ne m ine rer a Bun nn nn en Mu Ent ie Dr — une u astra bes mn nn ne in he tan na in Sana ha eg Fa An RÄT Pa 1 Ace Pie N BE een eu u De an Mn Den nn mt m a en ne Rn a ann a En Bu A Pi Wen nn nF A nn E a et Ten ur Pr Fr nn 5 on — . r nn Ye N u. ” - nn “ m 6 e Fe Fe Leite nn TE un Don n net AT a A a nm ns - ES Du ee en un ten wann a nn a ne nn en ren. BE EVER 5.3 Fr a nn nn et nn m en a nn en ee em Va A Te mn en rn Male nn a nn u a N ne a ne he hemmen ee . 7 u Sat nn ee bee he aa nn u N Te An - m 1 u nat an ae rennen f un en, hu a ar m eg re A Mr n . Le n0x ° EN - na - Fat “ ar = . i E Der n Sms > ni . mis ne Rx De a _ unnen e/ Re . j une n 5 MM u wu. urn ame Las . S En Arge " r nn wa a ve 77 Dr 2 nannte . “ . De jr u “” nn en Peg ER mi u“ - Run m oma . ® ie et ee I £ + de TR i D ‚ Re Nee Fang TR FI B AR se tet Bo ne ae EB a I nr en. ee nee N et ee nam um en je en tee uumr- een un r. n i ‘ i ö u r * on Yu: = “. Be.) Fa re en R PaREpR iu FRE A en or ee eh a re ne ER: 5 . rm Arne kenn a Eee re ee Dane ee a dena rt « u ei a nn genen er rn a gie hen namen a nn rt u ea Eee Te re me ee ee Fr nn Me er he Bier Mahn der peeudenamremgenen Fa Er - rn de nn dk tn ine ge ee en er n z . va Pr een .- - ne “ Ka ra yarana,m.e Eye « “ Bi En ht KETTE u TE TE rn a RE ee re Bi protein u pi gen ng, ET TR FE ee ey — ed wm ee FT an Aether nn N . A . ” - u pi} . are 4 . ” Pe “ ” I. vi . H e : 2 Fi / &r Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universitätzu Göttingen. Vierundfünfzigster Band LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1892, ® EN. ILER Ri N KR L. r % Sp Be ENTER ET nr ii KUREN Re: Inhalt des vierundfünfzigsten Bandes. IINNNNDNN Erstes und zweites Heft. Ausgegeben den 15. Juli 1892. Seite Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der In- sekten. III. Specielles und Allgemeines. Von H. Henking. (Mit DE SR und 19, Holzschn.) 2.0 a a el Die Spongien der Adria. II. Mittheilung. Die Hexaceratina.. Von R. v. Lendenfeld. (Mit Taf. XI.) ß 5 RER Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. VonN. ve Sdelunse. (Mit Taf. XIV, XV und 4 Holzschnitt.). . .... . ....346 Über die Rädchen der Synaptiden. Von H. Ludwig. (Mit Taf. XVI.) . . 350 Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. Von A. Lang. Mit einem Vorwort von A. Weismann. (Mit Taf. XVIL). . . .. . 365 Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Erster Theil, Nonstey. Ihering. (Mit Taf XVIH und. XIX)... 2. .2.0022..22%.886 Drittes Heft. Ausgegeben den 4. October 1892. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Von H. v. Ihering, Zweiter Theil ..... { . 425 Über die Knospung der Botrylliden. Von A. Oka. (Mit Taf. XX—XXIL). 59 Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala.. Von R. Hesse. (Mit BEER TITe Und KSV.) nee a esse DES Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden und deren Bedeutung für ° die Theorie der Metamerie. Von C. J. Cori. (Mit Taf. XXV.). . . . 569 Viertes Heft. Ausgegeben den 18. October 1892. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. Von C. Hoffbauer. (Mit REN XEVE und. 3 Holzsehn.) 2... 000. Een. 79 3 a IV Seite Beiträge zur Anatomie der Holothurien. Von H. Ludwig und Ph. Barthels, (Mit Taf. XX MAIL). 22.000... Je 2 A) Bradynema rigidum v. Sieb. Von O. zur Strassen. (Mit Taf. XXIX— XXXIL).. Fe RR 655 Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. VonL. Schmidt. (Mit Taf. XXXIV und 5 Textfisuren) 2. 2 Sr En EERRLTETE, 2 nur Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. III!. Specielles und Allgemeines. Von H. Henking (Göttingen). Mit Tafel I—XII und 12 Holzschnitten. In vorliegender Abhandlung theile ich den Rest meiner Unter- suchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten mit. Es wird sich zeigen, dass trotz mancherlei Abweichungen im Einzelnen das Gesammtbild ein sehr gleichmäßiges ist. Die erhal- tenen Resultate lassen sich sehr wohl mit den bei anderen Thiergruppen erhaltenen in Einklang bringen, und gewisse von mir früher ausge- sprochene Einwürfe finden eine, wie ich hoffe, zufriedenstellende Lösung. Zu besonderem Danke verpflichtet bin ich Herrn Geheimrath Enrers, welcher mich nicht nur mit Material, sondern auch mit Litteratur in liebenswürdigster Weise unterstützt hat. Herr Prof. A. ForeL in Zürich hatte die große Freundlichkeit, meine Bestimmung des Lasius niger L. zu revidiren und zu bestätigen. Herrn Professor Paut, Mayr in Neapel verdanke ich den Hinweis auf Pyrrhocoris, über welches Thier derselbe früher eine Monographie geschrieben hat. Auch die Herren cand. rer. nat. Trosırıus und cand. med. Henne- BERG sind mir durch Zuwendung von Material gefällig gewesen, wofür ich ihnen öffentlich meinen herzlichsten Dank aussprechen möchte. Was die im Nachfolgenden angewandten Bezeichnungen anbetrifft, so bemerke ich nur das Folgende: die Ausdrücke »Richtungskörperchen« und »Richtungskern« sind promiseue gebraucht, je nachdem die eine 1 Theil I: Diese Zeitschr. Bd. XLIX, 3. Heft. 1890. p. 503 ff. Theil II: Diese Zeitschr. Bd. LI, 4. Heft. 1894. p. 685 ff, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Ba. [| 2 H. Henking, oder andere Bezeichnung im gegebenen Falle bequemer war. »Richtungs- masse« dagegen setzt eine Verschmelzung mehrerer Richtungskerne voraus. Aus der ersten Richtungsspindel entsteht nach außen zu der erste Richtungskern. Die ihm gleichwerthige innere Kernsubstanz hat bisher keinen Namen erhalten. Da nun eine Beschreibung derselben oft umständlich ist, so habe ich häufiger diese Kernsubstanz mit dem Namen Spaltkern bezeichnet; jedoch geschah es nur, wenn die inneren Tochterchromosomen sich mit einer Kernvacuole umgeben hatten. Der Ausdruck Spaltkern soll die Eigenthümlichkeit desselben hervorheben, sofort wieder in eine Theilung überzugehen. Über die von mir angewandten Methoden habe ich bereits an einem anderen Orte (33) ausführlicher Mittheilung gemacht. I. Hemiptera. 3. Die ersten Entwicklungsvorgänge im Ei von Pyrrhocoris apterus L. Nebst biologischen Notizen und Züchtungs- versuchen. Mit Tafel I—III und 2 Holzschnitten. 1. Das Ovarium. An dem Geschlechtsapparat der jungen Larve von Pyrrhocoris, welche etwa die halbe Länge des erwachsenen Thieres erreicht hat, lassen sich drei Theile leicht von einander unterscheiden: 1) der End- faden, 2) das Keimfach, 3) der Ausführungsgang. Das Keimfach als der mittlere Theil ist durch besonders angeord- nete Zellen von den beiden anderen Stücken geschieden. Gestreckte Zellen ziehen nämlich in der Grenzregion querüber von einer Wand zur anderen. Es kommt zwischen Keimfach und Ausführungsgang, ähnlich wie es Korscazrr (49) (Taf. XVIIL, Fig. 29) von Garabus auratus darstellt, zur Ausbildung einer bikonvexen Platte, indem die äußeren und inneren Zellen der Platte einen etwas gebogenen Verlauf nehmen. Nach dem Endfaden zu aber sitzt dem Keimfache eine pilzförmige Keule mit ihrem verschmälerten Fuße auf. Darauf, dass der Geschlechtsapparat noch von bindegewebigen Hüllen überzogen ist, gehe ich nicht weiter ein. Die Zellen des Keimfaches zeigen auf diesem jugendlichen Stadium noch keine Unterschiede. Ihre Leiber, sowie auch die Kerne sind hell, wenn mit Pikrinessigsäure konservirt, und die Kerne enthalten zerstreut die körnigen Chromatinmassen. — In der Anordnung der Kerne fällt hai Ban a Gel ee in 2 leg Bel Se a BE ge lin An ne El nie EI ee u ü nd 7 E35 # 4 er ir J Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg, in den Eiern der Insekten. III. 3 auf, dass dieselben in der Mitte des Keimfaches einen schmalen Raum freilassen, welcher von einer fädigen, von unten nach oben und seitlich sich erstreckenden Substanz erfüllt ist. Sehr häufig sieht man Theilungsfiguren der Kerne des Keimfaches in den verschiedensten Stadien. Die Theilungen verlaufen, wie die- jenigen der etwas älteren Thiere, welche alsbald geschildert werden sollen. Außerdem finden sich in diesen jugendlichen Ovarien bereits Gebilde, welche den corps residuels von van BENEDEN ähneln und ja bereits von O. Herrwıc in den Ovarien von Ascaris megalocephala aufgefunden sind. Ich habe ein solches Körperchen aus einer etwas älteren Larve in Fig. 52 abgebildet. Es enthält ein etwas dunkleres Plasma als die normalen Zellen des Keimfaches, ist kugelig und birgt im Inneren eine verhältnismäßig große ziemlich homogene Kugel einer mit Karmin sich lebhaft färbenden Substanz. Seltener kommen in einem solchen Gebilde zwei derartig sich färbende Kugeln vor, wie ich in Fig. 52a ein solches Gebilde aus dem Keimfach der jüngsten Larve abgebildet habe. Ich bin geneigt, diese Körperchen mit O. Herrwie für degenerirte Zellen zu halten. Wie die Larven älter werden, verändert der Geschlechtsapparat etwas sein Aussehen: das Keimfach verdickt sich, während der End- fadenund der Ausführungsgang dünner bleiben. Auch dieLängendimen- sionen nehmen natürlich zu und bald wächst der Geschlechtsapparat von der in dem jüngsten von mir beobachteten Stadium kaum !