen oft mehr wie 24 Stunden. Das Ektoderm, das jetzt als eine feine wellige Haut den Körper des Schwammes umsgiebt, zeigt mit einem Male eine sehr merkwürdige Veränderung. Es verliert an einzelnen Stellen seinen scharfen, welligen Umriss, und man gewinnt bei schwächerer Vergrößerung den Eindruck, als sei hier ein Riss erfolgt, durch den die anliegenden Gewebsmassen langsam austreten. Sobald es aber gelingt, starke Vergrößerungen genau einzustellen, wird man gewahr, dass das Ektoderm an den scheinbar durchbrochenen Stellen sich zu einer äußerst dünnen, ganz hyalinen Schicht ausgebreitet hat, die mit den scheinbar ganz gebliebenen, also noch nicht flach ausgebreiteten Stellen in kontinuirlichem Zusammen- hang steht (Fig. 15). Von dieser hyalinen Schicht gehen pseudopodien- artige Fortsätze aus, bald lange und spitze, bald breitere und lappige, die sich in ihrem Äußeren und ihren Bewegungen genau verhalten wie die der Amöben. Zuerst erscheinen solche hyalinen Ausbreitungen nur an einzelnen begrenzten Stellen, und es kann auf diese Weise vor- 1 Ich glaube nicht, dass man in diesem letzteren Umstand eine Atrophie sehen darf, wie GöTTE, der das Plattwerden ebenfalls zu Gesicht bekommen hat (p. 12), es aber als Schwund deutet, in den Fällen, wo kein »Abplatzen« des Ektoderm stattfinde. Giebt es doch im Thierreich jedenfalls mehr Beispiele, wo sich am lebenden Gewebe die Kerne und Zellgrenzen nicht zeigen, wie für das Gegen- theil. Dass übrigens die erwähnten Stadien am tingirten Präparat ihre Zusammen- setzung aus einzelnen kernhaltigen Zellen wieder sehr deutlich erkennen lassen, darauf werde ich noch später zu kommen haben. Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 943 kommen, da ja alle Veränderungen nicht gleichzeitig auf der ganzen Peripherie eintreten, dass die eine Stelle z. B. noch flimmert, während die andere schon Pseudopodien entsendet. (Auf die eigenthümlichen Bilder, die in solchen Fällen an Dauerpräparaten erscheinen, werde ich noch unten eingehen.) Nach und nach aber pflanzt sich das Spiel der Pseudopodien auf der ganzen Peripherie fort, so dass schließlich der opake Schwammkörper von einem hellen Hof umgeben ist, der seine Form beständig wechselt. Es gewährt ein interessantes Schauspiel, die- sen Vorgängen mit dem Horizontalmikroskop zu folgen. Ein hyaliner Fort- satz bricht aus, weit über das übrigeGewebe hinausragend. Dieses strömt langsam nach und gleicht ihn dadurch etwas aus. Die Pseudopodien- stelle wird dadurch breiter und tritt dann eventuell mit benachbarten Fortsätzen in Verbindung (Fig. 3% «&—06). Eine kurze Ruhepause folgt, dann brechen wieder neue Fortsätze aus, bis endlich die ganze Peri- pherie in gleicher amöboider Bewegung sich befindet. Da das Nachströmen der anderen Gewebsmassen zuerst sehr all- mählich erfolgt, so ist auch bei der Oberflächenansicht eines solchen jungen Schwammes eine scharfe Grenze zwischen dem eigentlichen Schwammkörper und seinen hellen Ausstrahlungen zu sehen. Diese sind aber so zart und durchsichtig, dass sie nach außen, gegen die Glasplatte zu, fast verschwimmen (Fig. 37). Sehr schöne Bilder aber geben diese Stadien an Dauerpräparaten, die außerordentlich leicht herzustellen sind. Man braucht nur die in den Zuchtaquarien einge- hängten Deckgläser sammt den angesetzten Larven in Höllensteinlösung zu werfen, um alsbald das bekannte charakteristische Bild zu erhalten. Der amöboide Hof erweist sich dabei als ein Theil des den ganzen Schwamm umziehenden kontinuirlichen Plattenepithels; und wenn auch manche Zellen durch die amöboiden Bewegungen sehr weit vorgestreckt sind, so ist doch ihr Zusammenhang mit dem übrigen Epithel stets zu erkennen (Fig. 17). Noch instruktiver werden diese Präparate, wenn man sie weiter behandelt, färbt und in Kanadabalsam zwischen zwei Deckgläser bringt, so dass man die Ansicht von oben und unten ver- gleichen kann. Man bemerkt dabei, dass die Unterseite völlig plan ist und nur ihre Randpartien zu jenen amöboiden Bewegungen verwandt sind, während der übrige Theil sich als ein gewöhnliches Epithel von “ polygonalen Plattenzellen mit runden Kernen darstellt. Die Oberseite - lässt dagegen eine am Rande schwächere, in der Mitte stärkere Wölbung erkennen. Wenn man dieser Wölbung mit der Mikrometerschraube des Mikroskops nachgeht, so kann man ebenfalls die Kontinuität des Ekto- dermlagers konstatiren, indem bei jeder Einstellung ein andefer Kreis von Ektodermzellen auftritt, die gerade im optischen Schnitt getroffen Zeitschrift f. wissensch.,Zoologie. L. Bd. 36 544 Otto Maas, sind, und indem diese Randkreise von innen nach außen vorrücken, wenn man von hoher zu tiefer Einstellung weiter geht. Die amöboiden Bewegungen geschehen nach GörTE durch einzelne Entodermzellen, indem auf diesem Stadium das Ektoderm bereits ab- geworfen. Abgesehen von meiner obigen Darstellung scheint mir auch aus rein mechanischen Gründen dies schwer haltbar; außerdem ist ein solches Amöboidwerden von Ektodermzellen auch von einer Reihe an- derer Schwämme unzweideutig beschrieben. So vor Allem von F. E. Scuurze bei der Metamorphose von Sycandra raphanus (31, p. 268 u. Fig.9 u. 11) von Keızer bei Chalinula fertilis (14, p.339 u. Fig. 19 u. 21), und ich glaube, dass auch das von Marsuauı bei Reniera beschriebene Durchbrechen des Coenoblastems (24, p. 227) nur scheinbar und in Wirklichkeit eben so wie hier zu erklären ist. Wenigstens legen seine Fig. 7 und 15 diese Vermuthung sehr nahe. Überhaupt scheint bei den Schwämmen die Fähigkeit der amöboiden Bewegung auch für die Ekto- dermzellen sehr weitgehend zu sein. F. E. Scuuze giebt an, dass bei Sycandra eventuell auch die anderen Ektodermzellen der Larve, nicht nur die an der Ansatzbasis befindlichen Fortsätze aussenden können, Kerrer konstatirt dies Verhalten noch für einen wirklichen jungen Schwamm bei Chalinula, und bei der ganz ausgewachsenen Spongilla hat Werner dies ebenfalls gesehen !. Die hyalinen Ausbreitungen dienen jedenfalls zur Vergrößerung der Ansatzbasis und zum Festheften der Larve, wie dies auch sämmt- liche Autoren annehmen, und wie es sich für Spongilla aufs Neue be- stätigt. Das Spiel der Pseudopodien ist zunächst sehr lebhaft, es dauert aber ziemlich lange und verlangsamt sich dann nach und nach. Die amö- boiden Umrisse werden zu festen Kontouren, und indem die Elemente des übrigen Schwammkörpers, die Mesodermzellen, Nadeln etc. gegen die Peripherie nachzurücken scheinen, wird der vorher bestehende Unterschied zwischen hellem Hof und eigentlichem Schwammkörper ausgeglichen. Das ist in den günstigsten Fällen nach 24—36 Stunden der Fall, manchmal tritt jedoch dieses Stadium viel später ein (vgl. die obige Bemerkung von Barroıs p. 51). Das Verhalten der Nadeln ist das gleiche wie bei der Larve, sie durchbohren nicht das Ektoderm, im Gegentheil lässt sich erkennen, dass dasselbe über sie geradezu gespannt ist, sowohl im frischen Zu- stande (Fig. 16), wie am Dauerpräparate (Fig. 32). Die scharfen Linien des Ektoderms erweisen sich, hervorgebracht durch die epitheliale An- ordnung’ seiner Plattenzellen, die sich mit ihren Kernen oft noch bis i Seine diesbezüglichen Mittheilungen sind einstweilen nur mündlich. = Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 545 gegen die Spitze der Nadeln erkennen lassen; und selbst wenn diese recht weit hinausragen, tritt keine Durchbohrung ein (Fig. 32). Wäh- ‚rend dieser Zeit treten auch die Ein- und Ausströmungsöffnungen auf. Bezüglich der ersteren konnte ich öfters wahrnehmen, wie zwischen einzelnen Zellen plötzlich eine Lücke entstand. nicht dadurch, dass sie aus einander wichen, sondern indem sie sich nach innen umzukrümmen schienen und so eine Art Trichter herstellten, dessen Hohlraum durch tiefere Einstellung etwas mehr nach innen verfolgt werden konnte. Das Durchbrechen des Osculum habe ich leider nicht direkt beobachten können; dagegen sah ich die gebildeten Oscula häufig an Exemplaren am Deckglasaquarium und konnte das Austreten eines Wasserstromes an kleinen Partikelchen von hineingeworfenem Detritus feststellen. Derartige Entwicklungen habe ich nicht einige, sondern viele Male beobachtet und niemals die geringste Abweichung von dem geschil- derten Verlauf gefunden. Ich habe auch, da mir eine Anzahl von Deckglasaquarien zur Verfügung standen, die bis hierher verfolgten Schwämme weiter kontrollirt, das Entstehen neuer Nadeln und deren Anordnung zu den für die Species charakteristischen Zügen verzeichnen können und den ganzen Schwammkörper an Umfang zunehmen sehen. Ich glaube daher, dass die vorstehend beschriebene Entwicklung die durchaus normale ist. Es erübrigt noch auf eine Reihe von Bildern einzugehen, die ein Platzen des Ektoderms vortäuschen können. Wirklich sind die Larven so außerordentlich zart und empfindlich, dass bei allen möglichen Ge- legenheiten der Konservirung und Härtung das Ektoderm sehr leicht, manchmal in kleineren, manchmal in größeren Fetzen abplatzt. Beson- ders bei der Übertragung von Wasser in schwachen Alkohol kann dies vorkommen, und ich habe Anfangs zu öfteren Malen Bilder von Larven erhalten, die den Görrr’schen Figuren No. 10, 11 und 12 täuschend ähnlich waren, die ich aber in frischem Zustand mit ganz intaktem Ektoderm gesehen hatte. Ich habe daraufhin das, was mir nur zufällig begegnet war, mit Absicht nachzuahmen gesucht und konnte, so oft ich wollte, derartige Bilder künstlich erzeugen. Ein Aussehen, wie GöTtE's Fig. 11 zeigt, wo das Ektoderm in einigen großen Fetzen absteht, erhält man z.B. mit Sicherheit, wenn man eine Larve, die alle vorhergehenden Processe ohne Schädigung durchgemacht hat, in dünnflüssigen Kanada- balsam bringt. Die Ähnlichkeit des Bildes, das man nach dem Austrock- - nen in sehr kurzer Zeit erhält, ist frappant. Auch genügt es z. B. eine Larve mit dem Glasrohr aus dem Aquarium zu entnehmen, und sie dann wieder in dasselbe hineinfallen zu lassen, um eine Schädigung des Ekto- derms herbeizuführen. 36* 546 Otto Maas, Anders giebt sich die Erklärung von Bildern, wie Görtr’s Fig. 23, wo stehengebliebene Reste von eylindrischen Ektodermzellen auf dem unterliegenden Gewebe zu erkennen sein sollen. Es sind dies nach meiner Erfahrung in Wirklichkeit Stellen, wo das Ektoderm sich noch nicht verflacht hat, etwas in der Entwicklung zurückgeblieben ist, die aber mit den übrigen platten Zellen in epithelialem Zusammenhang stehen. Wie ich am lebenden Objekt gesehen habe, brauchen ja die Veränderungen am Ektoderm nicht an allen Punkten gleichzeitig zu erfolgen (vgl.oben); eine Stelle kann noch flimmern, während die andere schon platt oder amöboid ist. Bei der Fixirung ergeben sich dann diese eigenthümlichen Bilder. Am Präparat zwischen zwei Deckgläsern kann man die Verbindung solcher scheinbarer Ektodermfetzen mit dem ge- sammten übrigen Epithel sehr schön sehen, wenn man der Oberfläche mit genauer Einstellung nachgeht (vgl. oben p. 544 u. Fig. 17 cy). Auch habe ich mitunter Schnitte erhalten, die an ihrer Peripherie alle mög- lichen Übergänge vom kubischen bis zum gestreckten Epithel aufwie- sen. (Fig.24 giebt einen Theil eines solchen Schnittes und Fig. 18 stellt einen ganz extremen Fall dar, wo einzelne hochcylindrische Zellen noch neben platten im epithelialen Verband stehen. Das letztere Präparat ist mit Sublimat angefertigt und zeigt desswegen auch noch die Geißeln.) Wenn das Ektoderm bei der Metamorphose verloren ginge, und das künftige Epithel aus dem Entoderm entstünde »durch Anpassung an die neuentstandene freie Fläche « (GörtE 10, p. 44), so wäre es nicht möglich ein so schönes, ausgesprochenes Epithel auch an der Unterlage des Schwammes zu finden, wie dies jedes Mal der Fall ist. Namentlich tritt dies auch an Exemplaren, die sich an Elodeablättern angesetzt ha- ben, und die dann die von GöTtE erwähnte gekrümmte Basalfläche haben (10, p. 11) gut hervor, indem sich die hellen rosa gefärbten Zellen von dem, trotz Alkohol, immer noch blassgrünlichen Blatt abheben (Fig. 34). »Die Macerirung trächtiger Spongillen mit 20°/,iger Salpetersäure«, die Görtz angewandt hat, um nachzuweisen, dass die Larven mitunter schon im mütterlichen Körper ihr Ektoderm abwerfen, dürfte kaum ein geeignetes Mittel sein, um über eine histologische Struktur Aufschluss zu erhalten. Außer diesen zwei Beweisen für die Kontinuität des. Ektoderms, erstens der direkten Beobachtung am lebenden, zweitens des Nachwei- ses, dass die Görtre’schen Bilder künstlich erzeugt werden können, giebt es noch einen dritten: das Verhalten des Ektoderms auf Schnittserien, die man durch die freischwärmende, eben angesetzte Larve, den jungen und den tagealten Schwamm anfertigt. Wenn man sich erinnert, wie Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 547 schnell die ersten Veränderungen der Metamorphose vor sich gehen, wird man einsehen, dass es nöthig ist, eine außerordentliche Menge von Larven zu schneiden , um alle Übergänge von hocheylindrischen bis zu Plattenzellen auch an Schnitten zu bekommen. In der That habe ich nur aus einer sehr großen Auswahl (von auch theilweise gleichen Sta- dien) die Bilder auslesen können, die ich (in Fig. 21—26) zum Vergleich mit den nach dem Leben gezeichneten (Fig. 11—16) gebe. Da die be- treffenden Larven mit Chromosmiumessigsäure behandelt wurden, so sind die Geißeln nicht mehr zu sehen- (Diese werden besser mit Subli- mat erhalten, doch sind die mit ersterem gefertigten Präparate in Bezug auf Kernstruktur und schöne Abgrenzung der Zellen vorzuziehen.) Auch die Weiterentwicklung der anderen Gewebe und Gewebselemente ist an diesen Schnitten zu verfolgen. Man sieht an freischwärmenden Larven das ausgesprochene Cy- linderepithel, dessen Histologie oben schon beschrieben ist. Zu betonen ist nur, dass nicht alle Zellen eylindrisch sind, sondern dass keilför- mige und rundliche Elemente sich dazwischen drängen, so dass vom unterliegenden Gewebe sich selten eine scharfe Abgrenzung markirt. Bei der Wellenbildung im Ektoderm tritt zunächst in den Wellenbergen eine geringe Abflachung seiner Zellen ein, in den Wellenthälern hält sich die eylindrische Form noch länger (Fig. 22). Das folgende Stadium zeigt ein ausgesprochen kubisches Epithel mit runden Kernen (Fig. 23). Der darauf folgende Schnitt (Fig. 24) ist durch eine Larve mit begin- nender Pseudopodienausstrahlung geführt und zeigt außer diesen auch noch kubische und gestreckte Zellen. Auf diesem Stadium erweisen sich diese Entodermzellen schon durch ihre Tinktionsfähigkeit von dem übrigen Zellenmaterial verschieden, sie sind heller und gleichmäßig rosa, manchmal noch blasser gefärbt, wie die im Inneren befindliche Inter- cellularsubstanz und zeigen einen runden Kern mit unregelmäßigen Chromatinanhäufungen. Nach dem Stadium der amöboiden Bewegungen scheinen die Ektodermzellen in ihrem Abflachungsprocess noch weiter fortzuschreiten (Fig.25) — es ist dies auch der Moment, wo sie mit den Geißelkammern in Verbindung treten —; endlich werden sie durch das - Weiterwachsen des Schwammkörpers ganz flach (Fig.26). Auch die Kerne sind lang und schmal geworden und wölben das Zellplasma nicht vor, wie dies die Kerne der entodermalen Wandungszellen thun, denen die Ektodermzellen jetzt in manchen Stücken sehr ähnlich sehen'!. Auch in dem darunter liegenden Gewebe sind weitere Verände- „1 VosmAERr hat (40) in jüngster Zeit eine Note über die Myxilla-Metamorphose veröffentlicht und sagt u. A.: I could observe in complete series of sections, how the flagellated epithelium step for step into the cubic or flat one. 548 Otto Maas, rungen vor sich gegangen. Zunächst fällt, sobald die Ektodermzellen sich abgeflacht haben, unter ihnen die »Basalmembran« (»Cutis«, Ganın) auf, die sämmtliche Autoren an der erwachsenen Spongilla beobachtet haben. Sie ist kaum färbbar und scheint ein Derivat der Gallerte zu sein. Diese selbst nimmt in diesen Anfangsstadien sehr reichlich an Masse zu und ich habe beobachtet, dass die Volumvergrößerung der ganz jungen Schwämme weniger durch Bildung neuen Zellenmaterials, als durch starke Vermehrung der Intercellularsubstanz bedingt ist. (MerscH- NIKOFF hat schon bei Halisarca beobachtet [25, p. 357], wie die jungen Schwämme dadurch immer durchsichtiger werden, auch bei Spongilla kann man dies am lebenden Objekt sehen und findet am Schnitt durch Dauerpräparate, dass dieselbe Raumgröße, die in früheren Stadien dichtgepacktes Zellmaterial und wenig oder keine Zwischensubstanz enthält, in späteren Stadien wenige Zellen und dagegen reichliche Gal- lerte aufweist.) Die übrigen schon in der Larve mannigfaltigen Elemente des mitt- leren Gewebes haben sich weiter entwickelt; auch tritt unter ihnen eine Zellform auf, die in der Larve noch nicht vorhanden war, und die ich für identisch mit den von Fıeprer (6, p. 89) beschriebenen »Fress- zellen« halte. Sobald Schnitte die abgeflachten Ektodermzellen auf- weisen, zeigen sich im übrigen Gewebe zerstreut, nahe der Oberfläche, aber oft sehr zahlreich, jene unregelmäßig geformten Zellen mit ge- körntem Protoplasma, das bei Doppelfärbung äußerst feine blaue Ein- lagerungen zeigt (Fig. 24). Trotzdem diese Zellen von den dotterreichen Elementen der mittleren Schicht unzweifelhaft herstammen, sind doch ihre Einlagerungen nicht auf jene Dotterkörner zurückzuführen, son- dern neu erworben; denn es zeigen vorangegangene Stadien alles Dottermaterial bereits aufgebraucht, auch sind die Neueinlagerungen anders strukturirt wie die zerfallenden Dotterkörner (s. oben). Über die Funktion dieser Zellen etwas auszusagen, überhaupt in der vielumstrittenen Frage über die Ernährung der Spongien mitzu- reden, gestatten mir meine geringen, diesbezüglichen Beobachtungen nicht. Nach den neuesten sehr ausführlichen Mittheilungen LENDENFELD’S (15, p. 673 ff.) wären diese Zellen als Transportzellen der von den Kam- merzellen assimilirten Nährstoffe aufzufassen. Die Weiterentwicklung des Kanalsystems ist, wie oben gezeigt wurde, mit den Vorgängen der Metamorphose eng verknüpft. Durch die Abflachung und Ausbreitung des Larvenkörpers zum Schwamm kommen die Geißelkammern, die ja schon vorhanden sind und oft sehr dicht im Kern der Larve liegen, der Oberfläche immer näher, und es tritt schließlich eine Durchbrechung ein. Schnitte zeigen dann die Ekto- Über die Entwicklung des Sißwasserschwammes. 549 dermzellen gegen die Geißelkammern eingeschlagen (Fig. 25), und man könnte sich in der That, besonders wenn man sich der Beobachtung am lebenden erinnert, vorstellen, dass der durch die Geißeln erzeugte Wasserstrom dies bewirke. Wie F. E. ScauLze in seiner Arbeit über Plakina (35, p. 420) vermuthet, würde dann der von immer mehr Kam- mern kommende Strom das Durchbrechen eines Osculums zur Folge haben. Meine Bilder bei Spongilla, wo das ausführende System um diese Zeit ein oder mehrere Oscula an ganz beliebigen Stellen bildet, sprechen gleichfalls dafür. In Bezug auf die Entstehung dieses ausführenden Systems kann ich die Darstellung Ganin’s, wonach sich dasselbe von der Höhle der Larve ableitet, nur bestätigen. Schon an der lebenden festgesetzten Larve kann man sehen, wie die Höhle mehr verstreicht und ihr Lumen in das dichtere Gewebe, das sich über sie senkt, in Gangform hinein- sendet. An Schnitten durch die verschiedenen Stadien kann man deut- lich die Übergänge der stets enger werdenden Höhle bis zum Durch- brechen einer spaltförmigen Lakune nachweisen. An Längsschnitten tritt nach der ?/;mondförmigen Gestalt zunächst eine halbmond- und dann eine sichelförmige auf (Fig. 35). Erst nachher wird das Egestions- system wieder weiter und vergrößert sich entsprechend dem Wachs- thum des ganzen Schwammes. Hiermit ist im Wesentlichen das Charakteristische des Schwamm- baues vollendet: Der Wasserstrom tritt von außen durch Öffnungen im Ektoderm zu den Geißelkammern und gelangt durch abführende Gänge zum Osculum hinaus. Zwischen den beiden Epithelien liegt ein galler- tiges Gewebe mit Zellen und Zellprodukten (Nadeln). Die nachfolgenden Veränderungen beruhen wohl hauptsächlich auf Wachsthumsdifferenzen. So werden sich durch stärkeres Wachsen der oberflächlichen Schichten die ektodermalen Zugänge zu den Geißelkammern zu Subdermalräu- men ausziehen (Fig. 26), an denen dann die Kammern direkt sitzen. In der That kann man beim jungen Schwamm dieses Verhalten sehr häufig feststellen. \VELTNER beschreibt bei der erwachsenen Spongilla (#1,p.3), dass es außer den Kammern, zu denen lange Gänge von den Subdermal- räumen aus hinführen, auch solche giebt, die dem Boden des Subder- malraumes direkt angelagert sind. Ich möchte aus den obigen Gründen annehmen, dass dies letztere das vorausgehende Verhalten ist, während sich die Gänge erst durch spätere Wachsthumsänderungen ausziehen. Auf solche eigenthümliche Vorgänge des Wachsthums weist auch das Verhalten der Nadeln hin, die immer mehr nach der Peripherie zu vorrücken und wenigstens theilweise eine Anordnung in Zügen senk- recht zur Oberfläche eingehen (vgl. ferner p. 531). 550 Otto Maas, Meine Ergebnisse glaube ich ganz kurz folgendermaßen zusammen- fassen zu können: A) Aus dem dotterreichen Ei der Spongilla entsteht durch totale, äquale Fur chung eine kompakte Morula. | 2) Am einen Pol dieser Morula bildet sich zunächst eine Delle, und aus dieser eine Höhle, die zum Schlusse gelangt, während die Zellen noch Blastomerencharakter tragen. 3) Die Verarbeitung des Dotters und die Differenzirung der Ge- webe beginnt an allen Punkten des Embryo gleichzeitig. Es entsteht dadurch eine dreischichtige Larve. 4) Die schwärmende Larve enthält a) eine von cylindrischen, flimmernden Zellen gebildete Außenschicht, b) eine aus platten, spin- delförmigen Zellen bestehende epitheliale Auskleidung der Höhle mit gangartigen Ausläufern und ansitzenden Geißelkammern, die oft bis in die mittlere Schicht hinein zu sehen sind. c) Diese selbst besteht zunächst aus Zellen mit noch nicht verarbeitetem Dotter, dann aus einer Bindesubstanz, d. h. einer Gallerte mit Zellen und aus Silico- blasten mit ihren Nadeln. 5) Das Festsetzen geschieht mit dem Pol der Höhle und hat eine außerordentliche Abflachung der ganzen Larve zur Folge. 6) Hand in Hand damit geht ein Flacherwerden der Ektoderm- zellen von der eylindrischen bis zur ganz platten gestreckten Gestalt. Die Zellen der Randpartie werden dabei amöboid. 7) Sobald bei der Abflachung der Larve die Geißelkammern der Oberfläche nahe kommen, bilden sich durch Einschlagen der Ektoderm- zellen die Einströmungsöffnungen. 8) Das ausführende System entsteht durch sekundäres Durch- brechen der ursprünglichen Höhle nach außen. 9) Durch spätere Wachsthumsvorgänge entstehen die Subdermal- räume und die zu den Kammern führenden Gänge. Berlin, im April 1890. Litteraturverzeichnis. 1. Barroıs, M&moire sur ’embryologie de quelques Eponges de la Manche. Ann. des Sciences naturelles. 6. ser. Zoologie. III. 4876, 2. BrAnpt, Über die morphologische und physiologische Bedeutung des Chloro- phylis bei Thieren. Mittheilungen der Zool. Stat. Neapel. IV. 1883, 3. CARTER, On the Ultimate Structure of Spongilla. Ann, and Mag. of Nat. hist. ser. 2. Vol. XX. 1857. > } u « 4 ° # 5. 6. 24, 29. un ad + a P ee Ze E.. 27. 28. 929, 30, Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 551 CARTER, On the Development of the Marine sponges from the Earliest Recognizable | Appearance of the Ovum to the Perfected Individual. Ann, and Mag. of Nat. Hist. ser. 4. Vol. XIV. 4874. —— Notes Introductory to the Study and Classification of the Spongida. Ann, and Mag. of Nat. Hist. ser. 4. Vol. XVI. 4875. FIEDLER, Über Ei- und Spermabildung bei Spongilla fluviatilis. Diese Zeitschr. Bd. XLVII. 1888. . Ganıs, Zur Entwicklung der Spongilla fluviatilis. Zool. Anz, 1. Jahrg. Nr. 9. BISTS. .„ —— Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Entwicklung der Schwämme. Warschau 4879. (Russisch.) . GöTTE, Über die Entwicklung der Spongillen. Zool. Anz. 7, Jahrg. Nr. 183/484. 4884, Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte von Spongilla fluviatilis. 3. Heft der Abh. zur Entwicklungsgesch. der Thiere. Hamburg und Leip- zig 1886. ‚„ Hacckeı, Die Kalkschwämme. 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Nr, 346, 4889, MARSHALL, Die Ontogenie von Reniera filigrana, Diese Zeitschr, Bd, XXXVI. 1882, METSCHNIKOFF, Spongiologische Studien. A—5. Diese Zeitschr. Bd. XXXIL _ 1879. Schnipr, Zur Orientirung über die Entwicklung der Spongien. Diese Zeitschr, Suppl.-Bd. XXV. 1875, F. E. ScuuLze, Über den Bau u, die Entwicklung von Sycandra raphanus. Diese Zeitschr. Suppl.-Bd. XXV. 1875. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien, Die Gattung Halisarca. Ebenda. Bd. XXVIIL. 4877, —— Dasselbe. III. Mittheilung. Die Familie der Chondrosidae. Ebenda. Bd. XXIX, 4877. ya —— Dasselbe, IV.Mittheilung. Die Familie der Aplysiniden, Ebenda. Bd. XXX, 1878, 552 | Otto Maas, 34, F.E. ScHULzE, Untersuchungen über den Bau u. die Entwicklung der Spongien, V.Mittheilung. Die Metamorphose von Sycandra raphanus. Diese Zeitschr. Bd. XXX1. 1878. 32. —— Dasselbe. VI. Mittheilung. Die Gattung Spongelia. Ebenda, Bd. XXX. 1879. 33. —— Dasselbe. VII. Mittheilung. Die Familie der Spongidae, Ebenda. 34. —— Dasselbe, VIII. Mittheilung. Die Gattung Hircinia. Ebenda. Bd. XXXIN. 1880, 35. —— Dasselbe. IX. Mittheilung, Die Plakiniden. Ebenda. Bd. XXXIV, 4880. 36. —— Dasselbe, X. Mittheilung. Corticium candelabrum. Ebenda. Bd. XXXV. 37. —— Über das Verhältnis der Spongien zu den Choanoflagellaten. Sitzungsber. der Akad. der Wissensch. Berlin. Physik.-mathem. Klasse. Bd. X. 1885. 38. SoLLAS, On the Development of Halisarca lobularis. Quarterly Journal of micer. Science. Vol. XXIV. 1884. 39. VOSMAER, Spongien (Porifera) in Bronn’s Klassen u, Ordnungen des Thierreichs. Leipzig und Heidelberg 41887. 40. —— Note on the Metamorphosis of ihe Sponge larve, Tijdschrift der Neder- landsche Dierkundige Vereeniging. Leiden 1889. 44, WELTNER, Die Spongillen der Spree und des Tegelsees. Sitzungsber. der Ges. naturf. Freunde Berlin. 4886. Nr. 40, 42. —— Über das Fortleben von Spongillen nach der Ausbildung von Schwärm- larven. Ebenda. 1888, Nr. 2 Erklärung der Abbildungen. Auf allen Figuren bedeutet: a, Zellen der äußeren Gewebsschicht (Ektoderm); dz, Dotterzellen der mittle- ren Gewebsschicht (Bindesubstanz) ; 'mz, differenzirte Zelle der mittleren Schicht; i, Zellen der inneren Schicht;, gk, Geißelkammer; h, Höhle. Tafel XXII. Fig. 4. Ei, längs geschnitten (der Follikel ist hier, wie im Folgenden weggelas- sen). Vergr. er 100. Fig. 2. Zweitheiliges Furchungsstadium quer geschnitten. Kerne als helle Bläs- chen. Vergr. ungef. 4100. Fig. 3. Viertheiliges Furchungsstadium, quer. Die punktirten Linien geben Schnittrichtungen an. Vergr. ungef. 100. Fig. 4. Achttheiliges Furchungsstadium, Keine ForchunseHoBe zu erkennen. Vergr. ungef. 100. Fig. 5. Vieltheiliges Furchungsstadium (Morula) längsgeschnitten. Vergr. un- gefähr 100. Fig. 6. Beginn einer Einsenkung (h). Vergr. ungef. 100. Fig. 7. Einsenkung fortgeschritten. Vergr. ungef. 100. Fig. 8. Querschnitt durch das vorige in der Richtung von -- - - Fig. 7. Vergr. ungef. 100. Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes. 553 Fig. 8a. Körperliche Ansicht dieses Bildes. Vergr. ungef. 100, Fig. 9, Höhle geschlossen. Vergr. ungef. 100. Fig. 10. Zellformen der freischwärmenden Larve. Vergr. 100, a, eylindrische Ektodermzellen, b, sich dazwischen stellende; dz, dotterreiche Zellen; mz, ge- wöhnliche Zellen der mittleren Schicht; e, Auskleidungszellen der Höhle und Gänge; i, Geißelkammerzellen. Fig. 41—46, Sechs Bilder der Ektodermveränderungen während der Metamor- phose (nach dem Leben gezeichnet), a, Außenschicht;, db, opake mittlere Gewebs- masse. Vergr. 700. Fig. 41. Flimmerndes, hochceylindrisches Ektoderm, Fig. 42. Kubisch werdendes Ektoderm. Fig. 13. Längliche Zellformen des Ektoderms. Geißeln in unregelmäßiger An- ordnung. Fig. 44. Sehr gestrecktes Ektoderm. Kerne nicht mehr sichtbar, Geißeln (Fig. 14—14 während !/ah), Fig. 45. Amöboidwerden einer Stelle. Dauer etwa 24h, Fig. 46. Ausgeglichener, definitiver Kontour des Schwammes (nach etwa 24h), Fig. 47. Der amöboide Hof (vgl. Fig. 37) mit NO3 Ag behandelt, als Theil eines Plattenepithels. Vergr. 700. cy, Stellen, wo das Ektoderm sich noch nicht ver- flacht hat; am, amöboide Stellen; p, Plattenepithel, Fig. 48. Eine solche Stelle im Schnitt. cy,cylindrisch gebliebene, p, gestreckte Ektodermzellen. Vergr. 700. Fig. 34, Schema des Fortschreitens der Pseudopodienbewegung auf der Peri- pherie. am, hyaline und amöboide Stellen; p, Ektoderm noch als feine Haut im optischen Schnitt. Fig. 28 und 35. Schema der Höhle in der freischwärmenden und eben ange- setzten Larve. Fig. 36, Eine eben angesetzte Larve, Oberflächenansicht, nach dem Leben ge- zeichnet. Die Ansatzbasis durch punktirte Linie bezeichnet. Vergr. 100. Fig. 37. Ein junger Schwamm mit amöboidem Hof, der allmählich die defini- tiven Kontouren annimmt. Vergr. 100, Tafel XXIII. Fig. 19. Erste Differenzirung. Stück eines Längsschnittes. «a, äußere Schicht; i, innere Schicht ; m, mittlere Schicht. Vergr. 700. Fig. 20. Differenzirung weiter fortgeschritten. Vergr. 700. Fig. 21—26. Sechs Bilder über das Verhalten des Ektoderms während der Metamorphose aus Schnitten ausgewählt (vgl. Fig. 44—16). Vergr. 700. Fig. 24. Freischwärmende Larve. Fig. 22. Beginn der Wellenbildung. Fig. 23. Kubisches Epithel. Larve sitzt fest. Fig. 24. Übergänge von kubischem zu langgestrecktem Epithel und amöboider Bewegung (am). Fig. 25. Ektodermzellen gestreckt. Geißelkammern treten mit ihnen in Ver- _ bindung, Fig. 26. Definitive Gestalt der Ektodermzellen. Geißelkammer in einen Sub- dermalraum ausgezogen (su). 554 Otto Maas, Über die Entwicklung des Süißwasserschwammes. Fig. 27. Längsschnitt durch eine freischwärmende Larve, kombinirt aus ver- schiedenen Schnitten. Vergr. ungef. 350. Fig. 29. Ektodermfetzen von der Fläche gesehen. Vergr. 700. Fig. 30. Struktur der Dotterkörner. Vergr. 4200. Fig. 31. Nadeln aus einer freischwärmenden Larve, das Ektoderm sehr weit heraustreibend. Vergr. 300. | Fig. 32. Stück eines jungen Schwammes, Ektoderm über die Nadeln gespannt, Vergr. 200. Fig. 33. Stück eines Querschnittes durch einen jungen auf einem Elodeablatt sitzenden Schwamm. Ektoderm auf der Unterlage. Vergr. 200. = 2 EAST En Der Geschlechtsapparat der Taenia echinococcus. Von R. v. Erlanger. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XXIV, Durch die Güte des Herrn Kreisthierarztes Fuchs erhielt das hie- sige zoologische Institut vorigen Winter eine von Echinococcusblasen ganz durchsetzte Schweineleber. Die Untersuchung ergab, dass die Blasen zahlreiche Köpfchen bargen. Professor Brochnmann verfütterte einen Theil derselben an einen Hund, welcher nach Verlauf von fünf Wochen reife Proglottiden der Taenia echinococcus von sich gab. Bei der Sektion des Hundes war der Dünndarm mit mehreren Tausend Exemplaren von Taenia echinococceus und einigen wenigen von Taenia cucumerina besetzt. Professor Brocnmann machte mich darauf aufmerk- sam, dass eine erneute Untersuchung der Geschlechtsorgane der Taenia echinococcus wünschenswerth sei. Für diese Freundlichkeit, sowie für die mannigfaltige Förderung vorliegender Arbeit, spreche ich ihm hier- mit meinen Dank aus. Der Bau der Taenia echinococeus ist in dem Werke von LEUcKART: Die Parasiten des Menschen, 2. Aufl., Leipzig 1881, ausführlich darge- stellt, jedoch ist der Zusammenhang der einzelnen Theile des Ge- schlechtsapparates nicht erschöpfend behandelt, namentlich in Bezug auf den Uterus; ferner wurde die Schalendrüse nicht beobachtet, eben so wenig der Zusammenhang der Hodenbläschen mit dem Vas deferens. Ich habe mich darauf beschränkt den allgemeinen Bau der Geschlechts- organe festzustellen, und werde daher nur ganz kurz ‘auf die wichtig- sten histologischen Verhältnisse eingehen. Die Untersuchung der ganzen Proglottiden erwies sich, bei ihrer immerhin noch beträchtlichen Dicke, als unzureichend, wesshalb auch 556 R. v. Erlanger, Serien von transversalen, frontalen und sagittalen Schnitten ange- fertigt wurden. Zur Untersuchung wurde fast ausschließlich die vor- letzte oder zweitälteste Proglottis verwendet, da die letzte oder älteste meistens durch die zahlreichen, im Uterus enthaltenen Embryonen so verändert wird, dass im Parenchym nichts Anderes als der stark er- weiterte Uterus und die Endstücke der Ausführgänge des männlichen und weiblichen Geschlechtsapparates übrig bleiben. Die auf solche Weise angestellten Untersuchungen ergaben Fol- gendes: Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus dem Ovar, dem Dotterstock, der Schalendrüse und dem Uterus, nebst den Ausführ- gängen derselben. Ovar, Dotterstock und Uterus münden gemeinschaft- lich in die Schalendrüse (Fig. ! und 3). Letztere (S) ist deutlich an auf- gehellten ganzen Proglottiden, sowie auf Schnitten zu sehen, besitzt eine rundliche bis eiförmige Gestalt (Fig. 1 und 3) und besteht aus spindelförmigen Zellen (Fig. 10), welche sich sehr stark färben. Der Dotterstock (D), welcher am hinteren Ende der Proglottis ge- lagert ist, besteht aus zwei Abschnitten (Fig. 2 und 3 D, D), welche dorsoventral unter einander liegen, so dass man an Präparaten von ganzen Taenien oder Proglottiden einen einheitlichen Dotterstock wahr- nimmt (Fig. 1). Jeder Theil zerfällt wieder in zwei Lappen (Fig. 2). Jeder Lappen besitzt einen Ausführgang, welcher sich mit dem des anderen vereinigt. Die Gänge der beiden Haupttheile vereinigen sich in der Mittelebene der Proglottis zu einem unpaaren breiten Dotter- gang (dg), welcher nach vorn verlaufend in das Ootyp mündet (Fig. 3). Die einzelnen Follikel des Dotterstockes zeigen eine deutlich zellige Wand. Die Dotterzellen, welche sich intensiv färben, besitzen einen Kern und eine unregelmäßig kuglige bis polyedrische Gestalt. Die ziemlich dicke Wand des Dotterganges ist aus abgeplatteten, mit deut- lichen Kernen versehenen Zellen zusammengesetzt. Das unpaare Ovar (0), welches aber jedenfalls aus einem paarigen hervorgegangen ist, hat eine hufeisenförmige Gestalt, mit nach hinten gerichteter Konkavität, und liegt vor der Schalendrüse, welche zwi- schen dem Ovar und dem Dotterstock gelagert ist (Fig. 4 und 3). Das Verbindungsstück der beiden seitlich liegenden Ovarialschenkel be- findet sich dorsal und ist dünner als diese (Fig. 4 und 3). Die einzelnen Läppchen des Ovars besitzen Wandungen, welche von verästelten Zellen gebildet sind; letztere verbinden sich mit ähn- lichen, zwischen den einzelnen Eiern gelegenen, durch lange Fort- sätze, wodurch eine Art Follikel um die Eizellen gebildet wird (Fig. %). Die Eier selbst haben einen großen bläschenartigen Kern mit Nucleolus Der Geschlechtsapparat der Taenia echinococeus. 997 und Chromatingerüst und ein sich intensiv färbendes Protoplasma (Fig. 4 E). Der Eileiter (£) (Fig. ! und 3) fängt mit einer ampullenartigen Er- weiterung an der Verbindungsstelle der beiden Schenkel des Ovars an, verläuft ventralwärts und mündet gemeinschaftlich mit der Vagina durch den Befruchtungsgang B in das Ootyp. Die Wand des Eileiters, welche ein charakteristisches streifiges Aussehen hat, besteht aus kegelförmigen Zellen (Fig. 5), die einer homogenen, ziemlich dicken Basalmembran aufsitzen, und deren Achse bei oberflächlicher Einstel- lung etwas schräg zu der des Eileiters gerichtet ist. Diese Richtung der Achse, sowie eine besondere langwabige und streifige Struktur des Plasmas (Fig. 9) verursachen das eben erwähnte Aussehen des Ei- leiters. Die Vagina (V) geht mit dem engen Befruchtungskanal aus dem Ootyp hervor, erweitert sich an der Einmündungsstelle des Eileiters und schwillt gleich darauf zu einem ansehnlichen, mit Spermatozoen gefüllten Receptaculum seminis (Fig. 1 und 3 R) an, dessen Wandung aus abgeplatteten Zellen besteht. Hierauf folgt ein enger dickwandiger Theil (Fig. 11 s), dessen innere Wand aus einer dicken Chitinlamelle besteht und von einer Schicht kräftiger Ringmuskeln (R) umgeben wird. Nun erweitert sich die Vagina von Neuem (Fig. 11), die sie auskleidende Chitinlamelle zeigt eine große Anzahl sehr feiner, wahrscheinlich auch chitinöser Haare und mündet durch einen Porus in das Geschlechts- atrium (Fig. 4 Ä) aus. Hier sieht man, dass die Cuticula, welche die Oberfläche des Körpers bedeckt, in das Atrium umbiegt und die Innen- wand der Vagina bis zum Receptaculum auskleidet. Der schlauchförmige blind endigende Uterus (U) (Fig. 1 und 3), welcher ebenfalls eine deutlich zellige Wand besitzt, entspringt mit einem engen, mehr oder weniger gewundenen Anfangstheil aus dem Ootyp, und zwar ventral, verläuft dann schräg dorsalwärts nach vorn, bis an die vordere Grenze der Proglottis und kommt dort dorsal von der Achse zu liegen. Mit der zunehmenden Zahl der in den Uterus gelangenden Eier wird der Anfangs glattwandige Schlauch durch die ihn erfüllenden Eier (resp. Embryonen) ausgedehnt, so dass er beträcht- lich erweitert wird, seitliche Ausbuchtungen bekommt, und bei der reifen Proglottis fast den ganzen von dem Parenchym oder Mark ge- bildeten inneren Theil ausfüllt. Der Uterus ist nie verzweigt, sondern nur seitlich ausgebuchtet, wobei die kräftigen Ringmuskeln des Paren- chyms von Strecke zu Strecke unvollständige, d. h. in der Mitte weit offene Septen bilden, zwischen welchen die Erweiterungen liegen. Da der Uterus sich bis an die vordere Grenze der Proglottis erstreckt, so Fa m 598 R. v. Erlanger, platzt er bei Druck oder Zerrung ganz besonders leicht an dieser Stelle und entleert dann die Embryonen. Die männlichen Geschlechtsorgane (Fig. 1) bestehen aus den Hoden, ihren Ausführgängen, dem Vas deferens und dem männlichen Begat- tungsapparat. Die Hodenbläschen (#), etwa 40 bis 50 an der Zahl, liegen (Fig. 1) im Parenchym, um die weiblichen Geschlechtsorgane, unregelmäßig zerstreut, und sind daher am vordersten und hintersten Theil der Pro- glottis am zahlreichsten. Die feinen Ausführgänge der Hodenbläschen, welche eine deut- liche Wandung aus sehr abgeplatteten Zellen besitzen, fließen zu etwa vier, zwei vorderen und zwei hinteren Sammelgängen zusammen, welche auf der Dorsalseite in das hintere Ende des Vas deferens (vd) einmünden (Fig. 7). Dieses ist ziemlich dick, stark zusammengeknäuelt und liegt vor dem Ovar seitlich vom Uterus, etwa in der Mitte der Länge der Proglottis und mündet in den ansehnlichen Cirrusbeutel, in- dem es sich in den ebenfalls stark spiralig zusammengewundenen Cirrus verlängert (Fig. 1 C). Der Halstheil des birnförmigen Cirrusbeutels, sowie das Endstück der Vagina werden von einer gemeinsamen Schicht von kräftigen Ringmuskeln (Fig. 8 m) umgeben. Das Geschlechtsatrium ist bei nicht ausgestülptem Penis tief und verengt (Fig. 6) bei ausgestülp- tem flach und weit offen (Fig. 8). Die Wand des Geschlechtsatriums trägt wie die des Cirrus eben- falls einen Haarbesatz (Fig. 6). Aus dem Mitgetheilten ergiebt sich, dass der Geschlechtsapparat von Taenia echinococeus nicht wesentlich von dem anderer Taenien, beispielsweise von dem der Taenia saginata und solium, wie sie von Sommer und Lanvoıs (diese Zeitschr. Bd. XXIV, 1874) und LeuckArr in dem schon erwähnten Werk über Parasiten dargestellt wird, abweicht. Die Unpaarigkeit des Ovars ist jedenfalls durch Verschmelzung eines paarigen Eierstocks entstanden, da Taenia echinococeus keineswegs als eine primitive Form angesehen werden kann. Heidelberg, den 5. Mai 1890. Der Geschlechtsapparat der Taenia echinococcus. 559 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIV, Fig. A. Ansicht des Geschlechtsapparates von Taenia -echinococcus, von der Fläche nach einer Serie von frontalen Schnitten und nach einer aufgehellten Pro- glottis kombinirt. D, Dotterstock; dg, Dottergang; S, Schalendrüse; B, Befruchtungsgang ; vU, Verbindungsgang zwischen Uterus und Schalendrüse; U, Uterus; E, Eileiter; O0, Ovarium; V, Vagina; e, Erweiterung derselben; R, Receptaculum seminis; vd, Vas deferens; Gp, Genitalporus; K, Geschlechtsatrium ,; Ci, Cirrusbeutel; H, Hodenbläschen. Dieselben Bezeichnungen gelten für alle folgenden Figuren, wofern keine an- deren gegeben werden. | Fig. 2. Querschnitt durch die Dotterstockgegend. Der Dottergang ist getroffen. spz, Spindelzellen; In, Längsnerv; rm, Ringmuskelschicht; Im, Längsmuskel- schicht. Fig. 3. Seitliche Ansicht des Geschlechtsapparates, nach einer Serie von Längs- schnitten zusammengestellt. Fig. 4. Ein Theil des Ovars. E, Ei; f, Follikelzelle. Fig. 5. Querschnitt durch den Eileiter. Fig. 6. Horizontaler Schnitt durch den Geschlechtsporus, Cirrusbeutel und Endstück der Vagina, nebst ihrer Erweiterung. &, Querschnitt durch die Vagina. Fig. 7. Anfang des Vas deferens mit den Ausführgängen der Hodenläppchen, Flächenschnitt. grz, Grenze der Proglottis. Fig. 8. Cirrusbeutel und ausgestreckter Cirrus Ci; M, Sphincter des Ge- schlechtsatriums. Fig. 9. Längsschnitt (medianer) durch den Eileiter, Fig, 40. Zellen der Schalendrüse. Fig. 41. Flächenschnitt durch die Erweiterung der Vagina e und den voraus- gehenden verengerten Theil s; R, Ringmuskel. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. Ei Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. Von Oswald Seeliger, Privatdocenten an der Universität Berlin. Mit Tafel XXV—XXVI und 1 Holzschnitt. In einem vor Kurzem erschienenen Aufsatz ! habe ich den Nach- weis erbracht, dass an der Bildung der Knospen bei Pedicellina zwei Keimblätter Theil nehmen: das Ektoderm und Mesoderm. Das Ekto- derm stülpt sich an der Spitze der Knospenerhebung nach innen ein und liefert Atrium, Tentakelbekleidung, Gehirn und den Verdauungs- tractus; das Mesenchym, welches in die primäre Leibeshöhle der Knospe einwandert, bildet deren Geschlechtsapparat, Nierenkanälchen, Musku- latur und Bindegewebe. Bezüglich der Entstehung des inneren Blattes unterscheidet sich also der Knospungsprocess der Bryozoen wesentlich von dem der Coelenteraten und Tunikaten; denn während bei diesen letzteren ein entodermaler Antheil des Mutterthieres in die Knospen übertritt, wiederholt sich bei jenen der Gastrulationsprocess, den wir sonst in der Embryonalentwicklung auftreten sehen, um an den ver- schiedensten Stellen einen neuen Verdauungstractus zu bilden. Ich war seiner Zeit Materialmangels wegen nicht in der Lage, die Untersuchung auf andere Bryozoenarten auszudehnen und musste mich begnügen, trotz den widersprechenden Angaben älterer Autoren, die Vermuthung auszusprechen, dass die Vorgänge bei der Knospung der der Pedicellina nahe verwandten Loxosoma die nämlichen sein wür- den. Inzwischen habe ich diese und eine Anzahl anderer Bryozoen untersuchen und die an Pedicellina beobachteten Vorgänge in ihren wesentlichen Momenten überall wiederfinden können, so dass nun- mehr das Knospungsgesetz bei den Bryozoen überall als das nämliche erwiesen ist. 1 »Die ungeschlechtliche Vermehrung der endoprokien Bryozoen«. Diese Zeit- schrift. Bd. XLIX. 1889. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 561 Das Material wurde fast ausschließlich in der schon früher von mir mit Erfolg angewendeten Sublimat-Essigsäure konservirt. In der Tafelerklärung findet sich für jedes Präparat die Behandlungsweise an- gegeben. Die Herstellungsweise der Flüssigkeiten habe ich in meiner oben angeführten Abhandlung beschrieben. Die nachfolgende Darstellung theile ich in drei Abschnitte. Der erste behandelt die Knospung von Loxosoma, der zweite die der ecto- prokten Gymnolaematen, und in einem dritten will ich einige Bemer- kungen hinzufügen, zu denen die Vorgänge der Knospung der Bryozoen unmittelbar Veranlassung geben. I. Die Knospung der entoprokten Bryozoen (Loxosoma). Über die Knospung der Loxosomen sind die widersprechendsten Angaben gemacht worden. O. Scumipr' leugnete überhaupt das Vor- kommen von Knospung und meinte, dass es sich bei der angeblichen ungeschlechtlichen Vermehrung von Loxosoma nur um eine regelrechte Eientwicklung ohne Metamorphose handle. Bald darauf hat Nirsch£e? diese Angaben widerlegt und die Ge- sammtknospe aus dem Ektoderm des Mutterthieres abgeleitet, wie dies früher schon CrArarkpr? gethan hatte. Zu ähnlichen Ergebnissen ge- langten dann auch C. Vosr* und SALEnsKY®. Aus den Befunden bei Pedicellina glaubte Harscuezk 6 schließen zu können, dass auch bei Loxosoma an der Bildung der Knospe alle drei Keimblätter des Mutterthieres Theil nehmen müssten, um sich in die entsprechenden Schichten der Tochterknospe umzubilden. Das Ekto- derm ließe Hautbekleidung, Atrium, Tentakelapparat, Ganglion, Öso- phagus und Hinterdarm, das Entoderm den Magen und Mitteldarm, das Mesoderm die übrigen Gewebe hervorgehen. Harscurk’s Ansichten sind für die nachfolgenden Bearbeiter der Bryozoenknospung von nach- 1 O0. ScumıDT, »Die Gattung Loxosoma«, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII. 1876. 2 H. Nırsche, »Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen. V, Über die Knospung der Bryozoen«, Diese Zeitschr. Bd. XXV,. Suppl. 1875. 3 Ep. CLAPAREDE, »Beiträge zur Anatomie und Entwicklung der Seebryozoen«. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 18714. * C. Vogt, »Sur le Loxosome des Phascolosomes (Loxosoma phascolosomatum)«. Arch. zoolog. exper. T. V. 1876. 5 SALENSKY, »Etudes sur les Bryozoaires entoproctes«. Annal. d. Sciences natur. 6 Ser. Zool. T. V. 4877. 6 HaATscHEk, »Embryonalentwicklung und Knospung der Pedicellina echinata«. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 1877. 37* 962 Oswald Seeliger, haltigem Einfluss geworden. Hapnpon! deutet einige seiner eigenen Beobachtungen und Sarenskys Abbildungen ganz in HarscuHer’schem Sinne, und Harmer ? beschreibt, dass gegen Ende der Embryonalent- wicklung Zellen aus dem Entoderm auswandern, um den entodermalen Antheil der Knospen zu liefern. Eine vierte Ansicht hat O. Scamipr? geäußert, Te er durch Nırsche von der Knospennatur der von ihm als Embryonen gedeuteten Gebilde überzeugt worden war. Scauipr leitet nämlich die ganze Knospe aus dem Mesoderm der Mutter ab und folgt darin einer Auffassung JoLier's!, die dieser namentlich für eine Anzahl ektoprokter Bryozoen vertrat. Von seiner älteren Anschauungsweise hat er sich aber nicht ganz frei machen können, wie folgende Stelle beweist, in welcher das Ergebnis seiner Untersuchung zusammengefasst erscheint: »Die Primär- knospe wird bei Loxosoma durch den Knospenstock repräsentirt, welcher lediglich aus dem Mesoderm entsteht und hierin mit den eigentlichen Generationsorganen übereinstimmt. Die Übereinstimmung der Knos- pung mit der geschlechtlichen Fortpflanzung geht aber möglicherweise noch viel weiter und nähert sich der Parthenogenese, wenn nur eine Zelle des Knospenstockes für jede Knospe verwendet wird. Wäre dies der Fall, worüber nur fortgesetzte Untersuchungen entscheiden kön- nen, so hätten wir auch eine Erklärung für die Keimblattbildung in der Knospung« (a. a. O. p. 79). Meine eigenen Untersuchungen führen mich endlich zu dem Er- gebnis, dass die Knospen aus dem Ektoderm und Mesoderm des Mutter- thieres entstehen, und damit sind fast alle möglichen Kombinationen erschöpft. In Fig. I, Taf. XXV habe ich ein älteres Thier von Loxosoma sin- gulare in seitlicher Ansicht gezeichnet. Auf der linken Seite des Thieres sieht man drei, auf der rechten zwei Knospen angelegt, die sämmtlich auf einer verschiedenen Ausbildungsstufe stehen. Die ältesten (I und 7) liegen jederseits zu unterst, während nach der Atrialöffnung zu in ab- nehmender Altersreihe die anderen dicht anliegend folgen. Oberhalb der letzten, als äußere Erhebung erkennbaren Knospe liegt verdicktes 1 Hapvon, »On Budding in Polyzoa«. Quart. Journ. of Microsc. Sc. Vol. XX11. 1883. 1, 2 HArMeER, »The structure and Development of n. Quart. Journ. of Micr. Sc. Bd. XXV, 1885. 3 0. ScuaiDT, »Bemerkungen zu den Arbeiten über Loxosoma«. Diese Zeitschr. Bd. XXXI 1878. 4.L, JOLIET, »Contributions a l’histoire naturelle des Brian des cötes de France«, Arch. zoolog. exper. Vol. VI. 1877. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen, 563 Ektoderm als Anlage für weitere Knospen bereit. Man kann daher den ganzen Verlauf der Knospung auch an alten Thieren studiren. DieKnospen bleiben lange Zeit mit dem Mutterthiere in Verbindung, und zwar ist es, wie man sich leicht überzeugen kann, die äußerste Spitze des Fußes, mit welcher die Knospen befestigt sind. Knospen von der Ausbildung der in Fig. 2 abgebildeten sitzen, wenn sie nicht durch irgend einen Eingriff gewaltsam entfernt wurden, stets noch der Mutter auf. In beiden Punkten unterscheiden sich merklich die von Nırsche und CLAPAREDE untersuchten Knospen von Loxosoma Kefersteinii. Wie aus Nırscae’s Abbildungen (Taf. XXV, Fig. 4) ersichtlich ist, liegen bei dieser Art die jüngsten Knospen unter den älteren. Übrigens dürften in beiden Fällen die Knospen nicht vollständig genau in einer Linie, sondern der Medianebene mehr oder minder genähert liegen. Ob an den Stellen, an welchen die reifen Knospen abgestoßen wurden, später nicht nochmals junge Gemmen entstehen können, oder ob solche aus- nahmslos oberhalb der nächst älteren hervorwachsen, weiß ich für Loxosoma singulare nicht anzugeben. Ich habe nämlich unter dem allerdings nicht gerade reichen Materiale keine alten Thiere auffinden können, welche bestimmt schon Knospen abgestoßen hatten. Die Be- dingungen zur Neuknospung sind aber an den Narbenstellen gegeben. Die Verbindungsweise der Mutter und Knospe ist ebenfalls bei Loxosoma Kefersteinii eine andere, da hier die Knospe mit ihrer Rücken- seite, und zwar an der Stelle, an welcher der Stiel in den Rumpf über- geht, in der Medianebene befestigt ist. Diese Region wurde als Knospen- nabel bezeichnet, und sie verwächst nach der Loslösung der Knospe eben so wie die Verbindungsstelle am Fußende der anderen Loxo- somen. Den Beginn der Knospung sah ich in jungen Thieren, die sich erst vor kurzer Zeit von dem Mutterthiere losgelöst haben konnten. In Fig. 3 und 4 sind zwei auf einander folgende Querschnitte durch die Knospungszonen abgebildet. Die Platten- und Pflasterzellen des Ekto- derms, welche die gesammten Rücken- und Seitenflächen des Thieres begrenzen, gehen ventral jederseits nahe der Medianebene an einer kleinen Stelle in kubische und eylindrische Elemente über. Das Ekto- derm ist überall vom Beginne der Knospung an bis zum ausgebildeten Stadium von einer Quticula bedeckt. Wenn der Knospungsvorgang _ eben beginnt, ist die Zahl der besonders differenzirten Zellen äußerst gering. In dem abgebildeten Falle habe ich auf der linken Seite die Knospungszone nur auf zwei Schnitten im Ganzen aus fünf Zellen zu- - sammengesetzt nachweisen können. Auf der rechten Seite der Abbil- dung ist die Zahl etwas größer. Ich habe überhaupt ausnahmslos die 564 Oswald Seeliger, Ausbildung der Knospen auf den beiden Seiten, wie schon in Fig. I gezeichnet und beschrieben wurde, merklich verschieden gefunden. Die Zellkerne dieser Region trifft man häufig in Theilung, und die Richtung ist eine derartige, dass ein Theilstück in die Tiefe rückt, wo- durch ein gegen die Leibeshöhle zu vorspringender Buckel gebildet wird, während nach außen zu anfänglich keine Hervorwölbung be- merklich ist. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sind nicht überall nachzuweisen. Da hier die Entwicklungsvorgänge sich sehr lebhaft abspielen, kommt es zu neuen Kerntheilungen, bevor noch die zugehörigen Zellleiber gesondert sind. Die beiden verdickten Ektodermstellen, die jederseits dem Öso- phagus dicht anliegen, sind in der Medianebene durch eine feine Ekto- dermschicht verbunden. Über der letzteren ist die Cuticula verhält- nismäßig sehr mächtig entwickelt. O. Scumipr scheint anzunehmen, dass die erste Anlage für beide Knospungszonen eine gemeinsame sei, und dass diese erst später aus einander rückten. Das ist hier gewiss nicht der Fall, sondern die Ektodermwucherung erfolgt selbständig auf jeder Seite, und in noch sehr jungen Knospen ist über dem Ösophagus in der Medianebene das Ektoderm bereits verdünnt. In unmittelbarer Nachbarschaft des ektodermalen Antheils der Knospen liegen Mesoderm- und Entodermgebilde des Mutterthieres. Die Mesodermzellen erfüllen die im Durchschnitte dreikantig er- scheinenden Räume zwischen der ektodermalen Leibeswand, dem Öso- phagus und dem Magen. Sie besitzen vorwiegend kugelähnliche Gestalt; einige zeigen pseudopodienartige Fortsätze, so dass ich annehme, ohne es allerdings direkt beobachtet zu haben, es komme ihnen amöhoide Beweglichkeit zu. Die Kerne sieht man öfters in Theilung begriffen, und ich habe einige in der Abbildung gezeichnet, so weit sie mit der angewendeten Vergrößerung erkennbar sind. Wie es sich aus der wei- teren Beschreibung ergeben wird, stammen diese Zellen von den aus der vorhergehenden Generation in das jetzige Mutterthier eingewan- derten Mesenchymzellen her. Dass sie etwa erst in diesem aus dem Entoderm ausgewandert seien, muss ich für ausgeschlossen halten, da das innere Blatt gegen die primäre Leibeshöhle zu stets eine scharfe epitheliale Begrenzung zeigt. Dagegen kann ich es besonders im Hin- blick auf die sehr bestimmt vorgetragenen Beobachtungen von O. Scumipr nicht für durchaus unmöglich erklären, dass während des Knospungs- processes aus dem Ektoderm einzelne Zellen in die primäre Leibes- höhle auswandern, um die Mesenchymelemente zu vermehren. Ich habe nämlich nicht immer an allen Stellen den inneren Kontour der Ektodermschicht so scharf und deutlich gesehen, um ein etwaiges Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 965 Austreten von Zellen in Abrede stellen zu können, während ich mich aber auch andererseits in Folge der außerordentlichen Kleinheit der Elemente mit den mir zu Gebote stehenden optischen Mitteln von ihrem Auswandern nicht überzeugen konnte. Das Entoderm, der Magen, stellt sich auf den Durchschnitten die- ser Region als ein äußerst umfangreicher, durchaus einschichtiger Zell- kranz dar. Die Zellen sind von sehr bedeutender Größe und ganz eigenartig differenzirt, ihre Kerne liegen im äußeren, der Leibeshöhle zugekehrten Theile. Die äußere Begrenzung des Magens erscheint überall vollkommen scharf und deutlich, so dass ein Auswandern von Entodermzellen, ganz abgesehen von ihrer eigenartigen Sonderung, ausgeschlossen ist. Eben so deutlich umgrenzt ist das Ösophagealrohr, das im Inneren schon auf diesem Stadium eine wohl ausgebildete Be- wimperung erkennen lässt. Ein etwas weiteres Stadium der Knospenbildung sieht man in Fig. 5 abgebildet. Es ist das ein Querschnitt durch die jüngste Knospe eines bereits älteren Thieres, welchem vier Knospen aufsitzen. Die Knospenanlage erscheint jetzt auch äußerlich schon als eine buckel- förmige Hervorwölbung dicht zur Seite des Ösophagus. Bei der Vergleichung mit den vorhergehenden Abbildungen, welche sämmtlich bei gleicher Vergrößerung gezeichnet sind, fällt die bedeuten- dere Größe des Ösophagus auf. Es erklärt sich das dadurch, dass das Mutterthier inzwischen sehr bedeutend an Größe zugenommen hat, wodurch der Abstand der rechts- und linksseitigen Knospen vergrößert ist. Dabei hat sich die früher schon dünne ektodermale Verbindungs- brücke über dem Ösophagus noch mehr verdünnt, so dass der proto- plasmatische Theil unterhalb der Cuticula nur bei ganz starken Ver- größerungen nachweisbar wird. Die Knospe ist merklich größer geworden, nicht nur in ihrer Gesammtheit, sondern auch die einzelnen, dem äußeren Blatte ent- stammenden Zellen, deren Kerne in lebhafter Theilung begriffen sind. Das Ektoderm ist jetzt deutlich zweischichtig, weil ein Theil der Zellen in die Tiefe gedrängt wurde. Man muss diesen Vorgang als eine Ein- stülpung auffassen, bei welcher die Ränder, an welchen die Einwuche- rung erfolgt, so fest zusammengepresst sind, dass — wenigstens auf den allerersten Stadien — der Schlitz im Ektoderm nicht deutlich wird. Schon in nur wenig weiter gebildeten Knospen lässt er sich da- gegen nachweisen ganz ähnlich dem Blastoporus einer embolischen Gastrula. Der ektodermalen Einstülpung liegen einige Mesenchymzellen dieht an, die als Folgegenerationen der im vorhergehenden Stadium erwähnten aufzufassen sind. 566 Oswald Seeliger, In Fig. 6 und 7 habe ich zwei Querschnitte durch ein weiteres Stadium abgebildet, welches ungefähr der jüngsten, dem in Fig. I ge- zeichneten Thiere aufsitzenden Knospe (III) gleicht. Die Knospe ist noch sehr klein und im Ganzen nur auf fünf Schnitten nachweisbar. Fig. 6 entstammt dem untersten Ende, welches mit dem Mutterthiere in Zusammenhang steht. Die Ektodermzellen der Ausstülpung sind eylinderförmig, die benachbarten haben Plattenform, und der Übergang ist ziemlich unvermittelt. Das Knospenektoderm ist durchaus ein- sehichtig, und die anscheinend verdickte und mehrschichtige Stelle auf der rechten Seite der Abbildung ist dadurch zu erklären, dass in Folge der starken Krümmung der Fläche selbst feine Schnitte eine ganze Gruppe neben einander liegender Zellen durchschneiden müssen. Im distalen Ende der Knospe sieht man in der primären Leibes- höhle, dem Ektoderm dicht anliegend, den Durchschnitt eines inneren Zellsäckchens (p), welches das eingestülpte Polypid darstellt. Die Zell- grenzen konnte ich nicht überall erkennen; unter den Kernen findet man einige in Theilung begriffen. An der Übergangsstelle der Leibeshöhle der Knospe in die des Mutterthieres sieht man eine Anzahl runder Mesodermzellen liegen, die theilweise in Vermehrung begriffen sind. Auch in unmittelbarer Nach- barschaft liegen derartige Mesenchymzellen im Mutterthiere selbst. Der sehr umfangreiche Magen des letzteren reicht fast bis an die Basis der Knospenausstülpung und beschränkt die Verbindung der Leibeshöhlen der Mutter und Tochter auf einen feinen ringförmigen Spaltraum. In Fig. 7 ist ein folgender Schnitt der Serie durch das obere Knospenende abgebildet. Die Knospe liegt in einer rinnenförmigen Vertiefung des Mutterthieres. Die mächtige Cuticula, welche dazwi- schen liegt, erscheint als beiden gemeinsam. Der Querschnitt der Knospe ist nicht vollständig kreisförmig, sondern erweist sich der Ver- tiefung, in welcher sie liegt, angepasst. In der ganzen oberen Region ist der Keim nur zweiblätterig, denn die gesammte Leibeshöhle erscheint bis auf einen schmalen Raum von dem eingestülpten Entodermsacke erfüllt. Derselbe besitzt zwar nur ein schmales Lumen, aber seine ein- schichtige Wandung ist aus hohen Zellen zusammengesetzt. Auf einem Schnitte endlich, welcher durch die oberste Kuppe der Knospe geführt ist, erkennt man den Zusammenhang des äußeren und inneren Blattes, welcher an einer schmalen, schlitzförmigen Stelle erfolgt. Da diese Blastoporusstelle! nach oben gekehrt ist, müssen die ! Obwohl ich die Bezeichnung Blastoporus gebrauche, möchte ich damit keineswegs ausdrücken wollen, dass ich die nach innen von ihm gelegene, einge- stülpte Schicht durchaus als entodermal betrachte. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 567 Schnitte, wenn sie den Blastoporus senzrecht durchschneiden sollen, fast parallel zur Längsachse des Mutterthieres in einer bestimmten Ebene geführt werden, denn die Medianebenen der Knospen und der Mutter laufen nicht parallel. Einen Querschnitt durch die Mitte einer nur wenig entwickelteren und längeren Knospe findet man in Fig. 8 abgebildet. Die Zellen des Ektoderms erweisen sich nicht mehr durchaus gleichartig, sondern in einer schmalen, dem Mutterthiere zugekehrten Zone sind einige größere, gegen die Leibeshöhle vorspringende und in Einstülpung begriffene Zellen (fd) zu erkennen, welche die Anlage der Fußdrüse darstellen. Innerhalb der Leibeshöhle erscheint das äußerste untere Ende der Polypideinstülpung (p) getroffen, und zwischen dieser und dem ein- schichtigen Ektoderm liegen einige Mesenchymzellen. Im untersten, mit dem Mutterthiere immer noch in Verbindung stehenden Knospenende liegen die Verhältnisse ganz ähnlich wie sie in Fig. 6 gezeichnet sind, nur dass das Polypid der Knospe nicht mehr bis dahin herabreicht und die Leibeshöhle ausschließlich von Meso- dermzellen erfüllt ist. Ich kann nur annehmen, dass diese letzteren ausschließlich von den wenigen, oben beschriebenen, in die Knospen- höhle übertretenden Mesodermelementen sich herleiten, die, wie ihre Kerne beweisen, in Theilung begriffen sind. Wie ich aber oben schon erwähnt habe, kann ich es nicht mit vollster Gewissheit in Abrede stellen, dass nicht außerdem noch einzelne Ektodermzellen einwan- dern, wie dies zuerst O. Scumipr behauptete. In Fig. 8 z.B. könnte die linke untere Ektodermzelle in dieser Weise, wenn auch nicht über- zeugend, gedeutet werden. Auf den Schnitten endlich, welche durch das obere Ende der Knospe geführt sind, erhält man, ganz ähnlich wie in Fig. 7, den Keim zweischichtig. Im Ektoderm ist von der Anlage der Fußdrüse nichts zu erkennen; die Elemente sind gleichartig gestaltet und nicht in Ein- stülpung begriffen. Die Fig. 9 und 10 zeigen zwei Schnitte durch eine ältere, etwa // - in Fig. 1 entsprechende Knospe. Das eingestülpte Polypid lässt zwei Theile unterscheiden: einen oberen, welcher sich nach außen öffnet, _ und einen unteren blindgeschlossenen. Ersterer stellt das Atrium dar, letzterer die Anlage des Verdauungstractus. Beide Theile sind von An- fang an und zeitlebens mit einander in Verbindung. Die Verbindungs- stelle entspricht dem Ösophagus. Fig. 9 ist der zweite Schnitt von dem oberen Ende aus. Es fällt bei der Vergleichung mit früheren Stadien (Fig. 7) auf, dass die Knospe auch in diesem Theile bereits dreiblätterig geworden ist, indem die 568 Oswald Seeliger, durch Theilung entstandenen Mesenchymzellen bis in das obere Ende hineinwuchern. Das eingestülpte Polypid erweist sich nunmehr im oberen Theile, dem Atrium, stark seitlich zusammengedrückt, und es entspricht die Längsrichtung des Spaltes dem Verlaufe der Medianebene des Thieres. Nur rechts und links und nicht in dieser liegen hier Mesenchymzellen. Auf dem Schnitte, der die obere Kuppe durchschnitten hat, sieht man den Zusammenhang von Polypid und Ektoderm. In Fig. 40 ist ein Schnitt durch die Mitte der Knospe abgebildet, der von dem in Fig. 9 gezeichneten vier Schnitte entfernt liegt. Im Ekto- derm ist die rinnenförmige Einstülpung der Fußdrüse, deren Anlage schon auf dem vorhergehenden Stadium erkennbar war, bedeutend tiefer und länger geworden. Auf der gegenüberliegenden Seite sind dagegen die Zellen stark abgeflacht. Die Fußdrüse erstreckt sich in der Zeit ihrer relativ größten Ausdehnung nur ganz unbedeutend auf die obere Hälfte der Knospe; im Wesentlichen ist sie auf die untere beschränkt. Eine rinnenförmige Verbindung mit dem Blastoporus habe ich, wie schon die Abbildung Fig. 9 beweist, nicht auffinden können. Ferner zeigt der Schnitt das äußerste unterste Ende des Polypids, welches die Anlage des Verdauungstractus darstellt, getroffen. Es liegt dem oberen Ende der Fußdrtse dicht an, entfernt sich später aber von diesem etwas mehr, so dass Mesenchymzellen sich einschieben können. Diese sind schon auf dem eben beschriebenen Stadium merklich zahl- reicher geworden und erfüllen die primäre Leibeshöhle fast gänzlich. Ein dem eben beschriebenen ziemlich ähnliches Stadium zeigt Fig. 12 abgebildet. Der Schnitt ist so geführt worden, dass er die Knospe nahezu im lateralen Längsschnitt getroffen hat; er geht durch die Verbindungsstelle mit dem Mutterthiere, dessen benachbarte Kör- pertheile mit eingezeichnet sind. Im distalen Körperende liegt das seitlich zusammengedrückte Atrium, und unter demselben verläuft die Anlage des Verdauungstrac- tus, dessen dorsales Ende durchschnitten ist. Beide Seiten der Leibes- höhle sieht man von Mesodermzellen erfüllt, die in der Medianebene unter dem Verdauungstractus zu einer größeren Masse vereinigt liegen. An der Übergangsstelle in das Mutterthier und in dessen Leibeshöhle selbst liegt ebenfalls eine Anzahl Mesenchymzellen. Die Muskelfibril- len der Stielmuskulatur reichen bis in diese Region herauf. Bei der Durchmusterung der ganzen Schnittserie trifft man die Öffnungsstellen des Atriums nach außen und in den Verdauungskanal, die Anlage der Fußdrüse, kurz alle Verhältnisse, die wir schon auf den Querschnitten erkennen konnten. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen, 869 In Fig. 11 habe ich einen Querschnitt durch die obere Region des- selben Thieres, welches die in Fig. 12 gezeichnete Knospe trägt, bei etwas schwächerer Vergrößerung abgebildet. Der Durchschnitt zeigt die Stelle getroffen, an welcher der Ösophagus in das Atrium sich - öffnet, und von dem Magen ist nur die oberste Kuppe zu sehen, welche - die großen vier- und fünfseitigen Prismenzellen erkennen lässt. Auf der Dorsalseite, welche in der Abbildung nach unten gekehrt erscheint, sind die obersten Zellenden des Magens durchschnitten, in welchen keine Kerne mehr liegen. Zwischen dem Magen und dem kreisförmigen Durchschnitte des bewimperten Mitteldarmes liegt das hufeisenförmig gekrümmte Ganglion mit seinen peripheren Ganglienzellenkernen und der centralen Punktsubstanz, in welcher die fibrilläre Struktur nur schwer erkennbar ist. Zu beiden Seiten des Ganglions liegen Gruppen von großen, in lebhafter Theilung begriffenen Zellen, welche die An- lagen der Geschlechtsorgane darstellen. Ob speciell eine Gruppe von kleineren Zellen, welche rechts dem Ganglion dicht anliegt, die Hoden- anlage darstellt, bin ich außer Stande gewesen festzustellen. Auf der linken und oberen Seite der Abbildung sieht man die Plattenzellen des Ektoderms merklich verdickt: es ist das die Stelle, an welcher noch weiterhin die Knospung stattfinden wird. Unter der- selben ist die Leibeshöhle von einem Bindegewebe erfüllt, das gallert- artige, schwach fibrilläre Zwischensubstanz besitzt. Ich möchte nicht annehmen, dass aus solchen bereits bestimmt differenzirten Mesoderm- zellen das mittlere Blatt der Knospen sich ableitet, sondern es ist mir wahrscheinlicher, dass dies von den mehr embryonalen Charakter tragenden geschieht, welche unmittelbar darunter gelegen sind (vgl. Fig. 12). Bezüglich der endgültigen Ausbildung der Knospe von dem eben beschriebenen Stadium an kann ich mich kurz fassen, indem ich auf die älteren Autoren verweise, zumal die Organogenie mit der Pedicel- lina übereinstimmt. Bei schwacher Vergrößerung habe ich in Fig. 2 eine ältere Knospe gezeichnet. Das Polypid besitzt bereits alle Theile des ausgebildeten Thieres angelegt: Atrium mit Tentakelapparat; den Verdauungstraetus in Ösophagus, Magen, Mittel- und Enddarm ge- gliedert. Schnittserien erweisen auf das deutlichste die Öffnungen des Atriums nach außen und in den Ösophagus. Die Fußdrüse hat ihre größte Ausdehnung erreicht, steht aber immer noch auf der Ventral- seite des Thieres durch einen schmalen Spaltraum mit der Außenwelt in Verbindung. Von mesodermalen Gebilden will ich hier nur beson- ders den bindegewebsartigen Strang erwähnen, welcher zwischen der Fußdrüse und dem Magen liegt. Dieses von dem übrigen Mesenchym 570 Oswald Seeliger, wohl abgegrenzte Gebilde entspricht der Lage nach dem von C. Vocr als corp pedieux bezeichneten Organ, erweist sich aber ganz ähnlich gebaut wie das von Kowazvsky ! für Loxosoma Neapolitanum beschrie- bene Gewebe, welches die Fußdrüse umgiebt. Bei dieser Form persi- stirt es zeitlebens, bei Loxosoma singulare hat es nur larvale Bedeutung. Auf Querschnitten zeigt sich dieser Strang aus wenigen, meist zwei bis drei großen Zellen zusammengesetzt, deren spärliches Plasma vor- wiegend wandständig angeordnet ist. Ein kleiner Kern lässt sich stets nachweisen. Einige Zeit nach Ablösung der Knospe ist der Rückbildungsprocess der Fußdrüse und des erwähnten Mesodermstranges schon sehr weit vorgeschritten, bis füglich das Innere des Stieles der Loxosoma von einem gleichartigen Bindegewebe erfüllt ist, während an der Peripherie die Muskulatur zur Ausbildung gelangt. Vergleicht man die eben beschriebenen Vorgänge der Knospung bei Loxosoma mit denen der Pedicellina, so stellt sich bezüglich der Organentwicklung eine vollkommene Übereinstimmung heraus. Es sind Theilstücke des mütterlichen Ektoderms und Mesoderms, welche die Knospen aufbauen. Das Entoderm derselben bildet sich aus dem äußeren Blatte in einem der embolischen Gastrulation vergleichbaren Vorgange. Die Anlage für das gesammte Polypid ist eine einheitliche; aus dem Bodenabschnitt der Einstülpung geht der Verdauungstractus, aus dem mit dem Ektoderm stets im Zusammenhange stehenden das Atrium mit der äußeren Bekleidung der Tentakeln hervor. Aus dem mütterlichen, in die Knospe hinüberrückenden Mesoderm gehen die nämlichen Organe hervor, die in der Embryonalentwicklung meso- dermal entstanden sind. So weitgehend nun auch die Übereinstimmung ist, so fallen doch auf der anderen Seite allerdings mit einander in ursächlichem Zusam- menhange stehende Verschiedenheiten sofort auf. Erstlich der Um- stand, dass der Ort, an welchem sich die Knospen bilden, ein verschie- dener ist. Bei den Loxosomen, und wie es scheint bei sämmtlichen bekannten Formen, ist es die Leibeswand des oberen, die Eingeweide bergenden Abschnittes, welche rechts und links vom Ösophagus eine Reihe von Knospenerhebungen bildet; bei den Pedicellinen ist es aus- nahmslos der Stiel, an welchem die ungeschlechtliche Vermehrung stattfindet, und zwar gewöhnlich die unterste Partie desselben. Wie 1 A. KowALevsKy, »Beiträge zur Anatomie u. Entwicklungsgeschichte der Loxo- soma Neapolitanum«. Mem. de l’Acad. Imp. des Scienc. de St. Petersbourg, (7 Ser.) T.X. 1866. Br 2 y 0 Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 571 übrigens bei den verschiedenen Arten das Verhalten ein verschiedenes ist, und wie im Besonderen bei Pedicellina echinata die Regeneration der Köpfchen an allen Stellen des Stieles erfolgen kann, habe ich bei früherer Gelegenheit bereits ausführlich erörtert. Danach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass bei den Bryozoen im Gegensatze zu den anderen Knospen bildenden Thieren die ungeschlechtliche Ver- mehrung dadurch möglich geworden ist, dass das äußere Blatt zeit- lebens und potentia wohl an allen Stellen die Fähigkeit des embryo- nalen Blastulaepithels sich erhalten hat. Auch die Lagebeziehungen der Körperregionen der Knospen zu denen des Mutterthieres sind verschieden. Aus dieser Beschreibung haben wir ersehen, dass bei Loxosoma singulare eben so wie bei den durch O. Schmiwr bekannt gewordenen L. Raja, L. cochlear und wie bei C. Vocr’s L. Phascolosomatum die Knospen sich mit dem äußersten Fußende an der Mutter befestigen, während nach NitscheE und CLara- REDE bei L. Kefersteinii die Verbindungsstelle in den Knospen, der sog. Knospennabel, auf der Rückenseite an der Grenze von Fuß und Rumpf gelegen ist. Die Hauptachse der Knospenthiere steht bei den verschie- denen Arten und auch bei verschiedenen Individuen derselben Art in einem verschiedenen Winkel zur Längsachse der Mutter. Bei einigen steht sie senkrecht, bei anderen, wie bei L. Kefersteinii, ist das Vor- derende der Knospe nach abwärts, bei anderen, L. singulare, vorherr- schend nach oben gerichtet. In allen Fällen aber scheinen Bauch- und Rückenseite der Knospen in einer bestimmten Lagebeziehung zu den gleichen Regionen der Mutter zu stehen, und zwar in einer von Pedi- cellina echinata verschiedenen Weise. Bei dieser letzteren sind die Knospen am Hauptstolo sämmtlich gleich gerichtet, so dass also die -Rückenseite der Knospe der Bauchseite des Mutterthieres zugekehrt ist. Natürlich wird das Verhältnis gestört, wenn an der durch den Hinterdarm bestimmten Seite eines alten Thieres eine neue Knospe sich bildet, denn diese zeigt sich dann spiegelbildlich orientirt. Aber die weitere Knospe, die die letztere bildet, ist zu ihr wieder gleich gelagert. Bei Loxosoma dagegen ist die Orientirung der Knospe und des Mutterthieres eine spiegelbildliche. Bezüglich der Zeit des Auftretens der Knospen an den Mutter- thieren besteht ebenfalls ein wenn auch nicht durchgreifender Unter- schied. Bei Pedicellina echinata bildet sich am jüngsten Thier des frei wachsenden Stoloendes die Knospe sehr früh, wenn das Mutterthier noch beträchtlich weit vom Endstadium entfernt ist, die Gliederung in Kelchabschnitt und Stiel eben erst oder noch gar nicht begonnen hat, kurz, wenn die Pedicellinaknospe noch auf dem phyletisch niederen 572 Oswald Seeliger, Loxosomastadium steht. In der hier beschriebenen Knospung hat das Loxosoma fast schon die endgültige Ausbildung erlangt, wenn sie sich zur ungeschlechtlichen Vermehrung anschickt. Daneben kommt aber bei den Pedicellinen die Bildung von Knospen an der Basis der Stiele ganz alter Thiere und Regeneration der Köpfchen auf jedem Stadium. der Ausbildung vor, während andererseits bei manchen Loxosoma- Arten die Knospung an einer Knospe schon dann anhebt, wenn diese noch dem Muttertbiere aufsitzt, aber auch in ganz alten Thieren am oberen Ende neue Knospen entstehen können. Wohl der auffallendste Unterschied besteht darin, dass die Loxo- somaknospen sich von der Mutter loslösen, und wenn auch nach nur sehr beschränkter Ortsveränderung selbständig neue Festheftungs- stellen gewinnen, während die Pedicellinen als unvollständige Knospen zeitlebens mit einander zu Stöcken verbunden bleiben, so dass eine neue Kolonie immer nur durch eine Larve erzeugt werden kann. Ganz verschieden natürlich von den aktiven Wanderungen der Loxosoma- knospen ist die Erscheinung, dass die Köpfchen der Pedicellinen, be- sonders wenn sie in Aquarien gehalten werden, abfallen und eine Zeit lang ihre Lebens- und Bewegungsfähigkeit erhalten. Enthielten die abgefallenen Köpfchen Embryonen, so können dieselben sich weiter entwickeln und dann ausschwärmen, während die zurückbleibenden Stielstummeln neue Köpfehen erzeugen!. Auf die Ähnlichkeit mit den Vorgängen der Strobilation brauche ich hier nicht nochmals hinzu- weisen. Endlich liegt darin ein Unterschied, dass die Knospen von Loxo- soma in der Fußdrüse ein Organ besitzen, welches den Pedicellina- knospen, wenigstens in einem gleichen Umfang der Ausbildung, fehlt. Dass bei diesen auch der eigenthümlich gestaltete Mesodermstrang unter dem Darmkanal nicht anzutreffen ist, will ich hier nicht weiter betonen. Bekanntlich ist nicht bei allen Loxosomen die Fußdrüse ein nur provisorisches Organ, sondern bei einigen Formen, wie z. B. bei Loxosoma Neapolitanum, persistirt sie zeitlebens. Es ist darauf, wie schon Nıtscue mit vollem Rechte hervorgehoben hat, bei der Beurthei- lung der stammesverwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Familie der Loxosomen Rücksicht zu nehmen, und L. Neapolitanum erscheint im Verhältnis zu jenen Formen geradezu »als ein geschlechts- reif gewordener Jugendzustand.«. 1 Ich benutze diese Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Regenerationserscheinungen bereits Reın (»Anatomical and Physiological Observa- tions on some Zoophytes«. Ann, and Mag. of Nat. hist. Vol. XVI. 4845. p. 394) be- kannt waren, was mir in meiner früheren Abhandlung entgangen war. 9 Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 573 Die auffallend mächtige Entwicklung der Fußdrüse steht zweifels- ohne mit der Fähigkeit der Knospen, sich selbständig festzusetzen, im Zusammenhange. Bei Pedicellinen findet sich dagegen eine drüsig differenzirte Zone an der Basis des die einzelnen durch Knospung aus einander hervorgegangenen Thiere verbindenden Stolos, dort, wo dieser dem Fremdkörper aufsitzt. Man kann besonders in ganz jungen Stöcken, die sich erst aus einer sehr geringen Anzahl Individuen zu- sammensetzen, diesen drüsigen Basalstreifen die ganze Länge hindurch ununterbrochen verfolgen. Im späteren Alter ist dies allerdings nicht mehr der Fall, und die Drüsenzellen sind auf einzelne Stellen be- schränkt. Die Beschaffenheit der Stolobasis steht im Zusammenhange mit der Unterlage des Stockes und zeigt demgemäß beträchtliche Verschiedenheiten. Die Drüsenzone der Pedicellinastolonen nimmt von der Stelle ihren Ausgang, an welcher sich die Fußdrüse der noch soli- tären Form befindet, indem sie von da an der Unterlage anliegend aus- wächst. Sie lässt sich also auf keine der beiden embryonalen Ekto- dermeinstülpungen zurückführen, die man in der Larve als Saugnapf und Gehirn gedeutet hat, sondern sie liegt an der Stelle des ursprüng- lichen Blastoporus. Wenn an der Basis eines alten Stieles ein neuer Querstolo entsteht, so erfolgt in dem Querstolo neuerdings selbständig die Sonderung einer drüsigen Zone, aber sie erfolgt ausnahmslos an der äußeren ösophagealen Seite der Knospe zwischen dem Blastoporus und der Festheftungsstelle am Mutterthier. Bei den Loxosomen dagegen entsteht die Drüse, die aber von bedeutenderem Umfange ist, an der dem Mutterthier zugekehrten Seite der Knospe, was eben darin seinen Grund hat, dass, wie oben erörtert wurde, die Orientirung der Knos- pen eine verschiedene ist. Harmer ! hat aus O. Scumipr’s Abbildungen geschlossen, dass die Einstülpungen der Fußdrüse und des Polypids in der Loxosomaknospe mit einander zusammenhängen. Er erblickt darin eine Andeutung der alten phyletischen Vorgänge, welche sich bei der Metamorphose der festgesetzten larvenähnlichen Vorfahrenform im Primärzooecium des Stockes abgespielt haben. Ontogenetisch erfolgt bekanntlich die Fest- heftung mit der Atrialseite der Larve, während nach einer Drehung der Eingeweide um 180° das definitive Atrium an dem freien Ende zum Durchbruch gelangt, an der Festheftungsstelle dagegen die Fuß- drüse sich ausbildet. Es ist natürlich kaum anzunehmen, dass bei der phyletischen Festsetzung, wie es gegenwärtig in der Ontogenie der Fall ist, das gesammte Atrium geschlossen wurde, bis nach einiger Zeit 1 HARMER, »On the life-history of Pedicellina«, Quart. Journ. Mier.Sc. Vol. XXVII. 1887. 3 5 2 974 Oswald Seeliger, der Darmkanal, nachdem die inneren Lageveränderungen stattgefun- den hatten, eine neue Öffnung erhielt. Vielmehr wird ein Theil des larvalen Atriums offen geblieben und erst nach und nach an die obere gegenüberliegende Seite gerückt sein, welche dem Zwecke der Nah- rungsaufnahme unvergleichlich geeigneter ist als die andere, sobald natürlich nicht die Nahrung dem Fremdkörper entnommen wird, dem das Thier aufsitzt, sondern aus Organismen besteht, die im umgeben- den Wasser sich aufhalten. Es scheint mir aber, dass ein derartiger Schluss, wie ihn HArmer aus O. Scamipr’s Angaben zieht, mit Sicherheit sich nicht ziehen lässt, weil die Abbildungen auch eine andere Deutung zulassen und die Be- schreibung darüber keine Aufklärung giebt. Ich habe oben ausdrück- lich darauf hingewiesen, dass die Anlage für die Fußdrüse bei der von mir beobachteten Art vom Blastoporus gesondert ist. Es bieten dem- nach die Vorgänge bei der Knospung von Loxosoma eben so wenig wie die von Pedicellina einen Beweis für die aus anderen Gründen wahr- scheinlich gemachte Hırmer’sche Auffassung der phyletischen Bedeu- tung der Metamorphose der Bryozoenlarven. Schon a priori scheint es mir nicht recht wahrscheinlich, dass wir in der Knospung einen phyletischen Vorgang, der in der Embryonal- entwicklung keine entsprechenden Spuren mehr zurückgelassen hat, palingenetisch antrefien würden. Denn wie ich schon oft betont habe, ist die Knospung überall verkürzt und stärker cenogenetisch abgeän- dert als die Embryonalentwicklung. Das zeigt sich denn auch bei der Vergleichung der Knospung der Loxosoma mit ihrer Embryonalent- wicklung. | ‚ Ich müsste, wollte ich diesen Vergleich hier durchführen, alle die Bemerkungen wiederholen, die ich bei der Besprechung der Pedicel- linaknospung gemacht habe. Denn die Verhältnisse liegen für Loxo- soma ganz ähnlich, nur dass die Knospen sich loslösen und dadurch eine äußere Ähnlichkeit mit der Embryonalentwicklung herbeigeführt wird, welche das freibewegliche Larvenstadium besitzt. Die sich los- lösende Knospe stimmt aber in ihrem Bau durchaus nicht mit der Larvenform, sondern mit der ausgebildeten Form überein. Die mäch- tige Fußdrüse fehlt der Larve; erst nach deren Festsetzung entwickelt sie sich und lässt sich auf keines der inneren embryonalen Organe be- ziehen. II. Die Knospung der gymnolaematen Bryozoen. Ich habe mich begnügt, die Knospung der Ektoprokten bei den Gymnolaematen zu untersuchen. Denn für die Phylactolaemen haben Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 975 alle neueren Arbeiten fast ausnahmslos die älteren Angaben von Nırsche! in den wesentlichsten Punkten bestätigt. Mit den Befunden bei Entoprokten lassen sie sich in vollste Übereinstimmung bringen. Die Differenzpunkte, welche noch vorhanden sind, betreffen nicht die Frage, um deren Beantwortung es mir hier in erster Linie zu thun war: welche Keimblätter des Mutterthieres sich am Aufbau der Knos- pen betheiligen. Freilich fehlt es auch hierfür nicht an widersprechen- den Angaben, die mir aber, so weit ich sie kenne, sämmtlich durch die Ergebnisse der Harscaex’schen Arbeit über Pedicellina und die kurzen Mittheilungen beeinflusst erscheinen, welche ihr über Cristatella hin- zugefügt sind. Unter den Gymnolaematen habe ich namentlich die Chilostomen untersucht. Bei der nachfolgenden Beschreibung werde ich mich be- sonders auf Bugula avicularia beziehen, welche früher schon beschrie- ben worden ist. Außerdem habe ich Bugula flabellata, Membranipora pilosa, Eucratea Lafontii (?) untersucht und bei diesen die wesentlich gleichen Verhältnisse angetroffen. Meine Resultate sind vorwiegend an Schnittserien gewonnen wor- den. Da ich fast ausschließlich in einem Gemisch von Sublimat und ' Essigsäure konservirt habe, wurden die Kalktheile gleich aufgelöst, und ich konnte das in Alkohol aufbewahrte Material sofort nach den üblichen Methoden einbetten und in Schnitte zerlegen. Die Fragestellung bezüglich der Antheilnahme der mütterlichen Keimblätter am Aufbau der Knospen liegt genau so wie bei den Ento- prokten, denn die Kontroversen sind die nämlichen. CLAPAREDE2 und Nırsche 3 leiten die ganze Knospe von der Endo- eyste des Mutterthieres ab. Dort, wo das Polypid sich einstülpt, ist sie nach Nırsche zweischichtig und besteht aus einem äußeren, die Cuti- cula absondernden Cylinderepithel und einer inneren Schicht von Spindelzellen mit anliegenden Körnerhaufen. Nach unseren gegenwär- tigen Anschauungen müssen wir das Cylinderepithel als ektodermal, die Spindelzellen als mesodermal in Anspruch nehmen. Die Knospe bildet sich aber mit Ausnahme der Endocyste, welche stets beide Schichten besitzt, nach beiden Forschern nur aus dem Ektoderm. 1 Nırsche, »Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen«. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Supp:. 2 Ep. CLAPAREDE, »Beitr. zur Anatomie u. Entwicklung der Seebryozoen«, Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874. 3 H. Nırschz, »Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen. III. Über die Anatomie u. Entwicklungsgeschichte von Flustra membranacea«. Diese Zeitchrift Bd. XXI. =ı871. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. L. Bd. 38 576 Oswald Seeliger, Eures! ist bei der von ihm entdeckten, eigenthümlich gestalteten Hypo- phorella expansa zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, nur fehlt dieser Form die Spindelzellschicht unterhalb des Ektoderms. Auf die ein- zelnen Verschiedenheiten in den Angaben werde ich weiter unten noch zurückkommen müssen. Eine ganz eigenthümliche Ansicht vertritt JoLıer?. Nach ihm ent- steht das gesammte Polypid ausschließlich aus der unter dem Ektoderm liegenden Mesodermschicht, die er Endosark nennt. Dieses letztere leitet er aber in jedem Thiere aus Zellen ab, welche von dem Ektoderm her in die Leibeshöhle eingewandert sind. Es entstünde im Endosark zuerst ein homogener Zellhaufen, der sich in zwei Schichten sondere. Aus der inneren entwickele sich Atrium und Tentakelbekleidung; die äußere differenzire sich in Mesoderm und den entodermalen Verdauungskanal. Hıpnon ? glaubt Harscuer’s Befunde bei Entoprokten für die Ekto- prokten bestätigen zu können. Den Verdauungstractus und das Atrium der Knospe hält er für verschiedenen Ursprungs. Während das letztere mit dem Tentakelapparat aus dem äußeren Blatte sich bilde, ist er geneigt für den Darmkanal eine entodermale Entstehung anzunehmen. Von diesem Gesichtspunkte aus versucht Hapvon die von früheren Auto- ren gegebenen Abbildungen umzudeuten und glaubt für die Bryozoen dasselbe Gesetz der Knospenbildung annehmen zu können wie für die anderen sich ungeschlechtlich vermehrenden Thiere, dass nämlich Deri- vate aller Keimblätter des Mutterthieres am Aufbau der Knospen Theil nehmen. Endlich muss ich erwähnen, dass bei der Darstellung der Meta- morphose der ektoprokten Larven zum Primärzooecium des Stockes Barroıs?!, ViseLius® und Ostroumorr 6 das junge definitive Polypid zwei- schichtig schildern. Die innere Schicht leiten sie von dem aboralen ektodermalen Scheibenorgan der Larve ab. Die äußere Mesoderm- 1 E: Enters, »Hypophorella expansa. Ein Beitrag zur Kenntnis der minirenden Bryozoen« Abhdalg. d. kgl. Gesellsch. d. Wissensch. Göttingen. Bd. XXI. 1876. 2 L. JoLıET, »Contributions a l’'histoire naturelle des Bryozoaires des cötes de France«. Arch. zool. exper. Tom. VI. 4877. — »Sur le bourgeonnement du polypide chez plusieurs ectoproctes marins« Arch. zool. exper. (2.) Tom. III. 4885. 3 Hıpvon, »On Budding in Polyzoa«. Quart. Journ. of Micr. Sc. Vol. XXI. 1883. 4 BarroIs, »M&moire sur la Metamorphose de quelques Bryozoaires«. Ann. Sc. natur. (7.) Zool. Tom. I. 1886. 5 VıigELıvs, »Zur Ontogenie der marinen Bryozoen«. Mittheil. der Zool. Station Neapel. Bd. VI. 4886. — »Zur Ontog. der mar. Bryozoen«. Ebenda. Bd. VIII. 4888. 6 OstroumorF, »Zur Entwicklungsgeschichte der cyclostomen Seebryozoen«. Mitth. d. Zool. Station Neapel. Bd. VII. 4887. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 577 “ schicht lässt Barroıs dem Ektoderm entstammen, Ostroumorr hält sie für mesodermalen Ursprungs, und auch ViseLius neigt letzterer Auffas- sung zu. Auf Ulvenblättern fand ich im Triester Hafen während des Juni häufig solitäre Thiere und ganz junge Stöcke von Bugula avicularia, Eu- cratea und Flustra. Das Solitärthier der Bugula besaß stets, wie es schon Nırsche! erwähnt, eine in der primären Leibeshöhle gelegene bräunliche Masse, welche während der endgültigen Ausbildung all- mählich verbraucht wird. Folgegenerationen der Zellen, welche diesen braunen Körper zusammensetzen, gehen nicht in bestimmte Organe oder Gewebe des ausgebildeten Thieres über; dieser dient vielmehr nur als Nährmaterial. Die Herkunft des braunen Körpers im ersten Zooecium des Stockes habe ich nicht festgestellt, weil mir zur genaueren Unter- suchung der Metamorphose der Larve nicht genügendes Material zur Verfügung stand. Nach den von anderen Seiten gegebenen Mitthei- lungen aber und nach Analogie mit den späteren Vorgängen im ausge- bildeten Stocke liegt die Anschauungsweise nahe, in jenem Gebilde das rückgebildete Polypid der Larve anzunehmen. Demnach würde alse schon im Solitärthier eine Regeneration des Polypids erfolgen in ganz ähnlicher Weise, wie das später bei allen Individuen des Stockes sich wiederholen kann. Bei früherer Gelegenheit habe ich bereits darauf aufmerksam gemacht, dass auch das Köpfchen der noch solitären Pedicellina, wenn es sich rückgebildet hat, regenerirt werden kann. Ich will es an dieser Stelle unterlassen, auszuführen, dass, selbst wenn die Rückbildung und Regeneration des Polypids im Primärthier bei den Gymnolaematen ein allgemein verbreiteter Vorgang sein sollte, die Entwicklung dennoch als eine Metamorphose und nicht als ein Gene- rationswechsel betrachtet werden müsste. Bereits RrrraAcHorr? hat . einen derartigen Standpunkt vertreten. Um die Art des Auftretens der Knospen an den distalen Enden des Stockes deutlich zu machen, habe ich in Fig. 1 und 2 (Taf. XXVI) zwei Abbildungen gegeben. Fig. 1 zeigt einen jungen Stock, welcher aus zwei mit Polypiden ausgestatteten Individuen und zwei Knospen- anlagen besteht. Das Mutterthier des Stockes ist als das älteste das größte, denn 1 NıtscHe, »Beiträge zur Kenntnis der Bryozoen. Beobachtungen über die Ent- wicklung einiger chilostomen Bryozoen«, Diese Zeitschr. Bd. XX. 1869. 2 REPIACHOFF, »Zur Naturgeschichte der chilostomen Seebryozoen«. Diese Zeit- schrift. Bd. XXVI. 1876. — »Über die ersten embryonalen Entwicklungsvorgänge bei Tendra zostericola«. Ebenda. Bd. XXX. Suppl. 1878. 38* 578 Oswald Seeliger, seine Knospe hat noch nicht die endgültige Ausbildung erlangt. Es zeichnet sich stets vor allen anderen Individuen des Stockes, ganz ab- gesehen von seiner Entstehung durch geschlechtliche Zeugung, dadurch aus, dass an seiner Basis besondere Fortsätze auswachsen, welche die Festheftung des Stockes vermitteln. Trotzdem sämmtliche von mir beobachtete Stöckchen Ulven aufsaßen, also ganz gleiche Bedingungen für die Festheftung besaßen, waren dennoch die Fortsätze stets ver- schieden gestaltet. Die einen zeigten eine verbreiterte Basis, von deren Rande fingerförmige Fortsätze in wechselnder Zahl und Anordnung aus- gingen; die anderen, wie das gezeichnete Thier, spalteten sich am unte- ren Ende in zwei, drei oder mehrere verschieden geformte Äste. Das Polypid ist in allen seinen Theilen wohl entwickelt und besitzt den aus früheren Beschreibungen zur Genüge bekannt gewordenen Bau. An der ösophagealen Seite des Blindsackes sieht man einen rundlichen, kompakten Zellhaufen: den Rest des früher umfangreicheren braunen Körpers. Einen großen Theil desselben hat der Darmkanal bereits auf- genommen, und namentlich der hinterste Theil desselben ist von den braunen Massen vollständig erfüllt. Am oberen Ende der durch den Verlauf des Hinterdarmes be- stimmten Seite des Primärzooeciums sitzt die Knospe. Ich habe unter etwa 20 untersuchten jungen Stöcken ausnahmslos nur eine Knospe an dem Solitärthier auftreten gesehen. Nırsche erwähnt dagegen, und ich habe nicht die geringste Veranlassung dies zu bezweifeln, dass bei Bugula flabellata »von dem primären Zooecium entweder ein oder zwei jüngere Zooecien knospen können«. Knospen zwei Zooecien, so ent- steht das eine in normaler Weise, »das andere hingegen entspringt seitlich neben diesem mit einer einfach zugespitzten Basis, welche tiefer herabreicht als die hufeisenförmige Basis des anderen Zooeciums und ein wenig auf die Seitenfläche des primären Zooeciums herumgreift. Es scheint, als ob sich das Polypid der zuletzt beschriebenen Knospe mit keulenförmiger Basis etwas früher entwickle als das der anderen Knospe.«. In der von mir gegebenen Abbildung sieht man die Orientirung der Knospe und des Mutterthieres verschieden. Die Ösophagealseite der ersteren liegt über der Analseite des letzteren. Es ist das aber keineswegs ein allgemein gültiges Verhalten, denn eher in der Mehr- zahl der Fälle sah ich die beiden ältesten Thiere des Stockes gleich gelagert. Das obere Ende des Stockes zeigt sich beträchtlich erweitert und beginnt durch eine in der Ebene der Zeichnung verlaufende Furche sich gabelig zu spalten. In jedem Theile findet sich eine Polypidein- Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 579 k stülpung, welche dem dritten und vierten Individuum des Stockes an- gehören. Stets geht die eine Anlage der anderen in der Entwicklung voraus. » In Fig. 2 habe ich das obere Ende eines etwas älteren Stockes ge- zeichnet. :Man sieht nur einen Theil, den Tentakelapparat, des zweit- ältesten Individuums des Stockes gezeichnet. Über ihm lagern zwei verschieden große, wohl ausgebildete Thiere, welche aus den beiden verschieden alten Polypidanlagen des eben beschriebenen Stadiums hervorgegangen sind. In den verbreiterten und auf der linken Seite bereits gabelig gespaltenen Enden derselben erkennt man die verschie- den alten Anlagen von vier neuen Knospen. Die vorgeschritteneren unter denselben fand ich median gelegen. Ganz ähnlich gebaut erweisen sich die distalen Enden der alten Stöcke, an welchen ich die Knospungsvorgänge untersucht habe. Zur Zeit, als ich das Material sammelte, befanden sich die Bryozoen in überaus reicher ungeschlechtlicher Vermehrung, so dass sich die Stöcke in wenigen Tagen um ein mit freiem Auge sichtbares Stück vergrößer- ten. An den alten Theilen des Stockes war dagegen eine erhebliche Neigung zur Rückbildung der Polypide bemerkbar. In den terminalen Enden des Stockes, wo die Knospung vor sich geht, befinden sich nur zwei Blätter: das Ektoderm und das Mesen- chym. Die feinen Plattenzellen des Ektoderms der obersten bereits entwickelten Knospenthiere gehen allmählich in ein kubisches und füglich in ein Gylinderepithel über, welches die verbreiterte Kuppe des äußersten Endes umgiebt. Die Cuticula ist über dem Plattenepithel ziemlich mächtig und in den alten Thieren in der bekannten Weise verkalkt; nach dem distalen Ende zu wird sie über den mehr embryo- nalen Zellen immer dünner und weicher. Die vom Ektoderm umschlossenen Höhlen der distalen Enden stehen zunächst mit den Leibeshöhlen der darunter liegenden Thiere in weiter Verbindung und stellen sich gleichsam als Ausstülpungen dieser letzteren dar. In ihnen befinden sich Mesenchymzellen in über- aus wechselnder Anordnung und Zahl der eiweißhaltigen Leibesflüssig- keit eingelagert. Besonders zahlreich traf ich sie in den in reger Ver- mehrung begriffenen Stöcken im Juni; spärlicher bei langsam wachsen- den Stöcken. In vielen Fällen sah ich sie in kurzer Entfernung von dem Ektoderm eine nur unvollständig geschlossene, keineswegs epi- thelialen Charakter tragende Schicht bilden, während gleichzeitig auch in der Centralregion der Leibeshöhle Mesodermzellen einzeln zerstreut oder zu kurzen Strängen und Haufen angeordnet waren. In anderen Fällen wieder war die Ringschicht im Mesoderm ganz unvollständig 580 Oswald Seeliger, oder auch gar nicht nachweisbar. Eine zusammenhängende, dem Ektoderm dicht anliegende Schicht von mesodermalen Spindelzellen, wie sie Nırsche bei Flustra gefunden hat, sah ich bei Bugula eben so wenig wie Enrers bei Hypophorella. Auch die Form und Größe der einzelnen Mesenchymzellen ist ne verschieden. Neben größeren mit amöboiden Fortsätzen ausgestatteten Zellen finden sich mehr oder minder stark abgerundete, zum Theil pigmentführende Elemente verschiedener Größe, dann zahlreiche Spindelzellen, welche zu Strängen mit einander verbunden sein kön- nen. Viele Zellen sind in Theilung begriffen, andere wieder besitzen ruhende Kerne. Die von früheren Autoren beschriebenen Körnerhaufen dürften sich wohl ausnahmslos auf Ballen überaus kleiner Mesenchym- zellen zurückführen lassen. Wenigstens habe ich bei den von mir untersuchten Bryozoen stets in den fraglichen Gebilden einen Kern nachweisen können, der allerdings oft von einer nur sehr feinen Plasmaschicht umgeben war. Die Anlage eines neuen Polypids in der Knospe zeigt sich zunächst als eine Verdickung des cylindrischen Ektodermepithels. In der Regel liegt dieselbe nur wenig höher als das oberste Ende der Tentakel- scheide des Mutterthieres, in manchen Fällen in gleicher Höhe oder manchmal sogar noch tiefer unten. Es zeigt sich also sofort ein merklicher Unterschied gegenüber der Bildung der Knospen bei ’Flustra, wie sie Nırscne beschreibt. Bei dieser Form schnürt sich zuerst das stark in die Länge gewachsene Vorderende eines Mutterzooeciums durch die Bildung einer Querwand ab, und erst dann bildet sich in der abgeschnürten Knospe das Polypid. Um einen ähnlichen Fall auch hier heranzuziehen, habe ich in Fig. 4 eine junge Knospe von Eucratea abgebildet. Die Stöcke dieser Species vergrößern sich durch zweierlei Knospen; einmal durch ter- minal auftretende, dann durch laterale. Während an jedem Thiere regelmäßig nur eine Terminalknospe gebildet wird, können laterale in mehrfacher Zahl entstehen. Eine große Anzahl von Thieren bildet aber überhaupt keine Seitensprossen. Gewöhnlich entstehen diese letzteren in der Mitte des Thieres auf der Seite des Ösophagus. Die Knospung beginnt mit einer seitlichen, selbständig hervorwachsenden Erhebung des Ektoderms mit der darüber liegenden Cuticula und schnürt sich frühzeitig von dem Mutterthiere fast vollkommen ab. Die Abbildung zeigt die Knospenanlage zweiblättrig. Die Ektodermzellen sind an der Spitze der Knospe und dort, wo sie in die Leibeswand der Mutter um- biegen, ansehnlich groß. Die Leibeshöhle der Knospe kommunieirt durch eine äußerst feine Öffnung mit der des Mutterthieres. Einige Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen, 581 Mesenchymzellen, von welchen ich annehme, dass sie dem Mittelblatte der Mutter entstammen, liegen in der Knospenhöhle. In unmittelbarer Nähe der letzteren befinden sich im Mutterthiere stets einige Mesen- chymzellen. Einzelne derselben liegen der Leibeswand dicht an, einige sind bereits zu Muskelzellen differenzirt, und endlich sind einige zu einem feinen Bindegewebsstrang angeordnet, der bis dicht an die Ver- bindungsstelle mit der Knospe heranreicht. Genau so wie ich es weiter unten für Bugula beschreiben werde, entsteht an dieser Knospe das Polypid durch eine seitliche Einwuche- rung des Ektoderms im oberen Knospenende, um welche sich Mesen- chymelemente zu einer epithelialen Schicht anordnen. — In Fig. 5 und 6 habe ich zwei benachbarte Schnitte durch die Stelle im Ektoderm gezeichnet, an welcher bei Bugula das Polypid sich einzustülpen beginnt. Im Ganzen lässt sich die Einstülpungszone auf vier Schnitten nachweisen. Fig. 5 entstammt der Randzone und kann ohne Weiteres auch zur Erläuterung noch jüngerer Stadien dienen, in wel- chen die verdickte Stelle auf nur einem einzigen Schnitte, und dann in einem ganz ähnlichen Bilde erscheint. Über den eylindrischen Ektodermzellen erkennt man in Fig. 5 die feine Cuticula. In der Einstülpungsregion, die auf diesem Querschnitte aus vier unvollkommen gesonderten Zellen besteht, findet man neben ruhenden Kernen zahlreiche in Theilung begriffene, was auf das rege Wachsthum dieser Zone hindeutet. Eine Anzahl von Mesenchymzellen liegt den sich einstülpenden Ektodermzellen dicht an, ohne aber noch ein einheitliches zusammenhängendes Epithel zu bilden. In Fig. 6 ist die Mitte der Einstülpung getroffen. Wiederum sieht man im Ektoderm die Grenzen zwischen den einwuchernden Zellen nicht überall deutlich, was wohl durch die rasche Kernvermehrung bedingt ist. Gegen die Leibeshöhle zu ist das Ektoderm durch einen scharfen Kontour abgegrenzt, so dass ich es für ausgeschlossen erach- ten muss, dass bei der Polypideinstülpung Zellen aus dem epithelialen Verbande sich etwa lösen und als Mesenchymelemente in die primäre Leibeshöhle hineinrücken. Vielmehr stammen die der Ektodermein- stülpung sich anlegenden Zellen ausschließlich von den Mesenchym- zellen ab, welche sich jederzeit in der Leibeshöhle der obersten Stock- enden vorfinden. Ein weiter gebildetes Stadium ist in Fig. 7 durchschnitten. Die Einstülpung ist vertieft; die Kerne trifft man oft in Theilung. Auf der oberen Seite haben sich eine Anzahl Mesenchymzellen zu einem Epithel angeordnet; auf der unteren ist ein solches erst in Bildung begriffen. In der Nachbarschaft der Polypideinstülpung trifft man bei diesem 582 Oswald Seeliger, Individuum sehr zahlreiche Mesodermelemente; einigen fehlt auf dem Durchschnitte der Kern. Es sind das lange Spindelzellen, welche durch den feinen Querschnitt oberhalb oder unterhalb des Kernes ge- troffen wurden. Fig. 9 und 10 stellen zwei benachbarte Querschnitte durch eine tiefere Polypideinstülpung dar. Es fällt sofort auf, dass die Zellen der Leibeswand, die beim Beginne des Einstülpungsprocesses hocheylin- drisch waren, bedeutend flacher geworden sind. Auf dem in Fig. 9 abgebildeten Schnitte, und nur auf diesem, ist der Blastoporus noch nachweisbar. In Fig. 10 erscheint bereits das Polypid als vollständig geschlossene Röhre, die aber dem Ektoderm dicht anliegt. Die Mesen- chymzellen, unter welchen abermals auf dem Durchschnitte mehrere kernlos erscheinen, bilden ein beinahe ganz geschlossenes Epithel um das eingestülpte Polypid. Es sind aber sehr verschieden geformte Zellen, welche sich dazu vereinigen. Neben feinen Plattenzellen sieht man plasmareiche fast kubische oder abgerundete sich an einander reihen. Das Vorhandensein dieser äußeren Schicht wurde zuerst durch NırscHe festgestellt. Seither ist es von den meisten Beobachtern ge- sehen und beschrieben worden. Aber sowohl über die Entstehung als die Weiterbildung dieser beiden Schichten herrschen die verschieden- sten Auffassungen. Meine Befunde stimmen durchaus nicht mit Nrrscae's Angaben überein, denen zufolge das Polypid bei Flustra membranacea zunächst ein regelloser Zellhaufen sein soll, der durch eine Wucherung aus dem Ektoderm entstünde und sich erst nachträglich zu zwei deut- lich gesonderten Schichten anordne. Zuerst sollen die äußeren Zellen des Haufens, dann die inneren epitheliale Anordnung gewinnen. Die innere Schicht entspricht der von mir aus dem Ektoderm her beob- achteten Polypideinstülpung; die äußere der Schicht von Mesoderm- zellen, welche jene umgeben. Enters und Crararkde beschreiben ganz richtig die erste Anlage des Polypids als eine einschichtige Einstülpung des Ektoderms. EuLers nennt sie Tentakelscheibe. Wenn ich aber seine Darstellung richtig verstanden habe, nimmt er an, dass dieselbe im oberen Abschnitte zwei- schichtig werde, und dass aus dieser äußeren, dem Ektoderm ent- stammenden Schicht, die innere Tentakelschicht hervorgehe. Crara- . REDE ist das äußere, das Polypid umgebende Endothel entgangen. Mehr oder minder frühzeitig werden die Ränder des Blastoporus vollständig verklebt, ohne dass desshalb diese Stelle bedeutungslos würde, denn sie entspricht dem Ort, an welchem sich später die Ten- takelscheide nach außen öffnet. In genau der gleichen Weise wird bei Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 583 den Entoprokten der Blastoporus der Knospe zur Atrialöffnung des aus- gebildeten Thieres. Wenn auch der Blastoporus sich schließt, giebt dennoch das Polypid seinen Zusammenhang mit der Leibeswand nicht auf, sondern bleibt, wie schon Enrers betont hat, durch einen Zell- strang mit diesem verbunden. Dieser Zellstrang entspricht dem ober- sten Ende des Polypids, welches eben früher den Blastoporus nach innen begrenzte. Bezüglich der Art und Weise dieser Verbindung trifft man bei der Untersuchung einer größeren Individuenzahl mehrfache Verschiedenheiten. In dem einen Fall entfernt sich das Polypid, indem es sich zu einem seitlich stark zusammengedrückten, bei der Flächen- ansicht fast kreisförmig geformten Sacke umgestaltet, verhältnismäßig weit von der Leibeswand, und dann zieht sich naturgemäß auch der Strang beträchtlicher in die Länge. In dem anderen Falle bleibt aber das Polypidsäckchen dicht am Ektoderm liegen, und dann kommt der Verbindungsstrang kaum zur Ausbildung. Ich habe in Fig. 8 einen nicht ganz senkrecht auf das seitlich zusammengedrückte Polypid geführten Querschnitt abgebildet, der durch die alte Blastoporusstelle geht. Obwohl das Polypid noch von geringem Umfange ist, hat sein Lumen dennoch bereits die Verbin- dung mit der Außenwelt aufgegeben. Auch bezüglich des Zeitpunktes der Abschnürung des Polypids lassen sich somit Verschiedenheiten feststellen. Der Verbindungsstrang ist in der Zeichnung deutlich sichtbar, er schließt sich durch einen scharfen Kontour jederseits von den dicht an ihn herantretenden Mesodermzellen ab. Diese haben sich bereits zu einem vollkommen einschichtigen Epithel um das Polypid herumgelegt. Auf der Unterseite sind es kubische, auf der Oberseite äußerst feine Plattenzellen, welche es zusammensetzen. Es ist leicht verständlich, dass man auf derartigen Stadien bei mangel- hafter Konservirung oder lückenhaften Schnittserien den Zusammen- hang von Polypid und Ektoderm übersehen und mit JoLıer das Polypid vom Mesoderm ableiten kann. Derartig geformte Polypide entsprechen etwa den Knospen, die man in Fig. I und 2 an der Spitze des Stockes bei schwächerer Ver- größerung gezeichnet findet. Bereits oben habe ich bei Besprechung derselben darauf hingewiesen, dass das Ektoderm, welches zunächst zwei Polypideinstülpungen gemeinsam umschließt, sich später zwischen denselben durch eine immer tiefer werdende Furche einschnürt, bis jedes Polypid von einer eigenen Leibeshöhle umgeben erscheint. Solche Furchen erstrecken sich nicht nur von den äußersten Spitzen nach unten, sondern sie können auch unterhalb des Polypids auftreten und schräg nach oben zu wachsen, um sich mit den ersteren zu verbinden. 584 Oswald Seeliger, In solchen Fällen habe ich ausnahmsweise noch junge Polypide, bei welchen die Sonderung in Atrialraum und Verdauungskanal noch nicht vollzogen war, fast vollständig mit einer eigenen Leibeswand umgeben angetroffen. Wenn aber die trennenden Furchen spät auftreten und nur langsam vorschreiten, findet man zuweilen zwischen den ungleich entwickelten Polypiden, die in der nämlichen Leibeshöhle liegen, einen verbindenden Mesenchymstrang ausgespannt. Durch die vorschrei- tende Furche wird er später durchschnitten. In Fig. 11 ist ein Querschnitt durch eine Knospe abgebildet, die sich durch eine Furche von unten her frühzeitig abgeschnürt hat. Man kann auf dem Schnitte den Blastoporus noch deutlich erkennen, trotz- dem das Polypid bereits eine bedeutende Größe erreicht hat. Es stellt einen durchaus einschichtigen, seitlich stark zusammengedrückten Sack dar; die Grenzen der Cylinderzellen sind nicht überall nachweisbar. Allseitig umgeben ist es von einem ebenfalls einschichtigen Mesoderm- epithel, das sich an der Basis der Polypideinstülpung zu einem die Leibeshöhle durchsetzenden Strange auszieht, welcher die Anlage des Funiculargewebes darstellt, und schon in jüngeren Stadien erkennbar ist. Geschlechtszellen konnte ich in ihm nicht auffinden. Auch an an- deren Stellen der Leibeshöhle, namentlich im obersten Theile, wo später zwei neue Polypide sich bilden werden, liegen einzelne oder zu Gruppen vereinigte Mesenchymzellen. Einem erheblich älteren Stadium entstammen die Fig. 12—15, welche den vierten, siebenten, neunten und elften Schnitt einer Serie darstellen. Fig. 42 ist durch das obere Ende des Polypids geführt und zeigt dessen Verbindungsstrang mit dem Ektoderm. Auf der Breitseite des Polypids sieht man wellenförmige Erhebungen, in welche Fortsätze der äußeren Mesenchymschicht hineinwachsen. Es sind das die An- lagen der Tentakel. Die Anordnung derselben und das weitere Wachs- thum ist von verschiedenen Seiten bereits zutreffend geschildert wor- den. Wie Nıtsche bei Flustra, sah auch ich fast vollkommen gleichzeitig sämmtliche Tentakel sich bilden. Bei geeigneter Orientirung sieht man in nur wenig älteren Knospen (Fig. 3) alle Tentakel gleich lang. Bei anderen Arten (vgl. die Angaben von SMITT, CLAPAREDE, EHLERS) ent- stehen die Tentakel nach einander von einem Ende aus. Fig. 13 zeigt den basalen Theil des Polypids von dem vorderen abgesetzt; es ist das die Andeutung der Zweitheilung in Atrium und Verdauungstractus. Im Atrialtheil findet man die wellenförmigen Er- hebungen wieder, die die Tentakelanlagen darstellen. Der Verdauungs- : Kanal steht an dieser Stelle mit jenem in Verbindung und ist von einem Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 585 feinen Endothel umgeben, das sich in die mächtigere Mesodermscheide des Atriums fortsetzt. In Fig. 14 findet man Atrium und Verdauungskanal ganz geschie- den und eine Falte der Mesodermscheide im Begriffe, sich zwischen beide Theile hineinzuschieben. Im Atrium sieht man abermals Ten- takelanlagen. Das Lumen des Darmes erscheint von dreikantiger Ge- stalt. In Fig. 15 endlich sieht man eine zweite Verbindung zwischen Atrium und Verdauungskanal; sie entspricht dem späteren Ösophagus des Thieres. Das eben beschriebene Stadium entspricht genau demjenigen, in welchem Hıppon und JoLıer den Darmkanal ohne jegliche Verbindung mit dem Atrium darstellen und aus welchem sie auf einen gesonderten Ursprung des Darmes schließen. Vollständige Schnittserien haben uns aber von dem Gegentheile überzeugt, und auch auf späteren Stadien werden dieselben uns lehren, dass eine ösophageale Verbindung zwi- schen Atrium und Darm besteht. Es geht aus dieser Darstellung hervor, dass die Sonderung in Atrium und Verdauungskanal in der Weise erfolgt, dass der ganze Basaltheil des Polypids sich in der Mittelpartie durch zwei immer tiefer werdende Furchen von dem vorderen abschnürt, während er an zwei Stellen, einer oberen und einer unteren, mit ihm in Verbindung bleibt. Die obere Verbindung entspricht dem Anus, die untere dem Mund. Ein ganz ähnliches Stadium beschreibt Nırsche für Flustra, Euters für Hypophorella. Danach bestünde bezüglich der Entstehung des Darmkanals ein nicht unwichtiger Gegensatz zu den Entoprokten. Bei diesen entwickelt sich zwar ebenfalls der Darm aus dem Basalabschnitt des Polypids, steht aber zunächst nur durch die spätere Mundöffnung mit dem Atrium in Verbindung, während die Analöffnung erst später durchbricht. Noch eigenartiger würden sich allerdings die Phylactolaemen verhalten, bei welchen auch nach den letzten Mittheilungen Braznu’s (Zool. Anz. Nr. 324, 1889) der Darmkanal durch Ausstülpung des Polypids von der Stelle aus entstehen soll, welche dem Anus entspricht. Es scheint mir aber nicht ganz ausgeschlossen zu sein, dass vielleicht dennoch die Verhält- nisse so liegen, wie ich sie für Bugula beschrieben habe, und dass die orale Verbindung, welche auch bei den Gymnolaematen vielfach über- sehen worden ist, sich wird nachweisen lassen. Ich möchte an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass die Vor- gänge bei der Umbildung des einheitlichen Polypids in Darm und Atrium der Knospen die Frage nicht zur Entscheidung bringen können, wohin 986 Oswald Seeliger, wir die Grenzen zwischen Ektoderm und Entoderm verlegen sollen. Es ist bekannt, dass die einen den gesammten Atrialtheil mit den Ten- takeln ohne Weiteres als entodermal in Anspruch nehmen, während die anderen, insbesondere nach dem Vorgange Harscuzr’s, alle diese Gebilde dem Ektoderm zurechnen und nur den mittleren Theil des Verdauungstractus als entodermal betrachten. In den Knospen sehen wir stets Atrium und Darm aus einer gemeinsamen einheitlichen An- lage sich entwickeln. Auch in histologischer Beziehung ist anfänglich ein Unterschied nicht nachweisbar; beide Abschnitte verhalten sich gleichartig und verschieden zu den Ektodermzellen der Leibeswand der Knospe. Danach würden allerdings die Vorgänge bei der Knospung eher die erstere Auffassung stützen. Wie ich aber bereits erörtert habe, sind überall die ursprünglichen Erscheinungen in der unge- schlechtlichen Vermehrung so verwischt und cenogenetisch verändert, dass sie auf die phylogenetischen nur schwer einen Schluss ziehen lassen. Daher müssen denn die Vorgänge der embryonalen Ent- wicklung für die Entscheidung in dieser Frage maßgebend sein. Bei den Entoprokten können sie aber nur so gedeutet werden, dass man das gesammte Atrium als ektodermal betrachtet. Das zuletzt beschriebene Stadium hat aber noch in anderer Be- ziehung Bedeutung, worauf bereits Nırscue hingewiesen hat. Es gleicht nämlich in den wesentlichen Zügen ganz einer ausgebildeten entoprok- ten Bryozoe. Der After mündet in der Medianebene der Knospe zwi- schen den beiden obersten Tentakelanlagen in den Atrialraum ein und rückt erst später, wenn sich die Tentakel verlängert haben, mit der sich ausbildenden Tentakelscheide weiter von der Tentakelbasis ab. Dieser Vorgang ist von NirscH£ sehr gut beschrieben worden. Dazu kommt sehr bald, wie in Fig. 3 zu sehen ist, an der Basis des Atriums zwischen Mund und After ein Querwulst, den man wohl mit Recht dem Aııman’schen Epistom der Entoprokten wird vergleichen dürfen. Einen Querschnitt durch ein älteres Stadium, das dem in Fig. 3 in seitlicher Ansicht gezeichneten sehr ähnlich ist, sieht man in Fig. 16 abgebildet. Atrium und Darmkanal erscheinen hier gänzlich getrennt, und die vorhin schon angedeutete Falte im Mesoderm hat sich jeder- seits stärker ausgebildet und zwischen die beiden Polypidtheile hin- eingeschoben. Verfolgt man aber die ganze Schnittserie, so trifft man stets die Einmündungsstelle des Darmes in das Atrium, die allerdings recht fein geworden ist. Ist die Schnittrichtung geeignet gewählt wor- den, dann erhält man den Zusammenhang sehr deutlich in der Weise zu sehen, wie er in Fig. 18 gezeichnet ist. Wichtiger sind die Veränderungen im Atrialabschnitt, in welchem Bemerkungen zur Knospenentwieklung der Bryozoen. 587 namentlich die Tentakelbildung vorgeschritten ist. Zu einem weiteren Wachsthum der oben beschriebenen Tentakelanlagen in das Atrium- lumen hinein ist bei dessen seitlich zusammengedrückter Gestalt kein Raum. Die Flächenvergrößerung dieser Region äußert sich denn in der Weise, dass sich der gesammte proximale Theil des Atriums, welcher der Leibeswand anliegt und früher die Verbindung mit der- selben hergestellt hatte, kragenförmig nach rechts und links hin über die Tentakelanlagen und die Mesodermschicht hinweglegt. So rücken die Tentakelwurzeln weiter nach dem basalen Theil des Atriums zu, und die Tentakel selbst erscheinen verlängert. Eine nothwendige Folge dieses Wachsthums ist es auch, dass der mediane Verschluss des Atriums nunmehr durch ein immer feiner werdendes Epithel bewirkt wird, welches von Nırscne übersehen wurde, da er die Polypide in der Medianebene oflen beschreibt. Wenn das Epithel später ganz fein ge- worden ist, fand ich es auf einer großen Zahl von Schnitten eingerissen, trotzdem ich bei der Einbettung in Paraffin, der ich diese Defekte zu- schreiben muss, mit großer Sorgfalt verfuhr. Diese mediane äußere Wand des Atriums, welche von der rechten und linken Seite von den Tentakelbasen ausgeht und sich über die Tentakel hinzieht, stellt die Tentakelscheide dar (is in Fig. 16 und 19). Sie inserirt sich durch den oben erwähnten Verbindungsstrang, der ja in direkter Fortsetzung ihren proximalen Theil darstellt, an der Leibes- wand der Knospe. Auch in diesem sieht man später eine Höhlung auf- treten, durch welche das Atriallumen mit der Außenwelt in Verbin- dung gesetzt wird. Vermuthlich hatte das Schwinden des Lumens in dem Verbindungsstrang auf den Zwischenstadien nur in einer Verkle- bung der Wände seine Ursache. Es kann danach keinem Zweifel unterliegen, dass die Tentakel- scheide ektodermalen Ursprungs ist und aus den dem ursprünglichen Blastoporus benachbarten Polypidwänden hervorgeht. Nicht unmöglich ist es, dass auch auf späteren Stadien noch vom Ektoderm her eine nachträgliche Einstülpung erfolgt, welche dann die oberste Zone der Tentakelscheide bilden würde. Ich stimme also bezüglich der Herlei- tung der Scheide mit Crarartpe überein und kann Nırscnae’s Angaben nicht bestätigen, nach welchen sie aus der Außenschicht des zwei- blätterigen Polypids, dem Mesoderm, entstehen soll. Das Mesoderm erscheint auf allen gelungenen Schnitten von der Tentakelscheide scharf abgesetzt; dagegen sieht man diese ganz deutlich in die Atrial- _ wandungen sich fortsetzen. ? Enzers hat die Bildung der Tentakelscheide bei Hypophorella aus- führlich beschrieben und giebt ganz richtig an, dass dieselbe aus dem 588 Oswald Seeliger, ektodermalen Verbindungsstrang zwischen der inneren Knospenschicht und der Leibeswand hervorgeht. Auch er sah in jungen Stadien diesen Strang solid. Dagegen kann ich seiner Auffassung nicht beipflichten, dass auch die in das Innere der Tentakelhöhlen wuchernden Zellen ektodermal seien und sich als eine Fortsetzung der Tentakelscheide darstellten. Die Tentakelscheide setzt sich vielmehr, wie sich aus ihrer von mir gegebenen Genese erklärt, auf das äußere Epithel der Ten- takel fort, während die innere Tentakelschicht dem Mesoderm ent- stammt. In Fig. 17 habe ich einen etwas schräg ausgefallenen Querschnitt durch das nach oben gekehrte Ende einer Fig. 3 entsprechenden Knospe gezeichnet. Die Tentakelscheide stellt fast durchwegs ein Plattenepithel dar. In der Medianebene sieht man auf der rechten Seite der Abbil- dung eine durch etwas dickere Zellen ausgezeichnete Stelle. Dicht unter dieser mündet der Hinterdarm. Die untere Seite der Figur zeigt die drei analen Tentakel der einen Seite im Querschnitte getroffen, und man erkennt, dass die eingewucherten Mesodermzellen in der Achse einen Spaltraum freilassen. Die drei Tentakel der anderen Seite sind schräg durchschnitten. Es zeigt sich, dass die in die Ten- takel einwuchernden Mesodermzellen an der Basis von einem gemein- samen Gewebe ausgehen. Dasselbe setzt sich, wie schon für jüngere Stadien beschrieben wurde, als ein feiner Überzug von Plattenzellen auf den Verdauungskanal fort. In Fig. 3 sieht man das Endothel an der Krümmungsstelle des Darmes, welche dem Ende des späteren Blind- sackes entspricht, in das Funiculargewebe übergehen. Einen Querschnitt endlich durch eine noch weiter entwickelte Knospe, mit deren Beschreibung ich die Darstellung schließen will, zeigt Fig. 19. Derselbe stammt aus der ösophagealen Region, dicht vor der Einmündung des Verdauungskanales in das Atrium. In der Zeich- nung sieht man beide Theile verbunden durch das äußerste Ende des Verbindungsganges, in welchem noch nicht die Kerne liegen. Diese und die vollständige Verbindung trifft man erst auf dem folgenden Schnitt. Die Tentakel sind viel länger als auf dem vorhergehenden Stadium und zeigen den zweischichtigen Bau. Die Tentakelscheide, die in Folge der Behandlungsweise eingerissen ist, stellt ein feines Platten- epithel dar. Bemerkenswerth ist die Ausbildung eines mesodermalen Ringkanales, den ich auf diesem Stadium allerdings nicht vollständig geschlossen fand, an der Tentakelbasis. Von diesem geht das mesoder- male Plattenepithel aus, welches als peritonealer Überzug den Ver- dauungskanal und den sich zum Schlundkopf umgestaltenden Basaltheil des ursprünglichen Atriums umspinnt. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 589 Wie schon die früheren Autoren, namentlich Hanvon deutlich aus. einander gesetzt haben, beginnt auf noch früheren Stadien eine Drehung der ganzen Polypidanlage, die füglich 90° beträgt. In Taf. XXVI sind die Zeichnungen sämmtlich in der Weise angeordnet, die der Lage der Knospen am Stocke entspricht. Bei Vergleichung der Fig. 3 mit Fig. 1 und 2 ersieht man, dass die Ebene, welche durch die Tentakelbasen der Knospe in Fig. 3 gelegt wird, in der Längsrichtung des gesammten Stockes liegt. Senkrecht zu dieser sind sämmtliche Schnitte Fig. 5—19 geführt worden. Die ausgebildeten Polypide sieht man aber in Fig. | und 2 so gelagert, dass nunmehr ihre Tentakeln in der Längsrichtung ihrer Zooecien liegen, da sie sich um einen rechten Winkel gedreht haben. Während dieser Drehung ist auch die Anordnungsweise der Tentakel eine andere geworden: die bilaterale hufeisenförmige ist zu einer vollkommen geschlossenen, Kreisförmigen geworden. Während dieser letzten Entwicklungsperiode beginnt die Diffe- renzirung der verschiedenen, das Polypid bewegenden Muskelzüge aus den Mesenchymzellen. Die Untersuchung dieser Frage sowie die Ent- stehung des Nervensystems und der Geschlechtsapparate lagen außer dem Bereiche meiner Aufgabe, und ich muss auf die diesbezüglichen Angaben der älteren Autoren, die allerdings zum Theil noch recht lückenhaft und widerspruchsvoll sind, verweisen. Nach der eben gegebenen Beschreibung verläuft der Knospungs- vorgang der Ektoprokten in einer sehr einfachen Weise. Zwei Keim- hlätter des Mutterthieres sind es, das Ektoderm und das Mesoderm, welche die Knospe aufbauen. Aus dem äußeren Blatt bildet sich die Leibeswand der Knospe, und durch eine gastrulaähnliche Einstülpung, wie in der Embryonalentwicklung aus der Blastula, das Polypid. Dieses verwandelt sich in Atrium resp. Tentakelscheide, in die äußeren Ten- takelwandungen sowie den Verdauungstractus mit allen seinen Theilen. Der basale Abschnitt der Einstülpung schnürt sich nämlich von dem proximalen ab. Nur an zwei Stellen bleibt eine Verbindung bestehen. Diese beiden Stellen sind der spätere Mund und After. Während der Basaltheil sich in die einzelnen Abschnitte des Darmes gliedert, er- heben sich im vorderen die Tentakel. Ihre Anordnung ist anfänglich eine bilaterale: sie stehen in Form eines Hufeisens angeordnet; erst weit später erlangen sie die geschlossene kreisförmige Stellung. Die Wandungen des vorderen, als Atrium bezeichneten Polypidabschnittes gehen nicht vollständig in die Bildung der Tentakelbekleidung auf, son- dern es bilden sich aus ihnen noch die Tentakelscheide, und aus dem 990 Oswald Seeliger, Basaltheil der als Schlundkopf bezeichnete vorderste Theil des Darm- abschnittes. Das Mesoderm des Mutterthieres ordnet sich zum Theil um die Polypideinstülpung herum zu einem einschichtigen Epithel, während andere Mensenchymzellen zerstreut in der primären Leibeshöhle liegen bleiben. Aus dem mesodermalen Epithel entstehen das die Tentakel- höhlungen erfüllende Gewebe und das feine Plattenepithel, welches als peritonealer Überzug den Darmkanal bis zur Tentakelbasis umgiebt. Das Schicksal der freien Mesodermzellen habe ich nicht verfolgt. Aus ihnen dürften sich die verschiedenen, die Leibeshöhle durchsetzenden Muskelzüge und die Geschlechtsorgane bilden. III. Allgemeine Bemerkungen. Nach den vorstehenden Ausführungen wird man an der vollkom- menen Gleichartigkeit der Knospungsvorgänge bei ektoprokten und ento- prokten Bryozoen nicht zweifeln können. Der einzige wichtige Unter- schied liegt in dem Verhalten des mittleren Blattes, das aber durch die Verschiedenheiten im fertigen Bau bedingt ist. Bei den Entoprokten sehen wir einzelne Mesenchymzellen in die primäre Leibeshöhle der Knospe übertreten, sich theilen und zeitlebens mehr oder minder in Form eines ausgeprägten Bindegewebes verharren, ohne sich jemals zu epithelialen Blättern anzuordnen, wenn man von dem etwa auftreten- den endothelialen Überzug der Geschlechtsdrüsen absieht. Bei den Gymnolaematen unter den Ektoprokten besitzt der Darm- kanal im ausgebildeten Zustande einen mesodermalen Epithelüberzug, während eine ähnliche, wenigstens vollständig geschlossene Schicht an der Leibeswand wohl stets fehlt. Im Übrigen ist die Leibeshöhle wie bei den Entoprokten von Bindegewebe und anderen mesodermalen Organen durchsetzt. Nur beiläufig will ich bemerken, dass die großen Muskelzüge, welche dem Mesenchym entstammen, in histologischer Beziehung durchaus den Charakter tragen, den die Gebrüder HErTwIG in ihrer Coelomtheorie der Mesoblastmuskulatur zuschreiben. Jenen Endothelüberzug des Darmes sehen wir in den Knospen außerordent- lich frühzeitig aus Mesenchymzellen sich bilden, so dass das noch ein- heitliche Polypid von einer epithelialen Außenschicht umgeben ist, die den Knospen der Entoprokten fehlt. Bei den Phylactolaemen ist bekanntlich außer der den Darm um- gebenden epithelialen Mesodermschicht noch eine dem Ektoderm an- liegende vorhanden, so dass die Leibeshöhle von keinem der beiden primären Keimblätter (Ektoderm und Entoderm) mehr begrenzt und in rein anatomischer Beziehung einem Enterocoel ähnlich wird. Diese Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen, 591 einem Hautfaserblatt ähnliche Schicht findet sich naturgemäß auch von allem Anfange an unter dem Ektoderm der jungen Knospe. Die Poly- pideinstülpung des Ektoderms treibt dann einen mesodermalen Überzug vor sich her, der genau die gleiche Bedeutung hat wie die das Polypid der Gymnolaematen umgebende Mesodermschicht. Bezüglich des Charakters des Mesoderms im fertigen Thiere zeigen die drei Gruppen der Bryozoen eine kontinuirliche Reihe: Bei den Entoprokten lagert in der primären Leibeshöhle ein bindegewebsartiges Mesenchym; bei den Gymnolaematen tritt dazu ein den Darm um- gebender endothelialer Überzug; bei den Phylactolaemen endlich liegt auch dem Ektoderm ein Mesodermepithel an. Bei der Beurtheilung der phylogenetischen Beziehungen innerhalb des Bryozoenstammes lässt sich natürlich von vorn herein ein doppelter Weg einschlagen. Man kann einmal die Reihe als eine aufsteigende auffassen und die Entoprokten an die Wurzel der Bryozoen stellen, so- dann aber auch umgekehrt diese letzteren als die am meisten rückge- bildeten Formen ansehen und den Bryozoenstamm von phylactolaemen- ähnlichen, aber mit echter enterocoeler Leibeshöhle ausgestatteten Formen ableiten. Diese letztere Auffassung wird bekanntlich von einer - Anzahl namentlich englischer Forscher vertreten, welche die phylacto- laemen Bryozoen an Phoronis, und durch diese an echte Enterocoelier anschließen. Obwohl ich die Bedeutung der Thatsachen in der Knospenent- wicklung für die Beurtheilung phylogenetischer Fragen nicht über- schätze, meine ich doch, dass diese nicht ganz außer Acht gelassen werden dürfen. Da haben wir aber die jungen Knospen der Ektoprok- ten vollständig nach dem Typus der Entoprokten gebaut gefunden. Mund und After münden in einen durchaus einheitlichen gemeinsamen Raum ein, das Atrium. Erst später ändert sich das Verhältnis in der oben erwähnten Weise, wenn die Ausbildung der Tentakel vor- schreitet und die Tentakelscheide aus dem vordersten Atrialtheil sich - bildet. Die Anordnung der Tentakel ist zunächst ebenfalls in beiden - Gruppen die nämliche bilaterale; sie sprossen an jeder Längswand des seitlich zusammengedrückten Atriums. Die Knospen der Gymnolaema- ten unterscheiden sich auf diesen frühen Stadien von den Entoprokten nur dadurch, dass ein Theil des Mesenchynms bereits zu einem darm- faserblattähnlichen Epithel um das Polypid angeordnet ist. Die Beurtheilung der verwandtschaftlichen Fragen wird wesent- lich erschwert durch den Umstand, dass die vergleichend entwick- lungsgeschichtlichen Thatsachen vorläufig keinen sicheren Schluss in - der einen oder anderen Richtung zulassen. Aus den widerspruchsvollen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. L. Bd. 39 592 Oswald Seeliger, Angaben über die Entwicklungsvorgänge der Ektoprokten lässt sich entnehmen, dass, wie ich oben schon erwähnt habe, die Eingeweide der Larve nach deren Festsetzung mit dem oralen Pole zu einem braunen Körper rückgebildet werden. Das Polypid des Primärzooeeiums des Stockes bildet sich durch Regeneration vom Ektoderm aus, sowie dies später in den Thieren alter Stöcke stattfindet, deren erste Polypide sich rückgebildet haben. Der primäre Darmkanal erlangt in der Larve nie- mals die endgültige Ausbildung wie in den Knospen, sondern beginnt sich manchmal schon auf sehr früher Ausbildungsstufe zurückzubilden. Die Stelle, von welcher aus im ersten aus der Larve entstandenen Thiere die Neubildung des Polypids erfolgt, ist nicht die nämliche, an welcher in der Embryonalentwicklung die Gastrula sich einstülpte, sondern liegt dieser, wie es scheint, nahezu gegenüber. Somit ist die Lage der einzelnen Polypidabschnitte im ausgebildeten Primärzooecium eine ganz andere geworden als sie in der Larve war. Bemerkenswerth ist, dass wir auch bei der Knospung der Polypide eine Drehung aller- dings nur um einen rechten Winkel erkennen konnten, welche ich aber durchaus nicht auf die eben erwähnten Verhältnisse zurück- führen will. Daraus ergeben sich nothwendigerweise erhebliche Schwierig- keiten für die Versuche, die vergleichend anatomischen Befunde am ausgebildeten Bryozoenthier und die Larvenformen gleichzeitig in Über- einstimmung zu bringen mit den anatomischen und entwicklungsge- schichtlichen Verhältnissen in anderen Thierstämmen. Die ausgebil- deten Thiere der ektoprokten Bryozoen sind sämmtlich durch Knospung entstanden, und im Primärzooecium ist das Polypid ein regenerirtes. Etwas anders liegen die Verhältnisse bei den Entoprokten. Die Larven derselben weisen denselben Bautypus auf wie die der Ekto- prokten. Verschiedenheiten sind natürlich vorhanden, aber ich kann dieselben für nicht so weitgehend erachten, darauf hin etwa eine ge- netische einheitliche Beziehung zwischen den beiden Bryozoengruppen in Abrede zu stellen. Meiner Meinung nach sind die Unterschiede der Larven in anderen fraglos einheitlichen Thiertypen, so z. B. unter den Echinodermen, größer als bei den Bryozoen. Unter den Entoprokten kennen wir die Entwicklungsgeschichte der Pedicellina recht vollstän- dig. Wo Harscuer’s Untersuchungen abbrechen, setzen Barroıs’ und Harmer’s Beobachtungen über die Metamorphose der Larve ein. Daraus wissen wir, dass der Darmkanal der Larve nicht rückgebildet, sondern nach einer Drehung um 180° zum Verdauungsabschnitt des Primär- zooeciums des Stockes wird. Somit sind auf anderem Wege im Pri- märthier dieselben Lagebeziehungen gewonnen wie bei den Ektoprokten. Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 593 Ich glaube, dass die oben geschilderten Vorgänge, welche bei diesen letzteren stattfinden, von den einfacheren der Entoprokten sich unge- ‚zwungener ableiten lassen als in umgekehrter Weise. Bezüglich der phyletischen Erklärung des Drehungsprocesses des Darmkanals in den festgesetzten Larven der Entoprokten glaube ich, dass Harmer’s! Auffassung vollkommen zutreffend ist. Wenn man da- nach die einfacher organisirten Entoprokten, speciell Loxosoma-ähn- liche Formen an die Wurzel des Bryozoenstammes setzt, so wird man die Metamorphose als eine selbständige Erwerbung in diesem letzteren auffassen und bei der Beurtheilung der Stammesverwandtschaft, wie schon vielfach geschehen, auf die Larvenform zurückgehen müssen. Eine eingehende Besprechung liegt mir hier fern. Ich möchte nur auf einen Gesichtspunkt hinweisen, in welchem ich durchaus mit Harmer übereinstimme, und welchen ich vertreten habe, bevor ich von Harmer’s Arbeit Kenntnis genommen hatte. Es handelt sich um die Beurtheilung des Larvenorgans (g in dem beigefügten Holzschnitt, der eine Pedicellinalarve halbschematisch dar- stellt), welches von Harscnek, BaL- FOUR und Craus als Knospe, von Har- MER als Gehirn gedeutet wird. Ich habe die Entwicklung dieses Organs bei Pedicellina echinata verfolgt und kann Harmer’s Angaben vollkommen bestätigen. Das Organ entsteht aus einer ektodermalen Zellplatte, welche sich in die Tiefe senkt und zu einem Gebilde umwandelt, dessen centra- ler Theil Punktsubstanz aufweist, dessen peripherer aus Ganglienzel- len besteht. Das bei Loxosoma im Organ auftretende Pigmentauge fehlt bei Pedicellina. Auf den Schnitten 4 Prüse (Schalendrüse?); F, fußförmiger Fort- satz, Epistom ; g, Ganglion; m, Magen; n, Kopf- macht das Organ durchaus densel- niere; oe, Ösophagus; w, Wimperkranz. ben Eindruck wie das noch unvoll- kommen ausgebildete Ganglion in den Knospen. Ich habe versucht, die Elemente, welche das Gehirn der Pedicellinalarve zusammensetzen, zu isoliren. Da aber meine Konservirungsmethoden nicht darauf berechnet waren, später Macerationspräparate zu gewinnen, habe ich beim Zer- zupfen und Zerklopfen der Gehirnschnitte die Ganglienzellen nur ‚ + HARMER, »On the life-history of Pedicellina«. Quart. Journ. Microsc. Scienc. Tom. XXVII. 41887. 39* 994 Oswald Seeliger, unvollständig lösen können. Der Kern der sehr kleinen Zellen war von wenig Plasma umgeben, welches sich spindelförmig nach zwei Enden, oder birnförmig nach einem auszog. Die feinsten Enden konnte ich nicht isoliren. Hält man einmal die so gewonnene Auffassung dieses Organs als Gehirn fest, dann ergeben sich noch, wie mir scheint, einige andere wichtige Deutungen von provisorischen Larvenorganen, wenn man die Bryozoenlarve mit der der Mollusken und der Trochosphaera der Anne- liden vergleicht. Entspricht also das Gehirn der Bryozoenlarve der Scheitelplatte der Trochosphaera der Anneliden, so fehlt dieser das Homologon für die Drüse (d) und den zwischen Mund und After ge- legenen Fortsatz (f). Die Drüse tritt in der Embryonalentwicklung der Bryozoen sehr frühzeitig auf und stellt ein verhältnismäßig umfang- reiches Organ dar; der Fortsatz entspricht der Lage nach dem Epistom mancher ausgebildeter Bryozoen. Die Molluskenlarve dagegen besitzt an den nämlichen Stellen zwei eigenthümliche Organe: die Schalen- drüse entspricht der larvalen Drüse der Bryozoen, und die Anlage des Fußes dem bewimperten Fortsatz zwischen Mund und After. Bekannt- lich sind schon vor langer Zeit von Ray Lankester als die Homologa des Fußes und der Schalendrüse der Mollusken das Epistom und die Kittdrüse der Bryozoen betrachtet worden, eine Auffassung, die später aber von ihm wieder aufgegeben wurde. Betrachtet man die hier verglichenen Larvenorgane als homolog, so muss man annehmen, dass von der Stelle aus, an welcher Mollusken und Anneliden sich von einander trennten, der Stammbaum der Bryo- zoen mit dem der Mollusken noch eine Strecke gemeinsam weiter lief und Schalendrüse und Fuß eine gemeinsame Erwerbung beider dar- stellen. Erst nach dieser erfolgte die Festsetzung der Bryozoenvor- fahrenform und ihre selbständige, von den Mollusken verschiedene Ausbildung. Eine Schwierigkeit, die bereits BaLrour hervorgehoben hat, liegt in der verschiedenen Lage des präoralen Wimperkranzes bei der Larve der Bryozoen und Mollusken. Bei den Molluskenlarven zieht der Wimperkranz auf der Rückenseite zwischen Schalendrüse und Schei- telplatte hindurch; bei den Bryozoen aber umgiebt er sowohl Gehirn wie Drüse. Er ist also auf der Dorsalseite über die Schalendrüse hin- weg auf das hintere Körperende gerückt. Ich kann eine derartige Verschiebung der Lage des Wimperkranzes durchaus nicht für so un- wahrscheinlich halten, dass ich desshalb die Beziehungen zwischen Mollusken- und Bryozoenlarven in Abrede stellen würde. Sehen wir doch bei den verschiedenen Larven der Ektoprokten die Lage des Pr” Bemerkungen zur Knospenentwieklung der Bryozoen. | 595 Wimperkranzes durchaus nicht vollständig konstant. Dazu kommt, dass in der Ontogenie der Pedicellina gerade der Dorsaltheil des Em- bryo zwischen Drüse und After viel stärker wächst als der Abschnitt zwischen Drüse und Mund, und es ist, wenn ähnliche Vorgänge phylo- genetisch stattgefunden haben, zu begreifen, dass sich der die Orts- veränderung vermittelnde Wimperkranz der Larve in einer anderen, der veränderten Schwerlinie entsprechenden Weise einstellt. Stellt man die entoprokten Bryozoen an die Wurzel des ganzen Stammes, so ist es am wahrscheinlichsten, dass auch die Knospungs- art, wie sie bei Loxosoma auftritt, die ursprünglichste ist. Die poly- morph gestalteten Stöcke der Gymnolaematen wird man leicht ver- stehen können, nachdem einmal ungeschlechtliche Vermehrung ein- getreten ist; und eben so wird man die eigenthümlich geformten, beweglichen Kolonien mancher Süßwasserbryozoen sekundär von einfacher organisirten ableiten. Über das phyletische Auftreten der Knospung bei Bryozoen könnte man verschiedene Vorstellungen haben. Die Vorgänge, die wir gegen- wärtig beobachten können, weisen wohl nicht darauf hin, dass die Regeneration der ursprünglichere Vorgang gewesen sei. Vielmehr scheint mir die letztere durch solche Eigenthümlichkeiten bedingt zu sein, welche bereits das Vorhandensein der Knospung voraussetzen. Der immer sich erneuernde Gastrulationsvorgang, der die Knospung bewirkt, weist darauf hin, dass zur Zeit der phyletischen Knospenent- stehung das Ektoderm noch vollkommen embryonalen Charakter ge- tragen haben musste. Bei allen anderen Thierstämmen sehen wir normalerweise einen ähnlichen Vorgang nur einmal auf dem Blastula- stadium oder einem diesem zu homologisirenden sich vollziehen. Nach- her erscheint die äußere Schicht des Keimes bereits so bestimmt differenzirt, dass derselbe Vorgang sich nicht mehr wiederholen kann. Danach scheint es mir nahe zu liegen, auch das phyletische Auftreten der Knospen in solche Embryonalstadien zu verlegen, so dass wir dazu gelangen würden, diese Knospungserscheinungen von solchen Vor- gängen abzuleiten, die man als embryonale Doppelbildungen! bezeich- nen könnte. Wir kennen bekanntlich solche bi- und polygastrale Formen durch For’s Beschreibung bei Echinodermen, wo sie anfänglich auf Befruchtung eines Eies durch zwei oder mehrere Spermatozoen 1 Ich will die eigenthümlichen »Larven« der Süßwasserbryozoen nicht als solche Doppelbildungen betrachten, so lange die bisher noch unzulänglichen Mit- theilungen über deren Embryonalentwicklung noch die Möglichkeit offen lassen, eine Rückbildung des ursprünglichen Darmes anzunehmen, und alle Polypide der »Larve« als regenerirte oder später geknospte anzusehen, 596 Oswald Seeliger, zurückgeführt wurden, eine Auffassung, die neuerdings in Zweifel ge- zogen wird. Ich werde an einem anderen Orte Gelegenheit finden, eine derartige abnorme Bildung auch für Crinoiden zu beschreiben. Bei den Bryozoen hat sich nun das Vermögen, an verschiedenen Stellen Gastrulaeinstülpungen zu bilden, erhalten als dauernde Eigen- thümlichkeit und auch auf spätere Stadien übertragen. Dass dies mit der gleichzeitig stattfindenden histologischen Sonderung des Ektoderms vereinbar ist, müssen wir als Thatsache hinnehmen, zu der die bis in ihre Extreme verfolgten Ansichten über polare Differenzirung der Eier, wie ich früher schon erwähnt habe, im Widerspruche stehen. Ich stelle mir vor, dass der mit zwei Gastrulaeinstülpungen ver- sehene Keim sich getheilt habe, und dass ein jedes mit drei Keimblät- tern versehenes Stück sich weiter entwickeln konnte. Es ist gar nicht nothwendig, dass Anfangs die beiden Gastrulaeinstülpungen an dem Keim vollkommen gleichzeitig auftraten. War dies der Fall, so müssen wir eine allmähliche Verschiebung der Ausbildungszeit der zweiten in spätere Stadien annehmen, womit die Ähnlichkeit zu den gegenwärti- gen Vorgängen bei der Knospung der niedersten Bryozoen immer voll- ständiger wird. Es scheint mir, dass eine derartige Annahme, welche das phyletische Auftreten einer Neubildung nicht in die ausgebildete Form, sondern in deren Entwicklungszeit hinein verlegt, nichts Ge- zwungenes an sich hat. Zum Schlusse möchte ich noch besonders darauf aufmerksam machen, dass die Vorgänge bei der Knospung der Bryozoen uns zeigen, wie histologisch sehr bestimmt differenzirte Gewebe einen ganz embryo- nalen Charakter wiedergewinnen können. Mehr noch als bei der nor- malen Knospung am freien Stockende ist dieses Vermögen bei der Regeneration der Polypide der Ektoprokten oder der Köpfchen der Pedicellinen ausgebildet. In diesen Fällen sehen wir ein plasmaarmes, äußerst feines Plattenepithel, das über sich eine mächtige Cuticula ausgeschieden hat, sich in kubische und cylindrische plasmareiche Zellen zurückverwandeln und durch eine Einstülpung ein neues Polypid bilden, in welchem schließlich die mannigfachsten Gewebsformen ver- treten sind. Es ist zur Genüge bekannt, dass WEısmann, um die in ge- wissem Sinne ähnlichen Vorgänge in der Embryonalentwicklung zu verstehen, die Nothwendigkeit der Entfernung des histogenen Plasmas, welches dem Ei einen bestimmten histologischen Charakter aufprägt, während der Reifungszeit des Eies voraussetzt. Von einem derartigen Vorgange sehen wir in der Knospung nichts. Bei der Tunicatenknospung fällt die histologische Umbildungs- fähigkeit des Entodermfortsatzes auf. Derselbe ist ein bestimmt diffe- iv Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen. 597 renzirter Abschnitt, der früher oder später aus dem Kiemendarme ausschließlich der Knospung wegen hervorwächst. Später sehen wir ihn genau die gleichen Organe, und in manchen Fällen sogar mehr bilden, als in der Embryonalentwicklung aus dem Entoderm des drei- blätterigen Keimes hervorgehen. Er verwandelt sich also in ein em- bryonales Stadium zurück. Nach Weısmann’s Auffassung müsste man nun annehmen, dass dies nur dann möglich sei, wenn das histogene Plasma, welches im Anfangsstadium die bestimmte histologische Be- schaffenheit des Entodermfortsatzes bedingt hat, entfernt worden sei. In der Reifungszeit der Eier geschieht dies seiner Meinung nach durch die ungleichmäßigen Zelltheilungen oder Knospungen der Richtungs- körperchen. Auch die Zellen des Entodermfortsatzes theilen und ver- mehren sich; aber alle Theilprodukte bleiben im epithelialen Verbande vereinigt, um den Entodermkanal der Knospe zu bilden. Wollte man also Weismann’s Ansichten über die Ausstoßung des ovogenen Plasmas hier festhalten, so müsste man zwischen den auf embryonale Stadien zurückgekehrten Zellen des Entodermfortsatzes solche annehmen, welche das histogene Plasma desselben enthalten. Die Beobachtungen rechtfer- tigen eine derartige Annahme durchaus nicht. Ganz ähnlich liegen in der Bryozoenknospung die Verhältnisse bezüglich des Ektodermepithels, welches sogar auf noch frühere em- bryonale Stadien zurückkehrt, auf das Blastulastadium nämlich, um den Gastrulationsvorgang zu wiederholen. Ich habe in diesem und in einem früheren Aufsatze ausführlich beschrieben, wie die Polypidein- stülpung aus der histologisch bestimmt differenzirten Leibeswand des Mutterthieres erfolgt. Ich habe bei der Untersuchung den eben er- wähnten Gesichtspunkt wohl beachtet, aber nichts gefunden, was auf eine Entfernung von histogenem Plasma aus den Ektodermzellen schließen ließe, wodurch eben die Rückkehr auf embryonale Verhält- nisse ermöglicht würde. Berlin, Ende Mai 1890. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Abbildungen sind nach Präparaten mit der Camera lucida ge- zeichnet worden. Der Abstand des Asse’schen Spiegels vom Zeichentisch betrug 20 cm, die Vergrößerung, in so fern nicht besonders das Gegentheil angegeben ist, 540, Zeıss, Obj. F, Ocular II. Die Thiere wurden in einem Gemisch von Sublimat und Essigsäure konservirt, wenn nicht ausdrücklich eine andere Behandlungsweise angegeben ist. 598 Oswald Seeliger, Buchstabenbezeichnung: a, Atrium; md, Mitteldarm ; c, Cuticula; ms, Mesodermzellen; ec, Ektoderm; oe, Ösophagus;; f, Funikulargewebe; ov, Geschlechtsorgane; fd, Fußdrüse; p, Polypid, gemeinsame Anlage für fr, Muskelfibrillen ; Atrium, Verdauungstractus und Gan- g, Ganglion; glion; hd, Hinterdarm, Rectum; st, die Stelle im Ektoderm, an welcher i, Anlage des Verdauungskanales; sich die Knospe hervorwölbt resp. das k, mesodermaler Kanal an der Tentakel- Polypid einstülpt; basis; t, Tentakel; Ih, primäre Leibeshöhle; ts, Tentakelscheide. m, Magen; Tafel XXV. Sämmtliche Abbildungen beziehen sich auf Loxosoma singulare. Die Schnitte wurden, wenn nicht das Gegentheil angegeben, auf dem Objektträger mit Pikro- karmin gefärbt. Fig. 4. Ein ausgebildetes Thier von der linken Seite gesehen. Dasselbe trägt fünf Knospen, die auf sehr verschiedenen Ausbildungsstufen stehen. Boraxkarmin. Vergr. 95, Zeıss, B. II. Fig. 2. Eine Knospe, die der ältesten in der vorhergehenden Abbildung ähn- lich ist, bei stärkerer Vergrößerung. Sublimat-Essigsäure-Chromsäure, Alaunkar- min. Vergr. 445. Zeıss, GC. 11. Fig. 3. Querschnitt durch eine kürzlich losgelöste Knospe, an welcher äußer- lich noch keine Knospenerhebungen wahrzunehmen sind. Fig. 4. Ein folgender Schnitt der Serie weiter nach dem vorderen Ende des Thieres zu. : Nur die Knospungsregion der einen Seite ist durchschnitten. Fig. 5. Querschnitt durch eine etwas weiter entwickelte Knospenanlage an einem älteren Thiere. Fig. 6. Querschnitt durch das hinterste, mit dem Mutterthiere noch im Zusam- menhang stehende Ende einer älteren Knospe. Fig. 7. Ein folgender Schnitt derselben Serie. Fig. 8. Querschnitt durch die Mitte einer entwickelteren Knospe. Bildung der Fußdrüse. Sublimat-Essigsäure-Chromsäure, Alaunkarmin. Fig. 9. Querschnitt durch das Vorderende einer älteren Knospe. Sublimat- Essigsäure-Chromsäure, Alaunkarmin. Fig. 10. Schnitt derselben Serie; vier Schnitte weiter nach dem hinteren Ende zu. Region der Fußdrüse. Fig. 44. Querschnitt durch den oberen Theil eines ganz ausgebildeten Thieres, an welchem zur Ablösung reife Knospen hängen. Es ist auf der einen Seite das äußerste Ende der Knospungsregion durchschnitten, in welchem noch weiterhin ungeschlechtliche Vermehrung erfolgen wird. Vergr. 355, Zeıss, E. Il. Fig. 12. Schnitt derselben Serie; vier Schnitte weiter nach dem hinteren Ende zu. Zusammenhang einer jungen Knospe mit dem Mutterhiere. Tafel XXVI. Alle Abbildungen, mit Ausnahme von Fig. 4, beziehen sich auf Bugula avicu- laria. Fig. 4—4 sind Zeichnungen nach Totalpräparaten; alle anderen stellen N Bemerkungen zur Knospenentwicklung der Bryozoen, 599 Querschnitte dar. Sämmtliche Zeichnungen der Schnitte sind in gleicher Weise so angeordnet, dass die Medianebene der Knospe, der sie entnommen sind, senk- recht zur Zeichenebene, parallel zum oberen oder unteren Rande der Tafel ver- laufen würde. Die Thiere wurden in toto mit Boraxkarmin gefärbt; nachträglich fand auf dem Objektträger eine Färbung der Schnitte mit Hämatoxylin statt. Fig. 4. Ein junger Stock von vier Individuen; die beiden jüngsten (nur eines derselben ist bei der ‘gewählten Orientirung zu sehen) sind erst bläschenförmige Einstülpungen. Vergr. 95, Zeıss, B. Il. Fig. 2. Die Knospen bildende Spitze eines etwas älteren Stockes, welcher außer vier mit Tentakelapparaten versehenen Individuen vier Knospenanlagen besitzt. Dieselbe Vergrößerung. Fig. 3. Seitenansicht einer jungen Knospe, deren Polypid in Darm und Atrium gesondert ist. In letzterem erheben sich 44 Tentakelstummeln. Vergr. 355, Zeıss, BE Fig, 4. Eine junge Seitenknospe von Eucratea Lafontii. Fig. 5. Querschnitt durch den Beginn der Polypideinstülpung am äußersten Ende eines alten, in lebhaftem Wachsthum begriffenen Stockes. Fig. 6. Ein folgender Schnitt derselben Serie. Fig. 7. Ein weiter vorgeschrittenes Stadium der Einstülpung. Fig. 8. Querschnitt durch ein von der Leibeswand fast ganz abgeschnürtes Polypid. Fig. 9. Querschnitt durch die Einstülpungsstelle eines älteren Polypids als das in Fig. 7 abgebildete. Fig. 10. Ein folgender Schnitt der Serie, welcher das Polypid ganz abgeschlos- sen zeigt. Fig. 44. Querschnitt durch die Blastoporusstelle eines bedeutend tiefer einge- stülpten Polypids. Fig. 12, Querschnitt durch das obere, der Analregion des ausgebildeten Thie- res entsprechende Ende einer weiter entwickelten Knospe, deren Polypid sich in Atrium und Darm sondert. Im Atrium beginnen sich die Tentakeln zu bilden. Fig. 43. Drei Schnitte weiter nach dem ösophagealen Ende zu. Der Boden des Polypids zeigt den Beginn der Abschnürung zum Verdauungskanal. Fig. 14. Zwei weitere Schnitte nach unten zu. Das Polypid ist in Atrium und Darm geschieden. Fig. 15. Querschnitt durch die ösophageale Verbindung des Atriums und Darmes, Von der vorhergehenden Abbildung durch einen Zwischenschnitt getrennt. Fig. 16. Schnitt durch die Mitte einer nur wenig jüngeren Knospe als die in Fig, 3 abgebildete. Bildung der Tentakeln im Atrium und der Tentakelscheide. In dieser und in den nachfolgenden Abbildungen ist die ektodermale Leibeswand der Knospe nicht eingezeichnet, Fig, 47, Schnitt durch das äußerste Ende der Analregion einer nur wenig älte- ren Knospe wie die in Fig. 3 abgebildete. Der Schnitt trifft die beiden Körperhälften nicht genau in gleicher Höhe. Auf der einen Seite sind die drei Analtentakel in ihrer Mitte, auf der anderen an ihrer Basis durchschnitten. Fig. 18. Querschnitt durch die Verbindungsstelle von Atrium und Darmkanal aus derselben Schnittserie. Fig. 49. Schnitt durch eine ältere Knospe. Über drei unterirdische Gammariden. Von Dr. August Wrzesniowski, früheren o. ö. Professor der Zoologie an der kaiserlichen Universität zu Warschau. Mit Tafel XXVI—XRKI. Während meines Aufenthaltes in Zakopane (spr. Sakopane) am Nordabhange des Tatra-Gebirges im Jahre 1882 erhielt ich ein Exem- plar Niphargus, welches aus einem dortigen Kellerbrunnen stammte. Lange Zeit konnte ich mir keine weiteren Exemplare verschaffen, bis ich endlich nach langem vergeblichen Forschen in Folge Anwendung der Asper'schen Methode ! mein Ziel erreichte. Ich füllte nämlich auf- gefischten Bodensatz aus einem der dort in Kellern gegrabenen Brunnen in einen lose gewebten Musselinsack, spülte denselben in einem mit Wasser gefüllten Becken durch, seihte dann das getrübte Wasser durch ein dichtes Maschennetz. Alsbald fand ich in meinem Sacke größere, in dem Netze kleinere Exemplare vor. Die in Zakopane üblichen Schöpfbrunnen sind gewöhnlich kaum einen Meter tief, weil auf dem dortigen Felsengrunde nur eine geringe Erdschicht ruht; desshalb war es mir möglich aus besagten Brunnen mit einem gewöhnlichen Exkur- sionsnetze den erforderlichen Bodensatz herauszuheben. Diesen meinen Fund schriftlich zu verwerthen erleichterte mir erheblich die freundliche Beihilfe von Fachgenossen. So beehrte mich Professor Dr. Franz VEspovsky in Prag gefälligst mit der Zusendung zahlreicher Exemplare des daselbst aufgefundenen Brunnen-Niphargus und mehrerer bezüglicher litterarischer Quellen. Die kollegiale Zuvorkommenheit des Herrn Professor Dr. Henrı Branc in Lausanne und des Herrn Dr. ALEXANDER Strauch, Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg ermög- 1 Asper, Beiträge zur Kenntnis der Tiefseefauna der Schweizer Seen. in: Zool. Anzeiger. 3. Jahrg. 1880. Nr. 51. p. 130, Über drei unterirdische Gammariden. 601 lichte mir die Einsicht in verschiedene hier in Warschau nicht vorzu- findende Werke. Rev. Tu. R. R. Stessine beschenkte mich mit seinem für jeden Forscher auf diesem Gebiete entschieden unentbehrlichen, mit be- wunderungswürdiger Sachkenntnis und Erudition verfassten Werke über Amphipoden. Desshalb ergreife ich mit der größten Freude die Gelegenheit, diesen Herren für ihre thatsächlich erwiesene Beihilfe und Gunst hier meinen innigsten Dank auszusprechen. Vorliegende Abhandlung ist ursprünglich in polnischer!, und dar- auf als gedrängte, vorläufige Mittheilung in deutscher ? Sprache im Druck erschienen; ich erachte es jedoch für angemessen, meinen Fachgenossen einen vollständigen und ergänzten Text derselben zur Würdigung vor- zulegen. Um Missverständnissen vorzubeugen bemerke ich von vorn herein, dass ich mich der Spence Barr’schen Terminologie (55, p. 2 und 3) be- dient habe, zuweilen jedoch deutsche und andere Fachausdrücke pro- miscue angeführt habe, und zwar: Miorax a... —Bereion. Abdomen... 0... % 7 — Pleon. Baxillen.....% 4.27 See — Sjagonopoda des I. und 2. Paares. Meferfüße ...... „..0%.. — Siagonopodos 3. Greifhände. ........ — subcheliforme Füße. Epimerumr: 24.20. = .(00xa- Metatarsus ... . . user, —Propados. Schenke 82. r.2.... etanın — Basos. Schienbein —= Tibia. . . . = Meros. Handıas 4.6, 03802 1272185; — Propodos des Gnathopodos. Balmarı nennen — Acies. Klauen... — Dactylos. Thorakalfübe. . ........: ; — Gnathopoda + Pereiopoda. Abdominalfüße ...... — Pleopoda. Springbeine = Springfüße — Uropoda. Schwanzplatte....... — Telson. 1 O trzech kielzach podziemnych. De tribus Crustaceis Amphipodis subter- raneis. in: Pamietnik fizyjograficzny. Physiographische Denkschriften. Bd. Fur 3. Abtheilung. Warschau 1888. p. 221—330. Taf. VI-XVI. 2 Über drei unterirdische Amphipoden. in: Biol. Centralbl. Bd.X. Nr. 5 u. 6. Erlangen 4890. p. 4151—159. 602 August Wrzesniowski, Historische Vorbemerkungen. Betreffs Cancer pulex theilt Franz von PAuLA SCHRANK (4, p.535) unter Anderem mit: »Habitat in aquis, rivis, fontibus ; albissimus dum natat«. — Rev. Ta. R. R. STEB- Bing (437, p. 54) ist der Ansicht, dass die Worte »in rivis« den Schluss zu recht- fertigen scheinen, dass Schrank der Gammarus pulex bekannt gewesen wäre, während die Worte »in fontibus«, mit der Bemerkung »albissimus, dum natat« voraussetzen lassen, dass er es möglicherweise mit einem Brunnen-Amphipoden, und zwar dem Niphargus aquilex zu thun gehabt. In dem Werke von Schrank (1781) wäre somit die erste Erwähnung eines Niphargus gethan worden. W. E. Leacn (9, 55, p. 342, 346), A844, berichtet über einen im Londoner Brunnen gefundenen Gammariden, den er als Gammarus subterraneus bezeichnet hat. Über denselben finden wir nur folgende, höchst ungenügende Mittheilung (9, p. 84): »It differs from Gammarus pulex in having the upper process of the tail much longer. The colour, when alive, was cinerous, but so translucent, that the eyes could not be discovered.« Der Mangel der Augen thut zur Genüge dar, dass es kein eigentlicher Gammarus war; die ursprüngliche Vermuthung von A. Waırte (30), dass Gammarus subterraneus den jungen Gammarus pulex repräsentire, ist mithin hinfällig. Diesen Gammarus subterraneus näher zu determiniren gestatlet der Ab- gang hierzu unentbehrlicher Angaben nicht. Auch sprechen zu Gunsten der Ver- muthung Apanm Wuıte’s (45), SpEncE BAtE’s und J. OÖ. WeEstwoov’s (55, p. 316), Rev. Ta. R. R. Stessing’s (437, p. 84) und Anderer, derselbe sei möglicherweise mit Ni- phargus aquilex Schiödte oder Crangony& subterraneus S. Bate identisch, keine hinreichenden Gründe. In seine Bemerkungen über Gammarus pulex schaltet ZENkER (48, p. 47), 1832, den Satz ein: »Saepenumero satis singulari laborant leucomate, ubi oculi prorsus al- bent«. LeEvpıG (94, p. 245) vermuthet, gewiss mit Recht, ZENKER Sei in Thüringen auf den Niphargus puteanus gestoßen. PAuL GERvAIS (49, p. 427, A428), 4835, bemerkt beim Besprechen beider in der Gegend von Paris vorkommenden Gammarus-Arten: Gam. pulex und Gam. fluvia- tilis Roesel (dessen Name er unnöthigerweise mit dem Namen Gam. Roeseli ver- tauschte), dass in den dortigen Brunnen auch ein winziger Gammarus vorkomme, bei dem er keine Augen wahrzunehmen vermochte, und dessen Körper pigmentlos war. Er bezeichnete diesen letzteren als Gammarus minutus, später jedoch, 1859, führte er denselben ‚unter dem Namen Gammarus lacteus (49, p. 488) an und fügt die wenig belehrende Bemerkung hinzu, derselbe komme in Brunnen vor, C. L. Kocn lieferte, allem Anscheine nach ziemlich gleichzeitig mit GERVvAIs, eine Beschreibung und Abbildung des von ihm in den Brunnen von Regensburg entdeckten Gammarus puteanus n. s. (20, 5. Heft, Taf. II) und bildete einige Jahre später unter dieser Benennung einen Brunnenkrebs aus der Stadt Zweibrücken ab (20, 36. Heft, Taf. XXII). Doch erscheinen die Publikationsdaten beider uns inter- essirenden Hefte unsicher!, 1 Das 5. und 36, Heft sind ohne Publikationsdaten. Das 8. und 9. Heft sind am 9. Oktober 4836 gedruckt. Es ist somit wahrscheinlich, wie viele Carcinologen voraussetzen, dass das 5. Heft im Jahre 1835 erschienen ist. Das 34. Heft erschien im Jahre 1844, das 38. im Jahre 1844; Heft 36 ist somit zwischen diesen Jahren, möglicherweise im Jahre 4844 im Druck erschienen. Auch bildet Kocn’s Werk einen Theil des Werkes von GoTTL. Aus. Wıru. HERRICH-SCHÄFFER, Die Fortsetzung Über drei unterirdische Gammariden. 603 | H. MıLne-EpwArps (24, p. 47), 41840, charakterisirt auf folgende Weise eine neue Art Gammarus pungens aus den warmen Quellen des Berges Cassini in Italien: »le petit appendice terminal des dernieres fausses pates tout-a-fait, rudimentaire, et le grand appendice tres-poilu et a peine Epineus«. SPENCE BATE (54, p. 247, Anm.; 55, p. 314), sowie auch Rev. Tu. R. R. Stessine (1437, p. 253) sind augenscheinlich auf Grund.der Form des letzten Uropodenpaares der Meinung, dass derselbe eigentlich der Gattung Niphargus angehöre und somit als Niphargus pungens zu bezeichnen sei. In seinem Berichte über die Fauna der Höhlen von Krain und Istrien charak- terisirt ScHIöDTE (26), A847, einen neuen blinden, in der Höhle Postojna (Adelsberg), Predjama (Lueg) und in der Magdalenenhöhle entdeckten Gammarus stygius. Einige Jahre später (4854) beschreibt er diesen Krebs ausführlich, bildet denselben ab und stellt für denselben eine neue Gattung Niphargus auf (32, p. 26—28). Im Jahre 1855 beschreibt er (39) den aus einem Brunnen in Maidenhead in England stam- menden Niphargus aquilex. Von letzterem hat bereits Professor J. ©. WESTwooD (38) die Linnean Society in London im Jahre 4853 benachrichtigt, bezeichnete aber denselben unrichtig als Niphargus stygius Schiödte. ROBERT CaAspAry (27), 1849, untersuchte zahlreiche, verhältnismäßig kleine Exemplare eines in einem Brunnen in Elberfeld (bei Düsseldorf) vorgefundenen Niphargus, den er mit Niphargus puteanus Koch identificirt. Die Winzigkeit der Exemplare (4,5—5 oder 6 mm Länge) und der Mangel von Eiern in den Bruttaschen der Weibchen sprechen dafür, dass er es mit jungen Exemplaren zu thun gehabt. Caspary berücksichtigt auch die Bauweise der Mundbewaffnung, liefert aber eine unrichtige Abbildung des Maxillarpalpus. Er theilte auch einige Details über den Blutkreislauf des in Rede stehenden Krebses mit. A. Hosıus (29), 4850, untersuchte drei in der Gegend von Bonn heimische Gammariden, nämlich Gammarus pulex aus fließendem Wasser, Gammarus fluvia- tilis Rösel aus stagnirendem, und Gammarus puteanus Koch aus Brunnenwasser, und vergleicht in einer treffllichen Schilderung die Bauweise dieser Arten betreffs ihrer Maxillen, welche bei den beiden ersteren sehr ähnlich sind, bei letzterer Art aber einigermaßen abweichen. Zwei Abbildungen (Taf. I, Fig. 7 und 12) des Gam- marus puteanus sind von Hosıus der Arbeit von Caspary unter Beibehaltung des unrichtig abgebildeten Maxillarpalpus entnommen. A. Costa (36, p. 217—218, Taf. VI, Fig. 6), 4853, schildert unter Anderen zwei neue Arten: Gammarus longicaudatus aus fließendem Trinkwasser der Stadt Neapel, und Gammarus montanus der Lago del Matese in Italien. In der Folge sah er sich aber veranlasst (62) beide als Varietäten derselben Art anzusehen !, In einer anonymen Crustaceen-Beschreibung (42) befinden sich lateinisch ab- von Panzer insectorum Germanniae initia. Regensburg 41829—1844, Heft A44—A90, In demselben entspricht Heft 138 dem Hefte 5, das Heft 186 dem Hefte 36, der »Deutschlands Crustaceen, Myriapoden und Arachniden« von C. L. Kocn (137, p. 158, 459), Nach F. PLATEAU (66, p. 6, Anm.) wäre Heft 138 der »Fortsetzung von Panzer insectorum Germanniae initia«, im Jahre 4798 erschienen, also ein Jahr vor G. A. W. Herrıcn-ScHÄrrer’s Geburt. (Nach J. V, Carus ist dieser Forscher 1799 geboren und 4861 gestorben. \Vgl. Bibliotheca Zoologica. Leipzig 1864, Autoren- Register. p. 1960.) 1 Der »Catalogo dei Crostacei« von Rev. F. W. Hope (34) erwähnt beide Arten. Rev. Tu. R. R. STEBBINnG (437, p. 247) ist aber der Ansicht, dass, obwohl auf der Titel- seite dieses Werkes A. Costa’s Name fehlt, derselbe jedenfalls zur Verfassung des- selben wenigstens eben so viel beigetragen habe wie Rev. F, W. Hope, 604 August Wrzesniowski, gefasste Diagnosen des Genus Niphargus, sowie die des Niph. stygius und Niph. aquilex. A. DE LA VALETTE St. GEoRGE (44), 1857, liefert in seiner Inaugural-Dissertation einen sehr genauen Bericht über die äußeren und inneren Bauverhältnisse des Kölner und Münchener Brunnenkrebses, den er als Niphargus puteanus bezeichnete. Die vortrefflichen Abbildungen erhöhen bedeutend den Werth dieser ausgezeichne- ten Abhandlung. C. CHvzeEr (46, p. 4), 1858, meldet Törn’s Auffinden des Gammarus puteanus und Gam. fossarum Koch im Orczy-Garten zu Pest. In den Verzeichnissen der britischen Amphipoden führt SpEncE BATE (40, p.56; 44, p. 445), 4855 und 4857, den Gammarus subterraneus Leach an, den er jedoch nicht gesehen hat. Einige Jahre später charakterisirt dieser verdienstvolle Garci- nologe (47), 4859, zwei neue Niphargus-Arten: Niph. fontanus und Niph. kochianus. In seinem ausgezeichneten Kataloge der Amphipoden des British Museum (54, p. 174—478, Taf. XXXII, Fig. 4—4), 1862, beschreibt und bildet er Niph. stygius, Niph. fontanus, Niph. kochianus,: Niph. puteanus ab. Die Beschreibung des Niphar- gus puteanus, den er keine Gelegenheit hatte in Augenschein zu nehmen, basirt er auf Koca’s Schilderung und GUERIN-MENEVILLE’S Abbildung. In dem von SPENCE BATE gemeinschaftlich mit Professor J.O. WEstwoop publicirten Werke (55, p. 344 —325), 1863, sind folgende drei Arten beschrieben und abgebildet: Niphargus aquilex (der, wie die Verfasser erklären, in dem Kataloge unrichtig als Niph. ie bezeichnet ist), Niph. fontanus und Niph. kochianus. A. R. Hocan (50, 52), 4859 und 4860, bespricht die Lebensweise, Nakraie und den Aufenthaltsort der von SprEncE BATE aufgestellten Arten: Niphargus fontanus und Niph. kochianus, und theilt seine Beobachtungen der in der Gefangenschaft ge- haltenen Exemplare des Niph. aquilex mit. Vıcror SıLL (53), 4864, wiederholt nach Kocna die Charakteristik des Gammarus puteanus, ohne wesentlich Neues hinzuzufügen. Professor CAm. HELLER (60, p. 4 und 5), 1865, giebt in seinem Verzeichnisse der Süßwasser-Gammariden von Südeuropa, in dem er die von A. Costa beschriebenen Gammarus longicaudatus und Gam. montanus unerwähnt lässt, auch die Kennzeichen der Gattung Niphargus an, die bei ihm als Subgenus figurirt, und vereinigt mit dem Niph. puteanus sowohl den Niph. stygius Schiödte, als auch den Niph. aquilex desselben Forschers, ohne sein Verfahren zu rechtfertigen. Es ist unbegreiflich, wesshalb er die Aufstellung der letzteren Art Herrn SpEnce BATE zuschreibt. Ferner erklärt HeLLer, dass beim Niphargus die Augen rudimentär erscheinen, sagt aber auf der folgenden Seite derselben Arbeit, dass dem Niph. puteanus die Augen fehlten. Dem Niph. fontanus und Niph. kochianus widmet er eine höchst flüchtige Erwähnung. Bei Besprechung der Amphipoden des adriatischen Meeres charakterisirt der- selbe Verfasser (59, p. 35), 1866, die Unterabtheilungen der Gattung Gammarus im weitesten Sinne und unter Anderen die Untergattung Niphargus, theilt aber nicht mit, ob er dies auf Grund eigener oder fremder Beobachtungen thut. Prartz (64), 1867, charakterisirt eine neue Art des Gammarus Caspary aus einem Münchener Brunnen, und behauptet, dass beide Geschlechter von einander be- deutend abweichen. CZERNIAWSKI (TSCHERNIAWSKI) (65), 1868, liefert in einer umfangreichen Arbeitüber die Crustaceen des schwarzen Meeres und insbesondere des Busens von Jalta, eine Diagnose des Genus Niphargus und führt eine neue Art Niph. ponticus ein. Diese GERT Über drei unterirdische Gammariden. 605 Art mit wohl entwickelten Augen (oculi subovales sat magni) und bräunlichem Kör- per (color brunnescens) muss wegen der Beschaffenheit der Hände ihrer Gnathopo- ‘den des zweiten Paares und ihrer Uropoden des dritten Paares (Taf. VIII, Fig. 13 und 44) von der uns beschäftigenden Gattung geschieden werden. Das viergliede- rige Hauptflagellum der oberen Antennen und die geringe Körperlänge von 2,4 mm lassen voraussetzen, dass es sich hier um ein ganz junges Exemplar handelt. Der Aufenthaltsort dieses Krebses an einer seichten, 5 Fuß tiefen Stelle der Meeresküste lässt auch denselben um so weniger als Niphargus anerkennen. F. PLATEAU (66, p. 5—9, Taf. I, Fig. 4), 1868, widmet in seiner Arbeit über die Süßwasser-Crustaceen Belgiens dem Brunnenkrebse einige Seiten. Er berichtet, dass er zahlreiche Krebse in einem Brunnen des botanischen Gartens zu Gent vor- gefunden, und dass Professor BELLYNck Selbige auch in Namur entdeckt habe. Den Krebs von Gent zählt PrartEAu der Art Gammarus puteanus zu und will bei ihm dreieckige, pigmentlose Augen bemerkt haben. PrArEav erscheint so wenig mit den Arbeiten seiner Vorgänger vertraut, dass er selbst gesteht, nur die Kocn’schen Figuren aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts! zu kennen. Dieser vermeintliche Mangel an Abbildungen veranlasste ihn eine Figur des Abdomens eines Gentschen Exemplares zu publiciren, hat aber damit die Carcinologen durchaus zu keinem Dank verpflichtet, denn dieser Krebsbruchtheil gestattet keineswegs eine genaue Determination. Gustav Joseph (68, p. 48), 4868, berichtet über das Auffinden in den Grotten von Krain eines riesigen Niphargus orcinus, ließ aber die Gelehrtenwelt auf dessen Beschreibung bis 1882 warten. F. A. Forer, der höchst verdiente Forscher der Schweizer Seen, fischte im Genfersee einen Niphargus aus, bemerkt aber in seiner ersten Mittheilung darüber bloß (67), A869, dass er im genannten See in der Tiefe von 75 m einen Gammarus, und in einigen Kubikcentimeter des Bodensatzes, welche aus einer Tiefe von 300 m herausgeholt worden sind, einen Amphipoden aufgefunden habe. P. Couron (63, p. 524 und 525), 4867, theilte der naturwissenschaftlichen Ge- sellschaft zu Neuchätel die Beobachtung Professor P. Goper's eines kleinen, aus einem Brunnen derselben Stadt stammenden Krebses mit. Goper schildert den- selben als wenigstens zweimal größer als Gammarus flwviatilis und als vollständig blind, bespricht ferner die Unterschiedsmerkmale des letzteren und des Brunnen- krebses bezüglich der Gnathopoden, als auch der Uropoden des dritten Paares und fügt die Bemerkung hinzu, dass der in Rede stehende Brunnenkrebs, einige Ab- weichungen abgerechnet, mit der Kocn’schen Figur des Gammarus puteanus über- einstimme. Einige Jahre später, 1874, publicirte Goper (72, p. 153—155, Taf. I) eine flüchtige Charakteristik des Neuchäteler Krebses, dem er den Namen Gamma- rus puteanus beilegte und fügte eine wenig exakte Abbildung desselben bei. Unter dem Namen Gammarus puteanus charakterisirt 1873 Professor A. Frıe (77, p. 246, Fig. 95) den in vielen Brunnen Prags vorkommenden Niphargus, dessen Diagnose und Abbildung können jedoch einen nur geringen Werth beanspruchen; erstere ist zu dürftig, letztere stellt aber augenscheinlich eine nicht ganz genaue Kopie der Koc#’schen Figur dar (20, 36. Heft, Taf. XXIl). Der äußere Lappen des letzten Springbeines ist nämlich von Frıc als siebengliedrig abgebildet, während Koca denselben ganz richtig zweigliedrig darstellt. In einem kleinen See der Falkensteiner Höhle bei Urach in Württemberg, 1 Betrefis dieser Chronologie vgl. oben p. 602 Anm. 606 August Wrzesniowski, ungefähr 600 Fuß vom Eingange fischte R. WIEDERSHEIN (78, p. 209, 222), 4873, einen augenlosen Gammariden aus, und glaubt denselben auf gleiche Linie mit Gamma- rus puteanus aus den Brunnen von Tübingen stellen zu müssen. WIEDERSHEIM nimmt an, sein augenloser Gammarus stamme von außerhalb der Höhle lebenden, mit Augen versehenen Gammaris ab, und habe nach Übersiedelung in die Höhle mit der Zeit in Folge Nichtgebrauch sein Sehorgan eingebüßt. SIEGMUND Fries (85, p. 445 und 446), 4874, vermochte in derselben Falken- steiner Höhle nur ein einziges Exemplar des Gammarus puteanus aufzufinden und war der Ansicht, derselbe sei lokaler Abstammung von Gam. pulex, welcher sich in eigenthümlicher Weise dem Höhlenleben angepasst habe. Er sucht diese An- sicht durch die Beobachtung zu bekräftigen, dass ein Gammarus fossarum, der bei ihm den ganzen Winter im Dunkeln lebte, sein Pigment verlor und sogar blässere Augen bekam. F. A. ForEL (80, 84, 82), 4874, publicirte eine Reihe von Berichten über seine Forschungen der Tiefwasserfauna des Genfer Sees. Er erwähnt wiederholentlich den uns interessirenden Krebs unter dem Namen Gammarus coecus, beabsichtigte aber keineswegs einen zoologischen Terminus einzuführen, sondern wollte damit vielmehr nur eine blinde Gammarusform bezeichnen und bemerkt ausdrücklich, dass der Falkensteiner Gammarus dem Genfer gleiche. Ferner berichtet er, dass er den blinden Gammarus im Genfer See sowohl in der Tiefe von 300 m als auch in der von 30—50 m vorgefunden habe und dass derselbe auch im Neuchäteler See heimisch sei (83)1. EuGkne Sımon (87), 4875, zählt verschiedene Höhlenkrebse auf und beschreibt sie flüchtig, unter Anderen auch den Niphargus subterraneus Leach, Niph. putea- nus Koch, Niph. aquilex Schiödte und Niph. stygius Schiödte von Krain. PnıLıppE DE ROUGEMONT (88), A875, fischte im Brunnen des Münchener anato- mischen Prosectoriums fünf verschiedene Amphipoden auf, und entdeckte einen sechsten in einem Neuchäteler Brunnen. Letzterer ist von GoDET beschrieben wor- den. DE RoUGENoNT ist auf den Gedanken gerathen, alle diese Formen repräsentir- ten nur Altersdifferenzen. Auf seine Arbeit komme ich weiter unten noch zurück, kann jedoch nicht umhin, hier zu bemerken, dass verschiedene Ungenauigkeiten und Widersprüche, welche in dieser Arbeit vorhanden sind, das Vertrauen zu derselben in weit höherem Maße erschüttern sollten, als es in der That geschehen ist. DE ROUGEMONT verwirft die Gattung Niphargus ganz und gar, weil er keinen genügenden Grund zur Beibehaltung derselben ersehen konnte. Er ist der Ansicht, dass Niphargus puteanus vom Gammarus pulex abstamme. Das Vorkommen des Niphargus puteanus in der Tiefe des Neuchäteler Sees würdigt er einer nur flüch- tigen Erwähnung (88, p. 22). Auoıs Hunßerrt (92), 4876, lieferte eine treffliche Charakteristik eines neuen Ni- phargus puteanus var. Forelii aus dem Genfer See und einer nahe verwandten Varie- tät Niph. puteanus var. onesiensis aus einem Brunnen in Onex bei Genf. Unter Be- rücksichtigung der Beobachtungen seiner Vorgänger würdigt er die Mängel der Arbeit pE RousEnonrT's, erklärt sich gegen dessen Schlüsse, setzt die gegenseiligen Beziehungen der Genera Gammarus, Niphargus und Crangonyx aus einander und 1 Einige Mittheilungen von ForeL über den uns hier interessirenden Tiefwasser- Gammarus sind mir unbekannt geblieben, so namentlich: Discours prononces de- vant la Societe Helvetigque des Sciences naturelles. 'I. Discours, Schaffhausen 4873. JI. Discours, Chur 4874. — Notice sur Uhistoire naturelle du lac Leman. Montreux 1876. | Über drei unterirdische Gammariden. 607 _ legt die Gründe dar, welche seiner Ansicht nach die Aufnahme einer besonderen Niphargus-Gattung berechtigen. Er äußert sich nicht, welche Arten dieser Gattung von ihm als begründet angesehen werden, es ist aber evident, dass er folgende ‚Arten acceptirt: Niph. aquilex Schiödte, Niph. fontanus S. Bate, Niph. kochianus S. Bate, Niph. stygius Schiödte und Niph. puteanus Koch, de La Valette, Caspary, Hosius. Er verwirft entschieden die Ansicht über die Abstammung des Niphargus vom Gammarus. A. Humsert’s Arbeit veranlasste Goper (98), 4878, zur Berichtigung der früher von ihm (72) publicirten Ausmessungen des Neuchäteler Brunnenkrebses. Es weichen diese Ausmessungen bedeutend von den Ausmessungen desselben Exem- plares ab, welche von pE RouUGEMoNT angegeben worden. Dieser Widerspruch ist eigentlich nur ein Goper passirter Lapsus calami. Dieser Letztere theilt weiter mit, dass Gammarus puteanus von 46 mm Körperlänge in der Höhle »du chemin de fer« vorkomme, lässt ihn aber unbesprochen. Gelegentlich der Goper’schen Mittheilung konstatirte DE RouGEnonT (404), dass er bei seiner Ansicht stehe, dass die verschiedenen von GERVAIS, SCHIÖDTE und SpENCE BaTE aufgestellten Niphargus-Arten nur Entwicklungsformen von Niphargus puteanus Koch seien. | In der Beschreibung einer neuen Art Gammarus rhipidiophorus aus einem Brunnen in La Ciotat (Bouches-du-Rhöne, Frankreich), prüft J. D. Carra (40), 4878, die Gattung Niphargus und kommt zu dem Schlusse, dass dieselbe aufgegeben wer- den müsse, weil sich dieselbe vom Gammarus durch keine stichhaltige Eigenthüm- lichkeit unterscheide, schweigt aber über die Mundbewaffnung, welche die wich- tigsten Unterscheidungsmerkmale liefere. CArrA verwirft ganz entschieden pe RougE- monT’s Ansicht über die Metamorphose des Gammarus puteanus. Professor F. Leypıc (94), 4878, bespricht in seiner der Anatomie der Edrioph- thalmen gewidmeten Arbeit auch den Niphargus puteanus und beweist dessen Augenlosigkeit. Die Gattung Niphargus hält er für unbegründet, ohne jedoch seine Behauptung zu motiviren. Sein Hinneigen zur Ansicht DE RougEmonTs rechtfertigt er eben so wenig. Er entdeckte den Krebs in den Brunnen zu Tübingen und Bonn. Professor F. A. ForeL (93b), 4878, erwähnt bei Besprechung der Fauna der Schweizer Seen auch den Niphargus puteanus var. Forelü. Gustav JosepH (99, 400), 4879, entdeckte Niph. puteanus in den Cisternen von Venedig, in welche seines Dafürhaltens nach derselbe mit dem vom Festlande in trockener Jahreszeit herbeigeholten Wasser gelangen soll. Er fischte den Krebs ebenfalls in einem Brunnen des bei Venedig gelegenen Dorfes Mestre aus und fand ihn auch in den Brunnen der Insel Sylt und in dem Kunitzer See bei Liegnitz. S. Fries (96), 1879, fand blinde Amphipoden in zwei Brunnen auf Helgoland, in der Höhle »Hohle Stein« im hessischen Dorfe Hilgerhausen des Kreises Witzen- hausen, in einer Pumpe zu Göttingen und in den Gängen der Kasematten zu Würz- burg. Er ändert seine ursprüngliche Ansicht über die lokale Herkunft des Niphar- gus puteanus und gelangt zur Überzeugung, dass derselbe vor sehr langer Zeit vom Gammarus pulex, oder einer anderen verwandten Art entstanden sei. Er theilt auch mit DE RouGEnonT die Ansicht, dass die verschiedenen unterirdischen Amphi- poden einer und derselben Art angehören, und dass die bemerkten Unterschiede als verschiedene Altersstufen und als lokale Rassen anzusehen seien. Er bespricht endlich die bei den von ihm beobachteten Exemplaren vorgefundenen Differenzen und giebt davon Vermessungen an. Das von FrıEs Gesagte veranlasst DE ROUGEMoNT (102) abermals zu erklären, Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. L. Bd. 40 608 August Wrzesniowski, dass er von seiner Ansicht über die Metamorphosen von Niph. puteanus nicht abgehe. Bei einer nochmaligen Durchforschung der Falkensteiner Höhle entdeckte S. Fries (105), 4880, den Gammarus puteanus in der Erdmannshöhle bei Hasel (Schopfheim). Professor GiEBEL (97), 4879, erwähnt des Auffindens des Niphargus puteanus in Halle a/S. OsKkAR Grimm (406), 4880, publicirte eine Notiz über einen neuen, im Kaspi-See in einer Tiefe von 35—90 Faden lebenden Niphargus caspius, gedenkt jedoch nur seiner kleinen, dunklen Augen und der stark entwickelten Fühlborsten, es ist mit- hin unmöglich, sich über diesen Krebs zu orientiren und zu entscheiden, ob der- selbe thatsächlich in der Gattung Niphargus am Platze wäre, was anscheinlich nicht der Fall ist. Die Weibchen sollen einigermaßen dem Gammarus näher stehen als die Männchen, so z. B. in Bezug auf die Gliederzahl des Nebenflagellums. Gkinm ist der Meinung, dass Niph. caspius wahrscheinlich den Stammvater anderer Arten dieser Gattung repräsentire. Professor Asper (104), 4880, untersuchte 14 schweizerische Seen und fischte blinde Amphipoden im Züricher See bei Oberrieden und Wädensweil aus einer Tiefe von 40 m hervor, wo solche gemeinschaftlich mit äugigen Gammari leben, welche auch in einer Tiefe von 140 m vorkommen. Diese letzteren erscheinen dem Gam- marus pulex der fließenden Gewässer sehr ähnlich, sind aber kleiner, pigmentlos und glasartig durchsichtig, haben schöne Augen mit deutlichen Krystallkegeln. Die blinden bei Wädensweil aufgefundenen Exemplare hält Asper für Niphargus puteanus var. Foreli, während er die bei Oberrieden gesammelten für eine Über- gangsform zwischen Gammarus pulex und Niphargus puteanus ansieht, ohne jedoch seine Ansicht zu begründen, was zu thun er zwar versprochen, aber leider bis jetzt unterlassen hat. Aus der Tiefe von 50 m des Vierwaldstädter Sees brachte er den Niphargus puteanus var. Foreli, und aus der Tiefe von 400 m des Comer Sees zwi- schen Bellagio und Villa Carlotta den Niphargus puteanus hervor. C. ParonaA (108), 1880, entdeckte den uns beschäftigenden Krebs in der Höhle der Monte Fenere, Val Sesia. Er stellt die Angaben seiner Vorgänger kurz zu- sammen und widerholt die Ansicht von DE RoUGEMOoNT ziemlich umständlich, be- spricht dann die gefischten Exemplare, die nach ihm dem Niph. puteanus var. Forelü sehr nahe stehen und mit Humsert’s Abbildungen in dem Grade übereinstimmen, dass er sich mit einer sehr gedrängten Darstellung des in Rede stehenden Krebses begnügt. Ein Weibchen mit auffallend kurzen Uropoden des letzten Paares lenkte seine besondere Aufmerksamkeit auf sich, da er in dieser Eigenthümlichkeit die Übereinstimmung desselben mit Crangonyx erblickte, meint aber, dass es wegen seiner von Crangonyx (wahrscheinlich Crangonyx subterraneus) abweichenden Kör- pergröße der letzteren Gattung wohl nicht einzuverleiben sei, und wirft hierbei die Frage auf, ob vielleicht dies Weibchen unter so vielen anderen /?) nicht einen wei- teren Beweis liefert, dass verschiedene Arten und Varietäten der Niphargus-Gat- tung bloße Modifikationen ein und desselben Typus sind. Mit einem Worte, PaRonA vertritt DE RoUGEMoNT’s Ansicht; doch erscheint seine ganze Beweisführung auf einer entschieden falschen Beobachtung basirt, was bereits von Professor MonIEz (138, p. 43 Anm.) hervorgehoben worden. Besagtes Weibchen hat die letzten Uro- poden, die so leicht abbrechen, eingebüßt, und Parona nahm die Schwanzplatte für Uropoden, und hierin liegt der Grund seiner verfehlten und unberechtigten Über drei unterirdische Gammariden. 