- mu me 07 ne ne gene ee A Are A nenn won at heneer en ana men) Bin hc ne. ne N heran us AN De nous DE wet et it enn Ae ahan rnne — wi. - ee en ent An - - Pore Te ne u VER tee .. a Er De 70770 Fe in A L/ Y l 1: Zeitschrift für - WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE ru begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von N Kölliker und Ernst Ehlers Professor.a.d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universitätzu Göttingen. Zweiundfünfzigster Band Mit 37 Tafeln und 12 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1891. Ber = 2 “rer: we ar. a EEE Reg TE EL BEAT REES 5, VUN. De. A i x El va rn b augen 5 mn nn Erstes Heft. Ausgegeben den 5. Mai 1891. Seite Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. Die Schichtenbildung im Keimstreifen der Hirudineen, Von RR. S. Bergh. (Mit Taf. Iu. IL). ) Zu feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. Von L. Sala. (Mit ee a a a 8 Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica von der Winterruhe Bis zum: Eintritt der Brunft. Von .F. Etzold.. (Mit Taf. VL)... ..: . 46 Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud. und Pentastomum subcylindricum Dies. Von C.W.Stiles. (Mit Taf. VIlu. VIIL) 85 Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piscinalis. Von Be a Mies ckier im Text.) .*.... 2:2 San en eis Zweites Heft. Ausgegeben den 7. Juli 1891.. Über die Entwicklung von Hydra. Von A. Brauer. (Mit Taf. IX—XII.) 169 Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. Von E. Ballowitz. (Mit Taf. XII—XV.).. . 217 Die Spongienfauna des rothen Meeres. Von C. Keller. I, Hälfte. (Mit BERNER N). 20,00: 00,5 en . 294 Drittes Heft. Ausgegeben den 21. August 1891. _ Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. Rose Burckharde (Mit Pal XXI u XXL) ...202 0.0.0000 een. 368 : Seite Das Integument der Chitonen. Von J. Blumrich. (Mit Taf. XXII—XXX u. 4 Figur im Text.) . . 404 Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. Von H. v. Ihering. (Mit Taf. XxxI). > 0.2. er Viertes Heft. Ausgegeben den 2. October 1891. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. Über Entstehung und sekundäres Wachsthum der Gehäuse einiger Süßwasserrhizopoden. VonL. Rhumb- ler., (Mit. Taf. XXXII u.22 Holzschn.) . 2. Sa Über die Entstehung der Geschlechtsprodukte und die Entwicklung von Tubularia mesembryanthemum Allm. Von A. Brauer. (Mit Taf. KXRIU—XXXV:) . 202002. ee Die Sinneskolben von Haliclystus auricula var. Von G, Schlater. (Mit Taf. XXXVlL)..2% 2.20.2000 20 ae Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. Von H. Simroth. (Mit Taf. XXXVH u.4 Holzschn.) . u 32.0 0 San er Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. Die Schichtenbildung im Keimstreifen der Hirudineen. Von R. S. Bergh. Mit Tafel I und Il. Einleitung. Seit Jahren liegt mir die Verpflichtung auf, Näheres über die _ Differenzirungsvorgänge im Keimstreifen der Blutegel zu berichten. Denn in meiner Schrift über die Metamorphose von Aulastoma gulo! habe ich nur ziemlich summarisch mitgetheilt, dass das ganze primitive Hautsystem (Epidermis und ursprüngliche Muskulatur) außerhalb des definitiven Blutegelkörpers zu Grunde geht, und dass sich innerhalb jenes eine neue Epidermis und Muskulatur aus dem Material des Keim- streifens bilden ; eben so berichtete ich damals, dass sich die Bauchkette ganz und gar aus dem Material des Keimstreifens entwickelt ohne Be- theiligung der primitiven Epidermis. Über die näheren Vorgänge dabei ‚theilte ich damals nichts mit -— aus guten Gründen. Es war mir näm- lich damals noch nicht hinreichend klar geworden, wie sich die ver- schiedenen Theile, die den Keimstreifen zusammensetzen, bei der Bil- dung der Schichten und Organe verhalten. Seit der Zeit bin ich jedes Jahr von Zeit zu Zeit wieder auf diese - Sache zurückgekommen; aber erst in diesem Jahre gelang es mir haupt- - sächlich auf Grund der inzwischen für die Regenwürmer gewonnenen - und im ersten dieser » Beiträge«? mitgetheilten Erfahrungen auch über die Schichtenbildung im Keimstreifen der Blutegel einigermaßen klar zu werden. Die Befunde bei den Regenwürmern bildeten jetzt einen Leitfaden, der mich, wie ich glaube, auf den richtigen Pfad auch im viel 1 Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut Würzburg. Bd. VII. 4885. p. 234 ff. 2 Diese Zeitschr. Bd. L. 1890. p. 469 ff. Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LII. Bd. A 2 R. S. Bergh, schwierigeren Gebiete der Keimstreifendifferenzirung der Blutegel führte. Nach Fertigstellung der eben erwähnten Arbeit untersuchte ich wieder theils meine alten Präparate (behandelt entweder mit Pikrin- schwefelsäure oder mit Sublimat), theils präparirte und untersuchte ich neue Embryonen sowohl von Clepsine wie von den Kieferegeln (Aulastoma, Nephelis) nach derselben Methode, die ich für Lumbrieus angegeben habe (Fremuixe’sche Flüssigkeit, Platinchlorid). Die Ergeb- ‚nisse, zu denen ich solehermaßen gekommen bin, lege ich in diesem Schriftchen vor. Sie betreffen keineswegs die ganze Organogenese; große Abschnitte davon, z. B. die Entstehung des Gefäßsystems und der Leibeshöhle, die Genese der Geschlechtsorgane sind gänzlich unberück- sichtigt geblieben; Anderes (wie die Genese der Nephridien) wird nur flüchtig berührt werden. Hauptsächlich wird nur die Bedeutung der fünf Zellreihen, die jede Hälfte des Keimstreifens zusammensetzen, Sso- wie die Genese der Bauchkette behandelt werden. Zur Einleitung seien nur in aller Kürze nochmals die früheren Be- richte der Autoren über die hier zu erörternden Vorgänge erwähnt. Der erste Verfasser, der die wahre Zusammensetzung des Keimstreifens der Blutegel erkannte, war MErscunikorr. In einer kleinen vorläufigen Mittheilung'! beschrieb er ihn bei Clepsine als aus drei Schichten zu- sammengesetzt: I) aus einer dünnen Epidermis, 2) aus einer jederseits von vier Zellreihen bestehenden mittleren Schicht, die ganz in die Bil- dung des Nervensystems aufgehen solite, 3) aus einer tieferen Schicht, die einen Spaltungsprocess durchmachen sollte, und die er nach seinen weiteren Angaben für identisch mit dem mittleren (und inneren?) Keimblatt halten musste. Zu ähnlichen Ergebnissen wie METscuxikorr gelangte auch Wurtman in seiner ersten Arbeit über Clepsine?. Der Unterschied war haupt- sächlich der, dass Waıtman das Entoderm aus den großen dotterreichen Zellen herleitete. In einer späteren Schrift? gelangte Wurman in der Erkenntnis der Bedeutung der vier oberen Zellreihen des Keim- streifens um einen erheblichen Schritt weiter, indem er jetzt einsah, dass sie nicht alle in die Bildung der Bauchkette eingehen, sondern nur die der Medianlinie zunächst liegende (7), die desshalb Neuralreihe ge- 1 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger niederen Thiere. Bulletin de l’academie imper. de St. Petersbourg. Tom XV. 1874. p. 505—506. 2 The Embryology of Clepsine. Quart. journ. of microsc. science. Vol. XVII. N. S. 4878. p. 45 fl. ® A contribution to the history of the Germ-layers in Clepsine. Journ. of Mor- phology. Vol. I, 4887. p. 105ff., vgl. auch die vorläufige Mittheilung im Zool. An- zeiger. Nr. 218. 4886. p. 174 ff. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 3 nannt wurde. Dies wurde bald von Wırson und von mir für Lumbricus bestätigt, wie ich es denn auch in dieser Arbeit für die Blutegel durch- aus bestätigen werde. Die zwei mehr lateral liegenden Zellreihen (II u. /I1) ließ Wurmman jetzt in die Bildung der Nephridien aufgehen‘ (» Nephridialreihen «); von der äußersten (IV) sprach er sich nicht be- stimmt aus, vermuthete aber, dass sich aus derselben Muskelgewebe entwickle. Wie gesagt ist der erste Punkt der Darstellung Wuıtman’s voll- kommen richtig, und es ist desshalb zu bedauern, dass diese Sache kürzlich wieder durch Arırny! in Konfusion gebracht werden konnte. Der soeben genannte Autor gab in einem vorläufigen Bericht kurz an, dass alle die drei inneren Zellreihen (7—-II]) in die Bildung der Bauch- kette aufgehen, wobei jede ihre eigenthümliche Rolle zu spielen hat (vgl. hierüber die Einleitung zu Nr. 1. dieser Beiträge, p. 471); aus der lateralen Reihe (IV) soll sich die Längsmuskulatur (!) entwickeln. Eine ausführliche Arbeit, die Arırny in Aussicht stellt, ist mir nicht zu Gesicht gekommen ?. Vor wenigen Jahren erschien noch eine Arbeit über die Entwick- lung von Clepsine von J. Nusgaum 3. Ich verzichte darauf eine Kritik ‚dieser Arbeit zu liefern, da eine solche schon von Wurrman gegeben wurde, die ich ganz unterschreiben kann. Die genannte Arbeit gehört in dieselbe Kategorie wie die beiden früheren Abhandlungen über den- ‚selben Gegenstand von C. K. Horrmann, und wird es richtig sein, von solchen Leistungen abzusehen, um nicht Anderen und sich selbst Zeit zu verschwenden. Untersuchungen. 1) Clepsine. Bekanntlich sind die beiden Hälften des Keim- streifens bei Clepsine ursprünglich weit von einander getrennt und vereinigen sich erst nach und nach in der ventralen Medianlinie. In 1 Nach welcher Richtung muss die Nervenlehre reformirt werden? Biol. Cen- tralblatt. Bd. IX. 1889. p. 603. 2 In einer anderen Schrift (Analyse der äußeren Körperform der Hirudineen, Mittheil. aus der Zool. Station zu Neapel, Bd. VIII, 1888, p. 155) theilt Array mit Bezug auf den Umfang seiner embryologischen Studien mit, »er habe die Entwick- Jung, und zwar inihrem ganzen Verlaufe bei allen aufgezählten Clepsine- ‚Arten (sechs Stück!), bei Nephelis octoculata, Aulastoma gulo und Hirudo medici- nalis beobachtet«. Schade, dass bei dieser geradezu erstaunlichen Quantität der Untersuchung die Qualität der Ergebnisse so ausfallen musste, wie sie nach dem, "was bis jetzt vorliegt, scheint ausgefallen zu sein. 3 Recherches sur l’organogenese des Hirudinees. Arch. Slaves de Biologie. _ Tom. I (Extrait). Paris 4886. 1% 4 R. S. Bergh, solchen jüngeren Stadien, wo sie noch nicht vollständig, aber doch in ihrer größten Ausdehnung mit einander verbunden sind, lassen sich die verschiedenen Schichten und Zellreihen sehr leicht unterscheiden (Fig. 4). Die äußerste Schicht wird von der dünnen Epidermis (ep) ge- bildet; innerhalb derselben liegt an der Mittellinie und sich von hier aus eine Strecke weit lateralwärts verbreiternd eine aus wenigen größeren Zellen gebildete Schicht; gewöhnlich besteht sie im Quer- - schnitt aus vier oder fünf Zellen jederseits (—/V). Am auffälligsten sind die sehr großen Zellen, die der Mittellinie am nächsten gelegen und der Neuralreihe angehörig sind (7). Man trifft dieselben in den Schnitten entweder einfach oder (wie in Fig. 1 rechts) in Theilung be- griffen. Solche Theilungen, deren Theilungsebene der Längsrichtung des Keimstreifens parallel ist, sind gewöhnlich ungleich, so dass die große Zelle eine kleinere medianwärts (oder seltener lateralwärts) sprosst; eine solche Zellknospung hat übrigens schon Warrman in der Fig. 15 (Pl. V) seiner späteren Arbeit dargestellt. — Lateral finden sich in den Schnitten jederseits drei ansehnliche Zellen (7—IV), die ge- wöhnlich nach außen konvex vorspringen, nach innen mehr abgeplattet sind. Diese drei Zellreihen zusammen können wir ihres weiteren Schicksais wegen als äußere Muskelplatten bezeichnen. Wnıtnan meinte bei einer von ihm untersuchten Clepsine-Art chemische Unter- schiede zwischen den Reihen // und III einerseits und der Reihe IV andererseits nachweisen zu können, indem sich die beiden erst ge- nannten Reihen durch Osmiumbehandlung dunkler färben; das Proto- plasma soll nämlich Körner enthalten, die in Osmiumsäure eine sehr dunkle Färbung annehmen. Bei der von mir untersuchten Art (Cl. he- teroclita) konnte von einem derartigen Unterschied nichts wahrge- nommen werden, trotzdem die Eier mit Fremmıne’scher Lösung, die ja auch Osmiumsäure enthält, getödtet wurden. Bisweilen (aber durch- aus nicht konstant) fand ich zwar die Zellreihen /J und III etwas mehr von Dotterkörnern überladen als die Reihen / und /Y (in solchen Fällen & waren die in den Reihen // und /// enthaltenen Dotterkörner sowohl zahlreicher wie auch größer als in / und /V). Wie gesagt ist aber dies durchaus nicht konstant (wie auch aus Fig. ! u. 2 zu ersehen), und ein Unterschied in der Färbung der Körner oder des Protoplasma war durchaus nicht vorhanden. — Innerhalb der eben erwähnten Schicht (Neuralreihen + äußeren Muskelplatten) liegt eine an den Seiten dickere, in der Mitte dünnere Zellmasse, die das sog. Mesoderm (innere Muskel- platten) darstellt, und innerhalb desselben erscheinen die großen, zahl- reiche Kerne enthaltenden und von größeren und kleineren Dotterkör- nern erfüllten Entodermzellen. Ganzlateral, außerhalb der Reihe /Y der Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 5 mittleren Schicht liegen Epidermis und » Mesoderm « einander unmittel- bar an, noch weiter lateralwärts berühren sich die Epidermis und die dotterreichen Entodermzellen. Der in Fig. I dargestellte Schnitt ist durch die vordere Region des - Keimstreifens eines jüngeren Embryo geführt. In Fig. 2 ist ein Schnitt durch die hintere Region des Keimstreifens eines etwas älteren Embryo abgebildet. Wie ersichtlich, sind die Verhältnisse hier etwas modifieirt. Die noch sehr jugendlichen Zellen der Neuralreihen erscheinen zwar noch in derselben Gestalt wie früher (hier sogar, in der hinteren Region des Embryo eine ganz einfache Reihe jederseits bildend, in Fig. 2 er- scheinen also nur zwei denselben angehörige Zellen); sie sind sehr eroß, rundlich abgeplattet und in das »Mesoderm«’ vorspringend. Die den Zellreihen //—IV angehörigen Zellen weisen dagegen ein verän- dertes Aussehen auf. Erstens ist ihre Zahl vergrößert: statt drei Zellen ‚jederseits treffen wir meistens vier bis fünf, und an einzelnen Stellen sind sie tiber einander geschichtet. Dann ist auch ihre Gestalt verän- dert: sie springen nicht mit starker Konvexität in die überliegende Epidermis vor, sind aber abgeplattet und ziemlich stark ausgezogen quer zur Längsrichtung des Keimstreifens. In dem betreffenden Em- bryo sind diese Zellreihen (//—IV) stärker von Dotterkörnern erfüllt als irgend welche andere Elemente, die großen Entodermdotterzellen ausgenommen; sowohl die Epidermis wie die Zellen der Neuralreihen und der inneren Muskelplatten sind relativ arm an Dotterkörnern. In ‚der Epidermis lassen sich noch nicht (eben so wenig wie in Fig. 1) Zell- grenzen deutlich nachweisen; die Anzahl der Elemente der inneren Muskelplatten ist erheblich vermehrt, sonst zeigen sich aber bemerkens- werthe Veränderungen in dieser Schicht noch nicht. In Fig. 3 habe ich noch einen Theil eines Querschnittes durch den vorderen Theil des Keimstreifens eines Embryo von etwa dem- selben Alter (wie Fig. 2) abgebildet. In dieser Figur zeigte sich im Ver- gleich zu den vorhin untersuchten Stadien eine bedeutende Anzahl er- heblicher Veränderungen. Um die Kerne in der Epidermis hat das Protoplasma angefangen sich in deutliche Zellen abzugrenzen; die Zellen der Neuralreihen haben sich stark vermehrt und bilden somit eine an- sehnliche Neuralplatte (n), die in der Mittellinie dünner, seitlich viel dieker ist und noch weiter lateralwärts wieder verjüngt wird. Die Zellen der äußeren Muskelplatten haben sich noch weiter vermehrt und sind zum Theil noch länger und schmäler geworden, auch zeigen sie sich in ‚mehreren Schichten geordnet; nur in der äußersten Schicht haben die Zellen noch eine erhebliche Dicke, und hier finden oft Theilungen statt, ‚gewöhnlich i in der Richtung wie in der Fig. 3 abgebildet, In späteren \ 6 R. S. Bergh, Stadien sind die Zellen dieser Schicht zu langen, quergelagerten Faser- zellen geworden, und es zeigt sich also jetzt zwischen Epidermis und »Mesoderm « eine deutliche Schicht von Ringmuskelfasern eingelagert. Zu der Bildung der Nephridien haben die äußeren Muskelplatten keine Beziehung. Jene Organe entstehen im Gegentheil aus der äußer- sten Schicht der inneren Muskelplatten. In Fig. 3 ist die sehr helle Zellgruppe (s) mit den dunkel gefärbten Kernen eine junge Nephridial- anlage; sie hat mit den nach außen liegenden Schichten nichts zu thun; denn Einstülpungen oder Einwucherungen derselben in die una Muskelplatten hinein kommen in diesen Stadien niemals vor. Ich muss also die Ergebnisse Wuırman’s bez. der Entstehung der Nephridien bestimmt in Abrede stellen, wobei noch zu bemerken ist, dass sich aus Wurrman’s Angaben nicht ersehen lässt, ob die Anlagen, die er als junge Nephridien darstellt, überhaupt solche sind, oder ob er die zwi- schen den besagten Organen und der Epidermis liegende jugendliche Ringmuskelschicht übersehen hat. Während nach Wuırman das Proto- plasma der jungen Nephridialzellen ganz dunkel gefärbt sein soll, finde ich es eben sehr hell, und nur die Kerne färben sich in Hämatoxylin tiefer als die meisten sonstigen vorkommenden Zellkerne. Übrigens ist es nicht meine Absicht auf die Entwicklung der Nephridien näher einzugehen, da ich dieses Thema für die Regenwürmer zweimal eingehend behandelt habe ', und weil für das Studium dieses Gegen- standes Glepsine nach meinen Erfahrungen ein recht ungünstiges Ob- jekt ist. Von einer Theilnahme der Epidermis an der Bildung der Bauch- kette habe ich bei Clepsine nichts gefunden; ich habe ausdrücklich meine Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gericht; indessen war das Resultat ein gänzlich negatives. Um zusammenzufassen: Bei Glepsine, wo die ursprüng- liche Epidermisin die definitive Oberhaut umgewandelt wird, entwickelnsich die vier Zellreihen, die jederseits diemittlereSchicht desKeimstreifensbilden, folgender- maßen: diemedialgelegeneReihe (/) geht ganzin dieBil- dung der Bauchkette auf; die drei mehr lateral gelegenen (/I—IV) bilden die Ringmuskulatur und haben zu den Ne- phridien keine Beziehung. Letztgenannte Organe (d.h. die Schlingentheileiderselben) entstehen in den inneren Muskelplatten (dem Mesoderm). il. ec. und: Zur Bildungsgeschichte der Exkretionsorgane bei Criodrilus. Ar- heiten a. d, zool.-zoot, Institut Würzburg. Bd. VIII. 4883. p. 223 ff, Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 7 2) Aulastoma. Der junge Keimstreifen von Aulastoma weist ganz dieselben Bestandtheile auf, wie derjenige von Qlepsine: er besteht, innerhalb einer dünnen Epidermisschicht, jederseits aus vier mehr oberflächlichen Zellreihen und einer ebensolchen tiefer gelegenen, die. hinten vonebenso vielen Urzellen (Teloblasten) ausgehen und entstehen. Ich fange meine Schilderung mit dem Stadium an, wo die beiden Hälften des Keimstreifens sich eben in der ventralen Medianlinie mit einander vereinigt haben, was bei Aulastoma bekanntlich sehr früh- zeitig geschieht. Innerhalb der provisorischen Epidermis (ec) — der hier und da provisorische Quermuskeln (m) dicht angelagert sind — verlaufen die zehn Zellreihen gerade nach vorn; besonders die äußerste Reihe (IV) ist gewöhnlich von den anderen recht deutlich (oft durch einen kleinen Zwischenraum) unterschieden. In Fig. —6 sind drei Querscehnitte durch die hintere Region solcher jungen Keimstreifen dar- ‚gestellt (das Stadium ist etwa dasselbe, wie das in Fig. 3, 8, 14 meiner früheren Aulastoma-Arbeit dargestellte). In den beiden ersten Figuren (4 u. 5) ist die Schichtenbildung außerordentlich deutlich. Dicht inner- halb der provisorischen Hülle (ec, m) finden wir eine einfache Zell- schicht; dieselbe besteht in Fig. 4 aus neun Zellen, indem eine Zelle ge- rade in der Medianlinie liegt, dieselbe stammt wahrscheinlich von der rechten oder von der linken Neuralreihe ab. Die betreffende Zelle liegt etwas tiefer als die übrigen Elemente der erwähnten Schicht und bildet den Boden einer medianen Rinne, die wir auch in den im Folgenden zu ‚erwähnenden Schnitten wiederfinden, so z. B. in Fig. 5. Hier besteht die erwähnte Schicht aus zehn Zellen; die mittleren sind eingesenkt und bilden den Boden der Rinne. In dem Schnitt (Fig. 5) ist die Reihe IV jederseits durch einen kleinen Zwischenraum von der Reihe //I ge- trennt, während in Fig. 4 die Schicht ganz kontinuirlich ist!. In den beiden Fig. 4 und 5 sind die tiefer gelegenen Reihen (die inneren Mus- kelplatten oder Mesodermstreifen, my) weit von einander getrennt, und es ist ersichtlich, dass die Zellen, die die mediane Rinne begrenzen, der mehr oberflächlichen Schicht des Keimstreifens angehörig sind. Nicht immer liegen indessen die Verhältnisse, die an den Schnitten zu beobachten sind, ganz so klar. So finden sich in Fig. 6 an der Median- linie zwei tiefer gelegene Zellen, die von der Oberfläche des Keim- streifens ausgeschlossen sind. Man könnte geneigt sein, dieselben als dem » Mesoderm« angehörige Zellen zu betrachten; ich vermuthe jedoch, dass sie von Zellen der Neuralreihen abstammen. In demselben Schnitt ! Zum Zwecke des Deutlichmachens meiner Ansicht über die Herkunft der in diesen Schnitten vorkommenden Zellen habe ich an der einen Hälfte jeder dieser Figuren die Zahlen —IV angebracht, 3 "RS. Bergh, findet sich eine gerade außerhalb der erwähnten Zellen liegende Zelle, die in einer schräg zur Oberfläche vorgehenden Theilung begriffen ist; die tieferen Zellen hätten sehr wohl durch solche Theilungen der Zellen der Neuralreihen ihren Ursprung nehmen können. Beweisen kann ich das freilich nicht. Solche Theilungen finden sich nicht selten in den Neuralreihen, als Anzeichen, dass Wucherungen nicht nur in der Längs- richtung stattfinden. — Auch in Fig. 6 ist die Reihe /V jederseits von III durch einen Zwischenraum getrennt. | Wenden wir uns nun zu dem Stadium der Entwicklung des Keim- streifens, wo die Segmentirung anfängt deutlich zu werden, ein Stadium, das ich wegen seines Habitus als striekleiterförmiges (vgl. weiter unten) bezeichnen will (in Fig. 20 ist ein Stück eines solehen Keim- streifens bei schwacher Vergrößerung dargestellt), und analysiren wir einige Schnitte durch solche Keimstreifen, wie Fig. 7—12, die einer und derselben Serie, Fig. 13—15, die einer anderen Serie entnommen sind, Beachten wir zunächst die Zellreihen /7—IV und die in ihnen vorkommenden Zelltheilungen. Die Reihen sind wegen reichlicher Ver- mehrung ihrer Elemente gewöhnlich nicht ganz scharf von einander zu unterscheiden (nur in Fig. 15 steht an der einen Seite die Reihe /V von I/J durch einen kleinen Zwischenraum ab). Die Zelltheilungen finden in diesen Reihen nicht nur in der Längsrichtung des Keimstreifens statt (wodurch der Keimstreifen an Länge zunimmt), sondern auch in der Querrichtung (wie in Fig. 14 und 15), hierdurch wird jede ur- sprüngliche Zellreihe nach und nach in ein mehrreihiges Gebilde um- gewandelt, dabei verschwinden wie gesagt die Grenzen zwischen den einzelnen dieser Zellreihen. Aber es kommen auch noch Theilungen in einer dritten Richtung vor, nämlich schräg zur Oberfläche des Keim- streifens. In den Reihen // und /V habe ich solche Theilungen zu wiederholten Malen beobachtet, und sie in Fig. 7, 8 und 14 (bei z) dar- gestellt; in der Reihe /// erinnere ich mich nicht solche beobachtet zu haben. kann aber trotzdem kaum daran zweifeln, dass sie auch dort auftreten. Durch diese Theilungen werden einigeZellen in die Tiefe geschoben und werden zwischen der oberen Schicht des Keimstreifens und deninneren Muskelplatten eingelagert. So sieht man beispielsweise in Fig. 14 sehr deutlich, wie die eine Theilhälfte von = unter einer anderen Zelle hineingeschoben wird, die übrigens auch in Theilung (quer zur Längsrichtung des Keim- streifens) begriffen ist. In Fig. 9 sind wahrscheinlich die beiden mit z bezeichneten Zellen durch eine solche schräge Theilung aus einer einzigen entstanden. — Theilungen ganz parallel zur Oberfläche fand ich niemals, trotzdem auch danach gesucht wurde, Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 9 Die in dieser Weise in die Tiefe geschobenen Zellen vermehren sich und breiten sich innerhalb der oberen Schicht aus. Nur selten finde ich sie während der zunächst folgenden Periode eine ganz kon- tinuirliche Schicht bildend wie in Fig. 16 (rm), die einen Schnitt durch einen ungewöhnlich gedrungenen Keimstreifen darstellt, dessen Breiten- wachsthum bedeutend geringer als gewöhnlich gewesen war. In der Regel findet man die erwähnten Zellen mehr vereinzelt zwischen der äußeren und inneren Schicht liegend (Fig, 10, 14 rm). Sie nehmen bald Spindelform an, indem sie sich in die Länge strecken und zwar quer zur Längsrichtung des Keimstreifens, wie aus den Figuren er- sichtlich. Indem dieses Längenwachsthüm noch weiter fortschreitet und indem die Zellen schließlich durch Vermehrung und Längsstreckung eine kontinuirliche Schicht bilden, geben sie der Ringmuskulatur Ursprung (Fig. 12 rm). Was wird aber aus der äußersten Zellschicht (der Reihen /—IV) nach Abgabe der erwähnten muskelbildenden Zellen ? Dieselbe geht in die Bildung der neuen, definitiven Epidermis auf. Ich denke, dass dieses Ergebnis aus einem Vergleich der in den Figuren ab- gebildeten Schnitte unter einander zur Genüge hervorgehen wird (besonders aus Fig. 10—12). Die Zellen dieser Schicht werden nach und nach höher und bilden schließlich ein schönes typisches Cylinder- epithel. Schon früher habe ich mich dahin ausgesprochen, dass die blei- - bende Epidermis derKieferegel aus dem Material des Keimstreifens her- vorgeht, und dass die provisorische Ektodermhülle an der Bildung jener keinen Antheil nimmt. Diese Angabe hat bei den Fachgenossen meistens nur Zweifel und Misstrauen erweckt; ein Autor der Harckzr’schen Schule meinte sich sogar darüber lustig machen zu können. Nach meinen neuen Beobachtungen vermag ich diesen Zweifeln und diesem Verdächtigmachen meines früheren Resultats keine Koncession zu machen, sondern halte meine Behauptung in ihrem ganzen Umfange aufrecht und präeisire jetzt nur die Sache folgendermaßen: aus den Zellreihen IJ—IV entsteht — nach Abgabe einiger zurBil- dungderRingmuskulatur bestimmtenZellen — die ganze definitive Epidermis des Rumpfes der Kieferegel. | Weıtman wollte, wie erwähnt, die Nephridien aus diesen Zellreihen herleiten. Auch für die Kieferegel trifft das nicht zu. Zwar entsteht bei den Blutegeln das Epithel der kontraktilen Endblasen der Nephri- dien durch Einstülpungen der (definitiven) Epidermis, also in letzter _ Instanz aus den Zellreihen II—-IV. Diese Endblasen sind aber acces- ‚sorische Gebilde, die erst in verhältnismäßig späten Stadien ent- 10 R. 8. Bergh, stehen !, sich sekundär mit den Schlingentheilen der besagten Organe vereinigen und in den Nephridien z. B. der Regenwürmer kein Homo- logon haben. Und die Schlingentheile der Nephridien entstehen auch bei den Kieferegeln in den inneren Muskelplatten (Mesoderm). Wie Arırny dazu kommen konnte, die Reihen J/ und III in die Bil- dung des Nervensystems hineinzuziehen und die Reihe IV in die Bil- dung der Längsmuskulatur aufgehen zu lassen, ist mir vollkommen un- verständlich. Es ist in dem, was uns dieser Verfasser über die Ent- wicklung dieser drei Zellreihen mitgetheilt hat, kein richtiges Wort enthalten. — Ä Wenden wir uns jetzt zur Entwicklung der medial gelegenen Zellreihe (7), der Neuralreihe. In den Stadien, die wir schon oben be- trachteten, ‚hatte sich durch Vertiefung des medianen Theils der oberen "Schicht des Keimstreifens eine Neuralrinne gebildet, und diese finden wir auch noch in späteren Stadien wieder (Fig. 8, 9, 13). Durch die Rinne wird die Anlage der Bauchkette deutlich in eine rechte und eine linke Hälfte (den beiden Neuralreihen entsprechend) geschieden, die am Boden der Rinne an einander stoßen. In späteren Stadien verstreicht diese Rinne wieder: sie wird, wie ich verschiedenen Verfassern gegen- über ausdrücklich bemerken muss, keineswegs zu einem Neuralrohr geschlossen, sondern wird einfach seichter und verstreicht schließlich vollkommen. Es machen sich jetzt auch die sehr eigenthümlichen Wachs- thumsvorgänge bemerkbar, die das strickleiterförmige Aussehen des Keimstreifens bedingen. Was die Ursache dieser sonderbaren Wachs- thumsvorgänge ist, vermag ich nicht zu sagen; ich kann sie nur einfach beschreiben. In Fig. 20 ist das Hinterende eines Keimstreifens abgebildet, dessen Strickleiterform deutlich hervortritt?; in Fig. 22—25 sind de- taillirtere Darstellungen einzelner Partien bei stärkerer Vergrößerung gegeben. Das Wachsthum hat in der Weise stattgefunden, dass die rechte und linke Hälfte des Keimstreifens nur segmentweise mit ein- ander in der Medianlinie verbunden sind, und zwar entsprechen diese Verbindungsstellen topographisch den späteren ganglionären Regionen. In den Zwischenräumen zwischen denselben (den späteren kommissu- ralen Regionen entsprechend) sind die beiden Hälften des Keimstreifens 1 Ich besitze einige Abbildungen, die diesen Vorgang illustriren, halte es aber für überflüssig sie mitzutheilen, weil die verschiedenen Autoren — so viel ich weiß — mit Bezug auf diesen Punkt einverstanden sind. 2 Das Hinterende eines anderen Keimstreifens, das in Fig, 24 dargestellt wurde, ist abnorm ausgebildet, indem die beiden Hälften ganz hinten stark aus einander gehen. Diese Abnormität fand ich nur ein einziges Mal, Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 11 weit von einander getrennt, so dass das Entoderm und die provisorische Epidermis hier nur durch einen von Flüssigkeit erfüllten Raum getrennt sind. Mit anderen Worten: die rechte und linke Hälfte des Keimstreifens sind entlang der Mittellinie nur segmentweise durch Verbindungs- brücken (Stufen der Strickleiter) verbunden. In der hinteren Partie eines solchen Keimstreifens (Fig. 20) sind die Zwischenräume zwischen den Brücken noch klein, länglich und schmal; weiter vorn werden sie viel größer und breiter; schließlich (noch weiter vorn) werden sie aber wiederum kleiner und verschwinden nach und nach gänzlich, indem sie von Elementen des Keimstreifens ausgefüllt werden. Die Untersuchung an Schnitten ergiebt nun Folgendes: In .den sanglionären Regionen sind die Neuralanlagen der rechten und der linken Seite in der Medianlinie mit einander verbunden, sie bilden hier zusammen eine gewöhnlich mehrschichtige Zellplatte (Fig. 14n); in den Zwischenräumen sind sie durch einen hellen Flüssigkeitsraum von einander getrennt und stellen zwei gesonderte Wucherungen der äußeren Schicht des Keimstreifens dar (Fig. 15n). Entsprechende Regionen weiter vorn sind in Fig. 10 und 11 nach Querschnitten wieder- gegeben; in Fig. 18 u.19 sind Stücke von sagittalen Längsschnitten durch ein Jüngeres resp. älteres Stadium dargestellt. Anfänglich liegt diese Anlage der Bauchkette unmittelbar innerhalb der provisorischen Leibes- schichten (Epidermis und Muskulatur), und erst verhältnismäßig spät wird sie von der definitiven Oberhaut bedeckt, indem die aus den Zell- ‚reihen I/—IV jederseits gebildeten Anlagen dieser Schicht in der Mittellinie mit einander sich vereinigen. In Fig. 11 und 14 sind die Neuralanlagen von der definitiven Oberhaut noch ganz unbedeckt, _ eben so im Längsschnitt Fig. 18. In Fig. 10 hat die Überwachsung ihren Anfang genommen, eben so im Längsschnitt Fig. 19, und im Querschnitt Fig. 12 ist sie fast vollendet... Dieses Überwachsen findet nicht allein durch einfaches kontinuirliches Ausbreiten, sondern auch durch Aus- wanderung von (wahrscheinlich amöboiden) Zellen aus dem Verband der Epidermiszellen statt; jedenfalls vermochte ich solche Bilder wie Fig. 17, 19, 25, wo zerstreute unregelmäßige Zellen zwischen der provi- sorischen Leibeswand und der Bauchkette sich ausbreiten, in keiner anderen Weise zu deuten. Ein neues Beispiel dafür, wie wenig der ver- ' meintliche Gegensatz zwischen Epithel und Mesenchym zutrifft. — Erst verhältnismäßig spät kommen die Neuralanlagen rechter und linker Seite auch in den kommissuralen Regionen zur Vereinigung; in diesen Regionen bildet sich die definitive Epidermis auch etwas später aus. | Es giebt wahrscheinlich noch eine andere Quelle, aus der ein Theil der Elemente der Bauchkette seinen Ursprung nimmt, nämlich 12 R. S. Bergh, der »provisorische Plexus« von Nervenzellen, den ich schon früher beschrieben habe. In meiner früheren Arbeit ließ ich diesen Plexus sammt und sonders zu Grunde gehen; bei erneuter Untersuchung hat sich indessen meine Ansicht dahin geändert, dass zwar der größte Theil des erwähnten Plexus zu Grunde geht, dass aber einige Zellen desselben, die entlang der Medianlinie des Bauches gelegen sind, in die Bildung der Bauchkette eintreten. Solche Zellen sind in Fig. 22—25 abgebildet: sie sind von ansehnlicher Größe, und ihre Ausläufer ver- laufen in der Richtung von vorn nach hinten. Dass sie in die Bildung der Bauchkette eintreten, ist mir aus solchen Bildern wie Fig. 17—19 wahrscheinlich. In Fig. 17 (Querschnitt) liegt eine derartige Zelle zwischen den beiden Hälften des Ganglions eingelagert; in Fig. 18 (Längsschnitt) sind zwei auf einander folgende Ganglienanlagen durch eine solche Zelle verbunden; im Längsschnitt Fig. 19 endlich fangen Elemente der Ganglienanlage an sich über eine entsprechende Zelle auszubreiten. — Diese Zellen würden demgemäß den primitiven Nervenzellen, die sich bei Lumbrieus an der entsprechenden Stelle finden, homolog sein, und die Bauchkette würde sich also bei Aulastoma in prineipiell derselben Weise entwickeln wie beim Regenwurm, aus einer doppelten Quelle: theils (und zwar zum größten Theil) aus den Neuralreihen, theils aus einigen ventral gelegenen Zellen des primi- tiven Nervenplexus. Schon in meiner früheren Schrift über Aulastoma habe ich die An- gabe gemacht, dass die provisorische Epidermis an der Bildung der - Bauchkette keinen Antheil nimmt, und dass letzteres Organ aus dem medial gelegenen Theil des Keimstreifens entsteht. Auch diese Angabe hat bei den Fachgenossen keine besonders gute Aufnahme gefunden, und nur Wnıtman hat sich meiner Ansicht angeschlossen und die Sache dahin präeisirt, dass die Bauchkette (bei Glepsine) einfach aus der Neu- ralreihe hervorgeht. In seiner Litteraturübersicht hat mich indessen Warrman eine Ansicht aufstellen lassen, der ich in Wahrheit niemals gehuldigt habe. Er sagt (Journ. of Morphology. Vol. I, 1. p. 145), dass auf p. 263 meiner Aulastoma-Arbeit »the nerve-cord is said to arise beneath the ‚Anlage der definitiven Rumpfepidermis‘«. Davon steht aber an der angezogenen Stelle gar nichts; es ist dort nur ein Schnitt beschrieben, in welchem die Anlage der Bauchkette innerhalb der de- finitiven Epidermis liegt; das ist aber ein spätes Stadium, aus dem an und für sich mit Bezug auf die Genese des Nervensystems nicht schließen lässt, ob sie aus der äußeren oder aus der inneren Schicht des Keim- streifens hervorgehe, und habe ich an der erwähnten Stelle nichts hier- über gesagt; aus anderen Stellen meiner Arbeiten geht aber zur Genüge Nene Beiträge zur Embryologie der Anneliden. II. 13 hervor, dass ich schon damals die Bauchkette aus der äußeren Schicht des Keimstreifens ableitete!. Allgemeine Bemerkungen über die Entwicklung der Blutegel. Die in diesen beiden » neuen Beiträgen zur Embryologie der Anne- liden« zu Tage geförderten Resultate haben vor Allem eine sehr genaue Übereinstimmung in der Entwicklung der Oligochaeten und der Hiru- dineen dargethan. Besonders ist die Übereinstimmung ganz schlagend, wenn Clepsine mit den Oligochaeten verglichen wird, indem sich bei diesen Formen die Zellreihen, die den Keimstreifen zusammensetzen, in genau derselben Weise weiter ausbilden. Diese genaue Überein- stimmung in der Entwicklungsgeschichte spricht ein entscheidendes Wort mit Bezug auf die Verwandtschaftsbeziehungen der Hirudineen. Sie zeigt, dass Oligochaeten und Hirudineen nahverwandte Thiergruppen "sind, und dass demgemäß die Hirudineen innerhalb der Anneliden keine primitive Stellungeinnehmen. Es wurde ja bekanntlich von einigen Forschern den Hirudineen geradezu die tiefste Stelle im Stamm der Anneliden angewiesen, und Andere, die nicht so weit gingen, sahen doch verschiedene Charaktere im Bau der Blutegel als primitive, von den Plattwürmern ererbte Eigenthümlichkeiten an. Die meisten gegen- wärtigen Forscher sind wohl schon von solchen Ideen zurückgekommen, und ich möchte hier bestimmt behaupten, dass die ganze Stellung der Blutegel innerhalb der Anneliden eine derartige ist, dass sämmtliche "Ähnlichkeiten, die sie im Gegensatz zu sonstigen Anneliden mit den Plattwürmern darbieten, schlechthin als Analogien und durchaus nicht als Homologien zu betrachten sind. Die Hirudineen stellen einen der allerhöchsten Sprosse im Stamm der Anneliden dar, sie sind von Oli- gochaeten-ähnlichen Wesen phylogenetisch entstanden. Es liegt mir fern dies hier auf dem Wege der vergleichenden Anatomie darzulegen; ich möchte ja eben nur betonen, dass auch die Embryologie entschieden für eine sehr nahe Verwandtschaft der genannten Gruppen spricht. Beim Vergleich der Oligochaeten mit den Kieferegeln (Aulastoma, Nephelis) tritt die Übereinstimmung nicht ganz so klar hervor, weil die Entwicklung dieser letzteren durch die Vorgänge der Metamorphose komplieirt wird. Ich bin nun mit WnımmAan der Ansicht, dass dieser Entwicklungstypus ein spät erworbener ist, und dass die Entwicklungs- weise von Clepsine eine verhältnismäßig primitivere ist. Ich schließe mich besonders darin Wnırtman an, wenn er sagt, dass die Furchungs- 1 Über die Metamorphose von Nephelis. Diese Zeitschr. Bd. XLI. 1884. p. 295. | Anm. 2. — Die Entwicklungsgeschichte der Anneliden etc. Kosmos, 1886. Bd. II. 1 p. 408. | 14 R. S. Bergh, vorgänge der Kieferegel sich am besten dadurch erklären lassen, dass man sie von den entsprechenden Vorgängen bei Clepsine ableitet und die drei Makromeren der Kieferegel als Rudimente der großen ento- dermalen Dotterzellen von Clepsine betrachtet 1. Schließlich habe ich noch ein paar Worte über das Zugrundegehen der ursprünglichen und über die Neubildung der definitiven Epidermis bei den Kieferegeln zu sagen. Die genannte Thatsache hat nämlich ver- ‚schiedenen Forschern Veranlassung zu einer Reihe von Bemerkungen gegeben, mit deren Inhalt ich nicht einverstanden sein kann. So ver- muthet Wnırtman (Journ. of Morphology. I. p. 174), dass die definitive Epidermis der Kieferegel in der Larvenepidermis ihren Ursprung nehme. Ich habe ja Gelegenheit gehabt, diese Frage einer erneuten Prüfung zu unterwerfen und habe dabei die erwähnte Vermuthung durchaus nicht zutreffend gefunden. — Umgekehrt habe ich selbst vor Jahren ver- muthungsweise ausgesprochen, dass sich bei Glepsine die Epidermis aus den oberen Zellreihen des Keimstreifens entwickle?, finde aber in den thatsächlichen Verhältnissen keine genügenden Anhaltspunkte für diese Vermuthung und bin jetzt derselben Ansicht wie Wnırman, dass sie auf Grundlage der Mikromeren des sich furchenden Eies entstehen. — In seiner Lopadorhynchus-Arbeit bestätigte zwar KLEINENBERG das Zugrundegehen der ursprünglichen Epidermis der Kieferegel, vermuthet aber, dass ich recht sonderbare Ideen über die Bildung der definitiven Oberhaut habe. Er sagt z. B. (gegen mich gerichtet): »Könnte sie (s. die Larvenhaut) nicht aus derselben Quelle entspringen, wie die bleibende Epidermis und das Nervensystemund nur früher als diese zur Ausbildung kommen? So wie die Sachen liegen, ist es ziemlich willkürlich, die dünne Hüllmembran ohne Weiteres für das ganze ursprüngliche Ektoderm zu erklären« (l. ce. p. 129). Dass die provisorische und defini- tive Epidermis aus derselben Quelle entspringen, habe ich immer ge- meint. Es liegt dies ja auch schon implicite darin, dass ich einerseits die Larvenepidermis als » primitives Ektoderm« bezeichnete und an- dererseits die Anlagen der definitiven Epidermis und des Nervensystems als ektodermale Theile des Keimstreifens auffasste ; also leitete ich alle diese Theile aus einer gemeinsamen Anlage: aus dem primären äußeren 1 Wnıtman schiebt mir (Journ. of Morphology. I. p. 124) die entgegengesetzte Ansicht zu. Das lässt sich aber nicht aus der von ihm citirten Anmerkung (p. 260) meiner Aulastoma-Arbeit herauslesen, und auch sonst habe ich mich, so viel ich weiß, nie über diese Frage ausgesprochen. 2 Über die Deutung der allgemeinen Anlagen am Ei der Clepsine und der Kieferegel. Zool. Anzeiger. Nr. 246. 1886. p. 112. 3 Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden, Il. 15 Keimblatte her; dass sich aber diese Theile frühzeitig höchst verschie- denartig ausbilden, lässt sich nicht leugnen. — Endlich finde ich fol- gende Bemerkung bei Korscherr und Heiper !: »Nach den von WuItman für Clepsine und von Bercn für Aulastoma und Nephelis gegebenen- Darstellungen erscheint die Epidermis des Wurmes in beiden Gruppen nieht als homologe Bildung, und beide entfernen sich dadurch von ein- ander, dass die Larvenhaut der einen Gruppe direkt in das ausgebil- dete Thier, in der anderen dagegen abgeworfen und durch eine Schicht von andersartiger Herkunft ersetzt wird. « Dass die verschiedene Bildungsweise der bleibenden Epidermis in beiden Gruppen und die Existenz einer Larvenepidermis bei den Kieferegeln gegen die Homologie der Epidermis der erwachsenen Rüsselegel und Kieferegel sprechen sollte, ist mir niemals in den Sinn sekommen; ich habe im Gegentheil diese Homologie immer als etwas fast Selbstverständliches erachtet. Die provisorische Epidermis der Kieferegel ist nur als eine Embryonal- oder Larvenhülle ähnlicher Art wie die Pilidiumhaut, das Amnion der Insekten und dgl. aufzufassen, und man betrachtet doch die Epidermis der Nemertinen, die sich mit oder ohne Metamorphose entwickeln, als homologe Bildung. Allerdings lässt sich in der Aufeinanderfolge der provisorischen und der definitiven Epidermis der Kieferegel nicht so klar wie in den eben genannten Fällen erkennen, dass beide sich durch Faltenbildung aus einer gemeinsamen Anlage entwickeln. Das Zustandekommen der Larvenhaut und die ver- ‚spätete Ausbildung der definitiven Oberhaut der Kieferegel kann aber sehr wohl in folgender Weise gedacht werden: durch Verschiebungen in der Reihenfolge der verschiedenen Zelltheilungen im Ei resp. Em- bryo. Die Mikromeren am animalen Pol des Eies, die wesentlich dazu bestimmt sind die primitive Ektodermschicht zu bilden (provisorisch bei Kieferegeln, definitiv bei Clepsine', werden in beiden Fällen vor den Makromeren geknospt, und zwar theils von den späteren großen dotterreichen Entodermzellen, theils von den Urzellen des Keimstrei- fens resp. deren Mutterzellen. Ich stelle mir nun die Sache so vor, dass bei den Kieferegeln die letztgenannten Zellen in den früheren Stadien nicht so viele Mikromeren sprossen wie bei Clepsine, und um so eifriger anfangen den Keimstreifen zu produeiren; durch Unter- _ drückung einiger dieser frühzeitigen Zellknospungen werde somit im zelligen Material des Keimstreifens Stoff übrig zur Bildung einer neuen Epidermis innerhalb der ursprünglichen, durch lebhafte Theilung und - Ausbreitung der Mikromeren gebildeten Hautschicht. Demgemäß würde ! Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgesch. der wirbellosen Thiere. - Specieller Theil. I. 1890. p. 224, 16 R. S. Bergh, sich die Larvenhaut doch gewissermaßen als eine Faltenbildung auf- fassen lassen, indem sie sich vom animalen Pole aus über andere (epi- dermoidale) Theile ausbreitete. Übrigens stellen die Mikromeren nicht bloß die Larvenhaut dar, sondern aus denselben entwickeln sich höchst wahrscheinlich auch die »Kopfkeime«, aus denen u. A. die bleibende Epidermis des Kopfes entsteht. Über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des obigen Erklärungs- versuchs durch direkte Beobachtung zu entscheiden gehört nicht zu den leichten Aufgaben. Ich habe jenen nur mitgetheilt um zu zeigen, dass diese einfache Konstruktion, die Annahme einer zeitlichen Ver- 'schiebung in der Aufeinanderfolge einiger embryonalen Zelltheilungen der Thatsache der Existenz einer Larvenhaut und der Neubildung einer bleibenden Haut aus dem Keimstreifen bei den Kieferegeln — dass jene Konstruktion dieser Thatsache den Charakter des Sinnlosen und Unerklärlichen, der ihr von verschiedener Seite beigelegt wurde, weg- nimmt. Das Warum der Sache bleibt dabei natürlich unerklärt ; dies ist aber kein Vorwurf, denn warum sich gerade bei den Amnioten ein Amnion bildet, während bei den Anamnia die Bildung desselben unter- . bleibt, das wissen wir auch nicht. Kopenhagen, Anfang November 1890. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnungen: ep, definitive Epidermis; Schicht des Keimstreifens (von der Mit- ec, provisorische Larvenhaut; tellinie aus gerechnet); m, provisorische Hautmuskeln ; n, Anlage der Bauchkette; rm, Ringmuskulatur; r, Neuralrinne; my, innere Muskelplatten (Mesoderm) ; nz, frühzeitig entwickelte Nervenzellen ; e, entodermale Dotterzellen (bei Clep- z, schräge Zelltheilungen in der oberen sine); Schicht des Keimstreifens; I—IV, die vier Zellreihen der oberen s, Anlage eines Nephridium., Tafell. (Alle Figuren bei Obj. F, Oc. 4 [Zeıss] gezeichnet). Fig. A—3. Clepsine heteroclita. Fig. A. Querschnitt durch die vordere Region des Keimstreifens eines Embryo, wo die beiden Hälften des Keimstreifens in der größten Ausdehnung vereinigt sind. Fig. 2. Querschnitt durch die hintere Region des Keimstreifens eines etwas älteren Embryo. Fig. 3. Querschnitt durch die vordere Region des Keimstreifens eines ähnlichen Embryo. Nene Beiträge zur Embryologie der Anneliden, II. 17 Fig. —19, Aulastoma gulo. Fig. 4. Querschnitt durch die hintere Hälfte eines jungen Keimstreifens, dessen Hälften eben zur Vereinigung gekommen sind. Fig. 5 u. 6. Zwei ähnliche Schnitte von einem anderen Keimstreifen desselben Stadium, Fig. 7—9. Drei Querschnitte durch den hinteren Theil eines » strickleiterför- migen« Keimstreifens. Fig. 40—42. Drei Querschnitte aus der vorderen Region derselben Serie. Fig. 433—45, Drei Querschnitte aus dem mittleren Theil eines Keimstreifens von etwa demselben Stadium, Fig. 46. Querschnitt durch den vorderen Theil eines ähnlichen Keimstreifens. Fig. 47. Querschnitt durch ein junges Bauchstrangganglion und seine Um- gebung. « Fig. 18—19. Zwei sagittale Längsschnitte durch den mittleren resp. vorderen Theil eines » strickleiterförmigen « Keimstreifens. Tafel IL. Alle Figuren von Aulastoma gulo. - Fig. 20. Hinterer Theil eines »strickleiterförmigen« Keimstreifens, von der Fläche gesehen. AA, Oc. 4 (Zeiss). Fig. 21. Hinterende eines abnorm ausgebildeten Keimstreifens desselben Sta- dium, dessen Hälften hinten aus einander weichen, AA, Oc. A. Fig. 22. Flächenbild vom hinteren Theil eines ähnlichen Keimstreifens, stärker vergrößert. SEıBErT, Obj. VI, Oc. 0. Fig. 23, Flächenbild weiter vorn. F, Oc. A. Fig. 24, Noch weiter vorn; die Strickleiterform in ihrer höchsten Ausbildung. F,.0c. A. Fig. 25. Noch weiter vorn; die Strickleiterform fängt an zu verschwinden, indem Zellen sich über die Zwischenräume verbreitern. F, Oc. A. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LIT. Bd. ö Zur feineren Anatomie des grolsen Seepferdefulses. Von Dr. Luigi Sala, Assistent für Histologie. (Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie und Histologie der Universität Pavia — Professor €. Gorsı.) Mit Tafel III—V. Es ist eine der durch die Forschungen von Goteı (4) über das Cen- tralnervensystem außer Zweifel gestellten hervorragendsten Thatsachen, dass von allen den Fortsätzen, mit denen die Nervenzellen ausgestattet sind, einer allein (der Nervenfaserfortsatz) zur Verbindung der Zelle mit der Faser dient, während die anderen (Protoplasmafortsätze) mehr für die Ernährung der Nervenelemente bestimmt sind, da sie mit ihren letzten Verzweigungen sowohl mit den Neurogliazellen, als auch direkt mit den Blutgefäßen sich verbinden. Gousı kennzeichnete den Nervenfaserfortsatz derart, dass man den- selben unter den Protopiasmafortsätzen leicht herausfinden kann, ferner wies er nach, dass sich der Nervenfaserfortsatz mit den Nervenfasern auf zwei verschiedene Arten in Verbindung setzen kann, und zwar entweder direkt (Zellen des ersten Typus oder motorische Zellen), d. h. so, dass er, trotzdem er seitliche Verzweigungen aussendet, seine Individualität nicht einbüßt und direkt zur Bildung des Achsencylinders einer Nerven- faser schreitet, oder indirekt (Zellen des zweiten Typus oder sensible Zellen), indem er sich ins Unendliche theilt und in dieser Weise ein feines ausgebreitetes Nervennetz bildet, aus welchem die Achseneylin- der der Nervenfasern ihren Ursprung nehmen. Augenscheinlich wurde durch die Aufdeckung dieser höchst wich- tigen Thatsachen jede andere Theorie über die Verhältnisse zwischen den Protoplasmafortsätzen der Nervenzellen und den Fasern, und hauptsächlich die alte Anschauung von GerLAcH widerlegt, nach wel- cher einmal nur wenige Zellen (jene der Vorderhörner) mit einem Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefnßes. 19 besonderen Fortsatze, der sich ohne Verzweigungen in den Achsen- eylinder einer Faser verlängert, versehen seien, und zweitens die Protoplasmafortsätze der Zellen, nachdem sie sich in der komplieirte- sten Weise getheilt, ein dichtes Netz bilden, aus welchem zahlreiche Nervenfasern ihren Ursprung nehmen. Diese Theorie gab, wenn gleich sie auf keinerlei Thatsachen fußte (denn auch der Umstand, dass in der grauen Substanz ein durch Gold- chlorid sich färbendes feines Netz sich nachweisen lässt, berechtigt nicht zur Annahme, dass dasselbe von den letzten Verzweigungen der Protoplasmafortsätze der Zellen gebildet werde, und noch weniger, dass dasselbe den Nervenfasern als Ursprung diene), eine brauchbare Erklärung zahlreicher, die Physiologie des Nervensystems betreffender Erscheinungen, und wurde desshalb von fast allen Forschern jener Zeit sehr günstig aufgenommen, welche, zufrieden, endlich die Anga- ben der Anatomie mit jenen der Physiologie in Übereinstimmung bringen zu können, sich nicht weiter darum kümmerten zu unter- suchen, ob diese Theorie auch der Kontrolle einer ernsten Unter- suchung Stand halte. So kam es, dass die Resultate von Gorsı, welche diese so beliebte "Theorie in ihren Grundfesten erschütterten, Anfangs sehr misstrauisch aufgenommen wurden; nach und nach aber wurden dieselben von den verschiedensten Seiten bestätigt, und heute kann man sagen, dass sie von der Mehrheit der Anatomen anerkannt sind, in so fern wir sie durch hervorragende Forscher, unter denen ich als ersten KöLLıker (7) nenne, ferner von Toıpr (2), Ramon v Casar (3), Forer (4), Kress (5), FLeeasıc (6) u. A. angenommen und bestätigt sehen. Von allen den neuen, von Goıcı mittels seiner Methode nachge- wiesenen Thatsachen haben vielleicht jene das größte Misstrauen er- regt, welche das Verhalten der letzten Verzweigungen der Protoplasma- fortsätze der Zellen und somit die Funktion dieser Fortsätze, ferner den Zusammenhang zwischen Zellen und Nervenfasern betreffen. Schon bei seinen ersten Veröffentlichungen bemerkte Gorsı, dass nicht alle Regionen des Centralnervensystems sich gleich gut zur deut- hiehen Nachweisung der Verhaltungsweise der letzten Verzweigungen sowohl der Protoplasmafortsätze als der Nervenfaserfortsätze der Zellen verwenden lassen. Er empfiehlt zu diesem Studium hauptsächlich die Gehirnrinde und jene Platte grauer Substanz, welche sich im großen Seepferdefuß befindet und unter dem Namen der Fascia dentata bekannt ist. In diesen Regionen kann man, besser als in jeder anderen, die einzelnen nervösen Fortsätze bis auf größere Entfernungen von ihrem Ursprunge verfolgen, und nicht selten kommt es vor, dass man 9* 20 Luigi Sala, den einen oder den anderen in eine Nervenfaser übergehen sieht; eben so ist es an diesen Orten möglich, in sehr deutlicher Weise zu beobach- ten, dass die letzten Verzweigungen der Protoplasmafortsätze in innige Verbindung treten sowohl mit den Neurogliazellen als direkt mit den Blutgefäßen. Als weiteren Beweis für die absolute Unabhängigkeit der Proto- plasmafortsätze von den Nervenfasern lenkt Goısı die Aufmerksamkeit noch auf die Thatsache, » dass die Verzweigungen der Protoplasmafort- sätze, anstatt nach Gegenden zu verlaufen, wo sich Nervenfasern be- finden, vorwiegend Regionen zustreben, in denen die Fasern fehlen «. Diese Behauptung Goıers wurde in Zweifel gestellt, und es zeigte sich, dass eben die beiden oben genannten Regionen durch die Anord- nung ihrer Theile eher als jede andere Gehirnregion den Glauben er- wecken, dass auch die Protoplasmafortsätze Nervenfasern zum Ursprung dienen können, da es sowohl in der Gehirnrinde als in der Fascia den- tata des großen Seepferdefußes vorkommt, dass die Nervenzellen ihre Protoplasmafortsätze gerade nach Gegenden hin aussenden, wo zahl- reiche Nervenfasern sich befinden, und hat es sogar den Anschein, dass gerade unter diesen ihre letzten Verzweigungen enden. In der Gehirnrinde, sagte man, bestehen in der obersten Schicht der Windungen zahlreiche markhaltige Fasern, zwischen welche die Protoplasmafortsätze der Pyramidenzellen sich einsenken;; dasselbe ge- schieht in der Fascia dentata, welche, wie behauptet wurde, in ihrem äußeren Theile von einer Lage von Nervenfasern bedeckt ist, die man mit der Methode von WeıcGerr leicht ersichtlich machen kann, und unter denen die Protoplasmafortsätze der kleinen kugeligen Zellen, welche diese Region bilden, enden. | Bezüglich der Hirnrinde wurde die Frage voriges Jahr durch Marrıxorti (8) gelöst, welcher, indem er auf die verschiedenen Kritiken, denen die Resultate Gosr’s unterzogen worden waren, antwortete, auch noch nachwies, dass an der Außenfläche der peripherischen Schicht markhaltiger Fasern, d. h. an der äußersten submeningealen Grenze der Hirnrinde, konstant eine von Nervenfasern vollkommen freie, kleine Schicht Neurogliazellen sich finde, in welcher die Verästelungen der Protoplasmafortsätze der Spitze der Pyramidenzellen der Hirnrinde enden, nachdem sie die Schicht der markhaltigen Nervenfasern durch- kreuzt haben. Es blieb also auch bei der Hirnrinde die Möglichkeit vollkommen ausgeschlossen, dass die Protoplasmafortsätze Nervenfasern zum Ursprunge dienen könnten, und es erübrigt nunmehr zu sehen, ob nicht auch in der Fascia dentata des großen Seepferdefußes irgend eine Anordnung besteht. welche eine solche Vermuthung unterstützen Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 21 könnte. Und dies ist der Gegenstand meiner vorliegenden Unter- suchungen. — Ich beeile mich, gleich hier zu erklären, dass sich die Protoplasmafortsätze mit ihren Verzweigungen auch in der Fascia den- tata genau so verhalten, wie in allen anderen Regionen des Nerven- systems, d. h. sie treten in innige Verbindung mit den Neurogliazellen und mit den Blutgefäßen und sind vollkommen unabhängig von der Faserlage, welche in dem peripherischen Theile der Fascia dentata selbst verläuft und welche ihren Ursprung von den Nervenfaserfortsätzen der kleinen kugeligen Zellen nimmt, die dieser Region eigen sind. Bis vor wenigen Jahren bildete der große Seepferdefuß einen der dunkelsten Theile des Gehirns, einmal weil derselbe eine verwickelte Struktur darbietet, vor Allem aber wegen der bedeutenden Ver- schiedenheiten, welche in den Beschreibungen der verschiedenen Autoren zu Tage traten, mit Rücksicht auf welche ich auf die von GoLscı gegebene historische Zusammenstellung verweise. Seitdem nun aber Gorcı das Studium des großen Seepferdefußes mit seiner Methode der schwarzen Färbung unternahm, gewannen wir über die feine Anatomie dieser Region eine klare Anschauung. Dieser - Forscher wies nach, dass die Struktur der fraglichen Gehirnzone nicht so komplicirt ist, wie man es nach den Beschreibungen von Kuprrek (9), Mrynerr (40), Husuenin (41), Krause (12) u. A. glauben könnte und führt die sechs oder sieben von diesen Forschern angenommenen Schichten ‚auf vier zurück, welche die folgenden sind: A) Innere Schicht, oder erste Schicht von Nervenfasern (Alveus), Auskleidung des großen Seepferdefußes gegen die Seitenkammern zu; 2)Graue Windungsschicht, oder Schicht der großen Ganglienzellen. 3) Äußere Schicht, oder zweite Lage von Nervenfasern (Lamina medullaris circumvoluta s. Lamina nuclearis); %k) Schicht derkleinen Ganglienzellen (Fascia dentata). Es muss nun aber bemerkt werden, dass durch die Krümmung, welche das ganze Ammonsborn erleidet, alle diese vier Schichten sich wiederholen, und ist es daher angezeigt, bei Aufzählung derselben dieser Thatsache zu gedenken, um nicht in den Irrthum zu verfallen, einen und denselben Theil zweimal zu erwähnen. — Vor den Studien Gorers war es eine allgemein gültige Ansicht, dass der Pes hippocampi major in seiner Gesammtheit nach Einigen eine, nach Anderen eine halbe nach innen eingebogene Windung dar- stelle. Nur Duvar (13) hatte kurz vorher die Meinung ausgesprochen, dassander Bildungdieser Region zwei Windungen Theilnehmen. Dieser 33 Luigi Sala, Forscher behauptet nämlich, dass der innere Rand der Fimbria nicht frei sei, sondern sich in eine feine Lamelle fortsetze (Ventrieularwand beim Fötus, einfaches Ependymepithel beim Erwachsenen), welche die Plexus choroidei in eine Art Mesenterialfalte einhülle und die Seitenkammern vollständig schließe, die in Folge dessen mit der Ober- fläche des Gehirns nicht kommunieiren. Aus dieser Anordnung gehe hervor, dass von der ganzen Formation des Ammonshorns nur ein Theil, der innerste (dargestellt durch eine Portion der Fimbria, durch. die ‚Fascia dentata und die Windung des Seepferdefußes), zur Gehirnober- fläche gehöre, während ein anderer Theil, der äußerste, gebildet von dem Ammonshorn genannten weißen Fortsatze, in der Höhle der Seitenkammer liegen und einen Theil derselben bilden würde. Die erste, zur Hirnrinde gehörige Portion wäre nach DuyaL aus zwei Win- dungen gebildet, d. i. aus der Windung des Seepferdefußes und aus der Fascia dentata, welche dieser Autor circonvolution godron- nee nennt. GousI hingegen wies auf Grund der durch die schwarze Färbung erzielten Resultate nach, das die gesammte Hippocampusformation aus zwei von einander deutlich unterschiedenen Windungen gebildet wird, welche sich bei der mikroskopischen Untersuchung als aus zwei ver- schiedenen Zellentypen bestehend erweisen und von denen die eine von der grauen Windungsschicht, die andere von der Fascia dentata dargestellt wird. Nach Goıcı beschäftigte sich nur noch ein einziger Forscher Giaccommı (144), mit dieser Region; derselbe gelangte, indem er das Ammonshorn hauptsächlich makroskopisch studirte, zu dem Schlusse, dass der Seepferdefuß keine Windung darstelle, sondern vielmehr eine besondere Modifikation der Hirnrinde, bedingt vielleicht durch die Formation des Sphenoidalanhanges der Seitenkammern. Der genannte Forscher gründet diese seine Anschauung auf die Thatsache, dass der große Seepferdefuß bei einigen Thieren, bei denen keine Spur von Windungen existirt, eine beträchtliche Entwicklung erreicht. Dem entgegen werden wir sehen, dass die mikroskopische Unter- suchung dieser Region uns berechtigt, dieselbe mit zwei intraflektirten Windungen zu vergleichen, indem man in derselben, mit Ausnahme einiger leichten, von der Einbiegung abhängigen Modifikationen, genau die gleichen Theile antrifft, wie bei den Windungen. Untersuchungs-Methoden. — Zur Lösung der Frage über den Ursprung jenes Nervenfaserbündels, das man im peripherischen Theile der Faseia dentata beschrieben hat, und bezüglich der Verfolgung der letzten Verzweigungen der Protoplasmafortsätze der kleinen kugel- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 23 förmigen Zellen, die man in dieser Region antrifft, habe ich mich einer Methode bedient, welche mir erlaubte, zu gleicher Zeit den Verlauf der Faserbündel zu beobachten und die Fortsätze der Zellen möglichst weit zu verfolgen; ich benutzte desshalb die Färbung mit Hämatoxylin nach der Methode von WEIGERT und die schwarze Färbung von GoLcr. | Ich dachte auch daran, die von Par (15) empfohlene Technik zu verwerthen, um die beiden Methoden von Gorsı und WEIGERT gleich- zeitig an einem Stücke anzuwenden, stand aber von meinem Versuche ab, weil ein solcher keinenfalls bessere Resultate ergeben hätte, als die getrennte Anwendung beider Methoden. Bezüglich der schwarzen Färbung muss ich bemerken, dass ich trotz der zahlreichen Modifikationen, welche in letzter Zeit von ver- schiedenen Forschern bei dieser Technik vorgeschlagen wurden, es für gut befunden habe, mich der alten Goısrschen Methoden zu be- dienen, da dieselben mir, was Eleganz und Zartheit der Reaktion be- trifft, die besten Resultate gaben. Ich benutzte sowohl das langsame Verfahren (Tränkung der Stücke während 20—30 Tagen in 2°/, iger doppeltehromsaurer Kalilösung und hierauf in 0,75°/,iger Silbernitrat- lösung) als das rasche Verfahren (Tränkung der Stücke durch 4—5 Tage in 20/,iger Lösung von Kali bichrom., hierauf durch 24—30 Stunden in einer aus zwei Theilen einer 1°/,igen Osmiumsäurelösung und acht Theilen einer 2°/,igen doppeltchromsauren Kalilösung bestehenden Mischung und schließlich in 0,75°/,iger Silbernitratlösung). Indem ich die verschiedenen in Vorschlag gebrachten Modifikatio- nen dieser Methode versuchte, konnte ich konstatiren, dass viele von ihnen vollkommen überflüssig, einige, wie z. B. die von GRreprin (16) empfohlene Waschung der mit der Methode von Goısı behandelten Schnitte in einer 10°/‚igen Bromwasserstofflösung, für den guten Erfolg der Reaktion geradezu schädlich sind. Am eigenthümlichsten von allen ist das jüngsthin von Seurwaıo (18) zu dem Zwecke vorgeschlagene Mittel, um einen Paraffin-Ein- schluss der mit der schwarzen Färbung behandelten Stücke zu Standezubringenundumindieser Weise weit leichter dünne Schnitte machen zu können, als dies aus freier Hand geschehen könnte. Gerade die Dicke der Schnitte ‚istjedoch ein Punkt von großer Wichtigkeit in der Technik der schwarzen Färbung, auf welchen denn auch zuerst Gorsı und später Monpıno (17) besonders Gewicht gelegt haben, Letzterer, betreffs der Stücke des Nervensystems, welche mit der Methode des doppeltechromsauren Kali und des Sublimats behandelt worden waren. Der Hauptvorzug dieser Methoden, wodurch dieselben alle anderen bisher bekannten weitaus 24 Luigi Sala, überragen, besteht eben darin, dass man mit ihnen die nervösen Fort- sätze auf sehr lange Strecken hin, bis in ihre letzten Verzweigungen, verfolgen kann. Da jedoch die fraglichen Fortsätze nicht in einer ein- zigen Ebene verlaufen, sondern auf ihrem Wege Kurven und Zick-Zack- linien beschreiben, so kommt es, dass ihre Kontinuität bei sehr dünnen Schnitten in mehreren Punkten zerstört wird, und sie schon in geringer Entfernung von ihrem Ursprung gebrochen und zerrissen erscheinen. Hieraus ergiebt sich die absolute Nothwendigkeit, die Schnitte ein wenig diek zu machen, wenn wir uns nämlich von dem genauen Verhalten des funktionellen Fortsatzes der Nervenzellen überzeugen wollen. Nach dem Gesagten kann man nicht umhin, sich über SEeurwALD zu verwundern, welcher sich abmüht, nach Kunstmitteln zu suchen, um nur recht dünne Schnitte machen zu können und bemerkt, »dass viele Verhältnisse nur an sehr dünnen Schnitten, wie sie allein bei der Paraffineinbettung erreichbar sind, sich studiren lassen«. In der That, wenn man Behauptungen wie diese liest, wäre man genöthigt zu glauben, dass Verfasser niemals das Glück hatte eine gut gelungene schwarze Färbung der Nervenelemente zu erhalten! — Übrigens wurde auch seine Methode jüngst von Sauassa (19) kritisirt und nachgewiesen, - dass dieselbe dem Zwecke nicht entspreche. | Die mit der Methode von Gousı behandelten Stücke besitzen eine derartige Konsistenz, dass sie sofort, nachdem sie dem Silberbade ent- nommen worden sind, geschnitten werden können; ich fixirte sie dess- halb, nachdem ich sie vorher in destillirtem Wasser aufmerksam ge- waschen hatte, mittels einer Gummiarabicumlösung aufKork undbrachte Kork und Präparat für einige Stunden in 90°/,igen Alkohol. Wenn der Gummi festgeworden ist, können die Stücke mit dem Mikrotom ge- schnitten werden, indem man das Messer mit Alkohol befeuchtet. Ich benutzte zu meinen Untersuchungen hauptsächlich Kaninchen- hirne, bei denen der Seepferdefuß bekanntlich ganz außerordentlich entwickelt ist und gleichzeitig eine größere Einfachheit aller Schichten aufweist, wesshalb ersichbesser alsjeder andere zum Studium der feinen histologischen Einzelheiten und der intimen, zwischen Zellen und Ner- venfasern bestehenden Beziehungen, eignet. Ich ermangelte aber hier- bei nicht, die erhaltenen Resultate auch bei Gehirnen von Katzen, Hunden, Meerschweinchen und Kälbern zu kontrolliren. Wie Goıcı nachgewiesen hat, sind die Strukturverhältnisse des großen Seepferde- fußes wesentlich dieselben sowohl bei den Thieren als beim Menschen. Wie schon bemerkt unterscheidet Gosı beim großen Seepferdefuß vier Schichten; diesen kann eine fünfte hinzugefügt werden, welche aus Nervenfasern besteht und zwischen die Lamina medullaris eircum- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes, 35 voluta und die eigentliche Fascia dentata zu liegen kommt, jedoch eben so gut als eine Zone der Fascia dentata selbst sich betrachten lässt. Ich werde die ersten drei Schichten kurz behandeln, um bei der Beschreibung der vierten, d. i. der Faseia dentata, etwas länger zu ver- weilen. I. Schicht. — Alveus (Taf. III und IV). Diese Schicht besteht aus markhaltigen, zumeist dünnen Nervenfasern, welche unter sich parallel verlaufen und ein Bündel bilden, welches das ganze Ammonshorn be- deckt. Um uns von der Zusammensetzung, den Beziehungen und dem Verlaufe dieses Bündels eine genaue Vorstellung zu machen, ist es nöthig dasselbe an Querschnitten des ganzen, mit Weıgerr’schem Hämatoxylin gefärbten Seepferdefußes (Taf. III und IV) zu studiren. Es entspringt in dem Raume, welcher von außen von dem vorderen Ende der grauen Windungssschicht und von innen von dem inneren Schenkel der Fascia dentata gebildet wird; von hier aus begiebt sich dieses Bündel nach vorwärts und bedeckt die kurze Strecke der grauen Windungsschicht, welche sich nach innen zu befindet; hierauf nimmt es, sich nach außen krümmend, intime Fühlung mit der Fimbria, ändert, indem es genau - der beschriebenen Krümmung der grauen Windungsschicht folgt, plötz- lich seine Richtung und geht von vorwärts nach rückwärts, um sich hinten in die Medullarportion des Hippocampuswulstes fortzusetzen und derart die innere weiße Auskleidung des Sphenoidalhorns der Seitenkammer zu bilden. Auf diesem seinem langen Verlaufe nimmt das Bündel fortschrei- tend an Umfang zu, so dass es, während es an seinem Ursprunge, gegen den inneren Theil zu, aus wenigen Fasern besteht, an seinem hinteren Ende hingegen einen Durchmesser (beim Kaninchen) von 180—200 u zeigt. An der Formation dieses Bündels nehmen Nervenfasern ver- schiedenen Ursprungs Theil; ein großer Theil von ihnen entstammt den Biesenpyramidenzellen der grauen Windungsschicht, in einer weiter unten zu beschreibenden Weise, wo ich von dieser Schicht sprechen werde. An Weıserr'schen Präparaten erkennt man in der That deutlich, _ dass zu dem tiefen Theile des Alveus während seines ganzen Verlaufes 1 Ich halte es für angezeigt, bei der Bezeichnung der einzelnen Schichten von den Benennungen innere Schicht und äußere Schicht Umgang zu nehmen, indem schon durch die Evolution, welche das Ammonshorn erleidet, dieselbe | Schicht, welche in einem Theile dieser Region sich außen befindet, in einem an- deren Theile hingegen, bezüglich der Medianebene des Gehirns, zur inneren wird. Wenn ich, der größeren Deutlichkeit halber, gezwungen sein werde, die Ausdrücke äußere und innere zu benutzen, so werde ich mich hierbei stets auf die Median- ebene des Gehirns beziehen. 26 Luigi Sala, zahlreiche Fasern gelangen, welche der grauen Schicht entspringen und die das Volumen des Bündels fortschreitend vermehren. An dem Punkte, wo die durch das ganze Ammonshorn gebildete Krümmung am größten ist, kommen zahlreiche andere Fasern dazu, um sich den aus den Riesenpyramidenzellen entstammenden anzuschließen und den Alveus zu bilden; dieselben stammen, wie wir sehen werden, von den kleinen kugeligen Zellen der Fascia dentata und bilden ein Bündel, welches, von hinten nach vorn und von außen nach innen ver- laufend, die Schicht der Riesenpyramidenzellen durchkreuzt und sich gegen den Alveus und die Fimbria zu begiebt, an deren Bildung es Theil nimmt. Während dieses ihres Verlaufes entbehren die fraglichen Fasern noch größtentheils einer Myelinscheide und können desshalb besser als mit der Weiserr'schen Methode, mit der schwarzen Färbung von Goısı nachgewiesen werden. Bei den Präparaten, bei welchen die Reaktion mit wünschenswerther Feinheit eingetreten ist, ist es nicht schwer, eine dieser Nervenfasern von ihrem Ursprunge aus einer Zelle der Fascia dentata bis in den Alveus zu verfolgen. Die den Alveusbildenden Fasern haben noch einen dritten Ursprung aus den Zellen des Gyrus hippocampi. Gegen das hintere Ende zu, _ woersich in die Markportion des Hippocampuswuistes fortsetzt, gehen aus der grauen Substanz der Windung zahlreiche Fasern aus, um sich nach außen und nach hinten zur Verstärkung des Alveus zu begeben. Inmitten der Fasern dieser Schicht sind hier und da Neuroglia- zellen zerstreut, welche gegen die Oberfläche des Bündels zu zahlreicher werden und daselbst eine wirkliche kontinuirliche Schicht bilden. Die Fortsätze dieser Zellen sind vorzugsweise gegen das Innere zu ge- richtet (d. h. gegen die darunter befindliche graue Schicht) und setzen sich auch hier wie im ganzen Nervensystem an den Wänden der Ge- fäße mit Verbreiterungen fest. Mit diesen strahlenförmigen Zellen setzt sich ein großer Theil der Verzweigungen der Protoplasmafortsätze der Riesenpyramidenzellen ebenfalls in Verbindung. Außer den Neuroglia- zellen findet man nicht selten auch kleine Gruppen von Nervenzellen (5—6 Zellen) regellos zerstreut zwischen den Fasern des Alveus. Es sind dies verschiedenartig geformte Zellen, zumeist von der Gestalt von Spindeln, deren größter Durchmesser parallel zum Verlaufe der Faser liegt; es fehlen aber auch nicht kugelige, dreieckige, birnförmige und anders gestaltete Zellen (Fig. 4 und 5). Dieselben zeigen nicht sehr reichliche Protoplasmafortsätze und einen einzigen Nervenfaserfortsatz, welcher gewöhnlich zur darunter befindlichen grauen Schicht läuft; es ist jedoch nicht schwer, auch Nervenfaserfortsätze zu finden, deren Richtung parallel mit jener der Alveusfasern ist. Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 27 Gousı, der als Erster auf diese isolirten Zellen hinwies, ist der An- sicht, dass dieselben zur grauen Windungsschicht gehörige Elemente seien, welche während der embryonalen Entwicklungsperiode außer- halb der regelmäßigen Reihe dieser Schicht blieben. Ihre einigermaßen unregelmäßige und von der Pyramidenform verschiedene Gestalt muss. offerbar der Umgebung zugeschrieben werden, in welcher sie aufge- wachsen sind, d. h. den Fasern des Alveus. Da diese Zellen mehr vereinzelt vorkommen, ist es leichter, deren Protoplasmafortsätze bis in die letzten Verzweigungen hinein zu ver- folgen, und sich von den intimen Beziehungen, in welche dieselben zu den strahlenförmigen Zellen und auch zu den Blutgefäßen treten, ein klares Bild zu verschaffen. In Fig. 6 der Taf. V, welche das getreue Bild eines Präparates darstellt, sieht man eine dieser Zellen des Alveus, von welcher ein Protoplasmafortsatz sich abzweigt, der nach einem ver- hältnismäßig langen Verlaufe mit einer flaschenförmigen Auftreibung an die Wand eines Blutgefäßes sich ansetzt. An seiner freien Oberfläche ist der Alveus mit dem sogenannten Ependymepithel versehen , welches die gesammte Höhlung der Seiten- kammern auskleidet. Die Zellen, welche diese Auskleidung bilden, stehen sehr fest an einander gereiht, sind klein, eylinderförmig oder kubisch, und setzen sich ins Innere des Alveus mit einem sehr langen Fortsatze fort, der sich in die Nervensubstanz einsenkt. Goıcı als Erster, und nach ihm Marcaı (20) und Macını (24) machten darauf aufmerksam, dass diese Fortsätze anstatt, wie man lange glaubte, einfach zu sein, in kurzer Entfernung von ihrem Ursprunge zahlreiche Verzweigungen ent- senden, welche sich ihrerseits wieder theilen. Ein Theil derselben heftet sich, mittels einer großen Ausbreitung an die Wand von Blutge- fäßen mittleren Durchmessers genau so an, wie es die Neurogliazellen thun; andere treten in innige Verbindung mit den sternförmigen Zellen, welche sich, wie wir gesehen haben, im Alveus zerstreut befinden; noch andere endlich kann man lange in der Nervensubstanz verfolgen, wo sie sich verlieren, ohne irgend eine besondere Verbindung be- merken zu lassen. Bezüglich dieser letzteren Endigungsweise der Ver- zweigungen der Ependymzellen muss ich hier bemerken, dass die ein- zelnen Ästchen etwas vor ihrer Endigung keine weiteren Zweige mehr abgeben, sondern eine mehr oder weniger lange Strecke einfach ver- laufen und plötzlich ausgehen, indem sie ungemein zahlreiche kurze, unregelmäßige Theilungsäste entsenden, welche sehr nah bei einander bleiben und gleichsam einen Pinsel oder Schopf bilden, den man sehr gut mit dem Wurzelwerk eines Pflänzchens vergleichen kann. Mit der schwarzen Färbung von Goıcı kann man die verschiedenen Endigungs- 28 Luigi Sala, . weisen der Ependymalfortsätze sehr gut beobachten, und nicht selten ereignet essich, dass man auch solche sieht, welche bis in die von den Riesenpyramidenzellen eingenommene Zone reichen. IM. Schicht. Graue Windungsschicht. Schicht der Rie- senpyramidenzellen (Taf. II, Fig. 1b; Taf. IV, Fig. 2 und 3). — Diese Schicht begreift in sich das Stratum moleculare, das Stratum cellulosum, das Stratum radiatum und das Stratum lacuno- sums. reticulare der alten Autoren. Diese verschiedenen Benen- nungen wurden auf Grund des verschiedenen Aussehens eingeführt, welches die fragliche Schicht darbietet und das davon abhängt, dass ‚sich in gewissen Zonen entweder die Körper oder die Fortsätze der Zellen vereint finden. Nach der eingehenden Beschreibung, welche uns Gorcı von der Morphologie und Anordnung der diese Schicht bildenden Zellen und von der Verhaltungsweise ihres Nervenfaserfortsatzes gab, bleibt mir nunmehr übrig, Etwas bezüglich der Erscheinungen zu sagen, welche wir mittels der Wsıiserr'schen Reaktion beobachten. In der ganzen Masse der grauen Windungsschicht trifft man hier und da markhaltige Nervenfasern, welche isolirt in verschiedenen Richtungen verlaufen; ' besonders zahlreich sind dieselben in dem Raume, der sich an der Außenseite der Zellen befindet, d. i. in der nach außen zu vom Alveus und nach innen zu von den Zellkörpern eingenommenen Strecke, wo sie vorwiegend eine schiefe Richtung von innen nach außen, d. i. von den Zellen gegen den Alveus zu, einnehmen. In dem Punkte, wo der Alveus mit der Fimbria in Verbindung tritt, ist die graue Windungsschicht sehr reich an markhaltigen Fasern; es sind dies zum Theil Fasern, welche sich von der Lamina nuclearis los- lösen und die graue Schicht durchkreuzen, um zum Alveus und zur Fimbria zu gehen, zum Theil solche, welche jenem Bündel angehören, das von den kleinen kugeligen Zellen der Fascia dentata ausgeht und welches, wie wir sahen, gleichfalls die Zellschicht durehkreuzt, um in den Alveus zu dringen. Gegen die innere Oberfläche dieser Schicht zu , wo dieselbe an die darunter befindliche Lamina nuclearis grenzt, bemerkt man zahlreiche markhaltige Fasern, welche von ihr sich ab- zweigen und in den Körper der Lamina selbst eindringen, indem sie an deren Bildung Theil nehmen. Die diese Schicht bildenden Zellen haben, wie Gorsı nachwies, im Allgemeinen Pyramidenform, oder sie sind oval oder spindelförmig, und setzen sich mit einem kräftigen Protoplasmafortsatz gegen das Innere zu fort, welch letzterer in geringer Entfernung vom Zellkörper zwei oder drei dicke Zweige entsendet, welche sich im Körper der Schicht Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 29 weiter theilen und Filamente bilden, die an den Fortsätzen der zahl- reichen Neurogliazellen, welche in dieser Schicht in großer Menge zer- streut sind, endigen. Namentlich in dem tiefen Theile der grauen Schicht, in der Nähe der Lamina nuclearis ist es, wo die Verbindungen zwischen Neurogliazellen und Protoplasmafortsätzen besonders zahl- reich sind. Hier sind auch die Blutgefäße reichlich, und nicht selten bemerkt man einige Protoplasmafortsätze direkt zu den Gefäßwänden sich begeben. Die Protoplasmafortsätze, welche von den Zellen gegen außen hin abgehen, sind hingegen sehr dünn und pinselförmig angeordnet. Auch sie theilen sich wiederholt und entsenden zahlreiche feine Fäden, die den ganzen Körper des Alveus durchkreuzen und setzen sich mit jenen Neurogliazellen in Verbindung, welche, wie wir oben sahen, unter dem Ependym vorkommen. Die Zellen der grauen Windungsschicht nehmen im Gegensatze zu dem, was bei allen Gehirnwindungen der Fall ist (einschließlich auch der Windung des Hippocampus, deren Fortsetzung diese Schicht ist), nicht den ganzen Durchmesser der Schicht ein, sondern sind in einer besonderen sehr regelmäßigen Zone angeordnet, die mehr nach außen - zu liegt und in welcher sie manchmal in einer einzigen, ein ander Mal in zwei oder drei Reihen angeordnet sich finden. Je mehr wir uns dem Übergangspunkte der grauen Schicht in den Gyrus hippocampi (Subi- eulum Cornu Ammonis) nähern, um so mehr verbreitert sich diese Zone, verliert ihre Regelmäßigkeit, verschwindet allmählich und geht stufenweise in die Anordnung über, welche man bei allen Windungen antrifft. Der funktionelle Fortsatz dieser Zellen zweigt sich gewöhnlich von jenem Theile des Zellkörpers ab, welcher gegen den Alveus zugekehrt ist, und verläuft in der Richtung dieser Faserschicht. Nicht selten je- doch findet man Nervenfaserfortsätze, welche von einer Seite der Zelle ihren Ursprung nehmen, oder auch von der Seite derselben, welche gegen die Lamina nuclearis gekehrt ist; wenn es aber in diesen beiden Fällen gelingt, dem genannten Fortsatz auf eine etwas längere Strecke zu folgen, so bemerkt man leicht, dass er in einer gewissen Entfernung von seinem Ursprunge seine Richtung wechselt und sich nach außen, d.h. gegen den Alveus zu wendet. In kurzer Entfernung von der Zelle entsendet der Nervenfaser- fortsatz eine große Menge von sekundären Filamenten, welehe sich ihrerseits immer wiederholt theilen und ein sehr feines und verworre- nes, in der ganzen grauen Schicht ausgebreitetes Flechtwerk bilden. Einige dieser Fortsätze verlieren ungeachtet dessen, dass sie zahlreiche 30 Luigi Sala, Verzweigungen entsenden, nicht ihre Individualität und lassen sich bis in die nächste Nähe des Alveus verfolgen; andere hingegen nehmen, indem sie sich vollständig wiederholt theilen, in ihrer Gesammtheit an der Bildung des diffusen Netzes Theil und entschwinden dem Auge des Beobachters. Dieses von äußerst zarten und unregelmäßig verlaufenden Fila- menten gebildete Netzwerk ist sehr gut sichtbar in den Präparaten, bei denen die schwarze Reaktion möglichst gut gelungen ist; nach außen zu in der Nähe des Alveus auch in der von den Zellkörpern eingenom- menen Zone ist dasselbe dichter; weniger deutlich erscheint hingegen . das Netz in dem tieferen Theile der grauen Windungsschicht, in der Nähe der Lamina nuclearis. Von diesem Netze gehen viele Fibrillen ab, welche sowohl nach außen im Alveus, als nach innen in der Lamina nuclearis verlaufen. II. Schicht. — Lamina medullaris circumvoluta sive Lamina nuclearis (Taf. III, Fig. I c). Diese Schicht wird aus mark- haltigen Nervenfasern gebildet, welche in ihrem Verlaufe der Richtung des Alveus und der grauen Windungsschicht folgen, zu welcher sie in inniger Beziehung stehen. Sie nimmt ihren Ursprung in demselben ‘ Punkte, welchem wir den Alveus entstammen sehen, d. i. dem von den zwei Schenkeln der Fascia dentata begrenzten Raume, wo, wie wir wissen, zahlreiche Riesenpyramidenzellen vorkommen, welche die Endigung der grauen Windungsschicht darstellen. Durch die Anwesenheit dieser Zellen wird der fragliche Raum in zwei Theile getheilt: einen inneren, zwischen dem inneren Schenkel der Fascia dentata und der Endigung der grauen Windungsschicht — aus welcher, wie wir sahen, der Alveus entstammt —, und eine äußere, welche durch die genannte Endigung selbst und den äußeren Schenkel der Fascia dentata, gegeben wird. Von hier aus begeben sich die Fasern dieser Schicht von rück- wärts nach vorwärts, indem sie parallel mit der äußeren Oberfläche der grauen Windungsschicht verlaufen; in dem Punkte angelangt, in welchem sich dieselbe nach rückwärts krümmt, krümmen sich auch die Fasern der Lamina nuclearis und wechseln ihre Richtung, indem sie sich von vorn nach rückwärts begeben, und nicht mehr die äußere Oberfläche, sondern die innere der grauen Schicht selbst auskleiden; nach hinten zu setzen sie sich schließlich in die weiße Substanz fort, welche von außen das Subiculum und die Windung des Hippocampus bedeckt. Man bemerkt somit, dass die drei bisher beschriebenen Schichten sämmtlich die gleiche Entwicklung aufweisen und alle kon- centrisch verlaufen. Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 31 In dem Punkte, in welchem die Lamina nuclearis sich um das vordere Ende der Fascia dentata krümmt, entsendet sie zahlreiche Fasern nach innen und vorn, welche die von den Körpern der Riesen- pyramidenzellen eingenommene Zone durchkreuzen und sich, wie wir bereits gesehen haben, zum Alveus und der Fimbria begeben. Sämmt- liche, diese Schicht bildenden Fasern entstammen den Riesenpyrami- denzellen. Einige erhalten ihre Myelinscheide sehr früh; der größte Theil hingegen entstammt dem ausgebreiteten Nervennetze der oben beschriebenen grauen Schicht. — Bezüglich des Durchmessers zeigen die Fasern der Lamina nuclearis die gleichen Verhältnisse, wie die den Alveus bildenden Fasern. h IV. Schicht. — Fascia dentata — Stratum granulosum (Fig. A e). Die Fascia dentata muss in zwei Schichten getheilt werden: in eine oberflächliche, welche aus markhaltigen Nervenfasern gebildet wird, die beiläufig !/; oder !/, der Dicke der Fascia einnehmen, und in ‚eine tiefliegende, in welcher die dieser Region eigenen kleinen Zellen mit ihren Fortsätzen vertheilt sind. a) Faserschicht (Fig. 4 d). Ich nenne diese Schicht die ober- flächliche weiße Schicht der Fascia dentata. Dieselbe be- steht größtentheils aus etwas feineren und zarteren markhaltigen Fasern, als jene, welche den Alveus und die Lamina nuclearis bilden; nicht selten jedoch findet man auch Fasern, welche einen verhältnismäßig großen Durchmesser haben. Dieselben bilden ein Bündel, welches in ‚seinem Verlaufe der Gestalt des ganzen Ammonshorns folgt, wobei es sich jedoch stets in dem oberflächlichen Theile der Fascia dentata hält. ‚In dem inneren Theile des Bündels, gegen seinen Anfang zu, wo das- ‚ selbe nicht mehr mit der Pia mater ausgekleidet ist, beginnt diese Schicht sich durch die Anwesenheit von feinen markhaltigen Fibrillen, welche sich allmählich in ein Bündel zusammenordnen, bemerkbar zu machen. In dem Punkte, in welchem die Fascia dentata sich zurück- krümmt, ist das Bündel bereits fertig gebildet und kann man es sehr deutlich verfolgen. Im weiteren Verlaufe aber verliert sich das ober- flächliche weiße Bündel in der Lamina nuclearis selbst, vollzieht mit dieser die Krümmung und wechselt seine Richtung, indem es von ‚ rückwärts nach vorwärts bis zum Ende der Fascia dentata sich begiebt. | Auf diesem ihrem Verlaufe sind die beiden Lagen eng mit einan- der verbunden (das oberflächliche weiße Bündel innen, die Lamina nuclearis außen), jedoch nicht so eng, dass sich nicht zwischen den- selben eine Trennungslinie erkennen ließe, welche hauptsächlich durch die Gegenwart zahlreicher Gefäße angedeutet wird, von denen in ' Querschnitten des großen Seepferdefußes einige schief, andere longi- 32 Luigi Sala, tudinal geschnitten erscheinen. Ich muss jedoch bemerken, dass wäh- rend dieses Verlaufes ohne Zweifel ein Übergang von Nervenfasern aus der einen in die andere Schicht statthat. Nach vorn zu, gegen das Ende der Fascia dentata, entfernen sich die beiden fraglichen Lagen neuerdings von einander und verlaufen getrennt. Die Fasern der Lamina nuclearis winden sich, wie wir gesehen haben, um dieses Ende und verlieren sich in dem von der Endigung der grauen Windungsschicht und dem äußeren Schenkel der Fascia dentata begrenzten Raume; die Fasern der oberflächlichen weißen Schicht haben zwar einen gleichen Verlauf, aber die Krümmung, welche sie um das Ende der Fascia den- tata vollziehen, besitzt einen weit kleineren Radius. Ein Blick auf Taf. III giebt, besser als jede noch so eingehende Beschreibung, eine exakte Vorstellung von dem ziemlich komplicirten Verlaufe dieser Fasern. In dem Theile der Fascia dentata, welcher unbedeckt bleibt, be- merkt man leicht, dass die oberflächliche weiße Schicht nicht genau an der Peripherie der Fascia selbst verläuft, sondern dass zwischen dieser und dem Bündel noch eine äußerst dünne Schicht besteht, in welcher die Nervenfasern vollkommen fehlen, mit anderen Worten, wir sehen in diesem Punkte die von Marrınortı beschriebene Anord- nung, welcher wir bereits oben Erwähnung gethan, sich wiederholen. Diese dünne Schicht, welche, wie ich sagte, in dem ganzen unbe- deckten Theile der Fascia dentata deutlich sichtbar ist, wird in dem Punkte, in welchem dieselbe mit dem Subiculum cornu Ammonis zu- sammentrifft, weniger deutlich und verschwindet nach und nach in Folge der Verschmelzung, welche in diesem Punkte zwischen der La- mina nuclearis mit dem oberflächlichen Bündel der Faseia dentata zu Stande kommt (vgl. Taf. IU). Mit Hilfe der schwarzen Färbung von Goısı lässt sich feststellen, dass die genannte von Nervenfasern vollkommen freie dünne Schicht an Neurogliazellen sehr reich ist, welche nahezu eine zusammenhängende Schicht bilden. Diese Zellen finden sich überall in der oberflächlichen weißen Schicht, hauptsächlich aber in der Strecke, in welcher erstere vereint mit der Lamina nuclearis verläuft. Wir werden sehen, dass eben an diesen strahlenförmigen Zellen ein großer Theil der Proto- plasmafortsätze der kleinen kugeligen Zellen endigt. Augenscheinlich ist die Gegenwart dieser Neurogliaschicht ein neuer Beweis zu Gun- sten der Ansicht, welche dafür spricht, dass die Fascia dentata eine wirkliche Hirnwindung sei. In der oberflächlichen weißen Schicht finden sich nahe an den Neurogliazellen auch Nervenzellen; dieselben müssen jedoch außer- ordentlich selten sein, denn bei 50 und mehr untersuchten Seepferde- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 35 füßen konnte ich nur vier- oder fünfmal Schnitte finden, bei welchen dieser Befund mit absoluter Gewissheit festgestelit werden konnte. Fig. 7 (Taf, V) stellt eine dieser isolirten Nervenzellen inmitten der Fasern des oberflächlichen Bündels dar, deren Nervenfaserfortsatz, dem ich eine gute Strecke lang folgen konnte, sich in einer großen Menge Fäden auflöste, indem er dabei seine Individualität verlor. Auch hier haben wir wie bei dem Alveus Ursache zu glauben, dass es sich um zur Faseia dentata gehörige Elemente handelt, welche während der embryonalen Entwicklung außerhalb der regelmäßig von‘ den kugeligen Zellen eingenommenen Zone geblieben sind; ihre zumeist spindelförmige Gestalt steht unzweifelhaft in Beziehung zur Umgebung, in welcher sie sich entwickelt haben. Welches ist der Ursprung der Nervenfasern der oberflächlichen weißen Schicht der Fascia dentata? Der größte Theil derselben ent- stammt den kleinen kugeligen, dieser Region eigenen Zellen; andere spärlichere entstehen aus den Riesenpyramidenzellen der grauen Win- dungsschicht. Bezüglich des ersteren Ursprungs werde ich sofort zu zeigen haben, wie der zu Stande kommt, doch möchte ich schon vorläufig bemerken, dass man mit der Weiserr'schen Färbung feststellen kann, dass während des ganzen Verlaufes des fraglichen Bündels fortwährend markhaltige Nervenfasern zu demselben gelangen, welche der von den kugeligen Zellen eingenommenen Zone entstammen. Die Fasern, welche aus der grauen Windungsschicht zu diesem Bündel gelangen, sind nicht reichlich. In der Strecke, in der die beiden Lagen der Fascia dentata hart neben einander verlaufen und in dem Punkte, in welchem die Lamina nuclearis sich um das Ende der Fascia dentata windet, dringen nervöse Fortsätze der Riesenpyramidenzellen ein, welche sich zerstreut in der durch die Krümmung der Fascia den- tata begrenzten Höhlung befinden. Wir haben gesehen, dass die in dieser Zone existirenden Zellen mit ihrem Nervenfaserfortsatze ein Netz bilden, aus welchem Fasern des Alveus und der Lamina nuclearis ihren Ursprung. nehmen; aus demselben Netze entspringen auch nicht sehr reichliche Filamente, welche man, während sich dieselben um das vor- dere Ende der Fascia winden, bis in diese Gegend verfolgen kann, wo sich die Existenz des oberflächlichen weißen Bündels mittels der Weıserr’schen Methode nachweisen lässt. b) Zellschicht (Fig. fe, 2). Diese Schicht begreift in sich das Stratum moleculare secundum und das Stratum granulo- sum der Älteren; letzteres entspricht der von den Zellkörpern, ersteres der von den Protoplasmafortsätzen eingenommenen Zone. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LIJ, Ba. 3 34 Luigi Sala, Die dieser Region eigenen Zellen sind klein (ihr Körper misst 10—20 u. im Breitendurchmesser und 15—30 u in der Länge) und haben eine kugelige oder ovale Form; sehr selten sind sie pyramiden- oder birnförmig oder anders gestaltet. Dieselben stehen sehr regelmäßig an der tiefen Grenze der Fascia dentata, wo sie eine meist ein- fache, das andere Mal eine doppelte, seltener eine dreifache oder auch vierfache Reihe bilden. Bezüglich der Art und Weise, in welcher vom Körper dieser Zellen die Protoplasmafortsätze und der Nervenfaser- fortsatz abgehen, besteht hier eine große Übereinstimmung zwischen diesen Zellen und denen von PurkinsJE, d. h. von der oberflächlichen ‚Seite der Zellen entspringen sämmtliche Protoplasmafortsätze und die andere entgegengesetzte tiefe Seite entsendet allein den funktionellen Fortsatz. In einem einzigen Falle konnte ich finden, dass der funktio- nelle Fortsatz sich von der Wurzel eines Protoplasmafortsatzes ablöste; aber auch in diesem Falle krümmte sich dieser Fortsatz sofort nach seinem Ursprunge nach innen, um sich in die Gegend zu begeben, in welche diejenigen der übrigen Zellen liefen. Die Protoplasmafortsätze, deren es gewöhnlich vier, fünf oder sechs giebt, theilen sich sofort nach ihrer Abzweigung von der Zelle dicho- tomisch und gehen sämmtlich auf die oberflächliche weiße Schicht zu, welche sie durchkreuzen, um schließlich mit den Fortsätzen der ober- flächlichen Neurogliazellen, welche wir schon oben beschrieben haben, in Verbindung zu treten, eine Verbindung, die in jenem Theile der Fascia dentata am besten sichtbar ist, welche unbedeckt bleibt und in der die nervenfaserfreie, aus sternförmigen Zellen bestehende Schicht deutlich ist. Wenn die Silberreaktion gut gelingt, kann man die Pro- toplasmafortsätze bis in diese Schicht un und sich von ihrer Endigungsweise überzeugen. Neurogliazellen existiren nun übrigens zerstreut in der ganzen Fascia dentata, auch in der von den Zellkörpern eigenommenen Zone; auch sind in dieser Region die Blutgefäße sehr reichlich und nicht selten sieht man eine Protoplasmaverzweigung anstatt bis jenseits der ober- flächlichen weißen Lage zu gehen, früher endigen und sich entweder mit einer Neurogliazelle in Verbindung setzen oder auch mittels einer kleinen Ausbreitung direkt an die Wand eines Blutgefäßes sich an- heften. Betreffs der Nervenfaserfortsätze dieser Zellen muss ich vor Allem die Aufmerksamkeit auf einen Umstand lenken, den Gorsı mit Recht betont, und zwar auf den, dass im ganzen Nervensysteme vielleicht keine andere Region besser zum Studium der Art und Weise sich eignet, in welcher die Verbindung zwischen Zellen und Nervenfasern zu Stande Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 35 kommt, als die Faseia dentata des großen Seepferdefußes. Trotz der gegentheiligen Behauptungen der Autoren muss ich sagen, dass wir gerade in dieser Region Alles zu beobachten im Stande sind, was uns die kostbare Methode der schwarzen Färbung bezüglich der Verhal- tungsweise der Nervenfaserfortsätze und betreffs des centralen Ur- sprungs der Nerven, an Feinem, Zartem, und zu gleicher Zeit von Exaktem zu bieten vermag. In den Fällen, in welchen die Reaktion gut gelingt, vermögen wir die funktionellen Fortsätze dieser Zellen mit allen ihren Verzweigungen auf große Strecken hin zu verfolgen und ihre Übergänge in Faserbündel nachzuweisen. Wenn wir andererseits einer beliebigen Faser des Nervenbündels nachgehen, können wir ’sie bis zu dem Punkte verfolgen, in welchem sie sich mit einer der Zellen der Faseia dentata in Verbindung setzt, und uns eine genaue Vor- stellung machen von der Art und Weise, wie diese Verbindung zu Stande kommt. Der Nervenfaserfortsatz, welcher , wie ich eben sagte, seinen Ur- sprung von dem einen Pole der Zelle nimmt, begiebt sich direkt mit einem mehr oder weniger wellenförmigen Verlaufe in den von der Krüm- mung der Fascia dentata umschriebenen Raum, und beginnt in der Entfernung von 25—30 u seitliche feine Ramifikationen zu entsenden, welche sich ihrerseits wieder theilen und, indem sie sich mit den Fort- sätzen der benachbarten Zellen verknüpfen, ein sehr feines und ver- wickeltes Netzwerk bilden, welches eine ziemlich gut begrenzte Zone einnimmt, die sich in der ganzen Länge der Fascia dentata ausbreitet und koncentrisch mit derselben verläuft, indem sie genau deren Krüm- mung foigt. Der Dickendurchmesser dieser Zone ist im Mittel 50—60 u (beim Kaninchen), gegen das Ende der Faseia dentata zu zeigt sie sich jedoch ein wenig dünner. Wenn wir die Nervenfaserfortsätze dieser Zellen so weit als mög- lich bis in das Netz hinein verfolgen, sehen wir, dass einige von ihnen, wenn gleich sie bei der Durchkreuzung des Netzwerkes zahlreiche, se- kundäre Verzv’eigungen aussenden, welche zur Bildung desselben mit- helfen, trotzdem ihre Individualität nicht verlieren sondern sich durch das ganze Netz hindurch verfolgen lassen, aus welchem sie schließlich austreten, um in eine Nervenfaser sich fortzusetzen. Andere hingegen lösen sich, kaum in das Netzwerk eingetreten, in äußerst feine Fila- mente auf, und nehmen in Gesammtheit an der Bildung des Netzes Theil. Augenscheinlich verhalten sich die ersteren wie zu den Zellen des ersten Typus gehörige Fortsätze, die letzteren wie Fortsätze von Zellen des zweiten Typus. In Taf. V sind die Figuren 9 und 10 ein treues Bild zweier Zellen der Fascia dentata, welche sich durch das 3* 36 Luigi Sala, Verhalten ihres funktionellen Fortsatzes unzweifelhaft als solche des ersten Typus oder als motorische manifestiren, und Fig. 14 stellt eine Zelle derselben Region dar, deren Nervenfaserfortsatz uns sagt, dass sie dem zweiten Typus angehöre. Zu denselben Ergebnissen gelangen wir, wenn wir den Nerven- fasern folgen, welche in dieses Netzwerk eintreten. Dann finden wir, dass ein Theil derselben das Netz einfach durchkreuzt, indem sie spär- liche sekundäre Ramifikationen ausschicken, und sich dann direkt in den funktionellen Fortsatz einer kugelförmigen Zelle fortsetzen; andere hin- gegen lösen sich, kaum in das Netz eingetreten, in eine so große An- zahl Verzweigungen auf, dass sie in Kürze dem Auge des Beobachters vollständig entschw iurlen. Wir sehen also, dass entsprechend der see Verhaltungs- weise des funktionellen Fortsatzes, dem fraglichen Netzwerke Nerven- fasern des ersten und des zweiten Typus entspringen. Thatsächlich be- merkt man, wenn man die vom Netzwerk eingenommene Zone in ihrem ganzen Verlaufe verfolgt, leicht, dass von demselben zahlreiche Fi- brillen sich loslösen, welche sich sowohl gegen den von der Krümmung der Fascia dentata umfassten Raum als gegen die Fascia dentata selbst, in die von den kleinen kugeligen Zellen eingenommene Zone sich be- geben. Die ersteren gehen in jenen Raum, in welchem die graue Win- dungsschicht endigt; der größte Theil von ihnen wird von dem Haupi- stamme des Nervenfaserfortsatzes vieler kugeligen Zellen gebildet, ' welcher, nachdem er beim Durchkreuzen der vom Netze eingenommenen . Zone zahlreiche Verzweigungen abgegeben, dasselbe verlässt und zur Bildung einer Nervenfaser schreitet; nur einige sieht man, wenn man sie bis in das Netzwerk hinein verfolgt, sich theilen und wieder theilen, so dass sie sich in demselben vollkommen auflösen. Diese Fasern ver- laufen alle außerhalb des Netzes eine gewisse Strecke lang für sich und konvergiren sämmtlich gegen das äußere Ende der Fascia dentata, wo sie sich in ein einziges Btüindel zusammenlegen, welches sich nach vorn und innen begiebt, die graue Windungsschicht durchkreuzt und an der Bildung des Alveus und der Fimbria Theil nimmt, indem es gleichzeitig spärliche Fasern zur Lamina nuclearis und zum oberflächlichen weißen Bündel der Fascia dentata entsendet. Es muss bemerkt werden, dass die fraglichen Fasern auf ihrem ganzen Verlaufe vom Netze bis zum. Bündel und auch im Inneren desselben, so lange sie nicht mit einer Myelinscheide versehen sind, ab und zu kleine Anschwellungen oder Knötchen von dreieckiger oder ovaler Form darbieten, welche sich mit Silbernitrat gleichfalls intensiv schwarz färben. Im Inneren des Netz- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes, 37 werkes sind dieselben spärlich und werden erst außerhalb desselben etwas reichlicher. Fig. 9 stellt eine kugelige Zelle dar, deren Nerven- - faserfortsatz auf der ganzen Strecke, welche das Netz durchkreuzt, keinerlei Knötchen zeigt, wohl aber feine Verzweigungen abgiebt; aber kaum aus der Netzzone herausgetreten, bevor er noch das Nervenfaser- bündel erreicht, zeigt er sich mit Anschwellungen ausgestattet. Je mehr die Nervenfasern von ihrem Ursprunge sich entfernen, um so mehr verschwinden die Knötchen und umhüllen sich die Fasern mit Myelin. Aber auch von dem peripherischen Theile des Netzwerkes zweigen sich, wie ich sagte, Fibrillen ab, und diese wenden sich gegen die Fascia dentata und bilden den Ursprung des oberflächlichen weißen Bündels. Dieselben sind ein wenig feiner als die oben beschriebenen, welche sich von dem tiefen Theile des Netzes loslösen, lassen sich auch in der von den Protoplasmafortsätzen der kugeligen Zellen eingenommenen Zone sehr deutlich unterscheiden, und bis gegen die Oberfläche der - Faseia hin verfolgen, wo uns die Weıcerr'sche Reaktion die Gegenwart des oberflächlichen weißen Bündels nachgewiesen hat. Dieses Bündel entspringt somit von den Verzweigungen der Nervenfaserfortsätze der Zellen der Fascia dentata und dem von denselben gebildeten Netze; und thatsächlich sehen wir, dass auf der Strecke, wo die Fascia unbe- deckt bleibt, d. h. an ihrem Beginne, das oberflächliche weiße Bündel nur von wenigen Fasern dargestellt wird, welche allmählich an Zahl zunehmen, je mehr dasselbe auf seinem Verlaufe an der Oberfläche der - Fascia fortschreitet, und neue Fibrillen erhält, welche sich vom Netze los- lösen. Wenn wir einer dieser oberflächlichen Fibrillen folgen, um zu untersuchen, in welcher Weise sie entspringt, so finden wir, dass dies sehr schwierig ist, weil die Fibrillen, kaum ins Netz eingetreten, oft ge- nug, noch bevor sie dasselbe erreicht haben, sich in eine große Anzahl äußerst feiner Filamente auflösen, welche nur zu bald dem Auge des Beobachters entschwinden. Augenscheinlich haben wir es hier mit Nervenfasern zu thun, welche sich in der von Goısı bei den Fasern des II. Typus beschriebenen Weise verhalten, d.h. sie verlieren, indem sie sich wiederholt theilen, ihre Individualität und nehmen insgesammt an der Bildung des oben erwähnten ausgebreiteten Netzes Theil. Auf Grund der von uns beim Cornu ammonis mit Gorer's Methode erhaltenen Resultate können wir also sagen, dass an der Bildung des fraglichen Netzwerkes Theil nehmen: | : 1) die Verzweigungen der Nervenfaserfortsätze jener Zellen der Faseia dentata, welche sich gleich Zellen des I. Typus verhalten; 2) der ganze Nervenfaserfortsatz jener Zellen der Fascia dentata, welche sich wie Zellen des II. Typus verhalten; 38 Luigi Sala, 3) die sekundären Verzweigungen der Achsencylinder der Nerven- fasern, welche das Bündel bilden, das von der Fascia dentata zur Fim- bria geht; 4) die Gesammtheit der Achseneylinder jener wenigen Zellen des- selben Bündels, welche sich wie Zellen des Il. Typus verhalten und ferner gleichfalls die Gesammtheit der Achsencylinder der Fasern, welche das oberflächliche weiße Bündel bilden. Die Nervenfasern, die von Zellen des I. Typus entspringen, scheinen vorwiegend gegen das Gentrum des Ammonshornes sich zu begeben. Ich sage absichtlich vorwiegend, da, wenn gleich es mir nicht ge- lungen ist, unter den zum oberflächlichen weißen Bündel laufenden Nervenfasern, solche des ersten Typus zu entdecken, ich nichtsdesto- weniger, wie bereits bemerkt, nicht selten Beispielen von Fasern des I. Typus unter denen begegnet bin, die sich zum Alveus und zur Fim- hria begeben. Viele Fasern, die dem oben erwähnten Netze entspringen, umgeben sich mit einer Myelinscheide, so lange sie noch im Netze selbst sind, welches sie bereits markhaltig verlassen. Diese Thatsache wird uns durch die Weigerr’sche Färbung offenbar, welche uns fast in derselben Zone, in der uns die Methode von Gorsı den Zusammenhang des ner- vösen Netzes mit den kugeligen Zellen nachgewiesen hat, auch ein feines Geflecht von sehr dünnen und zarten markhaltigen Fasern sehen lässt, welches auf seinem Verlaufe der Krümmung der Fascia dentata folgt und im Mittel einen Diekendurchmesser von 30—40 u zeigt, der in ge- wissen Punkten aber (hauptsächlich in der Nähe des vorderen Endes der Fascia dentata) auch 45—50 u erreichen kann. Aus diesem Flecht- werk sieht man zahlreiche markhaltige Fasern abgehen, welche sich so- wohl gegen den tiefen Theil des Bündels, das zum Alveus und zur Fimbria geht, als gegen den peripherischen Theil des oberflächlichen weißen Bündels begeben. In Betreff dieser letzteren ist die Thatsache bemerkenswerth, dass dieselben sofort nach Durchkreuzung der von den Körpern der kleinen Zellen eingenommenen Zone, ein zweites Netzwerk bilden, welches sich in dem tiefsten Theile der Strecke be- findet, in der die Protoplasmafortsätze verlaufen und aus welchem Netz- werk äußerst zahlreiche markhaltige Fasern ausgehen, die zur Bildung des oberflächlichen Bündels schreiten. Ein sehr klares Bild über die Art der Bildung dieses zweiten Netzes und des oberflächlichen weißen Bündels gewinnt man aus Fig. 3. Schließlich bemerke ich noch, dass man inmitten des von den funktionellen Fortsätzen der kugeligen Zellen gebildeten Netzwerkes außer einer großen Anzahl von Neurogliazellen nicht selten auch iso- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 39 lirten Nervenzellen begegnet, welche uns durch ihre ausgeprägte Spindelform an die großen Nervenzellen derselben Form erinnern, welche Gowcı (22) in der Körnerschicht (II. Schicht) der Kleingehirn- windungen des Menschen beschrieb. Dieselben (Fig. II bei « a a) be- finden sich vorzugsweise in der äußersten peripherischen Portion des Netzes, d. h. nahe an den Körpern der kleinen Zellen und, wie es scheint, nur in jenem Theile des Netzes, welcher den längeren Schenkel der Fascia dentata (in Bezug auf die Medianlinie des Gehirns den äuße- ren Schenkel) begleitet. Sie sind verschieden groß; man kann sagen, dass ihr Breitendurchmesser zwischen 15 und 30 u. wechselt; ihre Länge ist unbestimmt, da der Zellkörper stufenweise in die Protoplasma- fortsätze der beiden Pole übergeht, welche im Allgemeinen kräftig, sehr lang und nicht sehr verzweigt sind. Der funktionelle Fortsatz geht in der Regel von einer Seite des Zellkörpers ab, doch kann man denselben wegen des dichten Netzes, welches von allen Seiten die Zelle umgiebt, nur mit großer Schwierigkeit verfolgen. In den meisten Fällen schien es mir, als löse er sich vollständig in feine Fäserchen auf und nehme an der Bildung des um ihn befindlichen Netzes Theil (Fig. 8). Aller Wahrscheinlichkeit nach gehören diese Zellen zur Endportion der grauen Windungsschicht, ‚wo die dieser Schicht eigenen Elemente nicht in einer regelmäßigen und deutlich begrenzten Zone angeordnet stehen. Scehlussfolgerungen. — Von den Schlussfolgerungen, welche ich aus diesen meinen Untersuchungen ableiten zu können glaube, be- treffen einige in besonderer Weise die feine Anatomie des großen See- pferdefußes, andere die Histologie des Nervengewebes im Allgemeinen. Was die Anatomie des großen Seepferdefußes betrifft, so geht aus dem bisher Dargelegten hervor: 4) dass sich an der Bildung dieser Region zwei deutlich von ein- ander geschiedene intraflektirte Gehirnwindungen betheiligen, welche von der grauen Windungsschicht und der Fascia dentata dargestellt werden. Dass man diese beiden Schichten wirklich den Gehirnwin- _ dungen zuschreiben muss, beweist uns die Thatsache, dass man in ihnen die gleiche Anordnung der Theile antrifft, welcher man in allen Windungen begegnet, d.h. eine Neurogliaschicht außen, hierauf eine Schicht Nervenfasern und schließlich die Zellschicht; der 'einzige Un- terschied zwischen diesen und den anderen Windungen besteht in der - Disposition der Nervenzellen, welche bei ersteren in einer scharf be- grenzten Zone stehen, während sie bei letzteren ohne Regel in der ganzen Schicht vertheilt sind. Dass es sich endlich thatsächlich um zwei 40 Luigi Sala, Windungen, und nicht einfach um zwei Schichten einer und derselben Windung handelt, ergiebt sich a. aus dem ganz entgegengesetzten Verlaufe der grauen Windungs- schicht und der Fascia dentata; in der That bilden dieselben auf ihrem Verlaufe zwei sehr deutliche U-förmige Krümmungen, welche sich mit ihrer Konkavität gegenüberstehen und sich in der Weise ver- einigen, dass der eine Schenkel der einen von der Konkavität der an- deren umschlossen wird; b. aus der Thatsache, dass die Nervenzellen, welche die beiden Schichten bilden, ihre funktionellen Fortsätze in diametral entgegenge- setzten Richtungen aussenden. 2) dass zwischen der Fascia dentata und der grauen Windungs- schicht wohl ein Suleus besteht, in welchem sich zahlreiche Blutgefäße treffen, nichtsdestoweniger findet sich zwischen der einen und anderen Windung nicht jene reine Abgrenzung, welche Duyar annimmt, denn ohne Zweifel besteht ein Übergang von Nervenfasern aus einer in die andere Schicht. 3) dass die graue Windungsschicht aus Riesenpyramiden- oder spindelförmigen Zellen gebildet wird, deren funktioneller Fortsatz sich vorzugsweise gegen den Alveus richtet. Aus diesen Zellen nehmen srößtentheils die Fasern des Alveus und fast alle der Lamina nuclearis ihren Ursprung; die ersteren treten direkt in Verbindung mit den Zellen (Zellen und Fasern des I. Typus); die letzteren hingegen ent- springen aus dem im ganzen Durchmesser der Schicht ausgebreiteten und von den Verzweigungen der Nervenfaserfortsätze der Zellen ge- bildeten Nervennetze (Fasern des II. Typus). Hierbei muss bemerkt werden, dass unter den ersteren auch Fasern des II. Typus spärlich und unter den letzteren Fasern des I. Typus sehr selten vorkommen. 4) dass die Fascia dentata aus kleinen kugeligen Zellen besteht, deren Protoplasmafortsätze sich bis zur Peripherie der Fascia begeben, wo sie endigen, indem sie mit den zahlreichen Neurogliazellen, welche daselbst, wie in allen Windungen eine Schicht bilden, in Verbindung treten und deren isolirter funktioneller Fortsatz sich gegen den tief- liegenden Theil hin begiebt, wo er ein sehr feines und zartes Netz bil- det, das eine deutlich begrenzte Zone einnimmt. Aus diesem Netz ent- springt der größte Theil der Fasern eines Btindels, das von der Faseia dentata zum Alveus und zur Fimbria geht, und fast alle Fasern des Bündels, welches in der Peripherie dieser Region verläuft und das ich oberflächliches weißes Bündel der Fascia dentata genannt habe. Die Fasern des ersteren Btindels sind vorwiegend Fasern des ersten Typus, jene des letzteren hingegen sind vorwiegend Fasern des II. Typus. r een Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 41 5) dass an der Bildung des Alveus und der Fimbria außer den Fasern, welche direkt den Riesenpyramidenzellen entspringen, und außer dem der Fascia dentata entstammenden Bündel auch andere Fasern sich betheiligen, welche zur Lamina nuclearis und zur ober- flächlichen weißen Schicht gehören. 6) dass an der Bildung der Lamina nuclearis außer den dem aus- gebreiteten Nervennetze der grauen Windungsschicht entstammenden Fasern auch andere der oberflächlichen weißen Schicht und jenem Bündel angehörige Fasern sich betheiligen, welche sich aus der Faseia dentata zum Alveus und zur Fimbria begeben. 7) dass der größte Theil der die oberflächliche weiße Schicht bil- denden Fasern aus dem den kugeligen Zellen entstammenden Nerven- netze seinen Ursprung nimmt; zu diesen Fasern treten noch andere, welche der Lamina nuclearis und jenem Bündel angehören, das sich aus der Fascia dentata zum Alveus und zur Fimbria begiebt. 8) dass dieses Bündel fast ausschließlich den Zellen der Fascia dentata entstammt; an dasselbe schließen sich einige wenige dem ober- flächlichen weißen Bündel und der Lamina nuclearis angehörige Fa- sern an. 9) dass unter den Fasern des oberflächlichen weißen Bündels außer den Neurogliazellen auch spärliche Nervenzellen existiren, deren funktioneller Fortsatz mit den Fasern des Bündels selbst in Verbin- dung steht. 10) dass in dem von den Verzweigungen der funktionellen Fort- sätze der kleinen Zellen gebildeten Netze isolirte zumeist spindelförmige Nervenzellenelemente bestehen, deren Nervenfaserfortsatz zur Bildung des Netzes selbst beiträgt. Die Schlussfolgerungen bezüglich der Histologie des Nerven- systems im Allgemeinen, welche ich aus diesen meinen Unter- suchungen ziehe, sind wesentlich dieselben, welche Gousı bereits so ausführlich in seinen verschiedenen Publikationen niedergelegt hat und welche zu ‚wiederholen ein müßiger Vorgang wäre; ich werde mich somit darauf beschränken, die Aufmerksamkeit auf einige der Resultate dieses Autors zu lenken, welche am stärksten bekämpft wurden, oder welche auch noch heute nicht von Allen vollkommen an- erkannt sind, und die man gleichzeitig in der von mir studirten Region mit aller Leichtigkeit nachweisen kann. Dieselben sind die folgenden: 1) Die Protoplasmafortsätze der Nervenzellen treten mit den Ner- venfasern in absolut keine Verbindung; dieselben heften sich mittels ihrer letzten Verzweigungen, welche besondere Endausbreitungen dar- bieten, an die Fortsätze der Neurogliazellen und an die Wände der 42 Luigi Sala, Blutgefäße an. Durch diese Verbindungen, welche sich namentlich im Hippocampus mit aller Leichtigkeit feststellen lassen, ist es klar, dass die Protoplasmafortsätze als die Wege betrachtet werden müssen, auf welchen die Diffusion des Nährplasmas aus den Blutgefäßen und den Neurogliazellen in die eigentlichen Nervenelemente erfolgt. 2) Es bestätigt sich ferner die von Goıscı beobachtete Thatsache, dass die Protoplasmafortsätze mit ihren Verzweigungen die Neigung haben, sich vorzugsweise in Gegenden zu begeben, wo die Nerven- fasern fehlen; auch in der Faseia dentata, wo man gesucht hat, diese Thatsache zu negiren, haben wir gesehen, dass die Protoplasmafort- sätze der kleinen kugeligen Zellen (hauptsächlich in der unbedeckt bleibenden Portion der Fascia) sich zur Peripherie derselben begeben, wo eine ausschließlich von Neurogliazellen gebildete, von Nervenfasern vollkommen freie Schicht sich befindet. 3) Die den Bündeln der Nervenfasern zugehörigen Zonen sind in den Gentren nicht so deutlich begrenzt, wie man es im Allgemeinen annimmt. In der Regel nehmen an der Bildung eines bestimmten Bün- dels Fasern Theil, welche von deutlich geschiedenen Hirnregionen ab- stammen; so haben wir gesehen, dass an der Bildung des Alveus, der Lamina nuclearis und des oberflächlichen weißen Bündels Nervenfasern Theil nehmen, welche sowohl den Zellen der grauen Windungsschicht als denen der Fascia dentata entstammen, die zweien von einander deutlich geschiedenen Windungen angehören. 4) Die Nervenzellen, welche eine bestimmte Hitnregion bilden, verhalten sich nicht in der gleichen Weise bezüglich ihres Nervenfaser- fortsatzes, d. h. man trifft in den Nervencentren keine Region, welche ausschließlich von Zellen des I., oder ausschließlich von Zellen des II. Typus gebildet wird, sondern nur Regionen, deren Zellen vor- wiegend der einen oder der anderen Kategorie angehören. Die Un- tersuchungen von Goısı haben uns nachgewiesen, dass die Zellen des I. Typus motorischer oder psychomotorischer Natur, und jene des II. Ty- pus sensorischer oder psychosensorischer Natur sind, und sind wir da- her zu dem Schlusse berechtigt, dass man in den Nervencentren keine ausschließlich motorischen oder sensitiven Gegenden, sondern nur vor- wiegend motorische oder vorwiegend sensitive antriflt. 5) Ferner finden sich in den Nervencentren keine ausschließlich aus Fasern des I., oder aus solchen des II. Typus gebildeten Bündel, sondern es konkurriren bei der Bildung derselben stets in verschie- denem Verhältnisse Nervenfasern der einen und der anderen Kategorie. Da nun Goıcı auch bezüglich der Fasern nachgewiesen hat, dass jene des I. Typus der motorischen Sphäre und jene des II. Typus der Em- Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes, 43 pfindungssphäre angehören, so müssen wir schließen, dass in den Ner- vencentren auch keine ausschließlich motorische oder ausschließlich Sensitive, sondern nur vorwiegend motorische und vorwiegend sensi- tive Faserbtindel vorkommen. Pavia, im November 1890. Litteratur. 1. G. Gorsı, Sulla fina Anatomia degli Organi Centrali del Sistema nervoso. Milano 1886. 2. C. ToLpr, Lehrbuch der Gewebelehre. III. Aufl. mit einer topographischen Darstellung des Faserverlaufes im Centralnervensystem von Professor O0. KAHLER in Prag. Stuttgart, Enke 1888. 3. Ramön y CAsar, Monatsschr. f. Anat. u. Phys. Bd. VI; Gaz. medica Catalana 1889; Rivista trimest. de Hist. 1889. No. 3 u. 4; Gazeta sanitaria 1890; Anat. Anz. 4890. Nr. 3 u. 4, Trabajos del hab. anat. 1890, 4, Forer, Einige hirnanatomische Betrachtungen u. Ergebnisse. Arch. f. Psychia- trie u. Nervenkrankheiten. Bd. XVII. 3. Heft. 1887. p. 162. 5. Kress, Die krankhaften Störungen des Baues und der Zusammensetzung des menschl. Körpers. Jena 4889. ‚6. Frecasıg, Über eine neue Färbungsmethode des centralen Nervensystems in Ber. d.sächs. Akad. 1889 ; Arch.f. Anat. u. Phys., Phys. Abth, 1889. Hft.5 u. 6. 7. KÖLLIKER, Über Gorgr's Untersuchungen, den feineren Bau des centralen Nerven- systems betreffend. in: Sitzungsb. der Würzb. physik.-med. Gesellsch. X. Sitzung vom 2. Mai 1887. —— Die Untersuchungen von Gousı über den feineren Bau des centralen Ner- vensystems. Anat. Anz. II. Jahrg. 1887. Nr. 45. p. 480. 8. Marrınortı, Contributo allo studio della corteccia cerebrale ed all’ origine dei nervi. Annali di freniatria e scienze affini del R. Manicomio di Torino 1889. Vgl. dieselbe Arbeit in: Internationale Monatsschrift für Anat. und Physiol. Tom VII. fasc. 2°. p. 69. 9. Kupprer, De cornu ammonis textura. 4859. 40. MEYNERT, in: STRICKER’S Lehre von den Geweben des Menschen und der Thiere. 41870; Psychiatrie. Wien 1884. 44. Husvenın, Anatomie des Centres nerveux. Trad. p. Tu. Keızer. Paris 1879. p. 72—133. 42. Krause, Handbuch der menschl. Anatomie. Bd. I. Hannover 4876. p. 444. 43. Duvar, La Corne d’Ammon. Archives de Neurologie. Tome II. 4881. p. 164 —173 e Tome III. 4882. p. 1—54. 44. Gıacconisı, Fascia dentata del Grande Hippocampo nel Cervello Umano. Gior- nale della R. Accad. di Med. di Torino. Fasc. 414 e 42. 4883. 45. Par, Wiener med. Jahrbuch. Neue Folge. 1886—1887. 46. GrEPPIN, Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Gotsr'schen Untersuchungsmetho- den des centralen Nervensystems. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1889, 44 Luigi Sala, 17. Monpiıxo, Sull’ uso del bicloruro di mercurio nello studio degli organi centrali del sistema nervoso. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie. Bd. U. 1885. p. 157. 18. SEHRWALD, Zur Technik der Gorer'schen Färbung. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk., Bd. VI. Heft 4. p. 443, 19. SamAssA, Zur Technik der Gorsr'schen Färbung. Zeitschr, f. wiss. Mikrosk. Bd. VI. Heft 4. p. 26. 20. Marcaı, Sulla fina struttura dei corpi striati e dei talami ottici. Rivista sperim. di freniatria o di med. Legale. Vol. XII. fasc. 4. 1886. 21. Macını, Ricerche istologiche sui prolungamenti delle cellule epiteliali dell’ ependima. Bollett. della R. Accad. Medica di Roma. Anno XV. fasc, IV e V, Seduta del 24 Febbraio 4889. Erklärung der Abbildungen. Fig. 4. Querschnitt des großen Seepferdefußes des Kaninchens. Färbung mit Hämatoxylin nach der Methode von WEIGERT. Geringe Vergrößerung. a, Alveus; b, Stratum griseum circumvolutum oder Schicht der großen Ganglien- zellen; c, Lamina medullaris circumvoluta oder Lamina nuclearis; d, oberflächliches weißes Bündel der Fascia dentata. Dort, wo die Fascia dentata der Lamina nuclearis begegnet, welche den Punkt bedeckt, wo das Subiculum cornu ammonis in die graue Windungsschicht übergeht, verliert sie sich in die Lamina nuclearis selbst, und die beiden Bün- del verlaufen nun hart an einander: das oberflächliche weiße Bündel innen, die Lamina nuclearis außen; nur vorn, gegen das Ende der Fascia dentata zu, entfernen sich die beiden Bündel neuerdings von einander und verlaufen getrennt; e, Fascia dentata oder Schicht der kleinen Ganglienzellen; f, Fimbria; 9, Subiculum Cornu Ammonis. Fig. 2. Fascia dentata eines Kaninchens im Querschnitte. Schwarze Färbung mittels Silbernitrats nach der Methode von Gorcı. Stärkere Vergrößerung. Die kleinen kugeligen Zellen der Fascia dentata bilden mit ihren Nervenfaser- fortsätzen ein sehr feines Netzwerk (a), welches eine deutlich begrenzte Zone in der Höhlung der Fascia selbst einnimmt, und aus welchem ein Bündel zarter Ner- venfasern (b) entspringt, das sich zur Fimbria und zum Alveus begiebt. Fig. 3. Kleiner Theil der Fascia dentata eines Kaninchens unter starker Ver- größerung. Schwarze Färbung mit Silbernitrat nach der Methode von Gorcı. Verhaltungsweise der Nervenfaserfortsätze dieser Zellen: Einige bewahren, trotzdem dass sie seitliche Zweige abgeben, ihre Individualität und lassen sich durch das ganze von diesen Nervenfaserfortsätzen gebildete Netzwerk hindurch verfolgen (Zellen des ersten Typus, a—b) ; andere hingegen nehmen, indem sie sich wiederholt bis ins Unendliche theilen, in Gesammtheit Theil an der Bildung des Netzwerkes (Zellen deszweiten Typus, c, d). Von diesem Netzwerk gehen Filamente Zur feineren Anatomie des großen Seepferdefußes. 45 ab, die sich nach außen, gegen die von den kugeligen Zellen und deren Proto- plasmafortsätzen eingenommene Zone hin begeben, diese Zone durchlaufen, indem sie sich verzweigen, und schließlich zur Bildung der oberflächlichen weißen Schicht schreiten, welche an der Außenfläche der Fascia dentata verläuft. Verschiedene Zelltypen, welchen man im Ammonshorn begegnet. Fig. 4 u.5. Ganglienzellen, welchen man zwischen den Fasern des Alveus be- gegnet. Fig. 6. Nervenzelle des Alveus, welche einen Protoplasmafortsatz besitzt, der nach einem verhältnismäßig langen Verlaufe seinen Endigungstheil flaschenartig auftreibt und sich mittels dieser Ausbreitung an die Wand eines Gefäßes inserirt. Fig. 7. Kleine spindelförmige Zelle der oberflächlichen weißen Schicht. Fig, 8. Spindelförmige Zelle, welche sich in dem von den Nervenfaserfortsätzen der Zellen der Fascia dentata gebildeten Netzwerke befindet. Fig. 9 u. 10. Dem ersten Typus angehörige Zellen der Fascia dentata. Fig. 14. Dem zweiten Typus angehörige Zelle der Fascia dentata. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica von der Winterruhe bis zum Eintritt der Brunft. Von Franz Etzold aus Neustadt bei Stolpen. Mit Tafel VI. In Bezug auf den Geschlechtsapparat der Thiere lassen sich nach Zeit und Art seines Funktionirens folgende zwei Gesetze aufstellen: Erstens schließt die Entwicklung dieses Apparates diejenige des ganzen Thieres ab, und zweitens funktionirt derselbe nicht gleichmäßig, son- dern zeigt Maxima und Minima, abwechselnde Funktionsfähigkeit und Stillstand, bez. Rückbildung. Das erste Gesetz ist selbstverständlich, bringt doch das Geschlechtsleben Ausgaben mit sich, die nur bestritten werden können, wenn durch die fertige Ausbildung der ernährenden Organe mit allen ihren Hilfs- und Nebenapparaten die Möglichkeit ‚gegeben ist, derartige Verluste zu ersetzen; setzt doch das Wachsthum über das Individuum hinaus nothwendig voraus, dass vor Allem letz- teres selbst existenzfähig ist. Was das zweite der allgemeinen Gesetze anlangt, so fallen darunter die als »Brunft« allgemein bezeichneten Erscheinungen. Wenden wir uns speciell den höheren Thieren zu, so finden wir, dass weitaus in den meisten Fällen nur zu gewissen Zeiten des Jahres der Geschlechtstrieb erwacht. Mit allen Kräften und Mitteln, durch rohe Gewalt, durch äußere Schönheit, durch Anlegung von Schmuck, durch musikalische Leistungen der verschiedensten Art sucht in diesen Perioden das Männchen sich das Weibchen geneigt zu machen, und letzteres duldet gern die geschlechtliche Vereinigung, gegen die es Sich sonst energisch sträubt. Groß sind die Verschiedenheiten in Bezug auf die Dauer der Brunft. Im extremsten Falle nach der einen Seite genügt ein ge- schlechtlicher Akt zur Befriedigung der Brunftgefühle, hier und da sehen wir auch ein intensives Geschlechtsleben kurze Zeit, vielleicht Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 47 wenige Tage auftreten. Weiter hält sich bei manchen Thieren die Brunft auf ziemlich gleicher Höhe während eines guten Theiles des Jahres, um endlich auch zu Fällen zu führen, in denen das Männchen während der ganzen Zeit seiner vollen Entwicklung zeugungsfähig ist. Diese Unterschiede in der Brunftdauer sind namentlich augenfällig in der Klasse der Vögel. Im Allgemeinen lassen sich bekanntlich die Vögel in monogamisch und polygamisch lebende eintheilen, und daraus lässt sich schon schließen, dass die Brunftdauer verschieden sein muss. Die Polygamie hat zur nothwendigen Voraussetzung eine längere Funk- tionsfähigkeit, während die Monogamie, in der das Männchen meist auch weitere Pflichten, wie die der Brutpflege etc. hat, auf eine kurze Brunftperiode hindeutet. In strengster Monogamie leben die meisten Fringilliden, und bei diesen sehen wir auch das Geschlechtsleben sich in den auffälligsten Extremen bewegen: erst vollständige Gleichgültig- keit gegenüber dem anderen Geschlecht, dann paarweises Zusammen- thun, Bau des Nestes, und auf einmal ein Geschlechtsleben von einer Intensität, die geradezu sprichwörtlich geworden ist, dann gemeinsame Brutpflege und gegen den Herbst hin wieder absolute Indifferenz. Herr Geheimrath Professor Dr. Lruckarr wies mich auf diese eigenthümlichen Erscheinungen hin und forderte mich auf, die histo- logischen Verhältnisse des Hodens dieser Vögel zu untersuchen, in denen der morphologische Grund jener Lebenserscheinungen zum Aus- druck kommen müsse. Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem ver- ehrten Lehrer auch an dieser Stelle meinen lebhaften Dank auszu- sprechen für die vielseitige Anregung und Unterstützung, welche er mir jeder Zeit zu Theil werden ließ. Untersuchungsobjekte und -methoden. Als Untersuchungsobjekte dienten mir fast ausschließlich Hoden von Fringilla domestica, weil diese am leichtesten zu haben sind, dann auch, weil sich der Thierfreund nur schwer entschließen wird, andere Singvögel in größerer Zahl zu tödten und es bei meinen Studien gerade darauf ankam, eine fortlaufende Suite von Hoden aus der Winterzeit bis in den Sommer hinein zu erlangen. Ich tödtete also jede Woche vom December bis in den Mai ein bis zwei Sperlingmännchen und unterwarf ihre Hoden nach der verschiedensten Richtung hin einer ge- nauen Untersuchung; theils wurden die äußeren Verhältnisse festge- stellt, Wägungen, Volumenbestimmungen etc. gemacht, theils auch wurden sie für die mikroskopische Untersuchung präparirt. In letzterer Beziehung habe ich mit allen möglichen Reagentien gearbeitet, habe Sublimat, Pikrin-Schwefelsäure, Fremnming’sche Lösung, Alkohol zum 48 Franz Etzold, Fixiren verwendet und dann mit allen modernen und älteren Färbe- mitteln tingirt. Wenn ich später hauptsächlich Sublimat zum Fixiren und Hämatoxylin nach Bönmer zum Färben benutzte, so geschah es, weil ich mit diesen beiden Mitteln vollständig befriedigende Resultate erhielt. Der einzige Nachtheil, den mir das Sublimat zu haben schien, war der, dass das Protoplasma etwas schrumpfte, doch wird man in keinen Fehler desswegen verfallen, wenn man Präparate aus FLEMmMING- scher Lösung zum Vergleich verwendet. Das Chromosmiumessigsäure- gemisch scheint mir übrigens die Protoplasmakontouren wieder etwas zu stark zu markiren. Lange konnte ich mich nicht recht mit Isola- tionspräparaten befreunden, dieselben sind aber doch absolut noth- wendig zur Prüfung der an Schnitten gewonnenen Resultate, und wenn man frisches oder auch fixirtes und gefärbtes Material benutzt, so kommt man nach einiger Übung zu ganz verständlichen Bildern. Die hauptsächlichste Methode dürfte immer in der Anfertigung von Schnitt- serien zu finden sein, ich habe denn auch sehr viel geschnitten, meisten- theils den ganzen Hoden in 0,02—0,005 mm dicke Schnitte zerlegt und dieselben in ununterbrochener Reihenfolge zu Dauerpräparaten ver- wendet, so dass mir beispielsweise von einem reifen Hoden über 1200 Schnitte vorliegen. Litteratur. Einzelne Notizen über Lage der Vogelhoden etc. finden sich natür- lich in jedem Zoologiehandbuch, aber ausführlichere Bearbeitungen liegen fast gar nicht vor. Schon ArıstotELgs! sagt, »die Vögel haben zwar Hoden, sie haben ‘sie aber inwendig nach den Lenden hin«, und ferner, »wie bei den Fischen zur Zeit der Begattung der Same vorhanden erscheint und die Gänge sehr sichtbar sind, und wenn die Zeit vorüber ist, auch manch- mal die Gänge unsichtbar werden, so sind auch bei den Vögeln, ehe sie sich begatten, die Hoden klein oder gänzlich unsichtbar, werden aber, wann sie sich begatten, sehr groß; am deutlichsten zeigt sich dies bei den Ringeltauben und Rebhühnern, und Manche glauben desshalb, dass diese im Winter keine Hoden haben«. Im fünften Buche erwähnt ARISTOTELES noch, dass die Begattung beim Sperling sehr schnell erfolgt. Nach diesen, mehr der Kuriosität halber angeführten Notizen wurde die Kenntnis des Vogelhodens nicht erheblich gefördert; bis TAnnENBERG? eine sehr gute und sorgfältige Dissertation über den Geschlechtsapparat ! ARISTOTELES, Thiergeschichte, herausgeg. von C.N. v. OSIANDER U. G. SCHWAB. Stuttgart 1856. III. Buch. 2 TANNENBERG, Spicilegium observationum circa“ partes genitales masculas avium, Göttingen 1789, Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete. 49 der Vögel schrieb. Tanwensere untersuchte die Größenverhältnisse der Hoden in den verschiedenen Jahreszeiten und sag! darüber: tem- pore verno et omnino, quo genus propagare suum avis studet, vesi- culae seminales omnesque partes, quibus ad generationem opus, tument turgentque, autumnali vero et hiemali illae quidem ita constringuntur et-coaretantur, ut vestigia earum vix reperire possis. Ihm fiel eben so wie schon Arıstotszes auf, dass namentlich dort enorme Größenzu- nahme zu finden ist, wo der Coitus öfter vollzogen wird, wie beim Sperling, während ein nicht häufiger Coitus auf verhältnismäßig geringe Größenzunahme der Hoden hindeutet. Weiter konstatirt TANNENBERG, dass der linke Hoden an Länge und Größe stets den rechten übertrifft und findet bei einem Gallus indicus Pigment im Hoden. Was allerdings seine Bemerkung über den Bau des Hodens anlangt, so haben uns die moderne Technik und die jetzt gebräuchlichen optischen Hilfsmittel zu einer abweichenden Meinung gebracht, er sagt nämlich: Multa egregia experimenta, quae de avium testibus Monro fecit, omnem eorum struc- turam tam praeclare plenoque declarant, ut nihil eis addere possim novi. Übrigens sah er die drüsige Struktur des Hodens sehr gut, machte Quecksilberinjektionen, ließ maceriren, und untersuchte mit bewaff- netem Auge ductus flexuosos tenuissima cellula inter se conjunctos et per minutissimas testium partes dispersos. Leyvie! sagt, das Gerüst des Hodens sei wie bei den Knochen- fischen ein Fächerwerk aus Bindesubstanz, welches rundlich polygo- nale Hohlräume abschließt, in denen dann die Sekretionszellen liegen, demnach dürften keine länglichen geschlängelten Blinddärmchen vor- liegen, sondern nur blasige, zusammenmündende Räume. Er weist auf den Haushahn und Fringilla chloris hin. LEUCKART ? wog die Hoden des Sperlings und fand im Januar 0,003 und im April 0,575 g, so dass also das Gewicht auf das 192fache her- angewachsen sein würde. Was die Histologie des Hodens anlangt, so sind hin und wieder Notizen zu finden. Ecker bildet in seinen Icones physiologicae die Entwicklung der Samenfäden vom Hahn ab und bemerkt dazu, dieselbe erfolge wie beim Hund in Bläschen, also in dem Sinne Köruıker’st, der die Entwicklung der Samenkörper in Bläschen als Gesetz statuirt. ! Leypıe, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. 1883. ?2 Topp, Cyclopaedia of anatomy and physiology. Vol. IV. 4849. — LrUCKART, Zeugung. Wasner’s Handbuch der Physiologie. Bd. VI. 4853. 3 ECKER, Icones physiologicae. Leipzig 1854—1859 bei Voss. | * Denkschriften der allgemeinen Schweizer Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. VIII. Neuenburg 1847. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. JA 50 | Franz Etzold, DE Li VALETTE ST. GEORGE! dehnte seine Ansicht von der Sper- matozoenentwicklung in Spermatogemmen und von dem Vorkommen von »Follikelzellen« im Hoden auch auf die Vögel aus. SCHWEIGGER-SEIDEL ? bildet die Singvogelspermatozoen ab, eben so Hermann® mit korkzieherartig 2'/;mal gewundenen Köpfen und 0,084—0,085 mm langen Schwänzen. A. v. Brunn? konstatirt bei den Vögeln den Übergang der runden Hodenzellen in Spermatozoen, er sieht die frühen Stadien der Samen- fäden frei liegen, während die späteren zu Bündeln vereinigt sind, »ein Vorkommen, welches entschieden für die Merker’sche Stützzellentheorie spricht und welches ich mir auch nicht anders wie durch Annahme der- selben erklären kannc«. v. WıepersgerG bildet Kerntheilungen aus dem Hoden des Auer- hahns ab. Benpa ® sagt, dass sich bei Vögeln eben so wie bei den Säugethieren die »Samenbildner« (Spermatiden) mit den »Fußzellen« (Stützzellen oder SerroLi’schen Zellen) kopuliren und dass dann erst ihre Weiterent- wicklung erfolgt. Ein ausführlicher Nachweis für die Klasse der Vögel von ihm steht meines Wissens noch aus. Aus den angeführten Notizen ist ersichtlich, dass meist zwei Arten von Zellen im Hoden der Vögel jetzt angenommen werden. Weitere vergleichende Hinweise auf die Litteratur werde ich bei der Besprechung des funktionirenden Kanälchens geben. Eigene Untersuchungen. Meine Aufgabe zerfällt naturgemäß in zwei Theile, indem man A) die allmähliche Entwicklung der Hoden mit Maßstab und Wage Schritt für Schritt verfolgt, und 2) mit Hilfe des Messers und Mikro- skops die histologischen Bildungsprocesse feststellt. I. Maßbestimmungen am sich entwickelnden Hoden von Fringilla domestica. Öffnet man einen gegen Anfang des Jahres, also im tiefsten Winter getödteten Sperling, so hat man oft Mühe, die Hoden zu entdecken, so klein und unscheinbar liegen sie am Vorderende der Nieren, allmählich, 1 Archiv für mikr. Anat. Bd. I. 4865. 2 Archiv für mikr. Anat. Bd. I. 4865. 3 Über die Entwicklung der Spermatozoen der Wirbelthiere. Inaug.-Diss. Dorpat 1879. * Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIII. 1884. 5 Archiv für mikr. Anat. Bd. XXV. 6 Anatomischer Anzeiger. II. Jahrg. Nr. 12. Jena 1887. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete. 51 schon im Januar und weiter im Februar wachsen sie heran und er- reichen im März oder bei ungünstigen Witterungsverhältnissen im April und Mai ihre Maximalgröße. Bald fast vollkommen kugelig, meist aber elliptisch , bohnenförmig, verdrängen sie alsdann geradezu die Einge- weide und fallen weißgelb glänzend sofort in die Augen. Der Unter- schied in der Farbe, matt, braungelblich im Winter und weißglänzend im Sommer, wurde schon von TAnnEnBERG hervorgehohen. Interessant und die Mächtigkeit der Anschwellung vortrefllich illustrirend ist folgende Tabelle, welche das Gewicht der Hoden ein- zeln und ihr Gesammtgewicht in ca. I0tägigen Intervallen enthält. Datum En Binker Hoden, ‚|, Rechter TRBeNT 7 SSSSTENESTE Linker Hoden | Rechter Hoden Gesammtgewicht 2. Januar 0,004 8 0,0009 Januar | 0,00 5 | oo | og 0,0049 & 12. » 0,0047 » 0.0015 » 0 ‚0032 » 22. » 0,003 » 0,002 » 0,005 » 2. Februar 0,0038 » 0,0035 » 0,0073 » 4, » 0,006 » y ‚004 » 0,040 » 23. » 0,0065 » 0,0055 » 0,012 » 3. März 0 ‚005 » 0, 004 » 0,009.» 2. » 0,042 » 0. ‚010 » 0,022 » 18. » 0,020 » 0,094» 0,044 » 92, » 0, 037 » 0, Va) 0,064 » 22. » y ‚013 » 0,008 » 0,021 » 29, » | POS» 7, 0,013 » 0,031 » 6. April 0,09% ..20. | 0,08 » VER 16. » | 0,424 » 0,148 » 0,232 » 26. » Bas Zn, 0,459 » | 0,324 » 30...» 0,209 » | 0,204 » 0,413 » 30. » 0,30 ii 0,295 » | 0,599 » 42. Mai 0,3241 » 0,348 » 0,639 » 42, » 0,4100 » | 0,090 » | 0,190 » | Man sieht aus dieser Tabelle, dass das Gewicht der Hoden im ex- tremsten Falle auf das 336fache gestiegen ist und darf daher in runder Zahl annehmen, dass der funktionirende Hoden 300malso viel wiegt, alsderruhende. Weiter lehrt die Tabelle, dass der linke Hode in der Regel etwas schwerer ist als der rechte, demnach auch größer erscheinen wird, was schon von TaxnengerG hervorgehoben wurde; ein einziges Mal (18. März) fand sich der rechte Hode schwerer als der linke. Diese Gewichtsdifferenz wird relativ immer geringer, der linke Hode vom 12. Mai ist 321 mal schwerer als der vom 2. Januar, während der rechte von demselben Tage 353 mal schwerer ist als der vom 2. Januar, demnach wächst der rechte Hode stärker. Schließlich zeigt die Tabelle noch, dass große Verschiedenheiten des Gewichts bei den verschiedenen Individuen vorkommen, so ist am 22. März das Ge- sammtgewicht der Hoden bei dem einen Thier 0,064, beim anderen 0,021, 4* 32 Franz Etzold, am 12. Mai beim einen 0,639, beim anderen 0,19, ein Faktum, welches jedenfalls in ungünstigen Ernährungsverhältnissen seinen Grund hat. Wägungen ganzer Thiere ergaben im Winter ein mittleres Rohge- wicht von 32 g und während der Reifezeit,ein solches von 30,5 8, so dass man 3/1 g als Durchschnittsgewicht für die ganze von uns zu beschreibende Periode in Anspruch nehmen darf. Man sieht, dass, während das Körpergewicht fast ganz gleich geblieben ist, das Gewicht der Hoden sich um das 300fache vermehrt hat. Die Berechnung er- giebt, dass die Hoden im Winter bei einem mittleren Gewicht von 0,002 g 0,00062°/, des Körpergewichts ausmachen, während sie in der Reifezeit 0,6 g wiegend, 1,93°/, also beinahe 2°/, der Körpermasse für sich in Anspruch nehmen. Für die Ausdehnung des Hodens nach Länge, Breite und Höhe lassen sich nicht wohl Durchschnittsmaße angeben, da hierin die größ- ten Schwankungen vorkommen. Die ruhenden Hoden sind nahezu rund und ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,75—0,80 mm. Wächst nun der Hoden heran, so ändert er seine Gestalt oft nicht unwesentlich ; er wird länglich, elliptisch, etwas flach gedrückt, bohnenförmig oder ‚bleibt auch nahezu kugelig. Im extremsten Falle habe ich 11,9 und 8 mm gemessen, doch fanden sich auch thätige Hoden, die 8, 6 und 5 oder auch 8, 7,5 und 7 mm maßen. Man dürfte demnach vielleicht 10:8:7 als mittlere Zahlen für die Ausdehnung des secernirenden Ho- dens nach Länge, Breite und Höhe in Millimeter annehmen, daraus würde hervorgehen, dass die Testikel etwa auf das Zehnfache nach den drei Dimensionen des Raumes hin anschwellen. Weiter suchte ich das Volumen des ruhenden und thätigen Ho- dens zu ermitteln. Ich verwendete dazu das Gewicht des Wassers, welches je ein Hode in einem 100 cem fassenden Gefäß verdrängte. Für die kleinsten Hoden war diese Methode natürlich nicht durchführ- bar, dieselben wurden einfach als Kugeln bestimmt und ergaben bei einem größten Querschnittsdurchmesser von 0,8 mm nach ?/3r ?v einen Inhalt von 0,268 cmm. Einer der größen Hoden verdrängte 0,302 g Wasser und muss dem- nach genau so vielccm Inhalt haben, sein Volumen beträgt also, um die Brüche zu vermeiden 302 cmm. Hieraus ergiebt sich, dass das Volumen der Hoden von der Winterruhe bis zu einer Funktionsperiode auf das 1127 fache steigt. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete. 53 Weiter kann man fragen, in welchem Verhältnis die secernirende Fläche des funktionirenden Hodens zur Gesammitfläche der Hodenkanäl- chen im Winter steht. Zur Beantwortung dieser Frage nehmen wir den mittleren Durchmesser eines Kanälchens und das Volumen des ganzen Hodens zu Hilfe. Vermittels des Mikrometers lässt sich leicht fest- stellen, dass ein Kanälchen des ruhenden Hodens einen Durchmesser von 0,0404 mm hat, während das funktionirende Kanälchen in dieser Beziehung 0,44% mm ergiebt,, woraus die Thatsache folgt, dass auch der Kanälchendurch- messer vom Winter bis zur Fortpflanzungszeit um das Zehnfache zu- nimmt. Um nun diese Maße zusammen mit den für das Volumen er- haltenen Resultaten zu einer Berechnung der Kanälchenfläche zu ver- wenden, wurde ein Hodenquerschnitt des ruhenden Hodens mit Hilfe der Camera lucida gezeichnet und zwar in 170facher Vergrößerung zählen erhielt ich dann, wie viel gqmm auf die verschiedenen Kanälchen- schnitte und wie viel auf den ganzen Querschnitt kommen, während die Differenz beider für das Bindegewebe in Anspruch genommen werden musste. Ich zählte 5606 qmm Kanälchenfläche 11270 qmm Querschnittsfläche des ganzen Hodens, demnach 5664 qmm Bindegewebsschnittfläche. Vom thätigen Hoden wurde ein Schnitt bei 72facher Vergrößerung gezeichnet, sodann wurde von der Zeichnung Alles ausgeschnitten, was auf Kanälchenschnitte und Alles, was auf Bindegewebsschnitte kam. Hierauf wurden 60 qcm des Papiers gewogen und dafür ein Gewicht von 0,7356 g ermittelt. Ferner erhielt ich für % die Bindegewebsausschnitte 1,8937 g, die Kanälchenausschnitte 11,5123 g. Daraus erhält man 1) 0,7356 : 1,8973 — 60 x, BB... 0. 2) 0,7356 : 11,5123 — 60 x, 11,5123.60 x ZERELTIE = 939,013 ccm, d. h. es waren auf dem. gezeichneten Querschnitte 154,46 gqem- vom _ Bindegewebe und 939,013 gem von den verschiedenen Kanälchen- schnitten eingenommen, 94 Franz Etzold, Wenn wir uns die gezeichneten 0,01 mm starken Schnitte körper- lich vorstellen, so werden sie annähernd Cylinder mit 0,04 mm Höhe darstellen. Jeden dieser Cylinder können wir uns zerlegt denken in je zwei Cylinder, von denen allemal der eine zur Grundfläche die gesammte Kanälchenschnittfläche, der andere die gesammte Bindegewebsschnitt- fläche hat, während die Höhe beider dieselbe ist. Gylinder von gleicher Höhe verhalten sich wie ihre Grundflächen. Demnach verhält sich im Winter im einzelnen Schnitt das Bindegewebe zur Kanälchenmasse wie 5664:5606 und im Sommer wie 154,46: 939,013; d.h. es ist im Winter im Fringillidenhoden nahezu eben so viel Bindegewebe vorhanden wie ‚Kanälchenmasse, während letztere im Sommer das Sechsfache der er- steren beträgt. So wie sich das Bindegewebe in dem einzelnen Schnitt zur Kanäl- chenmenge verhält, so wird es sich natürlich auch im ganzen Hoden zu letzterer verhalten und da wir oben das Hodenvolumen ermittelt haben, so können wir nun leicht berechnen, wie viel von dem Total- inhalt der Hoden auf die Kanälchen kommt. Wir fanden für den ruhenden Hoden 0,268 cmm Inhalt, davon würden nach Obigem auf die Kanälchen die Hälfte, also | 0,132 cmm kommen. Der produeirende Hode ergab 302 cmm Inhalt, den Antheil der Kanälchen hieran erhält man durch folgendes Exempel: (939,013 + 154,46) : 939,013 = 30%: x 9,013. 302 I — HIeeITET: — 259,346 cmm. Wir haben den Durchmesser des Hodenkanälchens im Winter- und Sommerhoden gemessen, haben eben gefunden, dass in ersterem 0,13% cmm und im zweiten 259,346 cemm Kanälchenmenge vorhanden sind und sind dadurch in der Lage, berechnen zu können, wie lang ein Kanälchen sein muss, welches dasselbe Volumen besitzt, wiesdie im Hoden bekanntlich verästelt vorliegenden Kanälchen. Das Volumen eines Cylinders ist gleich Grundfläche mal Höhe, daher die Höhe gleich dem Volumen dividirt durch das Produkt aus dem Quadrat des Radius und ;z, folglich 0,134 RZ Dr ey ne 259,346 R m A H 2) en sea aue — 10 15,037 um Der Winterhoden enthält also so viele Kanälchen, dass sie alle zu- sammen 106,634 mm messen, während der thätige Hoden an Kanälchen 1675,037 mm aufweist, Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 55 Aus Radius und Höhe können wir endlich leicht den Mantel des Cylinders, also die Kanälchenfläche ermitteln, es ist Riz==&irZEiR: Also ist für den Winterhoden die Kanälchenfläche. F— 2.0,02.3,14159.106,634 — 13,4 qmm und für den Sommerhoden F — 2.0,222.3,14159.1675,037 = 2336,452 qmm. Demnach nehmen die Hodenkanälchen alle zusammen um das 1675,037 en - ? — a — I h n L nee 106.634 15, ca. I6fache an Läng und an Fläche um das 2336,452 ——— — 174,36 = ca. 175fache zu. Die Resultate aller dieser Beobachtungen und Berechnungen lassen sich in folgende Tabelle zusammenfassen: Winterhoden | Brunfthoden | Zunahme en . Muren: 0,002 g 0,68 um das 300fache Procent vom Körpergewicht. . 0,000049;/, 20/9 Maß nach Länge, Breite u. Höhe |9,75—0,80 mm/10:8:7 mm |. um das A0fache Dar ae and 0,268 cmm 302 cmm um das 4425fache Kanälchendurchmesser . .... 0,04 mm 0,4 mm um das A0fache Kanälchenlänge ........ 106 mm 1675 mm um das I6fache Kanälehenfläche . - .... ..-... ı A3 qmm 2300 qmm um das 175fache In der That, wenn wir diese Ergebnisse betrachten, dürfen wir uns nicht wundern, dass das Geschlechtsleben des Sperlings eine In- tensität erreicht, die schon längst sprüchwörtlich geworden ist. Ich hatte Gelegenheit zu beobachten, dass ein Sperling in einem Falle in 6 Minuten i3mal, in einem anderen während derselben Zeit I1mal den Coitus vollzog. Besonderes Interesse erwecken noch Vergleiche mit anderen Ob- jekten. Mir liegt Vıerorpr: »Anatomische, physiologische und physi- kalische Daten und Tabellen zum Gebrauch für Medieiner« vor und ich finde darin in Bezug auf die menschlichen Hoden folgende Angaben: Das mittlere Gewicht der Hoden beträgt 48 g bei Erwachsenen, 0,8 g bei Neugeborenen! und macht im ersteren Falle 0,08°/,, im letzteren 0,037°/, vom Körpergewicht aus. Während der Gesammtkörper um i Was die Hoden junger Sperlinge anlangt, so will ich nicht unterlassen zu erwähnen, dass ich für sie bei halbflüggen Thieren durch fünf Wägungen ein mittleres Gewicht von 0,003 g gefunden habe. Daraus folgt, dass in der Mehrzahl der Fälle diese juvenilsten Hoden ein höheres Gewicht besitzen als die in absoluter Ruhe sich befindenden erwachsener Thiere. 96 Franz Etzold, das I9fache zunimmt, nehmen die Hoden um das 60fache zu. Das Vo- lumen der reifen Hoden beträgt 14—24 gem, im Mittel also 19 gem, ein Samenkanälchenquerschnitt misst 0,2 mm, die Gesammtlänge der Sa- menkanälchen beträgt 276—541 im Mittel also 308 m, ihre innere Fläche misst 867—2142, im Mittel also 1500 qcm. Um den direkten Vergleich zu ermöglichen, berechne ich Vırrorpr’s Angaben und die von mir auf I kg Körpergewicht und finde, dass darauf kommen: Beim Menschen Beim Sperling Neugeboren Erwachsen im Winter | im Sommer An Hodenvolumen 0,29 ccm | 0,009 ccm 9,742 ccm An Hodensubstanz 0,24 8 0,74 8 0,06 8 19 g An Hodenkanälchen ; 4,74 m 3,42 m 54,032 m An Hodenkanälchenfläche 23,08 gem 0,449 qgcm | 74,194 gem Diese Tabelle ist sehr lehrreich, man sieht daraus, dass der Sper- ling, was seine Testikel anlangt, im Winter dem Menschen in jeder Be- ‚ziehung nachsteht,, ja dass dieselben relativ selbst leichter sind als die des Neugeborenen, dass dagegen während der Brunftzeit relativ das Hodengewicht beim Sperling ca. 25mal, das Volumen ca. 24mal, ihre Kanälchenlänge ca. I2mal und die Kanälchenfläche ca. 3mal so groß ist als beim Menschen. Würde der Mensch einen eben so stark entwickelten Genitalappa- rat haben, als der Sperling, so müssten, wenn sein mittleres Körperge- ‚wicht 65 kg beträgt, seine Testikel bei einem Inhalt von 0,8 Liter, einem Gewicht von 2,5 Pfund Kanälchen von 3500 Meter Länge ent- halten und damit würde das Scrotum monströse Dimensionen er- halten. Anhangsweise möchte ich noch zwei Beobachtungen erwähnen, die ich in Bezug auf diese Verhältnisse an anderen Thieren zu machen Ge- legenheit hatte. Um den Penis zu untersuchen, tödtete ich im Mai einen Enterich (Anas boschas) und fand Hoden von 8 cm Länge, 4,5 cm Breite und 4 em Höhe. Dieselben Verhältnisse fand ich Ende September 1888 an den Hoden eines ohne Aufbruch 260 Pfund wiegenden Zehnenders (Cervus elaphus), der also gerade während der Brunftzeit geschossen worden war. Gewiss ein eklatantes Beispiel für die im Verhältnis zu den Säugethieren enorme Entwicklung des Geschlechtsapparates der Vögel zur Zeit der Brunft, Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 57 II. Histologische Untersuchung des sich entwickelnden Hodens von Fringilla domestica. A, Beschreibung der Entwicklung bis zur Reife, So reichhaltig die Litteratur über den funktionirenden Hoden ist, eben so dürftig sind die Notizen, welche über die allmähliche Entwick- lung dieses Organs vorliegen. Mir ist nicht eine Arbeit bekannt ge- worden, welche in lückenloser Aufeinanderfolge die einzelnen Bil- dungsstadien des Säugethier- und Vogelhodens, welche histologisch einander so nahe stehen, beschriebe. Was die zelligen Elemente der thätigen Testikel anlangt, so sind dieselben hinsichtlich ihrer Abstam- mung und Bestimmung noch immer überaus strittig und daraus erklärt sich zum guten Theil die so sehr verschiedene Nomenclatur. Da ich chronologisch vorgehe und die vielen vorhandenen Namen sich eben bloß auf den samenbildenden Hoden beziehen, so scheint es mir ange- bracht, die nach und nach erscheinenden Zellarten von differentem Bau vorläufig bloß nach dem Alphabet zu bezeichnen und erst dann mich für eine Nomenclatur zu entscheiden, wenn das Bild des fertigen Samenkanälchens einen Vergleich mit den schon vorhandenen Beschrei- bungen gestattet. Mustert man die Schnitte durch den Hoden eines etwa im Decem- ber oder Januar getödteten Sperlings, so erblickt man allenthalben dasselbe sehr einfache Bild. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass man an Schnittpräparaten nur da einen genauen Einblick in die Struktur- verhältnisse des Hodens bekommen kann, wo ein Samenkanälchen gerade in seiner Längsachse durchschnitten ist, denn in Querschnitten liegen oft Zellen direkt über einander, die nicht von einander ab- stammen, aber eben durch diese Lage ein derartiges Verhältnis vor- täuschen. Betrachten wir nun das Bild des ruhenden Kanälchens ge- nauer, so finden wir, dass in demselben zwei Arten von Zellen deutlich zu unterscheiden sind, ich bezeichne dieselben aus den oben ange- führten Gründen vorläufig als Zellen A und Zellen B, bis ich in die Lage komme, sie mit bereits von anderen Autoren beschriebenen zu identi- fieiren. Manchmal liegen beide Zellenarten einfach alternirend und zwar die Zellen B dicht an der Kanälehenwand, die Zellen A etwas ab- gerückt, oft aber liegen auch zwei oder drei Zellen A neben einander, ehe wieder eine Zelle B sichtbar wird. Was zunächst die Zellen A und zwar deren Kerne anlangt, so sind dieselben zumeist kreisrund und wenn sie etwas elliptisch erscheinen, so steht ihre längere Achse senkrecht zur Kanälchenwand. Der Umriss eines solchen Kernes hebt sich wenig scharf von seiner Umgebung ab, 58 Franz Etzold, demnach dürfte die Membran sehr dünn sein, der ganze Kern erscheint hell, ein dürftiges Gerüst von chromatischer Substanz durchzieht ihn in unregelmäßigster Weise, hin und wieder speichert sich dieses Chro- matin zu etwas gröberen Massen an und ein oder mehrere, besonders große, dunkle Ballen, die augenscheinlich mit dem übrigen Netzwerk in Verbindung stehen, dürften wohl als Nucleolen zu deuten sein, wie denn auch Fremmmng* »ein bis mehrere mattglänzende« Nucleolen in den Hodenepithelzellen von Salamandra findet. Alles, was sich sonst noch über diese Kerne sagen ließe, dürfte kaum dazu dienen, ihr Bild eigen- artiger erscheinen zu lassen, man vergleiche die Abbildungen bei Fremning und Rapı, lese nach, was diese Autoren über die Eigenthüm- ‚lichkeiten von Drüsenepithelzellen im Zustande absoluter Ruhe sagen und wird Alles und sonst nichts mehr an unseren Kernen wiederfinden. Wirhaben also die Kerne der Zellen Ä einfach als Kerne von in vollständiger Ruhe befindlichen Drüsenepithel- zellen aufzufassen. Eben so einfach wie der Kern ist der übrige Theil der Zellen A: ein lichter, schmaler Hof direkt um den Kern und weiterhin ein sehr wenig tingirter, meist nach dem Lumen zu dickerer und dadurch den Kern in excentrischer Lage zeigender Mantel von Pro- toplasma. Die Dicke dieses Mantels in der Kanälchenlängsrichtung ist nicht bedeutend, so dass der Durchmesser der ganzen Zelle in dieser Richtung kaum um ein Drittel größer ist als der des bloßen Kernes. Von einer besonderen Struktur des Protoplasmas vermochte ich mit den mir zu Gebote stehenden Hilfsmitteln nichts zu entdecken. Die Zellen B haben einen im Querschnitt bald elliptischen, bald ‚rundlichen, meist aber einen abgerundet dreieckigen Kern, dessen eine Seite im letzteren Falle parallelzur Kanälchenwand verläuft. Derselbe ist meist erheblich (etwa um ein Drittel) kleiner als der Kern der Zellen A. Seine scharfen Kontouren deuten auf eine ziemlich derbe Membran hin und die Gleichmäßigkeit, mit der er vom Hämatoxylin in ziemlich hellem Tone gefärbt ist, beweist eine dichte Vertheilung der chromatischen Substanz in feinen Fasern. In dieses zarte CGhromatingerüst sind ein oder mehrere gröbere, außerordentlich dunkel tingirte Massen, von denen in letzterem Falle meist eine durch ihre Größe besonders auf- fällt, eingelagert; man hat dieselben wohl wie bei den Zelien A als Nucleolen aufzufassen. Wie die Kerne der Zellen A, so zeigen auch die von B überall genau das gleiche Bild, und zwar, abgesehen von der meist eben nicht runden oder wenigstens bloß rundlichen Form, das- jenige, welches den in absoluter Ruhe sich befindenden Kernen eigen- thümliche ist. Umgeben werden diese letzteren Kerne von einem ! W. Fremmine, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipzig 1882, p. 143, Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete, 59 außerordentlich schmalen, lichten Hof und weiterhin von Protoplasma in höchst sonderbarer Vertheilung. Zunächst legt sich nämlich das Protoplasma mit seiner breitesten Seite (immer vom Schnitt gesprochen) der Wand des Kanälchens an, so dass es mit dem Protoplasma der be- nachbarten Zellen B zusammenstößt, umzieht von da rasch im Bogen beiderseits schmäler werdend, die konvexe Seite dem Kern zuwendend, so dass sich die konkave Seite dem Protoplasmahofe der benachbarten Zelle A anschmiegt, den Kern, spitzt sich nach dem Inneren noch mehr zu, so dass es kaum noch ein Sechstel so breit ist als sein Kern und sich als bloßer Faden zwischen zwei Zellen A hindurchdrängt, breitet sich dann wieder in glattem Bogen nach beiden Seiten hin aus, so dass es die benachbarten Zellen A weiter einhüllt und lässt sich oft bis in die Mitte des Kanälchens verfolgen, so dass es mit den von der gegen- über liegenden Wand kommenden gleichartigen Protoplasmagebilden zusammenstößt und so das ganze Lumen des Kanälchens ausfüllt. Während sich die Kontouren dieser Protoplasmahöfe bis um die Zellen A herum als ziemlich glatte erweisen, sind sie nach der Mitte hin durchaus nicht distinkt und vielfach gar nicht zu verfolgen, sie ver- schwimmen sowohl mit den benachbarten als auch mit den von drüben kommenden. Wo ein kleiner Raum ganz im Inneren des Kanälchens frei bleibt, weist derselbe auch keine glatten Grenzlinien auf. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die ganze centrale Protoplasmamasse außerordentlich labil ist. Was den feineren Bau dieser protoplasmati- schen Gebilde anlangt, so sieht man ziemlich deutlich schwach tingirte Fädehen in seinem Inneren verlaufen, die alle der Mitte des Kanälchens zustreben und daselbst ein Gewirr bilden. Fassen wir alles bisher Erörterte zusammen, so ergiebt sich für das ruhende Hodenkanälchen des Sperlings folgendes Bild: Direkt an der Wand des Kanälchens liegt eine Schicht von Zellen, deren Proto- plasma sich hier gegenseitig polygonal abplattet, von da sich um die innen liegenden, meist kegelförmigen, mit der Basis der Wand auf- ‚sitzenden Kerne herumschmiegt, dann fadenförmig dünn wird und schließlich im Inneren — wieder breit und lappig — sich an die ent- sprechenden Fortsätze der Nachbarzellen legt oder vielleicht gar mit denselben verschmilzt und meist das ganze Lumen des Kanälchens ausfüllt. In den Hohlräumen, welche durch das Dünnwerden dieser sonderbaren Protoplasmagebilde entstehen, liegt eine zweite Art von Zellen, welche mit Sicherheit als Drüsenepithelzellen im Ruhezustand _ anzusprechen sind, und zwar liegt in jedem Hohlraume oft bloß "eine derartige Zelle, oft aber auch deren zwei bis drei, so dass im ganzen Kanälchen entschieden mehr Zellen letzterer als ersterer Art vorhanden 60 Franz Etzold, sınd. Zählt man die Zellen, welche von einem Querschnitt getroffen wurden, so kommt man zu sehr abweichenden Resultaten. Im Allge- meinen darf man sagen, dass 20—40 Zellen überhaupt auf einem derar- tigen Schnitt zu zählen sind, von denen 10—15 auf die Sorte B kommen. Bei den Betrachtungen über die Größenverhältnisse des Hodens konnten wir konstatiren, dass der Hoden in Winterruhe etwa dieselbe Größe hat wie der halbflügger Vögel, und eben so finden wir die voll- ständigste Übereinstimmung in histologischer Beziehung. Auch einem geübten Untersucher dürfte es an manchen Stellen schwer fallen, ein Samenkanälchen aus einem so jugendlichen Hoden unter dem Mikro- skop von einem aus dem Hoden eines sehr alten Sperlings, der viel- leicht schon mehrere Brunftperioden durchgemacht hat, zu unterschei- den. Wir haben in dem juvenilen Hoden die nämlichen beiden Zellenarten und dieselbe eigenthümliche Anordnung des Protoplasmas, hin und wieder treten hier noch große runde Kerne mit weitem lichten Hof auf, doch sind diese Gebilde so wenig scharf kontourirt, sind die spärlichen Chromatinkörnchen und -bälkchen in ihnen so wenig distinkt, dass man sie ohne Weiteres für der Resorption anheim- fallende Bildungselemente aus der Embryonalzeit wird erklären dürfen. Vielleicht sind es nicht zur Verwendung gelangende große Geschlechts- zellen, die v. Mısarkovics aus dem Keimepithel in die bereits ange- legten Sexualstränge einwandern und im Falle ihrer Weiterentwicklung zu Ursamenzellen werden lässt. Abgesehen von diesen sicher nicht zur Bildung von Geschlechtsprodukten verwendungsfähigen Zellresten lässt sich der juvenile Hodenkanal nicht von dem für die Periode ge- schlechtlicher Ruhe rückgebildeten unterscheiden: der Sperling sinktim Winter in Bezug auf seine Sexualzellen voilstän- dig in den Zustand des Nesthockers zurück. Anders ist es mit der bindegewebigen Umhüllung der Hodenkanälchen, dieselbe ist im jugendlichen Hoden eine ungleich stärkere als im ruhenden, wäh- rend nämlich bei letzterem eine meist bloß einfache Schicht ziemlich zarter bindegewebiger Elemente eine dünne und wenig widerstands- fähige Tunica propria um das einzelne Kanälchen bildet, so dass zwei Kanälchen im Schnitt meist bloß durch zwei Zellreihen getrennt sind, besteht die Tunica propria des jugendlichen Hodenkanälchens aus zwei bis vier Bindegewebszellschichten, so dass vier bis acht Zellreihen zwischen den an einander stoßenden Kanälchen zu zählen sind. Daraus geht hervor, dass, wenn auch der jugendliche Hoden hinsichtlich des Volumens, Gewichts und der histologischen Struktur sich nicht vom ruhenden unterscheidet, doch bei letzterem die Gesammtmenge der eingehüllten Kanälchen eine ungleich größere ist. Die Entwieklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 61 Zum Vergleich untersuchte ich den Hoden eines jungen Kanin- chens und fand daselbst die nämlichen Verhältnisse, wie ich sie oben vom Sperling beschrieben habe. Auch hier lassen sich zwei Zellarten deutlich unterscheiden, von denen die eine in durch das Protoplasma der anderen gebildeten Kavernen liegt. Als Unterschied kann ich bloß anführen, dass die Zellen beim Kaninchen größer sind, so dass auf einen Querschnitt der nämlichen Größe wie beim Sperling weniger, höchstens 20 kommen, und dass ferner das Protoplasma beim Kanin- chen weniger dicht zu sein scheint; doch kann Letzteres eben so gut auf einem Fehler bei der Konservirung beruhen, den man bei einem einzelnen Präparat natürlich nicht entdecken kann. Regelmäßig kann man bei Fringilla domestica im Winter einen kleinen Fetikörper beobachten. Derselbe ist unpaar und liegt gerade da, wo die Aorta descendens sich theilt, also etwa am vorderen Ende der beiden Hoden. Was seine Größe anlangt, so ist er ungefähr so groß wie ein Hoden in diesem Stadium, und er hebt sich durch seine schwach chromgelbe Farbe deutlich von der Umgebung ab. Im mikro- skopischen Bild lässt sich nichts Besonderes an den Fettzellen entdecken. Da ich dieses Fettkörperchen nur bei ruhenden Hoden, da aber immer, fand, da es verschwindet, sobald die histologischen Verhältnisse des Hodens anfangen sich zu komplieiren, so darf ich es wohl als dasselbe auffassen, wie die mächtigen paarigen Fettkörper, die beispielsweise dem Vorderende der Hoden bei den Batrachiern anhangen, nämlich als Reservematerial, welches die ersten Entwicklungsvorgänge in den Hoden ermöglicht. Anhangsweise will ich noch eine Beobachtung von Pigment an dieser Stelle erwähnen. Sorser! schrieb »über Ungleichheiten der Hoden beider Körperhälften bei einigen Vögeln«, er erwähnt, dass man bei Vögeln im Hoden hin und wieder Pigmentzellen antreffe, ähnlich wie man sie bei Eidechsen etc. reichlich findet. Ich hatte Gelegenheit bei einem ca. 10 Wochen alten Haushahn derartiges Pigment zu beob- achten, es lag in den Kanälchenscheidewänden des linken Hodens, und zwar namentlich im vorderen Drittel. Die Pigmentzellen von dem all- bekannten Habitus bildeten ein lockeres Maschenwerk um die Kanäl- chen herum. Sobald die Wärme der Sonnenstrahlen einige Tage hinter einan- der anfängt, sich bemerkbar zu machen, ohne dass sie schon in der Pflanzenwelt sichtbare Veränderungen hervorbringt, lassen sich im Hoden des Sperlings bei mikroskopischer Untersuchung die ersten Wandlungen konstatiren. Der Beginn dieser Entwicklungsvorgänge ! Archiv für mikr. Anat, Bd. XXVI, 62 Franz Etzold, scheint also nicht bloß von den günstigeren Ernährungsverbhältnissen abhängig zu sein, in die das Thier mit dem Erwachen des Pflanzen- lebens kommt, sondern es müssen Reservestoffe vorhanden sein, welche den Vogel in den Stand setzen, schon im zeitigen Frühjahr an das Fort- pflanzungsgeschäft zu gehen und damit die intensivste Lebensthätigkeit zu entwickeln. In dieser Beziehung dürfte vielleicht der oben erwähnte Fettkörper von physiologischer Bedeutung sein. Das Hauptmoment für das Wachsthum der Hoden wird man aber natürlich immer in einer besseren Ernährung suchen müssen. Dafür spricht auch die interessante Beobachtung, die ich wiederholt machte, dass die Hoden bei den Sper- lingen, die in der Großstadt fast immer einen gedeckten Tisch finden, früher anfangen sich zu entwickeln und zu wachsen, als die der allen Unbilden der Witterung und des Nahrungsmangels mehr ausgesetzten Feld- und Dorfsperlinge. Was nun die ersten histologischen Entwicklungsvorgänge im Sper- lingshoden speciell anlangt, so knüpfen dieselben an die Zellen A an. Zunächst wird der Kern der einen und der anderen etwas größer, die Chromatinbalken und Nucleolen lassen sich nicht mehr recht erkennen, ‚verschwinden, der Kern verliert seinen scharfen Kontour, das lichte Höfchen wird trüb, der ganze Kern fängt an dunkel zu werden — kurz, die Zelle schickt sich zu einer mitotischen Theilung an, und zwar ver- läuft die Theilungsebene in tangentialer Richtung. Man kann den Thei- lungsvorgang in allen seinen, uns durch die sorgfältigen Untersuchungen günstigerer Objekte, als die kleinen Geschlechtszellen der Vögel sind, durch Fremning, RagıL etc. bekannt gewordenen einzelnen Stadien ver- folgen, bis endlich in den vom Protoplasma der Zellen B gelassenen Kavernen zwei, vier oder auch sechs Zellen neben und über einander liegen. Diese Neigung sich zu theilen tritt in den Zellen A oft so all- gemein auf, dass man in einem Kanälchen auf lange Strecken alle Zellen mit gleichmäßig gedunkelten Kernen, also alle in der ersten Phase der Theilung beobachten kann. Seltener sind die eigentlichen Theilungsbilder zu sehen, es scheint also, als ob dieselben sehr rasch durchlaufen würden, wie dies ja schon vielfach von den Mitosen der Hodenzellen behauptet worden ist und auch fernerhin noch öfter her- vorzuheben sein wird. An den Zellen B lässt sich eine Veränderung nicht erweisen, ihre Kerne behalten das schwach tingirte Aussehen, das Chromatin darin zeigt die nämliche Vertheilung wie früher, es lassen sich weder Theilungserscheinungen in tangentialer noch in radia- ler Richtung an ihnen nachweisen und auch das Protoplasma verändert sich nicht, es füllt noch immer das Lumen des Kanälchens ganz oder fast ganz aus. Manchmal scheint es, als ob sich das zu einer Zelle Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete. 63 gehörige Protoplasma schärfer von dem der benachbarten angehörigen abheben wollte, ein Umstand, der sich am natürlichsten wohl als eine Folge des beginnenden Kanälchenwachsthums erklären lässt. Das Aussehen eines Samenkanälchens wird also durch die ersten Entwicklungsvorgänge nicht wesentlich geändert. Sind die Theilungen der Zellen A durchgeführt, so nimmt jeder Tochterkern bald das helle Aussehen des Mutterkernes an, der Nucleolus erscheint, das Chromatin ist in kleinen Bälkchen sichtbar — kurz, abgesehen davon, dass jetzt die Zellen A in zwei oder wenn die Theilung ganz besonders energisch vor sich ging, in drei oder vier Reihen zwischen den einzelnen Zellen B liegen, lässt sich nichts Neues bemerken, die Anordnung der Zellarten bleibt die nämliche wie im ruhenden Hoden. Die nächste Phase der Entwicklung zeigt recht deutlich, mit welcher Energie die Wachsthumsvorgänge erfolgen, damit das Thier durch große Leistungsfähigkeit in den Stand gesetzt wird, die Nachtheile aus- zugleichen, welche das Auftreten einer kurzen Brunftperiode für die Fortpflanzung etwa im Gefolge haben könnte. In diesem Stadium, in dem das Kanälchen etwa noch einmal so dick wird, als es im Winter war, ist sein ganzes Lumen erfüllt mit Zellen der Art A, welche sich sämmtlich in dieser oder jener Phase der karyokinetischen Theilung befinden und vollkommen regellos umherliegen. Sie besitzen einen meist keine scharfe Grenze zeigenden Protoplasmahof, gleich als ob sie gar nicht erst voll auswüchsen, ehe sie sich von Neuem zu theilen beginnen. - Nach der Wand hin befinden sich zwei bis drei solcher Zellenlagen fast im Zustand der Ruhe, nur selten lässt sich in dieser Gegend eine Mi- tose entdecken. An diesen wandständigen Zellen fällt eine geringe Vermehrung der chromatischen Substanz auf. Das Chromatin durch- zieht in ziemlich starken Balken den ganzen Kern und verleiht dem- seiben ein erheblich kräftigeres Aussehen, als es die Kerne der Zellen A früher zur Schau trugen. Während erst die Zellen B etwas kräftiger sich hervorhoben, tritt jetzt das umgekehrte Verhältnis ein. Bei der großen Lebensthätigkeit, welche in dieser Weise die Zellen A entwickeln, treten die Zellen B vollständig zurück und scheinen gar keine Lebensthätigkeit zu äußern. Dem vorliegenden Präparat nach kann man höchstens sagen, dass sie im Ganzen etwas weniger Farbe annehmen, also heller erscheinen und dass sich der Nucleolus schärfer abhebt. Es ist mir an keiner Stelle gelungen, eine Theilungserscheinung an ihnen weder in radialer noch in tangentialer Richtung nachzuweisen und wenn man auf dem Umkreis eines quergeschnittenen Kanälchens ihre Zahl feststellt, so findet man immer noch höchstens 12—15. Statt- - finden müssen natürlich in diesem oder im folgenden Stadium Thei- 64 Franz Etzold, lungen der Zellen B, denn im reifen Hoden liegen, wie wir sehen werden, ihrer 30—40 auf einem Querschnitt. Wenn man jedoch erwägt, dass die mitotischen Vorgänge die Unterschiede beider Zellenarten ver- wischen, so wird man leicht einsehen, wie schwer es halten muss, diese Theilungen durch die direkte Beobachtung festzustellen. Das Proto- plasma der Zellen B kann sich natürlich jetzt nicht mehr so ausbreiten, wie es im ruhenden und langsam seine Entwicklung beginnenden Hoden der Fall war. Da die Theilungen der central gelegenen Zellen A sowohl in radialer, wie in tangentialer und schräger Richtung erfolgen, so wird das dort gelegene gelappte Protoplasma nach allen möglichen Richtungen hin gespalten und geschoben, wodurch natürlich die Mög- lichkeit, Theilungen an den zugehörigen Kernen zu konstatiren noch mehr verringert wird. In Folge aller dieser Momente besitzt das Ho- denkanälchen jetzt ein viel unregelmäßigeres Aussehen, als es früher hatte. Von diesem Zeitpunkte ab habe ich auch das mehrfach erwähnte Fettkörperchen nicht mehr entdecken können. Hiermit schließt gewissermaßen der erste Hauptabschnitt der Ent- wicklung des Hodenkanälchens ab. Derselbe begann mit einer zunächst ‚nicht starken Vermehrung der Zellen A, bei der sich das histologische Bild des Kanälchens nur unwesentlich änderte, und führte durch eine rapide Vermehrung der nämlichen Zellen zu einer vollständigen Ver- wischung der für den ruhenden Hoden charakteristischen Zellanord- nung. Die weitere Entwicklung geht zunächst darauf aus, eine bestimmte Anordnung der gebildeten Zellen herzustellen. Der Durchmesser des Kanälchens ist jetzt — vielleicht durch die in tangentialer Richtung er- folgenden Theilungen — so weit geworden, dass das Protoplasma der Zellen B nicht mehr das ganze Kanälchen ausfüllen kann, es bleibt in Folge dessen stets der centrale Raum leer. Schon im ruhenden Ho- den konnten wir beobachten, dass das Protoplasma der Zellen B eine fädige Struktur aufweist und zwar verliefen die Fäden zumeist in radiärer Richtung. In dieser Richtung nun übt das Protoplasma offenbar einen Zug auf die Zellen A aus, es drängt dieselben nach. der Wand hin zusammen und zwar sieht man meistentheils nicht mehr bloß einen langen Strang von jeder Zelle B auslaufen und sich zwischen den Zellen A hindurchdrängen, sondern dieser Strang ver- zweigt sich meist schon von der zweiten oder dritten Zelle Aan und umspinnt dann eine Summe von letzteren Zellen, so dass es den An- schein gewinnt, als ob dieselben in ein gewisses Abhängigkeitsverhält- nis zu der betreffenden Zelle B treten und zwar in der Weise, dass die letztere sowohl die Kommunikation mit der Wand, als auch den Halt Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 65 innerhalb des Kanälchens vermittelte und bewirkte. Ausdrücklich hebe ich hervor, dass die der Wand zunächst liegenden ein bis zwei Zellen- reihen der Art A meiner Erfahrung nach vorläufig unabhängig von dem Protoplasma der Zellen B bleiben, weil dieser Umstand mir für den Verlauf der Spermaentwicklung wichtig zu sein scheint. Es ist natürlich, dass der eben erwähnte centrifugale Zug der Zellen B und der gegen- seitige Druck eine annähernd säulenförmige Anordnung der Zellen A bewirken muss. Besonders beschrieben müssen noch die Kerne der Zellen A werden. Es liegen etwa fünf bis sechs Reihen derartiger Zellen über einander und bei der rapid erfolgenden Vermehrung derselben wurde hervor- gehoben, dass man sämmtliche im Inneren liegenden im Zustand der Theilung findet, während die als Produkte der ersten Theilung der Wand am nächsten liegenden zwei bis drei Reihen sich durch Nucle- olen und Fadengerüst als in Ruhe hefindlich erwiesen. Bei dem jetzt vorliegenden Stadium ist von den wandständigen Zellen A dasselbe zu sagen, dagegen verhalten sich die centraler gelegenen verschieden. Kaum eine von ihnen bietet das ruhenden Kernen eigenthümliche Bild dar, meist zeigen sie einen außerordentlich hellen Hof, lassen die Mem- bran undeutlich oder gar nicht erkennen und nehmen außerordentlich viel Farbe an, so dass wir sagen müssen, sie besitzen sehr viel, einen dichten Knäuel bildendes Chromatin. Oft verhalten sich sämmtliche Zellen A in dieser charakteristischen Weise, so weit sie in das oben ge- schilderte Abhängigkeitsverhältnis zu den Zellen B getreten sind, nie aber konnte ich konstatiren, dass auch die wandständigen diese Um- lagerung des Chromatins erleiden. Man wird natürlich zu der Ansicht hinneigen, diese Chromatin- anordnung als ein Zeichen beginnender oder ablaufender Theilung aufzufassen, während deren wir ja bekanntlich denselben Erschei- nungen begegnen. Dass wir es aber hier nicht mit einer gewöhnlichen Theilung zu thun haben, dafür spricht auf das entschiedenste der Um- stand, dass sich weiter keine karyokinetischen Zustände beobachten lassen und ferner, dass derartig gebaute Zellen von nun an regelmäßig an der nämliehen Stelle im Hoden enthalten sind. Man wird darum diese Zellen von den gewöhnlichen Zellen A scheiden, sie als typische Zellform im reifenden Hoden auffassen müssen, obwohl natürlich die Meinung nicht zurückgewiesen werden kann, dass sie vielleicht bloß eine Theilungsphase für längere Zeit fixirt zeigen. Ich wage nicht zu entscheiden, ob diese Zellen gleich so entstehen, also gewissermaßen bei der Theilung im Zustande der Tochterknäuel verharren oder ob sie nach regelrecht durchlaufener Theilung erst zu dieser eigenthümlichen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bad. d 66 Franz Etzold, Form sich entwickeln. Eine Chromatinvermehrung tritt auf jeden Fall ein. Aus Zweckmäßigkeitsgründen identifieire ich auch diese Zellform nicht mit einer schon beschriebenen, sondern bezeichne sie mit A,. Der histologische Bau des Samenkanälchens im vorliegenden Sta- dium der Entwicklung lässt sich mit folgenden Worten schildern: An der Wand des Kanälchens liegen vereinzelte Zellen, deren Kerne mit einem Kernkörperchen sich im Zustande der Ruhe befinden, diese Zellen senden je einen protoplasmatischen Fortsatz aus, der sich zu- nächst zwischen einer einfachen oder doppelten Reihe von auch in Ruhe befindlichen Zellen hindurchdrängt und dann sich verästelnd eine größere Anzahl von Zellen umschmiegt. Letztere zeigen manchmal keine Andeutung von Karyokinese, zumeist aber besitzen sie einen sehr hell gehöften Kern mit einem außerordentlich dichten und dick- fädigen Chromatinknäuel, wie ihn Zellen im ersten oder letzten Stadium der Theilung zeigen. Zwar konnte ich, wie schon oben erwähnt, nicht mit Sicherheit Theilungserscheinungen der Zellen B feststellen, dieselben haben sich aber vermehrt, denn man findet jeizt auf einem Querschnitt selten unter 40, und da in vollständig reifen Hoden auch nicht mehr auf derselben ‚Strecke gezählt werden können, so liegt von dieser Zellart jetzt die de- finitive Anzahl vor. Die nächste Stufe der Entwicklung macht uns wieder mit neuen Zellelementen bekannt. Es lässt sich schon vermuthen, dass die wei- teren Veränderungen an die Zellen A, anknüpfen werden. Die am meisten nach der Kanälchenmitte hin gelegenen Zellen dieser Art theilen sich, aus der ersten Theilung gehen kaum kleinere und nur wenig chro- matinärmere Tochterzellen hervor, diese theilen sich wieder und schließlich resultiren Zellelemente, die ich mit A, bezeichne. Diese Zellen, von denen ich übrigens nicht anzugeben vermag, der wievielten Theilung sie entstammen, sind erheblich kleiner als ihre Mutterzellen 4,. Man könnte sie der Größe nach etwa als Produkte der zweiten Theilung auffassen, da sie nicht viel mehr als den halben Durchmesser der Mutterzellen besitzen. Ihr Kern nimmt ziemlich viel Farbe an und be- sitzt ein relativ stark entwickeltes Chromatingerüst mit ein bis zwei gröberen Ballen. Enthält er zwei Ballen, so liegen dieselben in der Regel sehr dicht neben einander. Was die Anordnung dieser Zellele- mente anlangt, so ist dieselbe eine deutlich säulenförmig nach dem Centrum zu gerichtete. Von den Übergangszellen zwischen A, und 4, ist noch hervorzuheben, dass dieselben meist recht groß erscheinen, diese Größe wird nicht durch chromatische, sondern durch achromatische Substanz bedingt, sind sie quer durchgeschnitten, so zeigen sie nämlich & m. R meist ein ganz helles Innere und nur im peripheren Theile breitet sich ein spärliches, dafür aber ziemlich kräftiges Chromatingerüst aus. Der Bau des Hodenkanälchens kann also jetzt mit folgenden Worten geschildert werden. Wir sehen an der Kanälchenwand die Zellen 2, daneben und davor Zellen, denen wir die Bezeichnung A lassen können, und central hiervon, eingehüllt in die Protoplasmamassen der Zellen B die Derivate der Zellen 4, nämlich 4, und A,, am nächsten an A liegen noch Zellen mit der A, eigenthümlichen Struktur, weiter nach innen und zwischen den schon gebildeten Zellen A, liegen Zellelemente, welche nicht mehr ganz dem Typus 4, angehören, aber auch durch Größe, Farbe und Chromatingerüst von A, abweichen; es sind Über- gangsformen, die bei weiterer Theilung dazu dienen, die Zahl der kleinen Zellen A, zu vermehren. Ich habe den ganzen linken Hoden eines am 26. März getödteten Sperlings in über 900 Schnitte zerlegt und ihn allenthalben gleich- mäßig mindestens auf diesem Stadium der Entwicklung gefunden. Stellenweise, aber selten war die Entwicklung schon etwas weiter vor- geschritten und zeigte dann den Beginn der eigentlichen Spermatozoen- entwicklung. Diese Präparate waren daher von größter Wichtigkeit für mich, denn sie setzten mich in den Stand, die Übergangsbilder vom herangereiften zum vollreifen Hoden zu studiren. Mit der Bildung der Zellen vom Typus 4, hat die celluläre Entwicklung des Hodens abge- schlossen, die weiteren Erscheinungen, das eigentliche Funktioniren knüpft an intracelluläre Vorgänge an, und zwar sind es die Zellen As, welche sich anschicken, in Spermatozoen überzugehen. Es ist durch- aus nicht meine Absicht, auf diese intracellulären Entwicklungsvor- gänge an dieser Stelle näher einzugehen, dazu reichen einestheils meine optischen Hilfsmittel nicht aus, und andererseits sind diese histiogene- tischen Erscheinungen und die feinste Struktur der Samenfäden Gegenstand besonderer zahlreicher Untersuchungen. Was nun die Bildungsvorgänge innerhalb der Zellen A, anlangt, so kann ich zur Sicherstellung der Behauptung, dass sich aus ihnen wirk- lich direkt die Samenfäden entwickeln, Folgendes konstatiren: Eine jede derartige Zelle geht aus dem Typus A,, wie schon erwähnt, in der Form hervor, dass sie einen vollkommen runden Kern, umgeben von einem schwachen Protoplasmamantel mit deutlicher Membran zeigt. Der Kern färbt sieh mittelkräftig und enthält ein relativ dichtes und auch dickfädiges Chromatingerüst mit einem einfachen Nucleolus oder auch zwei dicht neben einander liegenden Kernkörperchen. Beginnt - nun die Entwicklung innerhalb dieser Zellen, so verschwindet zunächst der scharfe Kontour des Kerns, derselhe erhält einen außerordentlich 5*+ Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 67 63 Franz Etzold, hellen Hof und das Chromatin ballt sich fest kugelförmig zusammen. In welcher Weise Letzteres geschieht, vermochte ich nicht zu verfolgen, Gleichzeitig verliert sich auch die Grenze des Protoplasmas gegen die des einhüllenden Protoplasmas der Zelle B, und wir sehen nun die Zelle kleiner geworden, eigentlich bloß aus einem runden Chromatin- ballen bestehen, koncentrisch umgeben zunächst von einem farblosen, dann von einem schwach gefärbten, nicht abgegrenzten Protoplasma- mantel. Der CGhromatinballen rückt nun an die Peripherie der Zelle, so dass der helle Hof nach dieser Seite verschwindet und das Proto- plasma nach der entgegengesetzten Seite sich immer weiter ausstreckt, so dass es schließlich an dem dunkeln Kern hängt, wie etwa der Schweif am Kometen. Nach und nach streckt sich auch der Chromatinballen, sieht zunächst aus wie ein Bacillenstäbchen, dann beginnt er sich spiralig zu rollen, so dass wir bald Bilder von ihm sehen, wie wir sie in Präparaten von Spirillen zu finden gewohnt sind. Es sind dies die höchst charakteristischen Köpfe der schon oft abgebilde- ten Spermatozoen der Singvögel. Die Fragen nach der Ent- stehung des Mittelstückes, des Schwanzstückes, nach dem Neben- kern ete. lasse ich vollständig unberührt, — ich hoffe durch die ange- führten Thatsachen mit hinreichender Sicherheit aber so viel festgestellt zu haben, dass sich unmittelbar in den Zellen vom Typus A, Entwick- lungserscheinungen verfolgen lassen, welche nur als solche von Samenfäden gedeutet werden hönnen. Hiermit sind wir im Studium der Wachsthumsvorgänge im Hoden des Sperlings so weit vorgeschritten, dass wir die gewonnenen Resultate mit den an funktionirenden Hoden von vielen Forschern gewonnenen vergleichen können. Wir sahen, dass sich schon im vollkommen ruhen- den Hoden zwei Arten von Zellen unterscheiden lassen, von denen die einen, von uns mit A bezeichneten, in durch starke Protoplasmaent- wicklung der anderen, als B eingeführten, gebildeten Höhlungen liegen. Die Zellen B vermehren sich im Verlaufe der Entwicklung bloß so stark, dass sie die Zellen A und deren Theilprodukte immer mit ihrem Protoplasma halb umhüllen oder vollständig einhüllen können. Die Zellen A vermehren sich, legen sich in mehreren Schichten den Zellen B auf, ihre Theilprodukte drängen sich in die centralen Proto- plasmapartien der Zellen B ein, werden von denselben umflossen, nehmen dann erhebliche Massen von Chromatin auf oder bilden es in sich (A,), zerfallen auf karyokinetischem Wege in eine Anzahl kleiner runder Zellen (A,), und diese bilden sich endlich zu Spermatozoen um, so dass also die frisch gebildeten Spermatozoen noch mit den Zellen B in Verbindung stehen. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 69 SB, Vergleich mit den am Hoden anderer Thiere gewonnenen Resultaten. Was die über die Entwicklung der Spermatozoen bereits vor- liegende Litteratur anlangt, so ist dieselbe seit den älteren, mit besseren optischen Hilfsmitteln durchgeführten Untersuchungen von v. SıEkorD, Wasner und v. Körnıker derartig angeschwollen, dass die bloße kritische Sichtung, die Feststellung der gewonnenen Resultate und der Hinweis auf die bei ferneren Untersuchungen zu beobachtenden Punkte eine selbständige wissenschaftliche Leistung werden konnte. WALDEYER löste diese Aufgabe in einem Vortrage in der ersten Versammlung der ana- tomischen Gesellschaft zu Leipzig 1887 ! in musterhafter Weise, so dass die ermüdende Aufzählung der einzelnen Publikationen?, die bis zu jenem Zeitpunkt erschienen sind, wohl unterbleiben darf. Während die einzelnen Beobachter über das Vorhandensein der verschiedenartigen Zellgebilde im Hoden mehr und mehr zur Überein- stimmung gelangen, weichen sie hinsichtlich der Deutung noch immer erheblich von einander ab. Eine Folge hiervon ist eine außerordentlich differente Nomenklatur. Es ist sicher nicht zu hoch gegriffen, wenn man sagt, dass für jedes Zellgebilde des Hodens zehn synonyme Be- zeichnungen existiren, weil sich die einzelnen Beobachter schwer selbst zu wenig wichtigen Koncessionen entschließen können. WALDEYER be- klagt sich in seinem Vortrage über denselben Punkt und bezeichnet es aus verschiedenen Gründen als wünschenswerth, die Bezeichnungen, welche pe La VaALertE St. GeorGE einführte, allgemein anzuneh- men. Es ist ja sicher, dass die Auffassung von DE LA VALETTE ver- schiedentlichen und wohl auch berechtigten Widerspruch gefunden hat, dass auch die Begriffe, welche er ursprünglich mit seinen Benen- nungen verband, zum Theil sich geändert haben; das reicht aber nach meiner Meinung nicht hin, zur Einführung einer vollständig neuen Be- zeiehnung zu zwingen. Man denke an andere Ausdrücke in der Zoo- logie, beispielsweise an das Wort Zelle, und man wird zugeben, dass Deutung und Abgrenzung der Begriffe häufig sich geändert haben, ohne dass man den Namen fallen ließ. Wer sich nicht ganz speciell mit der Spermatogenese beschäftigt, wird, wie die Sache jetzt liegt, nur schwer einen klaren Überblick über den derzeitigen Stand der Frage gewinnen. Ich folge also in meinen Ausführungen dem Rathe Warpever’s und halte mich so weit als möglich an die Bezeichnungen pe La Varrrte's, wie er 1 Anat. Anzeiger, herausgeg. von Professor Dr. BARDELEBEN. II. Jahrg. Nr. 12. 2 Das von mir geführte Litteraturverzeichnis weist 406 Nummern auf und kann durchaus keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen. 70 Franz Etzold, sie im letzten seiner spermatologischen Beiträge! theils giebt, theils selbst acceptirt. Er präeisirt dort seine Stellung zur Spermatogenese speciell der Insekten und Amphibien folgendermaßen: Die Stamm- samenzelle, Spermatogonie, produeirt durch Theilung Samenver- mehrungszellen, Spermatocyten, aus diesen gehen durch fortgesetzte Theilungen die Samenausbildungszellen, Spermatiden, hervor, welche endlich zu Samenkörpern, Spermatosomen, sich entwickeln. Bis zu diesem Punkte stimmen die neueren Untersucher der männlichen Ge- schlechtsorgane fast vollkommen überein, man kann also auch die ver- schiedenen Bezeichnungen als allgemein geltend annehmen. Alles "Weitere ist sehr reich an Kontroversen, ich verweise auf WaLpeyer’s Vortrag und gehe gleich auf die Richtung los, der ich mich für die Frin- gilliden anschließe. Nach der pe La Varerre’schen Meinung sind zwar zwei Zellarten im Hoden vorhanden, doch bleibt die eine, die soge- nannten Follikelzellen, welche die Spermatocyten bezw. Spermatiden mehr oder weniger vollständig einschließen, für die Spermatogenese vollständig bedeutungslos. Eine andere und zwar, wie es scheint, mehr und mehr Raum gewinnende Auffassung lässt nicht nur zwei Zellarten im Hoden vorhanden sein, sondern sich auch beide aktiv an der Sper- maentwicklung betheiligen. Speciell bei den Säugethieren sollen sich nach dieser Auffassung die Zellen, welche DE La Varerte Follikelzellen nennt, mit den Spermatiden kopuliren und erst hierdurch letztere in die Lage kommen, sich zu Spermatosomen auszubilden. Wer der letz- teren Annahme huldigt und nichts wider den Begriff eines einzelligen Follikels hat, könnte ruhig die zweite Zellart mit pe La VarerTe »Follikel- zellen« nennen, wenn sich dieser Autor nicht in der oben erwähnten Mit- theilung gar so energisch selbst gegen eine solche Bezeichnung ausge- sprochen hätte, aus diesem Grunde wird leider eine Differenz in der Nomenklatur bestehen bleiben müssen. Die eben erwähnte Auffassung der Spermatogenese knüpft an an ein Gebilde, welches zuerst v. Esner? eingehend beschrieb und Spermatoblast nannte. Dieser Autor sah die Wandschicht der Samenkanälchen, gebildet aus polygonalen Zellen (Keimnetz), welche protoplasmatische Fortsätze nach dem Lumen treiben, und in diesen Lappen durch endogene Kernbildung die Samenkörper entwickeln sollen. Er nannte nun Spermatoblast eine derartige wand- ständige Zelle mit ihren protoplasmatischen Ausläufern und den darin befindlichen jungen Spermatosomen. Da das Gebilde seinem Bau nach 1 Archiv für mikr. Anat. Bd. XXX. 2 v. EBNER, Untersuchungen über den Bau der Samenkanälchen und die Ent- wicklung der Spermatozoiden bei den Säugethieren und beim Menschen. RoTTEr's Unters. Graz 48714. Die Entwieklung der Testikel von Fringilla domestica etc, 71 in der v. Esxer'schen Weise jetzt allgemein beschrieben wird, so lässt man ihm wohl am besten den Namen Spermatoblast, obwohl, wie wir gleich sehen werden, sich die Ansichten über die Natur desselben we- sentlich geändert haben. MERKEL !, SERTOL1?, Renson ?, Brown? etc. traten für die Entwicklung der Spermatosomen aus den Spermatiden ein, und eben so haben in neuester Zeit namentlich Benpa ® und wieder v. EBner® es wahrscheinlich gemacht, dass die Spermatiden in die protoplasma- tischen Fortsätze der Keimnetzzeller einwandern und erst dadurch in die Lage kommen, sich weiter zu entwickeln, so dass man sich den Spermatoblasten als aus verschiedenen Zellen hervorgegangen denken muss. Diese letztgenannten Forscher stimmen bis auf Nebenfragen voll- ständig überein, so dass sich der Bau des thätigen Säugethiersamen- kanälchens nach ihnen folgendermaßen schildern lässt: An der Wand des Kanälchens finden sich Zellen mit einem Kern, der stets folgende Merkmale besitzt: »eine wenig tingible, also sehr zarte peripherische Chromatinschicht, einen nicht färbbaren Inhalt, einen großen Nucleolus, der durch einige wenige Chromatinfäden mit der Chromatinmembran in Verbindung steht. Seine Gestalt ist sehr variabel, die Oberfläche oft tief gefaltet, kurz, wir haben einen exquisit bläschenförmigen Kern vor uns« (BEnpa). Das zu diesem Kern gehörige Protoplasma legt sich der Wand an und treibt einen fädigen Fortsatz nach dem Inneren des Kanäl- chens; esscheint nach Benna keine membranartige Begrenzung zu haben, sondern passt sich in außerordentlich wechselnder Weise den Nachbar- elementen an. Diese Zellen werden von Benpa »Fußzellen« von v. EsnEr »SErRTOLTSche Zellen« genannt, weil sie SERTOLI zuerst richtig beschrieb, es sind die »Follikelzellen« von DE La VALETTE ST. GEORGE. Zu diesen wandständigen Zellen mit variablen Kontouren kommen nun weitere wandständige Zellen anderer Art. Dieselben sind rundlich, ihr Kern hat eine Chromatinmembran, ein Kernkörperchen und fein granu- lirtes Chromatin. Sie sind nicht zahlreich und zeigen in bestimmten Perioden der Spermatogenese mitotische Kerntheilungen. In der ve La Varerte'schen Nomenklatur sind das die Spermatogonien. Dieselben entwickeln sich weiter, vergrößern sich, rücken von der Wand ab, be- kommen scharfe Kontouren, sind elliptisch oder spindelförmig, wobei 1 Mürrer’s Archiv. 4874 und » Unters. aus dem anat. Inst. zu Rostock«. 1874, 2 Archivio per le science mediche. Anno 1877, 3 Archives de Biologie, T. III. 1882. * Journ. of microsc. science. Juli 1883. 5 Untersuchungen über den Bau des funktionirenden Samenkanälchens einiger Säugethiere und Folgerungen für die Spermatogenese dieser Wirbelthierklasse.» Archiv für mikr. Anat. Bd. XXX. 6 Zur Spermatogenese bei den Säugethieren. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXI. 72 Franz Etzold, sich die Längsachse radiär stellt, ihr Kern hat einen grobfädigen Chro- matinknäuel. Es sind das die Spermatocyten von DE La VaLrrTE. v. Esner, der sie Hrnıe’sche Zellen nennt, hebt von ihnen besonders hervor, dass sie sich sehr lange in den Prophasen der Mitose befinden, »indem erst ein eng gewundener, dann ein lockerer Knäuel, dessen Fäden sich mit Safranin und Hämatoxylin stark färben, sichtbar ist «. Diese Spermatocyten theilen sich (muthmaßlich zweimal) auf karyo- kinetischem Wege und liefern alsdann die Spermatiden (Samenbilder [Benva], Samenzellen Köruiker’s |v. Esner]). Von diesen Spermatiden nun bekommt man nach v. Esnxer » den Eindruck, dass sie, früher regel- mäßig über einander geschichtet, sich gegen die centralen Fortsätze der Serrorr’schen Zellen hin bewegen, weil die regelmäßige Ordnung aufgehoben wird und eine dichtere Gruppirung der Zellen um diese Fortsätze herum unverkennbar wird. Alsbald wird nun eine Anlagerung der Zellen und eine Verschmelzung derselben mit den Fortsätzen der SerroLi’schen Zellen vollzogen, Damit ist der Spermatoblast fertig und zugleich die eigentliche Samenfadenbildung, die erst im Spermatoblasten stattfindet, eingeleitet«. In dieser Weise studirten Benpa und v. EBnEr die Entwicklung der Samenfäden im funktionirenden Kanälchen. BexnaA. beobachtete einschubweises Auftreten der einzelnen Zellumwandlungen, v. Ener stellte sogar eine gewissermaßen wellenförmig durch das Kanälchen von seinem blinden Ende an verlaufende Samenfadenbildung fest und bestimmte die zu einer vollständigen Sekretion nöthige Kanäl- chenlänge auf 32 mm. Vielleicht die wesentlichste Differenz zwischen beiden Forschern bezieht sich auf die Spermatoblastkerne. Während nämlich Benpa annimmt, dass derartige Kerne bei der Samenausstoßung verloren gehen, konstatirt v. Esser, dass dieselben niemals Theilungs- erscheinungen zeigen und »daher wohl während der ganzen Funktions- dauer des Hodens als beständige Gebilde fungiren« Die Frage nach einer Regeneration dieser Zellen dürfte in der That schwer zu beant- worten sein. Benpa ! konstatirte übrigens, »dass der Dualismus der Elemente im Hoden schon in Stadien ausgebildet ist, wo im Ovarium eine Diffe- renzirung der verschiedenen Elemente der Eifollikel noch nicht be- merkt wird«. Er vermuthet ferner, »dass die Ursamenzellen dem Keim- epithel, die zweite Zellart (seine Fußzellen) den vom Worrr'schen Körper einwuchernden Epithelgängen, den späteren Ausführungsgängen (Hoden- netz) entstammen. v. Esner bringt in seiner Arbeit Beweise für die aktive Betheiligung 1 Anat. Anzeiger. II. Jahrg. Nr. 12. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc, 73 seiner SerroLr'schen Zellen an der Spermatogenese, indem er auf eine regelmäßig mit der Samensekretion verlaufende Wanderung von Fett- tröpfehen und tingiblen Körnchen vom Lumen nach der Basis hinweist. Bis zu diesem Stand der Dinge hat Warpeyer sein Referat geführt (die v. Esxer’sche Arbeit konnte Waıpeyer nicht berücksichtigen, weil sie noch nicht erschienen war, sie wurde hier gleich mit der BEnnA- schen besprochen, weil sie sich so eng an dieselbe anschließt). Seit- dem ist in Bezug auf Spermatogenese der uns lediglich interessirenden Thierklassen der Säugethiere und Vögel zunächst erschienen: Niessing, Untersuchungen über die Entwicklung und den feinsten Bau der Samenfäden einiger Säugethiere (Preisschrift der medieinischen Fakultät der Universität Würzburg) '. Diese Arbeit wendet sich scharf polemisch gegen Bexpa (die v. Esxer’sche Arbeit war dem Autor noch nicht bekannt) und stellt sich dar als eine Verschmelzung der von Bıoxpı? aufgestellten Ansicht mit der seiner Zeit von v. KöLLıker ? vertretenen, nach welcher die Samen- fäden in Bläschen entstehen sollen. Nırssıne lässt nach und nach alle Zellen des Samenkanälchens in Spermatosomen übergehen und stellt die Existenz der Fußzellen entschieden in Abrede, außerdem sieht er »auf Sehnitten selten, in ganz frischen Präparaten aber sehr häufig große Zellen mit 2—12 Kernen«. Dieselben hält er für Mutterzellen (Sperma- tocyten), deren Hülle erhalten blieb, während ihr Kern zu Tochterzellen zerfiel; die Tochterzellen (Spermatiden) sollen innerhalb der Hülle auch zu Spermatosomen werden können, dann soll die Hülle platzen und die Samenfäden sollen frei werden. Ausdrücklich stellt Nıessıne in Ab- rede postmortale Konfluenzprodukte vor sich gehabt zu haben, das könne bei pe La VarrttE der Fall gewesen sein, bei ihm sicher nicht; seine derartigen Zellen seien stets vollkommen rund gewesen (cf. seine Fig. 41). Merkwürdig ist es, dass er auf Schnitten solche Gebilde sel- ten gesehen zu haben zugiebt und in sehr komplieirter Weise eine Konservirungsmethode schildert, die einzig zuverlässige Präparate zu liefern im Stande sei. Schwer verständlich ist mir ferner, wie die Unmasse »Eiweiß«, welche er in seiner Fig. 20 abbildet, in der kleinen central gelegenen Hülle Platz gehabt haben soll, und wie überhaupt diese Hülle nach dem Platzen allemal ganz in das Innere der Eiweib- masse gelangen soll, viel eher dürfte dieselbe doch bloß einen Riss nach dem Locus minus resistens hin bekommen, und im Übrigen den 1 Verh. der phys.-med. Ges. zu Würzburg. Neue Folge. Bd. XXI. >» 2 Archiv für mikr. Anat. Bd. XXV oder siehe WALDEYER. 3 Neue Denkschr. der allgem. Schweizer Gesellsch. f. d. ges. Naturw. Bd. VIII. 1847. 74 Franz Etzold, Nachbarelementen glatt angedrückt bleiben. Ich habe für Säugethiere keine genügende Erfahrung, um die Nizssıng’sche Meinung zurückweisen zu können, beim Sperling habe ich nie mehrkernige Zellen gefunden, außer in frischen Präparaten, wo sie sehr häufig sind, auf Schnitten fand ich sie nur einmal beim Haushahn in einem Falle, in dem ich vor- weg wusste, dass die Fixirung mangelhaft war. Demnach muss ich für mein Objekt die Existenz dieser eigenthümlichen Zellen ganz ent- schieden in Abrede stellen. Zu demselben Resultat gelangte auch Hermann in seiner Arbeit, »Beiträge zur Histologie des Hodens«!'. Dieser Autor stellt sich ganz auf die Seite Benpa’s und v. Esner's und meint, dass Nıessings Ansicht nur »in der äußerst mangelhaften An- wendung der Präparationsmethoden von Seite des Autors begründet ist«e. Im Übrigen beschreibt Hermann mit allen modernen Mitteln der Technik äußerst sorgfältig durchgeführte Untersuchungen in Bezug auf den feinsten Bau der einzelnen Zellelemente im Hoden der Säugethiere und Amphibien. Auf eine kleine Differenz hinsichtlich der Nomen- klatur zwischen Hermann und mir möchte ich hinweisen. HERMANN nennt nämlich die Zellen mit dem dichten Knäuel nach H. Brown »growing cells«, und erst ihre weiteren Entwicklungsstadien mit den dünneren Knäueln Spermatocyten, während ich den letzteren Namen auf alle zwischen den Spermatogonien und den Spermatiden liegenden Zellen ausdehne. v. Esxer nennt alle diese Zellen mit dem gemein- samen Namen der Henze’schen Zellen. Vergleichen wir die Resultate, zu denen BEnDA, v. EBNER, HERMANN bei der Untersuchung funktionirender Hodenkanälchen der Säuge- thiere gelangten, mit den Ergebnissen, die wir, den Hoden von Fringilla domestica in seiner Entwicklung von der Winterruhe zur Brunft Schritt für Schritt beobachtend, erhielten, so stoßen wir auf eine merkwürdige Übereinstimmung. Wir finden im Vogelhoden eben so wie im Säuge- thierhoden zwei Zellenarten, und zwar im juvenilen eben so gut wie im ruhenden oder funktionirenden. Wir können die Beschreibung, welche jene Autoren von den einzelnen Zellelementen geben, geradezu wörtlich übertragen auf die Gebilde, welche wir nach und nach beim Sperling entstehen sahen. Unsere Zellen A sind die Spermatogonien, die daraus hervorgehenden A, die Spermatocyten, die aus diesen sich entwickelnden A, die Spermatiden, welche beide in ihrer Verbindung mit den Zellen B die Spermatoblasten darstellen und sich zu Spermato- somen ummodeln. Wie wir oben dargethan haben, wird man sich dazu entschließen müssen, den Zellen B einen besonderen Namen zu geben, 1 Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXIV. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 75 der von ve La Varerte abweicht. Ich würde mich am liebsten an Serrorı anschließen, der sie Cellule ramificate nennt, da sich dieser Name aber im Deutschen als Substantiv schlecht macht, und da mir ferner auch der v. Esner’sche Vorgang, sie mit dem Autornamen zu be- legen, nicht zusagt, so nenne ich sie mit Benpa »Fußzellen«. Ihrer physiologischen Bedeutung nach, die ihnen ja wohl nicht abgesprochen werden kann, dürften sie als »Hilfszellen« bezeichnet werden können, doch sei es ferne von uns, einen neuen Namen einführen zu wollen. Es gelang uns, wie aus dem Gesagten hervorgeht, das was v. Ep ner und Brnpa an ein und demselben thätigen Hoden gesehen haben, im Vogelhoden in streng chronologischer Aufein- anderfolge zu beobachten und damit die Richtigkeit der Ansicht, welche jene Autoren über die Abstammung der einzelnen Zellgebilde des funktionirenden Hodens ge- wonnen haben, aufeinem neuen Wege zu erweisen. C. Das funktionirende Hodenkanälchen bei Fringilla domestica. Da die Übereinstimmung in der Existenz und im Ursprung der einzelnen Zellarten des Säugethier- und Vogelhodens natürlich Diffe- renzen hinsichtlich der Zahl, Anordnung, Funktionsart etc. nicht aus- schließt, so wollen wir jetzt noch kurz den funktionirenden Fringilliden- hoden beschreiben und mit dem thätigen Säugethierhoden vergleichen. Von vorn herein wird man Unterschiede erwarten dürfen, wenn man an die Art des Geschlechtslebens der meisten Säugethiere und gerade der Fringilliden denkt. Die meisten Säugethiermännchen äußern Brunftgefühle während des ganzen Jahres, oder doch längere Zeit hin- durch, während die durch geradezu musterhafte Monogamie sich aus- zeichnenden Fringilliden, wie schon oben ausgeführt, eine kurze Brunftperiode haben, in der noch dazu nur einige Höhepunkte wirklich zum geschlechtlichen Verkehr zu führen scheinen. Wir haben die Entwicklungsvorgänge verfolgt, bis wir in der Lage waren, die Umbildung der Spermatiden, die wir als Zellen A, einführ- ten, zu Spermatosomen in großen Zügen zu schildern. Dazu diente uns der Hoden eines am 26. März getödteten Sperlings. Das Bild, welches das Hodenkanälchen eines am 18. April getödteten Sperlings darbietet, ist nur wenig komplieirter, es treten zu dem schon Bekannten bloß die Spermatoblasten, in dem Grade der Entwicklung, den v. Esner u. A. aus dem Säugethierhoden abbilden, da wo sich schon wieder eine neue Spermatidengeneration auszubilden beginnt. Der Kern der zu Sperma- toblasten gewordenen Fußzellen liegt in der uns schon geläufigen Form der Wand direkt an, von ihm strahlt fast senkrecht zur Kanälchenwand 76 Franz Etzold, das Protoplasma aus, eine ziemlich grobe Fadenstruktur zur Schau tragend. Diese Fädigkeit lässt sich auch da noch deutlich erkennen, wo die Köpfe der Spermatosomen in ihm eingebettet liegen, möglicher- weise umhüllt es auch noch die Schwanzfäden der Spermatosomen, doch vermag ich darüber nichts Bestimmtes auszusagen, weil diese letzteren, häufig schwach gewellt vorliegend, sich mit meinen Systemen nicht scharf von den protoplasmatischen Fäden trennen lassen, nament- lich wenn man die Beschreibung liest, welche v. Esner (p. 277) von »pseudopodienartigen Gebilden« an seinen Rundzellen und Hzxıe’schen Zellen giebt. Das Spermatosomenbündel verliert sich etwa am Ende des ersten Drittels vom Kanälchendurchmesser in eine protoplasma- tische Masse, welche vollständig übereinstimmt mit den Enden der v. Esner’schen Spermatoblasten, dieselbe dürfte demnach möglicher- weise aus den Fortsätzen der Fußzelle bestehen. Sicher aber enthält sie die für die Spermatosomenbildung belanglos bleibenden Plasma- theile der Spermatiden. v. Esyer widmet diesen Gebilden eine längere Auseinandersetzung, er beschreibt Fetttropfen und tingible Körnchen in ihnen und sieht dieselben in bestimmten Stadien, nämlich nach Ab- stoßung der Samenfäden bis zur Neubildung von Spermatoblasten durch das Plasma der Fußzelle nach der Wand hin wandern und dort verschwinden, also wohl resorbirt werden. Nach ihm sehe man hier einen Vorgang sich abspielen, durch den gewissermaßen das Thier zu retten sucht, was sich bei dem mit Nothwendigkeit bei der Spermabildung erfolgenden Substanzverlust retten lässt. Die Spermatoblasten hätten demnach darin ihre physiologische Bedeutung, dass sie diese Erspar- nisse vermitteln und ermöglichen. Ich habe dieser, eine besondere sorgfältige Untersuchung erfordernden Frage keine große Aufmerksam- keit zugewendet, muss aber doch als sicher hervorheben, dass man in den losgelösten, im Kanälchen frei schwimmenden Spermamassen sehr viele protoplasmatische Kugeln und tingible Körnchen etc. beim Sper- ling findet, woraus hervorgeht, dass zum mindesten der größte Theil der Spermatiden bei der Spermatosomenbildung dem Thier verloren geht, dabei kann ja immer noch etwas wieder durch die Spermato- blasten resorbirt werden. Die Längsschnitte durch die Hodenkanälchen des Sperlings er- langen gerade durch das starke Hervortreten protoplasmatischer Massen ein sehr charakteristisches Gepräge. Die Fußzellen liegen so dicht bei- sammen, dass sie bloß ein bis drei Spermatogonien zwischen sich haben, so dicht liegen natürlich auch die Spermatosomenbündel. Letztere reichen, wie bemerkt, bis an das Ende des ersten Drittels vom Kanäl- chendurchmesser und dort bilden die Plasmatheile, welche den Samen- Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete, 71 fäden wie zähe Tropfen anhängen, eine dichte Masse, verschmelzen vollständig mit einander, so dass ihre Gesammtheit einen vollkommenen Cylinder koncentrisch zu der Kanälchenwand zusammenbaut. Inner- halb dieses Rohres nun fließt die Masse der losgelösten Spermatosomen in einem wahren Strome protoplasmatischer Massen, die sich sehr häufig etwas kugelig zusammenballen. Die Längsschnittbilder erinnern auf- fällig etwa an einen Bach oder an eine Chaussee, längs deren Bäume angepflanzt sind, deren Kronen sich durch einander verzweigen. Die losgelösten Spermatosomen würden bei der Weiterführung dieses Ver- gleichs etwa die Stämme eben jener auf dem Bache verflößten oder auf der Straße fortgefahrenen Bäume sein. Die losgelösten Spermatosomen kommen beim Sperling gar nicht in Verbindung mit den noch nicht reifen, können also auch sicher nicht losreißend auf letztere wirken, wie Nizssine von seinem ersten Schub der Säugethiersamenkörper be-# hauptet. Der ganze Mantel zwischen der Kanälchenwand und dem cen- tralen Protoplasmarohre ist vollkommen isolirt, die Entwicklungsvor- gänge können in demselben ganz ungestört verlaufen. Man sieht inner- halb dieses Mantels zu beiden Seiten der Spermatosomenbündel im Schnitt nun die verschiedenen Zellenarten im Allgemeinen säulenförmig aufgebaut und zwar reichen die centralst gelegenen meistentheils weit an den Spermatosomenfäden hinauf. Diese innersten Zellen sind Sper- matiden, welche anfangen in Spermatosomen überzugehen, sie haben also runde oder schon längliche, tief dunkel gefärbte Kerne mit einem sehr hellen Hof. Wandwärts liegen nun chronologisch geordnet die eigentlichen Spermatiden und dann die Übergangsstufen zu den Sper- matoceyten, diese selbst, jedoch nicht allemal in typischer Ausbildung und endlich in ein oder zwei Lagen die Spermatogonien. Was den Abstand zweier Samenfadenbündel von einander anlangt, so beträgt derselbe im Allgemeinen so viel, dass zwei Zellsäulen zwischen ihnen Platz finden, hin und wieder sieht man auch bloß eine Säule da- zwischen, oder aber es finden deren drei bis vier Platz. Man zählt 38—40 Spermatosomenbündel auf einem Kanälchenquerschnitt. Erhebliche Schwierigkeiten stellen sich der Beobachtung der Pro- toplasmaausläufer des Spermatoblasten entgegen. Ben und v. EBner verlegen beim Säugethier die Copulation derselben mit den runden Hodenzellen, den Spermatiden, in die Zeit, wo letztere aus der Theilung der Spermatocyten als einfache runde Zellen hervorgegangen sind und noch keine Spur von Spermatosomeneigenthümlichkeiten zeigen. Wir hatten Gelegenheit, bei den Fringilliden zu beobachten, dass das er- _ wähnte Protoplasma schon die sich bildenden Spermatoeyten umfloss und dass die Theilungen dieser letzteren zu Spermatiden also schon 78 Franz Etzold, innerhalb jenes Protoplasmas erfolgten. Hieraus ergiebt sich mit Noth- wendigkeit, dass der Spermatoblast bei unserem Objekt etwas kom- plieirter aufgebaut ist, indem wir nicht bloß Spermatiden in ihm finden, sondern auch schon Spermatocyten und die einzelnen Übergänge der- selben zu den Spermatiden. Alles, wasdasindifferente Drüsen- epithel des Hodens zu einer Sexualdrüse machte, ge- schieht durch eine Verbindung derindifferenten Drüsen- epithelzellen mit einer zweiten Zellart!. Schnitte, welche schräg durch das Kanälchen gehen oder dasselbe nahe dem Rande längs treffen, begründen die oben angeführte Ansicht vom Bau des Spermato- blasten. Man sieht nämlich da Bilder, wo die in Protoplasma eingebettet liegenden Schwanzfäden oder auch die Köpfe der Spermatozoen quer oder schräg durchschnitten sind und diese stehen durch labile Proto- “ plasmamassen und -stränge in Verbindung mit Spermatiden und Über- gangsformen derselben zu Spermatosomen , aber auch mit Spermato- cyten mit und ohne Theilungserscheinungen. Alle diese Zellelemente liegen kreisförmig um die Bündel herum und sind also offenbar dem Spermatoblasten zugehörig. Einen weiteren Beweis liefern Isolations- präparate. Es gelingt mitunter, einen Spermatoblasten in derselben Form zu isoliren, wie solche von Säugethieren bekannt ist; ungleich häufiger aber, und dadurch auf einen festeren Zusammenhang hindeu- tend, findet man um die Spermatosomenbündel herum einen Mantel von Spermatocyten, Spermatiden und sich entwickelnde Spermatosomen, während die centralen Spermakörper augenscheinlich zur Auswanderung fertig sind. Der Spermatoblast ist nach dem Gesagten beim Sperling nicht wie beim Säugethier als ein einheitliches Gebilde zu deuten, welches mit einer kleineren Gruppe von Spermatosomenbildnern steht und fällt, sondern er macht hier viel mehr Entwicklungsprocesse durch, die, wie wir weiter unten sehen werden, für die Intensität und den Verlauf der Samenfadenentwicklung von höchster Bedeutung sind und tieigreifende Unterschiede zwischen den beschriebenen Säugethier- und unserem Vogelhoden begründen. Ein erheblicher Unterschied zeigt sich zwischen beiden Beobach- tungsobjekten schon in der Zahl der zelligen Elemente. v. Esser zählt in einem Spermatoblasten 8&—12, mitunter auch mehr Spermatozoen und leitet dieselben von mehreren Wandzellen ab, deren jede durch eine Theilung eine seiner Hrnr’schen Zellen liefern soll, während sich aus letzterer durch zwei Theilungen vier Spermatiden entwickeln. I cf. GrÜNHAGEN, Lehrbuch der Physiologie. Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc, 79 Nach seinen Abbildungen findet sich im Allgemeinen nur eine Sperma- togonie zwischen zwei Spermatoblasten, eben so bloß eine Spermato- eyte und in doppelter Reihe vier Spermatiden über einander. Bei uns sind in demselben Raum meist zwei, oft sogar mehr Spermatogonien und eben so viele Spermatocyten, ferner eben so viel Übergangsbilder derselben zu Spermatiden, schließlich oft sechs bis acht Spermatiden über einander in mindestens doppelter Reihe zu zählen. Danach nimmt es nicht Wunder, dass man statt der 8—12 Spermatosomen des Säuge- thierspermatoblasten beim Sperling 40—50 annähernd gleich weit ent- wickelte Samenkörperchen einer Fußzelle anhängen sieht. Hieraus folgt, dass bei letzterem Objekt auf derselben Fläche viel mehr Sper- matozoen gebildet werden, als bei den Säugethieren. So leicht verständlich in dem Sperlinghoden das Bild eines funktio- nirenden Samenkanälchens in Betreff seiner zelligen Elemente ist, wenn man Schritt für Schritt seine Entwicklung beobachtet hat, so erheben sich bei seiner Betrachtung andere, mehr physiologische Fragen, die außerordentlich reich sind an Kontroversen und zum Theil noch keine befriedigende Lösung gefunden haben. Wie funktionirt der ganze Ho- den? läuft eine Sekretionswelle durch die Kanälchen, so dass wir all- mählich die einzelnen Phasen zu Gesicht bekommen, wie Brxpı und v. Ener beim Säugethier beobachteten, oder erfolgt die Samensekretion nach irgend einem anderen Modus? Wie geschieht die Erneuerung der Spermatoblasten? wie die Abstoßung der ausgebildeten Spermatosomen? Was zunächst die Frage nach der topographischen Verthei- lung der einzelnen Entwicklungsstadien anlangt, so kommen BenpA, v. Esner und Fürst ! zu der Überzeugung, dass die einzelnen Stadien schubweise von einer größeren Anzahl benachbarter Zellen durch- laufen werden und dass diese einzelnen Schübe gesetzmäßig neben einander verlaufen, so dass sich also gleichsam Sekretionswellen durch das Kanälchen verfolgen lassen. Benpa im Besonderen unterscheidet vier schubweise verlaufende Akte: »1) Vermehrung der Stammzellen (Spermatogonien), 2) Produktion von Samenzellen (Spermatiden) durch einen Theil der Stammzellen, 3) Copulation der Fußzellen mit den Samenzellen, 4) Umwandlung der kopulirten Samenzellen in Sperma- tozoen.« Und weiter: »Die verschiedenen Akte der Samensekretion greifen in jedem Kanälchenabschnitt gesetzmäßig in einander, derart, dass immer bestimmte Punkte zeitlich sich folgender Sekretionsschübe koincidiren. Wenn wir die Umwandlung einer Samenzelle in ein Sper- 1 Die Nıessıng’sche Ansicht über den Sekretionsverlauf, die allem Anschein nach lediglich durch die Beobachtung von Querschnittsbildern gewonnen ist, über- gehe ich, da ich gar keine Anknüpfungspunkte finde. s0 Franz Etzold, matozoon als Zeitmaß.statuiren, fällt: a) mit dem Abschluss jeder Um- wandlungsperiode die Vermehrung der Stammzellen zusammen; b) mit dem Beginn der Umwandlungsperiode beginnen die vorbereitenden Veränderungen der Stammzellen für die Samenzellenproduktion; c) die Vorbereitung einer Samenzellenproduktion nimmt immer zwei Umwand- lungsperioden in Anspruch, es sind also immer zwei Produktionsschübe gleichzeitig in Vorbereitung; d) mit dem Abschluss jeder Umwandlungs- periode fällt wieder die Vollendung einer Samenzellgeneration zu- sammen, so dass beim Abschluss der Umwandlung in demselben Ka- nälchenabschnitt das Material für eine nächste Periode in Bereitschaft liegt.« v. Esser maß, wie schon erwähnt, den Abschnitt des Kanäl- chens, in dem alle Phasen der Sekretion sich abspielen und erhielt da- für 32 mm. Was nun im Gegensatz hierzu den Fringillidenhoden an- langt, so liegen die Verhältnisse daselbst vollständig anders. Als wir oben den Bau des Spermatoblasten schilderten, fanden wir, dass mit einer Fußzelle alle Entwicklungsstadien der Spermatogonien mit Aus- nahme der letzteren selbst, in Verbindung stehen. Daraus folgt, dass keine Sekretionswellen durch die Kanälchen des Sperlingshodens ver- ‚laufen, sondern dass sämmitliche Entwieklungsvorgänge an einem Punkte zum Abschluss gelangen. Die Wellenlänge einer Samensekretions- periode ist also hier gewissermaßen auf die Distanz zweier benachbar- ter Zellen zusammengeschrumpft. Die Spermatogonie und ihre ersten Derivate liegen direkt neben den Endprodukten dieses eigenthümlichen Entwicklungsprocesses. Hierin liegt zugleich der Grund, wesshalb der Hoden des Sperlings im mikroskopischen Präparat allenthalben einen ‚so gleichmäßigen Eindruck macht. Ich habe die Ergebnisse Benpa’s und v. Esner’s an einem Hoden von Cervus elaphus vollständig bestätigt ge- funden und war überrascht, auf wie langen Strecken ich den nämlichen Stand der Spermaentwicklung beobachten konnte, bis dann ziemlich schnell sich das Bild vollständig änderte — hier dagegen, beim Sper- ling, findet man durch den ganzen Hoden hindurch fast überall die- selben Bilder. Einen thätigen Sperlingshoden zerlegte ich in über 1500 Schnitte und hätte an einem Schnitt, ja an einer Einstellung das Nämliche sehen können, wie an allen 1500. Auch hieraus geht hervor, dass auf einmal von derselben Sekretionsfläche bei unseren Vögeln un- gleich mehr Spermatozoen hervorgebracht werden können, als bei den Säugethieren, und hierdurch kommen wir zu einer Erklärung der enor- _ men, sprichwörtlich gewordenen, geschlechtlichen Leistungsfähigkeit des Sperlings, wenn er auf der Höhe der Brunft steht. Man denke nur, dass in jedem Spermatoblasten ungefähr 40 Spermatosomen auf an- nähernd derselben Stufe der Entwicklung stehen, dass die Spermato- IE EEEETT HET Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 81 blasten dicht neben einander, etwa 40 auf einem Querschnitt liegen und man wird zu der Überzeugung kommen, dass hier eine Produktion von Spermatosomen möglich wird, welche alle etwaigen Nachtheile, die der Coitus ohne die Immission eines Penis etwa haben könnte, durch ‚die Masse der Zeugungsstöffe ausgleicht. Weiter fragen wir uns noch nach der Art, wie die Spermatosomen frei werden. Brxpa antwortet darauf ausweichend, er lässt es unent- schieden, ob dieLösung von der Fußzelle spontan oder passiv durch Druck seitens der wuchernden Nachbarelemente erfolgt. v. Eswer hebt aus- drücklich hervor, dass sich im Kanälchen keine Bewegungen der Samen- fäden beobachten lassen. Mir selbst ist der eigentliche Ablösungsvor- gang unklar geblieben. Man sieht die Übergangsstadien der Sperma- tiden zu Spermatosomen am weitesten nach dem Inneren des Kanälchens vorgeschoben und die reifsten Samenkörper am meisten der Wand ge- nähert, muss also annehmen, dass die sich umbildende Spermatide oder wenigstens ihr Kern zunächst nach der Wand hin gezogen wird, wäh- rend das Plasma allem Anscheine nach an dem sich entwickelnden Faden hinabrutscht und zur Bildung des oben beschriebenen Rohres im Kanälchen mitwirkt. Gelegentlich sieht man auch im Vogelhoden Sper- matozoen bis an die Wand des Kanälchens reichen, ein Verhältnis, welches Bıonvı bestimmte, den Übergang einer ganzen Generations- säule zu Spermatozoen zu behaupten. Derartige, wandständige Sper- matosomen fand ich nur sehr selten beim Sperling, am ehesten noch an Hoden von im Mai oder später getödteten Thieren, die im Ganzen ärmer sind an Zellen, vielleicht weil in ihnen während der Brutpflege eine Ruhepause in der Produktion eintritt. Nach dem eben Geschil- derten kann offenbar der Druck der wuchernden Nachbarelemente eben so gut zum Festhalten der Spermatosomen dienen, wie zum Ab- stoßen derselben. Noch unklarer wird die Sache, wenn man das weitere Schicksal der Spermatoblasten ins Auge fasst. v. Esser und Benna sehen beim Säugethier die Spermatosomen sich gleichzeitig vom Sper- matoblast loslösen. Damit ist letzterer als solcher natürlich nicht mehr vorhanden, es liegt an seiner Stelle bloß eine Fußzelle mit weichem Protoplasmaleib vor. Bewp4 geht sogar so weit anzunehmen, dass auch die Fußzellen vielfach zu Grunde gehen, wogegen sich v. Ener ener- gisch sträubt. v. Esser nimmt wohl mit Recht an, dass die Fußzellen während der ganzen Funktionsdauer des Hodens erhälten bleiben, ob- wohl er bei seiner Beschreibung des Keimnetzes noch eher eine Er- neuerung der Fußzellen wahrscheinlich machen könnte, als Benpa, der bloß mitunter das Bild v. Esner’scher Keimnetze findet. Mir ist es nir- gends gelungen, im funktionirenden Kanälchen Theilungen der Fuß- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LII, Ba. 6 82 Franz Etzold, zellen zu finden. Die Theilungen, welche der Zahl der Fußzellen auf einem Querschnitt nach vorhanden sein müssen, fallen in die Zeit der Spermatocytenbildung, ich trete in Folge dessen auch dafür ein, dass Neubildungen von Fußzellen im funktionirenden Kanälchen nicht vor- kommen. J Was das Verschwinden der Spermatoblasten anlangt, so muss ich für den Sperling nach meinen oben dargelegten Befunden einen anderen Modus statuiren, als dies v. Esner und BenpA für die Säugethiere thun. Die Spermatoblasten verschwinden im funktionirenden Sperlings- hoden überhaupt nicht. Die ausgereiften Spermatozoen werden viel- mehr abgestoßen oder lösen sich los, worauf dann die nächstreifen an ihre Stelle treten. Gleichzeitig rücken von oben ganz unreife Sperma- tosomen bezw. Spermatiden in den mittleren Protoplasmastrang des Spermatoblasten ein. Auch die übrigen Zellelemente rücken nach und am unteren peripheren Theile des Spermatoblasten werden neue Sper- matocyten bezw. Spermatogonientheilprodukte von Protoplasma um- flossen. Die Abstoßung geschieht augenscheinlich einzeln oder nur in kleineren Bündeln, je nachdem die Spermatosomen gleichzeitig reif werden. Man sieht häufig einzelne Samenfäden oder auch Bündel von solchen in der Richtung des Fußzellplasmas nach dem Lumen rücken, dort ihre gleichmäßige Stellung aufgeben und in den im Inneren sicht- baren Strom von Spermatosomen, kleinen Körnchen und Protoplasma- klümpchen eintauchen. Natürlich schlägt hierbei der Faden die Rich- tung jenes Stromes ein. Dass die reifen Spermatosomen wirklich stets durch die Mitte des Spermatoblasts auswandern, kann man an querge- schnittenen derartigen Gebilden sehr leicht feststellen. Man sieht da- bei peripher oft Spermatiden, beziehentlich deren erste Umwandlungs- stadien, central quer geschnittene Schwanzfäden von Spermatosomen und innerhalb derselben quer geschnittene Köpfe von auswandernden Samenkörperchen, Bilder also, die sehr dafür sprechen, dass die Lö- sung der Spermatosomen aus eigener Initiative erfolgt. Da die weiteren Vorgänge im Sperlingshoden einer besonderen, auf die Rückbildungserscheinungen hinzielenden Untersuchung ange- hören, so sind wir am Ende unserer Aufgabe angelangt und können nun die im Hoden des Sperlings stattfindenden Entwicklungsprocesse in folgenden Worten kurz wiederholen: | Der ruhende Hoden des ausgewachsenen Sperlings, welcher sich histologisch so verhält wie der des Nesthockers, zeigt zwei Arten von Zellen: Fußzellen und Spermatogonien. Die letzteren liegen in von protoplasmatischen Ausläufern der ersteren gebildeten Kavernen. Beide Zellenarten vermehren sich, das Kanälchen vergrößert seinen Quer- Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica etc. 83 schnitt und die Spermatogonien liefern als erste Zellart von abweichen- dem Habitus die Spermatocyten. Dadurch dass dieselben vom Fußzell- protoplasma umflossen werden (CGopulation nach BennpA), entstehen die jugendlichsten Spermatoblasten. In diesen Spermatoblasten, welche einen Zellmantel mit einem protoplasmatischen Inhalt, an dessen einem Ende der Fußzellkern sitzt, darstellen, zerfallen nun die obersten Zellen — Spermatocyten — nach mehreren Übergangsstufen in Spermatiden, und diese fangen an, sich in Spermatosomen umzubilden. Jetzt wird die Vereinigung der Spermatiden mit der Protoplasmaachse eine in- nigere, die jungen Spermatosomen dringen in der Plasmaachse nach der Kanälchenwand vor, sie reifen vollends, lösen sich einzeln oder partienweise los und ihr Platz wird sofort von dem jüngeren Nachschub eingenommen, während alle Zellen des Spermatoblasten nachrücken und unten immer neue Spermatocyten an seinen Mantel sich anlegen. Auf diese Weise verläuft die Spermatosomenentwicklung im funktio- nirenden Sperlingshoden überall gleichzeitig und gleichmäßig und diese höchst intensive Samenfadenbildung ruft eine überaus energische Brunft hervor. Leipzig, im April 1890. Erklärung der Abbildungen. Die Figuren sind zwar ohne Camera lucida, aber mit möglichster Genauigkeit ausgeführt. Allgemeine Bezeichnungen. A, Spermatogonie; B, Fußzelle; Tp, Tunica propria ; A}, Spermatocyte; A, Übergangsstadien der Spermatocyten zu Spermatiden ; As, Spermatide; sp, Entwicklungsstadien der Spermatiden zu Spermatosomen ; spz, Spermatosoma; sps, Spermatosomenschwanz; spk, Spermatosomenkopf; P, centrale, ein Rohr bildende ua nanase, von Fußzellen und Spermatiden herrührend; KP, Protoplasma, welches im innersten Theil des Kanälchens schwimmt und die abgelösten Spermatosomen enthält. Tafel VI. Fig. 4. Theil eines Samenkanälchenlängsschniltes aus dem Hoden eines am 42. Januar getödteten Sperlings, Pikrokarmin. 6% 34 Franz Etzold, Die Entwicklung der Testikel von Fringilla domestica ete, Fig. 2. Theil eines Samenkanälchenlängsschnittes aus dem Hoden eines am 22. Januar getödteten Sperlings. Saures Karmin. Fig. 3. Theil eines Samenkanälchenlängsschnittes aus dem rechten Hoden eines am 42. Februar getödteten Sperlings. Boraxkarmin. Fig. 4, Theil eines Samenkanälchenlängsschnittes aus dem linken Hoden eines am 6. März getödteten Sperlings. Hämatoxylin. Fig. 5. Längsschnitt durch eine Wand eines Samenkanälchens aus dem linken Hoden eines am 26. März getödteten Sperlings. Hämatoxylin. Fig. 6. Eine andere Stelle aus dem nämlichen Hoden. Fig. 7. Längsschnitt durch die Wand eines Samenkanälchens aus dem linken Hoden eines am 5. April getödteten Sperlings. Hämatexylin. Fig. 8. Längsschnitt durch die Wand eines Samenkanälchens aus dem linken Hoden eines am 18. April getödteten Sperlings. Hämatoxylin. Das Bild zeigt ein- zelne auswandernde Spermatosomen, deren Fäden in die Richtung des Proto- plasma-Spermatosomenstromes im Centrum des Kanälchens einlenken. Fig. Ja. Schrägschnitt durch den Theil eines Spermatoblasts, wo die Sperma- tiden anfangen sich in Spermatosomen umzubilden. Aus demselben Präparat wie Fig. 8. Fig. 95. Querschnitt durch den oberen Theil eines Spermatoblasts aus dem- selben Präparat. Man sieht quer geschnittene Köpfe auswandernder Spermatoso- men inmitten der quer geschnittenen Schwänze reifender Spermatosomen. Bau u. Entwicklungsgeschichte v. Pentastomum proboscideum Rud. und Pentastomum subeylindricum Dies. Von Charles Wardell Stiles aus Hartford (Conn., U. $. A.). Mit Tafel VII und VIII, I. Historischer Theil‘. Pentastiomum proboscideum Rud. Der Species P. proboseideum wird zum ersten Male mit wenigen Worten in Arrx. von Humsorpr’s Ansichten der Natur (p. 162. Erste Auflage erschien 1808) Erwähnung gethan. Er fand in den weitzelligen Lungen einer Klapperschlange mehrere Individuen dieser Species, hielt sie aber der Körpergestalt und der eigenthümlichen Bewaffnung wegen für einen Echinorhynchus. Bei näherer Untersuchung, deren Resultate er in den Erläuterungen und Zusätzen zu diesem Werke niederlegte (p- 227), änderte er seine Ansichten dahin um, dass dieses Thier wohl nicht zu der Klasse der Echinorhynchen, sondern vielmehr den Disto- men zuzurechnen sei. Am selbigen Orte finden wir die wichtige und interessante Angabe, dass selbige die Bauchhöhle und Lungen des Cro- talus durissus, welcher in Cumana bisweilen im Inneren der Häuser lebt und den Mäusen nachstellt, bewohnt. Ruporpnı? führt unsere Endoparasiten als Distomum crotali unter den Species dubiae auf. Kurz nachher (1811) veröffentlichte HumsoLpr eine eingehendere anatomische Untersuchung’. Er stellt sie unter dem Namen Porocephalus crotalus zwischen Haeruca (Pırzas) und Proboscidea (Brucnikre). Nach seinen Angaben ist das vordere Körperende mit fünf krallenförmigen Haken bewaffnet. Die Vagina (Canal vermiforme) fand 1 In Betreff der Geschichte der Gattung Pentastomum siehe LEuckArT’s »Bau und Entwicklungsgeschichte der Pentastomen«. Leipzig und Heidelberg 1860. 2 Entoz. Hist. nat. 1809. Vol. II. P. I. p. 433. 3 Recueil d’observations deZool.et Anat.Comp. Vol.I. p. 298—304. Taf. XXVI, Fig. I—4, Ss6 Charles Wardell Stiles, er einem Darme sehr ähnlich, fühlte sich aber durch die Analogie von der Ascaris megalocephala gezwungen, sie als ein Ovarium, das eigent- liche Ovarium aber als Rückennerv in Anspruch zu nehmen. Die wirk- lichen Nerven, sowie ganglionäre Anschwellungen hat er nicht gefun- den. Eben so ist der Anus seiner Betrachtung entgangen. Im Jahre 1812 beschrieb Ruporraı die von HumsoLpr beobachteten Pentastomen als Polystomum (pentastomum) und stellte sie den Poly- stomum serratum, denticulatum und taenioides sehr nahe!. Er kritisirt die eben genannte anatomische Untersuchung und giebt eine lateinische Diagnose für das Thier, ohne jedoch unsere Kenntnisse im geringsten zu erweitern. Auch in der Entozoorum Synopsis, 1819 (p. 124, 134 bis 435) erwähnt Ruporrnı das Thier und giebt nochmals die im Wesent- lichen gleiche Diagnose. In dem Appendix der Synopsis (p. 687—688) führt er an, dass er ein in Brasilien in den Lungen von Crocodilus sclerops aufgefundenes Exemplar vom Wiener Museum bekommen und eingehend auf seinen anatomischen Bau untersucht habe. Späterhin hat Dırsıne den Nachweis geliefert, dass der unter dem Namen P. pro- hboscideum von Ruvorpnı beschriebene Parasit eine selbständige Spe- cies, und zwar P. oxycephalum ist. In Breuser’s Icones Helminthum, 1824, finden wir mehrere Abbil- dungen von Thieren, welche den Namen P. proboscideum tragen. Nur die drei letzten Figuren (Fig. 22—24) haben auf unsere Species Bezug, die anderen stellen P. subtriquetrum Dies. vor. In der zweiten Auflage Humsorpr’s Ansichten der Natur (II, p. 6, 73), welche im Jahre 1826 erschien, schließt sich HumsoıLpr an die Ansich- ten Ruporrnr's, nämlich dass dieser Parasit zu der Abtheilung Penta- stomum gehöre, an. Im Jahre 1836 gab Dissıne seine Monographie der Gattung Penta- stomum heraus. Er erkannte den Fehler, den Runporrnı bei seinen Unter- suchungen gemacht hatte und trennte die Species P. proboseideum und P. oxycephalum von einander?. Gleichzeitig macht er auf die Ähn- lichkeit des in den Lungen von Python tigris gefundenen P. moniliforme mit P. proboseideum aufmerksam. Wenn gleich seine Darstellung manche irrthümliche Angaben enthält, so ist doch die Schilderung der Anatomie in den Hauptzügen als zutreffend zu bezeichnen. Er wies nach, dass die Thiere, wie das schon früher seiner Zeit MenLıs? 1 Erster Nachtrag zu meiner Naturgesch. der Eingeweidewürmer. p. 106—407. Berliner Mag. f. d. neuesten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde. 2 p. 20—22. P. probosc. Taf. I, Fig. 1ı—24; Taf. II, Fig. 3—13, 49; Taf. III, Fig. 37—44 ; Taf. IV, Fig. ı—10.. P. oxycephalum, Taf. III, Fig. 16—23. 3 Briefliche Mittheilungen an Fr. S. LeuckArr. 4834, Erst in R. LeuckArr's Bau und Entw. der Pentastomen 1860 im Druck erschienen. Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 87 und Norpmann ! bei P. taenioides erkannten, geschlechtlich getrennt sind. | Dusarpın’s Histoire naturelle (1845) enthält (p. 307) dieselben Speciescharaktere wie Dissıng’s Monographie. Auch E. Brancnarn hat unsere Species untersucht und giebt an, zwei Schlundkommissuren gesehen zu haben?. Im Jahre 1848 erschien eine kurze Abhandlung vax Brnepden’s über den Bau und Entwicklung der Pentastomen°® und in dem darauffolgen- den Jahre eine weit ausführlichere Arbeit von demselben Autor‘. In der letzten wies er auf das Bestimmteste nach, was Owen? leugnete, aber andererseits Menrıs (]. c.), Mıram ®, NORDMANN (1. c.) und Diese (l. c.) behaupteten, dass nämlich die Pentastomen geschlechtlich getrennt seien. van BENEDEn war der Erste, der die Embryonen von Pentastomen und zwar von P. proboscideum gesehen und näher untersucht hat. Das Vorhandensein von quergestreifter Muskulatur in dem ausgebildeten Thiere und die Gestalt der Embryonen veranlasste ihn, diese Thiere nicht mehr den Würmern, sondern vielmehr den Arthropoden und zwar unter diesen speciell den Lernaeiden zuzurechnen. Ich kann es übri- gens nicht unerwähnt lassen, dass Cuvier seiner Zeit die Pentastomen (in seinem Reg. animal IV, p. 35, 1817) in die Nähe der Lernaeiden ge- stellt hatte, jedoch muss bemerkt werden, dass damals letztere auch für Würmer gehalten worden sind. Im Institut (Nr. 751, 1848) befindet sich eine wörtliche Wieder- gabe der oben erwähnten kürzeren Abhandlung van BENEDEN’S. v. SırsoLp’ erwähnt die Resultate Nornmann’s, Diesing’s und Mıram’s betrefis der Geschlechtsorgane der Pentastomen, doch enthält er sich alles Urtheils über die Geschlechtsverhältnisse dieser Gattung, da VALENTIN® in den Organen eines scheinbar weiblichen Pent. taenioides, welche Dissine für die eischalenabsondernden Blindsäcke erklärte, haarförmige Spermatozoen gefunden hat. 1 Mikrographische Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. p. 141. 2 Regne animal illustre, Zoophytes. Pl. XXVIIL, Fig. —A1e. 1836—4846; Rech. zool. et anat. sur l’organisation de Vers, Ann. des sc. nat. 3. Ser. VIII. p. 96, 127 —429, 4847; De l’organisation et des rapports naturels des Linguatules. Compt. rend. Acad. d. Sc. Paris. XXX. p. 645—647. 4850. 3 Bullet. d. l’acad. roy. d. Belg. XV. p. 188—194, * Rech. sur l’organisation et de developpement des Linguatules. Mem. de l’Acad. d. Brux. 3. Ser. Zool. XI. p. 313—347. 5 Trans. Zool. Soc. 4835. Vol.I. P. 4. p. 325—330. 6 Nova acta Acad. C. Leop. 4835. XVI. P. 2. p. 623—645; Ann. d. Sc. Nat. XVI. p. 135—154. 7 Vergl. Anat. der wirbellosen Thiere. I. p. 444. 4846, 8 Repertorium, Bd. III. p. 135. 1837, 88 Charles Wardell Stiles, Mit den Pentastomen scheint sich HumsoLor nicht wieder beschäf- tigt zu haben; so kommt es, dass die im Jahre 1849 herausgegebene dritte Auflage der Ansichten der Natur (p. 8, 75) über die Pentastomen dieselben Angaben enthält, wie die frühere. Dissıng giebt in seinem Systema Helminthum (1850) eine Diagnose von P. proboseideum, sowie Synonyma, Litteraturangaben, (wo letztere zwar etwas ungenau sind) die verschiedenen Wirthe und die Fundorte. Im Jahre 1851 vertritt Meyer wiederum die Zwitternatur von P. proboscideum. Er nannte diese Species Linguatula quadriuneinata und rechnet sie mit Echinorhynchus und Caryophyllaeus zu den Rhyten- helminthi!. Einen klaren Einblick in die gesammten Organisationsverhältnisse dieser höchst merkwürdigen parasitären Arachnoiden verdanken wir den Untersuchungen Leuckarr's, deren bedeutungsvolle Resultate der- selbe in der Abhandlung »Bau und Entwicklungsgeschichte der Penta- stomen« 1860 niederlegte. Ich will auf dieses Werk an dieser Stelle nicht näher eingehen, sondern es mir vorbehalten Leucrarr’s Angaben mit den Resultaten meiner eigenen Beobachtungen zu vergleichen. Eine kurze Beschreibung von P. moniliforme fand ich in P. M£enın’s. »Les Parasites et les maladies parasitaires (1880)«. Er schließt sich an VAN BENEDEN an und rechnet die Pentastomen zu den Crustaceen. Dabei (p- 447) vereinigt er die zwei Species P. moniliforme und P. probosei- deum unter dem Namen P. moniliforme. BELL spricht sich gegen eine derartige Vereinigung aus, ohne je- doch die Thiere selbst eingehend untersucht zu haben?. Im Jahre 1884 berichtet Leiwy über das Vorkommen von P. pro- boseideum im Crotalus adamanteus in Florida®. Auch Lupwıc hält die Angaben Me£enın’s beziehentlich der Ver- einigung von P. moniliforme und P. proboscideum für zutreffend #. Pentastomum subeylindricum Dies. Über Pentastomum subeylindricum existiren nur wenige Angaben. 1821 entdeckte NATTErEr in Ypanema frei in der Brust und Bauch- höhle einer Didelphys murina L. eine Anzahl Pentastomen, welche Diesing als neue Species (P. subcylindricum) in seiner Monographie be- schrieb und auf Taf. Il, Fig. 26—30 abbildete. Irrthümlicherweise giebt er die Zahl der Ringel auf 80 an. ! Frorıepr, Tagesberichte. p. 130—134. ? Ann. and Mag. of Nat. Hist. 5. Vol. VI. p. 173—176. 1880. 3 Proceedings Acad. of Nat. Sc. Phila. p. 140. * Synopsis der Zoologie. II. p. 624 Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum probosceidenm Rud. ete. 9 » Wymanx hat die Ähnlichkeit einer von ihm in den Lungen von Boa constrictor gefundenen Art (P. clavatum) mit P. subeylindricum hervorgehoben.« Da mir Wymanv’s Abhandlung! unzugängig ist, so ei- tire ich nach Leuckarr (l. c. p. 155). Dusarnıy der das Thier nicht selbst gesehen hat, giebt die Dinar Dissıne’s (Histoire nat. Helm. p. 305). Levckart hat einige der von Narrerer in Brasilien gesammelten Exemplare dieser Species näher untersucht. Die unverkennbare Ähn- lichkeit in anatomischer Hinsicht, welche zwischen P. proboscideum und P. subeylindricum obwaltet, gab ihm zu der Annahme Veranlassung, dass die letztere Species das Larvenstadium der ersten bilden möge?. In einem späteren Zusatz (l. c. p. 97) berichtet er, dass er einige aus den Lungen der Boa constrietor stammende Pentastomen untersucht habe, welehe sich von P. subeylindricum nicht unterscheiden ließen. Ferner will ich noch angeben, dass M£enın einige in dem Perito- neum eines Pariser Straßenhundes encystirte Pentastomen für die Lar- ven des P. proboscideum hielt. Infektionsversuche. Es ist Leuerart zuerst gelungen die Lebensgeschichte der Penta- stomen und zwar auf experimentellem Wege, zu erforschen. Er hat die embryonenhaltigen Eier des in der Nasenhöhle des Hundes parasi- tirenden P. taenioides an Kaninchen verfüttert. Es gelang ihm ferner die daraus sich entwickelnden Larven (P. denticulatum) wiederum im Hunde zum geschlechtsreifen Pentastomum zu erzielen. Guarr hat aller- dings schon früher (1854) die Vermuthung ausgesprochen, dass das P. denticulatum die Jugendform von P. taenioides bilden möge; den Be- weis dafür konnte er jedoch nicht erbringen. Obwohl von Leruckarr die Resultate seiner Experimente schon im Jahre 1857° und im Jahre 1860* veröffentlicht worden waren, so werden dieselben in der Abhandlung Coum’s® welche in den Bullet. de la Societe imperiale et centrale de Medecine veterinaire 1 Boston Journal of Nat. Hist. Il. p: 59. 1848. ° 2 Bau und Entw. p. 155. 3 Bullet. Acad. Roy. Belg. Ser. 2. Tom II. No.5, l’Instit. p. 400; Bullet. 2. Ser. Tom III. No. 8, l’Instit. p. 440; Bullet. 2. Ser. a III. No. 9—10; Zeitschr. für ration. Mediein. II. p. 48—-60; im Jahre 1858 Zeitschr. für‘ ration. Medicin. IV. p. 78—A04. * Bau und Entwicklungsgeschichte der Pentastomen. 9 Recherches sur le pentastome t&nioide des cavites nasales du chien, et nou- velles observations sur les an de ce ver entre les carnassiers et les herbi- vores. 90 Charles Wardell Stiles, und zwar im Jahre 1862 erschienen ist, mit keinem Worte erwähnt. Im Großen und Ganzen stimmt die Darstellung Corı’s mit dem Be- funde Leuckarr’s überein. Auch Cossoıp! stellte den Versuch an, Hunde mit P. denticulatum zu inficiren, indem er die vollkommen entwickelten Larven in die Na- senhöhle übertrug; es ist ihm aber nicht gelungen das P. denticulatum zu seiner Geschlechtsreife zu erziehen. ) GerracH? hat auf experimentellem Wege nachgewiesen, dass die an Hunde verfütterten Larven von P. taenioides durch die Darm- wand sich hindurchbohren, in der Leibeshöhle auf und abwandern und dann in die Lungen, Bronchien und Nasenhöhlen eindringen. Ferner giebt Gerracn an, dass die Larven aktiv aus dem Zwischenwirthe aus- wandern können. Caarin?® vermuthet, dass eine direkte Entwicklung ohne Wirth- wechsel bei einigen Species von Pentastomum stattfindet und als Be- weis dafür führt er.an, dass P. taenioides bei Pferden, also eine ge- schlechtsreife Form bei einem nicht fleischfressenden Vertebraten, dass P. denticulatum eingekapselt in der Leber der Katzen, also eine Jugend- form bei einem fleischfressenden Thiere gefunden worden sei. Nach verschiedenen Autoren ist P. taenioides auch in den Nasenhöhlen des Menschen, der Ziegen, Schafe und Rinder und P. denticulatum in der Leber des Menschen und des Pferdes gefunden worden. Wenn man diese Fundorte vergleicht, so könnte man allerdings geneigt sein, eine direkte Entwicklung ohne Wirthswechsel für P. taenioides anzunehmen. Einige dieser Vorkommnisse lassen sich jedoch auf andere Weise vielleicht besser erklären. Ich werde bei der Schilderung meiner eigenen Unter- suchung auf diesen Punkt zurückkommen. Bass? hat viele Rinder aufP. denticulatum in Rumänien (woselbst die betreffenden Parasiten außerordentlich häufig vorkommen sollen) untersucht und theilt hierüber Folgendes mit: »Einestheils ist die di- rekte Beobachtung von lebenden in Auswanderung begriffenen Penta- stomen, sowie die häufig gefundene Einklemmung des in das Darm- lumen sehenden Kopfes, während der Weg des Parasiten in der Darm- wand und im Peritoneum noch zu verfolgen ist, völlig beweisend .... dass es sich um eine Auswanderung der Parasiten handelt. « 1 Pentastomum denticulatum. Trans. of Linnean Soc. London. 1862. p. 351. 2 2. Jahresbericht der Thierarzneischule in Hannover. 4869. 3 Notes anatomiques sur une linguatule observ&e chez l’Alligator lucius. Ann. des sc. nat. Zool. VI. XIV. 1882. 4 Centralblatt f. Bakt. u. Parasitenkunde. V. p. 1—5. 1889. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, ete. 91 II. Eigene Untersuchungen. Experimentaluntersuchungen. Im Januar des Jahres 1890 machte ich bei Untersuchung des Dar- mes einer Boa constrietor, welche erst kurze Zeit vorher importirt worden war, auf Helminthen, die Entdeckung, dass in dem Inhalte des Colons zahlreiche embryonenhaltige Eier eines Pentastomum sich vor- fanden. Dieser Befund gab mir Veranlassung alle Organe einer gründ- lichen Durchmusterung zu unterziehen, um eventuell das Mutterthier zu ermitteln. Meine Nachforschung wurde reichlich belohnt. In der Leibeshöhle fand ich ein großes Weibchen und zwar dicht neben einem Loche in der Lunge, welches demselben offenbar als Austrittsöffnung gedient hatte. Den Lungen entnahm ich nicht weniger als 22 Exem- plare und zwar 12 geschlechtsreife Männchen und 10 vollständig mit Embryonen erfüllte Weibchen. Ferner fand ich in der.Luftröhre und der Nase je ein Weibchen. Außerdem wurde nachgewiesen, dass das Lungengewebe von einer Anzahl theils runder, theils mehr oder minder langgestreckter bindegewebiger Kapseln durchsetzt sei. Die kleineren derselben umschlossen 1—40 embryonenhaltige Eier, die längeren da- gegen enthielten kleine Pentastomen. Obwohl es von vorn herein sehr unwahrscheinlich war, dass ein ‚nur in den Tropen Amerikas gefundener Parasit seine Entwicklung auch in einem Thiere Nord-Europas durchlaufen könne, so verfütterte ich auf den Rath meines Lehrers! einen Theil der in großer Menge vor- handenen Eier an einen jungen Hund, ein Meerschweinchen, ein Ka- ninchen, eine Taube und mehrere weiße Mäuse. Als ich den Hund 70 Tage, das Meerschweinchen 82 Tage, und das Kaninchen 83 Tage nach der Infektion untersuchte, fand ich, dass in allen drei Fällen die Larven auf einer sehr frühen Entwicklungsstufe abgestorben waren. Der größere Theil der Kapseln, welche die völlig regungslosen und meist schon in Zersetzung übergegangenen fast mikroskopisch kleinen Pentasto- men enthielten, waren stark mit Kalk imprägnirt. Ich vermuthe desshalb, dass keines dieser Thiere geeignet ist, den Zwischenwirth für P. pro- boseideum abzugeben. Ich möchte hier nochmals daraufhinweisen, dass Meenix seiner Zeit die Vermuthung aussprach, es möge das im Perito- 1 Bei dieser Gelegenheit sei es mir vergönnt, meinem verehrten Lehrer, dem Herrn Geheimrath LEUCKART, für das stete Interesse, das er meiner Arbeit widmete, für die freundliche Unterstützung mit Material, für die Benutzung seiner reichhalti- gen Bibliothek, wie überhaupt für sein Wohlwollen gegen mich, meinen aufrichtig- sten Dank auszusprechen. | 93 Charles Wardell Stiles, neum eines Hundes gefundene und von ihm beschriebene Pentastomum die Larvenform von P. proboseideum sein. In der Taube hatten sich, wie ich von Anfang an voraus sah, die Embryonen überhaupt nicht ent- wickelt. Überraschend günstige Resultate dagegen lieferten die Infek- tionen der weißen Mäuse. 32 Tage nach der Verfütterung starb die erste Maus. Schon bei Eröffnung der Leibeshöhle fielen mir zahlreiche steck- nadelkopfgroße Punkte auf, welche die Leber, Nieren, Lungen, das Pe- ritoneum und selbst das Unterhautbindegewebe durchsetzten. Bei näherer Untersuchung erwiesen sich diese Punkte als die Lagerstätten eingekapselter Pentastomen. In der gesammten Muskulatur habe ich, im Gegensatz zu den Angaben mehrerer Autoren, niemals eine Penta- stomenkapsel gefunden. Einige der von der bindegewebigen Kapsel umschlossene Larven waren auf einem sehr frühen Entwicklungsstadium stehen geblieben und abgestorben. Diesen Entwicklungszustand werde ich in den fol- genden Seiten .als »erstes Stadium« bezeichnen. Die meisten aber waren ungefähr so weit entwickelt wie das P. denticulatum nach den Angaben LeucrArr's in der achten Woche; dieses Stadium werde ich als das zweite bezeichnen. Am 45. Tage nach der Infektion sind zwei weitere Mäuse gestorben. Sie enthielten gleichfalls eine große Menge Larven, welche sammt und sondersin der Entwicklung bedeutend weiter vorgeschritten waren als die der ersten Maus (drittes Stadium). Am 3. Juni, also 181/, Wochen nach der Infektion, tödtete ich meine letzte Maus und fand darin eine Menge vollkommen ausgebildete Pen- tastomenlarven (viertes Stadium) und zwar theils frei in der Bauch- und Brusthöhle, theils eingekapselt in verschiedenen Organen. Sie stimmen mit der Diagnose, welche LeucxArr für P. subeylindriecum ge- geben hat, so vollkommen überein, dass ich die LeuckArr'sche Ver- muthung, nämlich dass P. subeylindricum die Jugendform von P. probos- cideum bilde, außer Zweifel stellen kann. Späterhin wurde ich durch die Freundlichkeit des Herrn Geheimrath Leverarr in den Stand gesetzt, meine gezüchteten Larven mit einem P. subcylindrieum, welches Narterer in Brasilien der Leber von einer Didelphys entnommen hat, zu vergleichen, um deren Identität festzustellen. Die ersten beiden Mäuse sind in Folge einer Verblutung gestorben. Da die ganze Brust- höhle mit Blut gefüllt war, so vermuthe ich, dass die Verblutung durch Verletzung größerer Gefäße der Brusthöhle oder der Lungen seitens der wandernden Larven verursacht worden ist. Die letzte Maus litt an einer heftigen Dyspnoea und war so vollständig gelähmt, dass sie sich kaum bewegen konnte. Ich möchte bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Unbeweglichkeit des Versuchsthieres ursächlich kaum mit der —. 3 ! ji Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 93 direkten Lähmung des Muskelsystems zusammenhängen mochte, sondern wahrscheinlich in der unzureichenden Ernährung ihren Grund hat. An und für sich muss in Folge der zahlreichen Verletzungen, welche die wandernden und wachsenden Larven verursachen, die Thätigkeit aller dem Verdauungssysteme angehöriger Organe in hohem Maße herabge- setzt werden. Zieht man ferner in Betracht, welche beträchtliche Mengen Nährsubstanz die Larven bei ihrer Entwicklung absorbiren, so ist es nicht zu verwundern, dass reichlich inficirte Versuchsthiere einem bal- digen Tode entgegengehen müssen. Ich verfütterte einige der vollkommen ausgebildeten Larven an europäische Schlangen (Ringelnatter, Tropidonotus natrix und Kreuz- otter, Pelias berus) in der Hoffnung, die Stadien zwischen den ausge- bildeten Larven und den geschlechtsreifen Thieren zu züchten. Bei beiden Schlangenarten fand ich später die Larven in der Leibeshöhle wieder. In einem Falle schien es als ob selbige größer geworden seien; in allen anderen Fällen dagegen waren sie auf dem früheren Entwick- lungsstadium stehen geblieben, oder zu Grunde gegangen. Es ist wohl zweifellos, dass die verschluckten Larven die Darmwand durchbohrten und so in die Leibeshöhle gelangt waren, also auf demselben Wege, den GERLACH für P. taenioides nachgewiesen hatte. Frühere Forscher haben gezeigt, dass die Eier der P. taenioides ver- mittels des Nasenschleimes nach außen gelangen und auf die Pflanzen, die dem Zwischenwirth zur Nahrung dienen, übertragen werden. Auf ähnliche Weise können zweifellos auch die Eier bei P. proboseideum ausgestreut werden, aber sicherlich ist dies nicht der gewöhnliche Weg. Die Mehrzahl der Eier gelangen vielmehr vermittels des Lungenschlei- mes durch die Bronchien und die Trachea in den Darm und von hier mit dem Kothe nach außen. Ich konnte sicher darauf rechnen, dass ich bei Durchmusterung unter dem Mikroskop eines hirsekorngroßen Stückes ‚des Mastdarmkothes mindestens 15— 20 Eier antraf. 49 Tage nach der Sektion der Boa infieirte ich mit den Embryonen, welche ich sammt dem Kothe in einer feuchten Kammer aufbewahrte, weiter eine Anzahl Mäuse und erhielt ein ähnlich günstiges Resultat wie bei dem ersten Infektionsversuche. Es liegt demnach klar auf der Hand, dass die Embryonen selbst denn, wenn sie auf dem Boden ver- streut werden, wochen-, ja monatelang infektionsfähig bleiben. Über den Weg, den die Eier einschlagen müssen, um in den Zwischenwirth zu gelangen, kann nach den obigen Angaben kein Zweifel obwalten; entweder gelangen sie mit dem Nasenschleime nach außen, - oder sie werden mit dem Kothe ausgestreut. Es lässt sich leicht vor- stellen, dass Thiere (wie z. B. der Hase und die Maus) durch das Schnüf- 94 Charles Wardell Stiles, feln Eier in die Nase und von hier in den Darm, oder auch häufiger noch mit der vegetabilischen Nahrung direkt in den Darm bekommen können. In diesem Falle schlüpfen die Embryonen nach der Zerstörung der Eihäute durch die Darmsäfte aus, bohren sich dann durch die Darmwand hindurch, um sodann nach den parenchymatösen Organen zu wandern. Hier kapseln sie sich ein und wachsen zu den Larven (P. den- ticulatum, P. subeylindricum) heran. Nun aber bleibt noch die Frage offen: Wie gelangen die Thiere in ihren definitiven Wirth? Nach Leverart! wandern die Parasiten, vorausgesetzt dass sie noch nicht eingekapselt sind, falls der Pentastomumträger von einem Hunde oder sonst einem Raubthiere gefressen wird, direkt durch die Nasenlöcher (vielleicht auch die Choanen) in die Geruchshöhle ein, um hier schließ- lich zur Geschlechtsreife zu kommen. Nach GerLach durchbohren die Larven die Lungen des Zwischen- wirthes und kommen durch die Luftwege nach außen, um dann in die Nase des definitiven Wirthes zu gelangen. Diese Ansicht GErLAcH's enthält nichts Neues, Gurır hat nämlich in der That einmal ein Pen- tastomum in der Trachea eines Kaninchens gefunden, woraus er schließen zu dürfen glaubte, dass P. denticulatum aktiv auswandere. Ferner hält GerLicn es für möglich, dass die Larven mit dem Fleische des Zwischenwirthes in den Magen des definitiven Trägers gelangen, hierauf die Darmwand des Wirthes durchbohren und dann durch die Leibeshöhle , Lungen und Luftwege zu der Nasenhöhle emporwandern. CHarın, wie oben erwähnt, schreibt einigen Species von Pentasto- mum eine direkte Entwicklung ohne Wirthswechsel zu. Bages will eine direkte Auswanderung durch dieDarmwände beob- achtet haben, konnte aber eine Wanderung durch die Trachea nicht konstatiren. Meiner Ansicht nach deuten die Fälle, wo Larvenformen in dem Darmlumen oder der Trachea gefunden sind, nicht nothwendigerweise auf eine aktive Auswanderung aus dem Zwischenwirthe hin. Es ist schon gezeigt worden, dass die Larven in allen Eingeweiden sich ein- kapseln, späterhin vielfach ihre Kapseln durchbrechen und in der Lei- beshöhle auf und abwandern. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass ein Pentastomum-Embryo in der Darmwand dicht unterhalb des Darm- epithels, oder in den Lungen unmittelbar neben den Bronchien einge- kapselt wird und hier sich zur Larve entwickelt. Durchbricht nun die ausgebildete Larve ihre Cyste, so gelangt sie in das Darmlumen, resp. in die Bronchien (cf. die Fälle, wo Echinococcusblasen sich durch die Bronchien oder den Darm entleert haben. Leuckarr, Parasiten des Men- 1 Die Parasiten des Menschen. I. p. 107. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 95 schen I, p. 818 u. folg.). In beiden Fällen konnte es geschehen, dass die Larven bis zur Nase hinaufwandern, um dort ihre weitere Entwicklung zu durchlaufen (vgl. die allerdings seltenen Fälle, wo geschlechtsreife Pentastomen bei herbivoren Thieren gefunden worden sind). Wenn gleich ich die Möglichkeit einer solchen direkten Entwicklung nicht hin- wegleugnen möchte, glaube ich doch keineswegs, dass sie häufig vor- kommt. Nimmt man an, dass ein Männchen und Weibchen glücklich die Trachea passirt haben und in die Nasenhöhle gelangt sind, so würden nach erfolgter Befruchtung ganz enorme Mengen von Embryonen in den Darmkanal gelangen. Da nun die Embryonen die Darmwand durch- bohren und in den verschiedenen Organen zu verhältnismäßig sehr großen Larven sich entwickeln, so würde eine derartige Masseninfektion wohi stets den Tod des betreffenden Wirthes zur Folge haben. Ferner können aber die in den Lungen oder der Darmwand ein- gekapselten Larven nach Sprengung der Kapseln nach außen gelangen und dann durch das Schnüffeln oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Es liegt aber klar auf der Hand, dass eine derartige Infektion lediglich vom Zufall abhängig ist. Dass die willkürliche Auswanderung im Sinne Gerrıca’s nicht der gewöhnliche Weg der Entwicklung ist, geht schon zur Genüge aus den Experimenten LeuckArr’s hervor. Leuckarr hat nämlich in die Leibeshöhle einiger Kaninchen, eines Schafes und eines Hundes, eine große Menge lebender Larven von P. taenioides gebracht, aber niemals beobachtet, dass selbige in den Darm einwanderten. Vielmehr fand er nach Tödtung der Träger, dass die Larven wiederum eingekapselt und zu Grunde gegangen waren. Ich stimme also Leuckarr vollständig bei, indem auch ich fest über- zeugt bin, dass die Larven der Pentastomen gewöhnlich vermittels des Fleisches ihres Zwischenwirthes in den Mund ihres definitiven Trägers gelangen. Sind die Larven nicht eingekapselt, so ist es denkbar, dass sie aus dem Maule direkt zur Nasenhöhle hinaufwandern. In diesem Falle muss natürlicherweise vorausgesetzt werden, dass der Zwischen- wirth durch die Zähne des definitiven Wirthes zerrissen, die Pentastomen aus dem sie umhüllenden Gewebe befreit werden. Selbstverständlich kann dies bei Pent. proboseideum, dessen definitiver Wirth verschiedene Schlangen bilden, die ihre Beute in toto verschlucken, nicht der Fall sein. Sind dagegen die Larven eingekapselt, so gelangen sie sammt ihrem Träger in den Darm und werden hier durch die Verdauung der sie umgebenden Fleischmassen frei. Gerrich hat für P. taenioides durch Experimente festgestellt, dass die im Darmkanal frei gewordenen Larven die Darmwand durchbohren und von hier aus in die Lungen und Luft- 96 Charles Wardell’Stiles, wege gelangen. Meine Experimente mit P. proboscideum stimmen mit GerracH’s Angaben überein. Ich kann überdies hinzufügen, dass ich bei allen den von mir infieirten Schlangen die Larven in der Leibeshöhle mit nach den Lungen gerichtetem Kopfe fand. Eben so war der Kopf des Pent. proboscideum, welchen ich in der Trachea der Boa fand, nach der Mundhöhle gerichtet. Es war also das Pentastomum vermuthlich im Begriff von den Lungen nach der Nasenhöhle zu wandern. ; Durch die Wanderung nun, welche die Larven vom Darme aus durch die Leibeshöhle, durch die Lungen zu den Luftwegen unter- nehmen, werden zwei bis heute räthselhafte Erscheinungen ihre Er- klärung finden. Die eingekapselten Larven, welche in dem Lungen- gewebe der Boa und zu wiederholten Malen in der Leber fleischfressen- der Thiere gefunden worden sind, haben sich nicht etwa in den betreffenden Wirthen aus eingewanderten Embryonen entwickelt, sondern sind als fertige Larven in die Darmwand eingedrungen; aber noch ehe sie ihren definitiven Bestimmungsort erreichen konnten, gestorben und alsdann wie jeder Fremdkörper mit einer bindegewebi- gen Gyste umgeben worden. Zum Beweise, dass in der That die Em- bryonen sich in diesen Thieren nicht entwickeln können, möchte ich Folgendes anführen: Der Hund, welcher seine Speise beschnüffelt, und sie dabei mit den Embryonen der in der Nase befindlichen Penta- stomen infieirt, müsste, wenn die Embryonen in seinen Geweben sich entwickeln könnten, in kurzer Zeit vollständig mit den Larven durch- setzt sein und zu Grunde gehen, was durchaus nicht der Fall ist. $ynonyma. Die Species Pentastomum proboscideum hat in verschiedenen Zei- ten sehr mannigfache Namen geführt: Echinorhynchus cerotali (Hune.), Distoma crotali (Hums.), Porocephalus crotali (Hume.), Polystoma probo- scideum (Rup.), Linguatula proboseidea (v. Ben.), Pentastomum probo- scideum (Rup., Hums., BRENSER, Dies., Dus., Branch., R. LEUCKART, BAIRD, Hovrz, Lourmann und viele Andere), Linguatula quadriuncinata (Meyer), Pentastomum moniliforme en partie (M£enın, Lupwıc), Pentastomum im- peratoris (MacALıster), Pentastomum subeylindrieum (Diss., Dus., Leuck.). Über den Genusnamen lässt sich Folgendes sagen: | Der Name Linguatula wurde im Jahre 1789 von Frönrıcn den Zungenwürmern aus der Leibeshöhle des Kaninchens beigelegt. Einige Jahre nachher (1812 und 1819) hat Ruporrsı zum ersten Male den Genusnamen Pentastomum gebraucht. Ferner findet man die Pentastomen in verschiedenen Schriften unter den Namen: Taenia spec. (CHaserr), Porocephalus (Hums., Linn£), Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc, 97 Tetragulus (Bosc, Linn£), Echinorhynchus (Hune.), Halyseris (Zep.), Prino-- derma (Run.), Polystomum (Rup.), Nematoideum spec. (Dirs.). R. Leuckart hat das Genus Pentastomum in zwei Subgenera ge- theilt: 4) Linguatula (mit den drei Species L. taenioides, L. recur- vatum und L. subtriquetrum): corpus depressum, dorso elevatum, marginibus crenatum. Cavitas corporis in latera annulorum porrecta, pectinata; und 2) Pentastomum s. st. (P. polyzonum, P. multicinetum, P. subuliferum, P. moniliforme, P. constrictum, P. proboscideum, P. subeylindrieum ete.): Corpus teretiusculum. Cavitas corporis continua'. Hoyre will diese Subgenera Lzuckarr's zur Genera erheben: Lin- guatula (Fröntıcn): Body flattened; body cavity sending out lateral processes into the annuli, hook-gland diffuse; opening of oesophagus into the extremity of the intestine; testis double, vesicula seminalis single. 2) Pentastomum (Runorrm). Body cylindrical; body cavity even, without lateral prolongations; a hook-gland on either side of the intestine;; testis unpaired;; vesicula seminalis single (?) 2. | LoHrmann® hat dieser Diagnose gegenüber hervorgehoben, dass der Ösophagus bei P. taenioides nicht endständig in den Darm einmünde, sondern eine kurze Strecke vom Vorderende entfernt. Ferner weist er nach, dass auch die Unterschiede zwischen den Hakendrüsen von Lin- guatula und Pentastomum nicht stichhaltig sind. Hierdurch fallen zwei der von Hoyır hervorgehobenen Unterschei- dungsmerkmale hinweg. Ob zweitens der Hoden bei allen Pentastomen s. str. einfach ist, können wir mit Gewissheit nicht sagen, da die bei Weitem größere Mehrzahl auf diese Punkte hin nicht untersucht wurde. Es bleiben also nur die Unterscheidungsmerkmale zwischen Linguatula und Pentasto- mum, die LEuckArT in seiner Monographie anführt. Was nun weiter die Form der Leibeshöhle angeht, so hat schon Lourmann darauf hingewiesen, dass die des P. taenioides mit ihren Seitenkammern nicht so scharf jener der runden Form gegenüber ge- stellt werden könne. Ich werde mich desshalb an LsuckArr und Lourmann anschließen und Linguatula und Pentastomum s. str. nur als Subgenera betrachten. Obwohl der Priorität wegen diese Gattung eigentlich den Namen Linguatula führen sollte, so erachte ich es doch für besser, den Namen Pentastomum beizubehalten, weil selbiger in der Mehrzahl der Schrif- ten gebraucht wird. Das Gleiche gilt auch für den Speciesnamen Pentastomum probo- 1 Bau etc. p. 152. 2 Trans. Roy. Soc. Edinb. 1883. p. 189. 3 Untersuchungen über anat. Bau von Pentastomum. p. 19. Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 7 98 Charles Wardell Stiles, seideum, an Stelle dessen der Speciesname »erotali« ursprünglich ge- braucht wurde. Wirthe. Im Folgenden habe ich die Wirthe für unsere Species zusammen- gestellt. | Geschlechtsreifes Thier (P. proboscideum). Urocrotalon catesbyanum, Lungen, Centralamerika (Humsorpr). Bothrops jararaca, Lungen und Leibeshöhle, Ypanema, December (NATTERER). CGrotalus horridus, Lungen und Leibeshöhle, Cuyaba (Hwmz.). Matto Grosso, Juli (Narr.). CGrotalus adamanteus, Lungen, Florida (Spang, Ley. Eunectes scytale, Lungen, Rio Araguay (NATT.). Ophis Merremii, Luftröhre (Narr.). Spilotes pullatus, Lungen, Ypanema, September (Narr.). Podinema teguixin, Bauchhöhle (Narr.). !Boa constrietor, Lungen, Guyaba, December (NaArr.). Lungen, Antwerpen (importirt) (van BENEDEN). Lungen, Leibeshöhle, Trachea, Nasenhöhle, Leipzig, Januar (importirt) (StıLes). Lachesis rhombeata, Lungen (Meyer). Ausgebildete Larve (P. subeylindricum). Midas chrysopygus, Leber und Lungen, Ypanema, März. Didelphys murina, frei in Brust und Bauchhöhle, Ypanema, Oktober. Didelphys philander, Leber und auf Darm. Procyon cancrivorus, Cuyaba, August. Dasypus niger, Ypanema, November. Mus pyrrhorhinus, Ypanema, Juni. Mus fuliginosus, Ypanema, April. Phyllostoma discolor, Guyaba, Januar. (Alle von NATTERER.) Mus domesticus. In allen parenchymatösen Organen, sowie in dem Unterhautbindegewebe eingekapselt und frei in der Leibes- höhle (infieirt), Leipzig, Juni (Srıres). Dauer des Entwicklungscyklus. Das geschlechtsreife Pent. proboscideum ist bis jetzt in den Mo- naten Juli bis Januar, die Larvenform Pent. subcylindricum von Januar 1 Nachträgl. Notiz: Ferner auch Boa brachyura, Italien (importirt) (RıcHıarDı) und Boa imperator, Island (importirt) (MAcALıstTEr). Siehe Nachtrag. Wr en Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. ete. 99 bis November gefunden worden. Es scheint mir etwas zweifelhaft ob man darauf hin berechtigt ist, eine bestimmte Jahreszeit für die Ent- wicklungsvorgänge von Pent. proboscideum zu behaupten. Merkwürdig aber ist es, dass die geschlechtsreife Form im Frühling vermisst ist und dass die Larven besonders zu dieser Jahreszeit gefunden wurden. Sollen spätere Befunde mit den jetzt bekannten übereinstimmen, so wird man den Schluss ziehen können, dass der Entwicklungscyklus unseres Thieres innerhalb eines Jahres abläuft und dass die Larven sich besondersimFrühling entwickeln, im Sommer ihren Wirth wechseln und im Herbste und Winter zur Geschlechtsreife gelangen. Die wenigen Fälle wo man die Larven im Spätherbste und Winter angetroffen hat, ließen sich folgenderweise leicht erklären: Die Embryonen bleiben sehr lange Zeit infektionsfähig (wie dies schon oben erwähnt wurd®, habe ich 49 Tage nach dem Tode der Boa constrietor erfolgreiche Infektionsver- suche mit den Embryonen von P. prob. angestellt) ; zu ihrer Entwicklung brauchen die Larven vier bis sechs Monate, zieht man ferner in Betracht, dass Larven in der Leibeshöhle, wie Leuckarr dies für P. dentieulatum durch Einführung in die Leibeshöhle von Kaninchen nachgewiesen hat, längere Zeit (bis zwei bis dreiMonate) amLeben bleiben, so wird es wohl nicht wunderbar erscheinen, dass ausnahmsweise auch im Spätherbste und Winter lebende Larven angetroffen werden. Die oben angegebenen hypothetischen Entwicklungszeiten enthalten vielleicht dadurch eine Stütze, dass in den zwei Fällen, wo die Larven im Oktober und No- vember gefunden wurden, dieselben frei in der Leibeshöhle gefunden wurden — also vollkommen ausgebildete Larven waren. Geographische Verbreitung. Bis jetzt ist das Thier inSüdamerika, in Brasilien (Cuyaba, Matto Grosso) von NATTERER, und in Venezuela (Cumana) von v. HumsoLDr, sowie in Nordamerika (Florida) von Spıng gefunden worden. Die nachfolgende Darstellung soll zunächst mit dem Baue, des im Endtheile des Uterus befindlichen Embryo beginnen. Sodann soll die Beschreibung der äußeren Form, der Cuticula und Hypodermis, des Verdauungsapparates, der Absonderungssysteme, der Geschlechtsorgane, des Muskelapparates, des Nervensystems, der Sinnesorgane und des Bindegewebes folgen. Bei der Darstellung werde ich stets von der aus- gebildeten Larve ausgehen, weil hier sämmtliche Organe in ihrer ty- pischen Entwicklung vorhanden, jene späten Umlagerungen durch die übermäßige Ausbildung der Geschlechtsorgane aber noch nicht einge- treten sind. | n 7* 100 | Gharles Wardell Stiles, III. Anatomischer Theil. a. Der Embryo. P. J. van BENEDEN war der Erste, welcher die Embryonen von Pen- tastomum, und zwar von Pent. proboscideum gesehen und eingehend untersucht hat!. Auf Grund ihres Baues trennte er die Pentastomen von den Würmern, zu denen sie bis dahin gerechnet worden waren und stellte sie unter die Lernaeiden. Er behauptet, dass die Eier in den Ge- schlechtswegen des Mutterthieres nur einen Theil ihrer Entwicklung durchlaufen, den anderen aber erst nachdem sie den Uterus verlassen. Die Embryonen, die er abbildete, fand er in den Lungen einer Boa. ScHuBAERT ? hat sich überzeugt, dass die im Endtheile des Uterus von Pent. taenioides befindlichen Eier Embryonen enthielten. LeuckArt? hat dieEmbryonen von mehreren Arten eingehend unter- sucht — P. taenioides, proboscideum, multiecinetum, oxycephalum und subeylindricum. Die Ergebnisse Levcrarr's sind im Folgenden ein- gehend dargestellt. | JacQuArr* bildet die Embryonen eines Pentastomums ab. Ein Anus soll vorhanden sein und die Drüsenstigmen sollen »les conduites de l’appareil auditif« vorstellen. Mecnin (Les Parasites etc.) hat einige Embryonen eines Pentasto- mums gesehen. Er giebt zweiAbbildungen, welche er als die von P. mo- niliforme et proboscideum bezeichnet. Sie entsprechen aber durchaus nicht P. proboscideum; ob sie P. moniliforme zugehören, vermag ich nicht zu entscheiden. | Meine eigenen Untersuchungen geben Anlass zu folgenden Mit- theilungen. Wie bereits oben gesagt beginnen meine Untersuchungen mit den Embryonen, welche den im Endtheile des Uterus liegenden Eiern angehören. Die Embryonen von P. proboscideum liegen innerhalb dreier Scha- lenhüllen (Fig. 1). Dieäußere Schale ist dünn, plastisch und glashell, hier und da mit einigen kleinen Punkten versehen. Die mittlere Schale ist etwas dicker, sehr spröde aber immerhin recht widerstands- fähig. Sie ist gelb bis braun gefärbt. Zwischen diesen zwei Schalen be- findet sich eine helle Flüssigkeit, die man durch Dialyse leicht zum Aus- treten durch die äußere Schale bringen kann. Die innere Schale, welche die sog. Facette (Fig. 7 F) trägt, liegt dem Embryo ganz dicht auf. 1 Trans. zool. Soc..d. Brux. 4835. Vol. I. 2 Diese Zeitschr. 1852. Bd. IV. p. 147. 3 Bau und Entw. d. Pentastomum. p. 110—419. * Journal de l’Anatomie et de la Physiologie. 1866. Taf. XI, Fig..3 und 4. » Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud. ete. 101 Zwischen den mittleren und äußeren Schalen findet man eine eiweiß- artige Substanz, welche sehr rasch aufquillt, sobald sie nach Zerspren- gung der zweiten Schale mit Wasser in Bertihrung kommt. Der plumpe vierbeinige Embryo liegt mit nach der Bauchseite umgeschlagenem Schwanze innerhalb der dritten Schale, mit welcher er durch das Rückenorgan (Facette) in Verbindung steht. Durch seine drei Eihäute ist er außerordentlich gut gegen äußere Eingriffe geschützt. Von be- sonderer Bedeutung sind hierfür die äußere und mittlere Eihülle, und die zwischen diesen beiden Schalen eingeschlossene Flüssigkeit. Denn wird z. B. durch einen Stoß oder dergleichen plötzlich ein heftiger Druck auf das Ei ausgeübt, so findet dieser Druck eben so schnell eine seine gefahrbringende Wirkung abschwächende Vertheilung in jener Flüssigkeit, welche Dank der Elastieität der äußeren Eihülle geeignet ist, als ein Druckpolster zu fungiren. Der Stoß selbst gelangt über eine große Fläche vertheilt auf die mittlere Eischale, deren Wider- standsfähigkeit seinen Einfluss vollends bricht. Der Embryo also kann durch einen solchen Stoß gar nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Man muss auf das Deckgläschen ziemlich stark drücken, um die drei Schalen zu zersprengen; will man dabei auch den Embryo unversehrt erhalten, so muss man besondere Vorsicht in Anwendung bringen. Der Embryo (Fig. 2) ist länglich oval, 0,095 mm lang, 0,068 mm breit (der Embryo von P. taenieides ist nach Leuckarr 0,075 : 0,05 mm). Der Mund (#) befindet sich bauchständig etwa auf der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Körperdrittel; am vorderen Körperpole liegt der Bohrapparat, seitlich und abwärts gerichtet liegen die vier krallen- bewaffneten Beine; auf dem Rücken jenes noch fragliche Gebilde, das Rückenorgan (R);, vor demselben zwei Drüsenstigmata (DS); am hin- teren Polende ein kurzer keilförmig ausgeschnittener Schwanz. Der Embryo ist umgeben von einer dünnen Cuticula, welche an mehreren Stellen des Körpers besondere Gebilde, nämlich Ringe, Stacheln, Haken und Härchen trägt. Vorn auf der Bauchseite sieht man den Mund, umgeben von einem hufeisenförmigen Stützgebilde (Fig. 3); die Schenkel des Hufeisens laufen nach vorn und etwas nach außen. Die die Schenkel verbindende Kappe des Hufeisens ist konkav und in den Körper eingesenkt. Vor dem Munde liegt auf der Bauchseite ein Bohrapparat, welcher aus fünf Stücken besteht, einem mittleren unpaaren Stachel und zwei seitlichen Paaren Y-förmigen Nebenstacheln. Der mittlere unpaare Stachel (Fig. A) ist 0,017 mm lang. Er hat im Allgemeinen die Form einer breiten Speerspitze, ist aber mit einer doppelten Krüm- mung versehen. Er ist nämlich sowohl zur Rinne umgebogen, als auch 102 Charles Wardell Stiles, seiner Länge nach säbelartig nach oben gekrümmt (Fig. 5). Von der Basis bis ungefähr seiner Längsmitte ist er mit dem Körper des Embryo fest verbunden. Die Seitenstacheln sind Y-förmig (Fig. 2), und zu je zwei hinter einander so angebracht, dass der unpaare Schenkel des vorderen Y-Stachels in die Winkelöffnung des hinteren eintritt. Die Y-Stacheln sind im Allgemeinen mit dem Körper fest verbunden; nur die ganz scharfen Spitzen der paarigen Schenkel des hinteren Stachels sind sehr deutlich vom Körper abgehoben. Die des vorderen Y-Stachels gehen allmählich in die Cutieula des Körpers über. Die vorderen Y-Stacheln scheinen nicht immer vorhanden zu sein; einige Zeit glaubte ich, dass sie nur Runzeln in der Cuticula seien, welche von den paari- gen Schenkeln der hinteren Y-Stacheln herrühren, doch habe ich mich überzeugt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die vorderen Stacheln als solche existiren. Lateral von den hinteren Y-Stacheln steht an jeder Seite eine kleine papillenförmige Erhebung — wahrscheinlich eine Tastpapille darstellend. Leverarr hat im Jahre 1860 den Bohrapparat in folgender Weise beschrieben: »Über die Beziehungen dieser Gebilde zu der Mundöfi- hung bin ich bei P. taenioides nicht ganz klar geworden; bei den übrigen Arten habe ich mich aber mit Bestimmtheit davon überzeugt, dass der mittlere Stachel, der hier eine etwas beträchtlichere Größe besitzt (0,009 mm), der Bauchfläche angehört und unterhalb der Mundöffnung gelegen ist, während die hier in zwei- und selbst drei- facher Anzahl vorkommenden paarigen Spitzen zu den Seiten der Mundöffnung stehen. Ich trage nach diesen Beobachtungen kein Be- denken, die betreffenden Chitingebilde als Mundtheile in Anspruch zu nehmen, und namentlich den mittleren Stachel als ein der sog. Unter- lippe (Maxillarlade) der Milben analoges Gebilde zu bezeichnen. Die zunächst anliegenden seitlichen Spitzen, die nach hinten eine stiel- förmige Verlängerung zeigen und sich damit an die Wurzel der Unter- lippe anlehnen, dürften vielleicht als Maxillartaster, die übrigen Spit- zen als rudimentäre Kiefer betrachtet werden.« Dieser Ansicht meines hochverehrten Lehrers kann ich mich trotz aller sonstigen Übereinstimmung der Befunde nicht anschließen, weil ich den ganzen Apparat nicht unten, resp. seitlich der Mundöffnung, sondern vor derselben an der Körperspitze sehe. Ich betrachte dess- halb diesen Apparat nicht als ein Rudiment von Mundtheilen, sondern als eine embryonale Bildung sui generis. Nach van BEnEDEN besitzt das Bein von P. proboscideum »un pre- mier article basilaire, puis un second, mobile sur le precedent et au Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 103 bout de celui-ci un erochet solide« (l. e. p. 333). Leucrarr beschreibt diese Gliedmaßen als »kurze kegelförmige Zapfen, die ohne Gliederung und ohne deutliche Grenzen aus der Körpermasse hervortreten«. Nach ihm soll ferner das Ende des Fußhöckers mit einem Chitinringe ver- sehen sein, in welchem zwei Krallen sich selbständig bewegen. Eine zweizinkige Chitingabel, » welche sehr stark an die Epimeren der Mil- ben erinnert«, soll den Ring unterstützen und bei der Bewegung der Fußhöcker dienen. Me£cnın schließt sich betreffs dieses Apparates an LEUCKART an. Nach meinen Untersuchungen heben sich die Beine schärfer von dem Körper ab, als Levckarr das abgebildet hat (er hat bekanntlich keine Bewegungen der Embryonen gesehen); der Chitinring der Füße steht mit den zwei Krallen in Verbindung, ist aber von der Gabel, welche „dreizinkig ist, vollkommen getrennt; der Ring scheint sehr elastisch zu sein, denn die Krallen sind zusammen oder jede für sich beweglich. Die Gabel ist, wie schon gesagt, dreizinkig; der Schaft liegt körperwärts, während die drei Zinken den Ring umfassen. Zwei dieser Zinken sind gleich lang unter sich, aber kürzer als die dritte. Wenn das Thier seine Krallen ausgestreckt und in das Gewebe des Wirthes eingesenkt hat, dann nehmen die Fußgebilde eine Stellung ein, wie sie in Fig. 9 wiedergegeben ist. Hat hingegen das Thier seine Krallen aus dem Gewebe des Wirthes entfernt, und dieselben zurückgezogen, so liegt der Ring den beiden gleich langen kürzeren Zinken auf, während die einander genäherten Krallen der dritten längeren Zinke ungefähr parallel gerichtet sind (Fig. 10). Bei dem Zurückziehen der Krallen wird am Fußende eine Tasche gebildet, welche Ring und Kralle auf- nimmt; diese Tasche senkt sich in dem Raume zwischen den drei Zin- ken der Gabel ein; somit fungiren diese Zinken auch als Stütze der Krallentasche. Nach der obigen Beschreibung wird die Ähnlichkeit des Stütz- apparates mit den bis jetzt beschriebenen Epimeren der Milben etwas getrübt. Man sieht ferner, dass eine Zweigliedrigkeit des Beines im Sinne van BENEDEN’S nicht existirt: LeuckArrt nannte die Beine einglied- rig. Ich möchte sie als zweigliedrig ansehen, indem ich den Basaltheil mit dem Stützapparate als das erste, und die Krallen mit dem Ringe als das zweite Glied betrachte. Der Schwanz ist in Größe und Gestalt sehr variabel (Fig. 11 und 12). Er stellt im Allgemeinen eine schmale nach hinten gegabelte Chitinplatte dar, deren hinterer Rand einige, nach hinten gerichtete Härchen tragen kann, aber nicht muss. Levckarr beschreibt den Schwanz von P. taenioides als die direkte Fortsetzung des Körpers. 104 Charles Wardell Stiles, Mir schien der Schwanz von P. proboseideum ventral etwas vor dem Körperende zu entspringen. Doch wäre es nicht undenkbar, dass diese Lage nur durch Bewegungen des Körpers bedingt war, ähnlich wie die weiter unten zu schildernde dorsale Lage des Stachelapparates. An lebenden Embryonen habe ich den Modus der Ortsbe- wegung sehr schön beobachten können. Das ruhende Thier zeigt seinen Bohrapparat auf der Bauchseite, die Stacheln nach vorn ge- richtet. Die vier Beine stehen ungefähr senkrecht vom Körper ab. Will nun der Embryo sich bewegen, so hakt er die Krallen des hin- teren Beinpaares in das Gewebe des Wirthes ein, stemmt den sehr beweglichen Schwanz ebenfalls dagegen, und streckt nun, auf Schwanz und Hinterbeine gestützt, seinen Körper möglichst lang nach vorn aus. Hierbei wird der unpaare Stachel des Bohrapparates Weg bahnend _ vorangeschoben, während die Y-Stacheln eine eigenthümliche, die Wirksamkeit des unpaaren Stachels unterstützende Bewegung aus- führen. Durch die Streckung des Körpers nämlich werden die Y-Sta- cheln, natürlich sammt der Cuticula, welcher sie aufsitzen, vom Bauche nach dem Rücken um das vordere Körperende herum bewegt. Inzwi- schen haben auch die Beine des vorderen Paares nach vorn ausgegriffen und ihre Krallen in das Gewebe des Wirthes eingesenkt. Nun lassen die hinteren Beine und der Schwanz die Unterlage fahren, während der Körper sich kontrahirt. Sowie die Kontraktion ihr höchstes Maß erreicht hat, senken Schwanz und Krallen der Hinterfüße sich, wieder in das Wirthsgewebe ein, die Vorderfüße heben sich von der Unterlage, der Körper streckt sich von Neuem; wieder arbeitet der Bohrapparat, wieder krallen sich die Vorderfüße ein ete. In den Fig. 41 und 12 habe ich zwei Stadien dieser Bewegung dargestellt. Fig. 12, wo die Hinterfüße und der Schwanz die Stützpunkte für den langgestreckten Körper abgeben, dessen Vorderfüße sich eben festkrallen; Fig. 11, das Stadium der stärksten Kontraktion, in welchem die beiden Vorder- füße die Stützpunkte für den nachgezogenen Körper abgegeben haben, Hinterfüße und Schwanz sich einzustemmen und die Vorderfüße von der Unterlage sich abzuheben im Begriffe sind. In dieser Stellung sind sämmtliche Theile des Bohrapparates wieder auf der Bauchseite ange- langt; in der Stellung Fig. 12, also bei langgestrecktem Körper, dienen die jetzt schwanzwärts gerichteten Spitzen der Y-Stacheln als Hilfs- mittel der Bewegung, da sie sich in das Gewebe des Wirthes wie Widerhaken einsenken. | Levcrart hat die Drüsen-Stigmata der Embryonen von P. tae- nioides gezeichnet. In seiner Abbildung des Embryo von P. probosei- deum fehlen sie, und im Texte betont Leuckarr ihr Fehlen. In seinen Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 105 Handzeichnungen jedoch, deren Einsicht er mir gewährte, sind die Stigmata gegeben. Ich fand, dass die Stigmata des lebenden Thieres ungefähr über dem ersten Beinpaare erschienen, deren äußerer Durch- messer ca. 0,005 mm, deren innerer ca. 0,003 mm betrug (Fig. 7). SCHUBAERT ist es gewesen, welcher das Rückenorgan und zwar bei P. taenioides zuerst gesehen hat. Lruckarr beschreibt das Rücken- organ von P. taenioides als ein Rückenkreuz, das man bei näherer Untersuchung als ein napfartiges Grübchen erkennt. Er hat es auch in etwas abweichender Gestalt bei anderen Species gefunden und darauf aufmerksam gemacht, dass dasselbe nach Lage und Entwicklung der sog. Mikropyle der Arthrostraca entspreche. Meenıx bildet das Rücken- organ von P. moniliforme ab und fragt: »Est-ce l’anus ou un stigmate impaire?« Das Rückenorgan von P. proboseideum erscheint als eine doppelte Grube. Die eine Grube ist kleiner als die andere, und von dieser durch eine sehr dünne nicht ganz durchgehende Wand unvollständig geschie- den. So geben diese beiden Gruben zusammen ungefähr das Bild einer flach gelegten, noch in ihrem Näpfchen sitzenden Eichelfrucht (Fig. 6 und 7). Die Gruben des Rückenorgans sind ausgefüllt von jener sack- förmigen Einstülpung der inneren Eihülle, welche als Facette bekannt ist (Fig. 13). Die äußere Öffnung der Facette ist ungefähr so groß, wie ein Drüsenstigma. Sehr oft wird, wie Leuckaırr schon erkannte, der Facettensack von dem Rückenorgane zu einer Zeit losgelöst, wo noch der Embryo sich in den Eischalen befindet. Die physiologische Bedeutung dieser Einrichtung ist noch ein käthsel, aber »l’anus ou stigmate impaire « ist sie nicht. Levckarr hat die Entwicklung von dem Rückenorgane und der Facette der Eischale bei P. taenioides verfolgt und gezeigt, dass die zwei Gebilde ursprünglich in einer gemeinsamen Verdickung ihre Ent- stehung nehmen und erst später von einander getrennt werden. Die facettentragende Eihülle entsteht erst während der Embryonalentwick- lung und weist sich genetisch als eine frühe sich ablösende Embryonal- haut dar. Die Entwicklung des Organs bei P. proboscideum habe ich leider nicht verfolgen können. Doch habe ich an scheinbar unent- wickelten Eiern eine kanalartige nach innen offene Einsenkung von ungefähr dem Durchmesser des Rückenorgans gefunden. Diese Wahr- nehmung ist jedoch an konservirtem Material gemacht worden, wess- halb ich mich jeder Schlussfolgerung enthalte. Der Embryo im Ei zeigt eine scheinbare Segmentirung. Dieser Eindruck wird hervorgerufen durch Falten, welche in der Guti- cula verlaufen, und diese Falten haben wiederum ihre Ursache in der 106 Charles Wardell Stiles, bauchwärts gekrümmten Lage, welche der Embryo im Ei einnimmt. Hat der Embryo die Eihülle verlassen und sich gestreckt, so zeigt er übrigens oftmals diese Falten auch noch. Dieselben verlaufen quer über den Kör- per, die eine direkt hinter dem ersten Beinpaare, eine zweite unmittel- bar vor dem zweiten Beinpaare, und zwischen diesen beiden Falten eine dritte in der Mitte des Körpers vor dem Rückenorgane. Von einer Segmentirung auf Grund dieser Falten zu reden, scheint mir nicht an- gebracht, denn danach müssten auf ein extremitätentragendes Segment zwei extremitätenlose Segmente folgen, ehe wieder ein Segment mit Extremitäten erschiene (Fig. 41), was doch kaum annehmbar ist. Bis jetzt hat kein Forscher an Embryonen eines Pentastomums innere Organe mit Sicherheit nachgewiesen. Leuckarr (l. c. p. 116) erwähnt »eine strangartige Anhäufung größerer, zum Theil fettartig glänzender Körner in der Körperachse, wo wir den Darm zu vermuthen haben«. Die Embryonen von P. proboscideum haben mir, sowohl lebend als auf Schnittpräparaten, Folgendes gezeigt. Vom Munde steigt ein enger Ösophagus zu einem blind endigen- den Magendarme empor (Fig. 2). Die Gestalt des Magendarmes ist sehr veränderlich, das eine Mal stellt er einen einfachen Sack, das an- dere Mal ein langes, enges, am Ende blasenförmig angeschwollenes, direkt nach hinten ziehendes Rohr dar. Sowohl Ösophagus als Magen- darm sind aufgebaut aus lauter winzig kleinen Zellen, deren Grenzen völlig verwischt sind, während die kleinen Kerne außerordentlich deut- lich hervortreten. Dicht unter der Stelle, wo der Ösophagus in den Magendarm über- geht, sieht man auf Schnittpräparaten zwei kleine, nicht scharf von einander abgegrenzte Anhäufungen kleiner Zellen. Auch hier sind wieder nur die Kerne unzweifelhaft erkennbar. Diese kleine Anhäu- fung von Zellen ist, wie es sich später zeigen wird, nichts als die An- lage des Nervensystems (Fig. 2 und 8). Dicht unter der Cuticula liegt eine einfache Lage kleiner Epithel- zellen — die Hypodermis. Die Hypodermiszellen sind scharf gegen einander abgegrenzt. Zwischen Leibeswand und Darm ist eine Leibes- höhle sehr deutlich zu unterscheiden. Direkt unter der vorderen Körperspitze liegt eine zapfenartige Masse, welche den basalen, in den Körper eingesenkten Theil des unpaaren Bohrstachels umschließt. Das weist unzweifelhaft darauf hin, dass diese Gewebebildung in irgend welcher Beziehung zur Funktion des Bohrstachels steht. Welcher Art aber diese Beziehung ist, vermag ich nicht anzugeben. Es würde dies nur dann möglich sein, wenn jenes Gebilde eine Struktur erkennen Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 107 ließe. Das ist aber nicht der Fall. So muss ich dahingestellt sein las- sen, ob jenes Gebilde einen Muskelapparat oder nur ein bloßes Polster darstellt, welches für die Funktion des Bohrapparates von Bedeutung ist. Ich meine das so: Durch die früher geschilderte Streckung des Embryo in. der Bewegung wird ja der Bohrapparat auf rein mecha- nische Weise nach vorn geschoben, der unpaare Stachel dabei in das Wirthsgewebe eingedrückt. Es wäre wohl denkbar, dass jenes Gebilde besonders dazu bestimmt sei, eine sichere Führung des Stachels zu er- möglichen, den Rückstoß, welchen das Eindringen des Stachels in das Wirthsgewebe ja mit sich bringen muss, abzuschwächen oder aufzu- heben etc. Eine grobe Anzahl großer, körnchenreicher, kernhaltiger, mem- branloser Zellen füllt die Leibeshöhle theilweise aus (Fig. 2). Diese Zellen lassen eine ziemlich regelmäßige Anordnung erkennen. So liegen zunächst zwei große Zellen im vorderen Theile des Körpers und zwar in der Höhe des ersten Beinpaares, je eine Zelle an der Basis eines Beines (a). In derselben Weise sind zwei Zellen in der Höhe des hinteren Beinpaares untergebracht {b). An der Basis des Schwanzes liegt eine weitere solche Zelle (c). Diese fünf bis jetzt genannten Zellen haben sämmtlich ihren Platz in der dorsalen Region des Körpers. In der ventralen befinden sich nur vier solcher Zellen, und zwar zwei jederseits ungefähr in der Mitte zwischen Basis des Schwanzes und der Hinterbeine (e). Diese Zellen, obwohl membranlos, zeigen keinerlei selbständige Bewegung. ‘Sowie aber der ganze Körper sich bewegt, verändern auch die Zellen ihre Gestalt und Lage in der mannigfaltigsten Weise. So treten sie z. B., wenn die Beine ausgestreckt werden, in diese so rasch hinein, dass dieses Hineintreten fast wie ein Hineinfließen erscheint. Wird nun, wie dies bei einer Ortsveränderung ja stets geschehen muss, das Bein im ausgestreckten Zustande bewegt, so treten die Zellen wieder aus den Beinen aus, ja entfernen sie sogar um beträchtliche Strecken von der Basis des Beines. So sieht man dann z.B. die in der Höhe des ersten Beinpaares befindlichen Zellen zwischen Mundöffnung und vorderem Leibesende einander bis zur Berührung genähert. Ferner befinden sich in der Leibeshöhle noch zweierlei Zellen; einige sehr kleine (Nuclei 0,005 mm), welche sehr stark an die Zellen des später zu erwähnenden indifferenten Füllgewebes erinnern, und einige, welche noch größer sind und die Charaktere der später zu er- wähnenden kleineren Drüsenzellen der Larve und des ausgebildeten Thieres besitzen. ir" Den Drüsenstigmen zugehörige Drüsenzellen habe ich nie unter- scheiden können. 108 Charles Wardell Stiles, Gute Schnittpräparate von den Embryonen sind sehr schwer anzu- fertigen. Die besten Resultate habe ich erzielt, wenn ich Schnitte des ausgebildeten Weibchens auf dem Objektträger sehr stark mit saurem Karmin (nach SchwEigeEr-SEiDeL) überfärbte und dann so lange mit ange- säuertem Alkohol (1°, HCl) behandelte, bis die Gewebe des Mutter- thieres vollständig entfärbt waren. Dann besaßen die Embryonen, welche, weil sie sich in den vom Endtheile des Uterus umschlossenen Eiern befanden, natürlich mitgeschnitten worden waren, gerade noch die für Untersuchungszwecke geeignete Färbung. b. Larve und geschlechtsreifes Thier. 1. Äußere Form. Pentastomum subcylindricum. Eine Maus, welche ich am 28. Januar mit Embryonen von P, proboscideum gefüttert hatte, wurde am 3. Juni, also 181/, Woche später, getödtet. Alle die Eingeweide waren von den Parasiten durchsetzt; die meisten derselben lagen eingerollt in hindegewebigen Kapseln. Einige dagegen waren aus ihren Cysten her- ausgekrochen und wanderten frei in der Leibeshöhle umher. HoyrE berichtet von den von ihm untersuchten eingekapselten als P. protelis bezeichneten Larven, dass: »in every case examined except one, the ventral surface formed the convexity of the curve«!. Dies war jedoch nicht bei den von mir untersuchten P. subeylindrieum der Fall. Bei ihnen war der Rücken konvex, der Bauch konkavy. Auf die Kapsel brauche ich nicht näher einzugehen; sie besteht aus Bindegewebe, welches, wie bei anderen in parenchymatösen Organen encystirten Parasiten, von dem Wirthe geliefert wird. Die Larven (Fig. 22) waren ganz ausgebildet und erreichten eine maximale Länge von etwa 13 mm. Der Körper ist drehrund und von einer milchweißen Farbe, die von den durchscheinenden Parietaldrüsen herrührt. In der Ruhe ist das vordere Leibesende abgerundet; der Schwanz konisch zugespitzt. Die breiteste Stelle (1,44 mm) des Kör- pers liegt etwa 1 mm hinter dem Kopfende; von hier verjüngt sich das Thier allmählich nach hinten, bis seine Stärke ca. I mm von dem Schwanzende entfernt, nur noch 0,75 mm beträgt. Sodann schwillt er wieder plötzlich zu einer ovoiden Auftreibung und endigt mit einer stumpfen konischen Spitze. Selbstverständlich unterliegen diese An- gaben vielen individuellen Schwankungen. Manchmal scheint der Kör- per von vorn nach hinten stetig an Stärke abzunehmen. In diesem Falle fehlt die ovoide Anschwellung vollständig. Ferner kommt es bisweilen vor, dass die Schwanzspitze sich sehr lang auszieht, oder in ! Trans. Roy. Soc. Edinb. 4883. p. 166. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc, 109 der Mittellinie sich einstülpt, so dass also zwei lappenartige seitlich vom After liegende Fortsätze entstehen. Diese Gestaltdifferenzen stehen in Korrelation mit den Kontraktionszuständen der darunter befindlichen Muskeln. Der Körper ist in den meisten Fällen gerade gestreckt, manchmal aber, und zwar bei weniger entwickelten Thieren, nach der ventralen Seite hin gekrümmt. Der Vorderleib ist gewöhn- lich auf der ventralen Fläche abgeflacht. Die Körperoberfläche ist regelmäßig geringelt. Ich zählte 35 —44 solche ringförmige Einschnürungen. Vorn sind dieselben am breitesten (bis 0,23 mm), nach hinten nehmen sie an Breite allmählich ab (bis etwa 0,13 mm). Das Schwanzende entbehrt der äußeren Ringelung; man kann jedoch, bei Betrachtung mit der Lupe, durch die durchsich- tige Cuticula hindurch immer noch eine Ringelung der Hypodermis er- kennen. Der Mund liegt ventral, ca. 0,3 mm von dem vorderen Körperende entfernt, und ist von einem 0,06 : 0,04 mm starken Chitinring um- geben. Die eigentliche Mundöffnung wird von dem hinteren Theile der von dem Chitinringe begrenzten Partie gebildet, welche der Haupt- masse nach, die Oberlippe (Mundpapille) darstellt. Seitlich vom Munde sind zwei Paar Haken angebracht. In der Ruhe liegen sie in Einsen- kungen der Cuticula (in den sog. Hakentaschen) zurückgezogen. Sie können aus denselben weit hervorgestreckt werden. Es kann sogar geschehen, dass der in der Umgebung des Hakens befindliche Theil der Körperwand, sammt der umgestülpten Hakentasche, durch Kon- traktion der Muskulatur beinartig nach außen hervorgestreckt wird. Männchen und Weibchen lassen sich, wie das Leuckarr auch für das P. denticulatum angiebt, durch Lage der Geschlechtsöffnungen unter- scheiden. Die männliche Öffnung liegt ventral in der Mittellinie am zweiten Segment hinter dem Munde und ist von zwei vorderen und einer hinteren lippenartigen Erhebung umgeben. Die weiblichen Ge- schlechtsorgane münden gemeinschaftlich mit dem Enddarme am hin- teren Körperende nach außen. Andere äußere Unterschiede habe ich in den Geschlechtern nicht gefunden. Ferner findet man am Vorderkörper eine Anzahl Papillen. Ich werde selbige erst späterhin beschreiben, weil sie bei dem geschlechts- reifen Thiere weit deutlicher zu erkennen sind. P. proboscideum. Schon bei der ersten Betrachtung des ge- schlechtsreifen Thieres fällt dem Beobachter der beträchtliche Unter- schied, der hinsichtlich der Größe der verschiedenen Individuen ob- waltet, auf. Die Länge variirt zwischen 51 und 25 mm; die größte Breite zwischen 3 und 2 mm. Die größeren Thiere sind Weibchen, die 110 Charles Wardell Stiles, kleineren Männchen. Die allgemeine Körperform ist die gleiche wie bei der ausgewachsenen Larve. Wenngleich die Anzahl der Ringel bei den verschiedenen Individuen variirt, habe ich doch keine gesetzmäßi- gen Zahlenunterschiede in den beiden Geschlechtern bemerken können, wie dies seiner Zeit Hoyır für P. protelis angegeben hat. Bei den Weibchen fand ich 35—43 Ringel, bei den Männchen 38—10. Die Zahl der Ringel war also bei den Weibchen, in den von mir untersuch- ten Exemplaren, größeren Schwankungen unterworfen als bei den Männchen. Papillen. Am Vorderende des Körpers findet man konstant sieben Papillenpaare (Fig. 35 —37). Außerdem erblickt man häufig noch eine Anzahl papillenähnliche Erhebungen, deren Zahl ich nie konstant fand, und mehr als Runzeln der Cuticula auffassen möchte. Einige von diesen Papillen sind schon bei anderen Pentastomen von früheren Autoren beschrieben worden. Echter Papillen unterscheide ich sieben Paar. Ein Paar, welches unter allen das größte ist, liegt unmittelbar vor dem ersten Hakenpaare; ein Paar ist noch weiter nach vorn, resp. nach der Rückenfläche gerückt und von Papillen gebildet, die einander mehr genähert sind; das dritte Paar liegt an der Dorsalfläche oberhalb des zweiten; das vierte Paar ist vor dem zweiten, das fünfte seitlich von dem zweiten Hakenpaare angebracht; das sechste Papillenpaar findet man hinter dem ersten Hakenpaar; das siebente am darauffolgen- den Segment, und zwar der Medianlinie etwas mehr genähert. Die von mir als inkonstant bezeichneten Papillen (?) liegen an den seitlichen Kanten des abgeflachten Vorderleibes, und zwar am ersten bis neunten Segmente. Ihre Anzahl kann zwischen drei und neun Paaren schwan- ken. Ich habe sie bei mehreren Thieren gefunden; das eine Mal sehen sie genau wie die echten Papillen aus, das andere Mal aber erscheinen sie mehr als einfache Runzeln der Cuticula. LEucKART und Jacquarr haben das erste Papillenpaar als redueirte Antennen betrachtet. Lonrmann behauptet, dass die Kopfdrüsen hier ausmünden. Auf Grund meiner Beobachtung betrachte ich diese Papil- len gleich LzvexArr als Sinnespapillen, finde jedoch keine Veranlassung sie als rudimentäre Antennen anzusehen. Bei Pent. proboscideum mün- den die Kopfdrüsen nicht in die Papillen selbst, sondern etwas ventral davon nach außen. Das erste Stadium charakterisirt sich folgendermaßen: Die Embryonalbeine, der Bohrapparat, das Rückenorgan und der Schwanz sind schon abgeworfen. Der Körper ist rundlich-oval und zeigt keine Spur von einer äußeren Ringelung. Durch die Körperwand schimmern Darm und Leibeshöhle hindurch. Ich muss jedoch erwähnen, dass die Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 111 Larven dieses Stadiums schon vor der Konservirung abgestorben waren, und dass sie also zur Untersuchung der histologischen Verhältnisse sehr wenig geeignet waren. Die Larven des zweiten Stadiums (Fig. 14) sind ca. A1/, Wochen alt. Sie sind 0,5—/1 mm lang, ihr Querschnitt ist kreisrund. Sie hatten sich stark nach der Bauchfläche gekrümmt und ließen äuber- lich keine Ringelung erkennen; presste man sie aber aus ihrer Quti- eula heraus, se zeigte die Hypodermis des Mittelleibes eine deutlich wahrnehmbare Ringelung. Von den inneren Organen konnte man Darm, Ganglion, Geschlechtsorgane und einige sehr große auf das Kopfende beschränkte Drüsenzellen erkennen. Männchen und Weibchen waren durch die Lage der äußeren Geschlechtsöffnung von einander zu unter- scheiden. Die männliche Geschlechtsöffnung war kurz hinter dem Munde, die eines Weibchens habe ich 0,013 mm vor dem After gefun- den. In Größe und Form entspricht dieses Stadium ungefähr dem neun Wochen alten Pentastomum taenioides (cf. Leuckarr, Bau u. Entw. Taf. III, Fig. 20). Drittes Stadium, 6'/, Wochen alt (Fig. 17). Die Larven waren in ihrer Entwicklung ziemlich weit vorgeschritten. Ihre Länge betrug ca. 2 mm. Die äußere sich ablösende Cuticulaschicht war glatt, ohne jegliche Runzeln, dagegen ließ die neu entstandene innere Cuticula schon eine deutliche Ringelung erkennen (bis 4% Ringel). Vorn und seitlich von dem Munde lagen zwei unregelmäßig kreis- oder nieren- förmige Öffnungen, die Eingänge zu den Hakentaschen. Der Rücken war noch immer viel länger als der Bauch. Dieses Stadium ist hin- sichtlich der Form und Größe bedeutend weiter vorgeschritten, als die von Leuckarr beschriebene Larve aus dem vierten Monate (Bau u. Entw. Taf. IV, Fig. 2). Allgemeines. Bei P. proboseideum läuft die Entwicklung viel rascher ab als bei P. taenioides. Die Ringel bilden sich von der mittle- ren Zone des Körpers aus nach vorn und hinten; sie können demnach entwicklungsgeschichtlich mit den Segmenten der anderen Arthropoden nicht homologisirt werden. Die 71/, Wochen alte Larve kann schon die definitive Anzahl der Ringel haben; das spätere Wachsthum findet also inter- und intra-annular und nicht endständig statt. Die Zahl der Ringel unterliegt ziemlich großen individuellen Schwankungen, so dass man denselben, wie dies schon einige Autoren betont haben, keinen allzu großen diagnostischen Werth beilegen darf. Ich habe jedoch unter allen meinen Thieren keines gesehen, bei denen die Zahl der Ringel weniger als 35 war. Ich kann also Mtenın und Lupwie nicht beipflich- ten, wenn sie P. proboscideum (mit 35—44 Ringel) und P. moniliforme 412 Charles Wardell Stiles, (mit 19—26 Ringel) vereinigen. Die interannularen Einschnürungen sind ventral gewöhnlich deutlicher ausgeprägt als dorsal. Es ist schon oben hervorgehoben, dass Dizsıng die Zahl der Ringel bei P. subeylin- drieum irrthümlicherweise auf 80 angegeben hat. 2%. Cutieula und Hypodermis. Ausgebildete Larve. Der ganze Körper wird von einer 0,05 mm dieken Cutieula umhüllt, welche sich als Auskleidung des Ösophagus, des Enddarmes, der Geschlechtsausführungsgänge und der Haken- taschen nach innen einstülpt. Sie weist wohl allerorts so ziemlich die gleiche Stärke auf. Bei dem geschlechtsreifen Thiere aber sind die Diekenunterschiede in den einzelnen Körpertheilen deutlich aus- geprägt. Der Hinterrand eines jeden Ringels ist die dünnste Stelle. Weiter vorn wird die Cuticula allmählich dicker, bis sie schließlich in der tief eingesenkten Mitte des interannularen Theiles ihre stärkste Entwicklung erreicht. Nach vorn, also in dem hinteren Theile des nächsten Ringel, wird sie wiederum allmählich dünn. Die dünnste Stelle beträgt bei g'! 0,09 mm, bei © 0,189 mm, die dickste erreicht beim g! einen Durchmesser von 0,35 mm, beim © dagegen einen sol- ‘chen von 0,48 mm. Am Kopfende ist sie im Allgemeinen etwas dünner, besonders an den Papillen. Histologisch besteht die Cutieula aus zwei sich deutlich von einander abgrenzenden Schichten, von denen die äußere ziemlich homogen ist und sich mit farbigen Reagentien (z. B. Pikro- oder Säurekarmin) ziemlich auffallend imprägnirt. Die darunter liegende innere Schicht ist um Vieles dicker, nimmt Farbstoffe schwer an und besteht aus einer großen Anzahl der Oberfläche parallel laufen- der dünner Lamellen (Fig. 45). Der Lonrmann’schen Ansicht, nach welcher die äußere Schicht nur ein durch den Kontakt mit der Außen- welt umgewandelter, in Abstobung begriffener Theil der bis zehnmal dickeren inneren Schicht sei, kann ich auf Grund meiner Beobachtun- gen beistimmen. Die feinen Porenkanäle, die nach Leucrarr die Cuti- cula durchsetzen sollen, habe ich trotz eifriger Bemühung nicht auf- finden können. Drüsenstigmata sind bei sämmtlichen Entwicklungsstadien vor- handen. Bei Pent. subeylindricum sind solche Stigmen bald mehr, bald minder regelmäßig auf jedem Ringel in zwei bis drei Reihen an- gebracht. Am zahlreichsten sind sie am Vorderkörper, etwa 160 auf einem Segmente. Nach hinten nimmt die Menge allmählich etwas ab, so dass auf die letzten Ringel schließlich nur ca. 60 kommen. Der Ring, welcher die Ausmündung jeder einzelnen Stigmendrüse umgiebt, hat eine flach eylindrische Gestalt und einen Durchmesser von 0,01 mm. Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 113 Bei den geschlechtsreifen Thieren sind die Ringe der Drüsen- stigmen nicht mehr vorhanden. Sie sind ohne Zweifel in Folge der Häutung verloren gegangen. An Stelle des Ringes sieht man ein ein- faches Loch in der Cuticula, das in einen trichterförmigen erweiternden Kanal führt, welcher die ganze Dicke der Cuticula durchsetzt. Etwas unterhalb der Körperoberfläche befindet sich in dem Kanal eine 0,009 zu 0,007 mm große kragenartige Verdiekung. Unterhalb des Kragens verändert sich die angrenzende Cuticula zu einer Art Chitincylinder (Fig. 45). In dem ersten Stadium waren im Ganzen zwei Drüsenstigmata vorhanden, welche offenbar den beiden Drüsenstigmen des Embryo entsprechen. Nach der zweiten Häutung wächst ihre Zahl so rasch, dass wir im zweiten Stadium schon 18 Reihen antreffen. In Folge der wieder- holten Häutungen sind ihre Öffnungen etwas weiter geworden (0,009 mm). Im Allgemeinen sind die Stigmen der vordersten Reihen, die den Kopf- abschnitt bedecken, größer als die des eigentlichen Leibes. Eben so wie bei der zweiten Larvenform des Pent. taenioides (LeuckArr) be- schränken sich die Stigmen auf die Rückenfläche und die beiden Seiten der vorderen Körperhälfte. Die Zahl der Öffnungen, die auf eine Reihe kommt, ist vorn am geringsten (in der ersten Reihe stehen nur zwei), nach der Mitte aber nimmt die Menge ziemlich rasch zu (bis auf 14), um dann gegen die Körpermitte hin (bis auf sechs) wieder her- abzusinken. Das dritte Stadium kennzeichnet sich durch seine Ringelung (bis zu 4% Ringel sind vorhanden). Die Stigmen durchsetzen einen jeden Ringel; in den breiteren Segmenten sind sie zu zwei Reihen angeordnet, und auf der Bauchfläche so gut wie auf der Rücken- und Seitenfläche vorhanden. Die Menge, die auf einen Ringel kommt, schwankt zwi- schen 16—44. | Allgemeine Betrachtungen über die Drüsenstigmen. Leverarr beschreibt Zahnfortsätze, welche zumal bei jungen Larven die Stigmen zuZwillingsstigmen umbilden. Auch ich habe solche Bildun- gen bei meinen Larven gefunden, aber bei Weitem weniger häufig. Ich will als Beispiel eine 32 Tage alte Larve anführen, bei der ich nur zwei Doppelstigmen zählte, und zwar eines in der vierten Reihe, eines in der mittleren Region des Leibes. Wenn Levckarr schreibt, dass diese Doppel- stigmen »in gewisser Hinsicht wohl als Vorläufer der später eintretenden bedeutenden Vermehrung der Stigmenzahl betrachtet werden dürften«, ‚so ist natürlich nicht anzunehmen, dass er glaubte, die Stigmen — also feste Chitingebilde — würden sich theilen, wie dies irrthümlicherweise Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LI, Bad, 8 / 114 Charles Wardell Stiles, von einigen Autoren verstanden wurde. Vielmehr wollte er damit sagen, dass die Drüsen sich -theilten und erst nach der nächstfolgenden Häutung zwei Drüsenstigmata erscheinen. Als Stütze für diese Ansicht führt Leuckart an, dass »der Boden der Drüsen selber nicht selten ein- gekerbt sei, was wohl als das Zeichen einer beginfenden Theilung ge- deutet werden könne« (Bau u. Etw. p. 124). Diese Einkerbungen sind jedoch, wie ich sehr deutlich zu wiederholten Malen habe sehen können, nichts Anderes als die unteren Grenzen der die Drüsen zusammen- 'setzenden Zellen. Ich will hiermit keineswegs die Behauptung aus- sprechen, dass eine Theilung im Levuckarr' schen Sinne absolut undenk- bar sei. Jedoch kann ich mit Bestimmtheit angeben, dass diese Art der Entstehung nicht die gewöhnliche ist, sonst würden die Stigmen über den ganzen Leib (interannular sowie intraannular) verbreitet sein. Überdies habe ich zu wiederholten Maien Gelegenheit gefunden, die Entstehung der Stigmenlöcher direkt zu beobachten. Zunächst senkt sich die (noch unfertige) Cuticula in Form eines sehr flachen Kegels ein; von der Spitze des Kegels geht ein sehr dünner, das Licht stark brechender (hohler [?]) Strang aus, den ich bis zu der Hypodermis hin- ein deutlich verfolgen konnte. Die Einsenkung wird auf Kosten des Stranges tiefer und tiefer und bildet sich schließlich zu einem deut- lichen Kanal um. Wie der Ring entsteht, habe ich nicht direkt beob- achtet. Ist eine Larve von mehreren (abgestoßenen) Häuten umgeben, so kann man sich sehr leicht überzeugen, dass die Stigmen der älteren abgestobenen Häute kleiner sind als die der neugebildeten. Früher wurden die Stigmen für Athemlöcher gehalten; Wepz und Leverart aber haben diesen Irrthum bekämpft und den definitiven Nachweis erbracht, dass sie die Ausmündungsstellen der Hautdrüsen sind. Obwohl dieser Nachweis schon in der im Jahre 1860 erschienenen Abhandlung von Lrvckarr enthalten ist, so wagt doch Cuarın! öffent- lich zu behaupten, dass er es gewesen sei, der zuerst ihre wahre Natur erkannt habe. Es erscheint mir ganz unglaublich, dass ein Forscher im Stande ist, eine so klar und durchsichtig geschriebene Abhandlung wie die Leuckarr'sche so flüchtig durchzusehen, dass er nicht einmal dem Gedankengange des Autors zu folgen vermag. Veranlasst durch die zumal in früherer Zeit häufigen Verwechs- lungen der Stigmen der Pentastomen mit den Athmungsstigmen der anderen Arthropoden, will ich die Ausmündungsöffnungen der Haut- drüsen der Pentastomen als » Drüsenstigmen« bezeichnen. ip. 44. Notes anatomique sur une linguatula observee chez l’Alligator lucius, Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 115 Parona ! hat genau denselben Irrthum begangen, wie andere Autoren vor mehreren Decennien; getäuscht durch die Runzeln der Cuticula, lässt er die einzelnen Drüsen durch ein reichlich verzweigtes Kanalsystem sich verbinden, und vermittels der Stigmen nach außen ausmünden. Eine ändere Differenzirung der Cuticula stellen die sog. Stachel- kränze dar, welche am hinteren Rande eines jeden Segmentes vor- kommen. Die Stachelkränze sind, wie schon LEuckArr gezeigt hat, eine Eigenthümlichkeit der vollkommen ausgebildeten Larve, und gehen nach der Einwanderung in den definitiven Wirth in Folge einer Häutung verloren. Bei einigen Species erreichen die einzelnen Stacheln eine ziemlich beträchtliche Länge (bei P. denticulatum 34 u, Le&r.). Bei P. subeylindricum aber stellen sie äußerst kleine stumpf bis spitz kegelförmige Hervorragungen dar, welche von einer gemeinsamen Quti- cularverdiekung am hinteren Rande der einzelnen Segmente getragen werden. Auf den Cuticulabelag des Darmtractus, sowie den der Geschlechts- wege werde ich bei den betreffenden Organsystemen zurückkommen. Die Haken und deren Taschen. Auf ungefähr gleicher Höhe mit dem Munde senkt sich bei P. subeylindricum die äußere Cuticula an vier Stellen in Form einer Tasche ein. In jeder dieser Taschen er- blickt man drei in Gestalt und Funktion verschiedene Gebilde, nämlich den Haken, den Stützapparat oder Basalglied des Hakens und die Taschenfalte. In jeder Tasche des II. Hakenpaares findet man ferner einen Nebenhaken. Der Haken (Fig. 32) ist ein krallenförmiges gekrümmtes Chitin- gebilde, welches mit dem Basalgliede artikulirt. Er kann durch Mus- keln aus der Tasche hervorgestreckt werden; für gewöhnlich aber ruht er im Grunde der Tasche. Die Haken sind nicht genau nach der Bauch- fläche, sondern auch etwas nach den Seiten gekrümmt. Der dem Dorn- fortsatz gleich gerichtete Theil der Wurzel reicht bis zum Taschengrunde herab; der Hinterwurzelast ist viel länger und wird von dem oberen Ende des rinnenartig gebogenen Stützapparates umfasst. Mit dem hin- teren Rande dieses Astes ist ein eigenthümlicher, hohler, kegelförmiger, und im Grunde durchbohrter Chitinring innig verwachsen (Fig. 38). Er bildet die Ansatzpunkte für den M. extensor unci, welcher dem Klauen- krümmer der Katze physiologisch vollkommen entspricht. Untersucht man den Haken auf Schnitten, so zeigt er sich aus drei von einander histologisch verschiedenen Schichten zusammengesetzt, Die äußere besteht aus einer derben, durchsichtigen und spröden 1 Annal. del mus. civico l’istor. nat. di Genova. 1890, p. 4. Taf. III, Fig. 4. S*+ 116 Charles Wardell Stiles, Masse, welche gewöhnlich eine lamellare Struktur aufweist. Die mitt- lere Schicht bildet ein eigenartig schwammartiges Gewebe, dessen Maschen bei stärkerer Vergrößerung als Sechseck erscheinen und zu einem ziemlich regelmäßigen Netzwerk angeordnet sind. Im Inneren des Hakens liegt eine Anzahl kleiner Kerne, deren.Zellenleiber ich aber nicht deutlich von einander abgrenzen konnte (Fig. 35). Ich habe bei der Larve keine durchgreifenden Unterschiede zwi- schen den Haken des ersten und zweiten Paares, ‘sowie denen des Männchens und Weibchens konstatiren können. Die ganze Hakenbasis wird von einer direkten Eoreeanne der Körpercuticula allseitig eingehüllt. Der Nebenhaken stellt ein ziemlich zartes, ide stabförmiges Gebilde von kreisrundem oder ovalem Querschnitt dar, welches lateral dicht an der Basis eines jeden Hakens des zweiten Paares angebracht ist. Die Cuticula, welche die äußere Hüllschicht des Nebenhakens bil- det, ist von völlig durchsichtiger chitinartiger Beschaffenheit und ziem- lich dünn. Sie umschließt eine einfache Lage Epithelzellen, welche den Innenraum bis auf einen sehr dünnen Drüsenkanal beinahe voll- ständig ausfüllen (Fig. 32 und 34). | Der Stützapparat oder das Basalglied des Hakens ist von LEUCKART am genauesten beschrieben. Ich kann Lruckarr's Befunde voll- ständig bestätigen. Nur fand ich, dass mit dem Basalgliede eine gelbe Chitinlamelle in Verbindung steht, welche der Taschenwand als Stütze dient. Bei Behandlung mit Ätzkali löst sich diese Lamelle von der Taschenwand los, bleibt aber mit dem Stützapparat in Verbindung. An dieser äußeren Lamelle inseriren sich Körpermuskeln, welche den Hakenapparat in seiner Gesammtheit bewegen; die innere Lamelle dient auch den die Krallen auf- und abziehenden Muskeln zur Befestigung. Direkt oberhalb der der Hakentasche anliegenden Lamelle finden wir die innere Fläche der Taschenfalte. Letztere ist mit einem scharfen Chitinrand ausgestattet und umgiebt den Haken zur Hälfte in Form eines Kragens (Fig. 2! und 30). Auch Lonrmann beschreibt eine ähnliche Bildung bei P. taenioides, die jedoch mit der von mir be- schriebenen Taschenfalte nicht identisch sein kann, weil erstere ventral® (LoHRrMANnNn, 1. c., Fig. 4), letztere dorsal vom Haken gelegen ist. Bei den geschlechtsreifen Thieren (P. proboseideum) sind die Hakentaschen mit ihren einzelnen verschiedenen Theilen eben so. gut vorhanden wie bei den Larven. Den einzigen Unterschied, den ich konstatiren konnte, war der, dass bei den ersteren Haken, Nebenhaken, Basalglied und Taschenfalte kräftiger ausgebildet waren als bei den Larven. Vergleicht man die Haken des Männchens und Weibchens, so Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 117 ergiebt sich, dass die letzteren entsprechend der beträchtlicheren Körperdimension, durch eine beträchtlichere Größe sich auszeichnen. Ein Vergleich der beiden Fig. 30 und 31 wird dies besser veranschau- lichen als eine detaillirte Beschreibung. In dem ersten und zweiten Stadium sind die Hakentaschen äußerlich gar nicht zu sehen. Auf Schnittpräparaten vom zweiten Stadium dagegen kann man vier zweischenkelige Einstülpungen der Hypodermis, welche offenbar die ersten Anlagen derselben sind, nach- weisen (Fig. 15). Im dritten Stadium sind die Hakentaschen schon - äußerlich bemerkbar. Es ist alsdann der vordere Schenkel der Ein- stülpung bedeutend tiefer als der hintere (Fig. 18). In dem vorderen Schenkel entsteht das Basalglied des Hakenapparates. Ein tiefer Ein- schnitt grenzt den den Stützapparat abscheidenden Theil von der obe- ren helmartigen, den Haken bildenden Partie ab. Dieser Einschnitt wird gebildet von einer strangartigen Fortsetzung der Hypodermis. Vorläufig ist selbige noch solid, nach und nach aber heben sich beide Zellschichten von einander ab, und es entsteht auf diese Weise jener Spalt, in dem der dorsale Wurzelast des Hakens seine Entstehung nimmt. Auf der Oberfläche der helmartigen Erhebung erblickt man zu dieser Zeit einen kleinen tutenförmigen Zapfen, der sich späterhin als die Spitze des in Bildung begriffenen Hakens ausweist. Anfangs ist die Hakenspitze ziemlich gerade; erst späterhin erfährt sie, und zwar da- durch, dass die dorsale Partie viel rascher wächst als die ventrale, ihre _ definitive Krümmung. Allgemeine Betrachtung über den morphologischen Werth des Hakenapparates. Obige Darstellung weicht in vieler Hinsicht sehr wesentlich von den früheren Beschreibungen ab. Zu- nächst kann ich auf Grund meiner Beobachtung der Ansicht, dass die Haken verkümmerte Beine vorstellen, nicht huldigen. Noch unhalt- barer erscheint mir die Behauptung von Craus, dass sie den Krallen der Endklauen der zwei hinteren Beinpaare der Arachnoiden zu homo- logisiren seien. Als Beweismaterial möchte ich zwei Thatsachen der Entwicklungsgeschichte anführen. Die Haken liegen ursprünglich vor dem Munde und werden als einfache Einstülpungen der Hypo- dermis angelegt. Schon aus diesen Gründen konnte man die Gebilde kaum als Beine bezeichnen. Zwar konnte man hiergegen einwenden, dass die fraglichen Gebilde Mundwerkzeuge (cf. Hoxte, 1. c. p.178) seien, welche vielleicht erst sekundär in Einstülpungen entstehen und vor den Mund gerückt sind. Dagegen sprechen aber die oben angeführten Ent- wieklungsfacta. Die ersten Anlagen sind einfache Einsenkungen der äußeren Haut, welche von allem Anfange an vor dem Munde gelegen sind. 118 Charles Wardell Stiles, Ferner möchte ich mit wenigen Worten noch auf die Nebenhaken zu sprechen kommen. Die früheren Beobachter haben behauptet, dass nur die Haken der Larve, und zwar beide Paare solche Nebenhaken besitzen. Nur Lrvcrarr macht eine Ausnahme, indem er die Neben- haken auch bei dem geschlechtsreifen P. subuliferum persistiren lässt. Cnuartın behauptet bei dem von ihm untersuchten P. oxycephalum stets neben den Haken zwei Nebenhaken gefunden zu haben. Über die Bedeutung der Nebenhaken von P. dentieulatum gehen die Ansichten der verschiedenen Forscher weit aus einander. Hinsichtlich der äußeren Form des Nebenhakens von P. denticu- latum stimmen die Angaben der meisten Autoren überein. Er bildet einen kapuzenartigen Apparat, dessen halbkreisförmige Basis dem Stütz- apparate anliegt. KÜCHENMEISTER betrachtet ihn einfach als »Spitzen- decker« und lässt seine Bewegungen von denen des Haupthakens ab- hängig sein. Leuckarr dagegen hält ihn für einen echten Nebenhaken, dessen Bewegungen durch die des Stützapparates bedingt werden. Wenn man diese Angaben, und besonders die verschiedenen Figuren von P. denticulatum mit der oben angegebenen Beschreibung und den Figu- ren (Taf. VIII) von P. subeylindriecum und P. proboscideum vergleicht, so muss es sofort auffallen, dass jenes Gebilde, welches man bei P. denticulatum als Nebenhaken resp. Spitzendecker auffasste, mit der Taschenfalte von P. proboscideum identisch ist. Denkt man sich ferner diese Taschenfalte von P. proboseideum größer und größer werdend, so erhält man jene eigenthümliche Bildung, die bis jetzt bei P. denti- culatum als Nebenhaken resp. als Spitzendecker beschrieben wurde. _ Diese Erklärung findet in Lzruckarr's Beschreibung der Bewegung eine weitere Stütze, weil nämlich die Bewegung der Taschenfalte in der That von der des Stützapparates abhängig, der des Haupthakens aber davon unabhängig ist. Man kann sich leicht überzeugen, dass der echte Nebenhaken nur gleichzeitig mit dem Haupthaken auf und ab bewegt wird. Der Haupthaken dagegen kann unabhängig von dem Nebenhaken eine gewisse Strecke aus der Tasche hervorgestreckt werden. Tritt der Haupthaken über diese Grenze hervor, so folgt der Nebenhaken den Bewegungen des ersteren. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass ich es für höchst wahrscheinlich halte, dass die von CG#arın und GurLrT beschriebenen zweiten Nebenhaken nichts Anderes als die Taschenfalte vorstellt. Überhaupt scheint es mir, dass bis jetzt Nebenhaken und Taschenfalte nicht nur bei P. denticulatum, sondern bei einer Reihe anderer Formen mit einander verwechselt worden sind. Der Nebenhaken erreicht bei den verschiedenen Species eine sehr Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud. ete. 119 verschieden kräftige Ausbildung. Bei P. gracile erreicht er (nach LevekrArt) die mächtigste Entwicklung. Er bildet einen hohlen stark gekrümmten Kegel, der dorsal sich dem Haupthaken eng anschmiegt (Leuckarrt, 1. c., Taf. V, Fig. 12). Bei P. oxycephalum, P. heterodontis, P. najae (Levucrarr, ]. c. Taf. V) wird er nach und nach kleiner, jedoch scheint er noch als Haken zu fungiren. Bei P. proboscideum kann von einer solchen Wirkungsweise nicht mehr die Rede sein. » Seither wurde allgemein angenommen, dass die Nebenhaken nach der Einwanderung in den definitiven Wirth abgeworfen werden; schon Levekart aber führt als Ausnahmefall an, dass bei P. subuliferum die Nebenhaken beibehalten werden. Mir ist es gelungen das gleiche Fak- tum für P. proboseideum nachzuweisen. Da ferner Leuckarr (l. c. p. 106) nachgewiesen hat, dass der Jugendform P. Diesingii Nebenhaken gänz- lich fehlen, so liegt es klar auf der Hand, dass man die Nebenhaken keineswegs als ausschließlich den Larven zukommende Organe betrachten kann. _ Löst man die Cuticula von dem Körper vorsichtig ab, so bekommt man ein Bild von der Hakentasche, wie es Fig. 20 darstellt. Hier sieht man außer den verschiedenen Faltungen der Haut eine kegelförmige, 0,02 mm lange Einsenkung der Cuticula. Diese passt in die hohlen kegelförmigen Erweiterungen der dorsalen Hakenwurzel und stellt die Ausmündungsöffnung der sog. Hakendrüse vor. Man sieht den Haken- drüsenkanal knäuelförmig gewunden an die Spitze dieses Kegels her- antreten. Die zahlreichen Windungen des Kanals sind leicht erklärlich, wenn man die ausgiebige Beweglichkeit der Haken in Betracht zieht. Die Cuticula, welche nach Leuckarrt! aus Chitin besteht, ver- dankt ihre Entstehung einer wohl entwickelten Hypodermis. Letztere besteht aus einer einfachen Lage schöner, hoher Cylinderzellen. Sie begleiten die Cuticula bei ihren Einsenkungen als Auskleidung des Pharynx, Enddarmes und der Endabschnitte der Geschlechtswege. Ich möchte hier zu dem Gesagten hinzufügen, dass Gaarın die zellige Natur der Hypodermis leugnet. Meiner Ansicht nach kann diese Behauptung nur durch die schlechte Konservirung seines Materials erklärt werden. LeuckART, Hoyze und Lourmann haben Zellengrenzen bei allen Species gefunden, und auch ich habe sie bei P. proboseideum auf das deutlichste gesehen (Fig. 45), Als Differenzirungen der Hypodermiszellen sind die sog. Stigmen- drüsen zu erwähnen. HoyeE und Caarıv beschreiben sie als mehrzel- lige Drüsen; Lourmann dagegen lässt es unentschieden, ob Zellengrenzen vorhanden sind oder nicht. Bei P. proboscideum sind die Zellengrenzen 1 Archiv für Naturgesch. I. p. 15. 1850. 120 Charles Wardell Stiles, sehr deutlich zu unterscheiden. Nach der Mündung der Drüse nimmt das Zellplasma eine streifige Struktur an. Leruckarr hat diese Drüsen schon bei den jungen Larven von P. taenioides gesehen, und ich kann seine Beobachtung an P. proboscideum vollkommen bestätigen. LoHr- MANN {l. c., p. 27) hält die Stigmendrüsen für Harnorgane, jedoch hat er für »diese Vermuthung keinen anderen Grund, als dass man für diese Thätigkeit keine Organe, für jene Organe aber keine Thätigkeit kennt«. Bei der Kleinheit der Objekte ist es kaum möglich Harnsub- " stanzen durch die bekannte Reaktion darin nachzuweisen. Ferner habe ich noch einige ceuticulaähnliche Bildungen zu erwäh- nen, deren physiologische Bedeutung mir unklar geblieben ist. Diese Gebilde sind nur bei frischen Präparaten deutlich zu sehen. Niemals ist es mır geglückt, sie mit Sicherheit auf Schnitten nachzuweisen. Von der Cuticula aus geht ein sehr dünner heller Strang, welcher etwa 5 u lang ist. Nach kurzem Verlaufe schwillt er zu einer kleinen (5 « im Durchmesser) rundlichen oder länglichen ovalen Auftreibung an. Von letzterer aus geht ein dünner Strang nach dem Inneren des Körpers, woselbst er sich nicht weiter verfolgen lässt. Diese problematischen Gebilde kommen besonders auf dem Vorderkörper und Rücken vor. Ich habe sie im zweiten und dritten Stadium gefunden. Bisweilen erinnert ihre Form stark an die sich .bildenden Stigmen. Dagegen habe ich niemals Übergangsformen zu den definitiven Stigmen gefunden. 3. Der Verdauungsapparat. Der Verdauungsapparat besteht aus fünf Theilen: 4) dem Munde ‚mit der Oberlippe, 2) dem Pharynx, 3) dem Ösophagus, 4) dem Magen- darm und 5) dem Enddarm. Bei der ausgebildeten Larve liegt der Mund (Fig, 22, 46) ventral ca. 0,3 mm von dem vorderen Körperende entfernt. Der 0,06 zu 0,0 mm messende ovale sog. Mundring stellt eine flache 0,05 mm tiefe Rinne dar, welche die Oberlippe umgiebt. Als Oberlippe be- zeichne ich dasjenige Organ, welches Hoyız »Oralpapilla« und Lonr- MAnN »Mundpapille« genannt haben, welches aber durchaus keine Pa- pille, sondern eine wirkliche Lippe darstellt. Die Cutieula des Körpers bildet sich allmählich verdickend die Rinne des Mundringes. Unter der Sohle der Rinne ist die Cuticula so dick, dass sie fast einem starken, durch seine gelbe Färbung auch besonders auffallenden Ringe gleicht. Da nun die Cuticula auf der anderen Seite der Rinne in schneller Ab- nahme ihrer Stärke in die Guticula der Oberlippe übergeht, deren Dicke derjenigen der sonst am Körper vorhandenen Cuticula gleich kommt, so erscheint der Querschnitt jener Cuticularverdickung unter der Rinnen- Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum probosceideum Rud. etc. 121 sohle als ungefähr herzförmig. Diese Verdickung unter der Rinnensohle treibt nahe dem vorderen Körperende zwei hohle konische Zapfen (Fig. 46) in das Innere des Körpers ein. Diese Zapfen dienen, wie gleich zu schildern, zum Ansatz von Muskeln. Zwischen diesen zwei Zapfen ist die Rinne am flachsten. Den beiden Zapfen gegenüber, also in dem dem hinteren Körperende zugewandten Theile des Mundringes liegt die Mundöffnung (Fig. 46). Die Rinne des Mundringes verläuft in der Fläche des unmittelbar an die Mundöffnung sich anschließenden Pharynx. Die Chitinverdickung unter der Rinnensohle verstreicht in der dieken Cuticula des Pharynx. Diese Cuticula des Pharynx bietet einen ganz eigenthümlichen Anblick dar. Sie ist nämlich von außer- ordentlich vielen verschieden großen und mannigfaltig gestalteten un- regelmäßigen Höckern besetzt, welche auf Quetschpräparaten Löchern täuschend ähnlich sehen. Diese höckerige Beschaffenheit erstreckt sich in der Nähe des Pharynx auch auf die Wände der den Mundring bilden- den Rinne. Nach Lonrnann (l. c., p. 17) bestehen »die Seitenstücke der vorderen Mundwand weder aus festem gelben Chitin, noch aus jenem, das die allgemeine Körperbedeckung ausmacht ..... sondern aus einer mit Karmin sich stark färbenden dünnen Chitinhaut«, der er elastische Eigenschaften zuschreibt. » Unter diesen elastischen Stücken liegt als Matrix nicht eine einfache Zellenlage, sondern ein dickeres Polster.« Von jener dritten Art von Chitin war bei meinen Thieren niemals etwas zu bemerken. Manchmal sah ich eben so wie Lourmann an jenen Stel- len polsterartige Anhäufungen von Zellen, aber stets stellte es sich bei näherer Untersuchung heraus, dass dem Bilde eine durch schiefe Schnittführung bewirkte Täuschung zu Grunde lag. Die Angaben Hovıe’s und Lonrmann’s betrefis der Muskulatur der Oberlippe weichen etwas von einander ab. Hoyız beschreibt die Muskeln wie folgt (P. protelis, p. 175): »The papilla itself contains two (possibly three) sets of muscular fibres, the first traverses it almost parallel to the longi- tudinal axis of the body, slightly approaching the ventral surface as it passes backwards; the second passes from its base towards the free extremity, bending slightly inwards as it proceeds. Some of the sections of the papilla seemed to show a thin marginal layer of fibres, divided transversely, which would of course constitute a sphincter, but these appearances were so uncertain, that I do not feel justified in doing _ more than merely alluding to them.« | | »In addition to these, a clearly-defined retractor bundle runs obliquely forwards from the middle of the body into the papilla, while all around it slender groups of fibres pass -outwards, and are inserted into the cuticle.« 122 Charles Wardell Stiles, LoHRrManN (l. c., p. 16, P. taenioides) behauptet, dass nur die erst- genannten Longitudinalmuskeln vorhanden seien, hält die zweitge- nannten für Drüsenkanäle und glaubt, dass die von Hoyız unterschie- dene dritte Art von Muskeln nur in dessen Vermuthung’ existirt habe. Den Retraktor Hoyır's möchte er vielleicht für den Pharyngealnerven LEUCKART'S ansehen. Meine Ergebnisse stimmen im Großen und Ganzen mit denen Lonrmann’s überein. Von den beiden schon erwähnten Zapfen, welche der Mundring in seinem vorderen Theile in das Körperinnere hinein- sendet, entspringen zahlreiche in fächerförmiger Ausstrahlung an die Cuticula, bez. Hypodermis der Oberlippe und des Pharynx herantre- tende Muskelfasern. Das sind die Longitudinalmuskeln (Fig. 46), welche schon LeuckArr beschrieben und abgebildet hat. Ich habe weder Muskelfasern noch Drüsenausführungsgänge gesehen, welche der zwei- ten Muskelkategorie Hoyır’s entsprechen könnten. Das Vorhandensein von Ringmuskeln kann ich aufs bestimmteste verneinen. Der Retraktor Hoyrr’s ist ohne Zweifel der Pharyngealnerv, wie man schon aus seiner Abbildung (l. e., Fig. 8) erschließen kann. Es ist übrigens gar nicht zu verwundern, dass Hoyzr den oben erwähnten Irrthümern unterlegen ist: Erstens hält es manchmal sehr schwer bei unseren Thieren Muskeln, Bindegewebe und Nerven von einander zu scheiden; zweitens, wie er selbst ausdrücklich bemerkt, hatte HoyLr nur ein so schlecht erhaltenes Material zur Verfügung, dass er anfänglich dasselbe gar nicht untersuchen wollte. Ferner kann ein Theil der Muskeln durch Annäherung der Pharynx- an die Bauchwand, wie dies manchmal geschieht, in eine solche Lage gebracht werden, dass letztere auf Schnitten gerade wie ein Retraktormuskel aussehen. Von den vorderen Strängen des Mundringes gehen Muskelfasern nach vorn und inseriren sich an der Körperwand (Fig. 46); sie sind nur eine Fortsetzung der Longitudinalmuskeln des Körpers. Der Pharynx verläuft von der Mundöffnung aus zunächst ziem- lich gerade nach oben und hinten, dann knickt er nach hinten um und setzt sich in dem Ösophagus fort. Er wird, wie oben erwähnt, von einer dicken höckerigen gelben Chitinschicht ausgekleidet. Quetsch- präparate zeigen diese fensterartige Struktur viel deutlicher als Schnitt- präparate. Der Querschnitt des Pharynx ist sichelförmig, und zwar sieht die Konkavität vor der geknickten Stelle nach vorn, hinter der- selben aber nach unten und hinten. Die Weite des Lumens liegt selbst- verständlich von dem Kontraktionszustande der Oberlippenmuskeln ab. Die Hörner der Sichel liegen 0,1 mm aus einander. Die Erweite- rung des Pharynx wird dadurch bewerkstelligt, dass die vordere kon- Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud. ete. 123 kave Wand desselben durch die Muskeln der Oberlippe nach vorn, die hintere konvexe Wand aber durch die Longitudinalmuskeln des Körpers nach hinten gezogen werden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch hervorheben, dass ich unter Pharynx den ganzen (ca. 0,28 mm langen) Theil des Verdauungstractus, welcher von dickem gelben Chitin ausge-_ kleidet ist, verstehe. Die untere konvexe Begrenzung des Pharynx hat manchmal, be- sonders auf Längsschnitten, das Ansehen einer Unterlippe, ist jedoch nicht so beweglich wie die Oberlippe. An ihrer vorderen unteren Spitze münden einige kleine Drüsenkanälchen aus (Fig. 46). Von dem proximalen Ende des Pharynx verläuft in gerader Rich- tung nach hinten und oben der Ösophagus. Er mündet in den Magendarm ca. 0,35 mm hinter dem vorderen Ende desselben. Sehr oft stülpt er sich in das Lumen des Magendarmes ein. Seine Chitin- bekleidung ist viel dünner als die des Pharynx und unterscheidet sich von der letzteren durch seine weit hellere Färbung. Der Querschnitt ist Anfangs gleichfalls sichelförmig (aber die Konvexität sieht nach unten und hinten) und sein Lumen ist eben so weit wie das des Pharynx. Je mehr wir uns aber dem Magen nähern, um so runder und enger wird dieser Theil des Darmtractus. Die Matrix der ösophagealen und pharyngealen Auskleidung bildet eine direkte Fortsetzung der Körperhypodermis, und ist auch in der That nichts Anderes als eine einfache, etwas modificirte Einstülpung der Hautdecke. Nach Lervcerarr wird der Ösophagus von einer Lage quergestreifter Ringmuskulatur umgürtet. Nach Lonrmann finden sich außerdem aber (bei P. taenioides) auch deutliche Längsmuskeln. Bei P. proboseideum habe ich weder Längs- noch Cirkulärmuskeln gefun- den. Dagegen konnte ich sehr deutlich Muskelfasern erkennen, die von der unteren konkaven Seite des Ösophagus nach unten zur Körper- wand verlaufen, sowie auch solche, welche zu beiden Seiten des Öso- phagus sich zwischen der Bauch- und Rückenwand des Leibes aus- spannen. Die Muskeln, welche von der konkaven Seite des Ösophagus nach unten verlaufen, spielen bei der Nahrungsaufnahme eine wichtige Rolle, indem sie eine Erweiterung des Ösophagus bewirken. Die er- wähnten Körpermuskeln konnten dagegen zur Fortbewegung der ein- genommenen Nahrung dienen, indem durch ihre Kontraktion die Hörner des Ösophagus zusammengedrückt werden. Obige Darstellung bestätigt die Lonrmann’sche Annahme, dass der Mund der Pentastomen zum Saugen eingerichtet ist, und dass dem ent- sprechend die Oberlippe nicht vorstreckbar ist. Neben dem Ösophagus findet sich eine große Menge Drüsen- 124 Charles Wardell Stiles, zellen, von denen zwei Gruppen hier besonders erwähnt werden sollen. Die eine Gruppe umgiebt den Ösophagus an jener Stelle, wo er in den Pharynx übergeht. Die andere, fast runde Drüsenzellen- gruppe umgürtet die Einmündungsstelle in dem Magen. Beide Gruppen sind aber nicht immer scharf von einander abgegrenzt (Fig. 46). Hinsichtlich der Unterscheidung des Darmtractus in Pharynx und Ösophagus stimme ich Leuckarr und Lonurmann bei. Hoyız dagegen spricht nur von dem Ösophagus. Bei P. proboscideum waren beide Abschnitte durch die Beschaffenheit der Cuticula sehr leicht von ein- ander abzugrenzen. Den größten Theil des gesammten Verdauungstractus macht der Magen aus. Er beginnt noch vor der Einmündungsstelle des Ösopha- gus, im Kopftheile des Thieres, zieht dann in gerader Richtung nach hinten und geht 0,5 mm vom Schwanzende entfernt in den Mastdarm über. Er bildet ein cylindrisches Rohr, dessen Innenfläche sich aber in zahlreichen Längsfalten erhebt. Die innerste Lage bildet eine schöne Schicht hoher Cylinderzellen. Auf sie folgt zunächst eine gelb gefärbte Membrana propria, und diese wird dann wiederum von einer ziemlich dicken Lage Bindegewebszellen umgeben. Von diesen Bindegewebs- zellen gehen jederseits ca. 6 dünne bandförmige Mesenterialstränge aus, die in schräger Richtung nach der Leibeswand hinziehen und dort oberhalb der Laterallinien sich inseriren. Diesiıne (Monogr., p. 8) hielt diese Bindegewebsschicht für eine Gefäßschicht. Leuckarr aber erblickt in ihr ein Längsmuskelnetz von sehr eigenthümlicher Bildung. Behandelt man sie dagegen mit ver- schiedenen Farbstofflösungen, so wird man zu der Überzeugung kom- men, dass die Zellen der betreffenden Schicht nicht als muskulöse Gebilde aufgefasst werden dürfen. Auf mit Pikrokarmin gefärbten Schnitten kann man allerdings diese Zellen von den echten Muskeln kaum unterscheiden, da beide gleich intensiv roth gefärbt erscheinen. Behandelt man dagegen die Schnitte mit Säurekarmin, so färben sich die fraglichen Zellen gelb, die echten Muskeln dagegen roth. Diesen Bindegewebszellen werden wir noch mehrere Male in anderen Körper- theilen, wie Samentasche, ovarialem Mesenterium etc. begegnen. In ge- ringer Entfernung von der Basalmembran bemerkt man übrigens in dieser Bindegewebshülle eine Lage wirklicher cirkulärer Muskelfasern. Die Mehrzahl der Fasern sind koncentrisch zu dem Darmlumen angeord- net: einige wenige biegen von dieser Richtung ab und verlaufen diagonal (spiral), ja selbst longitudinal, ohne dass man jedoch von einer Diago- nal- oder Längsmuskellage sprechen kann. Die Fasern sind deutlich quergestreift, wie LEUCKART seiner Zeit richtig erkannte. Bau und Entwicklungsgeschiehte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 125 Besonders eigenthümlich ist die Gestalt des Epitheliums, welches den Magenraum auskleidet. Die Zellen sind sehr verschieden hoch, ihre Länge kann das Zwei- bis Siebenfache des Durchmessers erreichen, Der ovale Kern liegt im basalen Theile der Zellen. In dem Protoplasma der Zelle nimmt man eine Anzahl I—2 u großer Körner wahr, welche offenbar, da sie auch im Darmlumen vorkommen, aufgenommene Nah- rung sind (Fig. 26—27). Der Mastdarm misst im Durchschnitt 0,37 mm; sein Durchmes- ser (Lumen) beträgt 0,03 mm. Er ist hinsichtlich seines feineren Baues von dem Magen sehr leicht zu unterscheiden. Das 19 u hohe Cylinder- epithel (Nuclei 5 «) scheidet nach innen eine dünne Cuticula ab, die die direkte Fortsetzung der äußeren Körpereuticula bildet. Eine Basal- membran, wie selbige von einigen Autoren beschrieben wird, habe ich nicht finden können. Das Epithel wird nach außen von einer dicken Lage Bindegewebszellen umgeben, in welcher man merkwürdigerweise keine Muskelfasern findet. LoHrmann (l. c., p. 21 bei P. taenioides) und Hoyre |]. e., p. 177 bei P. protelis) haben auch keine Muskeln hier ge- funden. Auf der Außenfläche der Bindegewebsschicht lagern zahlreiche Drüsenzellen, welche LeuckArrt seiner Zeit als Ganglienzellen gedeutet hat. Die Nerven, welche nach den Angaben LruckArrT's und LOHRMAaNnN’S den Enddarm umspinnen sollen, konnte ich nicht finden. Der Mast- darm mündet beim Männchen an der Körperspitze, beim Weibchen oberhalb der Vagina, vermittels eines kreisrunden Anus nach außen. Bisweilen wird die Hinterleibspitze so tief eingezogen, dass eine förm- liche Kloake entsteht. Seitlich vom Darme verlaufen zwei mächtige Drüsen, welche in dem Kapitel über die Drüsen beschrieben werden sollen. Geschlechtsreifes Thier. Über den Darm bei den geschlechts- reifen Thieren brauche ich dem Gesagten nur Weniges hinzuzufügen. Selbstverständlich ist derselbe viel größer geworden, und in Folge der mächtigen Entwicklung der Geschlechtsorgane nach der Bauchfläche hingedrängt worden. Die Epithelzellen zeigen sehr verschiedene Größe und Inhalt. Manchmal enthalten sie wenige der oben beschrie- benen Körner, manchmal sind sie damit so stark gefüllt, dass der Nu- cleus kaum zu sehen ist. Letzterer liegt stets im unteren Dritttheil der Zelle, der gewöhnlich weit weniger Körner enthält als die oberen (Fig. 28). | Erstes Stadium. Der Mundring hat sich vorläufig nicht geschlos- sen; von der Fläche betrachtet erscheint er als eine hufeisenförmig ge- bogene Chitinleiste. Der Magendarm füllt fast den ganzen Leibesraum‘ aus und endigt hinten blind geschlossen. | 126 Charles Wardell Stiles, Zweites Stadium. Hier hat sich die Chitinleiste zu einem 0,05 zu 0,036 mm Ring abgeschlossen. Alle die verschiedenen Theile des Zuleitungsapparates des Darmtractus (die Oberlippe mit ihren Muskeln, der Pharynx und Ösophagus) die bei der ausgebildeten Puppe beschrie- ben worden sind, sind schon im verkleinerten Maßstabe zu unterschei- den. Der Magendarm besitzt keine Falten, vorn ist er flach abgerundet, hinten etwas zugespitzt. Auf diesem Stadium ist bei P. proboseideum wie bei P. taenioides (Leuckarr), die Verbindung des Lumens des Magens mit dem des Mastdarmes noch nicht vorhanden. Das Epithel (Fig. 2%) des Magens ist 8 u hoch (Nuclei 5 «) und enthält keine, oder äußerst wenige von den kleinen gelben Körnern. Dagegen sind letz- tere im Darmlumen vorhanden. Außerdem habe ich oftmals Leberzellen (der Maus) im Darmlumen gefunden. Auf der Außenfläche der dünnen Membrana propria liegt eine gewöhnlich mehrschichtige Lage indiffe- renter Bindegewebszellen. Hier und da aber, wie z. B. zwischen Darm und Nervensystem, Geschlechtsorganen oder Drüsenzellen wird die Lage nur einschichtig. Diese einfache Zelllage geht auch auf den Öso- phagus über. Der Mastdarm stellt ein eylindrisches Rohr vor, dessen Epithelium sehr niedrig (10 u, Nuclei 5 «) ist. Eine Fortsetzung der äußeren Körpereuticula kleidet das 5 «u große Lumen aus, welches durch den am hinteren Ende des Körpers befindlichen 3 u großen After aus- mündet. Drittes Stadium. Mit der Verlängerung des Körpers ist der ganze Verdauungsapparat größer geworden. Der Mastdarm ist mit dem Magendarme äußerlich sehr eng verbunden, doch sind die Lumina noch immer von einander getrennt. Die Magenepithelzellen (Fig. 25) ent- halten nur wenige gelbe Körner, obwohl selbige im Lumen in großen Mengen anzutreffen sind. Allgemeines über denDarm. In hohem Maße nehmen jene gelben Körner, die sich theils in den Zellen der assimilirenden Schicht vorfinden, unser Interesse in Anspruch. Schon LEuckArr hat diese »feinkörnige Molecularmasse« in den Zellen erwähnt und hält sie für Partikel der aufgenommenen Nahrung. FrenzeL! hat diese Körner auch bei anderen Arthropoden gefunden, glaubt aber nicht, dass sie aufgenommene Nahrung, sondern eine Art Verdauungssekret vorstellen. Lourmann (l. c., p. 20) gefällt die LzuckAarr’sche Auffas- sung besser; er vergleicht die Körner dem reservirten Nährstoffe, welcher in pflanzlicher Zelle abgelagert worden. Nach meinen Unter- 1 Archiv für mikr. Anat. XXVI. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud, ete. 727 suchungen trete ich ganz entschieden für die Levckarr'sche Deutung ein. Ich habe diese gelben Körner auf den verschiedensten Entwick- lungsstufen der Pentastomen, theils frei im Darmlumen, theils im Inne- ren der Darmzellen gefunden. Gegen die Frenzer’sche Auffassung, wonach sie Verdauungssekrete sein sollen, sprechen folgende Beobachtungen: Bei sehr jungen Larven fand ich diese Körner im Darmlumen, bisweilen sogar in ziemlich be- trächtlicher Menge, während in den Darmzellen noch keine derartige Gebilde zu erkennen waren. Beim geschlechtsreifen Thiere sind die Darmzellen mit diesen Körnern bisweilen vollständig vollgepfropft. Wollte man sie als Sekrete auffassen, so müsste der ganze Magendarm, da alle Zellen unter sich gleich sind, als ein Sekretionsorgan aufgefasst werden. Berücksichtigen wir ferner, dass eine lange Zeit hindurch der Magendarm mit dem Enddarme nicht im Zusammenhang steht, so würde sich kein Theil finden, der zur Resorption der Nahrung dienen könnte. Auch kann ich Louruann’s Behauptung, dass die Körner den Protein- körnern an die Seite zu stellen seien, nicht gelten lassen, sondern ich glaube, dass sie als die direkt aufgenommenen Zerfallprodukte der Ge- webe des Wirthes anzusehen sind. Ferner kann ich LeuckArrT's und LonrMmanns Behauptung bestätigen, dass die freien Enden der Darmzellen sammt den darin befindlichen Körnern, besonders bei dem Geschlechtsthiere, sich ablösen und durch den Enddarm nach außen gelangen können. Bei den jungen Larven sieht man in den Darmzellen eine sich ziemlich deutlich abgrenzende Schicht (Zellmembran). Bei den älte- ren Thieren lässt sich diese Zellmembran nicht mehr deutlich er- kennen. | 4. Absonderungsorgane. Ausgebildete Puppe. Die Drüsen der Pentastomen sind von verschiedenen Autoren beschrieben worden. Lruckarr unterscheidet bei P. taenioides Stigmendrüsen (l. c., p. 30), Hakendrüsen (I. c., p. 64) und zwei in den Mund einmündende Drüsen. Hovıe (l. c., p. 477) be- schreibt wandständige (Parietal-) Drüsen, Haken und Stigmendrüsen. Lonrmann (l. c. p. 22) betrachtet die wandständigen Drüsen als einen Theil des Hakendrüsenapparates. Außer den Haken-, Stigmen- und zwei Mediandrüsen unterscheidet er sechs weitere Drüsengruppen, vier am Geschlechtsapparate und zwei am Darme. Meine eigenen Untersuchungen haben mich zu folgenden Resul- taten geführt. 128 Charles Wardell Stiles, Stigmendrüsen: Auf die Stigmendrüsen bin ich an früherer Stelle eingegangen (p. 112 und 119). E Parietaldrüsen: Ein jeder Ringel des Körpers ist intraannular, mit Ausnahme drei schmaler Längsstreifen, dieht mit Drüsenzellen- häufchen besetzt. Auf diese Weise erhalten wir drei Drüsenfelder (Fig. 19, 47), von denen das eine den ganzen Rücken und die Seiten bedeckt, während die beiden anderen sich gleichmäßig in die Bauch- fläche theilen. Offenbar stimmen sie mit den Parietalzellen Hovır's überein. Diese Zellen sind bei lebenden Thieren milchweiß und schei- nen durch die Körperwand hindurch. Mit farbigen Reagentien impräg- niren sie sich ziemlich stark. Zwei bis zwölf solcher Zellen sind ge- wöhnlich zu einer solchen Gruppe vereinigt. Kopfdrüsen: Zu beiden Seiten des Magendarmes und an demselben vermittels eines Mesenteriums befestigt, ist ein großer Drüsenkörper, welchen man schon bei lebenden Thieren deutlich durch die Körperwand hindurchschimmern sieht. Diese Drüsenkörper bilden zwei cylindrische Stränge, welche ungefähr auf gleicher Höhe mit dem Magendarm beginnen und dann an den Seiten des letzteren bis etwas über die Mitte herabziehen (Fig. 22). Im Centrum eines jeden Drüsen- körpers findet man einen Kanal, der von einer einfachen Epithelschicht und einer Guticula ausgekleidet ist. Die Substanz der Drüsenkörper besteht aus (Fig. 47) zwei hinsichtlich der Entstehungsweise und der Größe verschiedenen Arten von Zellen. Die großen derselben, deren Nucleus ungefähr 49 u misst, färben sich mit Säurekarmin nicht sehr stark, dagegen tingiren sich der 6 «u große Nucleolus und die 3—18 2 u großen Körner, welche im Kerne zu sehen sind, sehr lebhaft mit dem genannten Farbstoffe. Außerdem finden wir, und zwar hauptsächlich in der Nähe des Drüsenganges wesentlich kleinere und dunkler gefärbte Zellen. Die beiden CGentralkanäle setzen sich nach vorn in dünne Schläuche fort, welche an den Seiten des Ösophagus vorbeiziehen und unterhalb der großen Sinnespapillen jederseits mit einer Öffnung nach außen ausmünden. Ich will diese Drüsen in dem Folgenden als Kopf- drüsen bezeichnen. Hakendrüsen: Im Kopfe sieht man noch jederseits einen Haufen kleiner Drüsenzellen, welche histologisch von den Parietalzellen, sowie von den kleineren Zellen der Kopfdrüsen nicht zu unterscheiden sind. Diese stellen die Hakendrüsen dar. Aus jeder Drüse treten zwei Kanäle hervor, welche zu den Haken führen, und in der geschilderten Weise an den Haken nach außen münden. Gewöhnlich schmiegen sich: die Hakendrüsen so dicht an die Kopfdrüsen an, dass man beiderlei Ge- bilde nicht deutlich von einander abgrenzen kann (Fig. 22). Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. ete.e 129 Sehon Lourmann (l..c., p. 24) hat gesehen, dass die Haken und Kopfdrüsen sich aus zweierlei (großen und kleinen) Zellen zusammen- setzen, von denen die kleineren vornehmlich die Hakendrüsengänge, die srößeren dagegen die Kopfdrüsengänge mit Sekret versorgen. Er hat auch hervorgehoben, dass einige der Zellen die Farbstoffe schlecht annehmen, welche Thatsache er dadurch zu erklären sucht, dass die sich wenig färbenden Zellen sich in’einem anderen Zustande der Thätig- keit befänden als die sich gut färbenden Zellen. Nach meinen Untersuchungen gehören die größeren Zellen (mit Ausnahme von zwei oder drei, welche ventral direkt hinter dem Öso- phagus liegen) ausschließlich zu den Kopfdrüsen und färben sich nie stark; die kleineren Zellen dagegen färben sich immer intensiv und gehören den Hakendrüsen, Parietaldrüsen und dem Centraltheile der Kopfdrüsen an. In allen drei Drüsenarten findet man jene quasten- förmigen Strahlen, welche schon LrvcrArr beschrieben hat. Es ist ihm aber nicht gelungen ein Lumen in den einzelnen Strahlen nachzuwei- sen, doch konnte ich bei P. proboscideum das Lumen sehr deutlich nachweisen. Die einzelnen Röhrchen engen sich nach der Peripherie der Zellen trichterförmig zu. Zwei Drüsenkörper, welche den Ösophagus umgeben, sind schon bei der Beschreibung des Darmtraetus erwähnt worden. Sie bestehen aus Zellen, welche noch kleiner sind (Fig. 46) als die der wandstän- digen Drüsen. Sie ähneln den letzteren, indem sie Farbstoffe außer- ordentlich leicht annehmen. Die Zellen der Drüsen, welche den Mastdarm umgeben, sind auch gewöhnlich etwas kleiner als die der Parietaldrüsen. Ausführungskanäle habe ich bei den Parietal-, Ösophagus- und Mastdarmdrüsen nie finden können, obgleich die quastenförmigen Bil- dungen leicht zu erkennen sind. Ferner findet man dicht hinter dem Ösophagus einige (zwei bis vier) sehr große Drüsenzellen, welche an der Spitze der Unterlippe nach außen münden (Fig. 46). Noch einige andere Drüsen werden bei der Beschreibung der Ge- schlechtsorgane ihre Beschreibung finden. Die Anordnung, die Gestalt und der histologische Bau der Drüsen ist beim vollständig entwickelten Geschlechtsthiere im Wesent- lichen das gleiche wie bei den Larven. | Zweites Stadium: Auf diesem früher gekennzeichneten Sta- - dium ist der Kopfdrüsengang leicht als solcher zu erkennen. Er ver- läuft in das den Darm umgebende Bindegewebe und lässt sich ohne Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 9 130 Charles Wardell Stiles, Schwierigkeit bis in das hintere Dritttheil des Körpers verfolgen (Fig. 16). Man kann drei verschiedene Arten von Drüsenzellen unter- scheiden: 1) Peripherisch gelegene Zellen, welche die Stigmendrüsen vorstellen. 2) Zahlreiche, etwas größere Zellen, welche zerstreut im Körper (aber der Mehrzahl nach parietal als visceral) umherliegen, und welche das Aussehen der späteren Parietalzellen haben (Fig. 15 u. 16). Als dritte Art findet man im Kopftheile gegen 10 bis 20 große grob- 'körnige Zellen (Fig. 15), welche lebhaft an die großen körnehenreichen Zellen der Embryonen erinnern (Fig. 2). Auch ihre Vertheilung ist un- gefähr dieselbe wie bei den Embryonen, indem vorn am Kopfe ein Paar sehr große Zellen (Kerne 21 u), und dahinter etwas lateral davon zwei Gruppen kleinerer Zellen gefunden werden. Auf dem dritten Stadium sind alle drei Paare der Drüsengänge vorhanden. Die Stigmendrüsen haben ihre ursprüngliche Lage behalten. Die sich dunkel färbenden Drüsenzellen haben sich zu vier Häufchen grup- pirt. Die Mehrzahl derselben liegt parietal. Aus ihnen gehen die spä- teren Parietaldrüsen hervor. Das zweite Häufchen umgiebt den Öso- phagus und liefert die zwei oben erwähnten Ösophagealdrüsen. Das dritte und vierte Häufchen findet man an den Seiten des Darmes. Sie umgeben die sechs Drüsengänge und liefern die späteren Hakendrüsen und die kleineren central gelegenen Zellen der Kopfdrüsen. Den Kopf- drüsengang sammt den ihn umgebenen Drüsenzellen konnte ich beinahe an der ganzen Länge des Darmes verfolgen. Die dritte Art der Drüsenzellen, welche sich in Folge ihrer be- trächtlichen Größe leicht von den übrigen Zellen unterscheiden, haben an Zahl zugenommen. Jedoch sind sie noch nicht in nähere Beziehung zu den Kopfdrüsengängen getreten. Allgemeines über die Drüsen. Aus der oben angegebenen Darstellung ergiebt sich, dass die Parietaldrüsenzellen, die Zellen der Hakendrüsen und die kleinen sich dunkel färbenden Zellen der Kopf- drüsen aus vollkommen gleichartigen Zellen entstehen. Ob späterhin eine physiologische Differenzirung eintritt, will ich dahingestellt sein lassen. Die großen Zellen der Kopfdrüsen haben ursprünglich mit diesen Zellen nichts zu thun. Erstere gehen sicherlich aus den großen Zellen hervor, welche schon bei den Embryonen deutlich zu sehen sind. Ich habe die Entwicklung dieser Zellen in vollständiger Reihe nicht verfolgen können. Nach dem Embryo fehlen mir einige Sta- dien, weil, wie schon erwähnt, die Larven schon vor der Konser- virung abgestorben waren, und die Präparate keine zuverlässigen mikroskopischen Bilder geben konnten. Doch deutet das mikro- Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud, etc. 131 skopische Aussehen und die Anordnung jener großen Zellen auf eine Zusammengehörigkeit mit den bei den Embryonen gefundenen großen Zellen hin. Eben so habe ich die Umbildung, welche die fraglichen Zellen vom dritten (wo sie auf den Kopftheil beschränkt sind) zum vierten Stadium (wo sie den Kopfdrüsengang in ihrer ganzen Länge umgiebt) erleiden, nicht verfolgen können. Doch lassen die auffal- lende Ähnlichkeit zwischen den großen Zellen beider Stadien, die gleiche Färbbarkeit und die aufiallenden Unterschiede zwischen ihnen und den kleinen Drüsenzellen gar keinen Zweifel über ihre Identität aufkommen. Wir haben demnach in den Kopfdrüsen mit zwei sowohl hinsichtlich ihrer Entstehung als auch ihres Baues verschiedenen Zellenarten zu thun. 5. Geschlecehtsorgane. Männliche Geschlechtsorgane. Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen, wie seit LEUCKART bekannt, aus folgenden Theilen: 4) einem Hoden, der bei unserer Art einfach ist, 2) einem Muttermund mit paarigen Kanälen, 3) einer Y-för- migen Samenblase, 4) zwei Propulsionssäcken, 5) zwei Vasa deferentia, 6) zwei sog. Cirruszwiebeln, 7) zwei Cirri, 8) zwei Cirrustaschen, 9) zwei sog. Chitinzapfen oder Zungen, 10) zwei Cirrusgängen und 11) einer unpaaren Geschlechtsöffnung. Der Hoden (Fig. 22 und 48) beginnt ca. 0,25 mm vom Hinter- körperende entfernt, zieht dann dorsal vom Darme in gerader Richtung nach vorn und endigt ungefähr in der Mitte des Körpers. Er stellt ein sackartiges, gewöhnlich in dorso-ventraler Richtung abgeplattetes un- paares Gebilde vor, dessen Lumen sehr unregelmäßig ist. Zur Ver- srößerung seiner Oberfläche springen von der Hodenwand Falten in den Innenraum vor. Sehr merkwürdig ist die Thatsache, dass diese Falten in beschränkter, aber ziemlich konstanter Zahl vorkommen. Ge- wöhnlich sind es deren zwei (Fig. 48), eine große und eine kleinere, welche beinahe einander gegenüberstehen. Wenn man in Betrachtung zieht, dass die Hoden bei P. taenioides stets in der Zweizahl vor- handen sind, dann könnte man geneigt sein, diese Falten als An- deutung einer beginnenden Zweitheilung zu betrachten. Das Hoden- epithel bildet eine einfache Zellenschicht; die Zellen vermehren sich durch endogene Theilung, so dass gewöhnlich eine große Anzahl von Tochterzellen (bis ca. 20) von einer gemeinschaftlichen Hülle, der Zell- haut der Mutierzelle, umgeben ist. Hierdurch gewinnt das Epithel eine sehr unregelmäßige Oberfläche. Die äußere Hülle des Hodens bildet eine ziemlich starke Tunica propria, welche wiederum vom Bindegewebe 9* 132 | Charles Wardell Stiles, umgeben ist. Diese bindegewebige Hülle ist sehr dünn und in dem hinteren Theile des Hodens fehlt sie gänzlich. Sie ist nur die Fortset- zung des Aufhängebandes, welches den Hoden in seiner ganzen Länge mit der Körperwand verbindet. Muskulöse Elemente konnte ich, im Gegensatz zu früheren Autoren, in dem Ligamentum suspensorium nicht auffinden. Vorn geht der Hoden in die Leitungswege über, welche nach meinen Untersuchungen beträchtlich komplicirter sind als dies von früheren Autoren beschrieben wurde. Muttermund (Fig. 22, 44). Von der Samentasche aus springt in den Hoden ein dreitheiliger Zapfen (Durchmesser jedes Theiles ist 0,8 mm) hinein. Diese drei Zapfen begrenzen zwei Spalten, welche durch Entgegenwachsen ihrer Ränder bald zu einem / u breiten Kanale sich abschließen. Dieser eigenartige Apparat ist der Muttermund (Epidi- dymis, Dıesıng) des Hodens. Beide 0,067 mm langen Kanäle des Mutter- mundes führen in die Vesicula seminalis (Samentasche) hinein. Der Anfangstheil (0,07 mm lang, 0,001 mm breit) der Samentasche ist un- paar. Alsdann spaltet sie sich in zwei 2,3 mm lange Schenkel, welche den Darm umfassen und dabei etwas in die großen Kopfdrüsen ein- senken; der Endtheil der beiden Schenkel engt sich ein, biegt nach hinten um und mündet in die Propulsionsschläuche ein (Fig. 22). Die Samenblasenwand besteht aus drei Schichten: einer einfachen (0,01 mm) Epithellage, einer sehr zarten Tunica propria und einer 0,02 mm dicken äußeren Schicht indifferenter Bindegewebszellen. Bei der Larve ist die Samentasche so unbedeutend, dass einige Forscher LEucKART ent- gegen ihre Funktion als Vesicula seminalis wegleugneten und jene Propulsionssäcke als eigentliches Samenreservoir bezeichneten. Das in der That die Lzuckirr'sche Bezeichnung Samenblase vollkommen rich- tig gewählt ist, werden die weiteren Schicksale des fraglichen Organs bestätigen. Propulsionsschläuche (Fig. 22, 38). Die 1,3 mm langen Pro- pulsionsschläuche sind auf diesem Stadium nur wenig dicker als die Vasa deferentia, und von ihnen histologisch nicht zu unterscheiden; sie sind eigentlich nichts Anderes als die blinden nach hinten ver- laufenden Fortsätze der Vasa deferentia. Die 0,48 mm langen Samen- gänge (Fig. 22, 38) bilden die direkte Fortsetzung der Propulsions- schläuche und gehen in die beiden sog. Cirruszwiebeln über. Cirruszwiebeln (Fig. 22, 38, 39). Die Cirruszwiebeln sind 0,35 mm lange Einstülpungen der Wand der Geschlechtskloake; ihr großes Lumen (0,06 mm) ist nur die Fortsetzung des weit kleineren (0,046 mm) Lumens des Vas deferens und mündet durch eine sehr kleine Öffnung (Fig. 38) in die Geschlechtskloake ein. Der Querschnitt Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseidenm Rud. ete. 133 (Fig.39) einer Cirruszwiebel zeigt drei koncentrisch angeordnete Zellen- lagen. Die innerste Lage begrenzt das Lumen der Cirruszwiebel; die mittleren und äußeren Zelllagen begrenzen eine ringförmige Fortset- zung der Geschlechtskloake. Ventral von diesem Apparate liegen sym- metrisch zur Körperachse zwei Ausstülpungen der Geschlechtskloake, sind sie mit der äußeren Schicht der Cirruszwiebel verwachsen. Sie enthalten je einen Chitinzapfen (Leverart, Zunge, Lonrmann), der nach Lrvckarr und Lourvann dazu dienen soll, die Cirren nach der Begattung wieder in die Cirrustaschen hineinzuholen. Hove nimmt an, dass dieser Stab dazu diene, die äußeren Geschlechtswege zu er- weitern, damit der Cirrus unbehindert nach außen treten könne. Ferner schließt Hovır die Möglichkeit nicht aus, dass er als Begattungsorgan funktioniren könne, weil ja bei P. protelis (einer Larvenform) der Cirrus fehle. Das untere Ende der Zunge ist in zwei seitliche Loben gespal- ten und in seinem Inneren sind die später mächtig entwickelten Mus- keln sehon mehr oder minder differenzirt. Median und ventral von den Cirruszwiebeln liegen zwei blasenförmige Ausstülpungen der Ge- schlechtskloaken, die Cirrustaschen (Fig. 22, 38, 39) (ca. 0,17 mm lang und 0,13 mm im Durchmesser). Die Cirruszwiebel, Cirruszapfen, Cirrustasche und der Ausführungsgang einer zuerst von LoHRMann be- schriebenen Drüse münden in einen gemeinsamen Raum, welchen Levckarr die Geschlechtskloake genannt hat. Die beiden Geschlechts- kloaken setzen sich in zwei 0,2 mm lange gebogene Kanäle fort, um vermittels einer gemeinsamen, median gelegenen Geschlechtsöffnung nach außen auszumünden. Die Cirri sind auf diesem Entwicklungs- stadium nicht vorhanden. Der ganze Geschlechtsapparat ist von einem indifferenten binde- sewebeartigen Gewebe umgeben, dessen Elemente zum Theil schon sich in Muskeln umgewandelt haben. Eben so werden die Propul- sionssäcke, Vasa deferentia, Cirruszwiebel, Zapfentasche, Cirrustasche, Geschlechtskloaken und Ausführungskanäle von einer niedrigen Epi- thelscehicht ausgekleidet, die nach innen eine sehr dünne Cuticula aus- geschieden hat. Trotz der großen histologischen Unterschiede, welche späterhin zwischen Vas deferens und Propulsionsschlauch obwalten, stimmen sie auf diesem Entwicklungsstadium in ihrem feineren Baue überein. Bei dem geschlechtsreifen P.proboscideum hat sich der Genitalapparat, besonders seinem histologischen Aussehen nach, sehr verändert. Hoden. Der Hoden ist beträchtlich gewachsen. Anstatt jener 134 | Charles Wardell Stiles, beiden tiefen einander gegenüberstehenden Falten zeigt seine Ober- fläche eine sehr deutliche aber ganz unregelmäßige Faltung. Sein Lumen ist mit den Geschlechtsprodukten, wie LeuckArr schon eingehend beschrieben hat, vollständig ausgefüllt. Die verschiedenen Entwick- lungsstadien liegen bunt durch einander, so dass man auf Querschnit- ten oft Ursamenzellen, Samenzellen und Spermatozoen beisammen findet. Die Tunica propria des Hodens ist 2 «u dick. Auf der Außen- fläche fehlen die Bindegewebszellen fast vollständig, so dass der Hoden - ohne jegliche Umhüllung frei in der Leibeshöhle liegt. Mit der Leibes- wand aber ist er durch ein schwaches Aufhängeband verbunden. Der Muttermund ist gegen den der Puppe beträchtlich gewachsen, hat aber sonst seine Gestalt nicht geändert. In histologischer Hinsicht ist zu bemerken, dass daran einzelne Muskelfasern deutlich zu erkennen sind. Sie durchziehen in verschiedener Richtung das indifferente Binde- gewebe, jedoch sind die dorsoventralen Fasern die vorwaltenden. Die Samenblase hat sich inzwischen bedeutend vergrößert und enthält jetzt eine unzählige Menge fadenförmiger Spermatozoen, Die Kom- munikation mit dem Propulsionssacke wird durch einen sehr engen Kanal vermittelt, der abwärts läuft und unmittelbar hinter jener Stelle, wo der Propulsionsschlauch mit dem Vas deferens sich verbindet, in ersteren einmündet. Lonrmann führt an, dass LEUCKART in seiner Schilderung des männlichen Geschlechtsapparates der Pentastomen, die Samenblase direkt in das Vas deferens einmünden lasse. In der That trifft dies zu (Leuckarr, 1. e., p. 74); durch einen Blick auf Taf. II, Fig. 9, 11 und 12 (Bau und Entw., LeuckArr) wird man aber davon über- zeugt, dass Leuckarrt die topographischen Verhältnisse ganz richtig auf- gefasst, und nur bei der Schilderung sich versehen hat. In dem 7 u hohen Epithele, welches die Samenblase auskleidet, konnte ich die Zellgrenze nicht deutlich unterscheiden. Leuckarr schreibt diesem Epithel eine drüsige Natur zu. Ich fand hingegen, dass diese Schicht sich aus ziemlich flachen Zellen zusammensetzt. Auf der Außen- fläche der Epithelschicht zieht eine 2 u dicke Membrana propria hin, welche wiederum von einer 16 u dieken Lage bindegewebiger Zellen umhüllt wird. In dem Bindegewebe findet man eine Schicht sich kreuzender diagonaler Muskelfasern, an denen ich eine deutliche Quer- streifung erkennen konnte. Leuckarr (l. c., p. 74) und Lourmann (l. c., p- 28) beschrieben bei P. taenioides einfache Ringmuskeln. Bei P. pro- boscideum habe ich jedoch nur spiralig angeordnete Fasern gefunden. Die Muskelbänder sind ziemlich breit, aber nicht sehr dick. Der Propulsionsschlauch ist gegen früher viel größer gewor- den. LeuckArt hat auf seiner Innenfläche eine dicke Cuticula gesehen, Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 135 deren Anwesenheit Lonruann jedoch (bei P. taenioides) entschieden in Abrede stellt. Ob Lourmann Recht hat, kann ich nicht entscheiden. Bei P. proboscideum dagegen fand ich eine sehr dünne Guticula, welche das Epithel begrenzte. Letztere zeigt nach innen vorspringende Er- hebungen, welche ziemlich regelmäßige longitudinale und transversale Reihen bilden. Auf das Epithel folgt eine sehr dicke (3 u) Tunica pro- - pria, die dem Propulsionssack die nöthige Festigkeit verleiht. Dieser Schlauch ist von einer Lage sehr eigenartiger und quergestreifter Längs- muskeln umgeben. Betrachtet man einen Querschnitt durch dieses Organ, so konnte man diese äußere Hülle für eine Lage radial gestell- ter Drüsenzellen halten, Längsschnitte und Quetschpräparate dagegen belehren uns, dass wir es hier mit radial und cirkulär gestreiften Mus- keln zu thun haben. Der Muskelschicht liegen einige fast cuboide Zel- len von offenbar bindegewebiger Natur auf. Das I m lange Vas defe- rens unterscheidet sich in seinem histologischen Bau jetzt sehr deutlich von dem Propulsionsschlauche. Der 30 u weite Kanal wird von einer dünnen Cuticula begrenzt. Nach außen folgt die 10 u dicke Matrix. Auf dieser Epithelschicht lagert eine 0,08 mm dicke Lage großer Drüsenzellen (Nuclei 10 u). Die feinen Röhrchen (2 u im Durchmesser), welche nach Lournann (l. c., p. 29) die Chitinschicht bei P. taenioides durchbohren und der Leitung des Sekretes dienen, habe ich bei P. proboseideum nicht finden können. | Nicht minder hat sich der übrige Theil der Geschlechtsausführungs- sänge verändert. Ich will zunächst mit der Beschreibung des Chitin- zapfens (Fig. 40—43) beginnen. Er liegt wie bei den Larven ventral und seitlich von der Cirruszwiebel und ist in seiner unteren Hälfte fest damit verbunden. Der obere Theil aber ragt frei in die Leibes- höhle hinein und bietet Insertionspunkte für jene Muskeln, welche ihn mit der Körperwand verbinden. Die eigentliche Zunge liegt in der Scheide und ist mit ihrem oberen und medianen Theile an letzterer angewachsen. Die innere Wand der Scheide, sowie die äußere Wand der Zunge sind von einer 7 u dicken gelben Chitinlage umgeben (Fig. cit.). Am unteren Ende des Zapfens geht von der äußeren Chitin- haut ein Chitinstreifen nach innen hinein, an den sich die Muskeln ansetzen, welche zur Verkürzung dieser Zunge Verwendung finden. Schon bei der Beschreibung der Zapfen der ausgebildeten Larve habe ich hervorgehoben, dass das untere Ende der Zunge zwei zapfenartige Hervorragungen trägt. Diese sind bei den Geschlechtsthieren weit mächtiger entwickelt und umfassen ein mittleres zwischen ihnen lie- gendes Gebilde (Fig. 43). Die Guticula, welche diese Theile bedeckt, ist viel dünner (ca. I u) als die Guticula der Zunge. Direkt unter der 136 Charles Wardell Stiles, Gutieula sieht man eine einfache Epithelzellenschicht sich ausbreiten. Das Innere der Chitinzapfen wird von quergestreiften Muskeln und Bindegewebe ausgefüllt. Die Muskeln verlaufen von dem oben be- schriebenen Chitinstücke aus, welches in das Innere des Zapfens ein- ragt, nach oben zu der Chitinumhüllung des unteren Theiles der Zunge. Die Chitinscheide ragt bisweilen in die äußere Geschlechtsöffnung hin- ein (Fig. 40). Das untere Ende des Zapfens ist an der dorsalen Seite etwas ausgehöhlt. Nach oben spaltet sich die Chitinhtille, so dass eine konische, nach oben sich erweiternde Rinne entsteht. Von den Rändern der Rinne erheben sich zwei dünne Blätter (Fig. 42), die allmählich einander entgegenwachsen und schließlich mit ihren freien Rändern verwachsen. Die auf diese Weise entstandene Röhre ist die direkte Fortsetzung der äußersten Schicht der Cirruszwiebel. In der Mitte liegt der aus zwei Schichten bestehende Cirrus. Vergleicht man die auf einander folgenden Durchschnitte, so kann man sich leicht über- zeugen, dass die beiden Schichten des Cirrus in die zwei inneren Epi- thelschichten der Zwiebel übergehen. Die Cirruszwiebel ist sehr schlank; ihr centraler Raum ist verhältnismäßig sehr eng geworden. Das ringförmige Lumen zwischen der äußeren und den beiden inneren Schichten ist kaum noch zu erkennen (Fig. 40, 41). Der Cirrus ist die direkte Fortsetzung der Cirruszwiebel. Nach VAN BENEDEN soll der Cirrus den Körper an Länge mehrfach übertreffen, während Leuckart ihn bei P. taenioides höchstens 12—14 mm lang, bei P. oxycephalum 6—7 mm lang gefunden hat. Direkte Messungen an mehreren Cirri von P. proboscideum haben mir gezeigt, dass er hier gegen 20 mm lang ist. Er liegt in Ruhe in dem Cirrusbeutel und be- steht aus zwei koncentrisch gelegenen (3 ı:) Chitinhäuten, welche auf ihrer freien Fläche etwas rauh sind und ein Lumen von 0,04 mm Durch- messer besitzen. Das distale Ende des Cirrus ist löffelartig abgeplattet. LetvckArT hat den Cirrus als vierschichtig beschrieben; nach Loarmann soll er zweischichtig sein. Wenn wir den histologischen Bau der Cir- ruszwiebel, wie ich ihn oben geschildert habe, mit den LzuckAarr'schen Angaben über die Entwicklung des Cirrus vergleichen, so werden die Unterschiede zwischen der LevcrArr'schen und der von LoRRMANnN und mir gegebenen Beschreibung ohne Weiteres ihre Erklärung finden. Nach Levckart wächst nämlich das untere freie Ende der Cirruszwiebel, welche, wie ich oben gezeigt habe, aus zwei eng an einander liegenden Epithelschichten, die auf ihren freien Flächen eine dünne Cuticula ab- . geschieden haben, besteht, in einen langen Fortsatz aus. Danach schei- den die Epithelien zwei noch stärkere Chitinschichten ab. Augenschein- lich gehen die Chitinogenschichten später zu Grunde oder wandeln Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 137 sich direkt in Chitin um, wie es mir in der That nach LeuckArr's An- gaben höchst wahrscheinlich erscheint, und es bleiben alsdann nur die beiden Chitinschichten. Lruckarr (l. c., p. 80) hat seiner Zeit schon angegeben, dass der Cirrus in einer früheren Entwicklungsperiode nur aus zwei über einander liegenden Schichten, einer äußeren, hellen und strukturlosen Membran, und einer darunter liegenden Zellenschicht besteht; er führt ferner an, dass diese Zellen späterhin bis auf die Kerne verschwänden, und dass die beiden Lagen dann in gewissem Grade einander ähnlich werden. Ohne Mikrotomschnitte konnte er auf den früheren Entwicklungsstadien natürlicherweise die zweite Epithel- sehicht nicht unterscheiden. Nachdem die Nuclei verschwunden waren, war das leichter. Lruckarr hat also den Cirrus eines Thieres untersucht, welches nicht so weit entwickelt war, als die von LoHRrMmanN und mir untersuchten Exemplare. Die beiden mittleren Schichten L£uckArr's sind die noch nicht ganz verschwundenen beiden Epithelien des Cirrus, die zwei äußeren Schichten Leuckarr’s entsprechen den zwei von LoHRMANN und mir gesehenen Chitinschichten. Im zweiten Stadium waren die Geschlechter schon durch die Lage der äußeren Geschlechtsöffnung leicht zu unterscheiden. Der Hoden ist ein einfacher hohler Kanal; die Samenblase konnte man um den Darm herum verfolgen. Ferner war es nicht schwer im unteren Theile des Geschlechtsapparates einige Differenzirungen wahrzunehmen, obgleich man in ihnen die späteren Organe noch nicht erkennen konnte. Im dritten Stadium ist der männliche Geschlechtsapparat ziem- lich weit entwickelt. Von den Theilen, welche bei der ausgebildeten Larve beschrieben worden sind, waren alle mit Ausnahme des Mutter- mundes des Hodens deutlich zu erkennen. Allgemeines über das Männchen. Die beiden Kanäle, welche ich schon oben als Verbindungsgänge zwischen dem Hoden und der Samenblase beschrieben habe, wurden schon früher von Hoyıe (l. c., p- 182) bei Protelis und von Lonrmann (l. c., p. 32) entdeckt. Hovyır glaubt aus der Anwesenheit zweier Kanäle schließen zu dürfen, dass die Einzahl der Hoden bei den meisten Pentastomen auf eine ursprüng- liche Zweizahl zurückzuführen sei, wie dies bei P. taenioides zeitlebens bleibt. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob diese Ansicht richtig ist, und nur folgende Thatsachen anführen, welche allerdings nicht besonders zu Gunsten der obigen Hypothese sprechen. Der Hoden bei P. proboseideum ist in sehr jungen Thieren (4!/, Wochen alt) ein ein- facher Schlauch, welcher in der Medianlinie gelegen ist; die Falten treten erst viel später auf. Ferner haben sämmtliche bis jetzt näher untersuchte Pentastomen, mit Ausnahme von P. taenioides, nur einen 138 Charles Wardell Stiles, einzigen unpaaren Hoden; das Ovarium ist bei allen bis jetzt bekannten Arten in der Einzahl vorhanden. Die Thatsache aber, dass (nach Lang, Lehrbuch, p. 555) »die beiden Keimdrüsen der Acarinen in verschie- dener Weise zu einer einzigen verschmelzen, die bisweilen noch die ursprüngliche Duplieität erkennen lässt; die Leitungswege aber in größerer oder geringer Ausdehnung getrennt bleiben«, würde für die Hovre’sche Hypothese sprechen. Bei der Beschreibung der Histologie der ausgebildeten Larve be- ‘merkt man, dass der Hoden und die Samentasche von einem Epithel mit Basalmembran (äußerer Cuticula), dagegen der Propulsionssack, Vas deferens und untere Theile des Geschlechtsweges von einem Epi- thelium mit innerer Guticula ausgekleidet ist. Dies deutet darauf hin, dass die erstgenannten Organe ursprünglich als innere Organe des Körpers angelegt sind; dass die anderen aber als Einstülpungen der äußeren Körperwand zu betrachten sind, indem das Epithelium die Fortsetzung der Hypodermis, die innere Guticula die Fortsetzung der Cuticula des Körpers vorstellen. Hoyze (l. c., p. 183) behauptet, dass die Vesicula seminalis bei P. protelisin keiner Verbindung mit dem Propulsionssack stehen. Indessen ist schon oben angegeben, dass bei unserer Species, sowie bei P. tae- nioides die Verbindung durch einen kleinen nach hinten gerichteten Kanal vermittelt wird. Ich vermuthe, dass dies auch bei P. protelis der Fall ist, dass aber dieser Kanal in Folge der schlechten Kenservirung des Untersuchungsmaterials nicht deutlich sichtbar war. Weibliche Geschlechtsorgane. Der Genitalapparat des Weibchens besteht aus 1) einem unpaaren Ovarıum, 2) paarigen Eileitern, 3) paarigen Receptacula seminis, 1) einer unpaaren Vagina (Üterus). Das unpaare Ovarium wie der Hoden liegt dorsal von dem Darme und wird an der Körperwand vermittels eines Mesenteriumblattes be- festigt. Es beginnt in der Nähe des hinteren Körperendes und verläuft in gerader Richtung nach vorn, bis ungefähr zur Körpermitte. Der Kanal liegt wie bei P. protelis excentrisch, indem dorsal mehrere Lagen von Zellen, ventral aber nur eine einzige Zellenlage sich findet. Der Durchmesser des Ovariums ist 0,038 mm. Die 10 « großen Zellen (Nuclei % u) werden von einer dünnen Membrana propria umgeben. Vorn spaltet sich das Ovarium in die paarigen Oviducte, welche eben- falls an der Körperwand durch ein Mesenterium befestigt sind. Sie umgeben den Darm und die großen Drüsenkörper, laufen dann nach vorn und unten und vereinigen sich zu einem kurzen unpaarigen, nach Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 139 hinten verlaufenden Stücke. Histologisch sind die Oviducte vom Ova- rium nieht zu unterscheiden. Nach kurzem Verlaufe aber verwandelt sich das dorsal gelegene geschichtete Epithel in eine einfache Zellen- lage um, wodurch der Kanal eine centrale Lage annimmt. In den Mesenterien sind keine Muskelzellen vorhanden. Der unpaare Theil des Eileiters verläuft von vorn nach hinten. Von der Fläche gesehen zeigt er eine uterusähnliche Form. Sein Querschnitt ist kreisrund. Eine einfache 10 u hohe Epithelschicht (Nuclei % ı) kleidet ihn innen aus. Vorn hat sein Lumen einen Durchmesser von 0,054 mm, nach hinten aber nimmt er an Dicke ab, bis er schließlich kaum mehr als 0,01 mm im Querschnitt misst. Er mündet an der Ventralseite in den oberen etwas erweiterten 0,029 mm dicken Theil der Vagina ein. Die Vagina ist ein ceylindrischer Kanal, welcher bei der Puppe von dem unpaaren Abschnitte des Eileiters gerade nach hinten dem Darme entlang verläuft, und am aboralen Ende des Körpers dicht neben dem After nach außen mündet. Histologisch besteht sie aus einem einfachen kernhaltigen, 17 u- hohen Epithel, das nach innen eine Cuticula abgeschieden hat. Diese Gutieula wird bei der Häutung mit abgestoßen. Öfters findet man solche Thiere, bei denen die Cuticula zwar von ihrer Matrix abgehoben, aber noch nicht ausgestoßen ist. Auf der Außenfläche des Epithels habe ich keine Membrana propria unterscheiden können; dagegen findet man hier eine 8 u dicke Bindegewebszellenlage. LEuckArT und Lonrmann beschreiben am Endtheile der Vagina einige große Zellen. Levckarr sah in ihnen Ganglienzellen, Loaruann Drüsenzellen. Drüsen- zellen habe ich zwar auch am Enddarme gefunden, aber nie an der Vagina. Die Vagina steht in keinem Zusammenhange mit der Leibes- wand oder mit dem Darme, ausgenommen dessen Endtheil. Zwar sieht man Drüsenzellen zwischen Darm und Vagina liegen, selbige gehören aber, wie man sich leicht überzeugen kann, nicht zu der Vagina, son- dern zu dem Enddarme (P. proboscideum). Ventral von der Einmündungsstelle des unpaaren Eileiters erwei- tert sich die Vagina etwas. Zwei flächenförmige Blindsäcke, welche zusammen die Form eines Halbmondes aufweisen, münden hier ein. Die Samentaschen wurden in früherer Zeit, als die Männchen noch unbekannt waren, vielfach für Hoden gehalten, aber später wurde ihre Funktion richtig erkannt (van BEneDen u. A.). VALENTIN war es, der zuerst darin Samenfäden auffand. Bei P. proboseideum wie bei ande- ren Pentastomen stellen sie zwei (Fig. 23) rechts und links von dem _ unpaaren Eileiter gelegene Blasen vor. Hinten laufen sie in einer ab- gerundeten Spitze aus. Vorn und median, an der Ausmündungsstelle 140 Charles Wardell Stiles, der Samenblase, ist die Wand etwas eingestülpt. Zuerst glaubte ich, dass diese Einstülpung nur eine Schrumpfungserscheinung war, bin von der Idee aber abgekommen, weil die Einstülpung konstant vor- handen ist, und immer an derselben Stelle gefunden wird. Bei den geschlechtsreifen Thieren ist diese Invagination auch zu sehen, aber sie ist etwas flacher. Von der Mitte des eingestülpten Theiles geht der Ausführungsgang bogenförmig medianwärts und mündet in das obere ‘Ende der Vagina ein. Er besteht aus zwei Abschnitten. Der vordere derselben bildet einen dünnen Kanal (0,1 mm lang, 0,02 mm dick), der in den weit dickeren medianwärts gebogenen Abschnitt übergeht (0,13 mm lang, 0,05 mm breit). Die Samentasche wird von einer ein- fachen Lage 0,01 mm (Nuclei 0,004 mm) hoher Epithelzellen ausge- ‘ kleidet, die von einer äußerst dünnen Cuticula bedeckt wird. Auf der Außenfläche der Zellen habe ich keine Basalmembran sehen können. Die Ausführungsgänge besitzen dieselbe histologische Struktur wie die Samenblase. Muskelelemente sind nicht nachzuweisen; dagegen giebt -es hier eine dicke Lage Zellen, welche die Geschlechtsorgane umgeben, die aber von den Bindegewebszellen nicht zu unterscheiden sind; manchmal sind sie platt gedrückt, so dass ihre Zellenmembranen dicht an einander liegen. Es sind dies wahrscheinlich jene Bildungen, welche als Nervengeflecht beschrieben worden sind. Lruckart und Lonurmann beschreiben einige große Drüsenzellen auf den Samengängen von P. taenioides, an denen beide Forscher keine Ausführungsgänge finden konnten. Bei der Larve unseres P. probo- scideum habe ich niemals solche Drüsenzellen gefunden, wohl aber bei den ausgebildeten Thieren. Sie sind von den Parietaldrüsenzellen nicht zu unterscheiden. Bei den mit Embryonen gefüllten ausgebildeten Thieren haben die weiblichen Genitalien ein völlig anderes Aussehen angenommen. In dem Ovarium befinden sich die verschiedensten Entwicklungsstadien der Eier, die LeuckArr schon zur Genüge beschrieben hat. In den paarigen Eileitern trifft man zahlreiche ausgebildete Eier. In dem un- paaren Abschnitt aber habe ich jedoch niemals Eier gefunden. Die zwei Samenreservoirs sind mit Samen gefüllt. Frühere Autoren be- schreiben eine dicke Lage von Muskeln, welche die Samentasche und Ausführungsgänge umgeben sollen. Durch die Ausdehnung, welche das Receptaculum erfahren hat, sind die Bindegewebszellen, welche die äußere Hülle bilden, stark abgeplattet worden, so dass sie jetzt das Aussehen einer starken Muscularis angenommen haben; sie sind aber keine muskulösen Elemente; dicht auf dem Epithel aber, in wel- chem man jetzt keine Zellengrenzen mehr unterscheiden kann, befindet Bau und Entwicklungsgeschiehte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 141 sich eine Anzahl äußerst feiner sich unregelmäßig kreuzender Fasern, welche ich als Muskeln ansehen möchte. Die Vagina ist zum Fruchthalter geworden. Sie hat sich außer- ordentlich in die Länge gestreckt und übertrifft den Körper an Länge um das A3fache (sie wird ca. 2/; m lang). Ihre zahlreichen Windungen füllen den Leibesraum vollständig aus und verdrängen alle die ande- ren Organe aus ihrer ursprünglichen Lage. In ihrer Wand sieht man außer dem niedrigen Epithele, der Cuticula und der Bindegewebshülle noch zwei Systeme sich rechtwinkelig kreuzende Muskelfasern, ein Longitudinalsystem und ein Ringfasersystem. Der untere Theil der Vagina besitzt eine bedeutendere Dicke. Das Epithel zeigt mehrere nach innen vorspringende Falten, welche durch die verschiedene Größe der Epithelzellen bedingt werden. Die Cuticula hat sich in hohem Maße verdickt. Im zweiten Stadium waren alle die verschiedenen Theile des Genitalsystems noch nicht gut zu unterscheiden. Dorsal vom Darme sah man ein 46 « dickes Rohr, das offenbar die Geschlechtsdrüse vor- stellt. Nach LeuckArt ist die erste Anlage der Keimdrüsen ein solider Strang; hier ist sie schon hohl geworden. Das Lumen beträgt 5 u; die Wand besteht aus kleinen Zellen (Nuclei 6 «), deren Grenzen nicht deutlich zu erkennen sind. Nach vorn theilt sich dieses Rohr in die zwei Oviducte. Die Receptacula habe ich nicht mit Bestimmtheit nach- weisen können, dagegen konnte ich die Vagina deutlich erkennen. Im dritten Stadium komnte ich aber alle die verschiedenen Ab- schnitte des weiblichen Geschlechtsapparates erkennen (Fig17). Allgemeines über die beiden Geschlechter. Nach LeuckArr sollen die beiden Geschlechter sich zuerst gar nicht unterscheiden las- sen. Die Geschlechtsöffnung liegt unmittelbar hinter dem Munde, wie dies später bei den Männchen der Fall ist. In der Entwicklung nun soll bei den Männchen der ventrale zwischen der Geschlechtsöffnung und dem After gelegene Theil außerordentlich schnell wachsen, derjenige Absehnitt aber, welcher zwischen der Geschlechtsöffnung und dem Munde liegt, soll nur wenig wachsen. Beim Weibchen soll nur jenes Stück zwischen der Geschlechtsöffnung und dem Munde an Größe zu- nehmen, so dass die Ausmündungsstelle der Vagina immer mehr und mehr in die Nähe des Anus zu liegen kommt. Auf diese Weise erklärt Levckart die Lage der männlichen und weiblichen Geschlechtsöffnung. Ich möchte hier nochmals betonen, dass schon die Thiere des zweiten Stadiums (P. proboseideum) durch die Lage ihrer Geschlechtsöffnung als Männchen und Weibchen zu erkennen sind. Über die Lage der Geschlechtsöffnung im ersten Stadium kann ich nichts angeben, weil 149 Charles Wardell Stiles, das Material zu schlecht konservirt war. Wenn trotzdem Umänderun- gen in der Lage der Geschlechtsöffnung, wie sie LeuckArr für P. tae- nioides beschrieb, auch bei P. probosceideum stattfinden sollen, so müssen selbige außerordentlich frühe (also vor der vierten Woche) sich abspielen. 6. Muskeln, Die Pentastomen besitzen drei Systeme von Körpermuskeln: 4) Ringmuskeln, 2) Längsmuskeln, 3) Diagonalmuskeln. Hinsichtlich des Baues der Ring- und Längsmuskulatur stimme ich mit früheren Autoren vollständig überein; dagegen lieferte mir die Untersuchung der Diagonalfasern Resultate, welche sich theilweise mit den früheren Angaben nicht in Einklang bringen lassen. Ringmuskeln. Die Ringfaserschicht breitet sich dicht unter den Hypodermiszellen aus; sie werden nicht genau in einer Ebene, welche rechtwinkelig zu der Längsachse des Körpers gestellt, sondern schief von vorn und oben (dorsal) nach hinten und unten. Die Muskeln be- finden sich eben sowohl interannular als auch intraannular. Längsmuskeln. Auf die Ringmuskelschicht folgt nach innen eine etwas kräftiger ausgebildete Lage von Längsmuskeln. Vorn ist diese Schicht am dicksten. Nach hinten nimmt die Zahl der Muskel- fasern nach und nach ab. In der ventralen Medianlinie fehlen sie gänzlich; seitlich davon bis zu den Seitenlinien hinauf aber finden wir eine besonders kräftig entwickelte Muskulatur. Außerdem bemerkt man eine stärkere Ausbildung dieser Muskellage in der dorsalen Median- linie. | Diagonalmuskeln. Wie LrvuckArr schon richtig erkannt hat, giebt es zwei Systeme von Diagonalmuskelfasern. Hoyrz hat bei P. protelis nur ein System gefunden. LoHrmann stimmt Leuckarr bei, in- dem er eine äußere Lage, welche von vorn und oben, nach hinten und unten, eine innere Schicht, welche von hinten und oben, nach vorn und unten verläuft, beschreibt. Diese beiden Fasersysteme habe ich auch bei P. proboseideum gefunden. In dem vorderen Theile des Lei- bes, etwa auf der Höhe der Samenblase, nehmen diese Muskeln fast einen dorsoventralen Verlauf an (Larve), aber nach hinten zu rückt die Insertionsstelle des oberen Endes allmählich seitwärts resp. ventral- wäfrfs. Frühere Autoren haben hervorgehoben, dass diese schrägen Mus- keln von Segment zu Segment verlaufen. Dies ist aber nicht immer der Fall. Die Fasern der inneren Schicht z. B., welche am vorderen Ende (also dorsal) entspringen, haben ihre ventralen Insertionen in dem Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 143 nächst vorderen Segmente. Diejenigen Fasern aber, welche dorsal in dem hinteren oder mittleren Theile eines Ringels entspringen, können ihre Insertion in demselben Ringel finden. Die Angaben früherer Autoren über die Hakenmuskeln stim- men wenig mit einander überein. Nach einigen Autoren giebt es nur drei solche Muskeln, nach anderen aber gegen 16. Die Beschreibung von LoHRMANN (P. taenioides) ist am genauesten. Die Muskeln, welche ich am Hakenapparate von P. proboseideum gefunden habe, sind folgende: | a) M.extensor unci. Er ist ein fächerförmiger Muskel, der mit seinem breiten Ende von dem proximal ventralen Rande der Stütz- lamelle entspringt und sich an der proximalen dorsalen Verlängerung des Hakens ansetzt. b) M. retraetor bursae ventralis (M. retractor unci ventra- lis, Lourwann). Selbiger gehört zu den Längsmuskeln des Körpers und setzt sich an der ventralen Wand der Hakentasche an. c) M. protractor externus etinternus. Beide Muskeln ent- springen an der Seite und dem Rücken der Tasche und verlaufen nach vorn und unten. Ungefähr in der Mitte spalten sie sich in zwei Bündel, die sich getrennt an der ventralen Bauchwand inseriren. d) Mm. retractores externi ziehen, der eine von der Rücken- fläche, der andere von der Seite des Thieres nach vorn und unten und setzen sich am Ende resp. an der Seite der Hakentasche an. Ferner findet man noch drei Muskeln, die nicht immer scharf von einander abgegrenzt sind: die e) Mm. retractores interni, welche sich zwischen der media- nen Seite der Hakentasche und der Rückenfläche des Thieres aus- spannen. f) M. protractor dorsalis entspringt an der Dorsalfläche der Hakentasche, verläuft nach vorn und unten, der Rückenfläche dersel- ben entlang und inserirt sich an der Körperwand. g) M. flexor interior et exterior entspringen an der media- nen Seite der Basis der Stützlamelle, ziehen dann nach vorn und unten und setzen sich an der unteren Begrenzung der Hakentasche (Flexoren- sehne LoOHRMANN’s) an. | h) Ferner sah ich ein starkes Muskelbündel von der hinteren Spitze des Stützapparates aus nach vorn und unten zur Bauchwand herab- laufen. Es ist dies der M. protractor ventralis. Die Muskeln des Darmtractus sind schon bei früherer Gelegenheit eingehend beschrieben worden. Wir betrachteten die Muskeln der Oberlippe als einen differenzirten Theil der Längsmuskulatur. 144 Charles Wardell Stiles, Schon bei dem dritten Stadium kann man ziemlich deutliche Körper- und Hakenmuskeln unterscheiden. In dem z weiten Stadium habe ich peristaltische Bewegungen des Magendarmes gesehen, doch konnte ich die muskulösen Elemente nicht deutlich erkennen. Es ist schon durch die Angaben früherer Autoren genügend be- kannt, dass die Muskeln der Pentastomen quergestreift und hohl sind. Nur die Muskeln des oberen Theiles (z. B. Samentasche) der weiblichen Geschlechtsorgane entbehren dieser Streifung. 7. Nervensystem. Das Nervensystem lässt sich bei den ausgebildeten Thieren am besten studiren. Wie schon frühere Autoren beschrieben haben, besteht die Hauptmasse des Nervensystems aus zwei mit einander eng verschmolzenen Unterschlundganglienmassen. Oberschlundgan- glien fehlen gänzlich. Die meisten Autoren beschreiben eine vordere ringförmige Faserkommissur, welche von den Ganglien ausgeht und den Ösophagus umgiebt. BrancHarn, Hoyre u. A. dagegen wollen zwei Kommissuren gesehen haben. Bei P. proboscideum fand ich nur eine einfache ziemlich dicke Kommissur, die von dem vorderen Theile der beiden median verschmolzenen Ganglienmassen ausging. Die beiden Ganglien bestehen aus central gelegenen Nervenfasern und periphe- risch gestellten Ganglienzellen, welche wiederum durch eine Lage Fasern umhüllt werden. Ich habe mich überzeugt, dass einige dieser Fasern bindegewebiger Natur sind (die bindegewebige Hülle), während andere zweifellos echte Nerven darstellen. Ferner liegen einige Binde- gewebszellen zwischen den Ganglienzelien zerstreut. Innerhalb beider Ganglien findet man sechs bis acht Bündel von Nervenfaserkommissu- ren, welche durch eben so viele Haufen Bindegewebe und Ganglien- zellen von einander getrennt werden. Schon Leuckarr hat den Bau der Ganglien erkannt und sie als eine verkürzte und verschmolzene Bauch- ganglionkette gedeutet. Folgende Nerven, welche von den Ganglionmassen abgehen, konn- ten deutlich unterschieden werden (Fig. 29). I. Zwei Längsnerven gehen vom hinteren Rande des Ganglions aus nach hinten und lassen sich bis in die Nähe des Schwanzendes verfolgen. Anfangs liegen die Nervenstränge dicht neben einander und laufen in gerader Richtung zu den beiden Cirrustaschen ab. Auf Schnitten trifft man sie an der medianen Seite der beiden Cirrustaschen, resp. der Receptacula seminis. Hinter dem letzteren divergiren sie und laufen dann ungefähr in der Mitte der beiden ventralen Drüsen- felder einander parallel zum aboralen Leibespole (Fig. 47). Bau und Entwieklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud, ete. 145 II. Zwei kleine Nerven gehen ferner von der oberen Fläche der vorderen Ganglionhälfte nach oben. Nach Levcrarr (l. c., p. 50) versor- gen diese Nerven besonders die Rückenfläche des Pharynx. Bei P. proboseideum dagegen durchbrechen sie den Drüsenkörper, welcher den Ösophagus umgiebt, um dann den vorderen Theil des Magens zu innerviren. II. Etwas hinter diesem Nervenpaare gehen vom Ganglion zwei ziemlich mächtige Nerven nach dem Magen empor. Es laufen diese, Nervenstränge um die darüber liegende Drüse herum, oder durch- brechen dieselbe und verlieren sich in dem Bindegewebs- und Muskel- überzug des Darmes. Diese Nerven stellen die sympathischen Nerven van BENEDEN’S vor. Leuckarr hat richtig erkannt, dass die ganglionären Anschwellungen, welche diese Nerven besitzen sollen, nur Drüsen- zellen sind. Unterhalb der Abgangsstelle der Ringkommissur entspringen jeder- seits zwei hinter einander liegende Nerven. Das vordere Nervenpaar (IV) läuft um den Ösophagus herum, giebt einige Zweige an die Öso- phaguswand ab. Weiter nach unten vereinigen sie sich zu einem Strang, der alsdann die Muskeln der Unterlippe innervirt. Diese bei- den Nerven stellen ohne Zweifel jenes Gebilde vor, welches von einigen früheren Forschern als zweite Schlundkommissur betrachtet wurde. Hoyız hat diesen Nerv an Sagittalschnitten für einen Muskel gehalten (Fig. 46). | V. Das hintere Nervenpaar durchsetzt die unter dem Ganglion befindlichen Drüsenzellenhaufen, scheint einige Äste an dieselben ab- zugeben, und löst sich dann in Fasern auf, welche die untere Seite des Ösophagus und die Unterlippe versorgen. VI. Ungefähr von der Mitte der unteren Fläche des Ganglions geht jederseits ein kleiner Nerv nach unten zur Bauchwand ab. Aus den Seiten des Gehirns sehen wir drei Nervenpaare hervor- treten, welche sich nach vorn umbiegen. Das erste Paar (VII) habe ich nicht weit verfolgen können. Es verläuft etwas seitlich von der Me- dianebene in der Richtung nach den Papillen hin. Ich vermuthe, dass sie die Papillen und den vorderen unteren Theil des Kopfes innerviren. VIII. Das zweite Nervenpaar verläuft nach vorn und unten und vertheilt sich in die Muskeln des ersten Hakenpaares. IX. Das dritte Nervenpaar verläuft zuerst seitlich, dann biegt es sich nach vorn um und tritt an die Muskeln des zweiten Hakenpaares heran. Außer den schon angeführten Nerven sieht man noch zwei bis drei weitere Paare von Nervensträngen aus den Seiten der hinteren Gan- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bad. 40 Ä 146 Charles Wardell Stiles, glionhälfte hervortreten. Die zwei vorderen Paare (X, XI) versorgen die Leibesmuskulatur. Auch das dritte (XI) tritt, nachdem es jederseits einen starken Ast an die Genitalien abgegeben hat, an die Körper- wand heran. In dem ersten Stadium konnte ich die Ganglienmassen ganz deutlich erkennen. Nervenfasern dagegen habe ich nicht nachweisen können, obgleich eine Differenzirung zwischen einer Rindenganglion- schicht und einer inneren Partie schon eingetreten war. Von der unteren Seite gingen zwei Zellenstränge nach unten, welche möglicher- _ weise die Anlagen von Nerven sein konnten. Die Nuclei der Ganglien- zellen waren histologisch von denen der Hypodermiszellen nicht zu unterscheiden. Auch waren Zellengrenzen nicht vorhanden. Zweites Stadium. Die kleinen Fäserchen im Inneren der Gan- slienmassen werden immer deutlicher, dagegen sind die peripherischen Nerven noch nicht zu sehen. Die Grenzen der Ganglienzellen konnten nur äußerst schwer nachgewiesen werden. Die zwei Ganglien liegen dicht neben einander und stehen durch die querlaufenden Nerven- fäserchen mit einander in Verbindung. . Drittes Stadium. Hier sind einige peripherische Zellen schon deutlich entwickelt; sie heben sich aber von den Bindegewebszellen kaum ab. Ausgebildete Larve (viertes Stadium). Das Nervensystem ist hier im Wesentlichen dasselbe wie bei dem geschlechtsreifen Thiere. Obige Darstellung des Nervensystems stimmt in den meisten Punkten mit LevcxArt's Beschreibung überein. Dagegen weicht sie von der Beschreibung von Cnuarm (P. oxycephalum) in fast allen Punkten ab. Cuarın meint, dass »le moment sera venu de comparer la re£alite des faits avec les desceriptions anterieures«. Es ist mir nicht klar ge- worden, was für ein Organ oder Kunstprodukt Cuarın für das Nerven- system gehalten hat. Lonrmann meinte, Cuarın habe das Ganglion um- gekehrt beschrieben. Jedenfalls möchte ich mich lieber den »descrip- tions anterieures« (von LEUCKART, VAN BENEDEN, DIESING, BLANCHARD etc.) anschließen als der »realite« im Sinne Cuarın’s. Die regelmäßige Vertheilung der VII. und IX. Nervenpaare zu den zwei Hakenpaaren spricht sehr zu Gunsten der Auffassung der letzteren als Segmentanhängen (umgebildete Mundwerkzeuge) (vgl. p. 117). S. Sinnesorgane. In den vorderen großen Papillen und in dem zweiten Paare, den oberen Papillen, habe ich Sinneskolben nachweisen können. In jeder der zwei oberen Papillen fand ich ein kolbenförmiges, mehrzelliges, Bau und Entwieklungsgeschiehte von Pentastomum proboseideum Rud, etc. 147 0,024 mm großes Organ (Fig. 23), welches mit einem Nerv in Verbin- dung stand. Die Kolben sind hohl und tragen an ihrem freien Ende mehrere kleinere Stiftchen. In den beiden großen Papillen waren die Kolben etwas länger aber schmal. In allen anderen Papillen habe ich zwar Nervenfasern eintreten sehen, niemals aber diese Sinneskolben finden können. Da ich diese Sinneskolben nur bei zwei Papillenpaaren fand, so glaube ich, dass die mit ihnen ausgestatteten Papillen eine andere (ehemische|?]) Funktion haben, als die der Sinneskolben entbehrenden Papillen (Tastpapillen [?].. Das Vorhandensein der Kolben in zwei Papillenpaaren — nämlich in dem großen Paare (Antennen der Auto- ren) und dem darüber liegenden Paare — bezeugt zur Genüge, dass jene großen Kolben nicht, wie frühere Forscher dies annahmen, Anten- nen sein können. Schon bei früherer Gelegenheit habe ich darauf auf- merksam gemacht, dass Lonrmann irrthümlicherweise die Kopfdrüsen- gänge auf diesen Papillen ausmünden lässt. Cuatın behauptet, dass die Pentastomen gegen Licht empfindlich seien. Um die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen, giebt er an, dass die Pentastomen beim Durchschneiden der Leber an die Oberfläche hervorgekrochen seien. Ich möchte diese Thatsache eher dadurch er- klären, dass in Folge des Zerschneidens der Leber die Pentastomen- kapseln geöffnet werden, so dass jetzt die eingeschlossenen Parasiten hervorkriechen konnten. 9. Bindegewebe. Im ganzen Körper findet man Bindegewebe, welches nur bei den Larven eine deutliche zellige Struktur aufweist. Je mehr die Thiere wachsen, um so mehr werden die Zellen in die Länge gezogen, so dass sie schließlich faserartig aussehen. Ihre Membranen verdicken sich stark, so dass sie, wie ich dies bei Beschreibung der verschiedenen Systeme gezeigt habe, sich oftmals von den echten Muskeln kaum unterscheiden lassen. Diese Verdickung der Zellwände und die außer- ordentliche Länge der Zellen verleiht dem ganzen Gewebe ein so eigen- thümliches Aussehen, dass verschiedene Autoren sich veranlasst sahen, es für ein System verzweigter Muskeln oder für Nervennetze etc. zu deuten. Die meisten Eingeweide und Muskeln liegen in diesem Gewebe eingebettet. Zool. Laboratorium, Leipzig, 19. Oktober 1890. 10* 148 Charles Wardell Stiles, Nachtrag. Während des Druckes obiger Abhandlung konnte ich in zwei Mit- theilungen über Anatomie und Entwicklung der Pentastomen Einsicht nehmen, welche mir früher nicht zugängig waren, und aus diesen Gründen keine Berücksichtigung finden konnten. 1) In: Archivio per la Zoologia, l’Anatomia e la Fisiologia, Fasc. 1. ‚Vol. I. 4861 beschreibt ve FıLıprı einen sechsbeinigen Embryo, der von dem in der Thorakalhöhle von Sterna hirundo von ihm gefundenen geschlechtsreifen Pentastomum herstammte. Nach seiner Darstellung sollen die Beine der Stützgabeln gänzlich entbehren. Ferner sollen die Embryonen innerhalb vier (statt drei, wie bei den anderen Species) Schalen liegen. Auf Taf. VI giebt ne Fırıprı zwei Abbildungen, von dem sechsbeinigen Embryo, die aber die Richtigkeit seiner Angaben keineswegs beweisen. Sollen die Abbildungen nach lebensfrischen Embryonen angefertigt sein — und nicht nach stark gesehrumpften Eiern, welch Letzteres mir viel wahrscheinlicher erscheint — dann hatte p£ FıLıprı es gewiss mit sehr jungen, keineswegs aber, wie dies aus der Thatsache hervorgeht, dass die Beine des Stützapparates und der Klauen entbehrten, mit vollkommen ausgebildeten Embryonen zu thun. Bis zum heutigen Tage also sind nur vierbeinige Pentastomenembryo- nen mit Sicherheit nachgewiesen. Die vierte äußerste Schale hat DE FıLıppı nie am Ei, sondern nur in Bruchstücken im Uterus gefunden. Von dieser vierten Eiumhüllung haben weder LeuckArr noch ich etwas gesehen. Am Ende seiner Arbeit führt pe Fırırrı an, dass Herr Prof. Rıcmardı einige Exemplare von P.proboscideum in einer Boa brachyura de Filippi, Epicrates angulifer Bibr., gefunden hat. 2) Macauıster ! hat einige Pentastomen in der Lunge von Boa impe- rator gefunden und sie als neue Species: P. imperatoris, beschrieben. Er hebt hervor, dass diese Parasiten große Ähnlichkeit mit P. probosei- deum haben, aber sich von letzteren dadurch unterscheiden, dass der Körper — besonders aber der Vorderleib — nicht so deutlich geringelt ist, wie dies bei P. proboscideum der Fall ist. Obgleich ich die von Macarister beschriebenen Pentastomen nicht selbst habe untersuchen können, so scheint es mir, nach der Beschreibung und den Abbildungen Macauıster’s, dass sie.sich nicht wesentlich von P. proboscideum unter- scheiden, besonders da ich mehrere Exemplare von P. proboscideum ! Proceedings of the Royal Irish Academy. 2ndSer. Vol.II. Science. 41875—77, p- 62—66. With Plates il] and III. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboscideum Rud, etc. 149 im Wiener Museum gesehen habe, bei denen die Ringelung mindestens eben so undeutlich, in manchen Fällen sogar noch undeutlicher war als bei den von Macarıster abgebildeten Thieren. Die Zahl von Ringen giebt MAcarıster auf 40—45 an. Da ich ferner bei P. proboseideum dieselbe Anzahl von Ringen gefunden habe, so möchte ich P. impera- toris Mae. identisch mit P. proboscideum halten. Was die Darstellung des anatomischen Baues angeht, so möchte ich hervorheben, dass ich jene »soft reticular membrane«, welche die Leibeshöhle in ganzer Ausdehnung auskleiden sollen, niemals gesehen habe (vgl. oben Bindegewebe). Eben so muss ich die Existenz eines » epi- pharyngeal nerve ganglion« in Abrede stellen (vgl. oben Nervensystem). Über die Entwicklung der Embryonen äußert sich MacALister folgendermaßen: »The spermatozoa are arranged in bundles or sper- matophores by a glutinous matter secreted in the tortuous glands. The eggs are holoblastice and the segmentation ends in the formation ofa blastoderm. There are polar groups of cells visible in some ova and a trace of primitive streak, subdividing the tail end of the egg into two lateral paris. When the body forms as a granular mass, six lateral lobules project downwards and outwards, two of which unite to form the basis of the antennary.jaws of the head, two form the larval forelimbs and the hindmost pair form the hind limbs. The first and second pair of these form first, the hindmost afterwards. In several of the hundreds of ova which I examined, I saw a faint trace of annulation, one or two transverse furrows, indication of a metameric growth. In the earlier stages before the claws appear the knobs look like the para- podia of worms, but a middle transverse joint in each of these limb knobs is indicated in some of my specimens. « »The tortuous glands« (Pl. II, Fig. 6) sind die Benileionssuoks (siehe oben g' Genitalapparat), wälche bekanntlich keine drüsige Natur besitzen. Zur Darstellung der Entwicklung giebt auch Macausster einige Ab- bildungen auf Taf. IH, Fig. 1I—13. Fig. 6—11 sind jedoch von stark geschrumpften Eiern, wie ich solche auch öfters bei alten Glycerinprä- paraten gesehen habe. Dass ferner die zwei vorderen »lobules « nicht die Anlage »of the basis of the antennary jaws« sein können, brauche ich nach dem oben Gesagten (siehe Embryo) nicht hervorzuheben. Über »the metamerie growth«.und »the transverse joint of the limb knobs « habe ich auch bei der Beschreibung des Embryo von P. proboseideum Genügendes gesagt. Paris, 8. März 1891. 150 Charles Wardell Stiles, Litteraturverzeichnis. Die Werke mit eingeklammerter Nummer sind mir nicht zugängig gewesen. (4.) AsıLpGAARD, Zoolog. Danic. II. p. 52. Tab. CX, Fig. 4—6. 1789. 3. AıtkEn, On the Occurrence of Pent. constrictum in the Human Body as a cause of painful Disease and Death. Science and Practice of Medicine. 4. ed. 7 pgs. 5 figs. (3.) Ausarıus et ANnGELIAnUs, De verme admirando per nares egresso. Ravennac 1640. (Auszug in R. BrancHaArn’s Zool. Med. II. p. 273.) (4.) BABEs, Compt. rend. de l!’Acad. d. Sc. 1888. Die Wanderung des P. denticulatum beim Rinde. Centralbl. für Bak- teriologie u. Parasitenkunde. V. 1889. p. 1—5. 6. Baıp, P. annulosum and megacephalum. Proc. Zool. Soc. 1853. p. 22, 185. PL XRX, ie: 7. (7.) —— Catalogue Entoz. Brit. Mus. XXXIX. T. U, fig. 4. 1853. P. teretiusculum. Proc. Zool. Soc. 1862. p. 4114. . BaLrour, Comparative Embryology. I. p. 449—450. 1880. (10.) Bassı, Il Pent. moniliforme Dies. della pantera. Giorn. il Medico Veterin. 1878. p. 59. — (Extr.) Archiv vet. publ. a l’Ecole d’Alfort. 3 An. 1878. p. A44. .44. BELL, On P. polyzoum Harley, with a Note on the Synonymy of the allied Species. Ann. and Mag. of Nat. Hist. 5. Vol. VI. 1880. p. 173—176. 42. —— A second note on P, polyzonum. Ann. of Nat. Hist. 5. Vol. XIV. 1884. p: 92—93. 13. P. J. van BENEDEN, Bullet. de ’Acad. roy, de Brux. XV. 1848. p. 188—191. — L’Institut. No. 751. (Ref.) 14. —— Rech. sur l’org. et le Developpement des Linguatules. Mem. d. l’Acad. d. Brux. 3. Ser. Zool. XI. 1849, p. 313—347. Fig. 1—24, VAN BENEDEN et GERVAIS, V. GERVAIS et VAN BENEDEN, 15. BırHArz, Pent. constrictum. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1856. p. 329—331 Taf. XVII, Fig. 1—5. 16. BLAINVILLE, Art. Vers. Dict. d. Sc. nat. LXII. 4828. p. 534. 47. E. BLANcHARD, Regne animal illustre. Pl. VIII. 41836—1846. Rech. zool. et anat. sur l’organ. d. Vers. Ann, d. Sc, nat. 3 Ser. VII. 1847. 7, p. 96. 8, p. 127—129. 19. —— De l’organisation et des rapports nat. des Linguatules. Compt. rend. Acad. d. Sc. Paris XXX. 1850. p. 645—647. 20. R. BLAncHARD, Traite d. Zool. med. Paris. 4890. II. p. 47, 264—275. Fig. 574 —575. 24. Bosc, Sur un nouveau genre dans la Classe des Vers intestinaux, nomme Tetragule. Nouv. Bullet. de la Soc. Philom. no. 44. 4844. p. 269—270. Pl. II, Fig. 1 a—d. 22. BRENMSER, Icones Helminthum. 1824. (23.) BRUCHMÜLLER, Lehrbuch der pathol. Zootomie. Wien. p. 506. 1869. 24. CANSTATT, P. constrictum. Jahresber. Ver. d. ges. Med. 1852. p. 206. (25.) GARPENTER, Zoology. Il. 1857. 26. Carus und GERSTÄCKER, Handbuch der Zool. Il. p. 346—347. 1863. Sa ee Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc, 151 27. Cuasert, Traite des maladies verm. 2 &d. p. 39. (Taenia lanceole.) 4787. 38. Übersetzung von F. Meyer. p. 40—42. 1789. 29. Cuarın, Sur lemode de locomotion et de penetration des Linguatules. Compt. rend. de Seance de la Soc. de Biol. 7. Ser. 1884. T. III. p. 66—67. — (Extr.) Gazette med. de Paris. 1884. p. 131. 30. —— Notes anat. sur une Linguatule chez l’Alligator lucius. Ann. des Sc. nat. Zool. VI. Ser. 44. No. 2. 1832. 23 pgs. Taf. XIX, Fig. 1—10. 30 bis. CHaunAT, Linguatula tenioides dans les cavit&s nasales d’un chien, Recueil, d. med. vet. 4890. No. 15. p. 489—498. 31. Craus, Lehrbuch der Zoologie. p. 408—440. 32. CosBoLD, Pent. denticulatum. Linnean Soc. Trans. XXIII. 4862. p. 350— 352. Tab. XXXII, Fig. 3—6. 33. —— Entozoa. An introduction to the study of parasites. p. 394—402. Pl. 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Nr. 8. p. 127—128. 39, —— Recherches sur le pentastome tenioide des cavites nasales du chien, et nouvelles observations sur les &changes de ce ver entre les carnassiers et les herbivores. Bull. de la Soc. imp. et cent. de med. vet. 1862. 