/, mm betragenden Länge bis zu etwa 1!/, mm heran. An diesen größeren Ovarien fällt Dreierlei sofort auf: 1) dass an dem Endfaden kein unteres keulenförmiges Stück mehr zu unterscheiden ist, 2) dass die zwischen Ausführungsgang und Keimfach quer vorge- lagerte Zellenplatte eine ganz beträchtliche Verdickung erfahren hat, und 3) dass im unteren Drittel des Keimfaches die jungen Eizellen bemerkbar werden. Die Zellenplatte zwischen Keimfach und Ausführungsgang ist also zu einer Zellsäule geworden, indem ihre Zellen sich so zahlreich über einander thürmten, dass die Höhe der Säule deren Breite um mehr als das Doppelte übertrifft. Sie sind immer noch leicht daran zu erkennen, dass ihre Längserstreckung senkrecht zu derjenigen des Ovarialschlau- ches steht, dass ihre Kerne etwas abgeplattet sind gemäß der Gestalt der Zellen und dass der Zellinhalt sehr hell ist. Gegen das Keimfach hin ist keine scharfe Grenze der Zellsäule gegeben, vielmehr gehen deren Zellen in etwas älteren Ovarien ganz allmählich in solche des Keimfaches über. Nach dem Ausführungsgange zu bleibt die Grenze viel deutlicher. 4% 4 H. Henking, Der Ausführungsgang ist zu dieser Zeit noch gegen das Ovarium durch eine Zellschicht abgeschlossen und diese Zellschicht wird durch die nach unten vorgewölbte Zellsäule eingebogen. Im oberen Ende des Keimfaches sind die Kerne und das um- gebende Plasma noch von ähnlicher Beschaffenheit wie in den jüngsten Larven, nämlich Plasma und Kerne hell, letztere mit zerstreuten Chromatinkörnchen im Inneren. Weiter abwärts im Keimfach werden die Kerne größer und die Plasmamassen dunkler. Die Mittelzone des Keimfaches ist auch hier ziemlich frei von Kernen und von einem fädigen Plasma erfüllt, welches sich nach abwärts erstreckt, seitlich von den Kernregionen herkommend. Bei Ovarien, welche mit Pikrin- essigsäure konservirt sind, verlaufen die Fadenbündel deutlich gesondert, durch helle Zwischenräume getrennt. Wendet man dagegen FLEmMInG- sche Flüssigkeit an, so gerinnt der Inhalt des Keimfaches zu einer gleichförmigen Masse, in welcher zwar die Fadenzüge noch erkennbar sind; aber sie sind schwerer zu verfolgen, weil der Zwischenraum zwischen ihnen durch eine feinkörnige fast eben so stark gefärbte Masse ausgefüllt ist. Lückenräume sind im Keimfach jetzt nicht vor- handen, höchstens können die Kerne solche vortäuschen, welche mit ihrer hellen Grundsubstanz scharf gegen das dunkle Plasma abstechen. Sie sind jedoch durch ihre gleichmäßig runde Gestalt und an den deutlichen Chromatinkörnchen leicht als solche zu erkennen. Sind auch keine scharfen Zellgrenzen im Keimfach vorhanden, so gruppirt sich das Plasma dennoch in einer gewissen Weise um einzelne Kerne oder Kerngruppen, wie an dem Verlauf der Faserung erkannt wird. Besonders deutlich tritt das an Präparaten hervor, welche mit Pikrinessigsäure konservirt wurden. Da scheint eine Schrumpfung des Plasmas im Keimfach eingetreten zu sein, und es haben sich dadurch die einzelnen Kernterritorien schärfer abgegrenzt und durch Zwischen- räume getrennt. Am wenigsten deutlich ist das in der Spitze des Keimfaches wegen der dichten Lagerung der Kerne und der geringen Menge und schwachen Färbbarkeit des Plasmas; es nimmt an Deut- lichkeit zu nach dem unteren Drittel des Keimfaches hin. Man sieht nämlich, wie der gewöhnlich mehrere Kerne einschließende Plasma- abschnitt sich nach der Mitte des Keimfaches hin zuspitzt und in einen Faden auszieht (ähnlich wie in Fig. 32). Nun ist ein Unterschied zu bemerken in so fern, dass die Kerne resp. Kerngruppen der oberen Hälfte des Keimfaches schräg nach abwärts gewandt sind und ihren plasmatischen Fortsatz in dem Mittelraum des Keimfaches nach ab- wärts entsenden, während die weiter unten folgenden Kernterritorien eine schräg nach innen und aufwärts geneigte Richtung erkennen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 5 lassen und einen von Fibrillen durchzogenen Fortsatz haben, welcher sich in der Mittelzone des Keimfaches aufwärts erstreckt. Was die Kerne anbetrifft, so sagte ich bereits, dass diejenigen der oberen Zone des Keimfaches kleiner sind, als die weiter abwärts folgenden. Das ist aber nicht der einzige Unterschied. Die Kerne der oberen Region enthalten viel weniger Chromatinkörnchen als diejeni- gen der mittleren Region. Ich habe einige der letzteren Kerne, welche dieht über der Zone der jungen Eizellen liegen, in Fig. 32 abgebildet. Sie sind oval bis rundlich und enthalten eine große Zahl von durch feine Fäden verbundenen Chromatinkörnchen. Einige derselben können beträchtlich größer sein als die übrigen und gelegentlich in Versuchung führen, an das Vorhandensein besonderer Nucleolen zu glauben. Die Kerngruppe liegt peripher im Keimfach und entsendet nach oben einen gemeinsamen plasmatischen Fortsatz (Fig. 32). Die Region der soeben beschriebenen Kernkomplexe hört in den hier vorliegenden Altersstadien der weiblichen Geschlechtsorgane auf etwa am Anfange des unteren Drittels des Keimfaches. Zwischen den letzten Kernkomplexen lagern nun in ihren Plasmahöfen einzelne Kerne (Fig. 29, 30), welche mit den Kernkomplexen allerdings das ge- meinsam haben, dass sie einen plasmatischen Fortsatz aufwärts in das Keimfach schieken. Sie weichen jedoch von den Kernkomplexen da- durch ab, dass sie 4) nicht nur peripher, sondern auch in der Mittelzone des Keimfaches gelagert sind. Es schwindet also in dieser Region die centrale Fasersäule.. 2) Sie sind (zunächst wenigstens alle) etwas kleiner als die Kerne der vorhergehenden Region. 3) Sie liegen ein- zeln in einem besonderen Plasmahofe. Frühzeitig lassen sich nun aber diese einzelnen Zellen nach der Beschaffenheit ihrer Kerne in zwei Gruppen theilen, A und B. Die Zellen der Gruppe A besitzen einen bläschenförmigen hellen Kern, welcher am meisten Ähnlichkeit mit den Kernen der obersten Keim- fachzellen hat. Er enthält nicht sehr viele Chromatinkörnchen, welche meist der Peripherie anliegen, und oft ein nucleolusartiges Körperchen. Sie schließen sich nach unten und seitlich an jene mit ihnen sehr ähn- lichen Zellen an, welche die jungen Eizellen Anfangs in dicker Schicht umgeben und offenbar das Follikelepithel bilden. Man sieht in ihnen dann häufig Theilungsfiguren der verschiedensten Stadien. Die Zellen der Gruppe B liegen zwischen den soeben betrachteten der Gruppe A, und zwar dicht hinter der Region der Kernkomplexe, auch oft an der Peripherie des Keimfaches. Sie sind dadurch leicht kenntlich, dass sich in ihnen die Chromatinsubstanz in der Mitte der hellen Kernvacuole zusammengeknäuelt hat und allmählich Fadenform 6 | H. Henking, annimmt, wie an den über den Rand des Knäuels vorstehenden Faden- enden weiterhin bemerkbar wird. Neben dem Fadenknäuel sieht man oft einen deutlich gesonderten kompakteren Chromatinkörper (Fig. 30). Wir haben in den Zellen der Gruppe B nichts Anderes vor uns als die jungen Eizellen; denn sie sind durch alle Übergänge mit jenen weiter abwärts im Ovarialschlauch folgenden Zellen verknüpft, wo an der Deutung kein Zweifel sein kann. Es nimmt nämlich die Menge des den Kern umgebenden Plasmas in ihnen allmählich zu und es wächst die Kernvacuole. So bildet sich zuerst ein größerer heller Raum um den Knäuel von Ghromatinschleifen, dann beginnen sich diese zu lockern, so dass nun die einzelnen Fäden auf längere Strecken verfolgt werden können. Schließlich sind die Fäden gleichmäßiger im Kern- raum ausgebreitet, wie es Fig. 31 veranschaulichen mag. Die Zahl der Chromatinfäden festzustellen ist aber selbst in diesem aufgelockerten Zustande nicht möglich, da ihre Zahl zu groß, ihre Kreuzungen zu zahl- reich und ihre Endigung oft zu unsicher ist. Der nucleolusartige Körper