609 Schlüsse. PAronA theilte auch mit, dass Marquis Dorıa den Niph. puteanus (stygius) in der Höhle Lupara (Busen von Spezia) aufgefunden habe. Nach Luowic (444), 4884, ist Niphargus puteanus in einem Brunnen zu Greiz entdeckt worden. In seiner Darstellung der Thierwelt der Prager Brunnen erwähnt Professor VEsDovsKy (448), 1882, auch des Niphargus puteanus, den er aber nicht näher unter- sucht hat. Dieser Krebs erscheint in Prag sehr verbreitet, wurde auch in einem zwischen Kralupy und Vodolka gelegenen Brunnen, sowie in einem Brunnen in Bechlin bei Roudnice beobachtet. Er zeigt sich sehr bald in frisch gestochenen Brun- nen. Professor VEIDOVsKY ist mit DE RouUGENoNT einverstanden, dass verschiedene Brunnen-Amphipoden, wie auch Niph. puteanus var. Forelii bloße Entwicklungs- stufen ein und derselben Form darstellen. Gustav JosepH (116), 1882, legt seine Beobachtungen über Höhlen -Niphargi Krains ausführlich dar, charakterisirt die von ihm aufgestellte Art Niphargus orci- nus und zählt die von ihm in Krain entdeckten Arten auf, nämlich: 4) Niph. stygius Schiödte, von verschiedener Größe und Farbe in allen Quellen und Höhlenseen Krains, sowie im Zirknitzer See. 2) Niph. puteanus de la Valette St. George, in der Höhle Potic Kawec und in zahlreichen Wasserpumpen in verschiedenen Kreisen Krains. 3) Niph. puteanus var. Forelii A. Humbert, im Zirknitzer See, in Mrzla jama in Kreuzberg bei Laas (Laz oder Loz). 4) Niph. orcinus sp. nov. in allen Höhlen, wo der diesen Amphipoden tilgende Proteus anguinus nicht hauset. Professor F. A. ForeL (149, 427, p. 134, 477), 4883, hat in den Savoyer Seen, Lac du Bourget und Lac Annency, dessen respektive Tiefen bis 145 und 60 m messen, keinen Niphargus auffinden können, entdeckte hingegen im Brunnen des Hötel d’Angle- terre in Annency die klassische Form des Niph. puteanus Koch. O. E. InHor (124) konnte ebenfalls in diesen Seen keinen Niphargus aufspüren, obwohl er im Lac du Bourget den Asellus Foreli H. Blanc aufgefunden hat. Nach EusEne DApay (123), 4884, lebt Niphargus stygius in Siebenbürgen in Kis- Nyires und Ugra, doch unterlässt er dessen Aufenthaltsort anzugeben. Professor Ep. van BENEDEN (122), 4884, erwähnt in einer Notiz das Vorkommen des Niph. puteanus in Lüttich und (nach Professor MorrEn) in einer Wasserpumpe zu Boverie. Professor F. A. Forer (427), 4885, behandelt in seiner umfangreichen und aus- gezeichneten Abhandlung über die Schweizer Seen deren geographische Verhältnisse und die Existenzbedingungen der in denselben lebenden Thiere und Pflanzen (des Wassers Druck, Bewegung, Temperatur, Beleuchtung, chemische Zusammen- setzung, Staubgehalt, des Bodens Konfiguration und Beschaffenheit, der Tief- wasserregion Grenzen, des Seeumfanges Einfluss auf die Existenzbedingungen). Nach Besprechung der Fauna und Flora der Seeoberfläche und der Tiefwasser- region zieht er aus dem Gesammtmaterial seine Folgerungsschlüsse. Nach ihm ist der Niphargus Foreli in folgenden Schweizer Seen aufgefunden worden: Genfer See in der Tiefe 30—300 m (p. 142, 474), Walenstädter See 136 m (p. 436), Züricher See 40—80 m (p. 137), Comer See 400 m (p. 440), Vierwaldstädter See 50—80 und 200 m (p. 4135). Niphargus puteanus ist in dem Neuchäteler See in der Tiefe von 30—400 m entdeckt worden (p. 435). Nach einer mündlichen Mittheilung von Dr. Fr. SpAnGENnBERG erwähnt ForEr das Vorkommen des Niphargus im Starnberger- oder Würmsee in Bayern (p. 171, 246). 40* 610 August Wrzesniowski, Professor ForeL stellt die Unterscheidungsmerkmale der im Dunkeln lebenden Niphargi und der im hellen Wasser vorkommenden Gammari dar. Er schließt ge- wiss ganz richtig, dass Niphargus Forelii als besondere Art anzusehen ist (p. 113). Die See-Niphargi hält er für von unterirdischen abstammend. In seiner gleichzeitig mit der vorhergehenden von der schweizerischen Ge- sellschaft der Naturwissenschaften am 16. September 1884 in Luzern gekrönten Ab- handlung behandelt Professor G. DU PLESSIS-GouRET (429) denselben Gegenstand. Be- treffs Niphargus Forelü theilt er bloß mit, dass er denselben gegenüber von Ouchy im Genfer See, wo ihn Professor Forer nicht auffinden konnte, in einer Tiefe von 150 m aufgefischt habe, und dass er auch im Luzerner See vorkomme (p. 48). pu PLessıs nimmt anstandslos an, dass die Tiefwasser-Niphargi von unterirdischen Brunnen- oder Höhlenexemplaren abstammen, ohne jedoch seine Vermuthung zu motiviren (p- 48). Professor G. Asper (125, p.178, 479), 1885, berührt bei Besprechung der Wasser- durchsichtigkeit des Züricher Sees auch seine früheren vor fünf Jahren publicirten Beobachtungen über das Vorkommen in diesem See der sehenden und blinden Gammariden, lässt aber die äugigen, pigmentlosen, die er für eine Verbindungsform von Gammarus pulex zu Niphargus puteanus gehalten hat, unerwähnt. Nach AspeEr gelangen die blinden Niphargi in die Seen aus Brunnen. R. SCHNEIDER (430) fand unter dem scharenweise in den Bergwerken von Claus- thal vorkommenden Gammarus pulex ein einziges Exemplar des Niphargus putea- nus, und in dem Bergwerke »Glück auf« (Brugh, Sachsen) drei kleine Exemplare dieser letzteren Art. Die Riechzapfen von Gammarus pulex var. subterraneus R. Schneider und Ni- phargus puteanus sind nach diesem Forscher eisenhaltig. Professor R. Monıez (4134), A887, berichtet über das Vorkommen des Niphargus puteanus Koch in Brunnen der Stadt Lille, und des Niph. kochianus in den Brunnen zu Bethune. Dr. Anorr JurınAc fand im Jahre 1883 in einer Höhle in der Nähe des Dorfes Zagorije (spr. Sagorie) in Kroatien drei Exemplare eines neuen, blinden Amphipo- den und beschrieb ihn zuerst in seiner in kroatischer Sprache verfassten Abhand- lung als Eriopis croatica (135, p. 96—400), 4887, dann aber als Niphargus ceroaticus (436, p. 44—146), 14888. Jurınac ist augenscheinlich mit A. Borck’s Ansicht (69, p. 135; 75, p. 402), dass die Gattung Niphargus mit der von Eriopis zu identifici- ren sei, einverstanden. Professor R. MonıEz (438, p. 44—-51), 1889, fand in den Brunnen verschiedener Ortschaften der Departemente du Nord und Pas-de-Calais, zuweilen in großer Menge, den Niphargus puteanus vor mit pigmentlosen Augen und angeblich zwei- artigen Männchenformen. Er nimmt keine besondere Gattung Niphargus an. C. SpEncCE BATE (47, p. 166, Fig. 3; 54, p. 178 und 479, Pl. XXXIJ, Fig. 6; 55, p. 326—328), 1859, 1862, 4863, stellte nach einem einzigen in einem Brunnen zu Ringwood in England vorgefundenen Exemplare eine neue Gattung und Art Cran- gonyx subterraneus auf. Er vermuthet die Identität desselben mit Gammarus sub- terraneus Leach, gesteht aber die Unmöglichkeit der Begründung dieser Ver- muthung ein. A. R. Hocan (50, 52), 1859, A864, theilte eine Notiz über die Lebensweise, die Nahrung und den Wohnort des Crangonyx subterraneus mit. H. MıLne EpwaArps (24, p. 49), 1840, hat einen aus warmen Quellen von Kamt- Über drei unterirdische Gammariden. 611 schatka stammenden Gammarus Ermanni beschrieben. SPpEncE BATE (54, p. 179, Taf. XXXII, Fig.7), der diesen Krebs im Museum des »Jardin des plantes« untersuchte, überzeugte sich aber, dass derselbe einen Crangonyx repräsentirt und somit Cran- gonyx Ermannii zu nennen ist, Professor E. GrRUBE (51, 56, p. 200 und 204 ; 58, p.409—442, Taf. X, Fig. 1), 4864, fischte im Vrana-See der Insel Cherso an der illirischen Küste einige Weibchen eines kleinen Gammariden mit schwarzen Augen aus und schlägt dafür den Namen Crangonyx recurvus Vor. In Europa sind bis jetzt, so viel mir bekannt, keine anderen Crangonyx-Arten entdeckt worden, dagegen weist Neuseeland, und hauptsächlich Nordamerika mehrere Arten auf, E. D. Cope (70, p. 369), 4874, erwähnt eines von ihm in der Mammuth-Höhle aufgefundenen Gammariden, der mehr oder weniger einen Pflanzenfresser darstellt und dem blinden Fische (Amblyopsis) zur Nahrung dient. Im nächsten Jahre cha- rakterisirte er (74) diesen blinden Krebs und stellte für denselben eine neue Gat- tung und Art Siygobromus vitreus auf. J. S. SmıtH (89) ist aber der Ansicht, Stygo- bromus falle mit Crangonyx zusammen, und eigentlich müsse Stygobromus vitreus Crangonyx vitreus Cope heißen. Es unterscheidet sich diese Art nach J. S. Suıta vom Crangonyx vitreus Packard aus Indiana. Letzterer ist aber ein sehr naher Verwandter des Orangonyx gracilis J. S. Smith, da beide genannte Arten hauptsächlich nur bezüglich ihrer Augen differiren. J. S. Smıra (73), 4874, entdeckte im Lake Superior, Michigan, einen neuen, mit Augen ausgestatteten Crangony& gracilis, der mit Crangonyx recurvus nahe ver- wandt erscheint, der jedoch bezüglich seiner Uropoden des letzten Paares von demselben abweicht. Einige Jahre später, 4874, lieferte J. S. Smıta (86) eine Be- schreibung beider Geschlechter des Crangonyx gracilis und charakterisirte eine neue Art Crangonyx tenuis, die näher dem Niphargus als dem Crangonyx verwandt ist. S. A. ForBeEs (94), 4876, thut eines Crangonyx mucronatus n. sp. Erwähnung. A.S. Packarp (142), A884, beschreibt einen äugigen Crangonyx antennatum von Nikajack Cave und erwähnt einen blinden Crangonyxz Packardi J. S. Smith. O0.P. Hay (445), 1882, charakterisirt zwei neue Arten: Crangonyx lucifugus n. S. aus einem Brunnen in Abington, Knox county, Illinois, und einen äugigen Oran- gonyx bifurcus aus einem kleinen Flusse in Macon, Miss. Auf Neuseeland fand Ca. Caırron (409, p. 477, Taf. X, Fig. 43—49; 444, p. 87 und 88), 4884, in dem sechs Meilen von Kaiapoi entfernten Eyreton, North Canter- bury, drei neue blinde Brunnen-Gammariden, nämlich Crangonyx compactus, Cal- liope subterranea und Gammarus fragilis auf. RAGNAR BRUZELIUS (48, p. 56—66, Taf. III, Fig. 12), 4859, stellte eine neue Gat- tung und Art Eriopis elongata für einen in der Tiefe von 40—60 Faden an der Küste von Bohuslän aufgefischten blinden Gammariden auf. Rev. A. M. Norman (64), 1868, fand diesen Krebs an der Küste von England, A. Bock (69, p. 136), 1870, der besagten Krebs als Niphargus elongatus be- zeichnet, fand denselben im Bergensfjord, Christianiafjord und bei Bohuslän vor und berichtet, diese Art sei auch von Koren bei Bergen in einer Tiefe von 40— 80 Faden, und von G. ©. Sars bei Skraven in der Tiefe von 2—300 Faden gefischt worden (75, p. 45). Der größeren Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass in bedeutenden 612 August Wrzesniowski, Meerestiefen, bis zu 2500 Faden, das große, bis 103 mm lange, durchsichtige, groß- äugige Cystisoma spinosum Stebbing (Oniscus spinosus Fabricius, Cymothoa spinosa Fabr., Cystisoma Neptunis Gu£erin-MEneville, Cystisoma Neptuni S. Bate, Thaumops pellueida v. Willemoes-Suhm, Thaumatops Neptunus Bovallius, Thaumatops pellu- cida Bov.-Verg. STEBBING [437, p. 14349 und 4320]) vorkommt. Besagter Krebs ist von der Challenger-Expedition in verschiedenen Tiefen von 650, 4090, 4500, 4850 und 2500 Faden im atlantischen und stillen Ocean gefischt worden. Andere Cysti- somen sind von derselben Expedition in geringeren Tiefen aufgefunden worden: C. Parkinsonii Stebbing, in der Tiefe von 850 Faden, C. Fabricö in der von 500 Faden (STEBBInG, 437, p. 4333 und 4334). Die Meerestiefen, in welchen die von Bo- vALLIUs aufgestellten Arten Thaumatops (Cystisoma) Loveni und Th. (Oyst.) longipes vorkommen, hat Rev. Te. R. R. Stessıng anzugeben unterlassen (137, p. 575, 576, 592, 4334). v. WILLEMOES-SUHM bezweifelte die pelagische Lebensweise des Cyst. spinosum nicht und glaubte, dass es zuweilen sehr tief herabsteige und des Nachts die Oberfläche aufsuche (437, p. 440). C. WyvirLE THuonpson (932, p. 429) ist damit einverstanden und fügt zur Begründung dieser Ansicht hinzu, dass ein kleines Männ- chen dieser Art mit einem »towing-nei« aufgefangen worden ist, dieses Netz aber zum Fischen in geringen Wassertiefen von der Meeresoberfläche an bis zur Tiefe von 100 Faden abwärts diente. Über die Gattungen Gammarus, Niphargus, Eriopsis, Crangonyx, Goplana und Boruta. Gammarus J. Ch. Fabricius. Die Gattung Gammarus ist, wie bekannt, von Jon. ur. FaBrıcıus (2), 1775, für fünf Arten: Gam. locusta (Talitrus locusta Latr.), Gam. pulex (Gam. locusta [L.]), Gam. linearis (Caprella linearis Latr.), Gam. salinus (Arthemia salina Leach) und Gammarus stagnalis (Branchipus stagnalis Latr.) aufgestellt worden. Die übrigen ihm bekannten Amphipoden brachte Faprıcıus in den Gattungen Astacus (A. crassicornis) und Oniscus (0. bicaudatus, O. spinosus, O. gibbosus, O. quadrıcornis und O. ceti) unter. Später vergrößerte sich die Zahl der von demselben als Gam- marus bezeichneten Amphipoden zuerst zu 12 (3), dann zu 14 (5) und zuletzt bis zu 15 Arten (6), Gam. stagnalis und Gam. esca sind aber keine Amphipoden. Mit der Vergrößerung der Zahl der Gammarus-Arten löste sich gleichzeitig die Gattung Oniscus ungefähr vollständig auf. Onis- cus gibbosus wurde als Gammarus gibbosus bezeichnet, während Oniscus bicaudatus, O. spinosus und O. celi der neu aufgestellten Gattung Cymothoa eingereiht worden sind (5). Lamarck (7) brachte alle Amphipoden in drei Gattungen: Gamma- rus, Caprella n. g. und Cyamus Latr. unter und erweiterte somit den Umfang der ersteren. P. A. Lirreitze (8, Tome III, p. 39; Tome VI, p. 294—322; TomeXIV, p- 58) stellte zwei neue Gattungen: Talitrus und Corophrum auf und ver- engte somit die Grenzen der in Frage stehenden Gattung. Über drei unterirdische Gammariden. 613 W.E. Lracn (9, 10, 11) löste die Gattung Gammarus in mehrere kleinere: Dexamine, Leucothod, Melita, Maera, Gammarus, Amphithoe und Pherusa auf, von denen aber gegenwärtig nur drei: Melita, Maera und Gammarus eng verwandt erscheinen, die übrigen aber in anderen Familien ihren Platz gefunden haben. Leica hat das Nebenflagellum der oberen Antennen weder bei Melita noch bei Maera bemerkt. JB. Lamarck (13, Vol. V, p. 179—184) stimmte diesen Neuerungen von LeacH nicht bei und, die Laemodipoden abgerechnet, nimmt er mit LATREILLE nur vier Amphipoden-Gattungen:: Phronima, Gammarus, Talı- trus und Oorophium an, bemerkt aber, dass er die Gattung Talitrus nur wegen des Interesses beibehalte, das für dasselbe die Beobachtungen von LATREILLE erregt haben. In seiner Naturgeschichte der Arthropoden, die einen Theil des Guvier’schen »Regne anımal« darstellt, bemerkt Larreiuze (12), dass alle Amphipoden in eine einzige Gattung eingereiht werden können, nimmt aber alle von Leacn aufgestellten kleinen Genera als Untergattungen an. A. G. Desmarsst (15, p. 263—268) erkennt diese letzteren als be- sondere Gattungen an, es ist daher höchst merkwürdig, dass er sich einige Jahre später (16) im entgegengesetzten Sinne geäußert habe, und zwar, dass die Gattungen von Lracn keine Anerkennung bei ihm finden; er vertheilte alle eigentlichen Amphipoden in drei Gattungen: Coro- phium, Talitrus und Gammarus. GUERIN-MENEVILLE (21) folgte dem Beispiele von LATREILLE und stellte alle Amphipoden, die Laemodipoden abgerechnet, in der einzigen Gat- tung Gammarus mit vielen Untergattungen zusammen. ZENKER (18, p. 4) nimmt beide Gattungen Melita und Maera an, so weit bei den Exemplaren ein Nebenflagellum vorhanden erscheint. H. Mırne Epwarps (17, 22, 24, Tome II, p. 42, 54, 55) erklärte die Gattungen Melita und Maera für zweifelhaft und unmotivirt und ver- einigte dieselben mit der Gattung Gammarus. In Bezug auf Dexamıne finden wir bei diesem Forscher einen unbegreiflichen Widerspruch, da er dieselbe in der synoptischen Tabelle als eine besondere Gattung in der Abtheilung der » Creveitines marcheuses« anführt, im Texte aber bei . Besprechung der Gattungen dieser Gruppe unerwähnt lässt. In dem Abschnitte über die Gattung Amphithoe (aus der Abtheilung der »Cre- vettines sauteuses «) erklärt er endlich, dass er mit dieser letzteren so- wohl Dexamine wie Pherusa vereinige und motivirt seine Ansicht sehr umständlich (24, Tome III, p. 28 und synoptische Tabelle gegenüber p. 11). J. D. Dana (28, 33, 3%, 35) nimmt beide Gattungen Melita und Maera an, während LirLsesorg (37), Bruzeuius (48, p. 50) und Go&s (57, p. 13 —15) dieselben der Gattung Gammarus wieder einverleiben. 614 August Wrzesniowski, Spence Bate (54, p. 204) weist der Gattung Gammarus sehr enge Grenzen an und liefert eine gute Charakteristik derselben. Ep. Grüße (58, p. 412) erscheint mit Spence Bate im Wesentlichen einverstanden, Professor C. Hrıırr (59, p. 35) nimmt dagegen die in Rede stehende Gattung in sehr weiten Grenzen an, zerlegt aber die- selbe in mehrere Untergattungen: Amathilla S. Bate (Amathia Rathke), Gammarus s. str., Orangonyx S. Bate, Maera Leach, Melita Leach, Ni- phargus Schiödte, die in derselben Abhandlung etwas weiter als selb- ständige Genera behandelt werden. Die Ansichten von SpencE BATE und Hrızer weichen somit in der That nicht von einander ab. Axzı Boeck (59, p. 123; 75, p. 362, 365) wies der in Frage stehen- den Gattung eben so enge Grenzen wie SpenceE BATE an und lieferte eine treffliche Charakteristik derselben, indem er die Bauverhältnisse der Mundtheile gehörig gewürdigt hat. Die Maxillen des zweiten Paares sind aber von ihm unberücksichtigt geblieben, obwohl sie auch sehr charakteristisch erscheinen. A. Merzeer (76, p. 284), Otmar Neseski (107, p. 36), Ives DeLAGE (110, p. 153 und 154), G.O. Sars (117, p. 28), A. GERSTÄCKER (131, p. 511), Cuevreux (133, p. 305—308), Rev. Tu. R. R. Stessing (137, p. 1006) folgten dem Beispiele von Spencz Batz und A. Boeck. Professor A. GERSTÄCKER vereinigt mit der Gattung Gammarus die von mir aufgestellte Gattung Goplana, was unbedingt unrichtig er- scheint, wie ich es weiter unten bei Besprechung dieser letzteren näher erörtern werde. Aus dem oben Mitgetheilten leuchtet ein, dass in der jüngsten Zeit die Gattung Gammarus in engerem, ungefähr demselben Sinne wie von LreacHh angenommen wird. Ich pflichte dieser Ansicht anstandslos bei. In der Gattungsdiagnose berücksichtige ich auch die Bauweise der Maxillen des zweiten Paares und der Kieferfüße, im Übrigen aber nehme ich die treffliche Definition von A. Bock an. Corpus compressum, non carinatum. Segmenta abdominis (post-abdominis) tria posteriora in medio dorsi fasciculis spinarum instructa. Epimera (coxae) anteriora mediocris magnitudinis. Antennae superiores inferioribus longiores, flagello appen- dieulari instructae non minus quam e tribus articulis formato. An- tennae inferiores flagello in mare calceolis instructo. Pedes !-mi et 2-di paris (gnathopoda) manu parva, subcheli- formi. Pedes 2-di paris illis primi paris majores. Pedes saltatorii (uropoda) ultimi paris biramosi, ramis longis, in margine spinis et setis instructis, ultra ramos duorum parium > Über drei unterirdische Gammariden. 615 anteriorum porrectis; ramo interiore plus minusve breviore quam exteriore. Appendix caudalis (telson) longa, usque ad basin fissa. Mandibulae articulo palpi 3-tio elongato, angusto; tuberculo molare seta plumosa instructo. Maxillae 1-mi paris palpo 2-artieulato ; palpo maxillae sinistrae in apice spinis, maxillae dextrae dentibus armato; lamina ex- teriore in apice spinis validis, pectinatis, munita; lamina interiore lata, longa, in margine interiore setis permultis plumosis instructa. Maxillae 2-di paris lamina interiore in margine et in apice setis plumosis instructa. Pedes maxillares lamina exteriore in margine interiore denti- bus et setulis curvatis, in apice dentibus elongatis, curvatisve et setis curvis, plumosis munita; lamina interiore in apice dentibus . tribus et setis plumosis glabrisque, in margine interiore setis multis plumosis armata. Palpo elongato; articulo ultimo apicem versus perangusto, unguiformi. Die Stachelbündel an der Dorsalseite der drei letzten Abdominal- segmente erscheinen in so fern charakteristisch, als dieselben beim Niphargus durch viel feinere Borsten ersetzt sind. Jedenfalls kann diesen Stacheln keine besondere Wichtigkeit zugestanden werden. Das Nebenflagellum erscheint bei den eigentlichen Gammarus- Arten wenigstens dreigliedrig, da die aus dem Baikalsee stammenden Formen mit ein- bis zweigliedrigem Nebenflagellum eigentlich nur provisorisch der Gattung Gammarus einverleibt worden sind, so namentlich alle Arten der zweiten Abtheilung, sowie Gam. Strauchü und Gam. parasiticus der ersten Abtheilung des Systems der baikal- schen Gammariden von Professor B. Dysowskı. Jedenfalls zeigt die Zahl der Glieder des Nebenflagellums zuweilen einige Abweichungen bei Exemplaren derselben Art; so nach Professor Dysowskı beim Gam. ıgno- tus das Nebenflagellum aus zwei bis drei, bei Gam. Carpenteri aus zwei bis fünf, bei Gam. Grubil aus zwei bis drei Gliedern besteht (79, p. 43 E02 153, 185, 13%, 119, 61, 147, 34, 109, 35, 143, 39, 432). Übri- gens gehören diese drei letzteren Arten der Gattung Gammarus s. str. gewiss nicht an. Die Calceolae der unteren Antennen stellen ein gutes Merkmal dar, wenigstens im Vergleich mit Niphargus. Dieselben können ausschließ- lich dem Männchen oder beiden Geschlechtern eigen sein. ‘Dieser letz- tere Fall ist namentlich von Professor B. Dysowskı bei folgenden baikal- schen Arten konstatirt worden: Gam. Kietlinskü, Gam. Stanislavii, Gam. testaceus, Gam. Sophiae, Gam. fuscus, Gam. murinus, Gam. aheneus, 616 August Wrzesniowski, Gam. verrucosus, Gam. lividus (79, p. 21, 57, 58, 60, 62, 63, 64, 65, 67, 68). Die relative Länge beider Lappen der letzten Uropoden ist sehr schwankend. Beim Gam. marinus S. Bate, und noch mehr bei Gam. Maakit Gerstf., erscheint der Außenlappen bedeutend verlängert, wäh- rend der Innenlappen sehr klein und rudimentär ist. Der Außenlappen besteht aus zwei Gliedern, wie es Carra richtig bemerkt hat (90, p. 259), das apicale Glied ist aber sehr redueirt und ist beim Gam. Maakiüi zwi- schen den Enddornen des vorhergehenden Gliedes nicht zu entdecken. Die Palpen der Maxillen des ersten Paares (Taf. XXVII, Fig. 10, 11) bieten eine sehr charakteristische Bauweise. Die Bewaffnung des Außenlappens derselben Maxillen besteht aus mächtigen, dornenförmigen Stacheln, die in zwei Reihen angeordnet erscheinen. Die obere Reihe enthält fünf, die untere sechs Stacheln; jeder Stachel erscheint an seinem Gipfel erweitert und kammartig ein- geschnitten (Taf. XXIX, Fig. I1). Bei einem Exemplare von Gammarus locustoides Brandt war jede Reihe der rechten Maxille um einen Stachel ärmer. Der breite Innenlappen der in Frage stehenden Maxillen ist an seinem Rande mit zahlreichen Fiederborsten besetzt (Taf. XXVIH, Fig. 10). Derselbe stellt ein wichtiges generisches Merkmal von Gammarus im Gegensatz zum Niphargus dar. Die Spitze des Außenlappens der Maxillen des zweiten Paares er- scheint mit verschiedenartigen Borsten gekrönt (Taf. XXIX, Fig. 9, 10). An seiner unteren Fläche (Fig. XXIX, Fig. 10) neben dem apicalen Rande erheben sich sichelförmige, stark glänzende, in zwei Reihen angeord- nete Borsten; die untere Reihe enthält elf, die obere drei derselben. An der unteren Borstenfläche von der Spitze nach deren halben Länge befindet sich je eine Längsleiste, zu deren beiden Seiten sich wiederum parallel über einander gelegene, bogenförmig gekrümmte, unter spitzem Winkel mit der Längsleiste zusammentreffende Querrippen befinden (Taf. XXIX, Fig. 10 a). Von der Seite betrachtet machen diese letzteren den Eindruck kurzer Wimpern. Jede Borste erscheint an ihrer Spitze mit einem zarten, blassen, an seinem Ende etwas angeschwollenen Fortsatze versehen. In jeder Borste verläuft ein neben der Basis des erwähnten Fortsatzes nach außen mündender Kanal (Taf. XXIX, Fig. 10a). Über der Basis jeder Borste, am konvexen Rande derselben, erheben sich zwei bis drei steife, gerade Haare. An der oberen Fläche desselben Lappens (Taf. XXIX, Fig. 9) be- finden sich wenig verlängerte, blasse, an ihrer Spitze abgerundete Borsten, die mit je einem centralen, an ihrer Spitze mündenden Kanale Über drei unterirdische Gammariden. 617 versehen sind. Sowohl an der konvexen wie an der konkaven Seite jeder Borste sind zwei bis sieben steife Haare eingepflanzt. Die Borsten bilden drei Gruppen: die erste mit vier Borsten steht dicht am apica- len Lappenrande, die zweite mit zwei Borsten ist weiter rückwärts gerückt, die dritte mit drei Borsten findet noch weiter rückwärts ihren Platz. Zwischen den Borsten der oberen und der unteren Fläche des Lappens (Taf. XXIX, Fig. 9 b, b) befinden sich zwei, möglicherweise drei Reihen bogenförmig gekrümmter, blasser und an der Spitze abgerun- deter Borsten, jede mit einem centralen, an ihrer Spitze mündenden Kanale. Der Innenlappen der in Frage stehenden Maxillen des zweiten Paares (Taf. XXVII, Fig. 12; Taf. XXIX, Fig. 7, 8) besitzt an seiner oberen Fläche neben dem apicalen Rande (Taf. XXIX, Fig. 7, 1—8) eine Reihe von acht schwach gekrümmten Borsten, die nur in ihrem oberen Theile an einer Seite mit kurzen Haaren versehen sind. In einiger Entfernung hinter der am weitesten nach innen eingepflanzten Borste und etwas nach außen vom inneren Lappenrande erhebt sich eine lange Fiederborste, und noch weiter nach rückwärts folgt eine Reihe eben solcher Borsten, die allmählich dem inneren Rande näher rücken, so dass von der achten an alle übrigen dem Rande selbst eingefügt sind (Taf. XXIX, Fig. 7 d—d). Der obere Rand der drei ersten Borsten dieser ‚Reihe erscheint erweitert und kammartig gekerbt. An der unteren Fläche des Lappens befinden sich neben dem api- calen Rande desselben (Taf. XXIX, Fig. 8) drei Borsten von derselben Beschaffenheit wie die mit Querrippen versehenen der unteren Fläche des Außenlappens derselben Maxillen, ich vermisste nur an den in Frage stehenden Borsten die steifen Härchen. Weiter nach innen zu folgt eine Borste mit einer einzigen Wimper neben ihrer Spitze und dann, dem inneren Rande des Lappens immer näher eingepflanzt, er- heben sich drei an ihrer Spitze pinselförmig bewimperte Borsten. Die achte und alle weiter nach hinten folgenden Borsten erscheinen dem inneren Rande selbst eingepflanzt. Die achte und neunte zeichnen sich durch ihre pinselförmig bewimperte Spitzen aus, die zehnte besitzt nur zwei Seitenwimpern, die elfte erscheint pinselförmig, und von der zwölf- ten bis zu der vierundzwanzigsten, d. h. bis zu der letzten, erscheinen die Borsten nur einseitig mit drei oder vier Wimpern versehen. Bei allen einseitig bewimperten Borsten sitzt jede Wimper einer kleinen Erhöhung auf. Zwischen der oberen und der unteren Borstenreihe des apicalen und des inneren Randes des Innenlappens befindet sich eine dritte rn 618 August Wrzesniowski, mittlere Borstenreihe. Am apicalen Rande besteht dieselbe aus zwölf blassen, an der Spitze abgerundeten Borsten mit je einem centralen an ihren Spitzen mündenden Kanale. Am inneren Rande des Lappens neben jeder unteren Borste von der achten ab befindet sich eine pinsel- förmige, schief nach vorn gerichtete mittlere Borste (Taf. XXIX, Fig. 8a, I, IT). Die Anwesenheit der Borsten nicht nur am apicalen, sondern auch am ganzen inneren Rande des Innenlappens der Maxillen des zweiten Paares erscheint für die Gammarus-Gattung sehr charakteristisch und wichtig. Die Kieferfüße (Taf. XXX, Fig. 7—10). Am inneren Rande des Außenlappens erhebt sich eine Reihe von zahnförmigen Stacheln, die von unten nach oben zu, und am apicalen Rande von innen nach außen allmählich länger werden, an diesem letzteren Rande aber auch un- merklich in gebogene Fiederborsten übergehen, da an ihren Rändern immer längere Haare zum Vorschein kommen. Am inneren Rande des Lappens befinden sich neben den Stacheln an der Spitze abgerundete Borsten, die von unten nach oben zu immer kürzer werden. Die an die Fiederborsten grenzenden Stachel erscheinen kammartig einge- kerbt. Die Zahl dieser letzteren zeigt bei verschiedenen Arten be- deutende Schwankungen und zwar: bei Gam. locusta L. erscheinen alle Stacheln des inneren Randes glatt, der erste innere Zahn des apicalen Randes zeichnet sich durch seine kammförmige Beschaffenheit aus, und weiter nach außen folgen sogleich die Fiederborsten. Bei Gam. mari- nus S. Bate und Gam. verrucosus Gerstf. sind nur die vier unteren Stacheln des inneren Randes glatt, alle anderen aber erscheinen kamm- artig eingekerbt. Bei der erstgenannten Art befinden sich am apicalen Rande des Lappens zwei Stacheln, und weiter nach außen folgen die Fiederborsten. Bei Gam.verrucosus dagegen verlängern sich die Stacheln nach oben zu so schnell, dass auf dem Winkel, der den inneren Rand von dem apicalen trennt, bereits eine Fiederborste steht, und der ganze apicale Rand mit eben solchen Borsten versehen erscheint. In der Be- waffnung des uns beschäftigenden Lappens stellen Gam. stagnalıs Andrzejowski! und Gam. poecilurus Rathke eine Zwischenform dar. ! Unter dem Namen Gammarus stagnalis ist von ANTON ANDRZEJOWSKI ein von ihm als eine neue Art angesehener, bei Kijew gefundener Krebs auf folgende Weise charakterisirt worden: Celuici differe du pr&cedent Gam. pulex par ses yeux ellip- tiques reniformes, bien plus grands en raison de la tete que ceux du Gam, pulex, malgre que l’animal lui m&me ne le surpasse pas par sa taille. Les appendices de la queue surpassent en longueur les deux derniers articles de la queue, tandis quils sont plus courts dans le Gam. pulex. On peut les definir ainsi: Gam. pulex oculis oblongis exiguis, appendicibus caudalibus duobus articulis ultimis caudae E e Über drei unterirdische Gammariden, 619 Die kammartigen Einschnitte treten nämlich bei denselben am ersten inneren Stachel des apicalen Randes zum Vorschein, erreichen am zweiten und dritten Stachel desselben Randes (von innen nach außen gerechnet) eine immer größere Länge und weiter nach außen von denselben folgt eine Reihe bogenförmig gekrümmter Fiederborsten (Taf. XXX, Fig. 8, 9)". Bei allen von mir untersuchten Arten: Gam. pulex aut., Gam. stag- nalıs Andrz., Gam. marinus S. Bate, Gam. poecilurus Rathke, Gam. lo- custa L., Gam. locusioides Brandt und Gam. verrucosus Gerstf. stimmt die Bewaffnung des Innenlappens der Kieferfüße vollständig überein (Taf. XXX, Fig. 10 A u. B). Am apicalen Rande erscheinen drei starke, zahnförmige Stacheln eingepflanzt. Auf der oberen Fläche des Lappens verläuft eine einfache Reihe von Fiederborsten, die im oberen Theile des äußeren Randes beginnt, um sich weiter neben dem apicalen Rande nach innen zu fortzusetzen, und dann am inneren Rande des Lappens nach abwärts zu verlaufen (Taf. XXX, Fig. 10 A, a). An einem Exemplare von Gam. stagnalis, das ich in dieser Hinsicht sorgfältig untersucht habe, befanden sich am äußeren Rande des in Frage stehen- den Lappens vier, am apicalen und am inneren Rande desselben je acht Borsten. Der innere Rand erscheint auch mit einem starken zahn- förmigen Stachel bewaffnet. An der unteren Fläche des Lappens (Taf. XXX, Fig. 10 B) sind am apicalen Rande einige glatte, bogenförmig gekrümmte Borsten vorhanden. Am äußeren Rande des Lappens er- heben sich sehr dünne Haare. brevioribus. Gam. stagnalis oculis reniformibus magnis, appendicibus caudalibus duos ultimos articulos caudae superantibus. Catalogue des objets qui se conservent dans le cabinet zoologique de l’Universite Imperiale de St. Vladimir a Kief. 4-re partie. Mammiferes, oiseaux, reptiles, poissons et crustaces, par A. ANDRZEJOWSKI. Bulletin de la Societ& Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1839. Moskau. Die von AnprzEsowskı gelieferte Charakteristik erscheint gewiss unzureichend, ich glaube aber, dass sein Gam. stagnalis etwas schärfer charakterisirt werden kann, und dass derselbe wenigstens eine Varietät von Gam. pulex darstellt. Jedenfalls habe ich hier diesen Namen nur provisorisch angewandt. Ich habe den Gam. stagnalis bei Warschau am rechten Weichselufer in mit stehendem Wasser gefüllten Gräben aufgefunden. 1 Die Abweichungen in der Bewaffnung des Außenlappens der Kieferfüße können gewiss nicht als Artunterschiede angesehen werden, jedenfalls aber spricht die von mir angedeutete Differenz in der Beschaffenheit dieses Lappens bei Gam. marinus und Gam, poecilurus zu Gunsten der Artverschiedenheit dieser Formen und somit gegen ihre Vereinigung in eine einzige Art, wie von einigen Carcinologen geschehen ist, 620 August Wrzesniowski, Niphargus J. C. Schiödte. Hosıus (29, p. 234—243, Taf. I, Fig. 7), der die Unterschiede der drei bei Bonn lebenden Gammarus-Arten: Gam. pulex, Gam. fhwviatılis Roesel und Gam. puteanus so trefllich dargestellt hat, beabsichtigte nicht dieser letzteren die Bedeutung einer besonderen Gattung zu vindieiren, legte aber die Eigenthümlichkeiten derselben recht treffend dar, namentlich: die Augenlosigkeit, das zweigliedrige Nebenflagellum, die Bauweise der Maxillen des ersten und zweiten Paares, die Form der Gnathopodenhände, die relative Länge der Lappen des letzten Uro- podenpaares. Auf Grund dieser Organisationsverhältnisse ist später die Gattung Niphargus aufgestellt worden. J. C. Scniöpte (32, p. 26) stellte im Jahre 1851 die Gattung Niphar- gus auf und charakterisirte dieselbe auf folgende Weise: Oculi nulli. Antennae superiores inferioribus longiores, fla- gello appendiculari minuto, biartieulato. Pedes ultimi paris stylo interiori brevissimo, exteriori valde elongato, biarticulato. ScHiöpte erwähnte in seiner Gattungsdiagnose der Mundtheile nicht, hat aber dieselben ausführlich beschrieben und abgebildet bei Besprechung der neuen Art Niphargus stygius. Spence Barte (55, p. 311) lieferte folgende Diagnose der uns hier interessirenden Gattung: Animal slender. Eyes obsolete or rudimentary. Superior an- tennae having a secondary appendage. Inferior antennae shorter than superior. Gnathopoda chelate or subchelate. Posterior pair of pleopoda biramous; one ramus rudimentary, the other very long and double-jointed. Telson single, deeply cleft. Die Gnathopoden sollen »chelate or subchelate« sein, in der That sind sie aber immer »subchelate«, wie es richtig in dem Catalogue der Amphipoden des British Museum angegeben worden ist (54, p. 174). Wir haben es hier augenscheinlich mit einem bedeutungslosen Lapsus calami zu thun. Als Hauptmerkmal der Gattung Niphargus sieht Spence BatE die relative Länge der Lappen des letzten Uropodenpaares, den zweiglied- rigen Außenlappen derselben und die einfache aber tief gespaltene Schwanzplatte an, während bei Gammarus die Lappen der genannten Uropoden in ihrer relativen Länge weniger von einander abweichen, der Außenlappen derselben eingliedrig und die Schwanzplatte doppelt erscheinen soll. Das erstere dieser Organisationsverhältnisse kann nicht als entscheidend angesehen werden, die beiden letzteren aber Über drei unterirdische Gammariden. 621 sind unrichtig, da auch in der Gattung Gammarus der Außenlappen des letzten Uropodenpaares zweigliedrig und die Schwanzplatte eben- falls einfach, nur tiefer als bei Niphargus gespalten erscheint. Es bleibt somit von der ganzen Diagnose nur der schlanke Körperbau dieser letzteren Gattung übrig, dem unstreitig nur eine untergeordnete Be- deutung zugestanden werden kann. Professor C. Hrrıer in seiner Tabelle der Unterabtheilungen der in weitem Sinne angenommenen Gammarus-Gattung charakterisirt das Subgenus Niphargus nach seinen äußeren Bauverhältnissen (59, p. 35) und schreibt dem zweigliedrigen Außenlappen des letzten Uropoden- paares eine gewisse Wichtigkeit zu, da derselbe nach ihm bei Gamma- rus s. str. eingliedrig sein soll (60, p. %, 5), was, wie wir gesehen haben, unrichtig erscheint. Pu. pe Roucemont (88, p. 27) erklärt mit der ihm eigenen Zuver- sicht die Gattung Niphargus für unbegründet, da die Merkmale der- selben nicht genügend wichtig sein sollen. In dieser Hinsicht erscheint nach demselben Verfasser sowohl das Nebenflagellum, wie die relative Länge der Uropoden des letzten Paares bedeutungslos, da das Neben- flagellum des größten von ihm untersuchten Exemplares (von Neuchätel) nur durch einen einzigen Stachel angedeutet war (88, p. 12, 27, 33), während es bei anderen Exemplaren zweigliedrig erschien. Die Länge der Uropoden des letzten Paares zeigt nach pe Rouczmont erhebliche Schwankungen, so dass man nach derselben nur den Grad der Ent- wicklung des Thieres erkennen kann. Weitere Organisationsverhält- nisse sind von DE RoUGEMoNT ignorirt worden. A. Bock (69, p. 135; 75, p. 402) verwechselte die Gattung Niphar- gus mit der von Eriopsis und lieferte nur die Charakteristik dieser letz- teren, wie wir es weiter unten sehen werden. A. Humserr (92, p. 312), dessen Arbeit über Niphargus puteanus var. Forelii zur Kenntnis der uns interessirenden Gattung so viel bei- getragen hat, charakterisirte dieselbe mit folgenden Worten: Oculi nulli (vel rudimentarii?). Antennae superiores inferioribus longiores, flagello appen- dieulari minuto, non plus quam e duobus articulis formato; fla- gello prineipali papillis olfactoriis et bacillis hyalinis munito. Antennarum inferiorum flagello tam in mare quam in femina tan- tum bacillis hyalinis instructo. Maxillarum secundi paris lamina interna tantum in apice setis instructa. Pedes primi et secundi paris similes, cheliformes, articulo penultimo inflato. 622 August Wrzesniowski, Pedes saltatorii ultimi paris biramosi ; ramo interiore parvulo ; ramo exteriore elongato, biarticulato. Appendix caudalis simplex, profunde fissa. Nach Hunmserr besteht somit die Charakteristik der Niphargus-Gat- tung in der Augenlosigkeit, in der Abwesenheit der Calceoli auf den unteren Antennen, in der Anwesenheit der hyalinen Stäbchen auf den Flagellen sowohl der oberen wie der unteren Antennen, in der Be- waffnung des Innenlappens der Maxillen des zweiten Paares, in der Form der Gnathopoden, in der Beschaffenheit des letzten Uropoden- paares und der Schwanzplatte. Alle diese Eigenthümlichkeiten stellen in der That recht charakteristische Merkmale der in Rede stehenden Gattung dar. Es ist merkwürdig, dass Hunserrt in seiner so trefflichen Arbeit das erste Maxillenpaar mit Stillschweigen übergangen habe. Professor Leyvic (94, p. 237, 238, 246, 247) lieferte den Beweis, dass Gammarus puteanus von Tübingen und Bonn der Augen entbehre, und sich durch sein zweigliedriges Nebenflagellum, den Mangel der Calceolae, sowie durch die Anwesenheit der blassen, angeschwollenen Borsten (von Leypıs als Stäbchen, Cylinder oder Kolben bezeichnet) auszeichne. Leypıe behauptet, dass keine Gründe zur Annahme einer besonderen Niphargus-Gattung vorliegen, motivirt aber seine Meinung nicht. . Professor J. D. CarrA (90, p. 2359— 262), bei Besprechung des von ihm in La Ciotat (Bouches-du-Rhöne) entdeckten Gammarus rhipidio- phorus, erklärte sich gegen die Annahme einer besonderen Niphargus- Gattung, und zwar aus folgenden Gründen: der Außenlappen der Uro- poden des letzten Paares erscheint auch beim Gammarus zweigliedrig; bei Gammarus marinus sind beide Lappen derselben in demselben Grade ungleich lang wie bei Niphargus; am hinteren Rande der letzten Abdominalsegmente der Niphargus-Arten bilden Spence Bate und Hun- BERT Borsten ab; eine gespaltene oder doppelte Schwanzplatte kann nicht als eine wichtige Differenz gelten, da dieselbe beim Männchen von Lysianassa longicornis einfach, beim Weibchen aber doppelt er- scheint. Diese Eigenthümlichkeiten könnten in der That allein zur Auf- stellung einer besonderen Gattung nicht ausreichen, um so mehr als die erstere und die letztere derselben bei den in Rede stehenden Gattungen keine Differenzen darbieten, die übrigen aber unwichtig er- scheinen. Professor F. A. ForeL (127, p. 178), der die Niphargus-Gattung ac- ceptirt, fasst die äußeren Merkmale zusammen, die den Niph. Forelü von den in beleuchteten Gewässern lebenden Gammari unterscheiden und findet dieselben in der Abwesenheit der Augen, in der Vergröße-. Über drei unterirdische Gammariden. 623 rung der Gefühl- und Riechapparate, in der erblassten Körperfarbe, in der geringeren Körpergröße, in der veränderten Form der Gnathopo- den, deren Hände sehr verkürzt erscheinen, in der Verlängerung des letzten Uropodenpaares. Professor A. Gerstäcker (131, p. 511) berücksichtigt in seiner Diagnose ausschließlich die äußeren Bauverhältnisse, es kann somit kein Wunder nehmen, dass er mit der Gattung Niphargus auch die von Eriopsis vereinigt. Professor R. Monızz (138, p. 41 Anm. 3) sieht die Gattung Niphargus für unbegründet an, beschränkt sich aber mit der Kritik der äußeren Merkmale derselben. Aus dem oben Mitgetheilten geht hervor, dass in der uns beschäf- tigenden Frage alle Gegner einer besonderen Niphargus-Gattung ihre Ansicht ausschließlich durch eine Kritik der äußeren Organisationsver- hältnisse zu begründen suchen, ohne die Mundtheile zu berücksichtigen. Hosıus hat bereits in seiner trefflichen, oben citirten Arbeit ganz klar dargethan, dass der in dunklen Gewässern lebende Niphargus puteanus (von mir weiter unten als Niph. casparianus bezeichnet) im Vergleich mit den in beleuchtetem Wasser lebenden Gammari eine be- sondere Gruppe darstellt. Es bleibt somit bloß zu entscheiden, ob diese Gruppe als Genus oder Subgenus anzusehen sei. Eine solche Kontroverse bietet aber ein sehr geringes Interesse, da dieselbe wenig- stens vorläufig nicht geschlichtet werden kann; wir besitzen in der That kein Kriterium, um in solchen Fällen die Bedeutung der vorliegen- den Differenzen genau abwägen zu können. Ich bin meinerseits der Ansicht, dass die Niphargus-Arten eine besondere generische Gruppe bilden dürften, deren Charaktere in folgender Diagnose resumirt wer- den können. Oculi nulli (vel rudimentarii?). Corpus compressum, non carinatum. Segmenta abdominis quartum et quintum setulis tenuibus instructa. Epimera parva. Antennae superiores inferioribus longiores, flagello appen- dieulari munitae, non plus quam e duobus articulis formato; fla- gello prineipali papillis olfactoriis et bacillis hyalinis munito. An- tennarum inferiorum flagellum tam in mare, quam in femina, tantum bacillis hyalinis instructum. Pedes I-mi et 2-di paris (gnathopoda) similes, subcheliformes, articulo penultimo (manu) dilatato, utriusque sexus fere eadem forma. | | Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. L. Bd. [A 624 August Wrzesniowski, Pedes saltatorii ultimi paris biramosi; ramo interiore par- vulo; ramo exteriore elongato, biarticulato (vel uniarticulato ?). Appendix caudalis (telson) plus minusve profunde fissa. Mandibulae tuberculo molari seta longa instructo; palpo triarticulato, angusto. . Maxillae 4-mi paris spinis furcatis armatae; palpo magno, biarticulato, dextro et sinistro eadem forma, in apice spinis et setis instructo; lJamina interiore angusta, solummodo in apice 2—3 setis munita. Maxillarum 2-di paris lamina interna tantum in apice setis instructa. Pedes maxillares lamina exteriore in margine interiore denti- bus, in apice dentibus et setis validis armata; lamina interiore in apice dentibus tribus validis et setis perpaucis munita, in mar- gine interiore setis destituta. Palpo elongato; arucn]o ultimo apicem versus perangusto, unguiformi. Nach Scaıöpre (26, p. 81 ; 32, p. 26), Caspary (27, p. 44), Hosıus (29, p. 235), DE La VALETTE St. GEORGE (44, p. 8), Goper (72, p. 153), WIEDERS- HEIM (78, p. 209), Forer (80, p. 25, 32; 81, p. 56; 82, p. 150; 83, p. 15%; 127, p. 178), pe Rougemonrt (88, p. 17), Humsert (92, p. 312), Levvie (94, p- 237), Asper (104, p. 133; 425, p. 179), Parona (108, p. 48), VEIDOVSKY (in litteris), du Pıessis-Gourer (128, p. 47), Jurinac (136, p. 11) sollen die Repräsentanten der Gattung Niphargus der Augen entbehren. Leypie theilt auch mit, dass bei den Brunnen-Niphargi von Tübingen und Bonn das Sehganglion zwar vorhanden ist, die Krystallkegel aber und das Augenpigment fehlen und somit die Augen gar nicht existiren. Leywpıc bemerkt weiter, dass das erste Glied des Stieles der unteren Antennen zuweilen orangegelb gefärbt erscheint und einen Fleck bildet, der von Koca allem Anscheine nach als ein Auge gedeutet worden ist. Es scheint mir, dass Spence Bare denselben Fehler in Hinsicht der Augen von Niph. fontanus begangen habe. Dieser Punkt ist von mir mit be- sonderer Aufmerksamkeit geprüft worden und ich habe mich an zahl- reichen Exemplaren von Niph. tatrensis und Niph. puteanus var. Vej- dovskyı aufs bestimmteste überzeugt, dass bei denselben keine Augen existiren. Professor Franz Vespovsky in Prag hat mir brieflich mitge- theilt, dass die Embryonen der letztgenannten Art der Augen vollständig entbehren. Es bleibt somit kein Zweifel übrig, dass die Niphargus- Arten größtentheils keine Augen besitzen, es bleibt jedoch möglich, dass einige derselben mit diesen Organen ausgestattet seien. P. Gervaıs (19, p. 128) berichtete, dass sein Gammarus pulex.minutus Über drei unterirdische Gammariden. 625 (den er später mit dem Namen Gam. lacteus bezeichnete, 49, p. 488) mit pigmentlosen Augen ausgestattet sei: »ses yeux au lieu d’etre noirs, comme chez les pr&cödentes, sont tout-a-fait sans pigment et non apparens «. Nach C. L. Koca (20, Heft 5, Taf. II; Heft 36, Taf. XXII) soll Gam- marus puteanus von Regensburg gelbe, derselbe von der Stadt Zwei- brücken deutliche, gelblich-graue Augen besitzen. A. Costa (36) erwähnt die Augen von Gammarus longicaudatus mit keinem Worte, bildet aber dieselben als kleine, runde Pünktchen ab. Spenc# Bate (54, p. 17%) schreibt der Gattung Niphargus kleine Augen (eyes minute) zu, was auch in dem zusammen mit Professor J. ©. Westwoop publieirten Werke bestätigt worden ist (55, p. 311 und Anm. * auf derselben Seite). Niph. fontanus, dessen Exemplare die Ver- fasser wochenlang lebend gehalten haben, soll aber mit vollkommen ausgebildeten, citronen- oder schwefelgelben Augen versehen sein (54, p- 175; 55, p. 320, 321), die nur nach dem Tode des Thieres fehlen: »the absence of eyes is only after death« (54, p. 176). Über die Augen anderer Arten derselben Gattung theilen Verfasser gar nichts mit. Professor F. Prateau (66, p. 7; 132, p. 435) berichtete, dass der Brunnenkrehs von Gent, den er mit Niphargus (Gammarus) puteanus identifieirte, dreieckige, pigmentlose Augen besäße. Er unterwarf den- selben einer Reihe von Experimenten, um sich von der Lichtempfind- lichkeit desselben zu überzeugen. Er brachte die Thiere in Glasröhren unter, die mittels eines beweglichen Papierfutterals theilweise ver- dunkelt werden konnten, so dass die Versuchsthiere der Einwirkung des Lichtes nach Belieben ausgesetzt werden konnten. Auf diese Weise überzeugte sich Pıateau, dass Niph. puteanus lichtscheu erscheint, da er sich immer vor der Einwirkung des Lichtes in den dunklen Theil der Röhre flüchtet. Nach Professor Epuarp van BENEDEN (120, p. 654) besitzt Niph. puteanus aus Lüttich pigmentlose Augen: »Il est facile de voir que les yeux sont totalement döpourvus de pigment et que ces organes, sans etre totalement atrophies, sont cependant considerablement reduits«. Er wiederholte die Experimente von Prartzau mit demselben Erfolge und resumirt auf folgende Weise die Ergebnisse derselben (p. 651, 652): 1% »Que ces animaux sont sensibles A la lumiere; 2° qu’ils sont genes par elle, probablement & la facon des Al- binos qui ne peuvent supporter le grand jour; 3° quiils ont conscience des mouvements qu'ils doivent ex6&- cuter pour regagner une retraite oü ils se trouvent ä l’aise, des le moment oü ils percoivent limpression des rayons lumineux, ä 41* 626 August Wrzesniowski, la condition toutefois de ne pas se trouver trop Ecartes, par suite d’une impulsion inconsideree, de la limite entre la lumiere et Vobseurite.« Keiner der genannten Forscher, nach denen Niphargus mit Augen ausgestattet sein soll, bemühte sich, wie wir gesehen haben, etwas über den anatomischen Bau dieser Organe zu berichten. Sie reden bloß über die Farbe des Augenpigmentes, oder über die Abwesenheit dieses letzteren, beschäftigen sich aber mit den Verrichtungen des Or- gans selbst gar nicht. Man möchte glauben, dass die Lichtempfindlichkeit, die von PLATEAu und E. van Beneden außer allen Zweifel gesetzt worden ist, einen wenn auch mittelbaren Beweis für das Vorhandensein der Augen bei den in Rede stehenden Krebsen liefere. Das ist aber nicht der Fall, was vor Allem aus den Experimenten von PLArzAu mit augenlosen Myriapoden hervorgeht. Derselbe hat die Resultate seiner Versuche auf folgende Weise kurz zusammengefasst (132, p. 456, 457): 10 Les Myriapodes Chilopodes aveugles percoivent la lumiere du jour et savent choisir entre cette lumiere et l’obseurite. 2% Chez les Myriapodes Chilopodes munis d’yeux et chez les Chilopodes d&pourvus de ces organes, il faut, en general, un temps assez long pour que ces animaux s’apercoivent qu'ils ont passe d’une obscurite relative ou complette A la lumiere du jour. 3° La duree de cette periode latente n’est pas plus grande chez les Myriapodes aveugles que chez les Myriapodes munis d’yeux. Zu gleichen Resultaten ist bereits früher Professor V. GrABER (120, p: 201—236) gelangt, der mit Regenwürmern, sowie mit geblendetem Triton cristatus und Blatta germanica experimentirte. Die, wie be- kannt, augenlosen Regenwürmer häuften sich hauptsächlich im dunk- len, oder wenigstens dunkleren Theile der Versuchskammer an und zeigten sich sogar gegen Farbenlicht empfindlich, da sie das rothe und grüne Licht dem blauen vorgezogen haben, und sich vor dem ultra- violetten flüchteten. Nach Abtragung des vorderen Körpertheiles ver- hielten sich die Würmer auf dieselbe Weise, so dass der ganzen Haut- decke derselben Lichtempfindlichkeit zugeschrieben werden darf. Der geblendete Trilon cristatus und Blatia germanica sind auch im Stande die Helligkeit von der Dunkelheit, sowie die Farbe des Lichtes zu » unterscheiden. Eben so wie die mit unbeschädigten Augen ausge- statteten Exemplare suchen die geblendeten Dunkelheit auf, vermeiden die kurzwelligen (ultravioletten und blauen) und suchen die langwel- ligen (rothen und grünen) Lichtstrahlen auf. Professor H. LacazE Durniers (43) theilt über Lichtempfindlichkeit Über drei unterirdische Gammariden. 627 von Dentalium Folgendes mit: »Le Dentale ressent l’impression de la lumiere; on le voit rentrer son pied si l’on fait tomber sur lui un rayon de soleil. La m&me chose s’observe qu’and on approche un flambeau, lanimal rentre dans sa coquille.« Professor PoucHer (74) überzeugte sich, dass die blinden Maden von Lucilia caesar die Intensität und die Richtung der Lichtstrahlen zu unterscheiden vermögen. Mit einem Worte, die Lichtempfindlichkeit liefert keinen Beweis zu Gunsten der Anwesenheit der Augen, da aber keine anatomischen Gründe für das Vorhandensein dieser Organe bei Niphargus geliefert, ja sogar versucht worden sind, so muss man wenigstens vorläufig an- nehmen, dass alle bis jetzt bekannten Arten dieser Gattung der Augen entbehren und somit blind erscheinen. Aus der Gattungsdiagnose kann somit die Augenlosigkeit noch nicht weggelassen werden. An den drei letzten Abdominalsegmenten fehlen bei Niphargus die Stachelbündel, die bei Gammarus vorhanden sind. Am hinteren Rande des ersten bis fünften Abdominalsegmentes des ersteren befinden sich aber feine Borsten (Taf. XXVII, Fig. 1—3), bei Niphargus puteanus var. Vejdovskyi (Taf. XXVII, Fig. 1—3) erscheint außerdem am sechsten Ab- dominalsegmente ein Paar kleiner Stachel eingepflanzt. Es leuchtet somit ein, dass in der Charakteristik der Gattungen Niphargus und Gammarus die Bewaffnung der Dorsalseite der Abdominalsegmente nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen kann, um so mehr als auch bei Gammarus pulex und anderen nahe stehenden Süßwasserformen der- selben Gattung, wie ich mich überzeugt habe, auch die drei ersten Ab- dominalsegmente an ihrer Dorsalseite mit feinen Borsten bewaffnet er- scheinen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei Niphargus die Borsten weniger zahlreich und dünner erscheinen. Dieselben sind bereits von SpencE BATE, HUMBERT, DE ROUGEMONT und Pratzeau abgebildet worden. Die Zahl der Glieder des Nebenflagellums als Gattungseigenthüm- lichkeit erscheint charakteristisch. Auf der Figur von Spenxce BAre (55, die Abbildungen p. 319, 323) ist dasselbe bei Niph. fontanus und Niph. kochianus als dreigliedrig dargestellt, was jedoch nach der brieflichen Mittheilung von Rev. Ta. B. R. Stesping nur als ein Fehler des Xylogra- phen angesehen werden darf. Die Mandibel (Taf. XXVIU, Fig. 8) stimmen in ihrer Bauweise mit denen von Gammarus überein, erscheinen aber schwächer ausge- bildet. Das dritte Glied ihres Palpus übertrifft an Länge das vorher- gehende, was beim erwachsenen Männchen von Niphargus tatrensis sehr deutlich hervortritt. 628 August Wrzesniowski, Am Innenrande des zweiten Palpusgliedes erheben sich paarweise in fünf bis sieben Gruppen angeordnete Borsten. Das dritte oder api- cale Glied verschmälert sich plötzlich im 2/, seiner Länge und erscheint nach seiner Spitze zu immer schmäler; sein innerer etwas konkaver Rand ist mit dicht neben einander stehenden, zahlreichen, kurzen Bor- sten versehen, die nach der Spitze des Gliedes zu allmählich länger werden; die schief abgeschnittene Spitze erscheint mit drei bis vier langen Borsten gekrönt. An dem proximalen Ende desselben Gliedes erheben sich einige dicht neben einander stehende, lange Borsten. An der unteren Fläche des Gliedes befindet sich eine dreieckige, mit kurzen, dünnen Haaren bedeckte Vertiefung. Die Palpen sehr junger Exem- plare besitzen einen viel spärlicheren Borstenbesatz. Der Molarfortsatz der Mandibel erscheint mit einer Borste ver- sehen, die nach Humserr (92, p. 361, 363) an ihren Rändern mit sehr zarten, schwer zu entdeckenden Wimpern versehen sein soll; ich habe versäumt diese letzteren an den von mir untersuchten Exemplaren aufzusuchen. Die in Frage stehende Borste soll nach DE RougEmonT (88, Taf. I, Fig. 5, 6) gegliedert sein, was jedoch weder von Humserr noch von mir selbst bestätigt werden konnte. Dieselbe ist sogar an kleinsten Exemplaren deutlich wahrnehmbar. Der Hypopharynx (Labium, Paragnathen) (Taf. XXVIII, Fig. 4) erscheint in die Breite ausgezogen, mit dreieckigen, an den Spitzen zuge- schärften Flügeln versehen und vorn in zwei abgerundete Lappen aus- gedehnt, die von einander durch einen breiten Ausschnitt getrennt sind. An der Unterfläche des Hypopharynx befindet sich ein häutiger, in der Mitte tief geschlitzter und nach vorn zu in zwei abgerundete Fortsätze verbreiteter Anhang. Die inneren Ränder der Lappen des Hypopharynx, sowie die vorderen Ränder der Fortsätze des Anhangs erscheinen mit spärlichen, dünnen Haaren ausgestattet. Die Maxillen des ersten Paares (Taf. XXVII, Fig. 8; Taf. XXIX, Fig. 12 a und b; Taf. XXX, Fig. 3; Taf. XXXI, Fig. 5, 21). Die Palpen (Taf. XXXI, Fig. 5 a und b) erscheinen unsymmetrisch. Der linke Pal- pus ist schlanker und länger, der rechte breiter und kürzer. Die Be- waffnung beider Palpen zeigt aber keine Differenzen und besteht an jedem derselben aus fünf bis sechs langen, breiten, einseitig kurz und sehr zart bewimperten Borsten. Bei sehr jungen Exemplaren erschei- nen diese letzteren minder zahlreich. Die Bauverhältnisse der in Frage stehenden Palpen, wie wir gesehen haben, bieten bei Gammarus er- hebliche Differenzen und liefern ein gutes Merkmal dieser Gattungen. Die Bewaffnung des Außenlappens (Taf. XXIX, Fig. 12a, 5; Taf. XXX, Fig. 3; Taf. XXXI, Fig. 21) erscheint sehr charakteristisch. Über drei unterirdische Gammariden. 629 Am apicalen Rande desselben sind zwei Stachelreihen vorhanden: die obere besteht aus drei, die untere aus vier Stacheln. Diese letzteren, besonders die zwei nach innen gerückten, erscheinen an ihrer Spitze gegabelt; an den zwei dem äußeren Rande des Lappens näher stehen- den Stacheln sind die Seitenfortsätze klein, und bei sehr jungen Exem- plaren fehlen sie sogar vollständig (Taf. XXXI, Fig. 21). Die Stachel der oberen Reihe erscheinen mit je einem bis vier kurzen Seitenfortsätzen versehen. Bei jungen Exemplaren sind diese letzteren kürzer und weniger zahlreich (Taf. XXXI, Fig. 21). Niphargus tatrensis und Niph. puteanus var. Vejdovskyi unterscheiden sich von einander durch die mehr oder weniger schlanke Form der Stacheln und die Zahl ihrer Seitenfortsätze (Taf. XXIX, Fig. 12 a, b; Taf. XXX, Fig. 3). Der Innenlappen der uns beschäftigenden Maxillen (Taf. XX VIII, Fig. 8) erscheint schmal, nach der Spitze verschmälert, an seinem inne- ren Rande glatt, an seinem Gipfel mit zwei oder drei Borsten versehen, die im oberen !