40. Csokor, Über Pentastomen und P. denticulatum aus der Leber des Pferdes. Zeitschr. f. Veterinärkunde. I. p. 1—22. Taf. I, Fig. a—f. Centralbl. für Bakt. und Parasitenkunde. 1887. p. 151—154 (Ref.). 42. CGurrice, The Animal Parasites of Sheep. p. 14, 46, 69—71. Pl. XVII, Fig. A —6. Washington. Dpt. of Agriculture. 4890. 43. Cuvier, Regne animal. Ed. I. IV. p. 35. 1817. Le Regne Animal. III. p. 254. 1830. 45. Dıiesıne, Monographie der Gattung Pentastomum. Annalen des Wiener Mu- seums der Naturgeschichte. 1836. Systema Helminthum. I. p. 606—617. II. p. 329. 1850. 47. Dusaroın, Histoire nat. des Helminthes. p. 299—309. 1845. 48. F. pe FıLıppı, Quelque observ. relatives a des parasites nouveaux (Pentasto- mum, Hypodectes). Atti d. Soc. elvet. 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Fig. 9. Kralle im ausgestreckten Zustande. Fig. 10. Kralle im zurückgezogenen Zustande. Fig. 11 u.42. Zwei Schemata der Bohrbewegung des Embryo und zwar: 14, Stadium der stärksten Kontraktion, 42, Stadium der vollkommensten Aus streckung. 156 Charles Wardell Stiles, Fig. 13. Innere Eischale mit der Facette. Fig. 44. 41/g Wochen alte Larve. A, After; @, Ganglion; GDZ, große Drüsen- zellen; M, Mund und Oberlippe; MGO, männl Geschlechtsöffnung. ZEISS, A. 3. Fig. 45. Querschnitt durch zweites Stadium. J, II, Anlage der Haken; D, Darm- lumen; DE, Darmepithel; GDZ, größere Drüsenzellen ; KDZ, kleinere Drüsenzel- len; mm, Sagittalmedianebene des Körpers. Fig. 46. D, Darmlumen; @0O, Geschlechtsorgane; CKD, Kanal der Kopfdrüse; USG, Unterschlundganglion ; mm, Sagittalmedianebene. Fig. 47. Larve. Drittes Stadium. I, I/, Hakentaschen; OL, Oberlippe; M, Mund; USG, Unterschlundganglion,;, RS, Receptaculum seminis; OD, Oviducte; Ov, Ova- rium; V, Vagina; A, Anus. Zeıss, A. A. Fig. 18. Hakentasche im Längsschnitt. Fig. 49. Zwei Ringel von der ausgebildeten Larve (Fig. 22). MS, Medianlinie; SL, Seitenlinie; PD, Segment mit Parietaldrüsenzellen; DS, Segment mit Drüsen- stigmen; DDS, Doppeldrüsenstigmen. Fig. 20. Hakentasche; M, Medianseite; Z, Lateralseite; C, Körpercuticula mit Drüsenstigmen ; HG, Hikendri üsengang; AHG, Ausnindune des Hakendrüsen- ganges. R, Rand der Cuticula der Hakentasche. Fig. 24. Schnitt durch die Hakentasche. HT, Hakentasche; TF, Taschenfalte ; HDG, Hakendrüsengang. Fig. 22. Ausgebildete Larve. Man sieht Mund, Haken, Darm, Nervensystem, Hakendrüsen, Kopfdrüsen, Hoden, Muttermund, Vesicula seminalis, Propulsions- schlauch, Cirruszapfen, Cirruszwiebel, Cirrusblase, Cirrusgang und Geschlechts- öffnung. Zeıss, a*. 2. Fig. 23. Sinnespapille mit Sinneskolben. Fig. 24. Darmepithel aus dem zweiten Stadium. Fig. 25. Darmepithel aus dem dritten Stadium. Fig. 26 u. 27. Darmepithel von der ausgebildeten Larve. Fig. 28. Darmepithel des Geschlechtsthieres. _ Tafel VIII. Fig. 29. Nervensystem und weibliche Genitalien. RC, Ringkommissur; I, Längs- nerv; Il, III, sympathische Nerven; IV, Supraösophagealnerv; V, Subösophageal- nerv; VII, Papillennerv; VIII, erster Hakennerv; /X, zweiter Hakennerv; X, X], Körpernerven; XI], nach den Geschlechtsorganen abgehender Nerv; OD, Oviducte; UPD, unpaarer Abschnitt desselben; RS, Receptaculum seminis; SG, Samengang; BIS, flaschenförmiger Blindsack; Va, Vagina. (4. Stadium.) Fig. 30. I, Haken des ausgebildeten Männchens; BG, Stützapparat; TF, Ta- schenfalte; a, M. extensor unci, b, M. retractor bursae ventralis; d, Mm. retracto- res externi; e, Mm. retractores interni; /, M. protractor dorsalis; g, M.flexor interior et exterior; A, M. protractor ventralis. Fig. 34. II, Haken eines ausgebildeten Weibchens mit Nebenhaken. Fig. 32. II, Haken einer Larve mit Nebenhaken. Fig. 33. Querschnitt durch die Hakentasche; g, M. flexor interior et exterior; c, M. protractor externus et internus. Fig. 34. Querschnitt durch Haken und Nebenhaken. NH, Nebenhaken; HTC, Hakentaschencuticula; HT, Hakentasche;; G8, die äußere harte Schicht des Hakens; SS, mittlere schwammige Schicht derselben; M, Matrix. Fig. 35. Kopf des Männchens von der Ventralfläche, Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum Rud. etc. 157 Fig. 36 u. 37. Kopf des Weibchens von der Rücken- und Bauchfläche betrach- tet. 4—4, Papillen; FP, falsche Papillen. Fig. 38. Endtheil des männlichen Geschlechtsapparates. PS, Propulsionssack; VD, Vas deferens; 7,2,5, die drei Schichten der Cirruszwiebel; CZ, Cirruszapfen; CT, Cirrustasche; 0G, Cirrusgang; D, Drüsengang; SB, Samenblase. Fig. 39. Querschnitt der Geschlechtsausführungsgänge CT, CZ, 1—5, vide Fig. 38. CZw, Cirruszwiebel. Fig. 40. Endtheil des Geschlechtsapparates beim geschlechtsreifen Thiere. VD, Vas deferens; CZw, Cz, CT, vide Fig. 38; C, Cirrus. Fig. 44—43. Querschnitte durch Fig. 40. M, Muskeln; B, Bindegewebe; 7—8, Cuticula des Cirruszapfen. Fig. 44a. Muttermund des Hodens. Fig. 445. Querschnitt des Muttermundes. 1, 2,5, die drei Loben; USP, unpaare Samenblase. _ Fig. 45. Cuticula, Hypodermis und Stigmendrüse eines ausgebildeten Thieres. Fig, 46. Sagittalmedianschnitt. C, seitlicher Chitinstrang (schematisch einge- zeichnet); D, Darmlumen;, @DZ, große Drüsenzellen,; DK, kleine Drüsenkanäle; NV sub, NIV, subraösophagealer Nerv; Ö, Ösophagus; ÖD, Ösophagusdrüsen; Ph, Pharynx; RM, Ringmuskeln, LM, Längsmuskeln; USG, Unterschlundganglion ; SC, Schlundkommissur. Fig. 47. Querschnitt durch ein junges Weibchen (Larve), halbschemalisch. Man sieht die Cuticula, Hypodermis, Ring-, Längs-, Diagonal- und Darmmuskeln. Die Kopfdrüsen aus großen und kleinen Zellen bestehend, Parietaldrüsenzellen und das Ovarium. Die Parietaldrüsen sind in drei große Drüsenfelder eingetheilt. LN, Längsnerven. Fig. 48. Querschnitt durch den Hoden (viertes Stadium), um die Falten der Wand zu zeigen. Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piscinalis. Von A. Goette in Straßburg. Mit 8 Figuren im Text. Zu den ersten Arbeiten über die Entwicklungsgeschichte der Mol- lusken gehören die Untersuchungen über die Fortpflanzung und Ent- wicklung unserer großen Süßwassermuscheln, der Unioniden. Obgleich aber diese Untersuchungen bis in die neueste Zeit fortgesetzt wurden, haben sie in Folge besonderer Umstände noch zu keinem befriedigen- den Abschluss geführt. Einmal ist das parasitische Leben der Unio- nidenlarven, welche nach dem Verlassen des Mutterthieres sich an Süßwasserfische anheften, um von deren Haut umwuchert zu werden, lange unbekannt geblieben; und nachdem es durch Leyvie aufgedeckt worden, gelang es erst nach wiederholten Versuchen, die Entwicklung der parasitischen Larven ausgiebig zu erforschen. Andererseits hat der Parasitismus die ganze Entwicklung dieser Thiere, insbesondere in der Embryonalperiode so weit abgeändert, dass sie mit den embryolo- gischen Befunden an allen übrigen Muscheln und den Mollusken über- haupt bisher noch in keine befriedigende Übereinstimmung gebracht werden konnte. Fremmine war der Erste, welcher die Embryonalentwicklung von Anodonta und Unio eingehend und vom Standpunkte der neueren Ent- wicklungsgeschichte verfolgte. Er konstatirte an ihren Eiern den für die Muscheln charakteristischen Theilungsvorgang, aus welchem eine Coeloblastula mit einer Makromeren- und einer Mikromerenhälfte her- vorgeht. Dagegen vermisste er bis zuletzt eine Gastrulation und blieb daher über die Entstehung des Darmes im Unklaren. Nach seiner An- sicht bezeichnen die dunklen Makromeren den Rücken, weil über ihnen die Schlossseite der Schalen entstände, die stark vorragende helle Blastulahemisphäre die Bauchseite, an welcher die anhängenden Richtungskörperchen das künftige Hinterende erkennen ließen. An dem gegenüberliegenden »Vorderwulst«, vielleicht auch am Rücken, wanderten Zellen ins Innere ein, welche sich in die Strang- und Muskelzellen verwandelten. Über dem Vorderwulst befände sich das Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piseinalis. 159 »Wimperschild«, das Bewegungsorgan der Larve, unter den Richtungs- körperchen das aus kleinen Zellen zusammengesetzte »Mittelschild«. — Nachdem auf der dunklen und wenig deutlichen Makromerenmasse eine quere Furche erschienen und wieder verschwunden wäre, ver- sehöben sich ihre dunklen Randzellen zu beiden Körperseiten in einem nach unten konvexen Halbkreis, während die darüber, mehr dorsal ge- legenen Zellen sich aufhellten und über sich die euticulare Schale ent- stehen ließen!. | | In einer späteren »Notiz«? hält es Fremmine in Folge einer Ver- gleichung seiner Beobachtungen mit den Untersuchungen Ray Lan- KESTERS für wahrscheinlich, dass sein »Vorderwulst« das Entoderm liefere, das Mittelschild zur Mundeinsenkung würde, die dunklen Makromeren aber einer Schalengrube entsprächen. Doch bliebe jener Entodermwulst mindestens bis zum Ausschwärmen der Larve aus dem Mutterthier — so weit reichen die Beobachtungen FLemmine’s — eine bloße Verdickung des Keimes, an welcher keinerlei Einbuchtung wahr- zunehmen sei. — Andererseits giebt Firmung die Möglichkeit zu, dass, wie es kurz vorher Harcxtzr für Unio angab, die Einstülpung der Makro- meren wirklich eine echte Gastrula herstelle und das dadurch gebil- dete Entoderm sich vom Prostoma ablöse, um dann an die Stelle des Vorderwulstes zu rücken. Während also Fruumıne die Frage nach der Darmbildung und Gastrulation unentschieden ließ, glaubte Rası sie mit aller Bestimmt- heit beantworten zu können?. Die von ihm beobachtete Blastula (Blastosphaera) besteht aus einer größeren, gewölbten, kleinzelligen und einer kleineren, flachen, großzelligen Hälfte; an einem Ende der letz- teren, dem späteren Hinterende, befinden sich zwei größere Zellen. Nachdem diese von den umgebenden Zellen überwachsen und so in die Keimhöhle gelangt sind, stülpt sich die flache Gylinderzellenschicht in querer Richtung ein und werde so zum Entoderm (Urdarm); die an der Außenseite zurückbleibenden Zellen seien das Ektoderm, die zwei großen eingewanderten und sich schnell vermehrenden Zellen das Meso- derm. Es stimmten somit die Unioniden in ihrer Gastrulation und Meso- dermbildung mit allen übrigen Mollusken vollkommen überein. Die unmittelbar anschließenden Embryonalstufen hat Rası offenbar nicht gesehen oder nicht erkannt; denn von der angeblichen Gastrula mit oflenem Prostoma geht er sofort zu den bereits mit einem Schließ- i Studien in der Entwicklungsgeschichte der Najaden. Sitzungsber. Wiener Akad. 4875. 2 Notiz zur Entwicklungsgesch. der Najaden. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 3 Über die Entwicklungsgeschichte der Malermuschel. Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch, X. 160 A, Goette, muskel versehenen Larven über, an welchen jenes Prostoma geschlossen, das Entodermsäckchen an das Vorderende (Vorderwulst, Fr.) verdrängt und in der Ablösung vom Rücken begriffen sei, während gleichzeitig der definitive Mund sich als ein gegen das Entodermsäckchen gerich- tetes Grübchen des Ektoderms darstelle. Das Mittelschild hätte daher nach Rasr mit der Mundbildung nichts zu thun, und die Deutung der dorsalen Einstülpung als Schalengrube (Fremmme) behandelt Rası wie eine Absurdität. Der letzte hier zu erwähnende Beobachter, SchrerHorz, konstatirt ‘erstens auf Grund der von ihm beobachteten letzten Metamorphose der Unioniden, dass Fremmine und Rasr das Vorder- und Hinterende ver- wechselt hätten, und dass Forzeı Recht hatte, als er, freilich ohne ge- nügenden Beweis, das Wimperschild als das Hinterende bezeichnete. Im Übrigen bestätigt Scuiernorz die wirkliche Einstülpung der groß- zelligen Blastulaseite und wiederholt in kurzen Worten die Angaben Rasr’s über die Abschnürung des Entodermsäckchens, aber offenbar ohne mehr gesehen zu haben als sein Vorgänger; wie denn auch in der Reihe seiner Abbildungen dieselbe Lücke zwischen der »Gastrula« und der mit einer Schließmuskelanlage und einem winzigen Entodermsäck- chen ausgestatteten Larve sich zeigt. Hinsichtlich der Mundbildung bestätigt Scnmeruorz dagegen die Vermuthung Fremmine’s, dass das von vorn nach hinten rückende Mittelfeld sich zum Schlunde einstülpe; die von Rası angegebene Mundbildung am Vorderwulst übergeht Scuier- Horz mit Stillschweigen!. Ich bin nun einer allgemeinen Zustimmung sicher, wenn ich be- haupte, dass, selbst nachdem Scusrnorz den Irrthum der früheren Beobachter hinsichtlich der Orientirung der Embryonen und Larven berichtigt hat, die Embryonalentwicklung der Unioniden noch keines- wegs befriedigend aufgeklärt, geschweige denn mit derjenigen der übri- gen Mollusken in Einklang gebracht ist. Freummne blieb bis zuletzt in der Deutung der von ihm gesehenen Einzeltheile unentschieden; selbst wenn man derjenigen den Vorzug giebt, wonach :die großzellige »dor- sale« Masse eine Schalendrüse darstellt, bliebe es völlig unver- ständlich, dass die später durchaus normal gebildeten Unioniden, im vollen Gegensatz zu den übrigen Muscheln und Mollusken, während der Embryonal- und Larvenzeit als einzige Darmanlage eine verdickte Stelle der Keimhaut (Entodermwulst) besäßen, also jede Art von Gastru- lation entbehrten. — Rasr und Scnrrruorz erklären wiederum mit großer Sicherheit die vermeintliche Schalendrüse für ein eingestülptes Entoderm, ohne sich an die nothwendige Folgerung zu stoßen, dass die 1 ScHiErHoLZ, Über Entwicklung der Unioniden. Denkschriften math.-naturw. Klasse Akad. Wien. LV. 1888. Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piscinalis. 161 Schale auf der Prostomanaht, und der Mund an der dem Prostoma gegenüberliegenden Keimseite entstände, — Widersprüche gegen die Entwicklungsgeschichte aller anderen Mollusken, welche vor 10—15 Jahren wohl erklärlich waren, heute aber nicht den Schatten der Wahr- scheinlichkeit für sich haben. Diese Überlegung wird es rechtfertigen, dass ich einige im vori- gen Herbst an einer Anodontenbrut angestellte Beobachtungen mit- theile, obgleich sie von geringem Umfang sind; denn sie scheinen mir trotzdem geeignet, die in den früheren Arbeiten zurückgebliebenen Lücken auszufüllen und die hervorgehobenen Widersprüche zu lösen. Unter einigen Muscheln (Anodonta piscinalis), welche ich zu Demon- strationszwecken öffnete, fand ich eine, deren Kiemen noch eine ziem- lich junge Brut enthielten. Die meisten Embryonen besaßen freilich schon ein Schalenhäutchen, einige waren aber noch jünger, die jüng- sten in dem Stadium von Fig. 2. Ich beobachtete und zeichnete sie sämmtlich im lebenden Zustande, nur die ältesten Stadien wurden auch in Dauerpräparaten studirt. Alle hier wiedergegebenen Figuren sind so orientirt, dass die künftige Bauchseite des Thieres, vom Munde bis zum After, nach unten, und die linke Körperseite dem Beschauer zu- gekehrt ist. Fig. 2 zeigt einen blasigen Keim, dessen Scheitelpol nach vorn und oben gekehrt ist. Allerdings habe ich an diesem Embryo die Richtungskörperchen nicht bemerkt; ich fand sie aber bei ähnlichen Embryonen an der Stelle r, wo sie auch von den früheren Beobachtern übereinstimmend gesehen wurden. Die den ziemlich weiten Innen- raum einschließende einschichtige Zellenwand besteht aus zwei deut- lich gesonderten Abschnitten. Der aus kleineren, durchsichtigen Zellen zusammengesetzte Abschnitt umfasst die vordere Rückenhälfte, die Vorderwand, die Bauchseite bis etwas hinter die künftige Aftergegend und die beiden Körperseiten; er umschreibt in der Medianebene einen Bogen von mehr als einem Halbkreise. Der die hintere Rückenhälfte bil- dende Abschnitt besteht aus großen eylindrischen oder keilförmigen Zellen, welche namentlich nach innen zu sehr dunkel und undurchsichtig sind. Der Mitteltheil dieser großzelligen Platte ist in der Richtung von hinten und oben nach vorn und unten eingebuchtet, so dass ihre Innen- fläche stark konvex gegen die innere Höhle vorspringt, ihre Außenfläche aber in der Seitenansicht trichterförmig vertieft erscheint. Doch ist diese Vertiefung augenscheinlich in querer Richtung taschenförmig verbreitert. Am wulstig vortretenden Rande geht diese hintere Rückenplatte oder -tasche durch Verkleinerung ihrer Zellen in die übrige Keim- haut über. | In der centralen Höhle unseres Embryo oder eben der Keimhöhle _ Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. A 162 Be ' A: Goette, Fig, 7, Fig. 8. ” Fig. 1. Embryo von Unio nach Ragr, Fig. 2 und 3. Zwei Folgezustände desselben Embryo von Anodonta. Fig. 4—7. Folgende Entwieklungsstufen, Alles im optischen Mediandurchschnitt. Fig. 8. Querdurchschnitt. e, Urdarmbucht, Urdarm; m, Mesoderm; m’, Schließmuskel; 7, Richtungskörperchen; sd, Schalendrüse, Mantel; s, Schale; », Wimperfeld, Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piseinalis. 163 sehe ich längs der Bauchseite und Vorderwand einige kleine Zellen liegen; eine große Zelle oder vielleicht ein Paar solcher ist in den Win- kel zwischen den beiden Keimtheilen am Hinterende eingeklemmt. Die darunter vorgewölbte Partie der Keimhaut ist das spätere Wimper- schild (Fremmine), dessen Cilien ich an demselben Embryo noch nicht bemerkt habe!. Unmittelbar vor dem Wimperschilde ist die Keimhaut wiederum, aber nur in einem sehr kleinen Bereich nach innen einge- buchtet. Diese ventrale Bucht liegt dem Scheitelpol diametral gegen- über. Einen offenbar ganz ähnlichen Embryo hat Freunming in der Fig. 2%, Taf. II seiner Studien abgebildet; außer dem Umriss und dem Farben- unterschied beider Keimabschnitte ist aber daran nicht viel zu er- kennen. Auch aus dem Text erfährt man nicht, aus was für Zellen der dunkle Abschnitt besteht, und ob die äußere Querfurche der Ausdruck einer wirklichen Einbuchtung ist. Sicher entspricht die ventrale Bucht meiner Abbildung dem »Vorderwulst« (von Fremnine später Entoderm- wulst genannt); dieser soll aber eine bloße Verdickung der Keimhaut sein, aus welcher vielleicht die mesodermalen Elemente ins Innere einwandern. Noch deutlicher ist die Übereinstimmung meiner Fig. 2 mit der von Ragr reprodueirten »Gastrula«, von welcher ich eine Kopie in der schon angegebenen Orientirung neben meine Abbildung setze. Es bedarf keines Beweises, dass die hintere Rückentasche meiner Fig. 2 mit der Entodermeinstülpung Rasgr’s identisch ist. Letztere ist allerdings tiefer; aber da, wie sich zeigen wird, die Rückentasche sich sehr bald vollständig nach außen ausstülpt, ist es möglich, dass sie kurz vor der Beobachtung ebenfalls tiefer war. Die große Zelle am Hinterende ist eben so unzweifelhaft eine von den beiden Mesodermzellen Ruasr’s, von denen die kleineren Mesodermzellen entstammen sollen, welche in meinem Embryo den Boden der Keimhöhle spärlich bedecken, während Ragr sie in größerer Zahl am vermeintlichen Entoderm sah. Ich habe aber keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Entstehung des Meso- derms so erfolgt, wie es Ras angiebt. Die ventrale Bucht fehlt dage- gen bei Rası vollständig. | Die von Scaıeruorz abgebildete »Gastrula« (Fig. 15) unterscheidet sich von derjenigen Ragr’s nur durch eine noch größere Tiefe der Tasche, eine andere Vertheilung der Mesodermzellen und die Bewimperung des Mittelschildes. Die von mir sogenannte ventrale Bucht hat Scnisr- HoLz eben so wie seine Vorgänger übersehen. 1 Dass sie nicht leicht zu erkennen sind, geht daraus hervor, dass Ras ihre Existenz bei Unio ausdrücklich bestreitet, während FLEuning und SCHIERHOLZ sie dort eben so bestimmt wie bei Anodonta angeben. 44* 164 A. Goette, Der lebend beobachtete Embryo (Fig. 2) zeigte nach einiger Zeit eine kleine, aber nicht ganz unwichtige Veränderung. Ich sah, wie die große Mesodermzelle aus dem Winkel, wo sie vorher lag, nach vorn verschoben wurde, worauf eine scheinbar kleinere Zelle hinter ihr zum Vorschein kam (Fig. 3). Ob diese Bewegung durch eine Theilung der Zelle oder durch eine Lageveränderung in den umgebenden Theilen bewirkt war, weiß ich nicht; jedenfalls enthalten wenig ältere Em- bryonen keine große Mesodermzelle mehr, sondern nur zahlreiche kleine, d. h. die größeren gehen in kurzer Zeit durch fortgesetzte Thei- . lungen in kleine Elemente über. Derselbe Embryo zeigt aber noch eine andere bemerkenswerthe Erscheinung. Obgleich ich die Skizzen aus freier Hand angefertigt habe, glaube ich doch richtig gesehen zu haben, als ich die hintere Rückentasche breiter und etwas flacher, die ven- trale Bucht dagegen tiefer zeichnete als in Fig. 2. Dass es sich dabei nicht um Zufälligkeiten handelt, sondern um fortschreitende Umbildungen der genannten Theile, lehrt der nächst ältere Embryo (Fig. #). Dort ist die Zellenschicht, welche die Tasche bildete, recht merklich verändert. Ihre Abplattung und gleichzeitige Ausbreitung ist namentlich an der Innenfläche auffallend, und außen zeigt sich an Stelle der wirklichen Einsenkung nur noch eine ober- flächliche quere Furche. Es folgt daraus, dass die vorher taschenförmig eingebuchtete Platte sich in der That allmählich ausstülpt und flach ausbreitet. Die Außenhälften ihrer Zellen sind ferner viel heller ge- worden als früher. — Die ventrale Bucht tritt in der etwas dünner ge- wordenen Keimhaut schärfer hervor, und das Wimperfeld ist mit Gilien bedeckt, aus denen eine längere Geißel am oberen Ende vorragt. Das Mesoderm endlich besteht aus lauter gleich großen, kolbigen oder spindelförmigen Zellen, welche von oben nach unten, und zum Theil schräg von einer Körperseite zur anderen gerichtet sind. Dieser Embryo stimmt offenbar mit dem von Fremmine in Fig. 25 abgebildeten überein, welcher ebenfalls die quere Furche im dunklen Felde und die gleichen Mesodermzellen zeigt. Doch ist dort weder der optische Durchschnitt der hinteren Rückenplatte, noch das Wimperfeld und die ventrale Bucht sichtbar. Bei Rısr und ScHıeruorz finden sich, wie schon erwähnt, keine ähnlichen Durchschnittsbilder. Das nach meinen Beobachtungen nächstfolgende Stadium ist in Fig. 5 dargestellt. Die Rückentasche hat sich in eine beinahe völlig ebene und merklich verdünnte Platte verwandelt, und die ventrale Bucht ist zu einer kleinen und engen aufwärts gerichteten Tasche ver- tieft und zusammengezogen, welche sich sehr scharf von der übrigen Keimhaut absetzt. Die Zellen des Wimperfeldes sind niedriger, und die Mesodermzellen strangartig geworden, bis auf ein kleines Häufchen Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piseinalis. 165 runder Elemente im Bereiche des Wimperfeldes. Ein bis zwei Stränge ziehen regelmäßig vom Scheitel der ventralen Tasche zur Mitte der Rückenplatte. — An einem im Ganzen ähnlichen Embryo (Fig. 6) fand ich die Rückenplatte noch ebener, dünner, und nach beiden Seiten ausge- dehnt, wo ihre größer und dunkler bleibenden Randzellen die von Fren- wıng beschriebene halbkreisförmige Linie vom einen zum anderen Ende der Platte beschreiben (vgl. Fig. 7). Die ventrale Tasche schien mir bereits zu einem kleinen Säckchen abgeschlossen, doch inaf ich sie an älteren Larven mit offener Mündung an. Ich komme zum letzten hier zu beschreibenden Stadium (Fig, 7). Diese Embryonen sind im Ganzen vergrößert, was mir wesentlich durch die Ausbreitung der noch dünner gewordenen und nach außen vorge- wölbten Rückenplatte zu erfolgen scheint. Diese Veränderung erstreckt sich auch auf das Wimperfeld, und dicht unter dem früheren Scheitel- pol zeigt sich ebenfalls eine etwas dünnere Stelle der Keimhaut, welche nach einem Vergleich mit der Fig. 26 von Fremnmne unzweifelhaft das von ihm sogenannte »Mittelschild« ist. Die Mesodermzellen haben sich zum größten Theil zur Anlage des larvalen Schließmuskels vereinigt, welchen ich niemals mit einem runden Durchschnitt (RAagr), sondern mehr in die Länge gezogen im vorderen oberen Körperabschnitt antraf. Die Ansicht eines ähnlichen Embryo gerade von hinten her zeigt uns die que- ren Muskelzellen in ihrer ganzen Länge, sowie die ventrale Tasche mit ihrer Mündung (Fig. 8). Die von der ventralen Tasche hinaufziehenden Stränge fehlen an solchen Embryonen in der Regel, aber nicht aus- nahmslos. Mit die wichtigste Veränderung ist die Anlage der Schale, welche wie ein Sattel der Rückenplatte aufliegt, und mit ihren Seitenrändern bis auf den dieken Rand dieser Platte hinunterreicht. Ihr oberer oder Schlossrand verläuft ziemlich gerade und überragt sehr bald das Vor- der- und das Hinterende der darunter liegenden Platte. Dieses Entwicklungsstadium ist allen früheren Beobachtern be- kannt gewesen. Nur sieht Fremmıns an Stelle der ventralen Tasche immer noch die einfache Verdickung der Zellschicht (Vorder-Entoderm- wulst), wogegen Ras und Scnieruorz dort ein geschlossenes, durch einen Strang mit der Rückenplatte zusammenhängendes Säckchen finden. Wie weit diese Beobachtungen und die darauf gestützten Deu- tungen begründet waren, werde ich weiter unten erörtern. Zunächst ist es für das Verständnis meiner eigenen Beobachtung wichtig zu kon- statiren, dass die von mir beschriebene ventrale Bucht mit dem Ento- dermwulst und dem Entodermsäckchen identisch ist, welches nament- lich nach den bis ans Ende der Entwicklung ausgedehnten Untersu- chungen von ScuieruoLz thatsächlich sich in den Urdarm verwandelt. 166 A, Goette, Ist also die ventrale Tasche, deren Entwicklung ich von Anfang lan beobachtete und schilderte, nichts weiter als der Urdarm, so ist eben der störendste Widerspruch der früheren Darstellungen beseitigt und die Embryonalentwicklung der Unioniden mit derjenigen aller übrigen Muscheln und Weichthiere überhaupt in Übereinstimmung gebracht. | Die jüngsten von mir beobachteten Embryonen waren blasige Gebilde, welche in ihrem Inneren oder der Keimhöhle bereits ein Meso- derm inForm einer oder zweier großen proliferirenden Zellen enthielten, welche am künftigen Hinterende des Thieres lagen und unzweifelhaft so wie es Rası beschrieb, eingewandert waren. Dieselben Embryonen zeigten ferner als Vorbereitung einer Urdarmbildung eine flache Bucht unmittelbar vor den Mesodermzellen, also im Bereich der künftigen Bauchseite und schräg gegenüber dem Scheitelpol. Diese Bucht vertieft und verengt sich später allmählich zu einer in die Keimhöhle vorspringen- den Tasche, deren Mündung wenigstens noch an den jüngeren schalen- tragenden Larven offen ist. Dieser Zusammenhang mit dem Ektoderm bezeichnet aber nicht den künftigen Mund (Rast), sondern ist nur das zusammengezogene Prostoma, während die viel später erscheinende Schlundeinstülpung sich mit dem ins Innere vorragenden Grunde des Urdarmes verbindet!. In allen diesen Vorgängen wiederholt sich also grundsätzlich das, was von der Gastrulation anderer Muscheln be- kannt ist. So wandern z. B. bei Cyclas ebenfalls zuerst die Mesoderm- zellen in die Keimhöhle ein, bevor die Einstülpung des Urdarmes er- folgt ?, und. dieser bleibt gleichfalls lange mit seinem Hinterende am Ektoderm haften. — Was endlich die Rückentasche unserer Em- ‚bryonen betrifft, so lässt sowohl ihre Lage in der hinteren Rücken- hälfte, wie ihre allmähliche Ausstülpung und sattelförmige Ausbreitung, wobei auf ihrer Oberfläche das Schalenhäutchen entsteht, gar keine Zweifel übrig, dass sie die Schalendrüse ist, wie sie allen Weich- thieren in gleicher Lage, Bildung und Fortentwicklung zukommt. Selbst das postorale Wimperfeld unserer Embryonen ist nur eine Wiederholung der gleichen Bildung anderer Muscheln, z. B. Teredo. Jetzt lässt sich auch übersehen, worin die früheren Beobachter gefehlt haben. Ihnen allen ist die eigentliche Entwicklung des Ur- darmes völlig entgangen, wodurch auch einzelne richtige Deutungen anderer Körpertheile zu leiden hatten. Fremming’s letzte Annahme, dass der Vorderwulst die Stelle der Urdarmbildung sei und die dunkle Rückenplatte einer Schalendrüse entspreche, ist an sich ganz richtig. Da er aber weder von der Metamorphose jener Platte, noch von der 1 Vgl, Scumiptr, Zur Kenntnis der postembryonalen Entwicklung der Najaden. Archiv für Naturgesch. Jahrg. 51. 1885. 2 ZIEGLER, Die Entwicklung von Cyclas cornea. Diese Zeitschr. Bd. XLI. Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piscinalis. 167 Entstehung des Urdarmes selbst etwas wusste, gab er gleichzeitig die Möglichkeit zu, dass der letztere aus der Platte hervorgehe und sich darauf erst mit dem Entodermwulst verbinde. Dadurch zerstörte er aber, wie auch die Folge lehrte, die Glaubwürdigkeit seiner ersten Deutung. Aber auch abgesehen von dieser Unentschiedenheit blieb Frenmine bis zuletzt in dem Irrthum, dass der von ihm Anfangs völlig übersehene Urdarm erst nach der Schlundeinstülpung, wofür er das vertiefte Mittelschild hielt, und was das Auffälligste ist, räumlich vor derselben entstände. Angesichts aller dieser Widersprüche wird man nicht behaupten können, dass Fremming im Grunde doch das Richtige erkannt habe. Rasr’s ganz entgegengesetzte Deutungen sind ebenfalls darauf zu- rückzuführen, dass er die Entstehung des Urdarmes übersah, und zwar weil seine Beobachtungen, wie ich schen hervorhob, eine empfindliche Lücke in der kritischen Zeit aufweisen. Er kennt nur Embryonen mit einer tiefen Schalendrüse, aber ohne Darmanlage und dann erst wieder solche, deren Schalendrüse bereits eben ausgebreitet ist, deren taschen- förmiger Urdarm mit einem mehr oder weniger deutlichen Prostoma am Ektoderm hängt und welche schon den embryonalen Schließmuskel besitzen. Im Gegensatz zu Freumins konnte Ragr sich nicht zu der An- nahme entschließen, dass die Darmbildung der Unioniden ohne eine embryonale Gastrulation und noch dazu später erfolge als die Ent- wicklung der Schalendrüse. Folglich erklärte er die von Hazcker und. ihm beobachtete tiefe Schalendrüse für eine Ento dermeinbuchtung deren Grund zum späteren Entodermsäckchen würde. Die Zeichen der Ablösung dieses Säckchens vom Rücken glaubte er in dem zwischen beiden ausgespannten Mesodermstrang zu sehen, welchen er für den atrophirenden Stiel des Säckchens hielt. Auch für die von ihm be- merkten Prostomareste wusste er eine Erklärung zu finden: es sei dies der sekundäre, durch eine Ektodermeinstülpung entstandene Mund. In der Fig. 54 sieht man alle diese Dinge recht gut illustrirt; da aber Rası selbst diese Figur für eine schematische Wiedergabe des in den anderen Figuren dargestellten Zustandes erklärte, so haben wir uns zunächst nur an diese zu halten. Da ist aber weder eine Mund- einstülpung noch ein bis zum Rücken reichender, mit ihm kontinuirlich zusammenhängender Entodermschlauch zu sehen, sondern nur ein mehr oder weniger deutliches geschlossenes Säckchen, welches Anfangs durch einen Strang mit der Rückenplatte zusammenhängt (Fig. 53, 55) und nach dessen Schwunde auf der Oberfläche des ventralen Ekto- derms ausmündet (Fig. 56). Thatsächlich hat also auch Rası die Ent- . wicklung des Urdarmes überhaupt nicht vor Augen gehabt, sondern sie durchweg theoretisch konstruirt, wobei ihn gerade die im Allgemeinen 168 A. Goette, Bemerkungen über die Embryonalentwicklung der Anodonta piseinalis, richtige Voraussetzung, eine Entodermeinstülpung finden zu müssen, irre führte, indem die äußerlich dazu so gut passende Schalendrüse ihn über alle Bedenken gegen eine solche Deutung hinwegsehen ließ. SCHIERHOLZ endlich muss das über Ragı gefällte Urtheil im Allge- meinen theilen. Allerdings stellte er, wie wir sehen, die richtige Orien- ‚tirung der Embryonen und Larven fest; in Bezug auf die Urdarmbil- dung wiederholte er aber ohne genügende Nachuntersuchung einfach Rasr’s Ansicht. Aus diesem kritischen Exkurse geht hervor, dass bei meinem Widerspruch gegen die Darstellung meiner Vorgänger nicht sowohl Beobachtungen gegen Beobachtungen stehen, sondern gerade der Mangel an entscheidenden Beobachtungen bei Jenen ihre zum Theil gewagten und unbefriedigenden Deutungen hervorrief, während ein glücklicher Zufall mich in die Lage versetzte, die Beobachtungslücken auszufüllen und eine glaubwürdige Darstellung zu liefern. Freilich ist damit die Entwicklungsgeschichte der Unioniden nicht aller Besonder- heiten entkleidet; diese bleiben aber durchweg im Rahmen des allen Muscheln gemeinsamen Entwicklungsganges und lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit als Folgen des Parasitismus der Larven deuten. Die auffälligste dieser Besonderheiten in der von mir allein be- rücksichtigten Periode ist die späte Erscheinung des Urdarmes, nach der Bildung der Schalendrüse, so wie seine geringe Größe und langsame Fortentwicklung. Diese ganze Verzögerung der Darmentwicklung har- monirt aber vollkommen mit dem Umstande, dass die parasitische Larve noch monatelang die normale Nahrungsaufnahme entbehren muss und unterdess in den von Braun beschriebenen » pilzförmigen Körpern« be- sondere larvale Ernährungsorgane zu besitzen scheint. Auch wissen wir, dass auch andere während des Parasitismus unbrauchbare Or- gane, z. B. der Fuß, eine ähnliche Verzögerung ihrer Entwicklung er- fahren. Von einer wirklichen » Atrophie und Rückbildung« des Darmes in Folge des Parasitismus (Ragr) kann aber natürlich nicht die Rede sein. Die frühe Anlage der Schale und mithin der Schalendrüse ist aber wiederum daraus zu erklären, dass dieses Organ für die Einleitung des parasitischen Lebens durch die Befestigung der Larve am Wirth von größter Bedeutung ist. Und ähnlich verhalten sich alle übrigen Beson- derheiten unserer Larven: es sind durchweg Anpassungen an ihre besondere Lebensweise. Straßburg, im December 1890. Über die Entwicklung von Hydra. Von Dr. August Brauer, Assistenten am zoologischen Institut in Berlin. (Aus dem zoologischen Institut zu Berlin.) Mit Tafel X—AXII. Die Entwicklung von Hydra ist bisher, wenn man von älteren Arbeiten absieht, von KreinengerG (85)', Kerschner (82) und KoROTNEFF (95) untersucht worden; eine Übereinstimmung in den Resultaten ist aber nicht erzielt worden. Nach Kreimengerg bildet sich durch eine totale, äquale Furchung eine Morula aus, durch Delamination entstehen die beiden Keimblätter. Das Ektoderm wird für die Schalenbildung vollständig verwandt, und erst nach dem Freiwerden des Embryos aus der Schale bildet es sich von Neuem aus dem Entoderm. KersCHNER, welcher leider seine Resultate nur in Form kurzer Sätze ohne Abbil- dung veröffentlicht hat, weicht von Kreinengere besonders in folgenden drei Punkten ab: 1) es entsteht keine Morula, sondern eine Cölobla- stula, 2) das Entoderm entsteht durch polare Einwucherung von Zellen, und 3) das primäre Ektoderm geht in das definitive kontinuirlich über. Korornerr bestätigt zwar die ersten beiden Punkte, in Bezug auf das Schicksal des Ektoderms aber neigt er sich mehr KLrrınengerg’s Ansicht zu, indem nach ihm dasselbe bei Hydra aurantiaca vollständig, bei Hydra fusca aber nur theilweise bei der Schalenbildung verloren geht. Diese strittigen Punkte, besonders also das Schicksal des Ekto- derms, zu entscheiden war Anfangs das Ziel der vorliegenden Unter- suchung. Im Laufe derselben ergab sich aber völlig unerwartet für die Entodermbildung ein abweichendes Resultat, und dieses veranlasste 1 Die Zahlen beziehen sich auf das Litteraturverzeichnis. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LII. Bd. 19 170 August Brauer, mich, die ganze Entwicklung der Hydra wieder zu untersuchen, um die früheren Angaben zu bestätigen, bezw. zu berichtigen und zu er- gänzen. Die Untersuchung wurde im April 1890 begonnen und bis auf die letzte Periode der embryonalen Entwicklung bis Ende August fertig gestellt; leider gingen mir die für das Studium derselben gesammelten Eier zu Grunde. Im Oktober und November gelang es mir neues Ma- terial zu erhalten, das mich zum Ziel führte und mir werthvoll war zur ‘ Ergänzung und Bestätigung der im Sommer erhaltenen Resultate. Im December wurde die Untersuchung abgeschlossen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrath Professor Dr. F. E. Scuuzze sowie den Herren Privatdocenten Dr. K. Hemer und Dr. E. KorscheLt für das Interesse, die Anregung und den vielfachen Rath, welchen ich bei meinem Arbeiten gefunden habe, meinen besten Dank zu sagen. Methoden der Untersuchung. Wegen der Undurchsichtigkeit des Hydra-Eies lassen sich durch Beobachtung des lebenden Eies nur wenige sichere Besultate gewin- nen; was gesehen werden kann, hat zum größten Theile bereits KLEINENBERG (85) richtig und sehr genau beobachtet. Um einen größe- ren und zuverlässigeren Einblick in die Vorgänge zu gewinnen, muss man das Ei konserviren und schneiden. Die Konservirung der unbeschalten Eier geschah ausschließlich mit Fremming’scher Lösung, die der beschalten Eier, da kalte Flüssigkeiten schlecht eindrangen und daher schlechte Bilder lieferten, mit heißem Subhlimat. Zur Unterscheidung der Dotterkörner, der sogenannten Pseudozellen, von den Kernen wurde Anfangs Doppelfärbung (Borax- karmin und Malachitgrün) angewandt, später, da die Kernfärbung da- durch zu schwach wurde, beschränkte ich dieselbe auf die beschalten Eier und färbte die anderen Eier mit GrenAcHEr’s Hämatoxylin (bis 412 Stunden); ausgewaschen wurde mit salzsaurem Alkohol. Als Einbettungsmasse wurde Paraffin verwandt. Beim Schneiden bereiteten nur die älteren beschalten Eier, besonders diejenigen der Hydra grisea Schwierigkeiten. Es wollte mir Anfangs trotz größter Vor- sicht nicht gelingen, einen Schnitt durch ein derartiges Ei zu legen, bis ich mit der Mastixlösung, welche mir Herr Dr. Heıper, der sie bei seiner Arbeit über »die Embryonalentwicklung von Hydrophilus pi- ceus« (Thl. I, p. 12) benutzt hatte, empfahl, jeden Schnitt vor dem Schneiden überstrich. Über die Entwicklung von Hydra. 171 Material. Das Material zur Untersuchung gaben folgende nicht-grüne Arten!: 1) Hydra grisea L.?: diese Art erhielt ich im April aus Eiern, welche sich im Schlamm aus Gräben bei Berlin, der zur Gewinnung von Apus productus gesammelt war, befunden hatten. Nach Entwicklung einiger Knospen ging ein Theil zur geschlechtlichen Fortpflanzung über, der andere vermehrte sich bei guter Fütterung ungeschlechtlich weiter und entwickelte erst in Perioden im Mai und Juni Hoden und Ovarien. Einige wenige Eier erhielt ich noch im Juli und August. Alle Thiere waren, so weit ich gesehen habe, Zwitter, die Hoden lagen zwischen der Mundbasis und den Eiern, selten einige noch zwischen letzteren. Alle Eier fielen ab, nachdem sie eine dicke Schale, welche ringsum mit großen, an der Spitze oft verzweigten Zacken besetzt ist, gebildet hatten (Fig. 4, Taf. XII). Nach dem Abfallen entwickelt sich unter dieser äußeren Keimhülle noch eine dünne Haut, die »innere Keimhülle«. Die Mutterthiere blieben nach der Ablösung der Eier am Leben; ein Thier, das mit drei Eiern isolirt war, entwickelte 10 Tage nach dem Abfallen derselben nochmals drei Eier. Nur einige unter den isolirten Thieren kränkelten und starben. Die höchste Anzahl gleichzeitig ent- wickelter Eier betrug sieben. Die weitere Entwicklung des Embryos soll 1 bis 2 Monate nach der Ablage der Eier vor sich gehen (z. B. M. Scaurzze [150] und Kreinex- BERG [85|). Die Eier von H. grisea sind bis jetzt sicher beobachtet von TREMBLEY (164, p. 196 ff., Taf. X, Fig. 2) im Herbst und Beginn des Winters, von 1 Die Bestimmung geschah auf Grund der äußeren Formverhältnisse, welche aber schwanken und desshalb allein keine sichere Bestimmung zulassen, und auf Grund der Verschiedenheit der Nesselkapseln nach JıckeLı (72). Nussgaum (136, p. 272) irrt, wenn er angiebt, JıckeLı habe auf Grund der Größenverhältnisse der Nesselkapseln die Arten unterschieden. Nicht auf die Größe, sondern auf die Form legt JıckeLı Gewicht; p. 394 heißt es bei Letzterem: »Jede dieser Formen von Nesselkapseln ist nur in der Größe etwas variabel, sonst aber so beständig, dass schon die Entwicklungsstadien unterschieden werden können etc.«. Ferner möchte ich hier noch folgende Citate bei Nusssaum im Interesse späterer Forscher berich- tigen: TREMBLEY (164) hat nicht die Eier von H. fusca gesehen, wie NUSSBAUM p. 352, 353 angiebt, sondern die von H. grisea. P. 497 sagt TREMBLEY: je dois encore avertir que je n’ai trouv& de petits corps spheriques (= Eier), que sur les Polypes de la seconde esp£ce (d. i. = Hydra grisea). Dann hat TreusLey die Hoden bei beiden Arten, nicht nur bei H. fusca gesehen. Die Abbildung Rozser’s (443, Taf. LXXXII) bezieht sich nicht auf die Eier von H, fusca (Nuss#4uMm, p. 352), sondern auf die von H. grisea. 2 Über die Bezeichnungen vgl. Nusssaum, 136, p. 272, 273. 19% 172 August Brauer, 2 Röser (143, p. 500, 504, Taf. LXXXIL, Fig. 1, 2) im Herbst, von Parzas (137, p. 31) im Herbst, von Enrenpere (23, p. 115 ff., Taf. I) im Anfang Juni, von Dusarnın und Laurent (144, p. 97) im Frühjahr und Herbst, von M. Scaurtze (150) im Mai und im Herbst, von v. Sıesorp (156, p. 51), von KLEINENBERG (85) von September bis Januar, von Nusssaum (136) im August und im Winter. 2) Hydra fusca L.: Diese Art fand ich während eines vierzehn- tägigen Aufenthaltes im Oktober in Oldenburg (Großherzogthum), wo neben H. viridis H. fusca die vorherrschende Art sein soll, auf Elodea 'in einem Graben, in welchem der Wasserstand in Folge des Gezeiten- wechsels derart sich änderte, dass zur Zeit der Fluth die Elodeamassen vom Wasser bedeckt waren, zur Zeit der Ebbe dagegen fast trocken lagen, so dass nur an den von der Pflanze freien Wasserrinnen die Hydren sich entfalten konnten. Dieses war besonders in der zweiten Woche meines Aufenthaltes der Fall, in der ersten war der Wasser- stand in Folge vielen Regens den ganzen Tag über ein ziemlich hoher. In der ersten Woche nun fand überwiegend ungeschlechtliche Ver- mehrung statt, in der zweiten geschlechtliche. Die letztere war theil- weise so stark, dass auch die noch am Mutterthiere festsitzenden Knos- pen die Anlage von Ovarien zeigten. Hoden und Ovarien fanden sich auch bei dieser Form an ein und demselben Thier. Die höchste Anzahl gleichzeitig entwickelter Eier betrug fünf. Die Eier fielen nicht ab, sondern wurden angeklebt. Kororxerr (95, p. 317), welcher diese Art auch untersucht hat, aber irrthümlich H. aurantiaca (d. i. = grisea) nennt, giebt an, die Eier entwickelten die Fortsätze, mit welchen die Schale besetzt ist, wenn sie noch am Mutterthiere säßen, fielen dann ab und klebten sich an Pflanzen an. Meine Beobachtungen weichen hiervon ab. Wenn der Keim zweischichtig geworden ist, dann zieht sich das Mutterthier zusammen, so weit, dass das Ei das Blatt, auf dem ersteres sitzt, berührt. Das Ei klebt sich dann mittels eines von den Ektodermzellen ausgeschiedenen Sekretes fest, löst sich allmählich von der Mutter los, plattet sich ab, und entwickelt jetzt erst eine Schale, die nur auf der freien Seite kurze Zacken trägt, die an der Spitze auch etwas verzweigt sein können, und dann eine innere Keimhülle (Fig. 6, Taf. XI). In anderen Fällen kontrahirte sich nicht das Mutterthier, son- dern neigte den oberen Körpertheil nach der Seite und unten so weit, dass das Ei die Unterseite oder den Rand desselben Blattes oder Stengels, auf dem das Thier saß, oder auch eines benachbarten be- rührte und sich hier festkleben konnte. Hat das Ei sich mit einem Theil festgeklebt, so muss das Mutterhier in der angenommenen Lage so lange verharren, bis das Ei sich ganz von ihm losgelöst hat, was nach Über die Entwicklung von Hydra. ey meinen Beobachtungen mehrere Stunden dauert: dann scheint das Thier von der Stelle, wo das Ei angeklebt ist, fortzurücken und in einiger Entfernung oder auf einem anderen Blatt erst das nächste Ei abzusetzen. Wenigstens habe ich niemals mehrere Eier direkt neben einander gefunden. Die Zeit zwischen der Ablage der Eier und dem Beginn der wei- teren Entwicklung des Embryos ist dieselbe wie bei H. grisea. Dieses Ei ist außer von Korornerr beobachtet zuerst von LAURENT (444), auf dessen Angaben ich unten näher eingehen werde, dann von Hancock (51, p. 284) bei einer Art, die der H. fusca nahe stehe, herma- phroditisch sei und vier bis fünf Eier entwickle; die Beschreibung der Ablage und der Form der Eier stimmt mit der meinigen überein: »the egg was observed to separate from the parent, and to move slowly awayc«; das Ei wird dann umgeben »by a narrow, transparent rim, indicating the presence of a distinet chorion; the under side of the egg being flattened, the upper side convex, opake and rosy as at first«. Ferner haben dieses Ei wahrscheinlich gesehen Wasıer und GoEZE (163, p. 707) und Leyvie (114), da die Eier, welche sie gefunden haben, an Blätter und andere Gegenstände angeklebt worden waren. 3) Hydrasp.? In einem meiner Hydra-Aquarien hatten sich Hydren, welche ich nach ihren äußeren Formverhältnissen (lange Arme, abge- setzter Fuß, Farbe) für H. fusca hielt, im September in Folge guter Fütterung durch Knospung stark vermehrt. Als ich Mitte Oktober nach Berlin zurückkehrte, waren sie, da sie vier Wochen lang gehungert hatten, in der Größe stark zurückgegangen. Überreichliche Nahrung, die ich ihnen jetzt ‘gab, ließ sie aber rasch wieder zu sehr kräftigen Thieren heranwachsen. Anfang November wurde ein Theil geschlechts- reif. Zu meinem Erstaunen entwickelte aber über die Hälfte nur Hoden, und zwar nicht nur im oberen Theile des Körpers, sondern überall zwischen der Mundbasis und dem Beginn des kurzen Stieles (Fig. 1, Taf. XII). Die Hoden waren oft von solcher Größe, dass ich sie bei ober- flächlicher Betrachtung für Anlagen von Ovarien hielt; genauere Unter- suchung und Schnitte lehrten aber, dass es Hoden waren, welche mit reifen Spermatozoen dicht gefüllt waren. Die Anzahl betrug im Durch- schnitt 25—30, oft aber war sie noch größer. Diese Thiere entwickel- ten auch später keine Eier, wohl aber wieder Knospen. Es waren mit- hin rein männliche Hydren. | Die übrigen Thiere bildeten, so weit ich gesehen habe, nur Eier und zwar ebenfalls in sehr großer Anzahl; Thiere mit 10 Eiern zu gleicher Zeit waren nicht selten. Die Eier wurden ebenfalls, wie die sub 2 beschriebenen, angeheftet, 174 August Brauer, aber in etwas anderer Weise. Wenn dieselben, und wie es scheint, erst wenn alle, die das Mutterthier entwickelt hat, zweischichtig ge- worden sind, dann kontrahirt sich dasselbe wieder so weit, dass meist alle Eier, selbst diejenigen, welche oben am Körper sitzen, den be- treffenden Gegenstand, auf dem es sitzt, berühren. Durch die starke Kontraktion gerathen die am tiefsten sitzenden Eier oft fast unter das Mutterthier. Die Eier kleben sich dann fest, bleiben aber kugelig; sie entwickeln eine Schale, welche mit nur kurzen Höckern besetzt ist, so dass sie fast glatt erscheint, und welche so dünn ist, dass das Ektoderm und das Entoderm als heller Ring und dunkle Innenmasse durch- scheinen; es wird dann auch noch eine innere Keimhülle gebildet (Fig. 5, Taf. XI). Das Mutterthier bleibt in diesem stark kontrahirten Zustande in der Mitte der im Kreise um sie angeordneten Eier (Fig. 2, Taf. XI) oft mehrere Wochen lang ruhig sitzen; oft schlüpfen Embryonen schon aus, bevor die Mutter sich wieder aufrichtet und von den Eiern ent- fernt. Ist die Unterlage schmal, oder sitzt das Thier nahe dem Rande eines Blattes, so gerathen einige Eier auf die Unterseite; auch kommt es vor, dass nicht alle Eier die Unterlage erreichen können, alsdann heften sie sich an den unter ihnen liegenden Eiern fest. Das Sekret, mit welchem die Eier festgeklebt werden, scheint nicht nur wie bei den sub 2 beschriebenen Eiern von den Ektodermzellen des Keimes ausgeschieden zu werden, sondern auch — vielleicht sogar ausschließlich — von denen des Mutterthieres, besonders seines unte- ren Theiles, dem die Eier zunächst anliegen. Das Ektoderm zeigt hier nämlich dasselbe drüsige Aussehen wie sonst nur die Basalplatte, und man findet den Raum zwischen der Unterlage, dem Ei und dem Mutter- thier durch Sekret ausgefüllt. Diesem Umstande schreibe ich auch das lange Beharren des letzteren in der ungewöhnlichen Lage zu; es kann sich dann schwer von den Eiern bezw. der Sekretmasse loslösen. Schon 14 Tage nach der Kontraktion des Mutterthieres wurden drei Embryonen frei, andere nach verschieden längerer Zeit. Um meine eigenen Beobachtungen zu vervollständigen, muss ich noch angeben, dass ich am Ende meines Aufenthaltes in Oldenburg in einem Teiche, der mit dem Graben, in dem die sub 2 beschriebene Hydra lebte, in direkter Verbindung stand, ebenfalls in großer Menge derartige männliche Hydren fand. Dieselben waren nur noch größer, ausgestreckt ohne die Tentakeln oft 21/, em lang, und trugen noch mehr Hoden (bis etwa 50). Zugehörige weibliche Thiere habe ich nicht ge- funden, allerdings auch nicht gesucht, da ich damals diese Thiere für abnorm hielt. Solche rein männliche Hydren sind auch früher schon beobachtet, Über die Entwicklung von Hydra. 175 aber die Hoden sind fast immer für Krankheiten angesehen oder wenig- stens nicht als solche erkannt: zuerst von Treusrey (161, p. 198), der auch schon eine gute Abbildung (Taf. X, Fig. 4) giebt; er bemerkt hier- über: »ces excrescences sont quelquefois en si grand nombre sur le meme Polype, qu'elles se touchent presque: c’est ce qu’on remarque prineipalement sur ceux ä longs bras (d. i. = H. fusca). Elles n’occu- pent dans les Polypes de cette espöce que la portion la plus large de leur corps, celle qui est comprise entre la tete et le commencement de la queue«. Dann giebt Baker (3, p. 29) eine Abbildung, bezeichnet aber nieht näher die Art. Wahrscheinlich ist auch der von Nusssaun (136) in der Fig. 48 abgebildete Polyp ein männliches Thier, wenn auch die Erklärung der Figur nur sagt: »eine in Fremmine’scher Mischung abge- tödtete Hydra fusca zu Anfang November mit buckelig über das Niveau des Ektoderm hinausragenden Geschlechtsprodukten«. Wie mir Herr Dr. WELTNer mittheilt, hat er auch solche Männchen im Herbste häufiger im Tegeler See beobachtet, weibliche Thiere aber nicht gesehen. Die Eier scheint Korornerr gesehen zu haben; er theilt Folgendes mit: »Bei H. fusca sehen wir das Ei ganz dem Mutterkörper angewachsen, und es ist nicht das Ei, sondern der frei schwärmende Embryo, der nach dem Platzen der Eischale die Hydramutter verlässt.« Dann giebt er für das kugelig bleibende Ei eine »ganz glatte Eischale« an, unter der sich auch eine » Dottermembran« (= innere Keimhülle) entwickeln soll. Trotz dieser dürftigen und zum Theil sicher irrigen Angaben glaube ich aber doch besonders im Hinblick auf seine Abbildungen annehmen zu dürfen, dass er dasselbe Ei beobachtet hat. Weit wichtiger und genauer als diese Angaben sind die von Laurent (444). Dieser Forscher hat die beiden sub 2 und 3 beschrie- benen Eier gesehen. Das erstere bildet er ab Taf. II, Fig. I, 3, und besonders Fig. 6a, das letztere in vielen Figuren derselben Tafel. Beide Eier sollen nach ihm der H. grisea zugehören; seine Abbildungen scheinen aber eher zu zeigen, dass er H. fusca gehabt hat. Die sub 2 von mir beschriebenen Eier scheint er nur im Freien gefunden zu haben, die sub 3 beschriebenen bei Hydren, die er in Aquarien hielt. Die Ursache der Produktion von zweierlei Eiern bei einer Art sieht er in der Menge und der Art der Nahrung. Seine Beobachtungen über die Bildung der sub 3 beschriebenen Eier stimmen mit den meinigen überein. Nachdem er die Thiere sehr reichlich gefüttert, mit Nahrung » vollgestopft« hatte, »nous vimes«, so heißt es p. 16, »dans les derniers jours d’octobre 1840 et les premiers jours de novembre quelques indi- vidus dont tout le corps, excepte les bras et le pied, presentait une turgescence uniforme jaunätre et translucide «. » Cette turgescence fut 176 August Brauer, bientöt suivie de V’eruption d’un grand nombre de tumeurs d’apparence pustuliforme.« Ein Theil dieser Thiere bildete Hoden (Fig. 4b), die Laurent aber für Krankheiten ansieht, ein anderer Eier und auch in sehr großer Zahl. Er beschreibt (p. 79) und bildet richtig ab, wie die Mutter sich zusammenzieht und allmählich mit ihren Eiern die oben beschriebene Lage einnimmt. Zuweilen sollen die Mutterthiere sich wieder erheben und von den Eiern fortrücken, meist aber in der Mitte der Eier sterben. Seine Fig. 14—14 zeigt, dass die Eier auch einzeln an verschiedenen Stellen, nicht im Kreise vereint abgesetzt werden ‘können, was ich nicht beobachtet habe. Laurent hat ferner auch die Entwicklung aus dem Ei verfolgt. Diese Angaben sind die einzigen, welche ich in der Litteratur über die sub 2 und 3 geschilderten Eier gefunden habe. Sie sind wichtig, in so fern sie zeigen, dass die von mir beobachteten Eier nicht abnorm sind, ihre Form lokalen Einflüssen verdanken, gegen welche Möglich- keit auch die Beobachtung der männlichen Thiere in großer Zahl im Freien, und die normale Entwicklung der Eier wie der Keime sprechen. Die Angaben geben aber keine sichere Auskunft darüber, zu welcher Art die Hydren gehören. Wenn man von der von Röser angegebenen, später aber mit Sicher- heit nicht wieder beobachteten vierten Art, dem »blassen, strohgelben Polypen«, absieht, mit welcher auch keine der beiden von mir gefun- denen Hydren identisch ist, so sind bisher zwei nicht grüne Arten, H. fusca und H. grisea, unterschieden. So weit ich angeben kann, zeigen die äußeren Formverhältnisse und die Form der Nesselkapseln am meisten Ähnlichkeit mit H. fuseca. Es wäre aber möglich, da man zur Unterscheidung der Arten fast ausschließlich Hydren, welche sich ungeschlechtlich fortpflanzten, benutzt hat, dass die als H. fusca be- schriebenen Hydren in Wirklichkeit zwei Arten wären, deren Unter- schiede nur während der geschlechtlichen Fortpflanzung zu Tage kämen. Es liegen mithin zwei Möglichkeiten vor: entweder ist das eine der sub 2 und 3 beschriebenen Thiere H. fusca und das andere eine neue, bisher nicht erkannte Art, oder beide sind identisch mit H. fusca, und diese eine Art entwickelt, wie schon Laurent annimmt, Eier von zweierlei Form; für die erstere Möglichkeit sprechen die großen Ver- schiedenheiten (getrenntes Geschlecht, Ablage, Form und Bau des Eies und die im Vergleich mit den anderen Formen frühzeitig nach der Ablage eintretende embryonale Entwicklung), für die letztere beson- ders die Ähnlichkeit der äußeren Form und der Form der Nesselkap- seln, ferner der Umstand, dass oft wo sie bis jetzt beobachtet sind, beide an einem Orte beobachtet wurden, und endlich theilweise jene Über die Entwicklung von Hydra. 177 Verschiedenheiten (besonders die dünne Schale und die rasche Ent- wicklung). Ich wage diese Frage aber nicht eher zu entscheiden, als bis mir eine neue sorgfältige Prüfung beider Hydren auch während der unge- schlechtlichen Fortpflanzung ermöglicht ist oder bis mir der Nachweis gelungen ist, dass die aus dem einen Ei sich entwickelnden Polypen auch das andere Ei bilden können. In der Darstellung werde ich die sub 2 beschriebene Hydra als H. fusca, die andere als Hydra sp.? bezeichnen. Ist keine Form beson- ders genannt, so gilt die Darstellung für alle drei. Wie die Entscheidung der Frage aber auch ausfallen möge, auf jeden Fall scheint mir in der Ablage und in der Form des Eies und in dem Bau der Schale ein neues wichtiges zur Unterscheidung der Hydra- Arten verwendbares Merkmal gefunden zu sein. Ich stelie die Unterschiede noch einmal übersichtlich zusammen: 1) Hydra viridis L. (Fig. 3, Taf. XI): Ei fällt ab, Form kugelig, Schale fast glatt. 2) Hydra griseaL.: Ei fällt ab, Form kuglig, Schale ringsum mit großen, an der Spitze meist verzweigten Zacken besetzt. 3) Hydra fusca L.: Eier werden einzeln angeklebt, Form unten flach. oben konvex, Schale nur auf der oberen Seite mit kurzen Sta- cheln besetzt. 4) Hydra sp.?: Eier werden meist gleichzeitig an einer Stelle an- geklebt, Form kuglig, Schale mit kurzen Höckern ringsum besetzt. Reifung und Befruchtung. (Taf. IX, Fig. —17; Taf. X, Fig. 4.)" Obwohl wegen der Undurchsichtigkeit und wegen des großen Dotterreichthums des Hydra-Eies sowie wegen der Kleinheit der Ele- mente die Aussicht, mehr Einsicht in die Reifungs- und Befruchtungs- vorgänge zu gewinnen als es früheren Autoren, besonders KLEinen- BERG gelungen war, sehr gering erschien, glaubte ich dennoch den Versuch nicht unterlassen zu sollen, weil Beobachtungen über diese Vorgänge bei den Cölenteraten nur in sehr geringer Zahl vorliegen, und daher ein weiterer Beitrag nicht werthlos war, und dann weil zur richtigen Beurtheilung der Entodermbildung eine genaue Orienti- rung des Eies sich als nothwendig erwies. Die Untersuchung stellte sich als durchaus ichs so schwierig her- aus wie ich erwartet hatte. Eine genaue Beobachtung des lebenden Eies und ein Vergleich mit den durch Schnitte gewonnenen Resultaten zeigte bald, dass parallel mit den im Inneren sich abspielenden Vor- 178 August Brauer, gängen konstant charakteristische, leicht erkennbare äußere Verän- derungen der Form des Eies einhergehen, so dass es möglich war, auch mit geringem Material wenigstens die wichtigsten Stadien zu ge- winnen. Um in das Detail einzudringen und lückenlose Serien zu er- langen, gehört allerdings ein großes Material, das nur für diesen einen Zweck verwendet werden kann. In Folge! der starken Zellvermehrung im subepithelialen Zellen- lager des Ektoderms, welche die Bildung von Ovarien der Hydra ein- leitet, macht sich am mittleren Theile des Thieres eine äußerlich als -ein breiter weißer Gürtel erscheinende, clitellumartige, ziemlich gleich- mäßige Auftreibung des Ektoderms bemerkbar. Diese Auftreibung enthält die Eizellen und das für sie bestimmte Nährmaterial. Die einzelnen Eianlagen grenzen sich bald deutlicher von einander ab; im Centrum liegt die amöbenartige Eizelle, in ihrer Mitte das Keim- bläschen?, das als heller Fleck sichtbar ist und je mehr es wächst und der Peripherie zu rückt deutlicher wird, um die Eizelle das Lager der Nährzellen. Das Wachsen der Eizellen, die Auflösung der Nähr- zellen und ihre Aufnahme als sogenannte Pseudozellen durch die Ei- zellen, Processe, welche mehrere Tage dauern, bringen in der äußeren Gestalt keine wesentliche, auffallende Veränderung hervor. Diese er- folgt, sobald dasEi die nothwendige Dottermenge aufgenommen hat; es beginnen dann die pseudopodienartigen peripheren Theile desselben sich zu verkürzen und nach dem Centrum hin sich zusammenzuziehen, in Folge dessen erhebt sich hier das Ei und wölbt die es überziehende Ektodermpartie des Mutterthieres nach außen vor. Dieses ist zu- gleich der Zeitpunkt, wo das Keimbläschen verschwindet. Ist die Ein- ziehung der Pseudopodien vollendet, und hat dadurch das Ei eine nach allen Seiten abgerundetere, im Allgemeinen mehr kuchenförmige Ge- stalt erhalten, so erfolgt die Abschnürung des ersten Richtungskörpers; jetzt oder schon etwas vorher tritt zwischen der Ektodermhülle, deren Zellen natürlich durch das sich vorwölbende Ei gespannt und daher dünner geworden sind, und dem Ei eine strukturlose, durchsichtige Masse auf. In diese lagert sich der erste und bald daneben auch der zweite Richtungskörper. Sie erscheinen als helle Bläschen. Die Beob- achtung ist aber sehr unsicher, weil wegen der steten Änderung der Lage des Eies in Folge der Bewegung des Thieres ein Festhalten des einen Punktes, wo dieser Vorgang sich abspielt, sehr erschwert ist, und man nur schwache Vergrößerungen anwenden kann. Eine Verwechslung 1 Die Veränderungen sind zum großen Theil bereits von KLEINENBERG Fichtig gesehen, und ich verweise auf seine ungemein sorgfältige Untersuchung (85). 2 Von Leypıc (144) entdeckt. Über die Entwieklung von Hydra. 179 mit Kernen der Ektodermhülle ist zu leicht möglich; es scheint dieses Korors#FF auch passirt zu sein, der angiebt, dass die Richtungskörper »in verschiedenen Punkten der Oberfläche erscheinen«. Auch Nussgaum muss ich diese Beobachtung absprechen, da er die Richtungskörperbildung in die Zeit nach dem Platzen der Ektodermhülle verlegt; nach KLEINENBERG's, dessen Angaben völlig richtig sind, und meinen übereinstimmenden Beobachtungen erfolgt dieselbe aber stets vor dem Platzen derselben. Während der Richtungskörperbildung geht die Form des Eies aus der kuchenförmigen allmählich in eine kugelförmige über!, nur die Basis, mit der das Ei der Stützlamelle direkt aufsitzt, bleibt breit. Ist diese Form erreicht, so kann man ziemlich sicher darauf rechnen, dass die Richtungskörperbildung beendet ist. Es verlaufen jetzt nur noch wenige Minuten, in denen das Ei wieder etwas breiter wird und dann am Richtungskörperpol einen kleinen kegelförmigen Fortsatz aussen- det, der sich zwischen die Zellen der Ektodermhülle einzuschieben scheint. In demselben Moment platzt diese auch schon und weicht rasch, dem Ei sich dicht anpressend, nach der Basis des letzteren zu- rück. Durch die Lücke tritt zuerst die homogene Masse hervor, die so wie sie mit dem Wasser in Berührung kommt, stark aufquillt, sie fließt aber nicht, wie Kreiwenserc angiebt, in das Wasser ab, sondern legt sich als breiter heller, nur bei abgesperrtem Licht oder durch Anla- gerung von Fremdkörpern an seiner Außenseite erkennbarer Ring um das Ei und bleibt meist auch während der ganzen Furchung erhalten. (Von v. Smesorp [156] schon beobachtet.) Zugleich mit der Hülle treten die beiden Richtungskörper ins Freie; erst lagern sie noch neben ein- ander, dann über einander und entfernen sich allmählich, wahrschein- lich in Folge des Aufquellens der Hülle, immer mehr vom Ei und von einander; beim Beginn der Furchung sind sie nicht mehr zu sehen. Es sind zwei kuglige helle Bläschen, das eine etwas größer als das andere; im Inneren bemerkt man mehrere lichtbrechende Körnchen, welche schon bei oberflächlicher Betrachtung keine Ähnlichkeit mit Pseudo- zellen, wie KLEiInExBERG und KoRroTNErF angeben, haben. Das Ei selbst quetscht sich gleichsam durch die Öffnung durch; ob die zurückweichende Ektodermhülle dieses allein veranlasst, wie KrEinenserg glaubt, oder cb nicht auch das Ei selbst aktiv betheiligt ist, mag dahingestellt sein. Vielleicht spielt hierbei auch die Gallert- hülle eine Rolle, indem sie durch ihr Aufquellen, das am stärksten dort erfolgt, wo sie zuerst mit dem Wasser in Berührung kommt, also an den Rändern der Öffnung der Ektodermhülle, auf die letztere einen Druck ausübt und sie veranlasst zurückzuweichen. 1 Vel. Taf. II, Fig. 46 bei KLEINENBERG. 180 August Brauer, Das Ei nimmt, ‚nachdem es von der Ektodermhülle befreit ist, wieder die Kugelform an. Die Basis ist stielartig ausgezogen und sitzt in dem von der zurückgewichenen Ektodermhülle gebildeten Napf (Taf. X, Fig. I ect). Bald nachher schließen sich unter ihr die Ekto- dermtheile wieder zusammen, das untere Ende des Eies bleibt noch stielartig oder rundet sich auch hier ab. | Nur kurze Zeit nach dem Platzen der Ektodermhülle macht sich genau am Richtungskörperpol ein kleines, aber wegen seiner scharfen Umgrenzung auffallendes Grübehen bemerkbar (Taf. X, Fig. 4). Die ‚gleiche Beobachtung Merscanikorr's (133) am Ei von Mitrocoma Annae ließ mich vermuthen, dass es mit der Befruchtung in einem Zusammen- hang stehe. Gelingt es, auf dieses Grübchen das Mikroskop einzustellen und verhält sich das Thier einige Zeit ruhig, so kann man von den das Ei jetzt umschwärmenden Spermatozoen eines hier in die Gallerthülle eindringen und im Ei verschwinden sehen. Die Beobachtung ist aber sehr unsicher, und ich wage nur in einem Falle, wo ich das Ei gleich nach der Beobachtung konservirte und dann auf Schnitten untersuchte, mit Sicherheit zu sagen, dass ich das Eindringen des Spermatozoons in das Ei gesehen habe. Ob die Gallerthülle an jener Stelle auch eine Vertiefung erfährt, kann ich nicht angeben. Eine Dotterhaut wird nicht gebildet. Die Beendigung der Befruch- tung wird aber, so weit ich angeben kann, immer angezeigt durch das Verstreichen des Grübchens. Ungefähr eine halbe Stunde später wird eine neue Einsenkung an derselben Stelle sichtbar, die aber gleich von Anfang an breiter ist; sie bezeichnet den Beginn der Furchung. Viel mehr als das Vorhandensein des Keimbläschens und sein Ver- schwinden, das Auftreten der Richtungskörper und das Eindringen eines Spermatozoons ins Ei am lebenden Ei zu sehen ist wegen der völligen Undurchsichtigkeit desselben nicht möglich; ein weiterer Ein- blick in diese Vorgänge lässt sich nur durch Schneiden gewinnen. Da die Bildung des Ovariums und der Aufbau des Eies bereits - ausführlich und nach meinen Beobachtungen richtig von KLEINENBERG (85) und Nusssaun (136) geschildert sind, so kann ich auf ihre Arbeiten ver- weisen und mich ausschließlich auf die Darstellung der Veränderungen des Kernes der Eizelle vom jungen Keimbläschen bis zu dem sich thei- lenden Furchungskern beschränken. Je nach der Ausbildung des Eies ist die Lage, Größe und Form des Keimbläschens eine verschiedene: so lange die Vermehrung der Nährzellen stattfindet, bleibt die Eizelle und mit ihr das Keimbläschen nahe der Stützlamelle und wenig verändert. Mit dem Beginn des Wachsthums der Eizelle und der nachfolgenden Auflösung der Nähr- Über die Entwicklung von Hydra. 181 zellen und der Bildung von Pseudozellen, fängt auch das Keimbläschen an, sich zu verändern; durch ein helleres Aussehen, durch das scharfe Hervortreten eines Kerngerüstes und bald auch durch das Auf- treten von vielen kleinen Nucleolen neben dem einen großen, der sich in allen Ektodermkernen! findet, lässt es sich als Keimbläschen unter den benachbarten Kernen deutlich unterscheiden. Die Größe ändert sich Anfangs wenig, bald nimmt auch diese zu, und zugleich rückt es allmählich bis nahe an die Peripherie, so dass es zuletzt nur durch einen schmalen Saum von Eiprotoplasma von derselben getrennt ist. Die Form, welche Anfangs am häufigsten rund ist, geht in eine ovale über (Fig. 1—4). Im jungen Keimbläschen (Fig. 1) lassen sich folgende Theile unter- scheiden: eine Membran, ein Fadenwerk, das aus einer achromatischen Grundmasse und aus Chromatinkörnern, die in diese eingelagert sind, sich zusammensetzt, ein großer Nucleolus und ein sich wenig färben- der Kernsaft. Betrachten wir diese Theile genauer und verfolgen ihre Verände- rungen zunächst bis zum völlig ausgewachsenen Keimbläschen. 1) Die Membran. An jungen Keimbläschen ist schwer zu erken- nen, ob sie einfach oder doppelt kontourirt ist, an älteren tritt Letzteres deutlich hervor. Sie stößt direkt an das Zellprotoplasma; ein Hohlraum auf der Außenseite wurde nur dann bemerkt, wenn verschiedene Merk- male auf eine schlechte Konservirung hinwiesen. 2) Nucleolen. Anfangs ist nur ein großer vorhanden (Fig. 1); so- bald aber die Eizelle zu wachsen beginnt, treten zahlreiche kleinere auf (Fig. 2), besonders in der Nähe der Membran. Ein großer Theil liegt zwischen dem Fadenwerk; ob alle oder ob nicht einige in dem- selben lagern, muss ich dahingestellt sein lassen. Mit dem Größerwer- den des Keimbläschens nimmt der große Nucleolus eine excentrische Lage ein, die kleineren geben ihre periphere Lage ebenfalls auf; im ausgebildeten Keimbläschen (Fig. 4) sind sie zum größten Theile in der Nähe des großen Nucleolus angehäuft. Die Anzahl wechselt, was zum Theil darin seinen Grund zu haben scheint, dass der große — selten sind zwei große vorhanden — wahrscheinlich durch Aufnahme kleinerer wächst, wie die mit derselben Vergrößerung gezeichneten Fig. 1I—4 deutlich zeigen, zum Theil aber auch darin, dass in verschiedenen Keimbläschen die Masse der Nucleolen eine verschieden große ist, was mit der Ernährung zusammenhängen möchte. Die Form des großen wie der kleinen ist eine mehr oder weniger 1 Vgl. Prıtzser (138). Vgl. aueh Taf. IX, Fig. 14 eci.k. 182 August Brauer, rundliche; irgend welche Formveränderungen, wie sie z. B. BErcH (8) bei Gonothyraea beobachtet hat, welche auf amöboide Bewegungen, Theilung oder Verschmelzung schließen ließen, habe ich nicht bemerkt. Alle färben sich mit Hämatoxylin tief blauschwarz, nur kleinere erschienen mitunter heller. Die kleineren zeigten zuweilen auch Vacuo- len. So weit ich erkennen konnte, war eine Zusammensetzung aus zwei Substanzen nicht vorhanden. Sehr oft lag in der Nähe des großen Nucleo- lus eine etwa halb so große blasse Kugel, welche auch Nusssaum (136) gesehen hat. Ich traf sie nicht nur in jungen, sondern auch in älteren 'Keimbläschen. Möglich wäre es, dass diese sich vom großen Nucleolus abgespalten hat, und den achromatischen Theil derselben vorstellt. 3) Das Fadenwerk. In jungen Keimbläschen (Fig. I und 2) zeigt es sich aus ziemlich dicken Strängen zusammengesetzt, in ihren Fäden lassen sich deutlich Chromatintheile unterscheiden. Schon sehr früh- zeitig beginnt eine Sonderung des CGhromatins und Achromatins. Wäh- rend die achromatische Grundmasse in dem wachsenden Keimbläschen sich immer feiner vertheilt, so dass die Fäden des Netzes immer un- deutlicher werden, schließlich im ausgewachsenen Keimbläschen nur noch die Knotenpunkte als Pünktchen kaum hervortreten (Fig. 4), kon- centrirt sich das Chromatin nach der Mitte oder richtiger nach der Gegend, wo der große Keimfleck liegt. Schon im jungen Keimbläschen, in welchem eine Vermehrung der Nucleolen beginnt (Fig. 2), findet man in der Mitte eine stärkere Ansammlung wie einen unregelmäßig be- grenzten Fleck, der an verschiedenen Punkten in das Fadenwerk über- geht. Stärker tritt diese Sonderung hervor in Fig. 3 und weiter in Fig. k. Hier sieht man schon bei schwacher Vergrößerung immer nahe dem großen Keimfleck eine verschieden, bald rechteckig, bald halb- mondförmig gestaltete Masse, die in ihrem Aussehen etwas Fleckiges, Verschwommenes hat. Bei starker Vergrößerung scheint sie sich auf- zulösen in eine Zahl sehr dicht gelagerter Körner, es macht aber den Eindruck, als ob dieselben nicht getrennt von einander wären, sondern zusammenhingen, so dass sie also nur Verdickungen in einem sehr engmaschigen Fadenwerk darstellen würden. Durch ihre schwächere Färbung und ihre eher eckige dann runde Form lassen sie sich von Nucleolen leicht unterscheiden. Ob diese Masse in Verbindung mit dem übrigen im Keimbläschen vertheilten Fadenwerk bleibt, ist nicht zu erkennen, da letzteres sich in älteren Keimbläschen nicht mehr verfolgen lässt. Durch diese frühzeitige Sonderung der chromatischen von den achromatischen Theilen des Fadenwerkes erhält ein älteres Keimbläs- chen ein ganz anderes Aussehen als ein jüngeres, so dass es schwer Über die Entwicklung von Hydra. 183 fällt, wenn man nur ein älteres beobachtet, die Theile richtig zu deuten. Dass die oben gegebene Deutung die richtige ist, wird wahrscheinlich durch die Art und Weise des Aufbaues der Richtungsspindel. Ein sicheres Merkmal, dass das Keimbläschen in Rückbildung sich befindet, ist ein Schrumpfen der Membran. Dieselbe (Fig. 5) erhält, wie es scheint, zuerst an der der Peri- pherie des Eies abgewendeten Seite, Einbuchtungen, ihr doppelter Kontour verwischt sich. Auf der Außenseite treten zwischen der Mem- bran und dem Eiprotoplasma hellere Partien auf, welche auf einen Austritt von Kernsaft deuten. In diese scheint das Protoplasma mit den Pseudozellen rasch nachzurücken, da diese Zwischenräume nie groß werden und die Pseudozellen immer dem zerfallenden Keimbläs- chen dicht anliegen. Ein weiteres Merkmal ist der Zerfall des großen Nucleolus und das Fortrücken der Theilstücke und der kleineren vorhandenen Nucleo- len nach der Peripherie. Je nachdem die Masse an Nucleolen groß oder klein war, findet man viele oder wenige. Ein Theil scheint im Keimbläschen selbst aufgelöst zu werden, ein Theil (Fig. 6) tritt unver- ändert nach dem Schwinden der Membran in das Eiprotoplasma über. Die Körnermasse schwindet, aber an ihrer Stelle tritt ein stark sich färbender Knäuel auf, der aus wenigen Strängen besteht (Fig. 5). In ihm lassen sich bereits die Chromosomen als distinkte Theile unter- scheiden. Im weiteren Verlaufe der Rückbildung des Keimbläschens werden sie selbständig; Anfangs ordnungslos neben einander liegend treten sie bald zur Bildung der Äquatorialplatte der Richtungsspindel zusammen (Fig. 6, 7 und 8). Das achromatische Fadenwerk wird wieder deutlicher (Fig. 5), die Maschen ziehen sich mehr und mehr zusammen, in der Richtung nach den Chromosomen (Fig. 6 und 7a, 7b), es nimmt allmählich um diesel- ben eine bestimmtere Form an, und wird zuletzt zum achromatischen Theile der Spindel (Fig. 8). Je enger sie sich zusammenzieht, um so mehr gewinnt sie das Aussehen einer feinkörnigen, fast homogenen Masse; vom Eiprotoplasma ist sie immer scharf unterscheidbar. Eine Zusammenfassung des Gesagten würde folgendes Resultat ergeben: Im jungen Keimbläschen des Hydra-Eies sind außer der Membran zu unterscheiden ein großer Nucleolus und ein Fadenwerk, das aus Achromatin und CGhromatin besteht, und ein Kernsaft. Während des Wachsthums des Keimbläschens wächst der große Nucleolus wahr- scheinlich durch Aufnahme kleinerer neu entstehender. Das Chromatin und Achromatin des Fadenwerkes sondern sich von einander derart, dass das letztere sich mit dem Wachsthum des Keimbläschens in seinem 184 August Brauer, ganzen Raume verbreitet, das erstere dagegen nach einer Stelle sich zusammenzieht. Bei der Rückbildung des Keimbläschens nehmen aus dem Chromatin die Chromosomen ihren Ursprung, aus dem Achromatin der achromatische Theil der Riehtungsspindel. Eiprotoplasma nimmt an dem Aufbau der letzteren keinen Antheil. Der Kernsaft fließt ins Eiprotoplasma ab, die Membran verschwindet. Der große Nucleolus zerfällt, ein Theil wird im Keimbläschen aufgelöst, ein Theil tritt ins Eiprotoplasma über. Der wechselnde Gehalt an Nucleolensubstanz in verschiedenen Keimbläschen, das gleichzeitige Vorhandensein der- ‘ selben und des Kerngerüstes, welches auch von Prırzwer (132) bei der Theilung von Ektodermkernen der Hydra beobachtet wurde, und ihr Übertreten in das Eiprotoplasma lassen die Ansicht als richtig er- scheinen, welche den Nucleolen keine morphologische Bedeutung für die Reifung des Eies zuerkennt. Ein sehr ähnlicher Bau des Keimbläschens findet sich auch bei den Amphibien nach O. Serurtze (151). Dieser fand hier in der Mitte des Keimbläschens ebenfalls eine Anhäufung von »kleinsten Körperchen«; »von einem Kerngerüst ist nichts wahrzunehmen«. Seine Deutung ist allerdings eine ganz andere, er hält die Körperchen für kleine Keimkör- perchen. Indessen »das Vorhandensein eines Kerngerüstes in jüngeren Amphibieneiern«, »die Herausbildung des Fadenknäuels aus den win- zigen Keimkörperchen« und endlich das Übertreten von Keimkör- pern in das Eiprotoplasma lassen es mir sehr wahrscheinlich erschei- nen, dass die für Hydra gegebene Deutung auch hier die richtige ist. Ehe ich die Reifung des Hydra-Eies weiter verfolge, mögen einige - Worte über den Bau des Eies gesagt werden, die auch für die späteren Stadien Gültigkeit haben. Das Hydra-Ei (Taf. X, Fig. 1) zeigt einen ganz ähnlichen Bau wie die meisten Cölenteraten-Eier, d.h. es lässt sich eine dichtere, fast dotterfreie Rindenschicht unterscheiden und eine Innenmasse, welche von den Pseudozellen erfüllt ist, zwischen denen das Protoplasma in Strängen sich lagert. Die Pseudozellen liegen in Vacuolen, ihr Bau ist bereits von KLEINENBERG genau be- schrieben, er ist auch aus den Figuren leicht erkennbar. Die Son- derung der Rinden- und Innenschicht ist bald deutlicher, bald weniger scharf ausgeprägt, aber immer vorhanden. Die erstere ist fast überall gleich breit, nur dort, wo die Richtungsspindeln, und ferner der Eikern und Furchungskern liegen, findet sich eine etwas größere Ansammlung von Protoplasma, welche ein guter Wegweiser beim Aufsuchen der betreffenden Kerne ist. Ist das Ei an seiner Basis stielartig ausgezogen, z.B. Taf. X, Fig. I, so wird dieser Theil ebenfalls von dotterfreiem Protoplasma gebildet. Die in der Figur angedeutete reihenförmige Über die Entwicklung von Hydra. 185 Anordnung der Körnchen dürfte wohl ein Zusammenziehen dieses Ab- sehnittes und damit eine beginnende Abrundung des Eies auch an der Basis andeuten. Die Richtungsspindel nun, welche nach der Anordnung der Chro- mosomen zur Äquatorialplatte und nach der völligen Zusammenziehung des achromatischen Fadenwerkes fertig gebildet ist, schließt sich durch ihre Tonnenform und durch den Mangel jeglicher Polstrahlung — das- selbe gilt für die zweite — den von Bovzkı (9) bei Ascaris, Sagitta und Aseidia beobachteten an. Im achromatischen Theile war eine Faden- struktur nur sehr schwach erkennbar, mitunter gar nicht; er erschien sehr feinkörnig, fast homogen’. Die Form der Chromosomen ist die kurzer Stäbchen, wie sie am besten in der seitlichen Ansicht in der Fig. 17 zu erkennen ist. Ihre Anzahl war wegen der dichten Zusammenlagerung und wegen ihrer Kleinheit und weil sie nicht alle auf einem Schnitt lagen, sondern meist einige noch auf dem nächsten, und man desshalb nicht sicher ist, ob man Theilstücke oder ganze Chromosomen vor sich hat, nicht mit voller Sicherheit anzu- geben. Zwölf bis vierzehn wird ziemlich das Richtige treffen. Die verschiedene Größe der Chromosomen in den Figuren dürfte zumeist auf die sehr verschiedene Größe der Eier zurükzuführen sein, zum Theil mag sie ihren Grund darin haben, dass die Kleinheit eine ganz genaue Zeichnung mit der Camera nicht immer zuließ. Die Richtungskörperbildung verläuft im Allgemeinen in typischer "Weise. Die Theilung der Chromosomen ist wahrscheinlich eine Quer- theilung, besonders die Fig. 10 scheint dieses anzudeuten. Zwischen der Bildung des ersten und zweiten Richtungskörpers geht die im Ei verbliebene Kernhälfte sofort, ohne in ein Ruhestadium einzutreten, zur neuen Theilung über. Die Zahl der Richtungskörper ist konstant zwei; vielleicht deutet aber die Gestalt der abgeschnürten Chromosomen im ersten Richtungs- körper (Fig. 9) auf eine Theilung hin; eine Theilung des Richtungs- körpers selbst erfolgt aber in keinem Falle. Bald nach der Abschnürung treten in ihnen Vacuolen auf (Fig. 9 und 10). Der im Ei nach der Richtungskörperbildung verbliebene Chroma- _ tinrest wandelt sich unter Annahme von Bläschenform in den Eikern _ um (Fig. 11). Derselbe wächst rasch, das Chromatin vertheilt sich in ihm bis zur Unkenntlichkeit, so dass er fast homogen (Fig. 12) erscheint. Kurz vor oder meist nach der Befruchtung treten ein oder zwei Nu- eleolen? auf (Fig. 14). Der Eikern bleibt in der peripheren Lage und 1 Ähnlich bei Ascaris nach Bovzkı (9, Bd. XXI). 2 Auch von Kurtschitsky (105, 406) bei Ascaris beobachtet. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 13 186 August Brauer, legt sich, nachdem die Eihülle geplatzt, und dadurch das Ei ins Freie getreten ist, dem Grunde des sich jetzt ausbildenden, oben er- wähnten Grübchens so dicht an, dass ein Protoplasmasaum zwischen Grübchen und Eikern kaum zu erkennen ist, und plattet sich mehr ab (Fig. 12). Wie oben berichtet, erfolgt jetzt das Eindringen des Sperma- tozoons, und gleich nachher verstreicht das Grübchen. Hierdurch oder durch selbständige Wanderung kommt der Eikern etwas von der Peripherie entfernt zu liegen, die Protoplasmaansammlung um ihn scheint etwas bedeutender geworden zu sein. Das Spermatozoon _ muss sich sehr rasch im Ei zu einem kleinen hellen Bläschen (Fig. 13) umwandeln, da ich es auch in dem erwähnten Falle, wo ich das Ei gleich nach beobachteter Befruchtung konservirte, in dieser Form an- traf. Es liegt tiber oder seitwärts vom Eikern. Ersteres würde ein Eindringen durch das Grübchen anzeigen, letzteres dagegen zeigen, dass das Spermatozoon auch an anderen Stellen ins Ei gelangen kann. METSCHNIKOFF (133) beobachtete eine vom Grübchen entfernte Lage auch bei Mitrocoma Annae und schiebt diesem Umstande die Nichtbefruch- tung der betreffenden Eier zu; für Hydra möchte ich diese Deutung ‚nicht annehmen, da ich eine derartige Lage zu oft fand und die Eier völlig normal waren. Eine Strahlung scheint am Eikern zu fehlen, am Spermakern ist sie mehr oder weniger deutlich ausgeprägt, zuweilen fand ich sie auf dem nächsten Schnitt. Der Spermakern wächst ebenfalls und zwar bis zur gleichen Größe des Eikerns !; auch in ihm können ein oder zwei Nucleolen sich bilden. Der Spermakern wandert auf den Eikern zu und legt sich ihm an; meist lagen beide etwas über einander (Fig. 14). Sie verschmelzen alsdann zum Furchungskern, welcher sich durch die auftretende deut- liche Strahlung, durch seine entfernte Lage von der Peripherie und durch den größeren Nucleolengehalt vom Eikern unterscheidet (Fig. 15). Ein Fadenwerk, das zuweilen auch im Ei und Spermakern erkennbar war, wird in ihm wieder deutlicher unterscheidbar. Die Fig. 16 und 47 zeigen die Ausbildung des Fadenknäuels des ersten Furchungskernes und seine Theilung; an der Peripherie des Eies zeigt eine kleine Ein- senkung die erste Furche an (Fig. 17). Die achromatischen Verbin- dungsfäden sowie die der Polstrahlungen hatten nicht die sonst ge- zeichnete Form von Fasern, sondern erschienen eher als Reihen von Körnchen, die auch mit einander anastomosirten. 1 Hydra bildet somit eine Ausnahme von der Regel, da sonst nach O. HERT- wıc (58) in den Fällen, wo das Spermatozoon nach der Richtungskörperbildung eindringt, der Spermakern nicht die Größe des Eikerns erreicht. Über die Entwiektung von Hydra. 187 Da, wie die Darstellung gezeigt hat, Reifung, Befruchtung und die Bildung der ersten Furche an derselben Stelle des Eies sich ab- spielen, so ist hierdurch eine sichere Orientirung des Eies gewonnen, welche auch für die weitere Entwicklung ihre Gültigkeit behält, weil das Ei in dem Napf, das die zurückgewichene Ektodermhülle bildet, festgehalten, seine Lage his zur Ablösung des Eies vom Mutterthiere nicht verändern kann. | Die Bezeichnungen »animaler« und »vegetativer Pol« kann man für das Hydra-Ei nicht verwenden, weil die hierdurch ausgedrückte polare Differenzirung des Eies, wie die im nächsten Kapitel zu be- schreibende Entodermbildung zeigen wird, nicht vorhanden ist, mithin eine Identificirung eines animalen mit dem Richtungskörperpol, welche für die meisten Eier vielleicht begründet ist, für das Hydra-Ei keine Berechtigung hat. Da die Ausdrücke »Richtungskörperpol« und »ent- gegengesetzter Pol« zu lang sind, so wähle ich » distaler « und »proxi- maler Pol«. Furchung und Entodermbildung. (Taf. X, Fig. 9—4 ; Taf. XI, Fig. 1—4.) Der Darstellung, welche Kreinengere von der Furchung giebt, habe ich wenig hinzuzufügen. Sie verläuft total, äqual; den zwei ersten meridionalen Furchen folgen drei äquatoriale, die späteren lassen sich nicht mehr genau verfolgen. Auffallend ist mir, dass diesem genauen Beobachter die Furchungshöhle entgangen ist, welche vom achtzelligen Stadium an, nicht erst später, wie KoRoTNEFF (95) angiebt, auftritt, da sie, als großer heller Raum durch die dunkle Wandschicht hindurch- scheint und schon mit freiem Auge sehr leicht zu erkennen ist. Der excentrischen Lage des Furchungskernes und der Masse des Dotters ist es zuzuschreiben, dass die ersten Furchen am distalen Pol beginnen und dass erst allmählich unter den mannigfachsten Gestalt- veränderungen des Eies der Dotter der Kerntheilung folgt, und ferner, dass oft in ähnlicher Weise wie bei Gonothyraea nach Bersu (8) die Kerne sich wieder theilen und die zweite Furche bereits sichtbar ist, während die erste Theilung noch nicht beendet ist. Mit dem Durch- schneiden der Furchen durch das Ei rücken die Kerne allmählich der Mitte desselben zu; haben sie diese nach Ablauf der zweiten Theilung erreicht, so nimmt die Furchung von hier ab einen rascheren und regelmäßigeren Fortgang. Indessen ist sehr oft zu erkennen, dass, wie auch KLeinengere angiebt, einige Zellen, und zwar sind es vorwiegend die der distalen Hälfte des Eies, den anderen in der Theilung voraus- eilen. Aber es ist wichtig, dass immer erst auch diese sich theilen, 13* 188 August Brauer, und darauf der ganze Keim sich zur Kugel abrundet, ehe eine neue Theilung beginnt. Ein Bild von einer solchen unregelmäßigen Theilung giebt Korornerr (95) in seiner Fig. 1. Diese Figur soll eine Blastula der Hydra aurantiaca (= meiner H. fusca) vorstellen und soll zeigen, dass diese sich aus verschieden großen, und zwar aus kleinen animalen und großen vegetativen Zellen zusammensetzt. Hätte Korornerr die Theilung der großen Zellen, deren Beginn er in der Figur andeutet, abgewartet, so würde er eine einschichtige Blase mit ziemlich gleich großen Zellen erhalten haben; eine Blastula, d. h. das Endstadium der Furchung hätte er aber auch dann noch nicht gehabt, da bis zu diesem Stadium minde- stens noch zwei weitere Theilungen aller Zellen erfolgen, wie ein Ver- gleich mit meiner Fig. 2, Taf. XI, welche allerdings schon den Übergang des einschichtigen zum zweischichtigen Keim der H. fusca darstellt, bestätigen dürfte. Wie groß die Zahl der Zellen der Blastula ist, kann ich nicht genau angeben, wahrscheinlich sind es 128 Zellen oder mehr. Die Form der Blastula ist meist rund, zuweilen ist das proximale Ende, mit dem sie dem vom Mutterthier gebildeten Napf aufsitzt, etwas ausgezogen (z. B. Fig. 2, Taf. X), gewöhnlich aber abgerundet. In den Zellen lässt sich auch jetzt noch wie beim reifen Ei eine dotterfreie, von dichterem Protoplasma gebildete Rindenschicht von einer dotterreicheren Schicht unterscheiden; letztere nimmt den größ- ten Theil der Zelle ein. Der Kern ist immer von einer größeren Proto- plasmaansammlung umgeben, er liegt meist nahe der Mitte der Zelle. Alsbald nach der Ausbildung der großen Coeloblastula beginnt die Entodermbildung. Dieselbe genau zu verfolgen ist nur auf guten Schnittserien möglich. Am lebenden Ei sieht man wohl, wie Zellen an verschiedenen Stellen der Blastula ins Innere wie dunkle Kugeln vor- springen, und wie dadurch die vorher kreisrunde Begrenzung der Furchungshöhle unregelmäßig wird, aber in Folge der großen Undurch- sichtigkeit des Eies ist nur zu leicht eine Verwechslung mit Furchungs- stadien möglich, auf welchen die Zellen, wenn sie sich zu einer neuen Theilung anschicken, ihre Lage gegen einander etwas verschieben, so dass dadurch ein ähnliches Bild wie bei der beginnenden Entodermbil- dung zu Stande kommen kann. Auf Schnitten dagegen lässt sich ein sich furchendes Ei von einem in der Bildung des zweiten Keimblattes begriffenen leicht unterscheiden. | Der Übergang der Coeloblastula zur Entodermbildung wird ange- zeigt dadurch, dass die Kerne der meisten Zellen ihr Ruhestadium auf- geben und eine neue Theilung vorbereiten. Während man aber während der Furchung die Spindeln alle tangential gerichtet findet, sieht man Über die Entwicklung von Hydra. 189 jetzt außer solchen verschiedene, welche radial oder schief zu diesen Richtungen gestellt sind, und ferner sind andere Zellen vorhanden, welche einen ruhenden Kern haben, deren innerer, der Furchungshöhle zugewandter Theil aber stark angeschwollen ist, so dass er über die Peripherie der benachbarten Zellen hinausragt, und deren noch in der Wand steekende Basis mehr oder weniger zugespitzt ist. Auch die Zellen, deren Kerne auf Quertheilung oder Schieftheilung hinweisen, haben sich in der Richtung der Spindeln verlängert und überragen die benachbarten Zellen, ihre Basis bleibt aber breit. Auf etwas älteren Stadien haben einige Zellen sich völlig getheilt; bei den einen bleibt die eine Hälfte in der Wand, die andere tritt in die Furchungshöhle, andere verbleiben mit beiden Theilstücken in der Wand und ersetzen dadurch diejenigen, welche ihre zugespitzte Basis verkürzt und damit die Verbindung mit der Peripherie aufgegeben haben und als ganze Zellen in die Furchungshöhle gewandert sind. Diese ins Innere durch Theilung abgeschnürten oder eingewanderten Zellen sind die ersten Entodermzellen. Der beschriebene Vorgang erfolgt auf allen Seiten des Eies. Wenn ich am proximalen Pole eine Quertheilung beobachtete, so waren die Zellen oft größer als die, welche an anderen Stellen lagen (z. B. Fig. 1 und 4, Taf. XI); ich muss aber nochmals hervorheben, dass ich einen derartigen Unterschied in der Größe der Zellen auf dem Stadium der Blastula, wo alle Zellen ruhende Kerne zeigten, niemals gesehen habe; . sehr oft waren gerade die am proximalen Pol liegenden Zellen wäh- rend der Entodermbildung niedriger als andere. Ob eine Regelmäßigkeit in der Weise vorhanden ist, dass an be- stimmter Stelle der Vorgang beginnt, oder dass bestimmte Zellen ein- wandern, bestimmte sich quer oder schief theilen, lässt sich kaum nachweisen; einige Stadien, welche ich erhalten, gleichen sich auf- fallend und scheinen eine derartige Regelmäßigkeit anzudeuten. Dadurch, dass die Bildung von Entodermzellen seitens der Blasto- dermzellen fortdauert, und dass auch die ersteren sich wieder theilen, wird die Furchungshöhle allmählich von allen Seiten her eingeengt (Fig. 3, Taf. X) und schließlich völlig verdrängt (Fig. #). Bis hierher zeigen Entoderm- und Ektodermzellen keine auffallen- - den Unterschiede von einander, da der im Allgemeinen größere Dotter- reichthum und der Ausschluss der ersteren von der Peripherie wenig hervortritt. Aber nach Beendigung der Entodermbildung beginnen sich die beiden Keimblätter scharf zu sondern, indem die äußeren Zellen sich von Neuem rasch und oft theilen und sich zu einer aus prismatischen Zellen bestehenden, gleichmäßigen, gegen die Entoderm- 190 August Brauer, zellen scharf sich abgrenzenden Schicht verbinden (Fig. 4, Taf. X). Die inneren Zellen theilen sich nicht weiter, bleiben polygonal und legen sich eng an einander; doch sind, auch späterhin nach der Ausbildung der Schale, die Grenzen der einzelnen Zellen bei guter Konservirung immer zu erkennen, meist werden ihre Umrisse schon durch die Art der Anordnung der Pseudozellen angedeutet. Eine »Histolyse«, wie Korornerr angiebt, findet nicht statt. Die Kerne unterscheiden sich von denen der Furchungszellen wesentlich durch eine unregelmäßige Form, durch das stärkere Hervortreten von Chromatinkörnern und durch den Besitz von Nucleolen. Oft findet man jetzt und besonders später vor- nehmlich in den Ektodermzeilen Bilder, welche auf eine direkte Kern- theilung hindeuten, indem die Kerne in zwei Hälften, von denen eine jede einen Nucleolus hat, eingeschnürt, und letztere oft auch durch eine Linie bereits getrennt erscheinen (z. B. Taf. X, Fig. 7 und 8). Auch Korornerr hat derartige Kernbilder gesehen (z. B. seine Fig. 9). Ob aber wirklich eine direkte Kerntheilung vorliegt, muss ich dahingestellt sein lassen. Diese allgemeine Darstellung von der Entodermbildung möge durch nähere Erläuterung einiger Figuren, welche Eiern der drei beobachte- ten Hydren entnommen sind, ergänzt werden. Um Einwänden zu be- gegnen, will ich bemerken, dass alle Figuren nur Schnitte durch solche Eier darstellen, welche ihre Verbindung mit dem Mutterthier auch durch die Behandlung nicht verloren haben!, so dass die Orientirung der Eier überall eine richtige ist; und ferner, dass nur solche Schnitte ausgewählt sind, welche durch die mittleren Theile des Eies gehen, wodurch ein Irrthum der Art, dass die scheinbar im Inneren liegenden Zellen in Wirklichkeit nur die peripheren Enden von anderen Wand- zellen sind, ausgeschlossen ist. Von mehreren Schnitten habe ich aus Mangel an Raum nur einen Theil gezeichnet. Die Figuren zeigen fast ausschließlich sehr frühe Stadien der Entodermbildung, weil auf späteren, wo die Zellen bereits in der Fur- chungshöhle liegen, sich nicht mehr entscheiden lässt, ob dort, wo sie liegen, auch ihre Abschnürungs- oder Einwanderungsstelle ist, oder ob sie nicht dorthin gewandert sind. j Die frühesten Stadien sind in den Fig. 1, Taf. XI (H. grisea) und 2 (H. fusca) abgebildet. In dem Ei der Fig. I ist am distalen Pol die Zelle a in der Einwanderung begriffen, worauf die starke Vorwölbung der- selben in die Furchungshöhle und die schmale Basis hindeuten, im Ei der Fig. 2 liegt an derselben Stelle bereits eine Zelle « ganz im Inneren, 1 Eine einfache Linie deutet in den Figuren die Lage des Mutterthieres an. Über die Entwicklung von Hydra. 191 sie ist wahrscheinlich von der unter ihr liegenden, deren ruhenden Kern der nächste, nicht abgebildete Schnitt zeigt, durch Theilung ab- geschnürt. Außer dieser einen Zelle finden sich in dem ersten Ei noch andere, welche durch ihre Verlängerung (z. B. in Fig. | am proximalen Pol) auf eine sich vorbereitende Theilung deuten, ferner einige, die bereits ganz im Inneren liegen, und dann eine an der Seite (Fig. fa, a), welche sich in schiefer Richtung theilt. Dass die eine Hälfte wirklich in die Furchungshöhle geräth, lehrt die ergänzende Fig. 15, welche einen Schnitt durch die Seite der Zelle, und daher ihre Hälften ge- trennt darstellt. Im Ei der Fig. 2 finden sich mehrere Kernfiguren, welche auf eine Tangential- (z. B. b), eine Quer- (z. B. c), oder Schief- theilung (Fig. 2«) hinweisen. Andere Quer- und Schieftheilungen an verschiedenen Stellen sind in den Fig. 3, 3a und 4 abgebildet, welche Eiern von Hydra sp.? ent- nommen sind. Fig. 4 zeigt auch die Theilung einer Entodermzelle. Ein vorgeschritteneres Stadium der Entodermbildung giebt Fig. 2 (Taf. X), wo neben einwandernden und sich theilenden Zellen (zur Zelle a ge- hört als Ergänzung Fig. 2a) bereits viele in der Furchungshöhle liegen. Ich glaube, dass meine Beobachtungen kein anderes Resultat zu- lassen als dieses, dass die Entodermbildung bei Hydra multipolar ver- läuft, und dass die Angaben Kerscaner’s und KoroTNEFF'Ss, es entstehe das Entoderm durch Einwanderung von Zellen am vegetativen Pole, nicht richtig sind. Korotnerr's! einzige Figur (Fig. 2), welche diesen Vorgang erläutern soll, scheint mir nicht einwandfrei zu sein. Die nach dem distalen Pol hin allmählich abnehmende Größe seiner Entoderm- zellen und die Kleinheit der Furchungshöhle scheinen mir anzudeuten, dass der Schnitt schief und durch die Seite des Eies gegangen ist, so dass die in der Figur gezeichneten Entodermzellen zum Theil nur die peripheren Enden von Wandzellen sind. Ich habe wenigstens ähnliche Bilder auf Schnitten durch die mittleren Partien des Eies, welche allein in dieser Frage entscheiden können, niemals gesehen. Keimhüllenbildung. (Taf. X, Fig. 5—9; Taf. XI, Fig. 5—8; Taf. XII, Fig. 7.) Nach der erwähnten Sonderung der Keimblätter beginnt die Bil- dung einer äußeren Hülle, der geschichteten, chitinösen Schale, und einer inneren homogenen, dünnen, elastischen Hülle, der inneren Keim- hülle?. Beide Hüllen werden von den Ektodermzellen des Keimes 1 Da KerscHneEr keine Abbildung oder nähere Erklärung giebt, so kann ich nicht beurtheilen, wie er zu dieser Ansicht gekommen ist. 2 KLEINENBERG bezeichnet die beiden Hüllen als »äußere und innere Keim- 192 August Brauer, gebildet, nnd zwar findet in der Regel die Bildung der Schale bei H. grisea vor dem Abfallen des Eies vom Mutterthier statt, bei den anderen beiden Hydren nach dem oder während des Anklebens. In der Einleitung habe ich schon darauf hingewiesen, dass die Ansichten der früheren Beobachter darüber aus einander gehen, ob das Ektoderm bei der Hüllenbildung verloren geht oder erhalten bleibt: in dem einen Falle wäre die Schale nach F. E. Scuuze’s (153a) Auf- fassung das Produkt einer Verhornung, in dem anderen eine cuticu- lare Bildung. Die beiden Vertreter der ersteren Ansicht, KLeinengEre und KoroT- NEFF, dieser allerdings nur für seine H. aurantiaca, weichen aber in einem wichtigen Punkte in ihrer Darstellung von einander ab. Nach KLEINENBERG nämlich soll das Ektoderm mit der Bildung der Schale ver- braucht sein, nach Korornerr dagegen erst mit der Bildung der inneren Keimhülle. Somit hätte Letzterer den Ersteren bereits widerlegt. Ko- ROTNEFF ist, scheint mir, den Nachweis des Verlustes des Ektoderms schuldig geblieben, da alle Figuren, welche schon die innere Keimhülle zeigen, auch noch sein »primäres« Ektoderm als noch vorhanden dar- stellen. Das vollständige Verschwinden des Ektoderms müsste also noch später vor sich gehen. Meine eigene Untersuchung scheint mir die Frage mit Sicherheit zu Gunsten Kerscaner’s, welcher die Kontinuität des Ektoderms be- hauptet, zu entscheiden. Die Ursache der verschiedenen Resultate liegt, wie ich glaube, in dem verschiedenen Ausfallen der Konservirung. Flüssigkeiten, inkaltem Zustande angewandt, gaben mir immer ungünstige Bilder, besonders für H. grisea. Wandte ich dagegen heißes Sublimat an, so konnte ich besonders bei H. fusca (= Kororxerr's H. aurantiaca) und Hydra sp.? das Vorhandensein des Ektoderms stets nachweisen, zu welcher Zeit ich auch, ob ein oder zwei oder mehrere Tage oder Wochen nach der Ablage des Eies, dasselbe konservirte. Bei H. grisea gelingt es gleichfalls leicht, so lange die innere Keimhülle nicht ausgebildet ist; später ist es schwieriger, weil zu der Schwierigkeit der Konservirung noch die hin- zukommt, dass das Ei sich schlecht schneiden lässt und viele Schnitte zerreißen. Wenn auch die Schalen bei den drei Hydren sich durch die Dicke schale«. Die Bezeichnung »Schale « für die dünne innere Hülle scheint mir nicht passend, weil diese in der Art ihrer Bildung, in ihren Eigenschaften und in ihrer Bedeutung für den Keim von der äußeren Schale sehr abweicht. Noch ungeeig- neter ist die Bezeichnung der inneren Hülle durch KorornErr als » Dottermem- bran«. Über die Entwicklung von Hydra. 193 und durch die Form ihrer Fortsätze unterscheiden, so verläuft ihre Bildung doch in ziemlich derselben Weise. Das Auftreten von Vacuolen an der Spitze der Ektodermzellen und ihr Zusammenfließen zu einer einzigen den Keim umgebenden Hülle, und die Entstehung der Fortsätze, welche die späteren Zacken oder Höcker der Schale bilden, unter derselben ist von KLEINENBERG (l. e. p. 70) bereits eingehend geschildert worden; ich verweise dess- halb auf seine Darstellung. Die zuletzt genannte Hülle, welche die Zacken überzieht, reißt bald ein und ist auf Schnitten (die Fig. 8, Taf. X, 5 und 7, Taf. XI zeigen sie) sowie an älteren Eiern selten noch zu finden. Da sie dess- halb als Bestimmungsmerkmal keinen Werth hat, ist sie oben im Ka- pitel »Material« nicht erwähnt und in den Fig. 3—6, Taf. XII fort- gelassen worden. Die Fortsätze, an deren Bildung immer mehrere Zellen, wenigstens bei H. grisea, Antheil nehmen, bestehen Anfangs nur aus Protoplasma (Fig. 5, Taf. X). Die Chitinisirung, welche an der Spitze der Fortsätze beginnt und dann gegen die Tiefe der Zellen fortschreitet, erfolgt nicht vom Ektoderm als Ganzem, sondern es ist, wie KLEINENBERG angiebt, eine jede Zelle für sich gesondert betheiligt. Schichtenweise wird das Sekret abgeschieden und erhärtet alsdann. Ob Protoplasma mit ver- braucht wird, ist schwer zu entscheiden. In den der Chitinisirung ver- fallenden oberen Schichten der Zellen ist es feinkörniger, in der obersten homogen, wie es z. B. Fig. 5—7, Taf. X zeigen. Die Kerne liegen Anfangs am Grunde der Fortsätze oder selbst in denselben, rücken aber, wie die Fig. 5—8, Taf. X zeigen, allmählich, je weiter die Schalenbildung fortschreitet, nach dem Grunde der Zelle zurück, ihre Form bleibt immer dieselbe, eben so ist die Abgrenzung des Ekto- derms gegen das Entoderm immer eine scharfe. Ersteres unterscheidet sich von letzterem besonders durch den geringen Gehalt an Pseudo- zellen. Diese sind mit dem Beginn der Schalenbildung nach den tie- feren Theilen der Zellen gerückt und scheinen zum größten Theil wäh- rend dieses Processes verbraucht zu werden, so dass man nach der Büllenbildung nur wenige noch im Ektoderm findet (Fig. 9, Taf. X; Fig. 6, 8, Taf. XI; Fig. 7, Taf. XII). Die Chitinisirung nun erstreckt sich nicht nur auf die Fortsätze, sondern ergreift auch noch einen guten Theil des anderen Zellleibes, aber nicht den ganzen. Die Fig. 8, Taf. X, Fig. 5 und 8, Taf. XI zeigen das Ende der Bildung der Schale. Das Ektoderm ist im ganzen Um- fange des Keimes noch deutlich vorhanden, seine Zellen mit ihren Kernen treten klar hervor. 194 August Brauer, Der Bau der fertigen Schale lässt durch horizontale wellige Linien und durch die Felderung, welche auf Querschnitten durch die Schale, sichtbar sind, die Art ihrer Bildung, den schichtenweisen Aufbau seitens jeder einzelnen Zelle deutlich erkennen (Fig. 7—9, Taf. X). Außer diesen Linien durchziehen noch viele senkrechte die Schale. Es ist mir eben so wenig wie KLEINENBERG möglich über ihre Entstehung wie ihre Bedeutung etwas zu sagen. Auf Querschnitten erscheinen sie als Pünktchen, lassen aber wegen ihrer Kleinheit ein Lumen nicht er- kennen, so dass die Ansicht, es könnten Kanäle sein, welche eine Ver- bindung zwischen dem Keim und der Außenwelt herstellten, eine Ver- muthung bleiben muss. Da ich sie fast nur in der fertigen Schale ge- funden habe, so sind sie vielleicht bei der Erhärtung des Chitins entstanden und hätten somit keine Bedeutung für den Keim. Nach der Bildung dieser Schale wird von dem Keim noch eine Haut, die innere Keimhülle, gebildet. Sie unterscheidet sich wesent- lich von der Schale dadurch, dass sie auf einmal als Ganzes entsteht, nicht schichtenweise, dann durch ihre geringe Mächtigkeit, ihre Elasti- cität und ihre starke Lichtbrechung. Man könnte sie am ehesten der sogenannten Cuticula blastodermica beimanchen Crustaceen vergleichen, welche ebenfalls vom Keim, allerdings schon vom einschichtigen ge- bildet wird. Auch in ihrer Bedeutung für den Embryo verhält sie sich ähnlich, indem der Hydra-Embryo, wie derjenige z. B. von Apus und Branchipus, nach dem Platzen der festen Schale nicht direkt in das Freie gelangt, sondern noch verschieden lange Zeit bei den verschie- denen Formen in der sich ausdehnenden inneren Keimhülle, bezw. in der Cuticula blastodermica liegen bleibt und unter ihrem Schutze wichtige Differenzirungen erfährt. Aus der Dünnheit dieser Hülle lässt sich schon schließen, dass für ihre Bildung nicht das noch in ziemlicher Mächtigkeit vorhandene Ekto- derm verloren gehen kann. Die Figuren 9, Taf.X, 6, Taf. XI, 7, Taf. X zeigen, dass es wenig verändert wird. Man könnte vielleicht einwenden, dass meine Figuren theilweise das »primäre«, theilweise das »sekundäre« Ektoderm darstellen, dass mir aber die Stadien, wo, wie Korornerr angiebt, das erstere ver- schwindet, das letztere sich neu bildet, entgangen sind. Dagegen muss ich angeben, dass ich gerade in der Zeit von dem Beginn bis zur Ausbil- dung der Hüllen die Eier von H. fusca (= KoRrorxErrs aurantiaca) in verschiedenem Alter konservirt, aber niemals ein Bild gesehen habe, welches mich veranlasst hätte, einmal das Ektoderm für ein »primäres«, ein anderes Mal für ein »sekundäres« zu halten; es sah immer gleich aus. Solche Bilder dagegen, welche die Ausbildung des »sekundären« Über die Entwieklung von Hydra. 195 Ektoderms aus dem Entoderm zeigen sollen, z. B. Korornerr's Fig. 7 und 8, findet man bei der genannten Form erst später, wenn der Keim sich weiter entwickelt. Entscheidend für die Frage nach dem Schicksal des Ektoderms bei Hydra ist Hydra sp.? Hier ist einmal die Schale so dünn im Verhältnis zur Höhe der Ektodermzellen (Fig. 7 und 8, Taf. XI), dass die Möglich- keit des völligen Verlustes des letzteren ohne Weiteres ausgeschlossen ist, und ferner ist der Keim wegen der dünnen Schale so durchsichtig, ‚dass man von der Zeit an, wenn die Bildung der Schale beginnt, bis zum Platzen derselben das Ektoderm und Entoderm, jenes als breiten in Folge des Mangels an Pseudozellen hellen Ring, dieses als eine in Folge des Reichthums an solchen dunkle Innenmasse, am lebenden Keim verfolgen kann, so dass zum Nachweis der Kontinuität des Ektoderms ein Schneiden nicht nothwendig ist. Die weitere Entwicklung des Embryos. (Bar. XI, Fıe. Sund Taf, XII, Fig. 7—A3.) Meine Beobachtungen über die weitere Entwicklung des Embryos sind fast ausschließlich am Keim der Hydra sp.? gemacht worden. Diese ist von den drei untersuchten Hydren die günstigste, weil ihre Entwicklung nach der Hüllenbildung nicht mehrere Wochen lang ruht _ wie bei den anderen Formen', sondern ununterbrochen fortschreitet und so rasch, dass schon 14 Tage nach dem Ankleben der Eier einige Embryonen aus der Schale frei wurden, und dann weil die Schale so dünn ist, dass man wenigstens etwas von den Differenzirungen, welche im Inneren vorgehen, erkennen kann, was bei den anderen Hydren unmöglich ist. Schon im vorigen Kapitel habe ich erwähnt, dass man nach der Hüllenbildung imInneren einen hellen äußeren Ring, das Ektoderm, und eine dunkle Innenmasse, das Entoderm, das durch seinen Dottergehalt dem Ei eine gelbliche Färbung giebt, unterscheiden kann. Nach einiger Zeit tritt zwischen beiden noch eine dritte Schicht auf, welche in der Fär- bung die Mitte zwischen dem Ektoderm und Entoderm hält. Es ist die Schicht der späteren, sogenannten interstitiellen Zellen des Ektoderms. Korornerr, welcher ihr Auftreten bereits richtig erkannt hat, sagt über ihre Entstehung Folgendes (l. c. p. 319): »Nach der Veränderung der peripherischen Zellen des Hypoblastes«, welche sich getheilt haben, an die Stelle des »degenerirenden primären « Ektoderms gerückt sein 1 Aus den Eiern von H. fusca z. B., welche ich Mitte Oktober gesammelt hatte, ist bis jetzt (Ende December) kein Embryo frei geworden, obwohl sie im warmen Zimmer aufbewahrt wurden. 196 August Brauer, und so das »definitive« Ektoderm gebildet haben sollen, »ist dieselbe Erscheinung bei den centralen Zellen zu bemerken; diese fangen an sich zu theilen und wandern, wie es bei den Insekteneiern so häufig der Fall ist, nach der Peripherie des Eies. Die Theilung der Zellen geht immer fort und bildet eine Schicht kleiner Zellen des interstitiellen Gewebes am Boden des Ektoderms«. Korornerr giebt leider nicht an, wie alt die Keime von H. fusca (= seiner H. aurantiaca), für welche diese Darstellung gilt, waren. Es scheint, da er die Bildung dieser Schicht in Verbindung mit dem Ver-. lust des »primären« und der Ausbildung des »definitiven« Ektoderms bringt, dass sie gleich nach der Hüllenbildung, bei welcher ja nach ihm das Ektoderm verloren gehen soll, erfolge. Nach meinen Beobachtungen ist dieses nicht der Fall; denn bei Keimen dieser Art fand ich erst vier bis sechs Wochen nach der Hüllenbildung die ersten Anzeichen einer weiteren Entwicklung; bis dahin zeigten sie immer unverändert ihre zwei Keimblätter, wie Fig. 6, Taf. XI sie darstellt. Bei Hydra sp.? dagegen beginnt die Bildung der Zwischenschicht alsbald nach der Ausbildung der Schale. Der Vorgang verläuft ähnlich wie die Bildung des sogenannten Mesoderms bei den Anthozoen (KowA- ızwsky und Marıox [101]. Das Ektoderm, welches bisher (Fig. 7, Taf. XI) eine gleichmäßige, gegen das Entoderm scharf abgesetzte Lage eng an einander schließender Zellen bildete, wird lockerer und gewinnt ein ungleichmäßiges Aussehen. Man findet (Fig. 8, Taf. XI) im ganzen Um- kreise des Keimes zwischen den epithelialen Ektodermzellen andere, welche theilweise mit spitz ausgezogenem Ende zwischen denselben, doch von der Peripherie ausgeschlossen, liegen oder schon sich ganz losgelöst haben und’ zwischen Ekto- und Entoderm sich gelagert haben. Hierbei geht ihre Anfangs mehr oder weniger cylindrische Form in eine rundliche über. Da das Ektoderm sehr wenige Pseudozellen enthält, sind auch diese fast dotterfrei. Sie theilen sich alsdann und unterscheiden sich bald durch die Kleinheit von den epithelial gebliebenen Ektoderm- und von den Entodermzellen. Allmählich beginnen sie sich Anfangs an ein- zelnen Stellen (Fig. 8, Taf. XI), später überall (Fig. 7, Taf. XII) zu einer meist zweischichtigen ! Zellenmasse anzuordnen, welche sich vom Ekto- derm, das nach Beendigung der Bildung wieder das regelmäßige Aus- sehen annimmt wie vorher, und vom Entoderm ziemlich scharf ab- grenzt. Aus dieser Darstellung geht hervor, dass meiner Ansicht nach die 1 Die Mehrschichtigkeit an einer Stelle der Fig. 7, Taf. XII ist, glaube ich, durch eine kleine Schrumpfung des Keimes veranlasst. Über die Entwicklung von Hydra. 197 Schicht der interstitiellen Zellen ektodermalen, nicht entodermalen Ur- sprunges, wie KoROTNEFF angiebt, ist. Ich muss allerdings hervorheben, dass ich Kerntheilungen, wie man sie im Ektoderm während oder nach der Bildung der Schicht erwarten müsste, nicht gefunden habe. Man findet zwar häufig jene Bilder im Ektoderm und Entoderm, im ersteren aber häufiger, welche durch ihren doppelten Kernkörper oder durch eine Einschnürung des Kernes in zwei Hälften vermuthen lassen könn- ten, es finde eine direkte Kerntheilung statt, indessen halte ich diese Vermuthung für falsch, weil ich auf etwas späteren Stadien sehr deut- liche Bilder von indirekter Kerntheilung im Ektoderm gefunden habe. Aber auch ohne diesen Beweis, welchen übrigens auch KoROTNEFF schuldig bleibt, da derartige Kernbilder auf seinen Figuren sich nicht nur im Entoderm, sondern auch im Ektoderm finden, glaube ich doch, dass meine Ansicht die richtige ist. Wenn das Entoderm allein an der Bildung der Zwischenschicht betheiligt wäre, dann müssten ihre Zellen eine nähere Beziehung zum Entoderm durch ihre Lage und ihr Aus- sehen (Dotterreichthum) erkennen lassen als zum Ektoderm. Dieses ist nicht der Fall. Man findet alle Übergänge zwischen jenen Zellen und den zwischen den Ektodermzellen liegenden, und schwerlich dürfte die Lage der letzteren anders zu deuten sein, als dass sie aus dem epi- thelialen Verbande heraus in die Tiefe rücken. Für die Ansicht spricht auch der Umstand, dass auf Schnitten durch Keime, bei welchen durch die Behandlung Ektoderm und Entoderm etwas aus einander gewichen sind, die unter dem Ektoderm liegenden Zellen im Zusammenhang mit diesem und nicht mit dem Entoderm geblieben sind. Scheint es mir somit außer Zweifel, dass das Ektoderm vorwiegend die Ursprungsstätte der interstitiellen Zellen ist, so wäre es doch mög- lich, dass das Entoderm außerdem auch betheilist ist. Dieses lässt sich schwer entscheiden, weil die Stützlamelle erst später auftritt und daher eine scharfe Abgrenzung zwischen dem Entoderm und jenen Zellen, ehe sie sich zu einer zusammenhängenden Schicht angeordnet haben, nicht vorhanden ist. Es ist dieses um so schwerer, weil auch die Ento- dermzellen sich zu theilen beginnen und die peripher liegenden dess- halb nicht immer mit Sicherheit erkennen lassen, ob sie zum Entoderm oder zu der Zwischenschicht gehören werden (z. B. Fig. 8, Taf. X1). Indessen ist mir der doppelte Ursprung wenig wahrscheinlich, zumal die Schicht nach der Bildung der Stützlamelle sich vom Entoderm völlig abgrenzt und in die engste Verbindung und Beziehung zum Ekto- derm tritt. Durch das frühzeitige, vor der Bildung der Leibeshöhle und vor der epithelialen Anordnung der Entodermzellen erfolgende Auftreten, 198 August Brauer, durch die Kleinheit ihrer Elemente, durch ihre regelmäßige Anordnung und durch ihre scharfe Abgrenzung erhält die interstitielle Schicht gegenüber dem äußeren und inneren Keimblatt einen so selbständigen Charakter, dass man in Versuchung geräth, ihr den Namen »Mesoderm« zu geben; diese Bezeichnung erscheint um so berechtigter, als auch im fertigen Thiere trotz der geringen äußeren, sichtbaren Abgrenzung von den Epithelzellen des Ektoderms dieselbe ihre Selbständigkeit be- wahrt, indem nur aus ihr Ganglienzellen, Nesselkapselzellen und Keim- zellen hervorgehen, eine Verlagerung der epithelialen und interstitiel- len Zellen nicht vorkommt (cf. Schneider |[149a]). Indessen lehrt, scheint mir, ein Vergleich mit den übrigen Hydroiden, wo eine derartige Bildung der Zwischenschicht nicht beobachtet ist, dass dieselbe eben so wenig wie das sogenannte Mesoderm der Anthozoen dem »mittleren Keimblatte« der Bilaterien gleichwerthig sein kann. Ich möchte in ihr vielmehr nur das Resultat einer weitgehenden, befestigten Arbeitsthei- lung unter den Ektodermzellen sehen, welche beim fertigen Thiere ge- wonnen, allmählich auf immer frühere Stadien zurückverlegt ist und zuletzt als die erste Differenzirung des Embryos nach der Anlage der Keimblätter erscheint. Nach der Ausbildung dieser interstitiellen Schicht tritt scheinbar ein kurzes Ruhestadium ein, man erkennt mehrere Tage keine weitere Veränderung am Keim. Alsdann geht die Form des Eies aus der kuge- ligen in eine mehr eiförmige über, wobei der spitzere Pol zugleich der distale, d. h. der der Anheftungsstelle gegenüber liegende Pol ist. Unter ihm war mitunter ein kleiner heller Raum von linsenförmiger Gestalt sichtbar, wahrscheinlich eine Flüssigkeitsansammlung. Aus der bei der Veränderung der Gestalt erfolgenden Dehnung der Schale geht schon hervor, dass dieselbe an Festigkeit eingebüßt hat. Auch beim Schneiden (Fig. 9, Taf. XII) zeigt sie sich brüchig und von größerer Nachgiebigkeit als vorher; eine ähnliche Veränderung ihrer Eigen- schaften hat auch Kıeinensere von der Schale des Eies von H. viridis berichtet. Kurze Zeit darauf erhält die Schale einen Riss, welcher in querer Richtung verläuft und einen Theil der oberen Hälfte der Schale abschnei- det. Der Embryo, durch dessen Hervortreten das Ei sofort ein helleres Aussehen gewinnt, wodurch es sich von den übrigen, nicht geplatzten Eiern leicht unterscheiden lässt, beginnt sich zu strecken und hebt jenen oberen Theil der Schale deckelartig empor (Fig. 8, Taf. XI); in- dessen genügt der Spalt nicht, die Schale zerfällt durch einen neuen Riss, der in senkrechter Richtung zum ersten verläuft, in zwei Hälften, welche nur an der Anheftungsstelle des Eies in Verbindung bleiben. Über die Entwicklung von Hydra. 199 Im Gegensatz zu den anderen Hydren wird bei Hydra sp.? die innere Hülle gleichzeitig mit der Schale gesprengt, so dass. der Keim sofort mit dem Wasser in direkter Berührung ist. Die weitere Entwicklung ver- läuft auch rascher als bei den anderen Formen. Das auf die Ausbildung des Mundes und die Anlage der Tentakeln bei den Keimen der letzteren folgende Ruhestadium von mehreren Tagen fehlt hier. Der Embryo entwickelt sich sofort weiter, die Tentakeln wachsen aus und ver- mehren sich, und nach völliger Entwicklung rückt der Keim aus der Schale, in der er bisher mit seinem Fuße gesessen hat, und heftet sich an einer anderen Stelle fest. Wenn der Embryo sichtbar wird, erkennt man deutlich die zwei Keimblätter, welche sich nicht nur in der Färbung wie vorher unter- scheiden, sondern jetzt auch durch die Stützlamelle scharf getrennt erscheinen. Die letztere wird erkennbar kurz vor oder mit dem Platzen der Schale. Über die Art ihrer Entstehung kann ich nur eine Ver- muthung aussprechen. Ich möchte glauben, dass ihre Substanz, die Gallerte, nicht erst jetzt ausgeschieden wird, sondern bereits bei der Ausbildung der interstitiellen Zellen. Sie wird aber als Lamelle erst dann sichtbar, wenn die Muskelfasern gebildet werden. Durch deren gleichmäßige Lagerung an den Seiten der Stützlamelle und durch das Durchdringen von Fäserchen ! durch dieselbe erhält diese eine schärfere Begrenzung und das Aussehen einer membranartigen Bildung. Durch das Auftreten der Stützlamelle erfolgt die definitive Ab- grenzung der interstitiellen Schicht und des Ektoderms vom Entoderm. Die Trennung der ersteren beiden verliert sich dagegen. Es lassen sich zwar die interstitiellen Zellen durch ihre subepitheliale Lagerung, durch ihre Kleinheit und durch die ihrer Kerne und durch die stärkere Färb- barkeit ihres Protoplasmas mit Hämatoxylin leicht von den Deckzellen unterscheiden (Fig. 10, 12, Taf. XII), indessen ist die Abgrenzung eine nur allgemeine, keine scharfe, weil einmal die Deckzellen basale Aus- läufer, die Muskelfasern, zwischen jene senden, andererseits auch die interstitiellen Zellen sich zu differenziren, besonders zu Nesselkapsel- bildungszellen (nk) sich umzuwandeln beginnen und sich zwischen die Deckzellen eindrängen. Kurz, die definitive Lagerung wird bald er- reicht. Auch lässt sich schon bald erkennen, dass am unteren Körper- theile des Thieres, welcher sich frühzeitig durch eine Furche absetzt (Taf. XI, Fig. 11) und zum späteren Fuß wird, die Vertheilung der interstitiellen Zellen eine spärlichere ist als an den übrigen Theilen?. 1 cf. z. B. JıckELı (72, p. 405), SCaxEipeEr (149a, p. 359). ? Die Unregelmäßigkeit in der Dicke der Schichten in Fig. 9, Taf. XII rührt 200 August Brauer, Außer der Abgrenzung der Keimblätter dureh die Stützlamelle fällt an dem sich aus der Schale drängenden Embryo (Fig. 9, Taf. XII) sofort ein heller Raum (! h) im Entoderm auf, der Anfangs klein, aber rasch an Größe zunimmt, den Embryo stärker dehnt und ihn bald als einen dünnwandigen Schlauch mit großer Höhle erscheinen. lässt (Fig. 11, Taf. XII). Es ist die Anlage der Leibeshöhle. Sie scheint, wie KLEINENBERG (l. c. p. 76) auch für H. viridis angiebt, am distalen Ende zu beginnen. Oben hatte ich schon erwähnt, dass zur Zeit der Bildung der interstitiellen Zellen auch die Entodermzellen sich theilen. Jetzt tritt in der Mitte ein Flüssigkeitsraum auf, und die Zellen be- ginnen sich peripher zu einer epithelialen Lage anzuordnen. Aus den unregelmäßig gestalteten Gewebsfetzen, welche theilweise Pseudo- zellen oder durch deren Zerfall entstandene Körnermassen enthalten, oder aus den frei liegenden Pseudozellen, welche am Rande der sich ausdehnenden Leibeshöhle liegen (Fig. 10, Taf. XII), lässt sich schließen, dass eine Verflüssigung von Zellen stattfindet, und ihr die Leibeshöhle ihren Ursprung verdankt, wie es auch KLEInENBErG für H.viridis angiebt (p. 76). Die Entodermzellen sind Anfangs sehr hoch, werden aber nie- driger und grenzen sich schärfer an der Peripherie ab, je mehr ihre Ausbildung fortschreitet (Fig. 12, Taf. XII). Die nicht aufgelösten Pseu- dozellen und Gewebsstücke lagern sich in der Leibeshöhlenflüssigkeit (Fig. 14) und werden später durch den Mund ausgestoßen. Bei H. fusca (= Korornerr’s aurantiaca) erfolgt die Bildung der Leibeshöhle ebenfalls erst nach dem Platzen der Schale (KoroTnerr 95, p. 319), bei H. viridis dagegen bereits, wenn der Keim noch von dieser umgeben ist, und es sollen dann noch mehrere Wochen vergehen, bis die Schale platzt (KLeinengerg, 1. c. p. 77). Ich möchte dem Auftreten der Flüssigkeit und dem hierdurch nothwendig erfolgenden Druck we- sentlich das Platzen der Schale zuschreiben. Wenn die Beobachtung KLEINENBERG'S richtig ist, woran ich nicht zweifle, so muss hier, da die Schale dem Drucke nicht nachgiebt, eine Zusammenpressung der Keim- blätter erfolgen. Vielleicht ist es diesem Umstande zuzuschreiben, dass ihm der Keim als eine kompakte Masse erschienen ist, indem ein Ektoderm und Entoderm nicht unterscheidbar waren. Die Tentakel werden ebenfalls bald nach dem Freiwerden des Embryos angelegt (Taf. XII, Fig. 9, 11) als Ausstülpungen der beiden Sehichten. Es scheint, dass in der Reihenfolge der Tentakeln hier eben so wenig eine Gesetzmäßigkeit vorhanden ist wie bei der Knospe (s. Jung, 77). Korornerr giebt für H. fusca (= seine H. aurantiaca) an, zum Theil daher, dass der betreffende Embryo abgetödtet wurde, als er sich durch den Riss der Schale ins Freie drängte. Über die Entwieklung von Hydra. 201 dass zuerst zwei Tentakel entstehen, Kreinesgere für H. viridis (p. 79): »Die Zahl der ursprünglich angelegten Tentakeln ist gewöhnlich vier, jedoch ist dies nicht ausnahmslos der Fall, ich sah unter meinen Augen gleichzeitig sieben entstehen.« Meine eigenen, allerdings nicht genügend zahlreichen Beobachtungen an Hydra sp.? haben mich eben- falls keine bestimmte Reihenfolge erkennen lassen. An einigen jungen Keimen fand ich die Anlage von vier Tentakeln, ein etwas älterer hatte drei (Fig. 13, Taf. XII, von denen der eine getheilt war; zwei saßen einander gegenüber, der dritte noch in der Entwicklung begriffene zwischen ihnen; ein noch älterer zeigte fünf gleich lange, von denen “zwei Paare gegenüber lagen; es könnte dieses ein älteres Stadium von dem vorher erwähnten mit drei Tentakeln sein, indem der vierte dem dritten gegenüber, der fünfte dazwischen entstanden ist. Mit der Anlage der Tentakeln oder etwas später wird der Mund gebildet. Ich habe leider hierüber nur eine Beobachtung machen können. Die Keimblätter wurden am distalen Pol merklich dünner, der Embryo kontrahirte sich etwas, und gleichzeitig schoss aus der Mitte jener Stelle eine Masse von Pseudozellen und anderen Gewebs- theilen, jenen erwähnten bei der Bildung der Leibeshöhle entstan- denen Zerfallprodukten, heraus, welche, da bei dieser Form der Embryo ja nicht von der inneren Hülle umgeben ist, in das Wasser abflossen. Als ich später wieder derartige Ausstoßungen, die allerdings weit we- niger energisch waren als die erste, beobachtete, wurde ich wieder zweifelhaft, ob ich wirklich die Mundbildung gesehen, und diese nicht schon früher vor sich gegangen war. Es ist aber möglich, dass die Be- obachtung richtig war, da sie mit der Darstellung Kreinengere’s über- einstimmt. Dieser berichtet nämlich (p. 78): »Plötzlich entsteht an der Spitze ein strahliger Riss, und indem die Flüssigkeit der Leibeshöhle, einzelne Pseudozellen und unregelmäßig gestaltete Gewebsfetzen mit sich reißend in die Hülle ausströmt, wulsten sich die zackigen Riss- ränder lippenförmig auf und verschmelzen rasch mit der zusammen- sinkenden verdickten Körperwand des Embryos. Die Leibeshöhle hat eine Öffnung erhalten — der Mund ist fertig.« Über den Ort der Mundbildung gehen die Ansichten aus einander. KERSCHNER (82) giebt an, dass »der Mundpol dem vegetativen Pol ent- sprichte. Er bezeichnet aber nicht näher die Species, noch giebt er an, nach welchem Merkmal er die Orientirung des Keimes vorge- nommen hat. Kıeriengere verlegt die Mundbildung bei H. viridis an den entgegengesetzten Pol. »Ich bin überzeugt,« heißt es p. 78, »dass die Stelle, wo die Verdünnung und der schließliche Durchbruch statt- findet, jenem Theil des Keimes entspricht, in welchem ursprünglich Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. Ak 203 August Brauer, die Leibeshöhle als oberflächlicher Hohlraum auftrat.« Der letztere (p. 76) » entsteht immer excentrisch, nahe der Oberfläche, und an dem Pol, von welchem die erste Furche des Eies ausging, also dem Anhef- tungspunkte gerade gegenüber«. Die Orientirung des Eies bei H. vi- ridis ist auch nach dem Abfallen desselben vom Mutterthier möglich, weil (p. 74) »an der Stelle, wo der Keim mit dem Eiträger in Berüh- rung stand, die Schale oft etwas verdickt und abgeplattet ! oder in zwei Blätter gespalten ist, die einen linsenförmigen Hohlraum umgeben .«. Der Keim von Hydra sp.? lässt sich vielleicht mit noch größerer Sicherheit richtig orientiren. Wie ich oben im Kapitel »Material« ge- schildert habe, erfolgt die Festheftung der Eier in der Weise, dass das Mutterthier sich so weit kontrahirt, bis die Eier die Unterlage, auf der es sitzt, erreichen. Da die Eier in dem Eiträger oder Napf festge- halten werden, se werden sie in derselben Lage der Unterlage aufge- drückt und mit Sekret, das vorwiegend vom Ektoderm des Mutter- thieres gebildet wird, festgeheftet. So weit ich habe beobachten können, ist der distale Pol niemals gleich der Anheftungsstelle, son- dern liegt ihr gegenüber. An allen Keimen nun, welche ich gesehen habe, entsteht an diesem Pol der erste Riss in der Schale, erfolgt hier das erste Sichtbarwerden des Embryos, erfolgt hier die Anlage der Tentakeln, lag hier der Mund. Da ich nicht glauben kann, dass der Embryo in der Schale vor ihrem Platzen eine Drehung durchmacht, so muss ich mich Kreinengerg’s Ansicht anschließen: Der Mundpol ist identisch mit dem Richtungskörperpol. Es ist dieses Resultat neben der multipolaren Entodermbildung ein weiterer Beitrag dafür, zu zeigen, wie wenig Hydra dem so oft angewandten Bilde einer fest- sitzenden Invaginationsgastrula entspricht. Zusammenfassung der Resultate. Die Keimstätte bei Hydra ist das interstitielle Zellenlager; eine Zelle des Ovariums wird zur Eizelle, die übrigen werden aufgelöst, ihre Substanz in Dotterkörner, sogenannte Pseudozellen, umgewandelt, und als solche von der wachsenden Eizelle aufgenommen. Die Reifung, die Befruchtung, und das Auftreten der ersten Furche erfolgen am distalen Pole des Eies. Die Furchung ist total, äqual und führt zu einer großen Cöloblastula. Durch Einwanderung oder Theilung von Blasto- dermzellen erfolgt die Entodermbildung; sie ist multipolar. Nach Ver- drängung der Furchungshöhle sondern sich die beiden Keimblätter scharf von einander. Vom Ektoderm werden eine äußere Hülle, die ! Dieses Merkmal habe ich zuweilen auch bei Eiern von H. grisea gefunden. Über die Entwicklung von Hydra. 203 chitinöse Schale, und eine innere, die innere Keimhülle gebildet. Das Ektoderm bleibt hierbei erhalten und geht kontinuirlich in das defini- ' tive Ektoderm über. Wenn der Keim noch von der Schale umgeben ist, entsteht ektodermal die Schicht der interstitiellen Zellen. Alsdann beginnt die Differenzirung der Gewebe, die Stützlamelle wird erkenn- bar, die Leibeshöhle beginnt sich auszubilden. Gleichzeitig platzt die Schale. Nach dem Freiwerden des Embryos aus der Schale schreiten diese Processe rasch weiter fort, die Tentakel werden angelegt und der Mund gebildet. Der Mundpol ist identisch mit dem Richtungs- körperpol. Allgemeine Betrachtungen. In der Frage der Bildung des inneren Keimblattes stehen sich zwei Ansichten gegenüber, beide suchen die zwei bis jetzt beobachteten Bildungsweisen, die multipolare und die polare, auf einander zurück- zuführen; während aber die eine in der polaren den primären Modus sieht und die multipolare von ihr abzuleiten sucht, geht die andere den umgekehrten Weg. Dass die eine Ansicht die andere nicht verdrängt hat, sondern beide seit ihrer Begründung neben einander bestehen und zahlreiche Anhänger gefunden haben, erklärt sich wohl daraus, dass keine eine in allen Punkten befriedigende Lösung der Frage giebt. Für die Gasträatheorie! liegt meiner Ansicht nach die größte Schwierigkeit darin, dass man sich keine Vorstellung davon machen kann, wie, um zur multipolaren Entodermbildung zu gelangen, die all- mählich erworbene und dann befestigte Arbeitstheilung unter den Zellen der Blastula wieder rückgängig gemacht werden konnte, so dass eine jede Zelle wie dereinst die Fähigkeit hatte, den Funktionen der Bewegung, Ernährung und Fortpflanzung vorzustehen. Irgend eine Erklärung ist noch nicht gegeben, selbst nicht versucht. Das Wort »Cänogenie« ohne nähere Begründung hier einsetzen heißt sich selbst einer Theorie zu Liebe über die Schwierigkeit hinwegtäuschen. Der andere Weg?, von der multipolaren Entodermbildung als der . ursprünglichen auszugehen und mit Hilfe der hypotropen zur Invagi- nation zu gelangen, erscheint im Allgemeinen leichter und gangbarer; versucht man aber ins Einzelne zu gehen, so stößt man nicht minder auf große Schwierigkeiten, weil die wenigen Formen, welche uns am 1 E. HaEcKEL, 47, 49, 50. 2 Es würde mich zu weit führen, die Densch edenen bereits geäußerten Ansich- ten zu erörtern und verweise auf die Arbeiten der Autoren, besonders BALFoUR’S (4, 5), BürscaLr's (12), GOETTE’S (36, 37), Hamann’s (45), KERSCHNER'S (83), LANKESTER’S (41 08—4110), METSCHNIKOFF’S (433), SALENSKY’S (144 u. 145) und Sengwick’s (154 u, A55). 14% 204 August Brauer, ehesten Antwort geben könnten, besonders Volvox und Hydra, bereits zu weit ohne Vermittlung aus einander stehen, um vollen Aufschluss zu gewähren. Das Wenige indessen, was aus den Thatsachen gewonnen werden kann, zur Erklärung der Bildung des inneren Keimblattes zu verwenden, erscheint vielleicht nicht werthlos. Nach den bisherigen Beobachtungen scheint es, dass der Modus der multipolaren Entodermbildung sich auf den Kreis der Coelenteraten beschränkt, ferner dass er nur bei solchen Formen vorkommt, welche kein freischwärmendes Blastulastadium mehr besitzen. Als Beispiele führe ich an: Eudendrium (Mrrscanikorr, 133), Halecium tenellum (?), (Hamann, 40), Eucope (Kowarzvsky, 98 und 133), Carmarina hastata (Merscnnikorr, 125 und 126; Kowaızrvssy, 98), Carmarina fungiformis (For 32; METSCHNIKOFF, 129), Gorgonia proboscidea (METSCHNIKOFF, 133), Liriope mucronata (id. ibid.), Aeginiden (id. ibid.), Manieinia (Wırson, 169). Dagegen zeigen alle Formen, welche eine freischwärmende Bla- stula haben, polare Entodermbildung, sei es hypotrope oder Invagi- nation, und diese Blastulae sind sämmtlich eiförmig und bewegen sich um die Längsachse rotirend mit einem Pole voran. Beispiele sind: alle metagenetischen Medusen (METSCHNIKOFF, 133; Craus, 19 u. 20; Hamann, 43), Pelagia noctiluca (Kronn, 103; KowALevsky, 98; METSCHNIKOFF, 133), Nausitho& marginata (METsScHNIKorFF, 133), Actinia (JouRrDan, 74; Kowa- LEVSKY, 98) ; ferner wenn man die Poriferen in die Betrachtung zieht: Sycandra (F. E. Scuuzze, 153, I u. V; METsScHnIkorr, 128; KELLER, 78), Leucandra (METScHnIKorFr, 128), Ascetta (O. Scumir, 148 und 149; METscHnIKorr, 128), Plakina (F. E. Scuuzze, 1453, IX), und Oscarella (K. HEıper, 55). | Aus dieser Gegenüberstellung scheint mir der Schluss berechtigt, dass auf die Entstehung der Bildungsweisen des Entoderms die Be- wegung! der einschichtigen Blase von Einfluss gewesen ist. Die mul- tipolare Entodermbildung setzt nothwendig voraus, dass die Blastula aus physiologisch und morphologisch gleichen Zellen zusammengesetzt ist. Dieses scheint aber nur dann möglich zu sein, wenn die Blase eine allseitig rotirende richtungslose Bewegung hat, da dann alle Zellen unter gleichen Bedingungen sich befinden. Es ist daher wohl nicht unwahrscheinlich, anzunehmen, dass die Formen mit multipolarer En- todermbildung in ihrer Entwicklung das freischwärmende Blastula- stadium sehr frühzeitig aufgegeben haben, jedenfalls eher als dieses 1 Vgl. Hamann (45) und besonders Rast (444) und KorscHELT und HEiıDEr (97). RagL verwendet in ähnlicher Weise dieses Moment zur Erklärung der Entstehung der Scheitelplatte der Trochophora, und KorscHELT und HEIıDER zur Erklärung der Entstehung der Invagination, Über die Entwicklung von Hydra. 205 durch eine Änderung in der Bewegung den anderen Modus der Ento- dermbildung ausbildete. Ein Übergang nämlich aus der richtungslosen Bewegung in eine soiche mit bestimmter Richtung, welcher nach Rası seine Erklärung findet in dem dadurch erreichten Vortheil einer rascheren und sicheren Nahrungsaufnahme, muss zur Folge haben ein- mal eine Änderung der kugeligen Form in eine eiförmige und weiter eine Differenzirung der Zellen, da die vorderen jetzt anderen Be- dingungen ausgesetzt sind als die hinteren. Dieses führte alsdann zur polaren Entodermbildung. Zur näheren Erklärung seien die Worte Kor- scHELr’s und Heıper’s (97,p.84) benutzt: »An monaxonen, heteropolen Blastulalarven, welche man durch Wasser, in welchem sich Karmin- partikelchen befinden, schwimmen lässt, kann man erkennen, dass durch die Bewegung der Larve diese Partikelchen von den vorderen und seitlichen Theilen weggeschleudert, dagegen an den hinteren Pol angedrängt werden. Hier war demnach der günstigste Platz für die Aufnahme von Nahrungspartikelchen, und durch eine Abflachung oder flache Einstülpung des hinteren Poles wurden diese günstigen Verhält- nisse vermehrt!«. Eine weitere Frage betrifft die Art der ersten einwandernden Zellen. Waren es Nährzellen, wie Merscanıkorr (133) glaubt, oder Keimzellen, welche Ansicht besonders GoETTE (36), SaLensky (144 u.145) und KerscHner (83) vertreten? Ich kann mich der ersteren Ansicht nicht anschließen, weil ich, da Medium und Nahrungsmenge sich nicht änderten, keinen Grund für eine derartige Differenzirung — ganz ab- gesehen von der Frage, ob hierdurch eine bessere Ernährung erzielt wurde — finden kann. Ein Wachsthum der Blase über ihr Maß, das man auch als Grund angiebt, dürfte wohl eher zu einer einfachen Thei- lung geführt haben. Dagegen gewinnt die andere Ansicht an Wahr- scheinlichkeit dadurch, dass ein Einwandern von Keimzellen in der angenommenen Weise sich bei einer lebenden Form, nämlich Volvox findet. Wäre sie aber richtig, so scheint mir doch noch nicht viel für eine Erklärung der Entstehung der Zweischichtigkeit gewonnen: ein Volvox bleibt immer einschichtig, so viele Keimzellen auch einwandern mögen. Die Schwierigkeit zu überwinden, die Ausbildung des Darmes und des Mundes zu erklären, hilft keine bis jetzt bekannte Form. Man kann sich denken, dass die Öffnung, durch welche die entwickelten Keimzellen aus der Höhle ins Freie gelangten, allmählich eine definitive wurde und dass durch dieselbe Nahrungstheilchen in .die Höhle ge- 1 Eine ähnliche Beobachtung theilt auch KeLLer (79) für eine Chalineenlarve mit, welche eine kleine Einstülpung am hinteren Pole hatte, in der sich die dem Wasser zugesetzten Karminpartikelchen sammelten. 206: . August Brauer, langten und entweder von den Keimzellen oder von den Wandzellen aufgenommen wurden, und dass unter allmählicher Steigerung ent- weder eine Theilung der Keimzellen in nutritive und propagatorische oder eine solche der Wandzellen in animale und nutritive erfolgte ete. Man kann sich dieses ausdenken, und auch Anderes, eine jede Hypo- these hat hier eben so viel und eben so wenig Berechtigung; einen großen Gewinn wird keine bringen, weil jeder irgend welcher that- sächlicher Untergrund bis jetzt fehlt. Aber trotzdem derartige Fragen keine befriedigende Antwort finden, erscheint mir die Ansicht, dass der multipolare Modus der pri- märe, der polare der sekundäre ist, doch annehmbarer als die andere. Hierfür ist mir besonders entscheidend das Vorkommen der multipo- laren Entodermbildung bei Hydra, einer Form, welche fast allgemein sowohl von den Gegnern wie von den Anhängern der Gasträatheorie als eine sehr ursprüngliche betrachtet wird. Bisher hat man die Ur- sprünglichkeit der Hydra fast ausschließlich auf Grund ihrer Anatomie behauptet; die Embryologie ist vielleicht desshalb weniger in Betracht gekommen, weil die bisherigen Beobachtungen noch zu:sehr von ein- ander in ihren Resultaten abwichen oder keine charakteristischen Merk- male ergeben hatten. Zieht man sie aber auf Grund der vorliegenden Untersuchung zu Rathe, so scheint sie mir außer dem Mangel frei- schwärmender Larven und außer der Schalenbildung fast durchweg solche Charaktere zu zeigen, welche man auch theoretisch als ursprüng- liche fordern muss. Hierher rechne ich besonders die sehr regel- mäßig verlaufende Furchung und die große Coeloblastula. Im Hinblick hierauf dürfte es schwer sein, die multipolare Entodermbildung der Hydra für cänogenetisch anzusehen, zumal dieselbe selbst wieder in so fern ursprünglich verläuft, als neben der Theilung auch Einwanderung ganzer Blastodermzellen zur Entodermbildung erfolgt. Es mag auffallen, dass bei diesen Betrachtungen die der Hydra nächstverwandten Formen fast keine Berücksichtigung fanden. Es ge- schah dieses, weil die bisherigen Beobachtungen keine sichere Beur- theilung der Entodermbildung zulassen. Es soll hier eine totale äquale Furchung zu einer Morula, d. h. zu einem mehrschichtigen, aus völlig gleichartigen Zellen zusammengesetzten Keim führen, der keine Fur- chungshöhle besitzt, und aus welchem durch Spaltung Entoderm und Ektoderm entstehen. Die Existenz einer solchen Morula muss ich be- zweifeln. Eine totale äquale Furchung kann nicht in dem einen Fall, z. B. bei Hydra, eine Goeloblastula entstehen lassen, in demanderen Fall, z.B. bei Tubularia, einen Zellenkomplex ohne Furchungshöhle. Ent- weder machen die betreffenden Eier, welche in ihrer Entwicklung das Über die Entwicklung von Hydra, 207 Morulastadium haben sollen, eine totale äquale Furchung durch, dann entsteht eine Furchungshöhle, dann bildet sich das innere Keimblatt durch spät oder früh erfolgende Einwanderung oder Theilung von Blastodermzellen, oder die Eier machen eine inäquale Furchung durch, und das Entoderm entsteht durch Epibolie. Ein Drittes giebt es nicht; in keinem Fall ist die Morula das Endstadium der Furchung, sondern sie ist bereits der zweischichtige Keim. Eine erneute Untersuchung wird in dieser oder jener Richtung entscheiden. Bei Tubularia, welche nach Hamann (40 u. 45), Metscanikorr (133) und Conx (21) eine Morula haben soll, führt die Furchung, wie eine Untersnchung mir bereits ge- zeigt hat, zu einer deutlichen Blastula mit wohl ausgebildeter Fur- chungshöhle, und durch Theilung der Blastodermzellen entsteht das Entoderm. Nach Beendigung der Entodermbildung kömmt dann aller- dings ein solider Zellenkomplex wie bei Hydra zu Stande, der aber eine ganz andere Bedeutung als die sogenannte Morula hat. Ähnlich werden sich die übrigen Formen auch verhalten, nur mag es oft schwer sein, dort, wo die Entodermbildung schon auf frühen Stadien vor sich geht, dieselbe zu konstatiren, und noch schwieriger, festzustellen, ob sie polar oder multipolar verläuft, weil eine Orientirung des Eies in den meisten Fällen kaum möglich sein wird!. | Berlin, Januar 1891. 1 So weit ich weiß, ist HatscHek (53, p. 506) der Erste gewesen, welcher die Existenz einer Morula bezweifelt hat. Er sagt: »Das Morulastadium ist ein’ als Erbtheil von älteren ungenauen Untersuchungen und speciell von den Arbeiten über Säugethierentwicklung her in unserer Litteratur eingebürgerter Begriff, 'der aber mit dem eigentlichen Wesen der Furchung in direktem Widerspruch steht.« Und in einer Anmerkung heißt es: »Auch ein entsprechendes phylogenetisches Stadium scheint mir nicht annehmbar, da die inneren Zellen eines mehrschichti- gen Zellenhaufens nothwendig bei der Verschiedenheit ihrer Lagerung auch in ihrer Beschaffenheit und Funktion sich von den oberflächlichen Zellen unterschei- den mussten.« Auch KorschELr und Heiper (l. c.) scheinen ähnliche Bedenken zu haben, indem sie der Morula überall das Beiwort »sogenannt« vorsetzen, 208 August Brauer, Benutzte Litteratur. . A. B., Kurze Nachricht von Wasserpolypen. Abhandl. der schwed. Akad. der Wissensch. 1745. ° G. J. ALıman, A monograph of the Gymnoblastic or Turbularian Hydroids. London 4874. . H. 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Alle Figuren beziehen sich auf Hydra grisea, nur Fig. 5 auf Hydra sp.?; alle sind gezeichnet bei Zeıss Apochrom. Hom. Imm. 2,00 mm, Apert. 4,30, Oc. 8, Fig. 9 und 44, Oc. 12. Fig. 4. Junges Keimbläschen; ein großer Nucleolus. Vergr. 4060. Fig. 2. Junges Keimbläschen ; Auftreten neuer Nucleolen. Vergr. 4060.' Fig. 3. Älteres Keimbläschen ; Sonderung des Achromatins und Chromatins im Fadenwerk. Vergr. 1060. Fig. 4. Ausgebildetes Keimbläschen. Vergr. 1060. Fig. 5. Beginnende Rückbildung des Keimbläschens; Schrumpfung der Mem- bran, Auftreten des Fadenknäuels; Zerfall der Nucleolen. Vergr. 1060. Fig. 6 u. 7. Rückbildung des Keimbläschens und Ausbildung der ersten Rich- tungsspindel. Fig. 7a und 7b sind zwei zusammengehörende Schnitte. Vergr.1060. Fig. 8. Erste Richtungsspindel. Vergr. 1060. Fig. 9. Erster Richtungskörper abgeschnürt. Vergr. 1400. Über die Entwicklung von Hydra. 215 Fig. 40. Zweite Richtungsspindel. Beginn des Auseinanderrückens der Chro- mosomen. Vergr. 4060. Fig. 44. Zweiter Richtungskörper abgeschnürt, Eikern in der Ausbildung be- griffen. Auf dem Schnitt war der zweite Richtungskörper nur angeschnitten, daher der Unterschied in der Größe gegenüber dem ersten. Vergr. 4060. Fig. 12. Eikern, dem Befruchtungsgrübchen anliegend. Vergr. 1060. Fig. 13. Eikern (eik) und Spermakern (spk). Vergr. 4060. His, 44, Eikern und Spermakern, welcher gewachsen ist, haben sah an ein- ander,gelagert. Vergr. 1400. Fig. 45. Furchungskern. Vergr. 4060. Fig. 46 u. 47. Theilung des Furchungskernes. Vergr, 4060. Tafel X. Alle Figuren beziehen sich aufHydra grisea. Fig. 9 ist bei Zeıss achrom. F, die übrigen bei D, Oc. 2 gezeichnet. Fig. 4, Reifes Ei, im Napf, welches von der zurückgewichenen Ektodermhülle (ect) gebildet wird, sitzend. Am distalen Pol das Befruchtungsgrübchen, darunter der Eikern (eik). Vergr. 230. Fig. 2. Entodermbildung, mehrere Zellen in der Furchungshöhle liegend, an- - dere einwandernd. Zelle « in Quertheilung. Fig. 2a zeigt die zur Zelle a gehörende zweite Tochterplatte. Vergr. 230. Fig, 3. Vorgeschrittenes Stadium der Entodermbildung. Vergr. 230. Fig. 4. Ende der Entodermbildung; Beginn der Abgrenzung der Keimblätter gegen einander. Vergr. 230. Fig. 5—8. Ausbildung der Schale. Fig. 6. Beginn der Chitinausscheidung an den Spitzen der Fortsätze der Ektodermzellen. Fig. 7. Chitinisirung der Fortsätze beendet, Übergreifen derselben auf den übrigen Zellkörper. Fig. 8. Schale fertig gebildet. ect, Ektoderm; ent, Entoderm. Vergr. 230. Fig. 9. Keim acht Tage nach dem Abfallen vom Mutterthier. Innere Keimhülle (ih) gebildet. sch, Schale; ect, Ektoderm; ent, Entoderm. Vergr. 520, % Tafel XI. Die Figur 8 ist bei Zeıss achrom. F, die übrigen bei D, Oc. 2 gezeichnet. Fig. A. H. grisea. Zelle a in der Einwanderung begriffen. Fig. 4a und Ab das- selbe Ei. Zelle a in Schieftheilung. Fig, 4b zeigt einen Schnitt durch die Seite der Zelle a. Vergr. 230. Fig. 2. H. fusca; am distalen Pol Zelle a in der Furchungshöhle liegend. Zelle b zeigt Längstheilung, Zelle ce Quertheilung. Fig. 2a dasselbe Ei. 2 Schieftheilungen. Vergr. 230. Fig. 3 und 3a. Hydra sp.?; zwei Quertheilungen; in Fig. 3a eine Zelle in der Furchungshöhle liegend. Vergr. 230. Fig. 4. Hydra sp.?: eine Schieftheilung und eine Quertheilung einer Blasto- dermzelle und eine Theilung einer Entodermzelle. Vergr. 230. Fig. 5 u. 6. Hydra fusca. Bildung der Schale (sch) und der inneren Keimhülle (öh). ect, Ektoderm; ent, Entoderm. Vergr. 230. Fig. 7, Hydra sp.?: Beginn der Schalenbildung. ect, Ektoderm; ent, Entoderm. Vergr. 230. Fig, 8. Hydra sp.?: Schale (sch) fertig gebildet. Beginn der Bildung der inter- stitiellen Zellschicht. ect, Ektoderm; ent, Entoderm. Vergr. 520. 216 August Brauer, Über die Entwicklung von Hydra. Tafel XII. Fig. 4. Männliches Thier von Hydra sp.? Vergr. 10. Fig. 2. Weibliches Thier von Hydra sp.? beim Ankleben der Eier. Vers. 40. Fig. 3. Ei von H. viridis nach KLEINENBERG (85, Fig. 14, Taf. III). sch, Schale; ih, innere Keimhülle. Fig. 4. Ei von H. grisea. seh, Schale; ih, innere Keimhülle. Vergr. 60. Fig. 5. Ei von Hydra sp.? sch, Schale; ih, innere Keimhülle. Vergr. 60. Fig. 6. Ei von Hydra fusca. sch, Schale; ih, innere Keimhülle. Verg. 60. Fig. 7. Hydra sp.? Ende der Bildung der interstitiellen Schicht (is). ect, Ekto- derm; ent, Entoderm; sch, Schale; ih, innere Keimhülle. Zeıss achrom. F., Oc. 2. Vergr. 520. Fig. 8. Embryo von Hydra sp.? aus der Schale frei werdend. Vergr. 30. Fig. 9. Etwas älterer Embryo; Bildung der Leibeshöhle (lA), Anlage von Ten- takeln (l). ect, Ektoderm; stl, Stützlamelle; ent, Entoderm; sch, Schale, ih, innere‘ Keimhülle. Vergr. 60. Fig. 40. Hydra sp.? Theil eines Längsschnittes durch den Embryo Fig. 9. dz, Deckzellen des Ektoderms; is, interstitielle Zellen; nk, Nesselkapselbildungs- zellen; st!, Stützlamelle ; ent, Entoderm. Vergr. 520. Fig. 41. Längsschnitt durch einen Embryo von Hydra sp.? Die Schale, in der der Embryo saß, ist nicht gezeichnet. ect, Ektoderm; stil, Stützlamelle; ent, Ento- derm; Ih, Leibeshöhle mit Gewebsfetzen und Pseudozellen; it, Tentakelanlage. Vergr. 60. Fig. 12. Theil des Längsschnittes Fig. 41. ect, Ektoderm; nk, Nesselkapselbil- dungszellen; ent, Entoderm. Vergr. 230. Fig. 43. Embryo von Hydra sp.? mit drei Armen. Die Schale, in der er noch saß, ist nicht mit gezeichnet. Vergr. 20. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. Von Dr. E., Ballowitz, Privatdocent und Prosektor an der Universität Greifswald. Mit Tafel XII—XV. Nachdem ich kürzlich (1) in der » Internationalen Monatsschrift für Anatomie und Physiologie« über eine Struktur des Endstückes der Säugethierspermatozoen berichtet, mögen in dieser Arbeit einige Mit-_ theilungen folgen, welche hauptsächlich den feineren Bau der den Achsenfaden umgebenden Hülle betreffen; sind doch gerade hierüber die Meinungen der Forscher noch sehr getheilt, ein Umstand, der sich wohl dadurch erklärt, dass es sich hier um eine sehr feine, schwer er- kennbare Bildung handelt. Ich hoffe, dass die folgenden Untersuchun- gen nicht ungeeignet sein werden, zur Klärung und definitiven Ent- scheidung dieser Fragen beizutragen; dieselben dürften schon aus dem Grunde nicht ohne Werth sein, weil, wie Jensen (17, p. 380) treffend bemerkt, das in Rede stehende Strukturverhältnis seiner Subtilität wegen zu denjenigen gehört, »die nur mittels einer größeren Anzahl übereinstimmender Beobachtungen ins Reine gebracht werden können«. Im Anschluss hieran sollen dann Beobachtungen über die Struktur des Achsenfadens und des Kopfes der Säugethierspermatozoen mitge- theilt werden; auch die Insertionsverhältnisse der Geißel am Kopf habe ich einer näheren Untersuchung unterzogen. Die Anregung zu der vorliegenden Arbeit gaben mir die höchst merkwürdigen Beobachtungen, welche Eimer (2) an den Spermatoso- men gewisser Fledermäuse gemacht und 1874 in den Verhandlungen der Würzburger physikalisch-medieinischen Gesellschaft veröffentlicht hat. Da ich mehrfach auf diese Beobachtungen Emer’s zurückkommen muss, erscheint es geboten, die betreffenden Stellen hier wörtlich _ anzuführen. Der genannte Forscher sagt 1. c. p. 96: »Das Mittelstück der Spermatosomen ließ bei Vesperugo noctula und Plecotus auritus, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII, Bd. 45 218 E. Ballowitz, wenn auch meist äußerst schwach angedeutet, und bei letzterem Thiere außerdem nur in seltenen Fällen, eine Art querer, äußerst feiner Streifen erkennen, durch welche dasselbe in eine Anzahl über einander gelagerter Abschnitte eingetheilt wurde. Dieses Verhalten hatte ich im Januar 1872 zuerst in weit deut- licherer Weise bei einer anderen Art von Fledermäusen gesehen, und es hatte dasselbe den Anstoß zu der ganzen vorliegenden Untersuchungs- reihe gegeben. Leider aber habe ich mir die Art nicht gemerkt. Meine damalige Voraussetzung, es werden die Eigenthümlichkeiten der Sper- matozoen bei den verschiedenen, sich so nahe stehenden Gattungen, bezw. Arten, keine großen Abweichungen zeigen, erwies sich als falsch, denn ich habe bei den später untersuchten Thieren die in Rede stehen- den Strukturverhältnisse nie wieder so deutlich ausgeprägt gefunden, wie an denjenigen jener fraglichen Species. Dort war das Mittelstück von etwa !/, aller Samenelemente durch deutliche Querlinienin zahlreiche — von der breiten Fläche derselben betrachtet — viereckige oder sechseckige Theilchen abgetheilt. An einzelnen waren diese Theil- chen aufs deutlichste je durch einen Zwischenraum von einander getrennt und erschienen als Stückchen, welche nur durch den CGentralfaden verbunden und zusammenge- halten wurden, wie etwa Perlen durch die Schnur. In seltenen Fällen waren diese Stückchen mehr unregelmäßig, und bei etwas schwächerer Vergrößerung erschien dann das Mittelstück nicht scharf, geradlinig, sondern zackig begrenzt. Es fanden sich übrigens bei unserer Fledermaus alle Übergänge zwischen Samenfäden, deren Mittelstück förmlich zerstückelt war, und solchen, die nicht einmal eine Spur von Querstreifung zeigten. An den Samenelementen der übrigen, später untersuchten Arten von Fledermäusen, war das beschriebene Verhalten des Mittelstückes am wenigsten deutlich ausgesprochen bei Synotus; bei Vesperugo noctula dagegen erschien dieses einige Male gleichfalls geradezu ge- stückelt. « — In einer nachträglichen Bemerkung erwähnt Emer dann (l. c.p.107), dass er die Fledermaus, an deren Samenfäden er die »schöne Gliede- rung« des Mittelstückes zuerst beobachtet hatte, durch einen glücklichen Zufall wieder erlangte, und dass dieselbe die Zwergfledermaus, Vespe- rugo pipistrellus K. et Blas. ist. »Die Untersuchung zeigte mir auch jetzt auf das prachtvollste die Eingangs beschriebenen Bauverhältnisse, und muss ich dieses Thierchen auf das angelegentlichste Denjenigen empfehlen, welche meine Angaben Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 319 prüfen wollen. Erst nachdem man hier alle die beschriebenen Einzel- heiten mit der überraschenden Deutlichkeit, in welcher sie sich dar- bieten, beobachtet hat, wird man auch an den Spermatozoen der übri- gen Thiere sich leichter orientiren können. Hals, Gliederung, Gentral- faden — Alles lässt sich hier mit größter Schärfe — die Gliederung, wie ich jetzt finde, schon bei schwachen Vergrößerungen — erkennen. Nur fand ich wieder, dass die letztere bei einzelnen Individuen kaum zu sehen war, während sie bei anderen in einigen Fällen an nahezu sämmtlichen Samenfäden vorzüglich ausgebildet erschien.« In den Fig. 1—ı der seiner Abhandlung beigegebenen Taf. V bildet Eımer die Samenfäden von Vesperugo pipistrellus, Vesperugo noctula, Synotus Barbastellus und Plecotus auritus ab. Drei Elemente von V. Pipistrellus (Fig. 1 B, C, D) werden so dargestellt, dass das Mittelstück in zahlreiche regelmäßige, nach hinten hin allmählich an Größe ab- nehmende Segmente der Quere nach zerfallen ist; die Segmente wer- den durch einen Achsenfaden zusammengehalten. Diese bei den Fledermäusen beobachtete »Gliederung« sucht Emer sodann auch bei zahlreichen anderen Säugethieren nachzuweisen (Kanin- chen, Meerschweinchen, Ratte, Maus, Stier, Kater, Hermelin, Hund, Mensch) (1. ec. p. 97—1 02). Mit diesen Beobachtungen Emer’s stimmen nun allerdings manche Forscher, wie z. B. Renson (3) überein, welche bei den Säugethieren ‚eine Zusammensetzung der Hülle des Achsenfadens auf der Strecke des Verbindungsstückes aus Segmenten oder ringförmigen Stücken an- nehmen!. Die Mehrzahl der Untersucher, z. B. G. Prarner (#), H. Brown (5) und Andere neigen sich indessen der Ansicht zu, dass es sich in der bei vielen Säugethieren oft zur Beobachtung kommenden » Querstrei- fung« oder »Querzeichnung« um eine spiralige Bildung handele, welche in mehr oder weniger engen Touren den Achsenfaden umgiebt. Über die Ausdehnung dieser Spiralbildung bestehen dann wieder Differenzen: nach den Einen soll dieselbe sich auch auf das Haupt- stück fortsetzen, während sie nach Anderen (Brown [5], Prarner [%], Fürst [6, 7]) nur dem Verbindungsstück zukommt. NisssinG (8) und Fürst (6, 7) behaupten, dass diese Bildung sich nur an den noch nicht ent- wickelten Spermatosomen vorfindet, den reifen Gebilden dagegen fehlt. Eben so hält Rerzıus \9) die Spermatozoen für homogen. 1 Es liegt nicht in meiner Absicht, hier eine historisch-litterarische Zusam- menstellung der Ansichten über diesen Gegenstand zu geben; ich muss in Bezug hierauf auf die Ausführungen von Rerzıus (9) und JEnsEn (47) verweisen. In meiner Abhandlung werde ich ohnehin genöthigt sein, auf die meisten früheren Angaben kritisch noch näher einzugehen, 137 330 E. Bailowitz, Außerdem sind endlich noch andere Spiralsäume (Krause [10, 11,12], Leyvie [13]), und sogar undulirende Membranen (Gisges [14, 15]) an den Spermatosomen der Säugethiere beschrieben worden. Demnach würden hauptsächlich folgende Fragen zu entscheiden sein: Ist eine Spiralbildung an der Geißel der Säugethierspermatoso- men vorhanden oder nicht? Wenn vorhanden, wie weit erstreckt sich dieselbe? Kommt sie auch der ausgebildeten, anscheinend homogenen Hülle zu? Woher kommt es, dass die an dem unreifen Spermatosom meist deutliche Querzeichnung mit der Reife des Gebildes verschwin- - det? Wird die Hülle von dieser Spiralbildung allein hergestellt oder nehmen noch andere Substanzen Antheil an der Bildung derselben ? Sind noch sonstige Spiralsäume und undulirende Membranen nach- weisbar ? Mit diesen Fragen hat sich nun in letzter Zeit Jensen (16, 17) in einer sehr bemerkenswerthen Arbeit (17) beschäftigt und dahin ent- schieden, dass in der That eine Spiralbildung vorliegt. Dieser Forscher erhielt seine Resultate durch Untersuchungen an der Ratte, einem Ob- jekt, welches auch ich (18) schon früher, vor der Veröffentlichung von JENSEN, zum Gegenstande eines genaueren Studiums gemacht hatte. Zugleich hat Jensen in dieser neuen Abhandlung (17) seine früheren Mittheilungen (19, 20) berichtigt, nachdem ich selbst dieselben zuvor in einer ausführlichen Kritik (18) bereits richtig gestellt hatte. Ich kann nun nicht umhin, einzugestehen, dass JENSEN mir in man- chen Punkten zuvorgekommen ist, und Vieles bereits gebracht hat, was ich schon vorher eruirt hatte und eigentlich in dieser Arbeit nieder- legen wollte. Indessen mache ich dieses Geständnis nicht ungern, weil durch die Übereinstimmung der Beobachtungen Jensen’s mit den meinigen eine Bürgschaft mehr für die Richtigkeit derselben gegeben wird. Ich kann mich daher in manchen Punkten in so fern auch um so kürzer fassen, als ich nur nöthig haben werde, auf die Arbeit Jensen’s und seine sehr korrekten Zeichnungen (17, Taf. XXII—XXIV) zu verweisen. Überhaupt will ich darauf verzichten, eine Detailbeschreibung der Spermatozoenformen der von mir untersuchten Arten zu liefern, wie es zum Theil ja schon von Fürst und Anderen begonnen ist, obwohl gerade eine genaue Beschreibung der so häufig zum Untersuchungs- gegenstande dienenden Säugethierspermatozoen nicht ohne Werth wäre. Vielmehr werde ich mich darauf beschränken, nur das Wichtige und allen Formen mehr oder weniger Gemeinsame hervorzuheben. Folgende Säugethierarten konnte ich in den Bereich meiner Unter- suchungen ziehen: Chiroptera: Rhinolophus Ferrum equinum K. u. Blas. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 224 Plecotus auritus K. u. Blas. Vesperugo noctula K. u. Blas. Vesperugo pipistrellus K. u. Blas. Vespertilio murinus Schreb. Inseetivora: Talpa europaea L. Maulwurf. Erinaceus europaeusL. Igel. Carnivora: Felis domestica Briss. Hauskatze. Canis familiaris L. Haushund. Meles Taxus Blas. Dachs. Lutra vulgaris Erxl. Fischotter. Rodentia: Sciurus vulgaris L. Eichhörnchen. Mus decumanus Pall. Wanderratte. Mus musculus L. Hausmaus. Lepus cuniculus L. Kaninchen. Cavia cobaya Marcgr. Meerschweinchen. Artiodactyla: Ovis aries L. Hausschaf. - Bos taurus L. Hausrind. Sus scrofa L. Hausschwein. Perissodactyla: Equus caballus L. Pferd. Ich will mit der Schilderung des Baues der ar der Chiropteren beginnen (Taf. XI). “” Wie schon Emer gefunden hat (siehe oben), verhalten sich die Spermatozoen bei den Chiropteren nicht gleich, sind vielmehr, je nach der Art, merkwürdig verschieden (cf. Vesperugo [Fig. 1—21] und Rhi- nolophus [Fig. 29—34)]). Die Species nun, bei welchen ich das von Eımer beschriebene interessante Strukturverhältnis des Verbindungs- stückes gefunden habe, sind Vesperugo pipistrellus K. u. Blas. und Vesperugo noctula K. u. Blas. Ich kann aber nicht sagen, dass ich die Querzeichnung bei der ersteren Art deutlicher gesehen habe, als bei Vesperugo noctula, und dass die letztere für diese Untersuchung weni- ger geeignet sei. Vielmehr fand ich bei letzterer Art die fragliche Struktur oft außerordentlich deutlich sichtbar. Dazu kommt, dass die Spermatosomen von V. noctula etwas größer sind, als die von V. pipi- strellus, wenn auch sonst die Samenkörper beider Thiere sich sehr gleichen (vgl. Fig. I—12 von Vesperugo noctula und Fig. 13—21 von Vesperugo pipistrellus). Ich lege daher Bi Vesperugo noc- tula der folgenden Schilderung zu Grunde. Wie bei allen Wirbelthieren, setzten sich auch bei dieser Fleder- maus die Samenkörper aus einem Kopf (X) und einer kontraktilen Geißel zusammen. An der Geißel fällt sofort das außerordentlich deutliche, von den übrigen Theilen scharf abgesetzte Verbindungs- 929 E. Ballowitz, stück! (7) auf. Schon von Li VALETTE St. GEORGE (23) giebt für die Spermatozoen der Chiropteren als charakteristisch an, dass das Ver- bindungsstück an denselben sehr deutlich sei; wir werden indessen sehen, dass dies nicht für alle Arten gilt. Bei Vesperugo noctula ist dieser Abschnitt 0,0174 mm lang, vorn quer abgeschnitten und hier 0,0048 mm breit; nach hinten hin verjüngt er sich von der Mitte ab allmählich. Verändert der Samenkörper seine Lage, so dass der ab- geplattete Kopf Kantenstellung einnimmt (Fig. 4, I), so erscheint das . Verbindungsstück sehr deutlich schmäler und zeigt eine Breite von nur 0,0009 mm. Es ergiebt sich hieraus, wie schon Eımer hervorhebt, eine auffällige Abplattung des im Verhältnis zu der Größe des Samen- körpers sehr breiten Verbindungsstückes (Fig. #, 1%). Untersucht man mit 0,8°/,iger Kochsalzlösung verdünntes Sperma aus dem Nebenhoden einer winterschlafenden Fledermaus, ohne wei- teren Zusatz mit einer guten Immersion?, so erscheinen gewöhnlich die meisten Spermatozoen auf der Strecke des Verbindungsstückes homogen und mit glatten Kontouren (Fig. 15). Die Substanz dieses Abschnittes 1 ich folge auch hier der Terminologie, welche G. Rerzıus (9) eingeführt hat, obwohl dieselbe nicht mehr mit der Struktur der Spermatozoen im Einklang steht. G. Rerzıus unterscheidet ein Verbindungsstück (= dem Mittelstück SCHWEIGGER- Seiper’s [24]), Hauptstück und Endstück. Nun ist durch die Untersuchungen A. v. Bruns’s (22) bewiesen, dass Verbindungsstück und Hauptstück von einem Achsenfaden durchzogen werden, welcher als Endstück frei zu Tage tritt. Nach meinen Untersuchungen zeigt der völlig isolirte Achsenfaden, abgesehen davon, dass er sich nach hinten hin allmählich verjüngt, auf der Strecke des Verbindungs- stückes und Hauptstückes durchaus keine Unterschiede; auch markirt sich an ihm die Grenze beider Abschnitte in keiner Weise. Die Unterschiede zwischen Ver- bindungsstück und Hauptstück sind daher lediglich auf die Hülle beschränkt. Man dürfte daher eigentlich nur die Abschnitte der Hülle mit diesen Bezeichnungen be- legen. Dazu kommt, dass bei vielen Säugern, z. B. den Chiropteren, das eigentliche »Verbindungsstück«, d. h. der Abschnitt, welcher die Geißel mit dem Kopf ver- bindet, das »Halsstück« des Achsenfadens ist. Es sei aber ferne von mir, wieder neue Bezeichnungen einführen zu wollen, 2 Ich benutzte hauptsächlich Wınker’s homogene Immersion 4/24 mit Zuhilfe- nahme des Asgr’schen Beleuchtungsapparates. Als Lichtquelle diente mir von einer weißen Wolke reflektirtes Tageslicht, oder häufiger noch direktes, durch eine matt geschliffene Fensterscheibe abgeblendetes Sonnenlicht. Mit der Anwendung künst- lichen Lichtes, welches JEnsEn (17) empfiehlt, habe ich mich hier nicht so recht befreunden können. Auch die Anwendung farbiger Gläser, welche Ta. W. EnGEL- MANN für Untersuchungen empfiehlt, bei welchen es sich um sehr zarte, auch mit starken Vergrößerungen schwer erkennbare Strukturen handelt, ließ mich nicht mehr erkennen. Ein schwach grünes, in das Ocular eingesetztes Glas macht aller- dings das direkte, durch die matte Fensterscheibe abgeblendete Sonnenlicht dem Auge angenehmer, so dass diese Untersuchungen dadurch etwas weniger anstren- gend werden, Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugelhierspermatozoen. 223 ist mattglänzend. Nur in der Mitte erkennt man immer sehr deutlich eine helle, resp. bei veränderter Einstellung, dunkle feine centrale Längslinie, auf welche ich später noch zurückkommen werde. Bei vie- len Samenkörpern gewahrt man jedoch bei genauer Beobachtung und guter Beleuchtung eine zarte, verwischte Querzeichnung, die an man- chen Elementen schärfer hervortritt und auch bei Kantenstellung der Gebilde deutlich wird. Dieser Befund, welchen man bei zahlreichen Männchen erhält, würde uns in der Erkenntnis der feineren Struktur wenig fördern. Bei anderen Männchen indessen, welche zu dem glei- chen Zeitpunkt (December bis März) getödtet wurden, fand ich ein an- deres Verhalten der Spermatozoen. Hier erschienen nur wenige Samen- körper ganz homogen, vielmehr zeigte die Mehrzahl, und viele sehr deutlich, die charakteristische »Querzeichnung«. Das Bild derselben ist sehr wechselnd und schwer zu beschreiben, giebt aber bei genauer mikroskopischer Analyse nicht unwichtige Aufschlüsse (Fig. 1—4, 8— 10,13, 1A, 18—20). | Stellt man ein mit den breiten Flächen der Deckglasfläche parallel liegendes und in einer horizontalen Ebene ausgebreitetes Verbindungs- stück bei guter Beleuchtung ein, so erkennt man neben der hellen, resp. dunklen centralen Linie (Achsenfaden, siehe unten) auf jeder Seite derselben eine Reihe heller und dunkler Punkte. Diese Punkte sind aber nicht alle gleichmäßig deutlich ; sie können an demselben Sper- matozoon an einer Stelle bald dunkler und schärfer hervortreten, an einer anderen Stelle weniger deutlich, verschwommen sein. Häufig zeichnen sich auch einige, merkwürdig zerstreut liegende Punkte durch stärkeren Glanz aus und fallen hierdurch besonders auf (Fig. 8). Bei genauem Hinsehen erkennt man nun, dass diese, wie Stückchen erscheinenden Punkte jeder Seite sich nicht entsprechen, vielmehr liegt ein dunkler Punkt der einen Seite in gleicher Höhe mit dem hel- len der anderen Seite, so dass ein Alterniren der Punkte stattfindet. Dieses Alterniren ist an den meisten Stellen sehr genau festzustellen. Bei geringer Bewegung der Mikrometerschraube gelingt es an vielen Stellen nun leicht, die dunklen Punkte der beiden Seiten mit einander in Verbindung zu bringen, so dass eine um den centralen Faden her- umgelegte spiralige Bildung auftritt. Diese beiden optischen Erschei- nungen wären nun nicht gut möglich, trotz der Feinheit der Bildung, wenn es sich um einfache, auf dem Achsenfaden aufgereihte Segmente, wie Eımer will, handelte, vielmehr geht hieraus unzweifelhaft hervor, dass eine spiralige Bildung vorliegt. Befindet sich das Verbindungsstück in Kantenstellung, blickt man also auf die schmale Seite desselben (Fig. 4, 14), so erhält man nur 224 E. Ballowitz, eine Reihe zierlicher, regelmäßiger, heller und dunkler Querstreifen: das Verbindungsstück erscheint mithin rein quergestreift. Die dunklen Querstreifen sind aber nicht, wie Emer es darstellt, von einander ge- trennt, so dass sie isolirte Segmente darstellten. Diese einfache Querstreifung des Verbindungsstückes bei Kanten- stellung, sowie das eigenthümliche Aussehen der Spiralbildung bei Ansicht von der Fläche, wobei die beiden Reihen alternirender Stück- chen auftreten, erklären sich durch die stark abgeplattete Gestalt des Verbindungsstückes. Es muss dabei natürlich auch die Spiralbildung “abgeplattet sein, so dass die bei Flächenansicht zu beiden Seiten des Achsenfadens befindlichen Theile eine größere Ausbildung erhalten haben, als die vor und hinter dem Achsenfaden von einer Seite zur anderen ziehenden Abschnitte. Dadurch erhalten die seitlichen Theile der Spirale das Aussehen kleiner Stückchen. Bei ungefährer Schätzung, so weit eine solche bei der Feinheit und der theilweisen Undeutlich- keit der Bildung möglich ist, scheinen mir am Verbindungstück ca. 20 bis 24 Spiraltouren vorhanden zu sein. Übrigens macht es bisweilen den Eindruck, dass die Windungen an einzelnen Stellen etwas mehr ausgezogen sind (Fig. 2 bei x). Auch von der Ratte hat Jexsen (17, p. 383) Ähnliches angegeben. Es ist aber nicht nur eine Spirale an dem Verbindungsstück vor- handen, sondern auch eine die Lücken derselben für gewöhnlich aus- füllende Zwischensubstanz. Denn es springen die Kanten der Spirale gewöhnlich nicht vor, sondern das Verbindungsstück erscheint glatt- randig. Besonders deutlich wird dies bei Tinktion mit Anilinfarben, z. B. mit Gentianaviolett (Fig. 5, 6)'. Es färbt sich dann bei intensiver Tinktion das Verbindungsstück ganz gleichmäßig und zeigt eine gerad- linige Begrenzung und scheinbar homogene Beschaffenheit; von der Spirale sind kaum noch Andeutungen wahrzunehmen. Dies tritt auch an solchen Spermatozoen ein, an welchen die Spiralbildung vorher sehr deutlich war, eine Erscheinung, auf welche ich bei Besprechung der Bewegung dieser Spermatozoen noch zurückkommen werde. Es muss hier also eine Zwischensubstanz vorhanden sein, welche sich mit Gen- tianaviolett eben so intensiv färbt, als die Spirale und dadurch die letztere verdeckt. Auch bei Behandlung mit Osmiumsäure, besonders mit nachfolgendem Glyceerinzusatz werden die Brechungsdifferenzen beider Substanzen ziemlich ausgeglichen, so dass die Spirale sehr un- 1 Auch in Deckglas-Trockenpräparaten, in welchen sich das Verbindungsstück Anfangs intensiv färbt, erscheint das letztere meist ganzrandig. Auch wenn die Präparate abblassen, bleiben die Kontouren geradlinig; die Spirale wird auch dann gewöhnlich nicht wieder sichtbar (Fig. 16, 21). Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 225 deutlich wird. Überhaupt ist die Osmiumsäure für die Untersuchung dieser Struktur wenig geeignet. Zusatz konzentrirter wässeriger Subli- matlösung dagegen lässt die Lichtbrechungsdifferenzen noch schärfer und klarer hervortreten. Auch Jensen (17) hebt dies für die Sperma- tozoen der Ratte hervor. _ Dieses Verhalten beider Substanzen gegen die genannten Reagen- tien giebt zugleich eine Erklärung für die merkwürdige Erscheinung, dass in dem frischen Sperma Spermatosomen mit anscheinend homo- genem Verbindungsstücke und solche mit sehr deutlicher Spirale neben einander angetroffen werden. An den Spermatozoen mit anscheinend homogenem Verbindungsstück haben eben beide Substanzen dasselbe Brechungsvermögen erhalten, so dass der betreffende Abschnitt der Geißel homogen erscheint. Dass auch an diesen Spermatozoen das Verbindungsstück in der That nicht homogen ist, dass ferner das homo- gene Aussehen auch nicht etwa dadurch hervorgerufen wird, dass die Spiraltouren so enge an einander gerückt sind, dass sie dem Auge nicht mehr abgrenzbar werden (wie Jensen |17| es für manche Säugethiere annimmt), dafür werde ich alsbald noch Beweise beibringen. Ob es sich nun in den Spermatozoen mit deutlicher Spirale um einen geringen Grad gewissermaßen physiologisch gewordener unvollkommener Aus- bildung handelt, ist möglich ; jedenfalls ist dieselbe für die Bewegungs- fähigkeit der Gebilde ohne jede Bedeutung, da sich die mit deutlicher Spirale versehenen Elemente eben so lebhaft bewegen, als die mit scheinbar homogenem Verbindungsstück. Auch vermag ich keinen Grund dafür anzugeben, dass das Zahlenverhältnis beider Formen indi- viduell so auffällig variirt. Neben diesen beiden Formen von Samenkörpern finden sich nun, was die Deutlichkeit der Spirale anbetrifft, alle möglichen Übergänge, so dass, wie oben erwähnt, das Aussehen des Verbindungsstückes ein sehr variables wird. Ich habe auf Taf. XIII versucht, in einigen genau nach dem Präparat angefertigten Abbildungen diese Verhältnisse zu veranschaulichen (Fig. 1 —4, 7—10 von Vesperugo noctula; Fig.13 bis 45, 18— 20 von Vesperugo pipistrellus). Übrigens sind diese feinen Lichtbrechungsdifferenzen durch Zeichnung sehr schwer wiederzugeben; vielleicht gelingt dies durch Mikrophotographie, welche ich nicht in Anwendung ziehen konnte, besser. Außer diesen Formen trifft man aber in dem Sperma, besonders solcher Männchen, welche gegen das Frühjahr hin untersucht werden, bei denen das Sperma also sehr lange im Nebenhoden verweilt hat, _ auch Samenkörper an, deren Verbindungsstücke deutliche Einkerbun- gen, ja bisweilen einen deutlichen Querzerfall zeigen. Die Erklärung 226 E. Ballowitz, hierfür, sowie die Bestätigung der mitgetheilten Resultate giebt uns die Untersuchung des Uterusinhaltes winterschlafender Fledermaus- weibchen. | Wie PAGENSTECHER, Ep. van BENEDEN, BENECKE, EIıMEr und Fries ge- funden haben und ich bestätigen kann (vgl. hierüber 24), fungirt bei diesen Chiropteren nach im Herbst stattgefundener Begattung der Uterus während des ganzen Winters als Receptaculum seminis. Die eigentliche Befruchtung findet erst im Frühling statt. Während der . ganzen Zeit ist dieses Organ durch gelbliches Sperma enorm aus- gedehnt, bis zur Größe einer Erbse und strotzend mit Samenkörpern angefüllt. Die letzteren bewahren ihre Beweglichkeit und Lebens- fähigkeit bis fast zuletzt und werden erst im Frühling nach statt- gehabter Befruchtung ausgestoßen. Eine Untersuchung des Inhaltes des Uterus während des Winters bei zahlreichen Exemplaren ergab mir nun, dass innerhalb desselben allmählich an sehr vielen Spermatozoen eine Art spontaner Maceration eintritt, welche je weiter gegen das Frühjahr hin, je länger also die Samenkörper im Uterus verweilen, um so allgemeiner wird und schließlich den größten Theil der Gebilde ergreift. Zwar trifft man in der Zeit vom December bis Februar noch immer zahlreiche Elemente, welche dasselbe Aussehen zeigen, wie diejenigen aus dem Vas deferens von im Herbst untersuchten Männchen. Indessen nehmen dieselben gegen das Frühjahr hin sehr merklich an Zahl ab. Statt derer findet man Spermatosomen, welche eine Veränderung des Verbindungs- stückes aufweisen, die darin besteht, dass sich Einkerbungen an dem- selben zeigen. Diese Einkerbungen besitzen Anfangs die Gestalt schmaler Spalten, welche zuerst nur spärlich, dann sehr zahlreich an den beiden Rändern des Verbindungsstückes sichtbar werden (Fig. 11, 12, 22). Auch an diesen Spalten und Einkerbungen ist nun meist sehr gut festzustellen, dass dieselben mehr oder weniger regelmäßig alter- niren. Hierdurch wird nun oft, bisweilen fast auf der ganzen Strecke des Verbindungsstückes, eine regelmäßige Spiralbildung mit engen, den Achsenfaden umgebenden Windungen sehr deutlich; die Kanten dieser Spirale springen scharf hervor (Fig. 11, 12, 22). Am besten erkennt man dies, wenn das frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirte Sperma mit Gentianaviolett gefärbt und in Wasser untersucht wird. Auch an frisch mit Gentianaviolett tingirten Deckglas- Trockenpräparaten ist diese zierliche Spirale häufig scharf zu erkennen. Diese Alteration des Verbindungsstückes ist nur dadurch zu er- klären, dass die Zwischensubstanz zuerst der Maceration anheimfällt und aufgelöst wird; hierdurch wird die Spiralbildung isolirt. Diese Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. DIT Veränderung ist zugleich der beste Beweis dafür, dass überhaupt eine Zwischensubstanz vorhanden ist, welche die Lücken zwischen der Spi- rale ausfüllt und die Kontouren glättet. Auch beweist der Umstand, dass gegen das Frühjahr hin die Spermatozoen mit anscheinend homogenem Verbindungsstück im Verhältnis zu denen mit zerfallenem an Zahl sehr zurücktreten und in dem Sperma kurz vor der Ausstoßung überhaupt recht selten geworden sind, dass auch die anscheinend homogenen Gebilde dieselbe Struktur besitzen. | Ich habe nun diese physiologische Maceration noch dadurch zu verstärken gesucht, dass ich im December getödtete Weibchen längere Zeit (zwei bis drei Wochen) in Wasser maceriren ließ; diese Methode ist mir ja auch für die Untersuchung der Samenkörper anderer Thiere sehr nützlich gewesen. Die mikroskopische Prüfung des Inhaltes des Uterus zeigte dann bei allen Spermatosomen einen Zerfall des Verbin- dungsstückes, so dass die Spirale sich meist sehr gut wahrnehmen ließ (Fig. 24, 25, 28, isolirte Verbindungsstücke, von denen Kopf und Haupt- stück abgebrochen sind; nach einem mit Safranin gefärbten Deckglas- Trockenpräparat). Viele der unter gewöhnlichen Verhältnissen untersuchten Sper- matosomen aus dem Uterus zeigen nun nicht diese regelmäßigen Ein- kerbungen, sondern lassen einen mehr unregelmäßigen Zerfall der Hülle erkennen. Kleinere oder größere Partikelchen lösen sich ab, so dass die Kontouren oft sehr unregelmäßig ausgeschnitten, wie ausge- brochen oder ausgenagt erscheinen (Fig. 17). Auch treten häufig größere oder kleinere Lücken auf, in welchen dann der Achsenfaden frei zu Tage tritt. Diese Lücken können bisweilen recht zahlreich sein; da- zwischen befinden sich dann kleinere noch erhaltene Stücke der Hülle. Hierdurch wird nun der Eindruck erzeugt, dass das Verbindungsstück aus an einander aufgereihten Stückchen, aus Segmenten besteht (Fig. 26, 27). In der That besteht es jetzt auch aus Segmenten; die Segmente sind bisweilen sogar so scharf und deutlich abgegrenzt, dass man eine Zusammensetzung auch des intakten Verbindungsstückes aus Quersegmenten nach diesem Befunde annehmen müsste, wenn man eben nicht durch genaue und eingehende Untersuchung auch die übri- gen Erscheinungsformen des Verbindungsstückes geprüft hätte (Fig. 25, 27, 28). Auffällig ist, dass diese getrennten Abschnitte häufig recht regel- mäßig angeordnet sind (Fig. 27), wenn auch nicht so gleichmäßig und regelmäßig, wie Eımer (2) sie abbildet. Die größeren Segmente zeigen übrigens sehr oft kleine seitliche Einkerbungen, zum Be- weise, dass dieselben Komplexe von Spiraltouren darstellen (Fig. 27). 3938 E. Ballowitz, Derartig zerstückelte Spermatosomen trifft man nun nicht zu selten schon im Sperma des Vas deferens mancher Männchen an, besonders gegen das Ende des Winterschlafes; es vollzieht sich hier mithin bis- weilen dieselbe Maceration im Vas deferens, welche im Uterus regel- mäßig eintritt. Solche Elemente hat Emer! (2) jedenfalls vor sich gehabt und ist es gewiss leicht verständlich, dass dieser Forscher nach einem derartigen Befund eine segmentäre Struktur des Verbindungs- stückes annahm. Diese Neigung des Verbindungsstückes, so leicht der Quere nach zu zerfallen, ist merkwürdig, wird mir aber leicht erklärlich durch die bröckelige Beschaffenheit der Hülle des Verbindungsstückes bei völlig ausgereiften Spermatosomen: die zuerst sich auflösende und ab- bröckelnde Zwischensubstanz wird oft auch Stückchen von der Spirale mit fortnehmen müssen. Daher kommt es auch, dass an dem ausge- bildeten Spermatosom die Spiralbildung sich niemals mehr in Gestalt eines isolirten Fadens, wenn auch nur auf kleinste Strecken, ablöst. Sehr wesentlich unterstützt wird diese Neigung durch die stark abge- plattete Gestalt der Spirale, so dass, wie wir gesehen haben, die Seitentheile derselben stärker ausgebildet sind. In Folge dieser bei- den Faktoren tritt die Erscheinung des Querzerfalles gerade bei den Fledermaus-Spermatozoen so sehr hervor. Wir werden dasselbe Ver- halten, wenn auch weniger ausgeprägt, auch an den Samenkörpern der anderen Säugethiere kennen lernen. Ich erinnere ferner daran, dass ich an der Spiralbildung des Verbindungsstückes mancher Vögel (25, p. +42) ganz dasselbe beobachtete. Aus dem Geschilderten geht also hervor, dass die Hülle im Ver- bindungsstück bei den genannten Chiropteren aus einer abgeplatteten, den Achsenfaden in engen regelmäßigen Windungen umgebenden Spiralbildung besteht, deren Lücken von einer Zwischensubstanz ausgefüllt werden. Diese Struktur kommt jedem ausgebildeten Spermatosom zu. Die Wichtigkeit dieses Resultates und die Subtilität dieser Struk- tur mögen die Ausführlichkeit der Darstellung und Begründung ent- schuldigen und rechtfertigen ! | In dem Vorhergehenden wurde eine feine Linie erwähnt, welche auch an dem frischen, ganz intakten Spermatosom in der Achse des ! Eimer erwähnt nicht (2), ob er den Inhalt des Vas deferens oder des Uterus der Fledermäuse untersucht hat. Da er aber seine biologische Beobachtung über die Funktion des Uterus bei winterschlafenden Fledermausweibchen mehrere Jahre später veröffentlichte, ist wohl anzunehmen, dass er nur Männchen unter- suchte. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 229 Verbindungsstückes sehr deutlich sichtbar ist. Noch deutlicher wird dieselbe oft an schwach mit Gentianaviolett gefärbten Präparaten und in Deckglas-Trockenpräparaten, wenn die Färbung der Hülle etwas verblasst ist: sie tritt dann als intensiv gefärbter, feiner, centraler Strich hervor (Fig. 6, 16, 21). Eimer (2) hat diese Linie bei den Fledermäusen zuerst gesehen und sehr richtig als Faden gedeutet. Durch die Untersuchungen A. v. Brunn’s (22) wurde dieser » Achsenfaden « dann auch bei anderen Wirbelthieren nachgewiesen. Die Bestätigung, dass diese Linie bei den Fledermäusen einem axial gelegenen Faden entspricht, gaben mir die im Uterus macerirten Spermatozoen, an welchen zwischen den Stücken, in welche die Hülle des Verbindungsstückes oft zerfällt, regelmäßig ein feiner Faden sichtbar wird (Fig. 26, 27 Af). Der Achsenfaden lässt sich nun auch an dem völlig unversehrten Spermatosom bis über das vordere quer abgeschnittene Ende des Ver- bindungsstückes hinaus verfolgen. Das vordere Ende des Verbindungs- stückes stößt nämlich nicht unmittelbar an den hinteren Kopfrand, sondern ist von demselben durch einen breiten, auch bei schwacher Vergrößerung sehr deutlichen Zwischenraum getrennt (Fig. 1—21). Bei Vesperugo noctula beträgt die Länge dieses Zwischenraumes meist 0,0009 mm. Bei Kantenstellung des Kopfes ist derselbe kürzer und nicht so deutlich, weil die Kanten des Kopfes ein wenig vorspringen (Fig. 4, 14). Einer sagt hierüber (2,p.9%, 95): »Kopf und Mittelstück der Samen- fäden gehen nicht unmittelbar und in ihrer ganzen Breite in einander über; beide sind vielmehr nur in der Mitte durch einen unendlich feinen Faden verbunden, im Übrigen aber durch einen zuweilen messbar großen Zwischenraum von einander getrennt. Jenen verbindenden Faden will ich fortan als Hals bezeichnen. Der Hals ist ungleich deutlich an den Samenfäden verschiedener Arten von Fledermäusen, sowie an verschiedenen Fäden eines und des- selben Individuums. Am schärfsten ausgesprochen traf ich ihn bei Vesperugo noctula. Er maß hier 0,0007 mm an Länge. Bei Synotus barbastellus war er in seltenen Fällen gleichfalls sehr schön zu sehen, bei Plecotus auritus dagegen meist auch mit den stärksten Vergröße- rungen nicht zu erkennen, — überall aber ist der Zwischenraum zwi- schen Kopf und Hals deutlich. « | Diesen Ausführungen Emer’s kann ich durchaus beipflichten, nicht aber der folgenden Mittheilung dieses Autors. Indem Eımer die centrale Linie im Verbindungsstück erwähnt, fährt er nämlich fort (2, p- 95): 330 E. Ballowitz, »Es würde wohl vorläufig unmöglich sein, zu entscheiden, welcher Natur diese Linie ist, wenn nicht die folgende Thatsache mit aller Be- stimmtheit für eine gewisse Deutung derselben spräche. Es findet sich nämlich dieselbe Linie zuweilen auch in den Kopf hinein, bis gegen dessen vorderes Ende hin durch den Hals fortgesetzt, und es ist somit der Hals nichts Anderes als ein freiliegendes Stück eines Gentralfadens, welcher Kopf und Mittelstück des Spermatozoon der Länge nach durchzieht. Zuweilen (Synotus) erscheint übrigens der im Kopfe gelegene Theil dieses Centralfadens um etwas dicker als “dessen Rest, was jedoch vielleicht nur die Folge optischer Verhält- nisse iSt.« Diese Beobachtung Emer’s ist nur in so fern richtig, als der feine Faden im »Halse« die Fortsetzung des Achsenfadens ist; es kann daher dieser kleine völlig frei liegende Abschnitt als »Halsstück « des Achsen- fadens bezeichnet werden. Der Zusammenhang dieses Abschnittes mit dem Achsenfaden wird oft sehr deutlich an etwas entfärbten Deckglas- Trockenpräparaten, in welchen sich die dunkle, scharf hervortretende axiale Linie kontinuirlich in das Halsstück fortsetzt (Fig. 16, 21). Nicht aber erstreckt sich der Achsenfaden noch weiter in den Kopf hinein. Man überzeugt sich hiervon leicht an Spermatozoen, von denen der Kopf abgefallen ist, wie sie im Inhalte des Uterus häufig angetroffen werden. Man sieht dann, dass aus dem vorderen quer abgeschnittenen Ende des Verbindungsstückes stiftartig ein kurzes Stück (Hls) des nack- ten Achsenfadens hervorragt, welches dieselbe Länge, wie das Hals- stück besitzt (Taf. XII, Fig. 12, 22; Taf. XIV, Fig. 36 His). An dem freien - vorderen Ende desselben befindet sich ein dunkler, stark lichtbrechen- der Endknopf (Fig. 12, 22, 2,—28; Taf. XIV, Fig. 36 EA). Besonders bei Färbung mit Gentiana- oder Dahliaviolett erkennt man, dass diese endständige Verdickung etwas breiter als der Achsenfaden und ein wenig unregelmäßig ist. Nach längerer Maceration erscheint der End- knopf, wenn der Faden sich der Deckglasfläche dicht angelegt hat, wie aus zwei Seitentheilen zusammengesetzt, so dass man den Eindruck gewinnt," dass zwei Endknöpfchen vorhanden sind (Fig. 23 Ek, Hls). Diese Verdickungen färben sich, wie der Endknopf bei anderen Wir- belthieren, mit Anilinfarben sehr leicht und intensiv; ich habe diesel- ben an kopflosen Geißeln niemals vermisst. An dem unversehrten frischen Spermatosom erkennt man den Endknopf gewöhnlich nicht, er wird von dem stark lichtbrechenden hinteren Rande des Kopfes meist verdeckt. An Spermatozoen dagegen, welche durch Osmium- säuredämpfe fixirt waren, und längere Zeit in verdünntem Glycerin gelegen hatten, habe ich ihn in situ dicht am stark aufgehellten Kopfe Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 231 in dem kleinen Einschnitte am hinteren Rande desselben oft deutlich gesehen. Er war hier von der Substanz des Kopfes durch einen sehr schmalen hellen, meist gut wahrnehmbaren Zwischenraum getrennt, welcher jedenfalls der optische Ausdruck einer Kittsubstanz ist. Inner- halb des Kopfes nun habe ich niemals eine Andeutung des Achsenfadens, weder an dem frischen noch an dem gefärbten Präparate entdecken können, und muss ich auf das Bestimmteste behaupten, dass derselbe sich, wie bei den übrigen Säugethieren, nicht in den Kopf hinein er- streckt. Der dunkle Längsstrich, welchen Emer für den Achsenfaden angesehen hat, ist der optische Ausdruck der’ konvexen Oberfläche des Kopfes. Stellt man den letzteren ganz oberflächlich ein, so er- scheint zuerst eine verschwommene dunkle Längslinie, welche sich bei Senkung des Tubus verbreitert und allmählich in die Ränder des Kopfes übergeht (Fig. 15, 18, 20). Hiermit steht die Bemerkung Eımer’s im Einklang, dass »der im Kopfe gelegene Theil des Gentralfadens etwas dicker als dessen Rest erscheint «. Auch findet sich an den isolirten Köpfen, welche in dem Sperma aus dem Uterus sehr häufig angetroffen werden, niemals ein Bruchstück des Achsenfadens anhaftend vor, stets hat sich die Geißel mit ihrem Endknopf vom Kopfe abgelöst. Auf dieses »Halsstück« des Achsenfadens und dessen Anheftung bei den Chiropteren werde ich mich später noch zu beziehen haben. Auch das hintere Ende des Verbindungsstückes ist quer abge- sehnitten und setzt sich mit seinem Hüllentheil nicht kontinuirlich in das Hauptstück fort. Bei genauer Einstellung dieser Grenze mit stärk- ster Vergrößerung erkennt man bei Vesperugo noctula einen sehr schmalen hellen Querspalt, welcher beide Abschnitte von einander trennt (Fig. I—20 Sp). An intensiv gefärbten Geißeln verwischt sich allerdings dieser Einschnitt, weil er durch die stark gefärbten Nach- bartheile verdeckt wird. Bei Sublimatzusatz zu dem ungefärbten Prä- parat wird er dagegen um so deutlicher. Eimer sagt hierüber (2, p. 95, 96): »In einzelnen Fällen (dann und wann bei Vesperugo noctula) sah ich an der Übergangsstelle zwischen Mittelstück und Schwanz gleichfalls einen Abschnitt des Centralfadens frei liegen: nachdem das Mittelstück plötzlich aufgehört hatte, setzte sich der Centralfaden isolirt eine kleine Strecke weit fort, um sich dann mit dem Schwanze zu verbinden. Für die Deutlichkeit des Centralfadens gilt selbstverständlich das- selbe, was ich in dieser Beziehung vom Halse erwähnt habe. Sehr häufig ist er gar nicht zu erkennen, oft nur mit Hilfe der schiefen Be- leuchtung. « 332 E. Ballowitz, Wenn nun auch der Achsenfaden an dem unversehrten Spermato- som in diesem Einschnitt nicht gerade sehr deutlich zu erkennen ist, so glaube ich doch, dass derselbe in dieser Spalte ganz frei liegt. Ich schließe es auch daraus, dass die Geißel sehr leicht in Folge der Mace- ration gerade an dieser Stelle zerbricht. In dem stark macerirten In- halte des Uterus im Frühling trifft man daher sehr viele Stücke, welche nur aus dem Verbindungsstücke mit dem Kopfe bestehen; der hintere Theil der Geißel ist genau an der Grenze abgebrochen. Bisweilen sieht dann noch ein kleinstes Stück des Achsenfadens am hinteren Ende des -. Verbindungsstückes hervor (Fig. 21 Af). Auch völlig isolirte, vom Kopfe befreite Verbindungsstücke, deren Hülle zerstückelt ist, mit noch wohl- erhaltenem Halsstück und Endknopf sind dann sehr häufig (Fig. 24—28). Das Hauptstück der Geißel besteht bei Vesperugo noctula aus einem Achsenfaden und einer denselben umgebenden Hülle; ein Endstück hebt sich nur sehr wenig vom Hauptstücke ab. Im vorderen Theile des Hauptstückes ist die Hülle relativ dick, kommt fast der Breite des hinteren Endes des Verbindungsstückes gleich und scheint gleich- falls ein wenig abgeplattet zu sein. Nach hinten hin verliert sie an Ausbildung, so dass bald Verjüngung des Fadens eintritt. Diese Hülle ist nun gleichfalls nicht homogen, sondern lässt schon an dem frischen Spermatosom bei geeigneter Vergrößerung an den meisten Exemplaren eine Querstreifung erkennen (Fig. 1—20). Die abwechselnd hellen und dunklen, ziemlich gleich breiten Stellen sind aber schon so zart, dass die Entscheidung, ob es sich hier um eine Spiralbildung handelt, am frischen Objekt unmöglich wird. Diese Zeichnung ist nur an dem vor- . deren dicken Theile erkennbar, nach hinten hin verschwindet sie bald. An solchen Spermatosomen, welche im Uterus längere Zeit macerirt hatten und mit Anilinfarben tingirt wurden, habe ich nun häufig ge- sehen, dass zuerst an dem vorderen Theile eine Einkerbung und eine Art Querzerfall auftrat, der sich dann oft weiter nach hinten hin er- streckte. Bisweilen ließ sich, wenn auch nur im vordersten Theile, eine ziemlich deutliche Spiralbildung erkennen, deren alternirende Kanten am Rande vorsprangen. Mehrmals erschien sogar das ganze Hauptstück bis in die Nähe des hinteren Endes wie in kleine Abschnitte zerfallen (Fig. 22 und Taf. XIV, Fig. 36). Ich halte es daher für durchaus wahr- scheinlich, dass die Hülle des Hauptstückes eine ähnliche Struktur besitzt, wie die des Verbindungsstückes. Jedenfalls ist auch im Haupt- stücke die Hülle in ganzer Ausdehnung nicht homogen. Über den Kopf dieser Spermatosomen ist wenig auszusagen. Derselbe ist länglich viereckig und abgeplattet. Von der Mitte ab wird die Abplattung nach vorn hin stärker, so dass der vordere Rand sich Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 333 allmählich zuschärft (Fig. I—21). Auch nach den beiden Seitenrändern hin findet eine geringe Zuschärfung statt, so dass die beiden Oberflächen des Kopfes von der einen zur anderen Seite konvex sind. Der etwas verdickte hintere Rand zeigt eine kleine Einkerbung, oder besser, eine grübchenartige Aushöhlung, welche von den etwas vorspringenden Ecken ein wenig überragt wird; in diese Vertiefung legt sich das End- knöpfehen des Achsenfadens hinein und wird hier, wie oben geschil- dert, durch geringe Kittsubstanz befestigt. Der nicht zugeschärfte und daher dickere hintere Rand ist stärker liehtbreehend und erscheint dunkel, so dass Eimer (2, p. 96) denselben ‚bei Plecotus auritus) als »unteres dunkles Band« bezeichnet hat. Auch berichtet dieser Forscher außerdem noch, dass er an den unteren zwei Dritttheilen des Kopfes der Spermatosomen von Synotus barbastellus und an dessen unterer Hälfte bei Plecotus auritus in der Flächenansicht zuweilen eine Eintheilung in über einander gelegene hellere und dunklere Bänder sah, ähnlich denjenigen, welche von VaLentin, HART- NACK, GROHE U. A. bei verschiedenen Säugethieren abgebildet und be- schrieben sind. Auch mir schien es bisweilen, als ob dunklere breite Querschatten am unteren Theile des Kopfes sichtbar würden, indessen waren dieselben zu undeutlich, um Bestimmtes darüber aussagen zu können. Bei Untersuchung des frischen Materiales in Wasser erschien mehrmals bei Fläehenansicht des Kopfes die periphere Zone desselben vorn und an den beiden Seiten als breiter dunkler Saum von einem schmalen hellen Inneren abgesetzt, so dass es den Eindruck machte, als bestehe hier eine Rindensubstanz und eine Innenmasse; die letztere war nach hinten hin nicht abgeschlossen. Weitere Einzelheiten konnte ich im Kopf nicht erkennen; indessen muss ich hervorheben, dass derselbe bei Vesperugo noctula und pipi- strellus seiner Kleinheit wegen ein sehr wenig günstiges Objekt bildet. In Betreff der Bewegung dieser Samenkörper kann ich hier noch eine Beobachtung mittheilen, welche für die Entscheidung der Frage, an welchen Bestandtheil des Spermatosoms bei den Säugethieren die Kontraktilität desselben gebunden ist, von größter Bedeutung ist. Die Spermatosomen von Vesperugo bewahren sowohl im Vas defe- rens als auch im Uterus bis gegen das Frühjahr hin die Fähigkeit, sich auf das lebhafteste zu bewegen. Nur kurz bevor die Ausstoßung des sehr eingedickten Spermas aus dem Uterus im Frühling erfolgt, zeigen nur noch wenige eine Bewegung, schon aus dem Grunde, weil die meisten zerfallen sind. Dass es für die Bewegungsfähigkeit vollständig gleichgültig ist, ob die Spermatosomen homogen oder sehr deutlich querstreifig erscheinen, wurde oben schon betont. In dem mit physio- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 46 234 E. Ballowitz, logischer Kochsalzlösung verdünnten Sperma habe ich häufig gesehen, dass die Samenkörper sich in kurzer Zeit in weiche entgegenstehende Massen, wie z. B. Detritus, Haufen weißer Blutkörperchen etc. senk- recht tief einbohrten, so dass nur die hinteren Abschnitte der parallel dicht neben einander liegenden Geißeln hervorragten und lebhaft hin- und herschlugen; man gewann dann den Eindruck, als ob hier lange Cilien eines Flimmerepithels in Bewegung wären. Bei den sich frei bewegenden Spermatosomen machte es, wie auch bei anderen Säuge- thieren, auf mich den Eindruck, als ob die Geißel, worauf A. v. Brunn - (22) zuerst aufmerksam gemacht hat, nur in einer Ebene schlägt, so dass die Bewegung derjenigen eines Flimmerhaares gleicht; sehr häufig sah ich auch, besonders bei den Fledermäusen, bei etwas verlangsam- ter Bewegung, die Spermatozoen sich in Kreisen oder flachen Spiralen fortbewegen. Aus dem oben Mitgetheilten p. 224) geht auch die Erklärung einer Beobachtung Emer’s (2, p. 107) hervor, welche sonst völlig räthselhaft bleiben müsste. Eımer sagt nämlich: »Eine Beobachtung machte ich noch, welche spätere Untersucher in Beziehung auf die letzterwähnte Thatsache (Ungleichheit der Deutlichkeit der Querzeichnung) berück- sichtigen möchten, und welche überhaupt für die Auffassung der Glie- derung von Wichtigkeit ist, dass nämlich diese in schlechten Zusatzflüssigkeiten, welche zugleich die Bewegung auf- heben (so z. B. beim Versuch einer Karmin- oder Anilinfärbung), verschwand, und der gewöhnlich beschriebenen homo- genen Beschaffenheit des Mittelstückes Platz machte, . während sie an den absolut frischen, sich lebhaft bewe- genden Spermatozoen hervorragend deutlich war.« Wie oben von mir ausgeführt ist, werden eben durch Zusatz von Farbstoffen die Brechungsdifferenzen zwischen Spiralbildung und Zwischensub- stanz aufgehoben, so dass das Verbindungsstück gleichmäßig gefärbt erscheint und wie homogen aussieht. Setzt man dagegen andere »schlechte Zusatzflüssigkeiten, welche zugleich die Bewegung auf- heben«, hinzu, welche aber nicht die Eigenschaft besitzen, die Bre- chungsdifferenzen zu beseitigen, wie z. B. Sublimat, so bleibt die Quer- zeichnung der sofort absterbenden Elemente erhalten, wird sogar noch deutlicher. Mit der Bewegung an sich und der Bewegungsfähigkeit der Spermatosomen hat diese Erscheinung durchaus nichts zu schaffen. Wie oft bei vielen anderen Säugethieren, z. B. dem Schaf, Hund, Stier u. a., machte ich auch bei den Fledermäusen häufig die Beob- achtung, dass Geißeln, von welchen der Kopf abgefallen war, sich längere Zeit noch auf das lebhafteste, wenn auch unregelmäßig, be- Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 235 wegten. Hierdurch wurde ja schon von früheren Beobachtern festge- stellt, dass nur der Geißel die aktive Bewegung innewohnt und der Kopf an sich für die Kontraktilität des Spermatosoms bedeutungslos ist. Die Beobachtung nun, welcher ich eine große Bedeutung beilegen muss, ist folgende. Ich sah nämlich an Spermatosomen von Vesperugo, welche dem Absterben nahe waren, dass das vordere Ende des Verbindungsstückes sich dann langsam und mühsam, gewissermaßen krampfhaft, hakenartig umbog. Hatte die Umbiegung ihren höchsten Grad erreicht, so ver- harrte das Verbindungsstück kurze Zeit auf diesem Höhepunkt der Kontraktion, um dann etwas schneller sich wieder zu strecken. Diese krampfartigen Kontraktionen konnten sich mit Zwischenpausen einige Male wiederholen, bevor definitive Ruhe eintrat. Verweilte nun die Geißel im Zustande dieser äußersten Kontraktion, dann sah ich wiederholt sehr deutlich, dass der Kopf sich im Halse da- beinachderSeite bog, nach welcher die Umbiegung statt- fand, so dass die eine Kopfkante sich auf den Rand des abgestutzten Endes der Hülle des Verbindungsstückes aufstemmte. Hierdurch wurde der halsartige Spaltraum auf dieser Seite ganz eingeengt, während er aufder ent- gegengesetzten weit klaffte. Diese Erscheinung ist nur dadurch möglich und dadurch zu erklären, dass sich der im Halse befindliche hüllenlose Abschnitt des Achsenfadens mit kontrahirt. Denn nimmt ' man an, dass der Achsenfaden nicht kontraktil ist, vielmehr nur als innere Stütze der Geißel fungirt, dass dagegen der Hülle die Kontrak- tlität innewohnt, so könnte die von mir beobachtete Erscheinung nicht eintreten, es müsste der Hals bei einfacher Umbiegung des Verbin- dungsstückes zu beiden Seiten des Achsenfadens gleich breit bleiben. Hiermit stebt jedenfalls auch die Beobachtung im Zusammenhang, welche man an frischen, bereits abgestorbenen Spermatosomen von Vesperugo noctula häufig machen kann, dass nämlich der Kopf im Halse seitlich umgebogen ist, und diese Umbiegung vorläufig noch einige Zeit bewahrt, auch wenn das Spermatosom passiv durch einen Flüssigkeits- strom bewegt und herumgerollt wird; dieselbe gleicht sich erst wieder aus, wenn postmortale Erschlaffung eingetreten ist. Es ist durch diese Beobachtung mithin die Kontrak- tilität des von der Hülle freien Abschnittes des Achsen- fadens und damit wohl des ganzen Achsenfadens bewiesen. Wenn man hiermit nun die Thatsache in Beziehung bringt, dass die Ausbildung der Hülle bei den Säugethieren so außerordentlich vari- ‘irt, während der Achsenfaden im Verhältnis zu der Größe des Sperma- 16* 236- E. Ballowitz, tosoms stets gleichmäßig und ganz charakteristisch entwickelt ist, so geht hieraus wohl mit größter Wahrscheinlichkeit hervor, dass nur der Achsenfaden derjenige Theil des Spermatosoms sein kann, welcher als Träger der sich so auffällig äußernden Kontraktilität der Säugethier- spermatosomen aufgefasst werden muss. Übrigens sei hier noch bemerkt, dass nicht nur das Verbindungs- stück, sondern auch der übrige ganze Theil der Geißel kontraktil ist. — Die Spermatozoen der anderen von mir untersuchten Chiropteren (Plecotus auritus, Vespertilio murinus) gleichen im Allgemeinen denen von Vesperugo noctula und pipistrellus, nur ist der Hals und vor Allem die Struktur der Hülle sehr viel weniger deutlich; von der letzteren erkennt man im günstigsten Falle nur eine zarte Querstreifung. Hier- von sehr abweichend gestaltet sind hingegen die Spermatosomen von Rhinolophus Ferrum equinum, deren Bau ich weiter unten noch schil- dern werde. Mit diesen bei den Chiropteren erhaltenen Befunden habe ich nun .den Bau der Elemente der anderen Säugethiere verglichen und gefun- den, dass der feinere Bau derselben im Wesentlichen überall der gleiche ist. Ausgegangen bin auch ich hier von der Untersuchung der Ratte, deren Spermatosomen ihrer Größe wegen besonders geeignet sind. Was zunächst das Verbindungsstück hetrifft, so ist ja bekannt, dass dasselbe an den dem Vas deferens ent- nommenen ausgereiften Samenelementen homogen erscheint, während es an den noch nicht ganz ausgebildeten Spermatozoen aus dem Hoden eine meist sehr deutliche Querstreifung oder Querriffelung erkennen lässt. Über das Aussehen und die Bedeutung dieser Querstreifung be- richtet Jensen nun folgendermaßen (17, p. 381): »Am Verbindungs- stücke der Samenkörper, welche den Hoden entnommen und sich in dem der fertigen Form unmittelbar vorangehenden Stadium befinden, bemerkt man oft an ganz frischen Zerzupfungspräparaten in 0,6 °/,iger Kochsalzlösung, aber auch ohne irgend welche Zusatzflüssigkeit, eine ähnliche regelmäßige Querstreifung wie die, welche Leyvie (13) und A. v. Brunv (22) an den Samenkörpern der Maus beobachtet haben. Die zahlreichen, stark lichtbrechenden, prominirenden Streifen, die sich in der ganzen Länge des Verbindungsstückes finden, sind durch kurze Zwischenräume von einander getrennt; am hinteren Theil des Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 337 Verbindungsstückes wird der Abstand der Streifen von einander ge- ‚wöhnlich nach und nach etwas größer.« (p- 382) » Sehr häufig sind sämmtliche Streifen schräg gestellt. Be- trachtet man nun die Streifen zuerst bei höherer Einstellung auf der oberen Seite des horizontal liegenden Verbindungsstückes und schraubt dann den Tubus herab, so sieht man sie oft deutlich auch auf der unteren Seite desselben und nimmt wahr, dass alle Streifen hier kon- stant die entgegengesetzte Richtung der oberen haben und mit densel- ben alterniren. Schon durch diese Beobachtung, die mit gutem Licht und guten Immersionssystemen nicht schwierig ist, überzeugt man sich bald davon, dass die vielen Streifen nicht in sich geschlossene Ringe, sondern Windungen eines einzigen langen Streifens sind, der in zahl- reichen Spiraltouren den übrigen Theil des Verbindungsstückes (den Achsenfaden) umgiebt.« Von der Richtigkeit dieser Beobachtungen Jensens und von der - Korrektheit seiner Abbildungen (17, Taf. XXID), welche diese Spirale darstellen, habe ich mich mehrfach überzeugt. Auch die Beobachtung Jexsen’s fand ich bestätigt, dass die Deutlichkeit dieser Bildung indi- viduell sehr differirt: man trifft häufig Individuen, an deren dem Hoden entnommenen Samenkörpern die Querstreifung wenig scharf hervor- tritt, ja es kann der Fall eintreten, dass die meisten Spermatozoen kaum eine Andeutung davon zeigen. Im Allgemeinen sind indessen die Querstreifen gerade bei der Ratte besonders schön zu sehen. Es - findet sich hier mithin ein ähnliches Verhalten, wie ich es oben bei den Chiropteren von den völlig ausgereiften Spermatozoen angegeben habe. Sollte nun aber diese Querriffelung trotzdem zu zart erscheinen, um über die Bedeutung derselben ein sicheres Urtheil fällen zu können, so kann ich angelegentlich ein Verfahren empfehlen, welches JEnsen zur Darstellung der Spirale angewandt hat und folgendermaßen schil- dert (17, p. 383): »Indem ich mich einer Beobachtung von SCHWEIGGER-SEIDEL (21, p-. 