behält seine kompakte Form länger als der Fadenknäuel. Wenn dieser aber völlig gelockert ist, vergrößert sich auch dessen Oberfläche, indem er knotenförmige Vorsprünge er- hält, so dass er schließlich wie ein Haufen von Körnchen erscheinen kann (Fig. 31 ne). Es fragt sich nun, wie die vier Arten von Kernen, welche in den jüngeren Ovarien unterschieden werden können, mit einander in Ver- bindung gesetzt werden müssen. Wir hatten nämlich getrennt: 1) die Kerne aus dem oberen Ende des Keimfaches, welche ähnlich aussehen, wie der in Fig. 29 abgebildete; 2) die Kernkomplexe der zweiten Region des Keimfaches (Fig. 32); 3) die Mutterzellkerne der Follikel- zellen (Fig. 29); %) die jungen Eizellkerne (Fig. 30, 34). — Für die Erkennung der Werthigkeit derselben würde das Studium der Thei- lungsfiguren entscheidend sein. Ein Vergleich z. B. mit dem Ovarium von Rhodites begünstigt die Auffassung, dass wir es in den Kernkom- plexen der zweiten Region mit Äquivalenten der Nährzellen anderer Insekten zu thun haben. Ich nähere mich mit dieser Auffassung der z. B. von WIELOWIEJSsKI (78) vertretenen Ansicht (p. 375). Ich habe in den zahlreichen von mir geschnittenen larvalen Ei- röhren übereinstimmend nur in zwei Regionen Theilungsfiguren ange- troffen, und zwar einerseits im oberen Ende des Keimfaches, also im Bereiche der soeben mit Nr. 4 bezeichneten Kerne, andererseits unten im Keimfach im Bereiche der Kerne Nr. 3 und 4. In der Region der Kernkomplexe (Nr. 2) habe ich niemals etwas von Theilungsfiguren Be: F a. re, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 7 bemerkt, obgleich ich Tausende von Kernen darauf hin untersucht habe in Ovarien, welche an anderen Stellen zahlreiche karyokinetische Sta- dien aufwiesen. Es würde weit eingehendere Studien erfordern, als ich sie in dieser Richtung unternommen habe, wollte man genau feststellen, wie die verschiedenen Kerne sich allmählich ausbilden. Es ist aber wohl kein Zweifel daran, dass die Theilungen der in der Spitze des Keim- faches gelegenen Kerne für alle übrigen den Ausgangspunkt bilden; denn diese Theilungen sind bereits vorhanden, wenn die drei weiteren Kernformen noch nicht ausgebildet sind. Nun senden die jungen Eizellen (Fig. 30, 31) ihre plasmatischen Fortsätze weit aufwärts in dem centralen Raume des Keimfaches, und wenn diese Fortsätze auch nicht bis zu den Mutterzellen in der oberen Spitze des Ovarialschlauches heranreichen, sondern vorher aus einander fasern, so deutet doch die Richtung der Plasmafortsätze darauf hin, von wo die jungen Eizellen hergekommen sind. Sie werden begleitet von jenen anderen Zellen (Fig. 29), welche ich für die Mutterzellen des Follikelepithels halten möchte. Wie dem nun aber auch sei, so viel ist sicher, dass alle die ge- nannten Theilungen nach demselben Schema verlaufen. Es ist in der Hinsicht kein Unterschied zwischen dem oberen und unteren Ende des Keimfaches vorhanden. Wenn es mir gelang, die Zahl der Chromo- somen bei Polansicht einer Äquatorialplatte festzustellen, so kam ich stets etwa auf die Zahl 24 (Fig. 33, 37). Schwankungen um zwei oder drei Elemente (nach unten hin) können natürlich bei den winzigen Figuren aus dem Grunde leicht eintreten, weil es zuweilen unmöglich ist, die Zusammensetzung eines Körperchens zu erkennen, wenn etwa zwei derselben sich dicht an einander gelagert haben. So würde man auf eine etwas geringere Zahl kommen als 24. Außerdem sind die einzelnen Chromosomen bei Polansicht erheblich ungleich gestaltet, wie Fig. 33 und 37 erkennen lässt. Bei Seitenansicht erscheinen sie in gleicher Weise wie diejenigen der Ursamenzellen zunächst rundlich, ähnlich wie in Fig. 35, erfahren aber bald eine Einschnürung in der Mitte (Fig. 33 oben, Fig. 36), um schließlich halbirt zu werden (Fig. 37, rechts). Es ist also in gleicher Weise wie in den Ursamenzellen unseres Tbieres hier eine Äquationstheilung anzunehmen derart, dass die 24 Mutterchromosomen eine Spaltung in zweimal 24 Tochterchromosomen erfahren. Die Spindelfäden sind deutlich (Fig. 36), konvergiren nicht immer nach einem Punkte, und Polkörperchen habe ich mit Sicherheit nicht gesehen, eben so wenig deutlich plasmatische Strahlungen. Beim Auseinanderweichen der Tochterchromosomen kommt es zur Ausbildung 8 H. Henking, eines leicht wahrnehmbaren Bündels von Verbindungsfäden. Die An- fangs- und Endstadien dieser Theilungen verlaufen in durchaus typi- scher Weise, so dass ich darüber weiter nichts zu sagen brauche. Bieten die Theilungsstadien im oberen Ende des Keimfaches in Bezug auf Größe, Zahl und Anordnung der Chromosomen stets densel- ben Anblick, so dass ich nicht anstehe, für sie alle dieselben Theilungs- verhältnisse anzunehmen, so gilt das Gleiche auch für die Zellen des unteren Keimfachendes. Die Theilungen in dieser Region sind über- haupt den vorhin betrachteten ganz außerordentlich ähnlich. Auch hier haben wir die Einheit der Chromosomen bei Seitenansicht unzweifelhaft zu bejahen (Fig. 35). Und erscheinen sie von der Seite etwa kugelig, so gewährt die Polansicht einer Spindel (Fig. 3%, 38) denselben Anblick von unregelmäßigen, eckigen, verschieden großen Chromatinkörnchen, wie wir ihn bereits oben kennen gelernt hatten. Auch hier dürfen wir die Zahl 24 als die Norm festhalten, wie durch Fig. 34 und 38 erläutert wird. Man sieht, dass im ganzen Habitus der Figuren keine erheblichen Abweichungen von denen aus dem oberen Keimfach (Fig. 33, 37) vorhanden sind. Auch die achromatischen Spindelfäden sind deutlich, mit regelmäßiger polarer Zuspitzung. Pol- körperchen habe ich nicht sicher erkannt, plasmatische Strahlungen nur gelegentlich andeutungsweise wahrgenommen. Hervorheben will ich noch, dass zarte achromatische Fäden auch die Chromosomen der Spindelfigur unter einander und mit der Umge- bung verknüpfen. Es geschieht das sowohl oben wie unten im Keim- fach (Fig. 33, 34). Wir haben hier also das gleiche Verhalten, wie ich es in den Samenzellen von Pyrrhocoris feststellte. Auch bei den Bindegewebszellen werden wir es wiederfinden. Zusammenfassend möchte ich also sagen: Da die Ureizellen, welche unzweifelhaft als die Mutterzellen der weiter abwärts im Ovarium sich findenden Zellelemente angesehen werden müssen, unverkennbar 24 Chromosomen enthalten und da am unteren Ende des Keimfaches ebenfalls zahlreiche Theilungsfiguren mit 24 Chromosomen beobachtet werden, während niemals hiervon abweichende Theilungsformen in der gesammten Ausdehnung des Keimfaches vorkamen, so scheint mir keine andere Annahme möglich zu sein, als diejenige, im Kerninhalte aller Zellelemente des Keimfaches, also auch der jungen Eizellen (Ei- mutterzellen Herrwig’s), 2% Chromosomen als vorhanden anzunehmen. Wenn WIELowiEJsKkı (78) angiebt, dass die zelligen Elemente in der Umgebung der centralen Plasmasäule Kontouren besitzen, welche »meist mit prägnantester Schärfe sowohl auf medialen wie auch mehr seitlich Ge in DE de SE, nur a Kam un Dre De Sn ad Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 9 geführten Längsschnitten hervortreten«, so habe ich Derartiges an meinen Präparaten nicht gesehen. Aus der Angabe, dass die Kerne nahe an einander in mehreren Reihen gelegen seien, erhellt, dass Verfasser die von mir als Nr. 2 bezeichneten Kerne im Auge hat. Dass die centrale Plasmasäule längsstreifig sei, hat Verfasser ebenfalls gesehen. Wenn derselbe jedoch von den jungen Eizellen sagt, dass dieselben »Ausläufer nach oben treiben, welche zwischen, oder auf die Außenseite der jüngeren, oberhalb gelegenen Eizelle dringen und in die Endkammer gelangen«, so kann ich dieser Auffassung natürlich nicht beitreten, da es mir unzweifelhaft zu sein scheint, dass die Zellen nach abwärts rücken und durch plasmatische Bahnen noch mit jener Gegend in Zusammenhang stehen, von welcher sie herstammen. Wırtowizsskı hat bereits beobachtet, dass das Chromatin der jüngsten Eizellen eine andere Beschaffenheit hat, als dasjenige der älteren, was sich besonders in ihrem Verhalten gegen Methylgrün äußert. Diese Ansicht habe ich völlig bestätigen können. Die mit gesperrter Schrift gemachte Angabe von KorschELT (90), dass die drei Zellelemente der Eiröhre, welche er als Ei-, Nähr- und Epithelzellen unterscheidet, »durch direkte Umwandlung der Elemente der Endkammer ihren Ursprung nehmen«, kann ich in dieser Fassung