/, ihrer Länge einseitig mit sehr feinen Wimpern aus- gestattet erscheinen. Bei sehr jungen Exemplaren befindet sich an der Spitze des Lappens eine einzige Borste. Mit einem Worte, die Palpen und die beiden Lappen der in Frage stehenden Maxillen erscheinen für die Gattung Niphargus sehr charak- teristisch. Maxillen deszweiten Paares (Taf. XXVIII, Fig. 13; Taf. XXIX, Fig. 1—3). Der Außenlappen (Taf. XXIX, Fig. 1) erscheint an seiner Spitze mit Borsten bewaffnet, die in drei Reihen angeordnet sind: die unterste Reihe (—5) besteht aus fünf bogenförmig gekrümmten, an ihrer Spitze zugeschärften Borsten; in der oberen Reihe stehen fünf blasse bogenförmig nach innen gekrümmte, an ihren Spitzen abgerun- dete Borsten, mit je einem inneren am Gipfel jeder derselben münden- den Kanale (a, a). Die mittlere Reihe (b, b) enthält sieben am Rande selbst eingepflanzte Borsten, die eben so gebaut erscheinen wie die der oberen Reihe. An der unteren Fläche des Innenlappens (Taf. XXIX, Fig. 2) er- heben sich vier Borsten von derselben Beschaffenheit wie die des Außen- lappens (/—IV). Neben der ersten inneren Borste, dicht am inneren Rande des Lappens, befindet sich eine kurze, mit einigen Seitenwimpern ausgestattete Borste (c); sonst erscheint der innere Rand vollkommen glatt, borstenlos. An der oberen Fläche (Taf. XXIX, Fig. 3) sind fünf Borsten eingepflanzt (/—5), jede an ihrem äußeren Rande mit je einer oder zwei Wimpern versehen. In jeder Borste verläuft ein centraler, an ihrer Spitze mündender Kanal, und über der Mündung desselben er- hebt sich ein zarter Fortsatz der Borstenspitze (Taf. XXIX). Die mittlere 630 August Wrzesniowski, Reihe (b, b) besteht aus fünf bis sechs blassen Borsten von derselben Beschaffenheit wie die entsprechenden Borsten des Außenlappens. Der borstenlose innere Rand des Innenlappens liefert ein charak- teristisches Merkmal der Gattung Nipharguüs. Kieferfüße (Taf. XXX, Fig. 11—13). Am apicalen und inneren Rande des Außenlappens sind abgeplattete, breite Borsten eingepflanzt, die am erstgenannten Rande von außen nach innen zu, am inneren Rande aber von vorn nach hinten immer kürzer und breiter werden. Bei Niphargus tatrensis und Niph. puteanus var. Vejdovskyi erscheinen die zwei am weitesten nach außen gerückten Borsten am längsten; im oberen !/, oder !/, ihrer Länge erscheinen dieselben mit äußerst win- zigen Wimpern beiderseits versehen (Taf. XXX, Fig. I3a,a). Die, von außen nach innen gerechnet, folgende dritte Borste erscheint bedeutend kürzer, breiter und deutlich gefiedert (b). Die noch weiter nach innen eingepflanzte vierte Borste (c) erscheint noch kürzer und breiter und ebenfalls gefiedert. Die fünfte Borste (d) ist so kurz und breit, dass sie als ein zahnförmiger Stachel bezeichnet werden kann, an dem nur einige schwer wahrnehmbare Seitenwimpern vorhanden sind. Die sechste Borste (e), wie auch alle am inneren Rande eingepflanzte Borsten, stellt einen glatten zahnförmigen Stachel ohne Seitenwimpern dar. Am apicalen Rande des Innenlappens (Taf. XXX, Fig. 12) befindet sich bei Niph. puteanus var. Vejdovskyi ein einziger, bei Niph. tatrensis zwei bis drei mächtige Stacheln. Neben diesen letzteren erheben sich einige, in ihrem oberen Theile einseitig mit feinen Wimpern versehene Borsten. Am inneren Rande des Lappens sind keine Borsten vor- handen. Fries (96, p. 36, 60) berichtet, dass bei einem Niph. puteanus, den er in einem aus der Falkensteiner Höhle abfließenden Bache aufgefun- den hat, sowie bei Männchen des Niph. puteanus von Würzburg, der innere Lappen des letzten Uropodenpaares lang und gut ausgebildet erschien, während derselbe bei Weibchen aus Würzburg und bei Exem- plaren aus anderen Lokalitäten, wie z. B. aus der Hilgershäuser Höhle und aus Helgoland, zu einer kleinen Schuppe reducirt war. Es ist nicht zu leugnen, dass diese Beobachtung von Frizs etwas flüchtig erscheint, jedenfalls muss man aber gestehen, dass dieselbe nach gehöriger Be- stätigung die Gattungsdiagnose von Niphargus umändern kann. Die relatıve Länge beider uns beschäftigenden Lappen erscheint um so weniger wichtig, als auch bei Gammarus Maakit und Gam. mari- nus, wie bereits oben bemerkt worden ist, der Innenlappen des letzten Uropodenpaares rudimentär erscheint. f Bei der Mehrzahl der bekannten Niphargus-Arten zeichnet sich Über drei unterirdische Gammariden. 631 das zweite Glied des Außenlappens der in Rede stehenden Uropoden durch seine relativ bedeutende Länge aus, bei Niph. croaticus erscheint aber dasselbe nach Jurınac (136, p. 14, Fig. 1) sehr kurz und nach Monıszz (138, p. 42, 44) besitzt sein Gammarus puteanus A mains de forme ovale, den ich vorläufig als Niphargus Moniezi bezeichnen möchte, einen ein- gliedrigen Außenlappen des letzten Uropodenpaares. Nach Prarz (61) soll derselbe Lappen beim Weibchen seines Gammarus Caspary ein- gliedrig, beim Männchen aber zweigliedrig sein. Die Angaben von Monızz und PrArz müssen noch gewiss durch ein- gehendere Untersuchungen bestätigt werden, jedenfalls aber erscheint die Bedeutung des letzten Uropodenpaares für die Gattungsdiagnose von Niphargus sehr problematisch. Die Schwanzplatte erscheint nicht so tief wie bei Gammarus ge- spalten, übrigens wird dieselbe aber sogar bei verschiedenem Ge- schlechte derselben Art in sehr verschiedenem Grade geschlitzt, wie es Jurınac (136, p. 11, 12,15, 16, Fig. 3 und 12) für seinen Niph. croaticus nachgewiesen hat. Aus dem oben Mitgetheilten geht hervor, dass Alles in Allem zu- sammengenommen, die positiven Merkmale der Gattung Niphargus in der Beschaffenheit ihrer Mundtheile und ihrer Antennen (hyaline Stäb- chen) zu suchen sind. Alle übrigen Baueigenthümlichkeiten erscheinen von geringer oder problematischer Bedeutung. DE ROUGEMONT (88, p. 260) theilte mit, dass bei blindem Niph. putea- nus und Asellus Sieboldii die Riechzapfen stärker ausgebildet seien als bei den mit Augen versehenen Gammarus pulex, Gam. flwviatilis und Asellus aquaticus und sucht diese Thatsache dadurch zu erklären, dass auf diese Weise das mangelnde Sehvermögen durch einen schär- feren Geruchssinn ersetzt wird. Professor Forzı (127, p. 178) berichtet, dass sich Niph. Forelüi von den in beleuchteten Gewässern lebenden Gammari, unter Anderem durch seine mächtiger ausgebildeten Tast- und Riechorgane unterscheidet. Bei vielen Niphargus-Arten beobachtet man aber einen solchen Ersatz der mangelnden Augen nicht. Frızs (96, p. 60) theilt mit, dass die Riechzapfen relativ länger oder kürzer sein können, und zwar erschei- nen dieselben bei den Exemplaren aus dem Bache vor der Falkensteiner Höhle kürzer, bei denen von Helgoland länger. A. Humserr (92, Taf. VI, Fig. 2) bildet diese Zapfen kürzer als das folgende Flagellumglied ab, und ich habe bei den von mir untersuchten Exemplaren dasselbe Verhältnis beobachtet. Die Verlängerung der Riechzapfen kann somit bei Niphar- gus nicht als Regel angesehen werden. 632 August Wrzesniowski, Die Borsten erscheinen bei Niphargus an allen Theilen seines Körpers spärlicher als bei Gammarus pulex ausgebildet, da aber die- selben, die Stachel nicht ausgenommen, die Sinnesorgane darstellen, so kann man nicht behaupten, dass sich die erstgenannte Gattung durch eine Exageration ihrer Tast- und Riechorgane auszeichnete, wie es FOREL (127, p. 178) gethan hat. Eriopsis mihi, Eriopis. BruzeLius (48); SpEncE BATE (54, 55); A. M. Norman (64). Niphargus. A. Borck (69, 75); A. GERSTÄcKER (131). Die Gattung Eriopis ist von Raanar BruzeLius (48, p. 65, 66, Taf. III, Fig. 12) im Jahre 1858 aufgestellt und auf folgende Weise charakteri- sirt worden: Corpus elongatum, parum compressum, epimeris parvis. Antennae superiores pedunculo gracili et flagello appendieu- lari perpusillo instructae; inferiores subpediformes. Mandibulae duobus ramis, tuberculo molari et palpo triarticu- lato instructae. Maxilla primi paris palpo biarticulato ornata. Palpus pedum maxillarium e quatuor artieulis compositus. Pedes primi secundique paris manu (articulo quinto) subcheli- formi armati. Tria paria posteriora pedum thoraeis postice gradatim longiora. Rami pedum abdominalium ultimi paris valde inaequales; interior brevis, exterior abdominis longitudinem fere aequans, duobus arti- culis complanatis instructus. In der Beschreibung der einzigen Art Eriopsis elongata finden wir folgende Auskünfte über ihre Strukturverhältnisse. Die oberen Anten- nen sind mit einem zweigliedrigen Nebenflagellum ausgestattet. Der Innenlappen der Maxillen des ersten Paares erscheint eiförmig abge- rundet und an seinem inneren Rande mit zahlreichen, gefiederten Borsten versehen, während der Außenlappen derselben Maxillen mit theils dreiästigen, theils gezähnelten Stacheln bewaffnet ist. An der Spitze jedes Maxillarpalpus sind drei bis vier stumpfe zahnförmige, und einige am Rande zart eingekerbte Stacheln eingepflanzt. Am inneren Rande des Außenlappens der Kieferfüße befinden sich kurze, ge- krümmte, am apicalen Rande desselben Lappens einige gefiederte Borsten. Auf der Figur der in Frage stehenden Art erscheint der Innen- lappen der Kieferfüße mit einigen Borsten an seiner Spitze versehen. SPENCE BATE (54, p. 178, Taf. XXXI, Fig. 5), der den Krebs nicht ge- sehen hat, wiederholte die Angaben und die Abbildung von BruzeLrus. Über drei unterirdische Gammariden. 633 Rev. A. M. Norman (64, p. 415—421) fischte an den Küsten von England ein einziges, unvollständiges Exemplar der uns beschäftigen- den Art aus, dem die Schwanzplatte und die Uropoden des dritten Paares fehlten. Es kann somit kein Wunder nehmen, dass er nichts Neues über dieses Thier beigetragen hat. AxeL Borck (69, p. 135; 75, p. 402, Taf, XXII, Fig. 5), der nach seinem eigenen Geständnis kein Exemplar von Niphargus vor Augen gehabt hatte, vermochte keine charakteristischen Differenzen dieser letzteren Gattung und der von Eriopsis zu bemerken. Er vereinigte somit beide Genera mit einander mit Beibehaltung des älteren Namens Niphargus. Die so unpassend bezeichnete Gattung Eriopsis ist von BoEcK auf folgende Weise charakterisirt worden: Mandibulae articulo palpi 3-tio longiore quam 2-do, angusto. Maxillae primi paris lamina interiore ovata, magnitudinis mediocris, in margine interiore persetosa. Corpus praelongatum, angustum; epimeris sat parvis. Antennae superiores inferioribus multo longiores. Pedes secundi paris manu majore quam eadem I-mi paris. Pedes trium parium ultimorum longitudine gradatim cres- centes. Pedes saltatorii ultimi paris ramo interiore parvulo; ramo ex- teriore praelongato 2-articulato. Appendix caudalis profunde fissa. In der Beschreibung der Bauverhältnisse von Eriopsis elongata (Niphargus elongatus von A. Bozck) theilt derselbe Forscher Folgendes mit. Der Innenlappen der Maxillen des zweiten Paares erscheint an seinem inneren Rande mit langen Dornen versehen. Die Bewaffnung beider Lappen der Kieferfüße besteht aus langen, aber schwachen Stacheln, die gegen die Spitze jedes Lappens in gefiederte Borsten über- gehen. Die Abbildung des Kieferfußes stimmt mit diesen Worten nicht überein, da auf der Taf. XXII, Fig. 5 h der Außenlappen als mit glatten, langen und gekrümmten Borsten versehen dargestellt erscheint, die gegen die Spitze zu immer länger werden und an der Spitze selbst am längsten sind. An der Spitze des Innenlappens erscheinen an derselben Figur drei kurze und gekrümmte, am inneren Rande desselben Lappens aber eben so viel gefiederte Borsten dargestellt. Dieser Widerspruch ist gewiss dadurch zu erklären, dass der’zweite Theil des Werkes erst nach dem Tode des Verfassers von Hakon Bock herausgegeben wor- den ist. Aus den oben angeführten Angaben von R. Bruzeius und A. BoEcK geht hervor, dass sich Eriops:ıs durch ihre Maxillen der Gattung Gammarus 634 August Wrzesniowski, nähert, während sie durch ihr zweigliedriges Nebenflagellum, den schlanken Körper, die niedrigen Coxen und das letzte Uropodenpaar mit Niphargus sehr nah verwandt erscheint. Eriopsis stellt eine Ver- bindungsform dieser beiden Gattungen dar, da sie die Baueigenthüm- lichkeiten derselben in einem gewissen Grade vereinigt. Es ist kein Grund vorhanden dieselbe bei der einen oder der anderen dieser Gattun- gen unterzubringen, es erscheint dagegen am passendsten derselben ihre Besonderheit anzuerkennen. Professor A. GERSTÄCKER (131, p. 511) ver- einigt Zriopsis mit Niphargus ohne sein Verfahren zu begründen, was augenscheinlich dadurch zu erklären ist, dass er nur die äußeren Or- ganisationsverhältnisse in Anspruch genommen hat, ohne die Mundtheile zu berücksichtigen. Rev. Tu. R. R. Stessing (137, p. 1672) theilt mit, dass der Name Eriopis bereits vor BruzeLius seine Anwendung in der Zoologie gefun- den habe. Ich halte es somit für zweckmäßig denselben etwas umzu- ändern und mit dem von Eriopsis umzutauschen, der die ursprüngliche Benennung in sehr wenig alterirter Form darstellt. Crangonyx Spence Bate. Die Gattung Orangonyx ist, wie bekannt, von Spence Bate (47) auf- gestellt worden. Dieser verdienstvolle Forscher charakterisirte dieselbe auf folgende Weise: Superior antennae having a secondary appendage. First pair of gnathopoda rather larger than the second. Posterior pair of pleopoda unibranched, not larger than the preceding pair. Telson single, entire. GRuBE (51, p. 137; 56, p. 200, 201; 58, p. 409—411) lieferte eine Diagnose der in Rede stehenden Gattung, ergänzte aber dieselbe eigent- lich gar nicht. Professor C. HELLER (59, p. 35; 60, p. #) hat auch in dieser Hinsicht nichts beigetragen. Die Orangonya-Arten erscheinen bald augenlos, bald mit in ver- schiedenem Grade ausgebildeten Augen ausgestattet und zwar: Ürang. compactus Ch. Chilton, (109, p. 177, Taf. IX, Fig. 13—19), Orang. luei- fugus O. P. Hay (115) und COrang. Packardii J. S. Smith (112) entbehren der Augen; beim Orang. subterraneus S. Bate erscheinen dieselben un- vollkommen ausgebildet und stellen nur kleine, gelbe Punkte dar (55, p- 327); bei Crang. recurvus E. Grube sind kleine schwarze, nicht ganz scharf umschriebene Augen vorhanden (58, p. 409); Crang. Ermannü S. Bate (Gammarus Ermannü M. Edwards) erscheint mit runden Augen ausgestattet (54, p. 179, Taf. XXXII, Fig. 7). Crang. vitreus A. S. Packard Über drei unterirdische Gammariden. 635 Crang. gracıilis J. S. Smith, Crang. antennatum A. S. Packard, Orang. bifurcus O. P. Hay sind auch mit Augen versehen (89, 73, 112, 115). Über die Mundtheile der Gattung Crangony& sind mir keine An- gaben bekannt. Goplana A. Wrzesniowski. Unter dem Namen Gammarus ambulans ist von FRIEDRICH MÜLLER (25, p- 296—300, Taf. X, Fig. A, c) eine neue Art beschrieben worden, deren Charakteristik von demselben auf folgende Weise dargestellt worden ist: Gammarus ambulans, fronte inermi, oculis subrotundis, an- tennis superioribus inferiores excedentibus, flagello auxiliari minimo, biarticulato instructis, dorso laevi, pedibus spuriis paris sexti simplieibus, conicis, perexiguis, appendicibus caudae duabus, brevibus, eylindrieis, apice spinulosis. Longitudo 2”, antennar. sup. 0,8”. F. MüLzer berichtet, dass der Körper dieses Krebses weit weniger zusammengedrückt, breiter, an den Seiten gewölbter als in den ver- wandten Gattungen erscheint. Damit steht im Zusammenhange eine abweichende Bewegungsart, namentlich der aufrechte Gang, nach wel- chem die Art seinen Namen erhalten hat. Die drei letzten Abdominal- segmente sind kurz und zu einem einzigen, ungegliederten Stück ver- schmolzen (25, p. 298, Taf. X, Fig. A); die Uropoden des dritten Paares erscheinen ganz rudimentär und bestehen aus einem konischen Basal- gliede, auf welches ein kurzes, an seiner Hinterseite mit einigen Borsten besetztes, weit kleineres Endglied aufgesetzt ist. Die drei letzten verschmolzenen Abdominalsegmente und die rudi- mentären Uropoden des dritten Paares, vorzüglich aber der Endabschnitt des Abdomens liefern ein wichtiges Merkmal dieser Art, das dieselbe von allen übrigen Repräsentanten der Gattung Gammarus unterscheidet. Diese Abweichung ist bereits von F. Mürzer hervorgehoben worden, der eine nahe Verwandtschaft seines Gammarus ambulans mit Gam- marus Ermanniti von M. Epwarps bemerkt hatte. Dieser letztere Krebs ist aber von Spence Bate, wie wir bereits gesehen haben, der Gattung Crangonyx beigezählt worden. Der Aufmerksamkeit von A. Boecek ist die nahe Verwandtschaft beider genannten Arten nicht entgangen; derselbe betonte, dass bei Gam. ambulans alle Eigenthümlichkeiten von Crangonyx vorhanden sind, der erstere aber von dieser letzteren Gattung durch seine ver- schmolzenen Abdominalsegmente abweiche (75, p. 52). Obwohl nun diese ausgezeichneten Forscher die Stellung der uns beschäftigenden 636 August Wrzesniowski, Art im Systeme der Gammariden richtig erkannt haben, stellte doch keiner von ihnen für dieselbe eine besondere Gattung auf. Das habe ich gethan, nachdem ich in Warschau in einem von Hydrocharis Morsus ranae bewachsenen Graben eine sehr nahe verwandte Art auf- gefunden habe. Ich habe die von mir aufgestellte Gattung mit dem Namen Goplana bezeichnet und dieselbe zuerst sehr kurz (103, p. 299) charakterisirt, dann aber lieferte ich eine umständliche, in polnischer Sprache abgefasste Beschreibung derselben und bildete sie ab (113, p. 321—347, Taf. X und XI), ohne jedoch die Mundtheile gehörig zu berücksichtigen. Ich halte es somit für zweckmäßig die Eigenthümlich- keiten der Gattung Goplana hier näher zu besprechen und beginne mit einer Diagnose derselben. Oculi mediocres, saturatissime brunneo nigri, pigmento plus minusve lacerato, conis cristallinieis paucis. Corpus parum modo compressum, sat crassum; dorso lato, rotundato; abdomine tribus ultimis segmentis coalitis; epimeris anterioribus magnis. Antennae superiores inferioribus longiores flagello appendicu- lari biarticulato munitae; antennae inferiores flagello in mare cal- ceolis foliaceis instructo. Pedes I-mi et 2-di paris similes, subcheliformes, manu parum dilatata, utriusque sexus eadem forma. Pedes saltatorii ultimi paris uno ramo conico instructi. Appendix caudalis (telson) simplex, apice emarginata, aut duplex. Mandibulae tuberculo molari seta longa, plumosa instructo; palpo triarticulato articulis crassis, secundo et tertio setis perpau- eis munitis; articulus ultimus secundi brevior. Maxillae A-mi paris lamina exteriore spinis furcatis et serru- latis armata, palpo biarticulato, dextro et sinistro spinis et setis in- structo ; lamina interiore ovata, nonnullis setis plumosis munita. Maxillae 2-di paris lamina interiore in margine setis paueis eiliatis, in apice setis glabris, curvatis munita. Pedes maxillares lamina exteriore setis perpaueis, pallidis, curvatis et glabris instructa; lamina interiore in margine duabus setis plumosis unoque dente pectinato et ciliato munita, in apice una seta curvata et glabra, tribus dentibus validis, serrulatis uno- que dente curvato, pectinato et ciliato armata. Palpo elongato, lato; articulo ultimo apicem versus perangusto, unguiformi. Die Mandibularpalpen zeichnen sich durch die Breite ihrer Glieder aus, sowie durch die geringe Zahl der Borsten an ihrem zweiten und Über drei unterirdische Gammariden. 637 dritten Gliede; alle Borsten erscheinen von ziemlich gleicher Länge und bilden am dritten Gliede keine kammförmige Reihe. Die Spitze des Molarfortsatzes erscheint dreieckig und mit einer relativ langen, gefiederten Borste versehen. Die Bewaffnung des Außenlappens der Maxillen des ersten Paares (Taf. XXX, Fig. 5) besteht aus zwei Borstenreihen. Die obere Reihe (—III) enthält drei Borsten; jede derselben erscheint an ihrer Spitze zugeschärft, und neben derselben mit zahnartigen Fortsätzen versehen, die desto länger werden, je näher die Borste dem inneren Rande des Lappens steht. Die erste derselben, von außen nach innen gerechnet, hat zwei, die zweite drei, die dritte sieben kammartig angeordnete Zähne. Die untere Reihe (7—4) erscheint aus vier Borsten gebildet, die nach dem inneren Rande des Lappens zu allmählich kürzer er- scheinen. Die erste, von außen nach innen gerechnet, ist neben ihrer Spitze mit zwei kleinen Zähnen versehen, alle anderen erscheinen an ihren Spitzen gabelförmig gespalten, d. h. jede derselben besitzt einen Seitenfortsatz, der von der zweiten zu der vierten Borste zu allmählich länger wird. Die Bewaffnung des in Rede stehenden Lappens stimmt in hohem Grade mit dem von Niphargus überein mit dem Unterschiede, dass bei diesem letzteren die Borsten schlanker und ihre Seitenfort- sätze relativ kürzer erscheinen. Die Maxillarpalpen sind symmetrisch und auf dieselbe Weise be- waffnet. Der Innenlappen derselben Maxillen erscheint breit, abgerundet und mit einigen Fiederborsten versehen. Der ovale Innenlappen der Maxillen des zweiten Paares (Taf. XX VIII, Fig. 14) verschmälert sich gegen seine Spitze zu, wo er gerade abge- schnitten erscheint. Die Bewaffnung seines apicalen Randes besteht aus Borsten, die in drei Reihen angeordnet sind: in der oberen Reihe erhebt sich eine einzige, glatte Borste; in der unteren sind drei an ihren Spitzen pinselartig bewimperte, in der mittleren Reihe acht blasse, glatte Borsten vorhanden. Die der oberen und mittleren Reihe erschei- nen mit je einem an ihrer Spitze mündenden Kanale versehen. Dem inneren Rande des Lappens entlang verläuft eine Reihe von sechs bis sieben Fiederborsten. Dieselbe beginnt in einiger Entfernung von dem Rande dicht hinter der am weitesten nach innen gerückten Borste des apicalen Randes, und von diesem Punkte an verläuft sie etwas schief nach innen zu, so dass sich die Borsten allmählich dem inneren Rande nähern. An der unteren Fläche des Lappens befinden sich neben diesem letzteren Rande einige hlasse Borsten. Die untere Borstenreihe des Außenlappens derselben Maxillen 638 August Wrzesniowski, besteht aus vier eben so beschaflenen Borsten wie bei Gammarus stag- nalis; weiter nach vorn befinden sich zwei eben solche Borsten. In der oberen Reihe stehen zwei, in der mittleren sechs blasse Borsten mit je einem centralen, an ihrer Spitze mündenden Kanale. Die Kieferfüße (Taf. XXX, Fig. 14; Taf. XXXI, Fig. 3) erscheinen in taxonomischer Hinsicht sehr wichtig. An der Spitze und am inneren Rande des Außenlappens sind nur einige blasse, bogenförmig ge- krümmte und an ihren Spitzen abgerundete Borsten eingepflanzt. Auf dem apicalen Rande des Innenlappens sitzen drei kurze, breite, schief von innen nach außen abgeschnittene zahnförmige Stacheln. Der neben dem äußeren Rande eingepflanzte Stachel erscheint mit zwei Zähnchen versehen, die beiden übrigen sind an ihrem schief abgeschnittenen Rande fein gesägt. Zwischen dem zweiten und dritten Stachel (von außen nach innen gerechnet), etwas nach rückwärts, erhebt sich ein kurzer, plötzlich nach innen gekrümmter, breiter Stachel, dessen vor- derer Rand lamellenartig erweitert und tief kammartig eingekerbt er scheint; außerdem ist dieser Stachel mit langen, dünnen Haaren ver- sehen. Ein eben solcher Stachel mit noch tieferen Einschnitten erhebt sich hinter dem dritten apicalen Stachel. Dicht neben dem äußeren Rande des Lappens, in derselben Linie mit den apicalen Stacheln be- findet sich eine glatte, bogenförmig gekrümmte Borste. Am apicalen Rande sind noch lange, dünne Haare vorhanden. Die Uropoden des letzten Paares bestehen aus je einem breiten basalen Gliede und einem einzigen, sehr kurzen, konischen, mit einem einzigen Stachel gekrönten Endgliede. Bei Orangonyx, wenigstens bei Crang. subterraneus erscheint das einzige Endglied derselben Uropoden relativ länger und blattförmig. Da, wie ich bereits erwähnt habe, die Mundtheile von Crangony& einstweilen unbekannt sind, so können nur die äußeren Bauverhält- nisse dieser Gattung mit denen von Goplana verglichen werden. In dieser Hinsicht besteht die Charakteristik dieser letzteren in den mit einander verschmolzenen drei letzten Abdominalsegmenten, was be- reits A. Boeck hervorgehoben hat, sowie in den Baueigenthümlichkeiten des letzten Uropodenpaares. Die Mundtheile, und zwar die Maxillar- palpen, der Innenlappen der Maxillen des ersten und zweiten Paares und die Kieferfüße erscheinen auch für Goplana sehr charakteristisch. Professor A. GERSTÄcKER (131, p. 512) vereinigt Goplana mit Gam- marus, was nach dem oben Mitgetheilten so unrichtig erscheint, dass ich eine weitere Zurückweisung dieser Ansicht für überflüssig halte. Aus meiner Darstellung leuchtet ein, dass Goplana vielmehr in der Gattung Crangonyx ihren Platz finden möchte. Über drei unterirdische Gammariden. 639 Ich muss hier noch hervorheben, dass nach Rev. Ts. R. R. StEssinG (137, p. 502) meine Goplana polonica nur erwachsene Exemplare von Gammarus ambulans repräsentiren möchte (»It may well, I think, be questioned, whether Goplana polonica is more than adult of Mürter’s species«). Das kann aber nicht der Fall sein, da sich beide genannten Arten durch ihre Schwanzplatte unterscheiden: bei Goplana polonica erscheint nämlich dieselbe nur schwach ausgerandet, bei Goplana (Gam- marus) ambulans nach F. Mirzer doppelt. Die Schwanzplatte bietet aber bei der erstgenannten Art weder Alters- noch Geschlechtsunter- schiede dar. Ich glaube somit, dass die nach den Organisationsab- weichungen dieses Körpertheiles aufgestellten Arten als berechtigt an- gesehen werden dürften. Boruta gen. nov. Die Gattung Boruta! stelle ich nach Exemplaren auf, die ich in Brunnen des Dorfes Zakopane an den Nordabhängen des Tatragebirges aufgefunden habe. Die Hauptmerkmale derselben lassen sich auf folgende Weise zusammenfassen : Oeuli nulli. Corpus hyalinum, albidum, vel dilutissime ochraceum. Mandibulae tuberculo molari seta brevissima instructo. Maxillae I-mi paris lamina exteriore spinis in apice valde dilatatis et pectinatis armata; palpo biarticulato, dextro et sinistro setis curvatis instructo; palpus dexter sinistro latior; lamina in- teriore ovata, setis paucis plumosis munita. Pedes maxillares lamina exteriore in margine et in apice setis pallidis, curvatis et glabris, dupliei serie dispositis, instructa ; la- mina interiore in margine interiore tribus setis plumosis unoque dente pectinato et ciliato munita, in apice una seta curvata et glabra, duobus dentibus validis, serrulatis, unoque dente curvato, pectinato et ceiliato armata. Caeteroquin fere ut apud genus Goplana. Boruta zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit Goplana und weicht ihrer äußeren Organisation nach von derselben nur durch den Mangel der Augen, sowie durch ihren durchscheinenden, pigmentlosen oder sehr schwach bräunlichen Körper ab. Wichtigere Differenzen bietet die Mundbewaffnung dar. Die Mandibel (Taf. XXVIII, Fig. 6 und 7) sind, wie bei Gammarus, i Boruta ist der Name eines Teufels, der nach einer alten polnischen Über- lieferung in unterirdischen Höhlen des Schlosses von Leczyca leben und die dort angehäuften Schätze bewachen soll. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. L. Bd. 49 y 2 BR. L 640 August Wrzesniowski, Niphargus, Goplana und vielen anderen Amphipoden asymmetrisch. Der obere und innere Winkel jeder derselben erscheint in einen dünnen, langen apicalen Fortsatz ausgezogen und nach abwärts von demselben befindet sich eine mächtige gezähnelte Borste (Fig. 7 A und B, pr, se). Der apicale Fortsatz der rechten Mandibel (Fig. 7 A) erscheint an seiner Spitze gabelig eingekerbt und an seinem oberen Rande mit einem zahn- förmigen Vorsprunge versehen; die unter dem Fortsatze eingepflanzte Borste ist gabelförmig gespalten und ihre zugespitzten Schenkel erschei- nen am oberen Rande dicht und fein gezähnelt (se). Der apicale Fort- satz der linken Mandibel (Fig. 7 B) ist blattförmig verbreitert, rinnen- förmig nach unten zusammengebogen und an seiner Spitze gespalten; sein unterer Rand erscheint mit drei zahnförmigen Vorsprüngen ver- sehen. Neben der einfachen Spitze der unter dem Fortsatze einge- pflanzten Borste erhebt sich ein zahnförmiger Auswuchs (se). Der Molarfortsatz (Taf. XXX, Fig. 6) zeichnet sich durch seine ellip- tische Form aus; seine Oberfläche erscheint mit zahlreichen breiten Borsten bedeckt, die wenigstens theilweise an ihrem freien Rande gezähnelt erscheinen. Die neben dem Rande desselben eingepflanzte Borste (se) ist sehr kurz, an ihrer Spitze gerade abgeschnitten, wie ab- gebrochen, und hier mit zwei Wimpern versehen. An einem Rande der Borste erheben sich zwei, am anderen erhebt sich eine einzige kurze Wimper. Diese Beschaffenheit der Borste habe ich an vielen Exem- plaren bestätigt und glaube jeden Beobachtungsfehler in dieser Hin- sicht gemieden zu haben. Die Mandibulartaster (Taf. XXVIN, Fig. 6) sind kurz und breit; das zweite und dritte Glied derselben erscheinen gleich lang. Das zweite Glied ist mit einigen langen Borsten versehen; das dritte Glied er- scheint an der distalen Hälfte seines Innenrandes gerade abgeschnitten und, wie bei Gammarus und Niphargus, mit einer Reihe kurzer, kamm- förmig dicht neben einander stehender Borsten ausgestattet. Die Spitze desselben Gliedes erscheint mit einigen langen Borsten gekrönt. Bei sehr jungen Exemplaren erscheint das dritte Glied kürzer als das zweite und entbehrt der kammförmigen Borstenreihe. Der Hypopharynx (Taf. XXVII, Fig. 16) erscheint an seinen Seiten- ecken flügelartig verlängert und an seinem vorderen Rande tief in zwei an ihren Rändern behaarte, abgerundete Lappen ausgeschnitten. An der unteren Fläche des Hypopharynx ist kein Anhang vorhanden, und da- durch unterscheidet sich Boruta sowohl von Goplana wie von Niphargus. Am Außenlappen der Maxillen des ersten Paares (Taf. XXVIH, Fig. 9; Taf. XXX, Fig. 4) sind Borsten eingepflanzt, die an ihrem dista- len Ende erweitert und kammartig ausgeschnitten erscheinen; dieselben in sit Über drei unterirdische Gammariden. 641 sind denen von Gammarus ähnlich, weichen aber bedeutend von denen von Goplana ab. Wie bei dieser letzteren Gattung besteht die obere Reihe aus drei, die untere aus vier Borsten. Die Maxillarpalpen (Taf. XXXI, Fig. 4 a,b) erscheinen asymme- trisch; der rechte Palpus übertrifft den linken an Breite, und seine Glieder zeichnen sich durch relativ abweichende Länge aus, da das erste Glied länger, das zweite aber kürzer als die entsprechenden Glieder des linken Palpus erscheinen. Beide Palpi besitzen gleiche Bewaffnung, und zwar erheben sich an der Spitze jedes derselben einige stumpfe, in zwei Reihen angeordnete Borsten; die am weitesten nach außen eingepflanzte Borste erscheint zugespitzt und einseitig bewimpert. Der Innenlappen derselben Maxillen (Taf. XXVII, Fig. 9) stimmt mit dem von Goplana überein: er ist breit, abgerundet und an seinem freien Rande mit sieben, bei sehr jungen Exemplaren von 2,5 mm Körperlänge mit nur zwei bis drei Fiederborsten ausgestattet. Die Maxillen des zweiten Paares (Taf. XXVII, Fig. 13 und 15) sind den von Goplana ganz ähnlich und weichen von denselben nur durch ihre etwas zahlreicheren Borsten ab. Der Innenlappen der in Frage stehenden Maxillen erscheint eiför- mig, an seiner Spitze schief abgeschnitten; ihr Aubßenlappen ist be- deutend länger und schmäler. An der unteren Fläche dieses letzteren (Taf. XXIX, Fig. #), dicht an seinem apicalen Rande, erheben sich Bor- sten, die mit denen bei Gammarus und Goplana gleich beschaffen erscheinen, und zwar sind dieselben zweimal gebogen und an ihrem distalen Theile mit Querrippen versehen, die sich von der Seite be- trachtet als feine Wimpern ausnehmen. Sie sind in zwei Reihen ange- ordnet: in der unteren stehen fünf ((—5), in der oberen zwei Borsten (’—II). Auf der oberen Fläche des Lappens erheben sich zwei blasse, an der Spitze abgerundete Borsten (a); auf dem apicalen Rande selbst sitzen sechs eben so beschaffene Borsten (b—b). In allen Borsten ver- läuft je ein Kanal, der an der Spitze der entsprechenden Borste nach außen mündet. Die Borsten des Innenlappens erscheinen in drei Reihen angeord- net (Taf. XXIX, Fig. 5 und 6): die obere derselben enthält vier gebogene, an der Spitze zugeschärfte und an ihrem distalen Theile jederseits mit je einem Haare ausgestattete Borsten (/—4). Die mittlere Reihe be- steht aus sieben blassen, an der Spitze abgerundeten Borsten, die an ihrem konvexen Rande mit zwei über einander stehenden Haaren ver- sehen erscheinen (b—b). In jeder Borste der oberen und der mitt- leren Reihe verläuft ein, an ihrer Spitze mündender Kanal. Die sechs Borsten der unteren Reihe (7—VI/) erscheinen zugespitzt, und an ihrem 42%* 642 August Wrzesniowski, distalen Ende mit pinselförmig angeordneten Wimpern versehen. Die Borsten der unteren Reihe ziehen sich weiter nach unten am inneren Rande des Lappens nach abwärts weg. Die zwei ersten Borsten (VI/) erscheinen eben so beschaffen wie die des apicalen Randes; weiter nach abwärts folgen drei unter einander eingepflanzte, blasse, an der Spitze abgerundete Borsten. Auf der oberen Fläche des Lappens ver- läuft eine schiefe Reihe von acht bis neun großer Fiederborsten (Taf. XXVII, Fig. 15, 1—9). Die oberste derselben (Taf. XXIX, Fig. 5 c) steht in einiger Entfernung vom inneren Rande, die folgenden nähern sich aber diesem letzteren allmählich. Die ganze obere Fläche des Lappens erscheint mit dünnen Haaren bedeckt, die am Rande des Lappens am deutlichsten zum Vorschein treten. Der Außenlappen der Kieferfüße (Taf. XXXI, Fig. 4 und 2) erscheint an seinem apicalen Rande mit einer doppelten Reihe zahlreicher Bor- sten bewaffnet. Am apicalen Rande des Innenlappens (Taf. XXX, Fig. 15; Taf. XXXI, Fig. 4 und 2) befinden sich nur zwei sägeartig ein- gekerbte Zähne (Taf. XXXI, Fig. 15, 7 und 5); zwischen denselben ist ein kammförmiger, lang bewimperter Zahn vorhanden (dieselbe Fig., 2). Am inneren Rande des Lappens, etwas nach rückwärts vom innersten apicalen Zahne, befindet sich ein eben solcher Zahn (dieselbe Figur, 4), und weiter nach hinten befinden sich drei hinter einander eingepflanzte Borsten (Taf. XXXI, Fig. 4 und 2). An dem Flagellum der unteren Antennen habe ich keine Calceoli entdeckt, was jedoch von keinem Belange erscheint, da diese Organe bei Goplana polonica an Weingeistexemplaren ohne Spur verloren gehen, und dasselbe kann auch bei Boruta tenebrarum zu Stande kommen, ich habe aber diese Art nur nach in Weingeist konservirten Exemplaren näher untersuchen können. Als charakteristisch für Boruta im Vergleich mit Goplana halte ich die Mandibularpalpen, den Molarfortsatz der Mandibel, den Hypopha- rynx, die Maxillarpalpen, die Bewaffnung des Außenlappens der Maxil- len des ersten Paares, die Bewaffnung des Innenlappens der Kiefer- füße. Als untergeordnete Eigenthümlichkeiten ist die Augen- und Pigmentlosigkeit zu erwähnen. Beschreibung der untersuchten Formen. Alle Ausmessungen gebe ich in Millimeter an. Die Länge des Kör- pers rechne ich vom vorderen Kopfrande zum hinteren Rande des letz- ten Abdominalsegmentes, d. h. ohne Antennen, Uropoden und ohne Schwanzplatte. In zwei der vorliegenden Arbeit beigefügten Tabellen habe ich detallirte Ausmesssungen zusammengestellt. Über drei unterirdische Gammariden. 643 Niphargus tatrensis sp. novV. Taf. XXVII, Fig. 1—5, 7, 8, 12, 43, 14, Taf. XXVII, Fig. 4, 5, 8; Taf. XXIX, Fig. 1—3, 12; Taf. XXX, Fig. 11—13; Taf. XXXI, Fig. 5, 14, 14a, 18—21 ; Taf. XXXIL, Fig. 1, 8, 8a. Antennae superiores dimidiam partem longitudinis corporis superantes; flagellum principale apud marem 25, apud feminam 21 articulatum, peduneulo A!/, longius; flagellum accessorium biarticulatum, duobus primis artieulis flagelli principalis brevior. Antennae inferiores flagello 10 (apud marem) aut 6 articulato (apud feminam). Epimera anteriora quatuor segmentis altiora, in margine in- feriore rotundata. Segmenta abdominis tria anteriora in angulo inferiore postico acuta. Pedes I-mi et 2-di paris (gnathopoda) manu triangulari, lon- giori quam lata, in margine superiore fere recta, in inferiore mo- dice arcuata et in acie (palma) aequaliter truncata, fere recta. Pedes 2-di paris illis A-mi paris parum modo majores. Articulus 2-dus (basos) pedum thoracis 5-ti—7-mi paris an- gustus. Pedes 3-ti et 4-ti paris aequales; 5-ti paris ejusdem longi- tudinis, pedibus 6-ti et 7-ti paris multo breviores. Pedes 6-ti et 7-mi paris aequales. Pedes saltatorii ultimi paris ramo exteriore valde elongato, ramo interiore rudimentario. Articulus I-mus rami exterioris arti- culo 2-do multo longior, in margine interiore aculeis et setis plu- mosis instructus. Appendix caudalis ultra ad dimidiam longitudinis partem fissa, lobis angustis, elongatis, spinis multis armatis. Laminae ovigerae feminae latae, ovatae, ad apicem angustatae, in margine exteriore setis mediocriter elongatis armatae. Longitudo corporis maris 41 mm, feminae 9,405 mm. Versatur in puteis pagi Zakopane in septentrionalibus mon- tium Tatry declivibus. In einem im Keller ausgegrabenen Schöpfbrunnen des Hauses von Johann Kozieniak jr. in Zakopane! habe ich 28 mehr oder weniger be- schädigte Exemplare dieser Art aufgefunden; aus einem eben solchen Brunnen des Hauses von Janikowa in demselben Dorfe habe ich ein einziges, großes Männchen erhalten. 1 In demselben Kellerbrunnen habe ich sehr zahlreiche Exemplare von Phreo- ryctes Menkeanus Hoff, aufgefunden. 644 August Wrzesniowski, Ein II mm langes Männchen (Taf. XXVII, Fig. 1). Der Körper ist verlängert, ungefähr 7,5mal länger als am dritten oder vierten Körpersegmente nebst der entsprechenden Coxa hoch. Der Kopf erscheint klein, höher als lang, ungefähr dem !/,, Theile der Körperlänge gleich. Die Ausschnitte für das erste Glied der oberen und der unteren Antennen sind wenig vertieft. Zwischen diesen bei- den Ausschnitten bildet der vordere Rand des Kopfes jederseits einen kurzen, abgerundeten Vorsprung. Die Höhe der Körpersegmente (ohne Coxae) wächst vom ersten zum fünften zu allmählich, am sechsten aber und noch mehr am sieben- ten wird dieselbe plötzlich größer. Das achte Körpersegment zusammen mit seiner Goxa erscheint wenig höher als das vorhergehende und etwas niedriger als das neunte und zehnte, die ziemlich gleich hoch erschei- nen und, nebst ihren Goxae betrachtet, die höchsten Körpersegmente darstellen. Das elfte Segment steigt etwas weiter nach abwärts herab als das vorhergehende; das zwölfte erscheint niedriger und das drei- zehnte, ist halb so hoch als dieses letztere. Der untere und hintere Winkel des achten, neunten und zehnten Körpersegmentes (des ersten, zweiten und dritten Abdominalsegmen- tes) erscheint zugespitzt; der hintere Rand des achten und neunten Segmentes sind schwach bogenförmig konvex, derselbe des zehnten Segmentes ungefähr gerade. Auf der Rückenseite und am hinteren Rande des achten bis zwölf- ten Segmentes erhebt sich jederseits je ein Paar dünner Borsten. Am hinteren Rande der CGoxae des achten bis zehnten Segmentes sind jederseits je zehn bis zwölf Borsten eingepflanzt; am unteren Rande der Coxae des neunten Segmentes befinden sich jederseits drei, an dem der folgenden Coxae jederseits vier starke Borsten. Am unteren und hinteren Winkel des elften Körpersegmentes, dicht neben der Gelenkfläche des ersten Uropodenpaares, befindet sich ein nach ab- wärts und nach hinten gerichteter dicker Stachel. Antennen. Die oberen Antennen übertreffen die halbe Körperlänge. Das erste Glied ihres Stieles erscheint am breitesten und am längsten, das zweite Glied ist etwas kürzer und schmäler, das dritte um die Hälfte kürzer und bedeutend schmäler als das vorhergehende. Das aus 25 Gliedern bestehende Hauptflagellum übertrifft 11/,mal die Länge seines Stieles. Das Nebenflagellum (Taf. XXVII, Fig. 5) besteht aus zwei Glie- dern, von denen das erste 2!/,mal länger erscheint als das zweite; das Nebenflagellum erreicht die Länge der zwei ersten Glieder des Haupt- flagellums nicht. Über drei unterirdische Gammariden. 645 Die unteren Antennen reichen mit der Spitze ihres Stieles über die der oberen. Das vierte Glied dieses Stieles erscheint ein wenig breiter, aber kaum länger als das fünfte. Das aus zehn Gliedern be- stehende Flagellum erscheint kürzer als die zwei letzten Stielglieder. Die nach vorn gerade gestreckten unteren Antennen reichen etwas über die halbe Länge der oberen. Füße. Die Coxae der vier ersten Paare erscheinen etwas höher als die entsprechenden Segmente. Sie sind vorn und unten abgerun- det und mit Wimpern versehen: an der ersten Coxa befinden sich drei, an den folgenden je acht oder neun Wimpern. Pie Höhe der Coxae wächst von der ersten zur dritten, die vierte erscheint ein wenig nie- driger, aber länger als die dritte. Die vordere Hälfte der fünften Coxa erscheint ziemlich von derselben Höhe wie sein Segment, ihre hintere Hälfte ist um die Hälfte niedriger. Am vorderen Rande derselben be- finden sich einige kurze Borsten. Die sechste Coxa besteht ebenfalls aus einer vorderen höheren und einer hinteren um die Hälfte niedri- geren Hälfte; die erstere erreicht nur die halbe Höhe des entsprechen- den Segmentes. Die siebente Coxa stellt eine nach unten bogenförmig vorspringende Platte dar; das entsprechende Segment erscheint höher als diese letztere. Die Hände (Propoda) (Taf. XXVII, Fig. 7 und 8) der Gnathopoden beider Paare erscheinen von derselben Form, die des zweiten Gnatho- podenpaares sind aber etwas größer. Jede Hand erscheint hinten ein wenig schmäler als vorn!, so dass die Form derselben als dreieckig bezeichnet werden kann. Der obere Rand erscheint fast gerade, der untere schwach bogenförmig konvex. Der vordere, ziemlich gerade Rand (Palma, Acies) erscheint kürzer als der obere. Neben diesem letz- teren sitzen einige solitäre Borsten, am unteren Rande einige in Je einer Vertiefung eingepflanzte, mit Stacheln versehene Borstenbündel; an den Propoden des ersten Gnathopodenpaares befinden sich je acht, an denen des zweiten Paares je zehn solcher Bündel. Von hinten nach vorn zu erscheinen die Borsten derselben immer länger. Am oberen und vorderen Winkel jeder Hand befindet sich ein Bündel bogenförmig gekrümmter Borsten. Der untere und vordere Handwinkel erscheint mit einem relativ mächtigen Stachel bewaffnet, an dessen Spitze eine zarte, blasse Sinnesborste vorhanden ist. Neben dem Stachel befindet sich eine bedeutend kürzere, breite, rinnenförmig zusammengebogene, mit stumpf gezähnelten Rändern und stumpfen, niedrigen Auswüchsen 1 In meiner Darstellung stelle ich mir die Gnathopoden gerade nach vorn ge- streckt vor, so dass die Palma den vorderen Rand der Hand darstellt. 646 August Wrzesniowski, an ihrer oberen Fläche versehene Borste (Taf. XXXI, Fig. 14a). Die Palma erscheint mit kürzeren und längeren Borsten ausgestattet. Die Klaue (Dactylos, Unguis) (Taf. XXXI, Fig. 14) ist mit einer scharfen, bogenförmigen Endkralle (b) versehen; an der Basis dieser letzteren, an der konkaven Seite der Klaue erhebt sich ein scharfer, dreieckiger Fortsatz (a). In der Vertiefung zwischen diesem letzteren und der Kralle sind einige blasse Sinnesborsten (c) vorhanden. Am oberen, konvexen Rande der Klaue des ersten Gnathopodenpaares sind sieben, an dem des zweiten Paares drei bogenförmige Borsten eingepflanzt; am unteren konkaven Rande der Klaue befinden sich einige sehr kurze Haare. Die Pereiopoden des ersten Paares (Thorakalfüße des dritten Paares) erscheinen länger als die des zweiten Paares, was von der Länge des Meros und Carpus bedingt wird. Die drei letzten Pereiopoden zeichnen sich durch ihre verlängerten und schmalen Schenkel (Basos) aus; der Schenkel des dritten Pereio- podenpaares erscheint 1!/,mal, der der übrigen Paare zweimal länger als breit. Der vordere sowie der hintere Rand jedes Schenkels erscheint beinahe gerade; dieser letztere reicht etwas tiefer nach abwärts und bildet einen abgerundeten Lappen. Am vorderen Schenkelrande be- finden sich je vier oder fünf Einschnitte, jeder mit einer kurzen Borste versehen. Der hintere Rand erscheint fein gesägt mit je einer dünnen Borste in jeder Vertiefung. Jeder Schenkel verschmälert sich von oben nach unten zu. Die relative Länge der drei letzten Pereiopoden erscheint charak- teristisch. Die Schenkel und die Klauen abgerechnet erscheint das dritte Pereiopode von ungefähr derselben Länge wie das erste, aber bedeutend kürzer als die zwei folgenden Paare, die gleich lang sind. Diese Differenz bezieht sich auf alle Glieder der Extremitäten. Da die drei letzten Pereiopodenpaare von vorn nach hinten zu immer tiefer am Körper eingelenkt sind, so erscheinen am unversehrten Thiere die Längendifferenzen viel bedeutender als sie in der Wirklichkeit existiren und die Pereiopoden des letzten Paares scheinen länger zu sein als die vorhergehenden. Wenn man das Niveau der unteren Enden der Propo- den der drei letzten Pereiopodenpaare ins Auge fasst, dann scheinen die genannten Extremitäten von vorn nach hinten immer länger zu werden. Die Schwimmfüße bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Die Uropoden des ersten Paares reichen mit der Spitze ihres Stieles kaum über die des folgenden Paares. Mit der Spitze ihres inneren Endlappens, der länger erscheint als der äußere, reichen die Über drei unterirdische Gammariden. 647 ersteren auch unbedeutend über die Spitze der folgenden Springbeine. Diese letzteren sind ungefähr 2!/,mal länger als das letzte Abdominal- segment und reichen mit ihren Spitzen bedeutend über den Stiel der Uropoden des letzten Paares. Sowohl der äußere wie der innere Rand der Stiele des ersten und zweiten Uropodenpaares erscheinen mit je drei Stacheln, der obere und hintere Winkel beider Ränder mit je einem Stachel bewaffnet. Am oberen Rande des Außenlappens der Uropoden des ersten Paares befinden sich zwei, an dem des Innen- lappens drei Borsten und außerdem erscheint der untere Rand des ersteren dieser Lappen mit zwei Borsten versehen. Am zweiten Uro- podenpaare sind beide Lappen mit je einer Borste ausgestattet. An den Spitzen jedes Lappens beider in Frage stehenden Uropodenpaare er- heben sich einige starke Stachel. Die Uropoden des letzten Paares (Taf. XXVII, Fig. 44) sind dem !/, der Körperlänge gleich. Ihr Stiel erscheint länger als das letzte Abdominalsegment und über zweimal länger als der Innenlappen der- selben Uropoden. Das erste oder basale Glied des Außenlappens dieser letzteren erscheint beinahe zweimal länger als das zweite oder apicale Glied, zweiundeinhalbmal länger als der Stiel, sechsmal länger als der Innenlappen desselben Fußpaares. Am inneren Rande des ersten Gliedes sind sechs mit je vier Stacheln ausgestattete Einschnitte vorhanden ; die fünf oberen Stachelbündel erscheinen mit je einer langen, dünnen und gefiederten Borste versehen. Am äußeren Rande desselben Glie- des befinden sich drei mit je vier Stacheln bewaffnete Einschnitte. An seinen oberen Ecken erscheint das uns beschäftigende Glied mit je vier Stacheln versehen. Das zweite Glied desselben Lappens ist jeder- seits mit je dreiGruppen kleiner, an seiner schief abgeschnittenen Spitze mit einigen längeren Borsten ausgestattet. Am oberen Rande desInnen- lappens erheben sich einige Stacheln und eine einzige Fiederborste. Am oberen Rande des Stieles befinden sich in zwei Gruppen angeord- nete Stacheln. Die Schwanzplatte (Taf. XXVII, Fig. %) erscheint so lang als das letzte Abdominalsegment. Dieselbe ist über zwei Drittel ihrer Länge geschlitzt. Ihre Seitenhälften sind schmal, gegen die Spitze zu ver- schmälert, an der Spitze selbst gerade abgeschnitten und dort mit je drei mächtigen Stacheln versehen, an deren Spitze je eine blasse Sinnesborste vorhanden ist. Der Außenrand jeder Hälfte erscheint schwach bogenförmig konvex. Auf demselben waren an der einen Hälfte zwei starke, über einander stehende Stachel und weiter nach abwärts zwei dünne Borsten vorhanden, an der anderen Hälfte aber an der Stelle des unteren Stachels befand sich eine kleine Borste. Auf 648 August Wrzesniowski, einer seiner Fläche, die ich nicht näher bestimmt habe, erschien jede Hälfte mit je einem Stachel versehen. Ein 4,323 mm langes Männchen (Taf. XXVI, Fig. 2). Der Körper erscheint etwas mehr als 6,5 mal länger als am dritten Körpersegmente nebst der entsprechenden Coxa hoch. Der Kopf ist länger als hoch, dem !/,Theile der Körperlänge gleich. Seine Ausschnitte für die Antennenstiele und seine Form wie bei dem erwachsenen Männchen. Die relative Tiefe der Körpersegmente, der untere und hintere Winkel, so wie der hintere Rand des ersten, zweiten und dritten Ab- dominalsegmentes, die Dorsalborsten derselben und der folgenden Seg- mente, wie bei dem oben beschriebenen Exemplare. Die Borsten am hinteren und am unteren Rande der drei ersten Abdominalsegmente erscheinen aber weniger zahlreich. Die oberen Antennen sind etwas länger als die halbe Körperlänge. Die relative Länge der Stielglieder wie bei dem erwachsenen Männ- chen, das zweite und dritte Glied erscheinen aber relativ breiter. Das Hauptflagellum besteht aus 14 Gliedern und übertrifft die Stiellänge fast um das Doppelte. Das zweigliedrige Nebenflagellum erreicht nicht die Länge der zwei ersten Glieder des Hauptflagellums; das basale Glied desselben erreicht nicht die doppelte Länge des api- calen Gliedes. | Das vierte Stielglied der unteren Antennen erscheint von ziemlich derselben Länge wie das fünfte Glied desselben Stieles. Das sieben- gliedrige Flagellum ist bedeutend kürzer als diese beiden Stielglieder. Die Füße. Die Coxae der vier ersten Thorakalbeine erscheinen etwas tiefer als die entsprechenden Körpersegmente ; von der ersten zu der dritten zu sind dieselben immer tiefer; die vierte erreicht nicht die Tiefe der vorhergehenden, erscheint aber etwas länger. Die vor- dere Hälfte der fünften Coxae erscheint etwas niedriger als das ent- sprechende Körpersegment; die hintere Hälfte derselben ist kaum 11/3mal niedriger als die vordere. Die sechste Coxa erreicht die halbe Höhe des entsprechenden Körpersegmentes; der hintere Theil der- selben erscheint kaum niedriger als der vordere. Die siebente Coxa ist dreimal niedriger als das Körpersegment. Die Füße erscheinen im Allgemeinen breiter und spärlicher mit Borsten ausgestattet als beim erwachsenen Männchen; die Schenkel der Pereiopoden der drei letzten Paare sind relativ bedeutend breiter: der Schenkel des dritten Pereiopodenpaares erscheint nur 1!/,smal, der des vierten und dritten Paares nur 1'/ymal länger als breit. Die Gnatho- Ai nn Über drei unterirdische Gammariden. 649 podenhände, so wie die relative Länge der Pereiopoden differiren aber von denen des erwachsenen Männchens nicht, mit der Aus- nahme, dass die Pereiopoden des dritten Paares relativ noch kürzer erscheinen. Die Uropoden des ersten Paares ragen mit ihren Spitzen kaum über die Füße des folgenden Paares. Diese letzteren erscheinen unge- fähr zweimal länger als das letzte Abdominalsegment. Diese beiden Fußpaare sind mit spärlicheren Borsten versehen als die des ausge- wachsenen Männchens. Die Uropoden des letzten Paares gleichen dem !/,Theile der Kör- perlänge. Der Stiel derselben erreicht etwa die Länge des letzten Abdominalsegmentes und erscheint zweimal länger als der Innenlappen derselben Füße und 3'/yamal kürzer als ihr Außenlappen. Das basale Glied dieses letzteren ist über 2'/ymal länger als das apicale und un- gefähr siebenmal länger als der Innenlappen. Der Borstenbesatz des in Frage stehenden Fußpaares erscheint spärlicher als beim erwach- senen Männchen: der Innenlappen entbehrt der Fiederborste; das erste Glied, die Borsten an seiner Spitze abgerechnet, ist jederseits mit nur zwei Stachelbündeln versehen und am inneren Rande befindet sich in jedem derselben je eine Fiederborste; an der Spitze des zweiten schief abgeschnittenen Gliedes sind nur drei Borsten vorhanden. Die Schwanzplatte gleicht der des ausgewachsenen Männchens, erscheint aber ein wenig tiefer gespalten und spärlicher mit Stacheln bewaffnet, da ihre Hälften am äußeren Rande nur je einen Stachel besitzen. Aus dem oben Mitgetheilten geht hervor, dass das beschriebene kleine Männchen von dem 11 mm langen und wahrscheinlich erwach- senen durch folgende Bauverhältnisse abweicht. Der Kopf erseheint größer, der Körper relativ viel höher (gedrun- gener). Die Stielglieder der oberen Antennen breiter. Die Glieder des Hauptflagellums weniger zahlreich, aber relativ länger. Das zweite Glied des Nebenflagellums relativ bedeutend länger. Der Stiel der unteren Antennen reicht weiter nach vorn. Das Flagellum derselben Antennen besteht aus minder zahlreichen Gliedern und erscheint rela- tiv kürzer. Die Coxae des dritten und vierten Pereiopodenpaares zeichnen sich durch ihre relativ höheren hinteren Hälften aus. Das dritte Pereiopodenpaar erscheint relativ noch kürzer. Alle Füße sind breiter und mit spärlicheren Borsten versehen. Die Uropoden des dritten Paares sind relativ bedeutend kürzer und mit weniger zahlreichen Stacheln und Fiederborsten ausgestattet. 650 August Wrzesniowski, Der Außenlappen derselben zeichnet sich durch seine erhebliche Breite und durch sein wenig entwickeltes zweites Glied aus!- | Die Schwanzplatte erscheint tiefer gespalten. Andererseits sind folgende Eigenthümlichkeiten beiden in Rede stehenden Männchen gemein. Die Bauweise der Körpersegmente, insbesondere der drei ersten Abdominalsegmente; die Bewaffnung des Rückens; die relative Länge der oberen Antennen, des Hauptflagellums, des Stieles und des Neben- flagellums derselben; die relative Tiefe der CGoxae der vier ersten Thorakalfußpaare; die relative Länge der drei letzten Pereiopoden- paare; die Hände der Gnathopoden; der rudimentäre Zustand des Innenlappens und die mächtige Entwicklung des Außenlappens des letzten Uropodenpaares; die Form der Schwanzplatte. Ein 9,405 mm langes Weibchen (Taf. XXVII, Fig. 3). Steht dem jungen 4,323 langen Männchen näher als dem alten 414 mm langen. Der Körper erscheint über siebenmal länger als die Höhe des dritten Thoraxsegmentes nebst der Coxa desselben. Der Kopf, welcher etwa !/,,Theil der Körperlänge darstellt, er- scheint länger als hoch. Die Bauverhältnisse desselben weichen von denen bei den Männchen nicht ab. Die relative Höhe der Körpersegmente, so wie die Bauweise der drei ersten Abdominalsegmente sind denen bei den Männchen gleich. Die Bewaffnung des Rückens und des hinteren, so wie des unteren Randes der drei ersten Abdominalsegmente erscheint spärlicher als bei dem erwachsenen Männchen. Die oberen Antennen übertreffen die halbe Körperlänge. Das Hauptflagellum derselben erscheint A1/3mal länger als der Stiel. Das zweigliedrige Nebenflagellum erreicht nicht die Länge der zwei ersten Glieder des Hauptflagellums; das erste Glied des Nebenflagellums er- scheint 2!/ymal länger als das zweite. Die Spitze des Stieles der unteren Antennen reicht etwas über die 1 Bei einem 8 mm langen Männchen besaßen die Uropoden des letzten Paares einen langen, etwa fünfmal von seinem Stiele längeren Außenlappen, dessen erstes Glied dreimal länger als das zweite Glied, und sechsmal länger als der Innenlappen desselben Fußes erschien. Es ist somit klar, dass sich bei fortschreitender Ent- wicklung vorzüglich das erste Glied des Außenlappens verlängert, das zuletzt über dem zweiten ein so bedeutendes Übergewicht erlangt. Daneben vermindert sich die relative Breite des Lappens. Am inneren Rande des ersten Gliedes des Außen- lappens des in Frage stehenden Männchens waren vier Stachelbündel mit je einer Fiederborste vorhanden, . ae A Über drei unterirdische Gammariden. 651 des Stieles der oberen. Der Stiel der ersteren wie bei dem großen Männchen. Das sechsgliedrige Flagellum derselben erscheint ein wenig kürzer als die zwei letzten Stielglieder zusammengenommen. Die Füße. Die Coxae der vier ersten Fußpaare erscheinen etwas höher als die entsprechenden Segmente; von der ersten zur dritten sind sie immer höher, die vierte erscheint etwas niedriger als die vorhergehende. Die vordere Hälfte der fünften Coxae ist ungefähr eben so hoch als das entsprechende Segment; die hintere Hälfte der- selben erscheint 1!/,mal niedriger als die vordere. Die vordere Hälfte der sechsten Coxae ist 1!/amal niedriger als das entsprechende Seg- ment, die hintere Hälfte erscheint von derselben relativen Höhe wie die der vorhergehenden Coxae. Die Gnathopodenhände erscheinen eben so beschaffen wie bei den Männchen. Die relative Länge der Pereiopoden weicht von der bei diesen letzteren nicht ab. Alle Füße sind relativ breiter als bei dem ausgewachsenen Männchen. Die Uropoden der zwei ersten Paare bieten keine bemerkens- werthe Differenzen ; die Bewaffnung derselben weicht von der des aus- gewachsenen Männchens nur dadurch ab, dass die Stacheln länger und dünner erscheinen. Die Uropoden des dritten Paares sind dem !/, der Körperlänge gleich. Der Stiel derselben übertrifft an Länge das letzte Abdominal- segment und erscheint zweimal länger als ihr Innenlappen. Das erste Glied des Außenlappens ist beinahe dreimal länger als das zweite Glied, dreimal länger als der Stiel und etwa sechsmal länger als der Innenlappen. Der Aubenlappen erscheint relativ breiter als bei dem erwachsenen Männchen, aber bedeutend schmäler als bei dem kleinen. Die Bewaffnung des Stieles und des Innenlappens weicht von dem der Männchen nicht ab, der Außenlappen erscheint aber spärlicher be- waffnet. Das erste Glied desselben besitzt sowohl am äußeren wie am innerenRande je vier Stachelbündel, jedes aus je vier Stacheln gebildet, nur das oberste innere Bündel ist aber mit einer Fiederborste versehen. Die Lappen der Schwanzplatte erscheinen etwas breiter als beim ausgewachsenen Männchen. Dieselben sind an den Spitzen mit je vier, am äußeren Rande mit je zwei, am inneren Rande mit je einem Stachel versehen. An den Coxae des zweiten Gnathopodenpaares und der drei ersten Pereiopodenpaare erscheint je eine Brutlamelle befestigt (Taf. XXXI, Fig. 18—20; Taf. XXXII, Fig. 1). Die Lamellen des zweiten Gnathopoden- und zweiten Pereiopodenpaares reichen über den un- 652 August Wrzesniowski, teren Rand des Ischiums nach abwärts; dieselben des ersten Pereiopo- denpaares steigen bis zur Mitte des Meros herab; die des dritten Perei- opodenpaares erreichen nicht die halbe Schenkellänge. An ihrer Anhef- tungsstelle erscheint jede Lamelle halsartig verschmälert, um sich dann plötzlich zu erweitern, weiter nach unten sich allmählich zu verschmä- lern und spitz zu endigen. Der vordere Lamellenrand erscheint gerade, oder schwach konvex und borstenlos; am hinteren konvexen Rande sind mittelgroße, ziemlich zahlreiche Borsten vorhanden. Auf den La- mellen des zweiten Gnathopodenpaares habe ich je fünf, auf denen des ersten Pereiopodenpaares je dreizehn, auf den Lamellen des folgenden Fußpaares je zehn Borsten bemerkt. Die Lamellen des dritten Pereio- podenpaares erscheinen mit je sieben Borsten ausgestattet. Die Eileitermündung (Vulva) (Taf. XXXII, Fig. 8, 8 a) befindet sich dicht am unteren Rande der Coxae des dritten Pereiopodenpaares zwischen den Extensoren und Flexoren des folgenden Fußsgliedes. Die Extensoren sind drei an der Zahl (Taf. XXXI, Fig. 8, e', e”’, €’): der vorderste (e’) ist breit und mit einer sehr dünnen Sehne versehen; hinter dieser letzteren heften sich an die innere Oberfläche des Schen- kels zwei mächtige Sehnen des mittleren und des hinteren Extensors (e”’, e’’). In einiger Entfernung hinter dieser letzteren befindet sich eine kräftige Sehne des Flexors (Taf. XXXII, Fig. 8 fl). Die Vulva (vu) befindet sich zwischen dieser letzteren Sehne und der des hinteren Extensors. Am oberen Vulvarande zieht sich eine verdickte Chitinleiste fort, die nach hinten zu am unteren Rande der Coxa verläuft (Taf. XXXIL, Fig. 8 a). Von der Mündung nach aufwärts zu steigt ein deutlich umgrenzter Kanal, d. h. der Eileiter empor (Taf. XXXI, Fig. 8 ovd), der sich der inneren Fläche des Flexors anschmiegt und weiter oben vom hinteren Extensor bedeckt wird. Das sehr enge Lumen und die dieken Wände des Eileiters sind zwischen der Mündung desselben und der Stelle wahrnehmbar, wo er den hinteren Rand dieses letzteren Muskels er- reicht. Dicht an diesem letzteren vermochte ich auch die Grenzen der Epithelzellen des Eileiters zu unterscheiden. Dieselben erscheinen langgestreckt und schmal, mit je einem länglichen Nucleus in ihrem inneren freien Ende versehen. Aus dem oben Mitgetheilten geht hervor, dass die Geschlechts- unterschiede, die Geschlechtsdrüsen und die Brutlamellen des Weib- chens abgerechnet, sehr gering sind, da sich dieselben auf verschie- dene Länge der Springbeine des letzten Paares, die relativ höhere hintere Hälfte der Coxae des dritten und vierten Pereiopodenpaares, sowie auf die größere Breite der Extremitäten reduciren. In allen diesen Details steht das Weibchen dem jungen Männchen näher. Die Über drei unterirdische Gammariden. 