317) über die Einwirkung verdünnten Glycerins auf die Samenkör- per des Finken erinnerte, setzte ich nun den frischen Samenkörpern (aus dem Hoden) der Ratte dieses Reagens zu. Ich verwendete eine Mischung von einem Theil Giyc. pur. und fünf Theilen Aqua destillata. Der Spiralstreifen löste sich bei sehr vielen Samenkörpern in Form eines feinen Fadens, des Spiralfadens, von dem übrigen Theil des Verbindungsstückes ab, welcher von dem geradlinigen Centralfaden, ‚oder besser dem Achsenfaden (A. v. Bruns), gebildet ist. Derselbe _ Effekt tritt sogleich bloß durch Zusatz von Aqua destillata ein. Die _ Ablösung findet bei allen Samenkörpern und auf langen Strecken statt. 238 RB. Ballowitz, Nach Verlauf einiger Minuten sieht man sie noch besser. Ösen sind nicht häufig. Auch in solchen individuellen Fällen, wo das Verbindungs- stück in frischem Zustand bei den meisten Samenkörpern homogen oder fast homogen zu sein schien, löste sich der Spiralfaden ab und war ganz deutlich zu erkennen. Aqua destillata ist in der That ein ausgezeichnetes Mittel, wenn es sich darum handelt, eine Ablösung hervorzubringen. Nach einer Reihe von erfolglosen Versuchen mit mehr komplicirten Methoden kann ich sagen, dass wohl schwierig ein besse- res Mittel zu finden sein möchte.« Nach dem Vorgange von Jensen habe auch ich dieses Verfahren so- gleich in Anwendung gezogen; ich war überrascht durch die Deutlich- keit, mit welcher bei Wasserzusatz das fadenartige Gebilde mit seinen Spiraltouren hervortritt. Nur muss man die Vorsicht gebrauchen, die Präparate sogleich nach dem Wasserzusatz zu untersuchen. Die Spiral- bildung quillt sodann, wie mir scheint, auf und hebt sich dadurch von dem Achsenfaden ab. Hierbei kommen häufig unregelmäßigere Ab- lösungen vor, so dass die Spirale sich streckenweise in vereinzelten Touren weiter von dem Achsenfaden entfernt (cf. Jensen, 17, Taf. XXII, Fig. 5). Diese Erscheinung erinnert außerordentlich an Bilder, welche ich an den Singvögelspermatozoen, welche dem Hoden entnommen waren und einige Zeit in 0,75/,iger Kochsalzlösung gelegen hatten, er- halten und auf Taf. XIV (Fig. 25) und Taf. XV (Fig. 26, 29, 30, 32) meiner früheren Arbeit (25) dargestellt habe. Nur ist die Spirale hier viel resi- stenter, dicker und daher deutlicher als die zarte, feine und in engen Touren verlaufende Spiralbildung am Verbindungsstück der Ratte. Wirkt das Wasser einige Zeit ein, so werden die Kontouren der vom Achsenfaden abgehobenen Spirale sehr zart und undeutlich; die Bildung scheint sich zum Theil aufzulösen, zum Theil fließen benach- harte Windungen zusammen, so dass man öfters an einer Seite des Achsenfadens undeutliche streifenförmige Massen erhält. Hierdurch erklären sich die Bilder, welche Jensen (17) p. 384 und 385 beschreibt und auf Taf. XXI, Fig. 6 abbildet. Während nun in dieser Weise an den unreifen Elementen aus dem Hoden die Spiralbildung deutlich erkannt und leicht nachgewiesen werden kann, erscheinen die reifen Elemente aus dem Nebenhoden der Ratte völlig homogen und ist es nicht möglich, durch Zusatz von Reagentien die Spirale wieder sichtbar zu machen. Alle Zusatzflüssig- keiten, auch diejenigen, welche an den Samenelementen aus dem Hoden die Spirale stets deutlich machen, sind für das reife Spermatosom, selbst nach wochenlanger Einwirkung, völlig wirkungslos und lassen nicht einmal eine Andeutung einer Querstreifung hervortreten. Nur mittels Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 239 Zusatz 1%/,iger Goldchloridlösung und durch Anwendung von 9—3°/,iger Lösung von Sublimat gelang es Jexsen, bei einzelnen Samenkörpern aus Epididymis und Vas deferens die Windungen auf kürzere Strecken hin zu erkennen. Mit Recht hebt nun Jensen hervor, dass trotz dieses homogenen Aussehens die Spiralbildung doch in dem ausgebildeten Spermatosom nicht eingegangen ist, sondern als solche noch fortbe- steht, obwohl es ihm nicht gelungen ist, dieselbe wieder allgemein sichtbar zu machen und Beweise beizubringen. Der Erklärung indes- sen, welche Jensen für-diese eigenthümliche Veränderung des Verbin- dungsstückes giebt, kann ich nicht ganz beistimmen. Jensen sagt hier- über nämlich (17, p. 394): »Bei der vollständigen Ausbildung der Samenkörper werden die Windungen des Spiralfadens noch zahlreicher und rücken in Folge dessen dichter zusammen. Allmählich schließen sich auf diese Weise die Windungen sehr nahe an einander und können nur bei sehr gutem Licht und den stärksten Immersionssystemen entdeckt werden. Die Windungen scheinen nun immer eine ganz transversale Stellung zu haben, was ja ganz natürlich ist. Schließlich liegen sie so dicht zusam- men, dass sie nicht mehr von einander zu unterscheiden sind: das Verbindunssstück sieht in frischem Zustand völlig homogen aus. Dieser Process vollzieht sich nun nicht am ganzen Verbindungsstück gleich- zeitig. Zuerst nimmt der vordere Theil des Verbindungsstückes ein homogenes Aussehen an; sehr allgemein scheinen die Windungen hier bereits von Anfang an auf kürzerer oder längerer Strecke sehr dicht an einander zu liegen, so dass das Verbindungsstück fast oder ganz homogen aussieht. Im folgenden Theil des Verbindungsstückes sind sie aller- dings näher zusammengerückt, können aber doch von einander unier- schieden werden, und zwar um so deutlicher, je weiter sie nach hinten liegen. Darauf kommt dann das homogene Aussehen immer weiter nach hinten zur Geltung, bis das ganze Verbindungsstück schließlich homo- gen erscheint. Das letztere trifft man bei vielen Samenkörpern schon in dem Hoden und in Epididymis und Vas deferens ist dies bei allen Samenkörpern der Fall.« | Und weiter unten (p. 395): »Hat man sich erst einmal von der Vermehrung der Anzahl der Querstreifen und dem dichteren Zusam- menliegen derselben überzeugt, und zieht man zugleich die starke Lichtbrechung der Windungen mit in Betracht, so wird man wohl nicht so leicht eine Verschmelzung annehmen. In Folge ihres starken Re- flexes würden die dieht an einander liegenden Windungen fürs Auge ganz zusammenfließen, auch wenn sie nicht mit einander verschmolzen wären.« | 40 E. Ballowitz, Wenn auch der Verlauf der Erscheinung, das allmähliche Unsicht- barwerden der Querstreifen von vorn nach hinten hin von JEnsENx richtig beschrieben wird, so ist doch der dafür angeführte Grund nicht ganz zutreffend. Allerdings macht man die Beobachtung, dass die Spiralwindungen am Verbindungsstück der Ratte bei zunehmender Reife feiner werden und enger zusammenrücken. Ein ganz ähnliches Verhalten konnte ich ja auch an den reifenden Spermatosomen der Singvögel (25) feststellen. Indessen rücken die einzelnen Windungen bei den Säugethieren nicht so enge zusammen, dass sie unmittelbar . an einander liegen und hierdurch allein das homogene Aussehen der reifen Elemente bedingt würde. Dies beweist folgende Thatsache. Da es mir nicht gelingen wollte, durch irgend ein Reagens an der sehr resistenten Hülle der reifen Spermatozoen Veränderungen hervor- zurufen, welche auf eine Struktur derselben hätten schließen lassen, so wandte ich schließlich die energisch wirkende Methode der Fäulnis an. Hoden und Nebenhoden von Säugethieren wurden in Wasser ge- legt und einige Wochen darin belassen, bis eine nicht zu weit gehende Fäulnis eingetreten war. Um gute Präparate zu erhalten, ist es erfor- derlich, dass der Gang des Nebenhodens ganz mit Spermatozoen erfüllt ist. Alsdann wird ein Stück des Ganges der Epididymis herauspräpa- rirt und in Wasser sorgfältig abgespült. Der herausgedrückte Inhalt desselben wird sodann mit Nadeln in einem Tropfen 0,1% ,iger Lösung von Gentianaviolett zertheilt und gefärbt (über das Nähere siehe 25, p. 415, 446). Bei dieser Behandlung gelang es mir an allen Spermato- somen aus dem Nebenhoden, deren Verbindungsstück in frischem Zu- stande völlig homogen aussah, eine Struktur der Hülle darzustellen (Taf. XV, Fig. 86—90). Die vorher glatte Oberfläche des Verbindungsstückes re zuerst rauh und uneben. Diese Rauhigkeiten vertieften sich, so dass bald die Ränder eingekerbt erschienen (Fig. 86, 90 V). Bei oberflächlicher Ein- stellung wurde sodann eine Querstreifung sichtbar, welche durch dunkler und heller gefärbte, häufig sehr wenig schräg gestellte Linien hervorgerufen wurde; die dunkel violett gefärbten Linien sprangen an den Rändern vor. Diese Querstreifung war ziemlich regelmäßig und an dem ganzen Verbindungsstück sichtbar (Fig. 87—90). Bisweilen gelang es bei genauer Betrachtung, festzustellen, dass die dunklen Linien die engen Windungen einer den Achsenfaden umgebenden Spi- ralbildung darstellen. Ein Vergleich dieser Spiralbildung mit derjenigen, welche an dem noch nicht ausgebildeten Element des Hodens so deutlich ist, ergiebt nun, dass beide Bildungen durchaus identisch sind. Die Windungen Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 241 stehen an dem macerirten Verbindungsstück nicht enger als an dem Hodenelement in dem Stadium, in welchem die vorher sehr deutliche Spiralbildung beginnt, in den anscheinend homogenen Zustand des Verbindungsstückes überzugehen. Dieses Stadium findet sich im mitt- leren und besonders hinteren Theile solcher Elemente des Hodens, deren vorderer Abschnitt schon das homogene Aussehen zeigt (vgl. z. B. Jensen, 17, Taf. XXI, Fig. 1%, 15, 17). Denn wie oben ausgeführt wurde, schreitet ja die Veränderung von vorn nach hinten hin am Ver- bindungsstück vor. Es kann mithin, wie Jensen und Andere wollen, das homogene Aussehen des reifen Verbindungsstückes nicht dadurch hervorgerufen werden, dass die Spiraltouren so dicht an einander rücken, dass sie mit einander verschmelzen, oder dass sie in Folge ihrer starken Lichtbrechung für das Auge zusammenfließen und nicht mehr wahrnehmbar werden!. Dann würden die Spiraltouren sich auch durch Maceration in dieser Deutlichkeit niemals wieder darstellen lassen. Offenbar wird das Wiedererscheinen der Spiral- bildung bei Einwirkung der Maceration dadurch bedingt, ‘dass durch den Process der Maceration eine wenigerTresi- stente Zwischensubstanz zuerst aufgelöst wird, welche die Lücken zwischen den Spiraltouren ausfüllt und da- ! Obwohl Jensen (47) für diese letztere Erklärung eintritt, steht doch eine von ihm ausführlich geschilderte Beobachtung mit seiner Annahme nicht im Einklange. Zu Anfang seiner Arbeit (l. c. p. 382) heißt es: »Zweitens habe ich unter den zahl- reichen untersuchten Individuen der Ratte nicht selten solche getroffen, wo sich überhaupt eine deutliche Querstreifung des Verbindungsstückes bei nur wenigen Samenkörpern zeigte; bei den allermeisten waren die Streifen am ganzen Verbin- dungsstück viel schwieriger als sonst zu beobachten, obgleich sich die Samen- körper in demselben (noch nicht reifen) Stadium befanden, und die Hoden in beiden Fällen gesund und voll waren. Dieser Umstand könnte verhängnisvoll werden. Denn ohne gründliche Untersuchung würde man die Querstreifen ganz übersehen und glauben, dass sie sich nicht vorfänden, oder vielleicht an- nehmen, dass sämmitliche Streifen des Verbindungsstückes sehr dieht an einander lägen,so dass desswegen eine Unterscheidung derselben unmöglich sei. Die eine sowie die andere Annahme ist unrichtig. Bei recht scharfer Beobachtung habe ich mich mehrmals von dem Vorhandensein der Querstreifen überzeugt; sie liegen nicht dichter bei- sammen, sondern der Unterschied in der Lichtbrechung, wodurch sie sonst deut- lich hervortreten, ist viel geringer, so dass das Verbindungsstück homogen oder fast homogen zu sein scheint.« JENSEN giebt hier also selbst zu, dass das Aussehen des Verbindungsstückes ein scheinbar homogenes sein kann, ohne dass die Win- dungen dichter zusammen liegen. Hierdurch entzieht er seiner eigenen Annahme die Begründung, Offenbar kommt bei den Individuen, welche von vorn herein eine - undeutliche Querrifielung zeigen, die von mir nachgewiesene Zwischensubstanz früher zur Ausbildung als sonst. 242 E. Ballowitz, durch die Oberfläche glättet. Die Spirale bildet sich an dem Spermatosom zuerst aus, ist daher an den Elementen aus dem Hoden meist überall deutlich; später erst entsteht die Zwischensubstanz. Dadurch nun, dass beide Substanzen das gleiche Lichtbrechungsvermögen erhalten, wird das homogene Aussehen des Verbindungsstückes bei der Ratte hervorgerufen. Würde das Lichtbrechungsvermögen der beiden Substanzen differiren, dann würden auch dierei- fen Samenkörper, wie beiden Fledermäusen, eine Andeu- tung ihrer ursprünglich so deutlichen Struktur zeigen. Während somit die Struktur der Hülle am ausgebildeten Spermato- som keine wesentliche Veränderung erlitten hat, ist die chemische Be- schaffenheit des Verbindungsstückes doch eine ganz andere geworden. Dies geht schon aus der großen Resistenz der Hülle hervor. Es lässt sich daher an dem macerirten Spermatosom die Spiralbildung niemals mehr, auch nicht auf kleinste Strecken hin, in Gestalt eines Fadens oder fadenartigen Saumes ablösen, was ja an dem Hodenelement sehr leicht gelingt. Vielmehr ist die Beschaffenheit der Spirale eine sehr spröde und bröckelige geworden. Auch hierdurch unterscheidet sich. diese Spiralbildung von der Spirale an den Elementen der Singvögel. Wie von mir gezeigt ist (25), besitzt dieselbe bei den letzteren eine, wenigstens an dem noch nicht ganz ausgebildeten Elemente, leicht nachweisbare und nicht unbeträchtliche Elastieität und Spannung, so dass sie sich, losgelöst, leicht zusammenschnurrt. In Folge dieser bröckeligen Beschaffenheit der Hülle erhält man, ähnlich wie bei Versperugo noctula, bei Einwirkung der Fäulnismace- ration, anstatt der regelmäßigen Spirale, sehr häufig am Verbindungs- stück unregelmäßige Einkerbungen. Es kommt dabei häufig vor, dass Stücke der Hülle herausbröckeln, so dass der Achsenfaden auf diesen Strecken entblößt wird. Hierdurch kann die Hülle in Segmente zer- legt werden. Meist sind diese Segmente unregelmäßig und stellen größere Komplexe von Spiraltouren dar (Fig. 87, 88, 89). Seltener, wenigstens zu Anfang der Maceration, kommt es vor, dass die Segmente mehr regelmäßig und so klein werden, dass jedes derselben einer oder zwei Spiralwindungen entspricht (Fig. 87, im hinteren Theile des Ver- bindungsstückes, nach 22tägiger Maceration des Nebenhodens der Ratte in Wasser). Diese kleineren Segmente sind dann durch kleinere (häufig ein wenig schräg gestellte) Querspalten von einander getrennt und werden von dem Achsenfaden zusammengehalten. Mich nimmt dieser Querzerfall nun durchaus nicht Wunder, denn man muss bedenken, dass die Spiralen so flach geworden sind, dass sie fast einem Kreisringe Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 243 entsprechen; dazu kommt die bröckelige Beschaffenheit der ganzen Bildung. Ich sehe daher, wie bei den Fledermäusen, in diesem feineren Querzerfall durchaus keine auffällige Erscheinung, und möchte dies betonen, um die Möglichkeit auszuschließen, dass dieser Querzerfall als Argument gegen das Vorhandensein einer Spirale angeführt werden könnte. Bei weiter einwirkender Maceration wird schließlich die ganze Hülle aufgelöst, so dass der Achsenfaden frei vorliegt und allein übrig bleibt. Aus Obigem geht demnach hervor, dass, wie bei Vesperugo noctula und pipistrellus, auch bei der Ratte die anschei- nendhomogene Hülle des Verbindungsstückes der reifen Samenkörper aus einer Spiralbildung und einer die Lücken derselben ausfüllenden (mithin gleichfalls spiralig ange- ordneten) Zwischensubstanz besteht, welche vielleicht, wenn auch nur in dünnster Schicht, die ganze Oberfläche des Verbindungs- stückes überzieht. — | Diese bei den Ehiropteren und der Ratte aufgefundene Struktur des Verbindungsstückes habe ich nun bei allen von mir untersuchten Säugethieren nachweisen können. Überall lässt sich an den unreifen Elementen des Hodens die Spiralbildung in Gestalt einer meist sehr deutlichen Querriffelung beobachten. Bei den kleineren Formen be- darf es allerdings, wie schon Jensen für Pferd und Schaf hervorhebt, einer sehr scharfen Beobachtung und recht guten Lichtes, um ent- scheiden zu können, ob man es in der That mit Windungen zu thun hat; häufig sind die Windungen wenig hervortretend und sehen nur wie Unebenheiten aus. Eben so habe ich diese Windungen sodann bei allen darauf hin untersuchten Arten durch Maceration der ausgereiften, scheinbar homogenen Spermatosomen aus dem Nebenhoden wieder sichtbar machen können, so dass sich feststellen ließ, dass die Hülle von einer Spirale und einer Zwischensubstanz gebildet wird. Die Aus- bildung der Spirale, die Zahl und die Enge der Windungen ist jedoch, je nach der Art, verschieden. Sehr gut entwickelt fand ich die Spiral- bildung z. B. bei dem Maulwurf, an dessen Hodenelementen die Win- dungen sehr deutlich sind. Das Verbindungsstück des ausgereiften Spermatosoms aus dem Nebenhoden erscheint dagegen homogen oder zeigt nur Andeutungen seiner Struktur in Gestalt undeutlicher Quer- schatten (Fig. 37, 47). Aber auch hier gelang es mir durch Maceration leicht, die Spirale wieder darzustellen. Fig. 97—99 auf Taf. XV zeigen dieselbe z. B. an Verbindungsstücken, welche einem Nebenhoden des Maulwurfs entnommen wurden, welcher sieben Tage in Wasser mace- rirt hatte. Ein Querzerfall kam dabei häufig zur Beobachtung. D44 E. Ballowitz, Wenn daher Fürst (6, 7) und NıessınG (8) der Hülle des ausgebilde- ten Spermatosoms eine Struktur absprechen und die Spirale für eine » vorübergehende Entwicklungsform « (Fürst) erklären, so beruht dies darauf, dass die genannten Forscher die reifen Samenkörper nicht nach zweckmäßigen Methoden untersucht haben. Offenbar sind hiermit auch die älteren Beobachtungen v. Körtt- KER’S (26) und SCHWEIGGER-SEIDEL’S (24) in Verbindung zu bringen, für welche sich eine Erklärung bis jetzt eigentlich nicht recht finden ließ. v. KörLiker (26, p. 254) fand nämlich in dem Sperma einer Cyste des ' Nebenhodens vom Ochsen »neben normalen beweglichen Samenfäden Elemente, welche so degenerirt waren, dass ihre Schwänze in ihrer ganzen Länge, oder nur am vorderen Theile in Fetttröpfehen umge- wandelt waren. Solche fettig metamorphosirte Schwänze oder Bruch- stücke derselben schwammen auch viele isolirt in der Flüssigkeit um- her«. Dasselbe berichtet ScuwEIeGER-SEeweL (21, p. 322) von dem Cysteninhalt aus dem Nebenhoden des Schafbockes. »Unter den Samenkörperchen waren nur wenige erhalten, die meisten waren zer- brochen. Zunächst waren fast sämmtliche Köpfchen isolirt, dann aber auch die Mittelstücke als abgetrennte, gleich lange, stäbchenartige Gebilde zu erkennen. Der Zerfall ging jedoch hier noch weiter, indem sich die Mittelstücke in lauter kleine quadratische Stückchen auflösten.« Offenbar war hier, wie ein Blick auf die Abbildungen! beider Autoren mir sofort beweist, in den Cysten an einer Anzahl reifer Elemente die- selbe Maceration eingetreten, wie im Uterus der Fledermausweibchen. Zum Theil war wohl an diesen Spermatozoen die Spiralbildung isolirt, - zum Theil die Hülle in Querstücke zerfallen, die, in frischem Zustande untersucht, stark lichtbrechend sind. Um eine »fettige Degeneration « der Spermatozoen handelt es sich hier meiner Ansicht nach nicht. Bisweilen gelingt es übrigens bei einigen Arten, z. B. bei dem Schwein, Schafbock, Kater u. a. hier und da, an den reifen Spermato- somen besonders nach Sublimatzusatz, noch Andeutungen der Struktur der Hülle zu erkennen in Gestalt einer meist nicht sehr deutlichen Querschattirung oder auch einer Querriffelung. Bei manchen Säuge- thieren scheint dies jedoch, wie bei den obigen Chiropteren, Regel zu sein. So berichtet SELENnkA (27) von den Spermatosomen von Didelphys virginiana, dass das Vorderende derselben unter der Tauchlinse deut- liche Querstreifen zeigt. Nachdem Fürst (7) bei anderen Beutelthieren an den Hodenelementen eine Spiralbildung im Verbindungsstück nach- gewiesen hat, kann diese Querstreifung nur auf die spiralige Struktur bezogen werden. 1 v. KÖLLIKER, 1.c. Taf. XIII, Fig. 3; ScHwWEIGGER-SEIDEL, l.c. Taf. XIX, Fig. E35. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 245 Die Querstreifung, welche Emer (2) von den Spermatosomen des Kaninchens, Meerschweinchens, der Maus, des Stiers, Hundes, Katers, Hermelins und auch des Menschen erwähnt, und welche er entsprechend seiner Auffassung vom Baue der Fledermausspermatozoen als » Gliede- rung« deutet, wurde wohl in erster Linie an Hodenelementen wahrge- nommen und deckt sich mit dem optischen Ausdruck der Spirale. Nach Allem scheint wohl sicher, dass die von mir nachgewiesene Struktur des Verbindungsstückes in der Klasse der Säugethiere ganz allgemein verbreitet ist. Bei Beschreibung der Spermatosomen von Vesperugo noctula und pipistrellus wurde die sehr deutliche Abplattung des Verbindungs- stückes hervorgehoben. Auch die Samenelemente von Rhinolophus sind vorn deutlich abgeplattet. Eine ähnliche Erscheinung hat Fürsr (7) von den Spermatozoen mancher Beutelthiere beschrieben. Bei den übrigen von mir untersuchten Säugern ist die Abplattung, wenn überhaupt vorhanden, jedenfalls nur äußerst gering. JEnsEn berichtet endlich noch von einer eigenthümlichen »Scheibe«, welche als besonderer Theil des Verbindungsstückes bisweilen zur Beobachtung kommt (17, p. 4140—4A1). »Ich muss nun auch darauf aufmerksam machen, dass man nicht selten hinter den Windungen, am Ende des Verbindungsstückes, ein breites, transversal situirtes, ziemlich dickes, scheibenförmiges Gebilde von gleich starker Licht- brechung, wie das Knöpfchen wahrnimmt. Während sich der Spiral- faden bei Selbstmaceration auflöst und verschwindet, erhält sich das genannte Gebilde unverändert; man sieht dann auch deutlich, dass dasselbe scheibenförmig ist. Ich betrachte es also als ein besonderes, bisher unbekanntes Stück, das von den Querstreifen wohl zu unter- scheiden ist. Es persistirt während der folgenden Entwicklung; bei den am meisten entwickelten Samenkörpern des Hodens fand ich das- selbe wieder; es war indessen bei diesen kleiner und konnte nur da- durch, dass das hinterste Ende des Verbindungsstückes stärker licht- brechend war, erkannt werden. — Eine ähnliche Scheibe habe ich bei den noch nicht entwickelten Samenkörpern der Ratte, bei sehr genauer Untersuchung aber auch bei den fast fertigen Samenkörpern gefunden. — Manchmal war ich nicht im Stande, diese Scheibe zu ent- decken, und es ist somit nicht sicher, ob sie konstant vorkommt. Beim ‚Pferd konnte ich ihre Entstehung verfolgen; sie wird von der Cyto- plasma-Ansammlung gebildet, welche am hinteren Ende des Verbin- dungsstückes oft so lange sitzen bleibt, und zeigt sich als eine Ver- dichtung der hintersten Partie derselben« (vgl. 17, Taf. XXII, Fig. 15, 16 und Taf. XXIV, Fig. 52, 53 S). 246 E. Ballowitz, Prexant (28) scheint an reifen oder nahezu reifen Spermatozoen vom Menschen Ähnliches gesehen zu haben. Vielleicht, oder vielmehr sehr wahrscheinlich, hängt diese von Jensen beschriebene Bildung zusammen mit der Erscheinung, dass der vordere und hintere Rand des ausgebildeten Verbindungsstückes schärfer und dunkler hervortreten und immer quer, niemals schräg abgeschnitten sind. Sehr wahrscheinlich ist die erste und letzte Win- dung der Spirale des Verbindungsstückes wirklich scheibenförmig ge- worden, indem sich das freie Ende des Spiralfadens an die erste Windung angelegt hat, so dass man hier an jedem Ende von einer »Schlussscheibe« sprechen könnte. Diese Endscheiben sind aber an den ausgebildeten Samenelementen, in ihrem sonstigen Verhalten nicht von den übrigen Spiralwindungen verschieden, wie mir Deckglas- Trockenpräparate beweisen (vgl. auch Taf. XIV, Fig. 82, 83, 84). Es erinnert diese »Scheibe« übrigens sehr an ein intermediäres, stark lichtbrechendes besonderes Stück, welches ich bei manchen Rep- tilien (Lacerten) im Verbindungsstück, freilich an bisweilen wechseln- der Stelle, aufgefunden habe (vgl. hierüber 29, p. 275; Taf. XII, Fig. 89, 90,91 2). Hauptstück der Geilsel. Wie bei dem Verbindungsstück, gelang es mir auch in der Hülle des Hauptstückes bei allen daraufhin untersuchten Säugethieren durch Maceration eine Struktur nachzuweisen. Wirkt die Maceration einige Zeit ein, so verliert auch das Hauptstück die glatten Kontouren und zeigt Einkerbungen, welche am frühesten und am deutlichsten an dem vorderen Ende auftreten (Taf. XV, Fig. 86, 90). Die Hülle erscheint dadurch rauh und uneben, wie aus kleinen Querstückcehen oder ziem- lich regelmäßigen, gleich großen Körnchen zusammengesetzt, welche auf dem Achsenfaden aufgereiht sind. Sehr deutlich habe ich dies z. B. bei der Ratte, der Maus, dem Schwein, dem Maulwurf u. a. ge- sehen. Bei der Feinheit dieser Bildung ist es unmöglich zu entscheiden, ob es sich hier wirklich um Segmente handelt, oder ob auch hier eine durch Zwischensubstanz ursprünglich verdeckte Spiralbildung besteht. An besonders günstigen Stellen glaube ich den Eindruck erhalten zu haben, dass (wie bei Vesperugo noctula, siehe oben) das Letztere der Fall ist, und hier dieselbe Struktur, wie am Verbindungsstück, vorliegt. JENsen (17) kommt bei der Ratte zu demselben Resultate. Auch macht Jessen (17) darauf aufmerksam, dass die Spiralbil- dungen des Verbindungsstückes und Hauptstückes nicht kontinuirlich in einander übergehen, sondern durch einen, an den Hodenelementen Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 247 "Anfangs deutlichen, später undeutlichen Querspalt von einander ge- trennt werden, wie er sich bei den Chiropteren (Vesperugo noctula und pipistrellus) auch noch an dem ausgebildeten Samenkörper vorfindet. Hiermit hängt zusammen, dass das Verbindungsstück sich bei den meisten Säugethieren scharf von dem Hauptstück absetzt. Ausnahmen hiervon sind allerdings zu verzeichnen, wie z. B. die Spermatozoen von Rhinolophus Ferrum equinum (Taf. XII, Fig. 29). Ferner sind die Hüllen beider Abschnitte auch chemisch different, wie das verschiedene Färbungsvermögen (cf. Jensen, 17, p. 399—400) und das Verhalten gegen Macerationseingriffe beweisen. Während an den unreifen Spermatozoen aus dem Hoden die Spiralbildung des Ver- bindungsstückes, wie oben ausgeführt, leicht aufgelöst werden kann, ist in diesem Stadium die Hülle am Hauptstück schon ausgebildet und wird, selbst nach längerer Einwirkung der Reagentien, nicht alterirt. Ich finde daher die Fig. 30 und 32 auf Taf. XXIII und die Fig. 39 auf “ Taf. XXIV der Jensen'schen Arbeit (17) nicht ganz genau. Es setzen sich hier die beiden Hälften des zerspaltenen Achsenfadens direkt in den Randkontour des Hauptstückes fort. In Wahrheit aber ist der Achsenfaden dünner, als der von Jensen mit F7 bezeichnete Abschnitt, weil an diesem Abschnitt noch die bereits entwickelte Hülle hinzu- kommt. Daher erklärt sich auch, dass Jensen die Zerspaltung des Achsenfadens vermittels Essigsäure nur bis zum Anfange des Haupt- stückes gelang, weil hier die resistente Hülle eine weitere Auffaserung verhinderte. An dem ausgebildeten Samenkörper verhalten sich nun die beiden Abschnitte entgegengesetzt. Wenigstens konnte ich durch Maceration die Hülle des Hauptstückes leichter zum Schwunde bringen, als am Verbindunssstück; es wurde daher der Achsenfaden im Haupt- stück früher isolirt, als im vorderen Abschnitt der Geißel (Taf. XV, Fig. 87, 88, 89). Außer dieser Struktur im Verbindungsstück und Hauptstück habe ich nun an der Oberfläche dieser Abschnitte keine anderen Bildungen wahrnehmen können. Alle meine Untersuchungen, weiche an den noch nicht ausgebildeten, wie an den reifen Elementen auf den Nachweis eines sonstigen »Spiralsaumes« oder einer »undulirenden Membran« gerichtet waren, sind durchaus negativ ausgefallen. Bekanntlich hat Gisses (14) an den Spermatozoen mancher Säuge- thiere (Pferd, Hund, Stier, Kater, Kaninchen und Meerschweinchen) einen Faden beschrieben, welcher, ähnlich wie bei den urodelen Am- phibien, vermittels einer feinen schmalen Membran an einer Seite des - Nerbindungsstückes der Geißel angeheftet sein soll. Dieser Faden und dieser einseitig angeheftete Saum 248 E. Ballowitz, existiren nicht. Offenbar hat Gisses die oben beschriebene, an den unreifen Elementen aus dem Hoden am Verbindungsstück zur Beob- achtung kommende Spiralbildung zu dieser unrichtigen Auffassung Veranlassung gegeben. In einer späteren Mittheilung (15) berichtet Gisses, dass er diese Membran auch an frischen Spermatozoen des Menschen beobachtete, welche 12—24 Stunden nach dem Tode dem Hoden entnommen wur- den. Nach dem beigegebenen Holzschnitt zu urtheilen, unterscheidet sich dieser Saum aber wesentlich von dem früher (14) von GisBes be- schriebenen dadurch, dass die mit einem »Filament« versehene Mem- bran sehr breit ist und sich in ganzer Ausdehnung der Geißel vom Kopfe bis zur Schwanzspitze erstreckt. Obwohl nun das Vorhanden- sein dieser Membran von allen späteren Untersuchern (A. v. Brunn, Rerzıus, Jensen) ausdrücklich in Abrede gestellt ist, habe ich mich doch noch der Aufgabe unterzogen, den Inhalt des Hodens und Nebenhodens mehrerer ganz frischer menschlicher Leichen daraufhin zu untersuchen. Ich bin zu dem Resultate gekommen, dass ich den von Gisszs an den menschlichen Spermatozoen beschriebenen Saum für ein Phantasiegebilde erklären muss. Es wäre an der Zeit, diese »Beobachtungen« von GisBes, welche eine unverdiente Beachtung gefunden haben, endlich für abgethan zu betrachten. Ein anderer »Spiralsaum« ist von W. Krause (10, 11, 42) an den Spermatozoen einiger Säugethiere und auch des Menschen beschrieben worden. Derselbe soll sich als sehr zarter, schmaler Saum in, wie die beiden Abbildungen (11, 12) zeigen, unregelmäßigen, beträchtlich wei- ten Spiraltouren vom Kopfe ab an dem Verbindungsstück und Haupt- stück bis gegen das Geißelende hin ziehen. Nach Behandlung des Stier- hodens mit 1°/,iger Überosmiumsäure und der Zupfpräparate mit wässerigem Säurefuchsin, Alkohol, Nelkenöl und Dammarfirnis soll er sichtbar werden. Nach meinen Erfahrungen über die Darstellung der- artiger zarter Saumbildungen an Spermatozoen ist nun die starke Auf- hellung in Balsam, noch dazu bei der nur schwachen Fuchsinfärbung, sehr wenig geeignet. In den »Nachträgen« (11) empfiehlt W. Krause auch nur die Untersuchung in Wasser nach Osmiumsäurezusatz ohne Färbung. Je leistungsfähiger das Mikroskop, um so weiter soll man den Saum nach dem spitzen Ende des Schwanzes hin verfolgen können. Nach Allem unterscheidet sich mithin dieser Saum sehr wesentlich von der einseitig angehefteten undulirenden Membran der Tritonensper- matozoen und von der aus engen regelmäßigen Touren bestehenden Spiralbildung am Verbindungsstück der Säugethiere. Es ist mir daher nicht recht verständlich, dass W. Krause den von ihm selbst beschrie- Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Sängethierspermatozoen. 349 benen Saum mit den genannten Bildungen zusammenwerfen und identi- fieiren kann. Vor Allem kann derselbe nicht der mit Randfaden ver- sehenen Membran der urodelen Amphibien gleichgesetzt werden, wie es von dem genannten Autor geschieht. Dieser Krause’sche Saum ist nun weder von A. v. Bruxn und G. Rerzivus, noch neuerdings von Jensen bestätigt worden. Auch ich habe mich vergeblich bemüht, denselben zu sehen und bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass der Krause'scheSpiralsaum! nicht vorhandenist. Da ich für meine Untersuchungen die besten Linsen benutzte und mit Methoden arbeitete, welche mich ähnlich zarte und äußerst vergängliche Bildungen leicht auffinden ließen, wie z. B. den Saum an der Geißel mancher Knochenfische (29), so glaube ich, dass mir der Krause’sche Saum wohl kaum hätte entgehen können, wäre er vorhanden gewesen. Ich vermuthe, dass die oben beschriebene Spiral- bildung der Hülle, auf welche W. Krause bei der Beschreibung seines Saumes ja auch wiederholt Bezug nimmt, obwohl sie etwas ganz An- deres darstellt, im Verein mit kleinen der Geißel anhaftenden plas- matischen Tröpfehen diesem Autor die Veranlassung zu seiner Deutunr gegeben hat. Derartige kleine Tröpfehen habe ich bisweilen sogag dem Endstück anhaftend gesehen (1). In dieser Vermuthung werde ich noch dadurch bestärkt, dass W. Krause in seiner Mittheilung in der »Internationalen Monatsschrift« (12) hervorhebt, dass sein Saum an den noch nicht ganz reifen Gebilden sichtbar sei. | Der von Lrypic (13) an dem Verbindungsstück der Samenkörper aus dem Hoden der Hausmaus erwähnte und dargestellte »Spiralsaum« endlich ist identisch mit der oben beschriebenen Spiralbildung der Hülle im Verbindungsstück des Hodenelementes. Achsenstrang. Dieses Gebilde, welches zuerst von Einer (2) bei Ghiropteren ge- sehen und von A. v. Brunn (22) (»Achsenfaden«) bei anderen Säuge- thieren näher untersucht wurde, durchsetzt die Geißel kontinuirlich von Anfang bis zu Ende und wird auf der Strecke des Verbindungs- stückes und Hauptstückes von den beschriebenen Hüllen umgeben; am 1 Brass scheint diesen Saum nach eigener Phantasie noch vergrößert und verbessert zu haben (Dr. ArnoLp Brass, Göttingen, Tafeln zur Entwicklungsge- schichte und topographischen Anatomie des Menschen, Leipzig 1890); die beiden Abbildungen in Fig. 9 auf Taf. XII seines Bildwerkes stellen wahre Monstra von Geißelbildungen dar. Derartige Willkürlichkeiten dürften, besonders in einem _ Werke, welches Lehrzwecken dienen soll, nicht zu rechtfertigen sein, abgesehen davon, dass der Verfasser in seiner Vorrede versichert, dass die Zeichnungen » mit peinlichster Gewissenhaftigkeit« ausgeführt seien, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LII, Bd. 47 350 | E. Ballowitz, Ende des Hauptstückes tritt es, wie A. v. Brunn (22) nachgewiesen hat, als feiner Endfaden (»Endstück « nach G. Rerzıvs) frei hervor (vgl. über diesen letzteren Abschnitt 1). Bei manchen Säugethieren lässt sich dieser axiale Faden schon an dem ganz frischen Spermatosom aus dem Nebenhoden in Gestalt einer feinen hellen Linie erkennen. Es ist mir nun bei allen von mir untersuchten Säugethieren ge- lungen, diesen Achsenfaden auf mehr oder weniger große Strecken hin, sowohl im Bereiche des Verbindungsstückes, wie auch des Haupt- . stückes, bisweilen sogar in ganzer Ausdehnung, isolirt zur Anschauung zu bringen. Es geschah dies vermittels der Fäulnismaceration mit nachfolgender Färbung (siehe oben p. 240). Durch dieselbe wird zu- erst die Hülle im Hauptstück, dann auch im Verbindungsstück aufge- löst, während der Achsenfaden der Maceration lange widersteht und eine große Resistenz zeigt. Der isolirte Achsenfaden stellt einen glatten Faden dar, welcher sehr elastisch biegsam ist und sich gegen sein hin- teres Ende hin allmählich verjüngt. Derselbe färbt sich mit Gentiana- violett nur schwach, wenn auch deutlich, während die Hülle und deren Reste mit diesem Farbstoff eine intensivere, besonders im Verbindungs- stück dunkel violette Färbung annehmen; schon hierdurch lassen sich die beiden Substanzen im Präparate leicht von einander unterscheiden (Taf. XV, Fig. 86—90). Die Dicke des Achsenfadens steht in einem gewissen geraden Verhältnis zu der Größe und Länge der Spermatozoen, nicht aber zu der Ausbildung der Hülle. Manche Spermaiosomen von mittlerer Länge, z. B. die von Rhinolophus, besitzen eine relativ sehr dünne Hülle, während der feine Achsenfaden viel kleinerer Spermato- somen (Vesperugo noctula und pipistrellus) von einer außerordentlich dicken Hülle umgeben ist. In einer früheren vorläufigen Mittheilung (18) habe ich nun bereits von einem eigenthümlichen Strukturverhältnis berichtet, welches ich an dem Achsenfaden der Säugethiere aufgefunden habe. Es gelang mir nämlich an dem noch nicht ausgebildeten Spermatosom aus dem Hoden, wie auch an den reifen Spermatozoen aus dem Nebenhoden, und zwar an den letzteren durch Einwirkung der Fäulnismaceration, eine exqui- sit feinfaserige Struktur nachzuweisen. Die betreffende Stelle meiner Abhandlung (18, p. 366, 367) lautet: »Unterwirft man frische Hoden- flüssigkeit der Ratte einer sorgfältigen Untersuchung, so findet man hier und da Spermatozoen, an welchen der Achsenfaden des Verbin- dungsstückes auf Strecken der zierlichen Querriffelung entbehrt und hier, bisweilen sogar noch bei theilweise erhaltener Querriffelung, nichtselteninzweischarf hervortretende Fäden gespal- ten ist. Besonders trifft man diesen Zerfall im unteren Theile des Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 351 Verbindungsstückes, dort, wo sich auch an den entwickelten Sperma- tozoen aus dem Nebenhoden häufig dieselbe Erscheinung zeigt. Einige Male sah ich nun jede dieser Fasern deutlich wiederin zweiFäden zerfallen, so dasshierim Ganzen vier feinere Fäden vorlagen. Auch in der frisch untersuchten Hodenflüssigkeit des Schafbocks und anderer Säugethiere fand ich sehr häufig ganz genau dasselbe und sah ich hier bisweilen die beiden Fäden des Achsenstranges im Verbindungsstück der ganzen Länge nach getrennt.« »Die schönsten, einwurfsfreien Resultate erhielt ich schließlich durch energische Maceration der entwickelten Elemente aus dem Nebenhoden. Es gelang mir an den Spermatozoen der Ratte und auch anderer Säugethiere, auf den größten Theil des Verbindungsstückes und auf die ganze Strecke des Hauptstückes hin den Achsenfaden völlig zu isoliren. Häufig war nun dieser isolirte Faden auf der Strecke des Hauptstückes in zwei Fäden auf größere Strecken zerfallen, von denen sich nicht selten lange feinste Fibrillen der Länge nach ablösten. Auch im Verbin- dungsstück traf ich die beiden Fäden wieder an, die an Spermatozoen aus dem Hoden gesehen wurden. Auch hier zerfielen diese bei- den Fäden des öftern in feinste Fibrillen. Einmal sah ich sogar den ganzen oberen Theil des Achsenfadens im Ver- bindungsstück, gleich einem Bündel biegsamer Ruthen, in sieben isolirte feinste Fibrillen zerspalten.« Auf Taf. XIV und XV der vorliegenden Arbeit habe ich nun einige Befunde dargestellt, welche den angeführten Mittheilungen zu Grunde lagen. Ich will bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, zu erwähnen, dass ich gerade vom faserigen und fibrillären Zerfall des Achsenstranges bei Säugethieren eine große Anzahl von Zeichnungen bewahre, welche oft recht wunderlich aussehende, wenn auch leicht erklärliche Bildungen darstellen. Indessen kann ich auf die Publikation einer größeren An- zahl derselben verzichten, nachdern ich in meiner Monographie über die Spermatozoen der Vögel (25) auf Taf. XV— XVII diese eigenthüm- lichen Zerfallstadien und das charakteristische Aussehen der Elemen- tarübrillen hinreichend zur Darstellung gebracht habe; denn es gleichen sich, so weit sich bis jetzt urtheilen lässt, wie ich auch hier betonen möchte, die von mir aufgefundenen »Elementarfibrillen« in allen von mir untersuchten Thierklassen vollkommen. Fig. 46, 48—50, 82—85 auf Taf. XIV und Fig. 91 auf Taf. XV sind “nach Hodenpräparaten gezeichnet. Fig. 46 und 48—50 stammen aus > einem Hodenpräparat vom Maulwurf (Talpa europaea L.), welches einige Stunden in 0,8%/,iger Kochsalzlösung unter dem Deckglase gelegen KL 252 BE. Ballowitz, hatte. Die Spiralhülle im Verbindungsstück ist aufgelöst und völlig verschwunden, so dass der Achsenfaden (Af) frei liegt; derselbe zeigt sehr deutlich eine Spaltung in zwei fadenartige Hälften. Die Fig. 82, 83 zeigen dasselbe vom Hengst, Fig. 84, 85 vom Schweine, Fig. 91 vom Schafbock, nach Zusatz von verdünntem Glyce- rin zu dem Präparat und nach schwacher Tinktion mit Gentianaviolett; der mehr oder weniger isolirte Achsenstrang lässt eine Trennung in zwei Fäden erkennen. In Fig. 84 hat sich außerdem noch von der einen Hälfte eine feinste Fibrille abgelöst, welche sich im Präparat zwischen den beiden Fäden befand. Fig. 86—90 entstammen Präparaten aus dem Nebenhoden der Ratte, nachdem derselbe 16—22 Tage in Wasser macerirt hatte. Diese Zeichnungen, wie auch alle anderen, habe ich mich bemüht, mit größ- ter Naturtreue anzufertigen. Die Hülle im Verbindungsstück ist stellen- weise ausgehröckelt, so dass der blass gefärbte Achsenfaden sichtbar geworden ist. In Fig. 89 ist derselbe etwas unterhalb der Mitte des Verbindungsstückes in zwei Hälften gespalten. In Fig. 90 ist der vor- dere Theil des Verbindungsstückes abgebrochen und ein frei hervor- stehender Theil des Achsenstranges in mehrere Fasern zerlegt, die wie ein Bündel Ruthen von einander abstehen. Noch auf eine längere Strecke sind die Fasern, sieben an der Zahl, in Fig. 87 von einander getrennt. Höchst wahrscheinlich ist auch hier der vorderste Theil des Achsenfadens mit dem Endknöpfehen abgebrochen, da die Fasern sonst in dem Endknöpfehen vereint zu bleiben pflegen. In meiner ersten Mittheilung (18) habe ich nicht besonders darauf aufmerksam gemacht, dass in diesen Präparaten die Fasern nicht alle die gleiche Dicke be- saßen, vielmehr einige davon merklich dicker waren, so dass man an- nehmen musste, dass sich dieselben noch aus feineren Fibrillen zu- sammensetzten. Es ist mir inzwischen gelungen, eine noch größere Anzahl von Fasern und Fibrillen bei der Ratte isolirt zur Darstellung zu bringen; ich werde hierauf sogleich zurückkommen. Die in Fig. 86—90 dargestellten Präparate beanspruchen dadurch noch eine besondere Wichtigkeit, dass sie auch einen faserigen Zerfall - des Achsenstranges auf der Strecke des Hauptstückes zeigen. In Fig. 86 ist der Achsenstrang in diesem Abschnitt nur erst theilweise isolirt und an einer Stelle in zwei Hälften gespalten. Auch in Fig. 90 ist die Hülle noch zum Theil erhalten, der Achsenstrang im oberen Theile des Haupt- stückes aber bereits in vier ungleich dicke Fädchen getheilt. In Fig. 87, 88, 89 ist der Achsenstrang von seiner Hülle, die sich aufgelöst hat, vollständig befreit. In Fig. 87 zeigt er eine Trennung in zwei Hälften, in Fig. 88 und 89 in ganzer Länge eine Auffaserung in drei ungleich Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 253 dicke, frei flottirende Fädchen; zwei derselben sind äußerst fein und können vielleicht als Elementarfibrillen angesprochen werden. In Fig. 88 zeigt das dickere Fädchen an zwei Stellen wiederum eine Spal- tung in zwei Hälften, so dass auch hier schon vier Fasern festzustellen sind. In Fig. 89 sind die isolirten Fädchen nicht von gleicher Länge, vielmehr sind die Fibrillen merklich kürzer, als der dickere Faden. Diese Ungleichheit in der Länge, welche nur selten beobachtet wurde, ist wohl bestimmt durch die Einwirkung der Maceration zu erklären: es sind eben die hinteren Enden der isolirten feinen Fädchen derselben schon anheimgefallen und aufgelöst. Auf die lange Einwirkung der Maceration ist jedenfalls auch die Weichheit der unregelmäßig hin und her gebogenen Fibrillen zurückzuführen. Durch diese Beobachtungen ist mithin die fibrilläre Struktur des Achsenfadens im Hauptstück und Verbindungsstück bewiesen!. Es ist mir nun allerdings bei den Säugethieren nicht gelungen, den Achsen- faden in seiner ganzen Ausdehnung in Fibrillen zu zerfällen, in so übersichtlicher Weise, wie ich es an den Spermatozoen der Vögel (25) darstellen konnte; die Hülle des Achsenfadens ist bei den Säugethieren eben zu resistent und setzt dieser Untersuchung zu große Hindernisse entgegen. Dass aber auch hier, wie bei den Vögeln, alle die Fibrillen, welche im Verbindungsstück beobachtet werden, sich Kkontinuirlich ‚durch die ganze Länge des Hauptstückes erstrecken, dürfte schon dar- aus hervorgehen, dass ich niemals in der Kontinuität des Achsenstranges frei von demselben abstehende Fibrillenenden angetroffen habe. Wenn man mit diesen Befunden den von mir nachgewiesenen feinfädigen Zerfall des Endstückes (1) zusammenhält, so dürfte die von mir in meiner ersten Mittheilung (18, p. 367) aufgestellte These hin- reichend bewiesen sein, dass »der Achsenfaden aus zweineben einander liegenden, durch Kittsubstanz verbundenen 1 Wie ich in meiner früheren Mittheilung (48) bereits erwähnt habe, kann man schon in dem frischen Sperma aus dem Nebenhoden der Ratte nicht selten den fibrillären Bau des Achsenfadens feststellen. Man findet nämlich hier und da, wenn auch nicht bei allen Individuen, Spermatosomen, an welchen auf eine kleine Strecke der Achsenfaden frei liegt und hier in Fasern zerlegt ist. Die Stelle liegt ganz konstant am hinteren Ende des Verbindungsstückes an der Grenze gegen das Hauptstück hin. Es hängt diese Erscheinung jedenfalls damit zusammen, dass an dieser Stelle die Hülle, wie schon JEnsEn erwähnt, längere Zeit unvollständig bleibt, so dass hier an dem noch nicht ausgereiften Element eine Lücke besteht, welche erst kurz vor der definitiven Reife undeutlich wird. An dieser Stelle trifft man nicht zu selten eine oder beide Hälften des Achsenstranges in bisweilen zahlreiche, meist durch einander gewirrte Fasern und Fibrillen zersplittert. In allerdings seltenen Fällen sind lange, frei flottirende Fäden sogar aus der Hülle des Haupt- stückes, wie aus einer Hülse, herausgezogen. 254 E. Ballowitz, Bündeln aus feinsten Elementarfibrillen besteht, welche letzteren, wiederum durch Kittsubstanz mit einander verbunden, die ganze Spermatozoongeißel kontinuirlich von dem Anfange bis zu dem Ende des Achsenfadens durchsetzen«. Dieser faserige und fibrilläre Bau des Achsenstranges wurde außer bei der Ratte noch bei zahlreichen anderen Säugethieren von mir fest- gestellt, so bei Vesperugo noctula, Rhinolophus, dem Maulwurf, Hengst, : Schwein, Stier, Schafbock, Fischotter, Hund u. a. m. Durch den Nachweis einer fibrillären Struktur des Achsenstranges gewinnt nun die von mir oben mitgetheilte, an den Spermatozoen von Vesperugo noctula und pipistrellus gemachte Beobachtung sehr an Be- deutung; aus derselben ging hervor, dass dem Achsenfaden unzweifel- haft Kontraktilität innewohnt. Denn hierdurch ist bewiesen, dass auch an den Spermatozoen der Säugethiere derkon- traktile Theil des Elementes sich aus feinsten Elemen- tarfibrillen zusammensetzt, welche das kontraktile Organ von Anfang bis zu Ende kontinuirlich durehsetzen und sich im Übrigen genau so verhalten, wie esvon miranden kontraktilen Theilen der Samenelemente der Vögel (25), Reptilien, Amphibien und Fische (29), wie auch der Wir- bellosen (30) nachgewiesen ist. Auf die Tragweite dieser That- sachen für die Lehre von den kontraktilen Substanzen habe ich an anderer Stelle (31) schon genügend hingewiesen und kann ich hier nicht - weiter darauf eingehen. Die beiden Hälften, in welche sich, wie oben auge ithkt; der Achsenstrang im Verbindungsstück des noch nicht ausgebildeten Hoden- elementes so leicht spaltet, sind nun schon an den ausgereiften, völlig unversehrten Spermatosomen aus dem Nebenhoden von Rhinolophus Ferrum equinum K. u. Blas. sichtbar und anscheinend von einander getrennt. Untersucht man die Elemente aus dem Nebenhoden dieses Chiropters nach Fixirung durch Osmiumsäuredämpfe (Taf. XIII, Fig. 29), so erkennt man bei Flächenansicht des abgeplatteten Kopfes, dass der vordere Theil der Geißel, welcher von dem Kopfe durch einen schma- len Hals getrennt ist, von zwei dunklen fadenartigen Linien gebildet wird, welche zwischen sich einen länglichen hellen, nach hinten sich verschmälernden Raum fassen. Nach hinten hin konvergiren diese Linien allmählich, so dass der helle Raum zwischen denselben ver- schwindet. Die Kontouren dieser dunklen Linien sind nun meist nicht glatt, sondern durch Verdiekungen etwas rauh, bisweilen sogar deut- lich quergeriffelt. Durch Zusatz von Sublimatlösung tritt diese Quer- we Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 2355 riffelung noch deutlicher hervor, während die dunklen Linien an Schärfe der Begrenzung verlieren und auch der helle Raum sich verkleinert. Besonders gegen den Hals hin markiren sich am Ende dieser Linien zwei dunklere knötchenartige Punkte (Fig. 29, 30, 34 gg). Bei Konser- virung in Glycerin indessen wird die Querzeichnung fast ganz unsicht- bar, während die Fäden sehr scharf hervortreten (Fig. 30). Bei Kanten- stellung des Kopfes erscheint dieser Abschnitt der Geißel deutlich schmaler, und statt des breiten hellen Raumes ist nur eine sehr feine helle Linie wahrzunehmen. Nach hinten hin grenzt sich, wie oben bereits erwähnt, das abgeplattete Verbindungsstück nur sehr undeut- lich ab, so dass es allmählich in das Hauptstück überzugehen scheint. In der Nähe der Grenze findet sich an dem Verbindungsstück oft eine kugelige Protoplasmamasse (Fig. 29). Auf den ersten Blick macht es nun den Eindruck, dass die beiden dunklen Linien den zweien vorn von einander getrennten fadenartigen Hälften des Achsenstranges ent- sprechen. Es ist dies auch in der That der Fall und ist nicht etwa der helle Raum als optischer Ausdruck des Achsenfadens oder eines Lumens desselben aufzufassen. Denn in Macerationspräparaten ist es mir gelungen, die beiden Fäden von einander getrennt zu sehen (Fig. 35). Auch in einfachen Deckglas-Trockenpräparaten, welche in der Weise hergestellt waren, dass mit 0,75°/,iger Kochsalzlösung verdünntes, zuvor nicht fixirtes Sperma langsam angetrocknet und so- dann mit Safranin gefärbt wurde, traf ich mehrmals Spermatozoen, an welchen sich die intensiv gefärbten Fäden von einander abgelöst hatten (Fig. 33, 34). Auffällig ist nur, dass diese Trennung schwer erfolgt, und daher selten beobachtet wird. Es erklärt sich dies wohl haupt- sächlich dadurch, dass jeder Faden von einer Hülle umgeben ist, welche sich auch in den Raum zwischen den beiden Fäden erstreckt. Möglich auch, dass die beiden fadenartigen Hälften des Achsenstranges noch unter sich durch ein schmales Zwischenband mit einander zusammen- hängen, obgleich ich hiervon an den isolirten Fäden nichts habe wahr- nehmen können. Auch diese Hülle, welche allerdings nur eine geringe Dicke besitzt, entbehrt nicht einer spiraligen Struktur, wie die regel- mäßigen Verdiekungen zeigen. Dass die Hülle sich auch über den Spaltraum erstreckt, geht daraus hervor, dass in Deckglas-Trockenprä- paraten, welche mit Gentianaviolett gefärbt sind, die helle Mittellinie zuerst verschwunden ist und der vordere Theil der Geißel ziemlich "gleichmäßig gefärbt erscheint. Nur wenn die Färbung abblasst, er- scheinen die beiden Fäden wieder. Bei der zarteren Safraninfärbung treten dieselben von Anfang an um Vieles deutlicher hervor. Diese schon früher (18) aphoristisch von mir mitgetheilten Beob- 956 E. Ballowitz, achtungen über einen fibrillären Bau des Achsenstranges bei den Säugethieren sind inzwischen von Nisssing (8) (für Ratte und Stier) und von Jensen (17) (für die Ratte) bestätigt worden. Beide Beobachter haben durch Zusatz von 1°/,iger Essigsäure zu den Hodenpräparaten die Fibrillen des Achsenstranges darstellen können. Dass Fürst (7) bei seinen Untersuchungen diese Struktur nicht hat beobachten können, nimmt mich nicht Wunder; denn so ohne Weiteres, noch dazu an Spirituspräparaten, ist dieselbe nicht sichtbar. Bei der Nachprüfung der Beobachtungen Jexsen’s habe ich auch die Essigsäure in Anwendung gezogen; ich muss sagen, dass dieselbe ein ganz ausgezeichnetes Mittel ist, um die fibrilläre Struktur des Achsen- stranges im Verbindungsstück zu demonstriren. Übt man, nach Zusatz von A4°/,iger Essigsäure zu dem Hodenpräparat, wie Jensen empfiehlt, einen Druck auf das zuvor fixirte Deckgläschen aus und färbt man dann mit Gentianaviolett, so ist fast ausnahmslos an allen Spermatozoen der Achsenstrang in Fasern zerlegt; häufig bilden dieselben zierliche Schleifen oder sind zu unregelmäßigen Knäueln zusammengewirrt, wie es Jensen in hübscher Weise abgebildet hat (17, Taf. XXIIL, Fig. 30, 32, 33; Taf. XXIV, Fig. 39). Ich konnte meist neun Fasern zählen, mehr- mals jedoch noch einige mehr. Auch dann noch zeigten die Fädchen ungleiche Dicke, so dass noch eine weitere Zusammensetzung der dickeren Fasern aus feineren Elementen wahrscheinlich ist. Das Aus- sehen dieser Fibrillen, ihre Feinheit, Elastieität und Biegsamkeit ist genau dieselbe, wie ich sie bei anderen Thieren, z. B. den Vögeln (25) und Insekten (30) bereits genauer beschrieben habe. Immer sind diese Elementarfibrillen bei dieser Behandlung im Endknöpfchen und am Anfang des Hauptstückes, in welches letztere sie eintreten, vereinigt. Alle Fasern und Fibrillen erstrecken sich also ohne Unterbrechung von dem Endknopf bis zum Hauptstück;; frei hervorstehende Fibrillenenden werden niemals angetroffen, es müsste denn sein, dass eine Fibrille ein- mal zufällig zerrissen ist, was selten vorkommt. Die beiden feinsten Fibrillen in Fig. 39 auf Taf. XXIV des Jensen’schen Werkes (17) sind daher wohl nur aus dem Grunde von diesem Autor frei endigend ge* zeichnet, weil er den weiteren Verlauf derselben ihrer äußersten Fein- heit wegen im ungefärbten Präparat nicht wahrnehmen konnte. Die Fibrillen in dem Hauptstück weiter zu verfolgen und auch hier zu isoliren, ist weder Jensen noch Nısssine gelungen; denn die resistente Hülle dieses Abschnittes widersteht der Einwirkung der Essigsäure und verhindert dadurch eine weitere Zerfaserung des Achsenstranges. JEnsEn erwähnt noch eine weitere Eigenthümlichkeit des Achsen- stranges bei der Ratte, welche bei Zusatz von Essigsäure zu dem Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 257 Hodenpräparat hervortritt (17, p. 387), und welche darin besteht, dass nach Auflösung der Spirale in dem Achsenstrang im Bereiche des Ver- bindungsstückes ein Lumen sichtbar wird. Auch diese Mittheilung Jensen’s habe ich einer Nachprüfung unter- worfen. Bei Zusatz von Essigsäure zu dem Hodenpräparat findet aller- dings eine Verbreiterung des Achsenstranges statt; die Kontouren desselben treten als dunkle Linien sehr scharf hervor, wie JENSEN es auf Taf. XXII, Fig. 10 und 11 abbildet. Diese Linien sind meist so scharf begrenzt und heben sich so sehr von der hellen breiten Mittel- linie ab, dass man geneigt sein könnte, dieselben für die beiden parallel neben einander liegenden, ein wenig von einander getrennten Fibrillen- bündel zu halten. Es ist dies auch häufig der Fall, wenn sich die eine Linie aus ihrem geraden Verlaufe etwas seitlich abgebogen hat. Da die Linien aber Anfangs, bevor diese wirkliche Zerspaltung eintritt, stets parallel neben einander liegen und diese parallele Lagerung in ganzer Ausdehnung des Verbindungsstückes auch bei einer im Präparat hervorgerufenen, nicht zu starken Bewegung bewahren, kann diese Erscheinung nur darin begründet sein, dass im Achsenstrang eine Rindenschicht von einem hellen Inneren scharf abgegrenzt ist; die bei- den parallelen dunklen Linien stellen den optischen Längsschnitt durch die Rinde dar. Die volle Gewissheit nun, dass der Achsenstrang in der That röhrenförmig ist, erhielt ich aus dem Querschnittsbild solcher Achsenfäden, welche noch einem um ein Geringes früheren Entwick- lungsstadium angehörten. Es sind die von der Spirale befreiten Achsen- fäden dann noch nicht so elastisch geworden, wie später, erscheinen vielmehr weich und nachgiebig und meist unregelmäßig hin und her gebogen. Auf solchen Strecken nun, welche genau vertikal gestellt waren, erschien der optische Querschnitt in Gestalt eines dunklen Ringes, welcher ein helles Lumen umgiebt. Es ist mir sogar gelungen, die helle Innenmasse durch Färbung sichtbar zu machen. Wie oben angeführt, spaltet sich der röhrenförmige Mantel bei weiterer Essig- säure-Einwirkung leicht in zwei, dann fadenartig erscheinende Hälften. Wandte ich nun mit Gentianaviolett versetzte Essigsäure an, so er- kannte ich an Stellen, wo die Trennung noch nicht zu weit vor sich gegangen war, zwischen den beiden Fäden eine sehr schwach violett gefärbte, wenig deutlich kontourirte, sehr zarte Masse, welche konti- nuirlich in den hellen Inhalt des noch nicht gespaltenen Theiles des Achsenfadens überging. Es wird der Achsenfaden der noch nicht reifen Spermatozoen mithin von einer Rindenschicht und einer davon umschlossenen Inhaltsmasse gebildet. Die Inhaltsmasse quillt durch Essigsäurezusatz auf und treibt dadurch die Rinde aus einander. Mit 258 E. Ballowitz, fortschreitender Reife des Spermatosoms scheint die Quellbarkeit nachzulassen oder ganz aufzuhören. Diese letzteren Mittheilungen gelten für die noch nicht entwickelten Samenkörper der Ratte. Ob aber in den Achsensträngen der ausgebil- deten Spermatozoen ein Lumen vorhanden ist, lasse ich dahingestellt; ‚jedenfalls ist es, wenn vorhanden, wohl nur noch sehr gering. Ob ferner die Deutung, welche Jexsen (17) dem hellen, im Anfangsstück der Geißel bei der Ratte sichtbaren Streifen gegeben hat, auch für das ausgereifte Spermatosom dieses Thieres Geltung hat, scheint mir zwei- felhaft. In meiner ersten Mittheilung (18) habe ich gesagt, dass diese längliche hellere Stelle, die ihrem Aussehen nach an ein Nadelöhr er- innert, dadurch hervorgerufen wird, dass die beiden Fibrillenbündel des Achsenstranges ein wenig auf eine kurze Strecke von einander abrücken. In mit Gentianaviolett tingirten Deckglas-Trockenpräparaten von Macerationen sehe ich nämlich, dass an dieser Stelle der von der Hülle befreite Achsenstrang unterhalb des Endknöpfchens auf eine kurze Strecke in zwei sehr scharf hervortretende Fäden aus einander geht, welche durch einen schmalen hellen Spalt von einander getrennt sind. Wenn diese helle Stelle, wie Jensen will, einfach durch eine Aus- buchtung des Lumens entstände, so könnte in den gefärbten Deckglas- Trockenpräparaten nicht ein so scharf begrenzter, heller, ungefärbter Raum hier sichtbar werden. | Auch das lasse ich noch unentschieden, ob ein Lumen sich bei den anderen Säugethieren in den unentwickelten und den ausgereiften Spermatozoen wird nachweisen lassen; auch dürfte dieser Nachweis für die kleineren Spermatozoenformen sehr schwierig sein. Jedenfalls kann die röhrenförmige Beschaffenheit des Achsenstranges nicht als sehr wesentliches Strukturverhältnis betrachtet werden, da dieselbe manchen Formen fehlt, wie ich an dem aus zwei neben einander liegenden Fäden bestehenden vorderen Theil der Geibel von Rhinolo- phus gezeigt habe. Im Übrigen muss ich das von Jessen gegebene Querschnittsschema des Baues des Achsenstranges (17, Taf. XXIV, Fig. 43) für das noch nicht ganz ausgereifte Gebilde als zutreffend bezeichnen. Jensen stellt sich danach den Bau des Achsenstranges folgendermaßen vor (17, p. 391): »Aus den Spaltungsbildern lässt sich mit Recht der Schluss ziehen, dass der mit Lumen versehene Achsenfaden (NB. des Hodenelementes), der übrigens ganz homogen aussieht, in Wirklichkeit aus mehreren, neben einander liegenden feineren Fasern zusammengesetzt ist. Die näheren Verhältnisse dieser Struktur fasse ich in folgender Weise auf. Die fibrilläre Zusammensetzung kommt der Wand.des Achsenfadens Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 359 zu. Die letztere besteht erstens aus zwei Hälften, die mittels einer leicht löslichen Kittsubstanz verbunden sind. Denn nicht allein spaltet sich der Achsenfaden leicht der Länge nach in zwei gleich große Theile, sondern diese Hälften müssen auch sehr wohl gegen einander abge- grenzt sein; im entgegengesetzten Falle müsste man ja erwarten, dass sie, bei der Spaltung des Achsenfadens in zwei, öfters durch feinere, von der einen zur anderen Hälfte gehende Fasern zusammenhingen. Dies erinnere ich mich aber nicht beobachtet zu haben; wenigstens muss ein solcher Fall sehr selten sein!. — Jede der beiden Hälften kann man sich weiterhin als aus mehreren größeren Theilen bestehend denken, welche die ganze Dicke der Wand des Achsenfadens einneh- men und ebenfalls mittels Kittsubstanz verbunden sind. Nicht so selten fand ich nämlich, dass der Achsenfaden in mehrere gröbere Fasern ge- spalten war, welche eben so dick als die Wand des Achsenfadens waren. Auch diese Theile sind ohne Zweifel gut gegen einander abge- grenzt; sie trennen sich indessen nicht so leicht, wie die Hälften in toto. Gewöhnlich sind jedoch die Theile oder Fasern, in welche sich jede Hälfte spaltet, viel dünner als die Wand des Achsenfadens, übri- gens von verschiedener Feinheit, oft so fein, dass sie kaum zu erkennen sind. Ich muss dem zufolge annehmen, dass die einzelnen Abtheilungen jeder Hälfte wiederum aus einer Anzahl durch Kittsubstanz verbun- dener Fäserchen bestehen, welche wahrscheinlich alle von ganz außer- ordentlicher Feinheit sind; denn dass einige Fäserchen dicker als andere erscheinen, rührt gewiss nur daher, dass der Spaltungsprocess keines- wegs gleichmäßig vor sich geht; in einigen Fällen ist derselbe weniger weit fortgeschritten, als in anderen, so dass mehrere der sehr feinen Fasern noch mit einander verbunden sind und machen dann dieselben den Eindruck einer einzigen diekeren Faser; es ist denn auch eine der gewöhnlichsten Erscheinungen, dass sich eine solche verhältnis- mäßig grobe Faser streckenweise in zwei oder mehrere dünnere Fasern spaltet. Ob ich wirklich die allerfeinsten Fibrillen des Achsenfadens beobachtet habe, ist zweifelhaft. Vielleicht repräsentiren die dünnsten von mir observirten doch Bündel von noch feineren Fibrillen.« Diese Vorstellung deckt sich mit der von mir zuerst (18) gege- benen Schilderung. Die beiden Hälften der Wand entsprechen den von mir beschriebenen beiden Fibrillenbündeln. Auch über die Wahr- scheinlichkeit einer weiteren Zusammensetzung der Elementarfibrillen sind die von mir z. B. bei den Vögeln (25, p. 445) gemachten Beobach- tungen zu vergleichen. ! Auch nach meinen Erfahrungen wird dies nur selten beobachtet. 260 E. Ballowitz, An dieser Stelle möchte ich eine Bemerkung einfügen über eigen- thümliche doppelschwänzige Spermatozoen, welche ich in Deckglas- Trockenpräparaten, wenn auch nur in sehr seltenen Fällen, z. B. bei dem Schwein beobachtete (Taf. XIV, Fig. 76). Der Kopf dieser Gebilde ist merklich größer als der der gewöhnlichen Spermatozoen; an dem Hinterende derselben inseriren zwei Geißeln, die in dem gezeichneten Präparate nur im Verbindungsstück getrennt sind, hinten dagegen ver- einigt oder, was wahrscheinlich ist, durch den Process des Eintrock- nens nur mit einander verklebt sind. Ich habe derartige Formen auch mit zwei ganz freien, von einander getrennten Geißeln gesehen. Die Insertionsverhältnisse der beiden Geibeln waren nicht klar zu er- kennen. Eine Verwechslung mit zwei, nur mit ihren Köpfen an ein- ander gelagerten Spermatozoen ist in diesen Deckglas-Trockenpräpara- ten ausgeschlossen, weil derartige Zusammenlagerungen sofort durch die Färbung erkannt werden. Welche Bedeutung diese eigenthümlichen Gebilde haben, die wohl nur Monstrositäten darstellen, ob diesel- ben, was wahrscheinlich erscheint, in Verbindung zu bringen sind mit den von v. La VALETTE ST. GEORGE, BorLes LEE und mir (25, p. 451) beob- achteten » Riesenspermatozoen« {v. La VALETTE St. GEeRGE), das lasse ich dahingestellt. Hals und Halsstück. Wie oben (p. 229) von mir ausgeführt wurde, stößt an den Sperma- tosomen von Vesperugo noctula der vordere Rand des Verbindungs- stückes nicht unmittelbar an den Hinterrand des Kopfes, sondern ist von dem letzteren durch eine breitere Lücke getrennt (Taf. XIM). In diese Lücke setzt sich der Achsenstrang fort, um sich mit einem End- knöpfchen'! durch Vermittelung einer geringen Kittsubstanz, wie ich ge- zeigt habe, in einem Grübchen am Hinterrande des Kopfes festzuheften. Diese quere Spalte will ich als »Hals« bezeichnen, während ich den die Lücke durchsetzenden und hier entblößten Theil des Achsenstranges als »Halsstück « des Achsenstranges (»Hals« nach Emer [2]) benennen möchte. ! F. HERMANN (Beiträge zur Histologie des Hodens. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXIV. 1889. p. 86, 87) hat dieses Endknöpfchen am Achsenfaden der Säuge- thierspermatozoen als besonderen Abschnitt unterschieden und mit dem Namen »Mittelstück « belegt, eine Bezeichnung, welche von SCHWEIGGER-SEIDEL ursprünglich dem jetzt als » Verbindungsstück« bezeichneten Abschnitt gegeben war. Diese Unterscheidung am ausgebildeten Spermatosom ist indessen keineswegs gerecht- fertigt, da das Endknöpfchen immer einen integrirenden Bestandtheil des Achsen- fadens selbst bildet. Auch ist dieses Endknöpfchen nicht identisch mit dem »Hals- stück« des Achsenfadens, Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 361 Diesen bei den Chiropteren erhaltenen Befund glaubte ich in meiner ersten Publikation (18, p. 364) verallgemeinern zu dürfen, und habe ich dort erwähnt, dass im Halse der Säugethierspermatozoen der Achsen- faden stets frei zu Tage tritt. Bekanntlich ist der Spaltraum zwischen Kopf und Verbindungsstück, wie schon ältere Beobachter hervorgeho- ben haben, bei den einzelnen Säugethierarten sehr verschieden aus- gebildet. Bei manchen, wie z. B. bei dem Stier (Taf. XIV, Fig. 77, 78; Taf. XV, Fig. 92) ist er sehr schmal, während er bei anderen sehr deut- lieh sichtbar ist und bei den Chiropteren (Taf. XIII) ja eine auffällige Breite erlangt. JENSEN hat mich nun darauf aufmerksam gemacht, dass bei manchen Säugern überhaupt kein »Halsstück« des Achsenfadens vorhanden ist, dass vielmehr das Endknöpfehen hier zusammenfällt mit dem Ende des Verbindungsstückes. Dieser Forscher beruft sich hierbei auf Beob- achtungen an der Ratte (47, p. 386): »Nach vorn endet der Achsen- faden mit einem weiteren Knöpfchen, das viel stärker lichtbrechend ist als der übrige Achsenfaden. Gerade hinter diesem Knöpfchen be- einnt der Spiralfaden. Das Knöpfchen, das somit bei den Samenkör- pern der Ratte für sich allein auch das vorderste Ende des ganzen Schwanzes bildet, findet sich bei den ganz frischen Elementen; das- selbe ist etwas stärker lichtbrechend — beim Herabschrauben des Tubus dunkler — als die Querstreifen. Durch Goldehlorid wird es eben so wenig gefärbt, wie der Achsenfaden selbst. Mit diesem kleinen vordersten Stück hängt nun der Schwanz nicht unmittelbar mit dem Kopfe zusammen; zwischen letzterem und dem Knöpfchen findet sich in frischem Zustande konstant ein sehr kleiner Zwischenraum, der einem ähnlichen, aber größeren Zwischenraum bei den Samenkörpern des Pferdes und des Schafes entspricht, und ohne Zweifel wie dieser von einer durchsichtigen verbindenden Substanz eingenommen ist.« Durch diese Bemerkung veranlasst, habe ich die Samenkörper der Ratte einer nochmaligen Untersuchung unterzogen, und kann ich nach den Befunden, welche ich an mit Anilinfarben tingirten Deckglas- Troekenpräparaten erhalten habe, den Worten Jensev’s für die Elemente der Ratte beistimmen. Bei nicht zu intensiver Färbung tritt das dunkel tingirte Endknöpfehen am Ende des Verbindungsstückes sehr deutlich hervor und wird von dem Hinterrande des Kopfes durch eine schmale hellglänzende Substanz getrennt, welche jedenfalls eine Kittsubstanz darstellt. Bei Maceration löst sich diese Kitisubstanz auf, so dass Kopf und Endknopf getrennt werden. Bei der Ratte ist also kein »Halsstück « vorhanden und wird der »Hals«. d. i. der schmale Raum zwischen Kopf 262 E. Ballowitz, und Verbindungsstück, nur von der Kitisubstanz ausgefüllt. Es ist nun sehr wahrscheinlich, dass auch noch bei anderen Säugethieren das gleiche Verhalten besteht. So scheint mir auch bei dem Meerschwein- chen, bei welchem die Geißel bekanntlich seitlich am Hinterrande des Kopfes inserirt, kein Halsstück nachweisbar zu sein. Für bei Weitem die meisten von mir daraufhin untersuchten Säugethiere trifft dies Verhalten indessen nicht zu. Jensen (17) aller- dings behauptet das Gleiche auch von den Spermatosomen des Hengstes und des Schafbockes; ich werde hierauf sogleich zurückkommen. In meiner vorläufigen Mittheilung (18, p. 365) hatte ich nun weiter- hin ausgeführt, dass »das Halsstüek vieler Säugethiere nicht ein einfacher Fadenist, sondern von zwei Fäden gebildet wird. An besonders günstigen Objekten, wie z. B. an den Spermato- zoen des Ebers, sieht man, besonders wenn der Kopf abgefallen ist, dass aus dem Verbindungsstück zwei feine Fäden hervorkommen, welche gegen den Kopf hin etwas divergiren und von denen jeder mit einer dunklen, rauhen, knöpfchenförmigen Verdickung endigt. Mit dieser Verdickung befestigen sie sich am hinteren Ausschnitt des abgeplatteten Kopfes. Sehr deutlich sah ich diese beiden Fäden an fast allen noch nicht ganz ausgebildeten Spermatozoen aus dem Hoden des Schafbockes (Taf. XV dieser Arbeit, Fig. 91) und äußerst instruktiv an kopflosen Samenkörpern vom Maulwurf (Taf. XV, Fig. 96—99). Es waren hier die Fäden bisweilen nach entgegengesetzten Richtungen umgebogen und ließen sich meistens noch eine Strecke weit in das Verbindungsstück hinein getrennt verfolgen. Jeder Faden ist an der Spitze mit einem rauhen Knöpfchen versehen.« Auch Jensen erwähnt diese beiden Fäden an den Spermatosomen des Schafbockes, giebt denselben aber eine ganz andere Deutung (17, p. #13). »Zwischen Schwanz und Kopf sieht man, wie an den Samen- körpern des Pferdes eine deutliche, von einer ganz klaren Substanz eingenommene Zwischenpartie, die konstant vorkommt und auch bei den noch nicht entwickelten Samenkörpern des Hodens vorhanden ist. An jeder Seite ist dieselbe von einer feinen dunklen Linie begrenzt, die sich vom Umkreis des vorderen Schwanzendes in gerader Richtung bis an den Kopf erstreckt, und die ich nur als den optischen Ausdruck einer feinen Membran auffassen kann. ® Die feinen Linien hat schon ScHhwEieGEr-SEIEL beobachtet; sie machen einen Theil seiner »Grenzschicht« aus; unwahrscheinlich ist es wohl auch nicht, dass die Membran sich weiter am Kopf und Schwanz fortsetzt.« In einer Anmerkung sagt Jensen (17, p. 41%), dass man vielleicht Weitere Beobachtungen über den feineren Ban der Säugethierspermatozoen. 263 oder vielmehr wahrscheinlich ähnliche Linien an den Samenkörpern des Pferdes finden wird, dass er selbst hierüber aber keine Unter- suchungen mehr anstellen konnte. Jensen unterzieht sodann meine Mittheilung einer eingehenden Kritik. Da jede Bemerkung dieses äußerst sorgfältigen und gewissenhaften Beobachters die größte Beachtung ver- dient, habe ich es unternommen, diese recht schwierig zu entscheidende Frage einer erneuten Prüfung zu unterziehen, wenngleich ich dersel- ben nur sehr wenig Bedeutung beilege. Um ein Urtheil über die be- stehenden Differenzen zu ermöglichen, kann ich nicht umhin, die Aus- führungen Jensen’s hier wörtlich zu eitiren (17, p. 41%): »Wenn BarLowirz annimmt, dass das Endknöpfchen aus zwei neben einander liegenden Knöpfchen bestehe, so hat er vermuthlich ähnliche Bilder, wie ich von den Samenkörpern der Ratte, vor sich gehabt; nur hat man sich hierbei das eine Paar knöpfehenähnlicher Theile weg, oder mit dem anderen verschmolzen zu denken, so dass nur ein Paar »Knöpfehen« vorhanden sind. Die letzteren sind nun meiner Meinung nach nicht als zwei getrennte Theile aufzufassen und verweise ich in dieser Beziehung darauf, was ich früher (p. 390)! angeführt habe. Das 1 JEnsEn sagt hier: »Durch genauere Untersuchung entdeckte ich, dass das (End-)Knöpfchen bei den Samenkörpern der Ratte eigentlich aus zwei Partien, und zwar aus einer größeren vorderen, und einer kleineren hinteren besteht, die durch einen kleinen Zwischenraum von einander getrennt sind. Beide sind gleich stark slänzend und offenbar von sehr fester Beschaffenheit. Diese beiden Abschnitte fand ich dann auch bei den ganz frischen Samenkörpern wieder. An einem Präpa- rat, das einen Tag lang in A0/giger Essigsäure gelegen, kam mir ferner ein Fall vor, wo sich diese beiden Partien abermals in zwei neben einander liegende Theile ge- trennt zu haben schienen. Man darf jedoch kaum annehmen, dass jede Partie in der That wieder aus zwei besonderen Theilen bestehe. In diesem Falle würde die starke Verbindung mittels des Knöpfchens weniger leicht zu erklären sein. Die Sache ist dagegen in der Weise aufzufassen, dass die beiden Abschnitte des Knöpf- chens ringförmig sind, und nur bei mittlerer Einstellung den Eindruck machen, als ob jede derselben aus zwei separaten Seitentheilen gebildet sei. In frischem Zustande haben sie einen kleineren Diameter und lassen dann keine Ringform er- kennen. Ihre centrale Partie ist jedoch wohl unter allen Umständen von einer an- deren Beschaffenheit als die peripherische.« Diese Beobachtungen JEnsEn’s sind gewiss richtig und liegt es mir fern, dieselben anzweifeln zu wollen. Indessen liegen bei der Ratte ganz besondere Verhältnisse dadurch vor, dass hier das Endknöpf- chen zusammenfällt mit dem vorderen Ende des Verbindungsstückes. Ich gebe auch zu bedenken, ob nicht die hintere von JENsEn erwähnte Partie des Knöpfchens schon das Anfangsstück der Hülle des Verbindungsstückes ist, das häufig sehr resi- stent und von etwas anderem Aussehen als die übrige Hüllenmasse angetroffen wird (vgl. meine Bemerkung über »Schlussscheiben « p. 246). Die Gestalt des Endknopfes mag hier, vor Allem in seinem hinteren Theile, sehr wohl ringförmig sein, wenn ich auch glaube, dass in dem einen von JENsEn berichteten Falle durch die längere Einwirkung der Essigsäure schon eine Lockerung der beiden Fibrillenbündel im 264 E. Ballowitz, knöpfchenartige Ende des Achsenfadens ist also weiter gewesen, so dass es das Aussehen hatte, als bestehe es aus zwei besonderen, neben einander liegenden Knöpfchen. Vielleicht ist dies nur einer Alteration zuzuschreiben, vielleicht können auch derartige Fälle in frischem Zu- stande vorkommen. Dabei ist auch die unmittelbar hinter dem Knöpf- chen liegende Partie des dünnen Achsenfadens trichterförmig erweitert gewesen; das Lumen des Achsenfadens, welches sich sonst nicht zeigt, ist hier zum Vorschein gekommen und die Seitentheile dieser Partie sind dann als zwei divergirende Fäden erschienen; ja — und diese An- nahme ist vielleicht die richtigere — die beiden Seitenhälften des Achsenfadens sind hier gänzlich von einander getrennt gewesen. Diese kleine Partie hinter den beiden scheinbaren Knöpfchen bildet nicht das »Halsstück«; letzteres liegt vor den vermeintlichen Knöpfchen, zwischen denselben und dem Kopf, und wird nicht vom Achsenfaden, sondern, wie vorerwähnt, von einer klaren, durch dunklere Linien ein- gefassten Substanz eingenommen. B. hat — ich kann mich dieses Gedankens nicht erwehren — die hinter dem Knöpfchen liegende Partie mit dem davorliegenden »Halsstück« oder dem obbenannten Zwischenraum verwechselt. Und die Ursache dieser Verwechslung liegt sicherlich darin, dass B. seine Aufmerksamkeit allzu sehr auf Samen- körper mit abgefallenem Kopf gerichtet, und somit nicht bemerkt hat, dass die hinter dem Knöpfchen liegende Partie keineswegs der Partie zwischen dem Schwanz und Kopf der intakten Samenkörper ent- spricht. Hierzu kommt, dass es wirklich den Eindruck macht, als ob sich zwei feine Fäden — die freilich nicht divergiren und auch nicht mit knöpfehenförmigen Verdickungen endigen — im Raume zwischen Kopf und Schwanz fänden, nämlich die erwähnten dunklen Linien, welche diese Zwischenpartie seitlich begrenzen. Diese Linien hat wahrscheinlich B. gesehen, dieselben als Fäden gedeutet, und mit den beiden Seitenhälften des Achsenfadens hinter dem Knöpfehen zusam- mengeworfen.« Diesen Ausführungen Jensen’s kann ich nun nicht beistimmen, da mich meine erneuten Untersuchungen zu folgenden Resultaten geführt haben. Zunächst kann ich mich nicht damit einverstanden erklären, dass »die kleine Partie hinter den beiden scheinbaren Knöpfehen nicht Endknopf stattgefunden hat. Ich werde indessen nachweisen, dass bei anderen Säugern ganz bestimmt zwei Endknöpfchen vorhanden sind, und dass JENnsEn nicht berechtigt ist, diese besonderen bei der Ratte vorliegenden, und hier vielleicht durch die absonderliche Gestalt des Kopfes hervorgerufenen Insertionsverhältnisse auch auf die übrigen Säugethiere zu übertragen. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 365 das „‚Halsstück‘“ bildet, letzteres vielmehr vor den vermeintlichen Knöpf- chen, zwischen denselben und dem Kopf liegt und nicht vom Achsen- faden, sondern von einer klaren, durch dunklere Linien eingefassten Substanz eingenommen wird«. Denn ich habe in meiner ersten Mit- theilung (18, p. 364) den Begriff des »Halsstückes« des Achsenfadens dahin definirt, dass es den Theil des Achsenfadens bildet, welcher an dem vorderen Ende der Hülle des Verbindungsstückes frei hervor- tritt und den Hals durchsetzt, um sich mit dem Kopfe zu verbinden (ef. Vesperugo Taf. XII). Dass Jensen nun unter »Halsstück« den nur von der hellen Kittsubstanz eingenommenen Raum zwischen Endknopf und Kopf verstanden wissen will, kann ich nicht gut heißen. Jensen wird in der Auffassung dieser Verhältnisse offenbar zu sehr geleitet von dem bei der Ratte erhaltenen Befunde, an deren Spermatozoen eben kein » Halsstück « in meinem Sinne nachweisbar ist. Ferner muss ich hervorheben, dass die Untersuchungsmethode, welche Jensen angewandt hat, für die Entscheidung dieser Fragen nicht sehr geeignet ist. Denn, frisch oder nach Fuchsinfärbung untersucht, ist die Substanz des Kopfes, besonders im hinteren Theile, so stark licht- brechend, dass dadurch das oder die dem Hinterrande des Kopfes an- liegenden Endknöpfchen verdeckt und völlig unsichtbar werden. Auch die Linien im schmalen Halse sind bei noch erhaltenem Kopfe .dann so zart, dass sich ein Urtheil über deren Bedeutung schwer fällen lässt. Sodann erscheint meist das vorderste quer abgestutzte Ende des Ver- bindungsstückes stärker lichtbrechend, so dass hierdurch ein Endknopf vorgetäuscht werden kann. Dies wird in Hodenpräparaten um so leichter möglich, als sich hier bei Alteration der Spiralbildung von derselben vorn oft eine oder einige wenige stark lichtbrechende Spiral- touren am längsten erhalten (Taf. XIV, Fig. 82, 83, 84). So finde ich unter meinen älteren Notizen mehrmals die Angabe, dass sich gerade beim Hengst an Hodenpräparaten von der Spiralbildung häufig nur die erste Windung dicht unterhalb des Halses erhält in Gestalt eines dunk- len Querriffels, der bisweilen fast kragenartig erscheint (vgl. auch meine Bemerkung über »Schlussscheiben« des Verbindungsstückes p- 246). Ohne Zweifel hat Jensen dies für den Endknopf des Achsen- fadens gehalten (vgl. seine Taf. XXIV, Fig. 455—55 Än, Hodenelemente vom Hengst). Auch der Achsenfaden setzt sich nach den älteren Zeich- nungen, welche ich besitze, und welche gleichfalls von Hodenpräpara- ten des Hengstes angefertigt wurden (Taf. XIV, Fig. 82, 83), im Halse mit zwei Fädchen fort, um am Kopfe mit den Endknöpfchen zu enden. Diese beiden Endknöpfchen, welche oft deutlich getrennt sind, werden Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LII. Bd. 18 )66 E. Ballowitz, aber erst an den Geißeln deutlich sichtbar, von welchen der Kopf ab- gefallen ist (Fig. 83). Ich habe nun eine Methode gewählt, welche zur Entscheidung dieser Frage sehr geeignet ist und Resultate liefert, die meiner Ansicht nach keine andere Deutung zulassen. Ich fertigte nämlich von frisch durch Osmiumsäuredämpfe fixirtem Material Deckglas-Trockenpräparate an, welche entweder nur schwach mit Gentianaviolett oder Safranin gefärbt oder nach intensiver Färbung längere Zeit dem Licht ausge- setzt wurden, bis ein gewisser Grad von Entfärbung eingetreten war; das Letztere ist vorzuziehen. Alsdann ist der Anfangs intensiv tingirte Kopf wieder etwas verblasst, meist bis auf die beiden hinteren Kanten und den dazwischen liegenden intensiv gefärbten Endknopf. Man kann daher die Lage des letzteren und damit das vordere Ende des Achsen- fadens ganz genau bestimmen. Es ist selbstverständlich, dass in diesem Sinne nicht alle Präparate gelingen und die zu beschreibenden Ver- hältnisse durchaus nicht an jedem Spermatozoenkopfe deutlich werden. So stellen Fig. 77 und 78 zwei Köpfe aus dem Nebenhoden des Stieres mit dem vorderen Theil der Geißel aus einem mit Gentiana- violett gefärbten Deckglas-Trockenpräparate dar. Der sehr schmale Hals (ef. auf Taf. XV, Fig. 92) und die vordere Grenze (g) der Hülle des Verbindungsstückes sind sichtbar. Am hinteren Rande des Kopfes sind nur die beiden Ecken und dazwischen ein scharf hervortretender Punkt intensiv gefärbt. Der letztere, unzweifelhaft der Endknopf, setzt sich mit dem Verbindungsstück durch eine im Halse befindliche, in Folge der Schmalheit desselben allerdings schwer sichtbare Linie, das beim Stier äußerst kurze Halsstück des Achsenfadens, in Verbindung. Am 'isolirten Kopf fehlt der dunkle Punkt, weil sich die Geißeil stets mit ihrem Endknopf ablöst; dafür ist der kleine Ausschnitt am hinteren Kopfrande, in welchen sich der Endknopf hineinlegt, um so deutlicher (Fig. 79). | Fig. 69 entstammt einem Deckglas- Trockenpräparate aus dem Sperma des Nebenhodens vom Schafbock. Im Halse (Al) sind zwei durch einen hellen Raum von einander getrennte, aller dings meist nicht sehr deutliche Linien sichtbar. Auch Jensen bildet diese beiden Linien ab 17, Taf. XXIV, Fig. 56). Von einem Endknopf ist noch nichts zu er- (kennen, da der Hinterrand des Kopfes noch zu intensiv gefärbt ist. Wohl aber ist dieser Endknopf sehr deutlich an solchen Geißeln, von welchen der Kopf abgefallen war; dieselben wurden in den Präparaten mehrfach beobachtet (Fig. 70). Dieser Endknopf (Ek) ist breit und in- tensiv gefärbt, eine Trennung in zwei Hälften gewöhnlich nur ange- deutet. Zwischen ihm und der vorderen Grenze (g) der Hülle des Ver- Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 267 bindungsstückes sind die beiden durch einen hellen Raum von einander getrennten Fäden meist zu erkennen. Es ist also auch bei dem Schaf- bocke, entgegen der auf eine unvollkommene Beobachtungsmethode gestützten Annahme Jensen s, ein sehr deutliches, anscheinend aus zwei Fäden bestehendes »Halsstück« des Achsenfadens nachweisbar. Zur Annahme einer »feinen Membran« (Jensen) an diesem Abschnitte liegt durchaus kein Grund vor. Auch an den Spermatozoen des Menschen lässt sich nachweisen, dass der Achsenfaden durch den hier äußerst schmalen Hals hindurch- geht, um mit dem Endknöpfchen sich direkt an den hinteren Kopfrand anzukitten. Fig. 62 und 63 sind Deckglas-Trockenpräparaten entnom- men, welche vom Inhalte des Nebenhodens einer frischen Leiche nach Fixirung mit Osmiumsäuredämpfen angefertigt wurden. In Fig. 62 ist die Hülle des Achsenfadens im ganzen Bereich des Verbindungsstückes aufgelöst, wie ich es in diesen Deckglas-Trockenpräparaten vom Men- schen häufiger fand, so dass der Achsenfaden frei vom Hinterrande des Kopfes bis zum Hauptstück reicht; ein Endknöpfchen ist aber noch nicht zu erkennen, es wird von dem intensiv gefärbten Kopfe verdeckt. Wohl aber wird dasselbe sofort als breites, dunkel tingirtes, relativ großes Knöpfchen sichtbar, sobald sich der Kopf abgelöst hat (Fig. 63 ER). Besonders instruktiv sind die Fig. 52 und 53 aus einem mit Safranin gefärbten Deckglas-Trockenpräparate vom Dachs (Meles Taxus Blas.). Während an dem frischen, mit Gentianaviolett gefärbten Spermatosom im Halse (Fig. 54 Hl) nur zwei Fädchen ohne Endknopf zu erkennen sind, ist an den günstig entfärbten Deckglas-Trockenpräparaten (Fig. 52, 53) im Halse (Hl) an der Spitze jedes der beiden gut erkenn- baren Fädchen auch je ein intensiv gefärbtes Endknöpfchen sichtbar, welches dicht am hinteren Kopfrande liegt und von demselben nur durch einen sehr schmalen, aber deutlichen hellen Raum getrennt ist; der letztere muss jedenfalls als Kittsubstanz gedeutet werden. Aus dem Umstande, dass die beiden Endknöpfchen (EkEk) im Trockenprä- parate sehr scharf gesondert erscheinen, geht sicher hervor, dass wirk- lich zwei Fädchen und zwei Endknöpfchen vorhanden sind. Diese scharfe Sonderung in zwei Endknöpfchen könnte im Deckglas-Trocken- präparate nicht auftreten, wenn das Endknöpfchen hier einfach ring- förmig wäre, wie JENnsen will; denn dann müsste diese Verdickung im Trockenpräparate als breite, vor Allem ungetheilte Masse erscheinen. Mit diesen in Deckglas-Trockenpräparaten erhaltenen Befunden stimmen auch vollkommen die Resultate überein, welche mir die Unter- suchung frischer, mit Gentianaviolett gefärbter und sodann untersuch- 18* 268 E. Ballowitz, ter Spermatozoen, besonders wenn der Kopf von denselben bereits abgefallen war, ergeben hat. Die Tinktion mit einer intensiv färbenden Anilinfarbe empfiehlt sich, weil hierdurch die vordere Grenze (g) des sich stark färbenden Verbindungsstückes besser hervortritt. Während man nun an den unversehrten Spermatozoen den Hals und das vordere Ende der Hülle des Verbindungsstückes scharf erkennt, ist das End- knöpfchen noch nicht sichtbar, es wird eben durch den Hinterrand des Kopfes verdeckt. Wohl aber tritt das (einfache oder getheilte) End- knöpfchen stets sehr deutlich und intensiv gefärbt hervor, wenn der Kopf abgefallen ist. Vgl. z. B. Fig. 37, intaktes Spermatosom vom Maul- wurf; Fig. 51 dessgleichen vom Dachs; Fig. 65 dessgleichen von Lutra: das Halsstück des Achsenstranges sichtbar, indessen nicht der End- knopf. Fig. 47 vom Maulwurf, Fig. 54,55 vom Dachs, Fig. 66 von Lutra zeigen dagegen an kopflosen Geißeln die Endknöpfehen sehr deutlich (vgl. auch Fig. 69, 70 vom Schafbock, Fig. 94, 95 auf Taf. XV vom Schwein). An diesen kopflosen Geißeln erscheint dann regelmäßig zwischen dem Endknopf und der vorderen Grenze (g) der Hülle des Verbindungsstückes eine verschmälerte, eingeschnürte Stelle von genau ‚der Länge des Halses am unversehrten Spermatosom. In der Mitte der Lücke ist dann regelmäßig das einfache oder doppelte Halsstück des Achsenstranges zu erkennen. Ich verstehe daher nicht so recht, wie JENSEN diese an kopflosen Geißeln so deutliche Lücke hat verkennen und behaupten können, »dass die hinter dem Knöpfchen liegende Partie keineswegs der Partie zwischen dem Schwanz und Kopf der intakten Samenkörper entspricht«. Denn wenn auch hier, wie bei der Ratte, der Endknopf mit dem vorderen Ende des Verbindungsstückes zu- sammenfiele, woher käme es dann, dass sich an den kopflosen Geißeln regelmäßig diese Lücke hinter dem Endknopf vorfindet, da an den Spermatosomen aus dem Nebenhoden die Hülle des Verbindungsstückes, wie Jensen selbst hervorhebt, doch so resistent ist und ohne vorherige Maceration selten, und am wenigsten auch gerade an dieser Stelle defekt wird? Wenn Jensen die Existenz eines »Halsstückes« bei den Säugethieren _ leugnet, muss er naturgemäß auch die Theilung dieses »Halsstückes « im Halse in Abrede stellen. Aus obiger Beschreibung der Präparate ist aber schon ersichtlich geworden, dass sich dieselbe leicht nachweisen lässt. Besonders lehrreich sind auf Taf. XIV die Fig. 56, 46 und 48. Fig. 56 ist einem Deckglas-Trockenpräparate entnommen, welches von dem Sperma aus dem Nebenhoden des Dachses, ohne vorherige Fixi- rung durch Osmiumsäuredämpfe, nach einfacher Verdünnung mit Koch- salzlösung angefertigt wurde. Die Hülle ist in ganzer Ausdehnung des Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 269 Verbindungsstückes in Folge der Behandlung aufgelöst, so dass der Achsenfaden bis zum Hauptstück entblößt ist, während in letzterem die Hülle sich erhalten hat. Während der Achsenstrang nun in der Mitte und im hinteren Theil als einfacher Faden erscheint, ist er am vorderen Ende sehr deutlich in zwei dicht neben einander verlaufende Fädchen gespal- ten, von welchen ein jeder ein besonderes Endknöpfchen trägt. Derartige Präparate habe ich mehrmals und stets von demselben Aussehen ange- troffen. Wenn man dieses Präparat nun mit Fig. 51 und 54,55 vergleicht, so kann es nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass die beiden Linien, welche im Halse (Hl) sichtbar sind, den beiden Fäden der Fig. 56 entsprechen. Dasselbe geht auch aus der Zweizahl der Endknöpichen in Fig. 52, 53 hervor. Nicht minder beweisend sind die Fig. 46—50. Fig. 46, 48—50 entstammen Hodenpräparaten vom Maulwurf, welche einige Stunden in 0,75°/,iger Kochsalzlösung unter dem Deckglase ge- legen hatten und dann schwach mit Gentianaviolett gefärbt waren. Die Hülle im Verbindungsstück ist durch Einwirkung der Kochsalz- lösung völlig aufgelöst, so dass der Achsenstrang (Af) bis zum Haupt- stück (4) hin, dessen Hülle erhalten ist, frei liegt. In Fig. 46 geht derselbe nun vorn in zwei gleich dicke Fäden aus einander, welche sich direkt mit dem hinteren Kopfende in Verbindung setzen; End- knöpfchen sind hier noch nicht sichtbar. Wohl aber erkennt man die- selben an den Geißeln ohne Kopf in Fig. 48—50, wo jedem der beiden Fädchen ein deutliches, von dem anderen getrenntes Knöpfchen auf- sitzt. Ein Vergleich dieser Figuren mit Fig. 37 und 47 zeigt nun wiederum zur Evidenz, dass die beiden Linien im Halse (Hl) von den beiden, in Fig. 46 und 48 deutlich unterscheidbaren Fäden herrühren. Überhaupt sind die Fig. 46, 48 und 56 wichtig, weil sie zeigen, dass bei diesen und wohl auch zahlreichen anderen Säuge- thieren der Achsenstrang nach vorn in zwei fadenartige, ein wenig divergirende Hälften aus einander geht; diese Hälften erscheinen im Halse als zwei dunkle Linien. Bei manchen Thieren lassen sich diese getrennten Fäden auch an dem frischen, unversehrten Samenkörper in den Anfangstheil des Verbindungsstückes eine Strecke weit hinein verfolgen, bis sie wieder zusammenfließen. Vel. z. B. Fig. 37 und 47 vom Maulwurf, Fig. 51 und 55 vom Dachs, Fig. 65 und 66 von Lutra vulgaris. Von Rhinolophus habe ich oben angegeben, dass diese bei anderen Säugethieren nur im Halse oder in der Nähe desselben aus einander gehenden Fäden ziemlich in der ganzen Ausdehnung des Ver- bindungsstückes, so weit sich dasselbe abgrenzen lässt, von einander getrennt sind, so dass sie schon an dem frischen Samenelement sehr deutlich unterschieden werden können (Taf. XII, Fig. 29, 30, 34). Die 370 E. Ballowitz, Insertion dieser Fäden ist nun bei Rhinolophus eine eigenthümliche. Es sind nämlich die beiden Fäden, wenigstens scheint es bei den meisten Samenkörpern der Fall zu sein, vorn ungleich lang, so dass die Endknöpfchen sich in verschiedener Höhe befinden. In Fig, 29 ist von den Endknöpfehen noch nichts zu sehen; zwischen dem Hinterrande des Kopfes und der vorderen Grenze der Hülle der beiden Fäden liest der Hals; die vordere Grenze der Hülle des Fadens (gg) ist etwas verdickt und tritt in Gestalt eines Pünktchens hervor. In Fig. 30, welche nach einem Präparat gezeichnet wurde, welches längere Zeit nach Fixirung . mit Osmiumsäuredämpfen in verdünntem Glycerin gelegen hatte, ist an dem Hinterrande des stark aufgehellten Kopfes ein Endknöpfchen wahr- zunehmen; die vordere Grenze der Hülle beider Fäden (gg) ist gleich- falls sehr deutlich. In Fig. 31 (frisches mit Gentianaviolett gefärbtes Präparat) ist der Kopf abgefallen, so dass die beiden in ungleicher Höhe befindlichen Endknöpfchen (EkEk) zu sehen sind; das hintere Endknöpf- chen befindet sich ganz in der Nähe der vorderen Grenze der Hülle des zugehörigen Fadens. Häufig scheint dieses eine Endknöpfchen sogar ganz zusammenzufallen mit dieser vorderen Grenze, so dass es nicht deutlich erkannt werden kann, so lange die gleichfalls punktförmigen und deutlicher als die folgenden Querriffeln hervortretenden vorderen Enden der Hülle noch tingirt sind (Fig. 32, wo nur das eine Endknöpf- chen sichtbar ist). Nur wenn die Hülle ganz verblasst ist, treten die beiden Endknöpfchen scharf hervor, wie ich es in einigen mit Safranin gefärbten Deckglas-Trockenpräparaten fast an jedem Spermatosom ge- sehen habe (Fig. 33 und 34). Man erkennt, dass der vordere Endknopf des einen Fadens nur durch einen sehr schmalen Zwischenraum, der hintere dagegen durch einen ziemlich breiten, von dem Hinterrande des Kopfes getrennt ist. Beide Zwischenräume werden durch eine Kittsubstanz ausgefüllt. An frischen, mit Gentianaviolett intensiv ge- färbten Deckglas-Trockenpräparaten von Rhinolophus färbt sich diese Zwischensubstanz mit, so dass der Hals dadurch ganz undeutlich wird und von sonstigen Einzelheiten nichts zu erkennen ist. Jensen selbst hat diese Spaltung des Halsstückes des Achsenfadens an den Spermatozoen des Schweines, an welchen dieselbe am deut- lichsten ist, früher (19) schon gesehen und meiner Ansicht nach ganz richtig gedeutet. Ich habe dies in meiner ersten Mittheilung (18) bereits gebührend hervorgehoben. In seiner ausführlichen Arbeit (17) wider- ruft dieser Forscher seine frühere Deutung, indessen ist seine Ausfüh- rung, die ich eitiren muss, nicht ganz klar. »Was die erwähnte, von mir in meiner ersten Mittheilung be- sprochene Figur in „Die Struktur der Samenfäden‘‘ (19) betrifft, so Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 271 besteht die vorderste kleine ‚gegabelte‘‘ Partie, wenigstens zu einem wesentlichen Theil, lediglich aus dem erweiterten Knopfstück. Bei Be- trachtung dieser Figur erblickt man sogleich, dass der Achsenfaden mit seinem gabeligen Ende nicht ganz bis zum hinteren Rand des Kopfes reicht, sondern, wie es immer der Fall ist, durch einen Zwischenraum von demselben getrennt ist. — Beim Schwein glaubte ich früher selbst zwei feine Fäden im Zwischenraum zwischen Schwanz und Kopf gesehen zu haben (19, p. 28). „Diese Fäden‘, sagte ich an der betreffenden Stelle, ‚lagen neben einander und divergirten ein wenig in ihrem ganz kurzen Verlauf bis an den Kopf.‘‘ Nach meinen früheren Notizen kann ich hier hinzufügen, dass jeder derselben an Samenkörpern, deren Kopf abgefallen war, mit einer dunklen und stark lichtbrechenden, knöpfchenähnlichen Verdickung — ganz So, wie es Barzowırz angiebt — endigte. Dass diese Verdickungen den Seiten- theilen vom Knopfstück des Achsenfadens bei der Ratte entsprechen, ist hinlänglich sicher, und dass die zwei Fäden von der zunächst dahinter liegenden Partie des Achsenfadens gebildet sind, ist auch unzweifelhaft. Wenn ich nun glaubte, dass diese Fäden die Partie zwischen Kopf und Schwanz einnähmen, so lag die Ursache davon wohl in folgenden Um- ständen. Wie einige meiner alten Figuren vermuthen lassen, so ist diese Partie bei den Samenkörpern des Schweines nicht immer deut- lich; in gewissen Fällen kann der Schwanz gerade an den Kopf stoßen, so dass ein Zwischenraum nicht vorhanden ist, oder vielleicht richtiger: ein solcher kommt zwar vor, ist aber so klein, dass er sich der Beob- achtung entzieht. Da ich denselben nicht entdeckte, so verfiel ich in den nämlichen Irrthum, wie nun B., indem ich den hinter dem Knöpf- chen liegenden Theil mit der Partie, die sich sonst zwischen dem Knöpfchen und dem Kopf findet, verwechselte.« JENSEN giebt also zu, dass das Endknöpfchen an den Spermatozoen des Schweines getheilt ist, und » dass die zwei Fäden von der zunächst dahinter liegenden Partie des Achsenfadens gebildet werden« Auch das ist richtig, dass »der Achsenfaden mit seinem gabeligen Ende nicht ganz bis zum hinteren Rande des Kopfes reicht«. Zwischen den End- knöpfehen und dem Kopf liegt eben die sehr spärliche Kittsubstanz. Bisweilen, besonders an in verdünntem Glycerin aufbewahrten Präpa- raten, sobald der Kopf wenig lichtbrechend geworden ist, kann man diese Kittsubstanz, wie ich schon bei den Chiropteren erwähnte, in Ge- stalt einer sehr schmalen hellen Linie zwischen Kopf und Endknöpfehen wahrnehmen. Ein Blick auf die Fig. 94 und 95 der Taf. XV wird am besten diese Insertionsverhältnisse der Geißel an den Spermatosomen des Schweines 373 E. Ballowitz, veranschaulichen. In Fig. 9% sieht man im Halse deutlich zwei gegen den Kopf hin ein wenig divergirende Fäden; Endknöpfchen sind noch nicht wahrzunehmen. Diese beiden Fädchen sind auch auf Taf. XIV in Fig. 72 und 73 aus mit Gentianaviolett gefärbten Trockenpräparaten sehr deutlich und ziemlich scharf abgesetzt. Dieselben werden hier, noch mehr als in Fig. 94, durch einen dreieckigen hellen Raum von einander getrennt. Dieser Raum könnte in diesen Deckglas-Trocken- präparaten meiner Ansicht nach nicht auftreten, wenn hier, wie JENSEN auch als Möglichkeit hinstellt, nur eine trichterförmige Ausweitung des - hier als röhrenförmig von JEnsEn angenommenen Achsenstranges be- stände; alsdann müssten die vordere und hintere Wand des Achsen- stranges durch den Process des Eintrocknens auf einander gelagert sein und sich mit gefärbt haben. In Fig. 95 endlich ist der Kopf abgefallen, und ein ziemlich breites, etwas unregelmäßiges, meist sehr deutlich aus zwei gewöhnlich an einander stoßenden Hälften bestehendes Endknöpf- chen sichtbar geworden. Zwischen demselben und dem scharf abge- setzten vorderen Ende (g) der Hülle des Verbindungsstückes erkennt man wieder die beiden Fäden des Achsenstranges. Öfters habe ich deutlich wahrnehmen können, dass bei Ablösung’ des Endknöpfchens der mittlere Theil des Hinterrandes des Kopfes sichtlich dünner und weniger intensiv gefärbt erschien. Wenn Jensen nun diesen Verhältnissen nicht die richtige Deutung giebt, so beruht dies offenbar darauf, dass dieser Forscher den Quer- spalt zwischen Vorderrand der Hülle des Verbindungsstückes und Kopf (von mir als Hals bezeichnet) verwechselt hat mit dem schmalen, hellen, von Kittsubstanz eingenommenen Raum zwischen dem oder den End- knöpfchen des Achsenstranges und dem Kopf. Bei der Ratte fallen diese beiden zusammen, ein Umstand, von welchem JEnszn in seiner Vor- stellung wohl zu sehr beeinflusst und zu diesem Missverständnis ge- führt wurde. Diese Darlegungen mussten so eingehend gehalten werden mit Rücksicht darauf, dass die Insertionsverhältnisse der Geißel am Kopf recht schwierig genau festzustellen sind. Wenn ich die erhaltenen Resultate schließlich kurz zusammen- fasse, so ergiebt sich, dass das Verhalten des Achsenstranges zum Halse, dessen Weite jenach der Art differirt, ein ver- schiedenes ist. Bei einzelnen Arten (z. B. der Ratte) fällt der Endknopf, also das vordere Ende des Achsenstranges mit der vorderen Grenze der Hülle des Verbindungsstückes zusammen; ein»Halsstück«ist dann nicht vorhanden und wird der »Hals« nur von Kittsubstanz eingenommen. Bei Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 273 den meisten anderen Säugern geht das vordere Ende des Achsenstrangesindessen frei durch den »Hals«als »Hals- stück« hindurch, um mit seinem Endknöpfehen in dem Grübchen am Hinterrande desKopfes durch Vermittelung einer meist sehr spärlichen Kittsubstanz zuinseriren. Bei anderen Species ist endlich das»Halsstück« des Achsen- stranges im »Halse« bereitsin seine beiden Hälften zerlegt, so dass sich im »Halse« zwei dieht neben einander liegende, bisweilen (Schwein) sehr deutlich ein wenig gegen den Kopf hin divergirende Fädchen vorfinden, welche mit ihren Endknöpfchen gleichfalls durch Vermittelung einer spärlichen Kittsubstanz am hinteren Rande des Kopfes sich anheften (Maulwurf, Dachs, Fischotter u. a.). Kopf. Wenn ich auch die Struktur des Kopfes der Säugethierspermato- zoen nicht in dem Umfange einer eingehenden Untersuchung habe unterziehen können, wie die kontraktile Geißel dieser Gebilde, so bin ich doch in der Lage, auch von diesem Bestandtheile des Spermatosoms über nicht unwichtige Strukturverhältnisse berichten zu können, Strukturverhältnisse, welche mit Hinsicht auf die Bedeutung des Sper- matozoenkopfes für die Befruchtung und Vererbung gewiss von großem Interesse sind. Freilich ist die Untersuchung des frischen Objektes nicht gerade sehr geeignet, sichere Aufschlüsse über den inneren Bau dieses Theiles zu geben. Der Kopf ist eben in frischem Zustande zu stark lichtbrechend, auch dort, wo er eine sehr abgeplattete Gestalt besitzt; außerdem können Reliefverhältnisse, Dickendifferenzen etc. innere Strukturen vortäuschen. Mit Recht sagt V. Hensen (35, p. 87), dass man sich bei diesen Untersuchungen den Grenzen nähert, wo Interferenz des Lichtes die Beobachtung unsicher macht. Ich habe daher nach anderen einwurfsfreien Untersuchungsmethoden gesucht und verdanke ich die mitzutheilenden Resultate der folgenden Methode. Von frischem, mit physiologischer Kochsalzlösung diluirtem und sodann durch Omiumsäuredämpfe fixirtem Sperma wurden Deckglas- Trockenpräparate in der bekannten Weise angefertigt, indem ich die Flüssigkeit auf dem Gläschen an der Luft verdunsten und sodann die Masse vorsichtig über einer Spirituslampe antirocknen ließ. Darauf wurde mit Gentianavioleit oder Safranin gefärbt; Köpfe und Geißeln färben sich bald intensiv. Die so tingirten und in Kanadabalsam ein- geschlossenen Präparate wurden einige Zeit dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt, so dass die Farben allmählich wieder abblassten. Hierbei 374 E. Ballowitz, tritt nun eine Differenzirung in der Färbung des Spermatozoenkopfes ein. Gewisse Bestandtheile geben den Farbstoff leichter ab, werden früher gebleicht als andere, so dass eine Struktur im Inneren des Kopfes sichtbar wird. Diese Differenzirung sah ich auch eintreten an Dauer- präparaten, welche längere Zeit (zwei bis vier Jahre) im Dunkeln auf- bewahrt waren. Werden in dieser Weise z. B. Präparate aus dem Nebenhoden des Stieres behandelt, so erkennt man, dass fast an allen Köpfen eine sehr deutliche und scharfe Sonderung in zwei Abschnitte auftritt. Die vor- . deren zwei Drittel sind nur schwach gefärbt, während das hintere Drittel intensiv dunkelviolett erscheint (Taf. XIV, Fig. 77,78, 79; Taf. XV, Fig. 93). Ich will den größeren Abschnitt als »Vorderstück« (Vst der Figuren), den dunkel erscheinenden als »Hinterstück « (Hst der Figuren) bezeichnen. Die vordere Grenze des Hinterstückes ist sehr scharf ge- zeichnet, verläuft quer von der einen Seite zur anderen und ist meist ein wenig bogenförmig geschweift, so dass die unbedeutende Konkavität nach vorn sieht. Der hintere Rand, welcher den Einschnitt zur Auf- nahme des Endknöpfchens der Geißel trägt, ist meist etwas intensiver gefärbt. Diese scharfe Sonderung in ein Vorderstück und Hinterstück habe ich bei allen daraufhin untersuchten Arten, bei genügend einge- tretener Differenzirung, stets wahrgenommen, indessen ist das Größen- verhältnis dieser beiden Abschnitte zu einander, je nach der Art, ver- schieden. Bei dem Schwein (Fig. 72—75), dem Schafbock (Fig. 71), dem Kaninchen (Fig. 59—61) und dem Hunde (Fig. 57, 58) ist nur etwa das hintere Viertel des ganzen Kopfes scharf abgesetzt. Bei Lutra - (Fig. 67, 68) und Meles (Fig. 52, 53) dagegen bildet das Hinterstück etwas mehr als ein Drittel. Wenn die Präparate stark abgeblasst sind, ist meist auch das Hinterstück fast entfärbt, verliert aber von den Be- standtheilen des Kopfes die Farbe zuletzt, so dass es sich auch an ganz entfärbten Köpfen noch durch eine schwache Nuaneirung kund giebt; sehr häufig ist dann die vordere Grenze noch sehr scharf iin Gestalt einer queren Linie erhalten (Fig. 52, Meles). Der hintere Rand des Haupt- stückes bleibt gleichfalls sehr lange intensiver gefärbt (Fig. 52, 53). Auch an menschlichen Spermatozoen (Taf. XIV, Fig. 62; durch Osmiumsäure fixirtes Sperma aus dem Nebenhoden ganz frischer Leichen) ist in Dauerpräparaten der hintere Theil intensiver gefärbt, während der vordere, häufig durch Quellung etwas verbreiterte, blass erscheint; die Grenze zwischen den beiden Abschnitten ist hier meist etwas ver- schwommen, bei vielen aber auch scharf. Diese Sonderung in Vorder- und Hinterstück, welche in den Deckglas-Trockenpräparaten so außerordentlich deutlich und ganz Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 275 allgemein auftritt, ist kürzlich von C. M. Fürst (6) beschrieben und ab- gebildet worden (6, Fig. 9, 28, 30, 31, 44, 47). Nach diesem Forscher färbt sich der untere Theil allein mit Karmin und zeigt auch bei Be- handlung mit Hämatoxylin einen anderen Farbenton. Höchst wahrscheinlich sind diese beiden wesentlich verschiedenen Bestandtheile hervorgegangen aus den beiden von Merkzr (32) nachge- wiesenen Kernhemisphären, welche sich in dem aus dem Zellkerne entstehenden, noch unentwickelten Kopfe differenziren. Später bei weiter vorgeschrittener Entwicklung ist dieser Unterschied zwischen den beiden Abtheilungen anscheinend verschwunden, so dass der Kopf homogen erscheint. Es wird indessen durch Anwendung der obigen Methode bewiesen, dass dieser Unterschied auch an dem völlig ausge- bildeten Spermatosom noch scharf ausgeprägt fortbesteht und beide Abschnitte auch hier noch sehr deutlich von einander abgrenzbar sind. Auch Jensen (17, p. 407) gelang es an den reifen Spermatozoen der Ratte, durch Behandlung mit Goldchlorid zwei Abtheilungen nachzu- weisen. Nur der vordere Theil färbte sich deutlich, während die hin- tere Partie des Kopfes völlig ungefärbt blieb (17, Taf. XXI, Fig. 38). »Die scharfe Grenze zwischen dem gefärbten und ungefärbten Theil beginnt an der oberen Kante des Kopfes, verläuft von hier in schräger Richtung nach hinten über die Seiten des Kopfes hin bis zur unteren Kante; an der unteren Kante verlängert sich der gefärbte Theil noch etwas nach hinten zu in Form eines schmalen Fortsatzes.« JENSEN ver- muthet gleichfalls, dass diese beiden Theile nichts Anderes sind »als die umgebildeten Kernhemisphären der Samenzelle (Merker u. A.), welche an Goldchloridpräparaten noch bei den fertigen Samenkörpern von einander unterschieden werden können .«. | Außer diesen beiden Substanzen zeigt sich nun in den Deckglas- Trockenpräparaten in der Mitte des Kopfes noch eine weitere merk- würdige Struktur. Es erscheint nämlich im Inneren desselben ein scharf begrenztes, halbmondförmiges helles Feld, dessen Rundung von der vorderen Grenze des Hinterstückes aus in das Vorderstück hineinragt, und dessen Basis genau die Länge des vorderen Randes des Hinter- stückes besitzt. Dieses Feld habe ich durch Färbung mit vielen Ani- linfarben stets in derselben scharfen Begrenzung sichtbar machen können. In Präparaten, in welchen die Farbendifferenzirung genügend eingetreten ist, erscheint diese centrale Stelle blass bläulich tingirt, bisweilen fast farblos (Taf. XIV, Fig. 61; Taf. XV, Fig. 93); sie unter- scheidet sich dadurch sehr deutlich von dem dunkler bleibenden Vorderstück. Zuerst entsteht vor dem Hinterstück eine blasse Stelle (Fig. 72, 73), die sich mit fortschreitender Entfärbung vergrößert, 276 E. Ballowitz, bis der CGentralkörper deutlich ist. Anfangs sind auch noch die Gren- zen desselben verschwommen; später aber erscheint die vordere ge- bogen verlaufende Grenze sehr scharf und wird sogar bisweilen von einer feinen Linie gebildet (Fig. 74, 75). Ich möchte diese eigenthüm- liche Stelle als »Innenkörper« oder »Innenkuppe« bezeichnen. Die- selbe ist natürlich nicht in allen Präparaten gleich deutlich, je nachdem die Köpfe noch zu stark gefärbt oder schon zu sehr entfärbt sind; denn bei allmählichem Verblassen des Vorderstückes verschwindet meist die Begrenzung. Aber auch an manchen schon sehr verblassten Präparaten markirt sich die vordere Grenze der Innenkuppe doch noch als recht scharf gezeichnete, gebogene Linie, wie ich in Präparaten von Meles fast an allen Köpfen sah (Fig. 52, 53). Bei dem Stier ist diese Innen- kuppe nun sehr niedrig (Taf. XIV, Fig. 77, 78; Taf. XV, Fig. 93), dess- gleichen bei dem Dachs (Fig. 52, 53) und bei dem Schafbock (Fig. 71). Etwas höher, fast halbkreisförmig, erscheint sie bei dem Kaninchen (Fig. 59, 60, 64). Sehr groß und schön ausgebildet, fast über die Hälfte des Vorderstückes hinausreichend, ist sie bei Lutra vulgaris (Fig. 67,68). Vom Hunde standen mir nur noch einige, schon zu sehr entfärbte und ungenügende Präparate zur Verfügung; an vielen Köpfen setzte sie sich indessen auch scharf von dem fast farblosen Vorderstück ab. Die menschlichen Spermatozoen sind zu klein, um Bestimmtes erkennen zu lassen. Damit noch nicht genug! An den tingirten Deckglas-Trockenprä- paraten aus dem Nebenhoden des Stieres fiel mir zuerst auf, dass an fast allen Köpfen die Seitenränder, und besonders der Vorderrand des Vorderstückes durch eine dunkle Linie sehr scharf begrenzt war (Fig. 77). Häufig erschien ein schmaler heller Saum zwischen diesem dunklen Kontour und dem gefärbten Theil des Vorderstückes, wodurch der erstere nur noch deutlicher hervortrat (Taf. XIV, Fig. 78; Taf. XV, Fig. 93). Ferner war der Kontour oft noch weiter abgerückt, so dass der vordere Theil des Kopfes etwas bauchig erweitert wurde. Endlich traf ich viele Köpfe, deren Vorderstück von einer zarten, von der Sub- stanz des Vorderstückes etwas abgehobenen Kappe glockenartig be- deckt war (Fig. 79 Kp). Die seitlichen hinteren Ecken dieser Kappe (Kp) sprangen sehr deutlich vor. Offenbar handelt es sich hier um die von den Autoren beschrie- bene Kopfkappe, wie ein Vergleich mit Fig. 91 auf Taf. XV zeigt, welche Figur ein noch mit Kopfkappe (Xp) versehenes Element aus dem Hoden des Schafbockes darstellt. Ich wüsste wenigstens zur Zeit nicht, wie ich diese zarte sich ablösende Membran anders deuten sollte. Man müsste denn annehmen, dass sich an den reifen Elementen von der Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 277 Substanz des Kopfes selbst eine dünne Rindenschicht kappenartig ab- hebt, und dass die im Laufe der Entwicklung auftretende Kopfkappe noch ein besonderes Gebilde darstellt, was ich für sehr wenig wahr- scheinlich halte. Noch deutlicher wird diese Kappe an Deckglas-Trockenpräparaten, welche von frisch mit Osmiumsäuredämpfen fixirtem Sperma aus dem Nebenhoden des Schweines hergestellt wurden (Fig. 72—76). Hier erscheinen die Seitenränder und ganz besonders der Vorderrand des Vorderstückes scharf kontourirt; der letztere besitzt einen breiten, oft etwas (wohl durch Schrumpfung in Folge des Eintrocknens) unregel- mäßigen Kappenkontour, der intensiv gefärbt ist und sich sehr scharf von dem schwächer gefärbten Vorderstück abhebt (Fig. 72, 74, 75). An vielen Köpfen ist statt dieses breiten Kappenkontours eine fast genau halbkreisförmige, durch eine sehr scharf gezogene, gleichmäßige, dunkle Linie gegebene Begrenzung vorhanden; der vordere Theil des Kopfes erscheint dann auch ein wenig kürzer und schmäler. Höchst wahr- scheinlich hat sich hier die zarte Kappe etwas umgelegt oder ist ein wenig geschrumpft. Jedenfalls rührt auch diese eigenthümliche dunkle Begrenzung von einer dem Vorderstück dicht anliegenden Kopfkappe her, obwohl ich eine Ablösung derselben, wie bei dem Stier, in den Präparaten, die mir noch zu Gebote stehen, nicht gesehen habe. Auch an den Spermatozoen vom Schafbock (Taf. XIV, Fig. 69, 71) und Kaninchen (Fig. 59, 60) ist der dunkle, scharfe Randkontour an den meisten Köpfen sichtbar. Denkt man sich die Kopfkappe am Sper- matosomenkopf aus einem Hodenpräparat z. B. vom Schafbock (Taf. XV, Fig, 91), in welchem fast an jedem Kopfe der beinahe vollkommen aus- gebildeten Samerkörper die zarte, sich kaum färbende, von der Sub- stanz des Vorderstückes nur durch einen schmalen saumartigen Spalt getrennte Kappenmembran sehr deutlich sichtbar ist, ganz nahe an den Kopf herangerückt, so muss hieraus die scharfe Begrenzung des Kopfes resultiren. Sehr lehrreich war mir auch die Untersuchung des Inhaltes eines Nebenhodens von Lutra vulgaris. Nachdem die Präparate einige Stun- den unter dem Deckglase in 0,75°%/,iger Kochsalzlösung gelegen hatten, war an fast allen Samenkörpern auf das prächtigste eine zarte, sehr dünnhäutige Kopfkappe zu sehen, welche glockenartig die vor- deren zwei Drittel des Kopfes bedeckte und sich bei Zusatz von Gentianaviolett kaum färbte (Taf, XIV, Fig. 65). Dieselbe erschien etwas von der Substanz des Kopfes abgehoben, so dass ein Zwischen- raum von gewöhnlich 0,0015 mm zwischen ihrer Innenfläche und der Oberfläche des Kopfes bestand /Fig. 65). Dieser Zwischenraum besaß 278 E. Ballowitz, indessen nicht an allen Samenkörpern die gleiche Breite, so dass an- genommen werden muss, dass die Kopfkappe ursprünglich wohl dem Kopfe dicht angelegen und sich erst in Folge der Leichenmaceration abgelöst hat. Nachdem die Präparate 24 Stunden in Kochsalzlösungen gelegen hatten, war die Oberfläche der Kopfkappe uneben und rauh geworden und schien in Auflösung begriffen zu sein (Fig. 64); an vielen Köpfen war sie auch bereits verschwunden (Fig. 66). Auch in tingirten Deckglas-Trockenpräparaten, welche in der Weise hergestellt waren, dass das mit Kochsalzlösung verdtnnte Sperma ohne vorherige Fixirung ‘durch allmähliches Abdünsten eingetrocknet war, ließ sich von der Kopfkappe nichts mehr erkennen; auch hier musste das zarte Gebilde bereits aufgelöst sein (Taf. XIV, Fig. 67, 68). Nach diesen Befunden muss ich zu dem Resultate kommen, dass bei den untersuchten Thieren, z. B. dem Stier, Schwein, Kaninchen, Schafbock, Fischotter u. a., eine Kopfkappe an dem völlig ausgereiften Element des Nebenhodens vorhanden ist, dass die Kopfkappe also keine vorübergehende, sondern eine persistirende Bildung ist. Bekanntlich wird von den meisten Forschern angenommen, dass sich die Kopfkappe bei diesen Thieren schon in dem Hoden von den noch auf früher Entwicklungsstufe stehenden Köpfen ablöst und zu Grunde geht, mithin eine vorübergehende Bildung darstellt. A. von Brunn (33) hat zuerst nachgewiesen, dass die bei dem Meerschweinchen schon in früher Zeit entdeckte Kopfkappe allen Säugethier-Spermato- zoen während der Entwicklung zukommt. Nach diesem Forscher soll die Kopfkappe indessen schon auf einer frühen Entwicklungssfufe, noch bevor der Kopf seine definitive Form erhalten hat und so lange noch der Spitzenknopf an demselben sich vorfindet, abgestreift werden. A. v. Brunn bemerkt indessen, dass ihm »wesentliche Abweichungen in Bezug auf die Zeit, in der die Kopfkappe abgestreift wird, vorgekommen sind, indem dieselbe sich bei einzelnen Spermatozoen länger erhält, als bei anderen. Besonders beim Stier und bei der Maus wurden ab und zu solche gefunden, die, obgleich die Kopfform bereits die definitive war, doch noch die Kappe besaßen, welche letztere dann mitunter gegenüber der völligen Homogenität des Kopfes eigenthümlich trübe erscheint«. Es sind jedoch solche Fälle nach der Erfahrung A. v. Brunn’s nur als Ausnahmen, wenn auch als nicht eben seltene, zu betrachten. Das Abwerfen der Kopfkappe während der Entwicklung wird auch von Fürst (6) für die Spermatosomen des Stieres, Katers und anderer Säugethiere behauptet. Ich habe nun allerdings die Entstehung und Entwicklung dieses Gebildes noch nicht einem eingehenden Studium unterwerfen können; Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 379 indessen habe ich in ganz frischen, schwach mit Gentianavioletit tingirten Zupfpräparaten des Hodens, z. B. vom Schafbock und Stier u. a., wie schon erwähnt, an den meisten Köpfen, welche ihre definitive Gestalt und Größe schon erlangt hatten und deren Geißel fast ausgebildet war, so dass die Querriffelung sehr deutlich hervortrat, die zarte, dem Kopfe dicht anliegende Kopfkappe deutlich wahrnehmen können (vgl. Taf. XV, Fig. 91 Kp). Immerhin ist zu erwägen, ob nicht bei langsamer Einwirknng vielleicht nicht ganz geeigneter Reagentien, dieses Gebilde, bevor es sich dem Kopfe dicht angelegt hat, eben durch Einwirkung dieser Reagentien leicht abgestreift wird, so dass eine normal statt- findende Ablösung vorgetäuscht wird. Die Beobachtungen, welche ich oben von den Samenelementen der Fischotter mitgetheilt habe, be- stärken mich in dieser Vermuthung. Dass in dem Nebenhoden, in welchem die Spermatozoen doch mit wenigen Ausnahmen schon voll- ständig entwickelt und funktionsfähig sind, normalerweise noch eine Ablösung erfolgen sollte, dürfte wohl ausgeschlossen sein. Eine Erwägung ist mir übrigens noch bei der Durchsicht der Deckglas-Trockenpräparate auf das Vorhandensein einer Ablösung der Kopfkappe gekommen. Es wäre möglich, dass bei manchen Thieren der hintere Rand der Kopfkappe bogenförmig verliefe, und dass dieser hintere Rand die vordere scharfe Grenze des oben beschriebenen halb- mondförmigen centralen Feldes bildete. Es wäre dann der »Innen- körper« das mittlere Stück des Kopfes, welches sich an dem intakten ausgereiften Spermatosem zwischen dem hinteren Rande der Kopfkappe und der vorderen Grenze des Hinterstückes befindet. Immerhin würde aber auch dann noch dieses Feld einen scharf begrenzten, differenten Abschnitt des Kopfes darstellen. Da mir die Dauerpräparate, welche mir noch zur Verfügung stehen, hierüber keinen Aufschluss geben, hoffe ich alsbald an frischem Materiale diese Frage entscheiden zu können. SCHWEIGER-SEIDEL /21) hat übrigens bereits die Kopfkappe an den - ausgebildeten Spermatozoen aus dem Nebenhoden des Schweines be- obachtet (l. c. Taf. XIX, Fig. 7 3). Kürzlich ist auch von Fürst (6) und Jensen (17) das Fortbestehen der Kopfkappe für die Ratte unzweifelhaft nachgewiesen, eine That- sache, welche ich für dieses Thier bestätigen kann. Jensen hat die schwer wahrnehmbare hintere Grenze dieses äußerst zarten, in Gestalt eines dünnen Häutchens dem Vordertheil des Kopfes des völlig aus- gereiften Samenelementes dicht anliegenden Gebildes genau festge- = stellt. | Weit leichter ist die Persistenz der Kopfkappe an den Spermatozoen 280 E. Ballowitz, derjenigen Säuger nachzuweisen, bei welchen dieselbe mehr entwickelt ist und einen beträchtlichen Theil der Kopfscheibe mit bilden hilft. Am frühesten wurde dies ja für das Meerschweinchen bekannt. Auf Taf. XIV habe ich in Fig. 80 des Vergleiches wegen nach einem mit Gentianaviolett gefärbten Trockenpräparat einen Spermatozoenkopf vom Meerschweinchen abgebildet. Die Kopfkappe (Kp) ist intensiv blau- violett gefärbt und hat sich, wie es scheint, mit ihrem hinteren Rande etwas von der vorderen Grenze des gleichfalls dunkler gefärbten Hinter- stückes zurückgezogen. In Fig. 81 ist die Kopfkappe abgefallen, wie es im Inhalte des Nebenhodens häufiger beobachtet wird, so dass an dem Kopfe Vorder- und Hinterstück sehr deutlich geworden sind'!. Auch bei dem Maulwurfe gelingt es leicht, die Persistenz der großen Kopf- kappe nachzuweisen. Fig. 37 stellt ein frisches Spermatosom aus dem Nebenhoden dar, welches von dem Vorhandensein einer Kopfkappe noch nichts erkennen lässt; nur fällt es, besonders an abgelösten Köpfen, auf, dass der vordere Theil des stark abgeplatteten Kopfes sich oft vorn einrollt (Fig. 38) oder umbiegt (Fig. 39) oder löffelartig um- legt. Häufig sieht man nun, besonders wenn das Präparat einige Zeit in 0,75°/,iger Kochsalzlösung gelegen hat, dass die vordere Hälfte des Kopfes sich kappenartig von der hinteren abgelöst hat (Fig. 43, ab- gelöste Kopfkappe). Der hierdurch beträchtlich verkleinerte Kopf lässt die ursprüngliche Anheftungsstelle des Hinterrandes der Kappe in Gestalt einer Querlinie erkennen (Fig. 44, 45, 46). Der vordere, ur- sprünglich von der Kappe (Fig. 43) bedeckte Kopftheil bleibt bei Färbung heller, der hintere dagegen färbt sich intensiv, besonders in seiner hinteren Hälfte (Fig. 44, 45). Auch in mit Gentianaviolett ge- färbten Deckglas-Trockenpräparaten lässt sich die Kopfkappe an fast jedem Spermatosom sehr schön deutlich machen; dieselbe färbt sich intensiv dunkelblau und behält diese Farbe lange, während der eigent- liche Kopf den Farbstoff leichter abgiebt (Fig. 40); nur das Hinterstück bleibt noch intensiver gefärbt, besonders in seinem hinteren Theile 1 Ein oberflächlicher Vergleich der Fig. 80 (Kopf vom Meerschweinchen) mit den Fig. 67 u. 68 (Köpfe von Lutra vulgaris) könnte zu der Vermuthung führen, dass der mit Kp bezeichnete Theil der Fig. 80 dem mit Vst bezeichneten dunkleren Abschnitt bei Lutra entspräche, und der hellere von der Kappe umhüllte Kopf- theil gleich dem Centralkörper (Ck) der Fig. 67 und 68 wäre, während die dunkle- ren Hinterstücke ohne allen Zweifel identisch sind. Diese Vermuthung kann aber nicht begründet sein, da sich von den Köpfen der Fig. 67 und 68 die Kopfkappe be- reits abgelöst hat (vgl. Fig. 64 und 65). Allerdings habe ich in dem Vorderstück der Köpfe des Meerschweinchens noch keine Innenkuppe entdecken können; es stehen mir von diesem Thiere zur Zeit nur noch wenige, und für diese Untersuchung ungeeignete Präparate zur Verfügung. F RT Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 2381 (Fig. 44). In Fig. 40 hat sich der Hinterrand der Kappe etwas von dem Vorderrande des Hinterstückes, wie es scheint, entfernt, so dass hier wieder ein schmaler hellerer Querstreif sichtbar ist. In mit Alaun- karmin gefärbten Deckglas-Trockenpräparaten färbt sich nur der eigent- liche Kopf, die Kopfkappe (Kp) bleibt ungefärbt (Fig. 42). Auch an den Spermatozoenköpfen von Rhinolophus Ferrum equinum ist es mir ge- lungen, die Persistenz einer Kopfkappe in dieser Weise festzustellen (Taf. XII, Fig. 32, 33, 34); dieselbe ist nur schmaler, wie bei Talpa, verhält sich aber in ihren Reaktionen eben so. Hervorzuheben ist nur, dass dieselbe sehr zart und vergänglich ist, daher nur in ganz frischen Präparaten beobachtet werden kann. Nach kurzem Liegen in Kochsalz - lösungen löst sie sich auf, so dass nur der Kopf mit seinem Vorder- und Hinterstück übrig bleibt (vgl. Fig. 35 [Kopfkappe verschwunden]| mit Fig. 30, 32—34). Fürst (6) hat dieses Fortbestehen der Kopfkappe auch für die reifen Samenelemente des Igels erwiesen und vermuthet es auch bei der Maus. Für die Spermatozoen des Igels kann ich diese Beob- achtungen von Fürst nur bestätigen. Auch die Spermatozoen des Eich- kätzchens scheinen mir einen großen Kopfaufsatz zu besitzen, indessen habe ich augenblicklich keine genügenden Präparate mehr zur \V.er- fügung, um dies entscheiden zu können. Jensen (17) hat nun gezeigt, dass bei der Ratte der Hinterrand der Kopfkappe nicht zusammenfällt mit der hinteren Grenze des (mit Gold- chlorid) gefärbten Kopftheiles (des Vorderstückes), mithin nicht an den vorderen Rand des Hinterstückes stößt. Auch ich habe mehrfach in tingirten Deckglas-Trockenpräparaten beobachtet, dass der Rand der Kopfkappe von der vorderen Grenze des Hinterstückes entfernt lag (vgl. auf Taf. XIV, Fig. 40, 75, 79), vgl. p. 279. Es bleibt mir jetzt noch übrig, die Mittheilungen zu besprechen, welche Misscaer (34) über eine Struktur des Spermatozoenkopfes des Stieres gemacht hat. Es sind dies eigentlich bis jetzt die einzigen aus- führlicheren Angaben über diesen Gegenstand, die um so mehr Beach- tung verdienen, als sie von einer großen Sorgfalt zeugen. MiEscHErR sagt von den Spermatozoenköpfen des Stieres (34, p. 177): »Ohne Zusatz von Reagentien lässt sich auf der Flächenansicht zunächst nichts weiter erkennen, als ein bei höherer Einstellung hellerer, bei tieferer Einstellung dunklerer Saum. Nach kurzer Behandlung mit sehr verdünnter Salzsäure tritt dagegen dieser Saum nicht nur deut- licher hervor, sondern er erscheint auch durch einen scharfen einfachen Kontour von dem Mittelfelde abgegrenzt. Saum und Kontour sind über den ganzen Umfang der Platte zu erkennen, jedoch am deutlichsten an dem schmäleren Ende, wo der Schwanz sich anheftet. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LII, Bd, 419 982 E. Ballowitz, Das Bild beruht nicht, wie bei den Blutkörperchen, auf einer centralen Depression; dagegen sprechen mit Entschiedenheit dieoptischen Längs- und Querschnitte, sowie der Umstand, dass beim Heben und Senken des Tubus der Saum seine Breite nicht ändert und der innere Kontour seine Stelle nicht verlässt. Es bleibt also keine andere Deutung des Gesehenen übrig, als die Annahme einer stärker lichtbrechenden, ziemlich dicken Hülle, welche eine platte, wahrscheinlich sehr dünne Einlage einer optischen und chemisch differenten Substanz umschließt. Diese schwächer lichtbrechende Innenschicht ist am dicksten auf der schmäleren (Schwanz-) Seite und schärft sich zu gegen die breite Seite.« Diese scharfe Begrenzung, die jedoch nur an dem vorderen Theile des Kopfes, wie ich sehe, deutlich hervortritt, hängt jedenfalls zusammen mit dem oben von mir beschriebenen Kappenkontour, der sich auch an mit Osmiumsäure fixirten Samenkörpern meist deutlich erkennen lässt. Dass der hintere Rand des Kopfes stärker lichtbrechend ist, beruht darauf, dass er etwas verdickt ist; er bewahrt daher in den Deckglas- Trockenpräparaten auch meist am längsten die Färbung (vgl. Taf. XIV, Fig. 52, 53, 72—75 u. a.). Auch Jensen hat am Kopfe der Ratte mit Hilfe von gewissen Reagentien eine besondere äußere Schicht und einen Inhalt unterschieden (17, p. 406). Setzte er frischen Präparaten aus den Vasa deferentia eine wässerige Lösung von Säurefuchsin hinzu, so färbte sich Anfangs nur der Inhalt, während die Außenschicht, die wie ein ziemlich breiter Saum erscheint, ungefärbt bleibt; alsbald verschwindet dieser Unterschied, indem auch die Wand gefärbt wird. Die Farbe der inneren Partie ist ganz schwach und ist daher der Unterschied zwischen derselben und der Wand nicht leicht zu erkennen. Goldchlorid soll nach Jensen deutlichere Bilder geben (vgl. auch meine Bemerkung über den Spermatozoenkopf von Vesperugo p. 233). Migsch£r sagt dann weiter: »Weit schwieriger ist die Wahrnehmung des Gebildes, welches dem beim Lachssperma beschriebenen Central- körperchen entspricht? Bei den schon erwähnten Behandlungsweisen, sowie auch nach sehr kurzer Einwirkung von verdünnten kohlensauren und kaustischen Alkalien, trifft man unter der Menge der Samenelemente nicht selten auf solche, wo in dem bei etwas tiefer Einstellung hell er- scheinenden Binnenraum ein matter dunklerer Streif zu sehen ist, welcher am Isthmus schmal beginnt, sich dann rasch verbreitert, ohne jedoch den Binnenraum ganz auszufüllen und schließlich gegen die Mitte des Kopfes hin allmählich undeutlich wird. So unvollständig diese Beob- achtung ist, so häufig sie misslingt, so weist sie doch unzweideutig auf die Anwesenheit eines besonderen platten Innengebildes, von welchem Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 283 namentlich die etwas dickere und schmälere Partie sich dem Auge kund giebt.« Diese Beobachtungen Misscher's sind allerdings, wie MiESCHER selbst eingesteht, zu unbestimmt und zu unvollständig, um zu berech- tigen, daraus auf bestimmte Strukturen zu schließen, wenn ich auch gern zugeben will, dass dieselben vielleicht irgend wie im Zusammen- hange stehen mit den von mir im Spermatozoenkopfe des Stieres nach- gewiesenen Bauverhältnissen. Auch lässt sich MigscHer in seiner Deu- tung zu sehr beeinflussen durch die Befunde, welche er bei der Untersuchung der Samenkörper einiger Knochenfische erhalten hat, indem er versucht, dieselben Strukturen auch bei den Säugethieren aufzufinden; dies ist aber an den Spermatosomen des Stieres nicht möglich (vgl. hierüber 29). Jedenfalls entspricht die von Mischer (34, Fig. IV der heigegebenen Tafel) gegebene, sehr schematisch gehaltene, mit Hinsicht auf die Insertion der Geißel auch nicht ganz zutreffende Abbildung durchaus nicht der inneren Struktur des Kopfes. Endlich hat Mizscner noch von einer Öffnung am hinteren Rande des Spermatozoenkopfes berichtet, welche er »Mikroporus« genannt hat (34, p. 480): »Die Übereinstimmung mit der am Lachssperma be- schriebenen Struktur geht noch weiter. Auch hier wird an der Inser- tionsstelle des Schwanzes mittels der eben genannten Reagentien eine feine dunkle Linie sichtbar, welche die Hülle durchsetzt, als Aus- druck eines von schwächer lichtbrechender Substanz eingenommenen Mikroporus, welcher irgend eine Kontinuität zwischen dem Inhalte des Kopfes und dem Schwanze herstellt. Die Bohrung ist indess viel zu eng, als dass der ganze Schwanz unverjüngt hindurchtreten könnte. « Dieser »Mikroporus«, hinter welchem Namen man geneigt ist, mehr zu suchen, als am Objekt zu finden ist, ist weiter nichts, als der grübchenartige, häufig als Einkerbung erscheinende, bei den einzelnen Arten verschieden tiefe und verschieden große Eindruck, welcher sich, wenigstens bei den Arten, bei welchen die Geißel genau in der Mitte des Hinterrandes inserirt, am hinteren Kopfrande vorfindet und für die Anheftung der Geißel bestimmt ist. In demselben befindet sich das einfache oder doppelte Endknöpfchen, wenigstens der größte Theil desselben, mit der dasselbe befestigenden Kittsubstanz. Wo das End- knöpfchen nicht bis zum hinteren Rande reicht, wie z. B. bei der Ratte, dort fehlt auch, wie Jexsen hervorhebt, dieser Eindruck. Ein eigent- licher »Porus«, bestimmt, eine Kommunikation mit dem Inneren des Kopfes zu vermitteln, existirt mithin meiner Meinung nach bei den Säugethieren nicht. 19* 284 E. Ballowitz, Nach Allem geht aus den von mir berichteten Thatsachen hervor, dass der Kopf der ausgereiften Säugethierspermatozoen aus dem eigentlichen Kopf und der Kopfkappe besteht; die letztere persistirt nachgewiesenermaßen bei vielen von mir untersuchten Thieren, sehr wahrscheinlich bei allen Säugern. Der eigentliche Kopf setzt sich dann wieder aus dem Vorderstück und dem Hinterstück zusammen, welche sich entwicklungsgeschichtlich aus den von MeErker nachgewie- senenKernhemisphären herleiten. Zwischen diesen bei- den Abschnitten lässt sich bei manchen Säugern ein Innenkörper in Gestalt eines halbmondförmigen, Benz renten, scharf begrenzten Feldes nachweisen. Diese durch Untersuchung des ausgereiften, bisher meist noch für homogen gehaltenen Spermatozoenkopfes der Säugethiere erhaltenen Ergebnisse dürften sowohl der spermatogenetischen Forschung neue Gesichtspunkte eröffnen, als auch für die Lehre von der Befruchtung und Vererbung gewiss nicht ohne Bedeutung sein. Denn es drängt sich die Frage auf, ob alle oder nur ganz bestimmte der von mir nachge- wiesenen Bestandtheile für die Befruchtung wesentlich sind. Fernere Untersuchungen mögen lehren, ob diese Frage wird entschieden wer- den können. Vielleicht lässt sich auch erhoffen, dass sich durch weiter vervollkommnete Methoden noch feinere Strukturen werden nachweisen lassen, nachdem einmal dieser immerhin noch grobe Bau des Kopfes festgestellt ist. Greifswald, im Januar 1891. Litteratur-Übersicht. 1. E. BarLowırz, Das Rerzıus’sche Endstück der Säugethierspermatozoen. Inter- | nationale Monalsschr. für Anat. und Physiol. 1890. Bd. VII. Heft 6. 2. Ta. Eimer, Untersuchungen über den Bau und die Bewegung der Samenfäden. Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge. Bd. VI. 1874. p. 93. 3. G. REnson, De la spermatogenese chez les Mammiferes. Archives de Biologie. Tome III. 4882. 4. G. PLATNER, Über die Spermatogenese bei den Pulmonaten. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXV, 4885. p. 579. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 285 5. H. Brown, On the Spermatogenesis in the Rat. Quarterly Journal of Microsc. Science. Vol. XXV. N. S. 1885. | 6. Carı M. Fürst, Bidrag till kännedomen om sädeskropparnas struktur och ut- veckling. Nordiskt Medicinskt Arkiv. Bd. XIX. No. 1. 7. —— Über die Entwicklung der Samenkörperchen bei den Beutelthieren. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. XXX. p. 336. 8. G. Nıessine, Untersuchungen über die Entwicklung und den feinsten Bau der Samenfäden einiger Säugethiere. Verhandlungen der physikalisch-medi- cinischen Gesellschaft in Würzburg. N. F. Bd. XXII. Nr. 2. 4888. — Dasselbe auch als Inaugural-Dissertation. Würzburg. 4888. 9. G. Rerzıus, Zur Kenntnis der Spermatozoen. Biologische Untersuchungen. 1881, 10. W. Krause, Zum Spiralsaum der Samenfäden. Biologisches Centralblatt. Bd. I. 1884/82. p. 25. Vgl. auch HeneAce GisBEs, On Human spermatozoa. Ref. von W. Krause. Ibidem. p. 26. 44. —— Nachträge zur allgemeinen und mikroskopischen Anatomie. 4881. p. 88. (Fig. 46.) 42. —— Der Spiralsaum der Samenfäden. Internationale Monatsschr, für Anatomie und Histologie. Bd. II. 1885. p. 170, Taf. XI B. 43. Fr. Leyvie, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. Bonn 1883. p. 105. | 44, HENEAGE GiBBEs, On the Structure of the Vertebrate Spermatozoon. Quarterly Journal of microsc. Science. N. S. Vol. XIX. 1879. p. 487. PI.XXIV. 45. —— On Human spermatozoa. Quarterly Journal of microse. Science. N.S. Vol. XX. p. 320. 16. 0. S. JEnsen, Über die Struktur der Samenkörper bei Säugethieren, Vögeln und Amphibien, Anat. Anzeiger. A. Jahrg. 4886. p. 254. 47. —— Untersuchungen über die Samenkörper der Säugethiere, Vögel und Am- phibien. I. Säugethiere. Archiv für mikr, Anatomie. Bd. XXX. 18. E. BarLowırz, Zur Lehre von der Struktur der Spermatozoen. Anat. Anzeiger. 4. Jahrg. 4886. 19. ©. S. JEnsEn, Die Struktur der Samenfäden. Bergen 1879, 20. —— Recherches sur la spermatogenese. Archives de Biologie. Tome IV. p. 73, 74, Anm, 21. SCHWEIGGER-SEIDEL, Über die Samenkörperchen und ihre Entwicklung. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. I. 1865. p. 317. 22. A.v. Brunn, Beiträge zur Kenntnis der Samenkörper und ihrer Entwicklung bei ‘Säugethieren und Vögeln. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. XXIII. 4884. 33. v. LA VALETTE ST. GEORGE, Artikel »Hoden« in STrıckEr’s Handbuch der Ge- webelehre. | 34. E. BaLLowitz, Über das Vorkommen des Miniopterus Schreibersii Natterer in Deutschland nebst einigen Bemerkungen über die Fortpflanzung deut- scher Chiropteren. Zool. Anzeiger. XIII. Jahrg. 4890. Nr. 345. 35. —— Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Bei- trag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. Theil I. Die Spermatozoen der Vögel. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXI. 18838, 286 E. Ballowitz, 26. A. KöLLiker, Physiologische Studien über die Samenflüssigkeit. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1856. 27. E. SELENRA, Studien über Entwicklungsgeschichte der Thiere. 4. Heft. Das Opossum. 1887. 28. A. PrenAant, Note sur la structure des spermatozoides chez l’homme. Societe de Biolog. T. V. No. 12. (Nach einem Referate in den Jahresberichten über die Fortschritte der Anatomie und Physiologie von Hermann und SCHWALBE. Bd. XVII. 1. Abth.). 29. E. BaLLowırz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. Theil II. Fische, Amphibien und Reptilien. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXVI. 1890. 30. —— Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Bei- trag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. Die Sperma- | tozoen der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. L. 1890. 34, —— Fibrilläre Struktur und Kontraktilität. Vortrag, gehalten auf dem VII. Kon- gress der anatomischen Gesellschaft zu Berlin am 42. Oktober 1889. Archiv für die gesammte Physiologie. Bd. XLVI. 32. Fr. MERKEL, Erstes Entwicklungsstadium der Spermatozoiden. Untersuchungen aus dem anatomischen Institut zu Rostock. .Rostock 1874. 33. A. v. Brunn, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Samenkörper. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII. 41876. | 3%. F. MIESCHER, Die Spermatozoen einiger Wirbelthiere. Ein Beitrag zur Histo- chemie. Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. Bd.,VI. 14878. 35. V. Hensen, Physiologie der Zeugung. Hermanns Handbuch der Physiologie, Bd. VI. Theil II. 48814. Erklärung der Abbildungen. Wie in meinen früheren Arbeiten wurden auch hier die meisten Figuren in ziemlich gleichem Größenverhältnis gezeichnet, indem ich einen jeden Theilstrich des Mikrometer-Oculars Nr. 2 von WınkEL, mit welchem die Objekte bei Wınker, homogene Immersion 1/3, mit ausgezogenem Tubus gemessen wurden, und bei welchem dann jeder Theilstrich = 0,0009 mm wirklicher Objektgröße beträgt, in der Zeichnung gleich 4 mm setzte. Nur einzelne Figuren, wie z. B. Fig. 23 und 55, sind etwas größer wiedergegeben. | Die Abkürzungen der Figurenbezeichnungen bedeuten: K, Kopf; Vst, Vorderstück des Kopfes; Hst, Hinterstück des Kopfes; Kp, Kopf- kappe; V, Verbindungsstück der Geißel; H, Hauptstück der Geißel; Sp, Querspalte in der Hüllezwischen Verbindungsstück und Hauptstück ; Af, Achsenfaden; Ek, End- knöpfchen des Achsenfadens; His, Halsstück des Achsenfadens; Hl, Hals, Querspalt Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 287 zwischen Kopf und Verbindungsstück; Fs, gröbere Fasern, Fb, Elementarfibrillen des Achsenfadens; FM, Fäulnismaceration; @, Gentianaviolett; S, Safranin. I; Tafel XIII, Fig. 1—12. Vesperugo noctula K. u. Blas. ! Fig. 4. Ganzes Spermatosom aus dem Nebenhoden, in gesättigter wässeriger Sublimatlösung untersucht, von der Fläche gesehen. Fig. 2. Dessgleichen. Fig. 3, Dessgleichen. Fig. 4. Dessgieichen, von der Kante gesehen. Fig. 5. Ganzes Spermatosom aus dem Nebenhoden, von der Fläche gesehen; schwache Färbung mit Gentianaviolett. Spiralbildung unsichtbar geworden. Fig. 6. Dessgleichen;; Achsenfaden im Verbindungsstück deutlich, geht konti- nuirlich in das Halsstück über. Fig. 7. Geißel ohne Kopf, in koncentrirter wässeriger Sublimatlösung unter- sucht, aus dem Nebenhoden. Halsstück und Endknopf des Achsenfadens sehr deutlich. Fig. 8 u. 9. Vorderer Theil eines Spermatosoms aus dem Nehenkoden, in kon- centrirter wässeriger Sublimatlösung untersucht, von der Fläche gesehen. Fig. 10. Dessgleichen, frisch in 0,750/giger Kochsalzlösung untersucht. Fig. 44. Dessgleichen, aus dem Inhalt des Uterus, im März! untersucht. Spi- ralbildung im Verbindungsstück isolirt. Färbung mit Gentianaviolett. Fig. 12. Dessgleichen, Kopf abgefallen; aus dem Uterus, im März untersucht. Halsstück und Endknopf des Achsenfadens sehr deutlich. Färbung mit Gentiana- violett. Fig. 43—21. Vesperugo pipistrellus K. u. Blas. Fig. 13. Ganzes Spermatosom aus dem Uterus (Januar), von der Fläche geschen in koncentrirter wässeriger Sublimatlösung untersucht. Fig. 44. Dessgleichen, von der Kante gesehen. Fig. 15. Dessgleichen, von der Fläche gesehen ; Spiralbildung nicht sichtbar; Längsschatten im Kopfe. Fig. 16. Dessgleichen, aus einem mit Gentianaviolett gefärbten Deckglas- Trockenpräparate, welches längere Zeit gelegen hatte und schon wieder etwas ent- färbt war. Achsenfaden im Verbindungsstück sehr deutlich, kontinuirlich in das Halsstück übergehend. Fig. 17. Dessgleichen ; nach einem frisch gefärbten Deckglas-Trockenpräparat. Fig. 18—20. Vorderer Theil dreier Spermatosomen, von der Fläche gesehen, aus dem Inhalt des Uterus (Januar), in koncentrirter wässeriger Sublimatlösung untersucht. Fig. 21. Dessgleichen, nach einem tingirten Deckglas-Trockenpräparate, wie Fig. 46. Spiralbildung nicht zu erkennen. Der Achsenfaden (Af) sehr deutlich, geht vorn in das Halsstück über und ragt am hinteren Ende des Verbindungsstückes eine kleine Strecke weit frei hervor. Fig. 22. Geißel ohne Kopf von Vesperugo noctula K. u. Blas., aus dem Inhalt des Uterus im Januar untersucht, mit Gentianavioleit gefärbt. Endknopf und Hals- stück des Achsenfadens deutlich. Spirale im vorderen Theile des Verbindungs- 1 Die Thiere waren vom November bis März in der Gefangenschaft gehalten, so dass der Winterschlaf etwas verlängert wurde. 288 E. Ballowitz, stückes isolirt; Achsenfaden (Af) im Hauptstück auf Strecken isolirt, Hülle dessel- ben in Zerfall begriffen. Fig. 23. Vorderes Ende des Verbindungsstückes einer Geißel ohne Kopf von Vesperugo noctula K. u. Blas.; Endknopf und Halsstück des Achsenfadens scheinen getheilt. Fig. 24—-28. Isolirte Verbindungsstücke aus dem Uterus von Vesperugo. noctula K. u. Blas. Das ganze Thier macerirte vor der Untersuchung noch ca. 41/5 Wochen in Wasser. Nach mit Safranin und Gentianaviolett gefärbten Deckglas-Trocken- präparaten. Spiralbildung und streckenweise der Achsenfaden isolirt. Hülle stellenweise in Segmente zerfallen (Fig. 26, 27); dieselbe erscheint in.Folge der langen Einwirkung der Maceration etwas schmaler. Fig. 29—35. Rhinolophus Ferrum equinum K. u. Blas. Fig. 29. Ganzes Spermatosom aus dem Nebenhoden, frisch durch Osmium- säuredämpfe fixirt, von der Fläche gesehen. Verbindungsstück erscheint wie ge- körnelt; im hinteren Bereiche desselben ein Protoplasmaklümpchen;; die hintere Grenze des Verbindungsstückes nicht deutlich; gg, die vordere Grenze der Hülle eines jeden Fadens. Fig. 30. Vorderer Theil eines Spermatosoms von der Fläche gesehen; nach einem Präparate, welches nach Fixirung durch Osmiumsäuredämpfe längere Zeit in verdünntem Glycerin gelegen hatte. Am hinteren Rande des stark aufgehellten Kopfes ein Endknöpfchen sichtbar. Die beiden Fäden im vorderen Theile des Ver- bindungsstückes sehr deutlich. Fig. 31. Dessgleichen, ohne Kopf, nach einem frischen Präparat aus dem Nebenhoden. Endknöpfchen der beiden Fäden in verschiedener Höhe; gg, vordere Grenze des Verbindungsstückes, d. i. der Hülle der beiden Fäden. Fig. 32. Nach einem zuvor durch Osmiumsäuredämpfe fixirten und sodann mit Safranin gefärbten Deckglas-Trockenpräparat. Die beiden Fäden sehr deutlich. Ein Endknopf am Hinterrande des Kopfes, von demselben durch einen sehr schmalen hellen Zwischenraum getrennt. Kopfkappe intensiv gefärbt. Das Vorderstück des Kopfes beginnt sich zu entfärben. Fig. 33. Dessgleichen, Hülle des Verbindungsstückes nicht mehr sichtbar. Die zwei Fäden, d.i. die beiden Hälften des Achsenfadens, sind eine Strecke weit von ein- ander abgewichen und endigen jeder mit einem intensiv gefärbten Endknöpfchen ; die letzteren in verschiedener Höhe, so dass der eine Endknopf durch einen größe- ren Zwischenraum (Kittsubstanz) vom Hinterrande des Kopfes getrennt wird, als der andere. Kopfkappe intensiv gefärbt. Kopf bis auf das Hinterstück entfärbt. Fig. 34. Dasselbe; Kopf bis auf das Hinterstück entfärbt. Fig. 35. Vorderer Theil eines Spermatosoms aus dem Nebenhoden eines Indi- viduums, welches längere Zeit in Wasser macerirt hatte. Vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes deutlich (gg). Kopfkappe abgefallen und aufgelöst. Tren- "nung der beiden Fäden im Verbindungsstück. Tafel XIV. Fig. 36. Geißel eines Spermatosoms aus dem Uterus von Vesperugo noctula K. u. Blas.; aus einem Präparate, welches einige Tage in 0,80/yiger Kochsalzlösung unter dem Deckglas gelegen hatte, und dann mit Gentianaviolett gefärbt war. End- knopf und Halsstück des Achsenfadens sehr deutlich; Hülle im Hauptstück im Zer- fall begriffen. Im Querspalt (Sp) zwischen Hülle des Verbindungsstückes und des Hauptstückes der Achsenfaden sichthar. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 289 Fig. 37—50. Maulwurf, Talpa europaea L. Fig. 37. Ganzes Spermatosom aus dem Nebenhoden, frisch in 0,750/yiger Koch- salzlösung untersucht. Zwei Linien im Halse (Hl) sichtbar; 99, die vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Fig. 38. Isolirter Kopf aus demselben Präparat; die beiden vorderen Seiten- ränder desselben eingerollt. Fig. 39. Dessgleichen;; der vordere Theil des Kopfes umgebogen. Fig. 40. Isolirter Kopf, aus einem mit Gentianaviolett tingirten Deckglas- Trockenpräparat, welches von mit Humor aqueus verdünntem und durch Osmium- dämpfe fixirtem Sperma aus dem Nebenhoden angefertigt war. Kopfkappe (Kp) intensiv dunkel violett gefärbt; ihr hinterer Rand etwas entfernt von dem vorderen Rand des intensiver gefärbten hinteren Kopftheiles. Fig. 41. Dessgleichen; nur ein schmaler hinterer Theil des Kopfes intensiver gefärbt. Fig. 42. Isolirter Kopf aus einem mit GrEnacHErR’s Alaunkarmin gefärbten Deck- glas-Trockenpräparate, welches von mit Humor aqueus verdünntem und durch Osmiumsäuredämpfe fixirtem Sperma aus dem Nebenhoden angefertigt wurde. Kopfkappe farblos, nur der Kopf gefärbt. Fig, 43. Isolirte Kopfkappe aus dem frisch untersuchten Inhalt des Neben- hodens. Fig. 44 u. 45. Von der Kopfkappe befreite Köpfe aus dem Inhalt des Neben- hodens. Schwache Färbung mit Gentianaviolett. Fig. 46. Aus einem Präparat aus dem Hoden, welches einige Stunden in 0,80/yiger Kochsalzlösung unter dem Deckglase gelegen hatte. Kopf von der Kopfkappe befreit. Hülle des Verbindungsstückes aufgelöst, so dass der Achsenfaden (Af) isolirt ist; der vordere Theil des letzteren geht in zwei Fäden aus einander; Endknöpfchen noch nicht sichtbar. Hülle im Hauptstück (H) intakt, so dass sich das Hauptstück scharf von dem feineren Achsenfaden absetzt. Fig, 47, Vorderer Theil einer Geißel ohne Kopf, aus dem Inhalt des Neben- hodens, schwache Färbung mit Gentianaviolett; gg, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Zwei Endknöpfchen (EkEk) jetzt sehr deutlich ; zwischen EkEk und gg die beiden Fäden des Halsstückes des Achsenfadens (vgl. Fig. 37 Hl). Fig. 48—50. Aus einem Hodenpräparat, welches einige Stunden in 0,80/yiger Kochsalzlösung unter dem Deckglase gelegen hatte. Vordere Geißeltheile, von denen der Kopf abgefallen ist. Die Spiralhülle im Verbindungsstück aufgelöst, so dass der Achsenfaden entblößt ist. In Fig. 48 ist der vordere Theil des letzteren in zwei Hälften zertrennt, in Fig. 49 und 50 auch der mittlere und hintere Theil. Die vor- deren Enden der beiden Fäden tragen jeder ein jetzt sehr deutliches Endknöpfchen. Die Hülle im Hauptstück (H) noch erhalten, so dass sich das letztere von dem feine- ren Achsenfaden scharf abgrenzt. Fig. 54—56. Dachs (Meles Taxus Blas.). Fig. 51. Ganzes Spermatosom aus dem Nebenhoden; das Präparat war nicht mehr ganz frisch. Zwei Linien im Halse sichtbar ; Endknöpfchen noch nicht zu er- kennen. Fig. 52. Kopf mit vorderem Geißeltheil, nach einem mit Safranin gefärbten Deckglas-Trockenpräparat. Kopf bereits wieder verblasst und fast farblos gewor- den; nur der vordere geradeRand des Hinterstückes und der gebogene Vorderrand | des Innenkörpers in Gestalt deutlich abgegrenzter Linien sichtbar; der Hinterrand des Kopfes gleichfalls noch intensiv gefärbt. Im Halse (Hl) die beiden Fäden des 290 | F. Ballowitz, Halsstückes des Achsenfadens und ganz besonders die beiden intensiv gefärbten Endknöpfchen sichtbar; die letzteren sind von dem Einschnitt am hinteren Rande des Kopfes durch eine sehr schmale helle Linie (Kittsubstanz) getrennt. Fig. 53. Dasselbe; Hinterstück des Kopfes noch intensiv gefärbt und scharf nach vorn.abgegrenzt. Fig. 52 und 53 in etwas kleinerem Maßstabe gezeichnet als Fig. 51. Fig. 54. Vorderes Geißelende ohne Kopf aus dem Nebenhoden. gg, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes; EkEk, die beiden Endknöpfchen. Zwi- schen EkEk und gg die beiden Fäden des Halsstückes des Achsenfadens. Fig. 55. Dasselbe, etwas stärker vergrößert gezeichnet. Fig. 56. Vorderes Geißelende ohne Kopf, nach einem mit Safranin gefärbten - Deckglas-Trockenpräparat, welches von mit 0,750/yiger Kochsalzlösung verdünnten Sperma (ohne Osmiumsäure-Fixirung) angefertigt war. Spiralhülle im Verbindungs- stück aufgelöst, so dass. der Achsenfaden isolirt ist. Nach vorn geht derselbe in zwei Fäden aus einander, von denen ein jeder ein Endknöpfchen trägt. Vordere Grenze des Hauptstückes (H), dessen Hülle noch erhalten ist, setzt sich scharf vom Achsenfaden ab. Fig. 57 u. 58. Spermatozoenköpfe vom Hund, Sperma aus dem Nebenhoden, nach einem mit Gentianaviolett gefärbten Trockenpräparat, welches ca. vier Jahre im Dunkeln aufbewahrt und schon sehr verblasst war. Hinterstück des Kopfes noch intensiv gefärbt. Fig. 59—61. Spermatozoenköpfe vom Kaninchen, aus dem Nebenhoden, nach zuvor mit Osmiumsäuredämpfen fixirten, sodann mit Gentianaviolett gefärbten Deckglas-Trockenpräparaten, welche drei Jahre im Dunkeln aufbewahrt waren. An allen das Hinterstück intensiv gefärbt und nach vorn scharf abgegrenzt; in Fig. 59 die helle Innenkuppe nur verschwommen, in Fig. 60 und 64 dagegen scharf begrenzt. In Fig. 59 und 60 der Rand des Vorderstückes dunkel kontourirt. Fig, 62. Vorderer Theil einesSpermatosoms aus dem Nebenhoden einer frischen menschlichen Leiche ; nach einem mit Osmiumsäure fixirten und mit Gentianavio- lett gefärbten Deckglas-Trockenpräparat. Hülle des Verbindungsstückes aufgelöst, im Hauptstück dagegen noch erhalten; Achsenfaden im Verbindungsstück isolirt, Endknopf desselben noch nicht sichtbar. Fig. 63. Dessgleichen, ohne Kopf. Endknopf des Achsenfadens sichtbar. Fig. 64—68. Fischoiter (Lutra vulgaris Erxl.), Sperma aus dem Nebenhoden. Fig. 64. Isolirter Kopf, aus einem Präparate, welches 24 Stunden unter dem Deckglase in 0,750/yiger Kochsalzlösung gelegen hatte und sodann mit Gentianavio- lett gefärbt war. Kopfkappe (Kp) ist abgehoben und erscheint auf ihrer Oberfläche etwas rauh. Fig. 65. Ganzes Spermatosom; Kopfkappe glockenartig abgehoben. Hals (Hi) deutlich, Endknöpfchen nicht sichtbar; gg, vordere Grenze der Hülle des Verbin- dungsstückes. - Fig. 66. Dessgleichen; Kopfkappe entfernt; Kopf von der Geißel abgelöst; zwei Endknöpfchen sind sichtbar geworden. Fig. 67 u. 68. Isolirte Köpfe, aus einem mit Be gefärbten Deck- glas-Trockenpräparat, welches zwei Jahre im Dunkeln aufbewahrt war. Vorder- stück (Vst), Hinterstück (Hst) und Centralkörper (Ck) sehr deutlich. In Fig. 68 scheint sich der hintere Rand des Vorderstückes ein wenig retrahirt zu haben, so dass die Kanten desselben etwas dunkler ‘erscheinen und eine überaus zarte helle schmale Querlinie vor der vorderen Grenze des Hinterstückes sichtbar wird. Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 291 Fig. 69— 71. Aus dem Nebenhoden des Schafbockes; aus einem durch Osmium- säuredämpfe fixirten und mit Gentianaviolett tingirten Deckglas-Trockenpräparat, welches vier Jahre im Dunkeln aufbewahrt wurde. Fig. 69. Kopf und vorderer Geißeltheil. Vorderer Rand des Kopfes dunkel kon- tourirt. Hals (HZ) deutlich; g, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes; Endknopf nicht sichtbar. Fig. 70. Vorderes Geißelende. Endknopf sichtbar. g, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Fig. 74. Isolirter Kopf. Vorderrand des Kopfes dunkel kontourirt. Hinterstück scharf abgegrenzt ; vordere Grenze der Innenkuppe verschwommen. Fig. 72—76. Aus dem Nebenhoden des Schweines. Aus durch Osmiumsäure- dämpfe fixirten und mit Gentianaviolett tingirten Deckglas-Trockenpräparaten, welche vier Jahre im Dunkeln aufbewahrt waren. Fig. 72. Kopf und vorderer Geißeltheil. Vorn breiter Kappenrand;; Hinterstück scharf abgegrenzt. Im Halse zwei ein wenig divergirende Fäden sichtbar, welche durch einen hellen Raum von einander getrennt werden; g, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Innenkuppe noch nicht deutlich. Fig. 73. Dessgleichen, aber der Kappenrand schmal, scharf begrenzt und halb- kreisförmig. Fig. 74 u. 75. Isolirte Köpfe; wie Fig. 72, aber die Innenkuppe vom Vorder- stück sehr scharf abgegrenzt. Über die schmale helle Linie vor der vorderen Grenze des Hinterstückes in Fig, 75, vgl. Fig. 68. Fig. 76. Spermatosom mit größerem Kopf und, wenigstens im Verbindungs- stück, doppelter Geißel; aus dem Nebenhoden des Schweines. Fig. 77—79. Aus dem Nebenhoden vom Stier, aus mit Osmiumsäuredämpfen fixirten und mit Gentianaviolett tingirten Deckglas-Trockenpräparaten, welche einige Zeit dem Sonnenlichte ausgesetzt waren. Fig. 77. Kopf und vorderer Geißeltheil. Seitenränder von der vorderen Grenze des Hinterstückes an und Vorderrand des Kopfes dunkel kontourirt. Centralkörper deutlich. Hals sehr schmal; am hinteren Kopfrande das Endknöpfchen sichtbar. Hinterstück des Kopfes dunkel gefärbt, nach vorn scharf begrenzt. Fig. 78. Dessgleichen; zwischen dem dunkeln Randkontour und dem gefärbten Theil des Vorderstückes ein schmaler heller Saum. Fig. 79. Isolirter Kopf; die Kopfkappe (Kp) ist vom Vorderstück des Kopfes ab- gehoben, Fig. 80 u. 84. Aus dem Nebenhoden des Meerschweinchens; aus einem mit Gentianaviolett gefärbten Deckglas-Trockenpräparat. Fig. 80. Kopf und vorderer Geißeltheil. Kopfkappe intensiv gefärbt, hat sich vom Kopfe hinten etwas abgelöst. Achsenfaden im Verbindungsstück, dessen Hülle zum Theil aufgelöst ist, intensiv gefärbt und deutlich sichtbar. Fig. 81. Dessgleichen; die Kopfkappe ist abgetrennt. Fig. 82. Aus dem Hoden des Hengstes, nach Zusatz von verdünntem Glycerin und nach schwacher Färbung mit Gentianaviolett. Kopf und vorderer Geißeltheil. Endknopf nicht sichtbar. Im vordersten Theile des Verbindungsstückes haben sich noch einige Spiralwindungen erhalten; im mittleren und hinteren Theile desselben ist die Spirale aufgelöst, so dass der in zwei Hälften zerlegte Achsenfaden frei liegt. Hülle im Hauptstück erhalten, Fig. 83. Dasselbe. Vorderer Geißeltheil ohne Kopf; Endkoüpfehen (Ek) deutlich. Fig. 84. Aus dem Hoden des Schweines, nach Zusatz von verdünntem Glycerin 3923 E, Ballowitz, und nach schwacher Färbung mit Gentianaviolett. Kopf und vorderer Geißeltheil; am vorderen Ende des Verbindungsstückes noch zwei Spiralwindungen erhalten. Im Halse zwei Fäden deutlich. Der entblößte Achsenfaden (Af) in zwei von einan- der abstehende Fäden zerspalten, zwischen welchen eine feinste Fibrille sichtbar ist. Endknöpfe nicht zu sehen. Hülle des Hauptstückes erhalten. Fig. 85. Dasselbe, Kopf abgefallen. Der im Verbindungsstück von seiner Hülle befreite Achsenfaden vorn und hinten in zwei Fäden zerlegt, von denen ein jeder am vorderen Ende ein Endknöpfchen trägt. Tafel XV. Fig. 86—90. Aus dem Nebenhoden der Ratte. F= M, Geißeln ohne Kopf; 6, hintere Grenze des Verbindungsstückes. Fig. 86. 16 Tage in Wasser macerirt. Spiralbildung im ganzen Verbindungs- stück wieder deutlich geworden. Hülle des Hauptstückes im Zerfall begriffen, im unteren Theile der Geißel zum größten Theil aufgelöst, so dass der Achsenfaden (Af) entblößt ist; der letztere hier an einer Stelle in zwei Fäden zerspalten. Fig. 87. 22 Tage in Wasser macerirt. Spiralbildung der Hülle des Verbindungs- stückes sehr deutlich, im vorderen Theile aufgelöst, so dass der in sieben ungleich dicke Fasern und Fibrillen zersplitterte Achsenfaden frei zu Tage tritt. Hülle des Hauptstückes in ganzer Ausdehnung aufgelöst, so dass der Achsenfaden hier völlig isolirt ist; im oberen Theile ist derselbe in zwei Hälften getrennt. Fig. 88. 22 Tage in Wasser macerirt, Spiralbildung sehr deutlich, zum Theil in Segmente zerfallen; hier und da sind größere Stücke der spriraligen Hülle heraus- gebröckelt, so dass der Achsenfaden sichtbar ist. Der durch Auflösung der Hülle im Hauptstück isolirte Achsenfaden in ganzer Ausdehnung in drei Fäden (FbFbFs) zer- legt, von welchen der dickere (Fs) oben und unten wiederum in zwei Hälften aus einander weicht. Fig. 89. Dasselbe; der im Verbindungsstück unterhalb der Mitte desselben frei liegende Achsenfaden in zwei Hälften gespalten ; im Hauptstück der völlig entblößte Achsenfaden in drei ungleich dicke Fädchen zerfallen. Fig. 90. 20 Tage in Wasser macerirt. Der vordere Theil des Verbindungsstückes ist abgebrochen; ein frei hervortretender Theil des Achsenfadens in mehrere un- gleich dicke Fasern aufgesplittert. Die im Zerfall begriffene Hülle des Hauptstückes zum Theil noch erhalten. Der Achsenfaden im Hauptstück an mehreren Stellen iso- lirt, an einer Stelle in vier ungleich dicke Fasern zerlegt. Fig. 91. Ganzes Spermatosom aus dem Hoden des Schafbockes, in verdünntem Glycerin nach schwacher Gentianafärbung untersucht. Zarte, kaum gefärbte Kopf- kappe (Kp) nur wenig von dem Vorderstück abgehoben. Achsenfaden und Verbin- dungsstück isolirt, in der unteren Hälfte in zwei Fäden aus einander gewichen. Hülle des Hauptstückes erhalten. Fig, 92. Kopf und vorderer Geißeltheil eines Spermatosoms aus dem Neben- hoden vom Stier, frisch mit Gentianaviolett gefärbt. Fig. 93. Isolirter Kopf aus dem Nebenhoden des Stiers, nach einem mit Osmium- säuredämpfen fixirten und mit Gentianaviolett gefärbten Deckglas-Trockenpräparate, welches einige Zeit dem Sonnenlichte ausgesetzt war. Randkontour, Vorderstück, Hinterstück und Innenkuppe des Kopfes deutlich, vgl. Fig. 78. Fig. 94. Aus dem Nebenhoden des Schweines, 17 Tage in Wasser macerirt, Gentianafärbung. GanzesSpermatosom; Spirale des Verbindungsstückes wird sicht- Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. 293 bar; die beiden Fäden des Halsstückes (Als) im Halse deutlich; Endknopf nicht zu sehen; g, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Fig, 95. Dasselbe, Geißel ohne Kopf. Die beiden Fäden des Halsstückes mit den N beiden an einander stoßenden Endknöpfehen sehr deutlich; g, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes, - Fig. 96—99. Aus dem Nebenhoden des Maulwurfs, Talpa europaea L. 47 Tage in Wasser macerirt; Gentianafärbung. Fig. 96, ganze Geißel, Fig. 97—99, vordere Geißelenden. 9, vordere Grenze der Hülle des Verbindungsstückes. Die beiden Fäden des Halsstückes und die Endknöpfchen sichtbar. Spiralbildung im Verbin- dungsstück deutlich, zum Theil mit Querzerfall. Hülle des Achsenfadens stellen- weise aufgelöst, so dass der letztere frei liegt (vgl. Fig. 37 und 47—50). Die Spongienfauna des rothen Meeres. Von Professor Dr. C. Keller in Zürich. (N. Hälfte !.) Mit Tafel XVI—XX. Die äußerst formenreiche Ordnung der Monactinelliden Zırrer’s, wenn auch noch nicht von allen Autoren als einheitliche Gruppe aner- kannt, hat der systematischen Gliederung von jeher nicht geringe Schwierigkeiten entgegengesetzt. Biegsamkeit der Form und Anpas- sungsfähigkeit erreichen hier wohl den höchsten Grad der Entwick- lung innerhalb des ganzen Spongienstammes, daher das Dominiren der Monactinelliden in allen Meeren, ganz besonders in den wärmeren. Um der Organisationshöhe einen bestimmten Ausdruck zu ver- leihen, vertheilte ich im I. Theil dieser Arbeit die einzelnen Familien auf die beiden Unterordnungen der Oligosilieina und Oligoceratina. Genetisch betrachtet, bilden letztere die Ausgangsform und sind als solche die primäre Gruppe. Damit soll jedoch nicht ausgedrückt werden, dass sie hinsichtlich ihrer Organisation durchweg die primitiveren Ver- hältnisse darbieten. Im Gegentheil neigen ja gegenwärtig fast alle Spongiologen der Ansicht zu, dass von ihnen aus durch die Oligosilicina hindurch bis zu den Hornschwämmen eine ununterbrochene Entwick- lungsreihe sich verfolgen lässt, welcher das Gepräge stetiger Degenera- tion oder zum mindesten einseitiger Entwicklung deutlich anhaftet. Auf die äußeren, mechanischen Ursachen, welche meiner Ansicht nach diese Entwicklungsrichtung herbeiführen mussten, versuche ich später eingehend einzutreten, hier sei nur angedeutet, dass sie wohl aufs innigste mit der vertikalen Verbreitung zusarnmenhängt. | Die Oligoceratina bieten denn auch mannigfaltigere Bauverhält- nisse dar, stimmen aber alle darin überein, dass ihre Sponginsubstanz spärlich ausgeschieden wird oder ganz fehlt und die Kieselbildungen überwiegend sind. 1 Siehe diese Zeitschrift Bd. XLVIIl. 4889. p. 344. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 395 Skelett der Oligoceralina. a. Spongin. Die Familien der Tethydae und Chondrosidae lassen gar kein nach- weisbares Spongin erkennen. Dasselbe fehlt wohl auch bei den Placo- spongiden, tritt dagegen bei den ihnen nahe verwandten Spirastrellen auf, wenigstens finde ich solches bei Spirastrella decumbens, allerdings in einer ungewohnten Form. Diese inkrustirende Art überzieht die Unterlage mit einer dünnen, basalen Sponginplatte, den Unebenheiten derselben genau folgend. Von ihr erheben sich dünne, senkrechte Sponginlamellen, mit den benachbarten oft verlöthet und ein unregel- mäßiges Fachwerk bildend. Die obere Partie des Schwammes ist gänzlich sponginfrei. Wir haben hier offenbar eine Bildung vor uns, wie sie kürzlich E. Hazcrer bei Tiefseehornschwämmen entdeckt hat und bei der neuen Gattung Cerelasma beschrieb!. Die Suberitae sind zum Theil ganz sponginfrei, doch wird die Sponginsekretion zuweilen nicht unbedeutend und bei S. inerustans, einer sehr elastischen Art, treten an einzelnen Stellen im Inneren des Gewebes eigentliche Fasernetze auf mit deutlicher Schichtung der Fasern (Taf. XVII, Fig 20). Bei den Renieriden mit netzförmiger Anordnung der Nadeln werden Sponginbildungen allgemeiner. Sie dienen zum Verkitten der Nadel- enden, die Substanz ist spärlich und farblos, eine Ausnahme bildet die neue Gattung Damiria. Im Ganzen sind die Renieren brüchig, im trockenen Zustande ist ihre Elastieität höchst gering. Aber ich finde auch typische Repräsen- tanten, welche sich durch eine hohe Elastieität auszeichnen. Die genauere Analyse ergiebt, dass bei ihnen Faserzüge (oft von bedeutender Dicke) von Nadeln auftreten, welche ganz in Spongin eingehüllt sind. Es sind dies Arten, welche in stark bewegtem Wasser leben und mit Hilfe dieser Einrichtungen die nöthige Biegungsfestigkeit erlangen. b. Kieselbildungen. Gegenüber den mit Fasernetzen versehenen Kieselhornschwämmen ergiebt sich in dieser Unterordnung ein weit größerer Reichthum von Nadelformen. Die monaxonen Kieselgebilde prävaliren meistens oder sind ausschließlich vorkommend. Daneben finden sich vielfach Spiraster, 1 Ernst HAEcCKEL, Report on the Deep-Sea Keratosa. Challenger Reports. XXXI, 1889, 396 C. Keller, Sterraster, Oxyaster, Tylaster oder Sphaere mit vielfachen Übergängen. Hinsichtlich der Nadelbezeichnungen schließe ich mich genau der von Scnurzs und LENDENFELD! vorgeschlagenen Terminologie an. Es wird durchaus nöthig sein, einmal eine einheitliche Bezeichnung einzuführen, damit dem bisherigen Wirrwar ein Ende gemacht wird, denn bisher ist eine Artbestimmung so zu sagen nur dadurch ermöglicht, dass man für jeden Autor einen besonderen Schlüssel anlegt. Die SchutLzE-LEenDEn- FELD’Sche Terminologie ist im Ganzen so einfach, dass sie von jedem Autor adoptirt werden kann. Hinsichtlich des Skelettes finden wir in der Familie der Chondro- siden eine starke Rückbildung bis zum völligen Schwund aller Kiesel- körper, in der Familie der Placospongidae findet umgekehrt eine Steigerung sowohl nach Masse als nach Formenreichthum der Kiesel- spicula statt und das Extrem der Entwicklung macht sich hier in dem Auftreten eines deutlichen Achsenskelettes und Rindenskelettes be- merkbar. Ein besonderes Rindenskelett findet sich auch häufig, wenn auch schwächer ausgebildet, bei den Renieridae und hat sich von diesen aus zu den Chalinidae vererbt. Radiär verlaufende Nadelbündel kommen mehrfach vor, am voll- kommensten erscheinen sie bei den Tethyadae, wo sie von einem cen- tralen Nucleus entspringen. Dieselbe Anordnung wird uns bei den Tetractinellidae wieder begegnen und zwar in so übereinstimmender Form, dass wir sie nicht als einfache Analogie, sondern als eine wahre Homologie aufzufassen haben. Kanalsystem. In den höher stehenden Familien reiht es sich eng an dasjenige der Chaliniden an und ist noch vorwiegend nach dem 3. Typus gebaut. Im Allgemeinen auffallend reich entwickelt, ist es zur Durchströmung sehr geeignet. Die zahlreichen Dermalporen sind meist mikroskopisch und führen in senkrecht verlaufende Kanäle oder Subdermalräume. Letztere sind besonders umfangreich bei Tedania assabensis. In ein- zelnen Fällen (Tedania, Terpios, Sapline) überwiegt das Kanalwerk derart, dass der Schwamm ein System von Lakunen bildet, welche durch dünne Mesodermscheidewände getrennt erscheinen. Bei zwei dünnwandigen, röhrenförmigen Renieren (R. elastica und R. syconoides) sind die geraden Zufuhrröhren ausgesprochen radial gruppirt, ähnlich wie bei den Syconen unter den Kalkschwämmen. Bei diesen Arten herrscht auch ausgesprochene Lipostomie. ı F. E. Scautze u.R. v. LENDENFELD, Über die Bezeichnung der Spongiennadeln. Abh. d. königl. Akad. d. Wissensch, Berlin 1889. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 297 Bei den tieferstehenden Familien überwiegt ein Kanalsystem nach dem vierten Typus, insbesondere bei den mit einer deutlichen Rinde ver- sehenen Gattungen. Die Einzelheiten hat Scuuzze bei den Chondrosiden zunächst verfolgt: Enge zuführende Kanäle vereinigen sich zu größeren Stämmen, an deren baumförmigen Verzweigungen die kleinen, kugeligen Geißelkammern sitzen. Das abführende Kanalsystem verhält sich analog. Anklänge an den Kanalbau dieser Familie finden sich auch noch deutlich bei der Gattung Suberites. Enge daran schließt sich das Verhalten bei den Tethyaden, nur kommen in der geißelkammerfreien Rinde zahl- reiche intercorticale und subcorticale Räume hinzu. Das weiche Paren- chym ist erfüllt mit kleinen, sphärischen Geißelkammern, deren Um- gebung ein zellenreiches und körnchenreiches Mesoderm ist. Höchst eigenartige Verhältnisse finden sich bei Placospongia. Hier besteht die Rinde aus länglichen Platten, deren aufgewulstete Ränder in vorspringenden Kanten zusammenstoßen. Diese Kanten ent- halten schlitzförmige und verschließbare Oscula. Unter der Rinde ver- läuft auf der einen Seite ein fast die Hälfte des Durchmessers ein- nehmender Raum, welcher der zur Seite gedrängten, excentrischen Kieselachse parallel läuft. Es sind dies wohl riesige Subdermalräume. Röhrenförmige Arten treten in dieser Abtheilung zurück. Be- merkenswerth ist, dass neben einigen Renieren auch Suberites mastoi- deus entschieden röhrig ist und einen weiten Gastralraum besitzt. Es ist dies auch die einzige Form, bei welcher ich,die Bildung von einem Pseudoseulum und Pseudogaster häufig und stark entwickelt fand. Klassifikation. Die Systeme von Vosmaer und LENDENFELD zeigen einen großen Fortschritt in der naturgemäßen Gruppirung der so schwankenden Ab- theilung der monaxonen Kieselschwämme. So umfasst der von ihnen angenommene Formenkreis der Glavulina eine Anzahl nahe verwandter Familien. Etwas heterogener sind die Halichondrina. Einen weiteren Fortschritt dokumentirt das von Rıpıey und Denpy aufgestellte System, dem ich mich am nächsten anschließe, wenn ich auch ihre beiden Unterordnungen fallen lasse. Ich stimme ferner den Autoren bei, dass ihre Homorrhaphidae einen engeren verwandtschaftlichen Zusammenhang der Renieren und Chaliniden ausdrücken; aber diese Gruppe bedeutet mehr als eine einfache Familie. Das Auftreten eines zusammenhängenden Spongin- faserskelettes im Schwammorganismus ist ein so bedeutungsvolles | Moment, dass ich die Chaliniden als Familie und nicht als Subfamilie auffasse, demgemäß die Renieriden zum gleichen Rang erhebe. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 30 298 C. Keller, Den letzteren nahestehend und koordinirt sind die Heterorrhaphidae von RıpLey und Denpy. Über die Spongilliden und ihre Stellung wird der folgende Ab- schnitt handeln. Mit dem allgemeineren Auftreten von geknöpften Nadeln beginnt der Clavulinenkreis Vosmaer’s. Seine oberste Familie der Suberitae ist scharf zu umgrenzen und durch das Fehlen von Microseleren charakterisirt. Unmittelbar an diese schließt die Familie der Spirastrelliden, der ‘ vorigen im äußeren Habitus sehr ähnlich, aber mit zahlreichen Spirastern. Neu und vielleicht überraschend mag es erscheinen, dass ich hier auch die Familie der Placospongidae einreihe. Alle Autoren, welche dieselbe bisher näher behandelten oder untersuchten, stellten sie unbedenklich zu den Tetractinelliden und zwar in die nächste Nähe der Geodien. So Gray, Oscar ScHNIDT, CARTER und auffallenderweise auch SoLas in seiner Monographie der Challenger- tetractinelliden. Placospongia ist allerdings eine höchst eigenthümliche Spongie, welche, wie die Geodien, eine mit Kieselkugeln dicht erfüllte sehr harte Rinde besitzt, aber tetraxone Nadelformen fehlen durchaus. Geknöpfte Nadeln, zerstreut oder zu Zügen geordnet, sind dagegen sehr zahlreich. LENDENFELD ist der Einzige, welcher auf diesen Befund hin an dem geodienartigen Charakter vorübergehend zu zweifeln begann, sich dann aber durch das Vorkommen von Kieselkugeln wieder von der richtigen Erkenntnis abbringen ließ. Hätte er Gelegenheit gehabt, die Form ein- gehender zu untersuchen, so hätte er ihr ohne Zweifel die richtige Stelle angewiesen. | Diese aberrante Form gehört wegen der geknöpften Nadeln in den Clavulinakreis hinein. Analysirt man die Kieselkugeln näher, so ergiebt sich sofort, dass dieselben aus Spirastern hervorgegangen sind. Man findet im Schwammgewebe zwischen Kugeln, Spirastern und bedornten Stäben alle möglichen Zwischenformen und die Affinität zur Spirastrella ist eine unleugbare. | Die Familie der Tethydae war in ihrer Stellung lange Zeit unklar. Vosmazr hat ihr in der Nähe seiner Clavulinen einen richtigen Platz angewiesen und für sie die besondere Unterordnung der Pseudo- tetraxonia geschaffen. In der That steckt der Tethydenkreis mit seiner Organisation noch halb in den Tetractinellidae. Auffallenderweise berücksichtigen Rıpey und Dexpy in ihrer um- fangreichen Monographie der Challenger-Monactinelliden die Familie Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 299 gar nicht und erst Sorzas nimmt sich derselben an und erklärt sie im Anhang seiner Monographie als monaxone Kieselschwämme. Lenpenrsıp hebt sodann die Pseudotetraxonia ganz auf! und ver- weist die ihr zugehörigen Gattungen einfach zu den Clavulinen, ein Verfahren, das ganz richtig ist, denn sie enthalten die Stammformen derselben. Noch schwankender ist bisher die Stellung der Chondrosidae (im weiteren Sinne) geblieben. Vosmarr und LexDenFreLD schufen für sie die besondere Unterordnung der Oligosilieina. Ich habe dieselbe fallen gelassen, beziehungsweise den Namen in ganz anderem Sinne verwendet. Ihre Organisation weist auf die Tethyden hin, Kanalsystem und Rinde bleiben, dagegen fallen zunächst die Stabnadeln, im Weiteren auch die Aster und Sphaeraster weg. Die Chondrosiden bilden einen direkten, aber degenerirten Ausläufer und stehen zu den Tethyden in demselben Verhältnis, wie die Hali- sarciden zu dem einen Hauptzweig der Hornschwämme. Die hier behandelten Oligoceratina oder niederen monaxonen Kieselschwämme vertheilen sich also auf folgende Familien: I. Renieridae. II. Heterorrhaphidae. III. Suberitidae. IV. Spirastrellidae. V. Placospongidae. VI. Chondrosidae. VII. Tethydae. Hinsichtlich der nun hier eingereihten Spirastrellidae sei hinzu- gefügt, dass die von den Autoren und auch von mir denselben zuge- wiesene Gattung Latrunculia, wie auch schon LenpenreLp bemerkt, eine etwas isolirte Stellung einnimmt. Man könnte für dieselbe viel- leicht passend die besondere Familie der Latrunculidae aufstellen, Phylogenetischer Zusammenhang der oligoceratinen Monactinellidae. Das genetische Verhältnis der sponginarmen oder sponginfreien monaxonen Kieselschwämme ist weit weniger einfach und übersichtlich als die sehr klar zu übersehende Entwicklungsreihe, welche zu den Chaliniden und Hornschwämmen bis in ihre letzten Ausläufer führt. Dass aber die Wurzel in den Tetractinelliden zu suchen ist, dar- über waltet heute wohl kaum mehr ein Zweifel ob. Scnuzze hat an den Plakiniden nachgewiesen, dass ein Theil der Diacte und Monacte durch ! R. v. LENDENFELD, Das System der Spongien. Frankfurt a. M. 1890. 20* 300 6. Keller, einfache Reduktion von vierstrahligen Nadeln abzuleiten ist und in seiner Monographie der Hexactinelliden äußert er sich dahin: »The supposition is legitimate, that all the monaxonia, and the Keratosa which have probably developed from them, have originated from the stem of the Tetraxonia. « Der Übergang erfolgte durch die Tethyaden hindurch, welche wegen des Fehlens aller tetraxonen Gebilde den monaxonen Kiesel- schwämmen zugerechnet werden müssen, im Übrigen aber in ihrer gesammten Organisation aufs innigste mit gewissen Formenreihen der . Tetractinelliden verknüpft sind. Dieser Thatsache ist Vosmarr dadurch gerecht geworden, dass er für sie die Unterordnung der Pseudo- tetraxonia schuf und sie vor die mit geknöpften Nadeln erfüllten Cla- vulina stellte. SoLLas sagt: »The Tethyidae must be traced backwards towards a Placinid ancestor in order to explain the arrangement of the skeleton, which evidently depends on their mode of growth.« Gegenüber SorLzıs muss der Einwand erhoben werden, dass eine direkte Herleitung aus Plakiniden desswegen nicht sehr wahrscheinlich ist, weil die Tethyaden aufs engste mit den Tetilliden zusammenhängen. Die Übereinstimmung in der Organisation geht bis ins Einzelne — man vergleiche die Anordnung des Kanalwerkes, die radialen Nadelzüge, welche einen centralen Nucleus bilden, sowie den Bau der Rinde, so wird man unschwer die engen Beziehungen von Tethya zu den Gattungen Graniella, Cinachyra und Chrotella herausfinden. Der Übergang zu den Tethyaden scheint „von Craniella-ähnlichen Formen durch die Gattungen Tethyopsilla und Proteleia vermittelt. Beide Gattungen besitzen nur noch wenige rudimentäre Vierstrahler. Bei den Tethyen ist deren Ausfall ein vollständiger, aber es gewinnt jetzt eine Beobachtung von LinDEnfeLn an Interesse, nach welcher hier in den Stabnadeln zuweilen kurze, seitliche Achsenfäden vorkommen. Er betrachtet sie als atavistische Bildung, welche auf die tetraxone Nadelform zurückweist !. Andererseits deutet das Auftreten von geknöpften Nadeln auf den Kreis der Clavulina hin und es scheint mir sehr naturgemäß, dass eine Entwicklung nach dieser Richtung zunächst stattgefunden hat. | Demnach ist die Stellung der Tethyaden eine ungemein klare; sie sind das Bindeglied zwischen den tetraxonen und monaxonen Kiesel- schwämmen, ihre Organisation steht in der Mitte zwischen beiden. Wo man sie unterbringen will, ist Sache des subjektiven Ermessens, ich 1 R. v. LENDENFELD, Experimentelle Untersuchungen über die Physiologie der Spongien. Diese Zeitschr. Bd. XLVIIl. 4889, Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 301 würde es eben so richtig halten, sie ans Ende der Tetillidenreihe zu stellen, wie sie als Anfang der Clavulinenreihe zu betrachten. Als einen Ausläufer, der hier direkt ansetzt, betrachte ich die in ihrer Stellung so schwankend gebliebenen Chondrosidae mit den Gattungen Astropeplus, Grayella, Chondrilla und dem Schlussglied Chondrosia. Es ist ein Ausläufer mit entschieden degenerativem Cha- rakter, die wesentliche Umbildung, resp. Rückbildung betraf die Stab- nadeln und die Aster. Wie die neue Chondrilla globulifera andeutet, wurden die Sphaeraster zu Sphaeren reducirt und fielen schließlich ganz aus — das Endeglied ist eine nadelfreie, skelettlose Form. Von den Tethydae aber setzte sich der Hauptzweig in die Spira- strellidae und Suberitidae fort. Erstere waren mir früher in ihrer Her- kunft unklar und letztere ließ ich aus Renieriden hervorgehen — mit Unrecht, wie ich jetzt einsehe. Sicherlich stehen beide Familien ein- ander sehr nahe, nicht nur im äußeren Habitus, sondern auch im anato- mischen Bau. Beide haben vermuthlich eine gemeinsame Wurzel und die von Sorzas aufgestellte, mit einer Rinde versehene Familie der Scolopidae steht der gemeinsamen Stammform offenbar sehr nahe. Statt Oxyaster und Sphaeraster treten Spiraster auf, welche aber sich nur in der Richtung der Spirastrellen erhalten und hier in einem sonderbaren Seitenzweig, den Placospongien, eine Zunahme und succes- sive Umwandlung zu Kieselkugeln erfahren, welche eine äußerst harte Rinde und eine feste Achse erzeugen. Diese mit Kieselkugeln erfüllte Rinde bildet eine Konvergenzerscheinung zu den Geodien, welche so täuschend ist, dass sie bisher alle Forscher auf eine unrichtige Fährte geführt hat. Stark in den Vordergrund treten geknöpfte Nadeln. Diese kommen übrigens schon bei Columnitis vor und wurden von mir ge- legentlich auch bei Tethya seychellensis beobachtet. LENDENFELD hat daher, wie schon oben angedeutet wurde, eine gewisse Berechtigung, wenn er in seinem neuesten Spongiensystem die Pseudotetraxonia unterdrückt und sie einfach den Clavulina einverleibt. Eine radiale Anordnung der Nadelbündel vermag sich nach beiden Richtungen noch zu erhalten. Ich finde sie bei Placospongia noch und sehr deutlich bei Suberites inerustans bis tief ins Schwammgewebe. Meistens lässt sie sich nur noch in der Rinde verfolgen oder wird ganz unterdrückt. Weniger klar erscheint auf den ersten Moment die Herkunft der Renieriden. Doch scheint mir ihre Ableitung von gewissen Suberitiden nicht allzu schwer. Bei den letzteren sehen wir einen successiven Übergang von massigen Formen zu mehr inkrustirenden Arten, welche schließlich in den Rohrschwämmen (Vioa ete.) einen parasitären Cha- rakter annehmen. 302 C. Keller, Damit geht Hand in Hand der Übergang des Kanalsystems vom vierten Typus zum dritten Typus, welcher nun vorherrschend wird. Die kosmopolitische Verbreitung und der Formenreichthum der Suberitiden beweist, dass wir es bei ihnen mit einem sehr anpassungs- fähigen Zweig der monaxonen Kieselschwämme zu thun haben. Als eine Zwischenform, welche zu den Renieren hinüber leitet, kann vielleicht die Gattung Terpios betrachtet werden, welche in den Tropenmeeren weit verbreitet zu sein scheint. Hier dürften auch die vielgestaltigen Heterorrhaphidae ansetzen. Ich berichtige nunmehr meine frühere Ansicht, dass die Renieriden zum Ausgangspunkt der Suberitiden dienten, es findet vielmehr das Umgekehrte statt. Die geknöpften Nadeln treten zurück, eine Erscheinung, die übrigens schon bei den Suberitesarten sich zuweilen verfolgen lässt. Amphioxe und Amphistrongyle werden vorherrschend. Doch sind ge- legentlich in den beiden neuen Zweigen noch geknöpfte Nadeln als Amphityle nachzuweisen; unter den Heterorrhaphiden bei den Tedanien und unter den Renieriden bei Damiria, die den Renieridencharakter doch sehr stark ausgeprägt hat. | Die radialen Nadelzüge gehen nicht immer verloren, ja sie gewinnen unter den äußeren Existenzbedingungen, unter welchen die meisten Arten leben, eine erhöhte mechanische Bedeutung, sobald sie mit Spongin umkleidet werden. Der Übergang von den Renieriden aus zu dem Hauptstamm der Chaliniden ist ein so klarer, dass er fast von allen neueren Forschern an- genommen wird. Er erfolgt so unmerklich, dass es oft schwer hält, eine scharfe Grenze zu ziehen. Eine besondere Beachtung verdienen die Süßwasserschwämme oder Spongillidae. Sie sind Kosmopoliten und leben als Descendenten mariner und brakischer Arten in Flüssen und Binnenseen aller Kon- tinente. Sie finden sich selbst in den Gewässern kleiner und isolirter oceanischer Inseln, wie z. B. auf Mauritius. Im Kanal von Mozambique traf ich sie ebenfalls und zwar zahlreich in den Kraterseen auf der Insel Nossi-Be. | Die kosmopolitische Verbreitung der Süßwasserschwämme kann zwei Ursachen haben. Entweder sind ihre Verbreitungsmittel ganz be- sonders ausgebildet und ist namentlich die passive Verbreitungsweise ausgiebig. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Gemmulae noch nicht bei allen Süßwasserschwämmen nachgewiesen sind, bei Lubo- mirskia und Uruguaya beispielsweise fehlen sie. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass die Süßwasserspongillen Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 303 keine einheitliche Gruppe darstellen, sondern polyphyletischen Ur- sprungs sind und an verschiedenen Punkten der Erde aus marinen Arten entstanden. Letztere Annahme scheint mir zulässig und ich stütze mich dabei auf folgende Thatsachen: Die südamerikanische Uruguaya coralloides mit ihren dicken wurstförmigen Nadeln steht ziemlich isolirt da, aber meine neue Gattung Damiria, eine typische Renieride, zeigt zu der südamerikanischen Spongillide die allernächste Verwandtschaft und ein Übergang der genannten Gattung in diese war mit geringen Umänderungen verbunden. Die räumliche Trennung wird kein stich- haltiger Einwand sein. Damiria ist bisher nur im rothen Meere nach- gewiesen, sie dürfte später auch in den südamerikanischen Gewässern angetroffen werden. | Sodann hat A. Hyırr! bei Chalinula Statoblasten beobachtet und ist daher geneigt, die Süßwasserschwämme von den Chaliniden her- zuleiten. Ich stimme Hyarr bei, so weit es sich um die sponginreicheren Spongillen handelt. Die ganze Gruppe ist nicht einheitlich, ihre Arten wurzeln theils in den Chaliniden, theils in den Renieriden. Sieht man von den kleineren Seitenzweigen ab, so lässt sich der Gang der Entwicklung durch den Hauptstamm der monaxonen Kiesel- schwämme hindurch mit einiger Deutlichkeit verfolgen. Von den formenreichen und weit verbreiteten tetraxonen Tetillen aus beginnt eine lange und kontinuirliche Reihe bis zu den Horn- schwämmen hinauf mit stetiger degenerativer Neigung. Die Degene- ration ergreift zunächst die vierstrahligen Elemente und wandelt sie zum Theil in monaxone Nadeln um, dann weichen auch diese successive und werden durch Sponginfasern ersetzt, bis auch diese eine Rück- bildung erfahren und in den Halisareiden als extremste Bildung eine skelettlose Spongie erscheint. Der genetische Zusammenhang monaxoner Kieselschwämme lässt sich etwa in folgendem Schema ausdrücken /s. p. 30%). XI. Familie. Renieridae Ridley. Monactinelliden mit spärlicher Sponginsubstanz, welche die Spieula „ meist nur an den Enden zusammenhält, ausnahmsweise auch völlig ein- hüllt. Die Nadeln sind entweder zu regelmäßigen Netzen oder zu Nadelzügen vereinigt oder wirr durch einander liegend. Die Kiesel- gebilde sind Amphioxe, Amphistrongyle, selten Style. Ausnahmsweise kommen Amphistyle vor. Die Schwammsubstanz ist meist brüchig. Das Kanalsystem vorwiegend nach dem dritten Typus gebaut. Diese 1 A. Hyatt, Science. Vol. IV.. No, 92, Cambridge 1884, 304 0. Keller, Keratosa A Chalinidae 2 | = Spongillidae ed Heterorrhaphidae | 7 x Renieridae A Suberitidae Spirastrellidae Teihydae ———— Placospongidae N Chondrosidae a | Tethyopsillidae A | Tetillidae (tetraxon) kosmopolitische Familie weist im rothen Meere verschiedene eigen- thümliche Arten auf. 27. Genus. RenieraNardo. Massige, röhrige oder inkrustirende Schwämme, deren Skelett- nadeln meist kurze Amphioxe sind und sich zu dreieckigen, viereckigen „ oder polygonalen Maschen anordnen. Die Maschen der Haut sind ein- nadelig, selten Bündelmaschen. Indessen ist ein besonderes Rinden- skelett nicht bei allen Arten vorhanden. Das Kanalsystem nach dem dritten Typus gebaut. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II, 305 47. Species. Reniera scyphonoides Lam. (Taf. XV, Fig. %). Spongia scyphonoides Lamark. Ann. Mus. Hist. Nat, XX. Reniera scyphonoides Ridley. Report on the Voyage of H.M. S. »Alerl«. p. 407. Die von mir gesammelten Exemplare stimmen mit der australischen Form sehr überein, nur kommen etwas dickere Nadelbündel und etwas kleinere Nadeln vor; die Abweichung berechtigt aber kaum, eine neue Species zu Kreiren. Die meisten Stücke erreichen eine Höhe von 2—3 cm, bilden auf- rechte Röhren von einer ziemlich gleichmäßigen Weite von 4 mm. Oben sind sie abgerundet und geschlossen. Die Beschaftenheit ist durch außergewöhnliche Elastieität und Zähigkeit ausgezeichnet. Die Farbe ist im Leben dunkelsepienbraun und ändert sich im Alkohol nicht. Die Oberfläche ist fein granulirt. Die mikroskopischen Haut- poren sind gleichmäßig über die Oberfläche zerstreut und 0,15—0,2 mm weit. Obschon die Wand dünn und der Gastralraum weit ist, finde ich weder an den Seiten noch am Ende der Röhren Andeutungen von einem Osceulum, bei allen untersuchten Exemplaren herrscht Lipostomie. Das Kanalsystem erinnert durch die Regelmäßigkeit seines Baues an die Syconen unter den Kalkschwämmen Die zuführenden Kanäle sind gerade und radial gestellt. Entsprechend der Dicke der Körperwand beträgt ihre Länge etwa 0,4 mm. Das Skelett enthält als Nadeln schwach gebogene Amphioxe, welche plötzlich zugespitzt sind, an den Spitzen häufig wiederum ab- gerundet erscheinen. Daneben finden sich vielfach Stabnadeln, welche an beiden Enden abgerundet sind. Die Länge der Nadeln beträgt durch- schnittlich 0,15 mm, ihre Dicke 0,004 mm. Die Maschen des Skelett- netzes enthalten seltener nur eine Nadel, vorwiegend sind es Nadel- bündel, welche aus 8—10 Nadeln bestehen. Ein besonderes Rinden- netz fehlt. Die Maschen sind vierseitig mit abgerundeten Ecken und werden durch reichliche Sponginsubstanz gestützt, in welche die Nadelreihen eingebettet sind. Zu den Maschenknoten der Oberfläche gehen radial gestellte Nadelbündel, welche etwas über die Oberfläche emporragen und das fein granulirte Aussehen hervorrufen. Daneben kommen aber auch wirr durch einander liegende Nadeln vor, welche die radialen Röhren auskleiden. Fundort: Auf den Korallenriffen von Suakin in der Brandungs- zone sehr häufig (KeLLer). 306 6. Keller, 48. Species. Reniera elastica nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 3 u. 7). Eine recht häufige Art, welche in der stärksten Brandung lebt und kleine Kolonien von aufrechten, röhrigen Individuen bildet, welche bis 5 cm Höhe erlangen. An der Basis sind die einzelnen Röhrchen meist verwachsen. Das obere Ende ist abgerundet und mundlos. Der Durchmesser beträgt 4«—5 mm. Mit den meisten Renieren theilt sie die feste Beschaffenheit, fühlt sich sogar hart an. Dagegen ist sie nicht brüchig, sondern schwer zerreißbar und besitzt einen hohen Grad von Elastieität. Die Farbe ist gelblichbraun und bleibt im Alkohol unverändert. Wie die mikroskopische Analyse lehrt, wird sie nicht durch Pigment- zellen bedingt, sondern rührt von Einmiethern, ziemlich großen und kugeligen Zooxanthellen her, welche im farblosen Mesoderm eingestreut sind (Taf. XVI, Fig. 7). Die Oberfläche ist glatt und etwas glänzend. Die mikrosko- pischen Hautporen sind zahlreich, dagegen sind alle von mir unter- suchten Exemplare lipostom. Das Kanalsystem zeigt einen einfachen Bau, ist aber sehr reich entwickelt. Die Hautporen führen in große, rundliche Subdermalräume, welche durch kurze, radial gestellte Kanäle mit dem weiten Gastralraum kommuniciren. Die zahlreichen Geißelkammern, deren Durchmesser bis zu 0,025 mm geht, sind gerundet mit weiter Mündung. Die Körperwandung ist durchschnittlich 0,5 mm dick, daher der Gastralraum von bedeutender Weite. Seine Innenfläche ist netzartig mit vortretenden Längsleisten (Taf. XVI, Fig. 7). Das Skelett zeigt eine ausgesprochene Neigung zur Bildung von Faserbündeln in netzförmiger Anordnung. Die Kieselnadeln sind kurze, schwach gebogene Amphioxe, welche plötzlich zugespitzt sind. Ihre Länge beträgt 0,1 mm, ihre Dicke 0,005 mm. Ein besonderes Rinden- skelett ist deutlich ausgeprägt und ist ein zartes Maschennetz mit meist viereckigen Maschen, welche einreihige, häufig auch 3—4reihige Nadeln enthalten. Das die Enden verkittende Spongin ist farblos. Die Gastral- seite enthält ein diekes Maschennetz, deren Maschen 0,2—0,25 mm weit sind. Hier liegen die Nadeln 30—40 reihig, oft 60 reihig in Spongin eingebettet. Am.dicksten sind die Längsbündel. Sie können bis zu 0,3—0,355 mm dick werden und springen in das Lumen des Gastralraumes vor. Die Die Spongienfauna des rothen Meeres, II. 307 queren Verbindungsbündel sind schwächer, 0,1—0,15 mm diek und 15—20 parallele Nadeln einschließend. Wiederum etwas schwächere Bündel steigen senkrecht zur Ober- fläche empor, unter sich ab und zu wieder durch Faserbrücken ver- bunden. Am auffallendsten ist bei dieser Art jedenfalls das Auftreten un- gewöhnlich starker Längsbündel, welche der Wandung eine sehr große Festigkeit verleihen. Da der Schwamm die stärkste Brandung liebt und am äußersten Rande der Riffe lebt, so haben wir hier eine offenbare Anpassungs- erscheinung an die eigenartigen Lebensbedingungen. Der Organismus bedarf unter denselben eine ungewöhnliche Biegungsfestigkeit, da er stark auf Zug und Druck beansprucht wird und diese wird durch Ein- lagerung peripherer elastischer Gebilde erreicht. Fundort: Am äußersten Rand der Riffe in Suakin sehr häufig (Keiter). 49. Species. Reniera coccinea nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 5 u. 6). Eine kompakte Schwammform, welche entweder kugelige Massen oder dicke gerundete Krusten von 2—3 cm Höhe und bis zu 7 em Breite bildet. Die Beschaffenheit ist eher zähe als brüchig und bei aller Festig- keit ziemlich elastisch. Die Farbe ist im Leben intensiv orangeroth bis hell kirschroth, im Inneren schwach morgenroth. Sie wird im Alkohol auch nach längerer Zeit nur wenig ausgezogen. Die gewölbte Oberfläche ist höckerig, an manchen Stellen ge- furcht und mit zahlreichen, bis zu I mm weiten Poren bedeckt. Die Oseula sind wenig zahlreich, 3—5 mm weit, scharfrandig und voll- kommen kreisrund. Sie stehen auf kurzen, kegelförmigen Erhebungen. Das Kanalsystem ist reich entwickelt. Sowohl die einführenden wie ausführenden Kanäle verlaufen vorwiegend senkrecht zur Ober- fläche und gerade. Die dazwischen liegende Gewebsmasse ist von zahlreichen, weiten Lakunen durchsetzt. Sie werden durch dünne Wände getrennt, in welchen die mäßig zahlreichen, runden Geibel- kammern sitzen. Das Skelett ist überall netzförmig, ein besonderes Rindenskelett fehlt. Die Kieselnadeln sind grobe Style von 0,3—0,32 mm Länge bei einer Dicke von 0,041 mm. Das gerundete Ende ist zuweilen schwach angeschwollen, mehrfach habe ich eine einseitig gelegene Anschwellung _ beobachtet. Das untere Ende ist scharf zugespitzt, bald plötzlich, bald langsam verjüngt. Die spitze Hälfte ist stets gerade, die gerundete 305 C. Keller, Hälfte stark gebogen, sehr häufig beginnt die starke Biegung erst in der Nähe des Nadelendes. Die Netzmaschen sind dreieckig oder viereckig. Senkrecht verlaufende Nadelzüge sind stets vorhanden. Dieselben sind einreihig oder vielreihig (gewöhnlich 3—4reihig). Bei einem durch große Festigkeit ausgezeichneten Exemplar finde ich sogar 40—12reihige, parallele Nadelzüge. Das verkittende Spongin ist spärlich und farblos. Fundort: Rothes Meer ohne nähere Angabe der Fundstelle (Umzaurr). Aufden Riffen von Suakin in 5—10 Faden Tiefe sehr häufig (KELLER). 50. Species. Reniera Ridleyi nov. sp. Massige, unregelmäßige Spongie, welche im äußeren Habitus der R. tufa Ridley u. Dendy nahe steht. Das von mir untersuchte Exemplar ist 2 cm dick und 4 cm breit. Die Beschaffenheit ist sehr brüchie. Die Farbe ist gleichmäßig schwarz. Die Oberfläche ist glatt, aber uneben und enthält mehrere zer- streute Oscula von ganz unregelmäßiger Gestalt. Das Kanalwerk ist stark entwickelt, zeigt aber einen sehr un- regelmäßigen Verlauf. Die größeren Kanäle werden bis zu 3 mm weit. Die Kieselnadeln des Skelettes sind 0,3—0,4 mm lang und 0,04 mm dick und mäßig stark gebogen. Die Mehrzahl derselben sind Amphioxe mit stumpfer oder abgerundeter Spitze. Daneben kommen auch eigentliche Amphistrongyle vor. Die Art zeigt einen Gegensatz zwischen dermalem Skelett, wo die Nadeln einreihig liegen und drei- bis vierseitige Maschen bilden, und dem Innenskelett, wo die 0,4 bis 0,5 mm weiten Maschen durch sieben- bis zehnreihige Nadelbündel hergestellt werden. Stärkere Nadelbündel verlaufen senkrecht zur Oberfläche. Der Sponginkitt ist spärlich. Fundort: Südlicher Theil des rothen Meeres in 18 Faden Tiefe (SIEMENS). 28. Genus. Damiria nov. gen.!. Diese originelle Gattung reiht sich eng an die typischen Renieren an, zeigt andererseits auch Anklänge an die Tedanien und an die Süß- wassergattung Uruguaya. Die Kieselnadeln sind vorwiegend Amphi- tyle oder hantelförmige Spicula, daneben kommen auch Nadein vor, welche an beiden Enden einfach abgerundet sind. Ein besonderes Rindenskelett ist deutlich erkennbar. In der Haut 1 Nach Er Damırı (ABULBEKA MUHAMMED KEMALEDDIN EL Damiki), arabischer Zoologe, welcher 1371 ein Werk über das Leben der Thiere (Hayat ul Haiwan) schrieb. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 309 liegen die Nadeln parallel der Oberfläche, aber niemals in Netzen, son- dern wirr durch einander. Im Inneren sind die Nadeln meist einreihig zu regelmäßigen Netzen verbunden, deren Maschen drei- bis vierreihig sind. Längere Faserzüge fehlen. Bisher waren Renieriden mit hantel- förmigen Nadeln nicht bekannt. | 51. Species. Damiria simplex nov. sp. (Taf. XVI, Fig. I u. 2). Das Originalexemplar aus dem Berliner Museum bildet eine I cm dicke und 2!/; cm breite Kruste von harter und sehr brüchiger Be- schaffenheit und hellbrauner Färbung. Die Oberfläche ist vollkommen glatt und lässt eine deutliche Hautschicht erkennen; das Innere ist unregelmäßig von Kanälen bis zu 2 mm Weite durchzogen, deren Verlauf unregelmäßig ist. Größere Oscula fehlen. Das Skelett enthält hantelförmige und stark -gebogene Nadeln (Amphityle), welche vielfach in wurstförmige Spicula übergehen. Es finden sich zwei Formen, schlankere und gröbere Hantelnadeln. Die schlanke Form ist in der Rinde stark überwiegend, die gröbere, ge- drungene Form bildet die Netzmaschen der Schwammsubstanz, und hier kommen nur vereinzelte schlankere Nadeln vor. Die schlanke Form ist 0,3 mm lang und schwankt in der Dicke zwischen 0,01 bis 0,006 mm, die dickeren Hanteln sind ziemlich konstant 0,25 mm lang und 0,015 mm dick. Die Enden sind nur mäßig, zuweilen gar nicht angeschwollen, aber bei beiden Formen mit spitzen, kurzen Dor- nen dicht besetzt. Die dermalen Nadeln liegen wirr durch einander, aber in der Ebene der Haut, nirgends ragen sie über dieselbe hervor. Das Innere des Schwammes zeigt ein zierliches Maschenwerk. Die Enden der Nadeln sind durch einen braunen Sponginkitt verbunden und von einem Punkte laufen zahlreiche radiär gestellte Nadeln aus, um am anderen Ende wieder in ein entsprechendes Strahlencentrum einzu- münden. Ein System senkrechter Nadeln trägt die Hautschicht. Fundort: Rothes Meer in 18 Faden Tiefe in der Nähe der Insel Perim (SıEmENSs). 29. Genus. Halichondria Flemming. Massige oder krustenförmige Renieriden mit sehr schlanken Nadeln, welche entweder in Zügen angeordnet sind oder wirr durch einander liegen. Netze fehlen. Die Nadeln sind vorwiegend Amphioxe. Spongin kaum nachweisbar. Kanalsystem nach dem dritten Typus (immer?). 310 0. Keller, 52. Species. Halichondria granulata nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 8). Schwamm von ziemlich weicher Konsistenz, welcher membran- artige Überzüge auf Korallen bildet und selten über 3 mm dick wird. Die Farbe ist im Leben schmutzig orange, im Alkohol blaugrau. Die Oberfläche ist überall stark granulirt und durch anhaften- den Schlamm meist stark verunreinigt. Die Oscula sind wenig zahl- reich, klein und zerstreut. Ihr Rand ist scharf und unregelmäßig aus- genagt, die Weite geht nicht über 3 mm. Das Kanalsystem ist nur schwach entwickelt. Die Einführkanäle verlaufen senkrecht in die Tiefe und verjüngen sich rasch. Sie stehen mit Spalträumen und Kanälen in Verbindung, welche parallel zur Oberfläche verlaufen. Die kugeligen Geißelkammern finden sich vor- wiegend in der basalen Zone, sind 0,01 mm weit und von stark körni- gem Mesoderm umgeben. Die abführenden Kanäle steigen senkrecht in die Höhe. Das Skelett ist spärlich entwickelt. Die nicht sehr zahlreichen, schlanken und unregelmäßig zerstreuten Amphioxe sind 0,2—0,35 mm lang und 0,0035 mm dick. Daneben finden sich größere Amphistrongyle und Amphioxe von 0,6—0,7 mm Länge und 0,012 mm Dicke. Diese längeren Nadeln sind häufig zu senkrechten, etwas über die Oberfläche emporragenden Bündeln gruppirt. Fundort: Auf abgestorbenen Korallen in zwei Faden Tiefe auf den Riffen von Suakin (KELLER). 55. Species. Halichondria tuberculata nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 10). Massige Art von weicher, fast fleischiger Beschaffenheit. Das größte von mir untersuchte Exemplar ist eine Knolle von 9 em Höhe und5 cmBreite, welche mit kurzem Stiele auf einer Muschelschale aufsitzt. Die Farbe (im Spiritus) ist stellenweise graubraun, an anderen Stellen mit röthlichem Anflug. Die Oberfläche ist unregelmäßig und mit zahlreichen, 3—i mm von einander abstehenden, gerundeten Höckern besetzt. Dazwischen finden sich auch einzelne kleinere Conuli. Die ziemlich derbe Haut ist mit feinen, netzartig verbundenen Rippen bedeckt. Die kleinen Hautporen sind wenig zahlreich und unregelmäßig zerstreut, die runden oder unregelmäßigen Oscula spärlich und 2—4 mm weit. Der Verlauf des Kanalsystems ist ein sehr unregelmäßiger. Unter der Rinde liegen größere und kleinere Subdermalräume, die zuweilen {i mm weit sind. Trotz des guten Erhaltungszustandes der untersuchten Stücke konnte ich keine Geißelkammern auffinden. — Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. >11 Das Skelett enthält schlanke, am Ende fein zugespitzte Amphioxe, von denen die Mehrzahl 0,5 mm lang und 0,0075 mm dick ist. Amphi- strongyle sind spärlich vorhanden. Sie liegen im Inneren des Schwam- mes wirr durch einander, in der Nähe der Oberfläche zeigen sie Neigung, 4—6reihige Züge zu bilden, welche in den Höckern oder Conuli endigen. Auch die Haut enthält an vielen Stellen Nadelzüge. Fundort: In der Bai von Assab (Sammlung des Vettor Pisani). 54. Species. Halichondria glabrata nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 9). Eine zarte, sehr brüchige Art, welche dünne Überzüge auf der Unterlage bildet und sich stellenweise zu dickeren Leisten erhebt, eben so die verlassenen Wurmröhren auskleidet. Die Farbe ist (in Spiritus) hellgrau. Die Oberfläche ist auffallend glatt und sehr porenreich. Die dichtgedrängten mikroskopischen Hautporen sind 0,03—0,05 mm weit, daneben finde ich vielfach solche von 0,3 mm Weite. Die zerstreuten Oscula sind kreisförmig, etwa ?/, mm weit und von sternförmig grup- pirten, unter der Haut parallel der Oberfläche verlaufenden Zufuhr- kanälen umgeben. Das Kanalsystem ist außerordentlich reich entwickelt. Die Einlassporen führen in ein System zusammenhängender Lakunen, die größeren Poren führen in glattwandige, senkrecht in die Tiefe ver- laufende und auf lange Strecken gleich weit bleibende Kanäle. In den Septen zwischen den Lakunen liegen zahlreiche runde, verhältnismäßig sroße Geißelkammern. Die abführenden Kanäle verlaufen vorwiegend horizontal. Das Skelett wird aus zahlreichen schlanken, schwach gebogenen amphioxen und amphistrongylen Nadeln gebildet, welche meist wirr durch einander liegen und nur selten längere, aufsteigende Züge bilden. Die Länge der Nadeln beträgt 0,4—0,54 mm bei einer durchschnitt- lichen Dieke von 0,0075 mm. Am dichtesten liegen die Nadeln in der Haut, sind wirr durch einander, aber parallel zur Oberfläche, wodurch die Glätte derselben bedingt wird. ; Fundort: In 10 m Tiefe auf steinigem Grund in der Bai von Assab (Sammlungen des Vettor Pisani). 