nicht für richtig halten, wohl aber mit der Modifikation, dass sie aus Theilungen derselben hervorgehen. Die vier von mir beschriebenen Kernarten des ovarialen Endfaches sind aus den Abbildungen, welche Wırr (79) von Nepa und Notonecta giebt, leicht zu erkennen, besonders gut in seinen Fig. 3 und 4, nämlich 1) die kleinen Kerne (der Ureier) in der Spitze des Keimfaches, 2) die größeren Kerne neben der centralen Plasmasäule des Endfaches und 3) weiter unten die Eizellen mit 4) den kleinen Kernen der Follikel- zellen dazwischen. Im Übrigen ist das Ovarium speciell von Pyrrhocoris ausführlicher von Wiırrowiesskı und KorscHeLt beschrieben worden, welche die einzelnen von mir unterschiedenen Kernarten bereits erkannt haben, ohne dass sie jedoch auf die Verhältnisse bei der Theilung derselben eingegangen wären. Hieraus wird es verständlich, dass diese Autoren in Bezug auf die allgemeine Auffassung in einigen Punkten von mir abweichen. Bereits in meinen Mittheilungen (37) über die Spermatogenese von Pyrrhocoris gab ich an, dass die Körperzellen unseres Thieres, so weit meine Untersuchungen gehen, ebenfalls die Zahl 24 zur Grund- lage haben. Fig. 46 und 47 stellen zwei Bindegewebszellen aus der 10 H. Henking, Hülle eines larvalen Ovariums dar, welche ihre Chromatinsubstanz zu einer Äquatorialplatte angesammelt haben. Man zählt in beiden bei Polansicht 24 Chromosomen, welche einen ganz ähnlichen Anblick darbieten, wie diejenigen des Keimfaches. Einige von ihnen sind aber vielleicht etwas länger gestreckt, als wir es vorher fanden, dabei oft merkwürdig gebogen und eingeschnürt. Ihre Oberfläche ist zackig und die von ihnen ausgehenden feinen Fortsätze scheinen jenes Netzwerk herzustellen, welches aus achromatischen Fäden bestehend, den Kern- raum durchzieht (Fig. 46, 47). So ist es bei den mit Fremmmne’s starker Flüssigkeit konservirten und mit Saffranin gefärbten Zellen. Die Theilung der Bindegewebszellen verläuft in der gewöhnlichen Weise. Die achromatischen Fasern der eigentlichen Kernspindel sind besonders nach Einwirkung von Pikrinessigsäure gut zu erkennen. Polkörperchen sowie eine deutliche Plasmastrahlung habe ich nicht wahrgenommen. Zu meiner früheren Angabe, dass unter den Bindegewebszellen auch solche mit vermehrter Chromosomenzahl vorkommen, gebe ich in Fig. 39 eine Illustration. Wir zählen 48 Chromosomen. Sonst bietet diese Zelle, abgesehen von ihrem etwas größeren Umfange und dem mehr hervortretenden Größenunterschiede der chromatischen Elemente kaum irgend welche Besonderheiten. Man sieht gelegentlich auch weiter vorgeschrittene Theilungsstadien von solchen abnormen Zellen. Die Theilungen, welche die Zellen des Cylinderepithels aus dem Oviduct durchmachen, verlaufen ebenfalls nach demselben Schema. Ich habe in Fig. 54 drei Zellen aus einem Längsschnitte des Oviducts abgebildet und sieht man daselbst zwei Kerne in Ruhe und einen mit ausgebildeter Äquatorialplatte. Oben sind zwei Kerne zu sehen, welche der bindegewebigen Umhüllung des Oviducts angehören. Man erkennt aus dem Bilde nicht nur, dass die Chromatinsubstanz des in Theilung befindlichen Kernes ganz erheblich an Masse zugenommen hat gegenüber den ruhendenKernen (diese enthalten oft zwei nucleolus- artige Gebilde), sondern auch, dass sie wiederum in 24 einzelne Komplexe angehäuft ist von ähnlicher Beschaffenheit, wie in allen den bisher betrachteten Fällen. Fig. 53 stellt einen anderen Kern ebenfalls aus der Eileiterwandung dar und ist genau in derselben Weise gebaut, wie auch alle übrigen. — Die Fasern der Kernspindel sind deutlich, Pol- körperchen und Plasmastrahlung nicht mit Sicherheit wahrzunehmen. Wir bekommen also das Resultat, dass die untersuchten Körper- zellen von Pyrrhocoris in gleicher Weise wie auch die Elemente des ovarialen Keimfaches (Ureier etc.) normal 24 Chromosomen enthalten. . BR PO iz Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 11 2. Die Entwicklung des Eies bis zur Ablage. Das Ei steht noch sehr lange durch einen plasmatischen Stiel mit - der centralen Säule des Keimfaches in Verbindung. In älteren Eiern ist dieser Stiel durch die Reihe der nach dem Keimfach zu aufgeschich- - teten Eier an die Seite gedrückt. Besonders bei Behandlung mit Pikrin- essigsäure erscheint in ihm eine auffallend deutliche parallel faserige - Struktur (Fig. 34). Im Eikörper selbst strahlen die Fasern aus, oft - unter wellenförmigen Biegungen, und scheinen in die groben Maschen des Plasmanetzes überzugehen (Fig. 31). In welcher Weise späterhin in den Maschen des Netzwerkes die Dotterkörner auftreten, interessirt hier weiter nicht. Darin sind keine Besonderheiten vorhanden. Weiter abwärts im Ovarıum schwellen die Eier durch die Dottermassen mächtig an; nur spärliche Plasmafäden werden zwischen ihnen bemerkt, am Rande aber bleibt das Plasma ringsum in etwas dickerer Schicht liegen. ‚Wir hatten gesehen, dass der Kern des jungen Eies eine bläschen- förmige Gestalt hatte (Fig. 30). In dem hellen Kernraume lagern die Chromatinfäden aufgeknäuelt. Wie dann der Kern wächst, setzt er sich mit einer membranartigen Grenze gegen das Plasma ab (Fig. 31), und *so verharrt er lange. Die Chromatinfäden sehen etwas rauh aus und lassen in ihrer Erstreckung in so fern noch eine Besonderheit erkennen, als sie aus durch kleine hellere Zwischenräume getrennten feinen Pünktchen zu bestehen scheinen. In etwas älteren Eiern werden die Fäden unregelmäßiger, tragen knotenförmige Anschwellungen, ver- _ flechten sich mehr mit einander und durchziehen den Kernraum ganz unregelmäßig. Gleichzeitig scheint ihre Färbbarkeit etwas abzunehmen. Noch deutlicher tritt die geringe Färbbarkeit hervor, wenn man mit heißem Wasser konservirt, nachher aber gute Kernfärbungsmittel benutzt, wie Hämatoxylin oder Saffranin. Der Kern ist als eine helle Blase zwar von dem scharf tingirten Plasma abgesetzt, enthält jedoch in seinem Inneren nur zerstreute Häufchen einer schwach gefärbten Chromatinsubstanz. Was die Lage des Kernes in diesen jüngeren Eiern - anbetrifft, bei welchen die Ausscheidung der Dottermassen eben erst beginnt, so will ich gleich bemerken, dass der Kern sich im unteren - Ende des Eies befindet. | Vergleichen wir mit .den bisher geschilderten Verhältnissen den - Bau des Kernes in fast erwachsenen Eiern, und zwar unter Benutzung ‚der letzterwähnten Konservirungsmethode, so stellen wir leicht fest, - dass der Kern durch den Druck der Dottermassen ganz an die Ober- - fläche des Eies gedrängt ist (Fig. 56). Er hat auch nicht mehr die Gestalt _ eines scharf begrenzten Ellipsoides oder einer Kugel, sondern ist vielfach | | 6 12 H. Henking, eingebuchtet und in Spitzen ausgezogen, wie esFig. 56 bei Seitenansicht, Fig. 57 von der Fläche und Fig. 55 in stärkerer Vergrößerung erkennen lässt. Der Vergleich der bei derselben Vergrößerung gezeichneten Fig. 34 und 55 demonstrirt die bedeutende Größenzunahme, welche der Kern des fast gereiften Eies (Fig. 55) erfahren hat. Aber weiterhin ist auch klar, dass die Vermehrung der Substanz anscheinend nur die helle Inhaltsmasse des Kernes betroffen hat. Die Chromosomen lassen eher eine Verminderung vermuthen. Jedenfalls ist eine nicht unbeträcht- liche Verkürzung derselben eingetreten. Von besonderem Interesse ist nun aber die Zahl der Chromosomen in diesen großen Keimbläschen. Die Größe der Kerne begünstigt eine räumliche Trennung derselben und in gleicher Weise ist die Verkürzung der Chromosomen von Vortheil. Als ein fernerer günstiger Umstand muss angeführt werden, dass die Färbbarkeit der Chromosomen wieder _ beträchtlich zugenommen hat im Vergleich mit den zuletzt erwähnten jüngeren Stadien. Mussten wir für die jüngsten Eizellen nach den oben mitgetheilten Beobachtungen 24 Chromosomen als die Norm annehmen, so habe ich auf diesen älteren Stadien eine so hohe Ziffer niemals erhalten. In” vier von mir genau gezeichneten Fällen habe ich je einmal 12 und 13 getrennte Elemente (Fig. 55) erhalten, ferner zweimal 14 Elemente. Bei diesen Zahlen habe ich den nachtheiligen Umstand wohl berücksichtigt, dass durch die Größe des Keimbläschens die Chromosomen auf zwei oder gar drei Schnitte vertheilt werden. Bei Betrachtung der Chromosomen (Fig. 55) fällt auf, dass dieselben zwar zum Theil einheitlich erscheinen, zum Theil aber unverkennbar kugelförmige Anschwellungen erkennen lassen. Die Kügelchen haben die Dicke des Chromatinfadens, und findet man deren zwei bis vier zusammen liegend, wie es aus Fig. 55 erhellt. Eine weitere wichtige Veränderung zeigen die zur Ablage reifen Eier des Ovariums: die große Kernblase (Fig. 56, 57) ist in ihnen völlig verschwunden. Sie hat sich in das Plasma vertheilt. Die in jüngeren Eiern von einem verhältnismäßig großen hellen Raume umschlossenen Chromosomen sind jetzt auf einen viel kleineren Raum angewiesen, wie ein Vergleich der mit denselben Vergrößerungen gezeichneten Fig. 56 und 58, 59 sofort ergiebt. Die Chromosomen liegen in den mir zu Gebote stehenden Präparaten im Randplasma, welches um sie eine kleine Verdiekung bildet. An mit Boraxkarmin gefärbten Präpa- raten ist dieFärbung auch in unmittelbarer Umgebung der Chromosomen dieselbe wie diejenige des Eiplasmas. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL. 13 Was die Form der Chromosomen anbetrifft, so ist dieselbe jetzt recht regelmäßig und gleichförmig. Sie erscheinen als kurze in der Mitte eingedrückte Stäbchen. In dem Falle der Fig. 59 und 58 liegen sie in einer Ebene parallel zur Eioberfläche. Nur in so fern ist ein Unterschied vorhanden, als die Stäbehen sämmtlich mit ihrer Längs- erstreckung parallel zur Oberfläche des Eies gelagert sein können (Fig. 58), oder theilweise auch senkrecht dazu (Fig. 59). In dem völlig gereiften ovarialen Ei findet man folgende Beschaffen- heit und Anordnung seiner einzelnen Bestandtheile: 1) die bei Weitem größte Masse des Eies bildet die Dottersubstanz. Auf Schnitten, welche ja ausschließlich zur Untersuchung des feineren Baues verwendet werden können, erscheint dieselbe als aus Dotterkugeln zusammen- gesetzt, welche in der Mitte des Eies ziemlich in Größe übereinstimmen, während am Rande sich meist kleine befinden (Fig. 80). Die Dotter- kugeln erscheinen dadurch höchst unregelmäßig, dass sich an ihrer Oberfläche zahlreiche in Größe und Aussehen recht ähnliche Gruben einstellen, welche eine sehr regelmäßige Gestalt haben und am besten mit den Löchern im Schweizerkäse verglichen werden können. Beson- ders auffallend wird das Bild der Schnitte dadurch, dass sich an den Berührungsstellen von zwei oder mehreren Dotterkügelchen sich die Lücken derselben zu sehr genau kugeligen Räumen ergänzen. Es ist dieses von mir bei keinem anderen Insektenei je beobachtete Vorkom- men übrigens nicht im Bau der Dotterkügelchen begründet. Denn die Dotterkügelchen frisch zerdrückter Eier sind völlig rund. 2) Die Dottersubstanz ist ringsum eingeschlossen von einem dünnen plasmatischen Mantel!, welcher durch Karmin ziemlich intensiv gefärbt wird und ein feinkörniges Aussehen hat. An der Innenseite ist dieser Plasmamantel unregelmäßig begrenzt, weil sich die Dotterkugeln in ihm gewissermaßen ein- und abdrücken (Fig. 80). Von den zarten Plasmafortsätzen, welche vom Rande ausgehend die Dottermassen durchsetzen, ist wegen der dichten Lagerung der Dotterkugeln gewöhn- lich nicht viel zu sehen und treten sie nur dann stärker hervor, wenn der eingedrungene Samenfaden einen plasmasammelnden resp. -bil- denden Einfluss ausübt. 3) Die Kerntheile finden sich in einer etwas verdickten Stelle des peripheren Plasmamantels. Sie liegen ganz auf der Seitenfläche des Eies, ungefähr in der Mitte zwischen beiden Eipolen (Fig. 5, 24). 3 Seltener sind sie etwas mehr nach dem vorderen Pole gerückt (Fig. 2, 9), 4 1 Ich bemerke hierbei, dass die Totalbilder (Fig. —9 etc.) der Tafel I und II 4 in so fern einen falschen Eindruck geben, als Plasma- und Kerntheile im fünffachen - Maßstabe des Gesammtumrisses eingezeichnet sind. 14 H. Henking, häufiger dagegen dem hinteren Pole etwas angenähert (Fig. 4, 6—8). Der Quere nach ist die Lage der Kerntheile nicht zu bestimmen. 3. Von der Ablage des Eies bis zur Ausbildung des ersten Richtungskörperehens. Es gelang mir in einigen Fällen, Eier aus den Leitungswegen zu erhalten, indem ich bei der Ablage begriffene Thiere rasch ergriff und in kochendes Wasser untertauchte. Oft allerdings untersucht man ein in dieser Weise abgetödtetes Thier vergeblich, weil dieselben sich ihrer Eier ohne Unterbrechung zu entledigen pflegen und daher auch keinen eigentlichen Aufbewahrungsort für die Eier im Oviduct oder der Vagina besitzen, wie z. B. die vielfach beim Ablegen gestörten Fliegen (Hrx- KING 32). — Die so in den Leitungswegen gefundenen Eier geben die beste Garantie für die Vollreife noch unbefruchteter Eier. Die Kern- platten liegen auch in ihnen oft noch geneigt zu der Eioberfläche und . diesem Umstande habe ich es zudanken, dass ich auf medianen Schnitten die Polansichten der Äquatorialplatten erhalten habe. Ich vermochte nun mit aller Sicherheit festzustellen, dass z. B. in dem in Fig. 60 abgebildeten Präparate 12 Chromosomen vorhanden sind zum Theil in Hantelform, zum Theil als einfache Kügelchen erscheinend. Einige dieser letzteren könnten immerhin auch dadurch zu Stande kommen, dass man ein hantelförmiges Körperchen von der schmalen Seite sähe. Übrigens gilt das nicht für alle Kügelchen, indem einige recht konstant kugelförmig gefunden werden. Solche bei reiner Polansicht kreisförmig aussehende Körperchen finden sich mit besonderer Vorliebe in der Mitte der Äquatorialplatte, während die übrigen eingeschnürten Stäb- chen sie im Kreise umgeben (Fig. 60, 83). Da die meisten Chromosomen sowohl bei Polansicht, als auch von der Seite gesehen eine Hantelform darbieten, so folgt daraus mit einiger Nothwendigkeit, dass dieselben vierzählig, also gewissermaßen aus vier Kügelchen zusammengesetzt sind, ein Verhalten, welches in gleicher Weise z. B. auch bei Pieris brassicae von mir festgestellt wurde (Henking 36). Die bei Polansicht als einzelne Kügelchen erscheinenden Chromosomen (Fig. 60, 83) dagegen wären nur zweizählig, da bei Seitenansicht sie aus zwei über einander liegenden Kügelchen bestehen würden. Denn ich erinnere mich nicht, bei Seitenansicht jemals ein einzelnes Kügelchen gesehen zu haben. So leicht es aber ist, sich bei Seitenansicht davon zu überzeugen, dass die Chromosomen scheinbar aus zwei über einander liegenden Kügelchen bestehen (Fig. 61), so schwierig ist es, sich von der Vierzähligkeit zu überzeugen. Mit voller Sicherheit ist es mir eigentlich nicht gelungen; jedoch kann z. B. das 5 . - 1 2 F > F | | 2 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 15 in Fig. 61 ganz rechts liegende Chromatinelement in diesem Sinne aus- gedeutet werden, und so habe ich es noch einige Male gesehen. Bereits wenige Minuten nach der Ablage des Eies trennen sich nun die Chromosomen je in zwei Theile und diese weichen aus einander. Es ist auffäHig, dass ich alsbald. nach der Halbirung der Chromatin- massen in den einzelnen Bestandtheilen sehr viel deutlicher die oben ja bereits für die größte Zahl geforderte Zweitheilung habe beobachten können (Fig. 62), als wenn die einzelnen Chromosomen sich schon wieder zu einer Theilung rüsteten. Die Chromosomen rücken nun zu den Tochterplatten rasch aus einander, ohne dass ich von einer eigentlichen Kernspindel dabei etwas gesehen hätte. Zwar ist der die Chromosomen der Fig. 61 umgebende Raum längsgestreift, von einer Polplatte oder gar Polkörperchen habe ich bei der von mir angewandten Methode nichts wahrnehmen können. Ebenfalls zeigen die weiter vorgerückten Theilungsstadien wie in Fig. 63, 6%, 65, 78, 79 von eigentlichen Spindelfasern nichts. Etwas Anderes ist es mit den Verbindungsfasern. Zwar sind auch diese außerordentlich zart und keineswegs mit Deutlichkeit weiter zu verfolgen; aber auf ihr Vorhandensein möchte ich es schieben, dass nun auch eine aus getrennten kleinen Körperchen bestehende Zellplatte (Fig. 64, 79 Kp) zwischen den aus einander weichenden Tochterplatten sichtbar wird. An günstigen Präparaten kann man nämlich hier und da sehen, dass eine zarte Linie von einem Chromosomen herkommt, dann in der Mitte der Figur, oder mehr dem äußeren Ende derselben genähert, etwas stärker anschwillt, um auf der anderen Seite eben so zart auszulaufen und in der Richtung auf ein dem ersten gegenüber- liegendes Chromosom zuzustreben. Ich habe diese Auffassung in Fig. 73 schematisch dargestellt. Wenn die Tochterchromosomen aus einander weichen, verändert sich über ihnen die Oberfläche des Eies. Man bemerkt eine gelinde