653 wichtigste äußere Charakteristik des Weibchens bilden natürlich die Brutlamellen und die Vulva, diese letztere ist aber, wie im Allgemeinen bei den Amphipoden nicht leicht zu finden. Aus meiner obigen Darstellung verschiedener Exemplare von Niphargus tatrensis geht hervor, dass folgende Bildungsverhältnisse bei verschieden entwickelten Exemplaren und verschiedenem Geschlechte gemein erscheinen und demnach von mir als Artcharaktere benutzt worden sind: | Die die halbe Körperlänge übertreffenden oberen Antennen, das von seinem Stiele 1!/ymal längeres Hauptflagellum derselben, das zwei- gliedrige, von zwei ersten Gliedern des Hauptflagellums kürzere Neben- flagellum, das kleine zweite Glied desselben. Die von bezüglichen Körpersegmenten etwas höheren CGoxae der vier ersten Thorakalbeinpaare. Der zugespitzte hintere und untere Winkel der drei ersten Ab- dominalsegmente. Die Form und die relative Länge der Gnathopodenhände. Die schmalen Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare. Die relative Länge der Pereiopoden, vorzüglich der drei letzten Paare derselben. Der verlängerte Außen- und der rudimentäre Innenlappen des letzten Uropodenpaares. Die gefiederten Borsten desselben. Das relativ kurze apicale Glied des Außenlappens. Die tiefgeschlitzte Schwanzplatte mit schmalen Hälften, deren Be- waffnung aus zahlreichen, starken Stacheln besteht. Die Kiemen befinden sich bei den beiden Geschlechtern an fünf Beinpaaren: am zweiten Gnathopodenpaare und an den vier ersten Pereiopodenpaaren. Die Kiemen (Taf. XXXI, Fig. 18—20; Taf. XXX, Fig. 1) sind breit und elliptisch: am zweiten Gnathopodenpaare reichen dieselben zum distalen Ischiumende nicht herab und erscheinen wenig verbreitet; am ersten Pereiopodenpaare ragen sie über das distale Ischiumende nach abwärts hinab, erscheinen bedeutend breiter und an der Spitze abgerundet; die Kiemen des zweiten Pereiopodenpaares sind die größten, da sie bis zur Mitte des Meros herabsteigen und sich durch bedeutende Breite auszeichnen. Die Kiemen des dritten Pereiopodenpaares reichen ebenfalls bis zur Mitte des Meros herab. Diejenigen des vierten Pereiopodenpaares erscheinen am wenigsten umfangreich und erreichen nicht das distale Ende des Schenkels. Alle Kiemenlamellen sind durch ihre zahlreichen, maschenartig ange- ordneten, durch sehr kleine Trabekel getrennten Kanäle ausgezeichnet. Die Vertheilung der Leyvig’schen Riechkolben und der Humserr- 654 August Wrzesniowski, schen hyalinen Stäbchen bietet keine Geschlechtsdifferenzen. Dieselbe ist bereits von A. Humserrt (92) für Niphargus Forelii dargestellt worden. Beim Niphargus tatrensis befinden sich die Leynıe’schen Kolben ausschließlich auf den distalen Enden der Glieder des Hauptflagellums der oberen Antennen. Die Kolben erscheinen an ihrem unteren Theile in einen mit verdickter Chitinwand versehenen Stiel verengt. Der obere erweiterte Theil der Kolben kennzeichnet sich durch seine sehr dünne und zarte Wand. An der Kolbenspitze befindet sich ein verdickter, glänzender Knopf, der einen verdickten, eine centrale Öffnung um- gebenden Ring darzustellen scheint (Taf. XXVII, Fig. 13 a). Das hyaline Stäbchen erscheint in seiner ganzen Ausdehnung mit einer zarten, durchsichtigen Wand umgeben; seine Spitze trägt einen eben solchen Knopf wie die der Kolben. Zuweilen verengt sich das Stäbchen etwas in seinem oberen Theile (Taf. XXVII, Fig. 13 5). Jedes Stäbchen der oberen Antennen erscheint am distalen Ende eines Flagellumgliedes zwischen einigen mit blasser Spitze versehenen Borsten eingepflanzt. Bei Niphargus tairensis erscheinen die Stäbchen und die Kolben auf folgende Weise an den Flagellen vertheilt: I) Bei einem 8 mm langen Männchen enthielt das Hauptflagellum der oberen Antennen 20 Glieder. An einem dieser Flagellen befanden sich Leypıg’sche Kolben auf dem 5. bis 16., sowie auf dem 18. und 19. Gliede; am anderen Flagellum waren diese Kolben vom 4. Gliede an zuge- gen, übrigens aber zeigten sie dieselbe Vertheilung wie an der anderen Antenne. Die Humsgerr'schen Stäbchen befanden sich an dem zuerst er- wähnten Flagellum auf seinen paarigen Gliedern vom 6. an bis zum 16. einschließlich, sowie auf dem 20. Gliede; an dem zuletzt erwähnten Flagellum begann die Reihe der Stäbchen vom vierten Gliede an und setzte sich weiter auf dieselbe Weise fort wie am anderen Flagellum desselben Exemplares. Am unteren achtgliedrigen Flagellum waren die Stäbchen auf allen seinen Gliedern, das vorletzte ausgenommen, vorhanden. | 2) Das I4gliedrige Hauptflagellum eines 4,323 mm langen Männ- chens erschien mit Leypiıg’schen Kolben auf dem 5. bis 13. Gliede ver- sehen, auf einer Antenne fehlte aber der Kolben auf dem 11. Gliede. Die Humserr’schen Stäbchen waren auf dem 6., 8., 40. und 14. Gliede zugegen. Das untere siebengliedrige Flagellum war mit denselben Stäbchen auf allen seinen Gliedern, das fünfte und sechste ausgenom- men, ausgestattet. 3) Das 9,405 mm lange Weibehen mit 2/gliedrigem Hauptflagellum war mit den Lryvie’schen Kolben auf dem 6. bis 19. Gliede einschließ- lich, mit den Humserr'schen Stäbchen auf paarigen Gliedern vom 6. bis Über drei unterirdische Gammariden. 655 18. einschließlich versehen. Am A1gliedrigen Flagellum der unteren Antennen befanden sich die Stäbchen auf dem 1., 2., 6., 8. und 11. Gliede. | | Mit einem Worte, es kommen die Leypie’schen Kolben am Haupt- flagellum der oberen Antennen vom vierten oder fünften Gliede an, je eine aufjedem Gliede, bis zum vorletzten vor, das letzte entbehrt aber des Kolben beständig. Die Humserr'schen hyalinen Stäbchen befinden sich auf paarigen Gliedern desselben Flagellums vom vierten oder sechsten an und auf dem letzten Gliede, es fehlt aber immer dem letzten paarigen. An den unteren Antennen erscheinen alle Glieder vom ersten an mit Stäbchen versehen, mit der Ausnahme des vorletzten, bisweilen auch des drittletzten Gliedes. Niphargus tatrensis schreitet langsam auf dem Boden des ihn ent- haltenden Gefäßes umher, seinen Rücken nach oben emporhebend, ob- wohl sein Körper stark komprimirt erscheint, ruht aber auf der Seite liegend aus. Ich habe denselben nie schwimmen gesehen. Er ist träger als Gammarus pulex, Goplana polonica und Boruta tenebrarum, Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Taf. XXVIL, Fig. 6, 9—11, 15; Taf. XXVIH, Fig. 1—3; Taf. XXX, Fig. 3. Antennae superiores ?2/, partem longitudinis corporis super- antes; flagellum principale 20 aut 21 articulatum, pedunculo 11/5 ad 2 longius. Flagellum accessorium biartieulatum, duobus primis articulis flagelli prineipalis brevior. Antennae inferiores flagello 8 aut 9 articulato. Epimera anteriora quatuor segmentis humiliora. Angulus posticus inferior segmenti abdominis 1I-mi, 2-di et 3-tii late rotundatus. Pedes 1-mi et 2-di paris (gnathopoda) manu triangulari, latiori quam longiori in margine superiore et inferiore arcuata, in acie aequaliter truncata, fere recta. Pedes 2-di paris illis I-mi paris parum modo majores. Artieulus 2-dus (basos) pedum thoraeis 5-1i—7-mi paris an- gustus. Pedes 3-tii paris illis 4-ti paris paululum longiores. Pedes 5-ti paris illis 3-tii et 4-ti paris parum modo, pedibus 6-ti paris multo breviores. Pedes 7-mi paris antecedentibus longiores (pedes thoraeis trium parium posteriorum postice gradatim longiores). Pedes saltatorii ultimi paris !/; partem longitudinis corporis superantes, ramo exteriore praelongo, ramo interiore rudimentario. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 43 656 | August Wrzesniowski, Articuli ambo rami externi fere aequalis longitudinis. Artieulus 4-mus in margine interiore aculeis et setis pinnatis munitus. Appendix caudalis fere ad dimidiam longitudinis partem fissa, lobis ad apicem angustatis, marginibus arcuato convexis praedita. Corpus ad 11,65 mm longum. Invenitur in puteis urbis Praga Bohemorum, in puteis pagi Bechlin et in puteis inter Kralupy et Vodolka, in Bohemia. Professor Dr. Fr. Vespovsky in Prag hat mir freundlichst drei un- versehrte und acht mehr oder weniger beschädigte Männchen von ver- schiedener Größe geschenkt. Die Sendung enthielt kein einziges Weib- chen. Diese Exemplare stammten aus den Brunnen der Stadt Prag, des Dorfes Bechlin bei Roudnice und aus den Brunnen zwischen Kralupy und Vodolka in Böhmen. Das größte, beschädigte Männchen war 11,65 mm, das größte unbeschädigte 10,73 mm, das kleinste, be- schädigte 2 mm lang. In meiner Darstellung fange ich mit den größten Exemplaren an (Taf. XXVIH, Fig. 1). Der Körper erscheint sehr schlank, 40!/,mal länger als am dritten Thoraxsegmente, nebst der entsprechenden Coxa hoch. Der Kopf stellt auch nicht den 1/,, Theil der Körperlänge dar. Er erscheint länger als hoch und eben so beschaffen wie bei der vorher- gehenden Art. Die relative Höhe der Körpersegmente wie bei der vorhergehen- den Art. Der hintere Rand der drei ersten Abdominalsegmente er- scheint bogenförmig konvex; die unteren und hinteren Winkel derselben Segmente sind breit abgerundet (vgl. Taf. XXVII, Fig. 2). Auf dem hinteren Rande derselben befinden sich einige, auf dem unteren Rande des zweiten Segmentes eine einzige, auf dem des nachfolgenden Seg- mentes drei Borsten. Auf dem Rücken der fünf ersten Segmente des- selben Körpertheiles erhebt sich jederseits je eine Borste; auf dem hinteren Rande der drei ersten dieser Segmente sind außerdem zwei oder drei Borsten vorhanden; auf dem fünften Segmente neben jeder Rückenborste steht ein Stachel; auf dem sechsten Segmente befindet sich jederseits je ein Stachel (Taf. XXVIII, Fig. 2). Die oberen Antennen übertreffen ?/, der Körperlänge. Die Glieder des Stieles derselben erscheinen gegen die Spitze dieses letzteren immer kürzer und schmäler. Das Hauptflagellum besteht aus 20 bis 25 Glie- dern und erscheint 13/, oder noch mehr länger als der Stiel. Das zwei- gliedrige Nebenflagellum (Taf. XXVIL, Fig. 6) erreicht nicht die Länge der zwei ersten Glieder des Hauptflagellums. Das erste Glied des Nebenflagellums erscheint viel länger als das zweite. Die unteren Antennen reichen nicht mit der Spitze ihres Stieles Über drei unterirdische Gammariden. 657 zur Stielspitze der oberen. Das vierte Glied ihres Stieles erscheint kaum länger und breiter als das fünfte. Das Flagellum derselben ent- hält acht oder neun Glieder und erreicht die Länge der zwei letzten Stielglieder. Die Füße. Die Coxae der vier ersten Beinpaare erscheinen etwas niedriger als die bezüglichen Segmente; von der ersten zur dritten sind sie immer höher, die vierte erscheint niedriger, aber länger als die vorhergehende. Der vordere und der untere Rand der drei ersten Coxae ist bogenförmig konvex, der untere Rand der vierten Coxa er- scheint gerade oder etwas konkav. An der fünften und sechsten Coxa erscheint die vordere Hälfte doppelt so hoch als die hintere und be- deutend niedriger als das entsprechende Segment. Die siebente Coxa tritt nach unten schwach bogenförmig hervor und erreicht die halbe Höhe des bezüglichen Segmentes. Die Hände der beiden Gnathopoden (Taf. XXVII, Fig. 9 und 10) erscheinen von derselben Form, die des ersten Paares sind aber etwas kleiner als die des zweiten Paares. Jede Hand verschmälert sich nach hinten gegen ihre Wurzel zu, so dass dieselbe als dreieckig bezeichnet werden kann; sie erscheint breiter als lang. Sowohl der obere wie der untere Rand jeder Hand sind bogenförmig konvex. Die Spitze der Klaue bildet eine starke Kralle, an deren Basis am unteren, geraden Rande der Klaue ein zahnartiger, dreieckiger und scharfer Fortsatz vor- handen ist. Auf dem unteren Rande der Hände des ersten Paares be- finden sich je sieben, auf dem des folgenden Paares je neun quere Furchen, jede derselben mit je einem Borstenbündel. Die Palmae er- scheinen kaum bogenförmig konvex und mit kleinen Haaren versehen, zwischen denen längere Borsten sitzen. Am unteren, geraden Rande der Klaue des ersten Gnathopodenpaares sind zwei, an demselben Rande des folgenden Beinpaares vier Haare vorhanden. Der obere, konvexe Rand der Klaue erscheint mit je einem einzigen Haare ausgestattet. Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare sind schmal und lang, über 1!/ymal länger als breit. Die Meros und die folgenden Fuß- glieder erscheinen wenig verbreitet. Der Borstenbesatz der Füße erscheint schwächer ausgebildet als bei Niphargus tatrensis. Die Pereiopoden des ersten Paares sind etwas länger als die fol- genden; die des dritten Paares erscheinen bedeutend kürzer als die der zwei vorhergehenden und der nachfolgenden Paare. Die Pereiopoden des vierten Paares sind ihrerseits kürzer als die des fünften Paares. Mit einem Worte, die Pereiopoden der drei letzten Paare erscheinen von vorn nach hinten zu immer länger. 43% 658 August Wrzesniowski, Die Uropoden des zweiten Paares ragen mit ihren Stielspitzen über die des vorhergehenden Paares hervor, und mit der Spitze ihrer Lappen reichen sie über die halbe Länge des Stieles derselben des letzten Paares. Die Spitze des Innenlappens des ersten Uropoden- paares ragt über die des folgenden Paares hervor. Die Uropoden des dritten Paares (Taf. XXVII, Fig. 15) erscheinen dem !/, der Körperlänge gleich. Der Stiel derselben erscheint der Länge des letzten Abdominalsegmentes gleich. Der Innenlappen dieser Beine erreicht */, der Stiellänge, der Außenlappen erscheint 63/,mal länger als der Stiel. Beide Glieder des Außenlappens sind ziemlich gleich lang, das erste erscheint aber etwas länger. Dieses letztere Glied ist über viermal länger als der Innenlappen und erscheint gerade, an der Spitze gerade abgeschnitten; das zweite Glied ist bogenförmig gekrümmt, gegen seine Spitze zu allmählich verschmälert und an der Spitze selbst abgerundet. Am apicalen Rande des Stieles der in Frage stehenden Spring- beine erheben sich jederseits in Bündel geordnete Stachel. Der Innen- lappen erscheint mit einigen stacheligen Borsten gekrönt, entbehrt aber der Fiederborste. Sowohl am äußeren wie am inneren Rande des ersten Gliedes des Außenlappens sind je vier Borstenbündel vorhan- den, am letztgenannten Rande kann aber eines dieser Bündel mangeln. Die untersten Bündel bestehen jederseits aus je zwei, alle anderen aus ie drei Borsten. Am inneren Rande des Gliedes erscheint jedes Borsten- bündel mit je einer Fiederborste versehen. Am oberen Rande dessel- ben Gliedes erhebt sich jederseits je ein Borstenbündel. Das zweite Glied des uns beschäftigenden Lappens erscheint an jedem seiner Ränder mit je zwei oder drei, bisweilen nur mit einem einzigen Bündel feiner Borsten, an seiner Spitze mit langen, dünnen Borsten ausge- stattet (Taf. XXVII, Fig. 15). Der Schlitz der Schwanzplatte (Taf. XXVII, Fig. 11) erreicht die halbe Länge derselben nicht. Die Hälften derselben erscheinen mit bogenförmig konvexen Rändern umgrenzt, nach der Spitze zu ver- schmälert und mit drei Stacheln gekrönt. Am Außenrande jeder Hälfte ist ein Stachel vorhanden. Die Kiemen sind schmal und keine derselben reicht nach abwärts zum distalen Ende des entsprechenden Schenkels. Sie befinden sich auf den Gnathopoden des zweiten Paares und auf den vier ersten Pereiopodenpaaren. Ich habe drei junge, sehr kleine Exemplare von 2,4, 2,17 und 2 mm Körperlänge untersucht. Dieselben sind in meine Hände ohne Uropoden des letzten Paares gelangt. Über drei unterirdische Gammariden. 659 Bei einem 2,4 mm langen Männchen (Taf. XXVII, Fig. 3) erscheint der Körper 7,5mal länger als am dritten Thoraxsegmente nebst der Coxa desselben hoch. Der Kopf stellt ungefähr den siebenten Theil der Körperlänge dar. Die relative Höhe der Körpersegmente, sowie die Bauweise der drei ersten Abdominalsegmente und die Bewaffnung der Rückenseite des Abdomens weichen von denen des ausgewachsenen Männchens nicht ab; am hinteren Rande der drei ersten Abdominalsegmente er- scheint aber der Borstenbesatz bedeutend spärlicher. Die relative Länge der oberen Antennen, die relative Größe der Stielglieder derselben, die relative Länge des Stieles beider Antennen- paare wie bei dem erwachsenen Männnchen. Bei einem 2,4 mm langen Exemplare besteht das Hauptflagellum aus zehn, bei einem 2,17 mm langen aus neun, bei dem kleinsten 2? mm langen Exemplare aus acht Gliedern. Bei den zwei ersteren erscheint dasselbe Flagellum über 1'/amal länger als der Stiel desselben. Das zweigliedrige Nebenflagellum erscheint kürzer als die zwei ersten Glie- der des Hauptflagellums. Das erste Glied des Nebenflagellums ist 2 bis 2!/,mal länger als das zweite. An den unteren Antennen ist das vierte Stielglied länger als das fünfte; das Flagellum erscheint kürzer als diese beiden Glieder zusam- mengenommen. Bei dem 2,4 mm langen Exemplar enthielt dieses Fla- gellum fünf, bei dem 2,17 und 2 mm langen Exemplare vier Glieder. Die Füße. Die relative Höhe der Coxae der vier ersten Fußpaare, sowie die relative Größe der dritten und vierten Coxa, wie bei den erwachsenen Männchen, alle diese Coxae erscheinen aber am unteren Rande abgerundet. Die fünfte, sechste und siebente Coxa ebenfalls wie bei den erwachsenen Männchen, die hintere Hälfte der fünften und sechsten erscheint aber relativ höher. Die Hände der Gnathopoden bieten dieselben Organisationsver- hältnisse wie bei den erwachsenen Männchen mit der einzigen Aus- nahme dar, dass sie, wie alle anderen Extremitäten, spärlicher mit Borsten ausgestattet sind. Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare sind relativ kürzer und mit stärker bogenförmig ausgeschweiften Rändern begrenzt. Die relative Länge der Pereiopoden wie bei den erwachsenen Männchen. Die Uropoden der zwei ersten Paare wie bei erwachsenen Männ- chen. Die Schwanzplatte erscheint etwas tiefer geschlitzt, übrigens aber wie bei diesen letzteren beschaffen. 660 August Wrzesniowski, Wenn wir die großen, wahrscheinlich ausgewachsenen Exemplare mit den viel kleineren vergleichen, bemerken wir dieselben Abwei- chungen wie bei verschieden großen Exemplaren von Niphargus ta- trensis, und zwar unterscheiden sich die kleinsten, wahrscheinlich so- eben aus der Bruttasche der Mutter ausgeschlüpften Jungen durch folgende Bauverhältnisse: Der Kopf erscheint relativ bedeutend größer, der Körper kürzer, gedrungener, die Stielglieder der oberen Antennen breiter, die Glieder des Hauptflagellums weniger zahlreich und relativ länger. Die hinteren Hälften der fünften und sechsten Coxae sind relativ höher, die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare breiter, die Pereiopoden des dritten Paares bedeutend kürzer. Alle Extremitäten erscheinen breiter und spärlicher mit Borsten versehen. Die Schwanzplatte zeichnet sich durch ihren tiefer greifenden Schlitz aus. Andererseits übt die Größe, d. h. das Alter des Exemplares, auf folgende Baueigenthümlichkeiten keinen Einfluss. Die oberen Antennen übertreffen die ?/, der Körperlänge; das Hauptflagellum derselben erscheint 11/, bis 2mal länger als der Stiel; das zweigliedrige Nebenflagellum erreicht nicht die Länge der zwei ersten Glieder des Hauptflagellums; das erste Glied desselben erscheint viel länger als das zweite. Die Goxae der vier ersten Pereiopodenpaare erreichen nicht die Höhe der entsprechenden Körpersegmente. Die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalseg- mente erscheinen breit abgerundet. Die Hände der beiden Gnathopodenpaare zeichnen sich durch ihre dreieckige Form, ihre relativ bedeutende Breite und die Konvexität ihrer oberen und unteren Ränder aus. Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare erscheinen schmal; die relative Länge aller Pereiopoden bleibt immer dieselbe. Diese, vom Alter des Thieres unabhängigen Organisationsverhält- nisse zusammen mit einigen an ausgewachsenen Männchen zum Vor- schein tretenden Eigenthümlichkeiten habe ich als Artmerkmale benutzt. Die Leyvıe’schen Riechkolben erscheinen bei der uns beschäftigen- den Art auf folgende Weise am Hauptflagellum der oberen Antennen vertheilt. Bei einem 10,73 mm langen Exemplare erschien das eine Hauptflagellum am 17. Gliede abgebrochen, und war am 6. bis zum 16. Gliede einschließlich mit je einem Kolben ausgestattet. Das andere, un- beschädigte Hauptflagellum zeigte sich aus 20 Gliedern zusammenge- setzt und mit je einem Kolben am 6. zum 19. Gliede einschließlich ver- sehen. Bei einem 2 mm langen Exemplare mit achtgliedrigem Haupt- flagellum befanden sich die Kolben am 4., 6. und 7. Gliede desselben. Über drei unterirdische Gammariden. 661 Am oben erwähnten, an seinem 17. Gliede abgebrochenen Haupt- flagellum eines 10,73 mm langen Exemplares waren die Hunserr'schen hyalinen Stäbchen am 5., 7., 9., I1., 13. und 15., am unbeschädigten 20gliedrigen Flagellum desselben Exemplares aber an paarigen Glie- dern vom 6. zum 20. einschließlich je eines vorhanden. Bei einem an- deren Exemplare von derselben Körperlänge enthielt das eine Haupt- flagellum 20, das andere 21 Glieder. Am ersteren waren die Stäbchen vom 6. zum 18., am letzteren vom 6. zum 20. Gliede einschließlich je eines vorhanden. Bei einem 2 mm langen Exemplare erschien nur das %. Glied mit einem Stäbchen ausgestattet. Das Flagellum der unteren Antennen erschien bei einem 10,73 mm langen Exemplare auf der einen Körperseite achtgliedrig, und vom ersten zum sechsten Gliede einschließlich mit je einem Stäbchen versehen, auf der anderen Körperseite enthielt dasselbe Flagellum sieben Glie- der, von denen das erste, zweite, vierte und sechste einschließlich mit je einem Stäbchen ausgestattet erschien. Mit einem Worte, die Leyvıe’schen Kolben und die Hunserr'schen hyalinen Stäbchen sind bei der in Frage stehenden Varietätim Wesent- lichen eben so auf den Antennengliedern vertheilt wie bei Niphargus tatrensıs. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi unterscheidet sich vom Niph. tatrensis durch seinen schlankeren Körper, relativ kürzere obere Antennen, niedrigere Coxae der vier ersten Beinpaare, abgerundeten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, breitere als lange Hände der Gnathopoden, die von vorn nach hinten immer längeren Pereiopoden der drei letzten Paare, die bedeutende Länge des letzten Uropodenpaares, die ziemlich gleich langen Glieder des Außenlappens dieser Springbeine und durch die minder tief ge- schlitzte Schwanzplatte. Über die bereits bekannten Arten der Gattung Niphargus. Von Kocn sind zwei Brunnenkrebse unter dem Namen Gamma- rus puteanus beschrieben worden, der eine stammte von Regensburg, der andere von der Stadt Zweibrücken. Der Regensburger Krebs (20, Heft V, Taf. II) zeichnet sich durch seine Coxae der vier ersten Bein- paare, die tiefer als die entsprechenden Körpersegmente erscheinen, durch seine viereckigen, breiteren als langen Hände der Gnathopoden und durch seine wenig verlängerten Springbeine des letzten Paares aus. Die Körperseiten desselben waren ockerroth gefärbt. Bei dem Krebse von Zweibrücken (20, Heft XXXVI, Taf. XXII) erscheinen die Coxae der zweiten, dritten und vierten Pereiopodenpaare niedriger als 662 August Wrzesniowski, die entsprechenden Körpersegmente; die Gnathopodenhände sind länger als breit und nach ihrem proximalen Ende verschmälert; die Spring- beine des dritten Paares erscheinen relativ länger und mit einem langen zweiten Gliede ausgestattet; die Pereiopoden der drei letzten Paare sind ungefähr gleich lang, während bei dem Krebse von Regens- burg die des dritten Paares bedeutend kürzer als die der folgenden Paare abgebildet sind. Die Augen erwähne ich nicht, da die Angaben von Kocn über dieselben unsicher erscheinen, was ich bereits oben hervorgehoben habe. Die Unterschiede der beiden von Kocn beschriebenen und abge- bildeten Formen sind bis jetzt nur von Spence BarE berücksichtigt worden; dieselben autorisiren die Aufstellung zweier selbständiger Arten. Der von DE LA VALETTE ST. GEORGE (%4, Taf. I) so genau abgebildete Krebs steht dem von Kocn aus Zweibrücken dargestellten ganz nahe. Der schlanke Körper, die niedrigen Goxae der vier ersten Beinpaare, die wenig in ihrer Länge von einander abweichenden Pereiopoden der drei letzten Paare und die verlängerten Uropoden des letzten Paares lassen darüber keinen Zweifel übrig. Eine gewisse Differenz bieten die Greifhände dar, da aber Kocn seine Abbildung nach dem Augen- maße, pe La VaLrtteE aber nach sorgfältigen Ausmessungen ausgeführt, so liegt hierin möglicherweise die Ursache dieser Abweichung. Es ist somit die Artidentität beider Krebse kaum in Zweifel zu ziehen. Wegen des großen wissenschaftlichen Werthes der Abhandlung von DE La VaA- LETTE dürfte, meiner Ansicht nach, der in derselben angewandte Name für den hier in Frage stehenden Krebs beibehalten werden. Ich schlage somit vor, mit demselben auch den Krebs von Zweibrücken zu bezeichnen. Der Krebs von Regensburg muss in diesem Falle eine neue Benennung erhalten und ich möchte für denselben den Namen Niphargus ratisbonensis proponiren. | ScHiödteE (39, p. 34.9—350, Abbildung p. 350) stellte eine neue Art Niphargus aquilec nach Exemplaren auf, die nach dem Zeugnisse von SPEncE Bate und J. O. Westwoon (55, p. 317) auf Kartonstücken getrocknet worden sind. Nach diesen verdienstvollen Gelehrten be- kommen zarte Exemplare dieses Krebses beim Eintrocknen eine longi- tudinale Rückenfalte, die von Scaıöntz als ein für die Art charak- teristischer Rückenkiel in Anspruch genommen worden ist. Man muss demnach von dieser Rückenfalte absehen und dann überzeugen wir uns, dass Niph. aquilex dem Niph. puteanus Koch, de La Valette ganz ähnlich erscheint, mit dem einzigen Unterschiede, dass beim ersteren nach Scnröpre’s Abbildung die Pereiopoden der drei letzten Paare Über drei unterirdische Gammariden. 663 gleich lang erscheinen, während bei dem letzteren dieselben von vorn nach hinten immer länger werden. Diese Abweichung erscheint aber um so weniger wichtig, als die Abbildung von Scnıöpte, aller Wahr- scheinlichkeit nach, nach dem bloßen Augenmaße ausgeführt worden ist. Ich nehme somit keinen Anstand Niph. aquilex mit Gammarus puteanus Koch, de La Valette zu identificiren und als Niph. puteanus zu . bezeichnen. Spence BAtE und J. O. Westwoon (55, p. 315 und 316) nehmen die Art Niphargus aquilex an und stellen mit derselben als ihre Synonyme folgende Formen zusammen: Gammarus puteanus Koch aus der Stadt Zweibrücken, de La Valette, Caspary, Hosius; Gam. pulex minutus Gervais; Gam. longicaudatus A. Costa und Gam. subterraneus Leach. Andererseits führt Srenc£ Bate (54, p. 177) Gammarus pute- anus Koch aus Regensburg als Synonym von Niphargus puteanus an, er bemerkte somit den Unterschied beider von Kocn beschriebenen Brunnenkrebse, hat aber vorgezogen den ursprünglichen Namen für die früher beschriebene Form von Regensburg zu behalten, mit der Schiöpre’schen Benennung aquılex bezeichnete er aber den etwas später bekannt gewordenen Krebs von Zweibrücken. Auf diese Weise bin ich mit diesem verdienstvollen Careinologen in der Hauptsache vollkommen einverstanden, namentlich in der Anerkennung der Ver- schiedenheit der Krebse von Regensburg und von Zweibrücken, so wie in der Annahme der Identität des Gammarus puteanus Koch, de La Va- lette, mit Niphargus aquilex Schiödte. Unsere Ansichten weichen nur in der unwichtigen Frage von einander ab, welcher Form der älteste Name puteanus beizulegen sei. Das ist aber eigentlich keine Meinungs- differenz, was ich mit besonderem Vergnügen hervorheben möchte. A. Humsert (92, p. 286) ist auch der Ansicht, dass Niphargus aqui- lexc Schiödte mit Gammarus puteanus Koch, de La Valette, identisch sei. Als Synonyme dieser Art führt er weiter noch Gam. puteanus Caspary, Hosius, Gam. pulex minutus Gervais, Gam. longicaudatus A. Costa und Gam. subterraneus Leach an. Wie ich gleich unten zeigen werde, kann ich mit dieser Zusammenstellung der von CasPary, Hosıus und A. Costa beschriebenen Krebsen mit Gammarus puteanus Koch, de La Valette, nicht einverstanden sein. Gervaıs und LrachH haben aber über die bezüglichen Krebse so wenig mitgetheilt, dass sich über die Verwandtschaft derselben, wie ich bereits in meinen historischen Vorbemerkungen hervorgehoben habe, nichts sagen lässt. R. Caspary (27, p. 30—46) hatte mit lauter jungen Exemplaren zu thun, da die Körperlänge derselben nur 4,5—5,6 mm (2’’—21/5”) betrug, während Funrrora (27, p. 46 Anm.) Exemplare von 9 mm (4”) und andere Beobachter ebenfalls in Elberfeld Krebse von 13,5 mm 664 - August Wrzesniowski, (!/, Zoll) Körperlänge aufgefunden haben. Junge Exemplare, wie wir gesehen haben, weichen von den ausgewachsenen in einigen Details ab, die Höhe der vier ersten Coxenpaare, die Bauweise der Abdo- minalsegmente und der Greifhände bieten aber keine Altersdifferenzen dar, die Abbildungen von Casrary liefern somit einige sichere Anhalts- punkte. Durch seine breit abgerundeten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente und die relative Länge der drei letzten Pereiopodenpaare stimmen die Krebse von Elberfeld mit Niph. puteanus de La Valette beinahe vollständig, die Hände der Gnatho- poden erscheinen aber bei den ersteren sehr verlängert und von einer so abweichenden Form, dass die Identität beider genannten Krebse sehr zweifelhaft erscheint. In der Voraussetzung, dass die Greifhände der Gnathopoden von Caspary naturgetreu abgebildet sind, halte ich für angemessen, den von demselben beschriebenen Krebs vorläufig als eine besondere Art, die Niphargus casparianus heißen mag, anzusehen. Derselben Art ist auch der von A. Hosıus (29, p. 233— 248) be- schriebene Gammarus puteanus einzureihen. Spence Bate (54, Taf. XXXI, Fig. 4 und die Erklärung dieser letz- teren p. 387) lieferte eine Figur von Niphargus puteanus nach einer unpublieirten Abbildung von Gu£rın-MeneviLLe. Dieser Krebs steht dem Niph. puteanus Koch, de La Valette sehr nahe, die Coxae des ersteren erscheinen aber auf der Figur relativ höher und die Gnatho- podenhände von bedeutend abweichender Form. Auf die mögliche Ungenauigkeit der alten Figur von Gu£rıin-M£ngviLLe Rücksicht nehmend, können wir den von ihm abgebildeten Krebs als wahrscheinlich mit Niph. puteanus Koch, de La Valette indentisch ansehen. Professor Pratzau (66, Taf. I, Fig. I) veröffentlichte eine Abbildung des Abdomens eines Niphargus, der wegen eines schlanken Körpers, ab- gerundeten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominal- segmente und verlängerten Uropoden des dritten Paares, wenigstens einstweilen dem Niph. puteanus eingereiht werden dürfte, obwohl der Mangel bezüglicher Angaben über die Bauverhältnisse des vorderen Körpertheiles keine endgültige Entscheidung gestattet. A. Costa (36, p. 217, Taf. IV, Fig. 6) hat unter dem Namen Gam- marus longicaudatus einen dem Niphargus sehr nahe verwandten Krebs beschrieben. Nach der Beschreibung und Abbildung zeichnet sich Gam. longicaudatus durch seinen verlängerten, schlanken Körper, seine nie- drigen Coxae der vier ersten Beinpaare, seine sehr langen Uropoden des letzten Paares mit wohl entwickeltem zweiten Gliede des Außen- lappens, durch seine Hände der Gnathopoden, so wie durch seine von vorn nach hinten immer längeren Pereiopodon der drei letzten Über drei unterirdische Gammariden. 665 Paare aus. Durch alle diese Bauverhältnisse nähert sich Gam. longi- caudatus dem Niph. puteanus. Andererseits aber erscheinen beim ersteren die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominal- segmente scharf zugespitzt und nach hinten verlängert. Wegen dieser Form der gesagten Winkel halte ich es am zweckmäßigsten, den in Rede stehenden Krebs vorläufig als eine besondere Art zu unterschei- den und mit dem Namen Niphargus longicaudatus zu bezeichnen. Der von Scuıöpte (32, p. 23>—28, Taf. III) so genau beschriebene Niphargus siygius steht dem Niph. puteanus sehr nahe, unterscheidet sich aber von demselben durch folgende Organisationsverhältnisse: die Coxae des fünften und sechsten Beinpaares erscheinen bei ihm mit je zwei Einkerbungen versehen; die Hände der Gnathopoden er- scheinen von abweichender Form und reichlicher mit Borsten ausge- stattet; die Mandibulartaster, so wie der Innenlappen der Maxillen des ersten Paares besitzen einen reichen Borstenbesatz ; die Maxillarpalpen erscheinen an der Figur nicht nur an ihrer Spitze, sondern auch an ihrem äußeren Rande mit Borsten bewaffnet, was jedoch zweifelsohne unrichtig ist; das erste Abdominalsegment, zusammen mit seiner Coxa, erscheint am höchsten, während bei Niph. puteanus das zweite und dritte dieser Segmente die größte Höhe erreichen. Die Bewaffnung des Innenlappens und des Tasters des ersten Maxillenpaares unrichtig angenommen, darf jedoch Niph. stygius als eine selbständige Art aufgefasst werden. Spence Bate (47; 54, p. 175 und 176, Taf. XXXI, Fig. 2 und 3; 55, p. 319—326)hat drei neue Brunnenkrebse beschrieben: Niphargus fontanus, Niph. kochianus und Orangonyx sublerraneus. Bei dem ersteren erscheinen die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominal- segmente, bei Niph. kochianus die des zweiten und dritten Abdominal- segmentes, spitz zugeschärft; die Goxae der vier ersten Beinpaare sind bei diesen beiden Niphargusarten von derselben Höhe wie die ent- sprechenden Körpersegmente und die Springbeine erscheinen wenig verlängert. Die Gnathopodenhände sind in hohem Grade charak- teristisch: beim Niph. fontanus erscheinen dieselben birnförmig mit sehr schief verlaufenden Palmae, beim Niph. kochianus sind sie länglich viereckig und gegen ihr proximales Ende zu verschmälert. Sehr charakteristisch erscheinen für die in Frage stehenden Arten die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente. Dieselbe Eigenthümlichkeit finden wir bei Niph. longicaudatus, der sich aber durch die niedrigen Coxae, durch sehr lange Uropoden des dritten Paares und durch seine abweichend geformten Gnathopoden unter- scheidet. Die zugespitzten Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, 666 August Wrzesniowski, die Gnathopodenhände und die kurzen Uropoden des letzten Paares bieten hinlängliche Charakteristik der in Rede stehenden Arten von S. Barz im Vergleich mit Niph. ratisbonensis und Niph. stygiust. Niph. fontanus und Niph. kochianus weichen von einander durch ihre Gnatho- podenhände und ihre unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente ab; sie stellen besondere Arten dar, was von A. Humgerrt (92, p. 321) anerkannt worden ist mit der Bemerkung aber, dass diese Arten nach der Beschreibung und den Abbildungen deutlich von einander abzuweichen scheinen, die Determination derselben aber gar nicht leicht erscheint. Die Gründe dieser Meinung sind von Hunmsert nicht angegeben worden. Spence Bate und J. O. Westwoo» (55, p. 325) sind geneigt die Identi- tät von Niph. kochianus mit Niph. casparianus (Gammarus puleanus Caspary, Hosius) wegen der ähnlich beschaffenen Greifhände anzuer- kennen. Man kann aber dieser Meinung nicht beistimmen, da auf der Abbildung von Caspary die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente breit abgerundet erscheinen. En. Prarz (61) hat einen neuen Gammarus (Niphargus) Caspary aus einem Brunnen in München beschrieben. Die Originalarbeit ist mir leider unbekannt geblieben. Nach einer kurzen Notiz von Professor Monızz (138, p. 47 und 48) über dieselbe erscheint die in Rede stehende Art mit dreieckigen Gnathopodenhänden ausgestattet und durch Ge- schlechtsdimorphismus ausgezeichnet. Der Außenlappen des letzten Uropodenpaares soll nämlich beim Männchen zweigliedrig mit einem ziemlich langen basalen und kurzen apicalen Gliede, beim Weibchen aber eingliedrig und kaum länger als der Stiel erscheinen. Aus der Notiz von Moniısz ist nicht einzusehen, ob Prarz seine Ansicht über diese Geschlechtsverschiedenheit durch genaue Untersuchung des Geschlech- tes der Exemplare beider Formen begründet hat oder nicht. Er sollte, wenn nicht alle, doch wenigstens viele Exemplare in dieser Hinsicht prüfen, was die Brutlamellen der Weibchen in hohem Grade erleichtern. Falls Prarz versäumte seine Meinung mit solchen Beweisgründen zu bekräftigen, so ist es immer möglich, dass er die Repräsentanten ver- schiedener Gattungen Niphargus und Crangonya als Männchen und Weibchen derselben Art angenommen habe. Es steht dahin, ob Niph. Caspary eine besondere Art repräsentire, vorläufig nehme ich aber dieselbe an. Professor PauL Goper (72, p. 153—155) lieferte eine flüchtige Cha- rakteristik eines großen Brunnenkrebses von Neuchätel und bezeichnete 1 Niphargus fontanus (55, p. 320—324) soll mit unvollkommen ausgebildeten, citronengelben Augen versehen sein, Über drei unterirdische Gammariden. 667 denselben als Gammarus puteanus. Die Abweichungen dieses letzteren von den von Koch und DE Li VaALrrTE St. GEoRGE beschriebenen und abgebildeten Exemplaren betrachtete Goper als Alters- und Geschlechts- differenzen, ohne seine Ansicht zu begründen. Dieser große, ohne Antennen und Springbeine 30 mm lange Krebs weicht aber in der That von allen von mir oben angeführten Arten ab. Nach der Figur und der ziemlich oberflächlichen Beschreibung von GopEr zeichnet sich der in Frage stehende Niphargus durch folgende Bauverhältnisse aus: die zwei ersten Coxenpaare erscheinen niedriger, die des dritten Paares eben so hoch, die des vierten Paares höher als die entsprechenden Körpersegmente; die Coxae des vierten Paares sind auch bedeutend höher und länger als die der drei vorhergehenden Paare; das zweite Abdominalsegment (neunte Körpersegment) nebst seiner Coxa erscheint am höchsten; die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente sind abgerundet; die oberen An- tennen erreichen die Körperlänge und erscheinen mit einem aus 51 Gliedern zusammengesetzten, sechsmal von seinem Stiele längeren Flagellum versehen; das Nebenflagellum soll nach Goper's Abbildung ungefähr die Länge der zwei ersten Glieder des Hauptflagellums er- reichen, nach DE RoUGENMoNT (88, p- 12, 27, 31) soll dasselbe dagegen fast vollständig atrophirt sein!; die unteren Antennen sind sehr kurz, ungefähr fünfmal kürzer als die oberen; die Gnathopodenhände zeich- nen sich durch ihre dreieckige Form aus und erscheinen fast eben so lang wie breit; die Pereiopoden der drei letzten Paare erscheinen gleich lang; die Schenkel derselben zeichnen sich durch bedeutende Breite und grobgezähnelte Ränder aus; die Uropoden des letzten Paares über- treffen die halbe Körperlänge und erscheinen mit sehr langem a0 len Gliede des Außenlappens versehen. Die oberen Antennen sind bei dem uns beschäftigenden Krebse relativ viel länger und die Coxae des vierten Paares bedeutend größer als bei allen von mir oben besprochenen Niphargus-Arten. Außerdem weicht das Neuchätel-Exemplar von Niph. casparianus mihi, Niph. ratis- bonensis mihi, Niph. stygius Schiödte, Niph. fontanus S. Bate und Niph. kochianus S. Bate durch seine Gnathopodenhände ab. Von den beiden letzteren und von Niph. longicaudatus A. Costa differirt dasselbe Exem- plar auch durch die abgerundeten unteren und hinteren Winkel der 1 »Ne pre&sente plus qu’une petite epine a la place de cette tigelle« (l. c. p. 12). »Chez le sujet de 33 millimetres ces tigelles n’apparaissent plus que comme. de simples Epines« (l. c. p. 27). DE RoUGEMmoNT versichert jedoch: »Je remis cet exem- plaire a Mr le prof. Goper qui le dessina tres exactement« (l. c. p. 20). Wo die Wahrheit liegt ist nicht zu enträthseln. TER 668 August Wrzesniowski, drei ersten Abdominalsegmente. Auf diese Weise kann der von GopEr charakterisirte Krebs keiner der erwähnten Arten zugezählt werden, da die für denselben charakteristischen Eigenthümlichkeiten gar nicht, oder sehr wenig vom Alter oder vom Geschlechte des Exemplares ab- hängig sind. Ich halte somit für angemessen, die Abbildung von Goper als naturgetreu angenommen, das Neuchätel-Exemplar als eine beson- dere Art zu unterscheiden und schlage für dieselbe den Namen Niphar- gus Godeti vor. Aroıs Humsert (92, p. 278—364, Taf. VI und VI) hat unter dem Namen Niphargus puteanus var. Forelü einen Tiefwasser-Niphargus sehr genau beschrieben und abgebildet. Einige Bauverhältnisse sind in der Beschreibung nicht berücksichtigt worden, erscheinen aber auf den mittels einer Camera ausgeführten Abbildungen dargestellt. Niphargus Forelü zeichnet sich durch folgende Organisationsver- hältnisse aus: Der Kopf ist klein. Die oberen Antennen wenig kürzer als die halbe Körperlänge, mit einem 16gliedrigen Hauptflagellum ver- sehen. Der hintere Rand der drei ersten Abdominalsegmente ist gerade; der hintere und untere Winkel des zweiten Abdominalseg- mentes abgerundet, der des dritten zugespitzt (der Winkel des ersten Segmentes erscheint auf der Abbildung mit dem nach oben gehobenen vierten Pereiopode maskirt, im Texte Sind aber die in Rede stehen- den Winkel nicht erwähnt). Die CGoxae der vier ersten Beinpaare er- scheinen bedeutend niedriger als die entsprechenden Körpersegmente. Die Gnathopodenhände sind länger als breit, dreieckig, mit einem ge- raden oberen und etwas konvexem hinteren Rande und mit gerade abgeschnittenen Palmae versehen. Die Pereiopoden der drei ersten Paare erscheinen von ziemlich gleicher Länge, die der zwei letzten Paare sind von denselben bedeutend länger, unter einander aber gleich lang. Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare sind relativ sehr breit, an beiden Rändern konvex (die relative Länge der Pereiopoden und die Form ihrer Schenkel sind von mir nach den Abbildungen dar- gestellt worden, da diese Organisationsverhältnisse im Texte keine Er- wähnung gefunden haben). Die Uropoden des letzten Paares erscheinen lang, ungefähr dem !/, der Körperlänge gleich, mit einem wohl aus- gebildeten apicalen Gliede des Außenlappens versehen. Am inneren Rande des basalen Gliedes desselben Lappens sind vier Stachelbündel vorhanden; das oberste und das unterste derselben sind mit je einer Fiederborste ausgestattet. Die Schwanzplatte erscheint fast bis zur Basis geschlitzt. Die schmalen und kurzen Kiemen sind am zweiten Gnathopoden- und an allen Pereiopodenpaaren befestigt. Die Brut- lamellen der untersuchten Weibchen erscheinen klein, borstenlos, mit Über drei unterirdische Gammariden. 669 je drei oder vier kurzen Haaren versehen. Hunsert hat auch mit musterhafter Genauigkeit die Bildungsverhältnisse der Mundtheile dar- gestellt. Niph. puteanus var. onesiensis weicht von dem in Rede stehenden Krebse durch keine wichtigere Eigenthümlichkeit ab. Niph. Forelii zeigt eine nahe Verwandtschaft mit Niph. puteanus Koch, de La Valette und Niph. casparianus mihi, weicht aber von den- selben durch folgende Merkmale ab: durch-die Form der Gnathopoden- hände, die länger als breit erscheinen; durch den zugespitzten unteren und hinteren Winkel des dritten Abdominalsegmentes; durch die Form der Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare. Von Niph. longicau- datus unterscheidet sich die in Frage stehende Art durch den hinteren und unteren Winkel des zweiten Abdominalsegmentes, durch die Gnathopodenhände, durch die Schenkel der drei letzten Pereiopoden- paare, durch die relative Länge derselben Fußpaare. In allen diesen Eigenthümlichkeiten weicht auch Niph. Forelü von Niph. stygius ab. Von Niph. fontanus und Niph. kochianus unterscheidet sich derselbe durch den unteren und hinteren Winkel des zweiten Abdominalseg- mentes, sowie durch die Gnathopodenhände. Von Niph. Godeti weicht er durch dieselben Organisationsverhältnisse, sowie durch die relativ kurzen oberen Antennen, die Uropoden des letzten Paares, die Coxae der vier ersten Beinpaare und durch die Körpergröße ab. Der uns beschäftigende Krebs unterscheidet sich somit deutlich von allen anderen früher von mir besprochenen Niphargus-Arten, ich halte mich demnach für berechtigt der Ansicht von Professor ForEL (127, p. 113) beizustimmen und den von Hunserr beschriebenen Krebs als eine besondere Art Niphargus Forelii aufzufassen. Der von Gustav Josern (116, p. 7—9) beschriebene Niphargus orci- nus aus den Höhlen Krains erscheint, von seiner kolossalen Größe ab- gesehen, durch seine Gnathopodenhände, seine Schwanzplatte und sein atrophirtes Nebenflagellum ausgezeichnet. Die Hand jedes Gnathopodes stellt eine mit bogenförmigen Rändern begrenzte Platte dar. Der untere (hintere) Rand derselben erscheint dicht behaart und von der Palma durch einen starken nach unten gerichteten Stachel abgegrenzt. Die Palma bildet eine an den Rändern gezähnelte Rinne, in welche die Klaue eingeschlagen wird. Der obere Rand der Hand erscheint flach bogenförmig. Die säbelartig gekrümmte Klaue geht in eine scharfe Kralle über. Die Schwanzplatte besteht nach den Worten des Verfas- sers aus zwei kegelförmigen, beweglichen und stacheligen Fortsätzen. Die oberen Antennen stellen beim Männchen den dritten, beim Weib- chen den vierten Theil der Körperlänge dar. Das Hauptflagellum 670 August Wrzesniowski, derselben besteht aus 34 Gliedern. Das Nebenflagellum erscheint zu einem kleinen mit einer Borste versehenen Knopfe reducirt. Das Fla- gellum der unteren Antennen besteht aus 13 Gliedern. A. E. Jurinac (136, p. 11—16) hat eine recht charakteristische, große neue Art Niphargus croaticus beschrieben und abgebildet. Die- selbe ist augenlos. Das zehnte Körpersegment erscheint am höchsten. Die Coxae der vier ersten Beinpaare sind etwas niedriger als die ent- sprechenden Körpersegmente. Dieselben erscheinen von der ersten zur dritten immer tiefer, die vierte ist weniger tief als die vorher- gehende. Die CGoxenränder erscheinen borstenlos. Die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente sind scharf zuge- spitzt. Die hinteren Ränder der Abdominalsegmente sind mit je einer Reihe dieker Borsten versehen. Die oberen Antennen übertreffen ein wenig die Körperlänge. Das Hauptflagellum derselben besteht aus 73 Gliedern und erscheint über viermal länger als sein Stiel. Das Nebenflagellum ist zweigliedrig. Die unteren Antennen erscheinen sehr kurz, mehr als dreimal kürzer als die oberen und besitzen ein achtgliedriges Flagellum. Die Hände der Gnathopoden des ersten Paares erscheinen mehr oval, indem der vordere und obere Winkel derselben, an dem die Klaue eingelenkt ist, bedeutend verlängert erscheint. Die Hand des folgenden Gnathopodenpaares stellt ein Viereck dar. Der Palmarand beider Gnathopodenpaare erscheint leicht konvex. Die Pereiopoden des dritten Paares sind bedeutend länger als die der vorhergehenden Paare, aber kürzer als die der beiden folgenden Paare, die gleich lang erscheinen. Die Schenkel der drei letzten Pereio- podenpaare sind relativ schmal und grob gesägt. Die drei letzten Pereiopodenpaare zeichnen sich durch ihre bedeutende Länge aus. Die Uropoden des letzten Paares erscheinen wenig verlängert; beim Männchen sind sie etwa 3,5mal kürzer als der Körper. Das erste Glied des Außenlappens derselben erscheint 15mal länger als das zweite, sehr kleine Glied. Das erste Glied ist mit acht (auf der Figur mit sieben) Fiederborsten, das zweite mit nur einem stumpfen Dorne an seiner Spitze ausgestattet. Der Innenlappen desselben Beinpaares besteht aus einem einzigen, sehr kurzen Gliede; an der Spitze des- selben befindet sich ein Stachel und eine Fiederborste. Die Schwanzplatte des Männchens erscheintnur bis zumDrittel, die des Weibchens zu zwei Drittel ihrer totalen Länge geschlitzt. Die Be- waffnung der Platte ist von Jurmac nicht ganz klar dargestellt worden, da seine Beschreibung und seine Abbildung etwas aus einander gehen. Jurınac behauptet (136, p. 15 und 16), dass sich das erwachsene a N ER Don = Über drei unterirdische Gammariden. 671 Weibchen vom Männchen, die Brutlamellen abgesehen, nur durch seinen spärlicher ausgebildeten Borstenbesatz, durch schwächeren Körperbau und durch seine Schwanzplatte unterscheidet. Mit diesem Satze steht die Abbildung 11 seiner Tafel nicht ganz im Einklange, da der hier abgebildete Gnathopode des ersten Paares eines 10 mm langen Weibchens in der Form ihres Carpus und ihrer Hand von dem des Männchens (Fig. 1) nicht unbedeutend abweicht. Die Bauweise der Mundtheile, die von Jurınac detaillirt beschrieben und abgebildet worden sind, stimmt mit der von A. Humgert und von mir dargestellten vollständig überein. Die von Jurınac so genannten gabelig gespalteten Dornen sind eigentlich einfache, neben ihrer Spitze mit je einer blassen Tastborste versehene Stacheln. Von allen oben erwähnten Niphargus-Arten unterscheidet sich Niph. croaticus durch seine ungemein langen, die Körperlänge über- treffenden oberen Antennen und durch sein 73gliedriges Hauptfla- gellum. Als charakteristisch für denselben erscheinen weiter die unte- ren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, das kleine apicale Glied des Außenlappens des letzten Uropodenpaares; die nach dem Geschlechte des Exemplares abweichende Form der Schwanzplatte. Professor R. Monızz (138, p. 41—51) hat in den Brunnen von Nord- Frankreich zwei verschiedene Niphargus-Formen aufgefunden. Eine derselben zeichnet sich durch ovale Gnathopodenhände und sehr kurze Uropoden des letzten Paares aus, deren Innenlappen zu einer dornen- und borstenlosen Schuppe reducirt erscheint und deren Außenlappen eingliedrig ist; die Schwanzplatte dieser Form erscheint doppelt. Diese Bauverhältnisse sind bei Exemplaren aller Dimensionen beobachtet worden und hängen somit vom Alter des Thieres gar nicht ab. Die zweite Form zeichnet sich durch dreieckige Gnathopodenhände und die relativ bedeutende, aber schwankende Länge der Uropoden des dritten Paares aus. Der Innenlappen dieser letzteren erscheint ein- gliedrig und mit Stacheln gekrönt; der Außenlappen ist zweigliedrig. Die Form der Gnathopodenhände hängt von der Körpergröße nicht ab, von Monızz sind aber junge Exemplare beobachtet worden, deren Hände eine Zwischenform darboten, so dass nur die Uropoden maßgebend erschienen. Die erste, mit ovalen Händen versehene Form war verhältnis- mäßig sehr spärlich vertreten, so dass sich die Zahl der ‚Exemplare derselben zu dem der zweiten Form wie 1:15 verhielt. Beide Formen kommen übrigens an dem durchforschten Gebiete überall neben einander vor. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. L. Bd. aA 672 August Wrzesniowski, Monızz identificirte die zweite Form mit Niph. aquilex S. Bate und J. O. Westwood, d.h. mit Niph. puteanus Koch, de La Valette. Er ist der Meinung, dass dieselbe auch mit Niph. puteanus var. onesiensis von A. Hunserr übereinstimme, was jedoch wenig wahrscheinlich erscheint. Über die erstere mit ovalen Händen ausgestattete Form theilt Monızz wörtlich Folgendes mit (l. ec. p. 45 und 46): »Ne pouvant rapporter aux formes de&crites jusqu’ici le Gam- marus aux mains ovales des eaux souterraines de ce pays, et peu porte a y voir une forme nouvelle, puisqu’on le rencontre con- stammement et dans toutes les localites avec le G. puteanus type, nous nous sommes demand6es s’il ne fallait pas la considerer comme un second repr6sentant du sexe mäle chez cette derniere espece: sa rarete relative pouvant deja etre prise en consideration en faveur de cette hypothese. Disons de suite que nous ne voyons rien dans l’histoire des autres Amphipodes qui s’oppose & cette maniere de voir et nous l’admettrons provisoirement, jusqu’a ce que l’observation des produits sexues, que nous n’avons pas faite jusqu’ici, vienne lever la difficulte.« Diese Hypothese eines Dimorphismus der Männchen, die somit jeder Begründung entbehrt, erscheint auch unwahrscheinlich, da bei Niphargus in allen bekannten Fällen die kürzeren Uropoden für das weibliche, nicht aber für das männliche Geschlecht charakteristisch sind. Die Form mit ovalen Händen und kurzen Uropoden des dritten Paares könnte demnach, falls sie in der That derselben Art mit der anderen Form angehörte, nur die Weibchen, keineswegs aber die Männchen repräsentiren. Da die Form mit ovalen Händen mit keiner bereits bekannten Art derselben Gattung übereinstimmt, so erscheint es am passendsten, dieselbe als neu anzusehen. Dieselbe kann nicht als ein Crangonyx aufgefasst werden, da ihre Uropoden des dritten Paares zweiästig sind, während dieselben bei der letztgenannten Gattung einästig erscheinen. Die Tiefe des Schlitzes der Schwanzplatte ist hier nicht maßgebend, da in dieser Hinsicht große Differenzen sogar in derselben Art, wie z. B. bei Niphargus croaticus vorhanden sein können. Die in Rede stehende Form mit ovalen Händen soll somit der Gattung Niphargus beigezählt werden und ich schlage für dieselbe den provisorischen Namen Niphargus Moniezi vor. Diese Art stellt möglicherweise eine Verbindungsform der Gattungen Niphargus und Crangonyx dar. Nach den Angaben von ve Rovuczmont (88) kann man die von ihm in Anspruch genommenen Arten nicht bestimmen. Gammarus subterraneus Leach und Gammarus minutus Gervais a Ed ET EREÄCHENE N EET Über drei unterirdische Gammariden. 673 = Gam. lacteus Gervais, erscheinen vollkommen räthselhaft, da sie von bezüglichen Beobachtern sehr mangelhaft charakterisirt worden sind. Niphargus ponticus Gzerniawski gehört, wie ich es bereits hervor- gehoben habe, aller Wahrscheinlichkeit nach der Gattung Niphargus gar nicht an und dasselbe ist auch von Niph. caspius O. Grimm zu behaupten. Es erscheint zweifelhaft, ob Gammarus rhipidiophorus von Catta in die Gattung Gammarus oder Niphargus einzureihen sei, da wir nichts über die Mundtheile desselben wissen. Aus dem oben Mitgetheilten leuchtet ein, dass meiner Ansicht nach, die von verschiedenen Beobachtern gelieferten Abbildungen als naturgetreu und zuverlässig vorausgesetzt, folgende Niphargus-Arten anzunehmen seien, ich verkenne aber nicht, dass einige derselben, namentlich die von mir mit einem Fragezeichen (?) versehenen, nur als rein provisorisch gelten können. 1. Niphargus puteanus. Gammarus puleanus C. L. Kocn (20, Heft 36, Taf. XXI). DE LA VALETTE ST. GEORGE (4%). ? Pırateau (64). Hunsert (92, p. 286). Gammarus puteanus | a main triangulauire: Monıszz (138, p. 41 —46). Niphargus puteanus Spenc£ Bate (54, p. 387, Taf. XXXIl, Fig. 4). Niphargus aquilex ScHiöpteE (39, p. 349— 350). Spence Bate and 3. O. Westwoon (55, p. 315 -—318). Hunmgert (92, p. 286). Niphargus siygius J. O. WestwoonD (38). Spence Bate (54, p. 174, Taf. XXX, Fig. 1). 2. Niphargus ratisbonensis (?). Gammarus puteanus C. L. Kocn (20, Heft 5, Taf. Il). 3. Niphargus pungens. Gammarus pungens H. Mınnz Epwarns (24, p. 47). Niphargus pungens Spence Bate (54, p. 217 Anm.; 55, p. 314). Rev. Tu. R. R. Sressing (137, p. 253). 4. Niphargus casparianus (?). Gammarus puteanus Casrary (27, p. 39—48, Taf. I). Hosıus (29, p. 233— 248). 44* 674 August Wrzesniowski, 5. Niphargus longicaudatus (?). Gammarus longicaudatus A. Costa (36, p. 217, Taf. IV, Fig. 6). Gammarus montanus A. Costa (36, p. 218; 62). 6. Niphargus stygius. Niphargus stygius ScHiöDTE (32, p. 26—28, Taf. I). 7. Niphargus fontanus. } Niphargus fontanus Spence Bate (47; 54, p. 175, Taf. XXXII, Fig. 2). A. R. Hocan (50; 52). Spence BATE and J. O. Westwoon (55, p. 319 —322). 8. Niphargus kochianus. Niphargus kochianus Spence Bare (47; 54, p. 176, Taf. XXX, Fig. 3). A. R. Hocan (50; 52). SPENCE BATE and J. OÖ. Westwoon (55, p. 323 — 325). 9. Niphargus Caspary (?). Gammarus Caspary Ev. Prartz (61). 10. Niphargus Godeti (?). Gammarus puleanus Goper (63; 72; 98). Gammarus puteanus VIme forme DE ROUGENMONT (88, p. 12, 25, 27, 30, 34). 11. Niphargus Forelii. Niphargus puteanus var. ä Forelit Hunsert (92, p. 313—398, Taf. VIundVI). ° Niphargus Forelü Forer (127, p. 113). 12. Niphargus oreinus. Niphargus orcinus G. JosepH (116, p. 7—9). | 13. Niphargus croaticus. Eriopis croatica A. Jurinac (135, p. 96—100). Niphargus croaticus A. Jurinac (136, p. 11—16). Über drei unterirdische Gammariden. 675 14. Niphargus Moniezi (?). Gammarus puteanus a main de forme ovale Monızz (138, p. 42, 45, 46). Vergleichung des Niphargus tatrensis und Niphargus puteanus var. Vejdovskyi mit anderen Arten derselben Gattung. Niphargus tatrensis. Vom Niphargus ratisbonensis weicht er durch die Gnathopodenhände und die zugespitzten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Ab- dominalsegmente ab (Kocn bildet bei Niph. ratisbonensis das zweite Ahdominalsegment mit abgerundetem Winkel ab). Vom Niph. puteanus unterscheidet er sich durch die Gnathopoden- hände, die Tiefe der vier ersten CGoxenpaare, die zugespitzten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, die Uropo- den des letzten Paares, die mit einem relativ kurzen apicalen Gliede ihres Außenlappens versehen sind. Vom Niph. casparianus weicht er durch dieselben Bauverhältnisse wie von dem vorhergehenden ab. Vom Niph. longicaudatus differirt er durch die vier ersten Coxen- paare, die Gnathopodenhände, den geraden oder leicht konvexen hin- teren Rand der drei ersten Abdominalsegmente. Vom Niph. siygius erscheint Niph. tatrensis durch den hinteren und unteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, die Gnathopoden- hände, die relative Länge der drei letzten Pereiopodenpaare, die rela- tive Länge des apicalen Gliedes des letzten Uropodenpaares, den Borstenbesatz der Mundtheile unterschieden. Vom Niph. fontanus und Niph. kochianus weicht die uns beschäf- tigende Art durch die tieferen Coxae der vier ersten Beinpaare, die Gnathopodenhände, den hinteren Rand der drei ersten Abdominalseg- mente ab, die bei den genannten Arten konkav erscheint. Niph. Caspary zeichnet sich durch seinen Geschlechtsdimorphis- mus, sowie durch den kurzen, eingliedrigen Außenlappen des letzten ones beim Weibchen aus. Vom Niph. Godeti unterscheidet sich Niph. tatrensis durch die zu- gespitzten unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominal- segmente, die Gnathopodenhände, die relativ viel kleinere Goxa des vierten Pereiopodenpaares, die schmalen Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare, die bedeutend kürzeren oberen Antennen und durch das aus minder zahlreichen Gliedern zusammengesetzte Hauptflagellum derselben. 