55. Species. Halichondria minuta nov. sp. Diese unscheinbare Form mag ihrer Nadeln wegen hier beschrieben werden. Sie ist inkrustirend und bildet papierdünne Überzüge auf Damiria, vielleicht ist sie symbiotisch mit dieser Art vergesellschaftet. Die Oberfläche ist siebartig von kreisrunden, 0,02 mm weiten 312 6. Keller, Hautporen durchbohrt. Das Gewebe ist dicht erfüllt mit amphioxen Kieselnadeln von wetzsteinartiger Gestalt und unbedeutender Größe, die variabel ist. Die Dicke schwankt zwischen 0,025 und 0,05 mm. Daneben finden sich zerstreut oder in Zügen größere Amphioxe von etwa 0,15mm Länge und 0,004—0,005 mm Dicke. Sie sind gerade und scharf zugespitzt. Fundort: Südlicher Theil des rothen Meeres in der Nähe von Perim. 18 Faden Tiefe (Sıemens). 30. Genus. Amorphinaö®. Schmidt. Renieriden mit kürzeren oder längeren Amphioxen, theils in un- regelmäßigen Zügen, theils wirr durch einander gelagert. 56. Species. Amorphina isthmica Keller. Ich beschrieb diese Art 1882 in den »Denkschriften der schweize- rischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften« in meiner Arbeit über die Fauna im Suezkanal als eine nicht gerade häufige Spongie, welche Krusten oder Polster von 2—3 em Durchmesser bildet und unter Steinen oder zwischen Miesmuscheln (Mytilus variabilis) ange- troffen wird. Die Farbe ist blass strohgelb oder bräunlich. Die Oberfläche ist ziemlich glatt und enthält wenige elliptische oder rundliche Oscula, welche auch fehlen können. Das Kanalwerk ist schwach entwickelt, das Mesoderm derb und zellenreich. Die Geißel- kammern sind spärlich. Die Nadeln sind 0,25—0,35 mm lang und 0,004—0,007 mm dick und gerade, an den Enden plötzlich zugespitzt. Fundort: Am nördlichen Ufer des Timsah-Sees auf dem Isthmus von Suez (KELLER). | XI. Familie. Heterorrhaphidae Ridley u. Dendy. Monaxone Kieselschwämme, deren Sponginsubstanz ganz fehlt oder nur schwach entwickelt ist. Das Kieselskelett besteht aus Megaskleren und Mikroskleren. Erstere sind schlanke, style oder tylostyle Nadeln, die wirr durch einander liegen oder in Zügen angeordnet sind. Die Mikroskleren sind Sigma, Raphide oder Mikroxe, aber niemals Chele. Die Nadeln sind glatt oder bedornt. 31. Genus. Tedania Gray. Massige, an der Oberfläche häufig stark gefurchte Schwämme. Spongin kaum nachweisbar. Die Megaskleren sind im Inneren Style, an der Oberfläche Amphistrongyle oder Amphityle. Kanalsystem nach dem vierten Typus. Geißelkammern klein. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 313 57. Species. Tedanıa assabensis nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 11 u. 12). Eine recht typische und leicht erkennbare Art, welche in den Sammlungen der Vettor Pisani- Expedition durch zwei wohlerhaltene Spiritusexemplare vertreten ist. Es sind aufstrebende Massen von 6, beziehungsweise 8 em Höhe. Die Beschaffenheit ist sehr weich und elastisch. Die Farbe ist (in Spiritus) grauweiß. Die Oberfläche ist dicht besetzt mit Papillen von 1—2 mm Dicke und wechselnder Höhe. Sie geben dem Schwamm an manchen Stellen ein zottiges Aussehen. Bei einem Exemplar, das ich hier abge- bildet, sind im oberen Theile die Zotten verlängert oder zu. blattartigen, flachgedrückten Anhängen umgewandelt, welche bis zu 2 cm breit werden. Daneben kommen tiefe, senkrecht aufsteigende Furchen vor, wie solche bei anderen Tedanien beschrieben wurden. Zwischen den Papillen und in den Furchen ist die Haut mit zahllosen Poren übersäet. Die Oscula sind zerstreut, von wechselnder Größe und ganz un- regelmäßiger Form. Größere Oseula, bis zu I em weit, finde ich an der Spitze. Das Kanalsystem ist sehr gut entwickelt. Die siebartig durch- brochene Haut mit dicht gedrängten, 0,07—0,08 mm weiten Poren überwölbt als zarte Membran die weiten Subdermalräume. Diese stehen mit einem System engerer Lakunen im Zusammenhang. Die Geißelkam- mern sind zahlreich, halbkugelig mit weiter Mündung. Ihr Durchmesser ist bis zu 0,01 mm groß. Die abführenden Kanäle sind von bedeuten- der Weite und senkrecht aufsteigend, so dass die Schwammsubstanz von einem System parallel verlaufender Röhren durchzogen wird. Das Skelett besteht aus Nadelbündeln und wirr durch einander liegenden Nadeln. Dieselben weisen folgende Formen auf: 4) Amphi- tyle, welche in der Haut liegen. Aus der Tiefe steigen sie als Bündel senkrecht gegen die Oberfläche empor und lösen sich in divergirende Züge auf, so dass sie auf Schnitten eine fächerige Gruppirung zeigen. Die Enden stehen nur wenig über die Oberfläche empor. Die Länge dieser doppelt geknöpften, glatten, geraden Stäbe beträgt ziemlich kon- stant 0,2—0,22 mm, ihre Dicke 0,005 mm. Die Enden sind zwar deut- lich, aber nur mäßig stark angeschwollen und tragen hier wenige, äußerst kleine Dörnchen. 2) Style. Sie sind im Inneren zu deutlichen Längszügen angeordnet, schwach gebogen und am einen Ende plötzlich zugespitzt. Sie werden 0,25 mm lang und 0,0055 mm dick. Dazwi- schen liegen feinere, allmählich zugespitzte Style. 3) Die Mikrosklere sind Raphide von wechselnder Länge. g Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LI. Bd. 9 314 C. Keller, Fundort: Auf sandigem Grunde in 10 m Tiefe zwischen den Inseln in der Bai von Assab gedredget (Vettor Pisani). 32. Genus. TrachytedaniaRidley. Spicula in Bündeln, welche nach der Oberfläche borstenartig aus- strahlen. Sponginsubstanz spärlich. Die Nadeln sind Amphityle und Style. Erstere können fehlen. Die Mikroskleren sind stabförmig. Stets finden sich bedornte Nadeln im Inneren, auch die Mikroskleren können bedornt sein. Indem ich diese von Rınrey 1881 aufgestellte Gattung beibehalte, gebe ich ihr eine etwas erweiterte Fassung und lege den Hauptwerth ‚auf das Vorkommen bedornter Nadeln, seien diese nun Megasklere oder Mikrosklere. 58. Species. Trachytedania arborea nov. sp. (Taf. XVI, Fig. 13 u. 14). Es liegt mir nur ein Exemplar aus dem Berliner Museum vor. Das- selbe ist ein Bäumchen von 6 cm Höhe, das mit einem kurzen, 1!/, cm dicken Stämmchen mit verbreiterter Basis aufsitzt und im Habitus an eine Madrepore erinnert. Ringsum stehen kurze, !/„—1 em lange Äste, welche am Ende gerundet, häufig auch verbreitert sind. Die Beschaf- fenheit des Schwammes ist hart, im trockenen Zustande brüchisg. Die Farbe (im Spiritus) ist hellbraun. Die Oberfläche lässt dem bloßen Auge zahlreiche Poren, aber keine größeren Oscula erkennen. Das Skelett besteht der Hauptmasse nach aus deutlichen Nadel- bündeln, welche durch eine geringe Menge von Spongin zusammenge- halten werden. Sie steigen von der Basis senkrecht empor und strahlen nach der Oberfläche aus. Die Nadeln liegen in den Bündeln vier- bis fünfreihig. Amphityle fehlen, dagegen finden sich grobe Amphioxe von 0,5—0,6 mm Länge und 0,015—0,02 mm Dieke. Sie sind vollkommen glatt, schwach gebogen und oft plötzlich zugespitzt. Style sind seltener. Daneben finden sich zarte, stark bedornte Stäbe von 0,1—0,15 mm Länge und 0,003—0,004 mm Dicke. Die Dörnchen sind zahlreich und sehr spitz. Diese Nadelform findet sich übrigens in allen Größen bis zu eigentlichen Mikroskleren herab, welche nur 0,05 mm lang sind, im Inneren spärlicher vorkommen, an der Oberfläche dagegen sehr zahl- reich auftreten und dort eine eigentliche Dermalschicht bilden. Fundort: Rothes Meer (UmLaurr). XIII. Familie. Suberitidae Vosmaer. Eine kosmopolitische Familie, welche massige, krustenartige, lap- pige oder auch gestielte Schwämme von ziemlich fester Konsistenz Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 315 umfasst, daneben auch unscheinbare Formen von großer Zartheit ent- hält. Intensive Färbungen sind sehr verbreitet. Eine Rinde ist nur ausnahmsweise vorhanden. Die Sponginentwicklung ist verschieden, bald fehlend, bald schwach, bald deutlich. Zusammenhängende Horn- fasern kommen selten vor. Die Nadeln sind ausschließlich Stabnadeln. Stets kommen ge- knöpfte (tylostyle) Nadeln vor, während Mikroskleren fehlen. Das Kanalsystem ist nach dem dritten oder vierten Typus gebaut. 33. Genus. Suberites Nardo. Massige, lappige oder gestielte Schwämme mit meist glatter Ober- fläche und fester Beschaffenheit. Rinde zuweilen deutlich entwickelt. Stabnadeln geknöpft, wirr durch einander, oder mit Neigung zu radialen Zügen. Spongin spärlich. Mesoderm zellerreich. Kanalsystem nach dem vierten Typus. 59. Species. Suberites carnosus Johnston (Taf. XVII, Fig. 15). Halichondria carnosa Johnston. History of British Sponges. Suberites carnosus Ridley. Report on the Zool. Coll. of H. M. S. »Alert«, Suberites carnosus Ridley & Dendy. Challenger-Reports. Monaxonidae. Vol. XX. Die Art scheint weit verbreitet zu sein, und da Rınıry die atlan- tischen und australischen Formen zusammenzieht, glaube ich auch die- jenigen des rothen Meeres nicht als besondere Species behandeln zu dürfen. Alle zur Beobachtung gelangten Exemplare sind massig oder ge- lappt und von fleischiger Beschaffenheit. Die Farbe ist im Leben dunkelsaftgrün, die Basis heller. Die Oberfläche ist glatt, mit zerstreuten, nicht sehr zahlreichen Oseula von kreisrunder Form und nur i mm Weite. Eine deutliche Rinde fehlt. Das Kanalsystem ist wenig entwickelt. Die zuführenden Kanäle sowohl als die größeren, etwa 0,2—0,25 mm weiten abführenden Kanäle zeigen einen ziemlich geraden Verlauf und sind senkrecht zur Ober- _ fläche gerichtet. Die kugeligen, etwa 0,01 mm weiten Geißelkammern sind zahlreich. | Das Skelett zeigt eine wenig regelmäßige Anordnung. Die Stab- nadeln sind meist zerstreut, hier und da zu radialen Zügen angeordnet -_ und auf größere Strecken in hellbraunes Spongin eingehüllt. Gegen die Oberfläche divergiren die Nadelbündel stark und ragen mit dem ‚spitzen Ende frei hervor. Die geraden Nadeln sind Style oder Tylostyle. _ Das knopfförmige Ende ist flaschenartig. Zuweilen ist die Anschwel- 21* 316 0. Keller, lung nur auf einer Seite ausgebildet. Vielfach fehlen die Knöpfe. Die durchschnittliche Länge beträgt 0,35—0,5-mm bei einer Dicke von 0,004—0,005 mm, ist also etwas geringer als Rıprey angiebt. Fundort: Korallentümpel und Korallenabhang auf den Riffen von Suakin sehr häufig (KeLLer). 60. Species. Suberites clavatus nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 37, 38 u. 39). Eine der häufigsten Arten von sehr fester Beschaffenheit, welche meist kurze Keulen bildet, aber auch in gerundeten Massen oder dicken Krusten erscheint. Die größten Exemplare werden bis 4 cm hoch und 6 cm dick. Das keulige Ende ist flach abgerundet, der Stiel wird nicht länger als 2—2!/, cm. Die Farbe ist im Leben hellorange, im Inneren hell gelborange und wird in Alkohol nur wenig ausgezogen. Die Oberfläche ist bei jüngeren Stücken glatt, bei größeren gewellt und fein runzelig. Eine Rinde ist deutlich erkennbar. Die Öscula sind klein und wenig zahlreich. Bei vielen Exemplaren sind sie an der Peripherie, woselbst auch Pseudoscula vorkommen, bei anderen ist ein größeres Osculum von 2—3 mm Weite am obersten Ende vor- handen. Das Kanalwerk zeigt vorwiegend einen longitudinalen Verlauf, wobei die Kanäle auf längere Strecken gleiche Weite beibehalten. Das Skelett zeigt nur Kieselnadeln, aber kein Spongin. Die Nadeln sind zahlreich und in der Mehrzahl geknöpft, Die schwach ge- bogenen Nadeln sind am einen Ende scharf zugespitzt, am anderen unterhalb des abgerundeten Endes kugelig angeschwollen. und mit stark erweiterter Höhle im Inneren. Gar nicht selten ist die blasige Erweiterung vom Ende ziemlich weit entfernt, selbst bis zur Mitte der Nadel hinabgertückt. Außer der genannten Form kommen auch gerade oder stark ge- bogene tylote oder amphioxe Nadeln vor. Die Anordnung lässt eine gewisse allgemeine Regel erkennen. In der Rinde liegen die Nadeln ausnahmslos radial und sehr dicht. Stellen- weise bilden sie kurze, vorstehende Nadelpinsel. Stets ist das spitze Ende nach außen, das angeschwollene Ende nach innen gerichtet. Dann folgt eine subcorticale Lage ganz wirr durch einander liegender Nadeln. Im Inneren sind deutliche Nadelzüge vorhanden mit longitudinalem Verlauf. Die Größe der Nadeln nimmt gegen die Basis zu. In der Rinde werden sie 0,35 mm lang, nehmen nach innen und unten zu und messen Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. Ss47 an der Basis 0,5 mm. Ihre Dicke geht bis zu 0,04 mm, der Durch- messer des Knopfes beträgt 0,016 mm. Fundort: In der inneren Uferzone und Stylophorazone auf den Riffen von Suakin eine der häufigsten Arten, eben so bei Suez verein-. zelt beobachtet (KeLLer). F 61. Species. Suberites mastoideus nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 16, 17 u. 18). Alle Exemplare, welche ich von dieser häufigen Spongie beob- ‚ achtete, sind ausgesprochen zitzenförmig. Auf verbreiteter Basis er- heben sie sich als schlanke, oben abgestutzte Kegel bis zu einer Höhe von 40-——-12 em. Meist ist nur eine Zitze aufgesetzt, doch findet man auch zweizitzige Stücke. Die Konsistenz ist eine ziemlich feste, in trockenem Zustand leicht brüchige. Die Farbe ist im Leben dunkel chokoladenbraun und verändert ‚sich beim Trocknen oder im Alkohol nur sehr wenig. Die Oberfläche ist glatt, im Leben etwas glänzend. Gegen die Basis erscheint sie der Länge nach gefurcht, oder wenigstens vertieft. Die mikroskopischen Poren sind ungleiehmäßig vertheilt. In manchen ' Bezirken der Oberfläche sind sie spärlich, in anderen linear gruppirt und dicht, zuweilen haben sie die Neigung, Porenfelder zu bilden. Ihr Durchmesser beginnt mit 0,1 mm, steigt auf 0,5 mm und darüber. Stets ist ihr scharfer Rand unregelmäßig angefressen. Das weite, klaffende Osculum befindet sich an der Spitze. Seitlich oder gegen die Basis hin kommen gewöhnlich Pseudoscula vor und führen in einen weiten Pseudogaster (Taf. XVII, Fig. 17). Das Kanalsystem, auffallend stark ausgebildet, zeigt ein sehr typisches Verhalten. Die Hautporen führen in etwa 0,1—0,15 mm weite kurze Kanälchen, welche entweder zusammenfließen und größere Kanäle erzeugen, oder in weite Subdermalräume führen. Überall ist, dies trifft auch für die ausführenden Kanäle zu, ihre Wand reich mit Pigment- zellen ausgekleidet. Der Verlauf der Ausführkanäle ist sehr regelmäßig. Die Hauptkanäle sind weite, parallel von der Basis emporsteigende . Röhren, welche unter spitzem Winkel in den weiten Gastralraum oder dessen Äste einmünden. Das Gastralrohr, 1—-2 cm weit, mündet in dem einzigen terminalen Osculum aus. Die Gastralwand ist stark glänzend und mit diehtstehenden, stark vortretenden zarten Rippen (Taf. XVII, Fig. 18) versehen, welche cirkulär verlaufen. Auch die Innenfläche aller in das Gastralrohr einmündender Kanäle ist mit solchen cirkulären - Rippen versehen. Dadurch unterscheiden sie sich sofort von dem um- fangreichen Pseudogaster, dessen Wand glatt ist. 318° C. Keller, Das Skelett besteht aus geraden oder schwach gebogenen Stab- nadeln. Spongin fehlt. Die geknöpften Nadeln sind plötzlich verjüngt, die Knöpfe schwach entwickelt oder fehlend und dann in Style über- gehend. Vielfach sind auch beide Enden der Stabnadeln abgerundet. Die Länge schwankt zwischen 0,35 und 0,5 mm, die Dicke beträgt 0,005 bis 0,006 mm. Fundort: In den tieferen Korallentümpeln auf den .Riffen von Suakin eine der häufigsten Arten (Keırer). 62. Species. Suberites incrustans nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 19 u. 20). Bildet flach ausgebreitete Krusten, deren Dieke —6 mm beträgt. Die Schwammsubstanz ist fest, aber dabei sehr elastisch. Die Farbe (in Spiritus) ist gelblichgrau. Im Leben ist sie wahr- scheinlich intensiv. Die Oberfläche ist eben und glatt. Die feste Rinde ist wie mit feinen Nadelstichen durchbohrt und die dicht gedrängten Hautporen sind mit unbewaffnetem Auge eben noch sichtbar. Die kleinen Oscula sind spärlich über die Oberfläche zerstreut. Das Kanalsystem erinnert in seinem Bau an Latruneulia. Die Rinde wird durchsetzt von geraden, senkrechten und überall gleich- weiten Zufuhrröhren, welche unter ihr in weitere Kanäle zusammen- fließen. Diese münden in horizontal ausgebreitete, 0,I mm weite Röhren, von welchen senkrecht enge Zufuhrröhren abgehen, und zu den zahl- reichen, kugeligen und 0,01 mm weiten Geißelkammern führen. In ähnlicher Weise sammeln sich die abführenden Kanäle zu 0,8 mm wei- ten, aus der Tiefe aufsteigenden Gastralkanälen. Das Skelett besteht aus geraden, 0,25—0,3 mm langen geknöpf- ten oder stylen Nadeln von 0,005 mm Dicke. Im Inneren herrschen die Style vor und liegen wirr durch einander. Gegen die Oberfläche erscheinen sie zu regelmäßigen Zügen angeordnet, in der Rinde sind sie zu senkrecht gestellten Säulchen oder Pinseln gruppirt und dicht gedrängt. | Sie ragen mit ihrem spitzen Ende über die Hautfläche empor und verleihen ihr einen schwachen Sammtglanz. Die Köpfe der Nadeln sind nur wenig angeschwollen. Im basalen Theil des Schwammes sind deutliche, engmaschige Sponginnetze vorhanden, jedoch nur an einzel- nen Stellen. Die Sponginfasern schließen Nadeln ein und zeigen eine deutliche Schichtung. Ihre Dicke beträgt durchschnittlich 0,05 mm. Fundort: Zwischen den Inseln in der Bai von Assab (Vettor Pisani). Die Spongienfauna des rothen Meeres, II. 319 34. Genus. Terpios Duchassaing & Michelotti. Inkrustirende Schwämme von meist zarter, weicher, oft schleimiger Beschaffenheit. Sponginausscheidungen fehlen vollkommen. Kiesel- nadeln spärlich und regellos zerstreut oder in schwachen Zügen ange- ordnet. Neben tylostylen Formen auch Amphioxe. Schaft glatt oder bedornt. Das Kanalsystem ist sehr reich entwickelt und nach dem dritten Typus gebaut. Die Geißelkammern relativ groß. Das umgebende Mesoderm schwach körnig. Diese Gattung scheint vorwiegend auf die Riffgebiete der tropi- schen Meere angewiesen, wo die meist lebhaft gefärbten Arten dünne, schleimige Überzüge auf Korallen bilden. Obschon sie 1864 aufgestellt wurde!, blieb ihre Stellung im System bis heute zweifelhaft. VosmAEr hält es für wahrscheinlich, dass Terpios in die Familie der Eetyoniden gehört, LENDENFELD erwähnt sie in seinem neuesten Entwurf gar nicht. Die Charakteristik der Gattung war allerdings höchst mangelhaft, sie lautet nach Ducnassamg & MicHeLorti: »CGe sont des especes mem- braniformes qui n’offrent pas de trace de reseau, mais sont compos6es d’une poulpe gelatineuse farcie de spicules, qui ne presentent plus les dispositions que nous avons signal&es chez les genres pr&c6dents. Ges spieules sont tantöt distribuees sans ordre dans la poulpe gelatineuse et s’y entrecroisent en tous sens, sans etre Jamais, r&unies en faisceaux; d’autrefois elles sont r&unies en faseicules disposes en &ventail, parceque les spicules qui composent ces groupes sont convergentes par l’une de leurs extremites et divergentes par l’autre.« Anatomische Angaben wurden gar nicht gemacht. Ich glaube auch, dass die von Oscar Scamipr aufgestellte, an Halisarca angereihte, aber nicht näher charakterisirte Gattung Sarcomella mit Terpios identisch ist. Das Vorhandensein geknöpfter Nadeln weist auf die Verwandtschaft mit Suberites hin, andererseits ist die Verwandtschaft zu den Bohr- schwämmen (Cliona) die allernächste, und es erscheint mir fast zweifel- los, dass Terpios phylogenetisch die Vorstufe der bohrenden Suberitiden darstellt. 63. Species. Terpios viridis nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 21—24). Im äußeren Habitus erinnert diese Form an Terpios fugax D. &M. des caraibischen Meeres. Sie bildet dünne, gallertige Überzüge auf Korallen, namentlich auf den Endzweigen von Stylophora und erscheint _ zwischen den Zweigen auch als dünne, oft durchlöcherte Membran aus- gespannt. ! Ducnassaıng & MicHELorTTı, Spongiaires de la mer caraibe, 4864. p. 97. 320 6. Keller, Die Farbe ist im Leben dunkel saftgrün, in Spiritus grau. Die Oberfläche ist glatt und schleimig. Die Oscula sind zahl- reich, aber klein. Meist sind sie etwa 0,3 mm weit und scharfrandig. Das Kanalsystem ist sehr stark ausgebildet. Die Hautporen sind durchschnittlich 0,1 mm weit und nur durch dünne Substanz- brücken von einander getrennt. Die zuführenden Kanäle steigen senk- recht in die Tiefe und stehen vielfach unter sich im Zusammenhang. Sie führen in weite ovale Räume, welche das Wasser an die Geißel- kammern abgeben. Letztere sind kugelig oder halbkugelig mit weiter - Mündung. Ihr Durchmesser beträgt 0,025 mm. Das sie umgebende Mesoderm ist körnchenarm, an manchen Stellen mit fast hyaliner Grundsubstanz. Die kurzen, senkrecht aufsteigenden Abflussröhren entspringen aus einem erweiterten Raum. Skelett. Dasselbe ist spärlich. Die zarten Nadeln sind geknöpft oder amphiox, zerstreut oder zu schwachen Zügen gruppirt. Ihre Länge beträgt 0,2—0,22 mm, die Dicke steigt selten über 0,0016 mm. Sie sind gerade oder gebogen, zuweilen wellig gebogen. Genitalprodukte. Ein Exemplar ist dieht mit Embryonen erfüllt, welche in deutlichen Follikeln liegen. Ich finde Furchungssta-_ dien in allen Größen und mit äqualer Furchung ohne Furchungshöhle. Sie liegen im basalen Theil, sind kugelig oder oval und mit einem Durchmesser von 0,05—0,1 mm. Fundort: Aufden Korallenriffen von Suakin in der Stylophora- zone häufig (KeıLer). Terpios viridis var. Hyatti. An der Westküste von Madagas- car erhielt ich auf Korallenfelsen Exemplare von Terpios, welche sich in der Größe der Skelettnadeln von der Art des rothen Meeres kaum unterscheiden und im Habitus übereinstimmen. Dagegen fehlt ihnen das grüne Pigment, sie sind dunkelgrau. Ich betrachte die madagassi- sche Form als eine bloße Varietät von T. viridis, bei welcher die Nadeln durchschnittlich zahlreicher sind. 64. Species. Terpios Lendenfeldi nov. sp. Ein wohlerhaltenes Spiritusexemplar des Berliner Museums zeigt die charakteristischen Bauverhältnisse der Gattung, ist aber von fleischi- ger, doch weicher Beschaffenheit und massiger als die vorige Art. Es breitet sich als eine I cm dicke Kruste zwischen Plumularienstöcken aus und ist 6 cm breit. | Die Farbe (in Spiritus) ist schwarz, im Inneren graubraun. Die Oberfläche ist uneben und fein granulirt. Die zerstreuten nicht eben zahlreichen Oscula sind elliptisch und 1—2 mm weit. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 321 Das Kanalsystem ist eben so reich entwickelt wie bei der vori- gen Art. Die Haut ist von 0,05—0,08 mm weiten Poren siebartig durch- bohrt. Unter ihr breitet sich eine Zone von 0,1—0,12 mm weiten Sub- dermalräumen aus. Die übrigen Verhältnisse stimmen mit der vorigen Art überein. Geißelkammern sind in großer Zahl vorhanden. Skelett. Die Kieselnadeln sind zahlreicher als bei voriger Art. Es sind gerade Tylostyle mit schwach angeschwollenem Ende. Die Länge beträgt 0,2 mm, die Dicke ist ziemlich konstant 0,0035 mm. Die Nadeln sind plötzlich zugespitzt. Im Inneren liegen sie wirr durch einander, an der Oberfläche bilden sie stark divergirende Bündel, welche 0,1—0,2 mm weit aus einander stehen und die Subdermalräume trennen. Das spitze Ende ragt frei über die Oberfläche empor, während das geknöpfte Ende im Gewebe steckt. Im Skelettbau sind also starke Anklänge an Suberites vorhan- den und liegt hier offenbar ein Übergangsglied zu den gelatinösen Terpiosformen vor. Genitalprodukte. Ich finde sehr zahlreiche Embryonen im Ge- webe, welche fast in allen Theilen mit denjenigen der vorigen Art übereinstimmen und in den Furchungszellen einen großen Reichthum an Dotterkörnchen aufweisen. Fundort: Beider Insel Perim in der Nähe der Oberfläche (Sırmens). 35. Genus. Sapline Gray. Nach dem Vorgange der neueren Autoren ziehe ich die mit geknöpf- ten Nadeln versehenen Bohrschwämme zu den Suberitidae. Dies ist jetzt um so gerechtfertigter, da Übergangsglieder zu Suberites existiren und Terpios, wenn auch nicht eigentlich bohrend, so doch korrodirend auf die Gesteinsunterlagen zu wirken vermag. Unter den von Gray aufgestellten Gattungen ist Sapline ausge- zeichnet durch zwei Arten von Nadeln, zahlreiehe Tylostyle und da- neben häufig Amphioxe. 65. Species. Sapline Mussae nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 25 u. 26). Ist auf den Riffen ungemein häufig, bohrt Korallen an und lebt mit Vorliebe in der Gattung Mussa, deren Mauerblatt von zahlreichen kreis- runden Löchern durchbohrt ist. Die Räume zwischen den verkalkten Septen sind mit dem wabenartigen Schwammkörper dicht erfüllt. Die Farbe ist im Leben kirschroth, Spiritusexemplare sind nach einiger Zeit graubraun. Die parasitische Lebensweise und die Korallenstruktur wirken bestimmend auf die Organisationsverhältnisse des Schwammes. 322 C. Keller, Die Bohrlöcher sind in Abständen von etwa einem halben Centi- meter zerstreut, diejenigen für die einführenden Kanäle sind 0,5—1 mm weit, die für das abführende Kanalsystem 2—4 mm. Rıpıey und Drxpy haben für ihre Cliona dissimilis eine Darstellung des Kanalwerkes gegeben, welche im Ganzen auch für diese Art zu- treffend ist, nur größere Regelmäßigkeit erkennen lässt. Entkalkt man die angebohrten Korallen, und fertigt Schnitte an, so erkennt man eine deutliche Wabenstruktur des Weichkörpers. Die senkrecht in die Tiefe verlaufenden Kanäle sind durch Meso- dermblätter getrennt, welche vielfach durchlöchert sind. Die Wände des Fachwerkes enthalten die halbkugeligen, 0,015 mm weiten Geißel- kammern, welche direkt in die abführenden Kanalräume münden. Die Grundsubstanz des sie umgebenden Mesoderms ist schwach körnig. Das die Löcher oder Poren ausfüllende Gewebe ist kompakt und ent- hält Nadeln in kreisförmiger Anordnung. Einlassporen und Oscular- öffnungen sind erst bei starker Lupenvergrößerung sichtbar. Das Skelett enthält an Nadeln: 1) Tylostyle von 0,2-—0,25 mm Länge und 0,0035 mm Dicke. Sie sind vollkommen gerade, fein zuge- spitzt und besitzen einen deutlich abgesetzten kugeligen Kopf von 0,0055 mm Durchmesser. 2) Amphioxe. Sie sind zahlreich zwischen den Stecknadeln eingestreut und schwach gebogen. Ihre Länge be- trägt 0,075 mm, ihre Dicke 0,0025 mm. Fundort: In den tieferen Korallentümpeln auf den Riffen von Suakin (KELLER). XIV. Familie, Spirastrellidae i. e. S. Die Familie figurirt zwar schon im I. Theil meiner Arbeit unter den Oligosilieina, ich führe sie hier abermals auf, da die mit einem wohlausgebildeten Hornfasernetz ausgebildeten Formen abgetrennt werden müssen und richtiger zu einer eigenen Familie (Latrunculidae) vereinigt werden, die Spirastrellidae somit in einem engeren Sinne gefasst werden mit folgenden Merkmalen: Schwämme mit meist tylostylen Nadeln. Daneben stets Mikro- sklere, welche Spiraster sind und an der Oberfläche in größerer Menge auftreten. 36. Genus. Spirastrella ©. Schmidt. Krustige oder massige Spongien mit wenig cavernösem Gewebe, welche im äußeren Habitus an Suberites erinnern. Spongin spärlich oder fehlend. Megasklere sind tylostyl. Mikrosklere sind als Spiraster vorhanden, Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 323 welche eine besondere Rindenschicht erzeugen können. Übergänge von Spiraster zu Aster bisweilen vorhanden. Kanalsystem nach dem vierten Typus. 66. Species. Spirastrella decumbens Rıdley (Taf. XVII, Fig. 27, 28, 32 u. 33). Das einzige von mir aufgefundene Exemplar bildet eine 3 mm dicke Kruste, welche eine todte Spondylusschale überzieht. Die Farbe ist im Leben gesättigt rothorange, wird in Alkohol nach und nach ausgezogen und blasst zu einem matten Grauroth ab. Die Oberfläche ist glatt, die einzelnen Unebenheiten rühren von der Unterlage her, welcher sich der Schwamm dicht anschmiegt. Die Oseula sind spärlich, elliptisch oder schlitzförmig. Das Kanalsystem ist schwach entwickelt. Von den mikro- skopischen Hautporen entspringen Kanäle von 0,06—0,1 mm Weite, welche in geradem oder schiefem Verlauf in die Tiefe gehen. Sub- dermalräume fehlen. Die mäßig zahlreichen Geißelkammern besitzen einen Durchmesser von 0,025 mm. Die abführenden Kanäle verlaufen in der unteren Hälfte des Schwammes horizontal, werden bis zu 0,1 mm weit und treffen senkrecht auf die aufsteigenden, etwa 0,3 mm weiten Abflussröhren. Das Skelett enthält als Megasklere ausschließlich Tylostyle, deren Länge 0,3—0,38 mm beträgt, ihre Dicke wechselt zwischen 0,004—0,005 mm. Das deutlich angeschwollene Ende ist kugelig, das andere Ende langsam und fein zugespitzt. Alle Nadeln sind gerade. Die Mikrosklere sind Spiraster von 0,025—0,02 mm Länge. Die kegelförmigen, spiralig angeordneten Dornen sind 0,01 mm lang. Aster selten vorhanden. Im Schwammgewebe sind die Spiraster regellos zer- streut, an der Oberfläche bilden sie eine Rinde von etwa 0,05 mm Dicke. Rıprey erwähnt nichts von Sponginbildungen, ich finde solche jedoch sehr deutlich in der Schwammbasis. Hier wird gegen die Unterlage hin eine dünne, den Unebenheiten folgende Sponginlage von gelbbrauner Farbe ausgeschieden und von ihr aus erheben sich senk- rechte, bis zu 0,4 und 0,5 mm hohe, nach verschiedenen Richtungen gestellte und verlöthete Platten, welche im Basaltheil ein unregelmäßiges Sponginfachwerk herstellen (Taf. XVII, Fig. 32 u. 33). Diese Sponginbildung weicht also gänzlich ab von dem gewöhn- lichen Verhalten und bildet eine Analogie zu den eigenthümlichen Sponginbildungen, welche Ernst Haecreı kürzlich in seinen Tiefsee- spongien für die Gattung Cerelasma beschrieben hat!. 1 Ernst HAEcKEL, Report on the Deap-Sea Keratosa, 1889, - 324 6. Keller, Histologie. Das Mesoderm ist sehr zellenreich, die Grundsubstanz dagegen körnchenfrei. Pigmentzellen sind vorwiegend in der äußeren Substanz zahlreich. Daneben finde ich Spermaballen von ovaler Form, und durchschnittlich 0,08 mm lang bei einer Breite von 0,05 mm. Fundort: Im Hafen von Suakin in 15 m Tiefe (Keııer). XV. Familie. Placospongidae Sollas. Die Gründe wurden früher dargelegt, warum diese Familie aus der Nähe der Geodien und den tetraxonen Kieselschwämmen entfernt werden und den Spirastrellen angereiht werden muss. Die Megasklere sind Stabnadeln, welche geknöpft sind, auch Amphioxe können vor- kommen. Die Mikroskleren sind vorwiegend Sterraster und Sphaeraster, welche eine feste Rinde bilden. Spiraster sind stets nachweisbar. Spongin fehlt. Dass die Sorzas’sche Gattung Antares hierher gehört, möchte ich bezweifeln. 37. Genus. Placospongia Gray. Ästige oder inkrustirende Spongien mit deutlicher Rinde, welche mit Kieselkugeln erfüllt ist und aus getrennten Platten besteht. Da- neben mit dicker Kieselachse, welche aus Sterrastern besteht. Die Megasklere sind geknöpfte Stabnadeln, die Mikrosklere Sterr- aster, Sphaeraster, Spiraster, Mikrorhabde und Mikrosphaeren. Kanal- system nach dem vierten Typus. 67. Species. Placospongia melobesioides Gray (Taf. XVII, - Fig. 29, 30 u. 31). Placospongia melobesioides Gray. Proceed. Zool. Soc. 1867. p. 128. Placospongia melobesioides Carter. Ann. and Mag. Nat. Hist. Vol. VI. p. A75. Placospongia melobesioides OÖ. Schmidt. Spong. d. atl. Geb. 1870. p. 72. Placospongia melobesioides Sollas. Challenger Reports. Vol. XXV. p. 271. ?Placospongia carinata Sollas. Ebenda. p. 272. ?Placospongia intermedia Sollas. Ebenda. p. 273. Diese eigenthümliche Spongie scheint weit verbreitet und etwas variabel zu sein. | Die Abbildung von Gray, wenn auch nach einem mangelhaften Stück, das aus Borneo stammt und im Britischen Museum vor- handen ist, giebt den Habitus so gut, dass ich die Artidentität mit dem Exemplar des Berliner Museums, das mir zur Untersuchung diente, zweifellos feststellen kann. Es besteht aus zwei Stücken, die offenbar zusammengehören und einen steifästigen Schwamm mit dichotomischer Die Spongienfauna des rothen Meeres. II, 3935 Verzweigung bilden. Die Höhe beträgt 20 em, die Dieke I—A!/, cm. Andere Beobachter haben auch krustenförmige Exemplare gesehen. Die Farbe ist dunkelchokoladebraun. Die Oberfläche ist in längliche, viereckige bis sechseckige Platten abgetheilt, deren Länge sehr verschieden ist und deren Breite durchschnittlich 6—8 mm beträgt. Der Rand der Platten ist aufge- wulstet, so dass die Äste kantig werden. Wie schon ©. Scaumipr hervorhob, sind die zusammenstoßenden Ränder nicht immer mit einander verlöthet, sondern lassen oft lange, schlitzförmige Öffnungen hervorgehen, welche als Oscula aufzufassen sind. Die Schlitze folgen bald der Längsrichtung, bald sind sie quer- gestellt. An einigen Stellen finde ich von drei verschiedenen Seiten her die Schlitze in einem Punkte zusammentreffend. Die Scunmipr'sche Angabe, dass die freien Kantenränder schief abgestutzt sind, trifft auch hier zu. Die Fläche der Felder ist ganz glatt und porenfrei. Die Schwamm- rinde ist deutlich abgesetzt und erlangt eine Dicke von 0,3—0,5 mm. Die darunter liegende Markmasse des Schwammes enthält eine feste, aus Kieselkugeln bestehende Achse von großer Härte und excentrischer Lage (Taf. XVII, Fig. 30). Sie wird 3 mm dick. Das Kanalsystem bietet ganz eigenartige Verhältnisse. Da Rindenporen fehlen, so dienen die schlitzförmigen Öffnungen der Kanten zur Einfuhr und Ausfuhr des Wassers. Unter jeder Platte be- findet sich ein weiter Raum von vierseitig- prismatischer Gestalt, wel- cher die Hälfte des Schwammkörpers beansprucht. Ob er als riesiger Subdermalraum oder als Gastralraum zu deuten ist, muss ich unent- schieden lassen, für die erstere Auffassung spricht der Umstand, dass die schlitzförmigen Öffnungen nicht direkt in denselben einmünden. Die aus ihm entspringenden Kanäle führen meist cirkulär um die Achse herum und stehen auf der entgegengesetzten Seite mit Haut- spalten in Verbindung. Die Geißelkammern sind kugelig und spärlich. Das sie umgebende Mesoderm ist körnchenarm, in der Umgebung der Öseularschlitze wird es pigmentreich und faserig. Das Skelett enthält nur Kieselgebilde, aber kein Spongin. Über die Elemente weichen die Autoren mehrfach ab, was ich der großen Variabilität der Art zuschreibe, auch finde ich bei dem untersuchten Exemplar in verschiedenen Schnitthöhen bedeutende Unterschiede. Gray bildet nur Kieselkugeln und geknöpfte Nadeln ab. Oscar Scumipr erwähnt neben Stecknadeln noch zahlreiche Drusenkugeln; CARTER führt außerdem noch Spiraster und winzige Kugeln an, SorrAs fand die Spiraster nicht, beschrieb aber Sphaeraster und Mikrostrongyle und 326 C. Keller, ” stellt neben P. melobesioides noch zwei weitere Arten: P. earinata (Geodia carinata Bow.) und als neu P. intermedia. Letztere soll sich durch das Fehlen von Mikrosphaeren und den Besitz von Mikrostron- gylen, erstere durch das Fehlen der Sphaeraster und den Besitz großer Spiraster unterscheiden lassen. Da ich bei dem von mir untersuchten Stück alle möglichen Kiesel- körper auffinde, so muss ich die Artberechtigung von P. carinata und P.intermedia bezweifeln undhhaltesie für Varietäten von P.melobesioides. Die Kieselnadeln sind: 4) Tylostyle, meist zu längeren Zügen paralleler Nadeln vereinigt und in der Umgebung des Osculum mit dem spitzen Ende über die Haut hervorragend. Die Länge beträgt 0,8—1 mm, die Dicke 0,013 mm. 2) Sterraster. Sie finden sich dicht gedrängt in der Rinde und in der Achse. Ihre Gestalt ist nierenförmig und mit einem deutlichen Hilus versehen, welcher als heller Fleck zwischen der facettirten oder stacheligen Oberfläche erscheint. 3) Sphaeraster. Sie sind nur halb so groß als die vorigen und weniger zahlreich. A) Spiraster. An manchen Stellen, besonders in der Nähe der Öseula zahlreich, an anderen spärlich. Die durchschnittliche Länge be- trägt 0,025 mm. Durch Vermehrung und Längerwerden der Stacheln entstehen zahlreiche Übergänge zu länglichen Sphaerastern. 5) Mikrostrongyle. Die kleinsten sind winzige Kieselstäbchen von 0,005—0,04 mm Länge. Zwischen ihnen und den Spirastern kommen alle möglichen Zwischenstufen vor als gerade oder mehrfach un ‚bedornte Stäbe. Sowohl in der Rinde als im Inneren. 6) Mikrosphaere. An manchen Stellen sehr häufig mit glatter oder höckeriger Oberfläche. Ihr Durchmesser wechselt und geht bis zu 0,003 oder 0,002 herab. Übergangsformen zu Stäbchen nicht gerade selten. Fundort: Rothes Meer ohne nähere Angabe der Lokalität (UmLAUFF). xXVI. Familie. Chondrosidae F. E. Schulze. Krusten oder massige Spongien mit glatter Oberfläche und deut- licher Faserrinde. Sponginsekretionen fehlen. Die Kieselgebilde sind Aster, Sphaeraster oder Sphaere, welche besonders zahlreich in der Rinde liegen. Sie können auch vollständig fehlen, Das Kanalsystem ist nach dem vierten Typus gebaut. Die Grundsubstanz in der Um- gebung der Geißelkammern ist körnig. | Die Familie, einen degenerativen Charakter tragend, leitet zu den Tethyen hinüber, aus welchen sie genetisch herzuleiten sein dürfte. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 327 39. Genus. Chondrilla ©. Schmidt. Schwammkörper knollig oder lappige Krusten bildend. Die Kiesel- körper sind Aster, Sphaeraster, Pycnaster oder glatte Sphaere. Die Oberfläche ist glatt und glänzend. Eine über alle Meere ver- breitete Gattung, welche im rothen Meere drei Vertreter aufweist. 68. Species. Chondrilla nucula O. Schmidt. Knollige oder lappige Art von brauner oder braunrother Farbe, welche bei den erythräischen Exemplaren auffallend dunkel ist. Sie ist charakterisirt durch Zackenkugeln, welche in der Rinde und in der Umgebung der Faserscheide der Kanäle reichlich angehäuft sind. Aster fehlen und es kommen ausschließlich Sphaeraster oder Pycenaster von 0,01—0,02 mm vor. Die Art ist, wie schon Carter hervorhob, »world-wide«. Sie ist bisher im Mittelmeer, im Golf von Manaar, bei Mauritius, bei den Mollukken und in Westindien beobachtet. Ich besitze große Exemplare von der brasilianischen Küste. Die erythräischen Exemplare sind auffallend klein. Fundort: Im südlichen Theil des rothen Meeres aus der Bai von Assab (Vettor Pisani). 69. Species.. Chondrilla mixta F. E. Schulze. Wurde 1877 von Scauzze in dieser Zeitschrift beschrieben und unterscheidet sich von der vorigen Art hauptsächlich durch Form und Vertheilung der Kieselgebilde. Die Zackenkugeln (Sphaeraster) sind mit Oxyaster gemischt, deren Strahlenzahl 8—16 beträgt. Beide Formen liegen sowohl im Mark als in der Rinde neben einander, doch so, dass in der Rinde die Sphaeraster, im Inneren da- gegen die Oxyaster überwiegen. Fundort: Rothes Meer ohne nähere Angabe der Lokalität (F. E. Scauze). 70. Species. Chondrilla globulifera nov. sp. (Taf. XVII, Fig. 34 u. 35). Eine sehr häufige Art, welche auf abgestorbenen Korallen, be- sonders Stylophorastöcken große, 2—3 mm dicke Krusten bildet. Die Farbe ist im Leben lederbraun, im Spiritus geht sie in Grau oder Graubraun über. Die Oberfläche ist glatt und glänzend. Das Kanalsystem stimmt bis ins Einzelne mit dem überein, was 3938 6. Keller, ScaurzE und LENDENFELD für diese Gattung bekannt gemacht haben, eben so die histologische Struktur. Ich will noch erwähnen, dass ich bei einem Exemplar zahlreiche Spermaballen von runder oder ellip- tischer Gestalt antraf. Das Skelett weist drei verschiedene Kieselelemente auf: 4) Sphaeraster. Sie bilden die Hauptmasse, liegen zahlreich in der Rinde, aber auch im Mark. Hier sind sie gleichmäßig zerstreut, jedenfalls in der Umgebung der Kanäle nicht erheblich häufiger. Ihr Durchmesser beträgt 0,015—0,02 mm. Die Länge der konischen Stacheln bleibt unter dem Durchmesser des Körpers. Pycenaster sind selten, da- . gegen ist bei manchen Sphaerastern die Spitze abgerundet. Die Zahl der Stacheln beträgt 20—25. 2) Oxyaster. Kleiner als die vorigen und mit 7—40 schlanken, spitzen Strahlen. Sie fehlen der Rinde und sind auf das Mark be- schränkt, aber nicht so zahlreich wie die Sphaeraster. 3) Sphaere. Es sind Kugeln mit vollkommen glatter Oberfläche und einem durchschnittlichen Durchmesser von 0,015 mm. An Zahl stehen sie den Sphaerastern nach; wo sie am häufigsten sind, kommt ‚eine Kugel auf 10—12 Kugelsterne. In der Rinde sind sie am häufig- sten. Während Übergänge zwischen Oxyaster und Sphaeraster fehlen, finde ich solche recht häufig zwischen Sphaeraster und Kugeln. Es finden sich Sphaere mit 7—10 kurzen, gerundeten Höckern, mit zwei bis drei Höckern, oder mit einem einzigen Höcker (Taf. XVII, Fig. 35). Fundort: In ruhigen Korallenbuchten nördlich von Suakin in 2—5 Faden Tiefe sehr häufig. 40. Genus. Grayella Carter. Spongien mit sehr dünner, homogener Rinde und cavernösem Mark. Stabnadeln theils glatte, theils bedornte Amphioxe, welche ent- weder unregelmäßig zerstreut oder in Zügen angeordnet sind. Die Rinde enthält Aster. Ich füge diese Gattung hier an, ohne damit die Stellung derselben sicher beurtheilen zu können. Carter dachte an Beziehungen zu Osculina und verwies sie zuletzt in die Nähe von Chondrilla. 71. Species. Grayella cyathophora Carter. H. J. CARTER, On Grayella cyathophora. Ann. and Mag. Nat. Hist. 4869. -—— Notes on the Sponges Grayella, Osculina and Cliona. Ann. and Mag. Nat. Hist. 1870. —— Contributions ta our knowledge of the Spongida. I. Carnosa. Ann. and Mag. Nat. Hist. 1881. Flach ausgebreitete Art mit glatter, welliger Oberfläche und zahl- reichen ovalen, becherartigen Erhebungen (cup-like bodies) von etwa Die Spongienfauna des rothen Meeres, II. 329 21/;, mm Durchmesser, oben mit zellartig durchbrochener Scheibe be- deckt. Unter dieser liegt im Becher ein trichterförmiger Raum, der in der Tiefe verengt ist und die ausführenden Kanäle aufnimmt. Das Skelett enthält zwei Formen von Amphioxennadeln. Die längeren sind glatt, spindelförmig oder eylindrisch und an beiden Enden plötzlich zu- gespitzt. Die kleineren Nadeln sind zahlreich, spindelförmig, scharf zugespitzt und dicht bedornt. Weitere Hartgebilde werden in der ersten Publikation nicht er- wähnt, dagegen nahm Carter später eine Nachuntersuchung vor und hebt bei der Rinde den »stelliferous character« hervor, was ihn ver- anlasste, die Art in die Nähe von Chondrilla zu stellen. Ich habe die Art nicht untersucht. Fundort: Auf harten Gegenständen im Golf von Suez (Carter), später am Kap der guten Hoffnung. XVlI. Familie. Tethydae Gray. Schwämme von radiärem Bau und deutlicher, faseriger Rinde. Sponginbildungen fehlen. Die Kieselnadeln sind große Stabnadeln, spindelförmig, an den Enden zugespitzt oder abgerundet, zuweilen geknöpft. Die Mikrosklere sind Aster, Chiaster und Sphaeraster. Das Kanal- system ist nach dem vierten Typus gebaut. Subdermalräume oft zahl- reich, außerdem können subcorticale Krypten vorkommen. 44.Genus. Tethya Lamarck. Kugelige Schwämme mit deutlicher Rinde, welche ganz oder nur theilweise faserig ist. Subdermalräume in der Rinde zahlreich. Die Markmasse enthält einen centralen Nucleus, von welchem starke Züge megasklerer Stabnadeln radial ausstrahlen. Mikrosklere zahlreich als Aster, Chiaster, Tylaster und Sphaeraster. 72. Species. Tethya seychellensis Sollas (Taf. XVIII, Fig. 36). Alemo seychellensis P. Wright. Trans. Roy. Irish Acad. 4881. Tethya Cliftoni Bow. Ridley. Rep. on the Zool. Coll. of H. M. S. »Alert«. 1884. Tethya seychellensis Sollas. Challenger Reports. Vol. XXV. 1888. Ich erhielt einige Exemplare, welche theils fest gewachsen, theils freiliegend auf den Korallenbänken gefunden wurden. Das größte ist von 41/, cm Durchmesser. Größere Exemplare weist die Enrengerg’sche Sammlung auf. Der Schwamm ist von sehr fester Beschaffenheit. Die Farbe ist im Leben grauroth, an manchen Stellen mit morgen- -rothem Anflug. Die Spiritusexemplare sind grauweiß. Die Oberfläche ist bei allen Stücken in deutliche Felder äh Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LII. Bd. 29 330 C. Keller, theilt, welche etwa 2 mm Durchmesser besitzen und in der Mitte buckelig vorgewölbt sind. Eines der von EHRENBERG gesammelten Stücke besitzt einige faden- artige Anhängsel mit kleinen Schwammknospen am Ende. Die Ränder der Felder sind durch tiefe Furchen getrennt, stehen aber durch zahlreiche fadenartige Substanzbrücken mit einander in Verbindung. Die Rinde ist etwa 2 mm dick. Sorzss sagt, dass sie in eine äußere faserfreie und eine innere faserige Lage zerfalle. An manchen Stellen finde ich diese Unterschiede deutlich ausgeprägt. an anderen jedoch nicht. Die Faserbündel ziehen in einzelnen dichten Zügen parallel zur Oberfläche und lassen unter schwachen Biegungen einzelne Seitenzüge abgehen, welche nach oben ausstrahlen. Die Markmasse ist leberbraun gefärbt. Der centrale Nucleus hat einen Durchmesser von 11/,—3 mm. Osecula fand ich an einem Exem- plar in Mehrzahl an der obersten Schwammpartie gruppirt und bis zu einer Weite von 2 mm. Kanalsystem. Auf den Feldern oder Platten sind keine Einlass- poren, sondern nur in den sie trennenden Vertiefungen. Die Kanäle führen in zahlreiche, in der Faserrinde gelegene Subdermalräume, welche | mm und darüber Weite erreichen. Ihre epitheliale Auskleidung lässt deutliche, stark granulirte und in der Mitte buckelig vorgewölbte Plattenzellen erkennen. Aus diesen Subdermalhöhlen führen kurze, senkrechte Kanäle in die großen Subcortiealräume, welche an der Grenze zwischen Rinde und Mark an gehärteten Spiritusexemplaren, die etwas kontrahirt sind, als Spalten auftreten. Aus ihnen ziehen enge, radial verlaufende Zufuhrkanäle ins Innere, unterwegs unter spitzwink- ligen Theilungen Zweige an die Geißelkammern abgebend. Letztere sind zahlreich, klein und kugelig. Die abführenden Kanäle verlaufen analog und sammeln sich in einem größeren Geißelkanal. Skelett. Die Megaskleren sind Stabnadeln, welche theils einzeln im Gewebe liegen, theils zu 0,2 mm dicken Bündeln, welche in der Rinde sich ausbreiten, vereinigt sind. Stets ist die Anordnung radial. Die Länge der Nadeln beträgt 1,5—1,6 mm bei einer Dicke von 0,025 mm. Die Enden sind verjüngt und abgerundet oder zugespitzt. Die Mikroskleren sind vorwiegend Sphaeraster von 0,05 bis 0,06 mm Durchmesser. In der Rinde liegen sie dichter als im Mark. Hier gehen sie zuweilen in Oxyaster über. Daneben kommen in der Rinde und im Mark zahlreiche kleine Tylaster vor mit sechs bis acht dünnen Strahlen und kleine Hexactine von 0,004 mm Durchmesser. Die Spongienfauna des rothen Meeres, Il. 331 Im Mark finden sich außerdem noch zarte, größere Hexactine, deren Arme durchschnittlich 0,025 mm lang und nur 0,0015 mm dick sind. Die Enden der zarten Arme sind fein zugespitzt, sehr häufig zweigablig und zuweilen jeder Gabelast nochmal gegabelt. Fundort: Auf den Korallenbänken von Suakin frei herumliegend oder festgewachsen (Krrıer). Mehrere, bis walnussgroße Exemplare aus der EHurENBERG schen Sammlung, darunter gut erhaltene Spiritus- exemplare stammen aus dem rothen Meere, ohne nähere Bezeichnung der Lokalität (Djedda?). Bemerkung. Die Art scheint je nach der Lokalität etwas zu variiren. Ein Stück der Enrexgerg’schen Sammlung ist an der Ober- fläche mit Conuli besetzt, hexactine Mikraster sind selten, meist sind acht bis zehn Strahlen vorhanden. Ein anderes Stück zeigt in der Markmasse die kleinen Tylaster selten, dagegen zahlreiche schlank- armige Hexactine, deren Strahlen am Ende fast konstant, einfach oder doppelt gegabelt sind. Die Art ist in den warmen Meeren weit ver- breitet und reicht wohl bis nach Australien, den Philippinen und bis nach Brasilien, denn wie schon Sorras bemerkt, stehen mehrere der bisher tropischen Tethyaspecies T. seychellensis sehr nahe und dürften sich bei eingehender Vergleichung als bloße lokale Varietäten dieser Art herausstellen. E So scheint mir die Artberechtigung der australischen Tethya ingalli Bow., T. robusta Bow. und T. Cliftoni Bow. zweifelhaft, eben so diejenige von T. japonica von Manila und vermuthlich gehört auch die brasilianische T. maza Selenka in diesen Formenkreis hinein. Wenn ich die Speciesbezeichnung T. seychellensis beibehalte, so geschieht dies, weil meine Exemplare am meisten mit der unter diesem Namen auf- geführten Form übereinstimmen. Tetractinellidae. Den sehr eingehenden Darstellungen von Sorzas über die allge- meinen Bauverhältnisse dieser durch den Bau tetraxoner Kieselnadeln ausgezeichneten Gruppe kann ich hier wenig neue Gesichtspunkte bei- fügen. Sie ist im rothen Meere durch eine geringe Zahl von Formen vertreten, da die Ausbeute der verschiedenen Beobachter eine relativ spärliche geblieben ist. In morphologischer Beziehung bieten die Tetractinelliden nicht mehr jene monotonen Verhältnisse dar, die man bei einachsigen Kieselschwämmen vorfindet, am eigenthümlichsten ist der Skelettbau und beachtenswerth die hohe Differenzirung des Kanalwerkes. Es hängt dies zusammen mit der Ausbildung einer Rindensubstanz, 22 333 6. Keller, welche bei höher stehenden Gattungen scharf von der Markmasse ab- sticht, aber auch bei tiefer stehenden Formen mehrfach angedeutet ist. Skelett. a. Spongin. Die Sponginausscheidungen treten hier beinahe ganz zurück, da der festigende Mechanismus im Allgemeinen theils mit Hilfe von Kiesel- gebilden, theils mit Unterstützung durch den Gewebeturgor hergestellt wird. Ganz fehlen dieselben noch nicht, wie Sorzas hervorhob: »Spon- gin only occurs in small quantity, uniting as by short synaptaculae ad- jacent spicula together.« Ausnahmsweise tritt Spongin auch in einer bis- her nicht bekannt gewordenen Form auf. Bei Stelletta Siemensi finden sich zahlreiche, intensiv braun gefärbte, sphärische oder elliptische Körper, welche gegen Säuren und Alkalien sehr resistent sind, sich aber in heißer Kalilauge langsam lösen; ich glaube diese Rindenkörper als Sponginkugeln in Anspruch nehmen zu dürfen und in dieser An- nahme wurde ich bestärkt durch die Beobachtung, dass sie in ge- schlossenen Follikeln liegen, welche inwendig mit kubischen Zellen ausgekleidet sind. Es ist naheliegend, in diesem Zellenbelag Spongo- blasten zu vermuthen. b. Kieselnadeln. Sie weisen hier eine große Mannigfaltigkeit auf, so dass eine ge- ordnete Klassifikation sich fühlbarer als irgendwo macht. SoLL4s, so- dann ScHuULzE und LENnDENFELD haben durch Aufstellung einer genauen Nadelnomenklatur die Übersicht sehr erleichtert. Derschonbeimonaxonen Kieselschwämmen hervorgehobene Gegen- satz zwischen Megaskleren und Mikroskleren tritt, was bei dem engen Zusammenhang beider Gruppen natürlich erscheint, auch bei den Tetractinelliden auf. Die Megasklere sind monaxon, triaxon, auch polyaxon (Sphaere), nie fehlen die typischen Tetraxone. Letztere erscheinen in zahlreichen Modifikationen, am ursprünglichsten bei tetractinen Fußangeln (Chelo- trope), wie wir sie beispielsweise bei den Pachastrellen finden. Alle vier Strahlen sind gleich lang. Durch ungleiche Entwicklung der Strahlen entstehen die weitverbreiteten Triaene, deren langer Strahl zum Schaft (Rhabdom) wird. Davon werden die drei an dessen Ende stehenden kürzeren Strahlen als Cladi oder Aststrahlen unter- schieden. Die Cladi sind entweder rückwärts gebogen (Anatriaen) oder recht- winklig abstehend (Orthotriaen) oder nach vorn gerichtet (Protriaen). Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 339 Bei den höherstehenden Formen, so bei Cinachyra, ist ganz entschieden eine Tendenz zur Verkümmerung tetraxoner Nadeln angedeutet. Durch Rudimentärwerden eines Aststrahles gehen hier protriaene Nadeln häufig in Diaene, genauer gesprochen in Prodiaene über. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass sogar ein Theil der monaxonen Nadeln durch Ver- kümmerung aller drei Gladi entstanden ist. Höchst eigenthümliche Gebilde sind die oft präsentirtellerartig aussehenden Megasklere bei gewissen Lithistiden (Discodermia) (Taf. XX, Fig. 59). Es sind die Phyllotriaene, deren Entstehung durch blattartige Verbreiterung und Verschmelzung der Aststrahlen schon von O. Scamipt und SoLLas richtig erkannt wurde. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie aus vierstrahligen Desmen (Tetracrepis) hervorgegangen sind, da man Zwischenformen nicht selten antrifit. Die Desme, meist unregelmäßige oder auch deutlich vierstrahlige Nadeln mit knorrigen Enden, sind lediglich auf die Lithistiden beschränkt, wo sie in allgemeiner Verbreitung vorkommen. Nicht weniger formenreich sind die Mikroskleren. Sigme sind in der Familie der Tetillidae außerordentlich zahlreich vorhanden. Aster, Spiraster, bedornte Stäbe und Mikrosphaere sind sehr verbreitet. Kanalsystem. Dasselbe erreicht in dieser Gruppe wohl den höchsten Grad der Komplikation. Von den Vosmarr'schen Kanaltypen scheint nur der dritte und vierte vertreten zu sein. Bei den Choristiden zeigen die zarteren Formen den dritten Typus sehr entschieden ausgeprägt, bei den massigen Arten scheint durchweg der vierte Typus vorzuwiegen, wobei die Kanäle häufig sehr eng sind und am Eingang zuweilen specielle Einrichtungen erkennen lassen. Für die Lithistiden, deren Organisation wir nur sehr unvollständig kannten, giebt SoLLıs genaue Darstellungen und es scheint, dass ihr Kanalsystem sich dem dritten Typus anreiht, was ich auch für Discodermia stylifera bestätigen kann. Nach Sorıas sind die kleinen, halbkugeligen Geißelkammern weit- mündig, die Kragen ihrer Geißelzellen durch eine gefensterte Membran verbunden. Hierin weichen meine Befunde etwas ab. Das Kanalsystem lässt eine gewisse Ähnlichkeit mit den Aplysilliden und Hexactinelliden nicht verkennen, die Geißelkammern bei Discodermia sind relativ groß, dichigedrängt und langgestreckt, wie bei Aplysilla. Zwischen Rinde und Geißelkammerzone liegt eine geißelkammerfreie Lacunenzone. 394 6. Keller, Von einer die Kragen verbindenden Membran habe ich nichts beobachten können. Poren, Porensiebe, Porenkelche (Porocalyces), Chonae und Subdermalräume. Die Hautporen sind meistens über die ganze Hautfläche zerstreut. Besonders regelmäßig fand ich ihre Anordnung bei Stelletta Siemensi. Bei den Lithistiden herrscht dieselbe Anordnung, doch war dort das Vorkommen von Porensieben bekannt geworden (Theonella). Eine interessante Anordnung der Poren hat Sorras bei Cinachyra beschrieben. Hier liegen sie gleichmäßig zerstreut und dichtgedrängt inschüsselförmigen oder flaschenartigen Vertiefungen (Qloaca, Vestibule), für welche ich den Namen Porenkelche oder Porocalyces vor- schlagen möchte. Genauer gesprochen liegen nach den Abbildungen von Sorrıs (Challenger Reports, Tetractinellida Taf. XXIX, Fig. 1) eine Anzahl von Porensieben in den Kelchen und werden durch leisten- artige Vorsprünge getrennt. Diese Porenkelche sind ganz typische Bil- dungen, welche für Cinachyra sehr charakteristisch sind. Doch können : die vortretenden Leisten fehlen (Cinachyra Schulzei und C. eurystoma). Bei C. trochiformis erscheinen sie, statt wie bei den übrigen Arten zer- streut, auf einen basalen Gürtel beschränkt. i Bildungen ganz eigener Art sind die Ghonae, welche bei den Geodien und Stellettiden so allgemein verbreitet angetroffen werden. Bereits von BowERBANK, ScHhmipr und Carter beobachtet, sind diese Ge- bilde von Sorras genauer untersucht und in jüngster Zeit namentlich von LENDENFELD richtig gewürdigt worden!. Ich finde diese Chone bei der neuen Stelletta Siemensi in der Rinde zahlreich. Sie sind hier sanduhrförmig, wie schon CARTER sich treffend ausdrückt, mit einem einfachen Chonalkanal, welcher in eine umgekehrt becherförmige Chonalkuppel einmündet (Taf. XX, Fig. 55). In der Umgebung des Chonalkanales findet sich auch bei dieser Art eine dichte Lage cirkulärer Faserzellen, welche offenbar als Sphincter zu wirken bestimmt ist. Dass sie zum Verschluss des Chonalkanales _ dienen, erscheint naheliegend. Eine besondere physiologische Bedeutung kommt diesen Chonen offenbar zu, sei es, dass sie die Wasserströmung reguliren oder, was mir wahrscheinlicher erscheint, bei stark bewegtem Wasser die Rindenkanäle schließen und damit den Turgor der Schwamm- substanz zum Zwecke größerer Festigkeit erhöhen. Subdermalräume und die damit verwandten subcortiecalen Räume ! R. v. LENDENFELD, Die Gattung Stelletta. Berlin 1890. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il, 339 scheinen häufige Vorkommnisse zu sein. Erstere fehlen auch den Lithi- stiden nicht und die hier auftretende äußere Lacunenzone ist wohl als ein System zahlreicher kleiner Subdermalhöhlen aufzufassen. Klassifikation. Ich schließe mich dem von Sorras vorgeschlagenen System an und halte auch die von ihm aufgestellten beiden großen Hauptzweige oder Unterordnungen der Choristidae und Lithistidae für die natürlichste Anordnung. Letztere bilden einen eigenthümlichen und offenbar sehr alten Seitenzweig, welcher sich von dem Hauptstamm der Tetracti- nelliden abgelöst hat. A, Choristidae. XVI. Familie. Tetillidae Sollas. Im äußeren Habitus den Tethyaden sehr ähnlich, aber neben den monaxonen Stabnadeln kommen noch Protriaene vor. Die Mikroskleren sind zahlreich und bestehen vorwiegend aus Sigmaspiren. Die Rinde ist bald vorhanden, bald fehlend. Das Kanalsystem ist nach dem vierten Typus gebaut. 42. Genus. Tetilla ©. Schmidt. Eine deutliche Rinde fehlt. Carter beschrieb zwei Arten von der Südküste Arabiens, welche ich hier aufführe, da die weite Verbreitung derselben es wahrscheinlich macht, dass sie auch dem eigentlich ery- thräischen Gebiet angehören. 75. Species. Tetilla dactyloıdea Carter. Tethya dactyloidea H. J. Carter. Description of a siliceous sandsponge. Ann. and Mag. of Nat. Hist. 4869 und Additional Information on the structure of T. dactyloidea. Ann, and Mag. of Nat. Hist. 1872. Tetilla dactyloidea W. J. Sollas. Challenger Reports. 1888. CARTER beschrieb die Art als aufrechte, längliche, dattelförmige oder zitzenförmige Spongie mit glatter Oberfläche und rothbrauner Färbung; mit einem Osculum an der Spitze und an der Basis mit Nadelbüscheln verankert. | Sorras giebt an, dass die Skelettnadeln aus spindelförmigen Stäben von 1,35 mm Länge und 0,006 mm Dicke bestehen, welche theils un- geordnet verlaufen, theils zu longitudinalen Bündeln angeordnet sind. Daneben kommen Protriaene von 1,43 mm Länge und 0,004 mm Dicke vor. Die basalen Anatriaene sind 12 mm lang und 0,004 mm dick. Die Mikrosklere sind Sigmaspire von 0,008 mın Länge. 336 0. Keller, Durch die Güte von H. J. Carter erhielt ich ein Originalexemplar, bei welchem die Stabnadeln vorwiegend in longitudinalen Bündeln an- geordnet sind. Sigmaspire finde ich etwas spärlich, dagegen sind, was weder Carter noch Sorzss erwähnen, zahlreiche Mikrosphaeren vor- handen, welche einen Durchmesser von 0,002—0,004 mm besitzen. Fundort: Auf Sandgrund in seichtem Wasser bei Ras Abu Ashrin (CARTER). 74. Species. Tetilla arabica Carter. Tethya arabica H. J. Carter. Descriptive account of four subsphaerous sponges. Ann. and Mag. of Nat. Hist. 1869. Tetilla arabica W. J. Sollas. Challenger Reports. 1888. Schwamm kugelig und freiliegend oder halbkugelig und festgeheftet. Oberfläche stachelig, netzförmig mit Poren in den Vertiefungen. Oscula auf kegelförmigen Erhebungen. Der Schwamm besitzt einen Durch- messer von etwa 7 cm. Die Stabnadeln sind zu Bündeln angeordnet, welche radiär um einen Nucleus angeordnet sind. An Nadelformen werden angegeben: 1) Stabnadeln von 3,5 mm Länge und 0,035 mm Dicke. 2) Protriaene von 3,5 mm Länge und 0,01% mm Dicke. 3) Anatriaene von 4,5 mm Länge und 0,01 mm Dicke. Die Mikrosklere enthalten #4) Sigmaspire von 0,0125 mm Länge und 5). Mikrosphaere von 0,0042 mm Durchmesser. Fundort: Arabische Küste bei der Insel Masira. 13. Genus. Cinachyra Sollas. Diese unlängst aufgestellte Gattung ist durch eine Reihe von Merk- malen sehr scharf charakterisirt und umfasst Sigmatophoren mit deut- licher Rinde, in welcher Subdermalräume fehlen. Im äußeren Habitus der Gattung Tuberella sehr ähnlich, ist sie leicht erkennbar an den eigenthümlichen Porocalyces oder schüsselförmigen.oderflaschenförmigen Einstülpungen der Rinde (flask-shaped recesses, SoLtas), welche bald groß und in geringer Zahl vorhanden sind, bald zahlreich über den Körper zerstreut sind oder auf eine bestimmte. Zone. beschränkt er- _ scheinen. Sie sind stets porenreich, siebartig durchbrochen und fungiren theils als Einströmungs-, theils als, Ausströmungslöcher.. Das Kanal- system ist deutlich nach dem vierten Typus gebaut. Der centrale Nucleus ist ziemlich umfangreich, von ihm aus gehen dicke Nadelbündel nach ‘der Oberfläche und durchsetzen die Rinde senkrecht. Von dieser Gattung ist bisher eine einzige Art bekannt ge- worden, welche die Challengerexpedition bei den Kerguelen erbeutete. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 337 Ich kann hier drei neue Species aus dem erythräischen Gebiet hinzu- fügen, welche ungemein leicht aus einander zu halten sind. 75. Species. Cinachyra Schulzei nov. sp. (Taf. XIX, Fig. 41, 42 u. 43). Der kugelige Schwamm ist an der Basis abgeflacht und mit Hilfe kurzer Ausläufer am Grunde festgewachsen. Er erreicht einen Durch- messer bis zu 4 cm. Die Farbe ist im Leben matt gelbbraun und verändert sich im Alkohol nur sehr wenig. Die Oberfläche ist unregelmäßig höckerig und wegen der senk- recht gestellten, hervortretenden Nadelbüschel deutlich borstig. Die Porocalyces sind zahlreich, meist kreisförmig und 2—3 mm weit. Nur hier sind siebartig angeordnete Poren vorhanden, an den übrigen Stellen nicht. Die Kelehe sind bald schüsselförmig, bald flaschenförmig. Auf dem Durchschnitt zeigt der Schwammkörper eine deutliche Rinde und ein ziemlich kompaktes Mark. Die Dieke der Rinde wechselt, während sie an manchen Stellen nur 1/, mm beträgt, steigt sie an anderen bis zu I mm, selten höher. Die Rinde ist bis zur Oberfläche deutlich faserig, die Fasern ver- laufen parallel der Oberfläche. | Das Kanalsystem zeigt einen mäßigen Grad der Entwicklung. Die Abwesenheit aller Poren, Kanäle und Subdermalräume in der Rinde wurde oben bereits angedeutet. Der Rand der Porenkelche ist glatt und wulstig oder mit Nadeln besetzt und kranzmündig. Die Tiefe der Kelche wechselt, ich finde die kleineren flaschen- förmig und an der Mündung sogar verschließbar; Sorras bezeichnet diese Bildungen als Kloakalkammern (Cloakal chambers), wenn sie einen stark verengten Hals besitzen. Der Verschluss erfolgt durch eine dia- phragmaähnliche Sphinetermembran. Die größte Tiefe der Kelche, welche ich gemessen habe, beträgt 5 mm. Die Innenwand derselben ist vollkommen glatt. Vortretende Rippen, welche netzartig verbunden sind, wie sie SorLas für seine C. barbata beschreibt, kommen bei dieser Art nicht vor. Größere Nadeln fehlen in der Umgebung, nur Sigma- spire lassen sich beobachten, wenn auch nur in spärlicher Zahl. Die mikroskopischen Poren umgeben im Grunde ab und zu einen, zwei, oder auch drei größere Poren, welche wohl als Ausströmungslöcher zu betrachten sind. Die von den Sieben entspringenden Kanäle verlaufen anfänglich unverzweigt und divergirend in der Schwammsubstanz. Die (Hauptkanäle verlaufen vorwiegend radial und werden bis 0,3 mm weit Taf. XIX, Fig. #2). 398 | C. Keller, Skelett. Die Hauptmasse der Hartgebilde besteht aus spindel- förmigen Stabnadeln. Diese sind gerade und an den beiden Enden fein zugespitzt. Sie sind 5—6 mm lang und werden in der Mitte 0,04 mm dick. Sie verlaufen in radialen Zügen, welche von einem centralen Nucleus entspringen und gegen die Oberfläche pinselartig aus einander fahren. An Spiritusexemplaren sind die Bündel spiralig und sind alle im gleichen Sinne gebogen. Wie Sorras bereits ver- muthete und Lenpexrep an Tethya kürzlich bestätigt hat, ist die spira- lige Anordnung und Biegung eine Folge der Kontraktion des Schwamm- . gewebes. Neben den genannten Nadeln finden sich noch feinere Stabnadeln vorwiegend in der Markmasse, seltener in der Rinde. Es sind zarte Amphioxe von 0,25 mm Länge und 0,005 mm Dicke. In den Bündeln, aber auch zwischen denselben verlaufend, kom- men zarte, mehrere Millimeter lange Anatriaene vor, deren 0,006 bis 0,01 mm dicker Schaft nicht selten wellig gebogen erscheint. Ferner frei über die Oberfläche hervorragende Protriaene, deren Schaft 0,02 mm dick ist, und deren 0,i mm lange Aststrahlen an der Spitze etwas nach außen gebogen sind. An Mikroskleren finden sich zahllose Sigme, und zwar vorherr- schend in der Markmasse, spärlicher in der Rinde. Sie liegen am dich- testen in der Umgebung der Kanäle, wo sie meist eine deutliche Wand darstellen. Sie sind durchschnittlich 0,02 mm lang. Eben so massenhaft, bald zu Haufen, bald zu feinen Strängen an- geordnet, sind Mikrosphaeren von 0,002 mm Durchmesser anzutreffen. Der Schwamm nimmt gelegentlich Fremdkörper auf, wobei er jedoch mit Auswahl vorgeht. Ich fand an einigen Stellen zahlreiche kugelige Drusen von kohlensaurem Kalk, welche auch der Rinde an- haften, und wahrscheinlich von einer zusammengesetzten Ascidie her- rühren. Fundort: Bei Steamerpoint an der Küste von Aden in seichtem Wasser und auf feinsandigem Grund. Die Art ist wohl weit verbreitet und reicht bis zum Kanal von Mozambique an die madagassische Küste. 76. Species. Cinachyra eurystoma nov. sp. (Taf. XIX, Fig. 46, 47 u. 48). Die mir zugänglichen Exemplare, welche aus dem Berliner Museum stammen, sind kleiner als bei der vorigen Art und besitzen nur etwa 2'/, em Durchmesser, sind ebenfalls von gerundeter Form und fester Beschaffenheit. Die Farbe (in Spiritus) ist gelbgrau. Die Oberfläche ist vollkommen glatt oder netzartig gefurcht, an Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 339 manchen Stellen lässt sich eine feine Behaarung erkennen. Die Rinde ist deutlich, die Markmasse besitzt einen deutlichen Nucleus mit radia- len Faserbündeln. Die Porenkelche sind sehr groß, doch im Durchmesser wechselnd und bis zu 4 em tief. Ihre Zahl ist gering (vier bis fünf), der Rand der Mündung scharf und auf einer kurzen, schornsteinartigen Erhebung ge- legen. Das Kanalsystem stimmt sehr mit demjenigen von C. Schulzei überein. Die Innenwand der Porenkelche glatt und ohne vorstehende Rippen. Von den mikroskopischen Siebporen treten radiär gestellte feine, unverzweigte Kanäle in die Schwammsubstanz ein. Unter der Rinde scheinen einzelne größere, vielfach eingeschnürte Kanäle von !/;, mm Weite durch, vermuthlich sind dies die Ausfuhrkanäle. Das Schwamminnere ist dicht mit kleinen, kugeligen Geißelkammern erfüllt. Das Skelett enthält folgende Nadelformen: I) An Megaskleren große, gerade spindelförmige Stabnadeln, welche an den Enden fein zugespitzt oder abgerundet sind. Ihre Länge beträgt durchschnittlich 3—3!/, mm bei einer Dicke von 0,03 bis 0,035 mm. Sie verlaufen vom centralen Nucleus aus radıär in Bündeln, die Enden ragen nur wenig über die Oberfläche hervor. 2) Eben so lange, aber dünnere Stabnadeln von 0,007—0,035 mm Dieke. Sie sind nicht zahlreich. 3) Anatriaene mit einem 0,005 mm dicken und mehrere Millimeter langen Schaft. Die 0,075 mm langen Aststrahlen sind fein zugespitzt. 4) Größere Protriaene mit nur wenig vorgeneigten Aststrahlen, deren Länge 0,15—0,17 mm misst. Dieselben sind nicht selten unregel- mäßig gebogen. Die Dicke des Schaftes beträgt 0,01— 0,045 mm. Zu- weilen finden sich Protriaene mit stark vorgebogenen Aststrahlen. 5) Kleine Protriaene, deren Strahlen sehr stark vorgebogen sind, so dass sie gegen den Schaft einen sehr spitzen Winkel bilden. Die Äste sind nur 0,01 mm lang. Häufig sind nur zwei Äste ausgebildet, der dritte Ast ist verkümmert oder fehlt ganz, es entstehen zarte Diaene. Diese Nadelform findet sich besonders zahlreich in der Umgebung der Porenkelche, wo sie ausschließlich vorhanden sind, in parallelen Zügen zwischen den Kanälen verlaufen. Sie ragen auch frei und !/, mm weit ins Innere der Porenbecher hinein, dienen also wahr- scheinlich zum Abfange der Nahrung. Die größeren Protriaene fehlen an dieser Region, dagegen sind am Rande der Porocalyces Übergangs- formen zwischen beiden Nadelsorten vorhanden. 6) Rhabdodragme, regellos im Schwamm zerstreut und aus fünf bis acht feinsten Nadeln gebildet, zuweilen mit lockigem Verlauf. 340 C. Keller, 7) Sigme. Sie sind außerordentlich zahlreich in der Rinde und in der Umgebung der Kanäle. Sie werden 0,01—0,015 mm lang und nur 0,0015 mm dick. Fundort: Rothes Meer ohne nähere Angabe der Fundstelle (UMLAUFF). | 77. Species. Cinachyra trochiformis nov. sp. (Taf. XIX, Fig. #4 u. 45). Die beiden untersuchten Stücke des Berliner Museums, auf welche ich diese originelle Art begründe, haben die Form eines Kreisels. Es sind niedrige Kegel mit eingezogener Basis, welche aufgewachsen ist. Die Höhe der Stücke beträgt 2!/, em, die größte Breite der Basis 2!/, bis 3 em. Die Farbe (in Spiritus) ist graugelb. Die Oberfläche erscheint glatt und zeigt niedrige gerade und längsverlaufende Leisten, welche nach der Spitze des Kegels zu kon- vergiren. Poren und Porenkelche fehlen im oberen Theile durchaus und sind lediglich auf den basalen Theil beschränkt, wo sie am breite- sten Theil des Kegels einen deutlich begrenzten, etwa 5 mm breiten Gürtel von Porocalyces bilden. Sie stehen hier wabenartig und dicht. ‚gedrängt, sind I—3 mm weit und flach schüsselförmig. Ihre Innen- fläche ist nicht glatt, wie bei den vorigen Arten, sondern durch ein Netzwerk deutlich vortretender Leisten ausgezeichnet. Das Kanalsystem stimmt in seinem Verlauf mit demjenigen der vorigen Species überein. Das Skelett entkält 1) gerade megasklere Stabnadeln, spindel- - förmig, an den Enden fein zugespitzt oder abgerundet. Die Länge ist 3—4 mm, die Dicke 0,04—0,045 mm. Sie sind in radialen Bündeln angeordnet, werden im Centrum durch einen Nucleus zusammenge- halten und stehen nicht über die Oberfläche hervor. 2) Haarförmige, oft wellig verlaufende Stabnadeln, welche nur 0,004 mm dick werden. 3) Anatriaene. Sie sind in sehr geringer Zahl vorhanden. Ihre fast geraden Äste stehen unter einem Winkel von 45° vom Schafte ab und sind 0,1 mm lang. Die Schaftdicke beträgt 0,0075 mm. 4) Protriaene. Sie sind am häufigsten an der Schwammbasis im Gebiet des Porenbechergürtels und schwanken in der Größe. Die Länge der Äste beträgt 0,05—0,! mm. Die Dicke des Schaftes schwankt zwi- schen 0,005—0,01 mm. Die Äste sind stark vorgeneigt und ragen frei über die Oberfläche empor. 5) Mieroxe. Das Schwammgewebe ist dicht damit erfüllt. Beson- ders zahlreich liegen sie in der Rinde, und zwar regellos zerstreut und Die Spongienfauna des rothen Meeres. IT. 341 wirr durch einander. Sie sind ziemlich rasch zugespitzt, 0,1 mm lang und 0,005 mm dick. | 6) Sigme. Besonders zahlreich in der Rinde vorhanden. Sie wer- 0,04—0,015 mm lang. Fundort: Rothes Meer, ohne nähere Angabe der Lokalität (Um- LAUFF.. XVII. Familie. Stellettidae Sollas. Tetraxone Kieselschwämme mit vorwiegend radial angeordneten Megaskleren, welche. theils Amphioxe, theils Triaene (Orthotriaene, Anatriaene) sind. Die Mikrosklere sind einfache Sterne. Rinde bald vorhanden, bald fehlend. Kanalsystem nach dem vierten Typus. 44. Genus. Stelletta ©. Sehmidt. Rinde vorhanden. Mit Chonae am Eingang des Kanalsystems. ? = or or [>) 78. Species. Stelleita Siemensi nov. sp. (Taf. XIX, Taf. XX, Fig. 55, 56 u. 57). Eine von Carter im Jahre 1869 von der arabischen Küste als Geo- dia arabica beschriebene Spongie könnte vielleicht hierher gehören, doch lässt sich dies aus der Beschreibung nicht sicher ermitteln; nach Sorras hätte Carter eine echte Geodia vor sich gehabt. Die von mir untersuchten Exemplare stammen von EHRENBERG und SIemEns. Sie sind von Haselnussgröße bis Walnussgröße, kugelig bis nierenförmig und scheinen nicht festgewachsen zu sein. Die Farbe (in Spiritus) ist matt schwarz bis braunschwarz, die Rinde ist viel intensiver gefärbt als das Schwamminnere. Die Oberfläche ist schwach runzelig, aber nirgends behaart oder borstig. Die Hautporen sind zahlreich und mit bloßem Auge eben sichtbar. Die Hautfläche ist wie mit Nadelstichen durchbohrt. Alle Exemplare zeigen ein scharf begrenztes Osculum von elliptischer Form und mit einem größeren Durchmesser von 4 mm. In seiner Umgebung ist die Schwammsubstanz stark eingesenkt, der Rand erhebt sich in einem deutlichen lippenartigen Wulst, oder ist kurz schornsteinartig mit scharfer Kante. Die Rinde ist deutlich abgesetzt und 0,5—0,8 mm dick. Ihre Beschaffenheit ist derb, lederartig und der ganzen Dicke nach faserig. In ihr fehlen die Subdermalräume, dagegen liegt unter ihr eine Zone subcorticaler Krypten. Das Mark ist fest. Kanalsystem. Die Hautporen führen in die typischen Chonal- bildungen, welche eine deutliche Sanduhrgestalt besitzen und offenbar 342 C. Keller, verschließbar sind, da der kürzere oder längere Chonalkanal, der in die umgekehrt kegelförmige Chonalkuppel führt, oft stark verengt ist. In der Umgebung des Chonalkanales ist eine dichte Lage eirkulär verlaufender Faserzellen deutlich abgegrenzt. Im Inneren des Kanales lässt sich zuweilen eine irisartige Sphinetermembran beobachten. Die subcorticalen Krypten, welche diese Chonae aufnehmen, sind kugelige oder ellipsoide Räume von 0,2—0,3 mm Durchmesser. Oft hängen sie auf größere Strecken zusammen und sind von zarten, die Pulpa mit der Rinde verbindenden Substanzbrücken durchzogen. Im Grunde dieser Räume steigt ein größerer Kanal senkrecht in die Tiefe und erscheint von Strecke zu Strecke sphincterartig eingeschnürt. Er giebt unter spitzen Winkeln seitliche Äste ab. Die kugeligen Geißel- kammern, welche die Enden der Kanälchen aufnehmen, sind in der äußeren Hälfte der Markmasse zahlreich und erlangen einen Durch- messer von 0,02—0,03 mm. Die Grundsubstanz des sie umgebenden Mesoderm ist feinkörnig. Die abführenden Kanäle münden in einen kurzen, 3—4 mm weiten Gastralraum, der zum Osculum führt. Skelett. Die Megaskleren sind radial angeordnet, aber nirgends zu Bündeln vereinigt. Unter ihnen kommen vor: 1) Zahlreiche Stabnadeln, Amphioxe von wechselnder Länge und Dicke, welche indessen auf die Markmasse beschränkt sind. Sie sind spindelförmig und schwach gebogen. Sie werden bis zu 1,5, seltener 2 mm lang und höchstens 0,035 mm dick. 2) Orthotriaene. Die größten endigen in der Rinde, in welcher sich die Äste horizontal ausbreiten. Sie werden etwa 2,5 mm lang und 0,006 mm dick. Ihr Schaft, in der Markmasse steckend, ist langsam und fein zugespitzt. Die Äste sind kräftig. 3) Anatriaene. Sie überwiegen an Zahl und kommen hauptsäch- lich im äußeren Theil des Markes vor, reichen aber vereinzelt auch in die Rinde, aber nicht bis zur Oberfläche. Sie werden 1,3—1,4 mm lang und 0,012 mm dick. Sie gehen zuweilen in Orthotriaene über. 4) Kugeln. Es sind das höchst eigenartige Bildungen, die ich aus- schließlich in der Rinde, aber bei allen Exemplaren als konstantes Vor- kommen finde. Es sind kugelige oder eiförmige Bildungen von dunkel- brauner Färbung und etwa 0,1 mm Durchmesser. Sie bilden eine zusammenhängende Lage im äußeren Theil der Rinde, und man könnte geneigt sein, sie mit den Kieselkugeln der Geodien zu identifieiren. Bei näherer Untersuchung erweisen sie sich jedoch als Haufen winziger Kugeln, welche durch eine Kittmasse verbunden sind. Die Masse wird von kalter Kalilauge etwas gequollen, aber nicht gelöst, wohl aber von warmer Lauge. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 343 Ich muss diese Masse für Spongin halten, worin ich um so mehr‘ bestärkt werde, als sich in der Umgebung deutliche Follikel finden, deren Epithelauskleidung lebhaft an einen Spongoblastenmantel erin- nert. Die Annahme, dass man es mit eingeschlossenen Fremdkörpern zu thun habe, bleibt ausgeschlossen, denn ihr konstantes Vorkommen und das Fehlen auf der Oberfläche sprechen dagegen. 5) Oxyaster. Sie sind äußerst klein und zart, besitzen sieben bis neun Strahlen und finden sich in der Rinde spärlich, häufig im Mark. Ihr Durchmesser beträgt 0,01 mm. 6) Mikrosphaere. Ihr Durchmesser beträgt 0,005 mm. Das Mark- gewebe ist stellenweise damit dicht erfüllt. Fundort: Südlicher Theil des rothen Meeres in 18 Faden Tiefe (Sıemens). Mehrere Exemplare ohne nähere Angabe der Fundstelle stammen von EHRENBERG. XIX. Familie. Pachastrellidae Sollas. Streptastrose Schwämme mit fußangelähnlichen Tetractinen oder Chelotropen. Die Mikrosklere sind Spiraster, Sphaeraster und Mikro- rhabde. 45. Genus. Pachastrella ©. Schmidt. Neben Fußangeln (Chelotrope) kommen noch Amphioxe als Mega- sklere vor. Die Mikrosklere sind Spiraster oder höckerige Stäbe oder Sterraster. Das Kanalsystem nach dem vierten Typus gebaut. Die rundlichen Geißelkammern sind zahlreich und verhältnismäßig groß. Die Grundsubstanz des sie umgebenden Mesoderm ist stark körnig. 79. Species. Pachastrella exostotica O. Schmidt (Taf. XIX, Fig. 53; Taf. XX, Fig. 54). P. exostotica O. Schmidt. Die Spongien der Küste von Algier. 4868. p. 16. Calthropella exostitus Sollas. Challenger Reports. XXV. Tetractinellidae. p. A1. Die Art hat von O. Scnuipr eigentlich nicht mehr als den bloßen Namen erhalten. Er erwähnt sie gelegentlich bei der Beschreibung der algerischen P. monilifera als aus dem rothen Meere stammend. Eine genauere Beschreibung liegt nicht vor und auch die Abbildungen der Hartgebilde würden nicht ausreichen, um die Artidentität mit den von mir untersuchten Stücken festzustellen. Dennoch kann kein Zweifel darüber bestehen, dass ich die Schumipr’schen Originalexemplare vor mir habe. An anderer Stelle heißt es nämlich, das Original stamme aus dem Berliner Museum und trage die Nummer 287. Eben diese Nummer trägt die Flasche, die mir aus demselben Museum vorliegt. 344 C. Keller, Die Stücke stammen jedoch nicht, wie Scampr unrichtigerweise angiebt, von EHRENBERG, sondern von SIEMmExs. Die gute Erhaltung der Weich- theile ermöglichte mir auch die Feststellung der anatomischen Ver- hältnisse. Sorzas hat die Art mit einigem Zögern zu Calthropella gezogen, die Skelettheile weisen jedoch auf eine echte Pachastrella hin. Der Schwamm bildet etwas unregelmäßige, einige Millimeter dicke Platten, welche einige Gentimeter breit sind. Die Farbe (in Spiritus) ist schwarz. Die Oberfläche ist unregelmäßig, an manchen Stellen gefurcht und überali fein granulirt. Oscula sind mir nicht zur Beobachtung gelangt. Der Schwamm lässt drei ziemlich scharf geschiedene Zonen er- kennen, nämlich eine sehr dünne Rinde, welche stark pigmentirt und 0,1— 0,12 mm dick ist, darunter eine drei bis viermal so dicke, pig- mentarme Lacunenzone und zu innerst eine mit Geißelkammern dicht erfüllte Markmasse. Kanalsystem. Die sehr feinen Porenkanäle der Rinde führen in rundliche, subcorticale Räume, von welchen 0,02—0,05 mm weite Kanäle senkrecht ins Innere verlaufen und feine Äste an die Geißel- kammern abgeben. Letztere sind kugelig und dicht gedrängt, ihr Durch- messer beträgt ziemlich gleichmäßig 0,025 mm. Die Grundsubstanz des sie umgebenden Mesoderm ist granulirt. Die abführenden Kanäle sammeln sich in horizontal verlaufende Röhren von 0,1 mm Weite und sind im Ganzen senkrecht zu diesen gestellt. Skelett. Die Kieselspieula sind zerstreut. Wir finden 1) Megasklere Chelotrope oder Fußangeln. Dieselben sind zahl- reich im Schwammgewebe zerstreut und nur unter der Rinde regel- mäßiger angeordnet, indem ein Strahl auch senkrecht zur Oberfläche gerichtet ist. Die Länge der Strahlen beträgt 0,2 mm, die Dicke an der Basis 0,025 mm, doch bleiben viele auch unter dieser Größe. Viele sind, was schon Scamipt erwähnt, durch einen auffallend weiten Central- kanal ausgezeichnet. 2) Amphioxe. Sie sind 0,22 mm lang und 0,01 mm dick, plötzlich zugespitzt und nur wenig gebogen. Daneben giebt es noch andere, größere Amphioxe von 0,8—0,9 mm Länge und 0,025 mm Dicke, welche fein zugespitzt und zuweilen stark gebogen sind. Beide Formen sind sehr spärlich vorhanden. 3) Mikrosklere. Sie sind am zahlreichsten in der Rinde vorhanden, wo man vorwiegend bedornte oder höckerige Mikrorhabde von wech- Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 345 selnder Größe, meistens etwa 0,025 mm lang, findet. Sodann kommen Sterraster oder Sphaeräster von 0,005—0,01 mm Durchmesser vor. Fundort: In der Nähe der Insel Perim in 28 Faden Tiefe (Sırmess). B. Lithistidae. XX,. Familie. Tetraeladidae Zittel. Mitmonaxonen und triaenen Nadelformen. Daneben ein zusammen- hängendes Skelett verzweigter Nadeln mit knorrigen Enden — Desme. Dieselben sind Tetracrepisformen. Die Haut mit triaenen Nadelformen und zahlreichen Mikroskleren. 46. Genus. Discodermia Barboza de Bocage. Harte Schwämme mit zerstreuten Poren. Die zusammenhängenden Skelettkörper sind tetracrepide Desme mit glattem oder höckerigem Schaft. An der Oberfläche eine deutliche Schicht von Triaenen, deren - drei Äste blattartig verbreitert sind — Phyllotriaene. Deren Kiesel- scheibe ist glattrandig, gelappt oder fein gezähnt. Die Mikrosklere sind glatte oder bedornte Stabnadeln. Das Kanalsystem ist wenig regelmäßig und nach dem dritten Typus (ob immer?) gebaut. 80. Species. Discodermia stylıfera nov. sp. (Taf. XX, Fig. 58, 59 u. 60). Die mir vorliegenden Stücke sind griffelförmig mit verjüngter und abgerundeter Spitze. Das größte Stück ist 5 em hoch und 1/, em dick. DieFarbe ist (in Spiritus) an einem gut konservirten Stück intensiv dunkel purpurfarben. | Die Oberfläche ist leicht gewellt, bald fein granulirt, bald grob- körnig. Die Poren sind klein und zerstreut. Die Schwammsubstanz lässt mehr oder weniger deutlich drei Zonen unterscheiden. Erstens eine dünne Rindenzone, welche durch großen Reichthum an Pigment- zellen charakterisirt ist und eine zusammenhängende Lage von kurz- gestielten, präsentirtellerförmigen Phyllotriaenen enthält, sowie eine dichte Lage feiner Stabnadeln. Darunter folgt eine Lakunenzone von fein cavernösem Bau und wenig Pigment. Zu innerst und am umfang- reichsten ist die Geißelkammerzone, wiederum pigmentreich und dicht mit tetracrepiden Desmen erfüllt. Das Kanalsystem zeigt sehr kleine Einlassporen von etwa 0,05 mm Weite, welche in die geißelkammerfreie Lakunenzone führen. An manchen Stellen finden sich hier auch linsenförmige Subdermal- räume. Die Lakunen stehen mit gerundeten oder lappigen Hohlräumen in Verbindung, welche zwischen den Pfeilern der Tetracrepis liegen. Ähnliche Räume nehmen die dichtgedrängten, großen, in ihrer Gestalt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 93 346 C. Keller, wechselnden, jedoch meist länglichen, bis schlauchförmigen Geißel- kammern auf. Diese münden mit weiter Mündung direkt in die Räume und sind senkrecht zu denselben gestellt. Aus ihnen entspringen die abführenden Kanäle, welche unter spitzem Winkel in die engen Gastral- kanäle verlaufen. Diese sind radial gelagert, zahlreich und verlaufen senkrecht zur Oberfläche. In ihrer Wandung zeigen die Desme eine ziemlich regelmäßige Anordnung, indem ein Schenkel nach außen gerichtet ist. Skelett. Dasselbe weist folgende Nadelformen auf: 1) Tetracrepis mit knorrigen Enden in glatten oder höckerigen Ästen. Sie bilden ein sehr festes, zusammenhängendes Stützskelett. Die Schichtung ihrer Kieselsubstanz ist sehr deutlich. Der Achsen- kanal beginnt von einem gemeinsamen Centrum, reicht aber selten his zum knorrigen Ende, sondern hört schon in der Mitte, ja im ersten Drittel der Äste plötzlich auf und ist an seinem blinden Ende abgerundet oder gar blasig aufgetrieben. Seine Weite beträgt 0,005 mm. 2) Phyllotriaene. Vielleicht wäre die von SorLas angewandte Bezeichnung Discotriaene noch zutreffender. Sie bilden eine zusammenhängende Lage an der Oberfläche. Die Scheibe liegt ihr parallel, der kegelförmige Stiel sitzt im Schwamm- gewebe, wie der Nagel im Brett. Seine Länge ist durchschnittlich 0,075 mm, doch geht sie herunter auf 0,05 mm und steigt an bis zu 1,2 mm. Die Dicke des Stiels beträgt an der Basis 0,025 mm. Die Scheiben sind vielgestaltig. Ich finde kreisförmige, längliche oder schwachgelappte Formen vorwiegend, daneben kommen auch einzelne starkgelappte vor. Der Rand ist ganz oder fein gezähnt. Die Oberfläche ist vollkommen glatt. Dass hier tetraxone Kieselgebilde vorliegen, haben schon CARTER und O. Scanipr nachgewiesen, da vom Centrum aus, da, wo der Stiel angeheftet ist, drei kurze, am Ende oft blasig ange- schwollene Achsenkanäle verlaufen. Sorrss hat bei seiner Discodermia discifurca Phyllotriaene beschrieben, welche einen Übergang zu Tetra- crepis bilden. 3) Amphioxe als Mikroskleren. Sie sind ausgeprägt spindel- förmig, meist stark gebogen und mit glatter oder fein bedornter Ober- fläche. Die Länge misst 0,04—0,05 mm bei einer Dicke von 0,004 mm. Diese Form tritt in wetzsteinartigen, verkümmerten Nadeln mit glatter Oberfläche auf, welche nur 0,01—0,015 mm lang und 0,002 bis. 0,0035 mm dick sind. Besonders zahlreichsitzen sie in der Nähe der Oberfläche, spärlicher im Inneren. | Histologie. So vollständig die lebenden und fossilen Lithistiden Die Spongienfauna des rothen Meeres, II, 347 bekannt sind, so dürftig sind wir über ihre Histologie unterrichtet. Erst Sorzas bringt einzelne Angaben. Das Studium der Weichtheile stößt allerdings auf große Schwie- rigkeiten. Ich kann Sorzas bestätigen, dass der Weichkörper sich demjenigen der übrigen Schwämme in der Hauptsache anschließt. Das von ihm zuerst beobachtete Exoderm finde ich hier ebenfalls als ein zartes Plattenepithel mit deutlichen Grenzen. Oskar Scuamipr hat eine Guticula erwähnt und ich kann diese Thatsache für diese neue Art bestätigen. Sie hebt sich an gefalteten Gewebsstücken als ein zartes, strukturloses Häutchen scharf vom Ektoderm ab. Das Mesoderm ist gegen die Schwammoberfläche schwachfaserig und zeigt eine feinkörnige Grundsubstanz. Die Fasern verlaufen parallel zur Oberfläche, mehr im Inneren des Schwammes fehlen die Fasern. Die eingelagerten Zellen sind Spindelzellen von großer Zartheit, in der Umgebung der Poren eirkulär angeordnet. Sodann relativ große Farbzellen, welche besonders dicht in der Rinde und in der Umgebung der Geißelkammern vorkommen. Sie er- innern auffallend an die Farbzellen von Aplysilla, ihr dunkelvioletter Farbstoff ist möglicherweise ursprünglich gelb gewesen. Fundort: Rothes Meer bei den Dahlak-Inseln in einer Tiefe von 28 Faden (SıEmens). Calcispongiae,. Die aus dem rothen Meere bekannten Kalkschwämme, im Ganzen sieben Arten, hat HarcrkeL in seiner Monographie eingehend bearbeitet. Ich habe denselben keine neuen Formen hinzuzufügen und verweise daher mit Bezug auf die specielle Beschreibung auf die Monographie Haccker's. XXI. Familie. Asconidae Haeckel. Kalkschwämme ohne Geißelkammern. Gastralfläche mit Entoderm ausgekleidet, welches ausschließlich aus Kragenzellen besteht. 47. Genus. AscettaH. Kalknadeln ausschließlich Triactine. 81. Species. Ascelta primordialıs H. Specielle Beschreibung bei Hazckzer, System der Kalkschwämme, p- 18. Ich fand diese Art häufig auf den Riffen von Suakin als kleine mundlose Stöcke (Auloplegmaform) und von rein schwefelgelber Farbe. 23* 348 C. Keller, 48. Genus. AsealtisH. Kalknadeln sind theils Triactine, theils Tetraetine. 82. Species. Ascaltis Darwiniü H. Specielle Beschreibung bei Harcker, System der Kalkschwämme, p- 57—60. Fundort: Rothes Meer |FrRAUENFELD). XXI. Familie. Syconidae Haeckel, Kalkschwämme mit Radialtuben, deren Auskleidung aus geißel- tragenden Kragenzellen besteht, während der übrige Gastralraum mit Plattenzellen überzogen ist. 49. Genus SyceettaH. Kalknadeln sind ausschließlich Triactine. u 83. Species. Sycetta stauridia H. Specielle Beschreibung bei Harcker, System der Kalkschwämme, p- 245— 247. Fundort: Perim (Sırmexs) und Djedda (Miktucno). 50.Genus. Sycandra Haeckel. Nadeln theils einfach, theils Triactine und Tetractine. 84. Species. Sycandra raphanus H. Specielle Beschreibung bei Harcker, System der Kalkschwämme., p. 312—317. | Fundort: Rothes Meer (SıEnens). XXIII. Familie. Leuconidae Haeckel. Diekwandige Kalkschwämme mit verzweigten Kanälen und kuge- ligen Geißelkammern. 5Il. Genus. Leucetta Haeckel. Kalknadeln ausschließlich Triactine. 85. Species. Leucetia primigenta H. Specielle Beschreibung bei Harcrer, System der Kalkschwämme, p. 118—123. | Fundort: Rothes Meer (SIEMENS, FRAUENFELD). 52. Genus. Leucaltis Haeckel. Die Kalknadeln sind Triaetine und Tetractine. Die Spongienfauna des rothen Meeres, II. 349 86. Species. Leucaltis bathybia H. Specielle Beschreibung bei HarckeL, System der Kalkschwämme, p-. 156—158. Von diesem im rothen Meere offenbar weitverbreiteten Kalk- schwamm fand ich auf den Riffen von Suakin in der Brandungszone eine lipostome Kolonie von über 3 cm Breite. Die Farbe ist im Leben braungrau. Die großen Tetractine zeigen häufig verbogene Schenkel und nähern sich somit der Var. perimia. Ein anderes Exemplar, eine Einzelperson mit nacktem kleinem Osculum stammt von Suez und wurde mit anderen Schwämmen an einem Baggerschiff abgekratzt. Das Exemplar von Suez ist die Var. arabica H. 53. Genus. LeucortisHaeckel. Einfache Kalknadeln und Triactine. 87. Species. Leucortis pulvinar H. Specielle Beschreibung bei Harcrzı, System der Kalkschwämme, p. 162—166. Fundort: Rothes Meer (FrAuUENFELD, MIKLUCHO). Gesammtcharakter der Spongienfauna des rothen Meeres. Überblieken wir die bis heute bekannten Arten, so sind es im Ganzen 53 Genera mit 88 Species. Den im Vorstehenden aufgezählten 87 Arten habe ich nämlich noch Euspongia vermiculata Hyatt nachzu- tragen, welche sich in zwei Exemplaren in den Sammlungen des Ber- liner Museums vorfand. Sie vertheilen sich auf die einzelnen Ordnungen wie folgt: Keratosa: 14 Genera mit 19 Species. Monactinellidae: 30 Genera mit 54 Species. Tetraetinellidae: 5 Genera mit 8 Species. Galeispongiae: 7 Genera mit 7 Species. Zusammen: 53 Genera mit 88 Species. Weitaus am stärksten sind die monaxonen Kieselschwämme ver- _ treten. Sie machen über 60°/, aller bisher zur Beobachtung gelangten - Arten aus. Unter diesen dominiren die Chaliniden, doch sind auch die meisten übrigen Familien vertreten bis auf Clathrien und Esperien, von denen auffallenderweise bis jetzt kein einziger Repräsentant bekannt geworden ist. Die Renieriden haben die neue und eigenartige Gattung - Damiria geliefert. In zweiter Linie stehen die Hornschwämme mit etwa 22°/, der 390 C. Keller, Arten, rücksichtlich der Individuenzahl dürften sie jedoch in erster Linie aufzuführen sein, da die Hireinien, Carteriospongien und Hetero- nemen außerordentlich massenhaft auftreten. Spärlich sind die Tetractinelliden vertreten, da sie bisher nur acht Species lieferten. Ihre Individuenzahl ist, wenigstens was die littorale Zone anbetrifit, gering. Auffallenderweise hat die so weit verbreitete Gattung Geodia keinen einzigen Vertreter geliefert. Eine ebenfalls schwache Vertretung, auch mit Rücksicht auf die Individuenzahl, zeigen die Kalkschwämme. Gar nicht bekannt sind bis jetzt Hexactinellidae aus dem rothen Meere. Da diese erst von der Hundertfadenlinie an auftreten‘ so mag dieses Fehlen damit in Zusam- menhang stehen, dass systematische Tiefseeuntersuchungen bisher nicht vorgenommen worden sind. Ausreichende Tiefen sind vorhanden, da die Mulde, welche das erythräische Gebiet umfasst, im Durchschnitt 600—700 Faden tief ist. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, dass der Einwanderung der Tiefsee-Hexactinelliden vom indischen Ocean her natürliche Schwie- rigkeiten entgegenstanden. Die Entstehung des rothen Meeres fällt in die Tertiärzeit. Nach den Darstellungen von E. Surss erfolgte sie als eine großartige Grabenversenkung in der ausgedehnten Wüstentafel, deren flachgelagerte, nur wenig disloeirten eocaenen Schichten sich von Kairo über Suez bis nach Arabien hin verfolgen lassen. Dieser erythräische Graben ist im Süden nur wenig tief. Den ens- lischen Seekarten entnehme ich, dass bei Bab el Mandeb der Meeres- grund schon mit sieben Faden erreicht wird und mehr im Norden zwi- schen der italienischen Besitzung Assab und der arabischen Küste bei Mokka eine durchschnittliche Tiefe von 15—20 Faden vorkommt, die Maximaltiefe dort überhaupt nur 25 Faden beträgt. Allerdings war früher der Meeresspiegel höher, und es hat schon seit langer Zeit eine negative Strandverschiebung stattgefunden, die bekanntlich gegenwärtig noch fortdauert. Alte Strandlinien finden sich noch in einer Höhe von 120—150 Fuß. Allein dies bringt die ursprüng- liche Tiefe im Süden nur auf die Fünfzigfadenlinie, bei welcher wohl die Lithistiden, die im erythräischen Gebiet ebenfalls vertreten sind, einzuwandern vermochten, für die Hexactinelliden aber das vielleicht immer noch nicht genügte. | Ob diese submarine Barriere im Süden stets vorhanden war, ob die Tiefsee des erythräischen Gebietes Hexactinelliden besitzt oder nicht, muss die zukünftige Forschung entscheiden. | Die Spongienfauna des rothen Meeres. II, 351 Beziehungen der erythräischen Spongienfauna zum ostafrikanischen Meeresgebiet. Die räumlichen Beziehungen lassen eine engere Verwandtschaft der Spongien des rothen Meeres zu dem ostafrikanischen Küstengebiete, beziehungsweise zum westlichen Theil des offenen indischen Oceans vermuthen, und es ist daher nicht ohne Interesse, die gemeinsamen Arten festzustellen. Leider ist gerade dieser Meerestheil von der an Resultaten so reichen Expedition des »Challenger« unberührt geblieben und sind wir noch weit davon entfernt, einen vollständigen Einblick in die Fauna der ostafrikanischen Gewässer zu besitzen. Indessen fehlt es nicht an Vorarbeiten. Einige Punkte der festländischen Küste, dann die seit langer Zeit kolonisirten Inselgebiete, wie die Seychellen und Mauritius liegen an großen überseeischen Verkehrsrouten und haben verschiedentlich Material geliefert. Professor E. Wrıcur hat von den Seychellen die weitverbreitete Tethya (Alemo) seychellensis beschrie- ben! und daselbst auch zwei Hexactinelliden erhalten, nämlich Euplec- tella cueumer Ow. und Farrea occa Bow. Bezüglich der ersteren Form war der Bearbeiter der Challenger-Hexactinelliden F. E. Scauze in der Lage?, das Original aus dem Britischen Museum zu untersuchen und zweifelt nicht an der Selbständigkeit dieser Art. Wie der gleiche Autor berichtet, stammt eine dritte, von der Expedition der » Astrolabe« mit- gebrachte Hexactinellide (Habrodietyum) ursprünglich von der Insel Reunion. Von Hornspongien hat sodann A. Hyarr im Jahre 1877 eine Reihe von Arten beschrieben’, welche theils an der ostafrikanischen Küste, theils bei Mauritius und Madagascar gefunden wurden. Im glei- chen Jahre veröffentlichte O. Scuurrner eine Arbeit über ostafrikanische Kalkschwämme, welche Möpıus auf den Riffen von Mauritius gesammelt hatte‘. Später machte Carter über ein halbes Dutzend Spongienspecies von Mauritius bekannt’, aber weitaus am ergiebigsten war die Expe- dition des »Alert« während der Jahre 1878—1882. Sie hat gleichsam ergänzt, was die Challenger-Expedition unterließ und namentlich die schwer zugängliche Fauna der kleinen Seychelleninseln und Amiranten genauer verfolgt. Die größte Zahl der bisher bekannt gewordenen 1 E.P. WRricHT, Proc. R. Irish Academy. XXVIIl. p. 13. 2 F, E, ScauLze, Challenger Reports. Hexactinellidae. 1887. 3 A. Hyatt, Revision of the North American Poriferae. Mem. Bost. Soc. of Nat. Hist. 4877. | 4 OscAR SCHUFFNER, Beschreibung einiger neuer Kalkschwämme. Jenaische Zeitschr. Bd. XI, 1877. 5 H. J. CARTER, Contributions of the Knowledge of the Spongida. Ann. and Mag. - Nat, Hist. 1879 und ebenda, Vol, XIl, 1883. 392 6. Keller, ostafrikanischen Spongien verdanken wir dieser Expedition. Sie sind von Sruarr O. Rıpıey bearbeitet!. Ich gebe im Nachfolgenden eine Zusammenstellung der ostafrikani- schen Spongienfauna, welche gegen 100 Arten umfasst. Hierbei ist Südafrika unberücksichtigt geblieben. Fauna der ostafrikanischen Meeresgebiete. Arten Euspongia vermieculata Euspongia lapidescens Hippospongia equina Hippospongia intestinalis Cacospongia cavernosa Spongelia enormis Spongelia spinosa Dysidea fragilis Dysidea conica Dysidea gumminea Oligoceras conulosum Hircinia fusca Hircinia byssoides Stelospongos friabilis Stelospongos Pikei Stelospongos intertextus Ceratella labyrinthica I. Keratosa. Fundort Autor Zanzibar Hyatt. Mauritius Hyarr. Mauritius - Hyarm. Amiranden Rıpıey. Seychellen RıpLey. Mauritius Hyatt. Mauritius Hyatt. Zanzibar Hyatm. Gloriosa Rıpı£y. Mozambique RıDLey. Gloriosa RıprEy. Amiranten Rıpıry. Seychellen RıpLey. Zanzibar Hyatm. Mauritius Hyatm. Mauritius Hyatt. Mauritius Hyatt. ‚Rıpızy. KELLER. Carteriospongia otahitica Zanzibar u. Seychellen Hyarr, Carteriospongia radiata Zanzibar, Madagascar HyArr, CGarteriospongia madagascariensis Madagascar Hyatt, Carteriospongia Mantelli Mozambique Rıpıev. Carteriospongia pennatula Mauritius CARTER. Phyllospongia papyracea Mozambique RıpLey. Aplysina fusca Seychellen Rıprey. Aplysina Pallasii Amiranten Rıprey. Janthella flabelliformis Providence RıpLey. HI. Monactinellidae. Chalina elongata Amiranten RıpLey. Siphonochalina intermedia Nossi Be KELLER. Acervochalina finitima Seychellen Riprey.. ! 5.0. RıpLey, Report on the zool. Coll. of H. M. S. »Alert«. Spongida. 188%, Die Spongienfauna des rothen Meeres. II, 399 Arten Fundort Autor Raphidhistia spectabilis Mauritius CARTER. Dietyeylindrus Pykii Mauritius CARTER. Halichondria incerustans Mauritius CARTER. Reniera indistinceta Amiranten Rıprey. Reniera rosea Amiranten Rıprey. Reniera camerata - Seychellen Rıpıey. Reniera eribriformis Seychellen RıpLey. Reniera cerateriformis Providence RıpLey. Tedania digitata Mozambique, Amirant. Rıprery. Rhizochalina pelluceida Providence RıDLey. Desmacidon rimosa Mozambique RıpLey. Jotrochota purpurea Amiranten RınLev. Jotrochota baculifera Providence RıpLey. Esperia gelatinosa Providence Rıpıey. Clathria frondifera Seychellen Rıpıey. Clathria decumbens Amiranten Rıprey. Clathria maeandrina Amiranten Rıprey. Acarnus ternatus Amiranten Rıpıey. Eetyon mauritianus Mauritius CARTER. Echinonema gracilis Providence RıDL£y. Axinella spieulifera Amiranten Rıprey. Axinella proliferans Providence Rıprry. Leucophloeus proteus Providence Rıprey. Leucophloeus fenestratus Providence Rıpıey. Terpios viridis var. Hyatti. Madagascar KELLER. Vioa Schmidtii Amiranten BunLey. Spirastrella transitoria Amiranten Rıpıey. Spirastrella punctulata Mozambique Rıprey. Tethya seychellensis (Gliftoni) Seychellen WRIGHT. Chondrilla saceiformis Mauritius CARTER. Ghrondrilla nucula Mauritius CARTER. Chondrilla phyllodes Mauritius CARTER. Chondrilla mixta Amiranten Rınrey. Chondrosia Wallichii Seychellen CARTER. II. Tetractinellidae. Tetilla dactyloidea Gloriosa Rıpıey. Tetilla Ridleyi Gloriosa SOLLAS. Cinachyra Schulzei Madagascar KELLER. Erylus eylindrigerus Providence RıpLey. 354 C. Keller, Arten Fundort “Autor Stelletta acervus Amiranten Rınıey. Pilochrota purpurea Providence RıpLey. Rhachella complicata Seychellen CARTER. Samus anonymus Seychellen CARTER. IV. Hexactinellidae. Euplectella eueumer Seychellen OWEN. Farrea occa Seychellen BOWERBANK. Habrodietyum speciosum Reunion VALENCIENNES. V. Caleispongiae. Ascaltis compacta Mauritius SCHUFFNER. Leucandra echinata Mauritius SCHUFFNER. Leucandra clavaeformis Mauritius SCHUFFNER. Leucandra falceigera Mauritius SCHUFFNER. Leucetta primigenia Seychellen RıpLey. Leucaltis bathybia Amiranten RınLey. Leucortis anguinea Providence Rıpıry. -Sycortis sycilloides Mauritius SCHUFFNER, Sycandra tabulata Mauritius SCHUFFNER. Diese Zusammenstellung ergiebt auch für die ostafrikanischen Ge- biete des offenen indischen Oceans ein Überwiegen der Hornschwämme und monaxenen Kieselschwämme, dagegen ein auffallendes Zurücktreten der Tetractinelliden, wie dies auch im rothen Meere der Fall ist. Das Gesammtgepräge beider Faunen lässt auch mit Bezug auf die Vertheilung der Genera verwandte Züge und einen deutlichen Paral- lelismus erkennen, ergiebt aber immerhin hinsichtlich der Arten eine starke Specialisirung der Formen des rothen Meeres. Stellen wir die beiden Faunengebieten gemeinsamen Arten zusam- men, so ergiebt sich nur eine mäßige Zahl. Es sind folgende Arten: Cacospongia cavernosa, Euspongia vermiculata, Carteriospongia radiata, Carteriospongia otahitica, Siphonochalina intermedia, Terpios viridis, Tethya seychellensis, Chondrilla nucula, Chondrilla mixta, Tetilla dactyloidea, Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 399 Cinachyra Schulzei, Leucetta primigenia, Leucaltis bathybia. Bei näherer Betrachtung sind dies durchschnittlich Arten, welche entweder Kosmopoliten sind, oder doch fast über das ganze Gebiet des indischen Oceans zerstreut sind. Beispielsweise finden sich Phylosi- phonia intermedia, Tethya seychellensis und Leucaltis bathybia auch in den australischen Meeren, die Gattung Cinachyra ist vom rothen Meer bis zu der sehr entfernten Kerguelenprovinz vertreten. Beziehungen zu den Meeresgebieten Indiens und Australiens. Nachdem unsere Kenntnis über diese Meeresgebiete lange Zeit sehr fragmentarisch geblieben sind, haben wir im vergangenen Decennium etwas bessere Einblicke erhalten und kennen zur Zeit namentlich die australischen Spongien vollständiger. Carter und BowErBAnKk machten eine Reihe von Arten namhaft: Harcrer’s Monographie der Kalkschwämme bereicherte die Wissenschaft um zahlreiche Arten, eben so die Challengerexpedition. Die Expedi- tion des » Alert«, deren Ergebnisse Rınrry veröffentlichte und vorab die monographischen Arbeiten LEnDEnFeLp’s vervollständigten die austra- lische Fauna in erfreulicher Weise. In jüngster Zeit gab Denpy neue Beiträge zur indischen Fauna. Sehen wir ab von den kosmopolitischen Formen, so reichen von erythräischen Arten beispielsweise Carteriospongia radiata, C. otahitica, Placospongia melobesioides, Tethya seychellensis, Ascaltis Darwinii, Leueortis pulvinar bis in die Meere von Südasien hinein, noch zahl- reicher sind die Beziehungen zur australischen Fauna, was aber wohl damit zusammenhängt, dass diese am besten untersucht ist. Mit den australischen Meeren hat das rothe Meer Carteriospongia radiata, C. perforata, Phylosiphonia intermedia, Ph. pumila, Dactylochalina arenosa, Ceraochalina pergamentacea, Reniera seyphonoides, Placospongia melo- besioides, Tethya seychellensis, Spirastrella deecumbens, Leucortis pul- vinar und Leucaltis bathybia gemeinsam. Außerdem sind die bisher pur in Australien gefundenen Gattungen Halme und Antherochalina auch im rothen Meere vertreten, und zwar in Arten, welche den austra- lischen sehr nahe stehen. Beziehungen zur Mittelmeerfauna und der Einfluss des Suezkanales. Nur eine geringe Zahl von Arten des Mittelmeeres finden sich auch im rothen Meere, ein Beweis, dass ein Faunenaustausch beider Meere in neuerer geologischer Zeit nicht in fühlbarer Weise stattgefunden hat. 396 6. Keller, Die gemeinsamen Arten sind Cacospongia cävernosa, Euspongia offici- nalis, Chondrilla nucula, Ascetta primordialis, Leucetta primigenia und Sycandra raphanus — Species, welche sich fast in allen Meeren vor- finden und daher als echte Kosmopoliten zu betrachten sind. Aber das Gesammtgepräge beider Faunen ist ein grundverschiedenes. Ich habe schon in meiner früheren Arbeit über die Fauna des Suezkanales darauf hingewiesen, dass die Verbindung beider Meere durch den heutigen Suezkanal die Sachlage nicht so rasch verändern wird, indem der Diffusion beider Faunen noch sehr erhebliche Hinder- nisse entgegenstehen. Es ist indessen nicht undenkbar, dass dieselben durch die stattfindende Vergrößerung des Kanales vermindert werden, und namentlich die passive Verbreitung der Arten in den nächsten Decennien begünstigt wird. Wie mich eine Sendung aus Suez lehrt, bedecken sich die dort stationirten Schiffe ziemlich rasch mit einer reichen Spongienfauna, und eine genaue Nachforschung dürfte ergeben, dass schon jetzt erythräische Arten nach Port Said verschleppt wurden. Thatsächlich kennen wir aber nur zwei in Migration begriffene Arten, nämlich Amorphina isthmica und Lessepsia violacea. Beide hatten schon 1882 die Mitte des Isthmuskanales erreicht und fanden sich im Timsahsee neben einander. Die erstere Art stammt vermuth- lich aus dem Mittelmeer, die zweite dagegen sicher aus dem rothen Meere. Aber eine zweite Untersuchung im Jahre 1886 hatte mich be- lehrt, dass eine von MArTEns ausgesprochene Annahme richtig ist und ein gewisser Stillstand in der Migration eingetreten ist. Es ist auf- fallend, dass die im südlichen Kanalstück so üppig wuchernde Lessepsia nicht über den Timsahsee hinauszukommen vermag, und dieselbe Erscheinung zeigt sich bei einer festsitzenden Meduse, Cassiopea andro- meda, welche sich im Süden an manchen Stellen zu Hunderten ange- siedelt hat, aber nicht vorzudringen vermag. Die Ursache dieser Er- scheinung ist zweifellos darin zu suchen, dass dem raschen Vorrücken die Nord-Südströmung des nördlichen Kanalstückes entgegen steht. Vertikale Verbreitung. Hier ist zunächst auf den Mangel systematischer Untersuchungen in größeren Tiefen hinzuweisen, so dass unsere jetzigen Kenntnisse sich fast ausschließlich auf das Littoralgebiet beschränken. Aus der eigent- lichen Tiefsee kennen wir nur eine einzige Species, Leucaltis bathybia var. perimia, welehe den Angaben von Hazckzr zufolge an dem aufge- nommenen Suakin-Aden-Kabel in einer Tiefe von 342 Faden aufge- fischt wurde, „y Die auf größere Tiefen angewiesenen Lithistiden haben bisher Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 357 einen einzigen Vertreter in der Tiefe von 168 Fuß oder 28 Faden ge- liefert. Es ist dies Discodermia stylifera. Eine Anzahl Arten, welche auf den Korallenabhang angewiesen sind, beginnen erst in den Tiefen von 15—20 Faden aufzutreten. Die häufigsten Charakterformen dieser Region sind Latrunculia magnifica, Ceraochalina gibbosa, Ceraochalina ochracea, Acanthella aurantiaca; letztere Art reicht am Korallenabhang noch höher hinauf, findet sich dann aber gewöhnlich in den Ritzen und Höhlen der Riffe. Weitaus am ergiebigsten sind die tieferen Korallentümpel der Riffe, welche durch das Wuchern von Stylophora am passendsten als Stylo- phorazone bezeichnet werden. Hier lebt die Hauptmasse der Horn- schwämme und der monaxonen Kieselschwämme. An Individuenreich- thum treten hier besonders hervor: Hircinia echinata, Euspongia offieinalis, Carteriospongia radiata, Heteronema erecta und Acanthella flabelliformis, letztere Arten zuweilen in erstaunlicher Menge. Spärlicher ist die Seegraszone oder innere Uferzone bevölkert, als häufigste Charakterformen sind hier Spongelia herbacea, Geraochalina densa und Suberites clavatus anzuführen. Einige Arten scheinen ruhige Buchten mit mäßig tiefem Wasser zu bevorzugen, so ist in solchen Carteriospongia radiata in ganz unglaublichen Mengen vorhanden, die Chondrilla globulifera habe ich ebenfalls nur in diesen Gebieten häufig angetroffen. Einfluss der vertikalen Verbreitung auf die mechanische Konstruktion des Spongienkörpers. Die verschiedenen Zonen der vertikalen Verbreitung bieten hin- sichtlich der mechanischen Beanspruchung des Spongienkörpers sehr weitgehende Differenzen dar und führen zu eigenthümlichen Anpas- sungserscheinungen, welche bisher kaum hinreichend gewürdigt worden sind. Die auftretenden Einrichtungen lassen uns in vielen Einzelfällen recht klar erkennen, wie sehr gerade bei Spongien die äußere Form von mechanisch wirkenden Faktoren abhängig ist. Alle Spongien sind, wenn wir von ihren freilebenden Larvenstadien absehen, festsitzende Organismen. Dieser Umstand hat nach zwei Rich- tungen hin seine Konsequenzen. Zunächst wird der Nahrungserwerb eingeschränkt — ein Mangel, welcher durch kompensatorische Einrich- tungen so gut wie möglich ausgeglichen werden muss. Sodann sind für den festigenden Mechanismus bestimmte Normen vorgezeichnet, welche durchaus verschieden von denjenigen freilebender Formen sind. Man hat in der jüngsten Zeit mehrfach den Einfluss der festsitzen- den Lebensweise auf thierische Organismen zu verfolgen gesucht, 358 6. Keller, und am eingehendsten ist derselbe wohl von A. Line gewürdigt worden !. Die festsitzenden Formen sind aus freilebenden hervorgegangen, und es treten in den verschiedensten thierischen Abtheilungen bei diesem Übergange gesetzmäßig gewisse anatomische Umänderungen auf, welche nur Folge der neuen Bedingungen im Kampf ums Dasein sein können. Diese Umänderungen beeinflussen die verschiedensten Organ- systeme. Mit dem Aufgeben der aktiven Ortsbewegungen werden zu- nächst die Lokomotionsorgane unnütz und zeigen eine Tendenz zur Verkümmerung, wenn sie nicht in den Dienst anderer Funktionen tre- ten; Sinnesorgane und Nervensystem werden reducirt; es bilden sich specielle Einrichtungen, namentlich Sammelapparate im Dienste des Nahrungserwerbes aus, Stielbildungen und Röhrenbildungen werden verbreitet, selbst die Fortpflanzungseinrichtungen werden stark beein- flusst. Die bisherigen Untersuchungen richteten ihr Augenmerk vorwie- gend auf die anatomischen Konsequenzen, welche der Übergang von . der freilebenden zur sessilen Lebensweise mit sich führt, sowie auf die eigenartigen Neubildungen, welche sich in den verschiedenen Abthei- lungen wiederholt und unabhängig entwickelt haben und eine große Zahl von Analogien erkennen lassen. Für die Lehre von der thierischen Anpassung bieten gerade die sessilen Formen eine reiche Fundgrube von Thatsachen. Wenden wir die bisher aufgestellten Prineipien auf die Spongien- klasse an, so fehlt uns zunächst der Maßstab zum Vergleich mit frei- lebenden Formen, da wir keinen einzigen ausgebildeten Schwamm mit freier Lebensweise kennen. Welche Umformungen in der Organisation, darüber erhalten wir unzureichende Aufschlüsse, weil die aktive Loko- motion sehr früh aufgegeben wurde; wir sind daher auf die Spekulation angewiesen. Dennoch ist naheliegend, dass die eigenthümliche und hohe Aus- bildung des Kanalsystems, welches im Dienste der Ernährung steht, eine nothwendige Folge der sessilen Lebensweise ist. Da der Nah- rungserwerb eingeschränkt ist, so sind die Hautporen, die Eingangs- pforten für die Nährpartikel, über eine möglichst große Oberfläche zer- streut, dieselben gestatten überall den Eintritt der Nahrung, und diese Einrichtung ist um so zweckmäßiger, als Fangeinrichtungen im Allge- 1 ArnoLp Lang, Über den Einfluss der festsitzenden Lebensweise auf die Thiere. Jena 1888. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II, 359 meinen fehlen. Sie kommen nur ausnahmsweise da vor, wo im Verhältnis zur Masse eine geringe Oberflächenentwieklung vorhanden ist, wie bei den kugeligen Formen der Gattungen Cinachyra und Stelletta. Hier sind es die über die Haut vorstehenden Anker und Protriaene, an welchen die Nahrung haften bleibt. Als eine weitere Anpassung betrachte ich das Auftreten zahlreicher Geißelkammern, welche in die Nähe der Oberfläche gerückt werden, während die centralen Höhlen und Kanäle einen einfachen Belag von Plattenzellen erhalten. Nachdem die Ernährungsphysiologie der Spon- gien so lange den Gegenstand der Kontroverse bildete, dürfte es nach den kürzlich veröffentlichten Versuchen von LENDENFELD nunmehr feststehen, dass die Geißelkammern die Stätten für die Nahrungsaufnahme und Verdauung darstellen, und es kann für die Kräfteökonomie im Organis- mus nur von Vortheil sein, wenn die assimilirenden Organe möglichst nahe und möglichst zahlreich an die Zufuhrkanäle gerückt sind. Die Bewegungen sind auf ein Minimum reducirt — eine echte Muskulatur fehlt daher, und für den Verschluss der Hautporen, der Sphinetermembranen und der Chonae reichen kontraktile Faserzellen des Mesoderms aus. Hinsichtlich des Nervensystems muss ich mich skeptisch verhalten, obschon neuere Angaben dessen Existenz aufrecht zu erhalten suchen. Schon bei den höher stehenden Nesselthieren oder Cnidaria sehen wir bei den festsitzenden Anthozoen nicht den Grad histologischer Sonde- rung des Nervensystems erreichen, wie bei den beweglichen Medusen. Bei den Spongien müsste — die einstige Existenz nervöser Organe vor- ausgesetzt — eine bedeutende Reduktion eingetreten sein. Da die Spongien sich jedoch sehr früh von den übrigen Cölentera- ten, mit denen sie nur an der Wurzel zusammenhängen, abgezweigt haben müssen, so erscheint es fraglich, ob es vor dem Übergang zur sessilen Lebensweise je zu einer Sonderung von Nervengewebe kam. Das Zurücktreten der animalen Funktionen lässt also das Ernäh- rungsprinecip in erster Linie bestimmend auf die für den sessilen Orga- nismus zweckmäßigen Einrichtungen einwirken. Dasselbe ist jedoch nicht allein maßgebend, und in zahlreichen Fällen erkennen wir deutlicher als in irgend einer anderen thierischen Abtheilung, dass das mechanische Prineip eine eben so große Rolle spielt und die festigenden Einrichtungen eben so sehr die organische Form beherrschen. Zahlreicheralsirgendwo begegnen unsErscheinungen, wo die Organisation und die Gesammtform einen mög- liehst günstigen Kompromiss darstellen den das Ernäh- 360 C. Keller, rungsprincip und das Festigkeitsprineip mit einander eingehen. Im Hinblick auf die Hydroiden, Anthozoen und Bryozoen mit fest- sitzender Lebensweise sollte man auch bei den Spongien eine gewisse Einförmigkeit hinsichtlich der mechanischen Einrichtungen erwarten, aber thatsächlich ist das Gegentheil der Fall. Der festigende Mechanis- mus ist nicht nur innerhalb der größeren Gruppen, sondern sogar bei einer und derselben Familie (beispielsweise bei den Renieriden) sehr verschiedenartig. Nicht nur das Material, das beim Aufbau des Skelettes verwendet wird, zeigt gegenüber der mechanischen Beanspruchung ein verschie- denes Verhalten (Kieselsubstanz, Kalk, Spongin), sondern auch seine Anordnung und Verwendung zeigt eine bewundernswerthe Zweck- mäßigkeit. Wo das verwendete Skelettmaterial nicht ausreicht, wird der Turgor der Gewebe mit ihm kombinirt (Tethya, Tuberella, Cinachyra) oder dieser für sich allein als festigende Einrichtung verwendet (skelett- lose Schwämme). Diese außerordentliche Anpassungsfähigkeit des Skelettes bedingt die Verbreitung der Organismen in allen Breiten und in allen Tiefen. Am gleichförmigsten ist wohl die mechanische Beanspruchung in eroßen Tiefen, in der abyssalen Region. Die Druckunterschiede sind verschwindend klein, so weit sie von oben wirken. Die Bewegungen des Mediums sind wenig ausgiebig und beschränken sich, wo sie vor- kommen, auf mäßig starke Wasserströmungen. Die Biegungsfestigkeit braucht daher nicht groß zu sein, dagegen ist in gewissen Regionen eine bedeutende Tragfestigkeit schon desswegen erforderlich, weil die Ober- fläche durch herabfallende Schlammmassen belastet werden kann. In mäßigen Tiefen bestehen noch fühlbare Druckdifferenzen, wo die Oberfläche von starken Wellen bewegt wird. In den meisten Fällen mögen diese durch das Kanalwerk, welches den Spongienkörper durchzieht, einen sofortigen Ausgleich erfahren. In anderen Fällen ist das Kanalwerk so eng, dass dieser Ausgleich nicht unmittelbar stattfindet, dann wird die Tragfähigkeit durch eine sehr feste Konstruktion der Skeletttheile erhöht (Lithistiden), oder es be- stehen anderweitige kompensatorische Einrichtungen, unter welchen der Turgor der Gewebe nicht die letzte Stelle einnimmt. Weitaus am stärksten ist die mechanische Beanspruchung in der littoralen Zone. Das zum Aufbau des Skelettes verwendete Material ist oft einer ununterbrochenen Zug- und Druckwirkung ausgesetzt, und an die Tragfestigkeit und Biegungsfestigkeit werden relativ sehr hohe Die Spongienfauna des rothen Meeres, II. 361 Anforderungen gestellt, um bei den starken Wasserbewegungen dem Zerreißen, Zerbrechen oder Zerdrücken genügenden Widerstand ent- gegensetzen zu können. Die speciellen Einrichtungen, welche bei den strandbewohnenden Schwämmen auftreten, erinnern in überraschender Weise an das mechanische Prineip, welches die Untersuchungen von SCHWENDENER ! für die monocotyledonen Pflanzen enthüllt haben. Analoge Wirkungen haben analoge Anpassungserscheinungen zur Folge gehabt, und gerade hinsichtlich der mechanischen Prineipien im Aufbau des Organismus erscheinen die Spongien wirklich als »Pflanzen- thiere«! Wir wissen heute, dass die littoralen Gebiete der wärmeren Meere einen Hauptbildungsherd der Chalineen und Hornschwämme bilden, während die tetraxonen Spongien stark zurücktreten. Besonders er- giebig sind die Riffgebiete der Tropen. Unter dem Einfluss der Passate herrscht das ganze Jahr eine starke Wasserbewegung, das regelmäßige Spiel der Wogen setzt die Strandbewohner einer ewig wechselnden Druck- und Zugspannung aus, dennoch sehen wir einzelne Arten sogar in die stärkste Brandung vordringen (Reniera elastica, R. seyphonoi- des). Während hier die Korallen sich durch ihre äußerst feste, massige Konstruktion schützen, sehen wir die Spongien durch eine außerge- wöhnliche Elastieität und Biegungsfestigkeit ausgezeichnet, ähnlich wie es die Palmen und Bambuse sind, um der biegenden Einwirkung der Passate nachzugeben. Die Druckschwankungen, bei Luftbewohnern nie sehr bedeutend, zeigen in der Strandregion der Oceane die größten Differenzen. Ist eine Woge 5—10 m hoch, so nimmt der Oberflächendruck so- fort um eine halbe oder ganze Atmosphäre zu. Da es aber Wellen von 20 m Höhe giebt, so kann die Zunahme zwei Atmosphären betragen. Das Kanalwerk wird auch hier in vielen Fällen einen Ausgleich der Druckunterschiede ermöglichen, es giebt aber auch Fälle, wo dies nicht der Fall ist und anderweitige Einrichtungen für genügende Festig- keit sorgen. Ich will den Gegenstand mehr im Allgemeinen berühren, statt denselben im Einzelnen erschöpfend behandeln. Da man bisher in der Spongiologie gewöhnlich an demselben vorüber ging, so mögen doch wenigstens einige Fälle hervorgehoben werden. 1 S. SCHWENDENER, Das mechanische Princip im anatomischen Bau der Mono- cotylen. 1874. Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. LII. Bd. 24 362 | C. Keller, 153 Hexactinellidae. Nach unseren bisherigen Erfahrungen treten sie erst von der Hundertfadenlinie an auf und sind somit echte Tiefseebewohner. Ihre Umgebung ist eine relativ ruhige. Als festigendes Material reicht Kieselsubstanz aus. Längere Kieselnadeln, wie sie beispielsweise bei Hyalonema vorkommen, sind hinreichend biegungsfest und elastisch, um den seitlichen Druck auszuhalten, den untermeerische Strömungen ausüben. Im Ganzen sind die Formen zart und brüchig, wie dies auch bei Tiefseekorallen der Fall ist. Die Biegungsfestigkeit ist gering, die Tragfestigkeit ist eine nicht unbeträchtliche. Fassen wir beispielsweise Euplectella ins Auge, so ist die ganze Konstruktion für den Schwamm möglichst günstig, um ihn einerseits tragfest zu machen, andererseits eine große Oberfläche zu gewinnen, da er einen dünnwandigen cylin- drischen » Träger« darstellt. Dieser Cylinder verträgt eine viel größere Belastung, als wenn die gleiche Substanzmasse einen soliden Stab bilden würde. Nehmen wir an, eine Euplectella lebe in 100 Faden Tiefe, so sind die Druckschwankungen bereits gering. Eine Welle von 20 m oder 10 Faden Höhe bedingt in dieser Tiefe nur eine Druckzunahme von 10%/,. Das Kanalwerk ist so hoch ausgebildet, dass ein Ausgleich im Inneren möglich ist. Die große Tragfestigkeit muss daher einen anderen Grund haben. Nehmen wir die Zusammenstellungen in dem großen Hexactinel- lidenwerk von F. E. Scaurze zur Hand, so kann uns die Ursache nicht räthselhaft erscheinen. Der Untergrund, auf welchem diese Schwamm- formen leben, ist vorwiegend Globigerinenschlamm, Pteropodenschlamm, Radiolarien- und Diatomeenooze. Die kontinuirlich herabfallenden Über- reste der oberen Wasserschichten belasten den Schwamm. Ich kann dies an einem mir zugekommenen Spiritusexemplar nur bestätigen. Dasselbe ist stark mit braunem Schlamm bedeckt und wurde bei den Philippinen gefischt. Das feine Gitter, das am oberen Ende den weiten Gastralraum über- wölbt, ist offenbar dazu bestimmt, den Schlamm aufzufangen, damit er nicht das Innere ausfüllt. Einzelne Schlammpartikel werden doch ins Innere gelangen. Ist es da nicht wohl die Aufgabe der Kruster, die so konstant als Kommensalen das Innere der Euplectella bewohnen (Aega spongiophila, Palaemon), diese Schlammmassen herauszuräumen? Tetractinellidae., Wir kennen gegenwärtig aus dieser Gruppe etwa 300 Arten, welche sich auf die beiden Unterordnungen der Lithistidae und Choristidae Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 363 vertheilen. Die ersteren sind bisher nicht über die Tausendfadenlinie hinab angetroffen worden. Von den 62 bekannten Species finden sich nur neun in den Tiefen von 0—50 Faden. Die Hauptmasse derselben mit 36 Arten lebt in den Tiefen von 50-200 Faden, von da an nehmen sie wieder ab, da nur 17 Species zwischen 200—1000 Faden vorkommen. Die Choristiden nehmen nach der Tiefe zu rasch ab, sie erreichen das Maximum der Artenzahl (88) in den Regionen zwischen 0—50 Faden. Der festigende Mechanismus befolgt andere Regeln als die Hexac- tinelliden. Die Lithistiden genügen den Druck- und Zugdifferenzen durch eine sehr feste Verbindung ihrer tetraxonen Kieselnadeln. Die massigen Geodien, im Allgemeinen mit breiter Basis aufge- wachsen, leisten einem starken seitlichen Zuge Widerstand. Die Ge- wölbekonstruktion ihrer festen, mit Kieselgebilden dicht erfüllten Rinde vermag einen starken Druck auszuhalten. Ganz eigenartige Einrichtungen bestehen bei Tetilla, Cinachyra, Chrotella und ihnen nahestehenden Tethya- und Tuberellaspecies. Es sind dies meist sphärische Körper, entweder freiliegend oder festge- wachsen und nicht selten in ganz seichtem Wasser vorkommend. Ihr Kanalsystem ist so eng, dass ein sofortiger Ausgleich von Druckunter- schieden, wie sie beim Hinweggleiten einer starken Woge auftreten, nicht durch die ganze Masse hindurch stattfinden wird. Die genannten Gattungen schützen sich zunächst durch einen starken Turgor der Gewebe. Dieser Turgor ist so bedeutend, dass, wenn man beispielsweise eine Tethya anschneidet, in gewisser Richtung also den Druck aufhebt, die Schnittfläche sich stark vorwölbt. Die gleiche Erscheinung lässt sich auch bei Cinachyra und Tuberella beob- achten. Ferner ist bekannt, dass eine frisch aus dem Wasser genommene Tethya fest und prall ist, nach dem Tode aber welk und schlaff wird. Zu der festigenden Wirkung des Turgors treten ergänzend hinzu radial gestellte Säulen oder Nadelbündel von hinreichender Trag- und Biegungsfestigkeit, um als Gewölbe eine elastische Rinde zu tragen. Alle diese radialen Faserzüge finden in einem centralen Nucleus ihren Stützpunkt. Monactinelliden und Hornschwämme. Diese beiden außerordentlich formenreichen Gruppen fehlen zwar größeren Tiefen nicht ganz, erlangen aber das Maximum ihrer Arten- und Individuenzahl im seichten Wasser und im littoralen Gebiet. Die Beanspruchung auf Druck und Zug wird also eine sehr große. Als festigendes Material reicht die Kieselsubstanz nicht immer aus, da ihre Elastieitätsgrenze nicht hoch genug liegt und in vielen Regionen, 24* 364 0. Keller, wo der Nahrungserwerb noch günstig ist, ein Zerreißen der Gewebe erfolgen müsste. Bei der reichen Ausbildung des Kanalwerkes ist eben der Turgor der Gewebe nur wenig wirksam. Daher tritt jetzt in dieser Region allgemeiner ein neues und leistungsfähigeres Skelettmaterial auf — das Spongin. Auf der frühesten Entwicklungsstufe tritt es einfach als verbin- dender Kitt zwischen den Nadelenden auf, später umhüllt es die Kiesel- elemente vollständig oder verdrängt sie bei den Hornschwämmen ganz und gar. Die Zug- und Druckspannungen nehmen das Schwammgewebe hauptsächlich in longitudinaler Riehtung in Anspruch, daher entwickeln sich starke, longitudinale Hauptfasern, damit diese jedoch als einheitliches mechanisches System zusammenwirken, erscheinen sie durch schwächere Verbindungsfasern, entsprechend den geringeren mechanischen Ansprüchen, verbunden. Aus der Festigkeitslehre ist ferner bekannt, dass die Spannungen, den die einzelnen Schichten Widerstand zu leisten haben, am größten an der Peripherie sind und gegen die Mitte hin abnehmen, bis sie in der »neutralen Achse« Null werden. Daher die Anwendung der soge- nannten Gurtungen. | Als Anpassung an diese mechanischen Bedingungen sehen wir daher in. der Mitte die Substanz fehlen und die Gewebemasse mit den sie festigenden Fasern rückt an die Peripherie, um einerseits hinreichend biegungsfest, andererseits möglichst ausgiebig für den Nahrungserwerb geeignet zu sein. Als Kompromiss zwischen Ernährungs- und Festigkeitsprincip tritt sehr häufig die Röhrenform auf mit stärkeren Hauptfasern in der Wan- dung, so bei Siphonochalina, Phylosiphonia, Sclerochalina, Esperia und vielen Hornschwämmen!. Auch die Trichterform oder Becherform, wie man sie beispielsweise bei Garteriospongia und Poterium antrifft, ist entsprechend leistungsfähig. > ı Die Wand der Röhren ist hinreichend dick, um nicht einzuknicken. Den extremsten und zugleich klarsten Fall, der mir bekannt ist, bietet die in der Brandungszone lebende Reniera elastica nov. sp. dar, ein Fall, der bezüglich seiner mechanischen Konstruktion auffallend an die Gramineen unter den monocotyledonen Pflanzen erinnert. 1 Röhrige Bildungen sind bei festsitzenden Arten in der Thierwelt sehr ver- breitet (Protozoen, Hydroiden, tubicole Würmer etc.).. Sie dienen hier nicht aus- schließlich, wie meist angenommen wird, zum Schutze des Körpers, um sich bei drohender Gefahr in dieselben zurückziehen zu können, sondern verleihen die nöthige Biegungsfestigkeit. Das für sie verwandte Material ist daher keineswegs von untergeordneter Bedeutung. Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. 369 Die unverhältnismäßig dieken, längsverlaufenden Faserbündel sind möglichst nahe an die Peripherie gerückt, die Verbindungsfasern, bei Renieren sonst meist dünn, sind hier zwar nicht so dick, wie die longi- tudinalen Fasern, aber doch dicker als bei allen mir bekannten Arten. Auch da, wo der Schwamm sich als solide, eylindrische oder finger- förmige Säule über den Boden erhebt, findet an der Peripherie biswei- len eine stärkere Festigung statt. Besonders auffallend ist dies bei Heteronema erecta, deren Hauptfasern im Inneren wenig zahlreich sind, an der Peripherie dagegen viele Fremdkörper eingelagert haben. Bei kriechenden, ästigen oder blattartigen Schwammformen wirkt der Zug vorwiegend in longitudinaler Richtung, und dem entsprechend sind wiederum die Längsfasern (Hauptfasern) verstärkt. Diese rein mechanischen Verhältnisse erklären daher viele mor- phologische Eigenthümlichkeiten im Spongienorganismus; sie machen nicht allein die Nothwendigkeit von Hauptfasern und Verbindungsfasern verständlich, sondern erklären auch das Auftreten von Sponginbildun- gen überhaupt. Die Spongiologen nehmen heute mit gutem Grunde an, dass die Ausgangsformen der heutigen Spongien in größeren Tiefen gelebt haben und dass erst mit dem Eintreten in seichteres Wasser die so artenreichen Gruppen der Monactinelliden und Hornschwämme als genetisch eng verbundene Reihen entstanden. Die Ausgangsformen waren spongin- freie Kieselschwämme, das neuerworbene Spongin entwickelte sich immer mehr und machte schließlich die Kieselspicula überflüssig, wie Vosnaer mit Recht hervorgehoben hat. Dass sich der Entwicklungsgang der Hauptmasse der Spongien in dieser Weise vollzog, dafür sprechen nicht allein paläontologische, sondern auch embryologische und vergleichend-anatomische Gründe. Damit steht auch die geographische Thatsache in Einklang, dass die seichteren Regionen der tropischen Meere den Hauptbildungsherd der sponginhaltigen Schwämme bilden. Die mechanische Ursache, welche zur Bildung und suecessiven Weiterentwicklung der Monactinelliden und Hornschwämme führte, ist dasbewegte Wasser mit seiner starken Beanspruchung auf Druck und Zug. Dieser Schlussfolgerung steht scheinbar die erst in jüngster Zeit durch HaızcreıL bekannt gewordene Thatsache entgegen, dass Horn- schwämme noch in bedeutenden Meerestiefen, noch unterhalb 2000 Faden vorkommen, wenn sie auch nicht zahlreich sind. Ich habe hier speciell die Gattungen Psammophyllum und Stanno- phyllum im Auge. Dieselben scheinen mir die allernächsten Be- 366 6, Keller, ziehungen zu Phyllospongia und Carteriospongia zu besitzen, und da letztere in allen tropischen Meeren zu den hervorragendsten Charakter- formen der littoralen Fauna gehören, jene Tiefseegattungen ebenfalls den warmen Meeren angehören, so ist es denkbar, dass sie Descenden- ten der littoralen Phyllospongiden sind, durch Vererbung das Spongin erhalten haben. Vielleicht leben sie auch in Regionen mit stärkerer submariner Strömung. Es ist sehr wünschenswerth, über ein und dieselbe Species genaue Untersuchungsreihen über die Faserdicke und Faserelastieität zu be- sitzen, um die Variationen je nach Standort und Tiefe genau übersehen zu können. Ich vermuthe, dass sich für viele Fälle klare, gesetzmäßige Beziehungen ergeben würden. Es scheint mir dies um so wahrscheinlicher, als innerhalb einer einzigen Familie, der Renieridae, die Sponginbildung gar keinem phyle- tischen Prineip folgt, sondern lediglich von Druck und Zug abhängt. Man schilderte bisher die Renieriden als brüchige Schwämme, deren Nadelenden durch Spongin zusammengehalten werden. Dies trifft im Allgemeinen zu, aber in sehr stark bewegtem Wasser giebt es unzwei- .deutige Renieriden von höchster Elasticität und so reichlicher Spongin- substanz, dass die Nadeln wie bei den Chaliniden vollständig in die- selbe eingebettet sind. Wahrscheinlich sind noch andere Einrichtungen im Spongienorga- nismus nach den angedeuteten Gesichtspunkten zu erklären. Beispiels- weise die Sphinetermembranen, die bei manchen Chaliniden, und be- sonders schön bei Aplysilla auftreten. Durch den Verschluss des Osculum durch eine Sphinetermembran (diese Sphincter wiederholen sich zuweilen im Gastralraum) wird der Turgor der Schwammmasse erhöht und das Gewebe gefestigt. Ich ver- muthe, dass den Chonae der Stellettiden eine ähnliche Rolle zukommt. Es braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden, dass letztere Einrichtungen nur auf Erhöhung der Tragfestigkeit abzielen, für die Biegungsfestigkeit dagegen bedeutungslos sind. Zürich, im Februar 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVI. Fig. 4. Senkrechter Schnitt durch die Rindenschicht des Skelettes von Damiria simplex nov. sp. Vergrößerung 100/1. Fig. 2. Hantelförmige Nadeln (Amphityle) von Damiria simplex. Vergr. 300/14. Fig. 3. Reniera elastica nov. sp. Natürl. Größe. Die Spongienfauna des rothen Meeres. II. 367 Fig. 4. Reniera scyphonoides Lam. Natürl. Größe. Fig. 5. Reniera coccinea nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 6. Nadeln von Reniera coccinea. Vergr. 200/4. Fig. 7. Senkrechter Schnitt durch Reniera elastica. Vergr. 50/1. Fig. 8. Halichondria granulata nov. sp. als Überzug auf abgestorbenen Korallen. Fig. 9. Halichondria glabrata nov. sp. Natürl. Größe. ig. A 0. Halichondria tuberculata nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 44. Tedania assabensis nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 42. Nadelformen von Tedania assabensis. Vergr. 300/1. Fig. 43. Trachytedania arborea nov. sp. Nach einem Exemplare des Berliner Museums. Natürl. Größe. Fig. 44. Nadelformen von Trachytedania arborea. Vergr. 4120/A. Tafel XVII. Fig. 15. Suberites carnosus Johnston, Natürl. Größe. Fig. 16. Suberites mastoideus nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 47. Senkrechter Durchschnitt durch Suberides mastoideus. Fig. 48. Gastralfläche von Suberites mastoideus mit ringförmigen Rippen. Vergr. 12/1. . Fig. 19. Suberites incrustans nov. sp. Nach einem Spiritusexemplar gezeich- net. Natürl. Größe. Fig. 20. Senkrechter Durchschnitt durch die Rindenschicht von Suberites in- erustans. Vergr. 45/1. Fig. 21, Terpios viridis nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 22. Senkrechter Schnitt durch Terpios viridis mit Gastralraum. Vergr. 50/A. Fig. 23. Oberfläche von Terpios viridis mit zwei Oscula. Vergr. 50/1. Fig. 24. Nadelformen von Terpios viridis. Tylostyle. Vergr. 300/1. Fig. 25. Sapline Mussae nov. sp. auf Korallen (Mussa) bohrend. Natürl. Größe. Fig. 26. Nadelformen von Sapline Mussae. Tafel XVIII. Fig. 27. Spirastrella decumbens Ridley. Natürl. Größe. Fig. 28. Kieselnadeln (Tylostyle und Spiraster) von Spirastrella desüinäget Fig. 29. Placospongia melobesioides Gray. Nach einem Exemplar .des. Berliner Museums. Natürl. Größe. . Fig. 30. Querschnitt durch Placospongia melobesioides. Vergr. 40/1. Fig. 31. Kieselgebilde von Placospongia melobesioides. a und b, Sterraster; c und d, Spiraster; e, Microrhabde und Microsphaere. Vergr. 600/4. ; Fig. 32. Basale Sponginplatten von Spirastrella decumbens. Von der Fläche gesehen, Vergr. 50/1. Fig. 33. Basale Sponginplatten von Spirastrella decumbens. .Senkrechter Schnitt. Vergr. 50/1. Fig. 34, Chondrilla globulifera nov. sp. Natürl. Größe. Fig. 35. Kieselgebilde von Chondrilla globulifera. Sphäre und Übergänge zu Sphaeraster (a—d), Sphaeraster (e—f) und Oxyaster (g). Vergr. 700/A. Fig. 36. Kieselgebilde von Tethya seychellensis. a, Hexactin.; bund c, Tylaster, Vergr. 4800/A. Fig, 37. Suberites clavatus nov. sp. Natürl, Größe. Fig. 38, Durchschnitt durch Suberites clavatus nov. sp. 368 0. Keller, Die Spongienfauna des rothen Meeres. Il. Fig. 39. Nadelformen von Suberites clavatus. Verg. 200/14. Fig. 40. Knopf einer Nadel von Suberites clavatus mit erweitertem Achsen- kanal. Vergr. 500/4. Tafel XIX. Fig. 44. Cinachyra Schulzei nov. sp. Natürl. Größe, Fig. 42. Senkrechter Durchschnitt durch den Porocalyx von Einachira Schul- zei. Vergr. 20/1. Fig. 43. Nadelformen (Amphioxe, Microxe, Protriaene, Anatriaene nd Sigme) von Cinachyra Schulzei. Vergr. 35/4. Fig. 44. Cinachyra trochiformis nov. sp. Nach dem Original aus dem Berliner Museum. Natürl. Größe. Fig. 45. Senkrechter Durchschnitt durch Cinachyra trochiformis. Fig. 46. Cinachyra eurystoma nov. sp. Nach dem Original aus dem Berliner Museum. Natürl. Größe. Fig. 47. Protriaene und Anatriaene von Cinachyra eurystoma. Vergr. 200/1. Fig. 48. Senkrechter Durchschnitt durch einen Porenkelch von Cinachyra eury- stoma. Vergr. 22/1. Fig. 49. Markgewebe von Cinachyra erystoma nov. sp. Vergr. 70/A. Fig. 50. Stelletta Siemensi nov. sp. Nach einem Exemplar aus der EHRENBERG- schen Sammlung. Natürl. Größe. Fig. 54. Senkrechter Durchschnitt durch Stelletta Siemensi nov.sp. Nach einem von SIEMENS gesammelten Exemplar in natürlicher Größe. Fig. 52. Ein Stück Schwammoberfläche von Stelletta Siemensi mit den Mün- dungen der Chonae. Vergr. 25/1. Fig. 53. Pachastrella exostotica ©. Schmidt. Natürl. Größe. Tafel XX, Fig. 54. Kieselgebilde von Pachastrella exostotica O. Schmidt. a und 5, Fuß- angeln (Chelotrope) ; ce und d, Amphioxe; e, Sterraster; f, bedornte Stäbe. Vergr. 200/. Fig. 55. Chonalbildung von Stelletta Siemensi nov. sp. mit Epithelüberzug. Vergr. 120/A. Fig. 56. Senkrechter Durchschnitt durch Stelletta Siemensi. a, Rinde; b, Mark. Zwischen beiden ein System subcorticaler Räume. Vergr. 40/4. Fig. 57. Sponginkugel aus der Rinde von Stelletta Siemensi mit dem sie um- gebenden Follikel. Vergr. 300/A. Fig. 58. Discodermia stylifera nov. sp. in natürlicher Größe. Fig. 59. Phyllotriaene aus der Rinde von Discodermia stylifera nov. sp. Vergr. 100. Fig. 60. Kieselgebilde von Discodermia stylifera nov. sp. a, Tetracrepis; b, Triaene; c, Microxe. Vergr. 400/A. Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. Von Dr. Rud. Burckhardt, Assistenten am II. anatomischen Institut Berlin, Mit Tafel XXI und XXIl. Einleitung. Abgesehen von den älteren Werken C. E. von Barr’s, ReicHerr’s und Ratake’s verdanken wir die ersten eingehenden Beschreibungen des Amphibienhirns Srıepa, der in seiner Studie über das Hirn des Axolotl zuerst auf die mikroskopischen Eigenthümlichkeiten des Urodelenhirns aufmerksam machte. Gleichzeitig erschien das Werk von GoETTE, worin die Entwicklung des Amphibienhirns eine nähere Darstellung erfuhr und auf Grund dieser Entwicklung wichtige Thatsachen festgestellt wurden; ich will hier nur an die Entdeckung der Zirbel bei den Amphi- bien erinnern. In neuester Zeit hat Osgorn eine umfassende Arbeit über das Amphibienhirn publicirt, wobei er besonders das Studium der Faserzüge und der Nervenkerne in den Vordergrund stellte. Außer- dem sind zerstreute Angaben über das Amphibienhirn gemacht worden, theils im Zusammenhang mit anderen niederen Vertebraten, theils in vereinzelten Studien über bestimmte Hirnpartien. Das CGentralnerven- system der Gymnophionen ist bis jetzt nur wenig untersucht und be- schrieben worden. Eine einfache aber klassische Darstellung des Hirns hat Rarakz gegeben, worin er das Coecilienhirn als nach dem Typus der übrigen nackten Amphibien gebildet bezeichnete, seine einzelnen Ab- schnitte beschrieb und namentlich auf die reiche Entfaltung der Ader- geflechte aufmerksam wurde. WIEDERSHEIM unterwarf verschiedene Gymnophionen einer erneuten Bearbeitung, wobei er den doppelten Olfactorius der Gymnophionen entdeckte und auf die relativ starke Ausbildung des Vorderhirns verwies. Aus neuester Zeit stammt eine Arbeit von Waınschmmr, welche Thatsachen, die Wıepersneimn festgestellt Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LII. Bd, 95 870 Rud. Burckhardt, hatte, bestritt, ohne wesentlich Neues zuzufügen. Eine kleine, aber wichtige Notiz über das Vorderhirn von Ichthyophis verdanken wir ferner P. und F. Sarasın. Das Material zu vorliegender Arbeit besteht aus einer großen An- zahl von Schnittserien durch die Köpfe von verschiedenen Tritonen in allen Entwicklungsstufen, einigen Exemplaren von Salamandra macu- losa und von Siredon pisciformis. Dabei kamen die verschiedensten Konservirungs- und Färbungsverfahren in Anwendung, von denen ich als günstigste folgende Kombinationen hervorheben möchte: 1) Für junge Amphibienlarven, welche noch größere Dottermengen enthalten: Konservirung in Rasr’scher Flüssigkeit. Färbungen mit Boraxkarmin oder Alaunkochenille. 2) Für ältere Amphibienlarven: Rusr'sche Flüssigkeit; ALtmann- sche Vorschrift für Chromessigsäure (Chromsäure 1°, 40 Stunden, Essigsäure 5°%, 24 Stunden, langsam steigenden Alkohol); ferner Os- miumsäure 1/°, 5 Stunden. Auswaschen in Wasser. Färbung: Borax- karmin oder DerArieıv’s Hämatoxylin. 3) Für erwachsene Amphibien: Entkalkung und Fixirung mit einer Chromsalpetersäuremischung. Färbung mit Boraxkarmin. ad 2) muss ich hervorheben, dass besonders exakte Resultate durch Kombination von Osmiumsäurefixirung und Hämatoxylinfärbung erzielt werden, wobei sich auch die Achsencylinder deutlich auf ihren mäan- drischen Wegen erkennen ließen. Ebenfalls vorzügliche Dienste leistete mir die Kombination von Durchfärbung mit Boraxkarmin und Nach- färbung mit Nigrosin oder Bleu de Lyon in schwach alkoholischer Lösung, wodurch Bilder von wohlthuenden Farbkontrasten entstehen, welche durch Kombination mit Pikrinsäurefixirung noch wesentlich er- höht werden können. | Außer diesem Urodelenmaterial verfüge ich, Dank der Freigebig- keit der Herren P. und F. Sırasın über mehrere Schnittserien von Ich- thyophis glutinosus. Die betreffenden Thiere wurden 1884—1886 von diesen beiden Forschern auf Ceylon gesammelt und in Chromsäure konservirt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, für die freundliche Über- lassung des kostbaren Materials den beiden Ceylonforschern hier meinen besten Dank auszusprechen. Über die Beschaffenheit und weitere Be- handlung meines Ichthyophismaterials giebt folgende Tabelle Auf- schluss: Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 371 Stadium Länge Färbung Nachfärbung Schnittdiecke Richtung I. 7 mm Boraxkarmin — 1/6 mm quer I. 2,2cm Boraxkarmin .— l/,, mm quer Nla. 3cm Hämatoxylin Eosin 1/0, mm median z De Embryonen Ib. 3,5 em Boraxkarmin Nigrosin 1/s; mm quer lc. 3,5 cm Boraxkarmin Bleu de Lyon !/,,, mm quer IIId. 3,5 cm Boraxkarmin Bleu deLyon !/,;, mm quer IVa. cm Boraxkarmin Bleu deLyon 1/,,, mm quer IVb. 6 cm DBoraxkarmin — 1/gg mm quer De IVe. 8cm Boraxkarmin Bleu de Lyon !/,, mm median IVd. 85cm Boraxkarmin Bleu de Lyon !/,;, mm quer Dazu kommen zwei Köpfe erwachsener Thiere, aus deren einem ich das Hirn herauspräparirte und in !/,, mm dieke Medianschnitte zer- legte, deren anderer in toto quer geschnitten und mit Hämatoxylin nachgefärbt wurde. Von der Überzeugung ausgehend, dass es für das Verständnis des Hirns unumgänglich nöthig ist, dasselbe durch plastische Rekonstruk- tion darzustellen, habe ich mehrere Stadien des Hirns von Ichthyophis und Triton nach der Born-Strasser'schen Methode modellirt und es vorgezogen, anstatt lange Schnittserien abzubilden, die Bilder der Mo- delle wiederzugeben, die ich auf diesem Wege angefertigt habe. Bei der Untersuchung der Gewebe von Ichthyophis, und nament- lich bei der Vergleichung derselben mit denen anderer Amphibien macht sich ein Faktor geltend, der die Erkenntnis der histologischen Struktur etwas erschwert, nämlich die Dichtigkeit der Elemente und besonders des Bindegewebes. Bei Tritonen und noch mehr bei Axolotl- larven sind die Elemente nicht nur größer, sondern auch lockerer ge- stellt, so dass jeder Schnitt einer solchen Larve an Durchsichtigkeit und Klarheit Schnitte von erwachsenen Thieren weit übertrifft. Ich glaube, dass biologische Ursachen diese Verschiedenheit in der Dich- tigkeit der Gewebe bedingen. Während also Ichthyophis bei seiner unterirdischen Lebensweise sehr viel solidere Gewebe nöthig hat, um gegen Druck oder andere mechanische Insulte geschützt zu sein, kommt das Bindegewebe bei den im Wasser lebenden Triton- und Salamandra- larven zu einer zarteren Entfaltung. Freilich findet auch hier mit Be- ginn des Landlebens eine Gewebeverdichtung statt, wobei an Stelle der lockeren Gewebebeschaffenheit eine dichtere tritt. Auch bei Ich- thyophis ist das Bindegewebe relativ am zartesten, während die Larve im Wasser lebt. Ich würde dieser Unterschiede hier nicht gedenken, wenn sie nicht die Untersuchungstechnik beeinflussten. Unter solchen Umständen wird aber leichter begreiflich sein, dass manche Struktur- 25 * 312 ER Rud, Burckhardt, verhältnisse an Larven leichter zu studiren sind als an erwachsenen Amphibien, und sich also auch wegen ihrer größeren Klarheit besser zur bildlichen Darstellung eignen. I. Das Hirn der erwachsenen Coecilien und Tritonen. Zur Anatomie des Vorderhirns finde ich den Angaben, die bis- her gemacht wurden, wenig hinzuzufügen. WIEDERSHEIM Sagt in seinem Lehrbuche p. 302: »Die einzelnen Hirntheile der Urodelen, so vor Allem das Vorderhirn und Mittelhirn schwanken nach Form und Größe selbst bei den allernächsten Arten, wie z. B. bei Sal. atra und maeulata, also bei zwei Thieren, wo in anderen Organsystemen, z. B. im Skelett, so gut wie gar keine Abweichungen existiren. Ähnliches beobachten wir auch an den einheimischen Tritonen.« Trotz dieses Hinweises auf ein interessantes Vorkommnis ist jedoch das Größenverhältnis der ver- schiedenen Hirnabschnitte bei verschiedenen Tritonen nie Gegenstand genauerer Untersuchung geworden. Ich bin nun in der Lage, wenn auch nicht ziffernmäßige Angaben zu machen, so doch die obige Beob- achtung zu bestätigen und an einigen Tritonen das Schwanken der Größenverhältnisse darzustellen. Es standen mir erwachsene Exem- plare von Triton alpestris, eristatus, taeniatus, helveticus und dem amerikanischen viridescens zu Gebote. Von-diesen fünf Species zeich- net sich die letztere dadurch aus, dass Mittelhirn und Zwischenhirn zusammengenommen an Volumen dem Vorderhirn gleichkommen; auch ist hier das Mittelhirn zu zwei Corpora bigemina vorgewölbt. Das an- dere Extrem ist durch Triton helveticus vertreten, eine Art, bei wel- cher das Vorderhirn das Mittel- und Zwischenhirn beinahe um das Doppelte übertrifft. Zwischen diesen beiden Gegensätzen bilden die drei übrigen Species Übergänge, und zwar so, dass Triton eristatus sich an helveticus, alpestris und taeniatus an viridescens anlehnen. Konsta- tiren wir also zunächst, dass das Vorderhirn in seiner Größe bei sonst nahe verwandten Arten starken Schwankungen unterworfen ist, so ist andererseits nicht wohl ersichtlich, dass WIEDERsHEm gerade auf die etwas bedeutendere Entwicklung dieses Hirntheiles bei Ichthyophis so großes Gewicht legt, wie es in der Besprechung des Hirns in seiner Anatomie der Gymnophionen geschieht: »Eine ähnliche Entwicklung des Vorderhirns ist, ganz abgesehen von einer so deutlichen Differen- zirung der Lobi olfactorii, bei keinem einzigen anderen Amphibium mehr zu konstatiren, und erst in der Reihe der Reptilien stoßen wir wieder auf derartige Wachsthumsverhältnisse.« Ich musste diese Ver- schiedenheit in der Auffassung des Ichthyophishirns vorausschicken, da sonst nicht leicht einzusehen ist, warum ich gerade diesem Umstande Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 319 weniger Wichtigkeit beizumessen im Stande bin als WIEDERSHEIM, und verweise im Übrigen auf die Fig. 4, 5 und 7 Vh. Dagegen stimme ich mit Wirpersaemm darin überein, dass auch mir die Lobi olfactorii vom übrigen Vorderhirn bei Ichthyophis (Fig. —5 L.olf) stärker a scheinen, als es bei anderen Amphibien der Fall ist. Wichtiger als der Größenunterschied der Vorderhirnmasse dürfte wohl die von P. und F. Sırasım entdeckte Existenz eines Temporal- lappens sein, den, sowie die beiden, von diesen Forschern als Sulei gedeuteten Grübchen, ich bestätigen kann (Fig. 2). Auch sehe ich in der von WiIEDERSHEIm als»hakenartig gekrümmter Wulst« be- zeichneten Vorwölbung ein Gebilde, dass diesem Temporallappen ent- spricht und gewiss mit Recht als Anfang der homologen Bildung bei Reptilien gelten kann (Fig. 2 und 3 ZL.temp). Wofern also das Schwergewicht der Differenz zwischen dem Vor- derhirn von Ichthyophis gegenüber anderen Amphibien auf die zuletzt genannten Punkte gelegt wird, befinde ich mich mit WIEDERsHEm voll- ständig im Einklang. Die histologischen Elemente, sowie ihre Anordnung innerhalb des Vorderhirns, bieten wenig charakteristische Unterschiede dar. Ent- sprechend der stärkeren Ausbildung des Temporallappens bei Ichthyo- phis sind auch die Kommissuren, welche für andere Amphibien durch die Arbeiten Ossorn’s und Berroncr's hinreichend bekannt sind, etwas stärker ausgebildet; eine Differenzirung der Neuroglia, die ich bei Triton nie fand, weist Ichthyophis in Gestalt eines reich verzweigten Maschen- netzes von stark lichtbrechender gelatinöser Substanz auf, welche sich an der Basis der Commissura anterior ausbreitet. Auch die bei den übrigen Amphibien als Corpus striatum beschriebene Region, besitzt Ichthyophis. Berroncı (Nr. 46. des Litteraturverz.) hat mit großer Wahr- scheinlichkeit dargethan, dass die Fasern des oberen Theiles der Com- missura anterior in dorsaler Richtung dem Vorderhirn entlang laufen, um im Lobus olfactorius in nähere Beziehungen zu den Olfactorius- wurzeln zu treten und vielleicht sogar in dieselben überzugehen. Gerade bei Ichthyophis erscheint dieses Verhältnis relativ deutlich, doch vermochte ich, da ich keine Imprägnationen mit Silbersalzen vor- nahm, nichts Neues zu sehen und verweise hier nur darauf, dass die starke Entwicklung des Olfactorius von Ichthyophis mit einer ähnlichen Entfaltung der Commissura anterior Hand in Hand geht. Interessanter als das Vorderhirn gestaltet sich das Zwischen- hirn (Zh) von Ichthyophis, dessen Dach den bisherigen Untersuchern des Ichthyophishirns vollständig entgangen ist. Die Frage nach der Grenze des Zwischenhirndaches nach dem Vorderhirn hin soll an anderer 374 Rud. Burckhardt, Stelle zur Diskussion kommen, und wir wollen zunächst rein descriptiv vorgehen. Fig. I stellt einen Medianschnitt durch das Hirn eines er- wachsenen Ichthyophis dar: Derselbe trifft in seinen vorderen Partien das Foramen Monroi, durch welches ein Plexus chorioideus in die an- gedeutete Hemisphäre eintritt; ventral davon liegen die Kommissuren des Vorderhirns: Corpus callosum und CGommissura anterior. Diese zum Stammtheil des Vorderhirns gehörige Verdickung der ventralen Wand setzt sich in die dünne Lamina terminalis fort, welche nach hinten abermals eine Verdickung in Gestalt des Chiasma nervorum opticorum erfährt. Verlassen wir diesen Punkt und setzen wir die Ver- folgung der Vorderhirnwand in dorsaler Richtung fort, so stoßen wir vom Foramen Monroi beginnend zunächst auf einen gewaltig entwickelten Adergeflechtknoten (Pl.chor.sup.), von der Form eines Hammers mit einer langen vorderen und einer kürzeren hinteren Spitze. Die erstere endet etwa in halber Länge der Vorderhirnhemisphären (die Lobi olfactorii abgerechnet), mit dem hinteren Ende bedeckt der Adergeflechtknoten fast das ganze Zwischenhirndach, welches hier stärker als irgendwo in die Tiefe gedrängt ist. Die komplicirte Bildung der verschiedenen _ Plexus, die gerade bei Ichthyophis zu einer außerordentlich starken Entfaltung gelangen, soll bei der Entwicklung des Hirns ihre Erörterung finden; hier sei nur vorausgeschickt, dass sie alle aus einer Wucherung . der Hirndecke hervorgegangen sind. Der Plexus chorioideus medius, welcher den dorsalen Theil des III. Ventrikels erfüllt, geht dicht an seiner Wurzel in ein mehrschichtiges Epithel über, welches dorsal auf- steigt, umbiegt, und so den vorderen Abschnitt des Zwischenhirns bil- det; aber nur in der Medianebene bleibt das Epithel so dünn wie Fig. 1 zeigt; denn zu beiden Seiten ist durch Bildung der Ganglia habenulae eine starke Wandverdickung eingetreten, welche sich auch dadurch kund giebt, dass die Außenfläche dieses Zwischenhirntheils eine paarige Vorwölbung aufweist. An diesen Abschnitt schließt sich eine zweite Vorwölbung des Zwischenhirns, welche sich zwischen der Commissura superior und posterior ausdehnt, sie stellt einen unpaaren Wall des Zwischenhirndaches vor. Dicht hinter der Gommissura superior, welche noch zum vorderen Zwischenhirntheil zu rechnen ist, entspringt die Zirbel. Sie ist bei Ichthyophis ein kleines birnförmiges Bläschen und ragt frei in den Raum, der durch Adergeflechtknoten und Zwischen- hirndach gebildet ist; sie behält hier ihre bläschenförmige Gestalt bei, welche nur dadurch modificirt wird, dass ihre Wandung gefältelt ist (Fig. 1 Ep). Ihre entwicklungsgeschichtliche Beziehung zum übrigen Zwischenhirn manifestirt sie zeitlebens, indem die Fasern eines Theiles ihrer Zellen, welche kaum nervöser Natur, sondern Stützzellen sein Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 375 werden, mit der Decke des Zwischenhirns in Verbindung bleiben und sich in der Gegend der Commissura superior auflösen. | Etwas anders, doch nieht prineipiell verschieden, ist der Bau des Zwischenhirndaches bei’ Triton und Salamandra, sowie auch OsBorn’s Figuren nach zu schließen, bei den amerikanischen Urodelenarten (Fig. 7). Weder der Adergeflechtknoten, noch die anderen Plexus ge- langen zu einer auch nur annähernd so starken Ausbildung, wie bei Ichthyophis. In Folge davon kommt das gesammte Zwischenhirn bei einer Abbildung der dorsalen Hirnansicht zur Geltung (vgl. Fig. 4 u. 5); die Zirbel stellt ein breites, kuchenartiges, aus einer Zellschicht ge- bildetes Bläschen dar, welches nach hinten bis an die Commissura posterior reicht und nach vorn unter der hinteren Spitze des Ader- geflechtknotens endet (Fig.7). Aus der Vergleichung der beiden Median- schnitte (Fig. 7 und Fig. 1) ist ersichtlich, dass die Wölbungen der bei- den Zwischenhirnabschnitte, die bei Ichthyophis so deutlich entwickelt ist, bei Triton nicht hervortritt, sondern beinahe in eine Rundung zusammenfallen; auch ist die Form der Zirbel bei Ichthyophis ent- schieden eine primitivere, als bei Triton. Es ist daher auch leicht ver- ständlich, warum sie bei unseren Urodelen und Anuren so lange über- sehen wurde, bis GoETTE (6, p. 315) sie entdeckte. Da auch Ossorn’s Fig. —5 an Klarheit zu wünschen übrig lassen, gebe ich in Fig. 20 und 21 eine dorsale Ansicht des Zwischenhirns von Triton auf zwei verschiedenen Entwicklungsstufen wieder; hier sind Adergeflecht- knoten und Zirbel noch nicht so stark ausgebildet, wie beim Erwach- senen, und die durch die Commissura superior veranlasste Furche ist, wenn auch in der dorsalen Region etwas schwach zu sehen. Von Faserzügen sind außer den schon mehrfach erwähnten Kom- missuren noch einige zu nennen, die sowohl Ichthyophis als Triton mit den übrigen Amphibien gemein haben: 1) Die Meynerr'schen Bündel (MB), welche von den Ganglia habe- nulae ventral gerichtet sind und im Boden des Mittelhirns enden. 2) Die CGommissura inferior (C.inf), welche die beiden Lobi inferiores verbindet. 3) Ein dem mächtigen Zwischenhirnkern entspringendes Faserbündel, welches vorn ins basale Vorderhirnbündel übergeht. %) Geht aus den Lobi inferiores eine Faserbahn dorsal in den Mittelhirnboden. 5) Ebenfalls aus den Lobi inferiores steigt eine Bahn gegen das basale Vorderhirnbündel. Eine besondere Aufmerksamkeit verdient bei Ichthyophis der Opticus. Auf unserem III. Stadium finden wir vom Hirn ausgehend 376 Rud. Burckhardt, den Optieusstiel bis in die Nähe des Auges hohl; ventral von der Höhle und mit ihr in eine Bindegewebsscheide eingeschlossen verlaufen die Fasern. Die Höhle geht bei älteren Larven verloren, indem sie oblite- rirt. Beim erwachsenen Ichthyophis ist sie bis auf eine kleine Bucht des III. Ventrikels redueirt. Der Sehnerv aber, der in der Larvenperiode eine ansehnliche Dicke hat, welche darauf schließen lässt, dass er zu dieser Zeit funktioniren könne, degenerirt vollständig zu einem dünnen Fädchen. Nun hat Ossorn (25, p. 60) gezeigt, dass bei Necturus und Proteus das Lumen des Opticusstieles überhaupt sich nie schließt, sondern zeitlebens offen bleibt. Vergleichen wir also den Zustand dieser Thiere mit Ichthyophis, so geht daraus hervor, dass die Blödigkeit der Augen von Ichthyophis auf eine erst nach dem Larvenleben eintretende Degenerationserscheinung zurückzuführen ist, während bei Proteus und Necturus embryonale Verhältnisse persistiren; dass also bei letzt- genannten Thieren die Anpassung an eine lichtscheue Lebensweise phylogenetisch älteren Datums ist, als bei Ichthyophis, wo vielleicht die Augen während eines Theiles des Larvenlebens in voller Thätigkeit sind. Der übrige Boden des Zwischenhirns zeigt wenig von neuen Ver- ‘ hältnissen; mit der etwas stärkeren Ausbildung der Lobi inferiores bei Ichthyophis hängt wohl die Bildung einer kleinen Falte am ventralen Boden des Trichters zusammen. Die laterale Wand der Lobi inferiores enthält große Ganglienzellen, doch gelang es mir nicht, festzustellen, zu welchem der oben genannten Tractus diese Zellen Beziehungen haben. Srıeva (7, p. 307) äußert sich über die Hypophysis des Axolotl wie folgt: » Derjenige Theil der Hypophysis, welcher bei höheren Wir- belthieren als der nervöse bezeichnet, nur ein dem Tuber ceinereum zugehöriger Theil desselben ist und nur mit dem drüsigen Theil der Hypophysis verwächst, fehlt hier beim Axolotl. Die Hypophysis wird allein durch den sogenannten drüsigen Theil dargestellt.«e Dem gegenüber muss ich konstatiren, dass ich auch den nervösen Theil der Hypophyse bei Triton, Salamandra und Ichthyophis gesehen habe (Hy.n.T) und, dass Präparate von einer 8 cm langen Axolotllarve mich vermuthen lassen, dass sie auch hier nicht fehle. Fig. 37 giebt einen Querschnitt durch die Hypophyse eines ausgewachsenen Triton, woran leicht die beiden Theile zu erkennen sind. Der drüsige (4y.d.T) nimmt die ventrale Partie ein, der nervöse dagegen, welcher dem vielfach ge- fältelten und markig verdickten Trichterende entstammt, lagert sich dorsal an den drüsigen und verschmilzt dicht mit ihm; seine Entstehung fällt in die Zeit der Metamorphose, und daher könnte ich mir die Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 377 bestimmte Angabe Srıepa’s über das Fehlen dieses Theiles vermuthungs- weise so erklären, dass derselbe nur beim ausgewachsenen Amblystoma vorkäme, wogegen er dem Wasserthiere abgehen könnte. Ob WiEDzrsazım den nervösen Theil der Hypophyse bei Ichthyophis gesehen habe, ist aus seinen Abbildungen und Beschreibungen nicht ersichtlich; doch verdienen die durch die Gehirnentwicklung bedingten Verhältnisse eine genaue Beschreibung. Von der ventralen Fläche ge- sehen zeigt die Hypophyse die Form einer Mandel, welche mit ihrem in der Mitte etwas eingebuchteten vorderen Rande unter dem Trichter endet, während, wie schon WIEDERSHEIM (14, p. 303) bemerkte, ihre Spitze unter das Nachhirn zu liegen kommt. Ihr größter Theil ist drüsi- ger Natur; der nervöse Antheil besteht in einem ovoiden Körper (Fig. 1), welcher etwas vor der hinteren Spitze der gesammten Hypophyse dor- sal liegt und auch beim erwachsenen Thier mit der Wand des Hirn- trichters durch einen feinen Strang von Neuroglia in Verbindung steht, - dessen einzelne Fasern in den nervösen Theil der Hypophyse aus- strahlen. Das Mittelhirn von Triton scheint den Beschreibungen von OsBorRn, StIeDa und Furriguer (15, p. 50 u. 51) nach zu urtheilen, wenig von demjenigen anderer Urodelen abzuweichen. Dass WIEDERSHEIM Größenschwankungen auch bei diesem Hirntheile, wie beim Vorderhirn innerhalb derselben Gattungen beobachtete, haben wir oben gesehen (p- 372); es scheint mir eine gewisse Reciproeität zu bestehen zwischen seiner Entfaltung und der des Vorderhirns, so finde ich z. B. bei Triton viridescens, welcher ein auffallend kleines Vorderhirn hat, das Mittel- hirn um so stärker ausgebildet; ein Suleus dorsalis ist bei allen Tritonen vorhanden, wenn auch erst am ausgewachsenen Hirn. Im Übrigen gleicht das Mittelhirn in seiner äußeren Form einem ventral konkaven Schlauche von elliptischem oder rundlichem Querschnitt. Seine histologische Beschaffenheit ist sehr einfach und erhält gleich zu Beginn der Entwicklung ihr Gepräge. Schon verschiedenen For- schern ist die reihenartige Anordnung der Zellen aufgefallen, welche bei allen Amphibien gerade am Mittelhirn so deutlich hervortritt. Die Entwicklungsgeschichte lehrt uns aber erst diese Anordnung verstehen. Es wird wohl nach den neuesten Untersuchungen von Hıs (24) und Anderen kein Zweifel mehr sein, dass die Ganglienzellen aus dem dem Centralkanal anliegenden Keimepithel hervorgehen und nach der Peri- pherie der grauen Substanz wandern. Hierbei wird aber den Ganglien- zellen der Weg gewissermaßen vorgeschrieben durch die Stützsubstanz, und die Ausbildung der Stützsubstanz steht wiederum in Zusammen- | x ‚hang mit derjenigen der äußeren Form des Hirntheils; ob bedingt oder 378 Rud. Burckhardt, bedingend, lassen wir dahingestellt. Beim Mittelhirn von Triton stehen die Leiber der Spongiohlasten fast durchweg zur Wand des Central- kanals senkrecht, nur in den dorsalen Partien macht sich eine kleine Abweichung geltend. In diesem beinahe geometrischen Gerüst von Stützsubstanz gleiten die Neuroblasten peripheriewärts; die neu ge- bildeten lehnen sich jedes Mal an die vorherigen an; so entstehen Reihen von Ganglienzellen, welche in gewissen Stadien durchs ganze Centralnervensystem zu erkennen sind, bedingt durch die Stützsub- stanz. Diese Reihen werden in den meisten anderen Hirngegenden dadurch verwischt, dass tiefgreifende Formveränderungen der Gehirn- wand eintreten, nur beim Mittelhirn und einem Theil des Zwischen- hirns bleiben sie bestehen, da hier die weitere Entwicklung nur in Massenzunahme besteht (vgl. 26, p. 19—26). In der lateralen grauen Substanz am Mittelhirn des Axolotl sah zu- erst FurLiguer (15, p. 51) einzelne große Ganglienzellen. Ossorn (25, p- 69) erkannte sie als einen Trigeminuskern des Mittelhirns und fand solche Ganglienzellen je nach der Höhe der Gehirnentwicklung bei allen von ihm untersuchten Amphibien in Gestalt von einem oder zwei längs der Mittellinie hinziehenden Nuclei. Die Fasern dieser Zellen ziehen der grauen Substanz entlang ventralwärts, wo sie sich zu kreuzen scheinen; Näheres vermochte ich nicht über ihren Verlauf zu erkennen. Von anderen Ganglienzellenanhäufungen habe ich nur noch das Ganglion interpedunculare sehen können, doch konnte ich keinen Zu- sammenhang seiner Zellen mit dem Mrynerr'schen Bündel, welches die Mittelhirnwand schief durchzieht, konstatiren. Die von Ossorn für das Mittelhirn beschriebenen Faserzüge finde ich auch bei Triton wieder: einen lateral vom Mittelhirn nach der Me- dulla oblongata absteigenden Faserzug und die Faserbündel des Opticus. Ganz anders als das Mittelhirn von Triton und von allen anderen Amphibien überhaupt abweichend, baut sich das Mittelhirn von Ichthyo- phis auf. In der Dorsalansicht hat es noch am meisten Ähnlichkeit mit dem Mittelhirn von Triton (vgl. Fig. 4 u. 5); seine Decke gleicht einem Oval mit breiterem Hinterende und spitzerem Vorderende, welch letz- teres durch eine feine Furche leicht eingekerbt ist. Es ist dies die von Warpseamir (18, p. 464) bestrittene Furche, welche neuerdings auch P. und F. Sarasın (19, p. 224) gesehen haben. Ferner zeigt das Mittel- hirndach eine leichte Einsenkung in der Mitte, welche auf dem Median- schnitt Fig. 1 deutlicher zu sehen ist. Nach dem Zwischenhirn hin ist das Mittelhirn durch die Commissura posterior, nach dem Hinterhirn durch den Isthmus abgegrenzt. Während das Mittelhirn anderer Amphibien auch lateral eine gleichmäßige Wölbung zeigt, ist bei Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Iehthyophis. 379 Ichthyophis die laterale Wand durch eine stark hervortretende Kante geknickt, welche am hinteren Rande ihre deutlichste Ausbildung er- langt und nach vorn schwächer wird. Diese Kante verdankt ihren Ur- sprung der ungewöhnlich hohen Lage des Mittelhirnbodens. Folgen wir, an Hand von Fig. 4 vom hinteren Trichterrande ausgehend dem Hirnboden, so steigt er, etwas nach vorn geneigt in dorsaler Richtung auf, biegt sodann bei Verdickung der Wand unter einem stumpfen Winkel nach rückwärts und wendet sich nach hinten, um an einer kleinen aber sehr charakteristischen Querfurche in den Boden des Rautenhirns überzugehen (Fig. 39 Mhgr). Außer einer kurzen Notiz Srıepa’s (7, p. 294) finde ich diese Quer- furche nirgends berücksichtigt, und dabei ist sie doch eine der verbrei- tetsten und desshalb wohl auch wichtigsten Grenzmarken des Hirns. STIEDA sagt a. a. O.: »Die Grenze zwischen der Pars peduncularis und der Medulla oblongata ist durch eine leichte aber deutliche Einschnü- rung gekennzeichnet.« Nun finden wir diese Furche, welche nur auf wenigen, der Medianebene genäherten Schnitten auftritt, schon auf sehr frühen Entwicklungsstadien (Fig. 9), und sie verwischt sich von da an nie mehr (vgl. Fig. 7, 8, 17, 19). Gerade der Umstand, dass sie sogar an dem einfach gebauten Urodelenhirn mit so großer Konstanz auftritt, sichert ihr eine gewisse Bedeutung. Ich finde diese Querfurche nicht nur hier bei Salamandra, Triton, Ichthyophis ete., sondern auch bei Reptilien (Lacerta), Selachiern (Acanthias) und beim menschlichen Em- bryo. Dicht vor dieser Querfurche liegt das Ganglion interpedunculare (Gi). Bei Larven von Triton (3 cm Länge) biegt auch die ventrale Fläche des Bodens an dieser Stelle etwas ein, so dass eine kleine, der erstge- nannten Querfurche gegenüberstehende Einsenkung entsteht; doch habe ich die letztere anderwärts nicht wiedergefunden. Der Mittelhirntrigeminuskern (Osgorn), welchen wir bei Triton in den lateralen Mittelhirnwandungen zerstreut fanden, ist bei Ichthyophis viel stärker ausgebildet und besteht aus einer mehrschichtigen Säule von großen Ganglienzellen, welche sich in der Medianebene des Mittel- hirndaches hinzieht, obne sich in lateraler Richtung weit auszudehnen (Fig. A m.trig.n). Ossorn (25, p. 69) zufolge theilt sich dieser Kern bei Neeturus in zwei Massen, eine linke und eine rechte. Bei Ichthyophis lässt sich, in Folge stärkerer Entwicklung dieses Kernes, der dazu ge- hörige Tractus auch besser verfolgen, welcher aus theilweise gekreuz- ten Nervenfasern der großen Ganglienzellen hervorgehend, nach hinten verläuft und in der Nähe der Trigeminuswurzeln sich mit diesen ver- mischt. Das Rautenhirn ist bei Ichthyophis, wie schon frühere Autoren 380 Rud, Burckhardt, bemerkten, relativ kurz und unter das Mittelhirn geschoben; es glie- dert sich in ein dorsal gelegenes Hinterhirn und das Nachhirn. Das Hinterhirn wurde schon von RATakE (k, p. 337) als Cerebellum gedeutet und von WIEDERSHEIM (10, p. 58) bestätigt. Es weist genau dieselbe Form auf, wie sie von Salamandra und anderen Urodelen be- kannt ist: eine basal etwas breitere, nach oben zugeschärfte Mark- lamelle, welche in der Medianebene dünner ist als in der lateralen Region. Oben geht es in das Velum medullare posterius (V.m.p) über, welches in steilem Bogen abwärts verläuft und in seinen lateralen Par- tien Fältelungen zeigt, welche im Querschnitt fächerartig erscheinen (vgl. Warpscammmr, Fig. 29). Die histologische Struktur des Hinterhirns weist ebenfalls keine großen Differenzen gegenüber dem Hirn anderer Urodelen auf: Der Mittelhirntrigeminuskern setzt sich fort, ähnlich wie es auch bei Eryptobranchus (Ossorn, Fig. 19) der Fall zu sein scheint. Unabhängig davon ziehen zwei aus großen Ganglienzellen bestehende Kerne in bogenförmiger Richtung lateralwärts, ohne sich in der Me- dianebene zu vereinigen. Die Faserbündel dieser Kerne verlaufen theils gekreuzt, theils ungekreuzt in der lateralen vorderen Wand der Medulla oblongata, und ich glaube daher, es handle sich um die Klein- _ hirnseitenstrangbahn (Wıassax, 21, p. 115). | Das Nachhirn zeigt Eigenthümlichkeiten des Baues, die wohl in enger Verbindung mit der Bildung des Mittelhirns stehen; so ist z. B. die Brückenbeuge (BD), in Folge des starken Einschnürens durch die Sattelspalte (Ssp), sehr scharf umgebogen und besitzt zwei seitlich stark vorstehende Ausladungen. Lateral sind zwei mächtige Corpora resti- formia (C.rest) ausgebildet, welche wiederum deutlich gegen das Rückenmark hin abgesetzt sind. Medial von den Corpora restiformia schließt sich jederseits ein Wulst an, welcher von WALDSCHMIDT, Fig. 4 nach zu schließen, möglicherweise gesehen worden ist. Ich halte diese Vorwölbung für das Tuberculum acusticum Scawause’s (41, p. 420), dessen Anwesenheit bei einem Thier mit so hoch ausgebildetem Acusti- cus, wie Ichthyophis, nicht auffallen wird (Tuöd.ac). In der Prägnanz der Corpora restiformia erblicke ich eine Folge der Nackenbeuge, welche wir bei der Entwicklung des Hirns von Ichthyophis werden kennen lernen; zumal da diese Erscheinung bei den Urodelen, welche eine lange ausgezogene Medulla oblongata besitzen, vollkommen fehlt. An der Brückenbeuge findet ein lebhafter Faseraustausch von der einen Seite nach der anderen hin statt; doch glaube ich darin nicht eine eigentliche Rückbildung sehen zu sollen, da es sich nur um Kreuzungen handelt, und da außerdem das Cerebellum in Bezug auf Entwicklung nicht über ein Minimum sich erhebt. Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 381 Von der Histologie der Medulla oblongata wird wohl besser bei Besprechung der Hirnnerven die Rede sein, um so mehr als Ichthyo- phis in dieser Beziehung von Triton nur wenig abweicht. Entwicklung des Hirns. Wie aus der Tabelle (p. 371) zu sehen ist, habe ich die mir zur Verfügung stehenden Ichthyophisembryonen nach vier Stadien einge- theilt, damit die Angabe ihrer Entwicklungsstufe auf diese Weise leichter verständlich sei. Als erstes Stadium besitze ich einen Embryo, bei welchem die Augenblasen noch nicht vollständig abgeschnürt sind; als zweites ist ein Kopf im Stadium der Hypophysenabschnürung be- zeichnet; als drittes mehrere Embryonen vom Ende der Eiperiode, und als viertes das Stadium, in welchem die Larve im Wasser lebt (vgl. Sarasın, Bd. II, Heft 1. Taf. II, Fig. 28; Taf. IV, Fig. 30 u. 38; Taf. V, Fig. 49 u. 50). Fig. 10 stellt Ichthyophis I, mein frühestes Stadium in zwanzig- facher Vergrößerung dar. In Bezug auf die Höhe seiner Entwicklung entspricht dieses Exemplar etwa Gorrte's Fig. 52 von der Unke. Der Kopf, wie er hier abgebildet ist, ragt frei über den Dotter vor und ist an seiner ventralen Seite schwach gewölbt. Vom hinteren Ende be- sinnend, sehen wir die letzten Urwirbel des Halses; darauf folgt eine breit gewölbte Fläche; es ist die Schlundwand (Schlw), welche in ihrem Inneren bereits in einige Kiemenbogen gesondert ist. Hieran schließt sich dorsal das noch offene Gehörbläschen (GAhbl), und unmittelbar ven- tral und vor ihm und der Schlundwand das II. Kopfsegment (Go£TTE), welchem nach vorn das I. Kopfsegment und ventral der Unterkiefer (Uk) folgt. Die übrigen Wölbungen des Kopfes sind durch den Aufbau des Hirns verursacht und lassen schon äußerlich seine Form erkennen. Besser noch geschieht die Orientirung an dem aus Querschnitten rekon- struirten Modell, wie es Fig. 11 und 12 versinnlichen. Folgen wir hier von hinten nach vorn dem Medullarrohr, so sehen wir dasselbe zunächst in schwach S-förmiger Krümmung zum Rauten- hirn leicht anschwellen (Rh), an dessen Seite zwei seichte Gruben die Stelle bezeichnen, wo das Gehörbläschen der Medulla oblongata anliegt; ventralwärts umbiegend schließt sich ans Rautenhirn das Mittelhirn an in Gestalt eines einfachen dorsal verbreiterten Rohres (Mh), welches wiederum ventral in das kompresse Zwischenhirn (ZA) überführt. An der Basis des Zwischenhirns ist der Hirnboden in den Trichter ausge- zogen (I); lateral beginnen die mächtigen Augenblasen (Adi) sich abzu- sehnüren, während von den Vorderhirnhemisphären noch nichts vor- handen ist. Von der Hypophysis ist ebenfalls nichts wahrzunehmen. 382 Rud. Burckhardt, Die Ventrikel sind überall außerordentlich eng und verbreitern sich nur wenig an der Stelle des Zwischenhirns, wo sich die Augenblasen abschnüren, sowie im Rautenhirn: hier findet sich schon der Anfang einer Rautengrube, wodurch auch die epitheliale Decke bei dorsaler Ansicht eine Einsenkung erfährt (Fig. 12). Den Kopf von Ichthyophis II giebt Fig. 14 in dorsaler Ansicht wieder; hier imponirt in der Mitte des Bildes die Rautengrube, welche noch sehr stark in longitudinaler Richtung ausgedehnt ist; von hinten kommend, stoßen wir lateral zuerst auf die Gehörbläschen, die sich unterdessen geschlossen haben und ventral auf die Schlundwand. Lateral und ventral von den seitlichen Ausladungen der Rautengrube folgt sodann der Unterkiefer, und vor demselben eine Anschwellung, welche durch das Ganglion Gasseri (G.V) veranlasst ist; davor etwas ventral liegt das Auge, und ventral vor ihm die große schalenartige Riechgrube (Rgr). Die vordersten Wölbungen verdanken ihren Ur- sprung den Hemisphären des Vorderhirns (Vh). Der wichtigste Unter- schied aber, der dieses Stadium von dem vorhergehenden, sowie von anderen Amphibienembryonen, auszeichnet, besteht in der enorm star- ken Vorwölbung (Sb) des Mittelhirns, welche in der lateralen Ansicht (Fig. 13) noch besser in die Augen springt. Sie verdankt ihre Ent- stehung weniger einer lebhaften Entwicklung des Mittelhirns selbst, als dem tiefen Hineindringen der Sattelspalte, welches wohl selbst durch Umbildungen des Kopfes überhaupt veranlasst wird und eine starke Knickung der Hirnachse zur Folge hat. In dieser Lage kommt außer- dem zwischen Unterkiefer und Auge der Oberkiefer (OK) zum Vor- schein, und hinter dem Unterkiefer der erste und ein Theil des zwei- ten Kiemenbogens. Hinter dem Gehörbläschen erscheint in Fig. 43 eine leichte Krümmung (Nb) des ganzen Kopfes, deren Werth bei Bespre- chung des Hirns zur Geltung kommen wird. Leider war das mir zu Gebote stehende Präparat gerade dicht hinter Beginn dieser Krümmung abgerissen; doch ist ihre Existenz auch durch Taf. IV, Fig. 30 und 36 des Sırasın'schen Werkes erwiesen. Schälen wir nun mit Hilfe des Zirkels das Hirn und die Sinnes- organe aus diesem Kopfe heraus, so erhalten wir Bilder, wie sie Fig. 6 und 15 zeigen. Die letztere Figur stellt das Hirn von Ichthyophis I in seinen äußeren Formverhältnissen dar; als wesentlichste Verände- rungen gegenüber Stadium I begegnen uns die Entstehung einer Nackenbeuge (Nö), als deren Ausdruck oben die hintere Krümmung des Kopfes beschrieben war; ferner die Scheitelbeuge (Sb) und die Bildung der Vorderhirnhemisphären. Das Zwischenhirn ist noch ein ansehn- liches Bläschen, dessen Decke eine nach rückwärts geschlagene Falte Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 383 (ZfI) bildet: es ist die zukünftige Zirbel. An die basalen Wände des Vorderhirns lehnen sich die fast eben so voluminösen Riechgruben an (Fig. 6). Die Augenblasen zeigen eine Verschiebung in dorsaler Rich- tung, sind auf dieser Entwicklungsstufe abgeschnürt und an Volumen im Vergleich zur Riechgrube und Gehörblase zurückgeblieben. Sie kommunieiren immer noch mit dem Ill. Ventrikel durch den hohlen Augenstiel (Ast). Die Gehörblase hat sich abgeschlossen und entsendet in dorsaler Richtung einen Ductus endolymphatieus. Auch die vier Ganglienanlagen sind schon ausgebildet; das mächtigste ist das Gan- glion Gasseri (GV), welches, wie wir oben sahen, sogar die äußere Form des Kopfes beeinflusst. Hinter ihm folgt ein größeres Facialisganglion (VIIG) und ein kleineres Acusticusganglion (GVIIT), welch letzteres zwischen der medialen ventralen Wand der Gehörblase und der late- ralen ventralen Wand der Medulla oblongata eingekeilt liegt. Hinter der Gehörblase befindet sich das Glossopharyngeus-Vagusganglion (GX), welches durch eine vordere, hinter dem Gehörbläschen eintretende Wurzel (Glossopharyngeus) und eine hintere (Vagus) mit der Medulla oblongata in Verbindung tritt. Noch ist hier die Raruke’sche Tasche zu erwähnen, welche eben im Begriff steht, sich von der Mundhöhle ab- zuschnüren und sich bereits dem Trichter anschmiegt (Hy). Bevor wir weitere Entwicklungsstufen betrachten, sei gestattet, die wesentlichsten Differenzen zwischen der Entwicklung des Kopfes und Hirns bei Ichthyophis und bei anderen Amphibien hervorzuheben. Im Gegensatz zu diesen, deren ganze Kopfform durch gierige Dotter- aufnahme zur Unkenntlichkeit entstellt ist, behält Ichthyophis Formen bei, welche mehr an diejenigen anderer Wirbelthiere erinnern. Man vergleiche nur Fig. 10 und 13 mit den entsprechenden Stadien der Unke (GoEtte, Fig. 52—54) oder von Triton (Reıckerr [2], Taf. II, Fig. 1 bis 8), so wird man sich leicht überzeugen, dass durch die Holoblastie der letzteren Amphibien und durch die mit der Holoblastie zusammen- hängende Veränderung der Dotteraufnahme wohl die Unförmlichkeit des Kopfes veranlasst wird, während schon die meroblastischen Sala- mandriden und noch in höherem Grade Ichthyophis die ursprünglichen Wirbelthierformen beibehalten. Als für Ichthyophis charakteristische Bildungsmomente der Hirnentwicklung sind nochmals die Nackenbeuge und die erhebliche Ausbildung der Scheitelkrümmung zu erwähnen, welche auch dazu beitragen, dem Kopfe von Ichthyophis ein edleres Gepräge aufzudrücken, als es andere Amphibien aufweisen können. Zum Vergleich muss ich hier auf die überraschende Ähnlichkeit unserer Fig. 6 mit Fig. 6, welche Hıs (28, p. 684) von dem menschlichen Em- bryo Br, giebt, besonders aufmerksam machen; zugleich bitteich, unsere 384 Rud. Burckhardt, Fig. 9 und 22, welche dem Axolotl und Salamander entnommen sind, in Betracht zu ziehen. In den folgenden Stadien werde ich von einer Beschreibung der äußeren Kopfform absehen, da sie, obwohl in ihren Grundlinien immer noch mit dem Plane des Hirns zusammenfallend, doch stark von den mesodermalen Bildungen beeinflusst wird. Fig. 16 giebt das Hirn eines Ichthyophisembryo gegen Ende der Eiperiode wieder (unser Stadium III). Der Krüämmungswinkel des Kopfes, welcher beim vorigen Stadium fast 90° betrug, hat sich wieder stark verflacht. Demnach haben sich auch die verschiedenen Hirnbeugen verändert: die Nackenbeuge erreicht ihr Maximum mit ca. 130°; die Brückenbeuge, welche auf dem vorher- gehenden Stadium ca. 430° betrug, ist zu einem rechten Winkel ein- geknickt, Hand in Hand damit hat sich an der dorsalen Wand das Hinterhirn in Gestalt einer Querfalte angelegt (Hh). Der Boden des Mittelhirns ist in Folge der starken Scheitelknickung dorsalwärts ge- rückt, so dass der Aquaeductus Sylvii ein relativ enges Lumen aufweist. Das Vorderhirn hat seine ventrale Lage verlassen und ist in Folge der starken Veränderung des Brückenbeugewinkels dorsal verschoben. Legt man Längsschnitte (Fig. 17) durch das Hirn auf dieser Entwick- _ lungsstufe, so erscheint die Verdickung der Hirnsubstanz besonders am Boden des Hirns; doch haben auch die Wände aller Hirnbläschen Verdickungen erfahren. In der bereits deutlich entwickelten weißen Substanz treten Faserzüge und Kommissuren auf, wie Fig. 17 andeutet. Die Rıruee’sche Tasche hat sich von der Mundhöhle vollständig abgelöst und dem Boden des Trichters ventral angelegt. Eine genauere Besprechung erfordert noch. die Veränderungen, welche mit dem Zwi- schenhirndach vorgegangen sind, da ein Verständnis für die definitive Ausbildung dieser Region nur auf entwicklungsgeschichtlichem Wege möglich ist. Die erste Anlage der Falte, aus welcher die Zirbel ent- steht, haben wir schon auf dem II. Stadium kennen gelernt (ZfT). Ich verweise hier noch auf den Medianschnitt durch ein Hirn von Salaman- dra maculosa (Fig. 22), welcher ebenfalls die Zirbelfalte zeigt (Z/T) und außerdem noch eine tiefe vordere Einsenkung (AfT) ; diese Einsenkung wird in der Folge zur hinteren Wand des Adergeflechtknotens, ganz so wie die Zirbelfalte zur hinteren Wand der Zirbel wird. In zweiter Linie bildet sich dann eine vordere Zirbelfalte (ZfIT), welche mit der ersten zusammen später die Zirbel vom Zwischenhirndach abschnürt; ferner eine vordere Adergeflechtfalte, welche zur Anlage der Plexus chorioidei laterales wird (Fig. 9 AfIT), indem sie das Hirndach vor sich her in die ersten Ventrikel treibt. Entgegen Ossornx (25, p. 59), welcher die Commissura superior als Grenze des Vorder- und Zwischenhirn- Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 385 daches annimmt, glaube ich, es sei wohl richtiger, dass die erste tiefere Einschnürung, die am Hirndach auftritt, nämlich die hintere Adergeflechtfalte als Grenze gelte, wenn überhaupt möglich ist, eine solche zu bestimmen und nicht eine Kommissur, welche erst später auftritt. Dazu kommt noch, dass, wenn wir die Commissura superior als Grenze gelten ließen, die Ganglia habenulae nothwendig zum Vor- derhirn gezählt werden müssen, da sie vor besagter Kommissur liegen. Fig. 17 stellt nur die Fortsetzung der Entwicklung der geschilderten vier Falten dar, mit der kleinen Modifikation, dass die Zirbel nicht wie bei Salamandriden kuchenartig, sondern bläschenartig ist; die hintere Adergeflechtfalte beginnt hier zu dem Plexus chorioideus medius aus- zuwachsen, und der Adergeflechtknoten knäuelt sich auf. Die Plexus der Hirnhemisphären aber spalten sich je in zwei Stämme, von denen der eine sich gegen das Zwischenhirn ausstreckt und in der Folge zu- erst sich in Zweige spaltet, indess der andere in den Hemisphärenven- - trikel eindringt und sich sodann in zwei Zweige spaltet, einen nach rückwärts umbiegenden, welcher den Ventrikeltheil des Temporal- lappens und einen, welcher das übrige Vorderhirn versorgt. Stadium IV. Das Hirn der letzten Etappe einer Ichthyophislarve stellt Fig. 19 dar. Die Larve hat bereits ihre Kiemen abgeworfen und schickt sich an, sich in die Erde einzubohren. Demgemäß hat der Kopf eine breite meißelartige Form angenommen, welche ihn zum Graben im Boden befähigt. Als Ausdruck dieser Depression des Kopfes macht sich eine allgemeine Abplattung des Hirns geltend. Diese Abplattung lässt sich etwa beurtheilen, wenn man zwei zu einander senkrechte Linien in der Medianebene wählt, von denen die eine die Trichter- region mit der höchsten Stelle des Mittelhirns und die andere das Nachhirn mit der vordersten Stelle des Vorderhirns verbindet. Dann gelten für die beiden Linien und für Stadium III und IV folgende Pro- portionen: Mh. Tr. Nch. Vh. Approxim. Verhältn. Ben ll... ......... 3 cm 5,5 cm ER See NV ........ 2,5 cm 9,3 cm 331 Dagegen ließe sich etwa einwenden, dass das Vorderhirn, welches an Volumen und Länge bedeutend zugenommen hat, zu Ungunsten der zweiten Proportion den Ausschlag gebe. Messen wir also die Längs- linie nur vom Nacken zum Corpus callosum, so ergiebt sich immer noch für Stadium III das Verhältnis 1 :1,25, und für Stadium IV 1: 2,2, was wohl die Abplattung hinreichend illustriren wird. Am Hirndache haben vom III. zum IV. Stadium weitere Zusam- 5 menschiebungen stattgefunden. So ist an der Commissura posterior Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LII. Bd. 26 386 | Rud. Burckhardt, eine starke Falte entstanden, welche Mittelhirn und Zwischenhirn trennt; als weitere Falten sind das Hinterhirn und die Plexus chorioi- dei des IV. Ventrikels zu verzeichnen; am ersteren unterscheiden wir deutlich ein Cerebellum und ein Velum medullare posterius, dessen laterale dorsale Partien reich gefältelt sind. Am Boden des Hirns ruft dieselbe Ursache, welche das Zusammenschieben der Decke veranlasst, eine Zugwirkung hervor; so wird der Trichter (I) unter der Brücke hervorgezogen und der ganze Zwischen- und Vorderhirnboden dehnt sich in die Länge; die Brückenbeuge spitzt sich stark zu und der Mittelhirnboden rückt nach hinten. Die Nackenbeuge kommt auf Medianschnitten kaum mehr zur Geltung. Die Plexus des Zwischen- und Vorderhirns, welche ja bei Ichthyo- phis eine besonders reiche Entfaltung erfahren, sind inzwischen zu lang verzweigten Büscheln ausgewachsen. Der unpaare Plexus chorioideus medius nimmt den ganzen dorsalen Theil des III. Ventrikels ein und erstreckt sich bis hinter die Commissura posterior. Der Adergeflecht- knoten hat unter Theilnahme der Pia eine Ausdehnung erreicht, wie sie bei erwachsenen Tritonen vorkommt. Die Plexus der Hemisphären . haben zuerst ihre gegen den Ill. Ventrikel gerichteten Stämme ausge- bildet; diejenigen des I. und II. Ventrikels haben durch Abgabe dorsal gerichteter Zweige die Form von »hirschgeweihähnlichen Körpern« (RATHkE) angenommen. | Interessant ist die Entwicklung der Hypophyse. Wir haben oben gesehen, dass sie beim erwachsenen Thier durch einen feinen Stiel des weit hinten liegenden nervösen Antheils noch mit der Trichterwand in Verbindung stand. Im Stadium der Larve zieht sich der Trichter zu einer dünnen Spitze aus, welcher der drüsige Theil ventral anliegt. Von einer Marksubstanz sind erst wenige Spuren in Gestalt spärlicher Granu- lationen vorhanden. Zu Ende der Larvenperiode legt sich dann die dor- sale Wand des Trichters an die ventrale dicht an und redueirt so das Lumen des Trichters. Zu einer eigentlichen Ablösung des nervösen An- theils der Hypophyse kommt es aber nicht und ich glaube, entgegen der üblichen Ansicht, wenigstens für Ichthyophis behaupten zu müssen, dass die Fibrillen, welche vom nervösen Theil der Hypophyse nach der Trichterwand hinstrahlen, nicht bindegewebiger Natur sind, sondern Fasern der Stützsubstanz aus der Trichterspitze des embryonalen Hirns. Das Vorderhirn erhält seine Ausbildung wesentlich während der Larven- zeit. Es gliedern sich die Lobi olfactorii ab; der Temporallappen nimmt allmählich an Volumen zu und lässt schon auf dieser Stufe seine ventrale Ecke erkennen. Auch die histologische Differenzirung ist schon weit gediehen; so macht sich z. B. das Corpus striatum durch eine lockere Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 337 Anordnung seiner Zellen bemerkbar; ferner sind beim Eintritt des Ol- factorius Glomeruli entstanden (vgl. Fig. 31 g]). Die Veränderungen, welche bis zur Ausbildung des Hirns beim er- wachsenen Thiere stattfinden, bestehen hauptsächlich in Massen- zunahme; außerdem aber in einer Art von Milderung der Formen: das Hirn nimmt im Verhältnis zur Länge an Höhe wieder etwas zu; so steigt auch wieder der Winkel der Brückenbeuge. Das Zwischenhirn aber wird durch den immer größer werdenden Adergeflechtknoten in die Tiefe gedrängt und von dessen hinterem Ende überlagert. Werfen wir vergleichsweise noch einen Blick auf die Entwicklung des Hirns bei Urodelen (wobei nur vorauszuschicken ist, dass sie bei den verschiedenen zugänglichen Formen kaum verschieden ist) so las- sen sich z. B. auf frühen Stadien die Gehirne vom Axolotl und Salaman- dra von denen des Triton höchstens durch ihre Umgebung (Dotter, Bindegewebe) unterscheiden. Während bei Ichthyophis eine Nacken- - beuge und die Brückenbeuge sehr stark entwickelt ist, vermissen wir die erstere bei Urodelen vollständig und die Brükenbeuge überschreitet überhaupt nie den Winkel, welchen Ichthyophis schon auf unserm Il. Sta- dium erreicht (Fig. 7, 8, 9). In Folge davon kommt es bei Triton und den anderen Urodelen auch nie zu dieser Verengerung des Aquaeductus Sylvii. Ferner bleiben die Falten des Hirndaches hinter denen von Ichthyophis zurück. Ossorn’s Fig. 7 nach zu urtheilen scheint bei Cryp- tobranchus sogar die Brückenbeuge zu fehlen und der Hirntrichter zeit- lebens auf der Entwicklungsstufe stehen zu bleiben, wie wir sie von der ausgewachsenen Ichthyophislarve geschildert haben. Die Entwicklungsgeschichte des Hirns, und wohl auch des Kopfes, von Ichthyophis zeigt also, dass wir es auf den ersten Stufen embryo- naler Entwicklung mit einer weitgehenden Anlehnung an Verhältnisse zu thun haben, wie sie bei höheren Vertebraten allgemein vorhanden sind. Das Maximum der Ähnlichkeit fällt in die Zeit zwischen unser Stadium II und Ill. Zur Zeit, wo die Ichthyophislarve im Wasser lebt, findet dann eine, als Rückbildung zu deutende, Abflachung der einzelnen Hirntheile statt; zu stärkerer Entfaltung gelangt indess das Vorderhirn und besonders die Lobi olfactorii, deren Entwicklung mit der Ausbil- dung einer komplicirten und hoch organisirten Nasenhöhle Schritt - hält, während andererseits der Opticus mit der Verkümmerung der _ Augen, also erst zu Beginn des Landlebens redueirt wird. Hirnnerven. | Was die Hirnnerven anlangt, so haben J. G. Fischer (3, p. k0 ff.), WIEDERSHEIM (10, p. 61 ff.) und Waroscummwr (18, p. 467—470) den- 26* 388 Rud. Burckhardt, selben ihre Aufmerksamkeit geschenkt und namentlich ihren periphe- ren Verlauf beschrieben, auf welchen ich in vorliegender Arbeit nicht eingehe, da ich es für zweckmäßiger halte, die Nervenverzweigungen mit den Muskeln zusammen zu behandeln. Spärlicher und unsicherer ist die Beschreibung der Hirnnervenaustritte und des centralen Ver- laufes ausgefallen, so finde ich z. B. keine sicheren Angaben über die Zahl der Vaguswurzeln von Ichthyophis. Dass ferner ein Acusticus exi- stire, haben erst in neuester Zeit P. und F. Sırasın (19, p. 215) sicher behauptet und seinen peripheren Stamm abgebildet; dagegen haben sie als außer dem Rahmen ihrer Arbeit stehend, seinen centralen Ver- lauf nicht verfolgt. Allerdings sind gerade für die Hirnnerven beson- dere Konservirungsmethoden nöthig, zumal da Deformirungen des Hirns bei einem so harten Schädel, wie ihn Ichthyophis besitzt, und Losreißen der Nervenwurzeln nur durch besondere Behandlung ver- mieden werden können. Wenn ich daher darauf angewiesen bin, manche Bilder von Larven zu geben, wo man sie lieber vom erwach- senen Thier gehabt hätte, so darf ich vielleicht die bessere Konservi- rung der histologischen Elemente bei Larven, sowie die größere Über- - sichtlichkeit ihrer Anordnung als Entschuldigung geltend machen. Olfactorius und Geruchsorgan, WIEDERSHEIN, welcher entdeckte, dass die Gymnophionen einen doppelten Riechnerven besitzen, glaubte in diesem Umstande einen wichtigen Unterschied von allen anderen Amphibien erkennen zu sollen; er ging sogar so weit, dass er die morphologisch unbedingt sensible Natur dieses Nerven in Frage stellte und ihn mit einem Spinalnerven verglich. Des Weiteren spricht er sich dahin aus (14, p. 334), der Olfac- torius der Urodelen entspreche in allen seinen Beziehungen zum Vor- derhirn entschieden dem unteren Zweige des Riechnerven bei Anuren- larven und Gymnophionen. Seither ist durch P. und F. Sarasın (19, p. 175—193) das Geruchs- organ von Ichthyophis glutinosus einer eingehenden Bearbeitung unter- worfen und die Frage der Duplieität des Olfactorius in so fern ihrer Lösung genähert worden, als die beiden Forscher, gestützt auf Verglei- chung ihrer Befunde mit denen von Leryvic, Ecker und J. G. Fıscuer an Anuren und Schlangen zu der Ansicht gekommen sind, dass die beiden Olfactorii der Gymnophionen den beiden Olfactoriusästen jener Thiere zu homologisiren seien. Diese Auffassung gründete sich namentlich auf die Thatsache, dass hier wie dort der ventrale Olfactoriusast das Jacogson’sche Organ innervirt. Bei dieser Gelegenheit sprachen sie die Ansicht aus, es könnte der von Brauer (13, Fig. 33) für eine Sala- Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 389 manderlarve und der von Born (8) für den erwachsenen Triton abgebil- dete Divertikel. des Nasenraums dem Jacosson’schen Organ!der Gym- nophionen homolog sein. P. 187 sagen sie: »Wenn eine entwicklungs- geschichtliche Untersuchung bestätigen sollte, dass der von Braur gezeichnete, wie es scheint mit Sinnesepithel ausgestattete Divertikel wirklich die Anlage eines Jacossow’schen Organs darstellt und wenn ferner der daraus hervorgehende Nasentheil des erwachsenen Salaman- ders bloß einen niedrigen Epithelbelag trägt, dann würde Salamandra von Formen abzuleiten sein, denen ursprünglich ein Jacosson’sches Organ zukam.