Einziehung über dem äußeren Pole der Richtungsspindel (Fig. 63, 79), ferner aber eine tiefer und tiefer einschneidende Ringfurche, welche etwa über der Grenze zwischen Spindelbezirk und Plasma von der Oberfläche des Eies her einsetzt (Fig. 63, 79). Diese Furche geht nun aber nicht senkrecht in das Ei hinein, wie es Anfangs den Anschein hatte, sondern sie verengt ihren Durchmesser, sobald sie in gleiche Höhe mit der äußeren chromatischen Tochterplatte gekommen ist, so dass im Längsschnitt gesehen ihre tiefste Stelle von beiden Seiten auf einander zustrebt (Fig. 64). Indem die unteren Ränder so immer mehr einander zuneigen, wobei die Furche noch etwas tiefer wird (Fig. 65, 64), kommt es schließlich zu Stande, dass die äußere Tochterplatte mit 16 H. Henking, einer kleinen Umgebung von Plasma gewissermaßen vom Mutterboden abgekniffen wird und nun völlig frei in einer Vertiefung der Eiober- fläche liegt (Fig. 81). Hierbei ist noch bemerkenswerth, dass die Abtrennung des so gebildeten ersten Richtungskörperchens (Rk]) in dem Raume zwischen äußerer chromatischer Tochterplatte einerseits und der Zellplatte andererseits stattfindet, wie durch Fig. 64, 65, 78 erläutert wird. Später ist von der Zellplatte nichts mehr zu sehen. Ich muss hier noch eines eigenthümlichen Körperchens gedenken, welches ich in einer großen Reihe von Fällen, jedoch nicht immer, beobachtet habe. Dasselbe liegt nämlich als ein bräunlich gefärbtes Gebilde von ungleicher Größe und Gestalt dicht neben der ersten Richtungsspindel (Fig. 654) oder in der Nähe jener Stelle, wo der erste Richtungskörper abgeschnürt war (Fig. 81, 82, 84:a). Zuweilen ist es in mehrere Stücke zerfallen (Fig. 76 a, b), in einem Falle habe ich es als ein rundliches Körperchen mit deutlicher Rinde und dunkle- . rem Centralkern in geringer Entfernung vom Richtungskörper aufgefun- den (Fig. 68 a). Da ich an anderen Stellen des Randplasmas vergeblich nach ähnlichen Bildungen gesucht habe, so lag die Vermuthung nahe, es mit der ersten Richtungsspindel in Verbindung zu setzen. Jedoch könnte ich keinerlei Beweis hierfür vorbringen, da es mir nicht gelungen ist, über die Entstehung dieses sonderbaren Körperchens etwas zu erfahren. Wie steht es mit dem Thelyid? Ein solches kommt, wenn wir von dem soeben beschriebenen Körperchen absehen, nicht zu einer selbständigen Ausbildung. Wir würden dasselbe abzuleiten haben aus der Region der Verbindungsfäden, welche als eine hellere feinkörnige Substanz, durchsetzt von der Zellplatte (Xp), zwischen den beiden chromatischen Tochterplatten bemerklich wird (Fig. 63, 79). Diese Region der Verbindungsfäden ist bei unserem Objekte etwa eylindrisch bei einer Grundfläche, welche kaum größer ist, als die Platten der Chromosomen. Eine Ausbauchung in der Region der achromatischen Zellplatte wie eine solche in so höchst auffallender Weise bei Pieris brassicae, etwas schwächer bei den weiter unten zu beschreibenden Insekten sich ausbildet, fehlt hier gänzlich. Demgemäß kann auch das Thelyid nur von geringer Ausdehnung sein. Nun schnürt sich aber das erste Richtungskörperchen außerhalb der achromatischen Zellplatte von der ersten Richtungsspindel ab (Fig. 78, 65) und es scheint mir nicht zweifelhaft zu sein, wenn ich es auch nicht direkt habe beobachten können, dass der im Ei zurückbleibende Kern sich in entsprechender Weise von der Richtungsspindel ablöst, nämlich durch eine unterhalb Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. Il. 17 der achromatischen Kernplatte sich einstellenden Trennungsebene. Diese Auffassung würde die hier vorliegenden Verhältnisse ungezwungen in Einklang bringen mit dem was ich sonst von Insekten beobachtet habe. Der so zwischen beiden Kernen übrig bleibende Rest, welcher die Zellplatte enthält, würde demgemäß das Thelyid darstellen. Dasselbe entzieht sich als solches sehr bald der Beobachtung; doch ist es mir wahrscheinlich, dass das oben beschriebene Körperchen aus der Sub- stanz des Thelyid hervorgeht. Denn dass es stets an der Stelle der ersten Richtungsspindel liegt, nur ganz selten etwas seitlich davon (Fig. 68 a), ist doch höchst merkwürdig. Möglicherweise bildet sich das Körperchen, wie aus Fig. 65 hervorgeht, in der Flucht der Kernplatte. Nach meinen Aufzeichnungen habe ich das Körperchen in 26 verschie- denen Eiern aufgefunden an derselben Stelle und kann man da eigent- lich nicht mehr von einem Zufall sprechen. Das erste Richtungskörperchen (RA/) liegt also als ein kleines Plasmaklümpchen, welches die äußere Tochterplatte der Chromosomen umschließt, außerhalb des Eies in einer kleinen Vertiefung des Rand- plasmas (Fig. 68, 75, 81). Es hat 12 hantelförmige Chromosomen mit- bekommen, wie man aus Fig. 85a ersieht, während bei b die zugehörige im Ei verbleibende Tochterplatte (RspII) dargestellt ist. In Fig. 66 und 67 habe ich die Polansichten zweier anderer (/) Richtungskörper abgebildet, an denen ich aber 13 Elemente gezählt habe. Jedoch neige ich der Ansicht zu, dass die beiden Körperchen bei & zusammengehören und als Einheit gerechnet werden müssen. Dann würden wir wiederum die Zahl 12 bekommen. Die zugehörigen Chromosomen des Eies ließen sich in diesen Fällen wegen ungünstiger Schnittführung nicht zählen. 4. Die Bildung des zweiten Richtungskörperchens, Die im Ei verbleibende Tochterplatte von Chromosomen macht die gewöhnlichen Veränderungen durch, welche zur Ausbildung der zweiten Richtungsspindel (Rsp//) führen. Die Chromosomen schnüren sich in der Mitte ein, sofern sie es nicht schon vorher waren. Von der ersten Theilung her liegen sie Anfangs natürlich noch so, dass ihre Längserstreckung parallel zur ersten Zellplatte (Xp) gerichtet ist (Fig. 63, 64, 65, 78). Dann beginnen sie sich um 90° zu drehen und richten sich so gewissermaßen auf (Fig. 79). Es geschieht das nicht von allen Elementen gleichzeitig, aber doch nur mit geringen Zeitunterschieden, so dass bald alle senkrecht gegen die Oberfläche des Eies gerichtet sind (Fig. 68, 84). Die Figur ist ringsum von einem plattgedrückten Hofe einer hellen Substanz umgeben. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIV, Bd, 9 N 18 H. Henking, Ich habe bereits oben hervorgehoben, dass die Chromosomen oft von ungleicher Größe sind, und kann man sich hiervon besonders gut an dem vorliegenden Stadium überzeugen. So habe ich drei besonders verschiedene Elemente aus der Fig. 68 in starker Vergrößerung in Fig. 74 abgebildet. Man ersieht daraus, dass das mittelgroße Element a etwa nur das halbe Volumen des Elementes c und dass dieses vielleicht gar das Vierfache des Elementes b beträgt. Das sind also ganz beträcht- liche Schwankungen. Im Körperchen a haben wir die normale Größe vor uns, welche von den meisten Chromosomen innegehalten wird. Die Chromosomen in Fig. 68 und 31, noch deutlicher aber in Fig. 71 zeigen, dass sie in der hellen Mittelzone, dort wo die Theilung erfolgen soll, eine Abplattung der färbbaren Substanz darbieten, als wenn eine Scheibe von achromatischer Substanz zwischen die gefärbten Endstücke eingeschaltet wäre. Thatsächlich erkennt man, dass die beiden Hälften der Chromosomen noch peripher durch Brücken zusammenhängen, welche bei der Seitenansicht als Fäd- chen erscheinen. Wenn dann die Hälften weiter aus einander weichen, zieht sich die Zwischensubstanz länger aus. Beachtenswerth scheint es mir zu sein, dass auch die chromatische Substanz ihre Form ändert und eine Zuspitzung dort erfährt, wo vorher sich die Abplattung befand. Es geht der achromatische Verbindungsfaden, in welche Gestalt die oben erwähnte Scheibe übergegangen ist, von dem zugespitzten Ende des chromatischen Tochterelementes aus (Fig. 76). Istes mir wegen der ungemeinen Zartheit der achromatischen Bestandtheile und der fein- . körnigen oder netzigen Beschaffenheit der plasmatischen Grund- und Zwischensubstanz auch nicht gelungen einen Übergang von Chromatin in die Verbindungsfäden sicher nachzuweisen, so zweifle ich doch um so weniger daran, als man sich eine solche Zuspitzung, wie sie in Fig. 76 und Fig. 82 unten abgebildet ist, nur entsprechend fortgesetzt zu denken braucht, um das zu erhalten, was ich in anderen Fällen mit Sicherheit gesehen habe. Die vorliegende zweite Richtungsspindel, an welcher also von Pol- körperchen, vonachromatischen Spindelfäden oder einer Plasmastrahlung bei