676 August Wrzes niowski, Niph. orcinus unterscheidet sich von der in Rede stehenden Art durch seine kolossale Größe, seine Gnathopodenhände, sein rudimen- täres Nebenflagellum und durch zahlreiche Glieder des Hauptflagellums der oberen Antennen. Niph. Foreliüi steht dem Niph. tatrensis sehr nahe. Die Gnatho- podenhände beider Arten sind gleich beschaffen, der hintere Rand der drei ersten Abdominalsegmente erscheint gerade, die letzten Pereio- podenpaare zeigen dieselbe relative Länge. Die Unterschiede dieser beiden Arten sind andererseits folgende: Niph. tatrensis erscheint be- deutend größer, seine oberen Antennen sind relativ länger, die Coxae der vier ersten Beinpaare relativ höher. Die hinteren und unteren Winkel der drei ersten Abdominalsegmente erscheinen zugespitzt. Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare bedeutend länger und schmäler, das apicale Glied des letzten Uropodenpaares erscheint rela- tiv kürzer, die Schwanzplatte ist nicht so tief gespalten. Die Kiemen sind relativ länger und breiter. Am inneren Rande des Außenlappens des letzten Uropodenpaares sind zahlreichere Fiederborsten vorhanden. Die oberen Antennen erscheinen bei Niph. croaticus relativ be- deutend länger und die Glieder des Hauptflagellums derselben viel zahlreicher als bei Niph. tatrensis; die unteren Antennen der erstge- nannten Art sind kürzer und mit einem sehr kurzen Flagellum ver- sehen; die Gnathopodenhände erscheinen relativ kürzer, die drei letz- ten Pereiopodenpaare länger. Die Uropoden des letzten Paares zeichnen sich bei Niph. croaticus durch die Kürze des apicalen Gliedes ihres Außenlappens aus; die Schwanzplatte erscheint beim Männchen des- selben nur unbedeutend ausgerandet, beim Weibchen tief gespalten. Die Bewaffnung aller Abdominalsegmente ist bei Niph. croaticus stärker entwickelt. Niph. Moniezi zeichnet sich im Vergleich mit dem hier in Rede stehenden Krebse durch seine Gnathopodenhände und seine kurzen, mit eingliedrigem Außenaste ausgestatteten Uropoden des letzten Paares aus. Aus obiger Vergleichung geht hervor, dass sich Niph. tatrensis von allen anderen Arten derselben Gattung durch positive Merkmale unter- scheidet, ich halte ihn desshalb anstandslos für eine besondere Art, und nach seinem Vorkommen in dem Gebiete des Tatragebirges bezeichne ich ihn mit dem Namen latrensıs. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi. DE LA VALETTE ST. GEoRGE hat die beste, eigentlich die einzige ge- naue Beschreibung und Abbildung von Niph. puteanus geliefert. Der von ihm so trefflich dargestellte Krebs soll somit als Typus der Art E r Über drei unterirdische Gammariden. 677 angesehen werden. Mit demselben stimmen die von mir untersuchten Exemplare aus der Stadt Prag in mancher Hinsicht überein: ihr Körper ist schlank, die oberen Antennen erscheinen kürzer als die halbe Körperlänge, die Gnathopodenhände sind breiter als lang, die Coxae der vier ersten Beinpaare niedriger als die entsprechenden Segmente, der untere und hintere Winkel der drei ersten Abdominalsegmente ist breit abgerundet, die drei letzten Pereiopodenpaare von vorn nach hin- ten zu immer länger, die Uropoden des letzten Paares sind mit ziemlich gleich langen Gliedern des Außenlappens versehen. Auf Grund dieser Übereinstimmung reihe ich die Prager Exemplare’in die Art Niph. putea- nus ein, unterscheide aber dieselben als eine besondere Varietät wegen folgender Eigenthümlichkeiten. Der Krebs von Prag zeichnet sich durch relativ längere obere Antennen aus (bei dem ve La Varrrre'schen Krebse erreichen dieselben 0,36 der Körperlänge), durch erheblich niedrigere Coxae der vier ersten Beinpaare, durch relativ längere Uropoden des letzten Paares (die Länge derselben macht bei dem ve La Varrrre’schen Krebse 0,24 der Körperlänge aus), durch die relativ bedeutend kürzeren Pereiopo- den des dritten Paares (bei dem ve La Varrrre’schen Krebse gleicht die Länge desselben dem 0,728. Theil der Länge des fünften Pereiopoden- paares). Die vorliegende, von mir aufgestellte Varietät widme ich meinem verdienstvollen Fachgenossen und Freunde Herrn Professor Dr. Franz VEspovsky in Prag, als Zeichen meiner höchsten Anerkennung seiner Verdienste für die Wissenschaft, meiner Hochachtung und meiner Freundschaft. Boruta tenebrarum sp. nov. Taf. XXVII, Fig. 6,7,9,13, 15,16; Taf. XXIX, Fig. —6; Taf. XXX, Fig. 1, 2, 4, 6, 15; Taf. XXXI, Fig. 1, 2, 4, 6—13, 15—17; Taf. XXXI, Fig. 2—7, 9. Corpus modice elongatum. Antennae superiores !/, partem longitudinis corporis super- antes; flagellum principale 12—13 articulatum, 11, pedunculo longior; flagellum accessorium 2-articulatum, duobus primis arti- ceulis flagelli prineipalis brevior. Epimera anteriora quatuor segmentis multo altiora, in mar- gine inferiore rotundata et ciliata. Angulus inferior posticus segmenti abdominis 1-mi, 2-di et 3-til in dentem acutum productus. Latera exteriora segmentorum abdominis duorum anteriorum crista obliqua praedita. 678 August Wrzesniowski, Pedes 1-mi et 2-di paris (gnathopoda) manu quadrangulari; manus pedum A-mi paris aeque longa et lata in acie recte trun- cata, pedum 2-di paris longior quam lata, in acie oblique truncata. Articulus 2-dus (basos) pedum thoracis 5-ti, 6-ti et 7-mi paris latus, postice convexus et serrulatus. Pedes 3-tii paris sequenti- bus parum modo longiores. Pedes 5-ti paris illis 3-tii, 4-ti et 7-mi paris longiores, sed pedibus 6-ti paris multo breviores; 7-mi paris antecedentibus breviores. Pedes saltatorii ultimi paris brevissimi, ramo unico uniarticu- lato brevissimo, aculeis paucis armato. Appendix caudalis solummodo emarginata, lobis in apice acu- leis validis armatis. Pedes thoracici 2-di—7-mi paris branchiis angustis, brevi- busque muniti. Sterna segmentorum corporis 2-di, 3-tii, 6-ti, 7-mi et 8-vi appendicibus tubuliformibus (branchiis accessoriis) per paria dispositis praedita. Laminae ovigerae feminae magnae, ad apicem dilatatae et in apice rotundatae, ad basin versus angustatae, in margine setis longis munitae. Corpus feminae ad 7, 13 mm, maris ad 3,93 mm longum. Commoratur in puteis pagi Zakopane in septentrionalibus montium Tatry declivibus. Diesen Krebs habe ich zusammen mit Niphargus latrensis in den- selben Kellerbrunnen zu Zakopane aufgefunden. Der Körper erscheint über vier (4,14—4,3) mal länger als die Höhe des dritten Thoraxsegmentes nebst der entsprechenden Coxa zusammengenommen. Der Kopf ist eben so lang als hoch, bei sehr kleinen 2,5 mm langen Exemplaren aber länger als hoch. Die relative Länge desselben er- scheint ziemlich schwankend, was aus der folgenden Tabelle ein- leuchtet. 9. Sal Bela bRch EAN Körperlänge 2 no, Kae 7,128[|6,237/5,700|4,900|4,848|4,620|3,93413,650 Die Kopflänge stellt den Theil der Körperlänge dar .......... as! Yu | Ya | Yıo | Yio| Yin | Yos| 48 In seinem oberen Theile erscheint der Kopf jederseits mit einem seichten Ausschnitte zur Aufnahme des Stieles der oberen Antennen versehen. Nach abwärts von demselben verbreitert sich die Kopfseite in eine an ihrer Spitze gerade abgeschnittene Lamelle, die die Basis ee ce Über drei unterirdische Gammariden. 679 des ersten Gliedes des Stieles der unteren Antennen verdeckt, so dass nur der Gipfel desselben über den Lamellenrand hervorragt (Taf. XXX, Fig. 1,2). Bei Goplana polonica verbreitern sich die Kopfseiten auf ähnliche Weise, erscheinen aber bei derselben noch breiter und mas- kiren das erste Glied der unteren Antennen vollständig (93, p: 334, Max Die..t,-2). Die verhältnismäßige Höhe der ersten sieben Körpersegmente wie bei Niphargus tatrensis und Niph. puteanus var. Vejdoskyi. Das achte Segment erscheint bedeutend höher als das vorhergehende und viel niedriger als das folgende, das seinerseits höher als das zehnte er- scheint. Das neunte Segment ist somit das höchste, das achte und zehnte erscheinen ziemlich gleich hoch, aber viel niedriger als das neunte. Die unteren und hinteren Winkel der drei ersten Abdominal- segmente erscheinen scharf zugespitzt, die der zwei ersten Abdominal- segmente nach aufwärts umgebogen. Auf der äußeren Fläche des ersten und zweiten Abdominalsegmentes erhebt sich jederseits je eine vom unteren und hinteren Winkel derselben schief nach aufwärts und nach vorn verlaufende Leiste. Auf dem unteren Theile des hin- teren Randes jedes in Frage stehenden Segmentes ist eine oder zwei Borsten eingepflanzt; am unteren Rande des zweiten und dritten Ab- dominalsegmentes sind zwei oder drei Stacheln vorhanden. Auf der Rückenseite des ersten Abdominalsegmentes befinden sich am hinteren Rande desselben jederseits zwei Borsten, auf dem zweiten Segmente an derselben Stelle erhebt sich jederseits eine einzige Borste und ein kurzer Stachel, am dritten Segmente nur eine einzige Borste. Auf dem Rücken jedes dieser Segmente und des aus drei letzten mit einander verschmolzenen Abdominalsegmenten gebildeten Körpertheiles befinden sich je zwei oder drei Borstenpaare (Taf. XXX, Fig. 1 und 2). Die oberen Antennen übertreffen den dritten Theil der Körper- länge, die relative Länge derselben weist aber bedeutende Schwan- kungen auf, da dieselben bei einigen Exemplaren sogar die halbe Errparkinde übertreffen, was aus der der vorliegenden Abhandlung beigefügten Tabelle I, B einleushtet. Die Stielglieder Toben Antennen erscheinen vom proximalen zum distalen immer kürzer und schmäler. Alle Stielglieder sind mit spärlichen Borsten ausgestattet. Bei den größten, 6,5 bis 7 mm langen, wahrscheinlich ganz aus- gewachsenen Exemplaren enthält das Hauptflagellum der uns beschäf- tigenden Antennen 12 oder 13 Glieder, übrigens erscheint die Zahl derselben sehr schwankend, wie es aus der folgenden Tabelle her- vorgeht. 680 ; August Wrzesniowski, 5,484 13,979 4,900 | 2,730 2,500 12,000 | 3,934 3,650 $ 5 & Körperlänge . . || 7,128 | 6,834 | 6,500 Zahlder Glieder des Hauptfla- gellums ... 12 12 13 | 12 112u.10 13 | | | 7 6 b) 10 12 In der Tabelle II am Ende der vorliegenden Abhandlung habe ich die Ausmessungen einzelner Flagellumglieder zusammengestellt, die ich an sieben Exemplaren ausgeführt habe. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die relative Länge der Flagellumglieder keine Regelmäßig- keit darbietet, da längere und kürzere Glieder ohne sichtbare Gesetz- mäßigkeit auf einander folgen. Man kann nur sagen, dass die proxi- malen Glieder kürzer sind als die distalen, das letzte Glied ausgenom- men, obwohl auch in dieser Hinsicht die Ausnahmen nicht fehlen. Das Hauptflagellum erscheint A!/ymal länger als der Stiel, doch bietet dieses Verhältnis bedeutende Abweichungen dar, was aus der Tabelle I, B ersichtlich ist. Die Leypig’schen Kolben sind je einer auf den Gliedern des Haupt- flagellums angebracht. Die Reihe der Kolben beginnt am zweiten oder dritten und setzt sich bis zum vorletzten Gliede einschließlich fort. Bei einem 6,831 mm langen Weibchen begann die Kolbenreihe auf dem einen Flagellum am zweiten, auf dem anderen am dritten und reichte zum vorletzten Gliede, zeigte aber am neunten Gliede eine Unter- brechung; bei einem 2,730 mm langen Weibchen mit einen sieben- gliedrigen Hauptflagellum waren die Kolben am dritten, fünften und sechsten Gliede desselben vorhanden; bei einem 2,5 mm langen Weib- chen mit sechsgliedrigem Hauptflagellum waren dieselben am zweiten, vierten und fünften Gliede eingepflanzt. Das zweigliedrige Nebenflagellum (Taf. XXXI, Fig. 6und 7) erscheint kürzer als die zwei ersten Glieder des Hauptflagellums. Am apicalen Gliede des ersteren sind zwei über einander gelegene Einschnürungen vorhanden. Das erste, basale Glied erscheint bedeutend länger als das folgende. Bei fünf Exemplaren zeigte sich das basale Glied des Neben- flagellums dreimal, bei einem Exemplare viermal, bei einem anderen fünfmal, bei einem noch anderen 1!/ymal, und bei einem 21/ymal länger als das apicale Glied. Bei einem 5,841 mm langen Weibchen erschien das basale Glied des in Frage stehenden Nebenflagellums an einem Fühler zwei-, am anderen Fühler fünfmal länger als das apicale, beide Nebenflagellen zeigten aber dieselbe Länge von 0,1 mm. Bei einem anderen 5,379 mm langen Weibchen an einer mit A0gliedrigem Hauptflagellum ausgestatteten Antenne zeigte das Nebenflagellum eine ns Ze mn Über drei unterirdische Gammariden. 681 Länge von 0,168 mm und das erste Glied desselben war dreimal länger als das zweite, während an der anderen mit 12gliedrigem Hauptflagellum versehenen Antenne die Länge des Nebenflagellums 0,132 mm betrug und das erste Glied desselben fünfmal länger als das zweite erschien. Die unteren Antennen ragen etwas. mit der, Spitze ihres Stieles über den Stiel der oberen hervor. Das vierte Glied des Stieles der ersteren erscheint etwas länger als das fünfte, das Flagellum ist kürzer als diese beiden Glieder zusammengenommen. Dasselbe besteht aus fünf bis sechs Gliedern, bei kleinen, die Länge von 3 mm nicht er- reichenden Exemplaren, erscheint dasselbe dreigliedrig. Bei einem 5,841 mm langen Weibchen zeichnete sich die eine Antenne durch ein fünfgliedriges, die andere durch ein sechsgliedriges Flagellum aus. An den unteren Antennen sind nur mit blasser, zarter Spitze versehene Borsten vorhanden, die an den distalen Enden der Glieder gruppirt erscheinen. Die Füße. Die Coxae erscheinen vom ersten zum vierten Kör- persegmente immer höher; die des fünften Segmentes besitzt die halbe Höhe der vorhergehenden, die folgenden sind immer niedriger. Die- selben der drei ersten Beinpaare sind nahezu zweimal höher als breit und erscheinen an ihrem abgerundeten unteren Rande mit einigen Borsten versehen. Die Coxae des vierten Beinpaares sind kaum höher als breit; sie sind an ihrem breit abgerundeten unteren Rande mit zahlreichen Borsten ausgestattet und an ihrem hinteren Rande mit einem bogenförmigen Ausschnitte versehen (Taf. XXX, Fig. 1; Taf. XXXII, Fig. 2—4). Der untere Rand der Coxa des folgenden Beinpaares er- scheint durch eine Einkerbung in zwei gleich tiefe Hälften geschieden. Die folgende Coxa ist vorn höher als hinten und zeichnet sich durch eine bogenförmige Einbiegung ihres unteren Randes aus. Die Coxa des siebenten Beinpaares stellt eine schmale, nach unten schwach kon- vexe Platte dar. Die vier ersten Coxenpaare erscheinen höher als die entsprechenden Segmente!. Die Coxa des fünften Beinpaares erreicht die Höhe des entsprechenden Körpersegmentes, bei einem kleinen 2,5 mm langen Weibchen zeigte sich aber dieselbe um die Hälfte von demselben niedriger. Die Goxa des sechsten Paares erscheint eben so hoch oder etwas niedriger als das Körpersegment. Das siebente Kör- persegment ist von der entsprechenden CGoxa 3—2!/5-, bei sehr kleinen Exemplaren zweimal höher. 1 Bei einem 6,5 mm langen Weibchen waren diese Coxae über zweimal, bei einem 3,934 mm langen Männchen Al/amal höher als die entsprechenden Körper- segmente; bei einem sehr kleinen, 2,5 mm langen Weibchen, erschienen die Coxae der zwei ersten Beinpaare von gleicher Höhe mit den entsprechenden Körperseg- menten, die zwei folgenden waren etwas höher. 682 August Wrzesniowski, Die Hände des ersten Gnathopodenpaares erscheinen beim Männ- chen und beim Weibchen gleich beschaffen (Taf. XXXI, Fig. 8). Dieselben sind 1'/;mal länger als breit, ihre Palma ist gerade abgestutzt, kaum bogenförmig gekrümmt und mit kurzen Borsten mit dazwischen stehenden längeren Haaren bewaffnet. Die Hand des zweiten Gnatho- podenpaares erscheint beim Weibchen (Taf. XXXI, Fig. 9) zwei-, beim Männchen (Taf. XXXI, Fig. 10) 11/amal länger als breit; dieselbe ist mit einer schiefen, geraden Palma versehen, deren Bewaffnung aus längeren und kürzeren Borsten, so wie kleinen Stacheln zusammengesetzt er- scheint. Am unteren Rande der Hand des ersten Gnathopodenpaares befinden sich lange Haare, an dem der Hände des folgenden Bein- paares sind je fünf lange, breite Borsten eingepflanzti, jede von kleineren Haaren begleitet. Die Klauen beider Händepaare erscheinen bogenförmig gekrümmt und mit einer spitzen Kralle versehen. Der untere konkave Klauenrand erscheint glatt, ohne Fortsatz an der Krallenbasis und mit einigen Haaren versehen; am oberen, konvexen Klauenrande ist eine einzige Borste eingepflanzt (Taf. XXXI, Fig. 11). Der Carpus des ersten Gnathopodenpaares erscheint kurz, wenig länger als breit; der des zweiten Gnathopodenpaares erscheint beim Männ- chen kurz, beim Weibchen relativ länger, da er bei diesem letzteren zweimal länger als breit erscheint. Alle Gnathopoden sind am unteren Rande ihres Carpus mit langen Borsten versehen, die am Carpus des zweiten Paares erheblich länger erscheinen. Die Bauverhältnisse der Hände eines 2,5 mm langen Weibchens weichen von denen des aus- gewachsenen nicht ab, der Borstenbesatz derselben erschien aber viel spärlicher. | Die Schenkel der drei letzten Pereiopodenpaare sind breit, am vorderen und hinteren Rande dicht gezähnelt; die des fünften Paares erscheinen am breitesten, die des vierten Paares am schmalsten; die des dritten Paares sind 1!/,, die des vierten Paares 1!/; und die des fünften Paares 11/,mal länger als breit. Die Schenkel des dritten und vierten Pereiopodenpaares erscheinen oben schmäler als unten, die des fünften Paares sind im Gegentheil oben am breitesten. Sowohl der vordere wie der hintere Rand dieser Schenkelpaare erscheinen konvex, der hintere springt aber stärker hervor. Bei kleinen 2,5 bis 3,93 mm langen Exemplaren erscheinen die in Frage stehenden Schenkel relativ breiter, mit stärker konvexen Rändern begrenzt und spärlicher gezähnelt, um so spärlicher, je geringer die Körperlänge des Exemplares erscheint (Taf. XXX, Fig. 2), Die Finger aller Pereiopoden erscheinen dünn und lang; die der drei letzten Paare bedeutend länger und dicker. Über drei unterirdische nalen 633 Die Borsten sind an allen Pereiopoden kurz und spärlich. Die Pereiopoden des ersten und zweiten Paares erscheinen bei- nahe gleich lang; die des dritten Paares sind länger als die vorher- gehenden und daneben bedeutend länger als die des fünften Paares, aber viel kürzer als die des vierten Paares, diese letzteren sind somit am längsten, die des folgenden Paares aber sind am kürzesten (Taf. XXX, Fig. 4 und 2). Vgl. Tabelle I, B. Die Uropoden des ersten Paares ragen mit ihrem Stiele und ihren Lappen kaum über die entsprechenden Theile des folgenden Paares hervor. Der Stiel des ersten Springbeinpaares erscheint etwas länger als der Innenlappen desselben, diese Theile sind aber am folgenden Beinpaare von gleicher Länge. Der Stiel des zweiten Uropodenpaares ist dreimal kürzer als der aus den drei letzten mit einander verschmolzenen Abdominalsegmenten gebildete Körperabschnitt. An der Spitze jedes Uropodenstieles, über der Anheftungsstelle des Innen- und Außen- lappens, erhebt sich je ein starker Stachel. Am äußeren und inneren Rande des Stieles des ersten Uropodenpaares befinden sich je drei, an den Rändern desselben des folgenden Beinpaares je ein einziger Stachel. Die Lappen der genannten Uropodenpaare sind mit je vier Stacheln ausgestattet, der Außenlappen des zweiten Uropodenpaares erscheint aber mit nur drei Stacheln bewaffnet; der Spitze jedes Lappens sitzen drei oder vier Stacheln an. Die Uropoden des dritten Paares (Taf. XXXI, Fig. 12) erscheinen ungefähr von der Länge des Stieles des vorhergehenden Beinpaares. Jedes Springbein des letzten Paares besteht aus einem breiten Stiele und einem einzigen kleinen, kegelförmigen, apicalen eingliedrigen Lappen, der beinahe 2!/amal kürzer erscheint als der Stiel. Auf der inneren Fläche des Stieles befinden sich zwei starke Stacheln. Auf der Spitze des einzigen Lappens sowie nach abwärts von derselben ist je ein Stachel vorhanden. Bei sehr kleinen, 2 bis 2,5 mm langen Exem- plaren zeigen die in Rede stehenden Uropoden dieselbe Organisation, erscheinen aber schwächer bewaffnet, da sie nur an der Lappenspitze mit je einem Stachel ausgestattet sind. Die Schwanzplatte (Taf. XXXI, Fig. 13) erscheint nur schwach aus- gerandet, da ihr Ausschnitt den dritten Theil ihrer Länge nicht erreicht. Bei ausgewachsenen Exemplaren sitzen an jedem Zipfel je vier oder fünf relativ starke Stacheln, bei sehr kleinen, 2 bis 2,5 mm langen Exempla- ren je zwei Stacheln. Am Außenrande jedes Zipfels befindet sich je eine dünne Borste. Die Kiemen (Taf. XXXII, Fig. 2—5) erscheinen dem zweiten Gnatho- podenpaare und allen Pereiopodenpaaren mit einem dünnen, langen 684 August Wrzesniowski, Stiele angeheftet. Dieselben erscheinen schmal und kurz, da sie das distale Ende der Schenkel nicht erreichen. Boruta tenebrarum besitzt auch röhrenförmige, an der Spitze blind geschlossene Gebilde, die paarweise zwischen den Thorakalbeinen des zweiten, dritten, sechsten und siebenten Paares, sowie zwischen den Pleopoden des ersten Paares befestigt sind (Taf. XXXIL, Fig. 6 u. 7). Am zweiten und dritten Thoraxsegmente, sowie am ersten Abdomi- nalsegmente erscheinen die Röhren desselben Paares dicht neben ein- ander eingepflanzt, an den übrigen Thoraxsegmenten erscheinen die- selben dagegen dicht an der entsprechenden Coxa angebracht und stehen weit von einander ab. Die Röhren des sechsten und siebenten Thoraxsegmentes sind die größten, die des zweiten und dritten Seg- mentes desselben Körpertheiles erscheinen bedeutend geringer, und ‚die des ersten Abdominalsegmentes sind die kleinsten. Die Wandungen jeder Röhre bestehen aus einem einschichtigen, großzelligen Epithel, das von einer dünnen Chitinlamelle umhüllt er- scheint. Der Inhalt der Epithelzellen weist eine deutliche Streifung auf; der rundliche Nucleus derselben ist mit einem Nucleolus von un- regelmäßigen Umrissen ausgestattet. Das Röhrenlumen der in Wein- geist konservirten Exemplare erscheint mit einem körnigen Goagulum erfüllt, in dem zuweilen geschrumpfte Blutkörperchen nachgewiesen werden können. Das Röhrenlumen hängt mit der Körperhöhle zusam- men. Die Kiemen bieten eine ähnliche Organisation dar, sind aber breit, abgeplattet, und das Lumen derselben erscheint an vielen Stellen unterbrochen, wo die Zellen der oberen und unteren Wand an einan- der stoßen und quergestellte Trabekel bilden. Auf diese Weise zerfällt das Kiemenlumen in ein System maschenartig mit einander anastomo- sirender Kanäle. Die Bauverhältnisse des Kiemenstieles stimmen da- gegen mit denen der oben erwähnten Röhre, die ich als Nebenkiemen (Branchiae accessoriae) bezeichne. Die Zellen des Kiemenepitheliums erscheinen auch mit streifigem Inhalte versehen. Die Eileitermündung (Taf. XXXIH, Fig. 9) befindet sich an der Innenfläche der Coxae des dritten Pereiopodenpaares. Die Lagerungs- verhältnisse derselben stimmen mit denen bei Niphargus tatrensis überein, mit dem einzigen Unterschiede, dass bei Boruta tenebrarum die uns beschäftigende Mündung weiter nach hinten gerückt erscheint. Die Einfassung der Mündung ist stark verdickt, besonders in ihrem dieselbe von unten umfassenden Theile (Taf. XXXII, Fig. 9a). Die Mündung selbst erscheint von hohen Zellen umgeben, die eine sehr enge Öffnung übrig lassen. Der Eileiter (Taf. XXXI, Fig. 9 ovd), den ich an einer kleinen Strecke von der Mündung nach aufwärts unter- Über drei unterirdische Gammariden. 685 suchen konnte, steigt von dieser letzteren nach oben empor, um sich plötzlich nach hinten zu wenden und in horizontaler Richtung ver- laufend den Flexor zu kreuzen. Es gelang mir nicht den Eileiter weiter zwischen den ihn umgebenden Geweben zu verfolgen, es schien mir aber, dass derselbe hinter dem Flexorrande bogenförmig nach vorn und nach oben umbiege. Das Eileiterepithel besteht aus großen, mit je einem rundlichen Nucleus versehenen Zellen. Das Lumen des in Frage stehenden Ausführungsganges erscheint sehr eng. Die Brutlamellen (Taf. XXXII, Fig. —5) sind beim Weibchen, wie bei anderen Amphipoden, den Coxae des zweiten Gnathopodenpaares und der drei ersten Pereiopodenpaare angeheftet. Dieselben erschei- nen oben verschmälert, nach unten zu stark verbreitert, an der Spitze breit abgerundet und an beiden Rändern mit langen Borsten versehen. Die größten Lamellen gehören dem ersjen Pereiopodenpaare, etwas kleiner erscheinen sie am folgenden Beinpaare, und am zweiten Gnathopodenpaare erscheinen sie noch kürzer. Die kleinsten Lamellen sind dem dritten Pereiopodenpaare angeheftet. Die drei ersten La- mellenpaare reichen nach abwärts zum distalen Ende der entsprechen- den Tibia (Meros), die des dritten Pereiopodenpaares erreichen aber den unteren Rand des Schenkels nicht. Bei einem 2,5 mm langen Weibchen (Taf. XXXI, Fig. 15) nahm die Eileitermündung ihre gewöhnliche Stelle am dritten Pereiopodenpaare ein, erschien aber etwas höher über dem unteren Rande der Coxa ge- lagert. Die Brutlamelle existirte noch nicht. Die erste Spur dieser letzteren entdeckte ich bei einem 2,7 mm langen weiblichen Exem- plare (Taf. XXXI, Fig. 16), bei dem eine enge, dreieckige Leiste (mov) die Lamelle repräsentirte. Bei einem 3,63 mm langen Weibchen er- schien die Lamelle des dritten Pereiopodenpaares viel breiter und be- deckte den oberen Rand der Oviductmündung, die bereits von einem verdickten Chitinringe umgeben war (Taf. XXXI, Fig. 17). An anderen Beinpaaren stellten die Brutlamellen dieselben Bauverhältnisse wie am dritten Pereiopodenpaare dar. Die Behauptung von pe Roucenont (88, p. 24), als ob alle von ihm untersuchten, von 2 bis 33 mm langen Exemplare von Niphargus pulea- nus mit ausgebildeten Geschlechtstheilen versehen wären, erscheint somit zweifelhaft, da es unwahrscheinlich ist, dass bei allen Exempla- ren seiner ersten Form, von 2 bis mm Körperlänge, alle Weibchen ihre Brutlamellen besessen hätten. Falls dieser Forscher nach der An- oder Abwesenheit derselben das Geschlecht so kleiner Exemplare determinirte, so ist es klar, dass er alle Weibchen als Männchen auf- fasste, bei denen er keine Lamellen entdecken konnte, da dieselben 686 August Wrzesniowski, entweder noch ganz fehlten, oder sehr klein waren. Es kann somit kein Wunder nehmen, dass er die Weibchen für ein seltenes Vor- kommnis erklärte. Übrigens gesteht er selbst, dass bei dieser ersten Form die Eierstöcke immer rudimentär waren. »Quand il m’est arrive de les decouvrir« (88, p. 28). Auf welche Weise dieses Geständnis mit der Behauptung, dass bei allen Exemplaren die Geschlechtstheile voll- kommen ausgebildet waren, in Einklang gebracht werden könnte, ist schwer zu ersehen. Die kleinsten von mir untersuchten Exemplare von 2 bis 2,5 mm Körperlänge weichen von den ausgewachsenen durch folgende Bau- verhältnisse ab: ihr Kopf erscheint relativ viel größer, dem vierten Theil der Körperlänge gleich; der Körper ist gedrungener, d.h. relativ kürzer, da er nur viermal länger als die Höhe des dritten Thoraxsegmentes nebst bezüglicher Goxa erscheint. Die Stielglieder der oberen Anten- nen erscheinen relativ breiter, die des Hauptflagellums weniger zahl- reich aber länger, so dass die relative Länge der Antennen und des Flagellums nahezu keiner Abweichung unterworfen sind. Das vierte und fünfte Stielglied der unteren Antennen erscheinen gleich lang, das Flagellum derselben Antennen ist mit weniger zahlreichen, aber relativ längeren Gliedern versehen. Die Schenkel der drei letzten Pereio- podenpaare sind relativ viel breiter. Alle Extremitätenglieder erschei- nen breiter und spärlicher mit Borsten ausgestattet. Die CGoxae der vier ersten Beinpaare sind relativ niedriger. Die jungen Exemplare könnte man vielleicht für eine besondere Art annehmen, es ist aber unmöglich dieselben einer anderen Gattung einzureihen. In dieser letzteren Hinsicht kann kein Zweifel erhoben werden. Als Artmerkmale habe ich die Eigenthümlichkeiten der ausge- wachsenen Exemplare betrachtet, die unbedeutenden Differenzen der Jungen bei Seite lassend. Die Geschlechtsunterschiede, die sexualen Drüsen abgesehen, re- dueiren sich auf die Anwesenheit der Brutlamellen beim Weibchen und die etwas abweichende Form der Gnathopodenhände des zweiten Paares. Beide Differenzen sind sehr wenig augenfällig, da die Lamellen von den Coxae maskirt sind, die Gnathopodenhände beider Geschlechter aber sehr wenig von einander abweichen. Die Männchen von Boruta tenebrarum scheinen wie die von Go- plana polonica eine geringere Körpergröße als die Weibchen zu erreichen, da ich dieselben ausschließlich zwischen kleineren, die 4,6% mm Körper- länge nicht übertreffenden Exemplaren entdecken konnte. Boruta tenebrarum habe ich während einer Woche im Aquarium Über drei unterirdische Gammariden. 687 lebend beobachtet. Dieselbe spazirt fast unaufhörlich auf dem Boden des Gefäßes mit dem nach oben gekehrten Rücken umher; bisweilen springt sie in die Höhe und schwimmt mit der Bauchseite nach oben gekehrt, ich habe sie aber niemals längere Zeit schwimmen gesehen. Mit einem Worte benimmt sich Boruta tenebrarum eben so wie Goplan« polonica, schwimmt aber noch schwerfälliger als diese letztere. Über die Vielheit der Niphargusarten, Kritik der Ansichten von de Rougemont. DE RouGEmonT (88, p. 23 und 24) entdeckte, wie ich bereits er- wähnt habe, in einem Brunnen zu München eine Menge verschieden großer Brunnenkrebse, die nach ihm fünf verschiedene Formen re- präsentiren sollten, namentlich den Crangonyx subterraneus S. Bate, Niphargus kochianus S. Bate, Niphargus puteanus Gaspary, Hosius, Ni- phargus fontanus S. Bate und Niphargus stygius Schiödte (nach pe Rov- GEMONT —= Niph. puteanus de La Valette). Der von Kocu charakterisir- ten Krebse thut pe Rousemont eine flüchtige Erwähnung. Durch das Auffinden in demselben Brunnen aller bekannten (?) Arten der Brunnen- krebse wurde er in Staunen gesetzt, da er aber zwischen den kleinen Krebsen keine den größeren ähnliche Exemplare zu entdecken ver- mochte, ist er auf den Gedanken gerathen, dass diese fünf Formen keine besondere Arten repräsentiren, sondern verschiedene Entwick- lungsstadien derselben Art Gammarus puteanus darstellen. Um diese Ansicht zu prüfen, isolirte DE Rougemont einzelne Exemplare in beson- deren Gefäßen. Ein kleines 4 mm langes Exemplar häutete sich wäh- rend der Nacht; am abgeworfenen Chitinhäutchen konnte man die erste, kleinste Form (Orangonyx subterraneus) erkennen, das gehäutete Exemplar wurde aber um 4 mm länger und verwandelte sich in die zweite Form (Niphargus kochtanus). Einige Tage später häutete sich ein anderes, größeres Exemplar, das die vierte Form repräsentirte (ob Gammarus puteanus Koch, oder Niphargus fontanus S. Bate, lässt sich nach den Worten des Verfassers nicht bestimmen) und gestaltete sich zur fünften Form um. »Ainsi, fährt pe Rougemont weiter fort, iln’ya plus de doute & avoir sur le developpement de ce crustace; les six formes quwil nous presente ne sont que les differents degres de son accroissement.« Diese sonderbare, den bereits bekannten Thatsachen der Metamor- phose der Gammariden widersprechende Ansicht, hat in einem gewissen Grade einigen Zoologen imponirt, und verdient desshalb eine ein- gehendere Widerlegung. Die Abhandlung von ve Rouszmont enthält viele Ungenauigkeiten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 45 683 August Wrzesniowski, und viele Widersprüche. Es erscheint unbegreiflich, was der Niphar- gus aus dem Brunnen zu Neuchätel (Niphargus Godeti mihi) mit den Münchener Exemplaren zu thun haben könnte, die nach pe RousEmoNT seine Jugendformen repräsentiren sollen. Alle diese Formen dürften ja in demselben Brunnen zu Neuchätel vorkommen, was aber nicht der Fall ist. Es ist andererseits unbegreiflich, warum pe Rougemoxt den Gammarus longicaudatus von A. Costa und den Niphargus aquilex Schiödte von diesem Entwicklungscyklus ausgeschlossen hat; er hat doch behauptet, dass demselben alle bekannten Arten angehören. De Rougemont, der bei Aufstellung einer neuen, allen anderen widersprechenden Ansicht für die Genauigkeit seiner Angaben beson- dere Sorge tragen sollte, versichert (88, p. 23), dass Caspary nur den hinteren Theil des Abdomens des von ihm beschriebenen Krebses ab- gebildet hatte, was entschieden unrichtig ist, da die Figur dieses letz- teren Forschers das ganze Thier darstellt. pe Rousrmont macht dem höchstverdienten Spencz BatE den unbegründeten Vorwurf, als ob der- selbe beim Niph. kochianus die Uropoden des letzten Paares nicht ab- gebildet habe. Spence Bare schaltet in der Beschreibung dieser Art eine solche Bemerkung thatsächlich ein, stellt aber auf seiner Figur ein vollständiges, mit den fraglichen Uropoden versehenes Exemplar dar (54, p. 177, Taf. XXXI, Fig. 3). Die Bemerkung im Texte redueirt sich somit zu einem einfachen Lapsus calami, der leicht zu entdecken ist, besonders wenn man mit einiger Aufmerksamkeit das Werk von SPENCE BATE und J. ©. Westwoo» studirt. Unglücklicherweise ist dieses letztere Werk im Litteraturverzeichnisse der Abhandlung von DE Rou- GEMONT nicht erwähnt worden. Die Gattungs- und Artmerkmale der Gammariden erscheinen auf verschiedenen Bauverhältnissen basirt. Die drei letzten Abdominal- segmente und die Gnathopodenhände erscheinen zur Bestimmung der Gattungen und Arten dieser Krebse entschieden unzureichend, DE Rov- GEMONT hat aber keine weiteren Details berücksichtigt und thut auch der Schwanzplatte keine Erwähnung, obwohl dieselbe für Crangonyx und Niphargus charakteristisch erscheint. Er hat auch nicht bemerkt, dass seine Abbildungen mit den Baueigenthümlichkeiten der Arten von SPENCE BATE und ScHiöpte keineswegs übereinstimmen, die sie nach ihm darstellen sollen. Auf diese Weise haben die auf solchen Abbil- dungen basirten Schlüsse keine Bedeutung. Crangonya subterraneus zeichnet sich durch seine mit einem einzigen, eingliedrigen Lappen versehenen Uropoden des dritten Paares aus, die erste Form des Gam- marus puteanus von DE RougEmont, die denselben repräsentiren soll, erscheint dagegen nach seiner eigenen Abbildung mit einem zweiglied- Über drei unterirdische Gammariden. 689 rigen Lappen versehen (88, Taf. II, Fig. 4). Die Gnathopodenhände der- selben ersten Form weichen auch von denen des Orangony& subterra- neus nicht unbedeutend ab (l. c. Taf. I, Fig. I und 2). Keine der von unserem Verfasser abgebildeten Gnathopodenhände ist denen von XNiph. fontanus oder Niph. stygius ähnlich beschaffen (88, Taf. I, Fig. 3 und 4; 54, Taf. XXXI, Fig. 3 h; 55, p. 319; 32, Taf. III, Fig. 8), diese Arten sind somit unrichtig dem Entwicklungskreise der Münchener Krebse einverleibt worden. Mit einem Worte, falls die Brunnenkrebse von München thatsächlich eine so komplicirte Metamorphose durchmach- ten, wie es DE Rougzmont behauptet, erscheint seine Zusammenstellung verschiedener Entwicklungsformen derselben mit den von Spenck BatE und ScHiöprE aufgestellten Arten jedenfalls unrichtig und will- kürlich. Die Ungenauigkeit der Synonymie in der uns beschäftigenden Abhandlung geht unter Anderem auch daraus hervor, dass Niph. stygius Schiödte und Gammarus puteanus de La Valette, als Synonyme der fünften Form angeführt sind, obwohl dieselben erheblich von einander abweichen. An einer Stelle seiner Abhandlung erklärt pe RougzmonT, dass seine vierte Form mit Niph. fontanus S. Bate identisch sei, an einer anderen, einige Seiten weiter, führt er aber diesen letzteren als Synonym seiner dritten Form an, während er jetzt als das einzige Synonym der vierten Form den Gammarus puteanus Koch angiebt. Wenige Seiten vorher behauptet aber unser Verfasser, dass die dritte Form den von CasParv und Hosıus beschriebenen Gammarus puteanus (Niphargus casparianus mihi) repräsentire. Auf diese Weise, als Synonyme derselben dritten Form, figuriren an verschiedenen Stellen derselben Abhandlung so ab- weichende Krebse wie Niph. fontanus und Niph. casparianus. Wir er- fahren weiter, dass die Abbildungen von Kocn zu klein sind, um zur genauen Vergleichung dienen zu können, »cependant ils correspondent assez aux deux dernieres formes«, d.h. sie entsprechen der vierten und fünften Form, in der Synonymie dieser letzteren sind aber diese Abbildungen nicht erwähnt (88, p. 23 und 29). Die Widersprüche von DE ROUGEMoNT, die Geschlechtstheile der ersten Form betreffend, habe ich bereits oben hervorgehoben (vgl. p. 685). Die Redaktion der Abhandlung erscheint ziemlich vernachlässigt. Auf der Taf. II, Fig. 2 und Taf. III, Fig. 2 und 3 sind die drei letzten Abdominalsegmente abgebildet, nach der Tafelerklärung sollen aber diese Abbildungen die Füße darstellen. Fig. 5 der Taf. II stellt einen Gnathopoden mit Brutlamelle dar, aus der Tafelerklärung erfahren wir aber nicht, welcher Form dieser Fuß angehöre. Die die Lebensweise der soeben aus der Bruttasche der Mutter 45% 690 August Wrzesniowski, ausgekrochenen Jungen betreffenden Beobachtungen von Dr. Desmars (1), sowie die mir unbekannten Mittheilungen von A. G. Ormwier ! über die Jungen eines Gammarus bei Seite lassend, sind mir folgende Angaben über die aus der Bruthöhle der Mütter weggenommenen, oder soeben ausgeschlüpften Jungen der Gammariden bekannt. C. Spenee Bate (45, p.55) theilt seine Beobachtungen über die Jungen von Gammarus gracilis (= Gam. marinus) und einer Orchestia mit. Die ersteren sogleich nach ihrem Auskriechen aus der Bruttasche betrachtet zeichnen sich durch folgende Eigenthümlichkeiten aus: das Hauptfla- gellum erscheint kürzer und die Glieder desselben, sowie die des Flagellums der unteren Antennen und des Nebenflagellums sind weni- ger zahlreich als bei ausgewachsenen Krebsen. Die Augen der jungen Exemplare erscheinen kleiner, aus weniger zahlreichen Facetten zu- sammengesetzt, und zeichnen sich durch ihr helleres Pigment aus. Bei Orchestia (die Art derselben ist nicht angegeben) sehen bei jungen Exemplaren die Gnathopodenhände des zweiten Paares vielmehr denen des Weibchens ähnlich, so dass sie sich mit der Entwicklung des Thieres vergrößern müssen. R. Bruzeuıus (#7, p. 10, 54, 53, 85, 101) untersuchte junge Exem- plare von Gammarus Sabini Leach (= Amathia Sabini Rathke, — Ama- thilla Sabini S. Bate), Gam. locusta L., Ampelisca laevigata Lilljeb. und Nicippe tumida Bruz. Bei Amathilla Sabini entbehren die Jungen der Rückenfortsätze, die für erwachsene Thiere dieser Art so charakteristisch sind ; die Füße der ersteren sind relativ breit, der Innenlappen des dritten Uropoden- paares ist noch unentwickelt, der Außenlappen desselben Beinpaares lang, während bei erwachsenen Exemplaren beide Lappen gleich lang erscheinen. Die Gnathopodenhände sind von BruzeLius nicht erwähnt. Bei Ampelisca laevigata stimmen die jungen mit den erwachsenen Exemplaren vollkommen überein, die kürzeren Antennen bei den erste- ren ausgenommen. | Bei Nicippe tumida zeichnen sich junge, aus der Bruttasche der Mutter herausgenommene Exemplare durch wenig zahlreiche Flagellum- glieder der Antennen aus; die Gnathopodenhände bieten keine Alters- differenzen dar. ! Ant. Gv. OLIVIER, Histoire naturelle des Insectes. Tome sixieme. Paris 4791. in: Encyclopedie methodique, ou par ordre des matieres par une Societe des gens des lettres, des savants.et d’artistes. Citirt nach: Bibliography to accompany »Se- lections from embryological monographs«, compiled by ALEXANDER AGAsSsız, WALTER Faxon and E. L. Mark. ]. Crustacea. By WALTER Faxon, in: Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. IX. No. 6. Cambridge (Mass.). March 4882. p. 197—250. Vgl. auch Rev. Tu. R. R. StesgBine (437, p. 56). Über drei unterirdische Gammariden. | 691 Die Jungen von Gammarus locusta sind von Bruzzuius (47, p. 53) und ZıpvacH (95, p. 30 [22] und 31 [23], Taf. III) untersucht worden. Die Augen junger Exemplare erscheinen relativ kleiner, rundlich, und mit wenig zahlreichen Facetten ausgestattet; die Antennen derselben sind kurz und dick, mit wenig zahlreichen Flagellumgliedern versehen; der Innenlappen des dritten Uropodenpaares erscheint erheblich kürzer als der Außenlappen derselben, während bei ausgewachsenen Exem- plaren beide Lappen gleiche Länge aufweisen. G. O. Sırs (63°, p. 80, Taf. VII, Fig. 9) hat einen jungen, soeben aus der Bruttasche ausgeschlüpften Gammaracanthus loricatus var. lacustris beschrieben und abgebildet. Der Rücken desselben ist glatt, ohne kammförmige Fortsätze, die für diese Art so charakteristisch erschei- nen. Der Kopf des jungen Exemplares ist groß, die Augen klein, das Hauptflagellum der oberen Antennen besteht aus wenig zahlreichen Gliedern, die Füße erscheinen relativ kürzer und breiter. Der untere und hintere Winkel der drei ersten Abdominalsegmente erscheint bei ausgewachsenen Krebsen zugespitzt, bei jungen Exemplaren dagegen abgerundet. Die Gnathopodenhände zeigen keine nennenswerthen Altersdifferenzen. G. O. Sırs (63°, Taf. VI, Fig. 19) bildete ein junges, soeben der Bruttasche der Mutter entschlüpftes Exemplar des von ihm so sorg- fältig und genau untersuchten Gammarus neglectus ab. Die Eigenthüm- lichkeiten desselben sind, wie gewöhnlich, folgende: der Kopf erscheint relativ größer, die Augen kleiner; die Antennen sind kurz, die Flagel- lumglieder wenig zahlreich; die Füße erscheinen relativ kurz und breit; der Innenlappen des letzten Uropodenpaares erscheint sehr kurz, der Außenlappen derselben lang. Auf der Abbildung weist die Gnatho- podenhand des ersten Paares des jungen Exemplares erhebliche Difie- renzen von dem des ausgewachsenen Krebses auf. Die Jungen von Goplana polontca, die ich oft zu untersuchen Ge- legenheit hatte, unterscheiden sich von ausgewachsenen Exemplaren durch dieselben Bauverhältnisse wie bei Gammarus neglectus, die Gnathopodenhände und die Uropoden des letzten Paares stimmen aber in ihrer Organisation mit denen der ausgewachsenen Thiere überein. Aus dem oben Mitgetheilten geht somit hervor, dass junge, aus der Bruttasche der Mutter herausgenommene, oder soeben aus der- selben ausgekrochene junge Exemplare ein eigenthümliches Aus- sehen darbieten, da sie in einem gewissen Grade von ausgewachsenen Thieren differiren. Die ersteren zeichnen sich namentlich durch ihren größeren Kopf, kleinere Augen, kürzere Antennen, wenig zahlreiche Flagellumglieder, breitere und kürzere Füße, spärlicheren Borsten- 692 August Wrzesniowski, besatz und spärlichere Zähnelung verschiedener Körpertheile aus. In einigen Fällen und zwar bei Amathilla Sabini, Gammarus locusta, Gammarus neglectus und, wie ich nach eigener Erfahrung hinzufügen kann, bei Gammarus stagnalis, erscheinen bei ausgewachsenen Exem- plaren beide Lappen des letzten Uropodenpaares ziemlich gleich lang, bei jungen Thieren sind dieselben aber von ungleicher Länge, da der Innenlappen sehr kurz erscheint. Die Glieder des Nebenflagellums sind bei erwachsenen Exemplaren der genannten Arten zahlreicher als bei den jungen, bei Goplana polonica aber erscheint dasselbe immer zweigliedrig und nach Professor Benevicr Dysowskı (79, p. 20 Anm.) erscheint die Gliederzahl des Nebenflagellums bei vielen baikalschen Gammariden so beständig, dass nach derselben die in der Brut- tasche befindlichen Embryonen bestimmt werden können. Die Gnatho- podenhände weichen entweder nach dem Alter des Exemplares gar nicht ab, oder erscheinen bei jungen Exemplaren etwas verschieden beschaffen (Orchestia, vielleicht auch Gam. neglectus). Bisweilen (Gam- maracanthus loricatus var. lacustris) zeigt der untere und hintere Winkel der drei ersten Abdominalsegmente bei jungen Exemplaren eine abweichende Form. Die mit einem gekielten Rücken versehenen Arten entbehren in der Jugend der Rückenfortsätze (Amathilla Sabini. Gammaracanthus loricatus var. lacustris). Mit einem Worte erscheinen die Altersdifferenzen bei verschiedenen Arten sehr verschieden, am größten bei den mit gekieltem Rücken ausgestatteten Formen. Nach den der Entwicklungsgeschichte anderer Arten entnommenen That- sachen können somit die Ansichten von DE Rougenonrt über die Meta- morphose des Niphargus puteanus nicht geprüft werden, glücklicher- weise aber lassen hier die Untersuchungen von A. Humserr und von mir selbst keinen Zweifel übrig. Die Exemplare von Niphargus Forelii, die vom vorderen Kopf- rande bis zur Spitze der Uropoden des letzten Paares 2 mm lang waren und nach der Ansicht von DE RousEmont den Crangonya sub- terraneus S. Bate repräsentiren sollten, zeigten wohl einige vom Alter abhängige Abweichungen, die Arteigenthümlichkeiten waren aber an denselben deutlich wahrnehmbar: die Gnathopodenhände beider Paare und die Schwanzplatte zeigten dieselbe Form wie bei erwachsenen Thieren (92, p. 328). In der Absicht, die unwahrscheinlichen Angaben von DE Rousz- monr über die Metamorphose der Brunnen-Gammariden zu prüfen, habe ich meine besondere Aufmerksamkeit den Jungen von Niphargus und Boruta gewidmet. Zwischen den mir von Prof. VE3povskY zuge- sandten Exemplaren waren einige ganz kleine, 2 mm lange junge Über drei unterirdische Gammariden. 693 vorhanden und ich habe eben so kleine Exemplare von Boruta tene- brarum gesammelt. Ich habe dieselben bereits oben sehr umständlich beschrieben, um zu beweisen, dass sie, eben so wie die von Goplana polonica, in jeder Hinsicht, die sehr feinen Bauverhältnisse ihrer Mund- theile nieht ausgenommen, die Gattungseigenthümlichkeiten darbieten und sogar, wenn man die Altersdifferenzen berücksichtigt, die Art- merkmale wahrnehmen lassen. Den Niphargus tatrensis habe ich nicht so genau studirt, da das kleinste von mir aufgefundene Exemplar des- selben bereits 4,323 mm lang war. Dieses letztere liefert aber in so fern einen Beweis gegen pe RousEmonts Vermuthung, dass über die Species desselben kein Zweifel erhoben werden kann, während es nach DE Rouszmont den Niphargus kochranus repräsentiren sollte. Nach Hunmserr’s und meiner eigenen Erfahrung erscheinen bei den von uns untersuchten Arten folgende Körpertheile nach dem Alter oder dem Geschlechte des Exemplares am wenigsten den Variationen unter- worfen: die Gnathopodenhände, der untere und hintere Winkel der drei ersten Abdominalsegmente, die relative Länge der drei letzten Pereiopodenpaare. Die Schwanzplatte kann nach Jurınac (1436, p. 11,15) große Geschlechtsunterschiede darbieten. Auf Grund der Untersuchungen von A. Humserr und meiner eigenen komme ich zu dem Schlusse, dass die ganze Theorie von DE Rougemont über die Metamorphosen der Brunnen-Gammariden als verfehlt und unbegründet angesehen werden muss. Die Angaben über die Umänderungen gehäuteter Exemplare dürften einem Beobachtungs- fehler zugeschrieben werden, da sie den allbekannten, vielfach von mir selbst beobachteten Vorgängen widersprechen. Es ist kein Grund vorhanden, den abweichenden Formen der Brunnen- und Tiefwasser- Gammariden die Bedeutung besonderer Arten abzusprechen, um so mehr als die Arteigenthümlichkeiten schon bei den kleinsten, so eben aus der Bruttasche ausgekrochenen Exemplaren wahrzunehmen sind. Die Gattung Crangonyx& erscheint nicht minder selbständig als Boruta, deren charakteristische Merkmale sogar bei den kleinsten Exemplaren deutlich ausgebildet erscheinen und keinen Zweifel übrig lassen. Falls pe Rougzmonr's Ansichten richtig wären, so müssten in jedem Brunnen, in jeder Höhle und in jedem See verschiedene Niphargus- und Crangonys-Formen vorkommen, was jedoch keineswegs der Fall ist, da man bis jetzt in derselben Lokalität, besonders in demselben See größtentheils nur je eine Art aufgefunden hat. Eine Ausnahme bietet der Zirknitzer See dar, wo G.Joszrn (116, p.13) zwei Arten: Niphargus stygius Schiödte und Niph. Forelii A. Humbert ausfischte. In dem- selben Brunnen kommen häufiger verschiedene Arten neben einander 694 August Wrzesniowski, vor. $. Barz (54, 55) entdeckte in demselben Brunnen Niph. fontanus, Niph. kochianus und Crangonya subterraneus. Cu. Caıton (109, p.177 bis 179) fand in demselben Brunnen Orangonya compactus , Calliope sublerranea und Gammarus fragiis auf. Ich habe in demselben Brunnen Niphargus tatrensis und Boruta tenebrarum entdeckt. Das Zusammenleben dieser letzteren Arten kann nicht im mindesten für einen Beleg der Ansicht von pe RouszEmonTt gelten, da gegen die Gat- tungs- und Artselbständigkeit derselben kein Zweifel erhoben werden kann. Diese unnöthig und ohne genügende Gründe von DE RousEMmonT angeregte Frage ist sehr treffend von Prof. Carra (90, p. 260) mit folgenden Worten gewürdigt worden: »Les jeunes de Gammarus rhipidiophorus pris entre les lamelles incubatrices de la möre se montrent avec une physionomie spe- ciale, differente de celle des parents, il est vrai, mais differente aussi de la physionomie de tous les Amphipodes d’eau douce qui me sont connus. Assurement l’&tude des jeunes me sera d’un precieux concours, pour &tablir, comme j’ai l’espoir de le faire, la genealogie des Gammarides et des autres crustaces du me&eme ordre; mais jusqu’ä present je n’ai jamais rencontr&e de jeunes presentant une telle conformit6& de caractere avec des especes voisines, qu’une identification fut necessaire lA, oü iln’ya le plus souvent qu'une simple parent& phylog£nique.« Über die geographische Verbreitung im süfsen Gewässer der unterirdi- schen und Tiefwasser-Gammariden. Niphargus. I. Brunnen. — Belgien: Gent (Prarzavu), Liege (E. van BENEDEN), Boverie (E. van BEneEDEn), Namur (Prateau). — Böhmen: Bechlin bei Roudnice; zwischen Kralup und Vodolka, (F. VEıpovsky); Prag (A. Frıc, F. Vespovsky). — Deutschland: Bonn (Hosıus, Leyvie); Elberfeld (Cas- PARY, FUHLROTH); Göttingen (S.Frızs); Greiz (Lupwıs): Halle a/S. (GiEBEr) ; Köln (pe La VaALrette); München (DE LA VALETTE, PrATz, DE ROUGEMONT); Regensburg (Kocn); Tübingen (ZENKER?, WIEDERSHEIM, LEyDIG); Würzburg (S. Fries); Zweibrücken (Kocn). — Frankreich : Annency (Foreı) ; De- partement du Nord und Pas-de-Calais, vorzüglich die Stadt Lille und die Stadt Bethune (R. Monıez); Poitiers (S. Bırz); Paris (GERvAIS). — Großbritannien und Irland: Gedar Terraces, Henwick, Worcester (S. Bare und J. O. Westwoon); Corsham, Wiltshire (S. Bare); Dublin (S. Bare und Westwoon); High Elms, Kent (S. Bare und J. O. West- ren Über drei unterirdische Gammariden. 695 woon); London (Lzıca); Maidenhead (S. Bıre und J. O. Westwoon); Man- named, Plymouth (S. Barz); Ringwood, Hants (S. Bare); Upper Clat- ford, Andovers (S. Bate und J. O. Westwoon); Wandsworth, Surrey (S. Bare und J. O. Westwoon) : Warminster (S. Bare und J. O. West- wood); Wilts (S. Bare und J. O. Wesrwoon); Helgoland (S. Frizs). — Italien: Mestre, Venedig (G. Josern). — Niederlande: Leyden (J. O. Westwoop). — Österreich-Ungarn: Zakopane, Galizien (A. WRrzes- nıowski); Pest (Cayzer). — Schleswig: Sylt (G. Josern). — Schweiz: Neuchätel (DE Rousemont, GopEr); Onex (A. Humserr). I. Höhlen, unterirdische Gänge. — Deutschland: Hohle- stein, Hessen (S. Fries); Erdmannshöhle, bei Hasel, Schopfheim, ın Würtemberg (S. Fries); Falkensteiner Höhle, bei Urach (WIEDERSHEIM, S. Fries). — Italien : Höhle in »Monte Fenera«, Val Sesia; Höhle »Lu- para« im Busen von Spezia (Parona). — Österreich, Krain: Magdalenen- Höhle, Postojna (Adelsberg), Predjama [Lueg] (J. GC. Scnuiöptr), Mrzla- jama, Potice Kawec (G. Joseru). Kroatien: Höhle bei Zagorije [spr. Sagorje] (Jurınac). — Schweiz: Höhle »du chemin de fer« bei Neu- chätel (Goper,. — Bergwerke Clausthal und »Glückauf«, Sachsen, (R. SCHNEIDER). II. Seen. — Zirknitzer See, Krain (G.Josepu) ; Kunitzer See, bei Liegnitz (G. Josepn); Starnberger oder Wurmsee, Bayern (Forzı), Schweizer Seen: Genfer See (Forer, HumBErT, DU Pressis-Gourer); Neu- chätel-See (ForEL, DE Rougemont), Vierwaldstädter See (Asper, FoREL); Luzerner, Walenstädter, Züricher und Comer See (Asper). — See »Matese«, Italien (A. Costa). . Es erscheint in der That bemerkenswerth, dass Imnor (129, p. 220 bis 226) in den von ihm so sorgfältig untersuchten 18 österreichischen Seen keinen Niphargus aufgefunden hat, obwohl in neun derselben eine Tiefe von 30 bis 50 m nachgewiesen worden ist, in welcher im Genfer See Niphargus Forelii wohnt. Es erscheint noch merkwürdiger, dass Professor B. Dysowskı (79) keine Repräsentanten dieser Gattung in dem so tiefen Baikal-See entdeckt hat. IV. Quellen. Warme Quellen des »Monte Gassino« in Italien (H. M. Enwaros). Trinkwasser der Stadt Neapel (A. Costa). Es ist unbekannt, wo Davay den Niphargus stygius auffand, ob in einem Brunnen, oder im unterirdischen oder auf der Erdoberfläche be- findlichen See? In vielen Mittheilungen über das Vorkommen der Niphargus- Species erscheint die betreffende Art nicht angegeben, so dass ich in meiner Zusammenstellung der Standorte derselben den Artennamen 696 August Wrzesniowski, mit Stillsehweigen übergehen musste. In vielen Fällen ist aber die Art bezeichnet worden. Ich gebe unten, so viel es möglich erscheint die Verbreitung jeder Art, die zweifelhaften nicht ausgenommen, an. 1) Niph. Caspary Pratz, Brunnen zu München (Prarz). 2) Niph. casparianus mihi, Brunnen zu Elberfeld und Bonn (Cas- PARY, Hosıus). 3) Niph. croaticus Jurinac, Höhle bei Zagorije (JurınAc). k) Niph. Godeti mihi, Brunnen zu Neuchätel (Goper). 5) Niph. fontanus S. Bate, Brunnen zu Ringwood Hants; zu Cor- sham Wiltshire; zu High Elms, Kent. (S. Barz, J. O. Westwoon, A. R. Hocan). 6) Niph. Forelii A. Humbert, Forel, Brunnen zu Onex (Humserr) Genfer See (ForEL, HumBeErT, Du Pıessis-Gouren); Vierwaldstädter See (Asper, Forer); Luzerner See, Züricher See, Walenstädter See (Asper) ; Zirknitzer See und Mrzla jama in Krain (G. Josern). 7) Niph. 'kochianus S. Bate. Brunnen zu Ringwood, Upper Clat- ford, Andovers, Hants, Warminster, Wilts, Dublin (S. Bare, J. O. West- wooD, Hocan); zu Bethune, Nordfrankreich (R. Monizz). 8) Niph. lacteus Gervais. Brunnen bei Paris (GervaIs). 9) Niph. longicaudatus A.Costa + Niph. montanus A. Costa. Trink- wasser zu Neapel; See »Mateze« (A. Costa). 10) Niph. Moniezi mihi. Nord-Frankreich (Monızz). 11) Niph. orcinus G. Joseph. Krainer Höhlen (G. Josern). 12) Niph.? pungens M. Edwards. Warme Quellen des »Monte Gassino« in Italien (H. M. Enwarps). 13) Niph. puteanus Koch, de La Valette. Brunnen. In Bonn (Hosıus, Leypie); in Köln (pe La VALETTE); in München (pe LA VALETTE, DE Rougemonr); in Tübingen (WIEDERSHEIM, LryDiG) ; in der Stadt Zwei- brücken (Kocn); in Leyden (Wesrtwoon); in Maidenhead (J. O. West- woonp); in Wandsworth, Surrey; in Mannamed, Plymouth (S. BarE und J. O. Westwoonp); in Nord-Frankreich (Monıez) ; in Poitiers (S. BATE); in Gent (Prateau); in Krain (G. Josern). Im Neuchäteler See (ForEL, DE RougEmonT); im Comer See (Asrper). Höhle in »Monte Fenera« val Sesia; Höhle Lupara (Parona). Bergwerke Clausthal im Harz, Berg- werke »Glückauf« in Sachsen (R. ScHNEIDER). 14) Niph. puteanus var. Vejdovskyi A. Wrzesniowski. Brunnen in Prag, in Bechlin bei Roudnice, zwischen Kralup und Vodolka (VEDovsky). 15) Niph, ratisbonensis mihi. Brunnen in Regensburg (Koch). 16) Niph. stygius Schiödte. Krainer Höhlen (Scuiöpte, G. JosErH), Krainer Quellen (G. Josern), Zirknitzer See (G. Josern); in Siebenbürgen in Kis-Nyires und Ugra (E. Dapay). Über drei unterirdische Gammariden. 697 17) Niph. subterraneus (Leach). Brunnen in London (Lrıcna). 18) Niph. tatrensis A. Wrzesniowski. Brunnen in Zakopane (A. WRZESNIOWSKI). 19) Niph. ? rhipidiophorus (Catta). Brunnen in La Ciotat (Carra). Ich habe bereits oben hervorgehoben, dass verschiedene Brunnen- krebse neben einander in demselben Wasser leben können, jetzt will ich Fälle anführen, wo dieselbe Art in verschiedenen Umgebungsbe- dingungen angetroffen wurde. Niphargus puteanus ist hauptsächlich in Brunnen einheimisch, kommt aber auch im Neuchäteller, Züricher und Luzerner See, sowie in der Krainer Höhle Potic Kawec vor (Forer, Asper, Du PLEssis-GOURET, G. JosEPn). Niphargus Forelii kommt in dem Brunnen zu Onex (Humsgerr), in der Krainer Höhle Mrzla jama (G. Josern), im Genfer, Wallenstädter, Comer, Vierwaldstädter und Zirknitzer See (Forer, HumgerT, Du PLessis- GOURET, ÄSPER, G. JOSEPH). Niphargus siygius lebt in verschiedenen Höhlen Krains (ScHiöpte, G. Josepn), in den Quellen desselben Landes und im Zirknitzer See (G. Joseph). Niphargus longicaudatus (+ Gammarus montanus A. Costa) bewohnt das Trinkwasser der Stadt Neapel und den See Matese (A. Costa). Crangonyx. Crangonya Ermanni (M. Edw.). Warme Quellen auf Kamtschatka (H. Mıune Epwarps). Crangonyx subterraneus S. Bate. Brunnen in Ringwood (S. Bar). Crangony& recurvus Grube. Vrana-See auf der Insel Cherso (En. GRUBE). Crangonyx gracılis J. S. Smith. Lac Superior (J. S. Smrrn). Crangonya (Stygobromus) vitreus Packard. Mammuth-Höhle (A. S. PAcKARD). Crangonyx (Stygobromus) vitreus E. D. Cope. Mammuth-Höhle (E. D. Copr). Crangonya tenuis J. S. Smith. Lac Superior (J. S. Smırn). Crangonya mucronatus S. A. Forbes. ? Orangonya attenuatus A. S. Packard. Nickajack-Höhle, Nord- Amerika (A. S. PıckarpD). Crangonyx Packardi J. S. Smith. Nickajack-Höhle (A. S. Packarp). Crangony& lucifugus O.P. Hay. Ein Brunnen, Nord-Amerika (O.P. Hay). Crangonyx bifurcus O.P. Hay. Ein Fluss, Nord-Amerika (O.P. Hay). 