« Diese Äußerung legte mir nahe, zu untersuchen, ob die ver- muthungsweise als Jacossow’sches Organ gedeutete Bucht bei Salaman- dern wirklich in ihrer Entwicklung derjenigen von Ichthyophis gleiche und ob sie den dazu nöthigen Erfordernissen entspreche. Als fernere Aufgabe stellte ich mir die, den Olfaetorius von Ichthyophis mit dem- - jenigen der Salamander auch entwicklungsgeschichtlich zu vergleichen ; wenn ich dabei nicht Salamandra maculosa,, sondern Triton alpestris als Vergleichsobjekt wähle, so geschieht es desswegen, weil gerade die hier in Betracht kommenden Stadien von Salamandra am schwersten zu beschaffen sind. Dass große Differenzen zwischen den Land- und Wassersalamandern in Hinsicht auf das Geruchsorgan bestehen dürften, ist, wie mir scheint, um so weniger zu erwarten, als die Übereinstim- mung zwischen Triton und Ichthyophis sich als überaus weitgehend herausstellen wird. Fig. 23 und 24 geben zwei auf einander folgende Schnitte durch die Nasenhöhle einer Tritonenlarve von 12 mm Länge wieder. Die Riechschleimhaut (Rschl) ist nur in ihren unteren Partien angegeben; ihr Querschnitt ist im Ganzen ein nierenförmiger, während, in Folge der verschiedenen Wanddicke der Riechschleimhaut der Querschnitt der Nasenhöhlung (n}) gestreckter und von der Form eines Blattes ist, dessen Spitze dorsal gerichtet ist und dessen Stiel ventral gegen die Medianebene hin umbiegt; mit anderen Worten: die Nasenhöhle hat in dem durch untere Schnitte getroffenen Bereiche eine feine ventral und median gerichtete blinde Ausstülpung (jdr), welche sich von der übrigen Riechschleimhaut durch ein niedrigeres Epithel unterscheidet. Mit star- ken Systemen lässt sich ferner erkennen, dass die gesammte ventrale Gegend der Schleimhaut Nervenfasern entsendet, welche sich zum ven- tralen Olfactoriusast (Olf.v.) zusammenthun. Eine Parallele zur Me- dianebene habe ich mit m bezeichnet, um das Verständnis der Stellungs- "änderungen der Nasenhöhle zu erleichtern. Suchen wir auf einem späteren Stadium den beschriebenen 390 Rud. Burckhardt, Divertikel der Nasenhöhle wieder und wählen wir hierzu eine Tritonen- larve von 18mm, so zeigt sich, dass die gesammte Nasenhöhle eine Ver- schiebung in ihrer Lage zur Medianebene erfahren hat, und zwar so, dass ihre ventrale Partie in lateraler Richtung ausgewichen ist (Fig. 25). Der oben beschriebene Divertikel hat sich zu einer mit reichlichem Sinnesepithel ausgekleideten Bucht erweitert; (jo)_sein blindes Ende ist auf dem Stadium eines einschichtigen Epithels verblieben und hat sich zu einem nach der Medianebene gerichteten Drüsenschlauch ent- wickelt (jdr). Ein Vergleich unserer Fig. 25 mit Fig. 26 und 28 auf Taf. XVII des Sarasın’schen Werkes scheint mir die Identität mit der als Jacosson’sches Organ bezeichneten Bildung vollständig darzuthun; auch wird wohl kaum zweifelhaft sein, dass der dort als Jacosson’sche Drüse bezeichnete Anhang der Riechschleimhautbucht mit unserer drü- senartigen Bildung identisch ist. Ferner ist das fragliche Gebiet der Riechschleimhaut hier wie dort vom ventralen Olfactorius innervirt. Ich halte mich also für berechtigt, die geschilderte Bucht, dem Vorgange der Sarasın folgend, als Jacosson’sches Organ aufzufassen. Es gilt nun noch die weitere Entwicklung des Jacosson’schen Organs und seiner Drüse zu verfolgen. Zunächst zeigt Fig 26 seine Beschaffen- heit bei einem Triton gegen Ende des larvalen Lebens. Der ganze Ge- ruchssack ist in dorsoventraler Richtung etwas komprimirt, so dass der lateralmediane Durchmesser jetzt den dorsalventralen an Länge übertrifft: ein Verhältnis, das in der Folge noch stärker zum Ausdruck kommt. Das Jacossox’'sche Organ hat sich immer mehr nach der Seite hin verschoben und weist immer noch ein reich entwickeltes Sinnes- epithel auf, das dem übrigen gleich kommt. Auch der ventrale Olfac- toriusast lässt seine Beziehungen zum Jacogson’schen Organ und zum Boden der Nasenschleimhaut noch deutlich erkennen. Die Jacosson’sche Drüse hat sich in die Länge gestreckt und beginnt sich zu verzweigen. Leider steht mir kein Präparat aus der Zeit der Metamorphose zu Gebote, welches die Umwandlung der hochorganisirten Nasenschleim- haut in diejenige Form erkennen ließe, wie sie das definitive Thier aufweist. Eine Abgliederung in Sinnesknospen findet schon gegen Ende der Larvenperiode statt, doch fällt ihre Abrundung, wie so viele andere Differenzirungen in die Zeit der Metamorphose. Dazu kommen die Bownman’schen Drüsen, welche namentlich am dorsalen Übergange der Riechschleimhaut ins Jacosson’sche Organ gruppirt sind. Dieses selhst ist an Entfaltung hinter der Riechschleimhaut zurückgeblieben und kommt ihr schon an Dicke der Wandungen nicht gleich. Immerhin bleibt das Sinnesepithel wie es war, doch findet keine Zusammen- fassung zu Sinnesknospen statt, was ein Zurückbleiben im Vergleich Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis, 391 zur übrigen Nasenschleimhaut bedeutet. Die Jacogson’sche Drüse bildet an der Basis des Geruchssackes ein reichverzweigtes Asiwerk und zeigt im Übrigen ein von der dorsalen Nasendrüse nicht abweichendes Gepräge. Um die große Ähnlichkeit nachzuweisen, welche zu gewissen Zeiten zwischen der Form des Geruchssackes bei Ichthyophis und Triton be- steht, habe ich in Fig. 28 die Abbildung eines Modelles wiedergegeben, welches den linken Geruchssack einer 18mm langen Larve von Triton alpestris veranschaulicht. Man vergleiche damit Fig. 31 Taf. XVII des Sırasın’schen Werkes und es wird kein Zweifel mehr über die Homo- logie des Jacosson’schen Organs bei Ichthyophis und Triton bestehen. In beiden Bildern erscheint es als $-förmig gekrümmter Schlauch (jo), welcher vor der Choane von der Nasenhöhle abzweigt und in schwa- chem Bogen sich medianwärts richtet, um auf halbem Wege zur Nasen- öffnung blind zu endigen. Die Drüse ist dabei weggelassen, kann aber leicht mit Hilfe von Fig. 25 zugedacht werden. Zur Kontrolle habe ich auch den Geruchssack eines späteren Stadiums von Triton rekonstruirt und finde, dass die Unterschiede gegenüber Ichthyophis nur unter- geordneter Natur sind; bei Triton ist der ganze Geruchssack etwas weniger flach gedrückt, überhaupt schwächer ausgebildet, ferner mün- det der Thränennasengang bekanntlich weiter vorn und nicht wie bei Ichthyophis ins Jacosson’sche Organ; auch fehlt Triton der von P. und F. Sırasın bei Ichthyophis entdeckte Choanenschleimbeutel. Doch wird keiner dieser drei Punkte von wesentlicher Gefahr für obige Deutung des Jacosson’schen Organs sein. Wir kommen nun zum zweiten Punkte, den wir am Anfang dieses Abschnittes erwähnt haben: dem Verlauf des Olfaetorius zwischen Nasenschleimhaut und dem Lobus olfactorius des Hirns. Urodelen sind leider für Untersuchung der Histiogenese des Olfactorius ein wenig günstiges Objekt und ich nehme einstweilen an, dass der von Hıs und von KörLiker für Säugethierembryonen beobachtete Entwicklungsmodus der Nervenfasern des Olfactorius in centripetaler Richtung auch wohl für niedere Wirbelthiere gelte. In Fig 29 und Fig 30 bilde ich zwei Schnitte ab, welche in vertikaler Richtung parallel der Medianebene durch Vorderhirn und Nasengrube eines Ichthyophisembryo, III. Stadium, geführt sind. Der Schnitt Fig. 30 ist um einige Schnitte lateral von _ Fig. 29. Auf dem ersteren ist der ventrale, auf dem letzteren der dor- sale Olfactoriusast getroffen. Beide verlaufen zu derselben Vorwölbung am Vorderhirn und es ist höchst beachtenswerth, dass hier der Eintritt der Olfactoriusäste an einen relativ entfernten Punkt des Vorderhirns _ verlegt ist, während doch bei Säugethieren der Olfactorius in die der 392 Rud. Burckhardt, Riechschleimhaut zunächst liegenden Gebiete einzutreten pflegt. Wenn also an eine Vergleichung des Olfactorius zu denken ist, ganz abgesehen von der Frage, ob eine solche Homologisirung überhaupt für das prä- chordale Hirn zulässig sei oder nicht, so ist einzig denkbar, dass man beide Olfactoriusäste mit einer sensiblen Wurzel vergleiche, ohne dass man, mit WiEDERSBEIM (1%, p. 334) für jede derselben einen besonderen Entwickiungsmodus annimmt. Im Laufe der weiteren Entwicklung von Ichthyophis wird nun der Geruchssack aus seiner ventralen und lateralen Lage in dorsaler Rich- tung verschoben, und er nimmt, kraft seiner mächtigen Ausdehnung, fast den gesammten Raum zwischen Schnauzenspitze und Vorderhirn ein, so dass ihn bei der ausgewachsenen Ichthyophislarve nur das Ethmoid und die Dura mater vom Vorderhirn trennt (Fig. 31). Dorsal und ven- tral von der Riechschleimhaut verläuft je ein Olfactoriusast (Olf.d und v); beide treten getrennt in den Lobus olfactorius ein. Bei genauerer Ver- folgung der Olfactoriusfasern aber macht sich eine auffallende Anord- nung derselben innerhalb des Lobus olfactorius bemerkbar. Die dor- salen Fasern treten nicht nur in den dorsalen Theil des Lobus olfactorius ein, sondern ein Theil derselben zieht in S-förmiger Krümmung in den ‘ ventralen Theil des Lobus olfactorius; eben so entsendet der ventrale Olfactoriusast Fasern sowohl nach dem Boden, als auch nach dem Dache des Lobus olfactorius. Hierdurch entsteht ein System von gekreuzten und ungekreuzten Fasern, wohei gewöhnlich nicht einzelne Fasern ein- ander kreuzen, sondern größere Faserbündel sich durchflechten, so dass Bilder zu Stande kommen, wie wir sie vom Chiasma nervorum optico- rum bei Reptilien kennen. Körpen (22, p. 25) scheint auch gesehen zu haben, dass die Auflösung der Olfactoriuswurzeln beim Frosch, nach ihrem Eintritt ins Hirn, sich zu Bündeln gruppirt, gegenseitig durch- weben. Ich muss noch zufügen, dass in dem eben geschilderten Stadium der Larve die Glomeruli (gl) auftreten und die einzelnen Faser- bündel von einander trennen. Fassen wir zum Vergleich mit Ichthyophis die Entwicklung des Olfactorius bei Triton alpestris ins Auge, so begegnen wir Verhältnissen von frappanter Ähnlichkeit. Fig. 32 stellt einen Querschnitt durch Vorderhirn und einen Theil der Nasengrube dar, zwischen beiden spannt sich der Olfaetorius aus, dessen Äste schon ein ansehnliches Kaliber erreicht haben. Bei näherer Betrachtung sieht man aufs klarste, dass ein ventraler und ein dorsaler Ast aus gesonderten Gebieten ent- springend unter gegenseitiger Kreuzung in denjenigen Theil des Vor- derhirns eintreten, der sich später als Lobus olfactorius abhebt. Der Verlauf der Fasern beider Äste lässt sich bei Anwendung eines Färbe- Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 393 mittels, das auch marklose Nervenfasern färbt (DeLarıeın’sches Häma- toxylin oder Bleu de Lyon), sowie auch an der Richtung der Kerne konstatiren: vom dorsalen Ast biegt ein Theil der Fasern dorsal um, ein anderer Theil ventral; dem entsprechend entsendet der ventrale Olfactoriusast einen Theil ventral, den anderen dorsal ins Vorderhirn. Auch die Durchflechtung größerer Faserbündel, wie sie bei Ichthyo- phis vorkommt, vermissen wir hier nicht. Ein kleines rautenförmiges Feld zwischen der Kreuzungsstelle der Olfactoriusäste und der weißen Substanz des Vorderhirns ist dadurch zu Stande gekommen, dass der abgebildete Schnitt nicht absolut genau mit der Ebene des Chiasma zusammenfällt. Mutatis mutandis wird es aber nicht schwer fallen diese Figur auf Fig. 31 zu beziehen. / Aus diesem Verhalten des Olfactorius bei der Tritonlarve ist allein dasjenige des erwachsenen Thieres und der älteren Larve zu begreifen. Auch bei Triton verschiebt sich, wie bei Ichthyophis, der Geruchssack mit der Entwicklung des Kopfes. Während er bei der eben beschrie- benen jungen Tritonenlarve dem Vorderhirn ziemlich nahe lag (in noch früheren Stadien liegt er ihm dicht an und presst sogar eine Vertiefung ein), hat er, wie Fig. 33 zeigt, zu Ende der Larvenperiode einen be- trächtlichen Abstand erreicht. Die Olfactoriusäste verlaufen auf eine geraume Strecke durch zartes Gallertgewebe und empfangen daher kleinere Ästehen auch noch beim Eintritt in die Schädelhöhle, hier liegen sie, obwohl streng gesondert, einander eng an und beginnen alsbald sich in der oben beschriebenen Weise zu verflechten. In Fig. 34 habe ich noch den Olfactorius eines ausgewachsenen Triton taeniatus abgebildet; hier wie in der vorhergehenden Figur fallen die vertikalen Längsschnitte so, dass der Olfactorius in ihrer Ebene liegt, was von der schon besprochenen Lageveränderung der Nasen- höhle in Bezug auf das Vorderhirn seinen Grund hat. Ich glaube also, durch vorliegendes Material gezeigt zu haben, dass in Hinsicht auf den Olfactorius zwischen Ichthyophis und Triton kein fundamentaler Unterschied besteht, wie WIEDERSHEIM annahm, sondern dass der Unterschied ein gradueller ist, bedingt durch die Verschieden- heit im Aufbau des Köpfes, in erster Linie des Geruchsorgans. Auch der Umstand, dass bei Pipa dorsigera (3, Taf. II, Fig. 1) und Salamandra maculosa ein doppelter Olfactorius vorhanden ist, spricht für diese Auffassung des Olfactorius. Bei Ichthyophis fällt die Wand des Schä- dels dicht zwischen Geruchssack und Vorderhirn; bei dem weniger koneinn gebauten Triton trifft sie den Verlauf des Olfactorius weiter hinten. In beiden Fällen tritt zu gewissen Zeiten eine halbchiasmati- - sche Anordnung der Olfactoriusfasern mehr oder weniger deutlich zu 394 Rud. Burckhardt, Tage. Ein Grund zur Annahme einer verschiedenen Entstehungsweise lässt sich also nicht finden, und die einzige morphologisch berechtigte Spekulation kann die sein, dass in beiden Fällen der Olfactorius sich wie eine sensible Nervenwurzel verhalte. Die Augenmuskelnerven. Bei Triton sind alle drei Augenmuskelnerven vorhanden und ver- halten sich genau so, wie Stıeva für den Axolotl angegeben hat. Wenn daher Osgorn’s Abbildung (Fig. 6) exakt ist, so ist die Austrittsstelle für den Abducens variabel; denn Oszorn verlegt ihn in oder sogar vor das Trigeminusgebiet, während ich mit Srıepa seinen Kern und seine Austrittsstelle hinter dem Facialisgebiet unweit der Medianebene finde; von da verläuft er schief nach vorn, um ins Gasser’sche Ganglion ein- zutreten; doch konnte ich eine Verbindung seiner Fasern mit Ganglien- zellen nicht finden. Der Trochlearis ist bei Triton sehr zart, doch konnte ich die Kreuzung seiner Fasern am Isthmus sowie seinen Austritt beobachten, wie ihn Ossorn und Srıeva beschreiben. Bei Ichthyophis ist es mir eben so wenig wie WIEDERSHEIM und Warnschuipr gelungen den Troch- ‘ learis und den Abducens aufzufinden; aber ich möchte nicht bestreiten, dass sie an Material, welches eigens zum Zweck von Nervenunter- suchung konservirt wäre, könnten gesehen werden, und glaube es seien einstweilen aus dem Umstande, dass diese beiden Nerven bis jetzt noch nicht zur Beobachtung gelangten, keine weiteren Schlüsse zu ziehen. Der Oculomotorius entspringt unmittelbar vor dem Isthmus. Osgorn (25, p. 70) sieht die Commissura posterior in der Nähe des Oculomotoriuskerns enden und glaubt, dass ihre Fasern in die betreffen- den Ganglienzellen eintreten. Mir ist an Präparaten, die nach sorgfäl- tigen Methoden (Par, DerArızın) behandelt waren, nicht gelungen, mich von der Richtigkeit dieser Auffassung zu überzeugen; vielmehr scheint mir die Commissura posterior ende in Zellen, welche den Oculomotorius umgeben. Bei Ichthyophis sah ich besonders an Larven diesen Nerven in der von Warpschumwr beschriebenen Weise (18, p. 468) verlaufen und habe jener Beschreibung nichts Neues beizufügen. Trigeminus. Der Trigeminus von Triton stimmt vollständig in seinen Wur- zeln mit dem von Cryptobranchus überein, wie ihn OsBorn für dieses Thier beschrieben hat. Dagegen ist der Trigeminus bei Ichthyophis wesentlich stärker als bei anderen Amphibien entwickelt. Sein moto- rischer Kern ist aus einer langen Reihe großer Ganglienzellen gebildet, Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 395 welche die ganze Vorderseite der Brückenbeuge ausfüllen. Der zahl- reichen Faserkreuzungen wurde schon bei der Hirnbeschreibung ge- dacht, und eben so des mächtigen Mittelhirntrigeminuskerns. Außer diesen beiden motorischen Kernen nehmen am Trigeminus Theil: 4) eine aufsteigende Wurzel, welche vom Rückenmark herkom- mend, der dorsallateralen Kante entlang zieht, um die eine sensible Wurzel zu bilden, und 2) eine sensible Wurzel, die ihre Endstation in der lateralen Wand der Brücke hat. Acustico-facialis. Der Besprechung der einzelnen Kerne und Wurzeln muss ich hier einige Beobachtungen über eine Bahn vorausschicken, welche von jeher besonderes Interesse erregte: die gekreuzten Mürzer’schen Fasern (Mil) und ihre größte Vertreterin, die Mauruner’sche Faser (MF). Ich bin leider auch nicht im Stande definitiv ihre Relationen zu den Acusticuswurzeln festzustellen, doch glaube ich, auf einige mit dem Wechsel des umgeben- den Mediums Hand in Hand gehende Veränderungen der Mautaner’schen Faser und der dazu gehörigen Zelle hinweisen zu müssen. Zunächst muss ich konstatiren, dass die Maurnner'sche Faser stets nur beiLarven von Amphibien durch erhebliche Größe sich auszeichnet. So besitzt sie der Axolotl (7, p. 292) und alle Tritonenlarven; außerdem unterscheidet sie sich auch bei Teleostiern (Mavser) und Petromyzon (AHtsorn) durch ihre Größe von den übrigen Mürrer’schen Fasern. Andererseits bleibt sie an Größe zurück bei dem derotremen Cryptobranchus und bei den nur kurze Zeit im Wasser lebenden Larven von Salamandra und Ichthyo- phis. Beim erwachsenen Triton behält die Faser ihr starkes Kaliber, doch zeichnet sich die zugehörige Zelle nicht mehr so durch Größe vor den umgebenden großen Ganglienzellen aus. Ich glaube, dass dieser Variabilität im Vorkommen der Maurnner’schen Faser eine mit dem umgebenden Medium zusammenhängende Veränderung zu Grunde liege. Freilich kann ein Entscheid erst dadurch herbeigeführt werden, dass man andere Verfahren, als die für diesen Fall ungenügenden Fär- bungen anwende. In Fig. 38 gebe ich einen halben Querschnitt durch die Medulla oblongata einer ausgewachsenen Larve von Triton crista- tus, wobei gerade diese große Zelle (Rz) getroffen wurde. Mir scheint, dass ihre Protoplasmaausläufer nach der eintretenden zweiten Acusti- euswurzel ausstrahlen, indess der Achsencylinder der Medianebene zu- läuft, um in scharfem Bogen sich mit dem der entgegengesetzten Seite zu kreuzen. In der Umgebung dieser Riesenzelle liegen noch mehrere große Ganglienzellen, welche ihre Fasern zum Theil gekreuzt, zum Theil ungekreuzt als ventrale Facialiswurzel austreten lassen. Ventral von 396 Rud, Burekhardt, der großen Zelle und meist aus Mürzer’schen Fasern gebildet, zweigt die dritte und vierte Acusticuswurzel ab (VIZ/T5 u. #), und ventral von diesen Wurzeln ist auf dem Querschnitt die aufsteigende Trigeminus- wurzel getroffen. Ferner treten am dorsallateralen Rande der Oblon- gata die sensible Facialiswurzel ein (VI//2), und eine (oder zwei): moto- rische Facialiswurzeln aus (V//1 u. 1°). In Fig. 35 habe ich einen Querschnitt durch den Rand der Medulla oblongata einer Ichthyophislarve abgebildet, auf welchem verschiedene Wurzeln des Acusticus und Facialis zu sehen sind. Beginnen wir ven- tral, so begegnen uns zuerst die dritte und vierte Acusticuswurzel (VI11I5, #4), welche sich durch engere Gruppirung und stärkere Achsen- cylinder deutlicher erkennen lassen, als die übrigen Acustieuswurzeln, von denen unser Schnitt zwei trifft. Das Acustieusganglion (GgVIIT) erscheint als ovale der Medulla oblongata dicht anliegende Masse; auf demselben Schnitt ist die Macula sacculi (NM.sc.c) getroffen, und man sieht am Boden derselben deutliche Nervenfasern verlaufen, welche kurz abgeschnitten sind. Um ihren Zusammenhang darzuthun, bilde ich in Fig..36 einen etwas weiter vorn liegenden Schnitt ab, woselbst der Verlauf des Ganglions und sein unstreitiger Zusammenhang mit der 'Macula sacculi besser zu sehen ist. Vom Facialis ist auf Fig. 35 ein Theil des motorischen Kerns, und auf Fig. 36 die Fortsetzung desselben getroffen. War es schon nach der schönen Beschreibung, welche P. und F. Sarasın (19, p. 207—221) von den peripheren Enden des Acusticus gegeben haben, kaum mehr zu bezweifeln, dass auch bei Ichthyophis ein Acusticus vorhanden sein müsse, so hielt ich mich doch für ver- pflichtet, diese Figuren wiederzugeben, welche zeigen, dass Ichthyophis, genau so wie Triton und Cryptobranchus vier Acusticuswurzeln besitzt, welche bei einigermaßen günstiger Konservirung (was allerdings bei Larven leichter möglich ist als bei erwachsenen Thieren) zu Tage treten. Auch die großen Ganglienzellen, welche mit dem Acusticus in irgend einer, noch nicht näher bekannten, Beziehung stehen, sind bei Ichthyo- phis vorhanden, so dass ich glaube, es liege keinerlei Grund vor, bei der starken Entfaltung der centralen Bahnen und Nuclei, deren Ausdehnung sogar zu einem besonderen Tuberculum acusticum Veranlassung giebt, eine Verkümmerung des Acusticus anzunehmen. Vagus-Glossopharyngeus. An Tritonen lassen sich schon bei einer Körperlänge von 12 mm sieben Vaguswurzeln und drei Glossopharyngeuswurzeln erkennen, ganz so wie OsBorRn (25, p. 61) für Cryptobranchus beschreibt. Diese Wurzeln Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis, 397 gruppiren sich später zu Ästen und zwar so, dass die drei Glossopharyn- geuswurzeln zu einem vordersten, weit vorn entspringenden, Ast und die Vaguswurzeln zu drei das Ganglion direkt mit der Medulla oblongata verbindenden Ästen sich vereinigen. Hiebei verbinden sich die beiden vorderen sensiblen und die vorderste motorische Wurzel zu einem Aste, die vier übrigen Wurzeln je zwei zu einem motorischen Aste. Der letzte Ast erhält seine Fasern theils aus einer aufsteigenden motori- schen Bahn (Fasciculus solitarius), theils aus einem ihm nahe gelegenen lateralen motorischen Kern; der vorletzte Ast aus lateralen und ven- tralen Ganglienzellen der Medulla oblongata; der vorderste Vagusast besteht aus einer mittleren motorischen Wurzel und aus zwei seitlichen, deren Fasern sich in dorsalen Gebieten auflösen. Der Glossopharyngeus entspringt aus den ihm zunächst liegenden motorischen Kernen und sendet einen sensiblen Theil seines vordersten Astesin dorsale Regionen. Genau dieselben Verhältnisse, wie Osgorn sie bei Gryptobranchus sah und wie ich sie für Triton bestätigen kann, finde ich bei Ichthyophis wieder: drei Glossopharyngeuswurzeln; sieben Vaguswurzeln (Fig. 18), obschon ja sonst gerade dieses Nervengebiet am ehesten Schwankungen in Anzahl und Gruppirung ausgesetzt zu sein pflegt. Das Vagusganglion, welches auch den Glossopharyngeus auf- nimmt, zeigt schon auf frühen Entwicklungstufen eine deutliche Son- derung in zwei Abtheilungen: 1) eine vordere mit relativ kleinen Zellen, deren Kern sich intensiv mit Karmin färbt, mit schwachem Leib; 2) eine hintere Abtheilung mit großen Ganglienzellen, deren Kerne blass bleiben und eher geneigt sind zur Aufnahme von Anilinfarbstoffen. Beiderlei Zellen sind in die von Stıepa (7, p. 291) beschriebenen Bindegewebs- zellen eingehüllt. Bei Ichthyophis lässt sich in dem III. Stadium die Abschnürung eines Ganglions beobachten, welches vom Vagus in ven- traler Richtung nach hinten sich ablöst: es wird später zu einem sym- pathischen , welches, ventral von dem mächtig entwickelten hinteren Theile des Vagusganglions liegend, mit ihm durch einen starken Ner- venstamm verbunden ist. Schlussbemerkungen. Osgorn (25, p. 56—59) bemüht sich:in einem besonderen Ab- schnitt seiner an Beobachtungen reichen Arbeit, mit Hilfe der verschie- denen Kommissuren des Amphibienhirns eine Metamerie des Gehirns nachzuweisen, wobei die Kommissuren, sowie die durch sie geschie- denen Abtheilungen als homologe Bildungen resp. Abschnitte hingestellt werden. Abgesehen davon, dass eine so wichtige und komplicirte Frage, _ wie die Metamerie des Nervenrohres sich wohl kaum auf drei Seiten 398 Rud. Burckhardt, dürfte abthun lassen, scheinen mir gerade die Amphibien aus Gründen, die schon lange von GEGENBAUR und HaEckEL ausgesprochen werden, so ziemlich das ungeeignetste Objekt zu sein, welches man den Anschau- ungen über die Urgeschichte des Kopfes könne zu Grunde legen. Um somehr als bei näherer Betrachtung die von Ossorx stillschweigend als homolog angenommenen Kommissuren doch etwas sehr verschiedene Bildungen sind. So sagt z. B. Ossorx selbst von der »Commissura poste- rior« sie sei eigentlich gar keine Kommissur: »It has been stated, that the posterior commissure, which invariably marks the dorsal boundary between the dien- and mesencephalon, is not a commissure in the striet sense of the word, but consists of fibres from the two tegmental tracts decussating to the opposite side of the brain.« Dieses Resultat einer Untersuchung PawLows&y's!, welches von v. Misarcovics (9,p. 73 und 7%) bestätigt wurde, beweist doch, dass wir es hier mit einem komplieirten Fasersystem zu thun haben, welches sich nicht ohne Weiteres dazu benutzen lässt, als Scheidewand zwischen Neuromeren zu dienen. Warum sollen überhaupt gerade die Kommissuren einen so eminenten Werth für die Neuromerie haben? Ossorn legt großes Gewicht darauf, dass eben alle drei dorsalen Kommissuren zur selben Zeit entstehen, _ wie er beim Frosch will gesehen haben, p. 58: » These commissures de- velop nearly, if not quite, simultaneously with the anterior commissure, at the period immediately following the constrietion of the neural tube into four vesicles.« Untersucht man aber die Bildung der Kommissuren vor der »Abschnürung in vier Bläschen«, so sieht man, dass die Comm. posterior zuerst auftritt und lange vor der Viertheilung des Hirns, zu einer Zeit, wo die ganze übrige Decke noch aus einem flachen Epithel besteht, gebildet wird. In zweiter Linie entstehen die Faserzüge des CGerebellum; dann die (ventral gelegene) Comm. anterior und erst zu- letzt die Commissura superior. Allerdings musste Ossorn an einem Froschgehirn, das seinem Holzschnitt 2 entspricht, die drei dorsalen Kommissuren gesehen haben; doch ist dieses Stadium viel zu alt, um ihre Entstehung zu verfolgen. Ich habe schon oben darauf aufmerksam zu machen gesucht, welchen Schwierigkeiten wir uns aussetzen, wenn wir die Commissura superior als Grenze zwischen dem Zwischenhirn und Vorderhirn annebmen: die Ganglia habenulae würden ins Vorder- hirn gelegt etc. Ist es denn nicht besser, die hintere Adergeflecht- furche, welche die erste tiefere Einsenkung des embryonalen Amphi- bienhirns ist, als Grenze anzunehmen, welche Auffassung auch mit den bisherigen Begriffen der Hirnanatomie im Einklange steht? 1 Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 1874. Untersuehungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. 399 Reichere Ernte als bei allen metamerentheoretischen Spekulationen am Hirn der Amphibien einzuheimsen ist, bietet wohl die Phyloge- nese. Zwar ist es sehr schwierig, die Momente des Hirnaufbaues nach ihrem theoretischen Werthe abzuschätzen,, doch wird immer die Ver- gleichung der Gehirne verschiedener Gattungen und Arten uns einen gewissen Maßstab für die Vergleichung auch eines einzelnen Organ- systems abgeben dürfen. Wir haben gesehen, dass Schwankungen des Volumens einzelner Hirnabschnitte (Vorderhirn und Mittelhirn) inner- halb weiter Grenzen bei sonst nahe verwandten Arten vorkommen. Es dürfte also vielleicht wenig Gewicht auf die bloße Größe des Vorderhirns zu legen sein, da ja sogar auch der relativ embryonale Pro- teus ein Vorderhirn besitzt, das an Volumen dem von Salamandra ma- culosa oder Triton viridescens gleich kommt und andererseits Triton helvetieus an relativem Volumen des Vorderhirns Ichthyophis glutinosus nahe steht. Wichtiger erscheint mir die prägnante Abtheilung einzelner Gehirnpartien, so der Lobi olfactorii, welche bei Triton weiter ge- diehen ist, als bei den amerikanischen Amphibien, welche Ossorn ab- bildet, und, worauf WIEDERSHEIM zuerst verwies, bei Ichthyophis tiefer greift als bei anderen Amphibien. Hierher gehört auch die deutliche Abgrenzung des Mittelhirns von Ichthyophis gegen das Zwischenhirn, sowie die nicht minder scharfe Abgrenzung der Medulla oblongata gegen das Cervicalmark (vgl. Fig. 1 und 2). Wohl der sicherste Maß- stab, den uns die Hirnanatomie für die vergleichende Beurtheilung eines Hirns an die Hand giebt, ist die Krümmung der Hirnachse und die Verschiedenheiten ihrer Krümmung; denn die Hirnachse ist nicht nur der Ausdruck der im Laufe der ontogenetischen Entwicklung vor sich gehenden Verschiebungen des Hirns und seiner Wände, sondern sie ist mit bedingt durch die Ausbildung des gesammten Kopfes. Von sekun- därer Bedeutung können auch die Entfaltung der Plexus, der Epiphysis, der Hypophysis und die durch die Größe der Sinnesorgane bedingten Unterschiede in der Größe der centralen Gebiete sein. Vergleichen wir nun auf Grund dieser Gesichtspunkte das Hirn von Ichthyophis mit dem von Triton und der amerikanischen Urodelen, so finden wir zunächst, dass die Entwicklungsgeschichte des Hirns von Ichthyophis erheblich von derjenigen der Urodelen abweicht und zwar so, dass Ichthyophis Stadien durchläuft, welche entschieden Embryo- nalstadien höherer Wirbelthiere nahe kommen; dass ferner diese An- näherung mit Beginn des larvalen Lebens wieder verwischt wird und dass sich das Hirn alsdann in Anpassung an die neuen Lebensbedin- . gungen weiter verändert. Diese Auffassung gründet sich auf die bei Besprechung der Hirnbeugen erwähnten Verhältnisse der Hirnachse: 400 | Rud. Burckhardt, die Vorwölbung des Mittelhirns, die Nackenbeuge, die scharfe Kniekung der Brückenbeuge sind wichtige entwicklungsgeschichtliche Momente, wodurch sich Ichthyophis von anderen Amphibien unterscheidet. Wei- tere Unterschiede sind die Ursprünglichkeit des Zwischenhirndaches, die Ausbildung des Temporallappens (Sarasın) die Abschnürung der Lobi olfactorii (WIEDERSHEIM). In dritter Linie käme die reiche Ausstat- tung des Ichthyophishirns mit Plexus aller Art in Betracht. In all die- sen Punkten erscheinen die Urodelen als eine einförmige Gruppe: die Nackenbeuge fehlt; die Brückenbeuge ist sehr schwach, das Mittelhirn behält seinen rückenmarksähnlichen Querschnitt bei, das Zwischenhirn- dach ist abgeflacht, die Zirbel verliert ihren Zusammenhang mit ihm und legt sich als funktionell werthlose Blase darauf. Die Entwicklung verläuft sehr einfach und zeigt keinerlei Annäherung an höhere Wirbel- thiere, es kommt weder zu einer distinkten Abschnürung der Lobi ol- factorii noch zur Bildung eines Temporallappens. Gegenüber all diesen Differenzen im äußeren Aufbau des Hirns muss jedoch andererseits her- vorgehoben werden, dass im Übrigen es an weitgehenden Ähnlich- keiten nicht fehlt, so in der Ausbildung des Zwischenhirnbodens, des Mittelhirndaches und des Hinterhirns, in der Anordnung der Nerven und ihrer Kerne, in der Disposition und Stärke der Faserbündel. Ich kann dagegen der Duplicität des Olfactorius aus oben geschilderten Gründen nicht den hohen Werth beimessen, welchen ihr WIEDERSHEIM giebt, da ich darin eine durch den Aufbau des übrigen Kopfes und durch seine Anpassung an die Lebensbedingungen des erwachsenen Thieres veranlasste Erscheinung erblicke, die allerdings für Ichthyophis eine gewisse Eigenthümlichkeit ist, wie etwa das Einmünden des Thränen- nasenganges ins Jacogson’sche Organ oder die Existenz des Choanen- schleimbeutels. Die große Übereinstimmung, welche zwischen dem Geruchssack von Ichthyophis und dem von Triton besteht, scheint mir ebenfalls ein Zeichen zu sein, dass beide Genera wohl nahe verwandt sein möchten. Wenn ich Ichthyophis noch nicht zu den Urodelen ge- rechnet habe, wie die Sarasın vorschlagen, so geschah es aus dem ein- fachen Grunde, dassich glaube die Untersuchung und Vergleichung eines einzelnen Organs berechtige nicht zu einem definitiven Urtheil, son- dern könne höchstens mitbestimmend wirken. Berlin, im März 1891. Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyopkis. 401 Litteratur. 4. C. E, von Bazr, Entwicklungsgeschichte der Thiere, II. Thl. 4828—1837. 2. REICHERT, Vergleichende Entwicklungsgeschichte des Kopfes der nackten Am- phibien. 4838. 3. J. G. FıscHEr, Amphibiorum nudorum neurologiae specium primum, 1843, 4. RATHKE, Bemerkungen über mehrere Körpertheile der Coecilia annulata. JoH. MürLLer's Archiv. 4852. 5. J. G. 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Ichthyophis I, Hirn desselben Kopfes von der Seite; Rekonstruktion aus Querschnitten. 20fache Vergr. Fig. 42. Ichthyophis I, Hirn desselben Kopfes von oben; Rekonstruktion aus Querschnitten. 20fache Vergr. Fig. 43. Ichthyophis II, Kopf von der Seite re dem Spirituspräparat gezeich- Fig. 14. Ichthyophis II, Kopf von oben net. 20fache Vergr. Fig. 15. Ichthyophis II, Hirn; aus Querschnitten rekonstruirt. 20fache Vergr. Fig. 46. Ichthyophis III, Hirn; aus Längsschnitten rekonstruirt. 20fache Vergr. ‚Fig. 47. Ichthyophis III, Hirn; Medianschnitt. 20fache Vergr. Fig. 48. Ichthyophis II, Hirn mit Nervenwurzeln und Ganglien; aus Längs- schnitten rekonstruirt. 20fache Veregr. Fig. 49. Ichthyophis IV, Hirn; Medianschnitt. 20fache Vergr. Fig. 2. Ichthyophis, erwachsen; Hirn; von der Seite Fig. 3. Ichthyophis, erwachsen; Hirn; von unten Fig. 4. Ichthyophis, erwachsen; Hirn; von oben Tafel XXI. Fig. 20. Triton alpestris, 42 mm, Larve; Hirn von vorn; nach der Rekonstruk- tion. 50fache Vergr. Fig. 21. Triton alpestris, 3,2 cm, Larve; Zwischenhirn von oben; nach der Re- konstruktion. 50fache Vergr. Fig. 22. Salamandra maculosa, 7 mm, Embryo; Hirn; Medianschnitt. 30fache Vergr. Fig. 23. Triton alpestris, 42 mm, Larve; Geruchssack; Querschnitt. 240fache Vergr. Fig. 24. Triton alpestris, 42 mm, Larve; Geruchssack; Querschnitt. 240fache Vergr. | Fig. 25. Triton alpestris, 48 mm, Larve; Geruchssack;; Querschnitt. 60fache Vergr. Fig. 26. Triton alpestris, 3,2 cm, Larve; Geruchssack; Querschnitt. 60fache Vergr. Fig. 27. Triton taeniatus, erwachsen; Geruchssack;; Querschnitt. 30fache Vergr, Fig. 28. Triton alpestris, 18 mm, Larve; Geruchssack;; von unten nach der Re- konstruktion. 50fache Vergr. Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und ichthyophis, 403 Fig. 29. Ichthyophis III, Vertikallängsschnitt durch Vorderhirn und Nasen- grube. 30fache Vergr. Fig. 30. Ichthyophis III, Vertikallängsschnitt durch Vorderhirn und Nasen- srube. 30fache Vergr. Fig. 34. Ichthyophis IV, Vertikallängsschnitt durch das Vorderhirn und den Olfactoriusaustritt. 50fache Vergr. Fig. 32. Triton alpestris, 42 mm, Larve; Querschnitt durch Vorderhirn und Olfactorius. 420fache Vergr. Fig. 33. Triton alpestris, 3,2 cm, Larve; Längsschnitt durch Vorderhirn und Olfactorius. 50fache Vergr. Fig. 34. Triton taeniatus, erwachsen; Längsschnitt durch den Olfactorius. 30fache Vergr. Fig. 35. Ichthyophis III der Medulla oblongata, Ganglion acusticum, Quer- schnitt. 420fache Vergr. Fig. 36. Ichthyophis III der Medulla oblongata, Ganglion acusticum, Quer- schnitt. 420fache Vergr. Fig. 37. Triton alpestris, erwachsen. Hypophysis. 30fache Vergr. Fig. 38. Triton cristatus, ausgewachsene Larve. Medulla oblongata, Quer- schnitt. 120fache Vergr. Fig. 39. Triton alpestris, 3,2 cm, Larve, Mittelhirnboden, Längsschnitt. 420- fache Vergr. x Zeichenerklärung. Abl, Augenblase; Ast, Augenstiel; AfIu. II, erste und zweite Adergeflechtfalte; asc, aufsteigende Wurzel; B, Brücke; Bd, Brückenbeuge; Cha, Choanenöffnung; Cl, Cerebellum , Ch.o, Chiasma opticum ; Com. ant., inf.,post., sup., Commissura an- terior, inferior, posterior, superior; C.rest, Corpus restiforme; Cc, Corpus callo- sum; DM, Dura mater; EfIu. II, erste und zweite Zirbelfalte; Ep, Epiphyse (Zir- bel); Eth, Ethmoideum ; Gg, Ganglion; Gg.h, Ganglion habenulae; Ghbl, Gehörblase; Gi, Ganglion interpedunculare; gl, Glomeruli; Gs, Geruchssack; Hh, Hinterhirn; Hy, Hypophyse (d.T, drüsiger Theil, n.T, nervöser Theil); /, Infundibulum; jo, Jacosson’sches Organ; jdr, JAcosson’sche Drüse; Kn, Knorpel; KsIu. I], erstes und zweites Kopfsegment; L.inf, Lobus inferior; L.olf, Lobus olfactorius; L.i, La- mina terminalis; L.temp, Lobus temporalis; m, Medianebene (oder eine Parallele derselben); MB, Meynerr'sches Bündel; Mds, Mundschleimhaut; MF, MAUTHNER- sche Faser; Mh,Mittelhirn ; Mhgr, hintere Mittelhirngrenze ; Mil, MüLzer’sche Fasern ; M.scc, Macula sacculi; m.trig.n, Mittelhirntrigeminuskern; Nb, Nackenbeuge; nh, Nasenhöhle; Nh, Nachhirn ; Ok, Oberkiefer; Olf.d u.v, Olfactorius dorsalis und ventralis; Pl.chor.hem, Plexus chorioideus der Hemisphären; Pl.chor.inf, Plexus chorioideus inferior; Pl.chor.med, Plexus chorioideus medius; Pl.chor.sup, Plexus chorioideus superior (Adergeflechtknoten); Pl.chor.v.IV, Plexus chorioideus ventri- euli quarti; Rgr, Riechgrube;, Rh, Rautenhirn; Rschl, Riechschleimhaut; Rz, Riesen- zelle; Sb, Sattelbeuge; Schlw, Schlundwand; Ssp, Sattelspalte; Tub.ac, Tubercu- lum acusticum ; Uk, Unterkiefer; Yh, Vorderhirn;; V.m.p, Velum medullare posterius, Zh, Zwischenhirn. I—X bezeichnen die Hirnnerven; Xs, sympathisches Ganglion; 7, 2,3 etc. die centralen Wurzeln der Hirnnerven. Das Integument der Chitonen. Von Jos. Blumrich, stud. phil. Mit einer Vorbemerkung von Professor Dr. B. HATscHEk in Prag. Mit Tafel XXII-—XXX und 1 Figur im Text. Die nachfolgende, in dem von mir geleiteten zoologischen Institute ausgeführte Arbeit des Herrn J. Brumkıch wird nicht nur in vielen - Einzelheiten das Interesse der Fachgenossen erregen, sondern auch in Bezug auf manche allgemeinere Fragen wichtige Anknüpfungspunkte bieten. Auf einige derselben will ich in Folgendem kurz hinweisen. Die Ausscheidung der Chitonen aus der Gruppe der Gastropoden und die Hinzuziehung von Neomenia und Chaetoderma, sowie die dar- aus gefolgerte Gegenüberstellung der Amphineuren und Conchiferen bildet einen der bedeutsamsten Fortschritte in unserer Erkenntnis des Molluskenstammes. Wir verdanken dieses, so wie manches andere wichtige Resultat H. v. Iaerıne, und wir müssen, wenn auch im Ein- zelnen manche seiner Anschauung durch weitere Forschungen verbes- sert wurde, stets anerkennen, dass er in diesen Fragen bahnbrechend gewirkt hat. Der Gegensatz von Amphineuren und Conchiferen wird auch durch die vorliegende Untersuchung aufs Neue bekräftigt. Wir finden, dass gewisse Eigenthümlichkeiten des Integumentes, so die mächtige Cutieularbildung und die Stachelbildungen des Mantelsaumes für die Amphineuren charakteristisch sind, und deren Zusammenge- hörigkeit noch weiter begründen, während diese Charaktere den Con- chiferen fehlen. Die Stachelbildung ist in so hohem Grade charakte- ristisch, dass wir die Gruppe der Amphineuren auch mit einem Synonym als Aculifera bezeichnen und den Conchifera gegenüber- stellen können. Die Ähnlichkeit in der Entwicklung der Stacheln mit der Borstenbildung der Anneliden deutet einen weiteren, allerdings noch hypothetischen Ausblick an; die schönen Untersuchungen von Das Integument der Chitonen. 405 Reincke finden in der nachfolgenden Arbeit BrunricH's manche er- wünschte Bestätigung und Erweiterung. Wenn so der Gegensatz der beiden Abtheilungen der Mollusken durch diese Untersuchungen seine Bekräftigung findet, so findet ferner noch eine andere Frage, nämlich die Beziehungen innerhalb der Amphi- neuren, d. h. die Beziehungen der Chitonen zu Neomenia und Chaeto- derma eine Aufklärung, welche aber den herrschenden Ansichten in dieser Frage widerspricht. Es freut mich zu sehen, dass in einer kürz- lich erschienenen Mittheilung! der treffliche Molluskenforscher PauL PELSENEER zu denselben Resultaten gekommen ist, welche wir im Nach- folgenden andeuten wollen, so dass unsere Anschauungen als eine Bestätigung derjenigen von PELSENEER zu betrachten sind. Das Integument der Chitonen zeigt an verschiedenen Theilen des Körpers eine ganz charakteristische Differenzirung, und diese ermög- licht eine genaue Vergleichung dieser Regionen auch bei den anderen zu besprechenden Formen. Nur der Mantelsaum ist bei den Chitonen mit einer charakteristischen Cuticularschicht und Stachelbildungen, sowohl an seiner dorsalen, als auch an seiner ventralen Fläche, versehen. Dieser Mantelsaum ist mit einer besonderen Muskulatur ausgestattet. Die Betrachtung von Chitonellus zeigt uns, dass bei geringerer Aus- dehnung der Schalenstücke und geringerer Ausdehnung des Fußes dieser Mantelsaum sammt seiner Muskulatur einen relativ viel größeren Umfang gewinnt. Das Vorhandensein desselben Integumentgewebes nicht nur im Mantelsaume, sondern auch zwischen den auf einander folgenden Schalenstücken mag darauf hindeuten, dass diese charakte- ristische Integumentbildung ursprünglich über die ganze Rückenfläche ausgedehnt war, welches Verhalten bei Chiton durch das Aneinander- stoßen der Schalenstücke unterdrückt ist, bei Chitonellus durch die Verkleinerung der Schalenstücke wieder bemerkbar wird. Die Fuß- bildung von Chitonellus ist in dem hinteren Theil des Körpers viel mächtiger. Nach vorn zu verkleinert sich der Fuß beträchtlich; da auch die Kiemen im vorderen Körpertheil fehlen, so erscheint die Mantelhöhle (Kiemenhöhle) dort nur als eine einfache und nur wenig ausgedehnte Rinne, die nur eine Andeutung des Fußes und keine Kiemenbildung enthält. Auch die Kopfbildung erscheint rudimentär. Von diesen Verhältnissen sind nun diejenigen von Neomenia ab- leitbar, welche charakterisirt sind durch das gänzliche Fehlen des Fußes und die Beschränkung der Kiemenhöhle auf einen hinteren Theil, der hier als Kloake abgesetzt erscheint und sich nach vorn nur 1 PaıuL PELSENEER, Sur le pied de Chitonellus et des Aplacophora. in: Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. T. XXII. p. 489—495. 4890. 406 Jos. Blumtich, in Form einer ventralen Rinne fortsetzt. Noch weiter ist die Rückbil- dung der Bauchfurche bei Chaetoderma gediehen (die Bauchfurche wird von Hansen neuerdings in Abrede gestellt.. Hier ist nur noch die Kloake mit ihren Kiemen als Reste der ursprünglichen Mantelhöhle vor- handen. Sowohl bei Neomenia, als auch bei Chaetoderma erstreckt sich die charakteristische Integumentbildung des Mantelsaumes über die ganze Cirkumferenz des Körpers, und auch die Muskulatur des Körpers, welche die Verhältnisse eines Hautmuskelschlauches zeigt, ist zum größten Theil auf die Muskulatur des Mantelsaumes zurückführbar. Alle diese Verhältnisse sind verständlich, wenn man von Chiton aus- gehend zunächst Chitonellus, sodann Neomenia und endlich Chaeto- derma in Vergleich zieht. Die letzteren Formen sind, wie erwähnt, als rückgebildete oder umgebildete Formen zu betrachten. Zu den Grün- den, welche schon PELsenger für diese Auffassung anführt — die wich- tigsten derselben sind: die Gleichmäßigkeit der Kiemenbildung und Fußbildung in der Längsausdehnung des Körpers bei Chiton im Gegen- satz zu der allmählich beschränkteren Ausbildung dieser Organe (durch Rückbildung von vorn her) bei den anderen Formen —- möchte ich noch ein wichtiges Argument hinzufügen. Der laterale Nervenstrang, Pleuralstrang, liegt bei den Chitonen unmittelbar längs der Kiemen sehr nahe dem Integument der Kiemenhöhle. Bei den anderen Formen (schon bei Chitonellus, Taf. XXVI, Fig. 21 n) rückt er immer tiefer ins Innere des Körpers und gleichzeitig mit ihm auch die ihn begleitende Kiemenarterie und -Vene. Die Bildungen erscheinen endlich ganz nach innen von der mächtigen Muskulatur gelagert. Sowohl in seiner Lage- rung, als auch in den deutlicheren Beziehungen zu den Kiemen scheinen bei Chiton die ursprünglicheren Verhältnisse vorzuliegen. Wir schließen uns also vollständig der Ansicht PELSENEER’s an, dass unter den Amphineuren die Chitonen der gemeinsamen Stamm- form näher stehen als Chitonellus und die Aplacophora (Neomenia und Chaetoderma), eine Folgerung, die von größter Bedeutung ist, wenn es sich um weitere Erforschung der Ableitung des gesammten Mollusken- stammes handelt. B. Hatschek. Das Integument der Ghitonen. 407 Einleitung. Die Rückenschalen und das Integument des Mantelrandes der Chi- tonen sind schon wiederholt Gegenstand der Untersuchung gewesen: Im Folgenden sollen die wichtigsten bisher gewonnenen Resultate in Kürze dargestellt werden. a. Litteratur über die Schalen. In seinen »Beiträgen zu einer Malacozoologia Rossica«, 1847, wandte Minvenporrr als Erster den Chitonschalen seine Aufmerksam- keit zu. Er unterschied an ihnen zwei Lagen, das Tegmentum, welches am Thiere von außen allein sichtbar ist, und das Articulamentum, die tiefere Schicht, welche theils vom Tegmentum und theils vom Mantel verdeckt wird. An den sieben hinteren Schalen überragen zwei flügel- artige Vorsprünge des Articulamentums (die Apophysen) das Tegmen- turn am Vorderrande und greifen unter den Hinterrand der nächst vorderen Schale; sie stecken in taschenförmigen Mantelfalten, gleich wie der übrige Rand der Schalen. Während bei manchen Chitonarten das Tegmentum an Ausdehnung dem Articulamentum nur wenig nach- steht, ist es bei anderen rudimentär und nur in Form eines Schildcehens auf der Mitte des Articulamentums erhalten. Bei Cryptochiton Stelleri endlich fand Minpenvorrr das Tegmentum ganz geschwunden; die Schale (das Articulamentum) liegt hier im Mantelgewebe völlig ver- borgen. Das Wachsthum der Schalen erfolgt nach ihm durch Absonde- rung innerhalb der Mantelfalten. Auf Dünnschliffen senkrecht durch die Schalen von Cryptochiton bemerkte er, dass sie sich aus mehreren Schichten zusammensetzen, die aus sehr zarten, lothrecht gestellten Plättchen bestehen. Gray veröffentlichte 1848 einige Bemerkungen über den Bau der Chitonschalen in den »Philosoph. Transactions of the Royal Society of London«. Er nahm zwischen dem Articulamentum und Tegmentum MinDDENDORFF’S noch eine dritte schmale, zellenhaltige Schicht wahr und erkannte, dass dieselbe durch zarte Ausläufer des Mantelgewebes ge- bildet wird. Er verglich sie mit dem Gewebe in den Schalen der coro- nalen Cirripedien. Im Tegmentum erblickte er eine Eigenthümlichkeit der Chitonschalen und war der Ansicht, das Articulamentum allein sei der Schale der übrigen Gastropoden homolog. | Den feineren Aufbau der Schalen erforschte zuerst MarsHuaLr und legte die gewonnenen Resultate in den »Archives Ne&erlandaises des Seiences exactes et naturelles« 1868 nieder. Das Articulamentum fand 408 Jos. Blumrich, er besonders reich an anorganischen Stoffen und nahm in demselben vier besondere Lagen wahr. Die unterste derselben besteht nach ihm aus aufrechten, eng an einander schließenden Kalksäulchen, welche aus abwechselnd helleren und dunkleren Schichten aufgebaut sind. Die folgende Lage ist mächtiger und zeigt eine feinkörnelige Struktur. Die dritte Lage gleicht der ersten, nur besitzen ihre vierseitigen Säulchen eine oberflächliche Riefung. Die Säulchen der letzten, vierten Schicht sind horizontal gelagert und in Reihen geordnet, welche von der Mitte des Schalenhinterrandes halbkreisförmig ausstrahlen. An der Ober- fläche des Tegmentums, das ihm hauptsächlich aus organischen Stoffen zu bestehen schien, sah MArsHaLL ein zartes, gegen Säuren widerstands- fähiges Häutchen, welches er Epidermis benannte. Im Tegmentum fand er ein System feiner Kanälchen ausgebreitet, die an der Schalenober- fläche durch Käppchen verschlossen sind. Letztere stehen in Gruppen zu 8—15 beisammen, welche auf der Schale regelmäßig vertheilt sind. Die zu einer Käppchengruppe gehörigen Kanälchen steigen in die Tiefe und münden gemeinsam in eine längliche Höhlung. Von diesen Höh- lungen führt je ein Kanälchen weiter nach abwärts, biegt an der Grenze zwischen Articulamentum und Tegmentum um und verläuft dann in "horizontaler Richtung. An gewissen Stellen der Schalen, den soge- nannten Nähten, durchsetzen die von den Höhlungen herabsteigenden Kanälchen auch das Articulamentum. An der ersten und achten Schale sah MarsuaLı mehrere solcher Nähte, welche gegen die Mitte der Schale zu konvergiren, an den übrigen sechs Schalen nur je zwei, von der Mitte des Hinterrandes ausstrahlend. Nach Entkalkung der Schalen durch Salzsäure erblickte MarsuizL in den Kanälchen und Höhlungen zarte Häutchen, an denen er keine Struktur wahrzunehmen vermochte. Eben so wie Grar hielt er sie für Ausläufer des Mantels, homolog mit den Gebilden in der Schale der Brachiopoden und Balaniden. Irriger- weise vermuthete er, ein Athmungsorgan in ihnen vor sich zu haben. VAN BENMELEN, welcher 1882 in seiner Proefschrift „over den bow der schelpen van Brachiopoden en Chitonen« die Untersuchungen Marsnaur’s wieder aufnahm, konnte auf Grund seiner Präparate das im Tegmentum enthaltene Gewebe genauer analysiren. Er sah nämlich im Tegmentum zahlreiche, zellige Papillen, von deren unterem Ende feine, zellkernhaltige Fäden ausgehen. Diese verlaufen entweder hori- zontal zwischen Articulamentum und Tegmentum nach dem Schalen- rande hin, wo sie mit dem Mantelepithel in Verbindung treten, oder sie durchbohren das Articulamentum. An der Ansatzstelle dieser Fäden an die Papillen beobachtete er stets eine Gruppe von Zellkernen. Von da aus legt sich der Faden in ein Bündel von Fäden aus einander, Das Integument der Chitonen. 409 welches den Raum der Papille erfüllt. Der obere Theil dieser Bündel war in Körner aufgelöst, von denen einige sich mit Karmin färbten und hierdurch Zellkernen ähnlich wurden, andere eine gelbliche Fär- bung behielten. van BEmmeLen deutete sie als Pigmentkörner. Vom oberen Ende der Papillen strahlen zarte Fäden aus, welche an der Schalenoberfläche mit einer von einem Chitinkäppchen umhüllten An- schwellung abschließen. Zwischen diesen Käppchen ist ein dünnes Häutehen ausgespannt, welches er Periostracum benannte (die »Epi- dermis« Marsnaur’s). Dort wo das Epithel des Mantelrandes in den Schalensack umbiegt, sah er verschiedene Entwicklungsstadien der Tegmentalpapillen, welche eben so, wie die im Tegmentum einge- schlossenen, gestielte Käppchen trugen, fasste sie jedoch als Übergangs- formen der Tegmentalpapillen in die Papillen des Mantelrandes auf. Bezüglich des Articulamentums erwähnt er, dass es keine Papillen enthalte, und dass nach dem Entkalken nur spärliche Reste organischer Natur davon zurückbleiben. Er fand auch, dass die Angaben Marsnaur’s über den Aufbau des Articulamentums nicht für alle Schalen stimmen. Auf Dünnschliffen durch die sechs mittleren Schalen konnte er zwi- schen der untersten und dritten Lage Marsnarr’s noch fünf bis sechs Lagen konstatiren, welche aber sämmtlich aus Kalksäulchen bestanden, die in den verschiedenen Lagen eine verschiedene Anordnung zeigten. Darin stimme das Articulamentum der Chitonen mit den Schalen der Gastropoden überein. Das Tegmentum, eine besondere Eigenheit der Chitonen, stelle einen ursprünglicheren Zustand der Schale dar, welcher _ bei den eigentlichen Gastropoden nicht mehr auftrete. H. N. MoseLry veröffentlichte unter dem Titel: »On the Presence of Eyes in the Shells of Certain Chitonidae and on the Structure of these Organs« 1885 eine Arbeit im »Quarterly Journal of Microscopical Seience«, in welcher er ebenfalls das im Tegmentum enthaltene Ge- webe bei einer Anzahl von Chitoniden bespricht. In den zwischen Articulamentum und Tegmentum verlaufenden Fäden nahm er eine fibröse Struktur, zahlreiche Zellkerne und eine Granulirung wahr. Er vermuthet auch Nervenfasern darin, da sie zu den Augen und den von ihm als Tastorgane gedeuteten Tegmentalpapillen van BEmmELen’s hin- ziehen. Desshalb betrachtet er diese Fäden nicht als bloße Mantel- epithelfortsätze, sondern nimmt einen tieferen Ursprung derselben an. Den Tegmentalpapillen legt er den Namen Ästheten bei, die am oberen Ende derselben sich abzweigenden Ausläufer nennt er Mikrästheten, den mächtigeren centralen Fortsatz das Megalästhet. Mit besonderem Nachdruck betont Moserry, dass die Chitinkappen eines Ästhetes stets _ von zweierlei Größe seien; die dem Megalästhet aufsitzende Kappe ist 410 Jos. Blumrich, die größte, die der Mikrästheten sind kleiner, aber unter sich gleich groß. An den Chitinkappen beobachtete er eine Struktur, als ob sie aus in einander gesteckten Hohlkegeln beständen. Einzelne der hori- zontal verlaufenden Fäden sah er bei Corephium aculeatum direkt zur Schalenoberfläche aufsteigen und mit einer Chitinkappe abschließen, ohne dass sie vorher mit einem Ästhete in Verbindung getreten wären. Den histologischen Aufbau der Ästheten hat Moseızy nicht so deutlich sehen können wie van BEmMmELEn. Bei gewissen Chitoniden fand er eine augenähnliche Ausbildung einzelner Megalästheten vor. Derartige Ästheten sind von einem Pigmentmantel umgeben, der seitlich von den Mikrästheten durchsetzt wird. Unterhalb der corneaähnlichen Empor- wölbung des Tegmentums liegt eine bikonvexe Linse, unter welcher eine aus kubischen Zellen bestehende Retina sich befindet, welcher aber das Pigment fehlte. — Das Wachsthum der Schalen erfolgt nach Moserey durch Abscheidung des Mantelgewebes. Am Mantelrande konnte er in den jüngsten Schalentheilen die Augen und Ästheten in allen möglichen Bildungsstadien erblicken. Er hebt aber hervor, dass nie ein Stachel ins Tegmentum eingewachsen erscheint, wie auch andererseits kein Auge oder Ästhet auf dem Mantelrand sichtbar sei. Der Vollständigkeit halber mag noch die Abhandlung von Jon. TuIELE »Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollus- ken « (diese Zeitschr., 1889, XLIX. Bd.) Erwähnung finden. Gewisse modifieirte Ästheten von Chiton rubicundus hält er für Augen und konnte von diesen bis zu einem Ganglion, dem » Augenganglion«, einen Strang mit schwach gefärbten Zellkernen verfolgen, welcher wahr- scheinlich ein Nerv sei. b. Litteratur über das Integument des Manteirandes. In der bereits angeführten Arbeit behandelt MiDpennorrr auch das Integument des Mantelrandes. Er bemerkte, dass der Mantel außen von einer strukturlosen, durchsichtigen und ungefärbten Schicht be- deckt sei, welcher er den Namen »Stroma« gab. Bei einigen Chiton- arten steckten darin zahlreiche Stacheln, die er für chitinig hielt, da sie angeblich Säuren widerstanden. Auf der Rückenseite des Mantels von Cryptochiton fand er außer den vom Stroma überdeckten Stacheln noch sehr lange, nadelförmige Gebilde, welche von einem Centralkanal durchsetzt waren und in tiefen Gruben zu Büscheln vereint beisammen standen. Diese bezeichnete er als Borsten. Gray (l. c.) erblickte in den Stacheln und Kalkschuppen des Man- telrandes rudimentäre Schalen, und in ähnlicher Weise erklärte Das Integument der Chitonen. - 411 GEGENBAuUR („Grundriss der vergleichenden Anatomie« 1878) die Scha- len als im Inneren des Mantelgewebes fortwachsende Stacheln. Sehr eingehend befasste sich Reınek£ mit dem Integument des Mantelrandes in seinen »Beiträgen zur Bildungsgeschichte der Stacheln im Mantelrande der Chitonen« (diese Zeitschr., Bd. XVII, 1868). Für das Stroma Mimpendorrr's wählte er die zutreffendere Bezeichnung Cuticula. Dieselbe umschließt zahlreiche Papillen, welche er als eine Differenzi- rung des Mantelepithels auffasst. Die Stacheln ragen oft weit über die Cutieula empor. Reiscke weist auch darauf hin, dass die Stacheln an der Bauchfläche des Mantelrandes stets kleiner sind als auf der Rückenseite. Der obere, größere Theil des ausgewachsenen Stachels besteht aus Kalk. Als Träger des Kalkstachels erscheint ein Chitin- becher. An dessen Unterseite setzt sich ein Plasmafaden mit einer Anschwellung an und verbindet so den Stachel mit einer Epithelpapille, innerhalb welcher er von Reıncke noch eine Strecke weit abwärts ver- - folgt werden konnte; aber nie sah er ihn in das darunter gelegene Mantelgewebe übertreten. Die Stachelbildung hat Reıncke bei vielen Chitonen untersucht und erkannt, dass Papillen daran betheiligt sind. Die erste Anlage des Stachels erfolgt immer in einer Epitheleinsenkung, ein Verhalten, welches ähnlich auch bei der Bildung der Anneliden- borsten zu beobachten sei. Diese Einsenkung ist von Cylinderzellen ausgekleidet, welche allmählich in die hohen Zellen einer Papille über- gehen. Reıncke unterscheidet zwei Arten der Stachelbildung; die eine davon beobachtete er bei Chitonellus faseiatus und vielen echten Chi- tonen. Sie charakterisirt sich dadurch, dass je zwei Papillen über dem in einer Epitheleinsenkung gelegenen jungen Stachel sich zusammen- neigen. Während ihres Wachsthums durchbrechen die jungen Stacheln die Umhüllnng mit ihrer chitinigen Spitze und drängen die beiden Papillen immer weiter aus einander. Ist das Wachsthum des kalkigen Stacheltheiles abgeschlossen, so gelangt an seinem unteren Ende der Chitinbecher zur Entwicklung, unterhalb dessen später noch ein chiti- niger Ring abgesondert wird, welcher nur den Stacheln der echten Chitonen gänzlich fehle. Vom Epithel wird fortwährend Cuticularsub- stanz ausgeschieden, und da sie sehr fest ist, so werden die neugebil- deten Stacheln immer höher von ihr emporgehoben, so dass deren Berührung mit ihren Papillen eine zunehmend losere wird, bis sie schließlich mit denselben nur noch durch einen zarten Plasmafaden in Verbindung stehen, der in der Höhlung des mittlerweile entstandenen Chitinringes mit einer Anschwellung endigt. An großen Stacheln konnte Reıncke mehrere solcher Plasmafäden nahe bei einander wahrnehmen. Einen anderen Modus der Stachelbildung fand er bei Chiton 412 Jos. Blumrich, coquimbensis und Ch. lineolatus. Hier erfolgt die Anlage eines neuen Stachels ganz deutlich innerhalb einer Papille. An die jüngsten Stacheln von Ch. coquimbensis setzt sich eine große schwarz pigmentirte Zelle an, welche einen hellen Kern enthält. Nach dem Austritte des Stachels aus der Papille schwindet das Pigment der Zelle, und letztere wird zu einem hellen Plasmafaden. Denselben konnte ReınckE vom Papillen- grunde bis zum Chitinbecher verfolgen, unterhalb dessen er eine größere Anschwellung trug, nirgends aber war sein Eintritt in die Muskulatur wahrnehmbar. Auch bei Chiton lineolatus war die eigenthümliche Zelle vorhanden, nur fehlte ihr das Pigment. Bei dieser Species sah er als Besonderheit ins Gewebe des Mantelrandes eingesenkte Drüsenzellen, deren Ausführungsgänge mit einem Plattenepithel versehen waren. van BEMMELEN berücksichtigt in seiner Proefschrift ebenfalls das Integument des Mantelrandes. Bei Ch. marginatus (?) erblickte er auf dem Mantelrande keine Stacheln, sondern Kalkplatten, von denen er angiebt, dass sie äußerlich mit dem Tegmentum sehr übereinstimmen. Diese »Kalkplaten « oder »Randplaten«, wie er sie nennt, fasst er irriger- weise als ein zusammenhängendes Ganze auf und bringt sie direkt mit dem Tegmentum der Schalen in Vergleich. In den Randplatten er- scheine eben so wie im Tegmentum ein strukturloser Stoff, die Cuticula Reinere’s, als Träger des Kalkes. An zahlreichen Stellen sei die Cuti- cula der Randplatten von Kanälen durchbohrt, in welche Epithelpapil- len aufragen, die er den von Rrıncke erwähnten Papillen des Mantel- randes gleichstellt. Diese bildet er mit einer Längsstreifung ab und großen, wandständigen Zellkernen. Im oberen Theile der Papillen sah er viele Vacuolen. Als Hauptunterschied zwischen den Randplatten und dem Tegmentum führt er ihre verschiedene Lagerung an. Das Tegmentum ist dem Articulamentum aufgelagert, die Randplatten hin- gegen ruhen auf dem Epithel des Mantelrandes und zeigen als Eigen- heit an ihrer Basis eine mit Karmin sich stark färbende Schicht. In der Umgebung der Kanäle seien ferner in den Randplatten stark licht- brechende, chitinige Stäbchen (Stafjes) vorhanden, welehe dem Tegmen- tum abgehen. Ferner fehle den Randplatten ein Periostracum. Auf Grund der Übergänge der Tegmentpapillen in die des Mantelrandes an dem Schalenumfange erklärt er beide für homologe Bildungen; er hält sie für einfache Epithelfortsätze in die Guticula. Die Chitinbecher am Fuße der Stacheln gelten ihm als gleichwerthig mit den Chitinkappen der Tegmentpapillen. Die Angaben Reıncke's über die Bildungsweise der Stacheln bestätigt er. In den Verbindungssträngen zwischen Stacheln und Epithel bei Proneomenia Sluiteri sah er zahlreiche Kerne und glaubt daher, sie entsprächen dem Verbindungsstrange sammt der Das Integument der Chitonen. 415 Papille.. An den langen, an organischen Stoffen reichen Kalkstacheln von Cryptochiton, den » Borstenbüscheln« Minpenporrr's, vermochte er keine Chitinbecher zu entdecken. Die Bauchfläche des Mantelrandes von Chiton marginatus (?), an welchem van BEMMELEN seine Unter- suchung hauptsächlich durchgeführt hat, sah er mit Kalkplatten von vierkantiger oder ovaler Form bewehrt, zwischen denen die Cuticula nur spärlich vorhanden war. Epithelpapillen fand er auch hier ange- deutet. Endlich erwähnt Jon. TuıeLe in der genannten Abhandlung beweg- liche Stacheln bei Chiton rub., welche in Gruppen zu drei bis sechs auf dem Mantelrande stehen. In der Höhlung eines becherartigen Chi- tingebildes ruht der Knopf eines anderen Chitinkörpers, welcher als Träger des Kalkstachels fungirt. Die beiden chitinigen Theile bilden wahrscheinlich eine Art von Gelenk und ermöglichen eine freiere Be- weglichkeit der über die Cuticula emporragenden Stacheln. Wie auch schon frtiher REıncke und van BENMELEN, so sah Turere in der Guticula gestielte Bläschen, welche keine Stacheln tragen, aber durch eine Faser mit dem Epithel des Mantelrandes in Verbindung stehen. Er möchte in ihnen eine Art Tastorgane erblicken, aus denen sich die Ästheten des Tegmentums differenzirt haben. i. Die Rückenschalen und das in ihnen enthaltene Gewebe. Die unentkalkten Schalen von Chiton siculus Gray, Ch. laevis Monter., Ch. Polii Phil. und Acanthochiton fascicularis Monter. Wie schon MiıppEnDorFF gefunden hat, bestehen die Schalen aus zwei verschiedenwerthigen Schichten, welche er mit den Namen Articu- lamentum und Tegmentum bezeichnete. Nach dem Befunde Marsnaur’s ist das erstere reich an anorganischen und arm an organischen Sub- stanzen, während es sich beim Tegmentum gerade umgekehrt verhält. Am Thiere ist das letztere allein sichtbar und liegt als eine dünne Kruste dem mächtigeren Articulamentum auf; es ist in mannigfacher Weise pigmentirt und der Träger der Schalenskulptur. Das Articula- mentum hingegen ist ungefärbt, weiß und seine das Tegmentum über- ragenden Ränder stecken im Mantelgewebe verborgen. Bei allen Chi- tonen, welche ich untersucht habe, ist die vorderste Schale stets am einfachsten gestaltet; sie gleicht in ihrer Form dem Mantel eines nie- drigen Kreiskegels, aus welchem hinten ein großer Sektor herausge- schnitten ist (Fig. 1). Die VII. Schale besteht aus einem vorderen dreieckigen Stücke, einem sog. Mittelfelde (Area centralis), an welches ‚hinten ein Theil sich anschließt, welcher der ganzen I. Schale ent- spricht (Fig. 1a, Fig. 2 VIII). Die übrigen sechs Schalen sind nach 414 - Jos. Blumrich, einem einheitlichen Plane gebaut; sie bilden schwach gewölbte Bogen und setzen sich aus drei dreieckigen Stücken zusammen, einem Mittel- felde und zwei kleineren sich hinten daranschließenden Seitenfeldern (Areae laterales), wie sie genannt worden sind. Die Stelle der stärksten Wölbung des Mittelfeldes auf der II. bis VIII. Schale wird als Kiel be- zeichnet; der I. Schale fehlt stets ein Kiel. Das Mittelfeld der I. Schale erreicht immer die größte Ausdehnung, wesshalb ihr Kiel der längste ist. Die hinterste Schale kann man von einer der sechs mittleren Scha- len ableiten, indem man sich vorstellt, dass der runde Endtheil der- selben aus der Verschmelzung der nach rückwärts erweiterten Seiten- felder hervorgegangen sei. Die Skulptur des Tegmentums bei Chiton sieulus und laevis ist ziemlich übereinstimmend. Die Mittelfelder der Schalen sind durch eine größere Anzahl von Rippen ausgezeichnet, welche in der Längs- richtung des Thieres verlaufend, gegen den Kiel zu allmählich ver- streichen und in die etwas erhöhten und dadurch deutlich abgesetzten Seitenfelder übergehen. Die Seitenfelder und ihre Derivate (die ganze I. Schale und der Endtheil der VIII.) besitzen eine seichte radial und koncentrisch verlaufende Riefung (Fig. 4). Bei Chiton Polii sind alle Schalen einheitlich skulpturirt; sie sind nämlich dicht bedeckt von kleinen, regelmäßig vertheilten Höckern. Diese sind auf den sieben vorderen Schalen auf der Mitte des Hinterrandes winzig und nehmen in der Richtung nach vorn und den Seiten stetig an Größe etwas zu. Auf der VIII. Schale werden sie vom Mittelpunkte nach allen Seiten hin größer. Durch ihre gleichartige Skulptur heben sich die etwas er- höhten Seitenfelder vom Mittelfelde weniger scharf ab, als es bei den beiden früher erwähnten Species der Fall ist. Auch die Schalen von Acanthochiton erscheinen unter der Lupe von ähnlichen runden Höckern bedeckt (Fig. 1 a). Eine Ausnahme macht nur der Kiel, wel- cher mit einer engen Längsriefung versehen ist. Auch hier sind die Höcker regelmäßig angeordnet. Die Seitenfelder sind hier vom Mittel- felde nicht merklich abgesetzt. F Wenn man die Schalen von Chiton siculus, laevis und Polii ablöst, so zeigt sich, dass bei diesen Arten die Größenverhältnisse zwischen Articulamentum und Tegmentum an den entsprechenden Schalen die- selben sind. Bei allen hat nur an der vordersten Schale das Tegmen- tum die gleiche Ausbreitung wie das Articulamentum (Fig. 27). An den sieben folgenden Schalen springt am Vorderrande zu beiden Seiten des Kieles ein flügelartiger Fortsatz des Articulamentums (Apophysis) unter dem Tegmentum vor und greift unter die nächst vordere Schale, auf deren Unterseite er seinen Abdruck hinterlässt (Fig. 2 und 3 ad). Das Integument der Chitonen. 415 Wenn man die Schalen von der Innenseite betrachtet, so erblickt man am Vorderrande der I. Schale zehn Einkerbungen (Ineisurae) im Arti- culamentum (Fig. 3 /), von welchen aus, radial gegen die Spitze zu, Reihen von schlitzartigen Bohrungen hinziehen; diese liegen in den sog. Nähten (Suturae). Am Endtheile der letzten Schale ist die gleiche Anzahl von Ineisuren und Nähten wahrnehmbar (Fig. 3 VIII). Die übrigen sechs Schalen besitzen am rechts- und linksseitigen Rande nur je zwei Ineisuren und eben so viele Nähte (Fig. 3 n), und zwar liegt die eine (bisher übersehene) davon nahe am Hinterrande, die andere giebt im Verein mit ihrer Naht die Grenze zwischen den Seitenfeldern und dem Mittelfelde an. Längs der ganzen Erstreckung des Kieles sind feine Bohrungen gleich denen der Nähte sichtbar. Rings am Umfange der VIII. Schale außer am Kiele verläuft eine Rinne, welche so tief zwischen beide Schichten einschneidet, als die Ineisuren groß sind (Fig. 3 rn). Diese Rinne, welche eine Trennung des äußersten Teg- _ mentums vom Articulamentum herbeiführt, findet sich auch am Rande der übrigen Schalen vor, außer am Hinterrande, wo das Tegmentum sich gegen das Articulamentum umschlägt, und mit Ausnahme des Kieles. Im natürlichen Zustande ist diese Rinne von Mantelgewebe erfüllt. Ganz anders stellen sich die Beziehungen zwischen den beiden Schalenschichten bei Acanthochiton heraus. An sämmtlichen Schalen weist hier das Articulamentum eine weit größere Ausdehnung auf als das Tegmentum. Bei der I. Schale ragt es unter dem Tegmentum in Gestalt eines Halbmondes hervor und trägt nur fünf Einkerbungen am Rande, welche bei Weitem nicht bis ans Tegmentum heranreichen (Fig. 4 Iı). Bei den sechs mittleren Schalen erstreckt sich der große Flügel des Articulamentums jederseits vom Schalenhinterrande bis an den vorderen Kielrand (Fig. 4 ap) und besitzt nur eine einzige Einker- bung, welche der Lage nach derjenigen entspricht, welche bei den an- deren Chitonen an der Grenze zwischen Mittel- und Seitenfeld liegt (Fig. 4 ITi). Verhältnismäßig die größte Ausdehnung erlangt das Arti- eulamentum der VIII. Schale, auf dem das Tegmentum nur in Form eines Schildchens aufruht; nur vorn am Kielrande fallen die Grenzen von beiden Schichten zusammen (Fig. 4 k). Wie an den sechs vorher- gehenden Schalen ist hier das Articulamentum nach vorn in Flügel aus- gezogen und seitlich nur durch je eine Incisur eingekerbt. Keine der Incisuren reicht bis ans Tegmentum vor, und von den durch feine Bohrungen charakterisirten Nähten ist auf keiner Schale eine Spur vor- handen, nur die Kielbohrungen finden sich auch hier vor. Die trennende Rinne an der Peripherie des Tegmentums fehlt überall. 416 Jos. Blumrich, Anordnung der Ästheten und Faserstränge. Wenn man mit Zuhilfenahme einer starken Lupe das Tegmentum der vordersten Schale bei Chiton siculus betrachtet, so erblickt man auf demselben hellere oder dunklere Pünktchen, und es ist gar nicht schwer, eine gesetzmäßige Vertheilung derselben herauszufinden. Bei genauerer Nachforschung erkennt man nämlich, dass sie in radialen und koncentrischen Reihen um die Schalenspitze angeordnet sind, und zwar sind je zwei benachbarte Reihen alternirend (die Pünktchen einer Reihe stehen den Zwischenräumen der anderen gegenüber), wodurch die Regelmäßigkeit in der Anordnung noch erhöht wird (Fig. 5). Auf den Seitenfeldern der sechs folgenden Schalen und dem Endtheile der achten sind die Pünktchen genau so gestellt wie auf einem entsprechen- den Theile der vorderen Schale; auf dem gesammten Mittelfelde neh- men die Reihen die Richtung der Rippen an (Fig. 5 rp). Entkalkt man nun beispielsweise die vordere Schale von Chiton siculus und entfernt dann die dem Articulamentum entsprechende Schicht, um das Tegmen- tum für das Licht durchlässiger zu machen, so sieht man schon bei schwächerer Vergrößerung unter dem Mikroskope an Stelle der Pünkt- ‘ chen Gruppen von 42—20 stark lichtbrechender, chitiniger Ringe (Fig. 6 mk, sk). Diese sind aber nichts Anderes als die im optischen Durchschnitte gesehenen Kappen der Ästheten, deren regelmäßige Ver- theilung zuerst von MarsnarL bemerkt worden ist. Jede dieser Ring- gruppen setzt sich aus drei parallelen Zügen zusammen (Fig. 6); der mittlere Zug (cz) enthält nur drei bis vier solcher Ringe, die beiden seitlichen (rz, !z) aber je vier bis sechs. Außerdem ist meist noch ein vierter und fünfter Zug durch ein bis drei Ringe angedeutet. Stets hat der vordere, dem Schalenrande näher liegende Ring des centralen Zuges etwa den doppelten Durchmesser und ist stärker als die übrigen klei- neren, aber unter sich gleich großen Ringe einer Gruppe. Fasst man nur diese großen Ringe ins Auge, so erkennt man, dass dieselben zu einander in regelrechte Quincunces gestellt sind. Ich glaube, dass sie als jene mit der Lupe sichtbaren Pünktchen auf dem Tegmentum er- scheinen. Je zwei der alternirenden Reihen von Ringgruppen stehen so nahe bei einander, dass die rechten Seitenzüge einer Reihe mit den linken Seitenzügen der anstoßenden eine ziemlich geschlossene Linie von Ringen bilden (Fig. 6 rz, /z). Die Ringe der unvollständigen Seiten- züge füllen theilweise die zwischen den Hauptzügen bestehenden Lücken aus. Bei etwas tieferer Einstellung des Objektives werden Verbindungsstränge zwischen den Ringen einer Gruppe und einem darunter liegenden, spindelförmigen Körper sichtbar. Es sind dies die Das Integument der Chitonen. 417 vom Körper der Ästheten sich abzweigenden Mikrästheten (Fig. 6 mı). Unterhalb der Ästheten, an der Unterseite des Tegmentums, ziehen in horizontaler Richtung Gewebestränge dahin, welche Äste an die Ästheten abgeben; wegen ihrer faserigen Struktur wollen wir sie Faserstränge nennen. Diese kann man bis an die Verbindungsstelle des Tegmen- tums mit dem Gewebe des Mantelrandes verfolgen. An der ersten Schale verlaufen sie konvergent gegen die Spitze zu unterhalb der radia- len Punktreihen. Eben so verhält es sich in den Seitenfeldern. In den Mittelfeldern beginnen die Faserstränge am Vorderrande und ziehen in der Richtung der Rippen nach hinten. Bezüglich der Lage der Ästheten aller Chitonen mag erwähnt werden, dass sie im Tegmentum nicht senkrecht zur Oberfläche aufsteigen, sondern etwas nach hinten geneigt sind; nur in der letzten Schale neigen sie sich von allen Seiten gegen die Mitte zusammen. Fig. 6 stellt ein Stück des Tegmentums aus der Gegend zwischen den Nähten der Seitenfelder oder ihrer Deri- vate dar. Daselbst lassen die Ringgruppen ein und derselben Reihe erößere Lücken zwischen einander frei. Auf den Nähten und eben so im Bereiche der Mittelfelder schließen sie jedoch enger an einander, wodurch die Ringe hart neben einander zu liegen kommen und kaum eine größere Lücke zwischen ihnen frei bleibt. Bei Chiton laevis habe ich die geschilderten Verhältnisse nicht so genau untersuchen können, es ist aber anzunehmen, dass sie im Wesentlichen dieselben sein wer- den wie bei Ch. siculus, da beide Species einander sehr nahe stehen. Bei Chiton Polii sind die mittleren Theile des Schalenhinterrandes durch Bohralgen in der Regel zerstört, und nur die Randtheile sind vollkommen intakt. Bringt man ein unversehrtes Stück des Tegmen- tums unter das Mikroskop, nachdem man es zuvor noch entkalkt hat, so sieht man die konvexe Oberfläche der Höcker mit einer Gruppe von Ringen besetzt, welche je einem Ästhete angehört. Die Chitinkappe, welche dem Scheitel des Ästhetes (dem »Megalästhete« Moszıry’s) auf- sitzt, und welche man desshalb passend als Scheitelkappe bezeichnen kann, ist im Vergleiche zu den winzigen Kappen der Mikrästheten riesig groß (Fig. 7 s%). Von ihr als Mittelpunkt strahlen nach hinten und den Seiten die Züge der kleinen Kappen aus. Jeder Zug enthält - zwei, drei oder vier Kappen (Fig. 7 mk). Der Verlauf der Faserstränge - in den einzelnen Schalen entspricht ganz dem bei Chiton sieulus. Die Höcker des entkalkten Tegmentums von Acanthochiton fasei- eularis stellen sich unter dem Mikroskope als rundliche Scheiben dar, an deren Umfange bei hoher und tiefer Einstellung des Objektives eine scharfe Begrenzung hervortritt (Fig. 8 ih). Wie man aus den Quer- E schnittsbildern entnehmen kann, kommt dies dadurch zu Stande, dass | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Ba. 98 418 Jos. Blumrich, diese Höcker als gletschertischähnliche, ringsum ausgeschweifte Erhe- bungen der Tegmentalsubstanz aufragen (Fig. 16 ih). Die Oberfläche dieser Höcker ist nicht konvex, wie es bei denen von Ch. Polii der Fall ist, sondern eben. Von Interesse ist die Art und Weise ihrer Bil- dung. Anfänglich entsteht im Gewebe des Mantelrandes, von dem das Tegmentum zur Absonderung gelangt, ein sehr schmaler, von Epithel ausgekieideter Spalt (Fig. 8 sp), der sich später hinten kreisartig er- weitert. Die so gebildete runde Öffnung im Gewebe ist von einem Pfropfen heller Tegmentalsubstanz erfüllt, welcher den im Entstehen begriffenen Höcker darstellt. Indem nun dieser Pfropf an Größe stetig zunimmt und gleichsam gegen das Tegmentum immer weiter vorrückt, drängt er das Gewebe in Form zweier Wülste aus einander. Die beiden Wülste des Mantelgewebes (Fig. 8 wt, wit), welche den jungen Tegmen- talhöcker durch Absonderung vergrößern, schmiegen sich ihm an und bedingen dadurch seine eigenthümliche, ausgeschweifte Form. In Folge des Wachsthums weicht das Mantelgewebe fortwährend zurück und scheidet dabei Tegmentalsubstanz aus. Durch die neu abgeschie- denen Partien des Tegmentums werden die fertigen Höcker vom Mantel- gewebe mehr und mehr getrennt, die beiden Wülste geben die Be- rührung mit ihnen auf und erleiden eine völlige Rückbildung. — Ein Blick auf Fig. 8 giebt eine Vorstellung von der regelmäßigen Anordnung der Tegmentalhöcker;; sie sind ebenfalls in alternirende Reihen gestellt. Auf ihrer Oberfläche ist in der Regel nur eine einzige chitinige Kappe bemerkbar, häufig jedoch auch zwei, seltener drei bis vier, welche als- dann entweder einem einzigen oder zwei besonderen Ästheten ange- hören. Wenn zwei oder mehrere Kappen von einem Ästhete getragen werden, so ragt auch hier eine durch ihre Größe unter den übrigen hervor (die Scheitelkappe). Im Bereiche des Kieles fehlen, wie erwähnt wurde, die Tegmentalhöcker. Die Ästheten sind hier bei Weitem größer und reicher an Chitinkappen als seitlich davon. — Unter den Tegmen- talhöckern ziehen stärkere oder schwächere Faserstränge dahin, welche vom Mantelgewebe aus gegen die am Hinterrande gelegene Schalen- spitze zustreben und Abzweigungen zu den einzelnen Ästheten ent- senden (Fig. 8 fs). Bau der Ästheten und Faserstränge. Die Darstellung des histologischen Baues der Ästheten, welche vAN BENMELEN in seiner »Proefschrift« gegeben hat, bestand bisher zu Recht, obgleich auch nach ihm noch diese Gebilde zum Gegenstand der Untersuchung gemacht wurden. Auf Grund meiner guten Präparate jedoch bin ich in der Lage, die Angaben van BemmELEN’s in einigen (und Das Integument der Chitonen. 419 wie ich glaube) nicht unwichtigen Punkten richtig zu stellen und zu ergänzen. Anfangs, als ich mich mit diesen merkwürdigen Gebilden beschäftigte, standen mir nur Präparate von Ch. sieulus zur Verfügung, und trotzdem dieselben eine sehr gute histologische Erhaltung auf- wiesen, so hätte ich kaum einen nennenswerthen Fortschritt zu ver- zeichnen gehabt, wenn mir nicht durch gütige Vermittelung des Herrn Professor HırtscHek Gelegenheit geboten worden wäre, unter anderen Arten auch Chiton Polii auf die Ästheten zu untersuchen, über deren Aufbau ich an einigen besonders günstigen Stellen leicht Klarheit er- langen konnte. Bei meinem Materiale brachte ich zwei Härtungs- methoden in Anwendung; ich härtete in einer gesättigten Lösung von Pikrinsäuresublimat und in CGhromosmiumessigsäure !, doch ist das erstere Härtungsmittel für diese Zwecke dem zweiten entschieden vor- zuziehen, weil es den plasmatischen Inhalt der drüsenähnlichen Zellen nicht so zerstört. Das Entkalken der Objekte wurde in einer Mischung von einem Raumtheile koncentrirter Salpetersäure auf 99 Raumtheile 70°/,igen Alkohol vorgenommen; gefärbt wurden sie in ‚Boraxkar- min. Zum großen Theile habe ich die Untersuchung an Querschnit- ten durchgeführt, doch auch Längsschnitte haben mir über Vieles ‘ Aufschluss gegeben. Alle Zeichnungen sind mit der Camera lucida entworfen worden. Die Ästheten sind für das Tegmentum charakteristisch, da sie auf dasselbe beschränkt sind, wie auch schon Moszıry betont hat. Sie be- ‚sitzen eine keulenförmige oder mehr cylindrische Gestalt (Fig. 9 ff.). Ihr unteres Ende verjüngt sich und geht in den Faserstrang über. Am oberen Ende tragen sie einen einfachen bis mehrfachen Kranz dünner Abzweigungen, die Mikrästheten nach Moserey, welche an der Ober- fläche des Tegmentums mit einer von chitinigen Käppchen umhüllten Anschwellung endigen. Den Scheitel des Ästhetes, das Megalästhet Moszızy’s, krönt eine durch ihre Größe ausgezeichnete, tief becher- förmige Chitinkappe, die Scheitelkappe, wie wir sie schon früher be- zeichnet haben, in deren Substanz ich eine von MoseLry zuerst beob- achtete Schichtung parallel zur sanft gewölbten Oberfläche wahrge- nommen habe. An den dünnen Kappen der Mikrästheten habe ich eine - Solche Schichtung nicht sehen können. Die koncentrischen Ringe, ' welche namentlich die Scheitelkappe bei der Ansicht von oben zeigt, möchte ich nicht, wie dies MoseLry gethan hat, als eine Struktur, son- dern vielmehr als eine Lichtbrechungserscheinung auffassen. Der Kör- per der Ästheten wird von großen, meist zweischichtig über einander 1 Zusammensetzung: Chromsäure 20%/,, Osmiumsäure 40/,, Essigsäure 40/9, 960/o Ag. dest. 28* 420 Jos. Blumrich, gelagerten, sack- oder keulenförmigen Zellen dicht erfüllt, welche sich scharf von einander abgrenzen (Fig. 9 dz). Sie besitzen ganz das Aus- sehen von Drüsenzellen, da ihr meist etwas plattgedrückter Zellkern stets grundständig ist, und der reichliche Inhalt eine bald feinere, bald gröbere, stark glänzende Körnelung darstellt. Mitunter ist der Inhalt dieser drüsenähnlichen Zellen auch homogen und nur durch einzelne Spalten in unregelmäßige Stücke zerklüftet (vgl. Fig. 10 und 12 dz). Das Plasma der drüsenähnlichen Zellen in jungen Ästheten färbt sich beträchtlich mit Karmin, in älteren hingegen nur schwach oder gar nicht und zeigt dann einen Stich ins Gelbliche. In Folge der ver- schiedenartigen Beschaffenheit ihres plasmatischen Inhaltes grenzen sich die eng an einander liegenden Zellen um so schärfer von einander ab. Die drüsenähnlichen Zellen hat van BENMELEN nicht als wirkliche Zellen erkannt, sondern hielt sie nur für die oberen Enden der die »Tegmentpapillen« erfüllenden »Fäden« (»de boveneinden der draden«), ihre grundständigen Zellkerne hat er nicht gesehen und hat den aus glänzenden Körnchen bestehenden plasmatischen Inhalt derselben als Pigmentkörner (»Pigmentkorrels«) bezeichnet. Die Mikrästheten ent- halten eine nicht allzu reichliche Menge fein granulirten Plasmas. Die an ihrer Abzweigungsstelle konstant vorkommenden Zellkerne sind sowohl von van BENMELEN als auch von MoszLey übersehen worden. Sie zeigen eine deutliche Kernstruktur, färben sich gut in Karmin und haben eine runde oder längliche Gestalt (Fig. 9 ff. mz). Eingezwängt zwischen die drüsenähnlichen Zellen bemerkt man eine Anzahl schma- ler, langer Kerne, welche sich sehr stark färben (Fig. Iff. fk). Sie ge- hören zarten, scharf kontourirten, aber nicht stark lichtbrechenden Fasern an, welche aus den Fasersträngen in den Körper des Ästhetes übertreten; an besonders günstigen Stellen konnte ich sie bei Chiton Polii zwischen den drüsenähnlichen Zellen bis an die Scheitelkappe hinauf verfolgen, und einige seitlich bis zum Ursprunge der Mikrästhe- ten. Nirgends habe ich gefunden, dass sich die hellen Fasern an den Grund der drüsenähnlichen Zellen angesetzt hätten. In das Innere der Mikrästheten dringen sie nicht ein, sondern endigen am Ursprunge derselben mit den erwähnten Kernen (Fig. 9 f). Diese hellen Fasern sind nicht identisch mit den »draden« van BENMELEN’s. An dem etwas verdickten Grunde des Ästhetenkörpers bemerkte dieser Forscher schon eine Gruppe länglicher Zellkerne. Sie sind von etwas Plasma umgeben und scheinen zu den aufsteigenden Fasern in Beziehung zu stehen; doch sind sie nicht ausnahmslos bei allen Chitonspecies vor- handen, da ich sie in den Ästheten von Ch. Polii nie bemerkt habe (Fig. 10, 14, 12 29): Das Integument der Chitonen. 421 Wenn auch die Ästheten der verschiedenen Chitonen der Haupt- sache nach denselben Bau aufweisen, so zeigen sie dennoch in manchen Einzelheiten nicht unwesentliche Abweichungen von einander. Bei Chiton Polii und einer Species von Faro bei Messina, welche mit erste- rem sehr nahe verwandt ist und kaum als eine gute Varietät desselben bezeichnet werden kann, ist der Körper des Ästhetes keulenförmig und trägt eine große Zahl von Mikrästheten (etliche 20 bis 30) mit winzigen Kappen. Der Durchmesser der Scheitelkappe beträgt etwa das Fünf- bis Mehrfache von diesen (Fig. 9 sk). Des Fehlens der Zellkerngruppe am Grunde der Organe wurde bereits gedacht. Chiton siculus hat mit Ch. laevis und Acanthochiton fasc. das gemein, dass der Körper des Ästhetes mehr oder weniger cylindrisch gestaltet ist und der Durch- messer der massigeren Scheitelkappe höchstens das Doppelte von dem der kleineren Chitinkappen beträgt (Fig. 10, 11 sk). Ferner besitzen bei ihnen die Mikrästheten diese Eigenthümlichkeit, dass sie eine knie- förmige Biegung aufweisen, welche dadurch zu Stande kommt, dass sie in schiefer Richtung vom Megalästhet sich abzweigen und dann plötz- lich senkrecht zur Oberfläche des Tegmentums aufstreben (Fig. 10, 41, 8 mi). Die Mikrästheten von Ch. sieulus und Acanthochiton entspringen ‚ alle gesondert, während bei Ch. laevis vom Megalästhet neben einzel- nen Mikrästheten auch stärkere Äste ausgehen, welche in einzelne Mikrästheten sich erst auflösen (Fig. 11 ha). Von Acanthochiton sind zwei Formen des Ästhetenkörpers namhaft zu machen. Die Ästheten des Kieles tragen eine größere Anzahl von Mikrästheten, die der übrigen Schalentheile und der gesammten vor- deren Schale sind in der Regel unverzweigt und besitzen bloß eine Scheitelkappe (Fig, 8). Bei einer großen Chitonellusspecies aus der Algoabai, welche Dr. Horus gesammelt hat, und von welcher mir Herr Professor Hıtscaek aus der Sammlung des Institutes ein Exemplar zur Anfertigung von Präparaten gütigst überließ, fand ich das Ästhet stets nur von der Scheitelkappe bedeckt (Fig, 12 sk), im Übrigen war es dem von Ch. siculus sehr ähnlich gebaut. Moszırv erwähnt, dass bei Core- phium aculeatum einzelne Faserstränge direkt bis zur Oberfläche des Tegmentums aufsteigen, ohne vorher den Körper eines Ästhetes zu ' bilden, und dass ihre Abzweigungen mit Chitinkappen abschließen. Etwas Ähnliches habe ich bei Ch. laevis an den mittleren Schalen im Bereiche der hinteren Nähte bemerkt. Ein aus dem Gewebe unterhalb des Articulamentums entspringender dünner Faserstrang, welcher eine helle Faser umschloss, bildete oben eine geringe, von gekörneltem Plasma erfüllte Anschwellung, welche keine drüsenähnliche Zelle ent- hielt, und von welcher meist vier Mikrästheten ausgingen, an deren 422 Jos. Blumrich, Grunde je ein Zellkern lag. Bei Acanthochiton waren ferner nicht selten Faserstränge sichtbar, welche, ohne irgend eine Anschwellung zu formiren, auf der Fläche eines Tegmentalhöckers mit einer kleinen Kappe endigten (Fig. 8 mi’). Ausnahmsweise sah ich bei dieser Species in der Region des Kieles einmal auch ein Ästhet, dessen Körper sich gabelte und mit zwei Scheitelkappen neben den kleineren Chitinkappen ausgestattet war. Den Bau der Faserstränge hat schon Moseızy richtig erkannt. Sie bestehen aus einem Bündel heller Fasern und spärlichem, granulirtem Plasma. Hin und wieder enthalten sie Zellkerne, von denen ich aus- drücklich hervorheben muss, dass sie nicht im Inneren derselben ge- legen sind, sondern stets der Wandung angepresst liegen, welche das Faserbündel umhüllt (Fig. 9 ff. X’). Am Rande der Faserstränge, wo die Zellkerne im Profile gesehen werden, erscheinen sie schmal und lang, während sie sonst eine ovale Form besitzen, eine deutliche Kernstruk- tur haben und sich mit Karmin nur wenig färben (Fig. 14 fs). Kerne von derselben Natur finden sich auch an der Wandung des Ästheten- körpers (Fig. 10, 12 k). In der Gegend des Kieles und vielfach auch in den Nähten sind die Faserstränge schwach und unverzweigt (Fig. 17 fs). Sie durch- setzen in schiefer Richtung das Articulamentum und gehen dann im Bereiche des Tegmentums direkt in den Körper je eines Ästhetes über (Fig. 18 k). In den Nahtlinien kommen jedoch auch sehr starke Faser- stränge vor, welche in ihrem Verlaufe sich gabeln, und deren Zweige zwischen den beiden Schalenschichten hinziehen und eine große An- zahl von Ästheten versorgen. Die meisten Faserstränge jedoch treten seitlich in die Schalen ein, indem sie aus jenem Theile des Mantelge- webes ihren Ursprung nehmen, welcher die Rinne am Rande der Schale zwischen Articulamentum und Tegmentum ausfüllt. Die Entwicklung der Ästheten und Faserstränge. Die Bildung der Ästheten, welcher bisher keine Beachtung ge- schenkt worden ist, erfolgt an einer aufgestauchten Falte des Mantelge- webes von dreieckigem Querschnitte, welche bei allen Chitonen an den vorderen sieben Schalen rings am Rande mit Ausnahme des Hinterran- des verläuft; nur an der VIII. Schale ist sie auch hier vorhanden. Wir wollen sie mit dem Namen »ästhetenhildende Mantelkante« bezeichnen (Fig. 13 ff. äk). Sie ist genau so hoch als das Tegmentum mächtig ist. Dieser Umstand findet seine Erklärung darin, dass das Epithel der Mantelkante, welches ans Tegmentum grenzt, die alleinige Matrix für dasselbe abgiebt. Ihre zweite nach auswärts gekehrte Epithelfläche Das Integument der Chitonen. 423 scheidet gewöhnliche Cuticularsubstanz ab. Das Epithel der Mantel- kante besteht aus Cylinderzellen, welche gegen die Spitze zu allmäh- lich höher werden und durch Intercellularräume von einander getrennt sind (Fig. 14 e). Ihr Plasma färbt sich stark mit Karmin, eben so ihre länglichen Kerne. Unterhalb der ununterbrochen dahinziehenden auf- rechten Mantelkante findet man zu ihr in vertikaler Stellung noch einen Vorsprung des Mantelgewebes, welcher sich gesimsartig am Schalen- saume zwischen Articulamentum und Tegmentum einkeilt. Dieser ge- simsartige Mantelvorsprung erlangt eine mächtige Ausbildung bei Ch. sieulus und laevis (Fig. 15 v), eine weit schwächere bei Ch. Polii (Fig. 14 v), bei Acanthochiton fehlt er gänzlich (Fig. 16). Er füllt am Rande der Schalen die zwischen ihren beiden Schichten bestehende Grenzrinne aus, deren wir bei Beschreibung der Schalen Bereits Er- wähnung gethan haben. Am Kiele und an den Incisuren, wo die Grenz- rinne fehlt, ist auch er nicht vorhanden (Fig. 17). Sowohl die Mantel- kante wie insbesondere der gesimsartige Vorsprung sind reichlich von blutgefäßartigen Hohlräumen durchzogen (Fig. 13 ff. bl). Bei allen von mir untersuchten Chitonen vollzieht sich die Ent- wicklung der Ästheten der Hauptsache nach in ein und derselben Weise. Wir können daher die Ästhetenbildung an einem Beispiele durchgehen, wozu Ch. Polii am besten geeignet ist, da hier der ganze Vorgang wegen der Größe des Ästhetenkörpers leichter verfolgt werden kann. Die allerfrühesten Entwicklungsstadien werden auf dem Gipfel der Mantelkante angelegt, und zwar entstehen hier erst einige Mikrästhe- ten, ehe das von der massigen Scheitelkappe bedeckte Megalästhet sich bildet. Die zuerst auftretenden Mikrästheten stellen sich dar als Fortsätze je einer Zelle mit gekörneltem Plasma, deren rundlicher Zell- kern über denen des Cylinderepithels gelegen ist (Fig. 14 m’). Ihre Käppchen brechen Anfangs das Licht nur schwach. Zur Bildung des Körpers der Ästheten trägt eine bedeutende Anzahl von Epithelzellen bei, welche eine Art Zellwucherung formiren (Fig. 13). Während aber die Zellen am Rande der Ästhetenanlage sich nur bedeutend in die Länge strecken, erleiden die central gelegenen eine erheblichere Ver- änderung. Ihr Plasma wird zu einer sich nur sehr wenig färbenden Granulation umgewandelt, schon ähnlich derjenigen in den drüsen- ähnlichen Zellen der vollständig ausgebildeten Ästheten, aber noch ohne ausgesprochene Zellgrenzen (Fig. 13 dz). Ihre Zellkerne nehmen eine rundliche Form an, und das Chromatingerüst derselben wird deut- lich sichtbar. Auf dem Gipfel dieser Zellwucherung ruht eine in ihrer Art einzige, riesige Zelle (bz) mit sehr intensiv gefärbtem großem _ kugelförmigem Zellkerne (Fig. 13 bk). Dieser liegt am Grunde dersel- 494 - Jos. Blumrich, ben, von einem hellen Hofe rings umgeben. Der Zellleib wird nach oben hin lichter und haftet der noch unvollkommenen Scheitelkappe an, welche schon in diesem Zustande eine Schichtung ihrer Substanz erkennen lässt. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die riesige Zelle als Bildungszelle der Scheitelkappe zu betrachten ist. Eine helle Faser, ähnlich denen in den fertigen Ästheten, reichte vom Grunde der Ästhetenanlage bis an die Bildungszelle hinauf und schien sich mit ihr zu verbinden (Fig. 13 f). Ältere Entwicklungsstadien der Ästheten findet man tegmental- wärts an der Mantelkante, und zwar sind dieselben um so mehr in das Tegmentum vorgeschoben, je älter sie sind. Zwei solcher Stadien sind in Fig. 14 zur Veranschaulichung gebracht worden. Der Körper des höher gelegenen jungen Ästhetes ist bereits eine ziemliche Strecke an der Mantelkante herabgewandert und hat sich bedeutend in die Länge gestreckt. Die Differenzirung der Zellen in seinem Inneren ist auch schon etwas weiter vorgeschritten als in dem jüngeren Stadium in Fig. 13. Die Zellkerne im oberen Theile sind schmal und lang, sie ge- hören der Mehrzahl der hellen Fasern an, welche vom Fuße des Ästhetes aufsteigen, ein Theil davon liegt an der Austrittsstelle der Mikrästheten - (Fig. 14 k). Unterhalb derselben sind ovale Kerne mit deutlicher Kern- struktur sichtbar, um welche herum das granulirte Plasma sich schon schärfer gruppirt, so dass die Zellgrenzen ziemlich deutlich wahrnehm- bar werden. Es sind dies jene Zellen, aus welchen die drüsenähnlichen Zellen hervorgehen. Die Scheitelkappe ist in diesem Stadium schon völlig ausgebildet, und ihre große Bildungszelle steht im Begriffe, zwi- schen den anderen Zellen hindurch nach dem Fuße des Ästhetes hin- abzuwandern. Ihr Kern hat die schöne Kugelgestalt verloren und eine unregelmäßige Form angenommen. Die Wandung der Ästhetenbasis wird von lang ausgezogenen Epithelzellen geliefert (Fig. 1% e’). Diese gelangen nicht mehr in das Innere des Ästhetes, sondern bilden mit immer neu aufgenommenen Epithelzellen nur mehr eine Art Hülle um die hellen Fasern, mit denen zusammen sie also den Faserstrang dar- stellen. Das zweite Bildungsstadium des Ästhetes (auf Fig. 1%), welches unterhalb des soeben beschriebenen sich befindet, gleicht in seinem Baue schon völlig einem alten Ästhete. Die drüsenähnlichen Zellen haben ihre charakteristische Form angenommen und schließen die schmalen Kerne der hellen Fasern zwischen sich ein. Die Bildungszelle der Scheitelkappe ist bis auf den Grund des Ästhetes herabgelanst, ihre Plasmamenge ist stark reducirt, und der Zellkern in ein größeres und ein kleineres Stück zerfallen. In anderen gleichwerthigen Stadien war der Kern der Bildungszelle der Scheitelkappe in zwei gleich große Das Integument der Chitonen. 425 Bruchstücke oder in drei von verschiedener Größe aufgelöst, welche aber stets am Fuße des Ästhetes gelegen waren. Der Faserstrang des zweiten Ästhetes auf Fig. 14 ist bereits zu einer ziemlichen Länge her- angewachsen. An noch älteren Ästheten als dem soeben besprochenen tritt kaum noch eine merkliche Veränderung auf, nur der Faserstrang gewinnt noch stetig an Ausdehnung, wird aber dabei dünner, und der Rest der Bildungszelle von der Scheitelkappe kommt gänzlich zum Schwunde. Die Anlage und Entwicklung der Ästheten bei Chiton laevis, Ch. siculus und Acanthochiton zeigt eine große Übereinstimmung mit der von Ch. Polii. Auch hier wird die Scheitelkappe von einer besonderen Bildungszelle abgeschieden (Fig. 15 und 16 bs). In einem Bildungs- stadium bei Ch. laevis, welches genau dem auf Fig. 13 von Ch. Polii dargestellten entsprach, sah ich auch jene helle Faser wieder zur Bil- dungszelle aufsteigen. Die Kerne der Bildungszellen der Scheitel- - kappen von den genannten Arten besitzen ebenfalls eine runde Form, färben sich außerordentlich intensiv mit Karmin und liegen am unte- ren Ende der Bildungszelle, sind aber bedeutend kleiner als bei Ch. Polii (da auch ihre Scheitelkappen kleiner sind), und nur von der Größe der rundlichen Zellkerne, welche an der Austrittsstelle der Mikrästheten sichtbar sind (Fig. 15 bA). In späteren Stadien färben sie sich weniger stark und sind daher von jenen Zellkernen weniger leicht aus einander zu halten. Bei mittleren Entwicklungsstadien der Ästhe- ten schien der Kern jener Bildungszelle noch seine ursprüngliche hohe Lage einzunehmen, so dass ich nicht anzugeben vermag, ob er wie bei Ch. Polii eine Wanderung nach der Basis des Ästhetes unternimmt oder an Ort und Stelle resorbirt wird (Fig. 15 5A). Die Differenzirung der drüsenähnlichen Zellen und der dazwischen liegenden Faserzellen, welch letztere ihre Verbindung mit dem Mantelgewebe nie aufgeben, erfolgt bei dieser Gruppe von Chitonen in einer analogen Weise wie bei Ch. Polii. In den Präparaten von der Chitonellusspecies habe ich kein Bil- dungsstadium eines Ästhetes von genügender Deutlichkeit ausfindig machen können. Außer am Kiele und den Einkerbungen kommt am Schalenrande zur ästhetenbildenden Mantelkante der gesimsartige Vorsprung noch hinzu (Fig. 19 äk, v). Während des Wachsthums der Schalen rücken die Ästheten gleichsam immer weiter in das Tegmentum hinein, in Wirklich- keit jedoch verlassen sie ihren Ort nicht, sondern das Mantelgewebe _ weicht zurück und vergrößert dabei die Schale durch Abscheidung der zur Schalenbildung erforderlichen Substanzen. In Folge dessen verlegen 436 Jos. Blumrich, die Faserstränge der jungen Ästheten ihren Ursprung allmählich von der Mantelkante auf die Fläche des gesimsartigen Vorsprunges, und schließlich bis auf dessen Schneide (Fig. 14 fs). Sind sie einmal hier angelangt, so können sie nicht mehr weiter vorrücken, sie werden stationär und spinnen sich durch fortwährende Aufnahme neuer Epi- thelzellen zu einer bedeutenden Länge aus, indem ihr Wachsthum so- wie das der hellen Fasern in ihrem Inneren mit dem Wachsthum der Schalen gleichen Schritt hält. Der jeweilig durch Längenzuwachs ge- wonnene Theil der Faserstränge wird vom neugebildeten Articulamen- tum und Tegmentum zwischen sich gefasst und erhält auf diese Weise seine charakteristische horizontale Lage in der Berührungsfläche der beiden Schalenschichten. Wenn man erwägt, dass die Ästheten perio- disch in regelmäßigen Reihen hinter einander entstehen, so ist leicht einzusehen, dass auf der Schneide des Mantelvorsprunges nach und nach die Ursprungsstellen vieler Faserstränge auf einander fallen und mit einander verschmelzen werden. So erklärt sich die oftmals be- trächtliche Stärke der horizontal verlaufenden Faserstränge, welche aufrechte Zweige an die einzelnen Ästheten einer Reihe abgeben. In der Gegend des Kieles und der Ineisuren, wo der gesimsartige "Mantelvorsprung fehlt, gerathen die Faserstränge in das Articulamen- tum hinein, indem ihre Ursprungsstelle von der Mantelkante allmählich auf die Epithelsohle des Articulamentums hinabgelangt (Fig. 17 fs, Fig. 18 Ak). Diese Faserstränge treten in jene schlitzartigen feinen Bohrungen ein, welche auf der Schalenunterseite im Kiele und an den Nähten sichtbar sind (Fig. 3 n). Im entkalkten Zustande unterscheidet sich das Articulamentum durch die Schichtung seiner stark geschrumpften Substanz auf den ersten Blick vom ungeschichteten, homogenen Tegmentum, welches der Schrumpfung nur in sehr geringem Grade unterliegt. Nur die jüngsten Partien des Articulamentums, welche sehr reich sind an orga- nischen Stoffen, schrumpfen nicht und lassen die Schichtung nicht her- vortreten, wodurch sie dem Tegmentum sehr ähnlich sehen (Fig. 15 a). An den etwas geschrumpften Stellen der letzteren Schicht hebt sich der oberste Theil häufig in Form eines zarten Häutchens ab (die Epi- dermis nach Marsnaıt, das Periostracum nach van BENMELEN), welches zwischen den Chitinkappen der Ästheten ausgespannt ist (Fig. 15 per). Als eine Eigenheit von Ch. Polii und seinem nahen Verwandten von Faro ist zu erwähnen, dass das junge Tegmentum durch einen satt- gelben Ton ausgezeichnet ist, welcher bei zunehmendem Alter der Schalentheile sich wieder verliert. Er scheint die braune Färbung des Tegmentums zu bedingen (Fig. 13 und 1). Das Integument der Chitonen. 427 Das Wachsthum der Schalen. Das Wachsthum der Schalen wird bedingt durch die Abscheidung von Kalksalzen und organischer Substanz von Seiten des Mantelepithels. Es kann demnach nur an jenen Stellen der Schalen von einer Größen- zunahme die Rede sein, wo sie an das Epithel grenzen. Die achte Schale ist rings von Mantelgewebe eingefasst, wächst also an ihrer ganzen Peripherie, den übrigen sieben Schalen aber fehlt die Epithel- begrenzung am Hinterrande, wesshalb sie bloß an den Vorder- und Seitenrändern an Ausbreitung gewinnen können. Die Wachsthums- zone für das Tegmentum ist an der ästhetenbildenden Mantelkante ge- legen und charakterisirt sich durch eingeschlossene Bildungsstadien der Ästheten. Durch den gesimsartigen Mantelvorsprung ist sie von der Wachsthumszone des Articulamentums getrennt, außer im Bereiche des Kieles und der Nähte (resp. Incisuren), wo sie beide unmittelbar über einander zu liegen kommen. Während jedoch dem Tegmentum lediglich ein Flächenwachsthum eigen ist, besitzt das Articulamentum überdies noch ein Dieckenwachsthum; denn auch seine Unterseite ruht dem Mantelepithele auf. Daher findet man, dass die Schalen ausge- wachsener Chitonen viel dicker sind als die von jungen Thieren. Bei sanz jugendlichen Thieren mögen beide Schalenschichten ungefähr von gleicher Dicke sein, allmählich aber nimmt das Articulamentum an Mächtigkeit zu, bis es schließlich das Tegmentum bedeutend übertriftt, so dass dieses alsdann nur eine dem Articulamentum aufgelagerte dünne Decke darstellt. Auf welche Weise die Ästheten und ihre Faser- stränge in die Schale hineingerathen, darauf wurde gelegentlich hinge- wiesen, als von deren Entwicklung die Rede war. Die Natur der Ästheten und Faserstränge. Als MoseLey im Tegmentum tropischer Chitoniden jene eigenthüm- lich modifieirten Ästheten entdeckte, deren Bau in vielen Einzelheiten auf ein hoch entwickeltes Auge schließen ließ, trug er kein Beden- ken mehr, auch den gewöhnlichen, weit einfacher gebauten Ästheten einen sensiblen Charakter zuzuschreiben, und vermuthete in ihnen — was am nächsten lag — eine Art Tastorgane, zumal dieser Familie der Mollusken die Tentakel fehlen. Die zu den Augen sowohl wie zu den gewöhnlichen Ästheten hinführenden Faserstränge hielt er für Nerven und glaubte, dass der fibrilläre Inhalt derselben aus Nerven- fasern bestehe. Allerdings war er nicht im Stande, ihren direkten Zu- sammenhang mit dem Kiemeneingeweidenervenstrange nachzuweisen, meinte aber, dass sie wohl als Zweige jener Nervenäste zu betrachten 428 Jos. Blumrich, seien, welche B. Hııızr seitlich von den Kiemeneingeweidenerven- strängen ausgehen sah und bis unter die Schalen hin verfolgen konnte. Auf den Querschnitten durch Chiton siculus nun habe ich eine Stelle aufgefunden, an welcher ein starker Nerv sich von dem genannten Hauptnerven abzweigte und auf ein und demselben Schnitte fast ohne Unterbrechung seitlich bis unter die Schale in die Region einer Naht heranreichte, wo einige der starken Faserstränge das Articulamentum durchsetzten. Es hatte den Anschein, als ob ein Theil der Nervenfasern direkt in einen starken Faserstrang eintrete und dessen Inhalt bilde, während der Rest der Nervenfasern dicht unter dem Epithele hinzog und die unteren Theile der benachbarten abgeschnittenen Faserstränge versorgte. Dieses Verhalten lässt eine doppelte Auslegung zu: entwe- der treten wirklich die Nervenfasern in die Faserstränge unmittelbar über und bilden deren Inhalt, alsdann wären diese eigentlich als Nervenstränge zu bezeichnen, oder die hellen Fasern der Faserstränge sind nur sehr lang ausgezogene Sinneszellen, welche von Nervenästen versorgt werden, und deren Kerne zwischen den drüsenähnlichen Zel- len innerhalb der Ästheten gelegen sind. Die letztere Deutungsweise hat vielleicht noch mehr für sich als die erstere, wenn man bedenkt, dass beispielsweise auch bei den Actinien die Sinneszellen eine den hellen Fasern entsprechende lange dünne Form besitzen. An Stellen, wo keine Naht vom Schnitte getroffen war, bemerkte ich ferner bei Chiton laevis wiederholt, dass starke Nerven vom Hauptstamme in gleichbleibender Stärke bis in die Gegend des äußeren, unteren Ran- des des Articulamentums sich erstreckten, wo sie sich in einzelne Fasern und Faserbündel auflösten, die ich in ihrem weiteren Verlaufe unmöglich von dem umgebenden Gewebe, von Muskeln und Binde- gewebe aus einander zu halten vermochte. Man darf aber auch hier mit Recht annehmen, dass ein Theil dieser Nervenfasern zu der ästhe- tenbildenden Mantelkante und dem gesimsartigen Vorsprunge hinzieht, um die jungen Ästheten sowohl wie die alten, beziehungsweise ihre Faserstränge zu innerviren. Die jungen Ästheten der Mantelkante und alle Faserstränge sind mit ihrem Grunde in das Mantelgewebe einge- pflanzt, gehen jedoch nicht in dasselbe über, sondern sind von ihm scharf abgesetzt. Die in ihnen enthaltenen, nie allzu zahlreichen hellen Fasern reichen stets bis auf den Grund herab, ihren Übertritt ins Mantelgewebe konnte ich aber nirgends mit unzweifelhafter Sicherheit konstatiren. Dies scheint mir auch dafür zu sprechen, dass die hellen Fasern nur die langgestreckten unteren Enden der vom Epithele des Mantels abstammenden Sinneszellen sind, welche eine äußere, vom selben Epithele gelieferte zellige Umhüllung erhalten haben. Die Das Integument der Chitonen. 429 Faserstränge mögen auch wohl die Nährflüssigkeit für die Ästheten zu- leiten, da an ihrer Austrittsstelle aus dem Mantelgewebe (in der ästhetenbildenden Mantelkante, dem gesimsartigen Vorsprunge und im Bereiche der Nähte) stets größere Bluträume (bl) angetroffen werden und zwischen den einzelnen hellen Fasern stets eine geringe Menge feinen granulirten Plasmas sichtbar ist. Da die Ästheten im Tegmentum sehr zahlreich vorhanden sind und so starke Nerven zu ihnen hinleiten, und da namentlich ihre Scheitelkappen eine so exponirte Lage einnehmen, so dürfte ihnen ohne Zweifel eine hohe sensitive Funktion eigen sein. Moseızy erblickt in den Ästheten, wie oben erwähnt wurde, Tastorgane, eine Ansicht, welche mir der Wirklichkeit am nächsten zu kommen scheint, und welcher ich mich desshalb anschließe. Die Prüfung der lebenden Thiere auf Tastempfindungen ist wegen der Langsamkeit in ihren Be- wegungen sehr misslich und hat mich zu keinem Resultate geführt. Genauere Versuche darüber wären noch anzustellen. Namentlich aber wäre es erwünscht, dass an gut konservirten augentragenden Chi- toniden der histologische Bau der Augen erforscht würde, welcher sicherlich noch weit komplicirter ist, als ihn Moseıey bei dem unvoll- kommenen Erhaltungszustande seiner Präparate hat finden können. Es scheint mir nicht annehmbar zu sein, dass, wie MoseLry meint, die Chitinkappen hervorgestoßen werden können, da die hierzu erforder- lichen Muskeln in den Ästheten vermisst werden und das im intakten Zustande die Chitinkappen innig umschließende Tegmentum keine Be- wegung derselben über die Grenzen seiner Elastieität zulässt. Eine Zeit lang erschien es mir wahrscheinlich, dass man es in den Ästheten mit Leuchtorganen zu thun habe, in welchen bekanntlich Drüsenzellen eine große Rolle spielen, und welche ebenfalls eine augenähnliche Einrichtung annehmen können. Herr Dr. GrArrrE, In- spektor an der zoologischen Station zu Triest, war so freundlich, auf mein Ansuchen die dort vorkommenden Chitonspecies auf ihre Leucht- kraft zu prüfen, doch haben seine Versuche ein negatives Resultat er- geben. Bei Chiton Polii sind die Schalen stets von zahlreichen Algen be- deckt und durchbohrt, welche die Ästheten zerstören und die Schalen brüchig machen, so dass dieselben leicht abgenutzt werden. Nur in den jüngst gebildeten Schalentheilen kann man daher unversehrte und für die mikroskopische Untersuchung geeignete Ästheten ausfindig machen. Da also hier verhältnismäßig nur wenige intakte Ästheten vorhanden sind, so würden diese Chitonen anderen gegenüber, welche weniger von Algen zu leiden haben (wie beispielsweise. Ch. sieulus 430 Jos. Blumrich, und Ch. laevis), was Tastempfindungen anbelangt, sehr im Nach- theile sein. | Il. Das Integument des Mantelrandes. Der Mantelrand. Wenn man mit Hilfe einer stärkeren Lupe den Mantelrand der Chitonen von der Rückenseite betrachtet, so offenbart sich je nach der Species ein verschiedenartiges Verhalten desselben. ‘Bei Chiton Polii erscheint er dicht übersäet mit kleinen, runden Körnern, welche etwa die Größe der Tegmentalhöcker besitzen. Es sind dies die Stacheln. Ähnlich war es bei jener Chitonellusart der Fall. Auf dem Mantelrande von Acanthochiton fasc. fallen zunächst Büschel von langen, nadelför- migen Stacheln auf, deren man im Ganzen 18 zählt (Fig. I a, sb). Näm- lich zwischen je zwei auf einander folgenden Schalen steht beiderseits immer ein Büschel und außerdem vier vor der ersten Schale. Rings am äußersten Rande des Mantels, welchen wir bei allen Chitonen als Mantelsaum bezeichnen wollen, strahlen ebenfalls sehr lange, nadel- förmige Stacheln aus (Fig. Ia, ss). Im Übrigen sind nur noch sehr spär- liche, einzeln stehende Stacheln auf dem breiten Mantelrande sichtbar. 'Chiton siculus und laevis zeigen in Bezug auf den Mantelrand eine große Ähnlichkeit mit einander. Er trägt nämlich schuppenartig ge- ' staltete Stacheln mit rautenförmiger Basis von verhältnismäßig be- trächtlicher Größe, welche nach zwei verschiedenen Richtungen zu parallelen Reihen geordnet sind und gegen den Mantelsaum hin all- mählich kleiner werden (Fig. 1). Am Mantelsaume stehen lange, aber sehr dünne und meist etwas geschlängelte borstenähnliche Stacheln, zwischen denen sich sehr dicht gestellte kürzere und zugleich stärkere Stacheln bemerkbar machen (Fig. 1 ss). Wenn man von den verschiedenen Chitonspecies Querschnitte an- fertigt, so stellen diese in ihren Umrissen Kreissegmente dar. Die Mantelränder erscheinen alsdann in Gestalt von Dreiecken, indem die horizontale Bauchfläche und die schräg abfallende Rückenseite in einer scharfen Kante, dem Mantelsaume, an einander stoßen. Der Mantelrand enthält eben so wie der Fuß bedeutende Muskelmassen, welche den Thieren das feste Anpressen an die Unterlage ermöglichen. Er ist je- doch nicht bei allen Chitonen gleich mächtig entwickelt. Bei Ch. sieulus und laevis ist er sehr flach (Fig. 20 mr), bei Ch. Polii ist er schon ziem- lich gewölbt (Fig. 19 mr), bei Acanthochiton fasc. besitzt er bereits eine beträchtliche Ausdehnung (Fig. 18 mr); bei jener Art von Chitonellus endlich ist er so massig angelegt, dass er die Leibeshöhle an Größe außerordentlich übertrifft und zu beiden Seiten von ihr einen halb- - Das Integument der Chitonen. 431 kreisförmigen Querschnitt zeigt (Fig. 21 m). Der Mantelsaum (ms) bildet desshalb auch hier keine so scharfe Kante mehr als bei den echten Chitonen; der Fuß hingegen ist sehr stark rückgebildet und liegt in einer an der Bauchseite des Thieres befindlichen Längsfurche (Fig. 21 p). Dort wo die Bauchfläche des Mantelrandes an die Kiemenhöhle grenzt, verläuft bei den echten Chitonen stets ein mehr oder minder hervortretender Gewebswulst (Fig. 18, 19,20 w), welcher in der Gegend der letzten Kieme stark anschwillt und rasch wieder niedriger wird, so dass am Hinterende des Thieres ein siphoähnlicher Kanal für die Zuleitung des Athemwassers entsteht. Wie auch schon Reıncke hervor- gehoben hat, enthält dieser Wulst meist einen größeren blutgefäßartigen Hohlraum, oder es ist ein solcher wenigstens in seiner Nähe (Fig. 20 bl). Das Epithel des Mantelrandes. Oberflächlich ist der Mantelrand stets von einer sehr dicken Cuti- eularschicht überzogen, welche von Stacheln förmlich starrt (Fig. 18, 19, 20 c). Ihre Mächtigkeit ist auf der Rückenseite eine bedeutendere als auf der Bauchseite c ; ein dem Periostracum des Tegmentums ent- sprechender Theil ist an ihr nicht zu sehen. Die ästhetenbildende Mantelkante giebt die Grenze zwischen der Cuticula des Mantelrandes und dem Tegmentum an (Fig. 19 äk). Abgeschieden wird die Guticula vom Mantelepithele, dem sie direkt aufruht. Das Mantelepithel, die Hypodermis der Autoren, ist, so weit sich über ihm Stacheln befinden, zum großen Theile in Papillen umgewandelt und nur zwischen densel- ben in seiner ursprünglichen Form vorhanden (Fig. 50 e). Seine Zellen erscheinen hier plattenförmig, und die Kerne derselben färben sich stark mit Karmin. In größeren Komplexen ist das einfache Mantel- epithel unterhalb der schuppenförmigen Stacheln von Chiton siculus und laevis sichtbar (Fig. 52, 64 e), die größte Ausdehnung erreicht es aber an der Basalfläche des Articulamentums. Von der Fläche gesehen zeigen seine Zellen eine polygonale Form, deren längliche oder sehr vielgestaltige Kerne zumeist einer Seite anliegen. Sie lassen Intercellu- larlücken zwischen einander frei (Fig. 22), ein Umstand, welcher für alle ektodermalen Epithelien der Chitonen bezeichnend ist. Die Epithelpapillen des Mantelrandes unterscheiden sich in solche, welche nur aus gleichartigen Zellen bestehen, und in solche, an deren Aufbau sich zweierlei Zellen betheiligen. Die Papillen der ersteren Art werden von hoch aufgeschossenen, dünnen Epithelzellen gebildet, welche Lücken zwischen einander frei lassen und nur mit ihrem obe- ren, etwas verbreiterten Ende mit einander in Zusammenhang stehen. - Im oberen Theile der Zellen ist das Plasma zu Körnchen geballt, und 432 Jos. Blumrich, in dieser Körnelung liegen die ovalen Zellkerne (Fig. 31 ep). Solche Papillen kommen in Verbindung mit Stacheln an der Unterseite des Mantelrandes von Ch. Polii vor (Fig. 28 sp); auf der Rückenseite des Mantelrandes sind sie sehr verbreitet und treten auf bei Ch. Polii, sicu- lus und laevis, ferner bei Chitonellus, sind aber immer stachellos (Fig. 41, 52, 64 ep). Sehr hoch aufragende Stacheln der Rückenseite und des Mantelsaumes ruhen auf Papillen, welche auch nur aus einer Art von Zellen sich zusammensetzen, deren Plasma aber nicht in Körn- chen aufgelöst ist, sondern eine Andeutung von Längsfaserung zeigt (Fig. 42 sp). Die Papillen der zweiten Art enthalten fadenförmige Zel- len mit langgestreckten Kernen, welche vom Papillengrunde bis zur Spitze hinaufreichen und die Stützzellen repräsentiren, und dazwischen solche mit runden Kernen. Das Plasma der letzteren ist granulirt, und die zu den einzelnen Zellen gehörigen Theile waren mitunter sehr deutlich von einander abgegrenzt, so dass diese Zellen den drüsenähn- . lichen Zellen der Ästheten ganz ähnlich sahen (Fig. 49, 56 sp). Zuwei- len war das Plasma solcher Zellen bei Acanthochiton zu einer von Karmin gefärbten kugeligen Masse zusammengeballt (Fig. 16 ep). Außer auf der Rückenseite von Acanthochiton stehen die Papillen der zweiten “Art mit Stacheln in Verbindung. Die Stacheln und ihre Bildungsweise. Die Stacheln sind in die mächtige Cuticula eingelassen und ragen aus derselben mehr oder minder hervor. Der Gestalt nach kann man unter ihnen zwei Hauptformen namhaft machen, cylindrische und schuppenförmige. Zu den ersteren gehört die große Mehrheit der Stacheln, letztere hingegen sind seltener und auf die Rückenseite des Mantelrandes gewisser Chitonen beschränkt (so bei Ch. siculus, lae- vis u. a.). Was zunächst die Cylinderstacheln anbelangt, so lassen sich an ihnen mehrere Theile unterscheiden: 4) der kalkige Theil des Stachels, dem wir wegen seiner meist langgestreckten Gestalt den Namen »Schaft« beilegen wollen, 2) der Chitinbecher und 3) der Chitin- ring, welcher indessen nicht allen Cylinderstacheln zukommt, sondern auch fehlen kann. Die beiden letzten Bezeichnungen sind von ReinckE eingeführt worden. Der Schaft (Fig. 37 s) besitzt eine sehr wechselnde Größe, ist entweder gerade oder bogig gekrümmt, seine Oberfläche ist glatt (alle Stacheln von Acanthochiton) oder mit Längsriefen versehen (Fig. 37 rf), wozu noch einige quer verlaufende Furchen hinzukommen können (Fig. 26). Bei einzelnen Chitonspecies ist nur der Schaft der Cylinderstacheln auf der Rückenseite des Mantelrandes braun pigmen- tirt, in der Regel ist er farblos. Der Chitinbecher (Fig. 37 b) erscheint Das Integument der Chitonen. 435 als Träger des Schaftes und umfasst in seiner Höhlung das untere Ende desselben. Er kann mehr oder weniger massig angelegt sein. Die Wan- dung desselben verjüngt sich nach oben hin und setzt sich als eine zarte chitinige Schicht auf den Schaft fort, ihn vollständig überziehend (Fig. 40 sh); wir wollen sie »Stachelhäutchen« nennen. Es bedingt hauptsächlich die Skulptur des Schaftes, indem es durch Anhäufung seiner Substanz die glänzenden Längsriefen desselben darstellt (Fig. 37 rf\. Am Fuße des Chitinbechers befindet sich ein zapfenartiger Ansatz (der Zapfen), welcher bei mächtig entwickeltem Becher ziemlich lang und stark ist, eine Riefung besitzt und mit einem ebenen, stark lichtbrechen- den Scheibchen abschließt (Fig. 40, 42 z). Bei mäßig entwickeltem Becher ist dieser Zapfen nur klein und mit einer gelenkgrubenähnlichen Vertiefung versehen (Fig. 27 z). Wie ich beobachtet habe, kommt der Ring stets nur im Vereine mit einem starken Chitinbecher vor, fehlt aber keineswegs den Stacheln der echten Chitonen ganz, wie ReinckE anzunehmen geneigt war. Als ein charakteristisches Merkmal des Ringes verdient hervorgehoben zu werden, dass er nicht aus einem einzigen Stücke besteht, sondern aus einer größeren Anzahl von Theil- stücken (bis 10, 20 und mehr) zusammengesetzt ist, welche durch kleine Zwischenräume von einander getrennt, sich rings um den Zapfen des Bechers gruppiren (Fig. 37 r, 45). Bei der zweiten Hauptform der Stacheln, den Schuppenstacheln, ist der dem Schafte der Cylinderstacheln entsprechende kalkige Theil sehr breit und dabei verhältnismäßig flach, wodurch sein schuppen- artiges Aussehen bedingt wird. Er ruht auf einer rautenförmigen, ehitinigen Basalplatte, welche dem Chitinbecher der Cylinderstacheln gleichzustellen ist, und welche an dem einen stumpfen Winkel ihrer Unterseite einen kleinen, mit einer gelenkgrubenähnlichen Vertiefung versehenen Zapfen trägt (Fig. 52 z). Die Oberfläche dieser Stacheln ist mit Reihen von Höckerchen besetzt (Fig. 51). Alle Stacheln sind durch einen hellen Plasmafaden mit je einer Epithelpapille verbunden. Zu einer Papille gehört immer nur ein ein- ziger entwickelter Stachel, wohl aber kann sie außerdem einen in Bildung begriffenen Stachel umschließen (Fig. 50 js). Eben so wie ' Reıncke konnte ich den Plasmafaden meist bis auf den Grund der - Papille verfolgen, doch ist es auch mir nicht gelungen, seinen Übertritt in das darunter liegende Gewebe wahrzunehmen. Stets sah ich einen länglichen Zellkern dem Plasmafaden angeschmiegt, welcher entweder mehr in der Mitte der Papille oder an der Austrittsstelle des Plasma- fadens aus ihr gelegen war (Fig. 28, 33 k). Die Plasmafäden endigen unter ihrem zugehörigen Stachel mit einer Anschwellung, deren auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 99 434 Jos. Blumrich, REInckE in seiner Arbeit Erwähnung gethan hat, ohne jedoch auf die Einzelheiten ihres Baues näher einzugehen (Fig. 27, 28 ek). Das »End- kölbehen«, wie wir diese Anschwellung nennen wollen, umschließt einen im optischen Durchschnitte dreieckig erscheinenden Raum, wel- cher von einer dunklen, von Karmin ganz ungefärbten Substanz erfüllt wird, und schließt oben mit einem stark lichtbrechenden Scheibchen ab (Fig. 27 es). Nicht selten reichte eine feine, linienartige Fortsetzung der dunklen Substanz vom Endkölbchen innerhalb des Plasmafadens bis in die Nähe der Papille hinab (Fig. 33). Das Endkölbchen steht mit dem Zapfen des Chitinbechers niemals in unmittelbarer Berührung, sondern ist durch einen kleinen Zwischenraum davon getrennt. Bei Stacheln mit schwach ausgebildetem Chitinbecher ist das’ Scheibchen des Endkölbchens flach, wodurch dieses in Verbindung mit dem Plasmafaden einem Mikrästhete überraschend ähnlich sieht (vgl. Fig. 28 ek und Fig. 9 mi). Wenn hingegen der Chitinbecher stark ent- wickelt ist, nimmt das Endkölbcehen dadurch eine etwas abweichende Form an, dass sein Scheibehen mehr oder weniger konkav eingedrückt ist (Fig. 40 es). Durch seine charakteristische Gestaltung und sein kon- stantes Vorkommen wird das Endkölbchen zu einem wesentlichen Theile eines ausgebildeten Chitonstachels und kann desshalb auch als Kennzeichen eines solchen dienen. So fand ich meine Vermuthung, dass die eigenthümlichen Kalkschuppen von Ch. siculus nur eine ex- treme Form der gewöhnlichen Cylinderstacheln seien, bestätigt, als es mir geglückt war, die hier schwer sichtbaren Endkölbehen unter ihnen ausfindig zu machen (Fig. 52 ek). Häufig bemerkte ich, dass bei größeren Stacheln der Plasmafaden sammt dem Endkölbchen von einer zellkern- haltigen, plasmatischen Scheide umhüllt war, innerhalb welcher aber der Plasmafaden in seinem Verlaufe deutlich sichtbar blieb (Fig. 27,28sf). Die mehrkernigen Epithelpapillen, welche HugrecHt ! und van BENMELEN ? bei Proneomenia Sluiteri in Verbindung mit den Stacheln gefunden haben, entsprechen vielleicht den kernhaltigen Scheiden der Plasma- fäden bei den Chitonen. An einzelnen, nicht vollkommen klaren Stellen hatte es den An- schein, als ob mehrere Plasmafäden neben einander gegen den Becher hinaufzögen, was auch Reıncke aufgefallen war. Der wahre Sachverhalt dürfte aber der sein, dass eine den Plasmafaden umhüllende Scheide da ist, welche aber wegen ihrer faserigen Struktur ein Bündel von Plasmafäden vortäuscht. Da das Endkölbehen mit dem Zapfen nie in 1 Husrecht, »Proneomenia Sluiteri«. Niederländ. Archiv f. Zool. Suppl.-Bd. 1. 1881, 41882. 2 2.3a90. Das Integument der Chitonen. 435 direkter Verbindung steht, so ist es offenbar, dass es nicht der Plasma- faden sein kann, welcher den Stachel am Ausfallen verhindert, denn dazu wäre er sammt seiner Scheide, wo dieselbe vorhanden ist, zu schwach, sondern es muss die starre Gutieularsubstanz sein, die den Stachel festhält. Was die Entwicklung der Stacheln betrifft, so hat bereits REINckE darauf hingewiesen, dass die erste Anlage eines Stachels immer in einer von Cylinderepithel ausgekleideten Einsenkung des Mantelgewebes er- folgt. Er hat zwei besondere Modi der Stachelbildung unterschieden, je nachdem die Bildungsstätte des jungen Stachels, die Epitheleinsen- kung, von zwei Papillen überwallt werde oder innerhalb einer einzigen Papille gelegen sei, wobei im letzteren Falle noch der Umstand hinzu- kommen könne, dass eine eigenthümlich gestaltete Zelle an den jungen Stachel sich ansetze, welche dann später in den Plasmafaden sich um- wandle. Eine solche Zelle hat Reıxcke nur bei der Stachelbildung zweier Chitonspecies beobachtet, mir hingegen ist sie bei meinen Untersuchun- gen so oft begegnet, dass ich einzig und allein je nach ihrem Vorhanden- sein oder Fehlen zwei Modi der Stachelentwicklung aufstellen möchte, welche sich einfach in folgender Weise charakterisiren lassen: 4) Eine durch ihre Gestalt und Größe ausgezeichnete Zelle, die Bildungszelle, spielt bei der Entwicklung des Stachels eine hervorragende Rolle; 2) eine solche ausgezeichnete Zelle ist nicht vorhanden oder doch nicht sichtbar. Der erstere Modus hat bei den echten Chitonen die größte Verbreitung, da er hier bei der Entstehung aller Gylinderstacheln zur Geltung kommt. Der zweite Modus ist bei den echten Chitonen weit seltener zu finden als der erste, ich habe ihn nur bei der Bildung der Schuppenstacheln beobachtet. Hingegen erfolgt bei Chitonellus die Bildung sämmitlicher Stacheln, trotz ihrer eylindrischen Form, nach dem zweiten Modus. Alle Stacheln von Chiton Polii sind Gylinderstacheln und entwickeln sich daher nach dem ersteren Modus. Dabei sind die einzelnen Bil- dungsstadien von einer solchen Klarheit, dass sie zum Studium am besten sich eignen. Wir wollen daher zunächst ihre Entwicklung schildern, so weit sie als typisch gelten kann. In seiner ersten Anlage erscheint der junge Stachel als ein helles, rundliches Bläschen im In- nern einer Papille (Fig. 29 js). An der Peripherie zeigt es einen hellen Kontour, welcher dem Stachelhäutchen angehören dürfte. Getragen wird der junge Stachel von der Bildungszelle, welche in einer Epithel- einsenkung steht (Fig. 30, 34 bz). Die Bildungszelle ist leicht von den benachbarten Zellen zu unterscheiden. Ihr Zellleib ist verhältnismäßig groß und färbt sich nur wenig mit Karmin, wesshalb er sehr hell er- 29* 436 "Jos. Blumrich, scheint. Der Zellkern ist von entsprechender Größe, besitzt die Gestalt einer Kugel und lässt außer dem Kerngerüst 'einen großen Nucleolus deutlich erkennen (Fig. 29 u. ff.). Zu den Seiten der Bildungszelle, durch einen engen Zwischenraum von ihr getrennt, liegen gewöhnliche Cylinderzellen, deren Plasma sich mit Karmin sehr intensiv färbt und welche einen länglichen Zellkern besitzen (Fig. 29cy u. ff.). Auch sie stehen noch in der Gewebseinsenkung. Sie berühren seitlich den jun- gen Stachel und bringen die Skulptur des Schaftes hervor, indem jeder Riefe eine anliegende Zelle entspricht. Vielleicht sind sie auch bei der Abscheidung von Kalksalzen für den jungen Stachel neben der Bildungs- zelle thätig. Wenn der junge Stachel heranwächst, drängt er die ihn umhüllenden Zellen der Papille aus einander und ragt mit der Spitze aus ihr hervor (Fig. 32, 33 js). Die Bildungszelle nimmt eine Zeit lang an Größe zu, währenddem der junge Stachel durch die neu gebildete Cuticula immer höher emporgehoben wird, und erreicht allmählich die volle Höhe der Papille. Sie nimmt dabei die Gestalt eines auf die Spitze gestellten Kegels an, indem ihre Basis sich mehr und mehr verengt. Mit ihrem breiten oberen Ende umspannt sie den ganzen flachen Grund des Stachels (Fig. 32, 34 bz). Wenn der Schaft seine völlige Größe erreicht hat, so gelangt der Chitinbecher zur Ausbildung. Dieser geht durch Verdickung des basalen Theiles des Stachelhäutchens hervor (Fig. 285). Die erforderliche Substanz, das Chitin, wird vielleicht außer von der Bildungszelle auch noch von den mit dem Stachelunterende in Berührung stehenden Cylinderzellen geliefert. Während der Bildung des Zapfens wird die Bildungszelle schon etwas schmäler (Fig. 28 bz), und ist dieser endlich zur Vollendung gelangt, dann erfährt die Bildungs- zelle eine merkwürdige Umwandlung. Sie löst sich von ihm ab und an ihrem oberen Ende wird ein stark glänzendes Scheibchen sichtbar, jenem ganz ähnlich, welches wir am Endkölbchen kennen gelernt ha- ben (Fig. 29, 35 ek’). Indem nun der Kern aus der Mitte der Bildungs- zelle herausrückt, sich verkleinert und an Deutlichkeit verliert, gewinnt der Leib der Bildungszelle immer mehr die charakteristische Gestalt des Endkölbchens und ihr unteres Ende wird zum Plasmafaden. Was das schließliche Schicksal des Kernes ist, habe ich in meinen Präparaten nicht genau ermitteln können; denn das letzte geschilderte Stadium ist nur sehr selten zu finden, wahrscheinlich desshalb, weil es sehr rasch durchlaufen wird. Ich vermuthe aber, dass der Zellkern am Plasma- faden, welcher häufig an der Austrittsstelle desselben aus der Papille sichtbar ist (Fig. 33%), mit jenem identisch sei. Der Ring, wo er vor- handen ist, ist sicher nur ein Produkt der Cylinderzellen, was schon daraus hervorgeht, dass er außer dem Bereiche der Bildungszelle ge- Das Integument der Chitonen. 437 legen ist (Fig. 29r) und sich aus so viel Theilen zusammensetzt, als an seiner Entstehung CGylinderzellen betheiligt sind. Sehr hübsch konnte ich dies auf Schnitten wahrnehmen, welche nur durch den äußersten Mantelsaum von Acanthochiton gingen und die in Bildung begriffenen Ringe trafen. An jedes Theilstück des Ringes legte sich hier eine be- sondere Cylinderzelle an. Der fertige Stachel wird durch die vom Epi- thel der Umgebung beständig abgesonderte Cuticula immer höher em- porgehoben und gleichzeitig zieht sich der mit dem Endkölbchen in Verbindung stehende Plasmafaden in die Länge. Je älter ein Stachel ist, desto mehr hat er sich vom Mantelepithel entfernt, und desto län- ger ist sein Plasmafaden, welcher zur Papille hinführt. Es mag sich zuweilen, insbesondere bei sehr starken Stacheln, ereignen, dass ein- zelne Zellen der Papille mit dem Endkölbchen zugleich von der Quti- cula emporgetragen werden, welche alsdann die zellige Scheide des hellen Plasmafadens darstellen (Fig. 27, 28 sf). Wie bereits erwähnt wurde, entwickeln sich die Schuppenstacheln von Chiton siculus und laevis nach dem zweiten Modus, ohne erkenn- bare Bildungszelle. Auf Schnitten, welche den äußersten Mantelsaum allein treffen, sieht man oft ganz junge, unverletzte Stacheln im natür- lichen Zusammenhange mit dem Epithel. Sie zeigen alsdann eine Wetzsteinform, da ihre Breite im Verhältnis zur Länge sehr gering zu nennen ist und ihre beiden Enden abgerundet sind. In ihrer Umgebung sind die Epithelzellen erhöht und zu einer langgestreckten Papille an- geordnet. Die jüngsten Stacheln liegen eingehüllt in diesen Papillen, ältere hingegen sind nur noch rings am Rande von Zellen der Papille bedeckt, welche auch hier die Skulptur derselben verursachen. Wenn nun solche frühe Entwicklungsstadien der Schuppenstacheln vom Schnitte quer getroffen werden, so zeigen sie mit den entsprechenden Stadien der Cylinderstacheln eine große Ähnlichkeit. Sie erscheinen dann ebenfalls als runde Bläschen, über denen die Zellen der Papille sich zusammenneigen (Fig. 54 s’). Während aber die jungen Cylinder- stacheln der eigenthümlich gestalteten Bildungszelle aufruhen, sucht man hier vergeblich nach einer analogen Zelle. Die Zellen unterhalb der Stachelanlage unterscheiden sich hier gar nicht von einander und färben sich alle ziemlich intensiv mit Karmin. Ich mochte die auf ein- ander folgenden Schnitte prüfen, welche noch Antheile ein und dessel- ben in Entwicklung begriffenen Schuppenstachels enthielten, so Konnte ich doch nie mit voller Sicherheit jene Zelle herausfinden, welche das Endkölbchen liefert, das jedenfalls auf eine ähnliche Weise zu Stande kommen muss, wie dasjenige der Cylinderstacheln der echten Chitonen. Die späteren Bildungsstadien der Schuppenstacheln von Ch. siculus 438 Jos. Blumrich, und laevis sollen wegen ihrer Verschiedenheit noch besonders behan- delt werden. | Trotzdem die entwickelten Stacheln von Chitonellus eine so große Übereinstimmung mit den Cylinderstacheln der echten Chitonen zeigen, so lehnt sich doch ihre Bildungsweise an diejenige der Schuppensta- cheln an, da auch sie durch den Mangel einer eigentlichen, ausgezeich- neten Bildungszelle charakterisirt wird. Die junge Stachelanlage besitzt aber hier keine langgestreckte Form, sondern eine mehr kreis- kegelartige, wie die neuen Cylinderstacheln der echten Chitonen. Nachdem wir die beiden Hauptformen der Stacheln in Bezug auf ihren Bau und ihre Bildungsweise im Allgemeinen kennen gelernt ha- ben, wollen wir daran gehen, die Stacheln einzelner Species im unent- kalkten und entkalkten Zustande noch etwas genauer zu beschreiben. Die Stacheln sind nämlich nicht allein bei verschiedenen Species ver- schieden an Gestalt und Größe, sondern zeigen auch bei ein und der- selben Art bedeutende Unterschiede, je nachdem sie auf der Rücken- oder Bauchseite oder am äußersten Saume des Mantelrandes vorkommen. Nach ihrem Standorte wollen wir sie demnach im Folgenden eintheilen in Rückenstacheln, Bauchstacheln und Saumstacheln, wozu noch be- merkt werden mag, dass bei einzelnen Chitonen sogar mehrere Formen von Rücken- und Saumstacheln unterschieden werden können. Wenn wir diese Eintheilung der Stacheln mit der früher gegebenen in Ein- klang bringen, so ergiebt sich, dass die Bauch-und Saumstacheln sämmt- licher von mir darauf untersuchten Species Gylinderstacheln sind, bei Chiton Polii, Acanthochiton und Chitonellus auch noch die Rücken- stacheln, während die Rückenstacheln von Ch. siculus und laevis Schuppenstacheln sind. | Die Rückenstacheln sind meist niedrig, aber stark entwickelt, sind häufig pigmentirt und stets mehr oder minder dorsalwärts gebogen. Als besonderes Merkmal der Saumstacheln ist hervorzuheben, dass sie in der Regel durch ihre Länge vor den übrigen sich auszeichnen und mehr oder minder emporgerichtet sind. Die Bauchstacheln sind überall nur klein und schief nach auswärts gerichtet. Bei Chiton sieulus und laevis zeigen sie das Extrem dieser Richtung, indem sie mit ihrer Längs- seite dem Mantelepithel angepresst sind. Die Bauchstacheln haben mit den Saumstacheln das gemein, dass ihr Schaft stets ungefärbt ist. Die Stacheln von Chiton Polii. Rückenstacheln. Wenn man die gewöhnliche starke Form der Rückenstacheln aus der Cuticula aushebt und im unentkalkten Zustande unter dem Mikroskop betrachtet, so stellen sie sich dar als dunkel- Das Integument der Chitonen. 439 braun pigmentirte, undurchsichtige, eylindrische Körper, welche schwach gebogen sind (Fig. 23). Sie sind nicht ganz stielrund, sondern vom Rücken her ein wenig zusammengedrückt und leiten so zu den Schup- penstacheln hinüber. Auf der Oberfläche derselben verläuft eine An- zahl gelbglänzender Riefen vom flachen Fuße des Schaftes gegen die Spitze zu (Fig. 23 rf). Der breite Chitinbecher hebt sich als ein schma- ler, gelbglänzender Saum vom Schafte ab. Ein Ring ist niemals vor- handen. Auf den entkalkten und gefärbten Querschnitten erscheinen an Stelle dieser Stacheln Höhlungen in der Cuticularschicht, theils unmittelbar über den Epithelpapillen, theils eine Strecke über den- selben. Fig. 27 zeigt zwei axial getroffene und einen angeschnittenen solchen Stachel. Der dünne Chitinbecher (b) geht in das Stachelhäut- chen (sh) über. An den zwei axial getroffenen Stacheln ist der Zapfen des Bechers sichtbar, unter dessen gelenkgrubenartiger Vertiefung das Endkölbchen (ek) liegt.. In der Höhlung der Stacheln sind horizontale Lagen einer intensiv gelben Substanz ausgespannt, welche im unent- kalkten Schafte gleichmäßig vertheilt sein mag, wie die im jungen Tegmentum enthaltene. Sie dürfte die braune Färbung der Stacheln bedingen. Die zu diesen Rückenstacheln gehörigen Papillen sind fla- schenförmig, bei jüngeren Stacheln sind sie ganz ins Gewebe einge- senkt (Fig. 27 sp), bei älteren liegen sie in hügelartigen Vortreibungen des Gewebes. Sie enthalten nur wenige rundliche und längliche Zell- kerne in einer geringen Menge hellen Plasmas. Nur selten besaß die Papille, die zu einem alten, schon weit abgehobenen Stachel in Be- ziehung stand, die Form einer stachellosen Papille. Der Plasmafaden war alsdann von einer kernhaltigen Scheide umgeben (Fig. 27sf). Die auf einander folgenden Stadien der Entwicklung dieser Stacheln sind schon besprochen worden. Es ist bloß noch nachzutragen, dass die jungen Stacheln bereits von der erwähnten gelben Substanz erfüllt sind (Fig. 31, 32), und dass das Stachelhäutchen, so weit die Bildungs- zelle ihm anhaftet, ebenfalls den gelben Ton zeigt (Fig. 34). Außer der soeben beschriebenen Form der Rückenstacheln kommt bei Ch. Polii noch eine andere vor. Diese stehen in ziemlich sparsam verstreuten Büscheln zu vier und mehreren beisammen auf ungefähr der halben Höhe des Mantelrandes. Sie sind von rundem Querschnitte und viel schmächtiger als die Hauptform. Ihr Schaft erreicht nur eine mäßige Länge, ist ungefärbt und ohne Skulptur (Fig. 24). Der Chitinbecher ist so mächtig angelegt, dass er die Hälfte der Stachellänge ausmacht (Fig. 24, 295). Der stets vorhandene Ring ist nicht stark entwickelt und seine Substanz nur wenig kompakt, so dass er unter dem Mikro- skop gekörnelt erscheint (Fig. 29r). Die fertigen Stacheln stehen auf 440 Jos. Blumrich, hügelartigen Vortreibungen des Mantelgewebes; ihre Papillen gleichen den stachellosen (Fig. 29 sp). Ganz ähnliche Stachelformen beschreibt Turete von Ch. rubieundus. Ihre Entwicklung weicht von dem früher geschilderten Schema nicht ab. Die Bauchstacheln sind einheitlich gestaltet, nur nehmen sie von der Kiemenhöhle aus gegen den Mantelsaum hin stetig an Größe zu, so dass in dessen Nähe die größten Bauchstacheln zu finden sind (Fig. 28 vs). Der kurze Schaft ist ein wenig gekrümmt, ungefärbt und mit leicht erhabenen Längslinien versehen (Fig. 25). Der Chitinbecher ist dünnwandig und trägt einen kleinen Zapfen (Fig. 28 vs, 33 z). Ein Ring ist nie vorhanden. Ihre Papillen zeigen den Bau der stachellosen auf der Rückenseite, und an der Austrittsstelle des Plasmafadens aus denselben war stets ein länglicher Zellkern sichtbar (Fig. 28, 33 k). Der organische Rest der jüngeren entkalkten Stacheln war in unregelmäßige, von Karmin stark gefärbte Stücke zerfallen (Fig. 28, 33 ). In der Ent- wicklung stimmen diese Stacheln mit den Rückenstacheln überein; ihre erste Anlage erfolgt unzweifelhaft innerhalb einer bereits be- stehenden Papille. Anfänglich liegt der junge Stachel vertikal in der Papille, geht aber später immer mehr in die charakteristische schiefe Lage des fertigen Stachels über (Fig. 30, 33). Die Bildungszelle besitzt in den mittleren Stadien eine sanduhrförmige Gestalt (Fig. 33 bz). Die Saumstacheln zeichnen sich vor den übrigen Stacheln durch ihren kolossalen Schaft aus, so dass sie schon bei starker Lupenver- größerung als zarte Fransen des Mantelsaumes sichtbar sind. Der Schaft ist ungefärbt, nur schwach gebogen, und an seiner Oberfläche mit längsverlaufenden glänzenden Leistchen besetzt, zu denen mitunter noch einige seichte Querfurchen hinzukommen (Fig. 26). Der Chitin- becher ist diekwandig und trägt einen scharf abgesetzten Zapfen und ein deutliches flaches Scheibchen (Fig. 26, 28 sb). Der Chitinring, wel- cher nie fehlt, ist wie bei der zweiten Form der Rückenstacheln nur wenig kompakt (Fig. 26, 28 r). Die Saumstacheln können als riesig ent- wieckelte Bauchstacheln aufgefasst werden, mit denen sie auch das ge- meinsam haben, dass ihre Papillen aus einerlei Zellen aufgebaut sind. Der Plasmafaden älterer Stacheln war zur Gänze in einen mächtigen, vielzelligen Fortsatz der Papille (die Scheide) eingehüllt (Fig. 28 sf). Das Scheibchen des Endkölbchens ist nur wenig konkav. Die Bildungs- zelle erreicht hier eine enorme Größe (Fig. 28 bz). In der Nähe der ästhetenbildenden Mantelkante wiederholen sich auf meinen Schnittserien von Ch. Polii regelmäßig an bestimmten Stel- len, wo die Stacheln fehlen, sehr seltsame Gebilde. -Helle Fasern, ähn- lich denen, welche sonst zum Endkölbchen der Stacheln hinftihren, Das Integument der Chitonen. 441 steigen oft zu mehreren aus einer Papille auf und schließen oben mit einer Anhäufung äußerst feiner Bläschen ab, welche in wechselnder Höhe in der Cuticula gelegen sind (Fig. 36 pb). Auch an der Papille eines Saumstachels habe ich einmal ein gleiches Gebilde gefunden (Fig. 29 pb). Reıncke hat bei Chitonellus faseiatus ähnliche aber weit größere solche Bläschen mit heller Faser gesehen, die in eine Papille hinabreichte. Er hält sie für Reste verloren gegangener Stacheln, welche mitunter in mittlerer Höhe eine ähnliche, bläschenförmige An- schwellung zeigten. In ähnlicher Weise möchte ich die gestielten Bläs- chen bei Chiton Polii und Acanthochiton (Fig. 49 pb) deuten, wo ich sie auch wiederholt, und zwar nur an stacheltragenden Papillen beob- achtet habe. Ihr zarter Plasmafaden mag demnach auch einmal zu einem Stachel in Beziehung gestanden haben, welcher aber schon längst abgestoßen ist. Nach dem Ausfallen des Stachels werden diese Plasma- fäden bis an die Oberfläche der Cuticula aufgereicht haben, wie auch in Fig. 28 f’ ein Fall abgebildet ist. Ich stelle mir nun vor, dass diese Plasmafäden an der Spitze der Papille abreißen und mit der oberen Schicht der Cutieula nach und nach abgenutzt werden. Nach einiger Unterbrechung beginnt der Plasmafaden wieder zu wachsen und nimmt an seiner Spitze eine kleine Menge Plasma aus der Papille mit, welche ihm als Bläschen aufsitzt. Mehrere solche gestielte Bläschen könnten nur dann gemeinsam aus einer Papille entsteigen, wenn in ihr mehrere Stacheln nach einander zur Anlage kamen, was bei den Bauchstacheln von Ch. Polii und Acanthochiton der Fall ist; ob dies jedoch auch für die stacheltragenden Papillen der Rückenseite gilt, dafür habe ich keinen sicheren Beleg gefunden. — Eine andere Erklärungsweise wäre die, dass die Plasmafäden der gestielten Bläschen nie mit Stacheln in Verbindung gestanden haben, sondern dadurch hervorgegangen sind, dass die Cuticula bläschenförmige Theile von den Papillen abschnürt, welche mit den Papillen durch Plasmafädchen verbunden bleiben. Von Neomenia gorgonophila bildet Kowaevsky! sehr große, vom Epithel in die Cuticula hoch aufragende, gekörnelte Zellen mit je einem großen Zellkerne ab. Derselben Gebilde von Neomenia thut auch A. Hansen? Erwähnung. Ob sie vielleicht zu den Stacheln in Beziehung stehen, wird von den beiden Autoren nicht angegeben. Desshalb er- scheint es mir zweifelhaft, ob sie ohne Weiteres als Homologa der ge- stielten Bläschen innerhalb der Cutieula der Chitonen aufgefasst werden dürfen. A. Hınsen vermuthet, dass die großen, keuligen Zellen von 1! »Neomenia corallophila«, 4884. 2 »Neomenia, Proneomenia und Chaetoderma«. Bergens Museums Aarsberet- ning. 1888, 449 | Jos. Blumrich, Neomenia mit den größeren runden klaren Zellen bei Chaetoderma verglichen werden können, welche zwischen den Cylinderzellen unter der Cuticula sich vorfinden und gar nicht in die Cuticula hineinragen. Da nun A. Wır£n! diese runden klaren Zellen von Chaetoderma als die Bildungsstätten der Kalkstacheln bezeichnet, so dürften sie den Bildungszellen der Cylinderstacheln der Chitonen gleichzustellen sein. Bei jener Chitonspecies, welche Herr Corı für mich in Faro bei Messina gütigst gesammelt und konservirt hat, gleichen die Stacheln in Bezug auf Bau und Entwicklung fast vollständig denen von Ch. Polii. Im unentkalkten Zustande habe ich sie jedoch nicht untersuchen können. Die Stacheln von Chitonellus sp.? An die Stacheln von Ch. Polii schließen sich der Gestalt nach zu- nächst die von der Chitonellusspecies aus der Algoabai an. Wie das Thier selbst, so sind auch seine Stacheln verhältnismäßig sehr groß und stecken in einer außerordentlich mächtigen Cuticula. Ein gemein- sames Merkmal dieser Stacheln ist, dass alle ohne Unterschied mit einem diekwandigen Chitinbecher und einem aus zahlreichen breiteren oder schmäleren Theilstücken zusammengesetzten Ringe ausgestattet sind (Fig. 37, 38 r). Die Rückenstacheln sehen plump aus. Ihr Schaft ist sehr dick, tief kanellirt und zeigt eine braune Färbung, welche ihn für das Licht undurchlässig macht. Die erhabenen Riefen waren gelb- glänzend (Fig. 37 rf). Sehr häufig waren diese Stacheln von Bohralgen durchlöchert. Die Bauchstacheln sind auch hier wieder sehr klein und wie die langen, aufwärts gekrümmten Saumstacheln ungefärbt und seichter gerieft als die Rückenstacheln (Fig. 38). Die zu den Stacheln gehörigen Papillen sind in das Mantelgewebe eingesenkt (Fig. #1 sp), welches nur bei älteren, weit abgehobenen Stacheln hügelartig in die Cuticula sich vorwölbt. Eine den Plasmafaden umhüllende Scheide war häufig sichtbar. Bei sehr starken Stacheln ist das Scheibchen des Endkölbehens groß und tief konkav eingedrückt (Fig. 40 ek). Auf den Präparaten war sehr oft an schief getroffenen Stacheln noch oberhalb der Cuticula ein Stück des Stachelhäutchens wahrnehmbar, welches die Skulptur des Schaftes zeigte (Fig. 41 sh). Wenn ich so einstellte, dass der Ring im optischen Durchschnitte erschien, so sah das untere Ende seiner Theile wie zerfasert aus und der Zapfen erschien fein kanellirt (Fig. 42 z). Im Chitinbecher jüngerer Stacheln war oberhalb des Zapfens eine dunklere Stelle sichtbar. Die Substanz des Bechers erwies sich häufig als aus horizontalen Schichten bestehend (Fig. 42). 1 »Mittheilungen über den Bau des Chaetoderma nitidulum«. Verh. des biolog, Vereins. Stockholm 1890. Das Integument der Chitonen. 443 An den ungefärbten, großen Saumstacheln, welche durchsichtig sind, konnte ich bei mittlerer Einstellung eine Struktur des unentkalkten Schaftes konstatiren (Fig. 40). Ich sah in der kalkigen Substanz helle, dunkler umsäumte parallele Querstreifen in unregelmäßigen Abständen von einander und eine hindurchgehende sehr zarte Längsstreifung. Auch an den Stacheln von Chaetoderma nitidulum nahm L. Grarrt eine ähnliche parallele quere Streifung wahr, welche durch die Ein- wirkung von Essigsäure noch weit schärfer hervortrat; einer Längs- streifung thut er keine Erwähnung. Eine Art Längsstreifung bemerkte ich auch in der organischen Substanz jüngerer Stacheln, welche hier noch in reichlicher Menge vorhanden ist und nach dem Entkalken sich in Gestalt eines langen Pfropfes zusammenballt (Fig. #1 :). Die Stacheln von Acanthochiton fascicularis. Wenn man aus den verschiedenen Gegenden des Mantelrandes von Acanthochiton frische Stacheln abhebt und mikroskopisch untersucht, so findet man, dass auch hier wiederum die drei Bezirke durch beson- dere Stachelformen gekennzeichnet sind. Allen diesen Stacheln ist gemeinsam, dass sie farblos sind und keine Oberflächenskulptur zeigen, also vollkommen glatt sind. Charakteristisch für die Rückenseite sind sehr kleine und schwache, gar nicht oder nur wenig gebogene nadel- förmige Stacheln, welche in sehr großer Zahl zwischen den Papillen in der Guticula stecken (Fig. 44). Außerdem sind aber hier noch unge- heuer lange (über 2 mm), scharf zugespitzte Stacheln vorhanden (Fig. 43), welche in tiefen Gruben des Mantelrandes zu Büscheln vereint beisammen stehen und schief gegen den Rücken des Thieres zu ge- richtet sind (Fig. 20 sb). Der Zahl und Anordnung dieser Stachelbüschel wurde bereits gedacht. Die einzelnen Stacheln sind schon mit bloßem Auge wahrnehmbar; ihre riesige Länge wird durch den Schaft bedingt. Dergleichen Stacheln, welche in tiefen Gruben des Mantelgewebes büschelweise beisammen stehen, beschreibt MinDENDoRFF auch von Cryptochiton. Er hat sie Borsten genannt. Wie aber van BENMELEN her- vorhebt sind auch diese Stacheln von Cryptochiton kalkiger Natur, wesshalb der Name »Borsten« von MinDpenporrr nicht passend gewählt erscheine. Nach den Zeichnungen, welche von Cryptochiton gegeben worden sind, und den Bemerkungen van BENMELEN’S über die zu Büscheln vereinten Stacheln zu urtheilen, will es mich überhaupt bedünken, als ob Cryptochiton ein naher Verwandter von Acanthochiton sei. Bei Acanthochiton sind in den Büscheln nur die Stacheln am 1 Anatomie des Chaetoderma nitidulum. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 1876. 444 ‚Jos. Blumrich, äußeren Grubenrande vollständig ausgebildet (Fig. 20 sb). Das Wachs- ihum des Schaftes derselben ist abgeschlossen und an seinem unte- ren Ende ist ein kurzer, dieckwandiger Becher und ein aus Theil- stücken bestehender Ring abgeschieden (Fig. %5, 43 r). Der unent- kalkte Schaft zeigt im Inneren eine zarte Längsstreifung. An Stacheln, welche aus der Tiefe der Grube ihren Ursprung nehmen, ist der Chi- tinbecher nur schwach und der Ring gar nicht entwickelt. Zwischen den langen, starken Stacheln der Büschel stehen noch dünnere bis sehr . dünne nadelförmige Stacheln, welche gleichfalls eine bedeutende Länge besitzen.und die von den starken Stacheln frei gelassenen Lücken aus- füllen. Außer in den Gruben finden sich lange starke Stacheln auch noch hin und wieder zwischen den Papillen in der Cutieula der Mantel- rückenseite vor. Die Bauchstacheln stehen dicht gedrängt und sind schief nach auswärts gerichtet. Ihr Schaft ist von mäßiger Länge, läuft in eine scharfe Spitze aus und lässt dieselbe innere Struktur erkennen wie derjenige der langen Rückenstacheln (Fig. 46). Der Chitinbecher ist dünnwandig; der Ring, welcher fast immer vorhanden ist, erscheint schief abgestutzt, und zwar so, dass der mächtigere Theil desselben median zu liegen kommt (Fig. 49 r). Da der Ring in meinen Präparaten sich mit Karmin stark gefärbt hatte, so gewann er in Anbetracht seiner eigenthümlichen Form im optischen Durchschnitte beinahe das Aus- sehen eines Zellkernes, welcher dem Endkölbchen anliege. Nur die längsten Bauchstacheln in der Nähe des Mantelsaumes entbehren eines Ringes. Die Saumstacheln stehen nicht genau horizontal ab, sondern sind etwas nach oben gerichtet. In Bezug auf ihren Bau und ihre Größe gleichen sie vollkommen den in Büscheln bei einander stehenden Stacheln der Rückenseite. Die völlig ausgebildeten unter ihnen sind mit einem diekwandigen, kurzen Chitinbecher und einem starken Ringe ausgestattet. Einen Theil von der äußeren Wandung einer Grube, welcher ein Stachelbüschel eingepflanzt ist, zeigt Fig. #7. — Man sieht hier drei verschieden weit vorgeschrittene Entwicklungsstadien starker Stacheln, dazwischen zwei schwächere, fertige und einige sehr dünne. Der Schaft des Stachels e, ist noch im Wachsthume begriffen; sein unteres Ende ist in die Papille eingesenkt und wird von einem dünnwandigen Becher umfasst. An diesen, seiner ganzen Breite nach, legt sich die riesige Bildungszelle von typischem Baue an (e,, dz). Die übrigen Zellen der Papille schließen sich innig an den Schaft oberhalb des Chitinbechers an. Alle Stacheln der Gruben mit Ausnahme derjenigen vom oberen Rande derselben habe ich in diesem Stadium angetroffen, was wohl darauf hindeutet, .dass sie ein unbegrenztes Wachsthum besitzen. Es Das Integument der Chitonen. ? 445 ist daher auch erklärlich, dass van BemmeLen bei den gleichwerthigen Stacheln von Cryptochiton den dünnen Becher leicht übersehen konnte, wenn er solche aus der Grubensohle stammende untersuchte. Am Grunde der Gruben sind die Zellen der Epithelpapillen sehr lang und schmal und die zu den einzelnen Papillen gehörigen Antheile nicht deutlich von einander abgegrenzt (Fig. 48). Ein älteres, vorgeschritte- neres Bildungsstadium zeigt der Stachel e, auf Fig. 47. Der Becher und sein Zapfen sind ihrer Vollendung nahe. Die dem Zapfen anhaf- tende Bildungszelle hat sich schon bedeutend eingeschränkt. Noch weiter entwickelt ist der höher gelegene Stachel e,. Hier ist auch der Ring bereits ausgebildet, und die Bildungszelle steht im Begriffe, das Endkölbchen zu formen, dessen Scheibchen schon zur Abscheidung ge- langt ist (e, es). An den beiden schwächeren Stacheln (s, und s,) ist auch das Endkölbchen vollendet, und die Stacheln sind daher als fertige zu betrachten. Die Bildungsweise der Saumstacheln erfolgt genau so, wie die der zu Btischeln vereinten Stacheln. Die frühesten Entwicklungsstadien, welche nur sehr selten anzutreffen sind, bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Zu den Bauchstacheln führen die Plasmafäden von der distalen Seite der Papillen (Fig. 49 f), ihr Endkölbchen liegt in der Höhlung des schief abgestutzten Ringes. An Stelle des Zapfens ist am Chitinbecher nur eine gelenkgrubenartige Vertiefung vorhanden. Den Papillen der Bauchseite des Mantelrandes sah ich nicht selten größere gestielte Bläs- chen entsteigen, ganz ähnlich jenen bei Ch. Polii erwähnten (Fig. 49 pb). Die Anlage der Bauchstacheln erfolgt hier deutlich innerhalb einer be- reits bestehenden Papille, welche oftmals noch einen fertigen Stachel trägt. Der längliche, zugespitzte junge Stachel, welcher einer kleinen, aber deutlich sichtbaren Bildungszelle aufruht, wird von länglichen, mit Karmin dunkel sich färbenden Zellen rings umgeben (Fig. 50 js). Die Stacheln von Chiton siculus. Die schuppenförmigen Rückenstacheln von Ch. sieulus sind im entkalkten Zustande bereits einmal von van BEMNMELEN untersucht wor- den, doch hat er sie nicht als Stacheln erkannt und mit der sie um- gebenden Cuticula des Mantelrandes zusammengeworfen. In seiner Proefschrift nennt er die Species, an welcher er seine Untersuchungen hauptsächlich durchgeführt hat, Chiton marginatus. Allein aus allen Details, welche er von den Stacheln sowie von den Ästheten anführt und abbildet, scheint mir klar hervorzugehen, dass es Ch. siculus ge- wesen sei. — Die Schuppenstacheln von Ch. siculus sind groß und stark. Ihr kalkhaltiger Theil erhebt sieh auf einer chitinigen, rauten- 446 Jos. Blumrich, förmigen Basis, der Basalplatte, welche hier die Stelle des Chitinbechers vertritt. Das obere Ende des Stachels ist nach dem Rücken des Thieres zu umgebogen. Die Oberfläche ist mit kleinen, warzenartigen Erhöhun- gen bedeckt, welche in konvergenten Reihen nach der Spitze zu ver- laufen (Fig. 51). Fig. 52 stellt einen vom Schnitte in der Richtung der kürzeren Diagonale der Basalplatte getroffenen entkalkten Schuppen- stachel dar. Die chitinige Basalplatte (bp) liegt hier dem Plattenepithel des Mantels unmittelbar auf, bei älteren Stacheln ist sie etwas davon - abgehoben. Sie ist durchgehends von ziemlich derselben Stärke und ein wenig wellig gebogen. Am distalen, stumpfen Ende der Basalplatte befindet sich der konkav ausgehöhlte kleine Zapfen (z), unterhalb dessen, am Rande der stacheltragenden Papille das Endkölbchen sichtbar ist, dessen Scheibchen schwach eingedrückt erscheint (Fig. 52 ek). Das Endkölbchen sitzt dem Mantelgewebe direkt auf, wesshalb der helle Plasmafaden hier in Wegfall kommt und das Endkölbehen selbst nur sehr schwer sichtbar wird. Oberhalb der Papille verjüngt sich die Basalplatte und geht in das Stachelhäutchen über. Bei jüngeren Stacheln färbt sich die Basalplatte stark mit Karmin, an älteren hinge- gen nur wenig. An die proximale Seite der Basalplatte schließt sich eine aufrechte, stark gelblich glänzende Leiste an, so dass von beiden ein rechter Winkel gebildet wird (Fig. 52 !p). Diese Leiste ist an ihrem äußeren Rande homogen, an der Innenseite der Stachelhöhlung jedoch erscheint sie in sehr viele feine Fasern aufgelöst. Sie bleibt von Kar- min gänzlich ungefärbt. Zwischen den beiden Chitingebilden, der Basalplatte und der Leiste, war stets eine deutliche Trennunsslinie bemerkbar. Die der Basalplatte und der Leiste entsprechenden Stachel- theile hat auch van BemmeLen wahrgenommen. Die Leisten nannte er »Stafjes« und glaubte, dass sie Hohlräume der Cuticula auskleiden, in welchen die Papillen aufragen. Die Basalplatten hielt er einfach für die unterste, sich mit Karmin noch färbende Schicht der Cuticula. — Der Raum des kalkigen Stacheltheiles ist stets mit einer beträchtlichen Menge organischer Substanz erfüllt, welche sich mit Karmin nur sehr wenig färbt und dadurch der Cuticula oft sehr ähnlich sieht, so dass es leicht begreiflich ist, wenn van BEMMELEN sie von der Cuticula nicht unterschieden hat. Diese Substanz unterscheidet sich aber dadurch von der strukturlosen Cuticula, dass sie eine aufstrebende feine Fase- rung erkennen lässt. Auf Längsschnitten durch den Mantelrand, und zwar an jenen Stellen, wo die Schuppenstacheln parallel zu ihrer Basis durchschnitten waren, offenbarten die Chitinstücke, welche auf Querschnitten als auf- rechte Leistehen erscheinen, eine ganz andere Form. Sie erschienen Das Integument der Chitonen. 447 alsdann an der proximalen Seite des rautenförmigen Stachelumrisses in Gestalt eines hellglänzenden Bogens, deren äußerer, scharf kontou- rirter Saum gegen beide Enden zu mit Zähnchen besetzt war, welche ein Ausdruck der Skulptur des Stachels sind, während ihr konkaver Innenrand wieder in jener eigenthümlichen Weise zerfasert zu sein schien (Fig. 53 /p). Durch die Kombination des Quer- und Längsschnitt- bildes der Schuppenstacheln ergiebt sich, dass der aufrecht gestellte ehitinige Theil in Wirklichkeit eine schwach winkelig gebogene Platte darstellt, welche den kalkigen Stacheltheil an der proximalen Seite bekleidet. Wir wollen sie als Seitenplatte bezeichnen. Aus Fig. 53 ist auch die regelmäßige Anordnung der Schuppenstacheln sehr gut er- sichtlich. Ferner zeigt sie, dass zu jedem Stachel drei Papillen ge- hören. Die an den umgebogenen Enden der Seitenplatte befindlichen zwei Papillen (Fig. 53 ep) stehen zum entwickelten Stachel in keiner näheren Beziehung und scheinen lediglich Cuticula abzusondern; die mittlere hingegen (sp), welche dem Winkel der Seitenplatte gerade gegenüber liegt, trägt den Stachel und enthält das Endkölbchen, dessen Scheibehen an einer Stelle innerhalb der Papille als kleiner Kreis er- schien (Fig. 53 ek). Alle Papillen liegen in der Cuticula, welche die zwischen den einzelnen Stacheln frei gelassenen kleinen Lückenräume ausfüllt. Sie ist demnach auf der Rückenseite des Mantelrandes von Ch. siculus nur in verhältnismäßig geringer Menge vorhanden (Fig. 53 c). Von der Entwicklung der Schuppenstacheln von Ch. siculus haben wir noch die späteren Stadien nachzutragen. Während ich die frühe- sten Stadien immer nahe dem Mantelsaume vorgefunden habe (Fig. 54 js), beobachtete ich die mittleren Stadien auf halber Höhe des Mantelrandes, von denen zwei auf Fig. 55 im Querschnitte dargestellt sind. Bei dem jüngeren Stachel (e,) ist die aus hohen, sich stark mit Karmin färben- den Zellen bestehende Papille in Gestalt zweier Wülste aus einander gedrängt (w, w), und zwischen beiden liegt das Plattenepithel, wie es auch unterhalb der fertigen Stacheln zu finden ist. Bei p ist es zu einer kleinen Papille erhöht. Auf der geschrumpften organischen Sub- stanz (7), welche nur einen Theil des Stachelraumes ausfüllt, liegt das zarte Stachelhäutehen. Von der chitinigen Basalplatte und der Seiten- platte ist hier noch keine Andeutung vorhanden. Im anderen älteren Stadium (Fig. 55 &) sind die Papillenwülste (w’ ww’) noch weiter von einander entfernt und das Plattenepithel zwischen ihnen hat noch mehr an Ausdehnung gewonnen. Die reichlich vorhandene organische Sub- stanz (2) zeigte im Inneren eine Faserung und an der Oberfläche eine Verdichtung, wie sie ähnlich auch in ausgebildeten Stacheln zu beob- achten ist. Die Seitenplatte ist in Bildung begriffen und ruht dem 448 Jos. Blumrich, proximalen Epithelwulst (w’) auf, von welchem sie zweifelsohne ab- gesondert wird. Die Basalplatte wird auch in diesem Stadium noch nicht angelegt; sie wird jedenfalls, entsprechend dem Chitinbecher, erst dann zur Entwicklung gelangen, wenn der dem Schafte ent- sprechende kalkige Theil seine volle Größe erreicht hat. Der distale Wulst (w’) liefert vielleicht die stacheltragende Papille, vom proximalen scheinen nach Vollendung der Seitenplatte nur an deren Enden Reste in Form der beiden stachellosen Papillen erhalten zu bleiben (Fig. 53 ep). Die Bauchstacheln von Ch. siculus sind vollkommen gleich gebaut mit denen von Ch. laevis, so dass sie zusammen behandelt werden können. Wie bereits erwähnt wurde, besitzen sie die extremste Lagerung der Bauchstacheln, indem sie mit ihrer Längsseite dem Epi- thel angedrückt sind und ihre Spitze nach dem Mantelsaume zeigt. Sie sind in parallelen Reihen angeordnet, welche senkrecht auf den Mantel- saum gestellt sind, so dass sie auf Querschnitten durch die mittlere Körperregion des Thieres längs getroffen erscheinen (Fig. 61), in der vordersten und hintersten Region hingegen quer (Fig. 63). Wenn man eine Partie Bauchstacheln sammt der Cuticula abhebt, so dass sie noch in ihrer natürlichen Lagerung sich befinden, so zeigen sie von der Fläche betrachtet das Bild eines Ziegelmauerwerkes (Fig. 56). Die Stacheln einer Reihe stoßen mit ihren Schmalseiten, welche als Basis und Spitze zu deuten sind, hart an einander. Die Länge der Stacheln übertrifft die Breite etwa um das Fünffache. Der ungefärbte Schaft wird von dem stark entwickelten Stachelhäutchen umrahmt, welches an beiden Schmalseiten bedeutend verdickt ist (Fig. 56 sh). Bei mitt- lerer Einstellung bemerkt man eine deutliche Struktur des Schaftes, welche Ähnlichkeit mit jener an den riesigen Saumstacheln von Chito- nellus hat. Zwischen größere dunklere Schichten, welche eine feine Längsfaserung erkennen lassen, sind schmale, sehr hell erscheinende Schichten eingeschaltet, welche dunkler umsäumt sind (Fig. 56). Die Beziehung der Bauchstacheln zum Epithel kann man am besten aus Querschnitten der mittleren Körperregion entnehmen. An jener Schmalseite, welche proximal gelegen, also der Kiemenhöhle ge- nähert ist, macht sich am verdickten Stachelhäutchen ein kleiner, fast horizontal gestellter Zapfen bemerkbar, vor dem das winzige End- kölbchen der stacheltragenden Papille liegt (Fig. 62 z, ek). Diese Schmalseite des verdickten Stachelhäutchens ist demnach als Chitin- becher zu betrachten. Die schräg aufsteigenden Papillen sind durch ihr helles Plasma ausgezeichnet, welches in Karmin nur sehr schwach sich färbt. Sie enthalten schmale Stützzellen in geringer Anzahl, denen längliche Kerne angehören, und runde Zellkerne, umgeben von Das Integument der Chitonen. 449 granulirtem Plasma, welche eigentlich drüsenähnlichen Zellen ange- hören, die jedoch in ihren Umrissen nur bei Ch. laevis an einigen Stel- len vollkommen erhalten geblieben waren (Fig. 61 dz). An vielen Stellen sah ich zwei Stachelreihen über einander gelagert (Fig. 61), von denen dann die untere, direkt dem Epithel aufliegende, die jüngere, die davon entferntere die ältere Reihe war, deren Stachelhäutchen oft- mals auch schon stark abgenutzt erschienen (Fig. 60 vs). Auf Quer- schnitten durch den vordersten und hintersten Mantelrand, wo die Bauchstacheln quer getroffen sind, zeigen sie eine ovale bis vierkantige Form (Fig. 63). In der wenig mächtigen Cuticula liegen sie je nach ihrem Alter höher oder tiefer. Das Stachelhäutchen derjenigen, welche am weitesten abgehoben sind, ist immer so weit abgenutzt als die sie umgebende GCuticula. Auch hier sind häufig zwei über einander liegende Stacheln sichtbar, welche zwei über einander gelagerten Reihen angehören. Die jungen Bauchstacheln werden in Papillen erzeugt als kleine, eirunde Bläschen, an welche die Bildungszelle in schiefer Richtung sich ansetzt (Fig. 61 bz). Umgeben ist letztere wieder von den ge- streckten, mit Karmin intensiv gefärbten Cylinderzellen. Ältere stachel- tragende Papillen umschließen hier niemals junge Bauchstacheln, son- dern die Papillen, in denen diese zur Anlage kommen, sind durchgehends Neubildungen. Es ist auch zu erwähnen, dass die Bauchstacheln ein und derselben Reihe nicht etwa in beliebiger Reihenfolge durch neue ersetzt werden; sondern jede Reihe bildet gleichsam ein organisches Ganze und wird successive vom Mantelsaume aus, wo die ältesten Stacheln einer Reihe stehen, gegen die Kiemenhöhle zu durch eine neue ersetzt. Jede frische Stachelreihe nimmt stets vom Mantelrande ihren Ausgang und schiebt sich unter eine ältere, schon etwas abge- hobene Stachelreihe gegen die Kiemenhöhle zu darunter. Der jeweilig jüngste Stachel einer neu angelegten Reihe berührt schon sehr früh- zeitig mit seiner Spitze den Becher des nächst vorangehenden Stachels derselben Reihe (Fig. 61 js). Während er nun an Größe stetig zunimmt, stützt er. sich gleichsam am benachbarten Stachel und schiebt seine ins Mantelgewebe etwas eingesenkte Papille vor sich her, bis er seine definitive Größe erreicht hat. Alsdann differenziren sich die Inhalts- zellen der Papille zum Theil und ihr Plasma hellt sich auf. Ein Theil der vom Karmin dunkel gefärbten Zellen jedoch bleibt erhalten und formirt eine neue Papille, in welcher der nächste junge Stachel ange- legt wird (Fig. 61 js). Das Stachelhäutchen junger Stacheln färbt sich stark mit Karmin, bei älteren hingegen nur schwach oder fast gar nicht. | Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 30 450 Jos. Blumrich, Die Saumstacheln. Unter den Saumstacheln von Ch. siculus sind drei Formen zu unterscheiden. Wenn man vom unentkalkten Thiere ein Stückchen Mantelsaum abschneidet und unter dem Mikro- skope betrachtet, so fallen zunächst durch ihre große Zahl horizontal abstehende Saumstacheln auf. Sie stehen an der Spitze der einzelnen Bauchstachelreihen und bilden deren Abschluss nach außen hin. Dem Wesen nach sind sie nur als modificirte Bauchstacheln anzusprechen. Ihr Schaft ist ungefähr so lang wie der der Bauchstacheln und seitlich etwas zusammengedrückt, so dass er vom Rücken aus gesehen beträcht- lich schmäler erscheint als in der Seitenansicht (Fig. 57). Er besitzt eine zarte oberflächliche Skulptur. Auf der Rückenseite sind vier Paare schwach gelblich glänzender, nur wenig erhabener Linien sichtbar, welche von der Mittellinie des Schaftes aus nach der Spitze zu diver- giren; an der Spitze schiebt sich zwischen das vorderste Paar noch eine unpaare Linie ein (Fig. 57 A). Die Seitenansicht zeigt acht dergleichen Linien, welche in schräger Richtung von der Rückenseite nach der Spitze und Bauchseite des Schaftes zu verlaufen (Fig. 57 B). Außerdem besitzt der Schaft häufig noch eine schiefe Querringelung. In der Seiten- ‚ansicht hebt sich am Stachel der Chitinbecher als ein gelber, glänzen- der Saum ab, welcher an der Bauchseite plötzlich mächtig beginnt, nach dem Rücken zu sich aber allmählich verschmälert und ins zarte Stachel- häutchen übergeht (Fig. 57 b). Da der Schaft dieser Saumstacheln un- gefärbt und nicht allzu dick ist, so lässt er eine Struktur wahrnehmen. Bei mittlerer Einstellung grenzt sich ein heller centraler Theil von einem dunkleren Rande ab, welcher die feine Längsfaserung deutlicher erkennen lässt als der centrale Theil; an der Basis des Schaftes diver- girt die Faserung etwas (Fig. 58). Bei Ch. siculus ist die Papille dieser Saumstacheln ganz ähnlich derjenigen der Bauchstacheln. Ein eigent- licher Zapfen ist am Chitinbecher nicht ausgebildet, sondern nur eine gelenkgrubenartige Vertiefung, vor welcher das vom hellen Plasma- faden getragene Endkölbchen sichtbar ist (Fig. 60 7,b). Ein Ring ist eben so wenig vorhanden wie bei den Bauchstacheln. Die Entwicklung dieser Stacheln bietet nichts Bemerkenswerthes dar. Die zwei übrigen For- men der Saumstacheln stehen etwas dorsal von der ersteren und sind stets mehr oder minder emporgerichtet. Die längeren davon sind sehr schmächtig und sind bei starker Lupenvergrößerung als feine Härchen am Mantelsaume wahrnehmbar (Fig. 1 ss). Unter dem Mikroskop be- trachtet machen sie dadurch einen ganz merkwürdigen Eindruck, dass es hier nicht der Schaft, sondern vielmehr der Chitinbecher ist, welcher die Länge des Stachels bedingt, während der Schaft nur als Knöspchen an der Spitze des langen, gertenförmigen Bechers sichtbar ist (Fig. 59 s). Das Integument der Chitonen. 451 Da also diese Stacheln nur zum geringen Theile aus Kalk bestehen und der Hauptsache nach chitinig sind, so darf es nicht Wunder nehmen, wenn sie Säuren widerstehen, eine Erscheinung, welche schon Mmpex- DORFF an manchen Stacheln gewisser CGhitonen wahrgenommen hat. Auch nach dem Entkalken ragen daher diese Stacheln weit aus der Cuticula empor. Ihr Chitinbecher ist niemals vollkommen gerade, son- dern immer etwas geschlängelt und scheint der Länge nach von einem sehr feinen Centralkanal durchbohrt zu sein (Fig. 59 b). Der Ring fehlt nie, ist kurz röhrenförmig, dünnwandig, und wird von etwa fünf bis sieben Theilstücken gebildet (Fig. 60 r). Er umschließt als eiförmige Kapsel den Zapfen des Bechers, das Endkölbchen und den oberen Theil des Plasmafadens. Die Scheibcehen des Endkölbchens und des Zapfens, welche einander gegenüber gestellt sind, sind flach (Fig. 59, 60). Un- mittelbar um das Endkölbchen legt sich noch eine engere, kleine Kap- sel herum, die wahrscheinlich auch chitiniger Natur ist (Fig. 60 ca). Bei älteren langen Saumstacheln ragt häufig der Ring schon zum Theil aus der Cuticula heraus, ohne dass jedoch der Stachel ausgefallen wäre. Es muss demnach auch in der Höhlung des Ringes Cuticula vor- handen sein, welche das untere Ende des Chitinbechers umgiebt und so den Stachel am Ausfallen verhindert. Die Papillen dieser Saum- stacheln haben die typische Form verloren; sie enthalten nur mehr längliche Zellkerne, welche in mehreren Lagen über einander liegen, und das zu ihnen gehörige Plasma zeigt eine Längsfaserung. Die Papil- len sind ungemein tief ins Mantelgewebe eingesenkt, so dass eine größere Höhlung entsteht, in welcher die hohen Zellen der Papille sich eng an einander schließen und einen Gewebestrang bilden, welcher den Plasmafaden umhüllt (Fig. 60 sp). Sehr frühe Entwicklungsstadien dieser Stacheln habe ich in meinen Präparaten nicht auffinden können, da diese Saumstacheln überhaupt verhältnismäßig selten sind, indem einer auf fünf bis sechs horizontal abstehende kommt. Bei solchen Stacheln, deren Becher noch im Wachsthum begriffen und deren End- kölbchen also noch nicht ausgebildet war, war die Papille noch nicht so lang ausgezogen und ihre Zellen waren nur einschichtig angeordnet. Die dritte und kleinste Form der Saumstacheln steht zur zweiten in naher Beziehung. Auswärts vor jedem langbecherigen Saumstachel ist nämlich ein Paar sehr kleiner, kurzbecheriger sichtbar (Fig. 59); doch kommen sie häufig auch selbständig und vereinzelt zwischen den langbecherigen vor. Ihrer Gestalt nach sind sie keulenförmig, indem ihr Schaft nahe an seinem oberen Ende die dickste Stelle aufzuweisen hat. Der durchsichtige Schaft ließ in seinem Inneren als Struktur eine feine Längsstreifung erkennen. Der Chitinbecher ist dünn und ver- 30* 452 Jos, Blumrich, hältnismäßig lang zu nennen, erreicht aber den kurzen Schaft noch nicht ganz an Größe. Der Ring ist etwa so groß wie derjenige der langbecherigen Saumstacheln und eben so dünnwandig (Fig. 60 IT b). Zwischen den Wandungen desselben und dem hellen Plasmafaden waren häufig zahlreiche feine plasmatische Fädchen ausgespannt. Die Papillen der kurzbecherigen Saumstacheln sind denen der langbeche- rigen ähnlich gestaltet und gleichfalls tief ins Mantelgewebe eingesenkt (Fig. 60 sp). Auch von diesen Stacheln habe ich die ersten Entwick- lungsstadien nicht auffinden können, Die Stacheln von Chiton laevis. Die Rückenstacheln sind, wie erwähnt, schuppenförmig. Im unentkalkten Zustande habe ich sie bei dieser Species eben so wenig wie die übrigen Stachelformen zu untersuchen Gelegenheit gehabt, dennoch konnte ich aus einzelnen Stellen der Präparate mit genügen- der Sicherheit feststellen, dass auch ihnen eine Oberflächenskulptur eigen ist, entsprechend jener der Schuppenstacheln von Ch. sieulus, aber bei Weitem zarter. Fig. 64 stellt drei fertige Schuppenstacheln des rechten Mantelrandes von einem Querschnitte dar. Es ist die Cuti- cula in reichlicherer Menge zwischen ihnen vorhanden als bei dem verwandten Ch. siculus. Nur der mittlere der drei abgebildeten Stacheln ist central getroffen, so dass der Schnitt auch durch die stacheltragende Papille geht; die zwei anderen sind seitlich angeschnitten. Am Grunde der Stachelhöhlung ist die chitinige, stark glänzende Basalplatte sicht- bar (bp). Ungefähr in der Mitte derselben befindet sich der kleine Zapfen mit seiner konkaven Gelenkfläche. Distal vom Zapfen ist die Mächtigkeit der Basalplatte eine geringere als proximal davon. Von den Enden derselben aus geht das Stachelhäutchen (sh), welches die Stachel- höhlung auskleidet. Die Seitenplatte, welche für die Schuppenstacheln von Ch. siculus so charakteristisch ist, kommt hier gänzlich in Wegfall. Die organische Substanz der entkalkten Stacheln war zu einer Masse zusammengeschrumpft, welche in einem schmalen Zuge von der Spitze bis auf die Basalplatte herabreichte, wo sie sich in zwei Äste gabelte (Fig. 64 i). Auf der Mitte des vordersten und hintersten Mantelrandes werden die Schuppenstacheln auf Querschnitten so getroffen, dass der Schnitt parallel zur längeren Diagonale der rautenförmigen Basalplatte hindurchgeht. Bei einem central getroffenen Stachel aus dieser Region besitzt alsdann. die chitinige Basalplatte eine bedeutende Spannweite. Die Mitte derselben ist am dicksten und trägt den Zapfen (Fig. 65 z), welcher das Endkölbehen überwölbt. Die organische Substanz war Das Integument der Chitonen. 459 hier in der Stachelhöhlung in Form dreier zusammenhängender Bogen- stücke erhalten. Die stacheltragende Papille (sp) der Schuppenstacheln war hier stets durch ihr helles, durch Karmin nur ganz schwach tingirtes Plasma ausgezeichnet. Diese Papillen enthalten gleich den entsprechenden von Ch. sieulus stets zweierlei Zellkerne. Die länglichen gehören faden- förmigen Stützzellen an, die rundlichen, welche weit zahlreicher sind, gehören drüsenähnlichen Zellen an, deren Inhalt jedoch wahrscheinlich durch die Konservirung zerstört war. Auch niedrige stachellose Papil- len (ep) sind zwischen den einzelnen Schuppenstacheln vorhanden, deren Plasma sich stärker mit Karmin färbt und welche den stachel- losen der Rückenseite des Mantelrandes von Ch. siculus entsprechen. Die Entwicklung der Schuppenstacheln von Ch. laevis (Fig. 66 u. 67) erfolgt in der früher angegebenen typischen Weise ohne besondere Bildungszelle und ist im Vergleiche zu jener von Ch. sieulus dadurch vereinfacht, dass die Seitenplatte vollständig fehlt. Die Basalplatte gelangt auch hier erst dann zur Ausbildung, wenn der dem Schafte der Cylinderstacheln entsprechende kalkige Theil völlig ausgewachsen erscheint. Eben so wie bei Ch. sieulus sind auch bei Ch. laevis drei ver- schiedene Formen von Saumstacheln zu unterscheiden. Die horizontal gestellten stehen wieder an der Spitze der Bauchstachelreihen. Ihr Schaft ist nicht allzu lang, aber stark entwickelt, wie ich gelegentlich aus den Höhlungen erkennen konnte, die sie nach dem Entkalken in der Cuticula zurückgelassen hatten (Fig. 68 I). Der Chitinbecher ist mäßig entwickelt und läuft in einen ziemlich langen, konisch zugespitz- ten Zapfen aus, vor dem das winzige Endkölbchen gelegen ist. In jüngeren Stacheln war die organische Substanz zu unregelmäßigen Stücken zusammengeballt und färbte sich eben so wie der Chitinbecher stark mit Karmin (Fig. 68 ?). Die Entwicklung verläuft in der für Cylin- derstacheln typischen Weise (Fig. 68 bz). Unstreitig den komplicirtesten Bau besitzen die langbecherigen, emporgerichteten Saumstacheln von Ch. laevis. Der Becher ist von einem CGentralkanal durchsetzt, welcher am Zapfen durch ein ebenes Scheibehen verschlossen wird, übrigens aber weit kürzer und stärker ist als ein gleichwerthiger Becher von Ch. siculus (Fig. 69 b). Für die Größe des Schaftes habe ich in den Präparaten keine Anhaltspunkte mehr gefunden, doch wird man nicht fehl gehen, wenn man annimmt, dass er bedeutend größer ist als der entsprechende bei Ch. siculus, da die Becherhöhlung schon bedeutend weiter ist als dort. Der Ring ist sehr mächtig angelegt, lang röhrenförmig und diekwandig. Am unteren 454 2 Jos. Blumrich, Ende sah seine Wandung auf den Schnitten oft wie zerspalten aus, was wohl ein Ausdruck seiner Zusammensetzung aus einzelnen Theilen war (Fig. 69 r). Das nur wenig konkav eingedrückte Scheibchen des Endkölbchens ist eine ziemliche Strecke unterhalb des Zapfens in der Lichtung einer glänzenden Kapsel (ca) wahrnehmbar, welche im opti- schen Durchschnitte zangenartig erscheint. Diese fasst ein unter dem Zapfen gelegenes Scheibchen zwischen sich, gegen die Papille zu schmiegt sie sich innig an den Plasmafaden an. Dem dunklen, centralen Theile des Endkölbcehens anderer Stacheln entspricht hier wohl das dunkel erscheinende, schüsselförmig vertiefte Plättchen unterhalb des End- kölbchens, welches an der weitesten Stelle der Kapsel zwischen deren Wandungen eingeklemmt ist. An seine Mitte tritt der Plasmafaden heran, welcher es anscheinend durchbohrt und zum Endkölbchen vor- dringt (Fig. 69 f). Diesem komplieirten Apparate in der Höhlung des Ringes entspricht bei Ch. siculus nur jene einfache kleine Kapsel, welche das Endkölbchen der langbecherigen Saumstacheln umschließt. Bei dieser Form der Saumstacheln von Ch. laevis ragt der Chitinring auch oft zum Theil aus der Cuticula heraus. Die zugehörige Papille ‚gleicht in ihrem Baue ganz der entsprechenden von Ch. siculus. Auch bei diesen Stacheln, welche im Großen und Ganzen nicht allzu häufig sind, habe ich sehr frühe Bildungsstadien nicht auffinden können. Ein älteres Entwicklungsstadium ist in Fig. 70 gezeichnet. Der durchbohrte Be- cher (b) hat seine Vollendung erreicht, der Ring (r) und das Endkölbchen werden soeben angelegt; der Kern der Bildungszelle war noch sicht- bar. Auf welche Weise der das Endkölbchen umschließende komplicirte Apparat zu Stande kommt, hatte ich nicht Gelegenheit zu beobachten. Auch bei Ch. laevis scheint die kleine, kurzbecherige dritte Form der Saumstacheln zur langbecherigen ähnlich wie bei Ch. sieulus in einer innigen Beziehung zu stehen. Der Chitinbecher ist nur schwach entwickelt und der Zapfen gut abgesetzt (Fig. 69 und 70). Wie ich aus den vom entkalkten Schafte herrührenden Höhlungen in der Cuti- cula entnehmen konnte, besitzt er nur eine geringe Größe (Fig. 69 IT). Ein Ring ist hier eben so wenig vorhanden wie bei der ersten, horizon- tal abstehenden Form der Saumstacheln. Sehr häufig kann man beobachten, dass am Mantelsaume mit einem lang ausgezogenen, vielzelligen epithelialen Gewebestrange sogar vier Chitinbecher in Verbindung stehen, von denen alsdann der größte einem horizontalen, die zwei kleinsten aber kurzbecherigen Saum- stacheln angehören, während der vierte sofort als einem Bauchstachel zugehörig erkannt wird (Fig. 70 sp). Merkwürdig ist, dass die zu den einzelnen Bechern hinführenden Plasmafäden nach ihrem Austritte aus Das Integument der Chitonen. 455 dem Gewebestrange in je ein ellipsoidisches Bläschen (0) eintreten, welches sie seiner Längsachse nach durchziehen. Im Inneren dieser Bläschen war ein zartes Plasmanetz ausgespannt, in welchem oftmals ein bis zwei ovale Zellkerne aufgehängt waren. Das Endkölbehen lag stets noch innerhalb der rings von CGuticula umgebenen Bläschen (Fig. 70 ek). Den Gewebestrang, welcher die Plasmafäden mehrerer Stacheln umschließt, halte ich für eine Verschmelzung mehrerer Papillen und die Bläschen für Reste der ehemals von einander getrenn- ten Papillen, welche analog den gestielten Bläschen von Ch. Polii und Acanthochiton abgeschnürt und zugleich mit dem Endkölbchen allmäh- lich in die oberen Schichten der Cuticula emporgehoben worden sind. Beziehungen zwischen den Schalen und Stacheln. Bei den Chitoniden kommen zwei Arten von Guticularbildungen vor, von denen die einen durch ihren großen Gehalt an Kalksalzen aus- gezeichnet sind und nur wenig organische Substanz enthalten, während die anderen der Hauptsache nach aus organischer Substanz bestehen, die nur wenig mit Kalksalzen imprägnirt ist. Die erstere Art der Cuti- cularbildungen umfasst die untere Schicht der Schalen, das sogenannte Artieulamentum, und die verschiedenen Stachelformen; sie charakteri- siren sich dadurch, dass sie aus zarten Kalksäulchen schichtenweise aufgebaut sind, nach deren Auflösung durch Säuren nur eine geringe Menge organischer Substanz zurückbleibt, welche ursprünglich gleich- mäßig zwischen den einzelnen Kalksäulchen ausgebreitet sein mag. Die Zusammensetzung des kalkigen Stacheltheiles (des Schaftes) aus Säulchen tritt namentlich dann sehr deutlich hervor, wenn eine ver- dünnte Säure einige Zeit auf ihn eingewirkt hat. Die chitinigen Theile, der Becher und Ring, welche wesentliche Bestandtheile der völlig ent- wickelten Stacheln ausmachen, fehlen noch allen jenen Entwicklungs- stadien der Cylinderstacheln sowohl wie der Schuppenstacheln, deren kalkiger Theil (Schaft) noch im Wachsthume begriffen ist. Entspre- chende Chitingebilde fehlen jedoch auch den Schalen, denen stets ein ununterbrochenes Wachsthum eigen ist. Ferner haben die jungen schuppenförmigen Stacheln mit den Schalen das gemeinsam, dass ihnen keine eigens gestaltete Bildungszelle zukommt und sie einem platten Epithel aufruhen, welches die Einsenkung des Mantelgewebes aus- kleidet, in der sie gelegen sind. Es besteht demnach eine große Ana- logie zwischen den Schalen und den noch unvollendeten Schuppen- stacheln, welche wohl auf eine Verwandtschaft beider hindeutet. Als Gutieularbildungen der zweiten Art sind die oberste Schalen- schicht (das Tegmentum) und die den Mantelrand bedeckende Cutieula 456 Jos. Blumrich, zur’ 25oynv zu bezeichnen. In Bezug auf innere Beschaffenheit stimmen sie mit einander überein. Sie bestehen vorzugsweise aus einer orga- nischen, chitinösen Substanz, welche starr und durchsichtig ist und nur sehr wenig Kalksalze enthält, was der Grund dafür ist, dass sie bei der Behandlung mit Säuren nur im geringen Maße zusammen- schrumpft. Von van BEMMELEn und Moszrey sind desshalb beide mit Recht als gleichwerthige Bildungen hingestellt worden, nur beging der Erstere den Fehler, dass er die Schuppenstacheln bei Chiton siculus von der sie umgebenden Cuticula nicht aus einander hielt. In Anbe- tracht dessen, dass kein prineipieller Unterschied zwischen Guticula und Tegmentum besteht und letzteres eigentlich nichts Anderes ist als dem Articulamentum direkt aufgelagerte Cuticula, kann man sagen, dass der gesammte Mantel der Chitonen von einem Cutieulapanzer be- deckt ist, in welchem außer im Bereiche der Schale noch kalkreiche Cuticulargebilde, die Stacheln, stecken. Die Schalen der Chitonen setzen sich also aus zwei ganz verschie- denartigen Theilen zusammen. Durch die Untersuchungen von Gray, insbesondere aber von MArsHaLL und van BEMNMELEN ist nun dargethan worden, dass das Articulamentum allein den Schalen der Gastropoden, - welche den Chitonen nahe stehen, homolog sei und demnach die eigentliche Schale repräsentire, während das Tegmentum eine Be- sonderheit der Chitonschale darstellt. Da die Cuticula in einer so mächtigen Schicht den ganzen Mantel der Chitonen bedeckt und die eigentliche Schale derselben, das Articulamentum, niemals aus dem Mantelgewebe frei hervorragt, ohne einen Cuticulaüberzug zu erhalten, so deutet dies unzweifelhaft darauf hin, dass die Cutieula die ursprüng- liche, phyletisch ältere schützende Körperhülle darstellt. Die Stamm- formen der Chitoniden mögen daher Mollusken gewesen sein, welche gar keine Schalen besaßen und deren schützende Körperbedeckung (wie bei Chaetoderma, Neomenia und Proneomenia) lediglich von der starren Quticula gebildet wurde, aus welcher zahlreiche Stacheln her- vorstanden. Von diesen schalenlosen, in einen Stachelpanzer gehüllten Mollusken haben sich Formen abgezweigt, bei denen kleine Schalen- stücke im Rückentheile des Mantels zur Entwicklung gelangten, welche jedoch nicht an einander stießen, sondern durch größere Partien stachel- führender Cutieula von einander getrennt waren, ein Verhalten, wel- ches namentlich zwischen den hinteren Schalen von Chitonellus noch jetzt beobachtet werden kann. Erst in weiterer Linie haben sich davon endlich die echten Chitonen abgegliedert, deren einzelne Schalen un- mittelbar an einander stoßen, so dass zwischen ihnen für die stachel- tragende Cuticula kein Raum mehr bleibt. Die große Ähnlichkeit nun, Das Integument der Chitonen. 457 welche zwischen den eigentlichen Schalen (dem Articulamentum) und ge- wissen, noch unvollständig ausgebildeten Stacheln der Chitonen herrscht, legt die Vermuthung nahe, dass die Schalen ihrer Entstehung nach von Stacheln abzuleiten sind, wie dies auch GEGENBAuR bereits in seinem »Grundrisse der vergleichenden Anatomie, 1878« angenommen hat. Es werden sonach von den stacheltragenden, aber schalenlosen Chitoniden solche ihren Ursprung abgeleitet haben, bei denen auf der Mittellinie des Rückens eine gewisse Zahl größerer Stacheln zur Anlage kam, welche durch den Mangel einer besonderen Bildungszelle ausgezeichnet waren und nicht wie die anderen Stacheln in die Höhe wuchsen, sondern mehr flächenhaft in einer Einsenkung des Mantelgewebes sich aus- breiteten. Und es ist leicht einzusehen, dass bei einem unbegrenzten Wachsthum aus solchen Stacheln Gebilde hervorgehen mussten, welche dem Articulamentum gleichkommen. Weiterhin sind zwei Wege denk- bar, auf welchen diese jungen Schalen einen Cuticulaüberzug erhielten, der als Tegmentum einen integrirenden Bestandtheil der meisten Chi- tonschalen bildet. Die erste Möglichkeit ist die, dass die flachen jungen Schalen schon sehr frühzeitig mit einem Theile ihrer Oberseite mit der darüber liegenden Cuticula in Verbindung traten, welche dadurch zum Tegmentum wurde (vgl. beistehende Figur, S, {). Der Rand der jungen Schale blieb von Mantelgewebe bedeckt, welches der Lage nach unse- rem gesimsartigen Mantelvor- sprunge zu vergleichen ist (v). Sehr bald mag in dessen Nähe auch jene Falte des Mantelge- - webes sich aufgestaucht haben, ZUM MI die wir als Mantelkante (%k) ee unterschieden haben. Sie ent- on . spricht vielleicht den hoch auf- Schematische Darstellung der Tegmentalbildung. geworfenen, weit aus einander 5 Tegmentum; c, Cuticula; S, Schale ; m, Mantelge- £ N webe; v, gesimsartiger Vorsprung; k, Mantelkante; gedrängten Theilen der Papille, Stachel: 7s, jungemiinkhei, wie sie beispielsweise bei der Entwicklung der Schuppenstacheln von Ch. siculus beobachtet werden können. Wenn nun die oberflächlich gelagerte junge Schale in Folge ihres Flächenwachsthums das Mantelgewebe immer weiter aus einan- der schiebt, kommt sie mit immer neuen Theilen der Guticula in Be- rührung, es wird also mit dem Articulamentum zugleich auch das Tegmentum stets größer und größer. Diese Art und Weise der ersten Entstehung des Tegmentums könnte man als die primäre bezeichnen. Die Auflagerung des Tegmentums auf das Articulamentum kann jedoch auch auf sekundärem Wege erfolgt sein. Stellt man sich vor, dass die 458 Jos. Blumrich, Einstülpungen, in welchen die jungen Schalen liegen, sich abgeschnürt haben und die Schalen innerhalb des Mantelgewebes heranwachsen, so treten Verhältnisse ein, wie wir sie bei Cryptochiton Stelleri an- treffen, dessen Schalen aus dem Articulamentum allein sich zusammen- setzen. Reıncke (l. c.) ist nun der Ansicht, dass von den tegmentlosen Schalen, wie sie bei Cryptochiton vorkommen, die mit einem Tegmen- tum ausgestatteten Schalen der übrigen Chitonen abzuleiten seien, indem er sagt: »Die Schalen von Cryptochiton Stelleri Midd. liegen vollständig im Mantel, die Schalen der Chitonellen oft bis auf minimale Stückchen, und wenn die umschlossenen Theile auch immer nur aus dem Articulamentum bestehen und das Tegmentum und die Epidermis (Periostracum) nur von den am Rande liegenden Epithelien gebildet werden können, wie sollen denn diese beiden letzteren Theile anders entstanden sein, als dass der Mantel ursprünglich geschlossen war und von je einem mittleren Punkte über der jungen Schale aus einander wich, wobei sein Epithel immer neue Stücke des Tegmentums und der Epidermis abschied?« Auch bei dieser Entstehungsweise des Tegmen- tums durch Spaltung des die Schale völlig überdeckenden Mantelge- webes konnte sich leicht eine Mantelkante bilden, deren Epithel als- dann die Abscheidung der Tegmentalsubstanz übernahm. Nach der zweiten Auffassung würde uns in Cryptochiton eine Stammform der - Placophoren erhalten geblieben sein, nach der ersteren hingegen ist der Zustand der Schalen bei Cryptochiton als ein sekundärer zu be- trachten. Bei jenen Chitoniden, deren Tegmentum beträchtlich kleiner ist als das Articulamentum, mag wohl auch ontogenetisch das erstere sekundär mit dem letzteren in Verbindung treten, bei jenen echten Chitonen aber, wo beide Schalenschichten beinahe von gleicher Größe sind, geht vielleicht die Auflagerung des Tegmentums in primärer Weise vor sich, da alsdann beide Schalenschichten von Anfang an ziemlich gleich groß sein werden und bei gleichmäßigem Wachsthum auch später an Größe mit einander übereinstimmen müssen. Wie das Epithel des Mantelrandes überhaupt, so zeigt auch das die Mantelkante überkleidende eine ausgesprochene Tendenz zur Papillen- bildung. Die daselbst angelegten Papillen ruhen anfänglich direkt auf dem Gewebe, ihre Zellen differenziren sich in drüsenähnliche und fadenförmige Zellen, so dass sie in ihrem Baue eine große Ähnlichkeit mit gewissen stacheltragenden Papillen des Mantelrandes gewinnen. Diese im Bereiche des Tegmentums gelegenen Papillen, die Ästheten, werden von der starren Tegmentalsubstanz festgehalten und bleiben mit dem zurückweichenden Mantelgewebe durch eine stielartige Ver- längerung ihres Basaltheiles, die Faserstränge, in Verbindung, wodurch Das Integument der Chitonen. 459 sie eine von den übrigen Epithelpapillen stark abweichende Gestalt er- langen. Schon van BrnmeLen, welcher zuerst die Ästheten, seine »Teg- mentalpapillen«, mit den stacheltragenden Papillen des Mantelrandes verglich, suchte nach einem Äquivalent für die Chitinkappen der Ästhe- ten und fand dies in den Chitinbechern der Stacheln. Es muss aller- dings zugegeben werden, dass namentlich zwischen der Scheitelkappe und den Chitinbechern gewisser Cylinderstacheln (Fig. 10 sk und 47 b) eine Ähnlichkeit herrscht, welche aber mehr zufälliger Natur ist; denn sie tritt erst hervor, wenn man die normal gestellten Scheitelkappen mit den Chitinbechern in umgewendeter Stellung zum Vergleiche bringt. Die Kappen der Mikrästheten lassen sich jedoch viel richtiger mit einem anderen wichtigen Theile des Stachels homologisiren, näm- lieh mit dem Endkölbchen, beziehungsweise mit dessen Scheibchen. Besonders in die Augen springend ist die Übereinstimmung der von Chitinkäppchen umhüllten Anschwellung der Mikrästheten mit den Endkölbchen kleinerer Stacheln, deren Scheibchen kaum konkav ein- gebogen ist (vgl. Fig. 29 ek und 9 mk). Von Bedeutung ist auch der Umstand, dass häufig an der Ausgangsstelle der hellen Faser von der Papille, welcher das Endkölbchen angehört, ein Zellkern sich vorfindet, wie er ähnlich am Ursprunge der Mikrästheten vom Ästhetenkörper beobachtet wird. Ursprünglich mögen auch die Chitinkappen thatsäch- lieh als Endkölbchen im Tegmentum zu Stacheln in Beziehung gestan- den haben, welche aber allmählich in Wegfall gekommen sind, worauf dann die Endkölbchen und ihre Scheibchen eine zweckmäßige Umge- staltung erfahren haben. Eine Abänderung der Mikrästheten stellt die Scheitelkappe dar, die weitgehendste Modifikation derselben jedoch ist in dem lichtbrechenden Apparate der Augen tropischer Chitonen ge- geben. Da die stacheltragenden Papillen des Mantelrandes 'nur je ein, zu einem fertigen Stachel gehöriges Endkölbchen besitzen, so möchte ich in jenen Ästheten, welche wie alle bei jener Chitonellusspecies und eine große Zahl bei Acanthochiton nur eine einzelne Chitinkappe tra- gen, den ursprünglichen Zustand erblicken und die Vermehrung der Mikrästheten, wie sie sonst an den Ästheten regelmäßig in Erschei- nung tritt, als einen sekundären, später aufgetretenen Zustand auffassen. So hätten wir denn morphologisch die Schalen zusammt dem im Tegmentum enthaltenen Gewebe sowie die Chitinkappen auf die ent- sprechenden Gebilde des Mantelrandes als Grundformen zurückgeführt. Zum Schlusse mag noch darauf hingewiesen werden, dass der in den stacheltragenden Papillen zum Endkölbchen aufsteigende Plasmafaden den hellen Fasern zu vergleichen ist, welche in den Fasersträngen und Ästheten vorhanden sind. Demnach werden auch die Plasmafäden als 460 Jos. Blumrich, Sinneszellen zu deuten sein, und die stacheltragenden Papillen reprä- sentiren eine Art Tastorgane, denen die Stacheln den Reiz übermitteln, wozu sie durch ihre exponirte Lage besonders geeignet sind. Die Ästheten, welche sich morphologisch von den stacheltragenden Papillen herleiten, haben vielleicht auch die physiologische Funktion derselben beibehalten oder nur in einem gewissen Sinne modifieirt. Ill. Das Epithel der Kiemenhöhle, das Gerucksorgan und das Epithel des Fulses. Das Epithel der Kiemenhöhle von Ch. sieulus, Ch. Polii und Acan- thochiton fascicularis zeigt einen zweifachen Charakter, stellenweise ist es drüsenarm und stellenweise ist es reich an Drüsenzellen. Das drüsenarme Epithel besteht aus kubischen Zellen, deren Plasma mit Karmin sich gut färbt, und zwischen denen nur sehr spärliche kleine Drüsenzellen eingestreut sind. Die Intercellularlücken, welche für die äußeren ektodermalen Epithelien der Chitonen charakteristisch sind, fehlen auch hier nicht (Fig. 71). Der euticulare Saum am freien Ende der Zellen war gestrichelt. Dieses niedrige kubische Epithel fand sich bei den erwähnten Arten an der Wandung des Mantelrandes und an der oberen Leibeswand in der Kiemenhöhle vor. Es geht allmählich in die andere Epithelform über, welche etwa doppelt so hoch wird und namentlich die Fuß- und Leibeswand der Kiemenhöhle überkleidet. In diesem Epithel treten Stützzellen und Drüsenzellen in ziemlich gleicher Anzahl auf (Fig. 72). In den ovalen Drüsenzellen nahm ich nur Spuren eines granulirten, von Karmin sehr schwach gefärbten In- haltes wahr. Ihre Kerne sind meist platt, seltener rund, und liegen am Zellengrunde. Die Stützzellen, welche zwischen den ausgebauchten Drüsenzellen stehen, besitzen eine sanduhrförmige Gestalt. Ihr Plasma ist gekörnelt und färbt sich gut mit Karmin. Die Zellkerne sind läng- lich, liegen in halber Höhe der Zellen und lassen eine deutliche Kern- struktur erkennen. Auch an diesem Epithel war ein gestrichelter Saum sichtbar. Sowohl am kubischen wie am drüsenreichen Epithel der Kiemenhöhle nahm ich häufig Reste von Flimmerhaaren wahr, insbe- sondere in gelegentlichen Falten des Epithels, wo die Flimmerhaare durch die Konservirung nicht zerstört, sondern gut erhalten waren. Es scheinen demnach die Wandungen der Kiemenhöhle eben so wie die Kiemen selbst über und über mit einem Flimmerepithel bedeckt zu sein. Das Gewebe unterhalb des drüsenreichen Epithels an der Fuß- und Leibeswand war schwammig maschig. Außer diesen beiden Epithelformen bemerkte ich in der Kiemen- höhle von Ch. laevis an gewissen Stellen ein ungemein hohes Epithel, Das Integument der Chitonen. 461 welches zuerst B. Hırzer beobachtet und ausführlicher beschrieben hat (Die Organisation der Chitonen der Adria, II« in den » Arbeiten aus dem zool. Inst. Wien«, 1884). Auf Querschnittspräparaten erkannte ich deutlich, dass dieses hohe Epithel aus zweierlei Zellen sich zusam- mensetzt. Es sind sehr große Drüsenzellen vorhanden mit rundlichen oder abgeplatteten Kernen am Grunde (Fig. 73); der Inhalt dieser Zel- len war in meinen Präparaten nicht allzu reichlich, ziemlich grob ge- körnt und meist der Zellwandung angelagert. Mit Karmin hatte er sich nur sehr schwach gefärbt. In regelmäßiger Weise wechseln mit den Drüsenzellen sehr dünne, fadenförmige Zellen ab (Fig. 73 fz), in deren etwas verbreitertem oberen Ende lange, geschwänzte Zellkerne liegen. Die freien Enden der dünnen Zellen gehen in einen gestrichelten Saum über, welcher sich bogenförmig über die einzelnen Drüsenzellen wölbt und an der Außenseite mit einer feinen Krümelung bedeckt war, welche ich für Reste der im frischen Zustande daselbst vorhandenen Flimmerhaare halten möchte. Die oberen Enden der Fadenzellen färb- ten sich mit Karmin hell rosa. B. Hırırr hat dieses hohe Epithel so aufgefasst, als ob es der Zahl nach hauptsächlich aus Drüsenzellen auf- gebaut wäre, zwischen denen nur spärliche indifferente fadenförmige Zellen vorhanden seien. Nach meinen sehr klaren Präparaten zu schließen ist dies jedoch nicht richtig; die Fadenzellen sind vielmehr thatsächlich bei Weitem zahlreicher vertreten als B. HıLLer angenommen hat. Denn in den Querschnitten von Ch. laevis sah ich stets zwischen je zwei Drüsenzellen den Kern einer Fadenzelle, häufig jedoch deren zwei hinter einander. Wie zahlreich die dünnen, zwischen die Drüsen- zellen eingestreuten Fadenzellen eigentlich seien, erkannte ich aus jenen Stellen, wo ein Theil des hohen Epithels ungefähr im oberen Viertel quer getroffen erschien. Die Fadenzellen bildeten in dieser Ansicht ein zusammenhängendes Netzwerk, in dessen Maschen je eine Drüsenzelle stand (Fig. 74). Durch die hohen und breiten Drüsenzellen gewinnen diese Epithelien auf Querschnitten ein krausenähnliches Aussehen. Einen davon abweichenden, fremdartigen Anblick gewähren sie bei Ch. laevis nur an vier Stellen, welche eine ganz bestimmte Lage haben, nämlich unterhalb des Kiemeneingeweidenervenstranges vor dem vordersten und in der Gegend des letzten Kiemenpaares. Die-Faden- zellen stehen hier sehr dicht beisammen, so dass die Drüsenzellen da- zwischen nur sehr wenig Raum gewinnen. Die Kerne der Fadenzellen sind hier auch anders geformt als sonst; sie sind etwas kürzer aber bedeutend stärker, wodurch sie eine keulenförmige Gestalt annehmen. Diese modifieirten Fadenzellen sind zu einem runden, in die Kiemen- höhle vorspringenden Wulste oder Höcker angeordnet, an welchem der 462 | Jos. Blumrich, gestrichelte Saum .besonders stark ausgebildet ist. Zwischen diesem Saume und den keuligen, in einen Bogen gestellten Kernen der Faden- zellen war eine dünne Schicht gelbglänzender Körnchen sichtbar. Nachdem wir die beiden Formen des hohen Epithels in der Kie- menhöhle bei Chiton laevis kennen gelernt haben, wollen wir seine Ausbreitung daselbst noch etwas genauer in Berücksichtigung ziehen. Es zerfällt in zwei gesonderte Züge, welche, wie schon B. Harızrr her- vorgehoben hat, durch ein niedriges kubisches Epithel von einander getrennt sind. Der eine der beiden Züge oder Krausen hat seinen Sitz an der Leibeswand, wir wollen ihn daher den parietalen Zug oder die parietale Krause nennen, während der andere unterhalb des Kiemen- eingeweidenervenstranges gelegen ist; dieser mag als der paraneurale Zug bezeichnet werden. Der parietale Zug nimmt dadurch eine noch mehr exponirte Lage ein, dass er auf einer etwas vorspringenden Gewebsleiste der Leibeswand aufruht (Fig. 20 /g), welche ein sehr lockeres Gefüge zeigt. Er beginnt in der Region des vordersten Kie- menpaares und erstreckt sich als ein Streifen von durchwegs gleicher Breite noch ein wenig über die Gegend der letzten Kieme hinaus. ‚Unterhalb der parietalen Krause bemerkte ich an der Fußwandung stets noch ein niedriges Flimmerepithel, welches viele Drüsenzellen enthielt und dem in Fig. 72 dargestellten gleich kam. Dieses niedrige Flimmerepithel reicht auch an der Fußwandung von Chiton sieulus und Ch. Polii, denen eine parietale Krause gänzlich fehlt, sehr weit hinab. Da nun die parietale Krause bei Ch. laevis kaum bis zur Hälfte der Fuß- und Leibeswand herabreicht, so widersprechen meine Befunde der Angabe B. Haızer’s, dass das hohe Epithel nach unten aufhöre, wo das Flimmerepithel anderer Chitonen seinen Abschluss finde. Der paraneurale Zug nimmt seinen Anfang schon eine ziemliche Strecke vor dem ersten Kiemenpaare als ein aus hohen, gehäuften Fadenzellen bestehender Wulst. Von der ersten Kieme an verliert dieser Zug seine Wulstform und nimmt die charakteristische Gestalt einer Krause an (Fig. 20. ng, 75 eg). An den Kiemen engt sich die Krause stets bedeutend ein und setzt sich eine kurze Strecke weit auf die Innenseite derselben fort (Fig. 75 eg); in der Zwischenkiemenregion hingegen wird sie breiter und reicht von der inneren Kiemenarterie bis zur auswärtigen Kiemenvene hinan (Fig. 20 ng). In der Gegend der zwei hintersten Kiemenpaare, welche sehr klein sind und an der Mantelwand etwas abwärts gerückt erscheinen, gewinnt der paraneu- rale Zug seine größte Ausbreitung (Fig. 76). Medianwärts vom Nerven- strange liegt ein isolirter Theil der Krause im obersten Winkel der Kiemenhöhle, lateral davon befindet sich der Hauptzug. Von diesem Das Integument der Chitonen. 463 ist hier der unmittelbar unter dem Nervensystem gelegene Theil zu einem Wulste umgestaltet, welcher bei der vorletzten Kieme beginnt ‚und noch hinter die letzte Kieme sich fortsetzt. Dort, wo die parietale Krause ihr hinteres Ende erreicht, geht der paraneurale Wulst in eine schmale einfache Krause über, welche nach hinten so weit verfolgt werden kann als der Centralnervenstrang. Hervorzuheben ist noch, dass das hohe, krausenartige Epithel sogar die Kiemenplättchen über- kleidet, namentlich gilt dies von den kleinen zwei hintersten Kiemen jederseits (Fig. 76 pg). Ähnliche Verhältnisse wie bei Ch. laevis wiederholen sich auch in der Kiemenhöhle von Ch. cajetanus. Auch hier sind je zwei Züge eines enorm hohen Epithels vorhanden, welche ihrer Lage nach mit den- jenigen der ersten Species übereinstimmen. Man kann also auch hier eine parietale und eine paraneurale Krause unterscheiden. Die Zell- elemente dieser Epithelien sind dieselben wie früher, ihre Höhe beträgt jedoch ungefähr das Doppelte von derjenigen der Epithelkrausen bei Ch. laevis. Aber auch in Bezug auf ihre Ausbreitung übertreffen die Epithelkrausen von Ch. cajetanus diejenigen von Ch. laevis. Während sie bei letzterem nach vorn nur so weit reichen als die Kiemen, nämlich bis etwas über die Körpermitte, sind sie bei Ch. cajetanus schon sehr weit vor den Kiemen anzutreffen, welche hier ebenfalls nur auf die hintere Körperhälfte beschränkt sind. Die parietale Krause beginnt an der Fußwand viel weiter unten als bei Ch. laevis und erstreckt sich nach aufwärts bis zur paraneuralen Krause hin, in welche sie jedoch nicht unmittelbar übergeht, sondern von ihr ebenfalls durch eine Strecke niedrigen kubischen Epithels getrennt wird. Die außerordent- ‘lich hohen Drüsenzellen enthielten runde, grundständige Zellkerne und einen nicht allzu reichlichen, feinkörneligen Inhalt, der sich in Karmin kaum gefärbt hatte. Die sehr dünnen Zellkerne der Faden- zellen waren zum Theil in mittlerer Höhe, zum Theil am freien Ende derselben sichtbar. Der cuticulare Saum war schwach entwickelt und wölbte sich eben so wie bei Ch. laevis bogenförmig über die Drüsen- zellen; ob er eine Strichelung zeigt, vermag ich nicht anzugeben, da die Präparate etwas zu dick geschnitten waren. Das Gewebe unterhalb der parietalen Krause ist wie dasjenige des Fußes und der Leibeswand bei Ch. cajetanus überhaupt außerordentlich locker und die großen, zahlreichen Lücken sind zum Theil mit Blut erfüllt. Zwischen die Zellen der parietalen Krause war in meinen Präparaten geronnenes, von Karmin sehr intensiv gefärbtes Blutserum in reichlichem Maße eingedrungen, so dass die Krause wie mit einer rothen Substanz inji- eirt erschien. 464 Jos. Blumrich, Der große, vor der Region der Kiemen gelegene Theil der para- neuralen Krause bietet genau denselben Anblick dar wie die parietale Krause und ist eben so wie diese stark mit Blutserum injieirt. Der. zweite in das Bereich der Kiemen fallende Abschnitt der paraneuralen Krause zeigt ein ganz anderes Aussehen, indem er gar nicht mehr von Blut injieirt erscheint, wodurch seine Ähnlichkeit mit den Krausen von Ch. laevis eine augenfälligere wird. Während die paraneurale Krause bei Ch. laevis nur eine geringe Strecke weit an der inneren Kiemen- wurzel herabläuft, setzt sie sich bei Ch. cajetanus auf die ganze Innenseite der Kiemen fort, so dass hier die epibranchial gelegene Krause die paraneural gelegene an Ausdehnung bedeutend überwiegt. In Folge ihrer enormen Höhe stehen die freien Flächen der parietalen und epibranchialen Krause mit einander vielfach in Berührung und die Kiemen werden gegen die Mantelwand gepresst. Als etwas höchst Sonderbares verdient hervorgehoben zu werden, dass bei Ch. cajetanus jederseits ungefähr über der siebenten und achten Kieme in der Leibeswand ein eiförmig gestalteter Hohlraum vorhanden ist, dessen Höhe gleich derjenigen der Kiemenhöhle, und dessen Breite gleich seiner halben Höhe ist. Dieser Hohlraum nun mündet mit einer engen Öffnung zwischen zwei Kiemen in die Kiemenhöhle, und seine Wan- dung ist von einem sehr hohen, zarten, krausenartigen Epithel be- deckt, welches das Volumen beinahe vollständig ausfüllt, so dass nur ein ganz schmaler centraler Spalt übrig bleibt. Dieses den Hohlraum auskleidende Epithel ist eine direkte Fortsetzung der zarten paraneu- ralen Krause. Ähnlich wie bei Ch. laevis bemerkte ich auch bei Ch. cajetanus an den Enden der beiden paraneuralen Krausen vier Epithel- wülste, welche allmählich in die Krausen übergehen. Sie kömmen durch eine dichtere Anhäufung von Fadenzellen zu Stande, welche aber bedeutend niedriger sind als in den Krausen, auch niedriger als in den Epithelwülsten von Ch. laevis. Das Epithel der Mantelwandung war bei Ch. cajetanus von den letzten Kiemen an etwas höher und reicher an Drüsenzellen ‚als sonst, doch möchte ich diesem Umstande keine besondere Bedeutung beimessen, da bei Ch. laevis, welcher mit Ch. cajetanus in vielfacher Hinsicht sehr nahe verwandt ist, das Epithel an der entsprechenden Stelle sich ganz normal verhielt. Nachdem ich bei zwei Chitonspecies in der Kiemenhöhle so stark modifieirte Epithelien in einer so großen Erstreckung gesehen hatte, kam es mir seltsam vor, dass mir in der Kiemenhöhle von Ch. sieulus, Ch. Polii und Acanthochiton fascicularis, von denen ich bisher allerdings hauptsächlich nur Schnitte aus der mittleren Körperregion untersucht hatte, nichts Ähnliches aufgefallen war. Ich überprüfte nun die Das Integument der Chitonen. 465 Schnitte der drei letztgenannten Arten nochmals und gelangte zu dem Resultate, dass bei denselben thatsächlich von den parietalen und para- neuralen Epithelkrausen keine Andeutung vorhanden sei, dass aber auch ihnen je zwei Epithelwülste zukommen, welche paraneural hinter dem letzten Kiemenpaare gelegen sind. An dieselben schließt sich nach hinten ein hohes, krausenartiges Epithel an, welches die Mantel- wand des hintersten Raumes der Kiemenhöhle überzieht und desshalb als palliale Krause bezeichnet werden mag. Auf Querschnitten von Acanthochiton aus der Region hinter den letzten Kiemen bildet das erhöhte Epithel einen Bogen, welcher jeder- seits etwa an der oberen Hälfte der Leibeswand beginnt und über die ganze Mantelwand der Kiemenhöhle hinabreicht (Fig. 77 mg). Es besitzt hier beinahe dieselbe Höhe wie die Krausen bei Ch. laevis. Der aus gehäuften Fadenzellen bestehende Epithelwulst stellt das innere Ende der pallialen Krause an der Leibeswand dar und liegt vom Central- nervenstrange ziemlich entfernt. Die Fadenzellen der pallialen Krause sind bei Acanthochiton weit spärlicher vertreten als bei Ch. laevis; sie stehen nur an den Ecken der durch gegenseitigen Druck polygonal ge- formten Drüsenzellen, wie aus quergetroffenen Stellen der Krause zu entnehmen war. Das nämliche Verhalten war auch den epibranchialen Krausen von Ch. cajetanus eigen. Eine etwas geringere Ausbreitung der pallialen Krause fand ich bei der mit Ch. Polii sehr nahe verwandten Species von Faro. Hier liegt der Epithelwulst eben so wie bei den zwei folgenden Species wieder unmittelbar unter dem Centralnervenstrange; daran schließt sich die palliale Krause von gewöhnlichem Baue und erstreckt sich bis an jenen Gewebswulst hinab, welcher die Bauchfläche des Mantelran- des von der Kiemenhöhle trennt (Fig. 78 mg). Die Krause wird hier nieht mehr so hoch wie bei Ch. laevis und enthält auch weniger Faden- zellen. Die Faltungen, welche ich an ihr mitunter beobachtete (Fig. 78), dürften nur eine zufällige Erscheinung sein, veranlasst durch die Kon- traktion des Mantelrandes. Dies wird dadurch noch wahrscheinlicher, dass diese Falten keine Symmetrie zeigen und bei einem zweiten Exemplare derselben Species, welches ich untersuchte, kaum eine An- deutung davon vorhanden war. — Bei Ch. Polii ist die palliale Krause sehr ähnlich gestaltet, nur dass sie noch niedriger bleibt und an der Mantelwand nicht ganz so weit hinabsteigt. Die paraneural gelegenen Epithelwülste sind hier gut ausgeprägt, eben so bei Ch. sieulus. Bei letzterer Species ist jedoch die palliale Krause noch mehr reducirt; sie bleibt sehr niedrig; in einiger Entfernung vom Epithelwulste unterschei- det sie sich kaum vom gewöhnlichen niedrigen, drüsenreichen Epithele. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 31 466 Jos. Blumrich, Es ist von vorn herein klar, dass Epithelien der Kiemenhöhle, welche durch einen so eigenthümlichen histologischen Bau ausgezeich- net sind und eine so große Ausbreitung erlangen können, auch eine wichtige physiologische Rolle spielen werden. B. Harzer, welcher nur die Epithelkrausen von Ch. laevis gesehen hat, legte auf das Vor- handensein der zahlreichen Drüsenzellen in denselben das Haupt- gewicht, und es erschien ihm wahrscheinlich, dass das Sekret dersel- ben zu den Geschlechtsprodukten in Beziehung stehe. Dem gegenüber möchte ich bei der Beurtheilung der Organe nicht so sehr die Drüsen- zellen in den Vordergrund stellen als vielmehr die Fadenzellen, indem ich an den sehr klaren Präparaten von Ch. laevis die Beobachtung machte, dass sich an die Fadenzellen der paraneuralen Krausen direkt vom nahen Kiemeneingeweidenervenstrange kommende Nervenfasern ansetzen. Am leichtesten jedoch lässt sich die Innervirung der para- neural gelegenen Epithelwülste verfolgen, zu denen ich bei Ch. laevis und siculus, wo ich der Sache genauer nachging, sehr zahlreiche Nervenfasern hinziehen sah. Zwischen den beiden Gentralnerven- strängen und den Epithelwülsten befindet sich immer ein lockeres, ‚maschiges Gewebe, dessen Lücken mit geronnener seröser Flüssigkeit erfüllt sind, innerhalb welcher die aus dem Inneren der Centralnerven entspringenden Nervenfasern sehr deutlich sichtbar waren. Die Basal- fläche des Epithelwulstes ist stets vom darunter liegenden Gewebe scharf abgesetzt, und dieser Umstand ist besonders günstig für die Konstatirung des Übertrittes der Nervenfasern in den Epithelwulst, innerhalb dessen sie noch eine Strecke weit zu verfolgen waren. Die Sache liegt hier jedenfalls so, dass die Nervenfasern mit den Faden- zellen in Verbindung treten, welchen die keuligen, in einen Bogen gestellten Zellkerne angehören. Demnach sind diese Epithelwülste eigentlich als Sinneshöcker zu bezeichnen. Die Innervirung der vom Centralnervenstrange entfernteren Epithelkrausen habe ich nicht un- zweifelhaft wahrnehmen können, doch findet sie vermuthlich auch hier statt, wenn auch vielleicht nicht zu jeder einzelnen Fadenzelle eine Nervenfaser hinführt. Die Sinneshöcker bestehen aber unzweifelhaft aus einer Anhäufung von Sinneszellen, wie aus den zahlreichen sie versorgenden Nervenfasern hervorgeht; zwischen diesen Sinneszellen befinden sich noch anders geartete Zellen, deren rundlicher Kern tiefer gelegen ist, und welche als Drüsenzellen zu deuten sein dürften, worauf ja schon der Umstand hinweist, dass die Sinneshöcker unmittelbar in die drüsenreichen Krausen übergehen. Was die Funktion dieses Sinnesorgans anbelangt, so kann seine Lagerung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass: es zur Das Integument der Chitonen. 467 Athmung in Beziehung steht und demnach als Geruchsorgan anzu- sprechen sein wird. Wenn auch die Epithelkrausen Geruchsempfin- dungen vermitteln, so werden doch die Sinnes- oder Geruchshöcker den hauptsächlichsten Theil des Geruchsorgans ausmachen. Nach der Ausbildungsweise ihres Geruchsorgans sondern sich die von mir untersuchten Chitonen in zwei Gruppen. Zur ersteren gehören Ch. laevis und Ch. cajetanus, bei denen das Geruchsorgan in vier para- neural gelegene Geruchshöcker und je zwei parietale und paraneurale Geruchskrausen sich gliedert, von denen letztere als epibranchiale Krausen sich in größerer oder geringerer Erstreckung auf die proxi- male Seite der Kiemen fortsetzen. Die zweite Gruppe bilden Ch. sicu- lus, Ch. Polii und sein Verwandter und Acanthochiton, wo das Geruchs- organ nur aus zwei paraneural gelegenen Geruchshöckern und einer pallialen Geruchskrause sich zusammensetzt. Bemerkenswerth ist, dass hier von den parietalen und paraneuralen Krausen sowie von den epi- branchialen Krausen keine Spur vorhanden ist. Chiton laevis und Ch. cajetanus haben nur wenige Kiemen (unter 20), welche auf die hintere Körperhälfte beschränkt sind, während die Chitonen der zweiten Gruppe zahlreiche (über 20) Kiemen besitzen, welche weit nach vorn reichen, woraus hervorgeht, dass die Ausbildungsweise des Geruchs- organs mit der Zahl und Anordnung der Kiemen in einer gewissen Beziehung steht. SpEnGEL (in seiner Arbeit: »Über die Geruchsorgane und das Ner- vensystem der Mollusken«, diese Zeitschr., Bd. XXXV) vermuthete in dem braun pigmentirten Epithel, weiches er an der äußeren Basis der Kiemen wahrnahm, ein Geruchsorgan, setzt jedoch selbst Zweifel in seine Vermuthung, da alsdann das Geruchsorgan der Chitonen an der Seite des abführenden Kiemengefäßes liegen würde, während es bei allen Prosobranchiern die Seite des zuführenden Gefäßes einnimmt. Ein den Prosobranchiern entsprechendes Verhalten offenbart sich nun aber thatsächlich in den epibranchialen Geruchskrausen bei Chiton cajetanus und Ch. laevis, welche an der inneren Seite der Kiemen, also an der Seite der zuführenden Kiemengefäße liegen. Demnach zeigen diese Chitonen eine Verwandtschaft zu den Prosobranchiern. Indessen macht die epibranchiale Krause selbst bei Ch. cajetanus, wo sie am mächtigsten entwickelt ist, nur einen Theil des Geruchsorgans aus, der größere Theil desselben, und darunter die Geruchshöcker, ist hier eben so wie das gesammte Geruchsorgan der Chitonen der zweiten Gruppe aus dem Bereiche der zuführenden Kiemengefäße gerückt. Das Epithel der Fußsohle schwankt in Bezug auf seine Höhe bei den einzelnen Chitonspeeies. Das höchste Epithel der Fußsohle fand 31* 468 i Jos, Blumrich, ich bei Acanthochiton. Die Zellen, aus denen es besteht, sind zwei- facher Art (Fig. 80). Die einen sind sehr dünn mit langen schmalen, in verschiedener Höhe liegenden Zellkernen (fz). An der Basis sind sie hell, gegen das freie Ende zu wird ihr Plasma dunkler gefärbt und ist zu Körnchen geballt. Außerdem sieht man noch runde, grundständige Zellkerne, welche schmalen Drüsenzellen anzugehören scheinen, die zwischen die dicht gestellten Stützzellen eingestreut sind (dz). Das Epithel der Fußsohle ist mit einem ziemlich starken cuticularen Saume versehen. Als die Grundform der ektodermalen Epithelien bei ab Chitonen sind wohl jene Epithelien hinzustellen, welche aus zweierlei Zellele- menten, aus Faden- und Drüsenzellen, bestehen und einen bloßen cuticularen Saum besitzen, wie es beim Epithel der Fußsohle, dem drüsenreichen Epithel der Fußwand und den Geruchskrausen der Fall ist. Davon entfernt sich zunächst das kubische Flimmerepithel, wel- ches vornehmlich die Mantelwand der Kiemenhöhle überkleidet und nur stellenweise Drüsenzellen enthält. Von der Grundform weicht aber das Mantelepithel am weitesten ab. Es setzt sich der Hauptsache nach aus einer Art von Zellen allein zusammen, welche eine sehr mächtige Cutieularbedeckung besitzen. Dieselbe ist entweder chitinig, wie die »Cuticula« und das Tegmentum, oder kalkig, wie das Articulamentum und die Stacheln. Die Drüsenzellen sind im Mantelepithel auf gewisse Stellen (die Ästheten und die Mehrheit der Be Papillen) beschränkt. Prag, im Januar 1891. Nachschrift. Während der Drucklegung dieses Aufsatzes wurde ich durch den zoologischen Jahresbericht für 1889 auf eine Schrift aufmerksam, welche diein den Schalen verschiedener Mollusken enthaltenen augenähnlichen Organe zum Gegenstande hat, doch war es mir leider nicht mehr mög- lich, mir die Originalarbeit zu verschaffen, wesshalb ich mich mit einem einfachen Hinweise auf dieselbe begnügen muss. Der Titel derselben lautet: Tenıson-Woons, »On the anatomy and life history of Mollusca peculiar to Australia«. Proc. R. Soc. N. S. Wales. Vol. XXI. p. 106 —187. T. 3—1%. Darin theilt der Verfasser mit, dass er augenähn- liche Organe, wie sie zuerst MoseLey von gewissen Chitonen beschrie- ben hat, bei einer sehr großen Zahl von Gastropoden und Lamelli- Das Integument der Chitonen. 469 branchiaten aufgefunden habe. Er sah in den Schalen dieser Mollusken außer den Augen noch zahlreiche, sie versorgende Nerven (wohl unseren Fasersträngen entsprechend) und ein gangliöses Gewebe, welches an Masse das Cerebralnervensystem übertraf. Da nun schon seit längerer Zeit auch in den Schalen der Brachiopoden den Ästheten der Chitonen ähnliche Gebilde bekannt sind, so lehren die neueren Forschungen, dass die Verbreitung dieser eigenthümlichen Organe bei den beschalten Mollusken eine sehr allgemeine ist. Der Umstand, dass Tenıson-Woops augenähnliche Organe erwähnt, welche tief in der Schale stecken, und selbst solche, welche auf der Innenseite der Schale sich befinden, lässt wohl den Zweifel aufkommen, ob man es in allen Fällen mit wirklichen Augen zu thun hat. Benutzte Litteratur. 1. J. F. van BENNMELEN, Over den bow der schelpen van Brachiopoden en Chitonen. Proefschrift. 1882. 2. L. GrAFF, Anatomie desChaetoderma nitidulum. Diese Zeitschr. Bd.XX VI. 1876. 3. B. HALLErR, Die Organisation der Chitonen der Adria. II. Arbeiten aus dem zool. Inst. Wien. 1884. 4, A. Hansen, Neomenia, Proneomenia und Chaetoderma. Bergens Mus. Arsb. 4888. 5. A. Kowarevskı, Neomenia corallophila. 1881. (Russisch.) 6. H. N. Moserey, On the Presence of Eyes in the Shells of certain Chitonidae and on the Structure of these Organs. Quart. Journal of Micr. Science. 1885. 7. F. REinckE, Beiträge zur Bildungsgeschichte der Stacheln im KEANE DB der Chitonen. Diese Zeitschr. Bd. XVIII. 1868. 8. J. W. SpEnGEL, Die Geruchsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Diese Zeitschr.- Bd. XXXYV. 4881. 9. J. TuıeLe, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem der Mol- lusken. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 1889. 40. A. Wiren, Mittheilungen über den Bau von Chaetoderma nitidulum. Verh. des biol. Vereins. Stockholm 4890. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Fig. 4. Ein Theil der vorderen Körperhälfte von Chiton siculus Gray. Schalen I—IV; ae, Mittelfeld; al, Seitenfeld; rp, Rippen und %, Kiel des Mittelfeldes; mr, Mantelrand ; sch, Schuppenstacheln; ss, borstenförmige Saumstacheln. Vergr. 12/1. 470 Jos. Blumrich, Fig. 1a. Acanthochiton fascicularis Monter. k, feingeriefter Kiel der II. bis VIII. Schale; al, Seitenfelder, mit regelmäßig vertheilten ovalen Tegmentalhöckern besetzt (welche in der Zeichnung etwas zu spärlich ausgefallen sind); sb, Stachel- büschel des Mantelrandes; ss, Saumstacheln. Vergr. 6/1. Fig. 2 und 3. Abgehobene Schalen von Chiton Polii Phil. I,II. und VIII. Schale, in Fig. 2 von außen, in Fig. 3 von innen gesehen. ti, Tegmentum; k, Kiel; ap, das Tegmentum überragende Apophysen des Articulamentums; i, Incisuren und n, Nahtlinien des Articulamentums; ad, Abdruck der Apophyse von der nächst hin- teren Schale; rn, Grenzrinne zwischen Articulamentum und Tegmentum der VIII, Schale. Vergr. 6/1. Fig. 4. Schalen I, I und VIII von Acanthochiton fascicularis (großes Exem- plar). %, Kiel; {, Tegmentum;; i, Incisuren des Articulamentums; ap, Apophysen; a, vorspringender Saum des Articulamentums der I. Schale. Vergr. 8/1. Fig. 5. Vertheilung der Ästheten im Tegmentum von Chiton siculus (schema- tisch). Je einem Punkte entspricht die Gruppe der Chitinkappen eines Ästhetes. In der ganzen I. Schale und den Seitenfeldern der übrigen stehen die Ästheten in alternirenden radialen und koncentrischen Reihen, in den Mittelfeldern verlaufen ihre Reihen in der Richtung der Rippen. mr, Mantelrand; al, Seitenfeld; rp, Rippen des Mittelfeldes; k, Kiel. Bedeutung der in Taf. XXIV—XXVI wiederholt gebrauchten Buchstaben. a, Articulamentum; mi, Mikrästheten; ae, Körper des Ästhetes; ms, Mantelsaum; äk, ästhetenbildende Mantelkante; mk, Mikrästhetenkappe; bk, Kern der Bildungszelle; mz, Zellkerne am Grunde der Mikrästhe- bl, blutgefäßartiger Hohlraum; ten; bs, Bildungszelle der Scheitelkappe ; n, Kiemeneingeweidenervenstrang; c, Cuticula der Rückenseite des Man- np, Pedalnervenstrang; tels; p, Fuß; c', Cuticula der Bauchseite des Man- per, Periostracum; tels; s, Stacheln; dz, drüsenähnliche Zellen; sk, Scheitelkappe; e, Mantelepithel; ti, Tegmentum; ep, stachellose Papillen des Mantelepi- ih, Tegmentalhöcker; thels; v, gesimsartiger Mantelvorsprung; f, helle Fasern; w, Gewebswulst; fs, Faserstrang; zg, Gruppe von Zellkernen am Grunde l, Leibeshöhle; der Ästheten. m, Mantelgewebe; Tafel XXIV. Fig. 6. Chiton siculus; acht Gruppen von Chitinkappen, welche je einem Asthete angehören. Die Scheitelkappen (sk) sind zu einander in Quincunces gestellt, die kleineren Kappen der Mikrästheten (mk) bilden in jeder Gruppe drei parallele Züge; der centrale Zug (cz) enthält die Scheitelkappe, seitlich davon liegen der rechte und linke Seitenzug (rz, !z). vk, versprengte Mikrästhetenkappen. Fig. 7. Gruppe der Chitinkappen eines Tegmentalhöckers von Chiton Poli. z, Züge der Mikrästhetenkappen. Das Integument der Chitonen. 471 Fig. 8. Acanthochiton fascicularis. Ein Stück eines von Mantelgewebe be- .grenzten Seitenfeldes in der Flächenansicht. Die Tegmentalhöcker (th) sind in Quin- cunces gestellt; in der Mitte ihrer Oberfläche liegen die Kappen der Ästheten (mk, sk). Der scharfe Kontour der Tegmentalhöcker bei tiefer Einstellung ist an einigen als punktirte Linie eingetragen. Die beiden Wülste des Mantelepithels (wi) haben den zwischen ihnen gelegenen Tegmentalhöcker abgeschieden. Der Spalt im Man- telgewebe (sp) ist die Bildungsstätte eines neuen Höckers. Faserstränge (fs) und Ästheten (ae) entspringen an der Unterseite des Mantelgewebes (m). mi’, Mikrästhe- ten, welche mit keinem Ästhetenkörper in Verbindung stehen. Dem Körper der Ästheten (ae) sitzt entweder nur ein Megalästhet (M) auf, oder außerdem noch ein bis zwei Mikrästheten (mi). Fig. 9. Ästhet von Chiton Polii. Die hellen Fasern (f) steigen theils zwischen den drüsenähnlichen Zellen«(dz) bis unter die Scheitelkappe (sk) auf — ihnen ge- hören die länglichen Kerne (fk) an —, theils führen sie seitlich an den Ursprung der Mikrästheten (mi) hin; diesen gehören die Zellkerne mz an. X, oberflächlich ge- lagerte Kerne des Faserstranges (fs); pl, Plasmanetz. Fig, 40. Ästhet von Chiton siculus. Das von der Scheitelkappe (sk) bedeckte Megalästhet (M) enthält die oberen Enden mehrerer drüsenähnlicher Zellen (dz), eben so in Fig. 9, 44 und 12. Die Zellkerne am Grunde der Ästheten stehen zu den hellen Fasern in Beziehung. &', oberflächlich gelagerter Kern des Faserstranges (fs). Fig. 44. Ästhet von Chiton laevis Monter. Eine Anzahl Mikrästheten (mi) ent- springt gemeinsam von einem horizontalen Ausläufer (ha) des Ästhetes. Das übrige wie in Fig. 40. Fig. 42. Ästhet von Chitonellus sp.? Hier zweigen sich gar keine Mikrästheten ab, das Megalästhet (M) ist allein vorhanden. Fig. 13. Frühes Bildungsstadium eines Ästhetes von Chiton Polii. Aus der Zell- wucherung auf der ästhetenbildenden Mantelkante (äk) geht das Ästhet hervor. Der Zellhaufen beginnt sich in drüsenähnliche (dr) und fadenförmige (f) Zellen zu differenziren; ihm lagert die große Bildungszelle der Scheitelkappe (ds) mit ihrem runden Zellkerne auf. Die junge Tegmentalsubstanz (2) zeigt eine intensiv gelbe Färbung. Tafel XXV. Fig. 44, Zwei ältere Entwicklungsstadien der Ästheten von Chiton Polii. Im Körper des oberen, jüngeren Ästhetes ist die Differenzirung seiner Inhaltszellen schon weiter gediehen als auf Fig. 43; die Scheitelkappe (sk) ist vollendet und ihre Bildungszelle (dk) wandert nach abwärts. Das untere etwas ältere Ästhet ist bereits völlig ausgebildet; sein Faserstrang (fs), in welchen die Bildungszelle der Scheitel- kappe (bk) hinabgelangt ist, hat schon eine ziemliche Länge erreicht. Das Epithel e’ liefert die kernhaltige Hülle an den Fasersträngen. mi’, in Bildung begriffenes Mikrästhet auf der Spitze der ästhetenbildenden Mantelkante (äk). Fig. 45. Ästhetenbildung bei Chiton laevis. Zwei Ästheten mit verschieden weit vorgeschrittener Differenzirung ihrer Inhaltszellen. bs, Bildungszelle der Schei- telkappe, welche hier ihren Ort nicht zu verändern scheint. Fig. 46. Ästhetenbildung und Entstehung der Tegmentalhöcker in den Seiten- feldern bei Acanthochiton fascicularis. wt, quergetroffener Epithelwulst, welcher den angrenzenden Tegmentalhöcker (th) abgeschieden hat, in welchen ein junges Ästhet von der ästhetenbildenden Mantelkante (äk) aus hineinreicht. Fig. 47. Querschnitt durch Chiton Polii in der Gegend einer Schaleninecisur, 472 | Jos. Blumrich, Daselbst fehlt der gesimsartige Mantelvorsprung (v) zwischen Articulamentum und Tegmentum, daher gelangen die Faserstränge (/s) auf die Sohle des Articulamentums. Tafel XxXVI, Fig. 48. Querschnitt durch Acanthochilon fascicularis iin der Gegend eines Stachelbüschels (sb). Der Mantelrand ist sehr mächtig entwickelt. Das Stachel- büschel (sd) ist einer tiefen Grube des Mantelgewebes eingesenkt, nur die äußeren Stacheln desselben bei s sind vollkommen entwickelt. Die Apophyse des Articula- mentums (a) reicht weit ins Mantelgewehe vor. Die Tegmentalhöcker (th) greifen nicht auf den Kiel (k) über. Zu den Ästheten (ae) des letzteren führen Faserstränge (fs) hin, welche das Articulamentum durchsetzen. Fig. 19. Querschnitt durch Chiton Polii seitlich von einer Schalenineisur. Die Faserstränge (fs) fußen auf dem gesimsartigen Mantelvorsprung (v) und ziehen an der Grenze zwischen Articulamentum und Tegmentum zu den Ästheten (ae) hin. Fig. 20. Querschnitt durch Chiton laevis zwischen zwei Kiemen seitlich von einer Schalenincisur. In den schwach entwickelten Mantelrand (mr) reicht das Articulamentum (a) nicht weit vor. Bei ae ist eine Nahtlinie getroffen; zu den Ästhe- ten /ae), welche in ihr liegen, führen Faserstränge vom dorsalen Mantelgewebe durch das Articulamentum (a). ng, paraneurale Geruchskrause; /g, parietale Ge- ‚ruchskrause; ka, kv, Kiemenarterie und -vene. B Fig. 21. Zwei Querschnitthälften durch Chitonellus sp. In der rechten Hälfte erscheint eine Schale getroffen, die linke stammt aus der Region zwischen zwei - Schalen. Die Stelle ms der mächtig entwickelten Cuticula entspricht dem Mantel-- saume der Chitonen. Der rudimentäre Fuß (p) liegt in einer ventralen, Furche. Fig. 22. Mantelepithel unterhalb eines Schuppenstachels von Chiton siculus. Bedeutung derin den Taf. XXVII-XXX wiederholt gebrauchten Buchstaben. b, Chitinbecher; js, junger Stachel; bk, Kern der Bildungszelle; k, Zellkern; bp, chitinige Basalplatte; Ip, chitinige Seitenplatte; bz, Bildungszelle des jungen Stachels; m, Mantelgewebe; 6; dorsaler Thon der Cuticnla: pb, gestieltes plasmatisches Bläschen ; c', ventraler) . r, Chitinring; cy, CGylinderzellen; rf, Riefen ; ds, Rückenstachel; ’ s, Schaft des Stachels; e, Mantelepithel; sf, Scheide des Plasmafadens; ek, Endkölbchen; sh, Stachelhäutchen; ep, stachellose Epithelpapille; sp, stacheltragende Papille; es, Scheibchen des Endkölbchens; ss, Saumstachel,; f, heller Plasmafaden; sz, Scheibchen des Zapfens; fr, der Cuticula aufgelagerte Fremdkörper; vs, Bauchstachel; i, organischer Inhalt; | z, Zapfen des Chitinbechers. Tafel XXVII. ChitonPolii. Fig. 23. Unentkalkter dünnbecheriger Rückenstachel. Fig. 24. Langbecheriger Rückenstachel, unentkalkt. Fig. 25. Bauchstachel, aus der Nähe des Mantelrandes; unentkalkt. Das Integument der Chitonen. 473 Fig. 26. Saumstachel, unentkalkt. Fig. 27. Gruppe völlig ausgebildeter dünnbecheriger Rückenstacheln. Die stacheltragenden Papillen (sp) sind ins Mantelgewebe eingesenkt. Der Plasmafaden des einen, weit abgehobenen Stachels entspringt aus einer Papille (sp’'), welche den stachellosen (ep) gleicht, und ist oben von einer kernhaltigen Scheide (sf}) umgeben. Der mittlere Stachel ist seitlich angeschnitten, so dass sein Endkölbcehen und der Zapfen nicht sichtbar sind. Fig. 28. Mantelsaum. Der Plasmafaden (f), welcher zum Endkölbchen (ek) des fertigen Saumstachels (ss) hinführt, liegt in einer kernhaltigen Scheide (sf). Am, Zapfen des Chitinbechers (z) und dem Endkölbchen (ek) hebt sich ein deutliches Scheibchen (sz) ab. ss’, ein der Vollendung naher Saumstachel, dessen Becher (b) schon stark verdickt ist. Der Plasmafaden (f’) zwischen den beiden Bauchstacheln (vs) ist von einem abgestoßenen Stachel zurückgeblieben. Fig. 29. Gruppe langbecheriger Rückenstacheln. Am großen Stachel ist der Chitinbecher (b) völlig entwickelt, der Ring (r) und das Endkölbchen (ek’) sind noch in Bildung begriffen. Die Bildungszelle (ek’) des Stachels hat sich vom Zapfen (z) des Bechers abgelöst und das Scheibchen des Endkölbchens schon .abgeschieden. Daneben ist im Inneren einer Papille ein sehr junger Saumstachel (js) sichtbar, welcher seiner Bildungszelle (dz) aufruht. Der dritte alte Stachel ist nur ange- schnitten. Fig. 30. Ein junger, von der Papille (sp) noch umschlossener Bauchstachel (js); darunter ein weit abgehobener und stark abgenutzter, alter Bauchstachel. Fig. 34. Junger, von der Papille (sp) noch umhüllter Rückenstachel (js). Seine Bildungszelle (bz) und die sie umgebenden cylindrischen Zellen (cy) ruhen in einer Gewebseinsenkung. Fig. 32. Etwas älterer Rückenstachel, welcher die Papille (sp) durchbrochen hat und in die Cuticula (c) eindringt; sein Inneres enthält reichliche gelbe Substanz. Fig. 33. Ein junger und ein alter Bauchstachel; dem jungen (js) haftet eine sanduhrförmige Bildungszelle (dz) an. Das Stachelhäutchen (sh) des älteren Stachels (vs) ist theilweise abgenutzt; an der Austrittsstelle seines Plasmafadens (f) aus der Papille liegt ein länglicher Zellkern (k). Fig. 34. Vorgeschrittenes Stadium eines jungen Rückenstachels. So weit die große, verkehrt kegelförmige Bildungszelle (bz) den Becher (b) berührt, ist er in- tensiv gelb gefärbt. Im Inneren des Schaftes (s) sind wie in den fertigen Stacheln Schichten einer gelben Substanz quer ausgespannt. Fig. 35. Weit vorgeschrittenes Entwicklungsstadium eines dünnbecherigen Rückenstachels. Die Bildungszelle ist bedeutend reducirt und steht im Begriffe, das Endkölbchen (ek’) zu bilden, Fig. 36. Gestielte Bläschen (pdb) von gewissen stachelfreien Stellen nahe der ästhetenbildenden Mantelkante; sie liegen in verschiedener Höhe in der Cuticula (ec) und sind durch helle Plasmafäden (f) mit Epithelpapillen (ep) verbunden. Tafel XXVIII. Chitonellussp. Fig. 37. Rückenstachel, unentkalkt. Fig. 38. Bauchstachel, unentkalkt. Fig. 39. Chitinring eines Saumstachels, schief von oben gesehen. Fig. 40. Saumstachel, unentkalkt, bei mittlerer Einstellung. Sein vom Stachel- l:äutchen (sh) überkleideter Schaft (s) besteht aus einer Anzahl paralleler, horizon- 474 Jos, Blumrich, taler Schichten, welche eine zarte, durchgehende Längsstreifung zeigen. Der Chi- tinbecher (b) geht allmählich ins Stachelhäutchen (sh) über. Fig. 44. Gruppe entkalkter Rückenstacheln von einem in Alkohol gehärteten Präparate. Die stacheltragenden Papillen (sp) sind ins Mantelgewebe eingesenkt. r', Aussehen des Chitinringes bei hoher Einstellung; r, Ringe im optischen Durch- schnitte gesehen; sh’, ein erhalten gebliebenes Stück des Stachelhäutchens; i, längs- gestreifter organischer Inhalt eines jüngeren Stachels. Fig. 42. Saumstachel. Sein Chitinbecher (b) trägt einen gerieften Zapfen (z). . Der Ring (r) erscheint bei Saumstacheln unten wie zerfasert. Acanthochiton fascicularis. Fig. 43. Zwei Bruchstücke eines unentkalkten großen Stachels vom Rande eines Stachelbüschels. Als innere Struktur lässt der Schaft (s) eine feine Längs- streifung erkennen. Fig. 44. Dünner Rückenstachel. Fig. 45. Ein aus vielen Theilstücken bestehender Ring eines Saumstachels von oben gesehen. Fig. 46. Ein Bauchstachel, unentkalkt; der Ring (r, im optischen Durchschnitte gezeichnet) ist schief abgestutzt. Fig. 47. Ein Theil von der oberen Wandung einer Stachelbüschelgrube; e;, e, 3, verschiedene Entwicklungsstadien von großen Stacheln. sı, s9, zwei vollendete, schwächere Stacheln. Fig. 48. Ein Stück des Grundes einer Stachelbüschelgrube, wo sich nur im Wachsthume begriffene mit einer Bildungszelle (bz) versehene Stacheln vorfinden. Fig. 49. Gruppe von Bauchstacheln; zwei Papillen entsteigt der Plasmafaden je eines gestielten plasmatischen Bläschens (pb). Fig. 50. Ganz junger Bauchstachel (s’), welcher noch in der, einen fertigen Stachel tragenden Papille eingeschlossen ist und einer Bildungszelle (dbz) aufruht. Chiton siculus. Fig. 54. Flächenansicht eines unentkalkten Schuppenstachels, welcher mit Reihen von Höckerchen (rh) besetzt ist. Die rautenförmige Basalplatte ist in ihrem Umrisse durch eine Punktirung angedeutet. Fig. 52. Schuppenstachel, central in der Richtung der kürzeren Diagonale der rautenförmigen Basalplatte (bp) durchschnitten. Die chitinige Basalplatte trägt einen kleinen Zapfen (z) über dem Endkölbchen (ek), welches in der stacheltragen- den Papille (sp) dem Mantelgewebe unmittelbar aufsitzt. Die Seitenplatte (!p) schließt am proximalen Ende einen rechten Winkel mit der Basalplatte ein. Der organische Inhalt () des Stachels zeigt eine aufsteigende Faserung. Tafel XXIX. Fig. 53—60 beziehen sich auf Chiton siculus, Fig. 64—63 auf Chiton laevis. Fig. 53. Theil eines Flächenschnittes durch den Mantelrand, so dass die Schup- penstacheln parallel zur Basalplatte und etwas oberhalb derselben getroffen er- scheinen. Die Seitenplatten (lp) zeigen die Gestalt eines Bogens, an dessen Enden je eine Papille (ep) gelegen ist. Der Mitte der Seitenplatten gegenüber liegt die den Schuppenstachel tragende Papille (sp), welche in einem Falle das Endkölbchen enthielt. Zwischen den einzelnen Stacheln ist die Guticula (c) nur spärlich ver- treten, Das Integument der Chitonen. 475 Fig. 54. Querschnitt durch einen sehr jungen, von zwei Epithelwülsten über- wallten Schuppenstachel {s‘). Der alte Stachel, welcher durch den neuen ersetzt wird, erscheint hoch abgehoben. Fig. 55. Zwei ältere Entwicklungsstadien (e,, e) von Schuppenstacheln. Die Epithelwülste (w, w und w’, w’) liegen an den Enden der jungen Stacheln. Die er- höhten Stellen des Epithels (p, p’) an der Basis der jungen Stacheln liefern viel- leicht die stacheltragende Papille. Die Basalplatten sind noch nicht gebildet; am älteren Stadium (e) beginnt der eine Epithelwulst (w’) die Seitenplatte abzu- sondern. Fig. 56. Gruppe niederliegender Bauchstacheln, unentkalkt; an einer Reihe ist die innere Struktur dargestellt. Fig. 57. Gewöhnlicher Saumstachel, unentkalkt, mit Oberflächenskulptur; A, in der Rücken-, B, in der Seitenansicht. Fig. 58. Derselbe Saumstachel bei mittlerer Einstellung mit innerer Struktur. Fig. 59. Typische Gruppe eines langbecherigen und zweier kurzbecheriger Saumstacheln, unentkalkt. Der gertenförmige Chitinbecher (db) des langbecherigen Stachels ist von einem Kanale durchzogen und trägt einen winzigen Schaft (s). ca, chitinige Kapsel, das Endkölbchen umhüllend. Fig. 60. Die drei Arten der Saumstacheln (7, II, III) in ihrer natürlichen Stel- lung. ZI, gewöhnlicher, I//, kurzbecheriger, III, langbecheriger Saumstachel. Die Papillen (sp) der beiden letzteren sind lang ausgezogen. ca, Bedeutung wie in Fig. 59. Fig. 64. Eineältere und eine vom Mantelsaume her sich darunter schiebende jüngere Reihe von Bauchstacheln. S, letztgebildeter, js, jüngster Stachel der neuen Reihe; dz, Drüsenzelle einer stacheltragenden Papille, deren Inhalt durch die Kon- servirung nicht zerstört war. Fig. 62. Ein ausgebildeter Bauchstachel. Fig. 63. Quer durchschnittene Bauchsitacheln, welche in verschiedener Höhe der Cuticula (c’) liegen, oft zu zweien über einander (entsprechend Fig. 61). Tafel XXX. Fig. 64—76 Chiton laevis. Fig. 64. Drei Schuppenstacheln. Die rautenförmige Basalplatte (dp) ist in der Richtung der kleineren Diagonale durchschnitten ; nur der mittlere Stachel ist cen- tral getroffen. Fig. 65. Schuppenstachel, in der Richtung der größeren Diagonale der Basal- platte (bp) central vom Schnitte getroffen, Fig. 66. Frühes Bildungsstadium eines Schuppenstachels (js) ohne besondere Bildungszelle. Fig. 67. Älteres Entwicklungsstadium eines Schuppenstachels unterhalb eines schon weit abgehobenen Stachels. Der organische Inhalt () des entkalkten Schaftes ist reichlich vorhanden. Die Basalplatte ist noch nicht angelegt. Fig. 68, Ein älterer und ein jüngerer Saumstachel gewöhnlicher Art (/) ; der jüngere ruht einer Bildungszelle (bz) auf. Fig. 69, Mantelsaum. Langbecheriger Saumstachel (II/), vollständig ausgebil- det, Der lange Becher (b) ist von einem Kanale durchzogen. Der röhrenförmige Ring (r) umschließt eine Kapsel (ca), innerhalb welcher, auf einem dunklen Scheib- chen ruhend, das Endkölbchen gelegen ist. II, kurzbecheriger Saumstachel; o, zell- kernhaltiges Bläschen, welches einem Saumstachel II, Art angehört, Fig. 70. Mantelsaum. I, gewöhnlicher, I/, zwei kurzbecherige, III, ein lang- 476 Jos. Blumrich, Das Integument der Chitonen. becheriger Saumstachel, dessen Ring (r) und die von ihm umschlossenen Theile zur Anlage kommen; der Kern der Bildungszelle (bz) ist noch sichtbar. sp, Ge- webestrang, hervorgegangen durch die Verschmelzung der Papillen der mit ihm verbundenen Stacheln. Das Endkölbchen (ek) dieser Stacheln liegt in einem ovalen zellkernhaltigen Bläschen (o). Fig. 71. Kubisches Epithel von der Mantelwand der Kiemenhöhle (mit ge- stricheltem Saume). Fig. 72. Drüsenreiches Epithel von der Fußwand der Kiemenhöhle. st, Stütz- zellen ; dz, Drüsenzellen. Fig. 73. Ein Theil des parietalen Geruchsepithels. dz, Drüsenzellen mit gekör- neitem Inhalte; fz, fadenförmige Zellen mit starkem, gestricheltem Saume. Fig. 74. In etwa 3/4 seiner Höhe querdurchschnittenes Geruchsepithel. Die kernhaltigen Fadenzellen (fz) bilden ein Netzwerk, in dessen Maschen die Drüsen- zellen stehen. Fig. 75. Ausbreitung des Geruchsorgans in der Region der vorderen Riemen) eg, epibranchiale Geruchskrause, welche an der Seite des zuführenden Kiemenge- fäßes (ad) gelegen ist. /g, parietale Geruchskrause; k, Kieme; m, Kiemeneinge- weidenervenstrang; mr, Mantelrand; 1, Leibeshöhle; p, Fuß. Fig. 76. ine des Geruchsorgans in der Gegend der letzten Kieme. Der unterhalb des Centralnervenstranges (n) gelegene Geruchshöcker (gh) geht in die paraneurale Geruchskrause (pg) über, welche sich auf die Kieme (k) fortsetzt. Fig. 77. Ausbreitung des Geruchsorgans hinter dem letzten Kiemenpaare bei Acanthochiton. fascicularis. gk, Geruchshöcker, welcher in die palliale Geruchskrause (mg) übergeht, die bis zum Gewebswulste (w) des Mantelrandes sich erstreckt; d, Enddarm; np, Pedalnervenstrang; kh, Kiemenhöhle. Fig. 78. Geruchsorgan von Chiton Polii aus Faro bei Messina. a, Articulamen- tum ; i, Tegmentum. Bedeutung der übrigen Buchstaben wie in Fig. 77 Fig. 79. Geruchsorgan bei Chiton Polii aus Rovigno. a’, Apophyse der letzten Schale. Die übrigen Buchstaben wie früher. Fig. 80. Epithel der Fußsohle von Chiton siculus. p, Gewebe des Fußes; dz, Drüsenzellen; fz, fadenförmige Stützzellen mit einem cuticularen Saume (cs). Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. Von Dr. H. von Ihering. (Rio Grande do Sul.) Mit Tafel XXXI. I. Allgemeiner Theil. Die vorliegende Arbeit behandelt ein bisher noch kaum! studirtes _ Thema, welches gleichwohl nach den hier niedergelegten Erfahrungen für die Systematik der Knochenfische, für die Erkenntnis der natür- liehen Verwandtschaftsbeziehungen der einzelnen Gruppen von ganz hervorragender Bedeutung werden wird. Wohl fehlt es seit Brescarr und Hasse bis auf Rerzıus nicht an her- vorragenden Forschungen über das Gehörorgan der Fische, allein die- selben verfolgen andere Zwecke, suchen die vergleichende Anatomie und Histologie des Organs klar zu legen, behandeln aber nicht die Frage, ob im Gehörorgane Verschiedenheiten des Baues zum Ausdruck gelangen, welche für die zoologische Klassifikation wichtig werden können. Thatsächlich haben denn auch alle diese Arbeiten auf die Systematik keinerlei Rückwirkung geäußert, auch nicht Krızger’s Disser- tation über die Otolithen. Von einer anderen Seite her ist neuerdings diese Frage in Angriff genommen, einer der wenigen Fälle, in denen die zoologisch-paläonto- logische Forschung der zoologischen vorausgeeilt ist. Die Paläontolo- gen haben sich eingehend mit den fossilen Otolithen der Knochenfische befasst, weil in vielen Schichten diese Körper die einzig wohl erhal- tenen und zur Determination geeigneten Reste von Fischen repräsen- 1 So sagt Koken in der unten citirten Arbeit: »Es ist aber Sache des Zoologen, den vernachlässigten Otolithen zu ihrem Rechte zu verhelfen. 1. c. p. 275. 478 | H. von Ihering, tiren. Vor Allem ist es das Verdienst von Koren!, dieses Thema durch eingehende Untersuchungen gefördert zu haben, indem er dabei auch Vergleichsmaterial von lebenden Repräsentanten heranzog. Für die uns hier beschäftigenden Fragen genügt diese naturgemäß ein- seitige Behandlung nicht. Für paläontologische Zwecke sind nur die größeren, leichter zur Konservirung geeigneten Otolithen von Bedeu- tung, zumal also der Stein des Sacculus, die Sagitta. Für zoologisch- systematische Zwecke erweisen sich aber auch die kleineren und kleinsten Otolithen als zum Theil ausnehmend wichtig, so namentlich auch der Otolith der Lagena, der Asteriscus. Das Studium der Gehörsteine bildete auch den Anlass und Aus- gangspunkt dieses Aufsatzes. Vor sieben. Jahren untersuchte ich bei der Stadt Rio Grande prähistorische Wohnstätten der Indianer, sog. Sambaquys, Erdschichten, welche jetzt von Sand und dürftiger Vegeta- tion überdeckt, außer Kohlen, Topfscherben, einzelnen Steinwaffen etc. auch die Reste der Mahlzeiten der Urbewohner enthalten, um deren Studium mir es zumal zu thun war?. Von Fischen fanden sich an wohl erhaltenen Resten besonders zahlreiche Otolithen vor. Eine Sammlung der Otolithen der Fische, welche in Rio Grande auf den Markt ge- langen, ließ leicht die Bestimmung bewerkstelligen, welche besonders Arius Commersonii (Lapillus) und Pogonias chromis und Mieropogon undulatus (Sagitten) als reichlich vertreten erwies. Seit jener Zeit habe ich dem Gegenstande meine Aufmerksamkeit zugewandt. Trotzdem hat es mir jetzt, als ich mich an die Ausarbeitung machte, vielfach an gutem Material gefehlt. Der Grund hierfür liegt vor Allem in der ungenügenden Erhaltung der konservirten Fische, welche zwar für zoologische Untersuchung völlig gut erhalten sind, nicht aber für die Untersuchung der in der Schädelhöhle gelegenen Organe. Die besten Resultate erhält man bei Untersuchung von frischem Material. Ist ein Fisch aber in Alkohol konservirt ohne Freilegung des Gehirns, resp. Öffnung der Schädel- höhle, so findet man sehr oft die kleinsten Otolithen macerirt resp. aufgelöst. Bedenkt man, dass diese kleinen Kalkkörper, zumal der Asteriscus oft nur wenige Milligramm Gewicht haben, so ist leicht begreiflich, wie leicht bei geringster Ansäuerung des Alkohols ihre Auflösung erfolgen kann. Selbst wenn sie nicht gelöst wurden, sind 1 E. Koken, Über Fischotolithen. Zeitschr. der deutschen Geolog. Gesellschaft. 1884. p. 500—565 und Taf.IX— XI, sowie E. Koken, Neue Untersuchungen an ter- tiären Fischotolithen. Ibid. Jahrg. 1888. p. 274—305. Taf. XVII—XIX. 2 cf. H. von Inerıng, Die Lagoa dos Patos. Deutsche geogr. Blätter (Geogr. Ges. Bremen). . Bd. VIII. 1885. p. 194 ff. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 479 sie in anderen Fällen so brüchig und mürbe geworden, dass sie bei der Präparation zerfallen. Vielleicht genügt Einsalzen, natürlich nach Öff- nung der Schädelhöhle etwa durch Entfernung des Vordertheiles des Kopfes. Auch aus getrockneten Fischköpfen kann man oft die Otolithen gut entnehmen. Bei Untersuchung frischen Materials, wie sie den meisten der hier mitgetheilten Untersuchungen zu Grunde liegt, hat man den Vortheil auch die Verhältnisse des häutigen Labyrinthes ken- nen zu lernen und den Otolithen unter Wasser gut aus seiner Umhül- lung schälen zu können, während an getrockneten oder konservirten Köpfen oft die feine Deckmembran, welche die Maecula acustica ent- hält, so fest in den Sulcus acusticus eingetrocknet ist, dass es schwer hält, ohne Läsion den Otolithen völlig rein zu bekommen. Der Bau des Gehörorgans ist bei den Teleostiern ein so typisch gleichmäßiger, dass sich aus ihm im Allgemeinen Momente für die ge- nerische Trennung oder für Scheidung in Familien ete. kaum ent- nehmen lassen. Einzelne wesentlichere Differenzen scheinen immerhin zu bestehen. Vor Allem handelt es sich dabei um die mehr oder min- der scharfe Scheidung der drei sackförmigen Abschnitte, welche die Otolithen enthalten. Am geringsten war diese Scheidung unter den von mir untersuchten Formen bei den Cyprinodonten entwickelt. Der wichtigste Befund, so weit er das Gehörorgan als Ganzes be- trifft, scheint mir die Entwicklung eines langen Kanales zwischen Vestibulum und Sacculus zu sein, die ich bei Characiniden und einem ' Theile der Siluriden beobachtete. Es hat sich nämlich das merkwürdige Verhältnis ergeben, dass bei den Characiniden nur das Vesti- bulum sammt seinen halbkreisförmigen Kanälen in der Schädelhöhle gelegen ist, indess Sacculus und Lagenain einer Höhlungin der Schädelbasiseingeschlossenliegen, durch einen Ganalis communicans mit dem Vestibulum verbunden!. Etwas Neues ist damit nicht gegeben, es ist einfach die je nach Gattung und Familie bald weitere bald engere Verbindung zwischen Vestibulum und Sacculus zu einem etwas längeren Kanale ausgezogen. Sacculus und Lagena liegen auch, wo ein solcher Kanal nicht existirt, doch oft der Schädelbasis auf, in einer Grube derselben. Diese Grube ist es, die sich in eine geräumige Höhlung umwandelt, welche nur am vorderen Ende noch frei mit der Schädelhöhle kom- munieirt und hier den Canalis communicans und den unteren Ast des Nervus aeusticus eintreten lässt. i Siehe auch SAgEmeHnL, Das Cranium der Characiniden, eine mir leider nicht zugängliche Arbeit. cf. Morph. Jahrb. Bd. X. 1884. p. 1—149. 480 | H. von Ihering, Der eben bezüglich der Charaeiniden erörterte Fall kehrt bei einer großen Anzahl von Siluriden ! wieder, so namentlich bei den Pimelo- dinen und Ariinen. Bei den Panzerwelsen treffen wir dieses Verhältnis zwar auch vertreten (Loricaria), allein die meisten von ihnen: Plecosto- mus, Chaetostomus, Otocinclus etc. besitzen den Ductus utrieulo-saceu- laris nicht, so dass also Sacculus und Lagena in der Schädelhöhle liegen. Es gewinnt hiernach den Anschein, als sei es in beiden Familien selb- ständig zur Ausbildung des Ganalis communicans gekommen resp. zur Verlegung des Sacculus in die Schädelbasis. Vielleicht wird die Unter- suchung der Cypriniden auch bei ihnen Gattungen mit gleichem Ver- halten nachweisen, und es würde dann die Frage zu studiren sein, welche physiologische Bedeutung dieser Eigenthümlichkeit zukomme. Irgend eine Bedeutung muss dieselbe ja doch wohl haben, und dass es gerade resp. vorzugsweise Süßwasserfische sind, bei denen wir dieses Verhältnis antreffen, legt die Vermuthung nahe, dass die Verlegung? von Saceulus und Lagena in die Knochenmasse der Schädelbasis irgend- wie von Vortheil für ihre Träger sein und in Zusammenhang stehen muss mit den besonderen Bedingungen ihres Lebens im Süßwasser. Außer den hier erwähnten Differenzen im Baue des Gehörorgans kommen bei den untersuchten Gattungen nur wenige und von unter- geordneter Bedeutung vor. Während ich die Frage offen lassen muss, ob bei manchen Gattungen die Scheidung von Vestibulum und Saccu- lus noch eine so geringe ist, dass die hintere Ampulle und die Kom- missur der beiden vertikalen Bogengänge in den Saceulus münden — es würde das die Perspektive eröffnen, die drei Otolithen ursprünglich als je einer Ampulle zugehörig zu erkennen — sehen wir bei Arius das Extrem nach der anderen Seite hin erreicht, das Vestibulum ist enorm geworden und ganz von dem riesigen Lapillus erfüllt. In der Regel aber ist der Lapillus sehr klein und der wichtigste Abschnitt mit Rück- sicht auf die Gehörsteine ist der Sacculus. Sehr variabel endlich ist die Lagena, die bald mehr oder minder gleichwerthig dem Sacculus entwickelt ist, oder zu einem fast bedeutungslosen minimalen Anhange am Hinterrande des Sacculus herabsinkt, wie bei den Seiaeniden und i Hier ist dieses Verhältnis, d. h. die Entwicklung des Ductus utriculo-saccu- laris bereits für Silurus und Malapterurus von Rerzıus beschrieben. Auch BrRESCHET hat schon für Cyprinus diesen Verbindungskanal beschrieben und abgebildet, allein er ist dort sehr kurz. So stark entwickelt wie bei den Characiniden und einem Theile der Siluriden scheint er in anderen Familien nicht vorzukommen. 2 Oder vielleicht die Beibehaltung einer ursprünglichen, bei den Acanthoptery- giern in der Regel aufgegebenen Lage innerhalb der Schädelbasis. Übrigens hat mich Herr Dr. Koken darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Ductus utriculo-sac- cularis auch bei einzelnen Acanthopterygiern, Anarrhichas z. B. entwickelt sei. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 481 wohl der Mehrzahl der Acanthopterygier. Vielleicht erweist fernere Untersuchung die relativ bedeutende Entwicklung von Lagena und Asteriscus abermals als ein den Süßwassergattungen charakteristi- sches Verhältnis. Die Länge der halbkreisförmigen Kanäle und ihr Durchmesser, die geringere oder beträchtlichere Länge der Kommissur der beiden verti- kalen Kanäle etc., wechseln zwar vielfach, ohne aber Werth für die Systematik zu besitzen. Das Verhältnis des Labyrinthes zur Schwimm- blase habe ich nicht in den Bereich dieser Untersuchung gezogen. Am wichtigsten für die Erforschung der natürlichen Verwandt- schaftsbeziehungen sind meinen Erfahrungen zufolge die Otolithen. Ich habe namentlich zwei Familien eingehender hierauf untersucht, Siluriden und Characiniden. Es zeigt sich, dass bei beiden mancher- lei Differenzen innerhalb der untersuchten Gruppen und Gattungen vorkommen, aber diese Unterschiede sind doch alle relativ unbedeu- tend, so zwar, dass man keinen Augenblick über die einander ent- sprechenden Theile der einzelnen Otolithen in Zweifel bleibt. Aber mehr noch! Auch Siluriden und Characiniden unter einander sind so vollkommen nach dem gleichen Bauplane hinsichtlich ihrer Otolithen organisirt, dass sie als Glieder einer größeren naturgemäß zusammen- gehörigen Abtheilung erscheinen. Zunächst glaube ich, dass man an dem Lapillus wohl einen Siluriden und einen Characiniden wird unter- scheiden können, was ich für Sagitta und Asteriscus nicht vertreten möchte, ob aber bei Ausdehnung der Untersuchungen über eine sehr viel größere Reihe von Gattungsvertretern dieses Resultat noch wird bestehen bleiben, ist mir fraglich. Der Lapillus scheint überhaupt der am meisten konservative Otolith zu sein, denn es ist z. B. bei so ver- schiedenartigen Formen wie Chromiden und Siluriden bei einzelnen Gattungen eine solche Übereinstimmung im Lapillus vorhanden, dass ich kein durchgreifendes Merkmal zur sicheren Unterscheidung anzu- geben weiß. Anders gestaltet sich das Verhältnis für die Sagitta. Auch hier finden wir weitgehende typische Übereinstimmung zwischen Siluriden und Characiniden, und dieser Gruppe schließen sich auch die Gyprini- den an, allein der Unterschied im Baue der Sagitta zwischen diesen Süßwasserphysostomen und den Acanthopterygiern ist ein sehr ausge- sprochener, eiri so großer, dass er, wie ich denke, hinreichend ist um einer Anzahl bisher fälschlich bei den Physostomen untergehrachter Gattungen und Familien ihren richtigen Platz anzuweisen. | Auch der Asteriseus scheint trotz typischer Übereinstimmung in weit von einander stehenden Familien, doch auch wieder große Diffe- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LII. Bd. 39 482 | H. von Ihering, renzen zu bieten, deren Studium von Nutzen zu werden verspricht. Er ist bei den Acanthopterygiern meist sehr klein, aber bei den großen Hauptfamilien der Süßwasserphysostomen relativ sehr groß, selbst größer als die Sagitta. Bei diesen Gattungen wird es dadurch schwer, die entsprechenden Theile des Gehörs und die entsprechenden Oto- lithen der Acanthopterygier und Physostomen sicher zu identificiren. Emery giebt im Zoologischen Jahresbericht für 1885, p. 70 an, dass Canestrinı! die Sagitta Lapillus, den Asteriseus Sagitta nenne. Ich selbst bin lange geneigt gewesen, den Asteriscus der Characiniden als die wahre Sagitta anzusehen, weil mir die eigenthümlichen Verhältnisse bei Salminus u. A. als Übergang erschienen zwischen der Form des Suleus acusticus bei ihnen und bei den Acanthopterygiern, und weil bei beiden das Ostium nach vorn steht und die Sulceusseite die mediale ist. Wenn ich trotzdem mich jetzt der üblichen Meinung anschließe, wonach bei Cypriniden, Characiniden etc. der sternförmige Körper mit hufeisenförmigem Sulcus acusticus der Asteriscus ist, so bestimmt mich dabei die Erwägung, dass nicht die eventuell doch leicht irrige Deu- tungen ermöglichenden Verhältnisse der Gehörsteine hier entscheidend sein können, sondern lediglich jene des häutigen Labyrinthes. Aber auch diese können Gegenstand verschiedenartiger Interpretation sein. Man sagt mit Recht, dass im Allgemeinen die Lagena hinter dem Sac- culus liegt, und darum würde der sternförmige Körper der Cypriniden der Asteriscus sein müssen. Allein wir sehen von enormem Überwie- gen des Sacculus über die Lagena an Verschiebungen bis zur völligen Umkehr des Verhältnisses vor sich gehen, so dass es gewagt scheint auf diese Lageverhältnisse viel Werth zu legen. Entscheidend scheinen mir folgende zwei Momente zu sein: 4) der Kanal zwischen Vestibulum und Sacceulus öffnet sich in den Sacculus selbst, nicht in die Lagena, 2) der Ganalis sinus imparis der Cypriniden, Siluriden etc. verbindet beide Sacculi unter einander, nicht die Lagenae. Bei Plecostomus und anderen Panzerwelsen ist ein sehr breiter Sinus impar zwischen den beiden, den pfeilförmigen Körper enthaltenden Säckchen entwickelt, ohne Scheidung von Sinus und Seitenkanälen, und desshalb muss ich auch bei den Siluriden diesen Abschnitt als den Sacculus anerkennen. 1 R. CAnESTRINI, Osservazioni sull’ apparato uditivo di alcuni pesci. Atti Soc. Venet. Trent. Padova. Vol. IX. p. 256—282. Taf. XII. Der Lapillus liegt bei allen | Teleostiern stets im Vestibulum nahe den zwei vorderen Ampullen, über ihn kann nie ein Irrthum obwalten, wohl aber ist es schwierig die Verhältnisse des Saccu- lus und seiner Otolithen zwischen Physostomen und Acanthopterygiern in einer über Zweifel erhabenen Weise zu vergleichen. cf, auch Koken, 1. c. p. 512. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostie. 483 Meine Untersuchungen lassen mich glauben, dass die Entwicklung eines langen Canalis communicans oder Ductus utriculo-saccularis bei einem Theile der Siluriden, bei allen Characiniden und auch einem Theile der Cypriniden, wie sie sonst bei Fischen fast nie wiederkehrt, einen sekundären Zustand repräsentirt, und dass mithin die Panzer- welse, denen derselbe noch abgeht, das primitive Verhalten repräsen- tiren. Dann muss aber auch für diese Gruppen von Physostomen die bei den Panzerwelsen so ausnehmend starke Entwicklung des Sinus impar eine archaische Eigenthümlichkeit sein, deren Rückbildung gleichen Schritt hält mit der Entwicklung des Canalis communicans. Es erhebt sich die Frage, ob überhaupt außer bei den ebengenannten noch bei anderen Familien die Entwicklung eines Sinus impar vor- kommt. Jedenfalls schließen sich Siluriden, Cypriniden, Charaeiniden im Baue des Gehörorgans und der Otolithen, in der Entwicklung der Gehörknöchelchen zwischen Schädel und Schwimmblase und der Ent- wicklung des unpaaren Sinus zwischen den beiden Sacculi aufs nächste an einander an zu einer großen natürlichen Gruppe von Süßwasser- fischen, welche nahezu °/, der an Physostomen bekannten Arten in sich einschließen und wohl einen noch größeren Bruchtheil der Physo- stomen repräsentiren werden, wenn diese erst von den verkehrter Weise dahin gezogenen Familien befreit sein werden. In der That erscheinen gegenwärtig die Physostomen nicht etwa als eine wohlbegründete einheitliche Ordnung, sondern als die Rumpel- kammer, in welcher Alles zusammengepfercht ist, was anderswo nicht gut unterzubringen ist. Alle die Charaktere, auf welche hier diese Ord- nung zusammengebracht ist, erweisen sich nicht als stichhaltig, am wenigsten natürlich das Verhalten der Flossenstrahlen, worauf ich nicht näher eingehe, da ja die Angelegenheit der Acanthopterygier und Malacopterygier keiner weiteren Erläuterung bedarf. Nur das möchte ich noch bemerken, dass man wohl zu wenig Werth hierbei auf die Lebensweise gelegt hat. Stacheln der Rückenflosse sind nur frei- schwimmenden Fischen nützlich, Aale, Muraenen, Symbranchiden, die im Schlamm und zwischen Gestein umherschleichen, bedürfen ihrer minder und können daher eben sowohl eine Rückbildung des Stachelapparates vertragen wie diejenige der Schwimmblase. Die bauchständige oder brustständige Lage der Bauchflossen wird bei den Physostomen an und für sich nicht mehr Bedeutung haben als bei den Acanthopterygiern, als wesentlich kommt offenbar nur die Ausmündung der Schwimmblase in den Schlund durch einen offenen Luftgang in Betracht. Bedenkt man aber, dass dieser Luftgang onto- genetisch stets vorhanden ist, so ist schwer zu verstehen, wie seine 33* 484 B | H. von Ihering, Persistenz oder Obliteration von so entscheidender Bedeutung sein soll. Thatsächlich kümmert man sich auch nicht viel um ihn und stellt so- wohl Formen mit offenem Luftgang zu den Physostomen, als solche ohne Luftgang (Scomberesocidae) oder ohne Schwimmblase überhaupt. Eine so künstliche Eintheilung kann offenbar nicht als ernstlicher -Einwurf anerkannt werden, wenn andere Momente zu einer anderen Eintheilung drängen. Ein solcher Fall liegt vor in den Gyprinodon- ten, deren Gehör keinerlei nähere Beziehung zu den Cypriniden etc. darbietet, sondern zu den Pharyngognathen. Bezüglich des Anschlusses von Girardinus an die Pharyngognathen hinsichtlich der unteren Schlund- knochen verweise ich auf das weiterhin im speciellen Theile Bemerkte. Hier möchte ich nur darauf hinweisen, dass GÜNTHER in seinem Cata- logue of fishes, Vol. VI, p. 233 bemerkt, dass er Anfangs nicht die Absicht hatte, die Scomberesociden unter die Physostomen aufzu- nehmen, und dazu nur durch die nahen Beziehungen bestimmt wurde, welche sie zu den Cyprinodonten bieten. Wenn man mit mir letztere zu den Acanthopterygiern, und zwar den Pharyngognathen stellt, so verschwindet diese Schwierigkeit. Ich zweifle nicht daran, dass die Untersuchung des Gehörorgans Günrker’s Ansicht bezüglich der nahen Verwandtschaft beider Familien bestätigen wird. Ein weiterer hierher gehöriger Fall betrifft die Aale, die Muraeni- den und Symbranchiden, vielleicht auch Gymnotiden. Ich verweise auf das im Folgenden Bemerkte. Da ich zum Theil nur über unge- nügendes Untersuchungsmaterial verfügte, betrachte ich diese Ergeb- nisse nicht als abgeschlossen, sie enthalten aber sicher eine Ermunte- rung zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit. Was schließlich mit dem typischen Grundstock der Physostomen, den Siluriden, Cypriniden und Characiniden sich verbinden, was davon abzweigen wird, betrachte ich als eine Frage, für deren Beantwortung die Untersuchung des Ge- hörorgans sehr wesentlich mit ins Gewicht fallen wird. Man wird mir den Einwurf machen, dass eben so wie Gliederung der Flossenstrahlen, Luftgang der Schwimmblase etc. auch das Gehör- organ zu einer künstlichen Klassifikation führen werde. Dem gegen- über möchte ich darauf hinweisen, dass Siluriden, Charaeiniden und Cypriniden eine sehr große und sehr mannigfaltig organisirte Gruppe des Systems vorstellen, welche trotzdem eine so große Überein- stimmung im Bau der Otolithen aufweist, dass, wenigstens für die beiden ersten allein von mir studirten, eine sichere Trennung nach Familien und vollends nach Gattungen auf Grund der Otolithen nicht möglich ist. Ich komme gleich hierauf zurück, betone aber, dass dieser wunderbaren Übereinstimmung gegenüber viele andere zur Klassifi- Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 485 kation verwendeten Charaktere die größte Schwankung zeigen. So haben wir in dieser großen Gruppe Gattungen mit nackter, mit be- panzerter oder schuppentragender Haut, die Flossen erleiden die größ- ten Schwankungen bis zum Schwunde von Fettflosse und Bauchflosse, die Schwimmblase ist vorhanden oder fehlt, eben so sind Barteln, Kiemenhaut etc. kurz überaus viele für die Scheidung der Gattungen und selbst Familien dienende Merkmale innerhalb dieser Gruppe den größten Schwankungen unterworfen. Wenn trotzdem die Verhältnisse des Gehörorgans und zumal auch der Otolithen so große Übereinstim- mung darbieten, dass sie zur Scheidung nicht einmal der Familien hin- reichen, so ist das doch sicher ein sehr schwerwiegendes Argument für die Bedeutung der Otolithen! Und das um so mehr, als es sich um eine sehr große, mehr als 1500 Arten umschließende Gruppe handelt, welche fast 1/, aller bekannten Knochenfische in sich aufnimmt! Wenn ich sagte, dass in dieser Gruppe die Otolithen nicht einmal zur Scheidung der Familien hinreichen, so bedarf das einiger einschränken- der Bemerkungen. Die Otolithen der Cypriniden kenne ich nicht aus eige- ner Anschauung, nur nach der Abbildung jener des Karpfens. Innerhalb der Siluriden sowohl wie der Characiniden giebt es ausgeprägte Typen von Otolithen, welche wahrscheinlich eine Gattungsdiagnose zulassen. Ich verweise hier auf das über den Lapillus von Arius, die Sagitta von Plecostomus, den Asteriscus von Salminus etc. Bemerkte, aber daneben kommen dann auch einfache unscheinbare Formen vor, so dass ich weder für die Sagitta noch für den Asteriscus durchgreifende Unter- schiede angeben könnte. Nur die Lapilli der Characiniden sind, so weit meine bisherigen Erfahrungen reichen, zu generischer Scheidung der Siluriden und Characiniden tauglich, doch kommen, wie schon be- merkt, bei Chromiden Lapillusformen vor, welche so sehr jenen der Panzerwelse gleichen, dass die Möglichkeit grober Irrthümer mir nicht ausgeschlossen scheint, wenn man nach einem derartigen Lapillus die Gattung bestimmen will. Möglicherweise tritt hier die mikroskopische Untersuchung des Schliffes ergänzend hinzu, im Allgemeinen aber glaube ich doch, dass die Erweiterung unserer Kenntnisse auf diesem Gebiete die Grenzen eher verwischen oder erweitern als einengen wird. Um so mehr Werth wird man darauf legen müssen, wenn sich zeigt, dass ganz verschiedenartige Typen von Otolithen innerhalb der Physostomen zur Vertretung kommen. So wenig ich daher der Meinung bin, die Otolithen zur wesentlichsten Grundlage der Klassifikation der Teleostier zu machen, So zweifele ich doch auch nicht, dass die Physo- stomen in ihrer dermaligen Zusammensetzung eine unnatürlich zu-. sammengestellte Ordnung repräsentiren, und dass für die Ausscheidung. 486 | H. von Ihering, des Fremdartigen und die Zusammenfassung der näher verwandten Familien die Beachtung der aus den Otolithen sich ergebenden An- haltspunkte nicht nur nützlich, sondern auch nothwendig sein wird. Unter diesen Umständen kann ich auch nicht glauben, dass man paläontologischerseits dahin gelangen wird, jedes Mal mit Sicherheit die Familie! festzustellen, welcher ein fossiler Otolith, zumal der Acantho- pterygier, zugehört. So sicher sich manche Familien, z.B. Gadiden, Sciae- niden u. A. an der Sagitta erkennen lassen, so ist doch unter den mit einfachem Ostium und wenig komplicirtem Sulceus versehenen Formen zahlreicher Acanthopterygier und Pharyngognathen die Beschaffenheit des Sulcus acusticus zur Scheidung nach Familien wie mir scheint vielfach nicht ausreichend. Ich muss allerdings anerkennen, dass weder meine Erfahrungen, mit Ausnahme eben über Siluriden und Characiniden, noch die darüber in der Litteratur vorliegenden hin- reichen, um hierüber jetzt schon ein sicheres Urtheil sich zu bilden. Ein weiterer Punkt, über den ich meine Erfahrungen mitzutheilen habe, betrifft die Größe der Otolithen im Verhältnis zur Körpergröße. Man hat schon früher geltend gemacht, dass in dieser Hinsicht kein konstantes Verhältnis zu beobachten sei, und richtig ist es ohne Zwei- fel, dass ein und derselbe Otolith in verschiedenen Gruppen überaus stark an Größe und Gewicht variirt. Innerhalb der engeren Gruppen aber, wie bei den Characiniden z. B., dient die absolute Größe des Otolithen vollkommen als Maßstab für die Körpergröße. Als Anhalts- punkt mögen außer den weiterhin angegebenen Daten z.B. folgende dienen. Es beträgt die Länge und Breite des Lapillus in Millimeter bei Tetragonopterus rutilus von 12cm 25mm 41,5 mm Anostomus Knerii von 35 cm k mm 3 mm Salminus maxillosus von 75 cm 7/mm 4,5 mm. Das letztere Maß bezieht sich auf das größte mir vorgekommene Exem- plar, dessen Gewicht wohl 19 kg dürfte überstiegen haben. Ein kleineres Exemplar von 5 kg Gewicht hatte den Lapillus nur wenig kleiner, 6:4,5 mm. Es bestätigt das somit auch die an anderen Arten gewonnene Erfahrung, wonach die Otolithen eine bestimmte für jede Art charakteristische Größe erreichen, welche sie auch an sehr großen Exemplaren nicht oder wenig überschreiten. 1 Man wird finden, dass meine Ergebnisse ganz gut zu dem stimmen, was KokEN anführt, 1. c. p. 519, »man ist bis jetzt nur berechtigt zu sagen, wenn ein Otolith so und so aussieht, gehört er in die und die Gruppe, aber nicht umgekehrt: die Oto- lithen einer Familie oder Gattung müssen die und die Merkmale haben«. Trotzdem muss es unser Streben und Ziel sein, Familiendiagnosen der Otolithen für mög- lichst viele Familien zu ermitteln. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir.e. 487 Im Anschluss hieran gebe ich noch folgende kleine Tabelle über Gewichte der Otolithen. Species | Lapillus j Sagitta | Asteriscus | Körpergewicht Macrodon trahira..... | 0,08 | 0,006 | 0,48 2000 g Arius Commersonii.... 1,65 | 0,03 0,035 4000 g Micropogon undulatus . ? | 4,45 | ? 300 8 Das Gewicht des Lapillus beträgt somit bei Arius !/ag00, bei Macro- don !/ss000 des Körpergewichtes. Das Gewicht der Sagitta ist bei Ma- erodon nur !/339 000, bei Arius !/iso000, aber bei Micropogon 1/ggı des Körpergewichtes. Lapillus und Asteriscus von Micropogon konnte ich nicht wiegen, auch jene der anderen aufgeführten Arten vermochte ich zum Theil nur dadurch zu wiegen, dass ich mehrere gleich große Exemplare zusammen wog. Angesichts so enormer relativer und absoluter Schwankungen in Größe und Gewicht der Otolithen ist die Beständigkeit, mit der sie innerhalb größerer Gruppen ihre Formverhältnisse und typischen Bau festhalten, um so auffallender. Wenn diese Beständigkeit so weit geht, dass nicht immer bei verschiedenen Familien, vielleicht sogar Unter- ordnungen sich sichere Kennzeichen zur Unterscheidung anführen lassen, so wäre es doch sehr verkehrt zu glauben, dass überhaupt die Arten eines Genus oder die Genera einer Familie alle identische Oto- lithen besäßen. Bei zwei Gattungen habe ich einander nahe stehende Arten hierauf verglichen. Bei zwei Arten von Tetragonopterus ließen sich die Lapilli an der Umrissform, und zumal der verschiedenartigen Einbuchtung des Vorderrandes unterscheiden, während ich für Aste- riscus und Sagitta außer Stande bin eben solche Unterschiede zwischen diesen beiden Arten nachzuweisen. Sehr abweichend sind auch die Lapilli von Pimelodus sapo und Pim. maculatus (cf. Fig. 13 und 1), und auch die Asterisci nehmen an dieser specifischen Differenz Theil. Auch Koren (l. c. p. 275) führt ähnliche Beispiele von Differenz der Otolithenform bei nahestehenden Arten auf. Beobachtungen wie diese scheinen mir sehr lehrreich hinsichtlich der Frage nach der Abänderung und Entstehung der Arten. Sie be- stätigen das, was ich! schon vor mehr als 12 Jahren erörterte, dass für die Erklärung solcher anatomischer Variationen des Orga- nismus die Darwın’sche Selektionstheorie werthlos ist. Ohne Zweifel sind auch die Otolithen der Fische Körpertheile von 1 H. v. InErıng, Das periphere Nervensystem der Wirbelthiere. Leipzig 1873. p- VIILf. 4188 SEEN H. von Ihering, großer funktioneller Bedeutung, welche daher der »Zuchtwahl« so gut unterliegen könnten wie andere Organe, allein die Anderungen, welche sie von Art zu Art erleiden, sind so unwesentliche auf Rundung oder Einbuchtung, Zuspitzung oder Abstumpfung der Ränder oder Win- kel etc. sich beziehende, dass es absurd wäre diese Änderungen auf Rechnung einer »natürlichen Zuchtwahl« zu setzen, welche ja doch nach der Meinung ihrer Vertheidiger nicht derartige untergeordnete Punkte, sondern solche Theile des Körpers betreffen soll, deren Ab- änderung den betreffenden Individuen eine Überlegenheit im Kampfe ums Dasein sichern soll. Erfahrungen, wie die hier bezüglich der Otolithen erwähnten, macht man überall, wenn man eine Reihe nahestehender Arten nach ihren specifischen und anatomischen Differenzen studirt. Nicht die Schale nur ändert z. B. bei Heliceen ab innerhalb der Gattung, son- dern auch die Dentikel der Zungenzähne, die Leisten, Furchen etc. des Kiefers, der Genitalapparat, Länge des Flagellum ete., ja selbst die Form des Liebespfeiles — sammt und sonders Variationen, von denen auch der kühnste Schwärmer für Darwinismus nicht behaupten wollen wird, dass sie von solchem Vortheile für ihre Träger sein könnten, dass ihre Fixirung das Resultat der Zuchtwahl sein könne. In Wahrheit ändern nicht nur jene äußeren Charaktere ab, auf welche die Darwi- nisten so viel Werth legen, sondern der ganze Organismus, in einzelnen Theilen mehr, in anderen weniger, aber in der Hauptsache sind alle diese Änderungen gleichgültige Spielereien der Natur, und die Arten mit zwei oder drei Nebenzacken an den kleinen Randzähnen sind für ihre Nahrungsaufnahme nicht schlechter gestellt als jene mit vier oder fünf, jene mit Längsleisten am Liebespfeil nicht schlechter als jene, bei denen der Pfeil einen runden Stiel und zweischneidige Spitze hat. Selbst ein so vollkommener Apparat wie das Clausilium der Clausilien ändert mitsammt seinen Leisten und Falten von Art zu Art, und um stete Vervollkommnung handelt es sich dabei so wenig wie bei der Variation von Schloss und Schlüssel. Vollkommen ist jedes Schloss, welches der Schlüssel gut schließt, ob das mit Einschnitten, Zacken, Leisten etc. erreicht wird, ist gleichgültig. Vom Standpunkte des Dar- winismus aus lassen diese Differenzen im Schließapparate sich so wenig erklären, wie die glänzenden Farbenflecke der Mitra, Conus u. a. Zier- den unserer Sammlungen, welche im Leben von einer dicken undurch- sichtigen Epidermis überkleidet sind. _ Ich schließe diesen allgemeinen Theil, indem ich der Hoffnung Ausdruck gebe, dass die vorliegende Arbeit dazu beitragen möge, dass zoologischerseits dem Studium der Otolithen mehr Aufmerksamkeit Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 489 zugewendet werde als bisher, wo fast nur von den Paläontologen dem Gegenstande die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ob- wohl schon Guvıer’s Scharfblick die Verwerthbarkeit der Otolithen für systematisch-zoologische Zwecke nicht entging, so liegen doch bisher keinerlei werthvolle Arbeiten über den Gegenstand in der zoologischen Litteratur vor, denn zu den werthvollen Arbeiten kann man unmöglich solche rechnen, welche nur die Form der Otolithen beschreiben und abbilden, ohne den Suleus acusticus genauer zu beschreiben, wie es die Arbeit von Canzstrisı und Parmicranı, Gli otoliti dei Pesei, 1883, gethan. Die sorgfältige Übersicht über alle einschlägige Litteratur, welche Koken (l. c. p. 503—513) gegeben, hat mich hier der Noth- wendigkeit eines solchen historischen Rückblickes überhoben. II. Specieller Theil. Im Folgenden werde ich zunächst die Characiniden und Siluriden behandeln, daran einen Vergleich der Otolithen beider anschließen und endlich die übrigen untersuchten Vertreter anderer Familien folgen lassen. Characiniden. Von Maerodon trahira Bl. Schn. stellt Fig. 1 das Gehörorgan dar. Die halbkreisförmigen Kanäle sind fein und lang, der längste von ihnen ist der horizontale, dessen Ampulle wie immer am vorderen Ende des Utrieulus liegt, und dessen hinteres Ende an die Ampulle des hin- teren vertikalen Kanales angeheftet ist und sich zwischen ihr und der Kommissur, näher der letzteren inserirt. Die Kommissur der beiden vertikalen Kanäle ist von beträchtlicher Länge. Den größeren Theil des Utriculus bildet dessen Recessus, in welchem vorn der Lapillus liegt, wie auch aus der Zeichnung ersichtlich. Am ventralen Umfange des Utriculus befindet sich in der hinteren Hälfte, ziemlich dem Ansatze der Kommissur gegenüber ein halbkugel- förmiger Anhang des Utriculus, von welchem ein ca. 8 mm langer Kanal ausgeht, der sich nach abwärts zur Schädelbasis wendet, um da am Sacculus zu enden. Letzterer liegt zwar wie die Lagena in einer geräumigen Höhle der Schädelbasis, allein dieselbe ist nach oben hin nicht völlig abgeschlossen und in der Lücke, in der Öffnung eben in diese Höhle, liegen die vorderen Theile von Saceulus und Lagena frei zu Tage. Letztere beide sind von nahezu gleicher Länge, dünnhäutig. Der Saceulus, welcher bedeutend schmäler ist als die Lagena, ragt mit seinem vorderen Ende etwas weiter nach vorn vor. Man muss einen 490 | H. von Ihering, Theil der Knochenlamelle, welche diesen Theil des Gehörorgans nach hinten hin überdeckt, wegpräpariren, um sie intakt herausnehmen zu können. Die Nervenstämme habe ich in die Zeichnung nicht eingetra- gen, um deren Übersichtlichkeit nicht zu verringern. Der Acusticus kommt von vorn und spaltet sich im Verlaufe nach hinten zum Gehör- organe in zwei Hauptstämme, von denen sich der eine, stärkere an die untere oder ventrale Seite des Utriculus begiebt, um nach Abgabe von Ästen an die Ampullen mit der Hauptmasse seiner Fasern am Reces- sus zu enden, entsprechend der Macula acustica des Lapillus, indessen der andere weiter nach unten und hinten ziehend sich in je einen Ast für Lagena und Sacculus spaltet. Der Sacculusnerv begiebt sich an die dorsale Seite des Sacculus, wc er entsprechend der Macula acustica der Sagitta endet, während der Nerv der Lagena sich an deren mediale Seite wendet. Was nun die Gehörsteine betrifft, so ist, wie auch aus den Abbil- dungen Fig. 2 ersichtlich ist, die alle im Maßstabe von 3:1 gezeichnet sind, der Asteriscus am größten. Der Lapillus ist von nahezu ovaler Form, abgeflacht mit einer konkaven äußeren und einer konvexen unte- _ ren oder ventralen Fläche. Er hat einen tiefen Einschnitt am vorderen Rande, einen anderen am lateralen Rande. Von diesen beiden Ein- schnitten her zieht je eine kleine grubenförmige Vertiefung auf der dorsalen Fläche nach der Mitte hin, die unregelmäßig erhoben ist. Die ventrale Fläche ist ziemlich regelmäßig gewölbt, und zwar sowohl in der Richtung von vorn nach hinten als von einer Seite zur anderen. Die Macula acustica nimmt theils den vorderen Rand ein, indem sie an dessen lateralem Ende beginnt, theils den medialen Theil der Innen- fläche (ef. Fig. 2 L). Als das Wesentlichere erscheint dabei der vordere Abschnitt, der einerseits zwischen zwei leistenförmigen Erhebungen den lateralen Theil des Vorderrandes einnimmt, andererseits gegen den medialen Theil hin sich auf die ventrale Fläche hinüberschlägt und dort eine stumpf dreieckige Bucht bildet. Dieser von der Macula acustica eingenommene Theil des Lapillus ist von bläulicher weißer Farbe, etwas glänzend und glatt. Ob die an ihn nach hinten sich anschließende, ähnlich beschaffene furchenartige Partie nahe am medialen Rande der Ventralseite wirklich noch mit zur Macula acustica gehört, habe ich nicht entscheiden können. Der vom Suleus acusticus umschlossene Theil ist von rein weißer Farbe. Der Asteriseus ist ein scheibenförmiger, 1,5—2 mm dicker Kör- per von 9 mm Höhe und nahezu eben so lang. Er steht vertikal. Der Rand ist überall fein gesägt oder gezackt, nur am vorderen Umfang ist er durch einen tiefen Einschnitt! unterbrochen, welcher zu dem auf Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 491 der medialen Fläche gelegenen Suleus acusticus führt. Derselbe stellt eine breite, von aufgeworfenen Rändern umgebene Grube dar, deren hinteres Ende leicht nach der unteren ventralen Kante des Steines hin umgebogen ist. Während die untere Spitze des Spaltes am Vorder- rande meist stumpf und breit ist, oft breiter mit senkrecht nach unten ziehendem Vorderrande als an dem hier abgebildeten Exemplare, steigt dagegen der Dorsalrand rascher und gleichmäßiger gegen denEinschnitt des Vorderrandes hinab. Die laterale Fläche ist glatt, ziemlich eben, nur gegen den Einschnitt hin etwas ansteigend, die mediale Fläche aber ist leicht gewölbt. Die Sagitta ist ein zarter, 9 mm langer Körper von Federgestalt. Sein vorderes Ende ist breit, das hintere besteht in einem schmalen Stiel. Das federförmige Vorderende ist von einer gewölbten Lamelle gebildet, die eine konkave untere oder ventrale Fläche besitzt und eine gewölbte dorsale gegen die Schädelhöhle hin gerichtet. Auf der ven- tralen Fläche setzt sich der Stiel als breite geschwungene Leiste nach vorn hin fort, von dem nach der Mediane hin ein breites Blatt feder- förmig abtritt, indess auf der lateralen Seite nur ein schmaler Saum existirt. Auch über die dorsale Fläche setzt sich die Verlängerung des Stieles fort, wie es unsere Abbildung zeigt. Auch hier ist der breite stark gewölbte Theil der Fläche der gegen die Medianlinie hin sehende, während der schmalere laterale Theil gekräuselt oder geschwungen und zugleich etwas einwärts gekrümmt ist, so dass zwischen ihm und der ebenfalls leicht geschwungenen Leiste, welche eben die Fortsetzung des Stieles ist, eine tiefe Furche bleibt, welche in Verbindung wahr- scheinlich mit einer unmittelbar vor ihr gelegenen Grube den Sulcus acusticus darstelli. Es ist diese dorsale Fläche, über welcher der be- treffende Ast des Nervus acusticus endet. Der Sulcus acusticus setzt sich auf die laterale Fläche des bandförmigen Stieles fort. Von Leporinus obtusidens Val., bei welcher Art nur der Lapillus etwas erheblicher in seiner Form von dem entsprechenden Otolithen von Macrodon abweicht, bilde ich aus eben diesem Grunde (ef. Fig. 4) lediglich den Lapillus ab. Derselbe ist 5 mm lang, mm breit, 1,3 mm dick, hat eine ebene oder leicht konkave dorsale Fläche und eine konvexe ventrale. Das relativ sehr dicke Vordertheil geht ganz allmählich in das minder hohe Hintertheil über, welches seitlich nach außen, also lateral, einen mit zwei scharfen Ecken sich absetzenden, 1 Ich werde diesen spaltförmigen Einschnitt Rima nennen, und die über ihm stehende, ihn dorsalwärts begrenzende Spitze Processus suprarimalis, die darunter stehende Processus infrarimalis nennen. 409: H. von Ihering, in einen scharfen Rand auslaufenden Fortsatz trägt. In dem dicken Vorderrande befindet sich am lateralen Ende beginnend die Furche des Sulecus acustieus, die sich weiterhin auf der ventralen Fläche des Steines nahe dessen medialem Rande noch ziemlich weit nach hinten hin fort- setzt. Da diese Randpartie ziemlich steil abfällt, so ließe sich darüber streiten, ob der Sulcus acusticus hier randständig oder flächenständig ventral verläuft. Der Asterisceus ähnelt jenem von Macrodon und hat auch den Rand krenulirt. Von diesen Spitzen gehen zumal am hinteren Umfange rippenförmig erhobene Leisten auf der lateralen Fläche aus, welche im Centrum des Steines, wohin sie konvergiren, allmählich verstreichend enden. Der Einschnitt am Vorderrande ist tief, aber schmäler als bei Macrodon. Die untere denselben begrenzende Spitze ist durch einen tiefen Einschnitt gespalten, in einen den Einschnitt begrenzende schlanke lange Spitze und einen darunter und dahinter folgenden kürzeren zahnförmi- gen Fortsatz. Die Länge beträgt 5,5 mm. Die Macula acustica beginnt in der unteren Spitze des Einschnittes mit einer Leiste, welche weiter- hin zu einer starken Lamelle wird, bogenförmig nach oben umbiegt, aber nicht bis zur vorderen Spitze reicht, sondern vorher endet, ohne. durch eine Leiste in ihrer Verlängerung auch weiterhin angedeutet zu sein. Auch das glatte breite Feld, welches nach außen hin den Suleus begleitet und Querstriche als feine Furchen trägt, endet an gleicher Stelle wie die Lamella des Sulcus plötzlich. Die Sagitta ähnelt jener von Macrodon, ist aber schlanker. Sie ist 9 mm lang, wovon 6 mm auf das Vordertheil entfallen. An letzterem sind die federförmigen Seitentheile sehr schmal. Das Vorderende ist eben oder wenig gewölbt, ohne grubige Vertiefung, aber die Crista acustica spaltet sich auch hier nach vorn hin in zwei divergirende aber ganz niedrige Schenkel. Von den beiden Seitenflächen ist die mediale erheblich schmäler als bei Macrodon und in der Mitte aufgekrempelt, dorsalwärts aufgebogen, während die laterale in einen spitzen Dorn nach hinten hin endet. Auch diese Gehörsteine stammen von einem großen über 2 kg schweren Fische. Bei Prochilodus lineatus Val. sind die allgemeinen Verhält- nisse des Gehörorgans wie bei den bisher geschilderten anderen Gattungs- vertretern der Characiniden. Das Vestibulum liegt in der Schädelhöhle, der Sacculus in der Schädelbasis in einer sehr geräumigen, nach oben etwas vorgewölbten, von einer dünnen Knochenlamelle gedeckten Höhle. Der Lapillus hat eine ebene glatte dorsale Fläche, welche etwas konkav erscheint in Folge einer von vorn nach hinten über die Mitte ziehenden, breiten, flachen Grube. Die ventrale Fläche ist gewölbt. Der Vorder- Über die zoologisch systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. 493 rand zieht schräg nach hinten und außen, um im Bogen in den kurzen konkaven Außenrand überzugehen. Das Hintertheil ist schräg abge- stutzt, gegen den Innenrand hin sich erweiternd. Der lange mediale oder innere Rand ist stark gebogen, konvex, nach vorn in eine scharfe Spitze endend. Am lateralen Ende des Vorderrandes beginnt die Grube des Sulcus acusticus, welche sich dann nach dem Innenrande zu- wendet und auf die ventrale Fläche übertritt, um da in einer dreiecki- gen oder keilförmigen, spitz nach hinten auslaufenden Grube zu enden (ef. Fig. 3 ZL). Der Asteriscus ist kaum von jenem der früher beschriebenen Cha- raciniden verschieden. Der Dorsalrand fällt von einer mittleren Spitze aus nach beiden Seiten ab. Eine von dieser Spitze ausgehende flache Grube der Außenfläche erzeugt die Krümmung dieser glatten resp. un- regelmäßig gekörnelten Fläche. Die Beschaffenheit der medialen Fläche mit dem tiefen Suleus acusticus und den ihn umgebenden Leisten er- läutert Fig. 3 A. Man sieht daraus auch, dass die Ränder krenulirt sind, und dass von den Zacken aus Leisten sich auf die gewölbte Suleusfläche fortsetzen bis an die den Sulcus umgebenden Leisten. Sulcus und Fossa acustica enden wie bei Leporinus, jedoch etwas weiter nach vorn hin reichend. Die Lamella acustica hat einen inneren und äußeren Rand, wovon nur ersterer bis zur dorsalen Spitze des Einschnittes reicht, der andere aber vorher endet, wie auch die Fossa acustica. Die Sagitta gleicht ebenfalls jenen von Macrodon etc., ist aber schlanker, mit schmalen Seitenflügeln des Vordertheiles. Der mediale Seitenflügel ist gewölbt, nach unten abfallend, nach hinten in eine feine Spitze auslaufend. Der laterale Seitenflügel steht fast vertikal mit nach oben gerichtetem freien Rande, und er ist außerdem von vorn nach hinten über die Fläche gewölbt. Neben ihm verläuft der von zwei feinen etwas geschwungenen Leisten eingefasste Suleus acusticus, der sich nach hinten auf den kürzeren Stiel fortsetzt. Bei AnostomusKneri Steind. ähnelt der Lapillus jenem von Leporinus, nur ist jener keilförmige Fortsatz des Außenrandes, der dort so stark vorspringt, hier kürzer und dadurch weniger auffallend. Dadurch ist der ganze Stein viel gedrungener, auch ist er erheblich dick, nämlich 1,5 mm, bei mm Länge und 3 mm Breite. Der dicke Vorderrand ist mit faltenförmigen Fortsätzen bedeckt, der Suleus acusti- cus liegt nahe am medialen Rande, wo er sich ziemlich weit nach hin- ten erstreckt. | Bei dem Asteriscus sind auf beiden Seiten radiäre Leisten ent- wickelt, welche auf der lateralen Fläche bis gegen das Centrum hin, auf der anderen bis an den Suleus acustieus hin ziehen. Der Vorder- 494 | H. von Ihering, rand hat eine schlanke obere Spitze, während die andere in der Ver- längerung des unteren Randes des Suleus acusticus liegende basal tief eingeschnitten ist, so dass noch ein starker Zacken sich unter ihr befindet, dessen Spitze den Beginn des Ventralrandes bezeichnet. Suleus acusticus wie bei Leporinus. Salminus maxillosus Guv. Val. Die Schädelhöhle ist sehr geräumig, viel Fettgewebe enthaltend. An einem getrocknet aufgefun- denen Schädel stand der Lapillus 5 mm über dem Vorderende der Sagitta. Letztere ist mit ihrem Vorderende sichtbar in der breiten Öff- nung, durch welche die Höhlung in der Schädelbasis, welche die zwei unteren Gehörsteine aufnimmt, mit der Schädelhöhle kommunieirt. Der Asteriscus aber wird erst sichtbar, nachdem man die Knochen- lamelle weggenommen, welche die Höhle dorsalwärts abschließt. An einem 5 Kilo schweren Exemplare war der Lapillus 6 mm lang, 4,5 mm breit, der Asteriscus 6,5 mm lang, 5 mm hoch. An einem offen- bar größeren Exemplare, das trocken am Ufer der Lagoa dos Patos ge- funden wurde, waren diese Maße 7 mm resp. 4,5 mm für den Lapillus und 7 mm und 6 mm für den Asteriscus. Um 4 mm größer war die Sagitta bei einem enormen Exemplare, das trocken 75 em Länge hatte excl. Caudale. Der Lapillus ist ziemlich dick (2? mm an dem größeren Exemplare). Er ist in der Form jenem von Tetragonopterus ähnlich, nur mit dem Unterschiede, dass am Vorderrande die mediale Ecke in einen ziemlich spitzen Zacken ausgezogen ist. Die mehr ebene dorsale Fläche hat einige unregelmäßig laufende Längsfurchen und Wülste. Der vordere Rand und die vordere Hälfte des Außenrandes sind ziemlich dick, die übrigen Ränder mehr zugeschärft. Auf der gewölbten Ventralfläche fällt ein stärker vorragendes sehr glattes und glänzend milchweißes Feld auf, welches vom Außenrand bis gegen den Suleus acusticus hin vorspringt. Der hintere und mediale Theil des Steines sind mehr trans- parent, farblos. Der schräg von außen und vorn nach hinten laufende hintere Theil des Außenrandes erscheint wie ein besonderer etwas ab- gesetzter beilförmiger Theil. Der Sulcus acusticus bildet eine schmale _ dreieckige Grube auf der ventralen Fläche zwischen dem medialen Rande und dem weißen Hügel. Die kurze Seite des gleichschenkeligen Dreiecks dieses Suleus liegt am Vorderrande, auf dessen laterale Hälfte sie sich mit einem schmalen Ausläufer fortsetzt. Der Asteriscus ist auf der ziemlich ebenen lateralen Fläche nahezu glatt, nur am Rande finden sich feine radiäre Rippen, welche an den feinen Zacken des Hinterrandes beginnen. Der untere Theil des Hinter- randes, sowie der obere und untere Rand sind nahezu glatt. Der Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 495 Ausschnitt des Vorderrandes wird von zwei einfachen kurzen plumpen Fortsätzen begrenzt und ist von hinten her fast ganz ausgefüllt, also sehr klein. Der Sulcus acusticus beginnt mit einer starken erhabenen Lamelle am Processus infrarimalis. Diese Lamella acustica beschreibt in der Mitte des Gehörsteines einen nach oben offenen Bogen, wendet sich dann nach oben, dreht im rechten Winkel nach vorn hin um und endet dann plötzlich. Eine feine aber nicht damit zusammenhängende Leiste bildet gewissermaßen die Fortsetzung nach vorn hin. Der hintere auf- steigende Ast der Lamelle ist durch eine Rinne in der Mitte längsge- theilt, d.h. parallel den Rändern. Nach außen von der Lamella acustica liegt eine ziemlich breite Furche, die Fossa acustica. Sie endet, nach- dem sie nach außen von der Lamella acustica gelegen, diese stetig be- gleitet hat, an deren oberem Ende mit einer kolbigen Anschwellung (ef. Fig. 5). Die 41 mm lange Sagitta ist ein feiner federförmiger Körper, über den im Vergleich zu den übrigen Characiniden wenig zu bemerken ist. Auf seiner dorsalen Fläche ist nur die stärkere der beiden Lamellen des Suleus acusticus wohl entwickelt, die andere feinere ist mit der vertikal stehenden medialen Wandung des Vordertheiles verschmolzen. Das Vordertheil ist nur 2 mm breit, der Stiel 3 mm lang. Der »Dourado« (= Salminus maxillosus) repräsentirt in Rio Grande do Sul den größten und schwersten Charaeiniden. Ich selbst habe zwar Exemplare von mehr als 5 kg Gewicht nicht besessen, wohl aber mehr- fach Köpfe von erheblich größeren Thieren. Von einem derselben stammen die oben besprochenen Otolithen, und trotz der erheblichen Größe war das Gewicht des Lapillus nur 0,05 g, das des Asteriscus genau eben so viel. Unter den hiesigen Characiniden giebt es keinen, dessen Lapillus größer und schwerer würde als jener des Dourado, wogegen bei Macrodon trahira der Asteriscus größer und schwerer (bis 0,13 g) wird. Tetragonopterus rutilus Jen. Der Lapillus ist bei einem 12,2 em langen (excl. GC.) Exemplare 2,5 mm lang, bei 1,5 mm Breite. Er gleicht in Form am meisten jenem von Prochilodus, nur ist der Sul- eus acusticus etwas abweichend, auch der Vorderrand mehr gerade, in der Mitte leicht eingeschnitten. Der randständige Theil des Sulcus acusticus am Vorderrande des Lapillus ist bei Ansicht von der Ventral- fläche aus zu sehen, der auf die Ventralfläche umbiegende keilförmige Abschnitt reicht bis zur Mitte des Steines. Von ihm aus nach außen gegen den kurzen konkaven Lateralrand ist der Lapillus dicker und klar weiß, undurchsichtig, während die hintere und mediale Rand- partie transparent bläulich weiß ist. Diese weiße Partie, welche 496 H. von Ihering, zugleich verdickt ist, entspricht somit nach Lage und Beziehung zum Sulcus acusticus dem Dens von Pimelodus u. a. Siluriden (cf. Fig. 6 Z). Der Asterisceus ist 3 mm lang und etwa eben so hoch. Sein Rand ist wenig gezähnt, resp. die einzelnen Zahnspitzen stehen weit von einander. Näheres ergiebt Fig. 6 A. Ich mache jedoch besonders dar- auf aufmerksam, wie sehr spitz der Sulcus acustieus in seinem unteren umgebogenen Ende zuläuft. Die Lamella acustica setzt sich dorsalwärts bis auf den Processus suprarimalis fort, auch die Fossa acustica sendet zu seiner Begleitung, nachdem sie stark angeschwollen, einen schmalen Streifen nach vorn hin. Die Sagitta ist auch jener von Prochilodus ähnlich. Die beiden Lamellen der Dorsalfläche sind typisch entwickelt, jene der Ventral- fläche ist einfach, nach hinten in eine knopfförmige Verdickung ange- schwollen. In den eben angeführten Momenten, welche Tetragonopterus charakterisiren, schließt sich Xiphorhamphus hepsetus Jen. aufs engste an. Auch bei ihm zeichnet sich der Lapillus durch starke Zu- sammendrängung der Theile aus, ist relativ dick, gedrungen und mit : Furche des Suleus acusticus auf dem Vorderrande so versehen, dass man dieselbe beim Anblick der Ventralfläche gleich gewahrt. Die Form ist zwar im Allgemeinen die gleiche, allein die Kontouren des lateralen Randes sind andere, auch ist der Vorderrand bedeutend länger, seine Einbuchtung in der Mitte daher weiter und tiefer. Es sind das geringe Unterschiede, die zwar zur Unterscheidung hinreichen, allein nicht gestatten eine Differentialdiagnose für die betreffenden Genera aufzustellen. Eben so steht es mit dem Asteriseus. Er hat hier mehr Zacken, und diese Randzähne sind bedeutend stärker, sind auch an dem Ventralrande wohl entwickelt. Auch in den Kon- touren des Suleus acusticus finden sich einige leichte Differenzen, doch ist die ventrale Zuspitzung desselben die gleiche, und diese Form des Suleus acusticus stellt Tetragonopterus und Xiphorhamphus näher unter einander zusammen innerhalb der Characiniden. Tetragonopterus maculatusL. ist kaum von der oben er- wähnten Species des gleichen Genus verschieden. Nur der Lapillus zeigt leichte Unterschiede in den Kontouren. Er ist kürzer, gedrunge- ner mit breiterem und fast ganz geradem, kaum ein wenig, ganz flach eingeschnittenem Vorderrande. Bei Tetragonopterus wie bei Xiphorhamphus zieht die Fossa acustica rings um den Suleus herum, auch an der Dorsalseite bis nahe an den Ausschnitt. Ob sie da den Processus superior noch begleitet, ist nicht sicher zu entscheiden. Es findet sich da eine glattere, aber Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostirr. 497 zum Theil mit Grübchen versehene Fläche in der verlangins der Fossa, die wahrscheinlich noch zu ihr gehört. Innerhalb der Characiniden treffen wir somit wenige, aber doch einzelne bemerkenswerthe Differenzen im Bau der Otolithen. - Der Lapillus von Leporinus mit dem stark vorspringenden beil- förmigen Fortsatze des Außenrandes ist in seiner Form recht verschie- den von jenen der Tetragonopteren u. a. Gattungen. Ihm am nächsten schließen sieh Anostomus und Trochilodus an, doch bilden diese Gat- tungen, bei denen jener Fortsatz minder gut abgesetzt ist, einen so all- mählichen Übergang nach den anderen erwähnten Formen hin, dass man sich von dem Lapillus für etwaige generische Bestimmung der fossilen Characiniden-Otolithen nicht zu viel versprechen darf. Wichtiger ist der Asteriscus. Während die Sagitta keinerlei An- haltspunkte zur Scheidung verschiedener Typen oder Gattungen dar- bietet, haben wir im Baue des Asteriscus eine ganze Reihe derartiger Momente kennen gelernt. Zunächst die Zuspitzung des unteren ven- tralen Bogenstückes des Sulcus acusticus, welche ich außer bei einigen Charaeiniden sonst nicht weiter beobachtet habe. Sie ist am ausge- prägtesten bei Tetragonopterus und Xiphorhamphus. Während bei den anderen Physostomen, und selbst bei Acantho- pterygiern, so weit ich von ihnen ähnliche Asterisci kenne, der Sulcus acusticus eine einfache Schlinge oder Hufeisenform bildet, haben wir hier bei Characiniden eine ganze Reihe von Gattungen kennen gelernt, in welchen der dorsale Schenkel des Hufeisens abgebrochen ist, d. h. nach vorn hin nicht bis zum Einschnitte des Vorderrandes, resp. dem Processus suprarimalis reicht. So bei Leporinus, Anostomus und Trochilodus, und im höchsten Grade der Entwicklung bei Salminus. Dem entsprechend endet denn auch die Fossa acustica vorher. Eine Art Zwischenstufe bildet Trochilodus, indem die Lamella acustica mit dem unteren Theile ganz bis vorn hin reicht, ihre obere Leiste aber vorher endet, immerhin aber weiter reicht als die Fossa acustica. Bedenkt man, dass diese eigenthümliche S-förmige Biegung des Suleus acusticus außer bei einigen Gharaciniden noch nicht weiter be- obachtet wurde, dass aber die hufeisenförmige Anordnung des Sulcus wie bei Tetragonopterus auch bei Siluriden und vielen anderen Fami- lien selbst der Acanthopterygier sich wieder findet, so wird man wohl _ kaum irren, wenn man die vollständige Entwicklung, also die hufeisen- föormige Gestalt des Sulcus acusticus auch für die Characiniden als das - Ursprüngliche ansieht. Es würde die Zurückziehung der Fossa und des - Suleus acusticus vom Processus suprarimalis daher eine innerhalb der Characiniden auftretende Eigenthümlichkeit sein. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 33 498 H. von Ihering, - Das primitive Verhalten finden wir vor Allem bei Tetragonopterus und Xiphorhamphus, zwei Gattungen, die sich im Gehörorgane viel inniger an einander anschließen, als letztere Gattung an das in ihre Nähe gestellte Genus Salminus, welches man danach sich versucht fühlt in der Nähe der gleichfalls der Gaumenzähne entbehrenden Ana- stomatinen zu bringen. Erst weitere, auch andere Organe in den Kreis der Betrachtungen ziehende Untersuchungen werden entscheiden kön- nen, ob diesen Verhältnissen des Sulcus acusticus eine Bedeutung auch in systematischer Hinsicht beizumessen ist, oder ob etwa der Process der Verkürzung des Sulcus in verschiedenen Gruppen der Characiniden unabhängig sich wiederholt. Auffallend ist jedenfalls, dass das primitive Verhalten des Sulcus acusticus des Asteriscus gerade bei den Gattungen am ausgeprägtesten sich findet, welche in Bezug auf Körpergröße die niederste Stufe ein- nehmen, und die Stammformen der Characiniden als kleine Fische von 20 cm Länge und darunter zu vermuthen uns nahe legen. Siluriden. Das Gehörorgan von Arius Commersonii Lac. ist in Fig. 9 ab- gebildet. Das Vestibulum ist hier ein enormer, in seinem unteren Theil stark schwarz gefleckter oder punktirter Sack, welchen der große Lapillus ganz ausfüllt, während er bei den Characiniden nur einen Theil des Recessus utrieuli erfüllt. An diesem Sack gewahrt man vorn wie gewöhnlich die beiden vorderen Ampullen, welche durch einen weiten Zwischenraum von der hinteren Ampulle getrennt sind. Die nahe bei letzterer sich öffnende Kommissur der beiden vertikalen halb- zirkelförmigen Kanäle ist kurz. Der horizontale halbkreisförmige Kanal ist kurz, liegt dem äußeren Umfange des Vestibulum auf. Ventral setzt sich das Vestibulum in seiner hinteren Hälfte in einen trichterförmigen Sack fort, aus dem der kurze Verbindungskanal zum Saceulus ent- springt. Dieser letztere Theil des Gehörorgans liegt in einer Höhle der Schädelbasis, welche von einer feinen Knochenlamelle bedeckt wird, aber in ihrem vordersten Abschnitte frei mit der Schädelhöhle kommunieirt. ‚In diesem vorderen Abschnitte, in welchen der Canalis communicans und der Nervus acusticus eintreten, liegt die dorsale Fläche des Sacculus frei gegen die Schädelhöhle, und zwar sein vor- deres Drittel oder Viertel. Die Gehörsteine habe ich zunächst in Fig. 10 in natürlicher Größe, dann in Fig. 14 vergrößert dargestellt, wobei jedoch der Lapillus nur zweifach, die übrigen dreimal vergrößert sind. Der Lapillus ist von beträchtlicher Größe. Das gezeichnete Exemplar Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier.e 499 hat eine Länge von 18 mm und ist 12 mm breit und 7 mm dick. Beide Flächen, die dorsale wie die ventrale sind gewölbt, aber die ventrale stärker und ganz gleichmäßig. Die dorsale Fläche hingegen ist nur wenig und unregelmäßig gewölbt und hat auf ihrer Mitte, resp. ein wenig nach außen davon, eine flache breite Längsfurche. In der Mitte dieser Fläche befindet sich eine etwas erhöhte Platte, von der aus eine breite gewölbte Leiste nach vorn zieht zu der ganz vorn medial gele- genen Spitze, während drei feinere, in eine scharfe Leiste erhobene Rippen von der Mittelplatte gegen den medialen Rand hinziehen, dazu auch Andeutungen weiterer schwächerer etwas hinter ihnen. Von der vorderen Spitze aus geht der mediale Rand nur schwach gebogen, fast geradlinig nach hinten, wo er bogenförmig in den Außenrand übergeht. Der Vorderrand läuft schräg nach außen und hinten, in einer deutlich abgesetzten aber abgerundeten Ecke geht er in den stark gebogenen Außenrand über. Die völlig glatte gleichmäßig gewölbte ventrale Fläche lässt zwei nur in der Färbung verschiedene Partien erkennen. Wäh- rend nämlich die Hauptmasse des Steines rein weiß von Farbe ist, be- findet sich am medialen Rande eine 2 mm breite Randzone, welche farb- los, leicht bläulich, etwas durchsichtig ist wie Glas. Diese durchsichtige ‚Randzone beginnt am spitzen Hinterende des Steines, schwillt in der Mitte zackenförmig an und wird dann nach vorn hin undeutlicher. Der Sulcus acusticus liegt randständig. Er nimmt den Außenrand als nahezu 2 mm breiter glatter ebener Streifen ein, welcher in seiner _ Hauptmasse glasartig erscheint mit einem schmalen weißen Saum an der Grenze der Ventralfläche. Das hintere Ende des Sulcus be- zeichnet scharf die Längsfurche der dorsalen Fläche, resp. deren keil- förmiges Ende am zugeschärften Hinterende. Nach vorn hin setzt sich der Suleus auf den Vorderrand fort und greift, an den spitzen Zacken am Vorderende angelangt, noch etwas auf deren Basis und die angren- zende Ventralfläche über. Über dem Suleus liegt im Vestibulum eine flockige gallertartige Masse, zwischen ihm und der Macula acustica. Der obere Ast des Nervus acusticus kommt von vorn und innen gegen das Vestibulum hin, an dem er Äste an jede Ampulle abgiebt, welche an derselben eine Schlinge um deren Basis bilden und zieht dann an der ventralen Fläche des Vestibulum hin, in zahlreiche Äste sich auflösend, gegen deren lateralen Umfang hin, wo er die Macula acustica bildet. Ich komme hierauf weiter unten zurück bei Pimelodus sapo. Der Asteriscus ist ein flacher, vertikal stehender Körper, dessen äußere laterale Fläche ganz glatt und glänzend und ziemlich eben ist, während die mediale den sehr breiten Suleus acusticus trägt. Die Rand- partie ist dünn, bläulichweiß durchsichtig, mit einfachem, zugeschärftem, 33* 500 H. von Ihering, nicht gekerbtem Rande. An der Vorderseite ist der Außenrand unter- brochen durch einen weiten tiefen Einschnitt, das Ende des Sulcus acusticus. Die obere Spitze desselben ist stumpf, wenig abgesetzt, die untere zugespitzt und in der Regel durch einen kleinen schmalen Ein- schnitt in zwei Spitzen gespalten. Der Suleus acusticus, dessen hin- teres sackförmiges Ende nach abwärts gebeugt ist, gegen den Ventral- rand hin, wird von einer zumal in der oberen Begrenzung sehr breiten Lamelle gebildet. Die Maße sind: Länge 5,5 mm, Höhe 5 mm, Durch- messer 1,5 mm. Die Sagitta ist ein fadenförmiger, feiner aber langer Körper, 14,5mm lang, 3,5 mm breit. Bei Ansicht von der gewölbten Ventralfläche (Fig. 10 S) unterscheidet man an ihm einen breiten, nach vorn in eine so- lide zapfenartige Spitze ausgehenden Vordertheil und ein stielförmiges, breites aber flaches, in der Mitte ausgehöhltes Hinterende. Der höhere Rand des Stielendes setzt sich im Bogen über den Vordertheil fort bis zur Spitze, auf diese Weise eine breite federförmige oder flügelförmige gewölbte Fläche begrenzend. Die andere Kante des Stieles setzt sich auf der entgegengesetzten dorsalen Fläche nach vorn hin in eine nach ihrem freien, etwas gekräuselten Rande hin angeschwollene Lamelle fort, welche sich auf eine Strecke hin theilt. Die feine sich abzweigende “ Lamelle vereinigt sich nach vorn hin wieder mit der anderen in eine vertikal stehende feine Leiste, die an der soliden Spitze des Vorder- endes endet. Zwischen die Falten dieser Lamellen, deren Anordnung Fig. 11 S zeigt, erstreckt sich die Macula acustica. Das Stielende ist gedreht, indem es Anfangs vertikal, später gegen die Spitze hin fast horizontal steht und zugleich leicht aufwärts gekrümmt ist. Pimelodussapo Val. unterscheidet sich in der Sagitta wenig, um so mehr aber im Lapillus von Arius. Auch das häutige Labyrinth zeigt Unterschiede. Das Vestibulum ist kleiner, daher die halbkreisför- migen Kanäle relativ viel länger erscheinen, auch füllt der Lapillus bei Weitem nicht das Vestibulum aus. Im Übrigen ist die Anordnung die gleiche wie bei Arius. Der Asteriscus ist zwar kleiner als der Lapillus, aber doch nicht so. außerordentlich viel kleiner wie bei Arius. Die Form ist zwar wesent- lich die gleiche wie bei Arius, allein die Proportionen sind andere; so ist zumal die Höhe (5 mm) beträchtlicher als die mm betragende Länge, und der obere Theil des Vorderendes springt stärker vor, bedeutend weiter nach vorn als das übrigens auch etwas gespaltene untere End- theil des Suleus acustieus. Der Lapillus (Fig. 13), welcher zu dem oben beschriebenen Aste- riscus gehörte, maß: Länge 7 mm, Höhe 4,5 mm, Diameter 2 mm. An Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. 501 einem Exemplar von 1800 g Gewicht waren die betreffenden Maße des Lapillus 8 —5—2 mm. Die dorsale Fläche ist eben, glatt, der Rand rings- um zugeschärft, aber am äußeren Umfange mit einem breiten und ziem- lich tiefen Einschnitte versehen, dessen beide Begrenzungsecken scharfe spitze Zacken darstellen. Durch den Einschnitt gewahrt man in der Tiefe die Umrisse des im Folgenden als Dens zu beschreibenden Theiles der Ventralfläche. Der Umriss des Steines ist nahezu viereckig. Derselbe liegt so, dass der Vorderrand etwas nach außen sieht, der gerade mediale Rand von vorn und außen nach hinten und innen zieht und dadurch das Hinterende, in welchem Außen- und Hinterrand in spitzem Winkel zusammenstoßen, am meisten nach innen gegen die Medianlinie gerichtet ist. Auf der bläulichweißen, etwas gewölbten Ventralfläche des Lapillus befindet sich eine milchweiße erhabene Figur, annähernd in Form eines A oder W. Die Hauptmasse dieses Theiles bildet der hügelförmige, gegen den Außenrand gerichtete Dens, derselbe setzt sich nach hinten hin in einen kurzen, leicht gebogenen, über die Fläche erhaben vor- stehenden Schenkel fort, eben so nach vorn hin, doch ist der vordere Schenkel länger und in Form einer breiten, der Unterlage angehefteten Lamelle entwickelt. Der freie äußere Rand derselben läuft dem Vorder- rande des Lapillus parallel. Die Fläche selbst dieses vorderen Schenkels ist glatt; sie fällt gegen den Dens hin, eine tiefe Grube bildend, deren Fortsetzung nach außen hin sich über die dorsale Fläche des Dens fort- setzt. Diese so von dem Dens und seinem vorderen Ausläufer begrenzte Grube ist der Sulcus acusticus, der somit theils randständig auf der lateralen Kante, theils und zwar seiner Hauptmasse nach auf der ven- tralen Fläche liegt. Es ist interessant, diesen Lapillus mit dem so erheblich verschie- denen von Arius zu vergleichen. Bei Arius ist die dorsale Seite des Lapillus, wie früher erwähnt, durch eine Längsfläche in zwei in Skulp- tur erheblich verschiedene Theile getheilt. Der laterale Theil ist glatt ‚ohne Skulptur, leicht gekörnelt, der höher gelegene größere Innentheil ‚hat außer den schon erwähnten radiären Leisten auch koncentrische Furchen zwischen Mittelplatte und Innenwand. Eben diese Furchen hat auch die dorsale Fläche des Lapillus bei Pimelodus sapo und der Vergleich ergiebt somit, dass der Lateraltheil bei Arius nichts Anderes ist als der sehr vergrößerte Dens, Daher erklärt es sich auch, dass die Ausbreitung des Suleus acusticus eine so bedeutende ist. In Folge der starken Entwicklung des Dens und des auf ihm liegenden Suleus acusti- ‚eus ist der vorderste auf der Ventralfläche gelegene Theil des Suleus "bei Arius viel weniger entwickelt als bei Pimelodus. Auch die Farben- 502 an H. von Ihering, unterschiede auf der ventralen Fläche des Arius-Lapillus erklären sich aus den bei Pimelodus bestehenden Verhältnissen, wo ja ebenfalls der mediale Randtheil glasig transparent, der Dens opak, weiß ist. Außer der eben besprochenen Art habe ich noch eine zweite Art der Gattung Pimelodus untersucht, P. maculatus Lac. So überein- stimmend auch der allgemeine Bau der Otolithen bei beiden Arten ist, so bestehen doch in den untergeordneten Momenten der Gesammtform und Proportion so erhebliche Unterschiede, dass man aus einem solchen Steinchen leicht die Species, der er angehörte, bestimmen kann. Der Lapillus wird —5 mm lang; sein vorderes Ende ist zugespitzt, indem der mediale Rand schräg nach der am Außenrand befindlichen Vorder- spitze hinzieht, so dass dieses ganze vordere Ende viel schmäler ist als bei P, sapo. Auch das Hinterende ist verschieden. Der Außenrand schließt sich ziemlich gleichmäßig an den nur wenig darüber vorragen- den Dens an, der Hinterrand ist geradlinig, schräg gegen die scharf vorstehende Spitze hinlaufend, in welcher Hinter- und Innenrand zu- sammenstoßen. Während der Asteriseus bei P. sapo höher als lang ist, mit bedeu- tendem Überwiegen des oberhalb des Einschnittes gelegenen Theiles, ist er bei P. maculatus fast gleichmäßig rund mit kleinem Einschnitte des Vorderrandes und nahezu gleichmäßiger Entwicklung beider, den Einschnitt begrenzenden Zacken. Auch der Suleus acusticus nimmt an dieser gleichmäßigen Rundung entsprechend Theil. Ich habe noch manche andere Siluriden untersucht, finde jedoch keinen Grund zu einer genaueren Beschreibung und erwähne daher nur das Wesentlichere. Den Pimelodusarten schließt sich sehr nahe an ein von mir für eine sp. n. von Piramutana gehaltener Fisch. Der Lapillus zeichnet sich durch etwas beträchtlicheren Diameter aus. Das Vorderende ist minder schlank wie bei Pimelodus maculatus, das Hinterende gerade quer abgestutzt. Der hintere Schenkel des Dens ist breit und kurz, wenig erhaben, wie es ähnlich auch schon Pimelodus maculatus zeigt. Loricaria anus Val. schließt sich noch ganz den bisher be- sprochenen Arten an, namentlich auch darin, dass nicht die sämmt- lichen Theile des Gehörorgans bei einander in der Schädelhöhle frei liegen, vielmehr nur das Vestibulum frei in der Schädelhöhle liegt, die beiden anderen Abschnitte mit ihren Gehörsteinen auf die Schädelbasis gerückt sind. Der Lapillus eines (exel. C.) 375 mm langen Exemplares maß nur 3 mm in der Länge. Die Form ist ähnlich wie bei Pimelodus maculatus, nur der Dens ist viel größer, auch reicht er nach innen fast bis an den medialen Rand, wo er nach vorn den Schenkel zur Über die zoologisch-systematische’Bedeutung der Gehörorgane der Teleostir. 503 Begrenzung des Suleus acustieus abgiebt, indess der hintere Schenkel ganz kurz und plump ist und ohne deutliche Grenze in die umgebenden Theile übergeht. Der freie laterale Rand des Dens ist zugeschärft, er konvergirt nach hinten gegen den Außenr and des Lapillus, mit dem er zusammenstößt und verschmilzt. Ob diese geringfügigen Differenzen bei Ausdehnung der Untersuchung auf zahlreiche Arten sich als so konstant erweisen sollten, dass sie zu generischer Scheidung der For- men Anhalt bieten, möchte ich bezweifeln, da ja die Differenz zwischen Pimelodus maculatus und Loricaria kaum erheblich größer ist als jene zwischen Pimelodus sapo und Pimelodus maculatus. Die halbkreisför- migen Kanäle sind bei Loricaria recht lang. Plecostomus Commersonii Lac. Das Gehörorgan liegt seit- lich des Gehirns in der Schädelhöhle frei, so zwar, dass der Saceulus nebst der ihm anhängenden Lagena unter dem Vestibulum liegen, auf der Schädelbasis, aber nicht in ihr. Die halbkreisförmigen Kanäle sind ziemlich lang, eben so das Vestibulum, in dessen vorderem Abschnitte der kleine Lapillus liegt. Eine breite Kommunikation zwischen den beiden Saceuli repräsentirt den Sinus impar. Der Lapillus misst an großen Exemplaren 4,5—5 mm, er ist im Allgemeinen jenem von Pimelodus ähnlich, nur relativ höher. Der Dens ragt weit über den Außenrand vor. Das Hinterende ist abge- stutzt, der mediale Rand bogenförmig, das Vorderende zugespitzt (ef. Fig. 12 L). Der Asteriscus ist etwas höher als lang, am unteren Ende zuge- spitzt, die Form im Übrigen aus Fig. 12 A ersichtlich. Die Sagitta (Fig. 12 S) zeigt zwar auch den bei den anderen Si- luriden bekannten Typus, aber ihr Vordertheil ist sehr verbreitert. Sie ist etwas über 5 mm lang. Der sehr breite Vordertheil trägt auf der Dorsalseite den bekannten, von zwei Leisten eingefassten Sulcus acusti- eus. Der Vorderrand ist dreizackig, zwischen den Zacken ausgeschnitten. Bei einem anderen Exemplare war der Vorderrand schmäler, indem der dorsale mehr schräg nach hinten verlief. Otocinclus sp.n. schließt sich sehr eng an Plecostomus an. Der geringen Körpergröße entsprechend, beträgt die Länge des Lapillus nur 0,6 mm, des Asteriscus 0,4 mm, der Sagitta 0,7 mm. Ersterer ist mehr rund mit sehr großem Dens, also fast jenem von Acara faceta ähnlich, Der Asteriscus ist mehr oval, ohrförmig, mit ziemlich kreisrundem Suleus, An der Sagitta ist der Vordertheil schmäler, so dass die Seitenflügel sich besser, wenn auch bauchig gegen das Mittelstück absetzen. Der Suleus acusticus wie bei Plecostomus. : Bei Chaetostomus cirrhosus Val. liegen auch Sacceulus und 504 aSTaR H. von Ihering, Lagena der Schädelbasis auf, allein zwischen ihnen und dem Vestibu- lum ist bereits ein kurzer Canalis communicans entwickelt. Es fand sich ein breites Verbindungsband von einem Sacculus zum anderen, der Sinus impar. Ich hatte nur alte, lang und ungenügend konservirte Exemplare dieser Species zur Verfügung, in Folge welches Umstandes auch die Gehörsteine aufgelöst waren. Es ist eben bei kleineren länger konservirten Fischen, bei denen also die Schädelhöhle nicht frei gelegt wurde, immer ein missliches Ding um die Untersuchung des Gehör- organs. Wenn wir nun auf Grund der vorliegenden Beobachtungen die Otolithen der Characiniden und Siluriden vergleichen, so ergeben sich uns folgende Resultate. Der Lapillus dient, so weit die bisherigen Erfahrungen reichen, am besten zur Unterscheidung. Er besteht bei den Siluriden aus einer mehr oder minder transparenten Lamina, deren Außenrand einge- schnitten ist und in welchen Ausschnitt eine hügelförmige durch lebhaft weiße Farbe auffallende Partie, der Dens, hineinragt, welche der ven- tralen Fläche angehört. Nur bei Arius, so weit bisher meine Erfahrun- gen reichen, verschmelzt der Dens vollkommen mit der Lamina, bleibt aber an der weißen Farbe noch kenntlich. Der Sulcus acustieus liegt rings um den Rand des Dens herum, nur mit dem vorderen medianen Endstücke ein wenig auf die ventrale Fläche sich ausdehnend. Bei den Characiniden dagegen ist ausnahmslos der Dens innig mit der Lamina verschmolzen und nur an der Farbe kenntlich. Dies ist ein wesent- licher Unterschied, ein anderer liegt in der Lage des Suleus acusticus. Derselbe liegt in der Hauptsache bei den Characiniden auf der Ventral- fläche, nahe am medialen Rande, also nach innen von dem dem Dens entsprechenden Theile, und nur zum geringen Theil am vorderen, gar nicht am lateralen Rande. Wo ausnahmsweise bei Siluriden, wie bei Arius, eine eben so innige Verschmelzung von Dens und Lamina zu Stande kommt, bleibt die Lage des Sulcus acusticus eine randständige, zumal dem lateralen Rande des Dens angehörige. Die Sagitta ist bei beiden Familien nach dem gleichen Typus ge- baut. Ein breiterer vorderer und ein stielförmiger hinterer Theil sind entwickelt und der vordere Abschnitt besitzt auf seiner dorsalen Fläche eine tiefe, von zwei Leisten eingefasste Grube für die Macula acustica. Ein so breiter Vordertheil wie bei Panzerwelsen kommt bei Characi- niden nicht vor, im-Übrigen aber fehlen durchgreifende Unterschiede. Mittelglieder zwischen dieser Form der Sagitta und jener der Acan- thopterygier fehlen noch gänzlich; ein wesentlicher Unterschied ist die Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostire. 505 dorsale Lagerung der Macula acustica, welche bei jenen der medialen Fläche angehört, wie bei dem Asteriscus der Charaeiniden. Der Asteriscus hat in beiden Familien den gleichen Bau. Der Rand pflegt stark gezackt oder gezähnelt zu sein bei Characiniden, nicht oder wenig bei Siluriden. Ein Theil der Charaeiniden bietet in der unvollkommenen, nicht bis zur Rima reichenden Entwicklung des Suleus acusticus ein bei Siluriden nicht vorkommendes Verhalten. Wäre dieser Körper die Sagitta, so hätte man hierin eine an die Verhältnisse der Acanthopterygier anknüpfende Eigenthümlichkeit zu sehen, wo ja auch der Suleus acusticus oft am hinteren Ende umgebogen ist ohne bis an den Anfangspunkt zurückzukehren. Ich habe indess oben die Gründe angegeben, wesshalb ich mich der herrschenden Meinung an- schließe, welche diesen Körper als den Asteriscus deutet, Pseudophysostomen. Symbranchus marmoratus Bl. Im Gegensatze zu den Cha- raciniden und Siluriden hat diese Gattung die Schädelhöhle sehr klein, wenig geräumig, wenig mit Fett erfüllt. Dem entsprechend nimmt auch das ziemlich plumpe gedrungene Gehörorgan wenig Raum ein, zumal die halbkreisförmigen Kanäle sind im Verhältnis zu ihrem Durchmesser sehr kurz. Von einem großen über einen halben Meter langen Exemplare stammt der inFig. 15 abgebildete Otolith des Saceulus. Als ich jetzt auch die übrigen Theile des Gehöres studiren wollte, standen mir nur einige junge Exemplare zur Verfügung, die sich für diese Untersuchung nicht als gut genug konservirt erwiesen. Ich habe daher den Zusammenhang zwischen Vestibulum und Sacculus nicht genau erkannt, weiß somit nicht ob ein kurzer Canalis communicans existirt, oder ob beide Theile, wie mir schien, an einander gelagert sind. Doch ist bemerkenswerth, dass der große Sacculus in einer Höhlung der Schädelbasis ruht, welche aber nach oben hin völlig offen ist. Immerhin erweckt es den Eindruck als sei diese Anordnung auch hier einer der einleitenden Schritte zur Verlagerung des Sacculus in die Schädelbasis. Die Lagena bildet nur einen winzigen Anhang am Sacculus, und der in ihr vermuthlich ent- halten gewesene Otolith fehlte, wohl in Folge von Maceration, Der Lapillus eines kleineren Exemplares ist über 0,5 mm lang und nahezu eben so breit. Er hat im Allgemeinen eine breit herzförmige Gestalt mit zugespitztem Hinterende und ausgeschnittenem Vorderrande. Eine nahezu randständig gelegene gebogene Furche am Vordertheile fasse ich als Sulcus acusticus auf. Die Oberfläche ist an beiden Seiten 506 H. von Ihering, rauh mit gerundeten Höckerchen. Nachuntersuchung an größeren Exemplaren ist nöthig (ef. Fig. 15 L). Die Sagitta ist von nahezu ovaler Form, am vorderen und hinteren Ende leicht zugespitzt, 5,5 mm lang, 4 mm breit. Die laterale Fläche ist mit einer nahezu central gelegenen tiefen Grube versehen und rauh von zahlreichen unregelmäßigen, zum Theil etwas radiär laufen- den Höckern. Die Ränder sind gezackt, zum Theil wie namentlich auch das Vorderende tief eingeschnitten. Die mediale Fläche ist nur in der Randzone ebenfalls etwas rauh und furchig, aber ohne größere Höcker. Sie ist vom Rande her gewölbt, aber die Mitte nimmt eine der Länge nach laufende breite tiefe Grube mit glatten Wänden ein. Diese Grube erreicht weder das vordere nech das hintere Ende, aber nahe an er- sterem setzt sich an sie eine kleine breite Furche an, welche schräg zu dem hier tief eingeschnittenen Rande verläuft und zwar nach dem Vordertheil des Dorsalrandes, denn dieser ist der stärker und gröber gezähnte. Die Sagitta ist gleichmäßig bläulichweiß. Es braucht wohl kaum besonders darauf hingewiesen zu werden, dass diese Verhältnisse des Gehörorgans keinerlei Analogie zu dem bieten, was wir bisher von Characiniden und Siluriden kennen lernten. Vergleicht man die Sagitta mit derjenigen anderer Knochenfische, so bieten nicht die Physostomen, sondern zahlreiche Acanthopterygier An- knüpfung. Die Sagitta von Conger ist sehr ähnlich (ef. Koren II, Taf. XVII, Fig. 6—7). Im Allgemeinen ähneln auch die Sagittae der Tra- chiniden, sowie von Trigla jener von Symbranchus. Es erweckt das den Verdacht, dass die Stellung der Aale, Muraeniden etc., bei den Physostomen ganz verkehrt ist, und dass diese Fische besonders modi- fieirte Acanthopterygier sein müssen, sei es nun, dass sie an. die tri- chiuriformen oder an blenniiforme Acanthopterygier (Mastacembelus?) etc. anknüpfen. Für eine Prüfung dieser speciellen Frage fehlt hinsicht- lich des Gehörorgans noch gänzlich die empirische Grundlage. Der aus dem Gehörorgan sich ergebende Wink wird aber vielleicht dazu an- regen, durch vergleichende Studien die richtige Stellung der Aale im Systeme zu ermitteln. | Carapus fasciatus Pall. Der Fisch erreicht eine erhebliche Größe von ?/, m oder mehr; ich besitze ihn leider nur in ganz jungen Exemplaren von 15 em. An den mir vorliegenden, schon längere Zeit konservirten waren die kleineren Otolithen brtchig und zerfielen, nur der größere von ihnen war wohl erhalten. Die Existenz eines Canalis communicans wurde zwar nicht direkt beobachtet, allein indirekt er- wiesen, da Vestibulum und halbkreisförmige Kanäle in der Schädel- höhle frei, aber der Saceulus mit der Lagena in einer geräumigen Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostirre 507 Höhlung der Schädelbasis eingeschlossen liegen. Hierin unterscheidet sich also Carapus von Symbranchus, mehr noch in der Form und Größe ‚des Asteriscus (ef. Fig. 7). Derselbe ist an den erwähnten kleinen Exemplaren klein, nur 0,6—0,7 mm lang, 0,5 mm hoch, flach ohrförmig, mit nicht gezacktem gerundetem Rande. Die laterale Fläche ist ge- wölbt, in der Mitte am höchsten, rauh mit kleinen unregelmäßigen grubenförmigen Vertiefungen. Die mediale Fläche ist ziemlich glatt und eben und mit einer starken, hufeisenförmigen Lamella acustica versehen. Der Ausschnitt an deren Mündung ist vollkommen über- brückt oder ausgefüllt. Der obere Rand der Lamelle ist zackig einge- schnitten, mäßig dick, der untere absteigende Schenkel ist überaus dick und massig. Er bildet nach unten am Übergang in den äußeren Theil der Lamelle einen Winkel. Um sie herum liegt am vorderen und äußeren Umfange eine flache Furche, welche nach hinten sich erwei- tert und zwischen dem hinteren Winkel der Lamelle und dem Außen- rande durch eine Querbrücke unterbrochen ist. Es scheint daher als ob hier schon die Fossa acustica ende, allein jenseits der Querbrücke findet sich wieder eine grubenförmige Vertiefung, die vielleicht deren Fortsetzung ist. Wir sehen hieraus, dass das Gehörorgan der Gymnotiden sehr ver- sehieden ist von jenem der Muraeniden, Symbranchus ete., welche dem Gehörorgane nach zu den Acanthopterygiern gehören, indess Carapus sich den Siluriden u. a. Physostomen anschließt. Wenn erst von Cara- pus und Gymnotus auch die beiden anderen Gehörsteine genauer be- kannt sein werden, so wird sich wohl entscheiden lassen, von welcher Familie der Physostomen dann die Gymnotiden abzuleiten sein werden. Man erkennt auch hier wieder den Werth, den eine genaue Ver- gleichung der Gehörorgane der Knochenfische für deren natürliche Klas- sifikation besitzt. Wenn meine Deutung richtig ist, so ist also auch bei Garapus wie bei Siluriden, Characiniden etc. der Asteriscus der größere Otolith. Besonders wichtig wird es sein die Sagitta kennen zu lernen. Bei einem weiteren untersuchten Exemplare schien es mir, als ob der hier abgebildete allein erhaltene Otolith doch wohl die Sagitta sein könne. Erst wenn größere gut entwickelte Exemplare hierauf unter- sucht und sämmtliche Otolithen bekannt sind, wird sich somit über den Werth dieses größeren Otolithen und über die Stellung, welche in systematischer Hinsicht das Gehörorgan den Gymnotiden anweist, ur- 'theilen lassen. 508 | H. von Ihering, Pharyngognathen. Die CGyprinodonten. Irgend welche, wohl wesentlich auf Habi- tus, Gebiss etc. sich gründenden allgemeinen Betrachtungen haben dazu verleitet, bisher die Cyprinodonten in die Nähe der Cypriniden zu stellen. Die folgenden Darlegungen werden erweisen, wie wenig diese Stellung als eine zutreffende zu gelten hat. Jenynsia lineata Jen. Das ganze Gehörorgan liegt zur Seite und etwas nach unten vom Gehirn frei in der Schädelhöhle. Die halb- kreisförmigen Kanäle sind dick aber kurz. Die sämmtlichen drei Ab- schnitte kommuniciren weit mit einander. Der umfangreichste Theil ist der Sacculus, welchem nach hinten eine nicht sehr kleine Lagena anhängt. Nach vorn gelangt man aus dem Sacculus in den kurzen Recessus utriculi, in dem ein sehr kleiner Lapillus bald hinter den Ampullen gelegen ist. Der größte Otolith ist die Sagitta, die an einem größeren Exem- plare 1,5 mm maß. Die laterale Fläche des annähernd dreieckigen Steines ist rauh mit zahlreichen auf und an einander gelagerten Höckern von mehr oder minder eckiger Form. Die mediale Fläche ist glatter, nur an dem zugespitzten Mitteltheile mit einigen kleineren Höckerchen besetzt. Über die Mitte der Fläche verläuft fast der ganzen Länge nach eine gerade breite gleichmäßig ausgehöhlte Grube, die sich nach vorn breit erweitert — der Suleus acusticus (Fig. 16 S). Der Asteriscus misst nur 0,8 mm in seinem größten Durchmesser (ef. Fig. 16 A). Er ist ein nicht dicker, scheibenförmiger Körper mit einer einfachen lateralen Fläche, mit einigen koncentrischen Linien und einer anderen, auf welcher der Sulcus acustieus liegt. Derselbe be- steht in einem breiten verdickten reliefartig vortretenden Bande, wel- ches schlingenförmig gebogen ist. Der kürzere Schenkel beginnt mit einem zahnartigen Vorsprunge und biegt nach kurzem Laufe gegen das Gentrum des Otolithen fast rechtwinkelig nach hinten um; er ist schmal, wenig abgesetzt. Der andere längere Schenkel beginnt dicht oberhalb des vorigen ebenfalls mit einem zahnförmigen Fortsatze und läuft ähn- lich, aber in viel weiterem Bogen; er ist als ein breiter, gut abgesetz- ter, in der Mitte etwas gefurchter bandförmiger Strang entwickelt. Der von ihm umschlossene Raum ist gegen die Mitte etwas höher, unregel- mäßig geformt mit rauher Oberfläche. Girardinuscaudimaculatus Hens. Das Gehörorgan stimmt vollkommen mit jenem von Jenynsia überein. Den kleinen, 0,2 mm großen Lapillus habe ich in Fig. 17 abgebildet. Es ist ein nahezu vier- eckiges Plättchen mit einem größeren flachen und einem kleineren, Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. 509 sich dahinter erhebenden höheren Theile. Die Sagitta ist I mm, der Asteriscus 0,5—0,6 mm lang. An der Sagitta liegt der tiefe Sulcus acustieus nicht in der Mitte, sondern nahe dem einen Rande; die ent- gegengesetzte Fläche ist rauh, leicht höckerig, aber in der Mitte bleibt eine glatte Fläche frei, was auch bei Jenynsia der Fall ist. Da, wo bei Jenynsia sich an der Mündung des Sulcus acusticus auf dem Asteriscus drei zahnförmige Fortsätze am Rande befinden, existirt hier nur ein einziger großer gerundeter Vorsprung. Die Sulcusfläche ist leicht ge- wölbt. Sowohl im Baue des Gehörorgans als in der Konfiguration der Otolithen weichen somit die Cyprinodonten ganz außerordentlich ab von den Characiniden und Siluriden und auch Cypriniden. In allen diesen Punkten schließen sie sich den Acanthopterygiern und Chromi- den an. Man vergleiche im Folgenden das über Geophagus Bemerkte. Lage und Anordnung der Theile des Gehörorgans sind dieselben. Der . Lapillus bietet bei beiden keine besonderen bemerkenswerthen Charak- tere, wohl aber Sagitta und Asteriscus, und diese stimmen sehr überein. In Bezug auf die Sagitta besteht lediglich der Unterschied, dass das freie hintere Ende bei den Cyprinodonten gerade bei Geophagus um- gebogen ist. Der Asteriscus ist identisch. Es weist dies Alles darauf hin, dass die Gyprinodonten nur scheinbar irgend welche nähere Beziehungen zu den Cypriniden besitzen. Darauf weist auch schon der Umstand hin, dass das Verhältnis der Schwimm- hblase zum Gehörorgane und der Reihe intermediärer sog. Gehör- knöchelchen, welches die Cypriniden, Characiniden etc. besitzen, den Cyprinodonten abgeht. Der einzige Grund, die Cyprinodonten bei den Physostomen unterzubringen, ist das Vorhandensein des Luftganges von der Schwimmblase zum Ösophagus. Bedenkt man aber, dass derselbe embryonal allen Teleostiern zukommt, dass er zwar wohl immer (?) bei den Acanthopterygiern, aber sehr häufig auch bei Physostomen fehlt, ja selbst unter Schwund der ganzen Schwimmblase, so erscheint doch die Persistenz oder Obliteration dieses Ganges kaum als ein zur Scheidung großer und natürlicher Gruppen ausreichendes Moment. Nehmen wir an, dass eine Persistenz des Luftganges auch in ein- zelnen Familien der Acanthopterygier vorkomme, so würde einer nähe- ren Verbindung von Cyprinodonten und Chromiden zumal das Verhal- ten der unteren Schlundknochen entgegen stehen, welche bei den Chromiden u. a. Pharyngognathen verschmolzen sind. In dieser Hinsicht bestehen aber bei den Cyprinodonten Differenzen. Jenynsia hat die unteren Schlundknochen ganz isolirt, wenn auch nahe bei einander. Bei Girardinus aber besteht eine Symphyse, d. h. die beiden Schlund- 510 . H. von Ihering, knochen haben in der Mediane ebene scharf abgestutzte und unmittel- bar an einander liegende, durch Bänder verbundene Ränder. Zur Verwachsung beider fehlt daher nur noch ein Schritt. Vielleicht weist eine genaue Untersuchung der Cyprinodonten auch einzelne Arten oder Gattungen nach, wo dieser weitere Schritt zurückgelegt ist, wie denn ja überhaupt nur ein gradueller Unterschied die Pharyngognathen von anderen verwandten Familien trennt. Vermuthlich wird bei genauerer Vergleichung die Beziehung der Cyprinodonten zu den Chromiden sich als minder nahe erweisen wie zu einer anderen Familie der Pharyngognathen, den Embiotociden, welche wie die Gyprinodonten vivipar sind und eben so große Junge zur Welt bringen wie die Cyprinodonten. Schlundknochen sowohl wie Schwimmblase ete. wären daher genauer zu vergleichen. Die unteren Schlundknochen von Geophagus brasiliensis entsprachen fast völlig jenen von Girardinus. Auch sie sind bei nicht völlig ausgewachsenen Exemplaren nicht verwachsen, sondern durch Symphyse verbunden noch verschiebbar gegen einander. Eben so verhält sich Acara faceta Jen., und beide haben nach vorn hin dieselbe spitze Verlängerung der - Schlundknochen wie Girardinus, auch die Zähne zeigen wenig Unter- schied. Es ist daher klar, dass hier Persistenz oder Schwund des Luft- ganges der Schwimmblase nicht die ihm beigemessene Bedeutung besitzt, und die einseitig auf seine Ausbildung basirte Klassifikation unnatürlicherweise zusammengehörige Familien aus einander reißt. Von Geophagus brasiliensis Qu. et G. habe ich in Fig. 8 die Sagitta und den Asteriscus abgebildet. Das Gehörorgan im Ganzen ähnelt jenem von Jenynsia, nur sind die halbkreisförmigen Kanäle länger und schlanker und die Lagena ist viel kleiner. In Folge dessen misst der Asteriscus nur | mm. Er ist ein scheibenförmiger kleiner Körper von fast ovaler Form mit einer sackförmigen Lamella acustica, welche band- oder leistenförmig entwickelt ist. Die Sagitta ist 4 mm lang, 2,5 mm breit, oval mit zackigem schar- fem Rand. Ihre laterale Fläche ist eben, fast glatt, über die Mitte der Fläche etwas konkav gebogen. Die mediale Fläche ist gewölbt, nahe dem Rande etwas granulirt. Am Vorderende beginnt der Suleus acusti- cus breit, setzt sich gerade über die Mitte bis gegen das Hinterende hin fort, wo er nach unten umbiegt. Wie aus der Abbildung Fig. 8 S ersichtlich ist, treten im vorderen breiten Mündungstheile des Sulcus, dem Ostium, zwei feine Leisten auf, die gegen einander konvergiren und verschmelzen. Eine andere Leiste begrenzt ein schmales, unter- halb des Suleus gelegenes Feld, welches noch zu demselben zu gehören scheint. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier, 511 Der ebenfalls sehr kleine Lapillus endlich misst 1,5 mm in der Länge bei I mm Breite. Er hat eine glatte bogenförmig begrenzte Par- tie, aus der sich eine andere größere Fläche erhebt, deren Anfangstheil sich steil erhebt und reichlich granulirt ist. Von Acara faceta Jen. habe ich nachträglich noch ein FE onder: schönes großes Exemplar untersuchen können. An diesem vollkommen ausgewachsenen Thiere existirte die Symphyse zwischen den beiden unteren Schlundknochen nicht mehr. Nur bei Creniecichla habe ich bis jetzt ihr völliges Verwachsen noch nicht beobachtet. Es würden nun diese Verhältnisse auch bei anderen Vertretern der Pharyngognathen - zu untersuchen sein, um zu sehen, ob diese Verwachsung der Sym- physe bei allen Arten mit dem Alter erfolgt, eben so ob sie auch bei - einzelnen Cyprinodonten schließlich eintritt. Der Lapillus dieses Thie- res zeigt wieder wie bei Geophagus eine Zusammensetzung aus zwei einander aufgelagerten Theilen. Von diesen ist der hügelförmig erha- bene auf seiner Oberfläche granulirte, resp. mit feinen Furchen ver- sehene, der Dens, welcher hier also erheblich größer ist und weiter gegen den vorderen und lateralen Rand reicht, als bei Geophagus. Dadurch bleibt nur ein schmaler Raum rings um den Dens übrig. Der Lapillus misst 1,4 mm, die Sagitta mm. Der Sulcus acusticus der Sagitta ist an seinem hinteren Ende sehr wenig umgebogen; er ist zu beiden Seiten von einer glatten, durch eine deutliche Linie abge- setzten Fläche begleitet, welche wohl mit zu den von der Macula acustica bedeckten Theilen gehört, und von denen die obere fein verti- kal gefurcht oder gestrichelt ist. Da die Sulcusfläche stark gewölbt ist, so ist die entgegengesetzte Fläche konkav. Betrachtet man den Stein von dieser Seite gegen das Licht, so sieht man den tief eingegrabenen Suleus acusticus deutlich durch. Der ventrale Rand ist stark gezackt, der dorsale nicht. Der Asteriscus weicht nicht von jenem von Geophagus ab. Beson- ders interessant war mir der Lapillus, weil der auch wie gewöhnlich durch die milchweiße Farbe sich auszeichnende Dens als solcher so un- zweifelhaft ausgebildet ist, dass fast eine Übereinstimmung mit jenem mancher Siluriden, Otocinclus z. B., zu Stande kommt. Crenicichla lepidotus Heck. schließt sich den eben bespro- chenen Arten innig an. Am Lapillus ist der Dens sehr groß und eigentlich den Haupttheil bildend. Der ganze Stein erscheint dadurch keilförmig, und die breiteste Partie wird vom freien Vorderrande des Dens eingenommen, welcher da einen feinen Sulecus trägt. Die dorsale Fläche ist eben, fast etwas konkav. Die Sagitta ist bei 5,5 mm Länge 3 mm breit, etwas schlanker als 512 $ H. von Ihering, die der vorigen beiden Arten, am Rande kaum krenulirt. Der Suleus, im Wesentlichen wie bei Geophagus beschaffen, endet schon eine Strecke vor dem Hinterende ohne nennenswerthe Umbiegung, verläuft also auffallend gerade. Das Ostium ist wenig erweitert, in seiner Mitte ist der Vorderrand eingeschnitten. Die seitliche Begrenzung des Ostium besteht aus zwei Leisten. Die äußere setzt sich in die Crista fort, welche zumal im mittleren Theile der Cauda wohl entwickelt, nach hinten hin sich verliert. Die innere Leiste des Ostium stößt am Be- ginne der Cauda mit jener der anderen Seite zusammen im spitzen Winkel. Das Ostium ist also ausgezeichnet dadurch, dass es wenig breiter ist als die Cauda, dass es eine feine Incisura am Antirostrum besitzt und an diese sich unmittelbar das stärker vorstehende aber ziemlich schlanke Rostrum anschließt. Die leicht konkave Außenfläche ist einfach, ohne besondere Skulptur. Hiermit verglichen war die Sagitta von Acara mit breiterem Ostium und stärker umgebogener CGauda versehen, sonst identisch, nur kürzer, gedrungener. Bei einem der untersuchten Exemplare von Acara hatte die Sagitta einen starken Einschnitt in der Mitte des Dor- salrandes, welcher den anderen fehlte. Man wird sich also zu hüten haben diese leichten Unterschiede in Form und Umriss zumal zu über- schätzen. Gemeinsam ist den untersuchten Chromiden das relativ schmale Ostium mit doppelten Leisten, von denen die inneren nach hinten zusammenstoßend dasselbe gegen die Cauda scharf abgrenzen, die scharfen nach hinten schwächer werdenden oder sich verlierenden Cristae der Cauda, der Mangel von inselförmigen Erhebungen (Colli- culi) in Ostium und Cauda, und die meist oder wenig ausgesprochene Umbiegung des hinteren Endes der Cauda, welches nicht erheblich an- geschwollen ist, im Gegentheil meist sich verjüngend und undeutlicher werdend endet. Eine in der Mitte nicht erheblich anschwellende Area zieht sich an beiden Seiten des Sulcus diesem entlang hin. Ich glaube, dass diese Momente zur Abgrenzung der genannten Gattungen gegen die Gyprinodonten hinreichen werden, wo, so weit sich nach meinem unvollkommenen Material urtheilen lässt, die inne- ren Cristae des Ostium schwach entwickelt sind, nicht zusammenstoßen, sich vielmehr nach hinten verlieren, ohne das Ostium abzugrenzen, welches seinerseits etwas breiter ist, ohne deutlichen Gegensatz von Rostrum und Antirostrum und ohne Incisura am Antirostrum, auch scheint an der einen Seite der Gauda eine verbreiterte, durch eine bogenförmige Linie scharf abgegrenzte Area zu existiren, die aber so wenig wie bei Chromiden vertieft ist. Über die zoologisch-systematische Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. 513 Obwohl mein Untersuchungsmaterial für die Gyprinodonten nicht zureichend war, scheint mir doch Aussicht zu bestehen, dass die bei- den Familien der Chromiden und der Cyprinodonten sich nach den Otolithen, der Sagitta wenigstens, werden unterscheiden lassen. Auf welche Weise aber das Gleiche möglich werden wird für die Chromiden im Verhältnis zu den Pereiden und manchen anderen Familien der Acanthopterygier, ist mir zur Zeit noch unklar. Vielleicht hilft sorg- fältige Untersuchung der den Sulcus acusticus begleitenden Area supe- rior und inferior etwas weiter. Rio Grande do Sul, Brasilien, 8. Januar 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXI, Die den einzelnen Figuren angefügten Buchstaben L, S, A bedeuten Z, Lapil- lus, S, Sagitta, A, Asteriscus und sind die zusammengehörigen Otolithen einer Species mit der gleichen Figurennummer bezeichnet. In Fig. 4 und 9 bedeuten: V, Vestibulum; Sac, Sacculus; Lag, Lagena; L, Lapillus; A, Asteriscus; d.u.s, Ductus utriculo-saccularis. Fig. 4. Gehörorgan von Macrodon trahira Bl. Schn, Im vorderen Theile des Vestibulum schimmert der Lapillus durch. Fig. 2. Otolithen von Macrodon trahira, und zwar: A, der Asteriscus von der medialen Seite mit nach rechts gerichtetem, eingeschnittenem Vorderende; S, die Sagitta von der dorsalen Seite gesehen mit nach oben gerichtetem, breiterem Vorderende und Z, der Lapillus von der Ventralseite mit nach oben gerichtetem Vorderende. Vergr. 3/1. Fig. 3. Otolithen von Prochilodus lineatus Val. Orientirung wie in Fig. 2. Vergr. 4/4. Fig. 4. Lapillus von Leporinus obtusidens Val. Ansicht von der Ven- tralseite. Vergr. 3/4. Fig. 5. Asteriscus von Salminus maxillosus Cuv. Val. Vergr. 4/1. Fig. 6. Asteriscus und Lapillus von Tetragonopterus rutilus Jen. Verer. 5/1. Fig. 7. Sagitta von Carapusfasciatus Pall. Vergr. 20/1. Fig. 8. Otolithen von Geophagus brasiliensis Qu.etG. Vergr. von S 5/4, von A 42/1. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII, Bd. 34 514 HH. von Ihering, Über die z00l.-system. Bedeutung der Gehörorgane der Teleostier. Fig. 9. Gehörorgan von AriusCommersoniiLac. Vergr. 3/2. Fig. 10. Otolithen von Arius Commersonii Lac. Natürliche Größe. Der Lapillus von der dorsalen, der Asteriscus von der lateralen, die Sagitta von der ventralen Seite aus gesehen. Fig. 41. Wie Fig. 40, nur von der entgegengesetzten Flächenansicht. Der La- pillus zweimal, Sagitta und Asteriscus dreimal vergrößert. Fig. 42. Otolithen von PlecostomusCommersoniiLac. Vergr. 5/4. Flä- chenansicht wie in Fig. 44 und 2. Fig. 43. Lapillus von Pimelodus sapo Val. Ventralansicht. Vergr. 3/1. s.a, Sulcus acusticus; d, Dens. Fig. 44. Lapillus von Pimelodus maculatus Lac. Vergr. 4/1. Das Vor- derende mit dem Sulcus acusticus nach links gerichtet. Fig. 45. Otolithen vonSymbranchus marmoratusBl. Die Sagitta 4mal, der Lapillus 30mal vergrößert. Fig. 46. Sagitta und Asteriscus von JenynsialineataJen. Fig. 147. Lapillus von Girardinuscaudimaculatus Hens. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Von "Dr. L. Rhumbler, Assistent der Sektion für Küsten- und Hochseefischerei (Deutscher Fischerei-Verein). I. Über Entstehung und sekundäres Wachsthum der Gehäuse einiger Süßwasserrhizopoden. Mit Tafel XXXII und 2 Holzschnitten. Nachstehende Arbeit verdankt ihre Entstehung dem Studium der Cystenbildungen von Süßwasserrhizopoden. Sie hat sich nach und nach aus diesem heraus entwickelt. Ich bringe sie hier als besondere Abhandlung, weil ich einerseits meine Untersuchungen über die Cy- stenbildungen leider noch nicht zum Abschluss bringen konnte, anderer- - seits aber doch verhindern möchte, dass sich die von Verworn begrün- dete Lehre von der Unveränderlichkeit der Gehäuse von Süßwasserrhizopoden! allzu sehr festsetze und zu weiteren, mei- ner Überzeugung nach, irrigen Schlüssen verführe. Die Präparate, von welchen der größte Theil der nachfolgenden Resultate, so zu sagen, abgelesen ist, wurden von mir im Sommer und Winter 1889 in dem zoologischen Institute der Universität Straß- burg i./E. hergestellt. Ich möchte mir gleich hier erlauben, dem Leiter dieses Instituts, Herrn Professor Dr. GoETTE, meinen aufrichtigsten Dank abzustatten; sein Rath und sein Beistand, dessen ich mich während meines Aufent- haltes in Straßburg bei allen meinen Studien erfreuen durfte, ist auch dieser kleinen Abhandiung in mancherlei Weise zu Gute gekommen. 1 Ich nenne so der Kürze halber den von Verworn aufgestellten Satz: »dass die Gehäuse der Süßwasserrhizopoden nach ihrer Entstehung (nach Abschluss des Theilungsaktes) nicht mehr vergrößert, d. h. nicht wachsen, überhaupt nicht mehr verändert werden könnten«. cf. M. VErwoRN, »Biologische Protistenstudien«. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Ba, 35 516 L. Rhumbler, Als Konservirungsmittel gebrauchte ich Pikrinschwefelsäure und Freuume’sche Chrom-Osmium-Essigsäure; Pikrokarmin, Alaunkarmin, Boraxkarmin und Hämatoxylin dienten als Färbungsmittel!. Mehr als auf diese kam es aber bei den folgenden Untersuchungen auf die Einschlussmittel an. Kanadabalsam hellt die Präparate zu sehr auf, um feine Färbungsnüancen an den verschie- denen Gehäusestellen erkennen zu können; es kamen desshalb neben Kanadabalsam hauptsächlich Fırrant’sche Flüssigkeit, Gly- cerin und Sandarak, welcher sich ebenfalls wegen der Abwesen- heit von aufhellenden Lösungsmitteln als brauchbar bewies, zur häufi- gen Verwendung. | Die Zahl der zur Prüfung gekommenen Präparate beläuft sich auf ca. 200. In diesen Präparaten sind nach ungefährer, jedenfalls aber zu niedriger, Schätzung etwa 900 mit Weichkörper erfüllte und gegen 2000 leere Gehäuse enthalten, so dass im Ganzen also 2900 Ge- häuse verschiedener Species für näheres Studium zur Verfügung standen. Von Immersionssystemen kam nur das Seiwert’sche Was- sersystem Vlla mit Korrektion zur gelegentlichen Verwendung. Von Kern und Weichkörper wurde in dieser Abhandlung fast gänzlich abgesehen, weil ein näheres Eingehen auf dieselben den ohnedies spröden Stoff leicht noch mehr verwickelt hätte und beide zum Gegenstande einer späteren Arbeit gemacht werden sollen. A. Die bis jetzt bekannt gewordenen Entstehungsweisen der Gehäuse von Sülswasserrhizopoden. Die wissenschaftliche Forschung hat bis jetzt drei Arten der Ent- stehung der hier zu besprechenden Gehäuse zweifellos festzustellen vermocht. Zwei derselben stehen mit dem Theilungsakte in nächster Beziehung; eine aber ist mit, dem Theilungsakte nicht verbunden. Die eine, erste, jedenfalls ursprünglichste Vermehrungsweise be- steht in einfacher Durchschnürung des Gehäuses bei gleichzeitiger Theilung des Weichkörpers. Sie findet sich nur bei den Arten, welche mit einer sehr dünnen, geschmeidigen Schale ausgerüstet sind, wie Lieberkühnia, Diplophrys, Leceythium ete.? Wo dagegen die Schale dicker geworden, oder wo sie gar durch 1 Konservirungs- und Färbungsmittel wurden in der Regel warm angewandt. 2 Vgl. hierüber die Arbeiten: L. Cıenkowskv, »Über einige Rhizopoden und verwandte Organismen «. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. XII. — HErTwıIe u. LESSER, »Über Rhizopoden und denselben nahestehende Organismen«. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. Suppl.-Bd. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 517 Fremdkörper oder anderes starres Material verstärkt worden ist, da vermag die Schale der Einschnürung des Weichkörpers nicht mehr zu folgen. Bei solchen Thieren theilt sich zweitens (in seltneren Fällen) der Weichkörper allein, und das eine Theilstück desselben tritt aus der Schale aus, welche es dem anderen Theilstück überlässt, und baut sich außerhalb derselben eine neue, selbständige Schale. Der Aufbau der neuen Schale ist also hier von dem Theilungsakte vollkommen ge- trennt (Mierogromia!). Für die Mehrzahl der durch Einlagerungen verstärkten Schalen haben aber die Untersuchungen von GRUBER ?, BLOCHMANN?, SCHEWIAKOFF *? - und Verworn> folgende, dritte, Entstehungsweise ermittelt. Das Material für das künftige Gehäuse des Tochterthieres wird bei den untersuchten Formen in dem Gehäuse des Mutterthieres aufge- speichert. Hier hat es sich entweder in der Sarkode des Mutterthieres selber gebildet (Euglypha) oder es ist als Fremdmaterial von außen durch das Mutterthier erst in die Sarkode aufgenommen worden (Dif- flugia urceolata), um in beiden Fällen während der Theilung nach außen getragen und zu einem neuen Gehäuse für den Sprössling zu- sammengefügt zu werden. Nun trifft man aber bei den zu letzterer Gruppe gehörigen Süb- wasserrhizopoden nicht selten auf Gehäuse, deren Bausteine weitaus größer sind, als der Hohlraum im Gehäuse des Mutterthieres jemals ge- wesen sein kann. Lemy® hat schon mehrere Exemplare dieser Art ab- gebildet; ich gebe in Fig. 1 eine ungefähre Kopie seiner Fig. 23, Pl. X; außerdem vergleiche man noch Leiy’s Figuren Pl. X, 3, 19, 20, 22; Pl. XII, Fig. 21, 22; Pl. XVI, Fig. 21 und die auf unserer Taf. XXXII abgebildeten Figg. 2 u. 3, sowie deren Erklärungen auf p. 548. Bei solchen Gehäusen ist von vorn herein ausgeschlossen, dass ihre Bauelemente früher im Wohnraum des Mutterthieres eingeschlossen waren. Es fragt sich daher, wie solche Gehäuse entstanden sind. Sind 1 R. Herrwie, »Über Microgromia socialis etc.«. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. X, Suppl.-Bd. 2 AUGUST GRUBER, »Der Theilungsvorgang von Euglypha alveolata«, Diese Zeit- schrift. Bd. XXXV. 3 BLOCHMANN, »Zur Kenntnis der Fortpflanzung von Euglypha alveolata«. Morph. Jahrb. Bd. XII. 4 SCHEWIAKOFF, »Über die karyokinetische Kerntheilung derEuglypha alveolata«. Ebenda. 5 M. VERWwoRN, »Biologische Protistenstudien«. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 6 Jos. LEidy, »Fresh-Water Rhizopods of North-America«. in: »Reports of the United States geological survey of territories.« Washington 1879. Vol. XII. 35* 518 L. Rhumbier, fragliche Steine, die ich der Einfachheit halber als »übergroße« be- zeichnen will, als sekundäre Anlagerungen zu betrachten ? Diesistin keinem Falle ausgeschlossen, sondern bleibt nach unseren späteren Auseinandersetzungen in jedem Falle möglich ; aber trotzdem ist es durch eine interessante Modifikation des oben kurz geschilderten Theilungsvorganges auch diesen Formen ermöglicht, ihr Gehäuse wäh- rend des Theilungsaktes fertig zu stellen, d. h. auch da schon »über- große« Bauelemente zum Aufbau ihrer Gehäuse zu verwerthen. Die Form, über welche die diesbezüglichen Beobachtungen ge- macht wurden, ist Difflugia acuminata Ehrbg. Ich fand sie im September 1889 neben Difflugia pyriformis, Diffl. constricta, Diffl. urceolata, Leequeureusia spiralis, Nebela collaris, Nebelacarinata, Gentropyxisaculeata, Arcella vulgaris, Hyalosphenia papilio, u. a. äußerst zahlreich in mehreren, aus dem -Titimoor bei Freiburg herstammenden, Sphagnum- kulturen!. Leipy? hat unter demselben Namen gleichzeitig mit Difflugia acumi- nata eine Form abgebildet, welche zwei Stacheln am hinteren Ende ihres Ge- häuses trägt, welche ich aber als Difflugia bicuspidatan.sp. von Dif- flugia acuminata Ehrbeg. trennen muss. Die Gründe für diese Spaitung sind folgende: 4) fanden sich in einem Kulturglase, wo Difflugia acuminata in großer Zahl lebte, nicht eine einzige, zweistachelige Form, und umgekehrt, in demjenigen Glase, in welchem Difflugia bicuspidata häufig war, kamen keineDifflugiaacuminata vor. Wenn auch, wie man annehmen muss, die Anwesenheit der einen Form die der anderen keineswegs ausschließen wird, so weist doch das zufällige Getrenntsein beider Formen darauf hin, dass die eine Species nicht in den Kreis der anderen gehört. 2) Der Hauptunterschied der beiden Formen besteht aber darin, dass sich Difflugiaacuminata Ehrbg. immer innerhalb ihres Gehäuses encystirt (intrathalameEncystirung); während Difflugiabicuspidata.n. sp. aus ihrem Gehäuse heraustritt, wenn sie sich encystiren will, und sich vor demselben in eine kugelige Steinzelle einschließt, welche dem früheren Gehäuse vorgelagert bleibt (extrathalame Encystirung) (Taf. XXXII, Fig. 40). Eine nähere Diagnose von Difflugia bicuspidata findet sich im Anhang Nr. 4 (p. 546). B. Der Aufbau des Gehäuses von Difflugia acuminata während der Theilung. Als ich mich im Herbste 1889 schon längere Zeit mit dem Studium der Süßwasserrhizopoden beschäftigt hatte, fiel mir Difflugia acu- 1 Die Kulturen wurden mir von Herrn Privatdocenten Dr. L. Jost, Assistenten des botanischen Instituts zu Straßburg, in gütigster Weise überlassen, wofür ich ihm hier meinen herzlichsten Dank ausspreche. 2 J. Leipy, 1.c. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 519 minata wegen merkwürdiger Anlagerungen an ihrer Gehäusemündung auf, welche ich vorher nie beobachtet hatte. In zierlichster Weise wa- ren nämlich die Gehäusemündungen dieser Rhizopode mit kleinen Quarzkörnchen vermauert, welche wie ein schmückender Kranz in radiärer Richtung um die Mündung herumstanden. Anfänglich glaubte ich, dass diese Anlagerungen in allen Fällen eine Deckelbildung zu be- deuten hätten, auf welche eine Eneystirung folgen sollte. Ich erkannte dann aber, dass dies nicht zutreffend war, sondern dass die angelager- ten Steinchen auch sehr häufig für ein Tochtergehäuse Verwendung fin- den. Ich konnte feststellen, dass Difflugia acuminata die zu ihrer Theilung nöthigen Bausteine vor der Mündung ihres Gehäuses befestigt und nicht wie die bislang beobachteten Arten ins Innere desselben aufnimmt (extrathalame Aufspeicherung des Gehäusema- terials). Da sich Difflugia bicuspidata extrathalam eneystirt, so darf man wohl auch für diese Species extrathalame Aufspeicherung des Gehäusematerials annehmen. Auch für Difflugia pyriformis Perty scheint mir diese Form der Aufspeicherung sehr wahrscheinlich. Im Gesammteindruck lassen sich die zusammengelagerten Quarzstückchen zierlichen Krystalldrusen vergleichen, welche sich eben erst am Mündungsrande ankrystallisirt zu haben scheinen, so klar und durchsichtig sehen sie meist ihrer Kleinheit und Dünne wegen aus. Sie sind mit ihrem einen Ende in eine gemeinsame Kittmasse einge- senkt, welche sie am Gehäuserand festhält. Das andere Ende ragt in radiärer Richtung (die Mitte der Gehäusemündung als Centrum genom- men) frei vom Gehäuserand ab. Oft findet man auch Diatomeenpanzer und andere pflanzliche Zellreste zwischen ihnen. In Bezug auf die Anordnung kann man vier Typen verschieden- artiger Festheftung der Quarzsplitter unterscheiden. Diese Verschie- denheit scheint aber für die Bildung des Tochtergehäuses von keiner besonderen Bedeutung zu sein, d.h. alle vier Typen lassen die Toch- tergehäuse auf dieselbe Weise aus sich hervorgehen. Am. häufigsten finden sich die größten Quarzkörnchen im Mittel- punkte der Mündung angehäuft und nehmen an Zahl und Größe nach dem Mündungsrande hin ab (Taf. XXXI, Fig. 9); dann können sie sich in zwei Hauptstränge anordnen, welche von zwei Endpunkten eines Durchmessers der Mündung aus nach außen abstehen (Taf. XXXII, Fig. A). Oft ist die Kittmasse, in welche die Steinchen eingelagert sind, kuppelförmig aufgetrieben, und die Steinchen stehen mehr oder min- der regelmäßig auf dieser Kuppel zerstreut (Taf. XXXI, Fig. 5). Schließlich kann sich eben erwähnte Kuppel in zwei Kuppeln theilen, 520 | L. Rhumbler, so dass es den Anschein hat, als sollten zwei Tochtergehäuse angelegt werden; in den von mir beobachteten Fällen trat dies jedoch nicht ein (Taf. XXXI, Fig. 6). Die Aufnahme von neuen Quarzstückchen und das Ein- reihen derselben in den Kreis der bereits aufgesammelten, war ich leider nicht im Stande zu beobachten. Ich habe aber unter meinen Präparaten ein Thier gefunden, welches gerade mit der Aufnahme von Bausteinen beschäftigt gewesen zu sein scheint (Taf. XXXI, Fig. 8). Man sieht zwischen den bereits am Mündungsrande befestigten Quarz- stückchen ein breites Pseudopodium damit beschäftigt, die Schale einer kugelrunden Alge (Protococcus?) an den Mündungsrand des Gehäuses heranzuziehen. Das aus dem Gehäuse herausgetretene Pseudopodium hat sich in dem Präparate ganz erstaunlich stark gefärbt; ein Umstand, der uns sehr auffallen muss, weil sich sonst gerade die Pseudopodien nur sehr schwach färben. Wir erblicken hierin die Wirkung der Kitt- masse, welche sich, das Pseudopodium einhüllend, über dasselbe hin- gezogen hat, und welche auch später, wenn sie das Tochtergehäuse zusammenhält, ihre Färbbarkeit nie ganz einbüßt. Zu erwähnen ist ferner, dass die erste Aufsammlung der Steine nichtaugenblicklich mit einem Ankitten derselben an den Rand der Gehäusemündung verbunden zu sein braucht. Ich habe öfters Thiere gefunden, welche die ersten Quarzsplitter in ihr Gehäuse her- eingezogen hatten. Sie saßen hier dem kuglig kontrahirten Weichkör- per etwa wie die Haken einem Bandwurmscolex auf, waren also keineswegs in das Innere der Sarkode selbst eingelagert (Taf. XXXI, Fig. 7). Eine besonders stark hervortretende Färbung in der Gegend, wo die Glassplitter in die Sarkode eingesenkt sind, kann wohl auch hier ohne Bedenken für die ausgeschiedene Kittsubstanz angesehen werden. Später, wenn die Zahl der aufgenommenen Steinchen größer ge- worden ist, finden sie sich immer am Gehäuserand befestigt. Zwischen ihnen drängen sich dann die Pseudopodien hindurch, so dass man glauben könnte, die Berührung mit der Sarkode sei für den Halt der Steinchen unbedingt erforderlich (Taf. XXXII, Fig. 4, 5,6u.8). Da sich aber die Sarkode ganz in den Schalengrund zurückziehen kann, ohne dass die Steinchen abfallen, so ist sicher, dass dieselben am Gehäuse- rand befestigt sind, und dass sie nicht etwa bloß von den Pseudopodien gehalten werden (Taf. XXXI, Fig. 9). | Der Vorgang der Theilung selbst ist ganz ähnlich dem bei Euglypha und Difflugia urceolata. Das Protoplasma tritt hier wie dort in Form eines halbkugligen Ballens aus der Gehäusemündung hervor, nimmt hier aber die Steinchen, welche es bei Difflugia Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 521 urceolata Anfangs im Inneren trägt, von Anbeginn auf seiner Ober- fläche mit. Die zum Festhalten der Steinchen ausgeschiedene Kittmasse, welche seither erstarrt war, ist hierbei wieder verflüssigt worden. Der ursprünglich sehr kleine Ballen wächst durch Plasmazufluss aus dem Mutterthiere her mehr und mehr an und streckt sich dabei in die Länge, so dass er etwa nach zwei Stunden die Form des Muttergehäuses an- genommen hat. Auch das für Difflugia acuminata charakteristische Horn an dem hinteren Ende des Gehäuses ist bei dem Schalenaufbau sehr früh angelegt worden. Schon, wann der Protoplasmaballen, welcher das neue Gehäuse aufbauen soll, noch kuglig ist und sein Durchmesser kaum ein Drittel von der Länge des Mutterthieres erreicht hat, bemerkt man an dem distalen Ende des Sarkodeballens eine zapfenförmige Her- vorragung (vgl. Holzschnitt Nr. I Prz). Diese Hervorragung wächst im gleichen Schritte mit dem Protoplasmaballen und hat die volle Größe eines gewöhnlichen Gehäusehorns erreicht, wann auch der übrige Theil des Sarkodeballens seine entgültige Gestaltung angenommen hat. Sehr schön und klar ist bei diesem Vorgange das Verhalten der vor der Mündung angesammelten Steinchen zu beohachten. Wie gesagt stehen die Quarzstückchen anfänglich in radiärer Richtung um die Mündung herum. Je mehr nun der Protoplasmaballen an- wächst, desto mehr legen sich die Quarzstückchen um, d. h. ihre frü- her distalen Enden nähern sich dem Mutterthiere, während ihre ur- sprünglich proximalen in die Kittmasse eingesenkten Spitzen sich distal verschieben. Bei dieser Umlagerung der Steinchen kann wohl ohne Bedenken zwei Kräften, welche sich gegenseitig in ihrer Wirkung unterstützen, eine Hauptrolle zuerkannt werden!. Die eine ist in dem Vortreten des Protoplasmaballens selbst zu suchen, die andere beruht auf dem Widerstande, welchen das umgebende Wasser den vorge- schobenen Steinchen entgegensetzt. Beide Anfangs gleichmäßig wach- sende Kräfte nehmen mehr und mehr ab, sobald sich das in Umkehrung begriffene Baumaterial des neuen Gehäuses nach der Seite seiner defi- nitiven Lage hin wendet, und zwar in gleichem Maße mit dieser Um- wendung (vgl. Holzschnitt Nr. I). In genau demselben Grade werden diese Kräfte dann aber von anderen ersetzt, welche ihnen die Steinchen in die Ebene des zukünftigen Gehäuses hineinziehen helfen, von Kräf- 1 Dass bei der Theilung von Euglypha eine ähnliche Umkehr der einzelnen Kieselplättchen nicht stattfindet, hängt wohl damit zusammen, dass die einzelnen Plättchen nicht weit genug oder überhaupt nicht aus dem hervortretenden Sarkode- ballen herausstehen. 522 | L. Blumbler, ten, die sogar späterhin die gesammten Bautheilchen selbstthätig, ohne Mitwirkung der Sarkode zu einem festen Gehäusegefüge zusammen- ordnen. Ich meine die kapillaren Anziehungskräfte, welche zwi- schen den Steinchen und der Oberflächenschicht des hervorquellenden Protoplasmaballens nothwendig entstehen müssen. Um das angesammelte Baumaterial hat sich die in Theilung begriffene Difflu- gia weiter nicht zu küm- mern. Es legt sich, von den kapillaren Kräften ge- zogen, von selbst der Kitt- masse auf, sobald nur die Winkel zwischen Stein- chen und Kittmasse klein genug sind, dass die Kapil- larkräfte in Wirkung treten können. Steinchen, die bei genügend kleinem Winkel der Kittmasse eine breitere Fläche darbieten, werden stärker angezogen als die kleineren, und sie ver- schieben dann die kleine- Fig. I. Schema zur Erläuterung der Kräfte, welche die Um- B lagerung der Steinchen bei der Bildung eines Tochtergehäuses ren, SO dass sich alle neben von Difflugia acuminata bewirken. Geh, vorderer Theil einander legen wie die des Muttergehäuses; Prb, aus dem Muttergehäuse hervortre- 2 A er tender Protoplasmaballen; Prz, Protoplasmazapfen, welcher Steine eines Mauerw erkes, das Horn des Tochtergehäuses zu bilden hat. Si, Steinchen, ohne dass die Difflusia welches in der Umlagerung begriffen ist; I, 2, 3, 4u.5, ver- =; schiedene Stadien der Umlagerung dieses Steinchens. Ein etwas dazu thut. Größenvergleich der Pfeile wird das Anwachsen und Abneh- Sehr gro BeB au men der bei der Umlagerung wirkenden Kräfte darthun. r T ehr 5 zeigt die definitive Lage des Steinchens. steine können dabei oft der Rundung des Sarkode- ballens nicht folgen; die Adhäsion zwischen Kittsubstanz und Bausteine ist aber so groß, dass sich dann die Kittsubstanz dem Bausteine anlegt, anstatt umgekehrt, und dass das Gehäuse dann an der betreffenden Stelle eine sonst ungewöhnliche Abflachung zeigt (Taf. XXXIL, Fig. 12 a und 5). Ist in der geschilderten Weise das Gehäuse des Tochterindividuums fertig gebildet, so löst es sich von seinem Mutterthiere ab und beginnt sein eigenes freies Leben. Das neu entstandene Gehäuse gleicht dem des Mutterthieres in allen wesentlichen Merkmalen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 923 C. Ein Fall von Regeneration bei Diiflugia spiralis. Die Thatsache, dass die Tochterthiere in Folge der bekannt gewor- denen Theilungsvorgänge von Anfang an mit vollständig ausgebildeten Gehäusen ausgestattet sind, an welchen sie nichts mehr zu ändern brauchen, um ihren älteren Artgenossen im Gehäusebau zu gleichen, macht auch eine nachträgliche Vergrößerung, d. h. ein Wachsthum des Gehäuses scheinbar unnöthig — ist doch das während der Theilung entstandene Gehäuse allem Anscheine nach genau so groß als dasjenige des Mutterthieres. Es ist nun die Frage, ob das Wachsthum der Ge- häuse der im Süßwasser lebenden Monothalamien, weil es unnöthig erscheint, auch wirklich nicht existirt? GxrusEr hat diese Frage zuerst aufgestellt, und mit geringer Einschränkung bejahen zu dürfen geglaubt; VERWoRN aber ist aus seinen Untersuchungen unmittelbar zu dem Schlusse gekommen, dass bei dem Monothalamiengehäuse kein Schalen- wachsthum vorkommt. VERWOoRN hat Regenerationsversuche mit Difflugia urceolata angestellt und fand, dass Gehäuse, aus welchen Stücke ausgeschnitten waren, nicht regenerirt wurden, obwohl ihre Bewohner nach wie vor weiter lebten wie die anderen Thiere mit unversehrter Schale. Die Difflugien schienen also durch die stattgefundene Operation nicht ge- litten zu haben, und waren trotzdem nicht im Stande die Schäden in ihrem Gehäuse auszubessern. Wenn nun ein Rhizopode kleine Lücken, “ welche man mit möglichster Schonung des Weichkörpers seinem Ge- häuse beigebracht hat, nicht durch Ansatz von neuem Baumaterial aus- bessern kann, so wird ihm überhaupt die Fähigkeit abgehen, Steine seinem Gehäuse zuzufügen, d. h. dieses wird auch nicht wachsen können. Dieser Schluss darf zwar Unfehlbarkeit nicht beanspruchen, er kann aber als sehr wahrscheinlich gelten. Verrworn hat ihn sicher nicht ohne Berechtigung aufgestellt. Wenn keine Regeneration stattfindet, wird unbedingt auch das Wachsthum der Ge- häuse sehr in Frage gestellt. Auch mir sind ähnliche, künstliche Regenerationsver- suche mit Difflugia pyriformis in keiner Weise geglückt!. Ich glaube aber, dass dies an den veränderten Lebensbedingungen lag, in welche ich die Thiere nothwendig bringen musste, um sie beobachten zu können. Gerade die Difflugien scheinen äußerst empfindliche Wesen, die mehr Sorgfalt der Behandlung beanspruchen als man ihnen viel- { Ich habe aber im Ganzen nur etwa 10 Versuche angestellt, da meine Unter- suchungen, wie Eingangs bemerkt, damals hauptsächlich den Cystenbildungen galten. 594 | L. Rhumbler, leicht zu bieten im Stande ist. Selbst wenn ich sie mit größter Vor- sicht in Uhrschälchen hielt, zogen sie sich nach ein paar Tagen in ihr Gehäuse zurück, ballten sich zusammen und bewegten sich nicht mehr. Man hätte sie für todt halten müssen, obgleich sie es nicht waren; denn selbst Exemplare, die vierzehn Tage so lagen, zeigten, wenn sie zer- drückt wurden, noch Leben in ihrer Sarkode (die zerdrückten Theile der Sarkode führten amöbenartige Bewegungen aus). Ich möchte aus diesem Grunde den Difflugien selbst für die ersten Tage, wo sie sich in den flachen, zur Beobachtung tauglichen Behältern befinden und scheinbar ganz wie unter normalen Lebensbedingungen herumkriechen, keine ungestörte Lebensweise zuschreiben. So ist es mir z. B. trotz aller Mühe, wie bereits hervorgehoben (p. 520), niemals geglückt, das Ankitten von Quarzstückchen an die Gehäusemündung beobachten zu können, und doch ist kein Zweifel, dass dies gerade zu damaliger Zeit in meinen größeren Kulturen alle Augenblicke geschah. Hatte ich das Glück, ein Thier in Theilung anzutreffen, so zerfiel es in der Regel nach der Theilung; selbst mit der Encystirung kamen sie meist nicht weiter als bis zur Deckelbildung. Die eben geäußerten Zweifel an der normalen Lebensweise der Beobachtungsthiere würden an und für sich für die Bejahung der Re- generationsfrage wenig leisten. Ich habe aber ein Kanadabalsampräpa- rat, welches, für eine Form wenigstens, nämlich für Difflugia (Leequeureusia) spiralis die Regeneration zur unantastbaren Ge- wissheit erhebt. Da ich die Difflugia acuminata in Uhrschälchen nicht zum Ankitten von aufgenommenen Steinen bringen konnte, so setzte ich meinen größeren Kulturen farbige Glassplitter zu, um so wenigstens die Aufnahme von Fremdmaterial an dem gefärbten Glase konstatiren zu können!. Neben einigen Difflugia acuminata, welche einen oder den anderen gefärbten Glassplitter aufgespeichert hatten, spielte mir aber ein glücklicher Zufall eine Difflugia spiralis in die Hände, ! Ich zerrieb rothes Signalglas in einem Reibtiegel unter Wasser und setzte die ganz feinem Sande gleichende Masse den Kulturen zu. Das rothe Signalglas war die einzige, für meine Zwecke brauchbare Glassorte, welche ich in Straßburg ausfindig machen konnte. Andere Glasarten, selbst fast schwarze Sorten, erschei- nen unter dem Mikroskope vollständig durchsichtig wie gewöhnliches Fensterglas, so dass die Splitter von den Quarzstückchen nicht zu unterscheiden gewesen wären. Das Signalglas hatte aber den großen Fehler, dass die rothfärbende Masse nur auf einer Fläche eingeschmolzen war, so dass ich unter 4000 Splittern kaum auf einen wirklich gefärbten zählen konnte. Doch war dann dieser eine Splitter niemals mit anderen zu verwechseln; er sah aus, als sei er mit Pikrokarmin gefärbt. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 925 deren ganze eine Seite durch einen einzigen großen dreieckigen Glas- splitter hergestellt war (cf. Taf. XXXI, Fig. 14 a—c und deren Erklä- rung in der »Figurenerklärung« p. 549). Der Glassplitter war so groß, dass von vorn herein ausgeschlos- sen war, dass sich die Mutterdifflugie etwa mit demselben geschleppt habe. Er maß 0,420 mm in der Länge, und war 0,240 mm breit, wäh- rend das Gehäuse nur eine Länge von 0,162 mm und eine Breite von 0,132 mm aufwies. Aber selbst, wenn man einer Difflugie die Kraft zutraut, dass sie einen solchen Splitter vor ihrer Gehäusemündung, wo er doch als einarmiger Hebel jedes Bewegungshindernis vielfach ver- srößern musste, schleppen könne, so wäre doch ganz unbegreiflich, wie sich ein so großer Splitter in der verhältnismäßig dünnen Kitt- schicht der Pseudopodien hätte halten können. Er wäre sicher bei der geringsten Bewegung, vor Allem bei dem Vorstülpen des Protoplasma- ballens während der Theilung durch den Widerstand des Wassers _ abgefallen. Auch könnte der Glassplitter in Folge des Theilungsaktes unmög- lich die Lage eingenommen haben, wie sie uns die mit dem OßEr- Häuser schen Zeichenapparate entworfene Fig. 44 auf unserer Tafel zeigt. Es ist mir außerdem sehr zweifelhaft, ob Difflugia spiralis das Baumaterial für das künftige Tochterthier extrathalam aufspeichert, ich glaube vielmehr, dass hier wie bei Difflugia urceolata und Euglypha eine intratkalame Aufspeicherung stattfindet, da ich sehr häufig Individuen antraf, welche Steine im Inneren ihrer Sarkode er- kennen ließen. Es bleibt uns also nur die Möglichkeit, dass der Glassplitter zur Ausbesserung eines zufällig entstandenen Schadens in das Gehäuse- gefüge aufgenommen wurde. Höchst wahrscheinlich habe ich das ur- sprüngliche Gehäuse des Thieres mit der Glasröhre zerstoßben, mit welcher ich mein Material vom Grunde der Kulturgefäße aufzusaugen pflegte; und es hat dann diesen Schaden mit dem großen Glassplitter wieder ausgebessert. Über die Art und Weise, wie die Regeneration resp. der weitere Ausbau eines Difflugiengehäuses zu denken ist, vermögen uns unsere Fig. 15 und 16, welche zwei Individuen darstellen, um deren Gehäuse sich aus der Mündung hervorgetretene Protoplasmamassen herumge- legt haben, einen Fingerzeig zu geben. Die Zeichnungen sind Kanada- balsampräparaten entlehnt. Das Exemplar der Fig. 45 ist vollständig im einen dünnen, aber zweifellos deutlichen Protoplasmamantel einge- hüllt, der erst am Gehäuserand endigt. Ein kleiner Stein (st) ragt aus 596 | L. Rhumbler, der sonst ziemlich glatten Gehäusewand besonders hervor; ‘er ist es vielleicht, zu dessen Einmauerung sich das Protoplasma um das Ge- häuse herumgelegt hat. Das Pseudopodium des anderen Exemplars ist bedeutend kürzer und dicker; es hat sich entweder beim Abtödten zusammengezogen, oder wollte sich erst ausbreiten. Ein Steinchen fehlt hier; es kann aber bei der Konservirung von dem Pseudopodium abgefallen sein, da dies sehr leicht eintritt!. D. Das Wachsthum der Gehäuse mit protoplasmatischer Kittsubstanz. Nachdem wir den gewichtigsten Grund, welcher für die Unver- änderlichkeit der Difflugiengehäuse sprach, für unzutreffend erkannt haben, d.h. die für die Difflugien behauptete Unfähigkeit zu regene- riren, widerlegten und sogar den Weg zeigen konnten, auf welchem die Regeneration ermöglicht ist, wenden wir uns nun zu dem Wachs- thum der Schalen selbst. Bei den Rhizopodenformen mit sehr dünner, häutiger Schale, welche sich wie Lieberkühnia, Leceythium, Diplo- phrys unter Durchschnürung ihrer Schalen theilen, liegt ein nach- trägliches Wachsthum der getheilten Schalen als unbedingte Noth- wendigkeit leicht erkenntlich vor Augen. Stetiges Theilen der Schalen, ohne ein nachträgliches Wachsthum derselben, würde zu der absurden Folgerung führen, dass diese Formen von Theilung zu Theilung kleiner würden (und zwar jedes Mal um die Hälfte!!) und ihre frühere Größe prineipiell nicht mehr erreichen könnten, d. h. bei jeder Theilung würde eine neue Varietät (mit dem Varietätencharakter einer geringe- ren Maximalgröße) entstehen. Die geschmeidige Hülle, welehe dem sich theilenden Weichkörper zu folgen vermag, ist auch ‘mit dem größer werdenden Protoplasmakörper zu wachsen im Stande. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich das Wachsthum der eben genannten Gehäuse dem weiteren Ausbau eines Theilungsgehäuses von Difflugia acuminata gleichsetze, das vorher in einer kuppelförmi- gen Anordnung der Mündung des Muttergehäuses vorgelagert war. Man lasse die Steinchen, welche der Kittmasse bei Difflugia acu- minata eingelagert sind, unberücksichtigt, und wir sehen in der Aus- dehnung der Kittsubstanz, wie sie im Theilungsakte vor sich geht, das Schalenwachsthum der dünnhäutigen Formen. Ebenfalls ohne Schwierigkeit scheint mir das Wachsthum derjeni- gen Rhizopodengehäuse erklärbar zu sein, deren einzelne Bauelemente, wie man schließen darf, durch einen protoplasmatischen Kitt IVel. p. 527. Anm? 2. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 927 zusammengehalten werden. Von den mir näher bekannten Formen sind hierher zu rechnen: Difflugia acuminata, Difflugia bicu- spidata, Difflugia pyriformis, Difflugia spiralis und die Nebela-Arten. Die Kittsubstanz dieser Gehäuse färbt sich nämlich mit künstlichen Tinktionsmitteln — vorzüglich bei jüngeren Gehäusen, bei älteren erst nach längerer Einwirkung oder wenn die Färbemittel warm angewendet werden — sehr leicht, während die eingelagerten Fremdkörper, Quarzkörnchen, Diatomeenpanzer vollständig ungefärbt bleiben. Diese Färbbarkeit weist aber auf protoplasmatische Substan- zen hin, was schon Bürscauı für Difflugia acuminata hervorge- hoben hat!. Die Thatsache, dass Difflugia acuminata die bereits schon erstarrte Kittmasse, welche vor der Theilung des Thieres die aufge- sammelten Steinchen an der Gehäusemündung festhält, durch nach- trägliche Einwirkungen des Protoplasmas wieder flüssig und geschmeidig machen kann, wie dies mit dem Eintritte des Theilungsaktes geschieht (vgl. p. 521), beweist uns, dass mit der Erstarrung der Kittmasse das Gehäuse keineswegs späteren umformenden Einwirkungen der Sarkode entzogen ist. Schon dieser Umstand erhebt die Möglichkeit eines nach- träglichen Schalenwachsthums zur größten Wahrscheinlichkeit. Die Kittsubstanz, welche hier zum Gehäusebau verwendet wird, ist eben eine Masse, welche durch bestimmte, vorerst unbekannte Ein- flüsse des Protoplasmas flüssig und dehnbar gemacht werden kann. Sie erstarrt ohne diese Einwirkungen. Wenn z.B. durch irgend welche pathologische Vorgänge ein Individuum während der Theilung zu Grunde geht, so bleibt das Tochtergehäuse auf dem Stadium stehen, auf welchem es sich zu der Zeit befand, als das Thier starb (d. h. die Steinchen des unfertigen Gehäuses fallen von der Kittmasse nicht ab, obgleich die unter der Kittsubstanz ruhende Sarkode zerfällt). Ich fand in meinen Kulturen nicht selten Gehäuse im Theilungsstadium, deren Inneres ausgestorben war. Fig. 44 zeigt einen solchen Fall, wo augen- scheinlich zwei konjugirte Difflugien zwei neue Sprösslinge bilden wollten. In dem einen der konjugirten Thiere ist der Rest einer Cyste bemerkbar, vom Weichkörper ist in keinem der Gehäuse auch nur die Spur zu erblicken, Die Steinchen der Tochtergehäuse waren im Umlegen begriffen und sind auf diesem Wege von der hart werdenden Kittmasse festgehalten worden. 1 BürscaLı, »Protozoa«. p. 34. in: »Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thier- Eees «. Leipzig und Heidelberg re 882. ?2 Merkwürdig ist, dass bei der künstlichen Abtödtung einer in Theilung be- - grifienen Difflugie die Steinchen von der Kittmasse abfallen, während sie also nach - obigen Auseinandersetzungen haften bleiben, wenn das Thier von selber abstirbt, oder wenn während der Abtödtung seine Körpersarkode mit der Kittmasse nicht in unmittelbarer Berührung stand. 528 L. Rhumbler, Es ist auffallend, dass sich gerade unter den genannten abgestorbenen Theilungsstadien sehr viel abnorme und nur sehr wenig normale finden. Außer dem eben mitgetheilten Beispiele fand ich mehrere Exemplare, die statt eines Tochtergehäuses deren zwei zur Ausbildung bringen wollten. Die Ge- häuse waren noch nicht halb ausgebildet, als die Mutterthiere zu Grunde gingen; das beweist die Stufe, auf welcher die Tochtergehäuse stehen geblie- ben sind. Wohl eine neue Stütze für die Annahme, dass solche außergewöhn- liche Theilungserscheinungen mit dem Tode des Mutterthieres zu enden pflegen!. Auch mit dem höheren Alter der Kittmasse hörtaber ihre Lösbarkeit durch protoplasmatische Einwirkungen nicht auf. Hierfür habe ich zwei untrügliche Beweise anzuführen: 1) muss die, in eine extrathalame Dauercyste eingeschlossene Dif- flugia bicuspidata (Taf. XXXI, Fig. 10) nothwendigerweise ihre allseitig geschlossene, enggemauerte, kuglige Steinzelle wieder aufzu- lösen im Stande sein, wenn sie ihre Gyste verlassen soll. 2) kommt es vor, dass eine Difflugia acuminata, welche lange Zeit in eine Dauercyste eingeschlossen war, diese durchbricht und aus dem vorgelagerten Steinmaterial, welches als fester Deckel gedient hatte, ein neues Gehäuse aufbaut, d. h. sich unmittelbar nach dem Auf- brechen der Cyste? theilt. Wir sehen also, dass der Gehäusekitt unserer Difflugiengruppe zu ganz verschiedenen Zeiten durch protoplasmatische Einflüsse wieder erweicht werden kann. Es liegt also kein Grund vor, den genannten Formen die Fähigkeit einer nachträglichen Vergrößerung ihres Gehäuses abzusprechen. Da ich das Wachsthum der Gehäuse selber nicht beobachten konnte, so führe ich nachstehende weitere Thatsachen an, welche nur durch ein nachträgliches Schalenwachsthum erklärt werden können. 1) Die inder Nähe der Mündung gelegene Kittsubstanz färbtsich in der Regel stärker als die weiter nach hinten gelege- nen Theile derselben. Jüngere Kittsubstanz färbt sich leichter als ältere (cf. oben p. 520 u. 527); daher dürfen wir die der Mündung nahe gelegenen Theile der Ceitiuse als jüngere Bestandtheile ansehen (Taf. XXXI, Fig. 17). | 2) Die Mündung selbst ist bei Difflugia spiralis, Difflugia pyriformis undDifflugia acuminata sehr häufig gekerbt, indem 1 GrUBER, » Theilungsvorgang von Euglypha«. a. a.0. p. 437. ? Difflugia acuminata schließt sich innerhalb ihres Gehäuses in eine Chitin(?)-cyste ein, während Difflugia bicuspidata keine chitinige Hülle bei der Encystirung ausscheidet, sondern sich bloß in die mehrfach erwähnte, extra- thalame Steinzelle einmauert. ht Te Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 529 ihr Rand durch die äußersten Gehäusesteine gebildet wird und dadurch ein zackiges Aussehen erhält. Inanderen Fällen dagegen werden diese Kerben durch ganz kleine Steinchen, welche der Kittsubstanz ein chagrinartiges Aussehen verleihen, ausgefüllt. Die Mündung wird dadurch ganzrandig. Die Mündungen mit gekerbten Rändern sind unfertige, im Wachsthum begriffene; diejenigen mit glattem Rande ha- ben im Wachsthum Halt gemacht. Unsere Fig. 17 zeigt einen gekerb- ten Mündungsrand von Difflugia spiralis. Der ganze Mündunsgstheil der Schale hat sich außerdem stark gefärbt, während der hintere Theil des Gehäuses nur einen leichten Schimmer von Färbung erkennen lässt. 3) Das Verhältnis zwischen der Länge des Halses und der übrigen Gehäuselänge ist bei Difflugia spiralis ein äußerst schwankendes (vgl. die Tabelle auf p. 546, Anhang Nr. 2). Oft ist der Hals kaum ausgebildet; in anderen Fällen ist er wieder auf- - fallend lang: im Fall Nr. I unserer Tabelle nimmt der Hals nur !/,, der gesammten Gehäuselänge für sich in Anspruch; im Fall Nr. 2 dagegen erreicht er über !/, der Längenausdehnung des Gehäuses. Die langen Hälse sind jedenfalls durch Anlagerung von neuen Steinen aus den kurzen entstanden. 4) Bei den Nebeliden färbt sich der Mündungstheil der Schale bei Zusatz von Jod sehr häufig dunkelbraun, wäh- rend die anderen Schaienpartien gänzlich ungefärbt bleiben. Obgleich ich diese auffällige Erscheinung nicht zu erklären im Stande bin, weist sie doch jedenfalls auf neu angebaute Theile der Schale hin. Die jüngere Kittsubstanz scheint noch protoplasmatisch zu reagiren, während die ältere und starr gewordene dies nicht mehr thut. (Die protoplasmatische Masse wird vielleicht beim Erstarren so dicht, dass Jod nicht mehr in sie hineinzudringen vermag; auch die Färb- barkeit nimmt ja, wenn auch nicht in so schroffer Weise mit dem Alter resp. dem wahrscheinlichen Dichterwerden der Kittsubstanz ab.) In- teressant wäre es, das Verhalten einer eben erst entstandenen Schale in dieser Beziehung zu ermitteln. Wenn meine Auffassung richtig ist, müsste hier eine totale Braunfärbung eintreten. 5 Wie sich die anderen hierher gezählten Formen in Bezug auf dieses Reagens verhalten, habe ich nicht ermitteln können, doch zweifle ich nicht, dass auch hier dieselbe Erscheinung eintritt. 1 Hier muss weiter noch erwähnt werden, dass sonst überall, wo spiralige Bil- dungen in der Natur auftreten, diese immer durch Wachsthumsvorgänge hervor- gerufen sind. Bei dem Leugnen eines nachträglichen Schalenwachsthums blieb demnach die spiralige Windung des Gehäuses von Difflugia spiralis ohne Ver- ständnis (vgl. auch Bürscanı, 1. c.p. 485). 2 Ich suchte vermittels der Cellulosereaktionen die eventuell pflanzliche Natur 530 L. Rhumbler, 5) Beiden Nebeliden ist der Rand der Gehäusemündung in derselben Species oft umgebogen, oft gestreckt. Wo der um- gebogene Rand fehlt, scheint das Wachsthum noch nicht abgeschlossen. 6) Man trifft sehr häufig (vor Allem bei Difflugia acuminata und Difflugia pyriformis) solche Gehäuse, deren Bausteine weitauseinander gedrängt und durch breitere Flächen von Kitt- masse verbunden sind, als man bei den eben erst während der Theilung entstandenen Tochtergehäusen anzutreffen pflegt. Ich halte derartige Exemplare für solche, welche durch nachträgliches Aufweichen und Aus- dehnen der Kittmasse ihr Gehäuse vergrößert haben (Taf. XXXII, Fig. 3). Die in der Kittmasse eingelagerten Steinchen hin- derneben eine Ausdehnung der Kittmasse nicht, sie wür- den nureinerKontraktionderselben im Wege sein; desshalb vermögen sich die jetzt besprochenen Formen nicht wie die früher be- schriebenen Lieberkühnia, Diplophrys etc. durch einfache Durchschnürung der Schale zu theilen, wenn sie auch noch wie jene Formen zu wachsen im Stande sind. Außer diesem Wachsthum der Schalen scheint bei dieser Gruppe aber auch gelegentlich eine Erneuerung der Schale von innen her stattzufinden. Bei Difflugia spiralis fand ich mehrere Male unter der Gehäusewandung eine starke Membran, in welche Steine eingelagert waren, so dass unter dem augenblicklichen Gehäuse ein neues vorgebildet war. Auch das regenerirte Exemplar auf dem dreieckigen Glassplitter hat unter seiner Steinwand ein zweites Gehäuse angelegt. Dieses ist ganz häutig und enthält keine Steine eingelagert (Taf. XXAXIL, Fig. 14 c, i Geh). Vermuthlich war das Thier durch die Unförmlichkeit des Glas- splitters an der Aufnahme von Steinen gehindert, so dass es nur ein häutiges Gehäuse aufzubauen im Stande war, um sich von dem stören- den regenerirten Gehäuse zu befreien. Es kommt ohnedies bei Difflu- gia spiralis vor, dass auch freilebende Individuen ein häutiges, nicht durch Fremdkörper verstärktes Gehäuse aufweisen. Das alte Gehäuse wird jedenfalls durch das, unter protoplasmatischen Einflüssen erweichte und unter Aufblähung der Sarkode aufgetriebene, innere Gehäuse gesprengt und seine Trümmer werden abgeworfen!. der Stäbchen festzustellen, welche die Nebelidengehäuse zusammensetzen, ein Versuch, der ohne Erfolg blieb, aber die oben mitgetheilte Beobachtung veran- lasste. Andere Difflugienschalen konnte ich wegen damals bevorstehenden Wohn- ortswechsels in dieser Beziehung leider nicht mehr untersuchen. 1 Das äußere, alte Gehäuse, ist durch das Vorhandensein des inneren, neuen Gehäuses natürlich den Einwirkungen der Sarkode entrückt. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, 1. 531 Von Difflugia acuminata und Difflugia pyriformis habe ich öfters Thiere gefunden, denen die Reste alter Gehäuse noch anhafteten (Taf. XXXII, Fig. 19). “ _E. Muthmalsliches Wachsthum der Arcellidenschalen. Ich hatte im Juli 1889 eine größere Zahl von Arcellen längere Zeit in einem Uhrschälchen am Leben erhalten, als mir bei drei Exem- plaren eine tiefgehende Einschnürung im Gehäuse auffiel, welche vom Rande aus in radiärer Richtung nach der Achse des Gehäuses lief, ohne diese jedoch ganz zu erreichen (Taf. XXXII, Fig. 21). Die Thiere selbst hatten sich in ihr Gehäuse zurückgezogen und schienen so wenig zu Bewegungen geneigt, dass ich sie in der Mitte des Uhrschälchens zusammenschieben konnte, ohne besorgt sein zu müssen, dass sie sich mit den anderen wieder vermischen und mir so die Feststellung ihrer Identität erschweren würden!. Ich wollte sie nicht aus den Uhrschäl- chen herausnehmen, weil sie sich schon verhältnismäßig lange in ihm gehalten hatten und ich sonst oft genug jede Veränderung in den Kul- turen mit dem Eingehen derselben hatte büßen müssen. Die Einbuchtungen erweckten ganz den Eindruck als sollten sie das Gehäuse in zwei Stücke scheiden und ich dachte, so befremdend mir ein solcher Vorgang auch gewesen wäre, zuerst an eine Theilung durch Durchschnürung des Gehäuses. Ich war daher sehr überrascht, als ich am andern Morgen, die drei Arcellen scheinbar ganz normal wiederfand. Die Einbuchtungen in den Schalen waren ver- sehwunden, nur der Schalenumfang, so fiel mir auf, war größer geworden. Ich habe leider Arcellen mit solchen Schalen nicht wieder ge- funden, da sich diejenigen meiner Kultur encystirten oder zu Grunde singen. Ich kann also nicht durch Angabe der Maße erhärten, was ich damals gesehen zu haben glaube. Will man eine annehmbare Erklärung dieser sehr wahrschein- lichen Wachsthumsweise der Arcellaschale zu geben versuchen, so muss man sich vorerst die Struktureigenthümlichkeiten dieser Rhizo- podenschale vergegenwärtigen. | Börscazı? schildert den Bau der Arcellaschale folgendermaßen: »Die Schalenwandung zeichnet sich einmal dadurch aus, dass sie 1 Die Uhrschälchen wurden durch eine Kapillarleitung mit Wasser versorgt. ci. REUMBLER, »Die verschiedenen Cystenbildungen und die Entwicklungsgeschichte der holotrichen Infusoriengattung Colpoda«. Diese Zeitschr. Bd. XLVI, p. 551. 2 BürscaLı, »Protozoa«. in: »Bronn’s Klassen u. Ordnungen des Thierreichs«. Bd.1Lp. 20. ; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 36 532 L. Rhumbler, zwei über einander gelagerte Schichten unterscheiden lässt, eine dün- nere, innere, welche keine Strukturverhältnisse zeigt und ein&dickere, äußere, welche von der Fläche betrachtet eine feine retikuläre Zeich- nung erkennen lässt, deren einzelne hexagonale Feldchen in ihrer An- ordnung die auf der Rückenseite von Taschenuhren gewöhnlich ange- brachte Zeichnung wiedergeben. Es rührt dieselbe davon her, dass in der äußeren Schicht zahlreiche, hexagonale (wohl mit Flüssigkeit ge- füllte) Hohlräume dicht zusammenstehen. Zuweilen lässt sich ein Zer- fall der äußeren Schicht in diesen Hohlräumchen entsprechenden Prismen beobachten, woraus also eine Zusammensetzung der äußeren Schicht der Arcellaschale aus zahlreichen kleinen, hexagonalen hohlen Prismen sich ergiebt, welche den Plättchen anderer Formen (Eugly- pha) wohl an die Seite gestellt werden dürfen.« Ich muss zu dieser Beschreibung hinzufügen, dass sich auch die Arcellaschalen durch Tinktionsmittel färben lassen, dass also auch bei ihnen die Annahme eines protoplasmatischen Kittes ge- rechtfertigt scheint. Ich konnte zwar bei den Färbungsversuchen nicht sicher feststellen, ob sich beide Schichten der Schale gefärbt hatten, oder bloß die untere; für unsere Zwecke ist aber auch die chemische Natur der Prismenschicht ganz gleichgültig; für uns gelten die einzelnen Prismen nur als Verstärkungsmittel und können desshalb den ander- artigen Festigungsmaterialien anderer Schalen, z. B. den Steinchen der Difflugien etc., gleich gesetzt werden. Die Bildung der Wachsthumsfalte wäre meiner Ansicht nach folgendermaßen aufzufassen: Der Arcellaleib ist innerhalb seiner Schale allmählich. so ange- wachsen, dass er durch ein Zusammenballen (vielleicht auch durch Aufblähen wie bei der Theilung) die Schale an einer Stelle zum Ber- sten bringt. An den Rändern des auf diese Weise enistandenen Scha- lenrisses setzt dann die Arcella neue Schalenmasse an (Prismen und protoplasmatische Kittmasse). Die neue Schalenmasse wird in Form einer nach Innen geschlagenen Falte angelegt, weil die alten Scuulenz theile vorerst noch zu fest sind, um nachgeben zu können. Das spätere Ausschieben der Falte ließe sich dann in folgen- der Weise erklären: Es mag nun eine gleichzeitige Erweichung der gesammten proto- plasmatischen Kittmasse (der alten wie der neu ausgeschiedenen) des Gehäuses eintreten; die Falte wird ausgeschoben werden, dabei wird der Sarkodeleib jedenfalls die äußere Form einer regulären Schale an- nehmen — die protoplasmatische Kittmasse dringt hierauf jedenfalls Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 533 zwischen die einzelnen in ihrer Lage nur wenig veränderten Prismen hinein, und löthet sie erstarrend in der neuen Lagerung fest. Nach dem Festwerden der Kittmasse ist hiermit die frühere Scha- lengestalt trotz der neu hinzugekommenen Gehäusesubstanz wieder hergestellt, ohne dass von dem Vorgange des Wachsthums eine andere Spur als die Größenzunahme zurückgeblieben ist. Über diese kurzen Andeutungen darf ich bei den mir wohlbewuss- ten Lücken meiner Beobachtung nicht hinausgehen; ich erlaube mir aber hier auf eine bei Leipy a. a. O. auf Taf. XXX, Fig. 7 u. 8 abgebil- dete Arcella aufmerksam zu machen, deren sonst konkav nach innen gebogene Oralfläche durch die Bildung einer großen, kugligen Cyste, konvex nach außen gedrängt worden ist. Also auch hier ein Auswärts- drängen eines vorher nach innen geschlagenen Wandtheiles, auch hier die Überwindung neuer Spannungsverhältnisse, — wahrscheinlich — durch eine nachträgliche Erweichung der Gehäusekittmasse in Folge protoplasmatischer Einwirkungen. CrLAPAREDE und Lacawann ! haben für die Arcellen fernerhin eine Art der Häutung beschrieben, welche hier — obgleich sie kein eigent- liches Schalenwachsthum darstellt, da es sich dabei um eine ganz neu gebildete also nicht um die ursprüngliche Schale handelt — erwähnt werden soll, weil sie dem Arcella-Individuum noch eine andere Mög- liehkeit sichert, sich in den Besitz einer größeren Schale zu setzen, in welcher seine Leibesmasse sich ungehindert vergrößern kann. Der Arcellaleib tritt nach den Beobachtungen der beiden Forscher zur Hälfte aus der Schalenmündung hervor, baut sich gerade wie bei der Theilung ein neues Gehäuse auf, wandert hierauf ganz in die eben ge- bildete Schale über und wirft die alte ab. | Es liegt auf der Hand, dass ein größeres Thier bei sonst gleichen Verhältnissen auch eine größere Schale aufbauen wird als ein kleines Thier derselben Art. Wir brauchen also bloß anzunehmen, dass der Sarkodeleib einer Arcella, welche eine neue Schale beziehen will, in seiner alten Schale gewachsen ist, um zur Überzeugung zu gelan- gen, dass die neubezogene Schale größer sei als die alte war ?. 1 Vgl. Bürscauı, »Protozoa«. p. 430. 2 Es ist jedoch hierbei in Anschlag zu bringen, dass bei der Theilung nur halb so viel des Weichkörpers in die Schale mit kommt, als die Schale in Anbetracht des ungetheilten Mutterthieres fassen kann. Thiere aber, welche sich eben erst getheilt haben, werden kaum im Stande sein den Häutungsprocess durchzumachen, da es ihnen voraussichtlich an dem hierzu nothwendigen Schalenmaterial fehlen dürfte, Sollte dies dennoch eintreten, so müsste natürlich die neue Schale kleiner werden als die alte war — kein Nachtheil für das Thier, da es ja nach unseren früheren Ausführungen die neue Schale späterhin wieder beliebig vergrößern kann. 36* 534. L. Rhumbler, Es muss hinzugefügt werden, dass dem von CLaPar&pe und LacH- MANN mitgetheilten Häutungsprocess leicht eine Verwechslung mit dem damals noch unbekannten Theilungsprocess zu Grunde liegen könnte; ich habe aber bei Centropyxis (p. 540) ganz neue Gehäuse gesehen an deren Mündung alte, vernarbte, leere Schalen hingen, welche ich mir nur als während der Häutung abgeworfene erklären konnte. Ich erwähne hier noch, dass der Zusammenhang zwischen Gehäuse und dem dasselbe bewohnenden Rhizopoden nicht ein so enger und unlösbarer ist, dass hierin eine Schwierigkeit für die Annahme der Überwanderung in das neugebildete Gehäuse entstände. Wir haben oben schon von Difflugia bicuspidata (p. 518) gehört, dass diese Form bei der Encystirung aus ihrem Gehäuse heraustritt, und sich vor demselben also nicht innerhalb desselben eneystirt. Einen noch schla- genderen Beweis hierfür kann ich wiederum für Arcella anführen. In einem meiner Uhrschälchen, welches Arcellen enthielt und dessen Inhalt durch Bakterienhaufen milchartig trübe geworden war, quollen sämmtliche Arcellen aus ihren Gehäusemündungen hervor, so dass sich nur noch ein Kugelabschnitt ihres Körpers im Gehäuse be- fand, der übrige Theil der Schale aber frei von Sarkode war (Taf. XXXII, Fig. 200). In der Folge ließ ein Thier von seinem Gehäuse ganz ab und fiel auf den Grund des Uhrschälchens, wo es bald Pseudopodien, wie eine Amoebe auszuschicken begann (Taf. XXXII, Fig. 205, c u. d). Um die Untersuchung zu erleichtern und eventuell die Ausscheidung einer neuen Schale beobachten zu können, ersetzte ich das durch die Bak- terien getrübte Wasser durch frisches Regenwasser. Die Folge davon war, dass sich alle anderen Arcellen wieder in ihr Gehäuse zurückzogen und wie normale Thiere weiter lebten; das eine Exemplar aber, welches sich von seinem Gehäuse losgelöst hatte, lebte noch drei Tage (2.—4. Juli), Pseudopodien ausschickend wie eine Amöbe, ohne sich jedoch viel von seinem Platze zu bewegen. Wäh- rend dieser Zeit hatte es sich in einem und demselben Gesichtsfelde gehalten. Am k. Tage war das Gesichtsfeld leer, ich konnte das Thier nicht wieder auffinden. Eine stark getrübte, kuglige Masse, welche an einer anderen Stelle lag, und um welche sieben kleine Amöben herum- krochen, konnte ich nicht mit Sicherheit als den Abkömmling der ursprünglichen Arcella konstatiren. Ich muss daher die Frage offen lassen, welches Ende die Auswanderung der Arcella aus ihrem Ge- häuse gefunden hat; interessant blieb mir nur, dass ein Rhizopode unter gewissen, wenn auch vielleicht pathologischen Bedingungen selbst, ohne die Eingriffe operirender Hände, den Zusammenhang mit seinem Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 535 Gehäuse aufzugeben vermag und ohne Gehäuse einige Tage weiter leben kann. Dazu eine Arcella, welche bei dem Aufbau der Schale, wie wir oben von Bürscarı gehört haben, so Bedeutendes leisten muss und wo wir uns besonders dazu berechtigt hätten fühlen können, einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Gehäuse und Weichkörper an- zunehmen !. Es könnte ferner die Frage aufgestellt werden, ob denn überhaupt ein Rhizopode ein ganz neues Gehäuse aufbauen kann, ohne dass sich hierbei sein Weichkörper theilen muss. Diese Frage muss bejaht werden. ScHEWIAKOFF hat bei seinen Un- tersuchungen über die Theilung von Euglypha einen Fall beobachtet, wo ein Thier ein Gehäuse aufbaute, ohne dass hierauf eine Theilung des Thieres selbst erfolgt wäre. Auch die Abstoßung eines Kerntheil- stückes, wie sie unter ähnlichen Umständen Brocnwmann bei derselben Form beobachtet hat, fand bei diesem Vorgang nicht statt. Die Eu- glypha zog sich nach dem Aufbau des neuen Gehäuses in ihre alte Schale zurück und warf die eben gebildete, neue, wieder ab; doch darf man in diesem Verhalten höchst wahrscheinlich etwas Außergewöhn- liches, wenn nicht Pathologisches erblicken, und für den normalen Verlauf annehmen, dass die Euglypha ihr neugebautes Gehäuse bezieht und ihr altes abwirft. Jedenfalls beweist uns die Beobachtung Schr- WIAKOFF'sS, dass das Bedürfnis zum Aufbau eines Gehäuses nicht noth- ‚wendig mit dem Bedürfnis der Theilung zusammenhängt ?; eine That- _ sache, die sowohl für die Annahme des nachträglichen Wachsthums 1 Es ist nach dem, in den vorhergehenden Erscheinungen analogen Verhalten der anderen Arcellen kein Zweifel, dass der aus der Schale ausgetretene Weich- körper wirklich einer Arcella angehörte und nicht etwa eine Amöbe war, welche sich zufällig in das Gehäuse verirrt hatte. Gerade die leeren Rhizopodengehäuse werden zwar sonst von allen möglichen mikroskopischen Thieren als Schutz- ort etc. aufgesucht. So fand ich z. B. Lacrimaria sp. sehr häufig in den Gehäusen von Difflugia acuminata sitzen. Ihr Körper passte in die, Gehäuse, als wenn sie sich dieselben selbst erbaut hätten, nur ihr langer Hals ragte aus demselben hervor und schlängelte, Nahrung suchend, in den Detritusmassen umher. Ich habe damals nicht eine einzige freie Lacrimaria gesehen; sie hatten sich alle in die leeren Gehäuse von Difflugia acuminata zurückgezogen. Außerdem wur- den die verschiedenen Gehäuse sehr viel von Chaetonotus, Räderthieren, kleineren Nematoden etc. aufgesucht; auch die Eier dieser Thiere fanden;sich des öftern in den Gehäusen vor. ; 2 Wenn der Kern hierbei vorübergehend dieselbe Beschaffenheit annimmt wie in den einleitenden Stadien der Theilung, so ist damit noch keineswegs bewiesen, _ dass wirklich eine Theilung angebahnt werden sollte. Es lässt sich aus jener Er- scheinung vielmehr nur entnehmen, dass der Kern gewisse Strukturveränderungen erleidet, sobald neue Schalensubstanz irgendwo angesetzt werden soll. 836 L. Rhumbler, der Rhizopodenschalen als für die Annahme des Häutungsprocesses be- deutend in das Gewicht fällt. Wir halten also an dem Häutungsprocess der Arcella fest und nehmen ihn auch für Euglypha in Anspruch. Hier ist ihm möglicher- weise allein die Aufgabe zugefallen, die Herstellung größerer Schalen zu vermitteln; denn es lässt sich schwer denken, wie die Euglypha durch Einsetzen von Wachsthumsstreifen wachsen sollte. Die einzelnen Schalenplättchen sind so breit, dass ohne Gefährdung des Zusammen- haltes der Schale keine neuen eingesetzt werden können. Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Kitt, welcher die einzelnen Plättchen zusammenhält, ebenfalls protoplasmatischer Natur sein und eben so das Gehäuse durch Dehnung der Kittsubstanz vergrößert werden kann wie bei Difflugia pyriformis!. Ein solches Wachsthum müsste sich dadurch kund geben, dass bei den gewachsenen Exemplaren die ein- zelnen Plättchen nicht so dicht bei einander stehen könnten als bei jugendlichen Gehäusen. Ich habe leider unter meinem konservirten Material bloß zwei Euglyphen aufgefunden, so dass ich zur Beantwor- tung dieser Frage nichts beitragen kann. F. Wachsthum der Gehäuse von Centropyxis aculeata (Chitingehäuse). Wie bei Arcella können wir auch bei Gentropyxis zwei Schichten der Schale konstatiren. An unversehrten Gehäusen sind diese beiden Schichten nur sehr schwer oder tiberhaupt nicht von einander zu unterscheiden. Es finden sich aber hier und da ältere Ge- häuse, bei denen, ähnlich wie es BürscaLı von Arcella beschrieben hat, Stücke der äußeren Schicht losgeschürft sind, so dass die untere Schicht zu Tage getreten ist. | Die äußere Schicht ist sehr dünn und meistens braungelb, roth- braun oder dunkelbraun gefärbt; in ihr finden sich Fremdkörper wie kleine Steinchen, Diatomeenpanzer etc. eingelagert; sie besteht aus Chitin. Die untere Schicht lässt sich mit Tinktionsmitteln färben und besteht daher wahrscheinlich aus protoplasmatischer Kittsubstanz. Sie _ sieht da, wo sie durch Abschürfungen freigelegt ist hellgelb, grau bis graugelb aus und sticht so gegen die ausgesprochene braune Färbung der chitinösen Schicht, namentlich bei älteren Gehäusen, wo die Ab- 1 Gerade die Thatsache, dass die Kieselschalen der Süßwasserrhizopoden, so weit bekannt ist, immer aus einzelnen Plättchen (Euglypha, Quadrula) und nie aus einer in sich zusammenhängenden Kieselmasse bestehen, legt die Vermuthung nahe, dass eine solche solide Kieselabscheidung unterblieben sei, um der Schale die Mög- lichkeit eines nachträglichen Wachsthums nicht zu nehmen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 997 schürfungen am häufigsten sind, deutlich ab (Taf. XXXIL, Fig. 22). Die frei- geleste Oberfläche der unteren Schicht hat ein chagrinartiges Aussehen, jedenfalls der negative Abdruck der unteren Seite der Chitinschicht. Wir finden also bei Gentropyxis und jedenfalls auch bei den anderen Süßwasser-Monothalamien mit chitinöser Schale keinen nach Art der Arcellaschale komplieirten Bau der Gehäuse, sondern erkennen eine einfache chitinöse Schicht und eine unter ihr gelagerte protoplas- matische Kittmasse. Chitin kann aber nach allen Erfahrungen nicht mehr durch organische Einflüsse gelöst werden, wenn es einmal aus- geschieden ist. Ist hier also ein nachträgliches Wachsthum des Gehäuses ausgeschlossen? Nein, durchaus nicht. Das Wachsthum findet hier in derselben Weise statt, wie wir es aus dem Verhalten der bei Difflugia acuminata vorgelagerten Steinchen für andere Formen erschließen und in seinen Folgen er- kennen konnten. Die protoplasmatische Kittmasse wird ge- löst und wahrscheinlich durch Aufblähung der unter ihr liegenden Sarkode ausgedehnt; die chitinige Substanz kann dabei den Deh- nungen nicht folgen; siereißt daher und ihre Stücke werden durch die sich zwischenlagernde Kittsubstanz aus einander gedrängt. Nur dadurch, dass durch die Kittsubstanz hindurch auf irgend eine, mir unbekannt gebliebene Weise wieder Chitin ausgeschieden wird, wel- ches von dem älteren wenig verschieden ist, werden die entstandenen Wachsthumsnarben mehr oder weniger verdeckt; manchmal aber sind sie deutlich zu erkennen. Wenn ich in dieser Abhandlung historisch hätte vorgehen wollen, so hätte ich mit dem Wachsthum der Centropyxisschalen beginnen müssen, denn hier erkannte ich das Vorhandensein des Wachsthums zuerst an den hinterlassenen Spuren. | Untersucht man eine größere Anzahl von Centropyxisschalen, so wird man bei einigen noch deutlich die Wachsthumsnarben er- kennen können, sei es, dass die zwischengeschobenen Streifen durch ihre Armuth an Einlagerungen gegen die ältere Chitinschicht abstechen (auch umgekehrt), sei es dass die Chitinschicht des neuen Wachsthums- streifens dünner und daher heller ist, als die alte Chitinhülle war (Taf. XXXI, Fig. 24), oder endlich, dass sich die älteren Partien des ge- wachsenen Gehäuses durch einen dichten Ansatz von Bakterien etc. auszeichnen, während die jüngeren noch davon frei geblieben sind (Taf. XXXIIL, Fig. 27). Fig. 24 zeigt ein Exemplar, welches eben sein Gehäuse durch Einlagerung eines neuen Wachsthumsstreifen vergrößert hat (aS, alte Schale; R, Riss der Chitinhülle, nS, neu eingeschobenes Gehäusestück). 538 L, Rhumbler, Durch genaueres Studium der vorliegenden Verhältnisse konnte ich ermitteln, dass anfänglich das hintere Ende der Centropyxisschalen, also der Theil der Schale, wo die Stacheln angeheftet sind, im Wachs- - .—_n > - \ ER AL 1 h Dr, i 1 1 41 12 ae} N N H \ \ nn u NE Naran) BES SEE / N \ 7% DON / S EN N Fig. II. Schema zur Erläuterung des Wachs- thums einer Centropyxisschale. a, Verti- kalprojektion; d, Horizontalprojektion der wach- senden Schale. Die punktirten Linien geben die Umrisse des Gehäuses nach den einzelnen Wachsthumsperioden an. Die Reihenfolge der zur Ausdehnung gelangten Gehäusetheile ist durch die Zahlen bezeichnet. Hinterer und vor- derer Theil der Schale wechseln im Wachsthum ab. Will man die Gestalt des Gehäuses nach einer bestimmten Periode (etwa der vierten) aus dem Schema ersehen, so ist der Wachsthums- zusatz der vorhergehenden Periode hinzuzuneh- men (also punktirte Linie 4 u. 3, Gestalt der Schale nach ihrer vierten Wachsthumsperiode). Pr, Pylomröhre; $7, Stacheln des Gehäuses, welche bei dem Wachsthum desselben in der Regel nicht mit vergrößert werden. thum dem vorderen vorausgeht, und dass sich späterhin beide im Wachs- thum abwechseln. Sehr kleine Gentropyxis- schalen haben in der Regel ein stark bauchig aufgetriebenes Hinterende, während sie nach vorn zu, wo die Mündung liegt, sehr spitz zulaufen, oft sogar dellen- artig eingetrieben sind. Die Mün- dung des Gehäuses liegt hier manch- mal geradezu terminal. Bei größeren Gehäusen findet sich auch der vordere Theil weiter aufgetrieben und damit im Verein rückt die Ge- häusemündung dem Centrum der Schale, das sie aber auch bei den größten Exemplaren nie ganz zu er- reichen scheint, immer näher (vgl. Holzschnitt im Text I). Nachdem das hintere Ende der Schale erweitert ist, wird das vor- dere ausgedehnt, unsere schon citirte Fig. 24 mag hiervon ein Zeug- nis ablegen. Der vorgeschobene erweiterte Schalentheil bleibt dabei mit seiner Basis nicht in der Ebene des ande- ren Schalentheiles stehen, welcher im Wachsthum gerade Halt gemacht hat, sondern neigt sich über die- selbe hinaus (vgl. Holzschnitt II). Es ist hier also schon eine Andeutung des cyklischen Wachs- thums gegeben, wie es bei Difflugia spiralis vorliegt, nur dass es hier nicht auf eine Richtung beschränkt ist, sondern in allen Meri- dianrichtungen zu erfolgen pflegt. Bei dem Wachsthum des Vorderendes wird natürlich Be = 4 Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 539 auch das Hinterende des Gehäuses in Mitleidenschaft gezogen und umgekehrt. Die neuen Druckverhältnisse rufen in dem nicht direkt wachsenden Schalentheile oft Falten hervor, die dem Beobachter auffallen müssen. So findet sich z. B. sehr häufig eine Falte, welche den hinteren bauchigen Theil vom vorderen trennt und in dem Rande der Mündung verläuft (Taf. XXXII, Fig. 27 F). Oft laufen die neu ein- gesetzten Schalenstücke vom Vorderende in den hinteren Theil der Schale hinein, wie ja überhaupt die Unterscheidung zwischen vorderem und hinterem Gehäusetheil eine mehr willkürliche ist, die nur aus Bequemlichkeit eingeführt wurde. Dadurch, dass der wachsende Theil sich über seine frühere Basis hinausschiebt, kommt die ursprüngliche Gehäusemündung immer tiefer zu liegen. Es entsteht somit eine mehr oder weniger lange Pylomröhre, an deren innerem Ende die primäre Gehäusemündung liegt, während ihr äußerer Rand durch die neuen Gehäusetheile gebildet - wird, welche durch das Wachsthum hinzugekommen sind (Taf. XXXII, Fig. 23 u. 29 Pr; Holzschnitt II, Pr). Die Pylomröhre wird oft durch Balken, welche nach der Decke des Gehäuses hinlaufen, gestützt. Die ältesten Theile des Gehäuses hat man allem Anscheine nach an der Basis der Stacheln zu suchen. Die Stacheln selbst scheinen bei dem sekundären Wachsthum in der Regel nicht weiter vergrößert zu werden. Die meisten kleinen Gehäuse zeichnen sich durch sehr lange Stacheln aus, während die meisten großen Gehäuse auffallend kleine Stacheln haben, welche nicht größer sind als die Stacheln der kleinsten Gehäuse. Immer trifft dies jedoch nicht zu, so dass eine sekun- däre Stachelbildung möglich bleibt, wenn sie auch selten eintritt. Nach dem bisher Mitgetheilten muss das Schalenwachsthum der Monothalamien des süßen Wassers als ein periodisches, nicht kontinuirlich verlaufendes angesehen werden, d.h. ein Gehäuse kann längere Zeit jedes Wachsthum entbehren, um es dann wieder unter ge- wissen Bedingungen schnell auszuführen. Dabei werden die einzelnen Stadien des Wachsthumsaktes so in einander greifen, dass sie sich schwer werden beobachten lassen. Der Sarkodeleib wird schon wäh- rend des Aufblähens die neue Gehäusesubstanz, welche man sich als schwerflüssige Masse nach früherer Erfahrung zu denken hat, an ihrer gesammten Oberfläche ausscheiden. In den ersten schmalen Riss wird dann gleich die Kittsubstanz eintreten und seinem weiteren Verlaufe folgen, so dass die Risse durch die eingetretene Kittsubstanz dem Auge leicht entgehen und der Zusammenhalt des Gehäuses auf diese Weise nie gefährdet werden kann. Da aber in die chitinige Masse in der Regel Fremdkörper eingela- 540 | L. Rhumbler, gert sind, so werden die Risse nicht immer einen ungestörten Verlauf nehmen können. Die sich aufblähende Sarkode vermag wohl die dünne Chitinschicht zu sprengen, aber nicht sarke Diatomeen- panzer oder Quarzstückchen. Die Risse werden aus diesem Grunde oft einen abnormen Verlauf einschlagen, und da die neue Gehäuse- substanz sich zwischen die Risse hineindrängt, so wird auch das Ge- häuse durch das Wachsthum eine abnorme Form annehmen. Man findet solche abnormgewachsene Centropyxisgehäusein der That sehr häufig. So zeigt uns Fig. 25 ein Gehäuse, wo der hintere Gehäusetheil dem Drucke der Sarkode widerstanden zu haben scheint, so dass der vordere Gehäuse- theil das weitere Wachsthum übernehmen musste, und desshalb im Ver- gleich zum hinteren Gehäusetheil über die Maßen groß geworden ist. Das Exemplar der Fig. 26 ist nach der Seite r hin besonders gewachsen. Einige Mal habe ich bei Gentropyxis aculeata und bei Dif- flugia acuminata Gehäuse angetroffen, die an einer oder mehreren Stellen des Gehäuses geradezu eine Gehäuseknospe angesetzt zu haben schienen. Durch örtlich jedenfalls sehr beschränkt gebliebene Schalen- defekte hat sich scheinbar ein kleiner Theil der Sarkode nach außen gedrängt und so eine gehäuseähnliche Kuppel ausgeschieden (Taf. XXXII, Fig. 28, 29). Das Exemplar der Fig. 28 trägt sogar Stacheln auf dieser Kuppel, so dass es fast den Anschein erweckt, als handle es sich hier um eine Fortpflanzungserscheinung durch Knospung. Da ich aber in den beobachteten Fällen den Kern des Weichkörpers vollständig normal fand, so halte ich eine solche Auffassung, wenn auch nicht für ausge- schlossen, doch nicht für sehr wahrscheinlich. Das Wachsthum der Gentropyxisschale lässt sich nach dem bisher Mitgetheilten als eine Regeneration von Rissen auf- fassen, welche durch die Vergrößerung des protoplasmatischen Weich- körpers oder aus anderen Ursachen in dem Chitingehäuse entstan- den sind. Die Häutungserscheinung von Gentropyxis habe ich schon früher p. 534 erwähnt. Es gelang mir nicht sie direkt zu beobachten; aber der innige Zusammenhang, welcher in den betreffenden Fällen zwischen einem ganz frisch aussehenden, bewohnten und einem ge- schrumpften, leeren Gehäuse bestand, scheint mir eine andere Deutung, etwa durch zufällige Ursachen, nicht zuzulassen. G. Rückblick. Allgemeines. Der Theilungsvorgang von Difflugia acuminata hat uns be- wiesen, dass bereits festgewordene Gehäusetheile (nämlich die extra- thalam angekitteten Baustoffe für das Tochtergehäuse, welche mit dem Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 541 Muttergehäuse gleichsam nur ein Gefüge bilden) durch besondere Ein- wirkungen des Sarkodekörpers wieder zähflüssig und dehnbar gemacht werden können. Wir stellten nun die Frage auf, ob diese Eigenschaft nicht auch dem ursprünglichen Gehäuse ein nachträgliches Wachsthum. gestatten könne. Wir bejahten diese Frage; denn erstens müssen die- jenigen Gehäuse, welche sich durch einfache Durchschnürung gleich- zeitig mit dem Weichkörper theilen, nothwendigerweise wachsen (vgl. p. 526). Zweitens lassen sich eine Reihe von Erscheinungen bei den verschiedensten Arten von Süßwasserrhizopoden nur dadurch er- klären, dass sie durch nachträgliches Wachsthum der Gehäuse hervor- gerufen sind (p. 528 u. ff.). Wir stellten uns das Wachsthum der Schalen als einfache Dehnung des Gehäuses durch Aufblähen des Sarkodeleibes vor, welche mit einer Erweichung der protoplasmatischen Grundmasse des Gehäuses Hand in Hand gehen muss. Veranlassung zu dieser Vor- stellung war uns ebenfalls das Verhalten von Difflugia acuminata. Wenn wir uns ein Individuum dieser Species denken, welches sein Baumaterial in kuppelförmiger Anordnung extrathalam aufgespeichert hat und später dieses Material zu einem neuen Gehäuse austrägt, so haben wir ein nachträgliches Gehäusewachsthum direkt vor Augen, wir brauchen bloß die oft sehr lange, fast röhrenförmige, Kuppel so lange zum Muttergehäuse zu rechnen, bis sie sich mit einem Theilstück des Mutterthieres von diesem abtrennt. Wir konnten dann das Wachsthum durch Dehnung, und das ter- minale Wachsthum für Gehäuse sehr verschiedener Bauart durchfüh- ren, und fanden für die nothwendig modifieirten Folgen dieses Wachs- thums thatsächliche Beispiele bei jeder Gruppe. Ist so unsere Auseinandersetzung in allen wesentlichen Punkten durch Thatsachen gestützt worden, so können uns weitere Überlegungen in ihrer Auffassung noch bestärken. Das Wachsthum der Gehäuse von LieberkühniaDiplophrysetec. muss mit Nothwendigkeit angenommen werden. Die Gehäuse dieser Gruppe bestehen jedenfalls aus einer ähnlichen protoplasmatischen Masse, wie wir sie als Kittsubstanz der Gehäuse von Difflugia acu- minata, Difflugiapyriformis,Difflugia spiralis, Nebelaete. erkannt haben. Dadurch, dass sich das Gehäuse mit dem sich theilen- den Weichkörper durchzuschnüren vermag, sind ja Chitin, Kieselsäure und andere Kittmassen vollständig ausgeschlossen. | Aus diesen Gehäusen werden sich diejenigen der anderen Formen jedenfalls dadurch hervorgebildet haben, dass sich Fremdkörper zur _ weiteren Festigung der Gehäuse in die protoplasmatische Schalenmasse hineingelagert haben, oder dass zu demselben Zwecke sich chitinige 549 | L. Rhumbler, und andere feste Massen, welche von dem Sarkodekörper selbst aus- geschieden wurden, sich über der schwächeren Grundmasse aus- hreiteten. Die Fähigkeit des Wachsthums war dadurch den verstärkten Scha- len keineswegs genommen. Sie musste bestehen bleiben, so lange die Grundmasse der Schalen ihre protoplasmatische Natur beibehielt. Ich bin aber nirgends bei den von mir untersuchten Formen auf zwingende Gründe für die Annahme einer anderen Kittsubstanz gestoßen. Im Gegentheil wiesen alle untersuchten Gehäuse durch die Färbbarkeit ihrer Kittsubstanz auf dieselben protoplasmatischen Eigenschaften hin. Das Wachsthum geschah bei den verstärkten Gehäusen genau wie bei den ursprünglichen unverstärkten Schalen. Die Fremdkörper, welche aufgelagert waren, wurden nur durch die Dehnung der Grund- masse aus einander gerückt, resp. die nicht nachgiebige umhüllende Chitinmasse gesprengt. (Damit die Festigkeit der Gehäuse durch ihr Wachsthum nicht leiden möge, so werden mit der neuen Kittsubstanz von Anfang an gleichartige Verstärkungsmittel in die ursprünglichen Wandungen des Gehäuses eingeschoben, oder es werden auch von außen her solche erst sekundär in die Lücken eingesetzt [ef. p. 525]). Bei den marinen Thalamophorenmit kalkigem Gehäuse verbot der starke und verwickelte Bau der Schale, welcher zudem durch die eventuelle Perforation und das Durchtretenlassen der Pseudopodienfäden eine höhere Be- deutung als die des bloßen Schutzes für das Thier erhalten hatte, ein Wachs- thum durch Zerreißen und Regeneriren der Schale. Ihnen blieb daher nur das terminale Wachsthum zu ihrer Weiterentwicklung. Ein alleiniges termi- nales Wachsthum hätte aber nothwendig zu einer störenden, oft vielleicht gefährlichen (wegen der Brüchigkeit des Kalkes) Längenausdehnung führen müssen, so lange es bloß in einer Richtung erfolgen konnte; es hat sich so wohl das cyklische Wachsthum im Kampf ums Dasein die Oberhand ver- schafft. Die bei dieser Gruppe so sehr verbreitete Erscheinung der Kamme- rung (Polythalamien) ist augenscheinlich eine Folge des, auch hier wie bei den Süßwasserrhizopoden, periodischen Auftretens des Schalenwachsthums!. Anders als mit dem Wachsthum der Gehäuse stand es aber mit der Theilung. Die einfache Schalendurchsehnürung, welche wir als Theilungsakt für die primitiven, unverstärkten Schalen 1 Es muss angenommen werden, dass jede neue Kammer der Polythalamien mit einem Male in toto angelegt wird, und nicht stückweise, wie dies bei der von VEerworn beobachteten Regeneration verletzter Kammern geschieht. Man trifft näm- lich niemals Polythalamien mit halbfertigen Kammern oder bloßen Ansätzen zu solchen. Die Regeneration verläuft also hier bedeutend langsamer als das Wachs- thum. Wenn dasselbe auch für die Süßwassermonothalamien gilt, wogegen keine Thatsache spricht, so dürfte bei diesen auch hierdurch neben den auf p. 524 ange- führten Gründen die Beobachtung von Regenerationen sehr erschwert werden, so lange sie nicht mit so großen Baustücken ausgeführt wird, wie in dem p. 525 mit- getheilten Falle. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 543 erkannten, war mit der Starrheit und Festigkeit der verstärkenden Substanzen unmöglich geworden. In dem Wachsthum der Schale war aber dieser Thiergruppe ein anderer Weg angebahnt, auf welchem sie sich theilen konnte. } Die Schale wuchs in terminaler Richtung; später theilte sich der Sarkodeleib, und das eine Theilstück desselben löste den terminal an- gewachsenen Gehäusetheil vom Muttergehäuse los und baute ihn zu einem neuen Gehäuse um!. Belege für diese erste Art einer Theilung fehlen mir bis jetzt noch bei den Süßwasserrhizopoden, sie scheint aber bei einer marinen Monothalamie, bei Psammosphaera fusca? F.E.Sch. Regel zu sein. Auch bei den Süßwasserrhizopoden dürften sich bei genauerer Kenntnis noch ähnliche Erscheinungen auffinden lassen. Allmählich ist dann der weitere Ausbau des angewachsenen Stückes zu einem vollendeten Gehäuse direkt in die erste Anlage des Wachs- thumsstückes zeitlich verschoben worden. Die extrathalame Aufspeicherung des Gehäusematerials bei Dif- flugia acuminata lässt, wie bereits hervorgehoben, das ursprünglich _ terminale Wachsthum der Schale, aus welchem sich der Theilungsakt entwickelt hat, noch erkennen. Sie darf daher wohl als die ursprüng- lichste Aufspeicherungsweise angesehen werden, musste aber noth- wendig die betreffenden Thierformen in der Ausübung ihrer Lebens- äußerungen sehr beeinträchtigen. So wird sich die intrathalame Aufspeicherung hervorgebildet haben. Das Fremdmaterial wurde gleich anfänglich dahin befördert, wo sich die Grundmasse zum Aufbau des neuen Gehäuses befand, d. h. in das Innere der Muttersarkode, um mit der Kittsubstanz gleichzeitig zu dem neuen Gehäuse geformt zu werden’°. Der rasche Verlauf der Theilung stimmt mit dem raschen Verlauf der Wachsthumserscheinungen bei Arcella und jedenfalls bei den an- deren Formen überein. 1 Statt einer Durchschnürung des gewachsenen Gehäuses trat hier einfach eine Loslösung der einen Hälfte der Schale von der anderen durch Einwirkungen des Protoplasmas ein; gleichzeitig theilte sich der Sarkodekörper. Dabei Regeneration der Mündung und des Gehäusegrundes. 2 Da ich diese, von F. E. ScHuLzE zuerst entdeckte, sandschalige Form zum Gegenstande der nächsten Arbeit zu machen gedenke, so begnüge ich mich hier mit dem Hinweis, dass diese Form häufig ihre äußerst kleine Mündung röhrenartig ver- längert, und dass sich dann sehr kleine Psammosphären finden, welche unbedingt als Umbildungen solcher abgestoßener Röhren angesehen werden müssen. 3 Die Bildungsstätte für die Kittsubstanz ist die um den Kern gelegene, bei den verschiedenen Arten mehr oder weniger deutlich von den übrigen Sarkode- _ theilen unterschiedene Zone, was ich ebenfalls in einer späteren Arbeit nachzu- weisen gedenke. 544 | L. Rhumbler, So findet also durch den Beweis eines nachträglichen Wachsthums der Rhizopodenschalen auch der Theilungsvorgang der beschalten Süß- wasserrhizopoden eine ungezwungene Erklärung. Ohne die Annahme dieses Wachsthums würde ganz unverständlich bleiben, wie sich aus der einfachen Schalendurchschnürung der primitiveren Formen der immerhin komplicirte Vermehrungsakt von Euglypha etc. hervorge- bildet habe. Es lassen sich aber noch andere Gründe anführen, welche gegen die Lehre von der Unveränderlichkeit der Difflugiengehäuse ! sprechen. So würde z. B. die Annahme fortdauernd gleich großer Theilungsge- häuse mit Ausschluss eines nachträglichen Wachsthums derselben zu dem Schlusse führen, dass alle Rhizopodengehäuse, welche nicht gleich groß sind oder aus Kombinationen mit doppelt großen Gehäusen (BLocumann beobachtete, wie zwei konjugirte Euglyphen nur einen gemeinsamen Theilsprössling aufbauten) entstanden gedacht werden können, die Repräsentanten einer anderen Species seien, wie ähnlich sie sich auch sonst sein mögen. Nun unterziehe man aber die Gehäuse irgend einer anerkannten Species einer genauen Messung, man wird nach meiner Erfahrung schwerlich zwei finden, die in jeder Ausdeh- nung mit einander übereinstimmen. Man würde also durch die Lehre von der Unveränderlichkeit der Gehäuse zu der Annahme einer un- natürlich großen Zahl von verschiedenen Species gezwungen sein. Es ist indessen leider noch nichts darüber bekannt, ob wirklich die während der Theilung entstandenen Tochtergehäuse der Süßwasser- rhizopoden immer genau so groß sind, als die Muttergehäuse waren. .Mir scheint auch eine andere Annahme Berechtigung zu haben. Die Größe des Sarkodekörpers, welcher die betreffende Schale be- wohnt, wird auf die Dimensionen des künftigen Tochtergehäuses mehr Einfluss ausüben als die Größe der Schale selbst, da doch der Sarkode- körper und nicht die Schale das Tochtergehäuse aufbaut. Nun ist es aber ganz unbestreitbar, dass die Größe des Sarkodeleibes nicht immer eine genau entsprechende Schalengröße erfordert, d. h. dass zwei gleich große Sarkodekörper zwei verschieden große Schalen bewohnen 1 Ich nehme absichtlich hier diejenigen Formen aus, welche sich unter Durch- schnürung ihrer Gehäuse theilen, weil sich auf sie der von VERWoRN aufgestellte Satz überhaupt nicht beziehen kann und wohl auch nicht beziehen sollte. 2 Diese Frage wäre meiner Ansicht nach am sichersten an Euglypha zu lösen. Es wäre .etwa festzustellen: ob das Tochtergehäuse immer aus derselben Anzahl von Plättchen zusammengesetzt ist wie das Gehäuse des Mutterthieres, ob die Plätt- chen der entsprechenden Gehäusezonen bei beiden Gehäusen gleich groß sind etc. Ein bloßes Messen von Theil- und Muttergehäusen würde, wie ich glaube, kein hinreichend genaues Resultat liefern. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 945 können. Nach der Theilung z. B. bewohnt das seiner Sarkodemasse nach auf die Hälfte redueirte Mutterthier genau dasselbe Gehäuse, das es vorher inne hatte, als sein Weichkörper noch die Masse der Sarkode des Tochterthieres mit enthielt. Es wäre also denkbar, dass die Größen- variationen in den Schalen ein und derselben Species von dem jewei- ligen Größenzustand der sich theilenden Sarkode herrührte, ohne dass ein nachträgliches Schalenwachsthum zu ihrer Erklärung erfor- derlich wäre. Man muss aber auf der anderen Seite annehmen, dass diese Größendifferenzen zwischen Weichkörper und Schale doch nur be- schränkte sind. Das kleine Sarkodeklümpchen einer Difflugia pyriformis, das sich in einem Gehäuse von 0,064 mm Länge und 0,044 mm Breite befindet, würde wohl nie im Stande sein das Gehäuse einer Artgenossin von 0,354 mm Länge und 0,192 mm Breite zu bewohnen. Es wäre da- her diesem kleineren Thiere a priori unmöglich jemals eben so große Sprösslinge zu erzeugen wie seine größeren Artgenossen, da es nie die hierzu nöthige Sarkodemenge in seinem Gehäuse unterbringen könnte. Das Theilungsvermögen wäre an eine ganz bestimmte Größenstufe ge- bunden, welche durch die Maximalmenge bestimmt würde, die das Gehäuse zu fassen vermag. Das widerspricht aber allen seitherigen Erfahrungen an anderen Protozoen, wo die Theilung nie an bestimmte Größenstufen gebunden scheint. Dasselbe Infusor theilt sich bald als ganz kleines Thier, bald theilt es sich erst, wenn es etwa unter besonders günstigen Bedingun- gen die Maximalgröße seiner Species erreicht hat. Überhaupt beruht der Eintritt der Theilung jedenfalls mehr auf einer inneren Nothwendig- keit (Kern?) als auf dem mehr äußerlichen Größenzuwachs der Sarkode. Es wäre daher gewiss sehr merkwürdig, wenn ein Rhizopode dadurch zur Theilung gezwungen werden könnte, dass sein Gehäuse für seinen Weichkörper zu klein geworden ist. Auch diese Schwierigkeit fällt weg, sobald man den beschalten Süßwasserrhizopoden die im Vor- stehenden erwiesene Fähigkeit zuerkennt, ihre Schalen nach Bedürfnis vergrößern zu können. Angesichts des auf p. 523—540 angeführten Thatsachenmaterials hätte ich vielleicht der letzten Erwägungen nicht bedurft, um das be- strittene Schalenwachsthum der Süßwasserrhizopoden außer Frage zu stellen. Sie mögen dadurch gerechtfertigt bleiben, dass sie ein kurzes Streiflicht auf die Fragen zu werfen suchen, welche sich an das behan- delte Thema anknüpfen lassen. Oldenburg i/Gr., den 19. März 1891. 546 | L. Rhumbler, Anhang. 1. Diagnose von Difflugia bieuspidata n. sp. Form des. Gehäuses ähnlich wie Difflugia acuminata; Basis des Gehäuses jedoch breiter und mit zwei Stacheln versehen, die etwa 160° gegen die Mittelachse des Gehäuses geneigt stehen. Einer dieser Stachel oft wenig ausgebildet, so dass die Ähnlichkeit mit Dif- flugia acuminata sehr groß wird, doch Gehäuse auch dann durch die schräge Stellung des anderen Stachels nicht unschwer zu erken- nen. Encystirung extrathalam (Taf. XXXI, Fig. 10) ohne besondere Chitinhülle. 2. Malse von zehn beliebig herausgegriffenen Difflugia spiralis. Die Grenzwerthe sind groß gedruckt; gemessen wurde mit SEIBERT Oe. 3, Obj. II (Halslänge der Gehäuse revidirt mit Obj. IV). Laufende || Ganze Länge des Größte Breite des Lange des SEalzpz Gehäuselänge Nr. a Gehäuses (vel. AN un al > aldlangs h 0,084 mm | 0,084 mm () 0,006 mm (1) | 1....... (10) 2 0,090 0,072 » (4) | 0,024 » (M)| 3078.... (A) 3 0,144 » 0,096 » @) 0,08 » or on 4 0,120 » 0,096 7» 114) 0,024 727 Fe) ers. (2) 5 0,193 » 0,096 » (5) 10,094 » @)| 512... (5) 6 0,444 » 0,126 » (6) |0,027 » (10) | 5,22 .... (4) T—- 0,150 » 0,444»: (8)21 0,0427 »2 72) aan (9) 8 0,150 » 0,444. »..:,(9).10,0182 nr er 7) 9 0,162 » 0,126 » (7) 0,0247 ». Tel Zaren) 10 (40) :1.0,048 ii Hs) I). 0: (8) | 0,171 » 0,159 » Ein Vergleich der in den drei hinteren Rubriken eingeklammerten Ordnungszahlen mit der, nach der Länge der Gehäuse bestimmten, laufenden Nummer zeigt uns, dass Länge und Breite des Gehäuses ziemlich genau in gleicher Weise zunehmen! — jedenfalls eine Folge ihres gemeinsamen Wachsthums — während die Halslänge eine ganz andere Reihenfolge einhält: der Hals scheint eben, unabhängig von dem Wachsthum der übrigen Schale, durch Ansetzen von neuen Steinen ge- bildet zu werden. | Eine größere Zusammenstellung dürfte ohne Zweifel die dargeleg- ten Schwankungen zwischen Hals und dem übrigen Gehäuse nicht un- erheblich vermehrt haben. 1 Die Übereinstimmung wird noch größer, wenn man die Halslänge von der Totallänge des Gehäuses abzieht, und die Differenz dann mit der Breite vergleicht. a 005 — ul EEE | RBFFFRRRRETRRRRN Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. 547 Nachschrift. Erst nach Fertigstellung dieser Abhandlung wurde ich mit der. neuesten, interessanten Arbeit von Vrrworn (Biologische Protisten- studien Il. Diese Zeitschr. Bd. L. p. 443 ff.) bekannt. Sie bringt für Difflugia lobostoma Leidy eine interessante Bestätigung meiner auf p. 529 für die Nebeliden ausgesprochenen Vermuthung. Verworn beobachtete, dass sich die Schalensubstanz der Difflugia lobostoma, so lange sie noch innerhalb des Mutterthieres auf- gespeichert ist, bei Zusatz von Jod braun färbt, während sie dies in der fertigen Schale nicht mehr thut. Wir sehen also, dass es wirklich nur die jugendliche, frisch entstandene Schalensubstanz ist, welche in dieser Weise auf Jod reagirt. Unsere Vermuthung, dass der bei man- chen Nebela-Individuen durch Jodzusatz völlig braun gewordene Mün- dungsrand einen neuen Schalenzusatz bedeute, ist hiermit bewiesen. Auch die Größenschwankungen und die Verschiedenartigkeit der Mündungen, welche Verworn für Difflugia lobostoma angiebt, so- wie vor Allem die Beobachtung von unregelmäßig geformten, seltsam ' verzerrten Schalen mit lebenden Thieren, könnten der Aufzählung unserer Beweise ohne Weiteres eingeordnet werden. Der Regeneration von Gehäusen scheint Verworn diesmal keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Er giebt zwar an, ‚dass er mit Difflugia lobostoma und Arcella dieselben Regene- rationsversuche (wie viel?) wie seiner Zeit mit Difflugia urceolata angestellt habe und zu demselben Resultat gekommen sei (dass die verletzten Gehäuse nicht regenerirt würden). Die ganze Sache wird aber in sieben Zeilen abgethan. Sollte es einem so geschickten Experimentator, wie VERWORN, nicht doch noch gelingen, später einmal unter besonderen Vorsichts- maßregeln die Regeneration eines Difflugiengehäuses zu erzielen, nach- dem ich durch einen glücklichen Zufall ein augenscheinlich regene- rirtes Difflugiengehäuse im Präparat besitze. Mir fehlt gegenwärtig jedes lebende Material. Verworn hat ja auch - die Theilung von Difflugia lobostoma nicht direkt beobachten können, und doch zweifelt er nicht im mindesten, so wenig als sonst 3 Jemand daran zweifeln wird, dass sich Difflugia lobostoma zu | theilen vermag. Die Beobachtung, dass irgend ein Vorgang unter irgend welchen Bedingungen nicht eingetreten ist, ist eben kein Beweis dafür, dass er - “überhaupt nicht eintreten kann. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 37 548 | L. Rhumbler, Die von Verworn festgestellte Auslese des Baumaterials für das künftige Tochtergehäuse durch die Mündungsweite des Muttergehäuses muss natürlich auf die Formen mit intrathalamer Aufspeicherung des Baumaterials beschränkt und darf nicht auf die Formen ausge- dehnt werden, welche das Baumaterial extrathalam (Difflugia acuminata, Difflugia bicuspidata[?), Difflugia pyriformis) aufspeichern. Erklärung der Abbildungen. Allgemeine Bezeichnungen: An, angesammeltes Baumaterial für ein zukünftiges Tochtergehäuse; K, Kittsubstanz,; ncl, Kern; Ps, Pseudopodien; üB, »übergroße« Bausteine (vgl. p. 518). Die deutschen Zahlen, welche hinter den Erklärungen stehen, bedeuten die Oculare, die römischen dagegen die Objective von SEIBERT, unter deren Anwendung die Zeichnungen entworfen sind. Oberh., OBErHÄuser’scher Zeichen- apparat. Die mit * bezeichneten Figuren sind Dauerpräparaten entnommen. Tafel XXXII. Fig. 4. Difflugia pyriformis mit »übergroßen« Gehäuseanlagerungen (cf. p: 518) (Kopie nach Leipy). Fig. 2*, Difflugia pyriformis mit einem übergroßen Baustein, der so lang und breit ist, dass er niemals in das Innere einer Mutterdifflugie aufgenom- men worden sein konnte. Oberh. V. Fig. 3%. Difflugia pyriformis; der übergroße Gehäusebestandtheil wird durch einen Glassplitter gebildet, an dessen einem Ende ein zweites, ausgestorbe- nes Gehäuse (lGeh) befestigt ist. Oberh. V (um die Hälfte verkleinert). Fig. 4—6*. Difflugia acuminata; verschiedene Arten der extrathalamen Aufspeicherung des Materials für die Tochtergehäuse. 2, V. Fig. 4. Anordnung in zwei Stränge. Fig. 5. Anordnung in eine Kuppel. Fig. 6. Anordnung in zwei Kuppeln. Fig. 7*,. Difflugia acuminata; die Sarkode hat sich nach der ersten Auf- sammlung von Bausteinen in das Innere der Schale zurückgezogen und die Bau- steine mitgenommen. Die Kittsubstanz (K) ist durch eine besonders stark hervor- tretende Färbung im Präparat erkennbar. Oberh. V. Fig. 8*. Difflugia acuminata im Begriffe die Schale einer kugelrunden Alge (Al) unter die bereits angesammelten Bausteine aufzunehmen. Oberh. V. Fig. 9*. Difflugia acuminata, welche die Steinchen vor ihrer Mündung in der am häufigsten vorkommenden Weise aufgespeichert hat, und deren Sarkode Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. L . 549 sich von dem angesammelten Gehäusematerial zurückgezogen hat. r@l, rother Glassplitter, wie sie den Kulturen zugesetzt wurden (p. 524). Oberh. V. Fig, 40*. Difflugia bicuspidatan.sp. mit extrathalamer Dauercyste (eC). Oberh. V. Fig. 44*, Zwei Difflugia acuminata, welche an einander gelagert, zwei Tochterindividuen bilden wollten. Gehäuse ausgestorben; in dem einen ist die Membran einer ehemaligen Cyste (Cm) zu erkennen, Oberh. V, um 1/5 vergrößert. Fig. 12 a u. b*. Gehäuse von Difflugia pyriformis, welche durch große Bauelemente abgeflacht resp. verzogen sind (vgl. p. 522}. Abflachung bei A. 2, IV. Fig. 43*, Ausgestorbenes Gehäuse einer Difflugia acuminata, welche in Theilung begrifien war. Fig. 44a u. b*, Durch einen großen Glassplitter (Gl) regenerirtes Gehäuse von Difflugia spiralis in zwei verschiedenen Lagen mit dem Oberh. gezeichnet. — Da das Gehäuse im Präparat das Bestreben hatte, sich auf die Breitseite des Glas- splitters zu legen und demnach während des Umsinkens gezeichnet werden musste, sind die Umrisse scheinbar verzogen worden, so dass vielleicht die beiden Zeich- nungen nicht zur Deckung gebracht werden können, Oberh. II. Fig. 14 c*. Dasselbe Gehäuse zerdrückt, um die Anlage des, unter der äußeren Gehäusewand befindlichen, inneren Gehäuses (iGeh) zu zeigen. Oberh. II, um 1/3 vergrößert. NB. Nur die Umrisse mit Oberh.; die einzelnen Bausteinchen beliebig einge- zeichnet. Der rothe Streifen an dem unteren Rande des Glassplitters erklärt sich aus den Eigenschaften des rothen Signalglases (p. 524 Anm.). Fig. 45*. Difflugia spiralis, welche aus ihrer Mündung heraus einen Protoplasmamantel (Pm) um ihr Gehäuse herumgelegt hat. si, Steinchen, welches allem Anscheine nach in das Gehäusegefüge eingekittet werden sollte. Gehäuse und innere Sarkode schematisch. Oberh. Il. Fig. 16*. Eben so; Pm ist breiter und umfasst nicht das ganze Gehäuse. Oberh. II. Fig. 47*, Mündungsrand von Difflugia spiralis durch Hämatoxylin gefärbt. (p- 528). Oberh. V. Fig. 418*, Vorderer Gehäusetheil einer Nebela collaris. gk, durch Alaun- karmin gefärbte Kittsubstanz. 2, IV. Fig. 19*. Difflugia pyriformis, welcher die Reste (R) eines früheren, älteren Gehäuses anhängen. 2, IV. Fig. 20a. Eine Arcella vulgaris, deren Weichkörper (Wk) aus ihrer Schale heraustritt. 4, V. Fig. 205, eu. d. Verschiedene amöbenartige Formen, welche der ausgetretene Weichkörper im Verlaufe dreier Tage annahm. 4, V. Fig. 24. Umrisse einer Arcellaschale mit Wachsthumsfalte (WF). 2, IV. Fig. 22%. Centropyxis aculeata; die äußere Chitinschicht (ChSch) des Gehäuses ist an einigen Stellen abgeschürft, so dass dort die untere Kittschicht (KSch) zu Tage getreten ist. 2, IV. Fig. 23*, Gehäuse von Gentropyxis aculeata. a, alte Gehäusetheile; n, neue, jüngere Gehäusetheile; Pr, Pylomröhre (Mündung). 2, IV. Fig. 24*, Gehäuse von Gentropyxis aculeata mit Wachsthumsnarbe, das Chitin des neu eingesetzten Schalentheiles (nS) hebt sich durch seine hellere Fär- bung von dem dunkleren Chitin des alten Schalentheiles (a4S und a) deutlich ab. 37 550 L. Rhumbler, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 1. Fig. 25%. Ein durch nachträgliches Wachsthum deformirtes Gehäuse von Centropyxisaculeata. au. n,'wie Fig. 23; M, Mündung des Gehäuses. 2, IV. Fig. 26*. Eben so; K, an die Peripherie der Sarkode getretene Kittsubstanz. 2, IV, Fig. 27%. Gentropyxis aculeata; ein älteres Gehäuse, welches dicht mit Bakterien (Bac) besetzt ist; n, neu vorgeschobener Gehäusetheil, welcher noch frei von Bakterien ist, und die Falte F hervorgerufen hat. 2, IV. Fig. 28* u. 29*,. Gehäuse vonCentropyxis aculeata mit knospenähnlichen Gehäuseauswüchsen (Kn) (vgl. p. 540). M, durch die Oberfläche des Gehäuses durch- schimmernde Gehäusemündung; Pr, Pylomröhre. Oberh. IV. Über die Entstehung der Geschlechtsprodukte und die Entwicklung von: Tubularia mesembryanthemum Allm. Von Dr. August Brauer, Assistenten am zoologischen Institut. (Aus dem zoologischen Institute der Universität Berlin.) Mit Tafel XXXIT—XXXV. Am Schlusse meiner Untersuchung über die Entwicklung von Hy- dra (6, p. 206) habe ich die Ansicht geäußert, dass die sogenannte Mo- _ rula, d. h. der mehrschichtige Zellenhaufen, welcher in der Entwicklung vieler Cnidarier und Poriferen beobachtet wurde, nicht, wie überein- stimmend angegeben wird, das: Endstadium der Furchung bedeute, aus welchem durch Delamination die Bildung der Keimblätter erfolge, sondern dass dieses Stadium bereits den zweischichtigen Embryo dar- stelle. Wenn diese Auffassung richtig ist, so ergiebt sich daraus, dass die Entodermbildung bei allen denjenigen Formen, welche in ihrer Entwicklung das Morulastadium: durchlaufen, noch nicht bekannt ist, da ein solider mehrschichtiger Zellenhaufen auf. zwei verschiedene Weisen entstehen kann, je nachdem die Furchung äqual oder inäqual verläuft. Im ersteren Falle kann das Entoderm durch Einwanderung oder Theilung von Blastodermzellen sich bilden, wie z. B. bei Hydra, und dann wird weiter zu entscheiden sein, ob der polare oder der multipolare Typus vorliegt, im zweiten Falle dagegen würde die Ento- dermbildung durch Epibolie erfolgen. Es ist mithin nicht begründet, - die Fälle der Entodermbildung durch »sekundäre Delamination«, wie ; Mersonyikorr (20) die Spaltung der Morula in die zwei Keimblätter be- zeichnet hat, ohne Weiteres der multipolaren Bildungsweise zuzu- reihen. Es schien mir nothwendig durch eigene Untersuchungen mich zu überzeugen, ob die Zweifel an der richtigen Auffassung der Morula be- gründet sind oder nicht. Ich wählte als erstes Objekt Tubularia, 552 August Brauer, einerseits weil diese Form leicht in genügender Menge zu erhalten war, andererseits weil dieser Polyp nach den Angaben aller Autoren, welche nach Gramicran (10) seine Entwicklung untersucht haben, nämlich KLEINENBERG’S (39, p. 437), METSCHNIıKoFF'S (39, 40), Hamann’s (17, 18), Conv’s (15) und Tıenomirorr’s (4%), eine typische Morula zeigen soll. Die Untersuchung hat sich nicht nur auf diesen einen Punkt be- schränkt, sondern ist auch auf die übrige Entwicklung bis zur Bildung der Actinula und die Entstehung der Geschlechtsprodukte ausgedehnt worden. Das Material, Tubularia mesembryanthemum Allm.!, welches von der Zoologischen Station in Neapel bezogen ist, wurde mir in freund- lichster Weise vom hiesigen Institute überlassen, wofür ich Herrn Ge- heimrath Professor Dr. F. E. ScuuzzE meinen besten Dank sage. I. Die Entstehung der Geschlechtsprodukte. (Taf. XXXII, Fig. 1—6.) Die männlichen und weiblichen Gonophoren von Tubularia ent- springen von Stielen, den Gonophorenträgern, welche an der Basis ‚des aboralen Tentakelkranzes des Polypen hervorsprossen; sie zeigen medusoiden Bau. Da ihre Bildung bereits eingehend und mit meinen Untersuchungen übereinstimmend von Cramicran (9, 10) und später von Hamann (17), Weısmann (47, 49) und Tıcuomirorr (%%) beschrieben ist, kann ich auf ihre Darstellung verweisen; nur möchte ich hervorheben, dass die Angabe Cramicıan’s (9, p. 503), die Entodermlamelle lege sich zweischichtig an, was Hamann (l. c. p. 513, Anm.) für falsch erklärt, völlig richtig ist. Die Keimzellen entstehen nach Cianmicıan’s Untersuchungen, welche von Weısuann (#7, p. 227; 49, p. 127) und Tuarıwrrz (43, für die männ- lichen Keimzellen) bestätigt werden, aus dem basalen Blatt des ekto- dermalen Glockenkerns. TicHouiRorr (44, p. 5) dagegen verlegt die Keimstätte in das Entoderm der Gonophorenknospe; er fand dasselbe und zwar im distalen Theile, welcher unter der Entodermlamelle liegt, mehrschichtig und betrachtet die Zellen dieser Verdickung als Keim- zellen, welche später erst in den Glockenkern einwandern. Noch eine frühere Angabe, welche sich bei JıckeLı (26, p. 591) findet, ist zu erwähnen. Bei seiner Untersuchung über den Bau von Tubularia beobachtete er im Ektoderm des Metastoms subepitheliale Zellen, welche »die Mitte zwischen den Zellen embryonalen Charakters, welche man im Ektoderm findet und als Nesselkapselbildungszellen ! Auf den Gläsern der Station ist die Form irrthümlich als T. larynx be- zeichnet. Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 553 oder mit dem unbestimmteren Namen des interstitiellen Gewebes zu bezeichnen pflegt, halten«, und deutet sie als junge Eizellen; er knüpft an diese Beobachtung die Vermuthung, dass die Eizellen von hier aus der Reifungsstätte, dem Glockenkern, zuwandern. Wie wir sehen wer- den, ist diese Vermuthung richtig. | In jungen weiblichen Gonophorenknospen (Fig. 1), in welchen von der Bildung des Glockenkernes noch nichts zu sehen ist, ist das Ekto- derm fast stets einschichtig, dagegen erkennt man im Entoderm sehr oft außer den Epithelzellen andere, welche subepithelial liegen (kz); in etwas weiter ausgebildeten Gonophoren trifft man dieses Verhältnis ziemlich regelmäßig an. Diese Zellen sind manchmal zu einem Haufen zusammengeschart (Fig. 2, 6 kz), so dass eine Verdickung im Ento- derm entsteht, und dieses sich an dieser Stelle in die Höhle der Knospe vorwölbt, wie es auch Tienoutrorr (l. e. p. 3 ff., Fig. 1—3) beschreibt und zeichnet, oder sie liegen zerstreut (Fig. 2 Az’). Im Ektoderm der Knospe findet man diese Zellen nur ganz vereinzelt (Fig. 3 kz) und "dann meist im proximalen Theile des Gonophors. Die meisten von diesen Zellen zeigen ein dichtes Zellplasma und einen stark sich fär- benden Kern und ähneln hierdurch sehr den übrigen Entodermzellen der Knospe, welche durch ihre geringe Höhe und durch dichtes, wenig vaceuolisirtes Protoplasma sehr wesentlich von den gewöhnlichen Nähr- zellen, wie man sie z. B. im Gonophorenträger findet (Fig. 6, 4), ab- weichen ; einige andere aber fallen besonders durch die Größe und die geringe Färbung des Kernes auf, der einem jungen Keimbläschen völlig gleicht. Untersucht man ältere Gonophoren, in welchen die Entoderm- kuppe zum Spadix sich erhoben hat, so findet man diese Zellen nicht mehr im Entoderm oder nur vereinzelt, dagegen ist der Glockenkern, der vorher einschichtig war, mit ihnen erfüllt. Hieraus ergiebt sich, dass die im Entoderm der Knospe gefundenen subepithelialen Zellen Keimzellen sind und dass sie vom Entoderm aus in den Glockenkern wandern, wie es TıcHomirorr angegeben hat. Da die Keimzellen oft auch in dem Theile des Entoderms, welcher den Spadix liefert, anzu- treffen sind, selten dagegen in der Entodermlamelle, und da ferner die Keimzellen fast ausschließlich zuerst im basalen Theile des Glocken- kernes (Fig. 6) auftreten, so darf man wohl mit Recht annehmen, dass die Einwanderung derselben in den letzteren vorwiegend von der Entodermkuppe bezw. dem Spadix aus erfolgt. Doch ist die Möglich- keit einer Einwanderung von einer anderen Seite aus nicht ausge- schlossen; so möchte ich z. B. die in der Fig. 2 mit kz” bezeichnete Zelle für eine Keimzelle halten, welche im Ektoderm der Knospe auf- 554 | August Brauer,, wärts gewandert ist und auf der distalen Seite in den Glockenkern übertritt. Die hervorgehobene Ähnlichkeit der jungen Keimzellen mit den Entodermzellen der Knospe ließ es möglich erscheinen, dass: sie aus solchen auch entstehen, indem einzelne entweder in die Tiefe rücken und zu Keimzellen werden, wie es.z. B. v. LEenDENnFELD (37) für Euco- pella campanularia beschreibt und: zeichnet, oder indem durch Quer- theilung von Entodermzellen Keimzellen abgeschnürt werden, wie es z. B. Tıcuonirorr (l. c. Fig. 25) für Eudendrium armatum angiebt. In beiden Fällen mussten sich in den Entodermzellen Kernspindeln finden lassen, welche radial oder tangential gestellt waren, und besonders konnte man sie in ganz jungen Gonophoren erwarten, wo die Keim- zellenbildung am eifrigsten erfolgen musste. Trotz vielen Suchens mit starken Vergrößerungen habe ich nicht eine einzige Spindel gefunden. Dieses negative Resultat und andere Gründe machten es wahrscheinlich, dass der Ort der Entstehung der Keimzellen nicht im Gonophor, sondern im Gonophorenträger oder noch weiter rückwärts zu suchen sei. Untersucht man nicht nur einzelne Schnitte, sondern ganze Serien, so erhält man leicht die richtige Lösung der Frage. Wenn man das Entoderm der Gonophorenknospe proximalwärts verfolgt und dann weiter auf den Träger, von dem die Knospe entspringt, übergeht, so trifft man die Keimzellen immer seltener im Entoderm. Da sie hier der Stützlamelle stets nahe anliegen und die Entodermzellen das typische Aussehen von Nähr- oder Drüsenzellen annehmen, je näher man. dem Träger kommt (Fig. 4, 6), so lassen sich die ersteren leicht erkennen. Ihre Form ist hier oft eine amöboide und lässt schließen, dass die Zelle im Wandern begriffen ist (Fig. 4 kz). Meist schon in geringer Entfer- nung von der Ursprungsstätte des Gonophors vermisst man die Keim- zellen im Entoderm völlig, dagegen findet man jetzt häufig im Ektoderm (Fig. 4, 6 Az’), welches in der Gonophorenknospe fast stets einschichtig ist, nur zuweilen vereinzelte Keimzellen zeigt, neben den Epithelzellen und Nesselkapselzellen unter den sogenannten interstitiellen solehe, welche den im Entoderm beobachteten jungen Keimzellen völlig glei- chen. Die nahe liegende Vermuthung, dass in ihnen die Urkeimzellen, wie WEISMAnN diejenigen, welche den Keimzellen den Ursprung geben, bezeichnet hat, zu sehen sind und dass: sie die Stützlamelle durch- brechen, ins Entoderm übertreten und: hier der Reifungsstätte zuwan- dern, gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man solche Zellen auf der ektodermalen und entodermalen Seite an derselben Stelle der $tütz- lamelle dicht anliegend findet (Fig. 5 kr). Vollen Beweis giebt aber Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 555 erst die Fig. 6, 6a. Hier liegen an zwei Stellen, an der einen zwei, an der anderen eine Zelle derart in der Stützlamelle, dass diese Lage nur als ein Durehwandern der Stützlamelle aufgefasst werden kann. Da die: letztere sich. an dieser Stelle verdickte und: durch Hämatoxylin stank: blau gefärbt hatte, so. ließ sich ihre Grenze und die der Zellen genau erkennen. An beiden Stellen weicht die Stützlamelle (si) aus einander. Von: den oberen zwei: Zellen (Fig. 6a) wird: die eine durch sie völlig vom: Ektoderm. abgetrennt, die andere nur theilweise, ein Theil! steht mit jenem noch in unmittelbarer Berührung; auf der ento- dermalen Seite ist die Stützlamelle noch nicht durchbrochen. Die untere Zelle zeigt eine ähnliche Lage. Aufieinem anderen Schnitt durch die- selbe Gegend des Gonophorenträgers fanden sich noch drei andere Zellen in der Stützlamelle und etwas weiter nach dem: Gonophor zu eine unter den Entodermzellen wandernde Keimzelle (Fig. % kz). Wenn man außer diesen Beobachtungen in Betracht zieht, dass dort, wo: diese interstitiellen Zellen im Ektoderm auftreten, Keimzellen im Entoderm verschwinden oder nur vereinzelt zu finden sind, so er- scheint es mir zweifellos, dass der Ort der Entstehung der Keimzellen das Ektoderm des Gonophorenträgers ist und dass interstitielle Zellen die Urkeimzellen sind. Der Ort, wo dieselben aus dem Ektoderm in das Entoderm übertreten, liegt, wie die Beobachtung lehrt, im Allge- meinen nahe der Ursprungsstätte eines Gonophors, einzelne mögen ‚erst in der Gonophorenknospe übertreten (Fig. 5), einzelne selbst im Ektoderm verbleiben und von hier aus ihrer Reifungsstätte zuwandern. Die Zeit des Übertretens scheint etwas verschieden zu sein, da man schon in ganz jungen Gonophorenknospen Keimzeilen in größerer Zahl treffen kann und oft in älteren, wo der Glockenkern sich gebildet hat, keine oder sehr wenige findet. Da man die Keimzellen sehr häufig in größerer Menge in dem Theile des Entoderms, welcher unter der Ento- “dermlamelle liegt, liegen sieht, so scheint es, dass sie auf ihrer Wan- derung hier längere Zeit verharren und erst, wenn der Glockenkern eine Höhle erhalten hat, dieselbe fortsetzen. Meist findet man die Ein- wanderung in den Glockenkern beendet, wenn die Entodermkuppe zum Spadix sich erhoben hat. Die mitgetheilten Resultate sind zwar fast ausschließlich an weib- lichen Gonophoren gewonnen worden, doch habe ich eine hinreichende Anzahl von männlichen untersucht, um angeben zu können, dass die Darstellung, so weit sie den Ort der Entstehung und die Wanderung betrifft, auch für die männlichen Keimzellen Gültigkeit hat. 556. August Brauer, Il. Bildung, Form und Bau des Eies. Durch die Untersuchungen von Cranıcıan (10, p. 330 ff.), WEISMANN (49, p- 128) und Tienomirorr (l. c. p. 8) ist schon bekannt geworden, dass von den in den Glockenkern des weiblichen Gonophors einge- wanderten Keimzellen nur eine geringe Zahl zu Eizellen wird, die meisten den letzteren als Nährmaterial dienen. Diese Sonderung in Ei- und Nährzellen scheint in vielen Fällen nicht erst in der Reifungs- stätte zu erfolgen, sondern schon während der Wanderung im Ento- derm der Gonophorenknospe. Wie ich schon im vorigen Kapitel er- wähnte, lassen sich unter den Keimzellen zwei Arten besonders durch das verschiedene Aussehen ihres Kernes unterscheiden: in den meisten behält der Kern seine kugelige Form und seine Tingirbarkeit wie in den jüngsten Keimzellen, und abgesehen davon, dass er wächst, bleibt er auch im Wesentlichen so bis zu seiner Auflösung, er gewinnt nie- mals das Aussehen eines Keimbläschens; in einzelnen Keimzellen da- gegen wächst der Kern, nimmt ovale Form an, und das Chromatinnetz wird feiner, so dass der ganze Kern sich nicht dunkel färbt, sondern ‚hell erscheint und die Zelle unter den benachbarten scharf hervortreten lässt, kurz, er ist von einem jungen Keimbläschen, wie es die wach- sende Eizelle zeigt, nicht zu unterscheiden. Wenn die letztere beginnt an Größe zuzunehmen, so wird sie bald als eine Ansammlung von Protoplasma von unregelmäßiger Gestalt in-- mitten des Nährzellenhaufens oder mehr dem Spadix genähert erkenn- bar. In ihrer Mitte, oft auch schon der Seite, welche der Gonophorwand zugekehrt ist, nahe liegt das runde, meist ovale Keimbläschen (Fig. 7). Stets ist in demselben ein einziger Nucleolus von geringer Größe zu finden; seine Lage ist meist excentrisch, oft enthält er im Inneren eine Vacuole, doch dürfte diese wohl durch die Konservirung entstanden sein. Das Chromatingerüst ist durch den Binnenraum schon so fein vertheilt, dass das Keimbläschen bei einer Betrachtung mit schwachen Vergrößerungen fast homogen erscheint. Der noch übrig bleibende Raum wird vom Kernsaft eingenommen. Mit dem Wachsthum der Eizelle, welche nach allen Seiten Fort- sätze aussendet und so amöboide Form annimmt, wie das junge Hydra-Ei (in Fig. 13a, b sind die Fortsätze quer durchschnitten), beginnt die Auf- lösung der Nährzellen, indem die Umrisse unregelmäßig werden und der Kern verschwindet. Gleichzeitig treten auch die Pseudozellen als kleine, von Anfang an sich intensiv färbende Kügelchen auf, welche rasch her- anwachsen und die eigenthümliche kernähnliche Form, wie sie GramIcIan (10, p. 332) und Tıckonirorf (1. c.) beschreiben, annehmen, sich aber von Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 557. Kernen durch die starke Färbung besonders der peripheren Partie unterscheiden lassen. Ich stimme somit hinsichtlich der Entstehung der Pseudozellen ganz mit Gramıcıan und Weısmann überein; sie gehen nicht direkt aus den Kernen der Nährzellen hervor, wie TicHoMIROFF behauptet, und sind homolog den Pseudozellen des Hydra-Eies. Ich glaube, dass der letztere Autor sich durch das kernähnliche Aussehen dieser Gebilde hat täuschen lassen. Wenn das Ei genügend Dottermaterial aufgenommen hat, beginnt es die Fortsätze einzuziehen, sich nach allen Seiten abzugrenzen und be- stimmtere Form anzunehmen. Im Allgemeinen ist die letztere unregel- mäßig ellipsoidisch, die der Gonophorwand zugekehrte Seite ist konvex, die dem Spadix anliegende konkav (Taf. XXXIII—XXXV). Im Einzelnen wechselt aber die Form sehr. Zuweilen rundet sich das Ei völlig zu einer Kugel ab, in anderen Fällen kann es ganz flach werden; es kann nach allen Seiten gleichmäßig gebildet sein, so dass der Schnitt, wie man ihn auch führt, immer dasselbe Bild zeigt, oder es wölbt sich auf einer Seite stark vor, auf der anderen breitet es sich aus, oder es kann an verschiedenen Stellen große oder kleine Einbuchtungen zeigen, kurz die Form variirt sehr, immer aber lässt sich eine konkave und konvexe Seite unterscheiden. Die Ursachen für diesen Wechsel der Form sind leicht erkennbar. Sie ist davon abhängig, ob und wie viele andere Eier noch außerdem im Gonophor liegen. Kann das Ei den Raum allein oder fast allein ein- nehmen, so dehnt es die Gonophorwand aus und drängt den Spadix zur Seite und nimmt Kugelgestalt an. Liegen aber noch andere Eier im Gonophor, so ist klar, dass das Ei, da der Raum derselbe bleibt, und ein jedes Ei bestrebt ist möglichst weit sich auszudehnen, mehr oder weniger stark zusammengepresst wird, und dieses wird am stärksten der Fall sein, wenn ältere Stadien, besonders Actinulae, sich im Gono- phor befinden. Das Ei wird dann nicht nur in der Richtung Gonophor- wand-Spadix zusammengedrückt, sondern oft auch aus der Lage gedrängt, oder es presst sich eine Actinula in die nachgiebigere Masse des Eies ein, ja schon ihre Tentakel verursachen Eindrücke, kurz es entstehen ganz verschiedene Formen. Da die begrenzenden Flächen, Gonophorwand und Spadix, im Allgemeinen dieselben bleiben, so bleibt die Unterscheidung einer konvexen und konkaven Seite be- stehen. Der Bau des Eies von Tubularia zeigt, wie Hamann (l. ec. p. 511) schon angiebt, eine Sonderung des Inhaltes in eine Randschicht und eine centrale Masse (Fig. 7—12 u. A.). In der ersteren ist das Proto- plasma sehr dieht und entbehrt meist der Pseudozellen, sie bildet den 558 August Brauer, Abschluss des membranlosen Eies nach außen. An der Innenseite ist sie ziemlich scharf von dem weitmaschigen Netz der centralen Masse abgesetzt. In: den Vacuolen verschiedener Größe liegen die in der Zahl wechselhden Pseudozellen, deren Bau Cıamıcıan (1:0, p. 332) ein- gehend beschrieben hat, unregelmäßig zerstreut umher. Außer den Pseudozellen erkennt man mit starken Vergrößerungen noch andere sich weniger färbende Kügelchen, welche wohl auch dem Dotter zuzu- rechnen sein werden. Ill. Reifung und Befruchtung. (Taf. XXXII, Fig. 7—12.) Meine Beobachtungen über die Reifung und Befruchtung sind lei- der nicht ohne Lücken geblieben; theilweise lag es an der für die Erkennung dieser Vorgänge oft nicht ausreichenden Konservirung, so dass sichere Stadien häufig undeutlich waren, theilweise aber auch daran, dass man in Folge der geringen Durchsichtigkeit des Gonophors und des Wechsels der Lage und der Form des Eies vor der Behandlung nicht entscheiden konnte, auf welchem Stadium sich das letztere befand, - und man daher zu sehr dem Zufail überlassen war, und das Kombini- ren der Bilder erschwert wurde. Immerhin:ließ sich trotz der Lücken ein allgemeines Bild über den Verlauf dieser Vorgänge gewinnen, und konnten frühere Angaben theilweise berichtigt und ergänzt werden. Ich hebe hervor, dass für die folgende Darstellung nur solche Bilder in Betracht gekommen sind, welche einen Zweifel an der Deutung nicht zuzulassen schienen. Schon während des Wachsthums des Eies rückt das Keimbläschen der Peripherie, d. h. der der Gonophorwand zugekehrten Seite zu und legt sich ihr so dicht an, dass nur ein schmaler Saum von Protoplasma es außen überzieht (Fig. 7, 8). Veränderungen sind sehr gering, kaum wahrnehmbar, höchstens lässt sich ein geringes Wachsthum und wei- tere Vertheilung des Chromatins durch den Kernraum konstatiren, wodurch das Keimbläschen auch bei starker Vergrößerung fast homo- gen erscheint. Der Nucleolus, welcher sich stets auch im peripher liegenden Keimbläschen findet, wie ich im Gegensatz zu TicHoNMIROFF (l. ce. p. 8, Fig. 5 u. 6) angeben muss (Fig. 7, 8), scheint nicht zu wach- sen. Er ist noch vorhanden, wenn die Chromosomen der Richtungs- spindel sichtbar werden (Fig. 81). Dieselben scheinen stets an der Peri- pherie des Keimbläschens zuerst aufzutreten. Sie sind kurz, dick und färben sich intensiv und sind im Gegensatz zu dem eine Vacuole im ! Auf diese Figur gehe-ich unten näher ein. Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Alln. 559 Inneren zeigenden Nucleolus völlig homogen. Die nächsten Umwand- lungsstadien des Keimbläschens habe ich nicht gesehen. Die Fig. 9 zeigt schon ein Stadium kurz vor der Ausbildung der Richtungsspindel. Die Chromosomen, deren Zahl sich wegen der dichten Aneinanderlage- rung nicht genau feststellen lässt, aber nicht viel mehr als 12 betragen mag, haben sich noch nicht zur Äquatorialplatte angeordnet, der achro- matische Theil zeigt noch Ausläufer nach verschiedenen Seiten. Das Bild ähnelt so sehr ähnlichen bei Hydra beobachteten, dass ich an- nehmen möchte, die Richtungsspindel, welche ich ausgebildet nicht getroffen habe, bilde sich auch hier wie bei Hydra in allen Theilen nur aus dem Keimbläschen ohne eine Betheiligung von Zellprotoplasma, und weiter, dass sie auch ohne Polstrahlung ist und Tonnenform be- sitzt. Andere Bilder von diesem Stadium und von der zweiten Rich- tungsspindel machen diese Vermuthung wahrscheinlich, doch waren sie zu schlecht erhalten, um mich auf sie stützen zu können. TicHomI- ROFF (l. c. p. 13) giebt an, dass eine Strahlung vorhanden sei und auf- trete außerhalb des Keimbläschens vor der Auflösung desselben, doch lässt mich seine Fig. 9 eher vermuthen, dass der hier gezeichnete Kern gar nicht das Keimbläschen ist, sondern vielleicht ein Furchungskern, weil er nicht dicht an der Peripherie in der Rindenschicht liegt, wie es beim Keimbläschen nach meinen Beobachtungen stets der Fall ist. Die Richtungsspindel selbst hat er auch nicht beobachtet. Es werden zwei Richtungskörper gebildet. Dieselben sind wegen ihrer Kleinheit schwer aufzufinden. Sie unterscheiden sich von Kernen der Gonophorenwand oder von kleinen über dem Ei manchmal liegen- den Keimzellenkernen scharf durch den Mangel eines Nucleolus, durch das Vorhandensein von Chromosomen und durch ihre eng dem Ei an- liegende Lage (Fig. 10, 10a). Die letztere rührt daher, dass sie sich in eine Gallerthülle, welche das Ei umgiebt, einbetten. Dieselbe ist den früheren Autoren entgangen, nur Ticnomirorr (l. c. p. 21) berichtet, dass er auf Präparaten eine deutlich sich vom Ei absetzende Haut gesehen habe. Ich habe sie erst mit Sicherheit erkannt nach Abschnürung des - ersten Richtungskörpers. Sie umschließt das ganze Ei, färbt sich mit Hämatoxylin, sie ist von geringer Dicke, doch scheint sie im Leben breiter zu sein. Dort nämlich, wo die Richtungskörper liegen (Fig. 10), weicht sie aus einander und umschließt diese auf beiden Seiten. Ich möchte glauben, dass hier durch die Richtungskörper die wirkliche Dicke erhalten, an den übrigen Stellen die Hülle dagegen ge- schrumpft ist. Cramscran (10, p. 336) und Ticuonirorr (l. c. p. 14) geben an, die Richtungskörper gesehen zu haben. Der Erstere will sie sogar noch an 560 August Brauer, dem sich furchenden Ei beobachtet haben. Seine Fig. 23—26, welche mit einer noch geringeren Vergrößerung als die meinige Fig. 40a ge- zeichnet sind, lassen aber wegen der Größe der als Richtungskörper gedeuteten Gebilde erkennen, dass es nicht diese sind. TicHoMIRoFF giebt die Vergrößerung seiner Fig. 8, welche die Richtungskörper dar- stellen soll, nicht an, doch ist es mir, da in dem einen ein deutlicher Nucleolus gezeichnet ist und da er bemerkt, dass er sie abgetrennt vom Ei gefunden hat, wahrscheinlich, dass auch er nicht die wirklichen Richtungskörper gesehen hat. Der im Ei gebliebene Chromatinrest wandelt sich zum Eikern um (Fig. 10, 10a). Er ist ein kugeliges Bläschen, er liegt peripher, doch außerhalb der Rindenschicht. Die in der Fig. 10 sichtbaren Chromatin- theile möchte ich wegen ihrer unregelmäßigen Form nicht für Nucleo- len halten, sondern für Chromosomen. Ob ein Befruchtungsgrübchen gebildet wird, wie bei Hydra, kann ich nicht sagen, glaube es indessen nicht, da man das Spermatozoon schon vor Beendigung der Richtungs- körperbildung im Ei zuweilen beobachtet. Auch der Ort, wo es ein- dringt, scheint zu wechseln, da man es auch an anderen Stellen findet als in der Gegend des Richtungskörperpoles. Die Form des Spermato- zoons ist pfeilförmig (Fig. 11, AAa); vielleicht entspricht der in der Fig. 11 sichtbare ungefärbte Theil dem bei anderen Thieren beob- achteten achromatischen Theile; da indessen die an der Peripherie liegenden Spermatozoen ihn nicht zeigen, ist es mir wahrscheinlicher, dass es der Anfang des Bläschens ist, in das sich dasselbe stets um- wandelt. Eine Strahlung war immer vorhanden; ob auch am Eikern, ist ungewiss, es scheint vielmehr, dass die in der Fig. 10 gezeichnete, den Eikern umgebende als dem Spermatozoon (Fig. 41) zugehörig zu betrachten ist. Verschmelzungsstadien des Ei- und Spermakernes habe ich nicht gefunden, doch muss diese eintreten, da ich den Furchungs- kern häufiger beobachten konnte. Derselbe erscheint völlig homogen, besitzt keinen Nucleolus, und ist stets durch eine große Strahlung aus- gezeichnet. Er liegt wie der Eikern nahe der Peripherie (Fig. 12). Als abnorme Erscheinungen habe ich das einmal beobachtete Vor- kommen von zwei Keimbläschen in einem Ei und einige Fälle von Polyspermie anzuführen. Dass die in der Fig. 8 gezeichneten zwei Kerne Keimbläschen sind und nicht etwa Spermakern und Eikern oder zwei Furchungskerne, scheint einmal aus ihrer völligen Übereinstim- mung im Bau und in der Größe mit anderen Keimbläschen, dann aus ihrer Lage direkt an der Peripherie des Eies und endlich aus dem Mangel jeglicher Strahlung hervorzugehen. Der Fall erscheint desshalb interessant, weil man aus dem Wandern der beiden gegen einen und Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 561 denselben Punkt ersehen kann, wie streng fixirt dieser, der Richtungs- körperpol, ist. Polysperme Eier, welche, da auch Ticnonikorr (l. c. p. 16) sie be- obachtete, nicht selten bei Tubularia vorzukommen scheinen, machten sich kenntlich durch viele kleine verwaschene Strahlungen, in deren Mitte man zuweilen noch ein CGhromatinkorn, wahrscheinlich das un- veränderte Spermatozoon sehen kann, meist aber keine Spur davon findet. Die betreffenden Eier waren ferner noch dadurch ausgezeichnet, dass sich an der Außenseite des Eies eine dichte Menge von Spermato- zoen angesammelt hatte. In einzelnen Fällen trafich auch in Eiern, die schon in der Furchung begriffen waren, neben dem Kern derartige kleine Strahlungen, welche vielleicht auch überzähligen Spermatozoen zuzuschreiben waren. Im Anschluss an dieses Kapitel möge noch die für die Beurtheilung der Furchung, der Entodermbildung, der Lage des Mundes und Anderes wichtige Frage, ob das Ei von Tubularia sich während des ganzen Ver- laufes der Entwicklung orientiren lässt oder nicht, beantwortet wer- den. Der große Wechsel in der äußeren Form des Eies lässt schon vermuthen, dass zugleich auch eine Verschiebung der Theile im Inne- ren stattfinden wird. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass das Keimbläschen ziem- lich gegen die Mitte derjenigen Seite des Eies, welche der Gonophor- wand zugekehrt ist, wandert. Da man hier auch oft die Richtungskörper, den Eikern und den Furchungskern findet, so könnte man glauben, dass das Ei seine anfängliche Lage wenig verändere. Indessen ist dieses durchaus nicht der Fall, im Gegentheil ist diese Orientirung selten noch auf späteren Stadien nachzuweisen. Schon die Richtungskörper liegen an der konvexen Seite des Eies bald in der Mitte, bald seitlich, und dieses lehrt, dass es unmöglich ist, einen bestimmten Punkt, etwa den mittelsten jener Seite immer als Richtungskörperpol anzunehmen, dass man höchstens von einer oberen und unteren »Seite« sprechen kann. Indessen ist auch dieses falsch. Da die ersten Furchungskerne peripher liegen bleiben und die ersten Furchen von dieser Seite bei regelmäßigem Verlauf der Furchung ein- einzuschneiden beginnen, so ist im Anfang eine sichere Orientirung noch möglich. Man erkennt dann alsbald, dass bei den einzelnen Eiern der Richtungskörperpol ganz verschieden liegt. Er kann seine anfäng- liche Lage, d. h. in der Mitte der konvexen Seite, beibehalten, oder er kommt in Folge einer Verschiebung des Eies um 90° an der Seite zu liegen, und zwar entweder so, dass er der Öffnung des Gonophors zu- gekehrt ist, oder gerade nach der entgegengesetzten Seite, was seltener 562 August Brauer, vorkommt. Spätere Stadien nach der Entodermbildung, wo eine ge- naue Orientirung in Folge der Möglichkeit, die aborale und orale Hälfte des Embryos zu unterscheiden, wieder gewonnen ist, lassen sogar mit Sicherheit darauf schließen, dass das Ei sich völlig umkehren kann, so dass der Richtungskörperpol an der dem Spadix zugewandten Seite zu liegen kommt. Die Ursachen für diese Verschiebungen des Eies während der Ent- wicklung sind zum Theil dieselben, welche auch die Form beeinflussen, zum Theil mögen sie auch in den Bewegungen des Spadix und in den Kontraktionen der Gonophorhüllen, welche Gıamicrun (10, P 336) und Conn (l. ec. p. 48%) beobachteten, zu suchen sein. Es scheint, dass besonders TıcHoMIRorrF, welcher nicht nur im Be- ginn der Furchung, sondern auch noch auf späteren Stadien das Ei derart orientirt, dass er die Seite, welche der Gonophorwand anliegt, als die » obere« (obere — animale), die entgegengesetzte als die »untere« Seite betrachtet, sich durch die fast immer bleibende Unterscheidung einer konvexen und konkaven Seite, welche in dem Gleichbleiben der Begrenzungsflächen, der Gonophorwand und des Spadix, wie ich oben schon sagte, ihren Grund hat, getäuscht worden und zu der Annahme geführt ist, dass das Ei seine Lage nicht verändere. IV. Furchung und Entodermbildung. (Taf. XXXIU, Fig. 43—45; Taf. XXXIV.) Nach Crumicrn (10, p. 336ff.), welcher die Furchung und Keim- blätterbildung bei Tubularia zuerst eingehender untersuchte, ist der Verlauf derselben kurz folgender: Die Furchung ist inäqual; schon nach der zweiten Theilung, welche eine äquatoriale ist, macht sich zwischen den zwei oberen und unteren Kugeln ein Unterschied in der Größe geltend, indem die oberen kleiner sind. Bei der weiteren Fur- chung eilen diese kleineren Zellen den größeren, deren Zahl sich nur auf vier erhöht, voraus und umwachsen sie allmählich ganz: die Ento- dermbildung erfolgt mithin durch Epibolie. Alle späteren Autoren außer Tıchomirorr weisen die Beobachtungen als irrig zurück. Zuerst geben Barrour und KLEINENBERG (2, p. 148 Anm.) an, dass »es ihnen nicht gelungen sei eine epibolische Gastrula oder überhaupt eine solche Unregelmäßigkeit aufzufnden«. Ihnen schließen sich METSCHNIKOFF 39, 40), Hamann (l. c.p. 511) und Conx (15, p. 484) an. Der Erste giebt in der späteren Arbeit (40) für Tubularia eine » quasireguläre Furchung« an, nach Hamann ist sie völlig total äqual: »Der Zweitheilung des Eies folgt eine Viertheilung und so fort. Das Ende der Furchung führt zu einem Zellkomplex von gleichen Zellen ohne Höhle im Inneren.« Etwas Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw, von Tubularia mesembr. Allm. 563 ausführlicher ist die Mittheilung Conx’s: »The segmentation is not per- fectly regular and very frequently presents appearances which resemble an epibolie gastrula. Further study however shows that this resemblance is only superficial, being due to slight irregularities and to diffieulties of observation. The segmentation proceeds in a perfectly normal way and a typical morula is reached.« TicHomirorr (44) dagegen nähert sich wieder Cramicran. Nach ihm treten zuerst zwei meridionale Furchen auf, alsdann schnüren sich am oberen Pol kleinere Zellen ab, die durch sehnellere Theilung die unteren größeren zu umwachsen beginnen. Doch tritt eine völlige Umwachsung nicht ein, indem später auch die unteren Zellen durch Theilung Zellen ins Innere abschnüren. Eine Furchungshöhle wurde nicht beobachtet, als Endstadium der Furchung giebt auch er wie die übrigen Autoren eine solide Morula an. Die Ento- dermbildung erfolgt nach allen Autoren außer nach Cramicran, auch nach TıeHomiRorr, obwohl er doch eine inäquale Furchung angiebt, durch Spaltung der Morula. Um die sehr unregelmäßig verlaufende Furchung nur einigermaßen verfolgen zu können, ist unbedingt nothwendig, vollständige und viele Serien zu untersuchen und Schnitt für Schnitt die Umrisse der Zellen und die Kerne aufzuzeichnen; denn wegen der wechselnden Form, wegen der Verschiedenheit in der Größe und Form der Zellen und wegen der Unregelmäßigkeit der Furchung erhält man die mannigfach- sten Bilder, deren Zusammenhang und Deutung nur durch die obige, allerdings etwas umständliche Untersuchungsweise ermittelt werden kann. Es gelang hierdurch festzustellen, dass die Furchung im Wesent- lichen auf zwei ganz verschiedene Weisen verläuft: entweder folgt jeder Kerntheilung auch eine Zelltheilung, oder es tritt zunächst eine Vermehrung der Kerne ein, und dann beginnt erst eine auf einer Seite anfangende, dann allmählich fortschreitende Abfurchung der mehrker- nigen großen Zelle. Ob hiermit alle Furchungsweisen erschöpft sind, muss ich dahingestellt sein lassen, glaube aber, dass sich dieselben dem ersten oder dem zweiten Modus anreihen lassen. Erster Furehungsmodus. In Folge der peripheren Lage des Furchungskernes beginnt die erste Furche von hier aus einzuschneiden in ganz ähnlicher Weise wie bei Hydra, Gonothyraea (Bersn, 54) u. A. und allmählich nach dem anderen Pole fortzuschreiten. Meist aber tritt, wie auch bei jenen Formen beobachtet wurde, schon eine neue Kern- theilung ein und wird die zweite Furche schon sichtbar, bevor die erste das Ei ganz durchschnitten hat. Die auffallenden, für das sich furchende Hydra-Ei charakteristischen amöbenartigen Veränderungen Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 38 564 August Brauer, des Eies fehlen bei Tubularia oder sind wenigstens nicht in so hohem Grade vorhanden. Die ersten zwei Furchen stehen senkrecht zu einander und sind meridional, wie TıicHoMIRoFF (l. c. p. 18) richtig beobachtete. Die An- gabe Cramicran’s (10, p. 337), welcher die Furchung am lebenden, im Gonophor liegenden Ei verfolgte, dass die zweite Furche äquatorial verläuft, ist vielleicht dadurch zu erklären, dass das Ei während der Beobachtung eine Verlagerung um 90° erfahren hat und desshalb die zweite in Wirklichkeit meridionale Furche als eine äquatoriale erschien. Diese ersten zwei Theilungen trifft man sehr oft, das zweizellige Stadium ist fast immer ziemlich regelmäßig hinsichtlich der Größe und Lage der Zellen. Die Lagerung der vier Blastomeren kann die gewöhn- liche wie bei total äqual sich furchenden Eiern sein, indem von oben gesehen der Umriss der vier Zellen ein Quadrat ist (Fig. 13). Gewöhn- lich aber wird das Quadrat zu einem mehr oder weniger regelmäßigen Parallelogramm (Fig. 14d). Die Zellen können hierbei ihre allgemeine Lagerung zu einander bewahren, zu zwei Paaren angeordnet sein, sie können aber auch derart verschoben werden, dass alle vier Zellen um den Spadix in einer Reihe neben einander angeordnet sind. Die Fig. 13, 13a können hierzu eine Erläuterung geben. Die erste Furche hat das Ei durchschnitten, die zweite erst etwa zur Hälfte. In der oberen, abgefurchten Partie (Fig. 13) liegen die Zellen in regelmäßiger Weise; geht man aber weiter nach unten, so erkennt man (Fig. 13a), dass diese Lagerung hier nicht möglich ist, weil die eine Zelle (7) von der anderen (2) abgedrängt ist und daher eine ganz andere Lage hat als in der oberen Hälfte. Die Ursache ist darin zu suchen, dass das andere noch im Gonophor liegende Ei (d), welches noch ungefurcht ist, nicht auf derselben Höhe liegt. Daher kann das sich furchende («) in dem Theile des Gonophors, wo es den Raum fast ganz für sich hat (Fig. 13), sich ausdehnen, im unteren Theile (Fig. 13a) aber wird es zusammengedrückt, und zwar um so mehr, je größer das andere Ei wird. Die dritte Furche scheint ebenfalls eine meridionale zu sein. Die Fig. 14 a—d zeigen ein vierzelliges Stadium im Beginn einer neuen Theilung. Da die vier Zellen im Gonophor auf ungleicher Höhe lagen, und dieses in querer Richtung durchschnitten wurde, so konnten die vier Kerne nicht auf einem Schnitt getroffen werden, wie es das Schema Fig. 14d zeigt. Während man bei Hydra, Gonothyraea u. a. beobachtet, dass bereits mit der ersten Theilung des Eies die Kerne aus der peripheren Lage allmählich dem Centrum zurücken, bleiben die Kerne hier peripher liegen. Hierdurch lässt sich der Verlauf der Bert ee Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Alln. 565 ersten zwei Furchen leicht ermitteln (Fig. 14d, Z, IT). Von den vier Kernen ist der eine, 5, in der Theilung noch nicht so weit vorgeschrit- ten als die anderen, doch lässt die Lage der Äquatorialplatte vermuthen, dass die Spindel sich in gleicher Richtung legen wird wie die der Zelle 4 (Fig. 14d). Aus der Lage der Spindeln nun geht hervor, dass die dritte Furche wieder meridional verläuft, doch bei je zwei Zellen verschieden, was vielleicht darin seinen Grund hat, dass das eine Paar eine Verschiebung erlitten hat. Auch das achtzellige Stadium (Fig. 15) scheint für einen derarti- gen Verlauf der dritten Theilung zu sprechen; wenigstens lässt sich meiner Ansicht nach sonst die Lage der acht Zellen zu einander nicht erklären. Von ihnen sind vier weit größer als die anderen, doch liegen die großen und kleinen unregelmäßig, so dass eine Zurückführung dieses Stadiums auf ein vierzelliges, wie es die Fig. 13 und 14 zeigen, vielleicht nicht berechtigt ist. Ein Stadium von 16 Zellen habe ich zwar gefunden (Fig. 16), doch waren bereits vier Zellen in neuer Theilung, so dass es wahrscheinlich nur ein Übergangsstadium ist. Aus der Lagerung der Zellen ließ sich nicht auf den Verlauf der früheren Theilungen schließen!. Es konnte scheinen, da das zwei- und vierzellige Stadium mit großer Regelmäßigkeit vorkommen, dass die Furchung in gleich regu- lärer Weise weiter verläuft, indessen scheint dieses sehr selten der Fall zu sein. Weit häufiger begegnet man Stadien mit 6, 10, 12 und 24 Zellen, wie auch Tıcnommorr beobachtete. Das sechszellige Stadium kann entweder dadurch entstehen, dass nach der Zweitheilung die eine Zelle in der Theilung voraus eilt, und zwar so sehr, dass sie schon wie- der zum zweiten Male sich theilt, während die erste zu einer neuen Theilung sich anschickt, oder dadurch, dass ein reguläres vierzelliges Stadium sich unregelmäßig weiter furcht. Je weiter die Furchung fort- schreitet, um so schwerer ist es natürlich ihren Verlauf zu erkennen, da selbst Stadien mit einer gleichen Anzahl von Zellen in der ganzen Form sowie in der Form und der Lage der Zellen verschieden sind. So unregelmäßig aber auch die Furchung verläuft, die Blastome- ren lagern sich früh schon in einer einzigen Schicht, es entsteht immer eine Blastula. Ich habe kein Stadium, das weniger als 24 Zellen zeigte, getroffen, das nicht die einschichtige Anordnung derselben erkennen ließ. Die Form der Blastula ist verschieden und richtet sich nach dem Vorhandensein oder Fehlen anderer Eier im Gonophor wie die des un- gefurchten Eies (Fig. 17—21) ; sie kann mehr oder weniger kugelförmig 1 Die Zelle a in Fig. 46 liegt wie die übrigen in der Peripherie, wie andere Schnitte zeigen, nicht im Inneren. 38* 566 . August Brauer, oder abgeplattet sein. Die Größe und die Form ihrer Zellen wechselt ebenfalls. Selten (Fig. 19, 21) findet man eine Blastula, deren Zellen wie bei anderen zu einem gleichmäßigen Epithel angeordnet sind; meist (Fig. 17) sind sie unregelmäßig gestaltet, niedrig und breit oder hoch und schmal, zuweilen sind sie auf der Innenseite abgerundet, manchmal nicht. Große und kleine Zellen zeigen oft eine bestimmte Anordnung, indem die einen nur an einer Seite der Blastula liegen, die anderen an der entgegengesetzten (Fig. 18). Dass aber dieses immer der Fall ist, wie TicHoMIRoFF behauptet, muss ich sowohl für die Blastula, die dieser Forscher eben so wenig wie ein anderer gesehen hat, wie für die ande- ren Stadien bestreiten. Man findet oft genug die großen Zellen unregel- mäßig zwischen den kleinen liegend, und häufig ist dieser Unterschied nicht vorhanden. Eine Furchungshöhle, welche auffälligerweise keiner der früheren Beobachter außer Cıamıcıan gesehen hat, ist fast stets vorhanden; ich habe nur einen Fall (Fig. 20) getroffen, wo sie nicht, vielleicht richtiger, noch nicht ausgebildet war; selbst wenn sie sich nicht bildete, dürfte dadurch an der Auffassung, dass dieses Stadium einer Blastula gleich- werthig ist, nichts geändert werden, wie die einschichtige Anordnung der Zellen beweist. Die Furchungshöhle ist oft schon sehr früh erkenn- har, auf Stadien mit sechs oder acht Zellen, zuweilen tritt sie erst später auf. Sie kann klein bleiben (Fig. 18) oder zu bedeutender Größe heranwachsen (Fig. 21), sie kann regelmäßige oder unregelmäßige Ge- stalt zeigen je nach der Form und Größe der Blastula und inrer Zellen. Wenn die Theilung der Zellen bis auf etwa 30 — in einzelnen Fällen vielleicht auch etwas mehr oder weniger — vorgeschritten ist, beginnt die Entodermbildung, und zwar erfolgt sie durch Quer- theilung der Blastodermzellen (Fig. 22 a). Ob auch eine Einwanderung ganzer Zellen in die Furchungshöhle vorkommt wie bei Hydra, ließ sich mit Sicherheit nicht entscheiden. Man findet zuweilen Zellen, welche mit schmaler Basis an der Blastodermwand sitzen und mit ihrer inne- ren Hälfte sich in die Furchungshöhle vorwölben, so dass sie ganz das Bild von einwandernden Zellen darbieten, aber derartige Zellen beob- achtet man auch schon auf Stadien, wo noch keine Entodermbildung erfolgen kann. Indem diese Zelltheilung weiter sich fortsetzt und auch die abgeschnürten Entodermzellen sich vermehren, wird die Furchungs- höhle rasch oder langsam je nach ihrer Größe verdrängt. Noch auf vorgeschrittenen Stadien der Entodermbildung findet man oft einzelne Lücken zwischen den Entodermzellen, schließlich verschwinden auch u .— TG. gg Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 567 diese, und das Endresultat ist ein mehrschichtiger Zellenhaufen, das als Morula bezeichnete Stadium (Fig. 27). Zweiter Furchungsmodus: Dieser Modus unterscheidet sich von dem vorigen in erster Linie dadurch, dass die Kerne sich ver- mehren, dagegen die Zelltheilung Anfangs unterbleibt. Derartige mehr- kernige Eier sind bei flüchtiger Betrachtung nicht von anderen unge- furehten zu unterscheiden, und hierin ist vielleicht der Grund zu suchen, dass sie den früheren Beobachtern entgangen sind. Durchsucht man eine Schnittserie durch ein solches mehrkerniges Ei, so scheinen die Kerne sehr zerstreut und ohne Ordnung vertheilt zu sein. Durch Aufzeichnen der Schnitte und Zählen der Kerne er- kennt man, dass im Gegentheil eine große Regelmäßigkeit vorhanden ist. Man findet 8, 12, 16 Kerne; ein Stadium mit vier Kernen ist mir nicht zur Beobachtung gekommen, doch muss dieses zweifellos auftre- ten. Mehr als 16 Kerne habe ich nicht gezählt, doch da in Eiern, welche die Abfurchung begonnen hatten, in der großen mehrkernigen Zelle noch eine größere Zahl sich fand, so ist nicht unmöglich, dass die Thei- lung der Kerne noch weiter gehen kann, ehe Zellen sich abzuschnüren beginnen. Wenn man ferner die Vertheilung der Kerne feststellt, so tritt eine weitere Regelmäßigkeit hervor; sie liegen nämlich immer nur in einer Hälfte des Eies und die Mehrzahl der Peripherie ziemlich nahe. Man darf wohl mit Recht diese Vertheilung so erklären, dass an dieser Seite der Furchungskern lag, und dass die Kerne nach der Theilung hier liegen blieben, nicht sich im ganzen Ei vertheilten. Diese Seite ent- spricht demnach der wirklichen »oberen « Seite des Embryo, d. h. hier liegt der Richtungskörperpol. In Folge der hierdurch gewonnenen Möglichkeit einer Orientirung lässt sich der weitere Verlauf der Furchung weit leichter übersehen als diejenige nach dem ersten Modus. Am Richtungskörperpole beginnt die Abfurchung des Eies. Die Kerne rücken allmählich an die Peripherie (Fig. 24, 25, 25«), und um sie schnürt sich eine meist ziemlich gleich große Plasmamenge ab. Zwischen diesen kleinen und der einen großen, noch ungetheilt blei- benden, mehrkernigen Zelle tritt frühzeitig eine kleine Furchungshöhle auf (Fig. 25,25 a, 26 c). Die Kerne der großen Zelle scheinen in einzel- nen Fällen sich auch nach Beginn der Abfurchung noch weiter zu theilen, da man Theilungsfiguren findet. Die Bildung kleiner Blastomeren setzt sich an der Poriphör ie wei- ter fort, und der Process umgreift mehr und mehr die große Zelle, so dass ein Ei auf diesem Stadium ganz das Bild einer Umwachsung der 568 | August Brauer, großen durch kleine Zellen, wie es Cıamıcıan angiebt, gewährt. Eine solche tritt aber niemals ein. Wenn nämlich die Zahl der Kerne sich bis auf wenige verringert, und die große Zelle selbst an Größe verloren hat, so beginnt auch sie sich zu theilen, und zwar in der Längsrichtung, so dass die Theilstücke auch Blastomeren werden. Es lassen sich dann Anfangs noch mehrere große Zellen (Fig. 23, 28a, 285) auf der einen Seite des Embryo unterscheiden, durch weitere Theilung verliert sich die Verschiedenheit in der Größe. Ehe aber die Furchung so weit vorgeschritten ist, beginnt bereits ein neuer Process, die Entodermbildung, indem die abgeschnürten kleinen Blastomeren durch Quertheilung Entodermzellen bilden. Die- selbe beginnt wie die Abfurchung am Richtungskörperpol (Fig.25, a, 25 «) und schreitet mit derselben gleichmäßig vorwärts (Fig. 265, b). Ein solches Ei gewährt ein eigenthümliches Bild: in der oberen Hälfte ist das zweite Keimblatt schon gebildet (Fig. 26a, 26b), in der unteren dagegen liegt noch immer die große Zelle (Fig. 26a, b,c, a), welche noch mehrere, in dem abgebildeten Fall z. B. noch sechs Kerne besitzt und noch kleine Zellen abschnürt. Die Furchungshöhle bleibt in Folge der frühen Entodermbildung klein und wird immer mehr von der oberen Hälfte des Eies auf die untere verdrängt (Fig. 26, 28) und zuletzt vollständig. Ich habe nicht beobachtet, dass auch die große Zelle, so lange sie mehrkernig ist, sich an der Entodermbildung betheiligt. Vielmehr findet man noch auf späten Stadien, dass sie oder ihre Theilstücke nur in der Längsrichtung sich theilen (Fig. 285, c). Variationen in diesem Furchungsmodus können auf verschiedene Weise entstehen. Die Furchung kann schon beginnen, wenn die Zahl der Kerne nur vier oder sechs beträgt. Das Ei zerfällt dann gleichzeitig in vier bezw. sechs Zellen, wobei die Furchen ohne Gesetzmäßigkeit von verschiedenen Seiten einschneiden. Der weitere Verlauf der Fur- chung dürfte sich dem ersten Modus nähern. Eine andere Abweichung ist folgende: das Ei enthielt 12 Kerne, eine Furche theilte das Ei in zwei sehr ungleich große Hälften, in der einen lagen vier Kerne, in der anderen acht. Ich habe einen derartigen Fall nur einmal beobachtet, doch mögen vielleicht solche sich hieran anschließen, wo die Furchung scheinbar nach dem ersten Modus verlaufen war, aber in einigen Zellen mehrere Kerne lagen. Ich unterlasse es, noch andere Unregelmäßigkeiten anzuführen, weil eine richtige Deutung nicht möglich ist. Eine kurze Erörterung verlangt noch die Frage, ob die Entoderm- bildung polar oder multipolar verläuft. Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 569 Für die Eier, welche sich nach dem ersten Modus furchen, ist die- selbe schwer zu beantworten, weil man dieselben nicht orientiren kann. Dass man radial gestellte Spindeln in verschiedenen Eiern bald auf dieser, bald auf jener Seite findet, ist desshalb noch kein Beweis dafür, dass die Entodermbildung multipolar verläuft, da das Ei in dem einen Fall so, im anderen so orientirt sein kann. Ein solcher wäre nur möglich, wenn man in einem und demselben Ei derartige Theilungen auf verschiedenen Seiten nachweisen könnte. Dieses ist mir nicht ge- lungen. Dagegen lassen die Eier, welche nach dem zweiten Modus sich furchen, keinen Zweifel. Einmal sahen wir, dass die Entodermbildung dort beginnt, wo auch die ersten Zellen abgeschnürt werden, und an - dieser Seite liegt der Richtungskörperpol; ferner gelang es, in dem- selben Ei radial gestellte Spindeln in den peripheren Zellen nachzu- weisen, welche so weit von einander entfernt lagen, dass man schwer- lich die zwischen ihnen liegende Partie als einen Pol auffassen kann (Fig. 96a, 265, b, Fig. 28a, a, 285, b). Ehe ich zur Beurtheilung der Furchung übergehe, will ich ver- suchen, die Angaben der früheren Beobachter, besonders Cramicran’s und TıcHomirorr’s, welche allein eingehender die Furchung verfolgten und durch Figuren erläutert haben, mit den meinigen in Einklang zu bringen. Außer den Fig. 30, 35 Cramıcran’s, welche eine vollständige Umwachsung der großen Zellen darstellen sollen, können meiner An- sicht nach alle richtig sein, doch scheint es, dass die Autoren Stadien der beiden Furchungsweisen zusammengeworfen und demnach falsch kombinirt haben. So gehören meiner Ansicht nach die Fig. 23—26, 31—32 Gianicıan’s dem ersten Modus, dagegen die Fig. 27—29, 33, 34 desselben und die Fig. 16 Tie#onırorr’s dem zweiten an. Es erklärt sich dieses dadurch, dass ihnen eben so wie den anderen Beobachtern entgangen ist, dass oft eine Kerntheilung eintreten kann, ohne dass eine Zelltheilung sogleich folgt. Ticuomirorr hat bereits erkannt, dass eine Umwachsung der großen Zellen, welche Cranicıan angiebt, nicht stattfindet, sondern dass zuletzt dieselben sich ebenfalls theilen und nicht von der Peripherie abgeschlossen werden. Unregelmäßigkeiten im Verlauf der Furchung sind häufig bei Cni- dariern beobachtet worden; so furcht sich z. B. das Ei von Polyxenia leucostyla manchmal äqual, manchmal inäqual, bei Oceania armata lie- gen die Blastomeren völlig ordnungslos (MrrTscanIkorr, 40), für viele Hydroidpolypen giebt derselbe Autor eine »quasireguläre « Furchung an, u. a., doch ist in allen diesen und ähnlichen Fällen in so fern eine Regel- mäßigkeit vorhanden, als jeder Kerntheilung auch eine Zelltheilung folgt. 570 Bi August Brauer, So weit ich die Litteratur kenne, sind aber auch drei Cnidarier bekannt, deren Furchung sich dem zweiten Modus von Tubularia nähert. Von Myriothela berichtet KoRroTNErF (33, p. 188): »Nach der Be- fruchtung kommen in dem Entoplasma Zellen vor (wahrscheinlich nach der Art der freien Zellbildung), die sich theilen und deren Abkömm- linge sich gegen die Peripherie des Eies bewegen und in das feinkörnige Ektoplasma übergehen und da ein Blastoderm rund um das Ei bilden. Die Entstehung der Zellen dauert immer fort, und endlich verwandelt sich das Ei in einen Komplex von Zellen, eine Morula.« Ähnlich lautet eine Angabe Hıexson’s (25, p. 195) über Millepora plicata. Der Fur- chungskern soll hier in kleine nucleolenartige Stücke zerfallen. Diese » migrate towards the centre of the ovum, where they form an equa- torial zone of two or three rows. This zone divides into two clusters of fragments which, travelling first to the two poles, eventually are scattered over the whole ovum. At this stage, but not before, it is possible to discern in favourably stained specimens certain faint shad- ings in the substance of the young embryo, which indicate that each fragment is surrounded by its own proper protoplasm. The fragments have grown to such a size as to enable us to call them nuclei, and the young embryo has reached a stage which corresponds with the morula stage of other embryos«. Bei Renilla konnte Wırson (51, 52) sogar fünf his sechs Furchungsweisen unterscheiden, indem zuerst eine Vermeh- rung der Kerne auf 8, 16, selbst 32 eintrat und dann zu verschiedener Zeit die Zelltheilung begann; diese erfolgte aber nicht wie bei Tubu- laria in der Weise, dass eine Zelle nach der anderen sich abschnürte, sondern gleichzeitig so viele Zellen sich bildeten als Kerne im Ei vor- handen waren. Außer diesen Furchungsarten hat Wırson noch andere, allerdings seltener beobachtet, welche sich dem ersten Modus von Tubularia anzuschließen scheinen. Durch die scharfe Trennung der beiden Furchungsweisen in der Darstellung könnte vielleicht die Ansicht erweckt werden, dass die beiden in Wirklichkeit unvermittelt und nicht durch Übergänge ver- bunden wären. Das Vorkommen beider in einem Stock, das gleiche Enndresultat weist schon darauf hin, dass die eine von der anderen ab- zuleiten, die eine nur eine Variation der anderen ist. Der erste Modus setzt der Beurtheilung weniger Schwierigkeit entgegen. Wenn man an die mannigfachen, die Furchung störend beeinflussenden Umstände denkt, so wird die Unregelmäßigkeit derselben, die Verschiedenheit in der Größe und Form der Zellen, die wechselnde Größe der Furchungs- höhle u. A. nicht so auffallend erscheinen. Durch das konstant auf- Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 571 tretende Blastulastadium und die Art der Entodermbildung schließt sich Tubularia eng an Eudendrium (Merschnikorr 40), wahrscheinlich auch an Campanularia caliculata (Derselbe 40) und Halecium tenellum (Hamann 47) und ferner an Hydra (6) an; nur verläuft bei der letzteren Form in Folge der freien Lage des Eies die Furchung in völlig regulärer Weise. Man wird die Furchung am besten nach METscunikorr als »quasi- regulär« bezeichnen. Beim zweiten Furchungsmodus liegt das am meisten Befremdende, wie mir scheint, in der allmählichen Abfurchung der mehrkernigen eroßen Zelle und der frühzeitigen Entodermbildung vor Beendigung des ersten Processes. Der Grund hierfür dürfte in der Lage der Kerne zu suchen sein. Würden dieselben sich gleichmäßig im Ei vertheilen, so würde wahrscheinlich ein gleichzeitiger Zerfall in so viele Zellen, als Kerne vorhanden sind, wie bei Renilla erfolgen. Dadurch aber, dass die Kerne in der oberen Hälfte des Eies liegen bleiben, ist dieses nicht möglich; um die peripher liegenden beginnen zuerst sich die zu- gehörigen Plasmamassen abzuschnüren, und die anderen Kerne müssen erst zur Peripherie wandern. Die zuerst gebildeten Blastomeren blei- ben nun nicht so lange unthätig, bis das ganze Ei abgefurcht ist, son- dern beginnen alsbald mit der Entodermbildung. Man könnte das Stadium, wo zwischen den kleinen Blastomeren und der großen Zelle eine Furchungshöhle auftritt, und noch keine Entodermzelle gebildet ist, als Blastula bezeichnen, indessen ist dieses von geringer Wichtig- _ keit. Die multipolare Entodermbildung, an welcher sich, wie hervor- gehoben werden muss, nur die Blastomeren betheiligen, die große Zelle nicht eher, als bis sie selbst in solche zerfällt, zeigt klar, dass hier nicht eine inäquale Furchung, wie Cramicıan und TicHomirorr glauben, vorliegt, da diese eine polare Differenzirung, d. h. eine qualitative Ver- schiedenheit der Eihälften voraussetzt, sondern dass wir es hier eben- falls mit einer Modifikation der totalen äqualen Furchung zu thun haben. Die Frage, warum das eine Ei nach dem ersten Modus sich furcht, das andere nach dem zweiten, vermag ich nicht zu beantworten. Man könnte in einer Verschiedenheit der Dottermasse die Ursache suchen, indessen wenn man nach der Zahl der Pseudozellen auf dieselbe schließen darf, so scheinen die einen Eier nicht besser und nicht schlechter versorgt zu sein als die anderen. 312 > August Brauer, V. Die weitere Entwicklung des Embryo. (Taf. XXXV.) Wie aus dem im vorigen Kapitel Mitgetheilten ersichtlich ist, stellt das früher als Morula bezeichnete Stadium, der solide mehrschichtige Keim, nicht das Ende der Furchung, sondern der Keimblätterbildung dar. Dasselbe Stadium konnte auch bei Hydra (6) beobachtet wer- den. Der Hydrakeim scheint ebenfalls aus gleichen Zellen zusammen- gesetzt und wurde auch ja, bevor man die Bildung einer Cölobla- stula und die Entstehung des zweiten Keimblattes erkannte, früher als Morula bezeichnet. Ehe die Ektodermzellen sich von Neuem theilten und zu einem gleichmäßigen Epithel anordneten, ließen sie sich nur durch die periphere Lage und den geringeren Reichthum an Pseudozellen von den Entodermzellen unterscheiden. Da die Pseudo- zellen bei Tubularia im Vergleich zu Hydra nur in sehr geringer Menge vorhanden sind, so fällt auch dieses Merkmal fort, und das äußere Keimblatt hebt sich vom inneren noch weniger ab. Der Bau der Zellen ist im Wesentlichen der folgende (Taf. XXXIV, Fig. 27, Taf. XXXV, Fig. 32): meist in der Mitte liegt der Kern, welcher sich besonders durch den Mangel einer Strahlung von Kernen der Furchungszellen unterscheidet; er wird umgeben von einer kleinen Protoplasmaan- sammlung, die in das die Zelle durchziehende sehr weitmaschige Netz übergeht. In den Lücken desselben liegen die Pseudozellen, im Ekto- derm trifft man sie nur vereinzelt an. Bei Hydra erfolgt nach der Beendigung der Bildung der Keim- blätter zunächst die Sonderung derselben, indem die Zellen des äuße- ren Blattes sich rasch theilen, dadurch an Größe verlieren, eylindrisch werden und sich zu einem gleichmäßigen Epithel zusammenfügen, als- dann — von der Keimhüllenbildung jetzt abgesehen — spaltet sich vom Ektoderm die interstitielle Schicht ab. Diese beiden Processe sind auch bei Tubularia zu beobachten, indessen verlaufen sie nicht so scharf getrennt nach einander, sondern ziemlich gleichzeitig. Nur an einzelnen Stellen sieht man die Ektodermzellen Cylinderform anneh- men und epithelartig sich anordnen. Meist erfolgt zu gleicher Zeit nicht nur Längstheilung, sondern auch Quertheilung, so dass nicht nur peripher liegende, sondern auch subepitheliale oder interstitielle Zellen gebildet werden (Fig. 32—34 iz). Das Ektoderm wird durch fortgesetzte Theilung der peripheren wie auch der subepithelialen bald mehr- schichtig. Die Entstehung der interstitiellen Schicht lässt sich sehr leicht verfolgen, weil bald zwischen Ekto- und Entodermzellen eine Ver- Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 573 - schiedenheit im histologischen Bau bemerkbar wird. Mit der Theilung und der zugleich@erfolgenden Verkleinerung der Zelle nämlich (Fig. 29, 30, 33—34) wird das Protoplasmanetz dichter, der Kern chromatin- - reicher, später tritt auch ein Nucleolus auf; in Folge dessen unter- - scheiden sich die Zellen bald durch ihre dunkle Färbung von den un- ' verändert gebliebenen Entodermzellen. Die Bildung der interstitiellen Schicht erfolgt nicht gleichmäßig am ganzen Keim. Meist eilt eine, die spätere aborale Seite (Fig. 29 ab) # der anderen voraus. Ferner findet man in der Mitte der aboralen ein EB kleines Feld (Fig. 29 drz, die in Fig. 30, 31 dargestellten Schnitte haben B dasselbe nicht getroffen), wo die Zellen früh sich zu einem regelmäßi- 5 gen Cylinderepithel anzuordnen beginnen und auch etwas höher als die benachbarten sind. Ihre Höhe nimmt später zu, die Zellen lassen sich bald als die Drüsenzellen erkennen, welche, wie Hamann (17) schon BE beobachtete, und wie es auch bei Aurelia (11) u. a. der Fall ist, den aboralen Pol, mit welchem der Embryo sich später festsetzt, einnehmen (Fig. 35 drz). Auf der entgegengesetzten Seite ist ebenfalls eine Stelle B ausgezeichnet, weniger durch die Form der Zellen als durch den Man- B gel oder die geringe Ausbildung der interstitiellen Schicht (Fig. 31, B 35 m). Hier bildet sich später der Mund. Leider lässt sich nicht kon- B statiren, ob hier wie bei Hydra der Mundpol mit dem Richtungskörper- pol zusammenfällt oder nicht; wie die Fig. 29 und 35 zeigen, kann die aborale Seite (ab) bald der Gonophorwand zugekehrt sein, bald dem Spadix, d. h. der Embryo liegt sehr verschieden im Gonophor. Die Abgrenzung der drei Schichten gegen einander ist abgesehen von dem histologischen Unterschied zwischen Ektoderm und Entoderm Anfangs keine scharfe. Die Epithelzellen zeigen im Allgemeinen mehr eylindrische Form und schließen sich eng an einander, während die interstitiellen polygonal sind und ordnungslos neben einander liegen, doch tritt der Unterschied wegen des gleichmäßigen, dunklen Aus- sehens beider Zellen wenig hervor. So lange noch keine Stützlamelle vorhanden ist, ist die Grenze zwischen den interstitiellen und den En- todermzellen ungleichmäßig, an einigen Stellen schieben sich die er- steren mehr in das Entoderm ein, in anderen ist die Breite der Schicht R geringer. | Die nach der Bildung der interstitiellen Schicht alsbald beginnende histologische Differenzirung hat auch eine deutlich hervortretende Sonderung zur Folge. Im Ektoderm tritt eine Lockerung ein, indem die Epithelzellen Ausläufer zwischen die interstitiellen nach abwärts senden, diese zum größten Theile zu Nesselkapselbildungszellen werden und bald Nesselkapseln erzeugen und ihrerseits sich zwischen 574 | man u PAuEnst Brauer die Epithelmuskelzellen eindrängen (Fig. 31, 35); einige interstitielle Zellen behalten ihr embryonales Aussehen bei (Gänglienzellen, Ei- zellen [?]). Im Entoderm wachsen Anfangs an einzelnen Stellen, bald überall die meisten Zellen zu hohen, säulenförmigen aus und ordnen sich zum Epithel an (Fig. 31, 35). Der Rest verfällt der Verflüssigung und an ihrer Stelle tritt die Leibeshöhle auf. Man erkennt in der jun- gen Actinula (Fig. 35) noch oft an den Rändern der Entodermzellen un- regelmäßig gestaltete Gewebsfetzen, mitunter auch Pseudozellen. Es scheint als ob die dem Zerfall unterworfenen Zellen schon früh sich absondern und dort, wo die Bildung der Leibeshöhle stattfindet, anord- nen. Man findet nämlich, dass zu der Zeit, wo die interstitiellen Zellen vom Ektoderm abgeschnürt werden, auch im Entoderm durch Theilung hier und dort, doch meist in der Mitte des Embryo (Fig. 29; der Schnitt Fig. 30 ist durch die Seite gegangen und zeigt sie desshalb nicht) ähn- liche kleine, sich dunkel färbende Zellen. Auf späteren Stadien (Fig. 31), wo die Keimblätter sich schon von einander abgegrenzt haben, liegen sie oft zu einem Haufen zusammengeschart. In einzelnen von ihnen lässt sich ein Kern nicht mehr nachweisen, auch die Zellumrisse erscheinen undeutlich, kurz sie sehen aus, als ob sie zerfielen. Dass sie mit der Bildung der Leibeshöhle in einem Zusammenhang stehen, scheint auch daraus hervorzugehen, dass man sie später nicht mehr findet. Vor der Entstehung der Leibeshöhle, wie ich im Gegensatz zu Hamann (l. c. p. 514) hervorhebe, werden die Tentakel angelegt, und zwar eilt der erste dem zweiten etwas voraus, wie es auch sonst z. B. bei Eucopella (37), Chrysaora (14) u. a. beobachtet worden ist. Wie die Fig. 31 zeigt, drängen Entodermzellen sich zwischen die Ektoderm- zellen, welche Anfangs sich nicht nach außen vorwölben. Am distalen Ende ist das Entoderm einschichtig, proximalwärts wird es zwei- schichtig, und die zwei Schichten weichen aus einander und gehen in das Epithel der Leibeshöhle über (Fig. 31, 35). Über die Herkunft der Stützlamelle bin ich eben so im Unklaren geblieben wie bei Hydra. Ich kann auch hier nur angeben, dass sie erkennbar wird mit dem Eintritt der histologischen Differenzirung der Keimblätter. — Über die weitere Entwicklung, so weit sie im Gonophor verläuft, habe ich den Angaben der früheren Beobachter nichts Neues hinzu- zufügen. Es ist auffallend, dass keiner der Autoren außer Tıcnomikorr die Bildung der interstitiellen Schicht, ja nicht einmal die Mehrschichtig- keit des Ektoderms erkannt hat. Wie ich oben schon kurz angab, erfolgt Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 575 nach dem russischen Forscher die Bildung der Keimblätter durch De- lamination der sogenannten Morula. Doch weicht er von den übrigen Autoren darin ab, dass nicht nur die periphere Schichi zum Ektoderm wird, sondern auch noch Zellen aus dem Inneren, also dem Entoderm hinzutreten. Er erkannte richtig die Mehrschichtigkeit des Ektoderms und bringt dieselbe in Verbindung mit der Sonderung in Epithelzellen und interstitielle Zellen. Jene an der Bildung des äußeren Blattes sich betheiligenden Entodermzellen sind die kleinen Zellen, welche.bei der Entstehung der Leibeshöhle meiner Ansicht nach zerfallen. Dass sie nicht zur Peripherie wandern und die interstitielle Schicht bilden hel- fen, geht daraus hervor, dass sie noch vorhanden sind, wenn die Ab- srenzung der ersteren vom Entoderm bereits erfolgt ist (Fig. 31). Eine andere Frage wäre, ob die dem Ektoderm zunächst anliegen- den Entodermzellen durch Theilung interstitielle liefern. Indessen muss ich auch diese Möglichkeit abweisen. Denn die häufig zu beobachtenden radial gestellten Spindeln im Ektoderm (Fig. 32, 33) beweisen, dass diesem Keimblatt vorwiegend die interstitiellen Zellen ihre Entstehung verdanken; und ein doppelter Ursprung dieser Schicht, die von Anfang an und besonders im ausgebildeten Thiere dem Ektoderm zugehört, ist mir nicht wahrscheinlich. VI. Zusammenfassung der Resultate. Die Geschlechtsprodukte von Tubularia entstehen aus interstitiel- len Zellen des Ektoderms des Gonophorenträgers, sie treten nahe der Ursprungsstätte eines Gonophors ins Entoderm über, wandern hier ihrer Reifungsstätte, dem ektodermalen Glockenkern, zu. Die Form und die Lage des Eies im Gonophor ist sehr verschieden, eine Orientirung während des ganzen Verlaufes der Entwicklung ist unmöglich. _ Die Furchung ist quasiregulär. Im Allgemeinen verläuft sie auf zwei verschiedene Weisen: entweder folgt jeder Kerntheilung auch eine Zelltheilung, oder es vermehren sich zunächst nur die Kerne und es beginnt dann eine allmähliche Abfurchung, welche am Richtungs- körperpole anfängt und dann nach der entgegengesetzten Seite fort- schreitet. Im ersteren Falle entsteht eine Cöloblastula, und dann er- folgt die Entodermbildung durch Theilung der Blastodermzellen, im letzteren beginnt die letztere bereits, bevor die Abfurchung beendet - ist. Das Entoderm entsteht multipolar. Durch Verdrängung der -Fur- -— ehungshöhle seitens der Entodermzellen bildet sich ein mehrschichtiger solider Keim, welchen man früher irrthümlich als Morula bezeichnete. 576 August Brauer, Er stellt nicht das Endstadium der Furchung dar, sondern bereits den zweischichtigen Embryo. Das Ektoderm bildet durch Theilung die interstitielle Schicht. Die Tentakel werden vor dem Auftreten der Leibeshöhle, welehe durch Verflüssigung von Entodermzellen entsteht, angelegt. Gleichzeitig mit der histologischen Differenzirung der Keimblätter wird die Stützlamelle erkennbar. Berlin, April 1891. Benutzte Litteratur. 4. G. J. ArLıman, A monograph of the Gymnoblastie or Tubularian Hydroids. London 4874. 2. F. M. Barrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Übers. von VETTER. Jena 1880. 3. E. v. BENEDEN, De la distinct. orig. du testic. et de l’ovaire etc. Bull. de l’acad. de Belgique. 2. Ser. T. XXXVIL. 4874. 4. R. S. Bercu, Studien über die erste Entwicklung des Eies von Eikbtkyraen Loveni. 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Inst. Wien. Bd. IV. 1882. 15. H. W. Coxns, Development of Tubularia cristata. Zool. Anz. 5. Jahrg. 1882. 16. M. J. Fraıont, Histologie, d&veloppement et origine du testicule et de l’ovaire de la Campanularia angulata. Compt. rend. Ac. Se. Paris. T. XC. 17. 0. Hamann, Der Organismus der Hydroidpolypen. Jen. Zeitschr. für Naturw. Bd. XV. 4882. 18. —— Über die Entstehung der Keimblätter. Internat. Monatsschr, f. Anat. und Phys. Bd. VII. 4890. Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u, die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 577 49, Cr. Harrraus, Beobachtungen über die Entstehung der Sexualzellen bei Obelia. Diese Zeitschr. Bd. XLI. 30. ©. u. R. Herrwiıc, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keim- blättertheorie. Jena 4878. 34. —— Experimentelle Untersuchungen über die ee der Bastardbe- fruchtung. Jena 1885. 933. —— Über den Befruchtungs- und niikerorgng des thierischen Eies unter dem Einfluss äußerer Agentien. Jena 1887.- 33. 0. Herrwıc, Beiträge zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morph. Jahrb. Bd. IV. 1878. 24, —— Experimentelle Studien am thierischen Ei vor, während und nach der Befruchtung. Jena 1890. 25. S. J. Hıckson, On the sexual cells and the early stages in the development of Millepora plicata. Phil. Trans. of the roy. soc. of London, Vol. CLXXIX. 1888. 26. JıckELı, Der Bau der Hydroidpolypen. Morph. Jahrb. Bd. VII. 37. C. IsuıkAwA, Über die Abstammung der männlichen Geschlechtszellen bei Eu- dendrium racemosum. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 38. —— Über die Herkunft der weiblichen Geschlechtszellen bei Podocoryne car- | nea Sars. Diese Zeitschr. Bd. XLVIl. 29. N. KLEINENBERG, Über die Entstehung der Eier bei Eudendrium. Diese Zeitschr. Bd. XXXV. 30. G. v. Koca, Vorläufige Mittheilung über Cölenteraten. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. VII. 4873. 34, —— Mittheilungen über Cölenteraten. Morph. Jahrb. Bd. II. 4876. 32. 33, A. KoroTNeErF, Entwicklung der Myriothela. Zool. Anz. 2. Jahrg. 1879, 34. E. KoRscHELT u. K. HEiDEr, Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgeschichte der Wirbellosen. Jena 4890, 35. A. KowALEvsky, Untersuchungen über die Entwicklung derCGölenteraten. Nachr. kais. Ges. d. Freunde d. Nat., Anthrop. u. Ethnogr. Moskau 4873. (Rus- sisch.) Referat in: Jahresbericht d. Anat. u. Physiol. 4873. 36. —— u. A,F. Marıon, Documents pour l’'histoire embryogenique des Alcyonaires. Ann. Mus. H. N. Marseille. Vol.I. | 37. R. v. LENDENFELD, Über Cölenteraten der Südsee. IV. Eucopella campanularia n. 8. Diese Zeitschr. Bd. XXXVIII. 1883. 38. E, METSCHNIKOFF, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonopho- ren. Diese Zeitschr. Bd. XXIV, 4874, 39. —— Vergl. embryologische Studien. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1882. 40. —— Embryologische Studien an Medusen. Ein Beitrag zur Genealogie der Primitivorgane,. Wien 4886. 44. F.E. SchuLze, Über den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris. Leipzig 1871. | 42. Über den Bau von Syncoryne Sarsii Loven. Leipzig 1873. 43. J. TuaLıwırz, Über die Entwicklung der männlichen Keimzellen bei den Hydroi- den. Jen, Zeitschr, f. Naturw. Bd. XVII. 44. A. TicHoMIROFF, Zur Entwicklungsgeschichte der Hydroiden. (Russisch.) Nachr. d. k. Ges. d. Liebh, d. Naturw., Anthrop. u. Ethnogr. Moskau 4887. 578 I Ä August Brauer, 45. A. DE VARENNE, Developpement de l’oeuf de la Podocoryne carnea. . Compt. rend. T. XCIV. Paris 4882. 46. —— Recherches sur la reproduction des polypes hydraires. Arch. de zool. exper. et generale. T. X. 1882. ° 47. A. WEISMANN, Über den Ursprung der Geschlechtszellen bei den Hydroiden. Zool. Anz. 3. Jahrg. 1880. 48, —— Zur Frage nach dem Ursprung der Geschlechtszellen bei den Hydroiden. Zool. Anz. 3. Jahrg. 1880. 49. —— Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Jena 1883. 50. —— Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Biol. Centralbl. Bd. IV. 1885. 51. E.B. Wırson, The development of Renilla. Philos. Trans. Vol. CLXXIV, 1884, 532. —— Variation in the Yolk-Cleavage of Renilla. Zool. Anz. 5. Jahrg. 1882. Erklärung der Abbildungen. Die Buchstaben gw und sp bezeichnen auf allen Figuren die wand bezw. den Spadix. Tafel XXXIIL. Fig. 1. Junge weibliche Gonophorknospe. kz, Keimzellen. Zeıss F, Oc. 2. Fig. 2. Älteres weibliches Gonophor. glk, Glockenkern; kz, kz', kz”, Keimzel- len. Zeıss, homog. Imm. 4/12, Oc. 2 Fig. 3. Querschnitt durch den basalen Theil eines weiblichen Gonophors. kz, Keimzellen. Zeıss, homog. Imm, 4/12, Oc. 2. Fig. 4. Gonophorenträger nahe der Ursprungsstätte eines weiblichen Gono- phors (9). ec, Ektoderm; en, u nk, Nesselkapsel; kz, kz’, Keimzellen. Zeiss, homog. Imm. 1/42, Oc. 2. Fig. 5. Längsschnitt durch die Basis eines weiblichen eondäkerei ec, Ekto- derm;; en, Entoderm; kz, Keimzellen. ZEıss, homog. Imm. 4/12, Oc. 2. Fig. 6. Längsschnitt durch den Gonophorenträger und ein weibliches Gono- phor. gik, Glockenkern; nk, Nesselkapseln; kz, kz’, Keimzellen. Zeiss, homog. Imm, 4/42, Oc. 2. Fig. 6a. Zwei Keimzellen der Fig. 6 in der Stützlamelle (st). Zeiss, apochr. homog. Imm. 2,00, Oc. 8. Fig. 7. Keimbläschen. Zeıss, apechr homog*Imm. 2,00, Oc. 8. Fig. 8. Zwei Keimbläschen in einem Ei. Zeıss, apochr. homog. a 2520.85 Fig. 9. Richtungsspindel kurz vor ihrer ‚Ausbildung. ZEıss, apochr. homog. Imm. 2, Oc. 8. ps, Pseudozelle. Fig. 40 u. 40a. Eikern und Richtungskörper (rk). sp’, Spermatozoen; g, Gallert- hülle. Fig. 40. Zeıss, apochr. homog. Imm 2, Oc. 8. Fig. 40a. Zeıss, D, Oc. 2 Fig. 44 u. A1a. Spermatozoon (sp’). g, Gallerthülle; eik, Eikern. Fig. 44. Zeiss, apochr. homog. Imm. 2,00, Oc. 8. Fig. 44a. Zeıss, D, Oc. 2. Fig. 42. Furchungskern. ps, Pseudozelle. Zeıss, apochr. homog. Immi.. 2,00, DC2S,; Über die Entstehung der Geschlechtsprod. u. die Entw. von Tubularia mesembr. Allm. 579 Fig. 43 u. 43a. Vierzelliges Furchungsstadium (a). d, ungefurchtes Ei. Zeıss, er08..2. - Fig. 44a, A4b, A4c. Vierzelliges Furchungsstadium in Theilung, Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 14d. Schema. Die vier Zellen von oben gesehen. Fig. 45. Achtzelliges Stadium. Zeıss, C, Oc. 2. m Tafel XXXIV. Fig. A 6. Sechzehnzelliges Stadium. Die Zelle a liegt, wie die nächsten Schnitte der Serie zeigen, ebenfalls wie die übrigen in der Peripherie. Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 17. 24zelliges Stadium, Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 18—20. Blastula. Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 21. Entodermbildung. Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 22. Entodermbildung. a, Theilung einer Blastodermzelle. Zeıss, D, Oc. 2. Fig. 23. Vorgeschrittenes Stadium eines nach dem zweiten Modus sich fur- chenden Eies. ZEıss, C, Oc. 2. Fig. 24. Beginn der Abfurchung. Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 25 u. 25a. Ein sich nach dem zweiten Modus furchendes Ei. Beginn der Entodermbildung. a, sich theilende Blastodermzelle. Zeıss, C, Oc. 2. Fig. 26a, 265, 26c. Ein Ei in vorgeschrittener Furchung und Entodermbildung. a, große ungetheilte Zelle; d, sich theilende Blastodermzelle. Zeıss, GC, Oc. 2. Fig. 27. Ende der Entodermbildung. Zeıss, D, Oc. 2. Fig. 28a, 285. Vorgeschrittene Entodermbildung. a, 5b, c, sich theilende Blasto- dermzellen. Zeıss, D, Oc. 2. Tafel XXXV, Fig. 29. Beginn der Bildung der interstitiellen Schicht. ab, aboraler Pol; drz, die späteren Drüsenzellen des aboralen Poles. Zeıss, D, Oc. 2. Fig. 30. Vorgeschrittenes Stadium der Bildung der interstitiellen Schicht. Zeıss, D, 0E. 2. Fig. 31. Abgrenzung der Keimblätter, Anlage des ersten Tentakels (t). ab, abo- raler Pol; nk, Nesselkapseln ; m, Mundpol. Zeıss, D, Oc. 2. Fig, 33—34. Bildung der interstitiellen Schicht (iz). ent, Entoderm; ec, Ekto- derm. Zeıss, homog. Imm. 4/12, Oc. 2. Fig. 35. Junge Actinula mit zwei Tentakeln. m, Mundpol; ab, aboraler Pol; drz, Drüsenzellen; nk, Nesselkapseln. Zeıss, D, Oc. 2. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 39 Die Sinneskolben von Haliclystus auricula var. Von Gustav Schlater. (Aus dem zoologischen Kabinett der kaiserlichen Universität St. Petersburg.) Mit Tafel XXXVI. Die letzten 15 bis 20 Jahre waren sehr fruchtbar in Bezug auf die Erkenntnis des inneren histologischen Baues der Cölenteraten, insbe- sondere in Sachen der Erforschung deren Nervensystems. In dieser Hinsicht sind besonders maßgebend die trefflichen Untersuchungen der Gebr. Herrwıs, die das Vorhandensein eines solchen bestätigt und eine ausführliche Beschreibung desselben, zuerst für die Medusen im Jahre 1878, sodann für die Actinien im Jahre 1879, geliefert haben. Auch im Reiche der verhältnismäßig viel niedriger stehenden Hydroid- polypen. haben die Arbeiten Jıkzırs vom Jahre 1882 ein, wenn auch auf der niedrigsten Stufe seiner Entwicklung stehendes Nerven- system konstatirt. Nach diesen Ausschlag gebenden Befunden konnte man schon a priori ein Nervensystem auch bei anderen Cölenteraten vermuthen, so auch bei den Lucernariden. Vorliegende Arbeit, die den Charakter einer vorläufigen Mitthei- lung haben soll, beschäftigt sich mit dem histologischen Bau der sog. Randkörperchen (Korornerr), Randpapillen (TAscHenBERG) oder adhäsi- ven Randankern (Hazrcker) von Haliclystus auricula var., und ich halte mich um so mehr zur Veröffentlichung der gewonnenen Resultate be- rechtigt, als sie einiges Licht auf ein Nervensystem auch bei Halielystus werfen, und als die über die Lucernariden vorhandene Litteratur vieles Unklare und Streitige enthält. Wenden wir uns nun dem Baue des Randkörperchens zu. Die äußere Konfiguration desselben kann man sich am besten veranschaulichen, wenn man sich vorstellt, dass ein Tentakel unweit seiner Basis bis zum Knopfe hinauf sehr stark aufgeschwollen ist, einen Die Sinneskolben von Halielystus aurieula var. 581 weiten Hohlraum bildend, dass er in Folge dessen um den Knopf eine Längsfurche bildet, in welcher der Knopf zu liegen kommt, und dass der stark aufgeschwollene und metamorphosirte Theil des Tentakels sich ein wenig heruntergesenkt hat. So erhalten wir das auf Fig. I u. 2 abgebildete Randkörperchen, welches den Anschein hat, als wenn zwei breite Wülste den Knopf umhalsen und oben in einander übergehen, in der Art, wie es auch CrArk in seiner Monographie von Halielystus auricula auf Taf. II, Fig. 27 darstellt!. Das Ektoderm des Randkörperchens hat eine wesentlich andere und zusammengesetztere Beschaffenheit, als das der übrigen Theile des Körpers, und ist an verschiedenen Stellen ungleich gebaut, an seiner Basis ins einfache Cylinderepithel des Bechers übergehend. KoRroTNERFF 2, welcher einen Längsschnitt des Randkörperchens von Lucernaria octo- radiata (Halielystus octoradiatus) auf Taf. VII, Fig. 2 giebt, identifieirt es in histologischer Hinsicht vollkommen mit dem der Sohle des Fußes und lässt das Ektoderm nur aus sog. Stützzellen und Drüsenzellen bestehen. TASCHENBERG ? in seiner Arbeit über die Gylicozoen erwähnt nur mit ein paar Worten der Randpapillen, und endlich giebt Crarx, dessen Arbeit für die Histologie des Haliclystus nicht von Belang ist, davon eine unklare Vorstellung. Das Ektoderm des Randkörperchens des von mir unter- suchten Halielystus auricula var., welcher (wie ich weiterhin motiviren werde) anscheinend eine bisher unbekannte Abart ist, zeigt, wie man es auf Fig. 3 deutlich wahrnehmen kann, drei verschiedene Regionen in Bezug auf seinen Bau. Wenn wir von der Basis, und zwar von der konvexen Seite des Bechers anfangen, so sehen wir (Fig. 3), dass das einfache Cylinderepithel desselben von der Basis des Körperchens an allmählich immer höher wird. Gleichzeitig wechselt die Breite der Zellen, indem sie zur Cuticula hin breiter werden (Fig. 5). Von der Stelle an, wo der Stiel des Körperchens eine Biegung macht und in die breiten Wülste übergeht, macht sich schon eine Differenzirung be- merkbar, indem einige Zellen ihre eckigen Formen verlieren, sich abrunden, und ein körniges Plasma aufweisen. Je weiter wir gehen, eine desto größere Differenzirung ist zu konstatiren. Die einfachen Epithelialzellen, welche hier zu den sog. Stützzellen werden (Fig. 6.«), 1 H.J. Crark, Lucernariae and their allies. A memoir on the anat. and phys. of Haliclystus auricula. Smithsonian contributions to knowledge. Vol. XXIl. p. 242, 1878, 2 A. KoroTnErF, Versuch einer vergl. Unters. d. Cölenteraten. Nachr. d. kais. Mosk. Ges. d. Freunde d. Naturk., Antrop, u. Ethnogr. Moskau 1876. (Russisch.) 3 E. O. TAscHENBERG, Anatomie, Histol, und Systematik der Cylicozoen. Halle A877, 39* 582 Gustav Schlater, nehmen die verschiedensten Formen an, je nach der mechanischen Einwirkung der Nachbarzellen. Die Zellen mit dem körnigen Plasma, welche eine Übergangsform zu den Drüsenzellen bilden, verändern auch ihre Form (Fig. 6), indem sie bald mehr oder weniger in ihrer Mitte ihre Breite verringern und den Zellkern bald in der unteren, bald in der oberen Zellhälfte aufweisen, jedoch am häufigsten in der unteren, gegen die Gallertschicht hin gerichteten. Diese Drüsenzellen sammt ihren Übergangsformen erinnern sehr an die von den Gebr. Herrwic! bei den Actinien auf Taf. III, Fig. 15 4, 5 abgebildeten, eben so wie die sog. Stützzellen, die sie auf Taf. IV, Fig. 1,2, 3,5 5 abbilden. Neben diesen zwei Zellformen tritt von der Mitte des Wulstes an eine dritte Zellform auf, die ich als Sinneszellen deute, da sie mit dem Nerven- system in Verbindung stehen und den von allen Autoren als Sinnes- zellen beschriebenen vollständig gleichen. Solch eine Sinneszelle ist auf Fig. 6 c abgebildet. Das letzte Drittel des Wulstes weist eine wei- tere Differenzirung auf. Neben den Stützzellen, welche hier an ihrem äußeren Ende breiter sind, treten die Sinneszellen in größerer Menge auf. Die weiteste Metamorphose zeigen die Drüsenzellen (Fig. 7 b), welche hier ungemein grob sind, deren Plasma eine feine weitmaschig- netzartige Beschaffenheit aufweist und einen flüssigen, hellen Inhalt hat. Diese Zellen sind auch mit den von den Gebr. Herrwıs? auf Taf. III, Fig. 5 d für die Actinien abgebildeten identisch, wie sie über- haupt im ganzen Thierreich bis zum Menschen hinauf auftreten. Neben diesen drei Zellformen haben wir in diesem Theile des Ektoderms noch auf zwei Gebilde hinzuweisen. Erstens kleine helle Zellen von un- gleichmäßiger Form (Fig. 7 d), die hier und da ganz an der Basis des Ektoderms auftreten und zu der sog. interstitiellen Schicht gehören. Das zweite Gebilde sind meistens tripolare, sich intensiv färbende Zellen (Fig. 7 e), die, wie ich es an ein paar Präparaten deutlich wahr- nehmen konnte, mit den Sinneszellen in Verbindung stehen. Diese Zellen sehe ich für Ganglienelemente an. Um diese Elemente herum macht sich eine feine Punktirung bemerkbar, die vielleicht von einem Nervenfasernetz herrühren mag. Diese zwei Zellformen sehen wir sehr deutlich auf Fig. 9 d, e, welche einen Querschnitt aus der betreffenden Stelle darstellt. Die eben geschilderte histologische Beschaffenheit zeigt das Randkörperchen am ganzen Rande der Längsfurche, die in ihrer Mitte den Knopf enthält. Gleichzeitig hat das Ektoderm an dieser Stelle das Drei- bis Vierfache seiner Höhe erreicht, die es an der Basis des Stieles aufweist. Auf.einem Längsschnitt, wie ihn Fig. 3 darstellt, ist 1 0. und R. Herrwig, Die Actinien. Jena 1879. 2°C Die Sinneskolben von Halielystus aurieula var. 583 die eben geschilderte Differenzirung auch bei sehr schwacher Ver- srößerung dadurch gekennzeichnet, dass von der Stelle an, wo der Stiel in den Wulst übergeht, zwei Reihen von Zellkernen sichtbar sind: die eine, ungefähr auf '/, Höhe des Ektoderms, hauptsächlich den Drüsenzellen mit ihren Übergangsformen angehörend, die andere auf 1/, Höhe, den sog. Stützzellen angehörend. Weiterhin macht sich noch eine dritte Reihe bemerkbar, die den Sinneszellen mit ihren Über- sangsformen angehört. An der höchsten Stelle des Ektoderms sieht man die Zellkerne unregelmäßiger vertheilt und dichter, was von den hier auftretenden Ganglien- und Interstitialzellen herrührt; gleich- zeitig sieht man große becherförmige helle Räume, die von den Drüsen- zellen eingenommen werden. Denselben histologischen Bau hat das Ektoderm auch auf der oberen, vom Rande des Haliclystuskörpers aus- gehenden Fläche; nur auf seiner höchsten, dem Knopfe am nächsten ge- legenen Stelle zeigt sich in so fern eine Modifikation, als hier die Sinnes- zellen in größerer Menge auftreten, und die Ganglienzellen, die hier auch in größerer Zahl sind, multipolar größer und grobkörniger als auf der entsprechenden Stelle der unteren Fläche sind. Fig. 8 veranschaulicht uns die hier angedeuteten Verhältnisse. Unmittelbar um den Knopf herum wird das Ektoderm mit einem Male niedriger und geht, wie auf Fig. 3 und 8 zu sehen, ins einfache Cylinderepithel über. Der Knopf des Randkörperchens entspricht in seinem histologischen Bau voll- ständig dem Knopf der auf den acht adradialen Armen zu Büscheln vereinigten Tentakel. Hier können wir auch vier bis fünf verschiedene Zellformen mit ihren Übergangsformen unterscheiden. Die Stützzellen (Fig. I1a) sind hier nur noch viel schmäler, am oberen Ende breiter, und gehen nach unten hin in ganz schmale Fortsätze über. Die Drüsen- zellen fehlen fast ganz; nur zuweilen treten einige Zellen auf, die den Stützzellen ähneln, nur etwas breiter sind und ein etwas körnigeres Plasma besitzen, und daher für Drüsenzellen oder Übergangsformen zu denselben gehalten werden können. An der Basis, wo das Ektoderm an die Gallertsubstanz grenzt, ist ein verhältnismäßig stark entwickel- tes Interstitialgewebe (Fig. 11 d) zu bemerken. Die Sinneszellen treten hier nur spärlicher auf als in den Tentakelknöpfen, haben aber dieselbe Form (Fig. 12c). Ungefähr in der Mitte der Höhe des Ektoderms sind kleine spindelförmige Zellen wahrnehmbar, die einen großen sich schwächer färbenden Kern und intensiv gefärbten Nucleolus enthalten und nichts Anderes sind, noch sein können, als Ganglienzellen. Diese Zellen stehen mit Hilfe feinster Fibrillen mit den Nematocystenzellen in Verbindung, indem diese Fibrillen in die die Nematocysten enthal- tenden Zellen eindringen (Fig. 11, 12, 13 e); nach unten zur Gallert- 584 Gustav Schlater, substanz hin gehen diese spindelförmigen Zellen auch in feinste Fasern über. Die von den Nematocysten erfüllten Zellen können gleichzeitig an zwei Ganglienzellen ihre Fasern abgeben (Fig. 13 und 15). Alle die Ganglien- und Nematocystenzellen sind unter einander durch ein fein- stes, nur bei sehr starken Vergrößerungen wahrnehmbares Netz von Faserverzweigungen verbunden. Auch die Sinneszellen stehen mit demselben System in Verbindung. Von den im Knopf in gfoßer Zahl auftretenden Nesselkapseln kann ich nur so viel sagen, dass sie hier in zwei Formen erscheinen. Die einen sind bohnenförmig, ein wenig gekrümmt, ihre Länge übertrifft um das Vier- bis Fünffache ihre Breite; sie färben sich sehr intensiv. Die zweiten sind elliptisch, eben so lang als die ersten, ihre Länge jedoch übertrifft nur ums Zwei- bis Dreifache ihre Breite; sie nehmen die Farbe wenig an, erscheinen als helle, stark lichtbrechende Körper, und lassen in Folge dessen in ihrem Inneren einen vielfach spiralförmig gedrehten Faden erkennen. Von den Forschern, die sich mit der Familie der Lucernariden be- fassten, giebt Korornerr! eine Andeutung von dem Vorhandensein eines Nervensystems in den Tentakelknöpfen der von ihm untersuchten Lu- cernarien, indem er spindelförmige Ganglienzellen zeichnet, die mit den Nematocystenzellen in Verbindung stehen; nur meint er irriger- weise, jede Nematocystenzelle habe ihre specielle Nervenzelle. Außerdem bildet Korornerr noch große amöboidartige Zellen ab, die unter einander und mit den Nematocystenzellen in Verbindung stehen und die Übertragung des auf einen Punkt ausgeübten Reizes auf größere Flächen bewirken sollen. Diese vermeintlichen amöboi- den Zellen von KoroTNEFF, die ich nicht finden konnte, sind nichts, als Nematocystenzellen, wie Fig. 15e zeigt. TAscHENBERG? stellt die fakti- schen Angaben Kororxerr's in Abrede, indem er zur Entkräftigung der- selben folgende Beweisführung giebt: »Meiner Meinung nach ist jene Fibrille nichts Anderes als die Membran der die Nesselkapsel bergenden Zelle, welche dadurch zu einer so langen Fibrille ausgezogen ist, dass die reife Nesselkapsel aus der Tiefe, wo sie sich gebildet hat, nach der Peripherie vordrängte. Das noch übrige Zellprotoplasma wurde dabei mit nach oben geführt, bleibt aber in jener Erweiterung zurück, um hier auch den Kern einzuschließen, oder letzterer folgte der Nessel- kapsel bis zur Peripherie.« Diese Behauptung TAscHEnBEre’s, der Zell- kern sei entweder nur in der vermeintlichen Ganglienzelle oder nur in der Nesselkapselzelle enthalten, nie aber in beiden zusammen, muss ich als unbegründet hinstellen, da meine Präparate zeigen, dass im 1 A. KoROTNEFF, ]. €. p. 42. ? E. O. TAsCHENBERG, |. c. p. 38, Die Sinneskolben von Halielystus auricula var, 585 Gegentheil, sehr oft, wie auf den Fig. 41, 12, 13 zu sehen, in beiden Theilen Kerne wahrzunehmen sind. Gleichzeitig ist TAScHENBERG ge- neigter Neuromuskelzellen anzunehmen, oder sich von selbst kontra- _ hirende Muskelfasern vorzustellen, als Ganglienzellen. Crark endlich, der auch ein sichtbares Nervensystem bei Halielystus aurieula in Ab- rede stellt, giebt doch wenigstens ein unsichtbares zu, indem er sagt: ».. Und so schließen wir daraus, dass, obgleich die Lucernariae kein sichtbares Nervensystem besitzen, es eine oder mehrere Lagen von Centralkraft giebt, aus der Nervenströmungen herrühren und die Füh- lung bewirken. « So weit die in der Litteratur vorhandenen Ansichten über das Nervensystem bei den Lucernariden. Ein weiterer Befund meiner Untersuchung ist die Konstatirung von Muskelfasern im Randkörperchen, was schon a priori zu vermuthen war, wenn man die Funktionen der Randkörper und die über die Be- weglichkeit derselben vorhandenen Litteraturangaben ins Auge fasst. Trotzdem wird die Muskulatur rundweg abgestritten, und das Fehlen derselben als charakteristischer Unterschied der Randkörperchen von den Tentakeln angesehen. So sagt Korornerr?: »Einen wesentlichen Unterschied der Vantusen von den Tentakeln bildet das Fehlen von Muskelfasern,...« Auch Tascuengere sagt?: »Die Randpapillen der Lucernarien entspreehen den primären Tentakeln der Aurelia, mit denen sie den Mangel der Muskulatur gemeinsam haben.« Der einzige Unterschied in der Muskulatur der Tentakel und der Randkörper be- steht darin, dass bei ersteren dieselbe überall gleichmäßig stark ent- wickelt ist, während sie bei den letzteren im Bereiche der Wülste stark redueirt ist, fast ganz fehlt, dafür aber an der Überganssstelle in den Knopf stark entwickelt ist und einen ganzen Schlauch von Längsfasern bildet, deren Kontraktion das Einziehen des Knopfes bewirkt. Fig. 16 zeigt uns die Muskulatur auf einem Längsschnitt, und Fig. 17 auf einem über dem Knopfe geführten Querschnitte, auf dem die einzelnen Muskelfasern als helle, stark das Licht brechende Punkte zu sehen sind. Im Anschluss an die Muskulatur sei hier eines interessanten Gebildes erwähnt, das auf Fig. 3, 18, 19, 20, 21 und 22 D abgebildet ist. Un- mittelbar am Rande des Halielystuskörpers in der Nähe des Rand- körperchens in der Ringmuskulatur seinen Anfang nehmend, verläuft _ dieses Gebilde als einschichtige Zellenplatte in der Gallertsubstanz, umhalst den aus dem Gastralraum in den Hohlraum des Randkörpers führenden Kanal, an dieser Stelle seitwärts mit dem Ektoderm des DE I. CLAREIE ec: p. 65. ?2 A. KoROTNEFF, l. c. p. 46. 3 E. O. TASCHENBERG, 1. c. p. 13. 586 Gustav Schlater, Stieles in Verbindung tretend (Fig. 18), läuft dann eine kurze Strecke weit an der unteren Fläche des Entoderms entlang, geht in dasselbe theils über, macht sodann eine Biegung rückwärts nach unten und geht an der unteren Fläche des Randkörpers ins Ektoderm über. Die Fig. 20, 24 und 22 zeigen uns das Verhalten dieser Platte auf drei auf einander folgenden horizontal durch den Stiel geführten Schnitten. Cıark! beschreibt ein ähnliches Gebilde im Randkörperchen von Haliclystus auricula, erklärt es für eine Muskelplatte, ohne histologi- sche Angaben zu machen, und lässt sie mit seinem Opsomyoplax in Verbindung stehen. Diese merkwürdige Platte hat jedenfalls die Be- deutung einer Stützplatte für das herabhängende Randkörperchen, und kann durch sein Spannen oder Erschlaffen die Fixirung oder Erschlaf- fung desselben herbeiführen. Gleichzeitig kann sie, wenn wir uns ihren Bau klar veranschaulichen, in Gemeinschaft mit dem Muskelsystem die Schließung oder das Öffnen des kommunieirenden Kanals bewir- ken. Demnach könnte man diese Platte mit einem Diaphragma ver- gleichen. So ist der histologische Bau des Ektoderms, und ich habe nur noch dessen zu erwähnen, dass Crark ! auf dem Randkörperchen, an der oberen Fläche, wo die Wülste in einander übergehen, einen : runden Pigmentfleck nebst Linse gefunden hat. Obschon ich keine Spur des Vorhandenseins eines solchen Auges an den von mir unter- suchten Exemplaren nachweisen konnte, so stelle ich doch die Anga- ben Crare’s nicht in Abrede (worauf ich noch zurückkommen werde). Was das Entoderm des Randkörperchens anbelangt, so besteht es aus ungleichmäßigen, abgerundeten Zellen, die in einem grobkernigen, große Vacuolen bildenden Plasma einen großen runden Kern enthalten (Fig. 7, 8). Zum Knopfe hin werden die Zellen kleiner, niedriger, und das Plasma bildet nur eine dünne Schicht längs den Zellwandungen, so dass hier, im Knopf, das Entoderm das Aussehen eines Netzes be- kommt, in deren Knotenpunkten die Kerne lagern (Fig. 10). Dasselbe Verhältnis, wie in den Tentakeln, nur schwächer ausgedrückt. Wenden wir uns nun dem Mesoderm (Stützsubstanz, Gallertsub- stanz, Stützlamelle, Membrana propria etc.) zu, so muss ich voraus- schicken, dass ich demselben nur in so fern nahe treten und die äußerst streitigen Litteraturangaben nur in so fern berühren werde, als es einen direkten Bezug auf die uns interessirenden Randkörper hat. In einer meiner weiteren Arbeiten gedenke ich eingehender diese interes- sante Frage zu berühren. Im Randkörper besteht das Mesoderm aus der sog. Gallertsubstanz, die besonders stark im Bereiche des Wulstes 17 1.3.5Cr An, 176. P1. 111, 192.27. Die Sinneskolben von Haliclystus auricula var. 587 entwickelt ist, jedoch zum Knopf hin an Mächtigkeit verliert und nur einen sehr schmalen, sich intensiv färbenden Streifen erkennen lässt (Fig. 3). Auch dort, wo die Gallertsubstanz stärker entwickelt ist, kann man sehr schmale intensiv gefärbte Streifen wahrnehmen, die zwischen Ektoderm, Entoderm und Gallertschicht gelagert sind. Bei näherer Betrachtung sieht man, dass von diesen schmalen Streifen aus feinste Fäserchen nach allen Richtungen in die Gallertsubstanz eindringen, anastomosiren, sich verzweigen und so ein feines nur bei sehr starken Vergrößerungen wahrnehmbares Fasernetz bilden, welches, wie schon gesagt, in der Nähe des Knopfes, wo die Gallertsubstanz anscheinend „ganz schwindet, sich verdichtet und in die intensiv gefärbten Streifen, wie in Stränge übergeht. Auch das von mir geschilderte merkwürdige Gebilde, das Diaphragma, ist von beiden Flächen von solch einem schmalen Streifen eingeschlossen. Korornerr! spricht nur von einer »Membrana propria« (Stützlamelle) im Randkörperchen, und Crark ? giebt eine vollständig irrige Vorstellung. Von Interesse für uns ist es ferner das Mesoderm weiterhin, unterhalb des Randkörpers, in der Becherwandung zu verfolgen. Hier ist die Gallertsubstanz ganz eben so von einem dichten Netze feinster Fasern durchsetzt. Vom Entoderm, sowie auch vom Ektoderm, wird sie auch hier vermittels der schon angeführten Streifen abgegrenzt, welche hier viel breiter und beson- ders an der entodermalen Seite stark ausgebildet sind (Membrana pro- pria von Korornerr). Wie Fig. 23, besonders die Fig. 24 und 25 zeigen, haben diese Streifen eine ausgesprochen fibrilläre Struktur, und ob- schon meine Arbeit nur mit Hilfe von Schnittpräparaten ausgeführt ist, erhielt ich an einigen Präparaten einzelne isolirte Fasern, aus denen diese Streifen bestehen. Das stimmt weder mit den Angaben Koror- NEFF’S überein, welcher diesen Streifen eine strukturlose Beschaffen- heit zuschreibt und das Vorhandensein einer solchen Membran an der ektodermalen Seite in Abrede stellt, noch weniger mit den An- gaben TASCHENBERG’S®, welcher Korornerrs Membrana propria nebst den elastischen Fibrillen, von denen gleich die Rede sein wird, für bloße Verdichtungen (!) der Gallertsubstanz hält. Vom Entoderm aus gehen außerdem noch in ungleichmäßiger Entfernung von einander elastische Fibrillen, die, anscheinend Fortsätze der Entodermzellen, den fibrillären Streifen senkrecht durchziehen, sich in demsel- ben oder auf seiner Grenze mit Muskelfasern der Quermuskulatur vereinigen (Fig. 23, 24 und 25 m), und von hier aus durch die Gallert- 1 A. KoROTNEFF, 1. c. p. 46. 2 H. J. Car, 1. c. Pl. IV, Fig. 47 und Pl. VII, Fig. 82 u. 83. $ 442, 497 u. 498. 3 E. O, TASCHENBERG, 1. cC.p. 52 u. 53. 988 Gustav Schlater, schicht hindurch zum Ektoderm sich begeben. KoroTNerr giebt nun an, er habe nicht feststellen können, in welcher Beziehung diese Fibril- len zum Ektoderm stehen und meint, sie endigen blind in der Gallert- substanz (!). Ich jedoch konnte an mehreren Fibrillen unmittelbar verfolgen, wie sie in den fibrillären Streifen des Ektoderms eindringen und in die Fasern desselben übergehen, wie man es auf Fig. 23 und 24 sehen kann. Schließlich habe ich noch auf eigenartige Gebilde hinzuweisen, die in der Gallertsubstanz des Bechers an der ektodermalen Seite ge- legen sind. Das sind kompakte knäuelartige verhältnismäßig große Gebilde, die unmittelbar unter dem Randkörperchen, oder auch un- mittelbar am Rande des Bechers nah an den Seiten des Randkörpers zu finden sind. Fig. 23 Nz stellt uns solch ein Gebilde dar. Anfangs bekam ich diese Gebilde nur zerstört zu sehen, da die Becherwandung gerade an dieser Stelle auf den Präparaten zerrissen war (Fig. 24 u. 25 am oberen Ende), und war desswegen geneigt dieselben als Kunstpro- dukte anzusehen, hervorgerufen durch das Bersten des Ektoderms, die Veränderung und Kontraktion des Mesoderms. Allein das Auftreten derselben im Bereiche eines jeden Randkörpers, endlich ein Präparat, auf welchem ich solch ein Gebilde in toto konstatiren konnte (Fig. 23), und noch ein anderer Umstand überzeugten mich, dass wir es hier mit einem besonderen, normalen morphologischen Gebilde zu thun haben. Fig. 23, welche einen seitwärts, nicht durchs Centrum solch eines Bal- lens gegangenen Längsschnitt darstellt, zeigt, dass von diesem Ballen aus, welcher sich intensiv färbt, Fasern gehen, die sich in dem schon mehrfach erwähnten fibrillären Streifen verlieren. Ein anderer wesent- licher Umstand ist der, dass ich an ein paar Schnitten sehr deutlich an den betreffenden Stellen einige Zellen wahrnehmen konnte, die voll- ständig den Charakter typischer Ganglienzellen tragen (Fig. 25 e). Fig. 24 e zeigt sogar solch eine Zelle, die einen großen Kern und ein körniges Plasma um denselben hat, in Zusammenhang mit den Fasern des fibrillären Streifens. Wenn wir nun den geschilderten histologischen Bau des Rand- körperchens analytisch beleuchten, so gewährt uns derselbe einige Anhaltspunkte, die von Interesse und Bedeutung für uns sind. Das Vorhandensein von Sinnes- und Ganglienzellen zeugt von einem, wenn auch auf einer verhältnismäßig sehr niedrigen Stufe seiner Entwicklung stehenden Nervensystem. Da sich meine Untersuchungen nur auf konservirte Objekte und nur auf Schnittpräparate beschränkten, so können sie in Bezug auf das Studium des Nervensystems nicht be- friedigend genannt werden; so konnte ich z. B. keine Nervenfaserschicht in a Me Die Sinneskolben von Halielystus auricula var. 389 ' konstatiren, obschon dieselbe, nach den gegebenen Verhältnissen zu - schließen, vorhanden sein muss. | Die Funktion des Nervensystems in den Tentakelknöpfen und in ‘ den Randkörperchen würde demnach so aufzufassen sein, dass ein äußerer Reiz, auf eine Sinnes- oder Nesselkapselzelle ausgeübt, auf die Ganglienzellen übertragen wird und in diesen zum Impuls wird, der die Entladung der Nesselkapseln bewirkt, und, da alle Elemente des Nervensystems in Verbindung stehen und ein einheitliches Ganze bilden, die Entladung auf einer mehr oder weniger großen Fläche bewirken kann, je nach der Kraft und Stärke der äußeren Einwirkung. Was haben nun aber die in der unmittelbaren Nähe der Randkörper- ‚chen sich befindenden ballenartigen Gebilde zu thun? Was ist ihre Funktion? Da, wie ich schon gesagt, meine Untersuchung noch nicht beweisführend genug und noch nicht abgeschlossen ist, so enthalte ieh mich einer willkürlichen Erklärung, kann aber nicht umhin einer "Vermuthung Ausdruck zu geben, die mich im Verlauf der ganzen Ar- beit beschäftigt. Ich vermuthe nämlich, diese Gebilde möchten ein- zelne Nervencentren repräsentiren, ein Gewirr von Ganglienelementen und Nervenfasern, die ihren Verlauf im ektodermalen Fibrillenstreifen nehmen und auch vielleicht mit den vom Entoderm ausgehenden, mit der Quermuskulatur in Verbindung stehenden elastischen Fibrillen anastomosiren. Zur Stütze dieser Vermuthung sei angeführt, dass A. Heiper ! bei Cerianthus membranaceus im Schlundrohre unter dem - Entoderm ganz ähnliche Gebilde beschreibt und sie mit dem Faser- system (dem er die Funktion eines Nervensystems zuschreibt) und der Muskulatur in Verbindung treten lässt. Nochmals wiederhole ich, dass es nur eine Vermuthung ist, und die weitere Untersuchung, die ich auf unserem Weißen Meere an lebenden Objekten anstellen werde, muss Licht in diese Frage bringen. Jetzt sei mir gewährt, einige Worte über die Stellung der Rand- körper der Lucernariden zu den Sinneskolben der übrigen Acraspeden zu sagen. Die Entwicklungsgeschichte, der Umstand, dass die Rand- körper der Lucernariden den primären Tentakeln entsprechen, so- wie die Entwicklung des einzelnen Randkörperchens, das in seinen Jugendstadien, wie es z. B. die Abbildungen Cıirr’s? zeigen, den Ten- takeln sehr ähnelt, beweisen die Homologie genannter Gebilde mit den primären Tentakeln. So sagt Korornerr®: »Die Randkörperchen sind 1 A. v. Heiner, Cerianthus membranaceus Haime. (Aus dem LXXIX. Bde. der Sitzber. d. kaiserl. Akad, d. Wiss. I. Abth. März-Heft. Jahrg. 1879.) Siehe Taf. IV Fig. 25 Bl und Fig. 16. 2. J. Crark, 1. c. Pl. III, Fig. 30, 34 u. 32. 3 A. KoROTNEFF, |, C. p. 46 590 Gustav Schlater, Rudimente der primären Tentakeln.« TascHenser@! äußert sich ähn lich: »Die Randpapillen der Lucernarien entsprechen den primären Tentakeln der Aurelia,...« und HarckeL? führt die Homologie noch weiter, indem er sagt: »Offenbar sind die acht Randanker der Lucer nariden eben so wie die vier interradialen Sinneskolben der Perome dusen und die vier perradialen Sinneskolben der Cubomedusen au den acht Prineipaltentakeln der Tessera entstanden.« Ich erlaube mir, gestützt auf die von mir geschilderten histologischen Befunde, die Randkörper von Haliclystus auricula auch für den Sinneskolben der übrigen Acraspeden analoge Gebilde zu erklären. Wir haben es bei Halielystus auricula ebenfalls mit acht Sinneskolben, vier interradialen@ und vier perradialen zu thun, die aber auf einer verhältnismäßig niedri-@ gen Stufe der Differenzirung stehen, da sie weder Otolithen-Säckchen oder -Bläschen enthalten, noch Augen haben. CrArk, wie schon ange- führt, beschreibt bei Haliclystus auricula ein Auge in Gestalt eines Pigmentfleckes nebst Linse. Hier haben wir es demnach mit einer weiteren Entwicklungsstufe in der Differenzirung des Sinneskolbens zu thun. Diese anscheinend gravirende Differenz zwischen meinen Angaben über das Fehlen eines Auges und denen Care’s über das Vorhanden- sein eines solchen, lässt sich dahin ausgleichen, dass der von mir unter- suchte Haliclystus wahrscheinlich eine Abart des von CLArk untersuch- ten, oder gar eine andere neue Art ist. Dafür spricht vor Allem der in einigen Punkten wesentliche Unterschied in der Schilderung des histo- logischen Baues des Randkörpers, wie ihn CrArk giebt, und wie ich ihn auf diesen Blättern geschildert, sodann der Umstand, dass der von Crark untersuchte Halielystus nur an den Küsten Nordamerikas (Massa- schussets-Bai, Grönland) vorkommt, während der mir als Objekt dienende Halielystus in Massen bei uns im Weißen Meere vorkommt, drittens die Färbung und noch einige andere weniger wesentliche Umstände. Wenn wir nun zum Schlusse die durch diese Arbeit erhaltenen histologischen Befunde in Kürze zusammenfassen, so ergiebt sich Folgendes: 4) Halielystus auricula var. besitzt ein auf einer verhältnismäßig niedrigen Stufe seiner Entwicklung stehendes Nervensystem, welches in den Tentakelknöpfen und hauptsächlich in den Randkörperchen lokalisirt ist und aus einem System von einzelnen Ganglienzellen besteht, die einerseits mit den Sinneszellen, andererseits mit den Nesselkapselzellen und sodann unter einander in Verbindung stehen. 1 E. O. TASCHENBERG, 1. c. p. 45. 2 E. HAEckEL, System der Medusen. 1879. I, Theil. p. 384. Die Sinneskolben von Haliclystus aurieula var. 591 2) Die Vantusen, Randkörperchen (Kororserr), Randpapillen (TascHenBerg). adhäsive Randanker (Harcker), Colletocystophora, An- chor (Crirk), oder wie sie sonst noch heillen mögen, sind den Sinnes- kolben der übrigen Acraspeden analoge Gebilde, nur auf der niedrig- sten Stufe ihrer Differenzirung stehend, demnach also können sie auch Sinneskolben benannt werden. 3) Die Randkörper (Sinneskolben) besitzen eine Muskulatur, die nur dadurch von der Muskulatur der Tentakel verschieden ist, dass sie - im Bereiche der Wülste stark reduecirt ist. Zum Schlusse sei mir noch gestattet meiner Anerkennung Profes- sor N. Porzsaerr und Herrn J. WAGNER gegenüber Ausdruck zu geben, die mir mit Rath und That zur Seite standen. St. Petersburg, den 22. Februar 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXVI. Fig. 4 u.2. Äußere Konfiguration der Sinneskolben. Fig. 3. Längsschnitt durch einen Sinneskolben, etwas schräg gerathen, so dass der kommunieirende Kanal nicht in toto zu sehen ist. Fig. 4. Querschnitt durch einen Sinneskolben, ausgeführt entsprechend der Linie AB auf Fig. 3. Fig. 5. Ektodermzellen aus dem Stiel des Kolbens,. Fig. 6. Zellen aus dem Ektoderm des Sinneskolbens. Fig. 7. Ektoderm von der unteren Fläche des Kolbens in der Nähe des Knopfes (Längsschnitt). Fig. 8. Ektoderm von der oberen Fläche (Längsschnitt). Fig. 9. Ektoderm aus derselben Region wie Fig. 7 (Querschnitt). . 40. Längsschnitt des Knopfes. . 44. Zellen aus dem Knopfe. .42. Zellen aus einem Tentakelknopfe. . 43. Nematocystenzelle in Verbindung mit einer Ganglienzelle. .44, Siehe Fig. 13. ig. 15. Nematocystenzellen. Fig. 46. Ektodermale Längsmuskelfaserschicht des Sinneskolbens an der Stelle des Überganges in den Knopf (Längsschnitt). Fig. 47. Quersehnitt aus der Gegend des Knopfes. Die Längsmuskelfasern er- scheinen als kleine helle stark lichtbrechende Punkte. Fig. 48. Längsschnitt aus der Stielgegend des Kolbens seitwärts vom kom- municirenden Kanal ausgeführt, um zu zeigen, wie die Diaphragmaplatte mit dem Ektoderm in Verbindung steht. BT) ns) et ie ie a ee 3 . KR m a cr = 592 Gustav Schlater, Die Sinneskolben von Haliclystus auricula var. Fig. 49. Längsschnitt durch den Stiel des Kolbens. Fig. 20, 24, 22. Drei auf einander folgende Querschnitte, auf denen die Ver- bindung der Diaphragmaplatte mit dem Ektoderm und Entoderm zu sehen ist. Fig. 23, 24, 25. Längsschnitte aus der Becherwand, unmittelbar unter den Sinneskolben, um den ausgeprägt fibrillösen Bau der Stützmembran, den Verlauf der elastischen Fasern und die merkwürdigen Gebilde NZ zu zeigen. a, Stützzellen; b, Drüsenzellen; c, Sinneszellen; d, Interstitialzellen; e, Gan- glienzellen; m, Muskelfibrillen; N; und Na, Nematocysten. NZ, merkwürdige, einen Knäuel von Fibrillen darstellende Gebilde, die möglicherweise als Nerven- centra sich herausstellen werden. Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. Von Dr. Heinrich Simroth. Mit Tafel XXXVII und 1 Holzschnitt. In den Sitzungsberichten der naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig (1890/91, p. 25—29) konnte ich bereits vorläufige Rechenschaft ablegen über die Untersuchung einer so seltenen als interessanten Gattung nackter Lungenschnecken, die, an sich durch allerlei Besonder- heiten ausgezeichnet, durch ihren morphologischen Bau werthvollen Aufschluss giebt über den Zusammenhang und die Ableitung des rei- chen tropischen Genus Vaginula. Es scheint, dass sie über noch wei- tere verwandte Formen, vor Allem die Onchidien, Licht zu verbreiten im Stande ist. Von einer Anzahi der in der malayischen Region zerstreuten Ge- schöpfe ist die Beschreibung bekannt, aber nur in Bezug auf das Äußere, so zwar, dass es kaum möglich sein wird, danach die Species mit Sicherheit zu identificiren; denn es wird sich zeigen, dass dazu eine sehr eingehende Kenntnis der Anatomie erforderlich ist. Ja es bleibt fraglich, ob nicht selbst unter dem scheinbaren Gleichmaß so verschie- dene Dinge sich verbergen, dass in Zukunft neue Zerlegung in Gat- tungen nöthig werden wird, in stärker differirende Gattungen, als sonst irgendwie unter Pulmonaten Brauch ist. Für das Historische muss ich mich leider begnügen, hier HEYxE- MAnN’s Zusammenstellung des Früheren abzudrucken (D. F. HEynemann, Über Vaginula-Arten im British Museum — Natural History — in Lon- don. Jahrb. der d. mal. Ges. XII). Er sagt (p. 13 f.): »Unter den Kleinodien der Sammlung befinden sich auch zwei Flaschen mit der Etikette: prismatica Tapperone-Canefri; die eine mit 594 Heinrich Simroth, zwei Exemplaren nennt als Fundort: Islands of Torres Straits, New Guinea, die andere mit einem: Huon Gulf, New Guinea. »Diese eigenthümliche Art hat TAPpERonE-CAnerrı beschrieben in Fauna malacologica delle Nuova Guinea e delle isole adiacente p. 207, Taf. XI, Fig. 6, 7, 8 als ‚?Veronicella prismatica“ nach einem einzigen ihm zugekommenen Stück, welches also auf seine anatomischen Ver- hältnisse nicht geprüft werden konnte, sonst hätten sie nach seiner Ansicht wohl zur Aufstellung eines neuen Genus geführt, in dem dann Vaginulus trigonus Semper von den Philippinen enthalten gewesen wäre. Die Kennzeichen sind etwa folgende: Körper prismatisch, vorn und hinten spitz, die Oberseite durch einen schneidenden Kiel in zwei Hälften getheilt, Mantelkanten ebenfalls scharf, der ganze Mantel mit Tuberkeln besetzt, auf hellem Grund mit kleinen unregelmäßigen schwärzlichen Flecken, Länge 38, Breite 4 mm. »TAPPERONE-CANEFRI hat übersehen, dass die nämliche Art schon früher beschrieben worden ist, von SouLEyer in Voyage de la Bonite, Zoologie, Tome II, p. 496 und abgebildet auf Planche XXVII, Fig. —7 nach lebendem Thiere, gefunden in Wäldern in der Umgebung von Touranne, Cochinchina als: Vaginulus Tourannensis, und eine andere ähnliche von mir als: australis 1876 im Journal des Museum GoDEFFROY p. 159 von Queensland. Wir haben es also mit wohl höchst seltenen, aber ziemlich weit verbreiteten Arten zu thun. | »Das lebende Thier der Tourannensis war 65 mm lang und 9 mm breit. Die Sohlenbreite ist —5 mm in der Mitte. Die Färbung ist rothgelb als Grundfarbe, auf welcher zu beiden Seiten des Rücken- kieles graue bis schwärzliche Flecken stehen, die nach den Mantelkan- ten hin halbwegs heller werden und aufhören. Mein Exemplar der australis aus Museum GoDEFFRoY war 0 mm lang. Die Exemplare der prismatica des British Museum sind von Island of Torres Straits 37 mm lang, 8 mm breit, bei 1 mm Sohlenbreite, 397: u) » u WR) » vom Huon Gulf 39 mm lang, 8 mm breit, bei einer Sohlenbreite von 5 mm am Kopfe, 2 mm am Schwanzende, was wesentlich abweicht. Auch sieht man bei diesem keine Tuberkeln. Dennoch scheint es keine andere Species zu sein, da in der Färbung sonst kaum ein Unterschied ist. »Über die Körperöffnungen fehlt auch in Voyage de la Bonite eine Angabe, doch sieht man eine Afteröffnung auf der Figur von der Unter- seite an der nämlichen Stelle, rechts vom Sohlenende, wo sie bei Vagi- nula liegt (an den Londoner Exemplaren habe ich keine Afteröffnung ‚Über das Vaginulidengenus Atopos n. 2. 595 finden können), und sonderbarerweise bemerke ich einen dunklen Punkt auf der rechten unteren Körperseite ganz am Sohlenrande un- fern vom Kopf, genau wo ich in der Rinne zwischen Sohle und Mantel an dem Exemplar vom Huon Gulf eine Öffnung vermuthe. »Storıczka meldet von Penang eine Vaginula, die sehr mit Tou- rannensis übereinstimme (Journal of Asiatie Society of Bengal, Vol.XLII), und die er später beschreiben werde. Ich konnte die Beschreibung nicht finden, jedoch in der Londoner Sammlung eine mit pulverulenta Benson von Penang bezeichnete Art, die viel größer ist, kaum eine Mantelkante hat, also jetzt nicht prismatisch ist, sonst aber stark ge- kielt und mit Tuberkeln besetzt ist und auch in der Zeichnung dem Tourannensis-Typus ähnelt. »Ich weiß nicht, ob die von SroLiczka erwähnte Art — pulveru- lenta Benson ist; aber dass die scharf gekerbten und prismatischen einen von Vaginula etwas abweichenden Typus darstellen, vermuthe mit StoLiczka und TarreronE auch ich, und das wird sich vielleicht bestätigen, sobald hinreichend Material vorhanden ist, die anatomische Untersuchung zu machen. »Nicht versäumen wollte ich zu bemerken, dass die Darstellung der Fühler, welche Tıprrrone giebt, eine irrige ist, denn die unteren sind, wie es der Gattung Vaginula zukommt, und wie es von SoULEYET getreu wiedergegeben ist, zweilappig.« Wenn HEvnemann meint, die von SouLeyEer und von TAPPERONE- . Cangrrı beschriebenen beiden Arten wären identisch, nach den Abbil- dungen, so glaube ich das Umgekehrte für wahrscheinlich halten zu müssen, da bei äußerlich hoher Übereinstimmung doch innere Unter- schiede vorhanden sein können, und andererseits Verschiedenheit des Vaterlandes bei diesen wohl recht versteckt lebenden, langsamen (?) Thieren, die schwerlich eine große Verbreitungsenergie besitzen, auf innere Differenzen deutet. Nach meinen Erfahrungen muss ich sogar bestimmt annehmen, dass die Vag. prismatica vom Huon Gulf im briti- schen Museum eine andere ist, als die eben so bezeichnete von den Islands of Torres Straits; denn die Verschiedenheit der Körpermasse und der Mangel der Tuberkeln lassen bei dieser Gattung auf specifische - Verschiedenheiten schließen. Ich würde die Art vom Huon Gulf nach dem zu nennen vorschlagen, welcher ihre Unterschiede zuerst hervor- gehoben hat, nach Hrynemann also. Nehmen wir hierzu noch Sruper’s Exemplar von Luzon (Reisen im Archipel der Philippinen. II. 3. Land- mollusken. Taf. VII u. p. 327), dann haben wir etwa die folgenden in der Litteratur zerstreuten Species, die zunächst noch als Vaginula be- zeichnet werden mögen: Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. Fa) 596 ; Heinrich Simroth, 1) Vaginula Tourannensis Souleyet, Touranne in Cochinchina. 2) V. prismatica Tapperone-Canefri, Islands of Torres Straits, New Guinea. 3) V. Heynemanni mihi, Huon Gulf, New Guinea. 4) V. trigona Semper, Berg Arayat, Central-Luzon. 5) V. pulverulenta Benson, Penang, im britischen Museum, vielleicht identisch mit der von Storıczka ebendaher erwähnten Schnecke. Es ist sicher, dass diese Arten nicht länger im Genus Vaginula untergebracht werden können, und wahrscheinlich, dass sie zu zwei neuen Gattungen gehören. Dafür, dass die letzten beiden zu Atopos zu rechnen sind, werden gleich Gründe folgen. Aber auch die drei ersten lassen nach der Schilderung des Äußeren und dem, was Hryxe- mann über die Öffnungen bemerkt, etwas Besonderes vermuthen. Herr ÜCOCKERELL, mit dem ich meine Gedanken austauschte, hatte die Freund- lichkeit, mir die Körperquerschnitte der Form vom Huon Golf und der von Penang nach den Londoner Exemplaren zu skizziren. Daraus er- giebt sich, dass die erstere (Fig. a) ganz anders aussieht als die indische (b). Letztere stimmt genau mit meinem Ato- pos (Fig. 1 c), von der Schärfe des Kieles - abgesehen. Erstere ergiebt mit eini- ger Sicherheit eine abweichende Gruppe, die wohl ganz bezeichnend Prisma heißen mag, und wir erhalten so- mit Prisma tourannense Souleyet, Pr. prismaticum Tapperone-Ganefri und Pr. Heynemanni, dazu Atopos trigonus Semper und pulveru- lentus Benson. Dabei bleibt vor der Hand die Frage offen, ob Prisma eine Untergattung von Vaginula oder Atopos, oder aber eine eigene Gattung darstellt, was am wahrscheinlichsten. Das Erstere würde vor- aussichtlich der Fall sein, von etwaigen Besonderheiten noch abge- sehen, wenn die Lage der Körperöffnungen (weiblicher Porus, Lungen-, After-, Nieren-Kloake) mit einem der beiden Genera stimmten, das Letztere in jedem anderen. Nach der Lage der Öffnungen gehört sicherlich auch Rathouisia Heude, die in Ost-China am Jantse-Kiang verbreitet ist, hierher (Journ. de Conchyl. XXXI. p. 394—395. Note sur un nouveau limacine de Chine). Die Beschreibung lässt aber mit einiger Sicherheit annehmen, dass wesentliche Unterschiede auch im Äußeren existiren, von der Anatomie ganz abgesehen. Ich setze sie hierher, die Worte, die einen Unterschied andeuten gesperrt: »Animal allonge, limaciforme, en- tierement recouvert d’un manteau non visqueux; deux paires de ten- tacules, les sup£erieurs longs, ocul&es, les inferieurs bifides. Pied Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 597 depassant le manteau, A son extr&emite post&rieure, et pointu. Sexes r&unis: orifice mäle derriere le tentacule droit, orifice femelle assez rapproche de lorifice mäle et situ& un peu en arriere. Les orifices exceretoires et respiratoires sont pres de l’orifice femelle.« Man wird mir zugeben, dass die Limacidenähnlichkeit meiner Fig. 1—5 namentlich in Bezug auf den Querschnitt gering ist. Eben so ragt die Sohle durchaus nicht über das Hinterende hinaus, zum minde- sten nicht im Alkohol (Fig. Ib und 5). Die Gattungsdiagnose von Atopos ist im Grunde sehr einfach, in Bezug auf das Äußere. Man denke sich eine Vaginula, deren Notaeum, oben gekielt, im Querschnitt ein gleichschenkliges Dreieck von schma- ler Basis bildet, so dass sich seine unteren Ränder dicht an die Sohle anlegen, und deren weibliche Geschlechtsöffnung, After, Lunge und Niere sich gemeinsam in der Rinne zwischen Sohle und Notaeum kurz hinter den rechten Fühlern öffnen. Mit dieser Disposition, die von Heysemann geahnt wurde (s. o.), und die an und für sich den Begriff der Vaginuliden höchst instruktiv erweitert, verbinden sich so viele überraschende anatomische Besonderheiten, dass der Name Atopos sicherlich gerechtfertigt erscheint. Vaginulidenartig ist zunächst die Sohle, die in feine Querleisten zerfällt ist; eben so der Kopf, der, nicht einstülpbar, von dem Notaeum kapuzenartig überragt wird; eben so die beiden nur kontraktilen Fühler- paare, das obere, die Ommatophoren, mehr cylindrisch, pigmentirt und mit mehr oder weniger endständigem Auge, das untere kaum von Farb- stoff angehaucht und zweilappig. Der Körperquerschnitt bleibt in ganzer Länge das gleichschenk- lige Dreieck, doch so, dass dasselbe etwa nach dem ersten Drittel am größten ist und nach vorn und hinten abnimmt. Für den sogenannten Mantel von Vaginula habe ich andere Be- zeichnungen einführen zu sollen geglaubt, Notaeum für den Rücken, Perinotaeum für die sogenannte Mantelkante, und Hyponotaeum für die Unterseite. Wenn ich auch selbst durch das Studium der Nerven- vertheilung die Homologisirung jener Theile mit dem Mantel stützen konnte, so macht doch der Übertritt der weiblichen Geschlechtsöffnung auf die Unterseite desselben, oft nahe bis an den Außenrand, Schwie- rigkeiten, daher die indifferenten Ausdrücke wohl den Vorzug ver- dienen. Es bleibt fraglich, in wie weit man das Notaeum von Atopos dem von Vaginula im Einzelnen parallelisiren darf. An Stelle des Rücken- kieles hat diese oft den hellen Rückenstreifen. Aber man weiß nicht, 40* 598 Heinrich Simroth, ob die untere Mantelkante, die in der Ruhe, bez. bei Spiritusexempla- ren (vgl. Fig. 4 c und 7) noch etwas über die Sohle wegragt, dem Peri- notaeum entspricht. Sicherlich ist doch die innere Fläche des Hypo- notaeums von Vaginula, die der Sohle sich zuwendet, als äußere Wand der Fußrinne, gleichfalls mit in der entsprechenden Fläche von Atopos zu suchen. Die Bemerkungen bezwecken nur, dem Versuch einer allzu eingehenden Vergleichung vorzubeugen. Es tritt hier keine Körper- öffnung auf das Hyponotaeum über, sondern Lungen-, After- ete. Porus liegen zusammen genau im oberen Winkel der Fußrinne, nur wenig hinter dem Kopfe rechts. Färbung und Tuberkelbildung sind zunächst, vielleicht im Verein mit einer etwas geringeren oder größeren Sohlenbreite, die äußeren Merkmale, worauf eine Artdiagnose sich gründen kann. Doch sind diese Dinge im Einzelnen so schwer definirbar, und wie es scheint, auch in bestimmter Gesetzmäßigkeit bei derselben Art schwankend, dass die anatomische Untersuchung für die Fixirung der Species eben so unerlässlich ist, als bei Vaginula, ein Postulat, das durch Semper’s Bearbeitung dieser Gattung genügend erwiesen ist; ich selbst werde, durch diese Arbeit aufmerksam geworden, demnächst Gelegenheit haben, noch drastischere Argumente dafür beizubringen. | Versuchen wir, das Färbungsgesetz zunächst aufzustellen, um daraus eventuell brauchbare Kennzeichen zu entnehmen! Meine sechs Exemplare, eins von Mindanao durch Herrn Micuotırz, fünf von Amboina (Gunung, Carbau, Hitu) aus der Ausbeute meines Freundes SrruseıL, dem ich für die Überlassung des werthvollen Materials zu großem Danke verpflichtet bin, weichen sämmtlich etwas von einander ab; doch lässt sich der Grundzug gut verfolgen. | Das kleinste Thier, Fig. 4, vermuthlich noch jung, zeigt in miittle- rer Höhe eine dunkle, blauschwärzliche Längsbinde, und ohne Rück- sicht auf dieselbe eine feine, aus braunen Punkten zusammengesetzte Kreuzstreifung. Die letztere, die im Thierreich vielleicht einzig dasteht (— denn an Schmetterlingsflügel wird man nicht denken wollen —), erreicht in keinem Falle den unteren Rand des Notaeums, sondern bricht ein Stückchen davor in ziemlich scharfer Längslinie plötzlich ab. Es ist wohl anzunehmen, dass jene untere ungezeichnete Kante beim Kriechen mit auf den Boden aufstößt, — allerdings, wie ich gleich be- merken will, ohne irgend am Gleiten sich aktiv zu betheiligen; es folgt das aus ihrem gelegentlichen Tuberkelreichthum (s. u.). Die feine Längsbinde ist wohl schwer zu erklären. Zunächst liegt es nahe, sie der Stammbinde der Limaciden zu vergleichen. Diese aber scheint mit dem Hauptblutsinus zusammenzuhängen, gemäß der hohen Über das Vaginulidengenus Atopos n. 8. 599 Abhängigkeit der Farbstoffausscheidung aus dem Schneckenblute in Folge meteorischer Einwirkungen (oder besonders starker Wachsthums- oder Muskelreize). Bei Atopos ist aber unter der Binde kein Sinus nachweisbar, wenigstens nicht bei den erwachsenen Formen, die dar- auf untersucht wurden. Und anstatt hier jene Abhängigkeit bestätigt zu sehen, scheint diese Schnecke viel eher geeignet, auch jenes für die Limaeiden und Arioniden glücklich eruirte Gesetz wieder zu erschüt- tern. An eine Seitenlinie, die jetzt so manchen morphologischen Ver- gleichen zu Grunde gelegt wird, darf man wohl nicht gleich appelliren, wiewohl ein Zusammenhang zwischen Färbung und Sinneswahrneh- mung zu vermuthen ist (s. u.). Außer dem Pigment der Seitenlinie und der Kreuzstreifung ist noch eines diffusen orangegelben Farbstoffes zu gedenken, der biswei- len am ganzen Notaeum unter der Zeichnung hervorschimmert, nament- lich aber an der unteren, ungezeichneten Kante des Notaeums sichtbar wird. Er kann aber auch durchaus fehlen. Und es mag wenigstens die Andeutung erlaubt sein, dass die Schnecke, die ihn entbehrt, auch eine andere Ernährung zu haben scheint (s. u.), so dass wir es hier mit einer Ausscheidung, die wohl in der Haut liegen bleibt, zu thun haben. Sie würde in Abhängigkeit vom Futter stehen, also einen Theil der gesammten Ökonomie bilden; die Ähnlichkeit zwischen diesem Farb- stoff und der Niere ist jedenfalls auffallend genug. Ich berühre hier nur Fragen, die gewissermaßen in der Luft schweben, ohne dass eine exakte Antwort bis jetzt gelungen wäre. Aus dieser Grundzeichnung heraus entwickelt sich nun das defini- tive Kleid durch stärkere Betonung entweder der Binde und der Kreuzstreifung, oder durch Kombination beider über einander auf den durch die Bindenlinie getrennten Feldern. Wo die Kreuzstreifung über die ganze Seitenfläche stärker wird, da verschwindet die Binde, außer vielleicht in .einigen Andeutungen. Die Tuberkeln und die aus ihnen gebildeten Streifen verwischen sich nämlich mehr diffus, namentlich nach dem Rückenkiele zu, dagegen verstärken sie sich in mittlerer Höhe an den Kreuzungspunkten zu derben Flecken, deren Pigmentüberschuss wohl der Lage nach zu ur- theilen aus der aufgelösten Binde stammt. Im anderen Falle verschwindet, unter Verbreiterung der Binde über die ganze Seitenfläche nach unten oder oben, die Kreuzstreifung ganz. Dann haben wir, wie in Fig. 3, die untere Bindenbegrenzung noch als eine helle, wellige Seitenlinie, der blaue Farbstoff der Binde geht diffus auf die untere Fläche über, aus der sich eben so zerstreut schwarze Tuberkeln abheben. Nach oben verklingt die Streifung 600 Heinrich Simroth, gleichfalls zu einer mehr wolkigen Zeiehnung, in derselben Abbhil- dung. Es kann aber eben so gut die Kreuzstreifung auf dem hellen Felde erhalten bleiben, so dass die bei den erwachsenen nicht mehr sicht- bare Jugendbinde in jedem Falle wieder beherrschend durchscheint. Nach diesen Ableitungen lässt sich das vorliegende Material etwa folgendermaßen gruppiren: 1) Atopos Semperin. sp. Fig. 1. Mindanao. Sohle wie überall hell. Notaeum mit gelbrothem Grund. Darauf schwärzlich violette Kreuzstreifung. Herrn MicnoLitz wurde von einem Eingeborenen ein Stück, das am Fuße eines Baumstammes erbeutet war, gebracht. Trotz besonders ausgesetzter Prämien war kein weiteres aufzutreiben. Dazu von Amboina: 2) Atopos Leuckartin. sp. Fig. 2. Stark kreuzstreifig, in schwarzroth, kein rothgelber Grund, der vielmehr allein hier fehlt. Der Grund ist blass wie die Sohle. 3) Atopos Strubelli.n. sp. Fig. 3. Rothgelber Grund, namentlich an der unteren Kante des Notaeums. Keine Kreuzstreifung. Bindenlinie durch den hellen Grenz- streifen bezeichnet. Untere Hälfte des Notaeums mit blauem Grunde. In dieser Zeichnung und Färbung erinnert das Thier an manche Molche, etwa den Triton punctatus. Dazu noch drei Formen, deren Anatomie festzustellen ich unter- lassen habe, aus Schonung des Materials für die Sammlungen oder mikroskopische Zwecke. Fig. 4, jugendlich, worauf der geringe Körperquerschnitt deutet, wie eine Messerklinge. Binde, Kreuzstreifung und der rothgelbe Grund schwach. Fig. 5. Ein kräftiges Exemplar, das am meisten dem Atopos Sem- peri gleicht nach der Zeichnung. Man sieht, wie stark der Kopf und die Vordersohle unter das Notaeum zurückgenommen werden können, eine Folge des Alkoholtodes. Endlich ein interessantes Exemplar, so groß wie A. Leuckarti; Zeichnung kräftig und dunkel, wie bei A. Strubelli, Fig. 3. Die zu- sammenhängende Binde fehlt. Doch in ihrer Linie eine Anzahl dunkler Flecken als Knotenpunkte eines Systems flacher Kreuzstreifung darüber, auf der oberen Hälfte des Notaeums. Auch in der nächsten Reihe von Schnittpunkten sind die Kreuzungen noch durch schwarze, wiewohl Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 601 kleinere Flecken markirt. Die untere Fläche dagegen ganz ohne Strei- fung, blau diffus, mit schwarzen Tuberkeln und mit gelbrother unterer Kante. Diese letzte interessante Kombination, in der sich die wider- streitenden Zeichnungsprincipien der Kreuzstreifung und der diffusen Bindenauflösung auf die obere und untere Hälfte vertheilt haben, ge- “ hört höchst wahrscheinlich zu A. Strubelli. Fig. 5 erscheint vorn so kräftig, dass man Geschlechtsreife und vielleicht bei dem geringeren Körperumfang etwas Besonderes erwarten kann. Fig. 4 muss betr. der Artbestimmung ganz frei gehalten werden. Schließlich ist doch wohl an diesen Exemplaren ihr Zeugnis für das wunderliche Färbungsgesetz wichtiger als möglicherweise dazu kom- mende innere Differenzen, die, bei derselben Heimat, sich doch nur zwi- schen den Extremen des A. Strubelli und Leuckarti bewegen würden. Wodurch aber mag jenes Färbungsgesetz beherrscht werden? Die ka- - rirte Zeichnung, die sich mit der Binde und deren Tendenz nach diffuser Verbreiterung um die Herrschaft streitet, bis schließlich das eine oder das andere Prineip siegt oder beide sich in die obere und untere Hälfte des Notaeums theilen? Nerveneinflüsse mögen im Spiele sein. Aber welche? — — Anatomie. Übersicht. Am Inneren ist fast Alles auffällig. Die Lage der Mantelorgane, zunächst Herz, Niere und Lunge, sind vorn an der Decke angebracht, noch weiter vorn als bei Limax; und diese Lage ist so ab- weichend von der der Vaginula, dass sie Semper, dessen philippinisches Stück doch wohl noch jugendlich war, veranlasste, die Zugehörigkeit bei den Limaeiden zu suchen. Die Verdauungswerkzeuge bestehen aus einem kurzen und engen Darm. der einem kieferlosen Mund und Pharynx ansitzt. Die Radula- scheide merkwürdig entwickelt, in besonderem Sack versteckt. Die Radula mit lauter spitzen Raubzähnen; vielleicht wird sie künftig manchem Conchologen willkommene Handhabe, Atopos unter die Testacelliden einzureihen. Am Darm nur eine, aber sehr große Mittel- darmdrüse, in der die Verdauung stattfindet. Fußdrüse frei, mit vielen besonderen accessorischen Schläuchen an der Mündung, die sie als diekweiße Masse umgeben. Ein Paar merkwürdige große Drüsen mit langem Ausführungs- gange zu den Seiten des Mundes, — nennen wir sie vorläufig Spinn- drüsen (Fig. 17). Die Geschleehtsorgane vaginulaartig, weibliche Öffnung zusammen 602 Heinrich Simroth, mit After und Athemloch. Von da zieht das Vas deferens subcutan, besser subepidermoidal nach vorn, wie bei Vaginula. Dem Penis fehlt eine Anhangsdrüse. Schlundring sehr eng. Das ganze Innere ohne Pigment. Das mag die anatomische Gattungsdiagnose sein. — Vom Einzelnen ist etwa Folgendes bemerkenswerth. Integument. Ein Querschnitt durch einen Atopos lässt den inneren Kontour der Haut beinahe als einen Kreis erscheinen, minde- stens als eine kreisähnliche Figur, deren senkrechter Durchmesser den wagrechten etwas übertrifft; da wo die Mantelorgane sitzen, kommt die Kreislinie fast völlig heraus, wenn diese Organe als zur Haut ge- hörig angesehen werden. Daraus ergiebt sich die verschiedene Dicke des Integumentes unter Betrachtung des äußeren Körperumrisses von selbst. Die Struktur der Cutis ist im Ganzen sehr einfach, viel gleich- mäßiger als bei einer Vaginula. Unter dem einschiehtigen Epithel liegt eine blasige Schicht, die unter dem Kiel am dieksten wird (Fig. 7—10); die ganze übrige Masse ist fein gleichmäßig spongiös, gewebt aus Binde- substanz und vereinzelten Muskelfasern von allen Richtungen. Sie werden etwas dichter an der Innenfläche, auch wohl unter der Epider- mis, und ein wenig in der oberen Umgrenzung der Sohlenfurche oder Fußrinne, da wo ihre Bündel bei Vaginula sich kreuzend mächtig an- schwellen. _ Die blasige Schicht ist hauptsächlich der Träger des schwarzen Pigmentes, das sich nur wenig mehr in die Tiefe erstreckt in die Spon- giosa, andererseits aber in die Tuberkeln oder Papillen und zwischen die Epithelzellen eindringt (Fig. 7 und 10 c). Es beschränkt sich ledig- lich auf die Außenseite des Notaeums. Die Blasen sind wohl zum Theil Schleimdrüsen, wiewohl man ihre engen Ausführgänge nur selten auf Schnitten findet, am meisten noch nach dem Rückenkiele zu. Eben so wenig findet man die großen Kerne darin, die den Schleimzellen der Fußdrüse u. a. eigen sind. Der Unterschied von den Hautdrüsen bei Vaginula ist aber principiell durchgreifend, in so fern als bei diesen sich das Epithel zu Drüsengängen einsenkt, um welche sich die Follikel in verschiedener Weise gruppiren. Davon kann hier keine Rede sein, diese so sehr charakteristische Komplikation ist nicht eingetreten. — Der Umstand, dass die Blasen nur ziemlich selten Inhalt zeigen, und dass die Schnecken im Alkohol keine Spur eines Schleimüberzuges haben, macht es beinahe wahrscheinlich, dass die Blasenschicht noch eine andere Aufgabe hat als die Sekretion. Und diese könnte sein, Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 603 _ einen möglichst elastischen Boden abzugeben für die Tuberkeln, falls diese Sinneswerkzeuge sind. In der Sohle ist die Spongiosa etwas abgeändert, in so fern als hier reichliche Muskelfasern bündelweise dem Epithel zustreben, unter dem sich das Gewebe verdichtet. Dass die Sohle wie bei Vaginula in feine Querleisten oder Soleolae zerfällt ist, wurde früher bemerkt. Auch kommt ein ähnliches Schwellsystem ins Spiel. Die Haut hat hauptsächlich drei venöse Sinus, einen oben in der Mittellinie (Fig. 8), und je einen in der Sohle oben seitlich. Von diesen gehen Äste nach der Mitte und unten zu (Fig. 7), Schwellung der Soleolae bewirkend. Und in der Wand dieses Sohlensinus liegen von Zeit zu Zeit Sphincte- ren, deren starke Ringmuskulatur einen fast völligen Verschluss ge- stattet (Fig. 7 sph). Dass die Sohle sehr schwellfähig sein muss, geht schon aus ihrer starken Einziehung unter die unteren Karten des Notaeums hervor; dabei ist die Kontraktion in der Mitte am stärksten, so dass ihre Seitentheile als zwei Längswülste vorragen (Fig. 5). Es ist doch wohl anzunehmen, dass beim Kriechen die Sohle so weit an- schwillt, bis sie aus dem Unterrande des Notaeums herauskommt. Dass dabei die Sphincteren von wesentlichem Nutzen sind zur Blutstauung, leuchtet ein, auch ohne dass der Gesammtmechanismus völlig klar liegt. Noch erübrigt das Epithel und die Tuberkeln. Auf der Sohle ist das erstere am höchsten cylindrisch, auf den Tuberkeln kürzer eylindrisch, in den glatten Zwischenräumen flacher, kubisch oder bis zur Verkümmerung abgeflacht (Fig. 10). Ähnlich schlecht ist es in den beiden Seitenbegrenzungen der Fußrinne entwickelt. Die Tuberkeln sind am schönsten sichtbar in den Hautschnitten des in Fig. 5 abgebildeten Thieres (Fig. 9 und 10)!. Sie bedecken das Notaeum in nur geringen Abständen. Sie sind zumeist die Träger der Pigmentanhäufungen, doch kommen ungefärbte überall zwischen den schwärzlichen vor (Fig. 6). Diese Papillen sind solide Zellanhäufungen, die von dem halbkugelig angeordneten kurzen Cylinderepithel bedeckt sind. Die Zellen scheinen ziemlich polyedrisch zu sein. Ihr Haufen verjüngt sich nach innen und unten, und tritt so zwischen den Blasen zur Spongiosa hindurch, die auch noch an den betreffenden Stellen eine gewisse Verdichtung zeigt. Die Epithelzellen sind dadurch merk- würdig, dass ihr äußerer Rand oft in einen kurzen konischen Zapfen ausläuft, der über den Kontour der Papille herausragt (Fig. 10 a u. b). 1 Herrn Dr. LEsxertT schulde ich Dank für freundliche Hilfe bei Anfertigung dieser Präparate. 604 Heinrich Simroth, Unentschieden musste es allerdings bleiben, ob die kleinen Zapfen getrennt zu je einer Zelle gehören, oder ob sie unter einander zu einer äußersten feinen Lage verbunden sind. Die Deutung muss, dem spärlichen Materiale zufolge, ungewiss bleiben. Man könnte fast an Klebzellen denken. Doch liest die Auf- fassung näher, dass wir es mit Sinneswerkzeugen zu thun haben. Es gelang nicht, Nerven aufzufinden, der Zartheit selbst der gröberen Stämme entsprechend (s. u.). Möglich ist es, wie gesagt, dass die Blasen der Blasenschicht zwischen den soliden Papillen zum Theil keine Schleimdrüsen sind, sondern geschlossene Räume, bestimmt, der ganzen äußeren Hautschicht, in der die Papillen sitzen, größere Elastieität zu geben, was die Wirksamkeit der Tastpapillen nur erhöhen könnte. Aufdie Bedeutung der Tuberkeln als Orientirungsapparat weist ein paralleles Vorkommen hinin der Fußrinne. Diese ist nur in dem ganz kurzen Abschnitt vorn rechts vom Kopf bis zum Athemloch im Querschnitt ein frei nach unten klaffender Spalt (Fig. 7). Im Übri- gen ist sie, so weit die Schnitte reichen, von besonderer Form, nämlich mit anliegenden Rändern der seitlichen Sohlenfläche und des Notaeums und einer Erweiterung des oberen Endes zu einem Kanal (Fig. 9). In dieser oberen Wölbung liegen nun, an der Außenseite ganz nahe der obersten Wölbung, in einigen Abständen von einander ähnliche, wie- wohl viel kleinere Papillen (Fig. 11 ka). Die dichte und feine Musku- latur, die hier unter dem Epithel hinzieht, verbietet jedes Suchen nach Nervenfasern in den Pikrokarminpräparaten. Diese Papillen messen höchstens 0,04 mm im Durchmesser; ihre versteckte Lage in der Fuß- rinne erlaubt kaum sie anders zu deuten, denn als Sinnesknospen, die wahrscheinlich im Dienste des Geruchs stehen, wenn in den Kanal der Fußrinne Luft aspirirt wird. Von hier aus aber folgt der entsprechende Schluss für die Papillen des Notaeums von selbst. In der Fußrinne wurden keine Drüsenzellen bemerkt. Wenn die Innenseite der Cutis glatt und muskulös aussieht, so muss auf eine eigenthümliche Verdickung bei A. Semperi hingewiesen werden. Hier findet sich wenig hinter dem Kopf auf dem Boden der primären Leibeshöhle eine Art muskulösen Knotens, der zu beiden Seiten in verschiedenen Bündeln in die Seitenhaut ausstrahlt (Fig. 19 a). Diese Bildung allein würde völlig genügen, um beim Öffnen den Atopos Semperi mit Sicherheit von den beiden anderen Arten, bei denen der Boden der Leibeshöhle ganz glatt ist, zu unterscheiden. Die Ereukung des Muskelknotens ist ganz problematisch. Die Fußdrüse kann eben so als speecifisches Merkmal benutzt Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 605 werden. Sie ist durchweg ziemlich kurz und, was wichtiger, als freier Sehlauch aus der Haut gelöst. Bei A. Semperi läuft dieser Schlauch, in dem der Ausführgang als Mittellinie durchscheint (Fig. 15), unten in einigen Knieckungen gerade nach hinten, bei A. Strubelli biegt sich das Hinterende (Fig. 14) nach vorn um, bei A. Leuckarti ist es nach hinten gerichtet, bei ähnlich unregelmäßiger Begrenzung des Schlauches. Die Fußdrüse ist aber keine einfache Drüse, sondern um ihr Vorderende gruppirt sich ein dichtes weißes undurchsichtiges Gewebe besonderer Drüsenschläuche oder -stränge, die, ohne eigenes Lumen, doch jeden- falls ein besonderes Sekret dem Fußdrüsenschleim beimischen, wie ich Ähnliches von einer verwandten Komplikation bei den Athoracophoriden berichten konnte (s. Beiträge zur Naturgeschichte der Nacktschnecken. Acta nova Ac. Leop. 1889). Die Stränge heften sich zum Theil mit muskulöser Basis seitlich am inneren Sohlenrande an (Fig. 7), so dass eine Art Septum gebildet wird, dessen mediane Achse die eigentliche -Fußdrüse ist. Dieser Ausführungsgang hat sehr verschiedenes Epithel, je nach den Abschnitten. Vorn, wo er am weitesten klafft, hat er unten flaches Platten-, oben dichtes Cylinderepithel (Fig. 7), weiterhin, wo die Stränge auch von unten sich ansetzen, ist er eine enge Spalte, die rings von Cylinderepithel begrenzt wird (Fig. 12), noch weiter hinten, in der eigentlichen Fußdrüse, zeigt er ein rundliches Lumen (Fig. 13), mit beträchtlicher Differenzirung des Epithels. Am Boden bilden cylin- drische Zellen eine Rinne, der an der Decke ein mehrschichtiges Polster gegenübersteht; seitlich verbindet beide abgeflachtes Epithel. Das Bild bleibt durch zahlreiche Schnitte unverändert. Die hohen Zellen der Rinne, an Zahl meist etwas weniger als in der Abbildung, in der Mitte am breitesten, seitlich gedrängt, scheinen Cilien zu tragen, doch ist davon nichts Bestimmtes mehr zu erkennen. Das Lumen ist theilweise von Schleimgerinnsel erfüllt, das sich zwischen Polster und Rinne aus- spannt. Die Sekretzellen sind groß und großkernig und rings um den Ausführungsgang gruppirt, dem sie sich zuwenden. Spärliches Gerüst- bindegewebe verräth sich durch kleine, flach gedrückte Nuclei. — Dass die vorstehende Darstellung nach Schnitten von zwei verschiedenen Arten kombinirt ist, schließt vermuthlich keinen wesentlichen Fehler in sich. Es liegt nahe, in dieser Fußdrüse etwas Anderes zu vermuthen, als ein reines Schleim absonderndes Organ, um die Bahn beim Gleiten schlüpfrig zu machen. Bei einer Vaginula-Art konnte ich bereits auf eine konische, vorstreckbare Mündung hinweisen, als eine Abweichung von der gewöhnlichen, breit klaffenden Spalte. Gleichwohl habe ich mich einer Konjektur zu enthalten, da weitere Anhaltspunkte, etwa 606 | Heinrich Simroth, Kenntnis von Nervenenden, fehlen. Man könnte die Drüsenstränge für die etwas verlagerten Stränge des Semper’schen Organs der Limaciden halten, die gleichfalls des Lumens entbehren. Doch ist das Aussehen ein ganz anderes, denn die Semper’'schen Drüsen sind durchscheinend wie gewöhnliche Schleimdrüsen, die von Atopos kreideweiß. Die Homologisirung ist um so schwieriger, als wir in den wenigsten Fällen wissen, welche von den Hautdrüsen epidermoidaler Natur sind, und welche von innen her durchbrechen, welche dem Ektoderm, welche dem Mesoderm zugehören. Am meisten scheint, wie gesagt, die Paral- lele mit den weißen vorderen Drüsensäckchen der Athoracophoriden gegründet. Die Fühler sind kurze Vaginulafühler (s. Fig. 16a u. 5, 17 u. 49). Der Ommatophor ist auf der medialen Seite geschwärzt, etwas nach außen liegt in hellerem Umkreise das Auge; auch reicht auf der Außen- seite der Farbstoff nicht bis zur Basis herab. Die vorderen Fühler sind zweilappig. Die Retraktoren entspringen an der seitlichen Sohlengrenze (Fig. 19), der linke etwas weiter rückwärts. Vorn gabeln sie sich, ohne dass man jeden Ast als zu je einem Fühler unmittelbar gehörig betrach- ten dürfte. Sie besorgen mehr die Einziehung des gesammten Kopfes. Leider muss ich es unentschieden lassen, ob die großen Drüsen, die ich ‘ vorläufig als Spinndrüsen aufgeführt habe, in den vorderen Fühlern münden, oder ob diese ihre besondere Drüse haben, wie bei Vaginula. Das letztere war mir am wahrscheinlichsten. Künftiges Material mag zur Klärung dienen. Die Spinndrüsen sind zwei Drüsen, die ihres Gleichen wohl bei keinem Weichthiere wieder haben (s. Fig. 16). Ihre Ausführgänge be- ginnen ziemlich weit und ziehen sich so neben der Fußdrüse hin; proximalwärts verengern sie sich zuerst mäßig, dann plötzlich sehr stark, und dieser feine Abschnitt ist sehr lang und vielfach geschlängelt (Fig. 20). Auch sitzt an ihm ein Muskel, der eine gewisse Ausstül- pungsfähigkeit des distalen Theiles anzudeuten scheint. Er entspringt vom Boden der Mantelorgane, wenigstens rechts, wo er verfolgt wurde. Schließlich folgt die weiße Drüse, von rundem Querschnitt, bei A. Leuckarti etwas gedrungener als bei den anderen. Sie sitzt an ihrem Gange in dem gegenseitigen Verhältnis, wie etwa das Gewicht einer Wanduhr an seinem Faden. Fig. 20 zeigt den außerordentlich feinen Anfangs- und den erweiterten Mitteltheil. Dieser, proximal mit einer plötzlichen Anschwellung (a) beginnend, hat bei engem Lumen ein kräftig gekräuseltes Epithel, das weiter abwärts an der erweiterten Stelle in zahlreiche Polster zerfällt. Fig. 31 zeigt unten die zahlreichen Papillen, von kräftigen Ringmuskeln umschlossen. Weiter abwärts | Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 607 scheinen die einzelnen Papillen oder Polster drüsig zu werden. Es ist also anzunehmen, dass einem reichlichen Sekret aus den eigentlichen Drüsen ein weiterer Stoff im Ausführgange beigemischt wird. — Die Bedeutung der Drüsen ist natürlich ohne Beobachtung des leben- den Thieres ganz unklar. Die Lage erinnert am meisten an die Spinn- drüsen von Peripatus, und es wäre denkbar, dass die Schnecke ihre Beute mittels Schleimfäden in ihre Gewalt bringt; doch ist jede andere Hypothese, etwa die von der Erzeugung eines schützenden Kokons, eben so zulässig. In der vorl. Mittheilung habe ich auch die Möglich- keit angedeutet, dass Giftdrüsen vorliegen. Jedenfalls sind diese Drüsen die eigenartigste Sondererwerbung unserer Gattung. Die Verdauungsorgane sind durchaus merkwürdig. Ein Kie- fer fehlt, Lippenwülste eben so. Vielmehr liegt die Mundöffnung als enges Loch auf der Spitze eines kurz vorgestülpten Hautkegels (Fig. 18 u. 22). An Stelle der Bucca ein enger Munddarm, wenigstens bei der Art, die mikroskopisch geprüft wurde (Fig. 22). Erweiterungs- fähig ist er sicherlich, wie aus Fig. 18 und 21 a folgt. An seinem Ende gehen nach oben Ösophagus und Speichelgänge ab, nach hinten ein weiter Radulasack. Auch dieser hat eine sehr auffällige topogra- phiscehe Beziehung. Denn die Buccalganglien, sonst unter dem Schlunde und auf dem Pharynx, liegen hier noch unter dem Radulasack, so dass dieser eine ganz besondere Richtung eingeschlagen und sich über der Kommissur zwischen den Buccalganglien durchgedrängt hat. Posi- tiv behaupten kann ich bei der Feinheit der Nervenzüge allerdings nur, dass die Ganglien unter dem Sacke liegen, es bleibt nicht ganz aus- geschlossen, dass ihr Verbindungsstrang über den Eingang desselben wesgreift. Unwahrscheinlich ist es namentlich nach Fig. 18, wo der Sack ziemlich weit beginnt. Dieser Radulasack hat die meiste Ähnlich- keit mit dem von Testacella, in so fern wenigstens als die Radula- scheide mitten darin eingeschlossen ist; sie steht sogar vom Hinter- ende noch weiter ab, als bei der europäischen Raubschnecke. Die Wand des Sackes ist dünner. Kräftige Muskelzüge entspringen im Inneren und verbinden sich unter einander und mit der Radulascheide zu einem ziemlich komplieirten System, das ich nicht völlig entwirrt habe (Fig. 22). Ein äußerer unpaarer Muskel entspringt am Blindende und zieht dicht unter dem Sack als feiner Faden zu seinem vorderen Beginn. Die Radula habe ich nur theilweise präparirt, aber hinlänglich, um das Raubgebiss zu zeigen (Fig. 23). Es versteht sich von selbst, - dass hier keine Zugehörigkeit zu den Testacelliden auf die Reibplatte gegründet werden kann. | Die Speicheldrüsen sind gewöhnlich. Bei A. Semperi (Fig. 24) 608 Heinrich Simroth, hängen sie kummetartig zusammen, bei den Amboinern trennen sie sich (Fig. 21.a)!. Der Ösophagus ist außerordentlich eng; er schlägt sich (Fig. 21) nach links und vorn herab, um mit den Speichelgängen durch den engen Schlundring zu treten. Nachher erweitert er sich ein klein wenig, so dass von einem Magen noch nicht die Rede sein kann, biegt, schwach geschlungen, bald nach vorn um und läuft, wieder stark verjüngt, zum Athemloch, wo er ausmündet. Bei A. Leuckarti ist der Mitteldarm überhaupt kaum erweitert (Fig. 25). Man kann hier nur von zwei Darmschenkeln oder -schlingen reden, anstatt, wie sonst bei Pulmonaten, von vier, und diese beiden Schenkel sind wieder außer- ordentlich kurz. An der hinteren Umbiegung der beiden Darmschenkel sitzt die einzige, unpaare Leber oder Mitteldarmdrüse.an, die für sich ganz allein die hinteren drei Fünftel der Leibeshöhle oder noch etwas mehr ausfüllt. Ein regelmäßiger Sack von dunkler Farbe bei A. Sem- peri und Strubelli, trägt sie rings feine kugelige Ausstülpungen als einen Zottenbesatz (Fig.21). Sie hat ein weites rundes Lumen (Fig. 21 b), und in dieses wird die gesammte Nahrung aufgenommen. Bei A. Leuckarti (Fig. 25) ist die Mitteldarmdrüse hell und gröber unregel- mäßig gelappt, eins der besten Artmerkmale. Der Inhalt der Mittel- darmdrüse bestand bei A. Semperi aus schwarzem, humösen Pflanzen- detritus mit vereinzelten Pilzhyphen, bei A. Leuckarti war es ein weißer Brei, der aus reiner Pilz- oder Fleischmasse bestehen mochte. Mit an- deren Worten, die Thiere stehen auf der ursprünglichsten Stufe der Landthierernährung, die zwischen Moder, Pilzen und Fleisch schwankt. Ich gestehe, dass mir der Fressakt wenig verständlich ist. Ohne die große Radula würde ich ein saugendes Schlürfen annehmen‘. Die hohe Bedeutung dieser Form des Nahrungskanales leuchtet wohl jedem Kenner ohne Weiteres ein. Auf die Anzahl der Mitteldarm- drüsen mag nicht viel zu geben sein, so schwankt sie bei Onchidium zwischen zwei und drei, und bei manchen Pulmonaten verschmelzen die beiden Lebergänge zu einem. Aber dass die Verdauung innerhalb i Hier ist nächst den Mantelorganen vielleicht der stärkste Unterschied gegen- über Vaginula. Bei dieser liegen die Speicheldrüsen vor dem Schlundringe nach Art der Opisthobranchien, bei Atopos treten die Speichelgänge durch den Schlund- ring wie bei den Pleurommatophoren. 2 Besonders interessant ist mir in dieser Beziehung, was HEUDE von seiner Rathouisia sagt (l. c.): »Elle se nourrit exclusivement de proies vivantes, Helices, Ambrettes, Bulimus etc., quil devore par succion, au moyen d’un trompe r&- tractile.« Da H. von der Radula nichts sagt, wird nicht klar, wie man sich deren Verwendung zu denken habe. Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 609 dieser Darmausstülpung, oder wenn wir so wollen, innerhalb der embryonalen Darmhöhle statt hat, ist äußerst charakteristisch. Ftir mich ‚besteht kaum ein Zweifel, dass diese Topographie und Physiologie auf die Opisthobranchien hinweist, und zwar auf die Gymnobranchien, resp. die Cladohepatiker, wenn auch nicht unmittelbar. Man lasse sich die in die Rückenanhänge eines Aeolidiers eintretenden Ausstülpungen etwas verkürzen, und man hat die von Atopos. Dessen Munddarmbildung ist allerdings eine Sondererwerbung, die ohne Parallele dazustehen scheint. Die Genitalorgane bewiesen zunächst, dass die Thiere erwach- sen waren. Sie sind in ihrer Anlage durchaus vaginulidenhaft, ohne dass mir eine völlige Aufklärung gelungen wäre. Bei A. Semperi ist die Zwitterdrüse in eine Anzahl Follikel zerspalten, deren einzelne Kanäle sich zum Zwittergang sammeln (Fig. 27), bei A. Leuckartii ähn- liche Zerklüftung, ohne besondere Gänge (Fig. 28), bei A. Strubelli mehr eine einheitliche Masse. Zwittergang bei A. Semperi weiter unten an- geschwollen (bez. eng geschlängelt), bei A. Leuckarti gleichmäßig eng. Spermatocyste nierenförmig, verschieden groß. Eiweißdrüse ete. waren schwerer zu verfolgen, da sie bei der durch trübe Wintertage ver- längerten Untersuchung bald aufquollen. Der Oviduct bei A. Semperi am weitesten, bei A. Leuckarti am engsten. Receptaculum kugelig. Einen Gang vom Vas deferens zum Receptaculum nachzuweisen gelang mir nicht mit der wünschenswerthen Sicherheit. Der Genitalporus unmittelbar mit dem Athemloch zusammen. Der Samenleiter tritt hier in die Haut ein und bald dicht unter das Epithel (Fig. 7), das er ein wenig hervorwölbt. So zieht er nach vorn bis zur Wurzel des Penis, tritt hier heraus, schlängelt sich wie bei Vaginula und geht zum blin- den Ende des Penis, der ja weiter nichts ist, als der erweiterte Samen- leiter (Fig. 19 a). Er ist hier ein einfacher kurzer eylindrischer Schlauch, an dem der Retractor etwas vor dem Ende anfasst. Seine andere In- sertion liegt am seitlichen Sohlenrande, neben dem Fühlermuskel. Das Lumen der Ruthe liegt nicht central, sondern stark excentrisch, und die diekere Hälfte ist an ihrem freien inneren Rande unregelmäßig zackig, einer Säge mit steilen Zähnen ähnlich. Anhangsorgane, Penis- drüse und dgl. fehlen. Der Schlundring (Fig. 26) hat ein sehr primitives Kusschen Alle seine Ganglien sind so nahe an einander gerückt, dass weder von Kommissuren noch von Konnektiven etwas zu sehen ist. Ja, es bleibt nur eine ganz feine Öffnung für den Durchtritt des Ösophagus. Dabei ist das ganze Centrum in die Länge gestreckt. Die birnförmigen Cere- bralganglien stoßen zusammen; die vorderen Ganglien der unter dem Schlunde gelegenen Masse scheinen die Pedalganglien zu sein, dahinter 610 Heinrich Simroth, als ähnliche längliche paarig angelegte Masse die Visceralknoten. Zwi- schen ihnen und den Pedalganglien die Gehörblasen mit den zahlreichen Otoconien der Pulmonaten. Von der auffälligen Lage der rundlichen Bucealganglien ist oben gesprochen. Als möglich muss ich es gelten lassen, dass das, was ich als Pedalganglien deutete, die Pleuralgan- glien sind, und dass die hintere Masse die verschmolzenen Fuß- und Eingeweideknoten darstellen. Die Mantelorgane, Herz, Lunge und Niere, wozu noch eine Schleimdrüse tritt, sind von kreisförmigem Umriss und reichen vom rechten Sohlenrande bis herüber zum linken. Das Athemloch ist ein feiner Spalt von ziemlich | mm Länge, genau in dem oberen Umschlag der Fußrinne. Über einige Punkte, Nierenporus und Nie- renspritze, bin ich nicht ganz ins Klare gekommen. Um eine gute Schnittserie zu gewinnen, muss man die Radula herausnehmen, deren Zähne mir von Testacella her in unliebsamer Erinnerung sind. Ich öffnete zu dem Zwecke von links her, wie bei der Sektion, wobei eine Durchtrennung der Niere und Lunge sich kaum vermeiden lässt. Wer künftig hier völlig aufräumen will, möge von der Sohle aus ein- gehen! Groß sind die Lücken nicht, die mir bleiben. Immerhin wäre gerade hier, wo es sich um die strittige Auffassung der Verhältnisse von Vaginula und Onchidium handelt, absolute Durchsichtigkeit er- wünscht. Die Niere, gelb und trabeculär, nimmt fast den ganzen Umkreis ein (Fig. 19a u. 21), nur die untere Stelle am Athemloch lässt sie frei. Hier liegt als weißlicher Sack die Lunge; die Herzvorkammer wendet sich aber anscheinend mehr der Niere zu; von ihr aus lagert sich am Hinterrande der Lunge, zwischen dieser und der Niere, ein dichterer Körper, die Schleimdrüse. Niere und Lunge haben in ihrem Bau die größte Ähnlichkeit, anders als etwa bei einer Helix oder dergl. Beide sind gekammerte Säcke, in die von der Wand aus Balken, bez. Blätter vorspringen. Die Kammern der Lunge sind freilich viel weiter und gröber als die der Niere, vielleicht um das Dreifache, aber der Grund- plan ist derselbe; nicht bloß ein gefäßreiches Netzwerk an einer Wand, sondern die Flächenvergrößerung der Wirbelthierlunge (s. Fig. 29). Auch ist die Differenz in den Abständen der vorspringenden Blätter ungleich geringer als bei Vaginula. Da ein besonderer, neben der Lunge aus- mündender Ureter zu fehlen scheint, so möchte ich in der That kaum Bedenken tragen, diese Lunge als einen umgewandelten, blutreichen und nicht mehr secernirenden Nierenabschnitt zu betrachten, wie ge- sagt, aber bloß diese Lunge. Und v. Inzerıne’s Nephropneusten mögen hier Geltung behalten. Über das Vaginulidengenus Atopos n. o. 611 Im Einzelnen Folgendes. Die Lungenblätter tragen ein nie- driges Cyinderepithel (Fig: 30), möglicherweise wimpernd, was nicht sicher mehr zu konstatiren war. Ihre bindegewebige Basalmembran ist kaum wahrzunehmen; und die frei vorspringenden Blätter werden einzig von zwei Epithelschichten gebildet, die vielfach aus einander weichen, um sinuöse Blutlücken zu lassen. Die Zellen der Niere sind etwas höher, ihre Kerne rundlicher; hier und da, verschieden dicht, die Harnsäurekonkremente. Seltener weichen in vorspringenden Blät- tern die beiden Epithelien aus einander. Die Schleimdrüse, die sich auf der Hinterseite zwischen Niere und Lunge einkeilt, besteht, ähnlich der Fußdrüse, aus gleichmäßig gehäuften, großkernigen Schleim- zellen. Am Herzen sind Kammer und Vorkamme:r fast gleich stark mus- kulös, und auf Schnitten kaum zu unterscheiden. Im Aortenanfang steckt Blutgerinnsel, das in der Leibeshöhle nicht auffällt, während - Vaginula meist um den Magenstiefel, seltener vorn neben dem Peri- card, dicke krümelige Gerinnsel in der Leibeshöhle anhäuft. Von den venösen Hauptsinus ist schon gesprochen, man bemerkt noch mancher- lei Lücken in der Haut, wohl auch größere Spalträume in der Begren- zung der Leibeshöhle, wie in Fig. 8. Schale, Schalentasche oder Mantelhöhle durchaus fehlend wie bei Vaginula. — — Wer einige präcise Anhaltspunkte für die Artbestimmung wünscht, mag sich etwa an Folgendes halten: A. Semperi. Auf dem Boden der Leibeshöhle nahe dem Vorder- ende ein starker strahliger Muskelknoten. Fußdrüsenende nach hinten gerichtet. Mitteldarmdrüse mit zahlreichen kleinen Fol- likeln besetzt, dunkelbraun. A. Strubelli. Boden der Leibeshöhle glatt. Fußdrüsenende nach vorn umgebogen. Mitteldarmdrüse wie bei der vorigen. A. Leuckarti. Boden der Leibeshöhle glatt. Fußdrüsenende, wie bei A. Semperi, nach hinten gerichtet. Mitteldarmdrüse mit wenigen flach eingeschnittenen Lappen, hell weißlich braun. In Summa zeigt sich Atopos als ein echtes Vaginulidengenus. Das Notaeum, die Soleolae, die Kopfbildung, die beiden Fühlerpaare in ihrer Verschiedenheit sind eben so sichere Zeugnisse wie die Beschaf- fenheit der Genitalien und der subeutane Verlauf des Vas deferens von der weiblichen Geschlechtsöffnung bis zur Ruthe. Besondere Erwer- bungen sind der Mangel des Kiefers, der große Radulasack, das Testa- cellidengebiss, die Spinndrüsen, der Mangel der Penisdrüse so gut wie die gekielte Form des Notaeums. Dabei steht Atopos dem Ursprunge Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. 44 612 | Heinrich Simroth, der Vaginuliden bei Weitem näher als Vaginula; das folgt aus der Topographie der Mantelorgane, aus der vorderen Lage der Athemöffnung und des Afters, aus der einfachen Beschaffenheit der Hautdrüsen und nicht zum mindesten aus der unpaaren und in ihrem Hohlraum die Verdauung besorgenden Mitteldarmdrüse. Vaginula hat gleichfalls bis- weilen solche Leberverdauung, wobei der Chymus in die Lebergänge aufgenommen wird. Ich konnte es von einer Art bekannt machen (siehe »Über einige Vaginula-Arten. Zool. jahrb. 1891) und habe inzwischen weitere Beispiele gefunden. Wer Atopos als Ausgangspunkt allen lässt, für den gruppiren sich die Gattungen Vaginula und Onchidium ziemlich selbstverständlich herum, die Gattungen mit ähnlichem Notaeum, ähnlichen Fühlern (bei Onchidium schwankend), und gleicher Penislage. Bei Atopos sind die weibliche Öffnung, der After und die Lungennierenöffnung (vielleicht als ein einziger ursprünglicher Nierenporus) zusammen vorn geblieben. Bei Vaginula bleibt der weibliche Porus vorn, aber die Lungen-After- Kloake ist ans Hinterende gerückt, — bei Onchidium auch der weib- liche Porus, so dass hier der Gegenpol von Atopos erreicht wird. Mir will scheinen, als wenn sich die Stufen im Einzelnen noch verfolgen ließen. Die typische Anlage von Vaginula ist die, dass der vierte Darm- schenkel mit dem Oviduct zur Haut zieht, und dass sich hier der End- darm unter rechtem Winkel nach hinten umbiegt und innerhalb der Haut bis ans Hinterende läuft, die Lungenöffnung mit sich nehmend. Durch Semper haben wir aber Fälle von neotropischen Vaginulae kennen gelernt, bei denen der vierte Darmschenkel gar nicht mehr nach dem weiblichen Porus geht, sondern ein Stück dahinter, bis zu 4 cm, in die Haut eindringt. Srmrer verwendet es als Artmerkmal. Ich glaube, man darf den ersten Schritt zur Bildung von Onchidium darin sehen; der Darm ist ursprünglich nach dem weiblichen Porus gegangen, hat sich aber eine Strecke weit aus der Haut herausgelöst. Schreitet diese Loslösung fort, bis gar kein Darmstück mehr in der Haut steckt, sondern der Mastdarm kurz zum After durchbricht, dann ist Onchidium erreicht. Aber auch der weibliche Porus kann schwanken. Seine genaue Lagebeziehung, durch exakte Messungen nach Herynemann’s Methode festgestellt, giebt einen der besten äußerlichen Speciescharaktere. Und doch kenne ich mehrere Arten, bei denen die Lage des Porus be- trächtlich schwankt, so dass ich z. B. ein Exemplar der Vaginula nata- lensis nach äußerer Untersuchung bestimmt für eine neue Art hielt, weil der weibliche Porus weit zurückverlagert war. Das wäre wieder eine Etappe zur Onchidienbildung. Über das Vaginulidengenus Atopos n. g. 613 Der Weg, der von Atopos zu Onchidium führt, wird demnach von dem Darm und der weiblichen Öffnung verschieden zurückgelegt. Zu- erst wohl verlängert sich der Enddarm und zieht in der Haut nach hinten zu einem terminal gelegenen After, zugleich mit der Lungen- öffnung. Nachher verschiebt sich der Genitalporus nach hinten, und damit tritt der letzte Darmschenkel, der sich noch an den Oviduct hält, eben so später in die Haut ein. Dann eilt dieser Darmschenkel wieder voraus, indem er sich immer mehr aus der Haut löst, und schließlich folgt der weibliche Porus allein nach. Ich glaube, man kann selbst noch eingehender verfolgen. Jene neotropischen Vaginulae, bei denen der Darm vom Oviduct entfernt in die Haut tritt, haben zum Theil ein breites helles Mittelfeld auf dem Rücken, und dieses hat eine unsymmetrische Ausbuchtung in das rechte dunkle Feld an der Stelle des darunter liegenden Pericards. Fast die- selbe Rückenzeichnung, helleres Mittelfeld mit Ausbuchtung über dem freilich etwas weiter zurückliegenden Herzbeutel, findet sich aber bei einigen flachen Onchidien, die vom Wasser entfernter, wenigstens nicht in unmittelbarer Berührung mit der Brandungswelle, auf den Mangrove- wurzeln sich aufhalten; Max Weser hat sogar ein solches in einer Fluss- mündung, also wohl in süßem oder doch brakischem Wasser gefunden. Die Onchidien dieser Gruppe aber haben noch eine relativ schmale und so zu sagen trockene Sohle, die wie bei Vaginula in feine Quer- lamellen oder Soleolae zertheilt ist. Umgekehrt ist bei jenen plumpen Formen, die mit ihren kräftigen Hautkiemen mehr den Aufenthalt unter Wasser verrathen, die Sohle zu groben Blasen geschweilt. Das Alles sind Dinge, die künftig genauer erörtert werden sollen. Ich behaupte keineswegs, in dieser Ableitung unmittelbar die phylogenetische Entwicklungsreihe aufgedeckt zu haben. Vielmehr würde ich selbst gegen eine derartige direkte Ableitung Verwahrung einlegen. Jede der drei Gattungen hat ihre Besonderheiten, — um die Haut nur zu nennen, Atopos die Färbung und die einfachen Drüsen, Vaginula die Epitheleinsenkungen, Onchidium die kompliecirte Tek- tonik der Drüsen, Rückenaugen, Kiemen ete.; — oder die männlichen Endwege, Atopos hat den einfachen Penis, Vaginula zierliche Penis- skulptur und die quastenförmige Penisdrüse, Onchidium entweder einen Penis ohne Anhänge oder mit eigenartiger unverzweigter Drüse. Man kann also sehr wohl den Penis vieler Onchidien auf den von Atopos zurückführen, aber nicht durch die Vaginulaform hindurch. Vielmehr bedeuten jene Etappen weiter nichts als die Wege und Richtungen, welche die Vorfahren einschlugen, um in einer reichen _ Kette die verschiedenen Extreme aus einander abzuleiten, in einer 41% 614 Heinrich Simroth, Kette, als deren zersprengte Glieder wir die jetzt lebenden Genera anzusehen haben. Gegen die Herleitung der Onchidien von Landthieren, wie sie be- kanntlich auch Beaen vertritt, wird Mancher ihre ontogenetische Ent- wicklung geltend machen, denn sie haben beschalte Larven, während Vaginula eine direkte Entwicklung durchmacht (selten auch vivipar, wie ich hinzufüge). Von Atopos wird wohl Ähnliches vermuthet werden dürfen, dem Landaufenthalte entsprechend. Dass man die Larven der Onchidien mit denen der Auriculaceen verglich, lag nahe, bei dem üb- lichen System, welches sie und die Onchidien nachbarlich an die Pulmo- naten anzuschließen pflegte. Man wird jetzt vielleicht weniger Einwände erheben, wenn wir die Beziehung vielmehr bei den Gymnobranchien suchen wollen, für welche ja die gleichen Larven charakteristisch sind. Es ist nun nicht zu leugnen, dass diese Entwicklung der auf den morphologischen Vergleich gestützten Ableitung entgegensteht. Doch scheinen mir die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich. Man könnte annehmen, dass die Landeinwärtsbewegung der Urform, die zu Atopos und Vaginula führte, noch nicht weit gegangen war, als in der ange- deuteten Weise die Onchidien sich differenzirten, nach dem nahen Strande zurückwandernd. Wäre selbst der Gedanke zu phantastisch, dass eine marine Jugendform, die bei der Anpassung an das Land- leben unterdrückt war, bei der Rückanpassung an den Meeresstrand wieder zum Vorschein kam? Sie lax doch wohl noch immer im Blute. Die hier sich aufdrängende Idee, die Vaginuliden möchten direkt von Opisthobranchien stammen, lässt den Blick weiter schweifen, zum mindesten zu den Athoracophoriden oder Janelliden. Bei ihnen brachte mich seiner Zeit eine Reihe von Besonderheiten, die Fühler, die gespaltene Zungenpapille, die Spermatoeyste, die Mantelorgane, die Muskulatur, die Ernährung u. A. auf die Vermuthung, auch sie möchten mit dem altumgrenzten Stamme der echten Landpulmonaten oder Stylommatophoren in keiner direkten Beziehung stehen, sondern gleichfalls von Hinterkiemern auf eignem Wege entsprosst sein. Ich wage mich vorläufig nicht darüber zu äußern, wie weit die Wurzeln der Vaginuliden und der Athoracophoriden von einander entfernt ge- wesen sein mögen. Immerhin scheint es jetzt erst recht rathsam, diese beiden Familien zusammenzufassen und sie als Mesommatophoren den echten Stylommatophoren, die nunmehr Pleurommatophoren heißen sollten, gegenüberzustellen. Für Atopos war darauf hinzuweisen, dass seine Ernährungsweise die alterthümlichste ist, die wir bei Landthieren überhaupt kennen; Janellen, die Farnkrautschuppen fressen (nach früherem Befund), Über das Vaginulidengenus Atopos n. 2. 615 dürften gleichfalls recht alt sein. Da legt denn das gemeinsame Vor- kommen und die räumliche Beschränkung der Athoracophoriden und des Atopos den Gedanken nahe, die Schöpfung der Mesommatophoren möge mit dem alten südöstlichen (malayisch-australischen) Jurakonti- nent in Verbindung stehen. Leipzig-Gohlis, 2. März 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXVLI. Fig. 4. Atopos Semperi n. sp. Mindanao. Vergr. 2/1. a, von links; 5, von unten; e, Querschnitt. Fig. 2—5 von Gunung, Carbau, Hilu, Amboina. Vergr. 2/4. 2. Atopos Leuckarti n. sp., von rechts. Fig. 3. Atopos Strubelli n. sp., von rechts. 4. Ein jüngerer Atopos unbestimmter Art, von rechts. . Ein Atopos unbestimmter Art von unten, Kopfende links. . Hauttuberkeln eines Atopos. 7. Hautquerschnitt von A. Semperi, rechts unten vorn, von vorn gesehen. HARTNACK, Oc. 3, Obj. 4. fd, Fußdrüse; s, Blutsinus; sph, geschlossener Sphincter des unteren seitlichen Hauptsinus; vd, Samenleiter. Fig. 8. Rückenkiel aus demselben Schnitt. s, Sinus. Fig. 9. Hautquerschnitt von Fig. 5, rechts unten, hinter der Lungenöffnung. Fig. 10. Hauttuberkeln desselben Thieres. HarTnack 3/7. a, Schnitt durch ein pigmentfreies Tuberkel; b, Tangentialschnitt durch ein eben solches; c, Schnitt durch ein pigmentirtes. Fig. 44. Schnitt durch die Fußrinne. Dieselbe Vergr. Lage symmetrisch zu Fig. 9. kn, Tuberkel. Fig. 42. Schnitt durch die Fußdrüse von A. Semperi, etwas weiter hinten als Fig. 7. Harrtnack 3/4. Fig. 43. Schnitt durch die Fußdrüse von Fig.5 weiter rückwärts. Harrnack 3/7. Fig. 44. Fußdrüse von A. Strubelli, schwach vergrößert. Fig. 15. Fußdrüse von A. Semperi, eben so. Fig. 16. Fühler, Fußdrüse und Spinndrüsen von A. Semperi. jd, Fußdrüse. Rechte Spinndrüse mit Retraktor. Fig. 17. Rechte Fühler von A. Strubelli. a, von rechts, 5b, von links. d,, Öso- phagus; rs, Radulasack; gl.b, Buccalganglien. Fig. 18. Derselbe Pharynx, weiter nach vorn freigelegt. m, Muskel des Radula- sackes. Fig. 49a. Fühler und Kopfretraktoren von A. Semperi. b, rechte Retraktoren und Mantelorgane desselben; p, Penis; rp, Penisretraktor; vd, Samenleiter;; ra, rech- ter Kopf- oder Fühlerretraktor; n, Niere; /, Lunge; sh, Schleimdrüse; ha, Vorkam- mer; hv, Kammer des Herzens. r m ar yQ 3a uQ on we 616 Heinrich Simroth, Über das Vaginulidengenns Atopos n. 8. Fig. 20. Proximaler und mittlerer Theil des Ausführganges einer Spinndrüse von A. Semperi. dr, distales Ende der Spinndrüse; a, Ampulle, mit welcher der distale Theil des Ganges einsetzt. Harrnack 3/4. Fig. 241. Verdauungs- und Mantelorgane von A. Strubelli. rs, Radulasack, sp,Speicheldrüsen ; !b, Mitteldarmdrüse; hv, Herzkammer; ha, Vorkammer; n, Niere; l, Lunge; 5, Querschnitt durch die Mitteldarmdrüse Ib, Fig. 22. Mundwerkzeuge von A. Strubelli. o, Ösophagus; sp, Speichelgänge; gl.b, Buccalganglien; r, Radula; m, Muskel des Radulasackes. Fig. 23. Theile der Radula von A. Strubelli, links eine losgerissene Längsreihe von der Seite. Fig. 24. Speicheldrüsen von A. Semperi. Fig. 25. Darmstück und Mitteldarmdrüse von A. Leuckarti. Fig. 26. Schlundring von A. Semperi. ot, Otocysten. Fig. 27. Genitalorgane von A. Semperi. Fig. 28. Dieselben von A. Leuckarti, etwas gequollen. d, Enddarm; zd, Zwit- derdrüse; spec, Spermatocyste; rec, Receptaculum; vd, Samenleiter. Fig. 29. Theile eines Schnittes aus den Mantelorganen von Fig. 5. a, schwächer, b, ein Stückchen stärker vergrößert (Hartnack 3/7). 1, Lunge; n, Niere; sh, Schleim- drüse. Fig. 30. Schnitt durch die Mantelorgane desselben Thieres, gerade durch die Öffnungen. 1, Lunge; od, Oviduct (Vagina); vd, Samenleiter. Fig. 34. Schnitt durch den mittleren Theil des Spinndrüsenganges von dem- selben Thiere. Oben ist derselbe Gang weiter proximal noch einmal getroffen. HARTNACK 3/7. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipziz m g # T - Zeitschrift miss Zonl.BdLl. IAEN Te Bee ___ 7. Verlag Wilh.Engelmann in Leipag Lil Anstar2 Alırdeläpag. Zeitschrift f wis Nena INES. ee sur br Jith_Anst.v.Werner & Winter Frankfurt”?M. Mafh del Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bd. LI. Jitk Aust. vWermer k Mihter Frankfart®M. Verlag wWilk. Engelmann, Ennzig T 7 IV „4% = N RR re a 7 Zeitschrift Fwiss. Zoologie. Bd.LH. ıih, Anst vWerner aWinter Prankfirk@nf Zeitschrift fıı Taf Va Zeitschrift fwiss. Zoologie. Bd. LI. r duh Anst w Werner 4 Winter Franiklarte Vr. 1 g2 Il 2a Zeitschrift £ wiss. Elbnalm Eurolmien? uLNeoLNM ANRGLUMIERN I Verlag vw W Taf TI. Fig.21. ne ee, Dr DG 3 Q ST IB > D Ä AT 8 0 TER | fi RE I Wer e DG f = Se 9%. De N CKD % > =] A Br = r un N u e HJ Sal) ©) € _ o E x ©- 6.0. Fig24 : N ee H6 >, SER zeig I —— 2 — __— r An M E Er: Zeitschrift TroissZool Bd. LI, u m ug Bu aaa” ns #09 °00 eo 9üca ge e Bee itup : | Zeitschrift fwis Taf VI. OL. | ar OD. Fig AT. Ser | N % a X > ST ERS : ee ae“ : « > nn 2 I „. > a .. > 5 ° 6% h E z “ — ( ZR .r = + nr a > : [ > Ay 7 x F & SR Ä € © Je 3 = A e £ : i | = ' = ; Na A RM ® S SE A Ra N EIR = $ \—% LM - of d 2 4 43% © > Fig.31 S ; Pr . o: 22 u r r en ” x 2 ; SE i : S _N.H | S = ® 5 s.® SER Oo 89 5 IS 5 ; 3 os —— 277 = >E ns eensrernm > 32 s47- .. » ” » ” =“ r = = ..d ” x BB —» A ., >. = ...\ PL ._.,. us 2. . Pr Ya 5 = ar ur we „ler —— + EB . E > . _ ’, £ 5 > S__ se mr | Fr W En en, Do ——-n = Douy 104 7 ih. Anst. v. Werzer &Wi Zoologie. Ball. Initschrift Knass. Zoologie. Ba. LU. Taf X. er © We, lt]. ehe RETTET vr SZ je71 Verlag w HER. Ergelsann, einzig XI: Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Ba. LI. a zw FE ee a Du nz ET ra Zul Due 22 a a Oi N a Fame le "Hl OT u am ae nn in nn nn da u BD uk ala il Ha a u nn 0 9, 2 an u u. 23 9 le DS Mn DS ZT Y\ A] nn av N Taf: AN. Julh. Anstr Werner Ahintar Fraskherl Zeüschrift fwıss. Zoologie. Ba.LH. Taf. X ID wi N DIITESTELLIDITEREENTENTETTT 2 ED N 8. ur 10. 0Q 000 = $ u: u > S = > S | | Se 7 7 = Sn-——E = : £ 19 Hg H- 30:31 BETT ZSRI R Kn- An --Vst | Be 7 HE 18. 10 20. 21. 22. 55 = f 2 3 } 4 Ek xf} N (y | () (} N -K 2 71- B Do ns zHls : ı: T u = 5 7% E ze ı 5 were, FAR 5 4 ek sg -Af | Hl Bor, 005 06.. 070028 23 H- -—Ek ER ER ER „EK 2 2 -Ek AR Pi u e: eS--V ® | E32 | | | | | Zeitschrift f.wıss. Zoologie. Bd. LI. TaE RE | ed 70H 432..33. 44 45. 36 53.: 32. eV Re An An = er X ==) ir en Pas za TE MAN A © Vrx zılEr in | Ba 59.60.61: 6263. 1.54.55. 56 | | zn... .0_ H-\ Ek. -Ek,Ek _Ek / 1 = = EEE Is 7 | a | | —. &y > \ Ze ı #1 g A \g 72 73. -Z2 z5\ N s VRR N —S \/ | H iz ER | ES ]1 ) Rn = | ey ra et ı en | FH S Y 5 7 3 | z H- I# | er So & N & 0% NN © t ä ı H } > n | ; ES, Fer u, a], BERGE 7/8 zo u ar ar a Be Vst- wi ı 1 T Ey u \ Ast oz \ Dr rR z % ! N 17 n I Hl 2 l er i EA v-\ v | i | Zeitschrift l SO. Taf: XV. Zeitschrift Kwiss. Zoologte. Bd. LU. 91. 92. Sb. 95. 97. af VE 14238 ,97% Zum Aust werter 4 Worter. PanKREEN Taf KUH: 2O. Zeitschrift Ewıss. Zoologie. Bd. LH. To: aan ni; eu, = eR NNRF = > S 30 Sc 0P To } (> vw ve \ ML )) Taf XVD. 7 NUN. ( 7 3 a Tal Wern: ) [A ‚hıth. Änst.w Zeitschrift Kuss. Zoologie. Bd. LI. Taf XVH. 50 0009090925 NV 290929993583 UHR 090052 2 Agacpe SR MOLErtei2e dan, wraupste) Crer 930 "8 2% beten Frankfar Hl Taf. AEX: Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bd. LH. Taf XIX Bu; 30. IS S in S | In Ss | N N N N NR NR an N dur Ant velfernar a Minter Brankfur TEE NENE Cl Zeitschrift f wıss. = en & Zar Ares vhlrmar a Wertng Frnkfeg f Zeitschrift Ewrss. Zoologie. Ba. Lil, = Ri = Y. > Fi = a - r=-_0% Be Om sup. BG, Pl.chor sup. e r « > Br. FiHE, At, E Ah: # Yu pl chorulV Z I Pl.chormed.. ne Pl.chorkem PART Plschorsun [A Ltemp.' A PL chor mt“ N Alchen sun &h. - Lint! an Com: ad ‚Uh . ee Leogpe r An! Comsup. g { ht PAR UN j N \} Plehorsup ls WE Pchorhem d — \ lom:post ‘ 4 Ph: \ / . Vn Cbl. Mh n f N 7/1 Plchon in! 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