der von mir angewandten Konservirung nichts bemerkt wurde, hat nach Auseinanderweichen der Tochterplatten Anfangs die Gestalt eines Cylinders mit überall etwa gleichem Querdurchmesser (Fig. 75, 76 RsplI). Dann aber tritt auch hier an beiden Enden des Cylinders eine Verschmälerung ein, indem die Chromosomen in jeder Tochter- platte näher zusammenrücken (Fig. 82). Gleichzeitig wird in der nun breitesten Stelle der Figur eine körnige Zellplatte (KpI/) sichtbar, welche deutlich Karminfärbung annimmt, und sehr wohl aus Theilen 4 he 4 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 19 E der dort zusammenfließenden Verbindungsfäden hervorgehen kann (Fig. 82). | F Dann wölbt sich das Randplasma des Eies, meist im Grunde der 2 Vertiefung für das erste Richtungskörperchen, jedenfalls in dessen nächster Nähe, hügelig empor (Fig. 82, 77a, 84). Bald schnürt sich der # Hügel, ganz wie beim ersten Richtungskörperchen, völlig vom Mutter- boden ab, die äußere chromatische Tochterplatte in sich einschließend. - Und eben so wie ich es dort geschildert habe, greift dietrennende - Furcheein zwischen der äußeren chromatischen Tochter- platte einerseits und der Zellplatte andererseits. Es wird also die Zellplatte bei der Bildung des zweiten Richtungskörperchens nicht berührt (Fig. 18). | Wird die Zellplatte etwa für den Eikern mit verwandt? Auch das muss ich verneinen. Der Eikern (Eik) bildet sich aus der inneren Tochterplatte der Chromosomen, während die Zellplatte (KpII) noch unverändert dicht unterhalb jener Stelle gesehen werden kann, wo das zweite Richtungskörperchen abgeschnürt war (Fig. 77a, 84). In diesen beiden Präparaten ist der Eikern wohl durch den Kontraktions- druck der Umgebung in Folge der Konservirung etwas deformirt. Man sieht ihn sonst auch als stattliche Blase noch im Randplasma liegen (Fig. 70 b und Fig. 16 Eik). In der letzteren Figur habe ich die Reste der Kernplatte über ihm noch angedeutet. Man muss für die somit abgeworfene Zellplatte sammt Umgebung auch hier die Bezeichnung eines zweiten Thelyids anwenden. Das- selbe ist eben so gering ausgebildet wie es das erste war und ver- schwindet eben so rasch völlig, ohne dass hier irgend ein Körper aufträte, welcher etwa noch als Abkömmling desselben aufgefasst wer- den könnte, wie es dort möglich war. Denn die eigenthümlich gefärb- ten Körperchen (a), welche öfter im Bereiche der zweiten Spindel bemerkt werden, und von mir in Fig. 84, 82, 77b gezeichnet sind, haben eine größere Beziehung zum ersten Richtungskörperchen, wie oben mitgetheilt wurde, n Dass sowohl in das zweite Richtungskörperchen, wie auch in den - Eikern je zwölf getrennte Chromosomen übergehen, erhellt nicht nur © aus dem klaren Theilungsmodus der zweiten Richtungsspindel, wie in Fig. 68 und 81 abgebildet ist, sondern noch schlagender aus der i - Fig. 75, in welcher die beiden Tochterplatten unverkennbar je 12 : i Chromosomen darbieten. B: - Wir hatten also in den Ureiern jedes Mal 24 Chromosomen vor uns, bei den Theilungen des ersten und auch des zweiten Richtungskörpers dagegen nur je 1% Chromosomen. Da diese Zahlen durch Betrachtung 9% 20 Bu Henking, der Polansichten gewonnen wurden zu einer Zeit, in welcher alle Chromosomen in einer Ebene (entweder des Äquators oder eines Breitengrades) aufgestellt waren, so kann meines Erachtens kein Zwei- fel daran sein, dass eine Reduktion der Zahl (von 24 Chromosomen auf 12) bei der Bildung des ersten Richtungskörperchens stattfindet. Zeigen sich die Chromosomen der ersten Richtungsspindel auch theil- weise bei Polansicht eingeschnürt, so möchte ich darin nur einen ver- frühten Hinweis auf ihre abermalige Halbirung erblicken. Dort wo die Einschnürung sich findet, da geht auch die Theilungsebene der zweiten Richtungsspindel hindurch. 5. Über die Mikropylen des reifen Eies und das Eindringen der Samenfäden in dasselbe. Das reife Ei ist von einer nicht sehr dicken, aber doch sehr festen Hülle umgeben. Sie bewahrt die ursprüngliche Form des Eies, auch wenn Dotter und Plasma durch Schrumpfung, wie es im Alkohol ge- schieht, sich von ihr zurückgezogen haben. Man erkennt aus Fig. 1 die Form des Eies bei Seitenansicht, der Querschnitt desselben ist rund (Fig. 17 ete.). Bei Färbung mit Karmin und Pikrinsäure werden an der dichten und glatten, nicht skuipturirten Eischale, zwei Schichten sicht- bar, beide etwa von gleicher Dicke, eine äußere gelb gefärbte und eine innere, welche den rothen Farbstoff annimmt. An dem oberen etwas abgeplatteten Eipole, welcher beim Legen zuletzt aus dem Körper des Thieres hervorkommt, schwindet die rothe Färbung allmählich, statt ihrer tritt eine zarte Lamelle auf, welche sich streckenweise etwas weiter von der äußeren gelblichen, homogenen Schicht abhebt, jedoch durch ganz zarte Bälkchen mit ihr in Verbindung bleibt. Wo sich diese Lamelle etwas abhebt, sitzen der Eischale kleine Kegel auf, die Mikro- pylen. Das Größenverhältnis der Mikropylen in Bezug auf das ganze Ei erkennt man aus Fig. 1, ihren feineren Bau aus Fig. 43 und 44. In den letzten beiden Abbildungen wird ihre Form deutlicher, man sieht, dass sie sich nach dem freien Ende zu etwas verdicken. Die äußere stark lichtbrechende Wand des Eies bildet auch die Außenwand der Mikro- pylen und setzt sich ohne Begrenzung dahin fort; der Innenraum der Mikropyle aber entsteht anscheinend nur durch eine beträchtliche Erweiterung der vorhin erwähnten und in der Umgebung der Mikro- pylen vorhandenen inneren lamellösen Schicht. Denn der Hohlraum ist von einem deutlichen chitinigen Balkenwerk durchsetzt und diese Balken entspringen von Rauhigkeiten an der Innenseite der chitinigen Außenwand und grenzen verschieden große Hohlräume ab. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 21 Was den Kanal der Mikropylen anbetrifit, so kann man sich den- selben entstanden denken durch eine trichterförmige Einstülpung der - äußeren glänzenden Chitinwand nach innen. Wie aus Fig. 44 hervor- geht, befindet sich der Eingang etwas unterhalb der Spitze. Der Ein- sang ist ziemlich weit, mit rundem Querschnitt (Fig. 43); der Kanal verengt sich von da ab nach innen ganz allmählich. Dort, wo der Kanal dicht hinter der Eingangsöffnung die Krümmung nach unten macht, befindet sich gewissermaßen auf dem Rücken der Krümmung eine verdünnte Stelle in der Chitinwandung desselben (Fig. 44). Im Übrigen ist die Kanalwand von einem ziemlich derben Chitin gebildet (Fig. 43, At). Sehr eigenthümlich ist es, dass dieser Kanal sehr viel länger ist als die Höhe der Mikropyle beträgt, etwa doppelt so lang (Fig. 43). Die untere Hälfte befindet sich bereits im Inneren der Eischale und würde sich hier natürlich ziemlich tief in den Dotter erstrecken, wenn sie nicht zur Seite gebogen wäre. Nun kann man sich durch das obere Ende des Mikropylenkanales, welcher ja hinter der Eingangsöffnung eine Krümmung macht (Fig. 44), eine Ebene gelegt denken, welche also in Fig. 44 die Ebene des Papiers sein würde. Dann ist das untere freie Ende des Mikropylenkanales stets senkrecht aus dieser Ebene heraus- gebogen; wir werden weiter unten sehen, dass die beiden möglichen Fälle vorkommen, dass also, um bei dem Beispiele der Fig. 44 zu blei- ben, das freie Ende nach abwärts oder nach aufwärts von der Ebene der Tafel gebogen sein kann. Hieraus folgt, dass, wenn wir die Mikro- pyle derartig vor uns haben, dass die Eingangsöffnung seitlich liegt, dass also der Verlauf des Kanals in der eigentlichen Mikropyle in seiner Krümmung vor uns liegt, wie in Fig. 44, dass dann das freie Ende von uns ab oder auf uns zugewandt ist und nur durch successive Focusände- rung in seinem Verlaufe verfolgt werden kann. Blicken wir dagegen in die Eingangsöffnung hinein, so wird das untere Kanalende sich in der Bildebene des Mikroskops präsentiren (Fig. 43). An welcher Stelle sich die Ausmündung des Kanales befindet, habe ich nicht genau ermittelt; derselbe spitzt sich nach dem unteren Ende mehr und mehr zu und dem entsprechend verfeinert sich auch der innere Hohlraum, und zwar so sehr, dass von ihm schließlich nichts mehr zu erkennen ist. Oft ist auch das untere Ende von einer bräun- lichen Masse erfüllt. Blickt man von oben auf den die Mikropylen tragenden Eipol herab, so wird man stets finden, dass die Mikropylen gewissermaßen auf der Peripherie eines Kreises angeordnet sind (Fig. 51). Dabei ist es auf- fällig, dass die ja an einer Seite der kleinen Kegel befindlichen 39 | H. Henking, Öffnungen sich stets nur an der Außenseite des Kreises befinden, eine Einrichtung, welche vom Standpunkte der Zweckmäßigkeit wohl zu verstehen ist (Fig. 51). In der Zahl der Mikropylen’ findet ein nicht unwesentliches Schwanken statt. Vier Kegel waren das Wenigste, was ich beobachtet habe (Holzschn. I). Häufiger kamen fünf Mikropylen vor, noch zahl- reicher deren sechs und sieben, selten acht und nur in einem Falle Fig. 1. Mikropylen von Pyrrhocoris. habe ich einmal deren neun gezählt, Auch Levckarr (52) hat fünf und sieben »Becherchen« bei Pyrrhocoris beobachtet und nach Hrrorp (40) sind mehrentheils die Eier mit fünf, sechs, sieben und acht »Grannen« versehen. Letzterer Forscher giebt noch an, in seltenen Fällen zwei, drei und zehn Mikropylen außer den von mir angegebenen gefunden zu haben. | Ich habe eine größere Zahl von Mikropylen in obenstehendem Holzschnitte abgebildet, damit erkennbar wird, dass der Abstand der Kegel von einander ein recht verschiedener ist. Auffallender noch ist der Unterschied im Durchmesser der von den einzelnen Mikropylen 3 . 