698 August Wrzesniowski, Crangonyx compactus Ch. Chilton. Brunnen in Eyreton, Neu-See- land (Ca. GnıLTton). Boruta, Boruta tenebrarum A. Wrzesniowski. Brunnen in Zakopane (A. WRZESNIOWSKI). Calliope. Calliope subterranea Ch. Chilton. Brunnen in Eyreton, Neu-Seeland (Cu. GHILron). Gammarus. Gammarus fragilis Ch. Chilton. Brunnen in Eyreton, Neu-Seeland (CH. CuiLton). Über die Abstammung der unterirdischen und Tiefwasser-Gammariden: Die einfachste Lösung der Frage nach der Abstammung der Niphar- gus-Arten scheint auf den ersten Blick die Annahme darzubieten, dass dieselben als Nachkommen der in beleuchtetem Süßgewässer lebenden Gammari aufzufassen seien, die in der Dunkelheit erblasst und ihre Sehwerkzeuge eben so eingebüßt haben, wie andere unterirdische Thiere. Dieser Meinung huldigte S. Fries (85, p. 115 und 116) und glaubte, dass der an so vielen Orten vorkommende Niphargus puteanus lokaler Herkunft sei. In seiner Ansicht war er durch die Beobachtung ge- kräftigt, dass Exemplare von Gammarus fossarum Koch aus Elsach, die den ganzen Winter im Dunkeln gehalten worden sind, ihrer Körper- farbe fast vollkommen, ihres Augenpigmentes aber theilweise verlustig gegangen sind. Diese Umänderung sollte Aufschlüsse über die Ent- stehungsweise von Niphargus geben. Dem genannten Forscher ist es zweifelhaft geblieben, ob Gammarus nur einmal in die Falkensteiner Höhle gerathen sei, oder auch noch jetzt daselbst mit Wasser gelange und sich dort in entsprechender Weise anpasse. Später änderte Frırs (96, p. 35) seine Ansicht um, nachdem er Niphargus puteanus in Brunnen auf Helgoland aufgefunden hat. Er ist jetzt zu dem Schlusse gekommen, dass derselbe bereits vor erheblich langer Zeit vom Gammarus pulex oder einer anderen Art entstanden sei. DE RoUGENmoNT (88, p. 26) glaubte, dass Niphargus puteanus vom Gammarus pulex abstamme, der sich dem Leben in der Finsternis ange- passt habe. Vom seichten Strandwasser sollte dieser letztere einerseits in Seetiefen, andererseits in unterirdische, in den See mündende Gewässer gerathen. In beiden Lokalitäten sollte der Krebs gleiche Über drei unterirdische Gammariden. 699 Lebensbedingungen finden und sich desshalb auf dieselbe Weise um- ändern: das Sehorgan desselben ist verloren gegangen, die Riechorgane entwickelten sich mächtiger und die Körperanhänge änderten sich in gewisser Richtung um. Nach dem genannten Forscher stammen die blinden Krebse Krains von Gammarus pulex und Gammarus fluviatilis ab, welche die außerhalb der Höhlen fließenden und in dieselben stürzenden Bäche bewohnen. Die Übereinstimmung der Brunnen- und See-Exemplare sucht pe Rouszemont mit der Phrase zu erklären: »la variabilit& de cette espece est deja tracee d’avance et ne peut sortir de ce planc«. ; Einige Versuche, nach denen die Lichtstrahlen nur bis zu einer gewissen Wassertiefe hinabreichen sollen, so dass weiter nach ab- wärts eine absolute Finsternis herrsche, schienen die angedeutete Ab- stammungstheorie des Niphargus von einem Gammarus zu bekräftigen. Professor Foreı (80, p. 28—31; 84, p. 202—204) stellte Versuche über die Durchsichtigkeit des Wassers im Genfer See an. Er bediente sich dazu des photographischen mit Kochsalz und salpetersaurem Silber durchtränkten Albuminpapiers. Er ist zum Schlusse gelangt, dass die Lichtstrahlen im genannten See, wenigstens gegenüber Morges, im Sommer, wenn das Wasser trübe erscheint, nur zu einer Tiefe von 40—50 m gelangen, im Winter aber, bei klarem Wasser, zu 90—I00 m herabreichen. Weiter nach abwärts soll eine absolute Finsternis herr- schen. Professor For und Sarasın (124, 426, p. 994) bedienten sich der Bromgelatine-Platten, um in demselben See die Wasserdurchsichtigkeit zu erforschen und zeigten, dass das Tageslicht bis zu einer Tiefe von 170 m, ja sogar von 200 m gelange. Professor ForeL (127, p. 31) ver- änderte seine frühere Ansicht und gelangte zu der Überzeugung, dass in einer Tiefe von 50—200 m eine unseren klaren Nächten entsprechende Halbdunkelheit herrsche und erst von 200 oder 300 m Tiefe ab nach abwärts eine absolute oder fast absolute Finsternis herrsche. Durch seine Versuche mit Emulsionsplatten überzeugte sich Pro- fessor Asper (125, p. 174—180), dass im Züricher See, wenigstens im Oktober, das Tageslicht zu einer Tiefe über 140 m herabreiche. Die unbedeutenden Differenzen in der Bestimmung der Wasser- tiefe, über welche die Lichtstrahlen nicht weiter eindringen sollen, außer Acht lassend, sehen wir, dass alle angeführten Versuche dafür sprechen, dass in einer gewissen Wassertiefe eine absolute oder fast absolute Finsternis herrscht. Diese übereinstimmenden Resultate ver- schiedener Experimente veranlassten DE RouGEmoNT (88, p. 16) und AspeEr (10%, p. 133) anzunehmen, dass der See-Niphargus einen Nachkommen 700 August Wrzesniowski, von Gammarus pulex repräsentire, der sich in dunklen Wassertiefen ansiedelte und dort seine Augen verloren, sowie einige Umänderungen seines Körpers erlitten habe. Asper hat im Züricher See in einer Tiefe von 140 m glasartig durchsichtige, mit wohl ausgebildeten Augen aus- gestattete Exemplare von Gammarus pulex aufgefunden und fasste die- selben als eine Verbindungsform dieser letzteren Art und Niphargus Forelü auf. Ich lasse hier die Frage bei Seite, ob in gewissen Wassertiefen thatsächlich eine absolute Finsternis herrsche oder nicht, sowie auch die Frage nach der Tiefe, in welcher dies geschehen möchte, und will nur hervorheben, dass bei den Tiefwasserthieren die Augen nicht immer fehlen, sie können sogar durch ihre bedeutende Größe ausge- zeichnet sein. Die Meeresbewohner übergehend beschränke ich mich auf die Süßwasserfauna.. Aus einer Tiefe von 300 m fischte Pro- fessor ForeL (80, p. 25; 127, p. 167 und 168) im Genfer See auch mit Augen ausgestattete Thiere aus: Hydrachnıdae, Oyclops, Lynceus, Gam- marus pulex, Lymnaeus. Aus dem Werke von Professor B. Dysowskı (79) erfahren wir, dass alle in dem Baikal-See lebenden und bis zu einer Tiefe von 41300 m vorkommenden Gammariden mit Augen ausge- stattet sind. In bedeutenden Wassertiefen sind sogar Arten mit großen Augen vorhanden, wie Gammarus sarmatus in einer Tiefe von 1300 m und Gam. Ussolzevü var. abyssarum von 700—4000 m; mittelgroßen Augen begegnen wir bei Gam. Petersii von 700—1000 m Tiefe; Gam. longicornis var. polyarthrus von 300—700 m Tiefe; Gam. leptocerus var. nematocerus von 670 m Tiefe. Bei anderen Tiefwasser-Gammariden desselben Sees erscheinen die Augen klein, oder sehr klein, und zwar bei Gam. Reissneri von 4300 m, Gam. Lagowskii von 800—1300 m, Gam. amethystinus von 500—1300 m, Gam. ignotus von 800 m, Gam. Grewingki von 400—1000 m. Es ist aber nicht zu vergessen, dass die sehr seichte Stellen desselben Sees bewohnenden Arten mit kleinen Augen versehen sein können, namentlich: Gam. Grubü 10—20 m, Gam. Kessleri A0—20 m, Gam. Czyrnianskü A0 m, Gam. litoralis an der Küste selbst wohnend; sehr kleine Augen besitzt Gam. inflatus 2— 10 m; bei Gam. perla von 10 m besteht jedes Auge aus einfachen, kleinen Punkten. Über die Sehwerkzeuge der baikalschen Gamma- riden kann man nur bemerken, dass bei Arten, welche in die Tiefe von 800—1300 m herabsteigen, die Augen hell, gewöhnlich weiß sind, bei Arten aber, die nach abwärts die Tiefe von 700 m nicht er- reichen, das dunkle: violette, rothe, braune oder schwarze Augen- pigment die Oberhand gewinnt. Weiße Augen, obwohl selten, kommen aber auch bei den an seichten Theilen des Sees lebenden Arten Über drei unterirdische Gammariden. 701 vor!. Der Einfluss der Tiefe des Aufenthaltsortes des Krebses auf das Augenpigment desselben ist bei einigen baikalschen Arten recht augenscheinlich: bei Gam. flavus, der eine sehr dicke Wasserschicht von 100—1300 m bewohnt, besitzen die in geringeren Tiefen vor- kommenden Exemplare schwarze, in größerer Tiefe rothe Augen. Gam. Ussolzewü von 150—500 m Tiefe erscheint mit schwarzen, Gam. Ussolzewii var. abyssorum von 700—A000 m Tiefe mit weißen oder röthlichen Augen ausgestattet. Gam. Borowskü von 100—600 m Tiefe zeichnet sich durch schwarze, Gam. Borowskü var. dichrous var. abys- salıs durch weibe Augen aus. Wir überzeugen uns somit, dass bei den Gammariden der Aufent- halt in großen Tiefen der Süßwasserseen keineswegs das Atrophiren der Augen bedingt und auf die Größe dieser Organe keinen Einfluss auszuüben scheint. Das Abstammen des blinden Niphargus der Wasser- tiefen vom Gammarus pulex erscheint unwahrscheinlich, da nach den bekannten Thatsachen dieser letztere sogar in größten Seetiefen seine Augen bewahren würde. Niphargus muss somit außerhalb der Seen entstanden sein. Dieser Schluss erscheint durch folgende Thatsachen gerechtfertigt. Nach Prof. Forer (80, p.25; 127, p.167 und 168) kommen im Genfer See in einer Tiefe von 300 m sowohl augenlose (Niph. Forelü, Asellus Forelü) wie mit Augen ausgestattete Thiere, die ich oben angeführt habe, neben einander vor, was auch Prof. Asper (125, p. 178) im Züricher See bemerkt hat, wo in einer Tiefe von 20 m der augenlose Niphargus 1 Weiße Augen sind bei folgenden Arten vorhanden: Gam. sarmatus 1300 m, Gam. Reissneri 1300 m, Gam. Lagowskii 800—1300 m, Gam. Petersü 700—A300 m, Gam. Borowskii var. dichrous var. abyssalis 600—A1000 m, Gam. margaritaceus 150 —1000 m, Gam. Grewingki 100—A000 m. Rosenrothen Augen begegnen wir bei Gam. amethystinus 150—1000 m, weißlichen oder röthlichen Augen bei Gam. Ussol- zewii var. abyssarum 700 m. Zwischen sechs Arten, die bis 500 oder 700 m Tiefe herabsteigen, sind zwei mit hellen Augen ausgestattet: Gam. pulchellus 4100—700 m mit rosenrothen, Gam. Reichertii 200—500 m mit weißen. In der Tiefe von 300 m zeichnet sich unter sechs Arten nur Gam. Flori var. albula durch seine weißen Augen aus; die Tiefe von 200 m bewohnen sieben Arten, von denen nur Gam. Radoszkowski weiße Augen besitzt. Unter 45 Arten aus der Tiefe von 100 m sind nur Gam. Flori und Gam. Gerstaeckerii mit weißen Augen ausgestattet. Dieselbe Augenfarbe erscheint bei Gam. perla von 40 m Tiefe vorhanden. Gam. bifasciatus von 1/—2 m Tiefe besitzt aschgraue Augen (vgl. 79). Ich möchte nach meiner eigenen Erfahrung hinzufügen, dass bei Gammarus stagnalis Andrzejowski, der in seichten Graben bei Warschau am rechten Weichselufer lebt, das Augenpigment silberweiß, um jeden Krystallkegel aber rubinroth ist, so dass das Auge bei auf- fallendem Lichte und entsprechender Vergrößerung wie silbern und mit karmin- rothen Edelsteinen besetzt erscheint. 702 August Wrzesniowski, und ebenfalls augenlose Asellus in Gesellschaft mit den äugigen Thieren: Ostracoden, Sida cerystallina, Gammarus pulex, Hydrachniden, vor- kommen. Dieses Zusammenleben von sehenden und ’blinden Thieren sucht der letztgenannte Forscher (125, p. 178 und 179) auf die Weise zu erklären, dass die ersteren die ursprünglichen, von der Küsten- oder pelagischen Fauna abstammenden Seebewohner repräsentiren, die letzteren aber fremde aus den Brunnen und anderem unterirdischen Gewässer eingewanderte Ankömmlinge darstellen’. Wir sind somit zu dem Schlusse gelangt, dass Niphargus in den Bin- nenseen ein fremder Ankömmling sei, andererseits aber haben wir uns überzeugt, dass derselbe dort nur aus unterirdischem Gewässer ein- wandern konnte. Die Frage nach der Abstammung der Niphargus- Arten redueirt sich somit zu der über die wahrscheinliche Herkunft der unterirdischen Repräsentanten dieser Gattung. Das Abstammen der Niphargi vom Gammarus pulex oder einer anderen nahe verwandten Art aus beleuchtetem Gewässer erscheint entschieden unwahrscheinlich, wie es bereits S. Barz und J. OÖ. West- woop (55, p. 314), Humsert (92, p. 307) und Forzr (127, p. 168) darge- than haben. Die Exemplare von Gammarus pulex, oder einer anderen Art aus beleuchtetem Wasser, welche im Dunkeln, sei es in Berg- werken, in der Seetiefe, oder in künstlich verdunkeltem Aquarium verblassten, erscheinen hier bedeutungslos, da sie sich einem Niphargus in keiner seiner Eigenthümlichkeiten genähert haben und die typische Bauweise ihrer eigenen Gattung bewahren. Wenn wir einmal augen- lose Exemplare von Gammarus pulex oder einer anderen in beleuch- tetem Wasser lebenden Art derselben Gattung auffinden, so werden dieselben nur eine blinde Varietät oder eine nahe verwandte Art re- präsentiren, ohne eine Übergangsform zum Niphargus darzustellen, da sich diese letztere Gattung durch die Bauweise ihrer Mundtheile, ihren schlanken Körper und ihre Uropoden des letzten Paares auszeichnet. Auf der anderen Seite würde ein mit Augen ausgestatteter Niphargus nichtsdestoweniger dieser Gattung angehören und erscheint, wie wir gesehen haben, die Existenz solcher mit Augen versehenen Arten sogar wahrscheinlich. Über die Genealogie der Gammariden und die von Gammarus und Niphargus insbesondere sind wir vollkommen im Dunkeln. Wir können nur annehmen, das diese zwei Genera nicht von einander, sondern En 1 Diese Erklärungsweise des Zusammenlebens in großen Wassertiefen blinder und sehender Thiere reicht für die Süßwasserseen aus, kann aber an die Meeres- abgründe, wo ebenfalls augenlose und äugige Crustaceen und Fische neben einan- der leben, nicht angewendet werden. Über drei unterirdische Gammariden. 703 - von einem gemeinsamen Ahnen abstammen, die Eigenthümlichkeiten dieses letzteren sind aber nicht zu errathen, da uns jeder Anhaltspunkt dazu mangelt. Folgende Schlüsse werden aber meiner Ansicht nach nicht ganz unberechtigt erscheinen. Die Lebenskonkurrenz dürfte in den unterirdischen Gewässern geringer sein als in beleuchtetem Wasser, was aus der viel geringeren Zahl der in den ersteren lebenden Thierarten zu schließen ist. Die ein- zige Ausnahme stellen solche in unterirdischen Höhlen befindliche Seen und Wassertümpel, in denen der Olm (Proteus anguinus) zu Hause ist. In solchen Wasseransammlungen fehlt nach G. Josern (116, p. 7) Niphargus orcinus, der diesem Perennibranchiaten als Futter dient. Wenn ich nicht irre, dass die subterranen Wasserthiere ihr Leben leichter fristen können als die oberirdischen, dann wird auch der Schluss gerechtfertigt erscheinen, dass sich dieselben weniger umän- dern als ihre an der Erdoberfläche lebenden Verwandten. Aus diesem Schlusse geht weiter hervor, dass Niphargus einen minder modifieirten Nachkommen eines gemeinsamen Stammvaters repräsentiren dürfte als Gammarus. Wollen wir nun auf Grund dieser Voraussetzung den wahrschein- lichen, oder richtiger den möglichen Stammbaum der uns interessi- renden Amphipoden und ihrer nächsten Verwandten: Orangonya, Gam- marella, Goplana, Boruta und Eriopsis darlegen, so wird unsere Auf- gabe sehr erleichtert werden und die Ableitung verschiedener Formen von einander ziemlich ungezwungen erscheinen, wenn wir annehmen, dass der gemeinsame Stammvater dieser Krebse mit einästigen, blatt- förmigen Uropoden des dritten Paares und gleich beschaffenen Gnatho- poden beider Paare versehen war. Die ersteren sind bei einigen seiner Nachkommen, wie Crangonyx und Gammarella ziemlich unverändert geblieben; bei anderen, wie Goplana und Boruta haben dieselben eine Reduktion des Endgliedes ihres einzigen Uropodenlappens erlitten; bei noch anderen aber, wie Niphargus und Eriopsis, haben diese Uropoden einen verschieden ausgebildeten Innenlappen zur Entwicklung ge- bracht, bis endlich, wie bei vielen Gammarus-Arten, beide Lappen der in Frage stehenden Uropoden eine ungefähr gleiche Größe erlangt haben. Allen diesen Erwägungen gemäß stelle ich mir den uns hier be- schäftigenden Stammbaum auf folgende Weise vor. Crangonyx dürfte als der nächste Verwandte des gemeinsamen Stammvaters aufgefasst werden, da er noch unveränderte oder kaum modifieirte Uropoden des dritten Paares und unveränderte Gnatho- poden besitzt. Von einem mit dieser Gattung gemeinsamen Ahnen ist Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd. L. 46 704 August Wrzesniowski, Niphargus abzuleiten. Beide Genera erscheinen sehr ähnlich und dif- feriren von einander nur durch ihre Uropoden des dritten Paares (von den bei COrangony& unbekannten Mundtheilen natürlich abgesehen). Crangonyx tenuis J. S. Smith einerseits, das Weibchen von Niphargus Caspary Pratz und Niphargus Moniezi mihi andererseits nn Verbindungsformen dieser Gattungen darzustellen. Von der als eine gerade Linie dargesteliten Generationsreihe vom Stammvater bis zum Orangonyx& an sind Seitenzweige entstanden, die zwei verschiedene Formengruppen reprösentiren: eine derselben zeichnet sich durch ihre einästigen, die andere durch ihre zweiästigen Uropoden des dritten Paares aus. Einen Zweig der ersteren Gruppe repräsentirt Gammarella, die nach S. Bare (55, p. 329) von Orangonyx nur durch stark entwickelte Gnathopodenhände des zweiten Paares des Männchens abweicht und sich den Orchestiden anschließt. Einen besonderen, wie es scheint nicht weiter entwickelten Seitenzweig, stellen die von einem gemeinsamen Stammvater abzuleitenden, sehr nahe verwandten Goplana und Boruta dar, bei denen der einzige Ast des dritten Uropodenpaares bedeutend reducirt erscheint. | Die zweite Gruppe der Seitenzweige des Hauptstammes, die mit zweiästigen Uropoden des dritten Paares ausgestattete Formen um- fasst, von dem bereits erwähnten Niphargus abgesehen, stelle ich mir als Äste eines mächtigen Sprosses vor, von dem einerseits die dem Niphar- gus ähnliche Eriopsis, andererseits Gammarus und die übrigen von diesem letzteren abzuleitenden Gammariden hervorgegangen seien. Bei einigen Repräsentanten dieser letzteren Gattung zeigen noch die Uro- poden des dritten Paares eine primitive Ausbildung, da der Innenlappen derselben viel kleiner als der Außenlappen geblieben ist (z. B. Gam. marinus, Gam. Maakü). | Meine hier dargelegten Ansichten über die Abstammung der frag- lichen Amphipoden können durch den Stammbaum A bildlich versinn- licht werden. Ich bemerke hier ausdrücklich, dass die Abzweigungs- stellen verschiedener Seitenäste vom Hauptstamme rein hypothetisch angegeben sind, da hier jeder Anhaltspunkt mangelt, um so mehr als viele wichtige Bauverhältnisse, vor Allem die der Mundtheile bei einigen Gammariden noch unbekannt sind. Rev. Tu. R. R. Stessine (137, p. XVI und XVIl) setzt voraus, dass sich der Amphipodenstammvater durch eine einfache und daneben vollständige Bauweise auszeichnen dürfte, ohne Exageration oder De- gradation in seinen Körpertheilen, sowie ohne Verschmelzung einzelner Abdominalringe. Eine solche Amphipodenart kann seiner Ansicht nach als ein Centrum der Klassifikation aufgefasst werden, da dieselbe am Über drei unterirdische Gammariden. 705 wenigsten von dem ursprünglichen Typus abgewichen erscheine, von. welchem sich alle anderen Amphipoden in verschiedenem Grade divergirt haben. Gammarus locusta und Gammarus pulex, vorzüglich aber der erstere, dürften eine solche primitive Form darstellen. Kein Körper- theil fehlt denselben, oder erscheint reducirt, keine Abdominalringe sind bei ihnen mit einander verschmolzen, es ist auch an ihrem Körper weder Exageration noch Degradation einzelner Theile wahrzunehmen. Beide Arten erscheinen auch sehr weit verbreitet. Die geographische Verbreitung der Gammarinen lässt keinen Zweifel tibrig, dass sich die- selben an der Küste im Seetang entwickelt haben, von wo die Flüsse wie die Meerestiefe eben so zugänglich sind. Auf diese Weise kommt Rev. Tr. R. R. Stessine zu dem Schlusse, dass Gammarus locusta der Stammform der Amphipoden am nächsten stehe, die ehemals auf der Erdoberfläche allein, ohne Konkurrenz anderer Amphipoden herrschte. Es ist gewiss kaum zu zweifeln, dass sich alle Amphipoden von dem Meere in das süße Wasser und auf das Land verbreitet haben, so dass der Stammvater derselben aller Wahrscheinlichkeit nach ein Meeresbewohner gewesen sein musste. Stammbaum A. Stammbaum B. Gammaridae Gammarina- Orchestidae? Orchestidae ? Crangonyx Niphargus Niphargus Crangonyx Gammarella Gammarella Goplana Gammarus Boruta . Stammvater Gammarus locusta Es scheint mir, dass meine oben dargelegte Genealogie der Gam- mariden mit der von Rev. Tr. R. R. Stessing ohne Schwierigkeit in Ein- klang gebracht werden könne, wenn wir annehmen, dass von der Gammarinen-Urform zuerst Goplana, Boruta, Niphargus, Crangonya und Gammarella, dann Eriopsis und zuletzt Gammarus, der Ahne aller übrigen Gammarinen, entstanden seien. Nach der von Rev. Tu. R. R. 46* 706 August Wrzesniowski, Sresping angedeuteten Ableitungsweise aller Gammarinen vom Gaim- marus und speciell von Gam. locusta, dürfte man voraussetzen, dass ursprünglich beide Lappen des dritten Uropodenpaares in demselben Grade ausgebildet waren, und dass der Innenlappen bei einigen Formen erst später in verschiedenem Grade atrophirte, bis er endlich ganz verschwunden ist. Die Abstammung der uns hier interessirenden Amphipoden kann somit auch durch den Stammbaum B graphisch dargestellt werden. Meine Erklärungsweise der Abstammung der in Rede stehenden Crustaceen erscheint, wie ich bereits bemerkt habe, rein hypothetisch. Ich beabsichtige nicht für dieselbe einen Vorzug vor der von Rev. Tu. R. R. Steseing zu vindiciren, ich würde mich aber sehr freuen, wenn dieselbe als nicht ganz unwahrscheinlich anerkannt würde. Warschau, im Juni 1890. Litteraturverzeichnis. 4, DesmArs, Melanges d’histoire naturelle. 1762. Bd. I. p. 217. Citirt nach P. A. LATREILLE (8, Bd. VI, p. 309). 2. JOHANN CHRISTIAN FABRıcıus, Systema Entomologiae, sistens Insectorum Classes, Ordines, Genera, Species, adjectis synonymis, locis, descriptionibus, observationibus. Flensburgi et Lipsiae 4775. Citirt nach Rev. Tu. R. R. Stessıng (437, p. 40, 44). 3. JOHANN CHRISTIAN FABRICIUS, Species Insectorum, exhibentes eorum differentias specificas, synonyma auctorum, loca naturalia, metamorphosin adjectis observationibus, descriptionibus. Tomus I. Hamburegi et Kiloni 1784. Citirt nach Rev. Tn. R. R. Stessıng (437, p. 50, 5A). 4. Franz von PAULA SCHRANK, Enumeratio Insectorum Austriae. Augustae Vin- delicorum MDCCELXXXI. Citirt nach Rev. Tu. R. R. StesBing (137, p. 51). . JOHANN CHRISTIAN FaABrıcıus, Entomologia systematica emendata et aucta. Se- cundum Classes, Ordines, Genera, Species adjectis synonymis, locis, observationibus, descriptionibus. Tomus II. Hafniae 1793. 6. JOHANN CHRISTIAN FABRıcıus, Supplementum entomologiae systematicae. Hafniae 1798. Citirt nach Rev. Tan. R. R. Stesging (437, p. 64, 65). | 7. JEAN BaPTıstE LAmArcKk, Systeme des animaux sans vertebres, ou Tableau general des classes, des ordres et des genres de ces animaux; presentant leurs caracteres essentiels et leur distribution d’apres la consideration de leurs rapports naturels et de leure organisation, et suivant l’arrange- ment &tabli dans les galeries du Museum d’Histoire naturelle, parmi leurs [215 40. Alahe 12. 48, Ah, 46. 17. „AS; --419 Über drei unterirdische Gammariden. 707 depouilles conservees; Precede du discours d’ouverture du cours de Zoologie, donne dans le Museum d’Histoire naturelle l’an VIII de la Re- publique. Paris An IX (1801). Citirt nach Rev. Tu. R. R. Stessing (137, p. 66, 67). P. A. LATREILLE, Histoire naturelle generale et particuliere des Crustaces et des Insectes. Ouvrage faisant suite aux Oeuvres de LECLERC DE BUFFON, et partie du Cours complet d’Histoire naturelle redige par C. S. Sonnint. Tome III. Paris An X (4802). Tome VI. Paris An XI (1803), W. E. LeAcH, Crustaceology. The Edinburgh Encyclopedia conducted by Davın BREWSTER, L.L.D. etc. etc., with the assistence of gentlemen emi- nent in science and literature. In eighteen volumes. Vol. VII. Edin- burgh 4830. (Die Publikation dieses Werkes dauerte von 4840—1830, der Titel jedes Bandes trägt aber das Datum 4830. Nach DeEsmarest [45, p- #00] erschien der VII. Band in den Jahren 4813—14814,) Citirt nach Rev. Tu. R. R. StesBing (137, p. 84). W.E.Lrach, Crustaceology. Appendix. The Edinburgh Encyclopedia. Vol. VII, 1814. p. 429—437. Citirt nach Rev. Tu. R. R. StTEBBINnG (437, p. 85, 86). W.E. Lracn, A Tabular View of the external characters of Four Classes of Animals, which Linse arranged under Insecta: with the Distribution of the Genera composing three of these Classes into Orders etc., an De- scription of several New Genera and Species. in: The Transactions of the Linnean Society of London. Vol. XI. Part the 2nd. 1815. p. 306—400. Citirt nach Rev. Tr. R. R. Stessing (137, p. 89). G. Cuvier, Le Regne animal distribue d’apres son organisation, pour servir de base A l’histoire naturelle des animaux et d’introduction a l’anatomie comparee. Tome III, contenant les Crustaces, les Arachnides et les In- sectes, par P. A. LATREILLE. Paris 1847. p. 46—47. Dasselbe Werk. 3. Auflage. Bruxelles 1836. p. 206—207. Dasselbe Werk. Illustrirte Ausgabe. Les Crustaces. p. 4176—178. J. B. Lamarck, Histoire naturelle des animaux sans vertebres. 2. Aufl, Paris 1848. Bd. V. p. 179—184, P. A. LATREILLE, Genera Crustaceorum et Insectorum secundum ordinem naturalem in familias disposita, iconibus exemplisque plurimis explicata. Parisiis et Argentorati 1848. Bd. I. p. 58. 3. ANSELME-GAETAN DESMAREST, Considerations generales sur la classe des Crusta- ces, et description des especes de ces animaux, qui vivent dans la mer, sur les cötes, ou dans les eaux douce de la France. Paris 1825. L. A. G, Bosc, Manuel de l’histoire naturelle des Crustac6s etc. Par. L.A, G. Bosc. Edition mise au niveau des connaissances actuelles, par A. G. Des- MAREST. Paris 4830. che Citirt nach Rev. Tr. R. R. StessinG (137, p. 140). H. MıLne-EpwArps, Extrait des recherches pour servir a l’histoire naturelle des Crustaces Amphipodes. in: Annales des Sciences naturelles. Bd. XX. 1830. p. 360. | J. C. ZENKER, De Gammari pulicis Fabr., historia naturali atque sanguinis cir- cuitu commentatio. Jenae 1832. P. GervAIıs, Note sur deux especes de Crevettes qui vivent aux environs de Paris, in: Annales des Sciences naturelles. Zoologie. 2.Serie. Bd.IV. 1835. 708 20. 21, 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 39. 30, 31. 32. 33, August Wrzesniowski, C. L. Koca, Deutschlands Crustaceen, Myriapoden und Arachniden. Regens- burg 1835 —1841, GUERIN-MENEVILLE, Iconographie du Regne Animal de G, CuviEr, ou represen- tation d’apres nature de l’une des especes les plus remarquables et sou- vent non encore figur&es, de chaque genre d’animaux. Avec un texte descriptif mis au courant de la science. Ouvrage pouvant servir d’Atlas a tous les trait€e de zoologie. Tome 1I. Planches des animaux invertebres. Tome III. Texte explicatif. Paris 1829—1844, Citirt nach Rev. Ta. R. R. StesBing (137, p. 462). H. MıLse-EpwArps, Histoire naturelle des animaux sans vertebres ... par J.B.P.A. pe LamAarck. Deuxieme Edition. Revue et augmentee des notes presentant les faits nouveaux dont la science s’est en richie jusqu’a nos jours par M.M. G. P. Desnayss et H. MıLne-EpwArps. Tome V. Arachnoi- des, erustac6s, annelides, cirrhipedes. Paris 1838. Citirt nach Rev. Tu. R. R. Stessine (437, p. 476). A. ANDRZEJOWSKI, Catalogue des objets qui se conservent dans le cabinet zoo- logique de l’Universite Imperiale de St. Vladimir a Kief. 4-re partie. Mammiferes, oiseaux, reptiles, poissons et crustaces. in: Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes a Moscou. Moskau 1839. No. A. H. 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Hosıus, Über die Gammarus-Arten der Gegend von Bonn. in: Archiv für Naturgeschichte. 45. Jahrg. 1850. Bd. I. p. 233—248. Taf. I—II. Ich citire überall diesen deutschen Aufsatz. ADAM WHITE, Liste of the specimens of British animals in the collection of the British Museum. Part IV. Crustacea. London 4850. Citirt nach Rev. Tu. R. R. StEssinG (137, p. 243). F. W. Hope, Catalogo dei Crostacei italiani e di molti altri del Mediterraneo, per Fr. Gut. Hope. Napoli 4854. Citirt nach Rev. Ta. R. R. Stessıng (137, p. 250). J. C. ScHıöpte, Bidrag til den underjordiske Fauna. in: Det danske Videns- kabernes-Selskabs Skrifter. 5e Raekke. Naturvidenskabelig og mathe- matisk Afdeling. Bd. Il. Kjöbenhavn 1851, J. D. Dana, Conspectus Crustaceorum quae in Orbis Terrarum circumnaviga- tione, CAroLoO WILKES e Classe Reipublicae Federatae Duce, lexit et de- 34, 35. 36. 37, 38. 39, 40. AN, 42. 43, 44, 45. Über drei unterirdische Gammariden. 709 seripsit Jacopus D. Dana. Pars Ill. Amphipoda. No.1. in: Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences. Vol. II. From May 1848, to May 4852. Boston, Cambridge 1852. p. 201—220. Citirt nach Rev. Ta. R. R. StessinG (437, p. 258). J. D. Dana, On the Classification of the Crustacea Choristopoda or Tetradeca- poda. in: The American Journal of Science and Arts. 2nd Series. Vol.XIV, November 1852. New Haven. No. XLI. Appendix. p. 297—316, Citirt nach GERSTÄcKER. Berichte über die Leistungen in der Naturge- schichte der Crustaceen während des Jahres 1852 und 4853, in: Archiv für Naturgeschichte. 20. Jahrg. 1854. Bd. II. p. 94. J. D. Dana, United States Exploring Expedition, during the years 1838, 1839, 4840, 1844, 4842, under the command of CHARLES WILKES, U.S.N,. Vol. XIII. Part II. Philadelphia 1852. Gitirt nach Rev. Ta. R. R. StessinG (137, p. 267). ACHILLE CosTA, Ricerche sui crostacei Amphipodi del regno di Napoli. 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II. Theil. Meine Citate beziehen sich auf die Ausgabe der Arbeit in böhmischer Sprache. R. WIEDERSHEIM, Beiträge zur Kenntnis der württembergischen Höhlenfauna. in: Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft in Würz- burg. Neue Folge. Bd. IV. Würzburg 1873. p. 203, 209. B. Dysowskı, Beiträge zur näheren Kenntnis der in dem Baikal-See vorkom- menden niederen Krebse aus der Gruppe der Gammariden. St. Peters- burg 4874. Mit 3 kolorirten und 44 schwarzen Tafeln. F. A. Forer, Recherches photographiques sur la transparence de l’eau. in: Materiaux pour servir a l’&tude de la faune profonde du lac Leman. 1.ser. Lausanne 1874. p. 25, 32. . F. A. ForEL et pu Pressıs, Esquisse generale de la faune profonde du lac Le- man. Ebendaselbst. p. 56. . F. A. Foreı, Liste provisoire des especes de la faune profonde du lac Leman. Ebendaselbst. p. 150. . F.A. ForeL, Draguages zoologiques dans les lacs de Neuchätel, de Zurich et de Constance. Ebendaselbst. p. 154. . F. A. 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Dieselbe Arbeit mit Abbildungen ‚und Beschreibung von Asellus Sie- boldii und Hydrobia ist auch in französischer Sprache erschienen unter dem Titel: »Etude sur la faune des eaux privees de lu- miere. Neuchätel 41876. Mit 6 Tafeln«. In meiner Arbeit ist aus- schließlich diese letztere Ausgabe citirt. 8. Über drei unterirdische Gammariden. 713 S. J. Suıru, The Crustaceans of the caves of Kentucky and Indiana. in: The American Journal of Science and Arts. Vol. IX. June 1875. Citirt nach Rev. Ta. R. R. Stessing (137, p. 451). . J. D. Carr, Sur un Amphipode nouveau, le Gammarus rhipidiophorus. in: Actes de la Societe Helvetique des Sciences naturelles r&unie a Bex le 20, 24, 22 aoüt 1876; 60 session. Compte rendu 41876—1877. Lausanne 1877. p- 259— 262. . S. A. Forses, Bulletin of the Illinois Museum. I. (1876). p. 6. Illinois. Citirt nach Rev. Tu. R. R. StessınG (437, p. 456). . Aroıs Humsert, Description du Niphargus puteanus var. Forelii. in: Materiaux pour servir a l’etude de la faune profonde du lac L&man. 2e et 3e serie. Lausanne 4876. p. 312—392. Taf. VI—VII. 93a, Sir C. WyvirLE Tuompson, Knt. The voyage of the »Challenger«. The Atlan- thetic. A preliminary account of the general results of the exploring voyage of H. M. S. »Challenger« during the year 1873 and the early part of the year 4876. London 4877. Vol. I. 93b, F. A. ForeL, Faunistische Studien in den Süßwasser-Seen der Schweiz. in: 94, 95. 96. 97. 98. 400. Diese Zeitschr. Leipzig 1878. Supplement-Bd. XXX. p. 386. Fr. Leypıe, Amphipoden und Isopoden. Anatomische und zoologische Bemer- kungen. Ebendaselbst. p. 227, 228, 237, 238, 245, 246, G. ZappAcH, Die Meeresfauna an der preußischen Küste. I. Crustacea. in: Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschäft in Königsberg. 49. Jahrgang. Königsberg 1878. p. 30 (22), 34 (23). Taf. III. S. Fries, Mittheilungen aus dem Gebiete der Dunkelfauna. 4. Gammarus (Ni- phargus) puteanus Koch. in: Zool. 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PratEAU, Recherches sur la perception de la lumiere par les Myriopodes aveugles. in: Journal de l’Anatomie et de la Physiologie normale et pathologique de !’homme et des animaux. Anne XXV. 1886. No.5. Sep- tembre et Octobre. Paris 1886. EDOUARD CHEvREUx, Catalogue des Crustaces Amphipodes marins du sud-ouest de la Bretagne, suivi d’un appercu de la distribution g&ographique des Amphipodes des cotes de la France. in: Bulletin de la Societe Zoologique de France pour l’anne 4887. XII Volume. Paris 1887—4888. p. 305—308. R. Monıez, Liste des Cop6podes, Ostracodes, Cladoceres et de quelques autres Crustac6s recueillis a Lille, en 4886. Ebendaselbst. p. 545. A. E. JurınAc, Prilog hrvatskoj fauni ogulinsko-slunjske okolice i p&cina. in: Rad jugoslavenske Akademije Znanosti a Umjetnosti. Knjiga LXXXILH. Matematicko-prirodoslovni razred. VIII, 4. U Zagrebu 4887. (Ein Bei- trag zurKenntnis der kroatischen Fauna der Gegend und der Höhlen von Ogulin-Slunje. in: Abhandlungen der süd- slavischen Akademie 'der Wissenschaften. Buch LXXXIII, mathem.-naturw. Sektion. VIII, 4. Agram 1887.) p. 96—100. Taf. I—Il.. A.E. Jurinac, Ein Beitrag zur Kenntnis der Fauna des kroatischen Karstes und seiner unterirdischen Höhlen. Inaugural-Dissertation. München 4888. Rev. TaomaAs R. R. StEBBInG, Report on the Amphipoda collected by H.M. S. Challenger during {he years 1873—4876. Report on the Scientific Re- sults of the Voyage of H.M. S. Challenger during the years 41873—1876 under the command of Captain GEORGE S. Nares, R.N., F.R.S., and the late Captain Frank TourLE THompson, R.N. Prepared under the super- intendence of the late Sir GC. WyvırıEe Tnompson, Knt., F.R.S., etc. Di- rector of. the civilian scientific staff on board, and now of Joan MurRAY, L.L.D., Ph.D., etc., one of the Naturalists of the Expedition. Zoology. Vol. XXIX. Published by Order of Her Majesty’s Governement. Two Volumes of Text and Volume of 242 plates and a Map. London, Edin- burgh, Dublin 1888. 40. R. MonıEz, Faune des eaux souterraines du departement du Nord et en parti- culier de la ville de Lille. Extrait de la Revue Biologique du Nord de la France publiee sous la direction de M.M. Tux&on. Barroıs, PauL Harızz et R. Monıez. Tome I. 1888—1889. Lille 1889. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVII. Fig. A—5. Niphargus tatrensis Sp. nov. Fig. 4. Ein 14 mm langes Männchen. Vergr. A0fach. Fig. 2. Ein 4,323 mm langes Männchen. Vergr. 20fach. Fig. 3. Abdomen eines 9,405 mm langen Weibchens. Vergr. A5fach. Über drei unterirdische Gammariden. #17 Fig. 4. Schwanzplatte eines 44 mm langen Männchens. Vergr. 65fach. Fig. 5. Nebenflagellum und zwei erste Glieder des Hauptflagellums eines 8 mm langen Männchens. Vergr. etwa A445fach. Fig. 6. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Fig. 6. Nebenflagellum und zwei erste Glieder des Hauptflagellums eines 14 mm langen Männchens. Vergr. 4120fach. Fig. 7 und 8. Niphargus tatrensis sp. nov. Fig. 7. Eine Gnathopodenhand des ersten Paares eines 44 mm langen Männ- chens. Vergr. etwa 45fach. Fig. 8. Eine ebensolche Hand des zweiten Paares. Vergr. etwa 45fach. Fig. 9—11. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Fig. 9. Eine Gnathopodenhand des ersten Paares eines 14 mm langen Männ- chens. Vergr. 45fach. Fig. 10. Eine ebensolche Hand des zweiten Paares. Vergr. 45fach. Fig. 44. Schwanzplatte eines 44 mm langen Männchens, Vergr. 400fach. Fig. 12—44. Niphargus tatrensis Sp. noV. Fig. 42. Maxille des zweiten Paares. Vergr. 450fach. Fig. 13. Distales Ende des 12. Gliedes des Hauptflagellums. Vergr. 700fach. a, Leyvig’scher Riechkolben ; b, Humgert'sches hyalines Stäbchen. Fig. 44. Uropode des letzten Paares eines 44 mm langen Männchens, Vergr. 30fach. Fig. 15. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Fig. 15. Uropode des letzten Paares eines 44 mm langen Männchens, Vergr. 4ö5fach. Tafel XXVIII, Fig. 1—3. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Fig. 4. Ein 40,73 mm langes Männchen. Vergr. A5fach. Fig. 2. Abdomen eines 6,2 mm langen Männchens, Vergr. 34fach. Fig. 3. Ein 2,4 mm langes Männchen. Vergr. etwa 30fach. Fig. 4 und 5. Niphargus tatrensis Sp. nov. Fig. 4. Hypopharynx. Vergr. 400fach. Fig. 5. Mandibel eines 44 mm langen Männchens. Vergr. 65fach. s, Borste des Molarfortsatzes. Fig. 6 und 7. Boruta tenebrarum gen. et sp. nov. Fig. 6. Mandibel eines 6,5 mm langen Weibchens. Vergr. 45fach. s, Borste des Molarfortsatzes. Fig. 7. Apicale Fortsätze der Mandibel desselben Weibchens. Vergr. 270fach. A, Fortatz der rechten, B, der linken Mandibel. | Fig. 8. Niphargus tatrensis SP. noV. Fig. 8. Rechte Maxille des ersten Paares eines 44 mm langen Männchens. Vergr. 400fach. Fig. 9. Boruta tenebrarum gen. et sp. novV. Fig. 9. Maxille des ersten Paares eines 6,5 mm langen Weibchens. Vergr. 400fach. Fig. 10—12. Gammarus stagnalis Andrzejowski. ‚- Fig. 10. Linke Maxille des erstes Paares. Vergr. 38fach. 718 August Wrzesniowski, Fig. 44. Palpus der rechten Maxille des ersten Paares. Vergr. 38fach. Fig. 42. Maxille des zweiten Paares. Vergr. etwa 45fach. Fig. 13. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. Fig. 43. Maxille des zweiten Paares. Vergr. 430fach. Fig. 44. Goplana polonica A. Wrzesniowski. Fig. 44. Maxille des zweiten Paares. Vergr. 430fach. Fig. 15 und 16. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. Fig. 45. Innenlappen einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 200fach. Fig. 16. Hypopharynx. Vergr. 4100fach. Tafel XXIX. Fig. 1—3. Niphargus tatrensis SP. noV. Fig. 1. Spitze des Außenlappens einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 700fach. 4—5, Borsten der unteren Reihe; a, a, Borsten der oberen Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe. Fig. 2 und 3. Spitze des Innenlappens einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 700fach. Fig. 2 von unten, Fig. 3 von oben gesehen. 4—5, Borsten der oberen Reihe; I—IV, Borsten der unteren Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe; c, eine Borste des inneren Randes. Fig. 3 A. Spitze einer Borste der oberen Reihe. Vergr. 1350fach. Fig. 4—6. Boruta tenebrarum gen. et sp. noV. Fig. 4. Spitze des Außenlappens einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 550fach. 4—5, untere Borsten der unteren Reihe; I, II, obere Borsten der unteren Reihe; a, Borsten der oberen Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe. Fig. 5 und 6. Spitze des Innenlappens einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 550fach. Fig. 5 von oben, Fig. 6 von unten gesehen. 4—4, Borsten der oberen Reihe; I—VI, Borsten der unteren Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe; VII, eine Borste des inneren Randes. - Fig. 7—A4. Gammarus stagnalis Andrzejowski. Fig. 7 und 8. Spitze des Innenlappens einer Maxille des zweiten Paares. Vergr. 200fach. Fig. 7 von oben, Fig. 8 von unten gesehen. 14—8, Borsten der oberen Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe; 1—14, Borsten der unteren Reihe; d, d, Fiederborsten des inneren Randes. Fig. 8A. Borsten der unteren Lippe und der mittleren Reihe des inneren Ran- (des des Lappens derselben Maxille. Vergr. 550fach. a und 5, 44. und 42. Borste der unteren Lippe; I und IH, zwei Borsten der mittleren Reihe, die zwischen den Borsten der oberen und der unteren Lippe desselben Randes eingepflanzt sind. Über drei unterirdische Gammariden. 719 Fig. 9. Spitze des Außenlappens einer Maxille des zweiten Paares von oben gesehen. Vergr. 200fach. a, a, Borsten der oberen Reihe; b, b, Borsten der mittleren Reihe; I—III, obere Borsten der unteren Reihe; 1, 2, 3, 10, 11, untere Borsten der unteren Reihe. Fig. 40. Spitze des Außenlappens einer Maxille des zweiten Paares von unten gesehen. Vergr. 200fach. 4—11, untere Borsten der unteren Reihe; I—III, obere Borsten der unteren Reihe; a, a, Borsten der oberen Reihe. Fig. 10A. Spitze einer Borste der unteren Reihe. Vergr. 550fach. a, im optischen Längsschnitte, um den centralen Kanal anschaulich zu machen; b, untere Fläche der Borste mit Querleisten. Gammarus stagnalis Andrzejowski. Fig. 14. Apicale Stachel des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares. Vergr. 270fach. Fig. 414 A von oben, Fig. 44 B von unten gesehen. Mit arabischen Zahlen sind Stacheln der unteren, mit römischen die der oberen Reihe bezeichnet. Fig. 12. Niphargus tatrensis Sp. novV. Fig. 12. Apicale Stachel des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares eines erwachsenen Männchens. Vergr. 400fach. Fig. 42 A, die Stachel von oben, Fig. 12B, dieselben von unten gesehen. Die Bedeutung der Zahlen wie auf der vor- hergehenden Figur. Tafel XXX, Fig. 4 und 2. Boruta tenebrarum gen. et sp. nov. Fig. 1. Ein 6, 5 mm langes Weibchen. Vergr. etwa 15fach. Fig. 2. Ein 2,5 mm langes Weibchen. Vergr. 30fach. Fig. 3. Niphargus puteanus var. Vejdovskyi var. nov. Fig. 3. Obere apicale Stacheln des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares eines 14 mm langen Männchens. Vergr. 400fach. Fig. 4. Boruta tenebrarum gen. et sp. nov. Fig. 4. Apicale Stacheln des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares eines erwachsenen Weibchens. Vergr. 450fach, Fig. 4A von oben, Fig. 4B von unten gesehen. Fig. 5. Goplona polonica A. Wrzesniowski. Fig. 5. Apicale Stacheln des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares eines ausgewachsenen Weibchens. Vergr. 450fach. Auf den Fig. 3—5 sind mit römischen Zahlen die Stacheln der oberen, mit arabischen die unteren Stacheln des Lappens bezeichnet. Fig. 6. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. Fig. 6. Freie Fläche des Molarfortsatzes der Mandibel. Vergr, 450fach. se, Borste desselben. Fig. 7—10. Gammarus stagnalis Andrzejowski. Fig. 7. Rechter Kieferfuß von oben gesehen. Vergr. 36fach. Fig. 8. Außen- und Innenlappen desselben Kieferfußes. Vergr. 100fach. 1—5, Fiederborsten an der Spitze des Außenlappens. Fig. 9. Apicaler Rand des Außenlappens desselben Kieferfußes. Veran, 400fach. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. L. Bd. 47 720 Fig. August Wrzesniowski, a, a, kammförmige, zahnartige Stacheln ; b, ein kaum kammartig eingekerbter Stachel; c, ein glatter Stachel; 1, erste Fiederborste. 10. Spitze des Innenlappens desselben Kieferfußes. Vergr. A490fach. Fig. 10A von oben, Fig. 40 B von unten gesehen. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. a, a, a, a, a, Fiederborsten der oberen Fläche; b,b,b, b, b, b, glatte Borsten der unteren Fläche; I—III, zahnförmige Stacheln des apicalen Randes; IV, zahnförmiger Stachel des inneren Randes. Fig. 11—13. Niphargus tatrensis SP. noV. 44. Rechter Kieferfuß von oben gesehen. Vergr. 65fach. 42. Außen- und Innenlappen desselben Kieferfußes. Vergr. 200fach. a, a, undeutlich gefiederte Borsten; b, Borste mil deutlichen Seitenwimpern; c, stark verbreiterte mit sehr kurzen Seitenwimpern versehene Borste; d, eine sehr kurze und breite Borste (zahnförmiger Stachel) mit wenig zahl- reichen und undeutlichen Wimpern neben der Spitze; e, glatter, zahnförmiger Stachel. .13. Apicaler Rand des Außenlappens desselben Kieferfußes. Vergr. 550fach. Die Bedeutung der Buchstaben wie auf der vorhergehenden Figur. Fig. 14. Goplana polonica A. WrzeSniowski. . 44. Apicaler Rand des Innenlappens eines Kieferfußes. Vergr. 700fach. 1—3, gesägte zahnförmige Stacheln; 4—5, kammförmige, bewimperte Stacheln. Fig. 15. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. 15. Apicaler Rand des Innenlappens eines Kieferfußes. Vergr. 700fach. 1 und 5, gesägte zahnförmige Stacheln; 2 und 4, kammförmig bewimperte Stacheln. Tafel XXXI. Fig. 4 und 2. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. 4. Rechter Kieferfuß von oben gesehen. Vergr. A00fach. 2. Außen- und Innenlappen desselben Kieferfußes. Vergr. 200fach. Fig. 3. Goplona polonica A. WrzeSniowski. 3. Außen- und Innenlappen eines Kieferfußes. Vergr. 270fach. Fig. 4. Boruta tenebrarum gen. et Sp. noV. 4. Palpen der Maxillen des ersten Paares. Vergr. 200fach. Fig. 4a Palpus der linken, Fig. 4b derselbe der rechten Maxille. Fig. Fig. 5. Niphargus tatrensis Sp. noV. 5. Palpen der Maxillen des ersten Paares. Vergr. 200fach. Fig. 5a Palpus der linken, Fig. 55 derselbe der rechten Maxille. Fig. Fig. 6—13. Boruta tenebrarum gen. et Sp. NOV. 6. Nebenflagellum und erstes Glied des Hauptflagellums eines 6,5 mm langen Weibchens. Vergr. 270fach. Fig. Fig. 7. Apicales Glied desselben Flagellums. Vergr. 450fach. 8. Gnathopodenhand des ersten Paares eines 6,5 mm langen Weibchens. Vergr. 65fach. Über drei unterirdische Gammariden. 721 Fig. 9. Gnathopodenhand des zweiten Paares desselben Weibchens. Vergr. 65fach. Fig. 40. Gnathopodenhand des zweiten Paares eines 3,934 mm langen Männ- chens. Vergr. A00fach. Fig. 414. Klaue einer Gnathopodenhand des zweiten Paares eines 6,5 mm langen Weibchens. Vergr. 200fach. Fig. 42. Uropoda des letzten Paares desselben Weibchens. Vergr. 440fach. Fig. 12a rechtes, Fig. 125 linkes Springbein. Fig. 43. Schwanzplatte desselben Weibchens. Vergr. 440fach. Fig. 44 und 144A. Niphargus tatrensis sp. nov. Fig. 44. Klaue einer Gnathopodenhand des zweiten Paares. Vergr. 270fach. a, Fortsatz an der Krallenbasis;; b, Kralle; c, eine Tastborste. Fig. 14. A. Stachel an der unteren Grenze der Palma einer Gnathopodenhand des zweiten Paares. Vergr. 700fach. a, Stachel mit der Sinnesborste; b, rinnenförmig vertiefter Stachel mit eingekerbten Rändern und kleinen Fortsätzen auf seiner konkaven Fläche. Fig. 15—17. Boruta tenebrarum gen. et Sp. nov. Fig. 15. Geschlechtsöffnung eines 2,5 mm langen Weibchens von glänzenden Hypodermiszellen umgeben. Vergr. 600fach. vu, Geschlechtsöffnung. Fig. 16. Geschlechtsöffnung eines 2,73 mm langen Weibchens von glänzenden Hypodermiszellen umgeben. Vergr. 450fach. vu, Geschlechtsöffnung ; mov, Brutlamelle; br, oberer Theil der Kieme. Fig. 17. Geschlechtsöffnung eines 3,63 mm langen Weibchens, von einem ver- dickten Chitinringe umgeben. Die Bedeutung der Buchstaben wie auf der vorhergehenden Figur. Fig. 18—21. Niphargus tatrensis Sp. nov. Fig. 18. Gnathopodos des zweiten Paares eines Weibchens. Fig. 19. Pereiopodos des ersten Paares desselben Weibchens. Fig. 20. Pereiopodos des zweiten Paares desselben Weibchens. Vergrößerung der drei letzten Figuren 20fach. An allen diesen Figuren bedeutet: br, Kieme; mov, Brutlamelle. Fig. 24. Apicaler Rand des Außenlappens einer Maxille des ersten Paares eines 4,323 mm langen Männchens, von oben gesehen. Vergr. 400fach. | I—III, obere Stacheln; 1—4, untere Stacheln. Tafel XXXII. Fig. 1. Niphargus tatrensis sp. nov. Fig. 1. Pereiopodos des dritten Paares eines Weibchens. Vergr. 20fach. Fig. 2—7, Boruta tenebrarum gen, et Sp. nov. Fig. 2. Gnathopodos des zweiten Paares eines Weibchens. Vergr. 30fach. 47* a) August Wrzesniowski, Fig. 3. Pereiopodos des ersten Paares desselben Weibchens. Vergr. 30fach. Fig. 4. Pereiopodos des zweiten Paares desselben Weibchens. Vergr. 30fach. Fig. 5. Pereiopodos des dritten Paares desselben Weibchens. Vergr. 30fach. Auf den Fig. —5 bedeutet: br, Kieme; mov, Brutlamelle; vu, weibliche Geschlechtsöffnung. Fig. 6. Accessorische Kiemen bra zwischen den Pereiopoden des vierten Paares. Vergr. 45fach. Fig. 7. Accessorische Kiemen bra zwischen den Gnathopoden des zweiten Paares. Vergr. A00fach. Fig. 8 und 9. Geschlechtsöffnungen ausgewachsener Weibchen. e', vorderer Extensor des Schenkels; e”", Sehne des mittleren Extensores des Schenkels; e'"', hinterer Extensor des Schenkels; Tabelle 1. Niphargus tatrensis A. Absolute Gröfse in Millimeter. Körperlänge ohne Antennen und Uropoden gerechnet IKOPRLADSO N ee Re I FNHoralam so N N a De Länge der drei ersten Abdominalsegmente . . . .. 2. 22.. Länge der drei letzten Abdominalsegmente. . . .. 22... Mansendermsoberen Antennenue.. SE ne kansogdesestielessderselben I... 00.00 Mn ae Länge des ersten Stielgliedes derselben Antennen ... .. Länge des zweiten Stielgliedes derselben Antennen . . . .. Länge des dritten Stielgliedes derselben Antennen. . : Länge des Hauptflagellums derselben Antennen . ...... Länge des Nebenflagellums derselben Antennen ....... Länge des ersten Gliedes desselben Nebenllagellums. . . . Länge des zweiten Gliedes desselben Nebenflagellums . . Länge des vierten Stielgliedes der unteren Antennen Länge des fünften Stielgliedes derselben Antennen En Länge des Flagellums derselben Antennen. ... 2.2.2.2... Länge der Uropoden des letzten Paares .....2...... | Länge des Stieles derselben Uropoden. .. 2... 22.2... Länge des Innenlappens derselben Uropoden. . . 2.2.2... Länge des Außenlappens derselben Uropoden ........ Länge des ersten Gliedes desselben Außenlappens. ..... Länge des zweiten Gliedes desselben Außenlappens ..... B. Relative Gröfse. Länge der oberen Antennen in hunderten Theilen der Kör- DEnlangee ee ae erheik: Länge des Hauptflagellums derselben Antennen in hunderten lihenlensihrerstiellänger sin... nee er Länge des Nebenflagellums in hunderten 'Theilen der Länge des Hauptflagellums derselben Antennen. ........ Länge des dritten Pereiopodenpaares in hunderten "heilen derselben des vierten Pereiopodenpaares. . . 2.2 2... Länge des dritten Pereiopodenpaares in hunderten Theilen derselben des fünften Pereiopodenpaares. . . .» 2.2... Länge des fünften Pereiopodenpaares in hunderten Theilen derselben des vierten Pereiopodenpaares. . . 2. ..... Länge der Uropoden des dritten Paares in hunderten Theilen der@Körperlangene ee RI ERBE EN Länge des zweiten Gliedes des Außenlappens derselben Füße in hunderten Theilen der Länge des ersten Gliedes des- selpeneAußenlappens „Er Sn ee 54,50 163,80 5,50 80,25 80,25 100,00 33,54 593,00 10,730 0,733 5,800 2,500 1,400 4,764 1,725 0,864 0,540 0,324 3,036 0,132 0,108 0,024 0,612 0,528 0,996 3,762 0,495 0,396 3,267 1,650 1,617 44,90 175,43 5 | o e 9,405 0,462| 0,825 3112| 5.115 1,122] 2,475 0,627) 0,990 2,244| 5,028 0,800] 1,800 0,40 0,852 0,264] 0,600 0,136) 0,348 1,452] 3,228 0,112] 0,165 0,073| 0,119 0,039| 0,046 0,360| 0,696 0,324| 0,672 0,528| 1,164 0,851 2,244 0,178] 0,429 0,099] 0,231 0,6731 1,815 0,488] 1,360 0,185] 0,455 51,60 | 53,50 181,50 [173,88 7,60 5,00 70,00 | 62,00 70,00 | 62,00 100,00 [100,00 17,00 | 24,16 33,46 | 33,46 4,34 68,14 60,61 113,63 36,50 95,18 Niphargus puteanus var. Vejdovskyi Telalızy S | s. ee 2,42) 2,172 0,825 6,204 3,630 1,000 4,917 1,716 0,816 0,600 0,300 3,201 0,132 0,096 0,036 0,648 0,624 0,900 41,21 186,00 4,13 0,360) 0,288 1,092] 0,960 0,648] 0,564 0,312) 0,360 1,152) 0,978 0,456] 0,384 0,210| 0,208 0,132) 0,108 0,084) 0,072 0,696] 0,594 0,084] 0,072 0,060) 0,0 0,024) 0,024 0,180) 0,150 0,132 ie 0,2641 0,26 Il Ma | | | ai 47,76 | 45,5 151,10 [155,5 12,00 | 12,00 61,95 e= 56,00 — 108,78 —_ Über drei unterirdische Gammariden, 723 fl, Flexor des Schenkels; meco, unterer Rand der Coxa; fe, oberer Theil des Schenkels; vu, Geschlechtsöffnung;; acu, Chitinring derselben ; ovd, Eileiter. Fig. 8. Unterer Theil der Coxa des fünften Paares eines Weibchens von Niphar- gus tatrensis. Vergr. 200fach. Fig. 8A. Geschlechtsöffnung desselben WeibchensmitihremChitinringe. Vergr. 700fach, Fig. 9. Unterer Theil der Coxa des fünften Paares eines Weibchens von Boruta tenebrarum. Vergr. 200fach. Fig. 9 A. Geschlechtsöffnung desselben Weibchens mit ihremChitinringe. Vergr. 550fach. Tabelle 1. Boruta tenebrarum rn | a a - zz s|"e |e|je|e| je | e 8 a 6,831 e 6,237 5,841| 5,700 5,379] 4,900] 4,818] 4,620) 2,730) 2,500 " en 3,650 0,45 — — | 0,561 — 0,500 0,495] 0,500| 0,495) 0,429) — — _ 0,430) 0,400 3,981 — — | 3,234 — 3,000 2,805] 2,500] 2,475| 2,145] -- 1,8501 2,050 2,145 — —_ 1,650 — 1,500 1,485] 1,350] 1,320] 1,551 - 1,254] 0,700 0,9571 — — 10,792 — 0,700 0,594] 0,550] 0,528] 0,495 | — — E— 0,4001 0,500 2,712| 2,340) 2,940 — 2,6009| — 2,424| 2,748] — — 0,872) 1,086] 0,802] 1,800) 2,100 14032] 0,9361, H128ı2 104417 — 0,9361 1,0201. — — 0,334| 0,492) 0,366] 0,708) 0,828 0,468] 0,420) 0,492) — 0,465| — 0,420| 0,456] — _ 0,120) 0,228] 0,165] 0,312] 0,360 0,312) 0,300! 0,360) — 0532417 — 0,300| 0,3001 — — 0,112] 0,156] 0,115] 0,216) 0,264 0252| 0,216) 0,276 — 052520 — 0,216] 0,264| — — 0,102) 0,108] 0,086] 0,180) 0,204 1,6801 1,404] 1,812] — 55 1,488) : 1,728] — — 0,538) 0,594| 0,435] 1,092] 1,272 0,156] 0,140) 0,157) — 0,1001 — 0,132) 0,152) — — 0,095| 0,0751 0,082] 0,110) 0,087 0,120) 0,100) 0,115) — |0,070;0,083]| — 0,105] 0,112) — — 0,066] 0,059| 0,053] 0,083) 0,065 0,036] 0,040) 0,042] — 10,03050,017) — 0,024| 0,040] — —_ 0,029| 0,016| 0,029] 0,027) 0,022 0,372| 0,360] 0,360) — 0,336| — 0,348] 0,420) — _ 0,155) 0,148| 0,132] 0,276] 0,348 0,248] 0,300] 0,345| — 0,300] — 0,3001 0,360] — —_ 0,118| 0,122] 0,105] 0,240) 0,288 0,4801 0,432] 0,492] — 0,441| — [0,432;0,456| 0,516| — | — | 0,188| 0,142] 0,161| 0,335| 0,432 38,13 | 34,12 | 45,23 — 44,50 — 44,71 | 56,00 — — | 32,00 | 43,20 | 40,00 | 45,80 | 57,50 168,00 |149,00 |150,35 — 149,42 — 149,00 |170,00 — — 167,39 |120,00 |118,00 1154,88 |156,62 9,28 | 10,00 8,30 _ 7,00 — [12,7u.88| 8,60 = — | 16,00 | 11,90 | 18,60 | 10,00 6,80 ai — »1590.14 2 52 Li — Se 1.194550) 12.01, 90,400 0 -— — 1105,80 — — — —_ — —_ — — 1103,50 — 106,40 — — — 85,21 —_ — — —_ — — — — 92,22 - 88,80 —_ a a 1724 August Wrze$niowski, Über drei unterirdische Gammariden, Tabelle LI. ; Boruta tenebrarum gen. et sp. nov. DEI: e|e Absolute Gröfse in Millimeter. Körperlänge, ohne Antennen und Uropoden gerechnet...... 7,128|6,8346,500]5,844115,379 |4,900/2,730]2,500|2,00 |3,93413,650 Länge des 4. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,420|0,072|0,156/0,083| — | — |0,076|0,060|0,142] -— 0,120 Länge des 2. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,444|0,4108|0,410810,120| —- — |0,056|0,120/0,049| —- |0,084 Länge des 3. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |0,132|0,120|0,432]0,132) — | — [0,073)0,084|0,089| — 9,096 Länge des 4. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,14410,420|0,132|0,156| — | —- |0,063]0,408|0,099)| — [0,108 Länge des 5. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,4132/0,108|0,156|0,132]| — — |0,086|0,120|0,086| —- |0,096 Länge des 6. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,156[|0,432/0,132/0,144| — | —- [0,096|0,102| » — [0,108 Länge des 7. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |0,444[0,132|0,456|0,132]| — — 0,089] » » — 0,108 ‚Länge des 8. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |/0,168/0,444|0,132]0,468| — — » » » — [0,132 Länge des 9. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen [0,132|0,120|0,456|0,156| — | — | » » u — |0,420 Länge des 40. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |0,456[/0,120|0,156|0,444| — =) » » — !0,108 Länge des 14.Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |0,432|0,120/0,156/0,1420| — | — | » 3 » — [0,108 Länge des 12. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen |l0,120|0,108|0,120|0,072]) — | — | » » » | — 10,084 Länge des 43. Gliedes des Haupt- flagellums d. oberen Antennen || — | » |0,120| » — ||» bl 2 — | » TotaleLängedes Hauptflagellums |/1,680|1,404 |1,842|1,559| — — [0,539|0,594|0,435)| — |0,272 Länge des A. Flagellumgliedes der unteren Antennen ....... 0,096|0,084|0,096|0,072|0,0841|0,096[|0,099|0,092|0,076|0,096|0,048 Länge des 2. Flagellumgliedes der unteren/Antennen.. .....r.. . 0,096[/0,06010,096[|0,072)0,084 |0,096|0,04310,047/0,050/0,072,0,084 Länge des 3. Flagellumgliedes der unteren Antennen ....... 0,084/0,096|0,096/0,084|0,084 |0,096[/0,036|0,033|0,036/0,060|0,096 Länge des 4. Flagellumgliedes der ünteren Antennen . .....=. 0,084|0,060/0,072|0,084|0,072 |0,084| » » » 10,054/0,08%4 Länge des 5. Flagellumgliedes der unteren Antennen. , ..... d,060/0,072)0,072]0,084/0,072 |0,072| » » » 10,054/0,072 Länge des 6. Flagellumgliedes der | unteren Antennen... . 2... 10,060 0,060.0,060|0,048/0,060 10,072 » » | » | » 10,048 RROIEREEN SE SERBIEN EÄERERPSEEB ER ER 7 DEE UECHRE) BELA 1 "2° 3E5) ERARBREN ER BRRE FB 0 - Totale Flagellumlänge der unte- TEN ANIENNEN „I. Dim. 0,480|0,432|0,492|9,44410,456 |0,546|0,188|0,442]0,16210,338|0,432 1 Das Flagellum der anderen Antenne enthielt fünf Glieder. Länge einzelner Glieder des- selben 0,132, 0,096, 0,072, 0,072, 0,060 mm. Totale Flagellumlänge 0,432 mm. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Jtlers gem. iD W 2 19 RETTET 2 ; ER RT kÄnst v Werner& Hin ten Hankare H. r ns N oe a nn =) wur ——— . ri E % - r = v » we - h \ « |; 73 L B * 7 > u - x Er 5 Y 5 E er N x, : x « = » x ’ £ n I % PR Br a v ” ) \ 2 h . ' ; 7 q 7 - zn “ - ı “ r: 2. f z\ e B . any 3 3 = ® Sf X En 5 E \ = Pi u : 7 e u _ E ge ie Z t 5 z E Fi = = 1 A FI . \ 3 u x E: > I _—— 5 [E s_ - . c Paz: > L . / j N = < - E N SL bu E i = , z “ - \ 3 : e #7 . “ f = = w E A \ eo ' [5 PZ = x B ; s x - e R = = ’ r . ) ‘ t a = \ 2 rl = 7 LS] x n ! u N — Dr rd ee yo Vak Hl. SG Ih Re Ra a — Su Io Asp SIG Sin VG oZdG uZdG R i os VG Nez, Verl w WER. Engelmann, Leipzig: u D . ®. er x wun,dte Non Se o DER Tu, j 1 | | Dalla \ a = ECHN = DIL w N Be - u BYE Numanakarzg N 4 % 9 We jur 267 ut ee; Se 7 Ve F 3 = a N NeZ By Say GLm Big Nez Big =: 2 5 = sr n & i - z ! 7gHa Neu 2 s20 Bylla een “. DE FOR » Tal IV. \ Ayltik x m WB Ve BgE, F} 0 ) ByHa GZu Nei Ne SE } je ! N IEi ; Veras WEIN Engelmann, Zeinzig. ne 2 72 Zi Anstin Warzer u Winter Fran en Bi B EREEREIEEBEUF FETT Fee EZ IT B AIDA EU NKIRTSHT z EIS SEID Er an S-I.STEN Ss en De a u u N re} 2 Es ehrt "us, Zoologie Ba. ou: Riva Rn Ip Cu Ima Mnsa ya ae E— Br, 5 2: } > i ’ = i £ Ä : e aa B „.Mnsa | neue S6s SIG Ansa Er; 850° o,o © oo @so'ec BA % > nn EA NEI 5 una m ERDE ART EEE UA 55 U ERDE ua un u u f u f Taf’ IT. Bgseh Rlma: 120% 110a. hZm LZ6r BgHK GZK \ PT ll ‚ll Sa: Sm I 140 N WI, A! Kan 77 N \ m £ 770 En, IR WEIN N 27 2 >> WELH DE u: _ GG, I I" hi j Er { | Zeitschrift Kuiss. Zoologie. Bd.l. | z 154 FR De aedl Kun A, ut Au E Y H MON Stdr- MM m j m x Mt \ / N OBürger gez 2 2 Verl vr WElh, Engelmann, Leinzig Zieh ArSeichasenk Hinter, Frankfurt. le a u a a DE 2 ee ne De ni u RE EN Ta en de Br . ; er ’ ER - ” 1 Du} x ä Zeitschniß L wiss: Zoologte Bdl. u a Tetel TH | Zpa 1068. 9 9,98 > 9334 SS 35 ES 9059523 S > 1 7 Resg. 9 j Zu Dr 5st SAC (2 MD Bürger gez r _—— ' in Taf: IX. PR Zeitschrift Lwiss. Zoologie. Bd.L. 172. ” « 2 ul oe, Do. ‚00.800005 D; arg anne EN zn "Bsm Am Bes sch $ am En Cu ma Bm Imi Fk IWW ar u 3 ee TEN .. > au 2 Tara ala Tith._Anst. wWerner &Winter Erünkdant®M, \ FOX TRE I I ee DIE DT ® S= Rea N! o Su og 9-9 -Blk I 005 89 mDN! \ & 5, Psm MD au 7 @schS WBürger ges, er Arena j Po BE, vr % et, Leipag. Funke, % ME.A, , St.y. Be th. An A . : EA = ne Ri ie | | | | R | | 7 | | | / |, Migtta. u Ds . ri ee en — — : Lith Anstab 4 Punks Lager Vedag -Wilh.Engeluann in Leipzig, | 2 N re Er rer #r N EZ Br mm ua N 163 e Ta X. Zeitschrift Lwiss. Zoologie. Da. h. 2) 4 Fr c = 6 zZ 8. 9. 10. 1. 12. 15 97, 14 15 52 oO. > 5, Spıkn Syıkn I. Sjakn r--Sjukn Mist sst Be l Di Snsb \sjısb -\ Spsb-4Sp1sb- Hst IZ Sir 18. .,SN1sb Salt 20. -Spisb st RS ‚SFFb ‚St. Ist N Hst Luh Anst whermer &iWerten, Frankfurt. a nn un TE RETTET ENTE ee ge nr Zeitschrift L'wiss. Zoologie. Dal. _ Spih Syst me Spist —Stf" Teuf. XI. 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