4 4 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 93 gebildeten Kreise (Holzschn. I: 7M). Auch die Kegel selber weisen eine oft nicht unerheblich schwankende Größendifferenz auf (v. 5 M.) E und rudinentäre Warzen können noch neben voll ausgebildeten Zapfen - auftreten (v. 5M). Bei vielen der abgebildeten Mikropylen ist durch einen Strich, welcher jedes Mal von dem die Mikropyle repräsentirenden Kreise aus- geht, die Lage des freien unteren Mikropylenkanals angegeben. Man sieht daraus, dass von den Kanalendigungen der von den Mikropylen gebil- dete Kreis gewissermaßen ergänzt wird, besonders auffällig dann, wenn nur vier Mikropylen vorhanden sind (v. #4M). Nur in seltenen Fällen verlassen die Kanäle die Kreisperipherie (v. 5 M rechts). Nach der Richtung der Kanalenden könnte man rechts- und linksdrehende Eier unterscheiden. Bald nämlich erstrecken sich die Kanäle dem Gange der Uhrzeiger entsprechend (v. Holzschnitt I), bald haben sie eine entgegengesetzte Richtung. Ich bemerke, dass rechts- und linksdrehende Eier gemischt bei allen Mikropylenzahlen vorkom- men, wie aus den Abbildungen hervorgeht. Aber darin besteht eine völlige Übereinstimmung, dass die Kanäle des einzelnen Eies entweder sämmtlich nach rechts oder sämmtlich nach links gedreht sind. Das Eindringen der lebenden Samenfäden in die Mikropyle, welches z. B. bei Musca nicht schwierig zu beobachten ist, habe ich hier zu sehen nicht versucht. Oft jedoch habe ich auf Schnitten gefärbte Fäden bekommen, welche von der Mikropyle aus in das Innere des Eies hineinragten und unzweifelhaft von Spermatosomen herrührten. Auch in solchen bereits abgelegten Eiern, in welchen der zur Aufbe- wahrung dienende Alkohol eine Schrumpfung des Eiinhaltes und damit ein Zurückweichen desselben von der Eihülle bewirkt hatte, kommen häufig Fäden zur Beobachtung, welche von den Mikropylen auf die Eioberfläche zustreben (Fig. 1, 45). Diese Fäden, an welche sich öfters eine Substanz knötchenförmig angesetzt hat, wodurch sie rauh erscheinen, möchte ich als Spermatozoen deuten. Die Samenfäden dringen in das Ei ein, wenn dieses bei seinem Marsche nach außen an den Ausführungsgängen der Receptacula seminis und deren Mündung vorbeigleitet. 6. a rungen der Samenfäden bis zur Copulation der Geschlechtskerne. Ein besonders ausgezeichneter Empfängnisfleck, wie ich einen solchen bei Musca und Pieris beschrieben habe, ist hier bei Pyrrhocoris nicht vorhanden. Ob das damit zusammenhängt, dass bei jenen Thieren 24 H. Henking, nur eine einzige Mikropyle ausgebildet ist, hier aber eine größere An- zahl, vermag ich nicht zu sagen. | Das Fehlen des Empfängnisfleckes mag Schuld daran sein, dass die Samenfäden an einem größeren Bezirke der Eispitze einzudringen vermögen. Allerdings habe ich hier nicht beobachtet, dass in der Nähe derjenigen Stelle, an welcher ein Samenfaden im Randplasma gesehen wird, auch deren mehrere noch gefunden werden. Zuweilen können die Samenfäden eine Strecke abwärts von der Spitze im Randplasma auftreten (Fig. 2). Von einem längeren Schwanzstücke ist an den Samenfäden nach dem Eindringen jetzt nichts zu bemerken, vielmehr sieht man deutlich nur die stark färbbaren Kopfabschnitte. Eine stärkere plasmatische Ansammlung ist Anfangs nicht vorhan- den in der Umgebung der Samenfäden und tritt dieselbe erst ein, wenn sich die Samenfäden mehr in die Tiefe senken (Fig. 12). Dann bleibt aber der ganze von ihnen zurückgelegte Weg bis zum Rande hin deutlich markirt durch eine breite Plasmastraße, welche in der Mächtigkeit wie hier, nur selten vorkommen mag. An günstigen Bei- spielen kann man in dieser Plasmastraße dann auch weithin sich erstreckende Bruchstücke der Schwanzfäden finden, welche alsdann stets noch mit dem Kopfende in Zusammenhang stehen (Fig. 5, 6, 7, 13). Der Kopf des Samenfadens erleidet beim tieferen Eindringen in das Ei in der gleichen Weise, wie ich es von Pieris beschrieben habe, eine Verdickung zunächst an seinem unteren Ende (Fig. 13). Bald aber geht die Verbreiterung des Querdurchmessers auch nach der Spitze zu weiter (Fig. 6, 5), so dass der verbreiterte Kopfabschnitt nicht mehr so homogen erscheint wie z. Z. der Fadenform, sondern mehr den An- blick eines Haufwerkes feinster chromatischer Körnchen, mit helleren Zwischenräumen darbietet. Gleichzeitig ist auch eine beträchtliche Verkürzung des Kopftheiles eingetreten (Fig. 15) und so kommt unter Verbreiterung und Verkürzung in allmählichem Übergange ein ovales Körperchen zu Stande, wie es in Fig. 16 abgebildet ist. Dasselbe hat nun schon wieder ein ganz kernartiges Aussehen, birgt im Inneren die bereits vorhin erwähnten Chromatinkörnchen, welche nun aber durch einen noch größeren Zwischenraum von einander getrennt sind. Das dem Kerne noch anhängende Stück des Schwanzfadens habe ich stets am deutlichsten gesehen zu der Zeit, in welcher die Verkürzung des nadelförmigen Samenkernes einzusetzen beginnt. Wie bereits bemerkt, sind Schwanzfäden Anfangs nicht zu sehen (Fig. 12). Es mag das zum Theil an der Beschaffenheit des Plasmas liegen, zum Theil jedoch möchte ich auch an Veränderungen denken, welche die Substanz desSchwanzfadens selber erleidet. Dann nämlich, wenn die männlichen « Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 25 - Kerne zur Copulation schreiten, habe ich kaum noch einmal etwas - mehr von ihnen gesehen. Sie verschwinden also. Nun ist es ja ganz wohl denkbar, dass der Schwanzfaden oder irgend ein Theil des ihn durchziehenden Nebenkernes bei dem beginnenden Auflösungsprocesse in einen Zustand kommt, in welchem er Karmin stärker zurückhält als sonst. Jedenfalls ist es auffallend, dass er zur Zeit der Kernver- kürzung häufig so scharf hervortritt. In ähnlicher Weise wie ich es bereits von Pieris beschrieben habe, erleidet der Kernabschnitt eine Knickung gegen die Erstreckung des Schwanzfadens (Fig. 5, 6, 7, 13). Meist befindet sich die Stelle der Kniekung an dem Vereinigungspunkte von Kopf und Schwanz. Aber auch der Kopffaden weist eine Krümmung auf, deren Konvexität sich dem unteren Ende des Eies zuwendet. Es dürfte auch hier wohl kein Zweifel daran sein, dass die Krümmung und Abknickung des Samen- fadens eine Folge des Marsches desselben in die Tiefe des Eies ist. Wir bekommen hierdurch aber wiederum einen Hinweis darauf, wo die treibende Kraft zu suchen ist. Läge dieselbe an der Spitze des Samenfadens, wie es eine weitverbreitete Ansicht ist, so ist nicht zu verstehen, wesshalb denn diese Stelle nicht voranmarschirt, wesshalb also der Samenfaden nicht die lanzenförmig gerade Gestalt beibehält, welche doch seiner Entwicklung nach ihm als die natürliche zu- kommt. In der Umgebung der Knickungsstelle, also dort, wo Kopf und Schwanz zusammenhängen, tritt nun eine helle Substanz auf, das Arrhenoid, und auch hier sind die zwischen die Dottermassen aus- gehenden Strahlen ganz besonders auf dasselbe orientirt (Fig. 7, 13). Wenn dieselben auf den einzelnen Figuren nicht sehr stark zu sein scheinen, so ist das eben nur ein Schein. Die eigenthümlich dichte Lagerung der eckigen Dottermassen gestattet bei der von mir ange- wandten einfachen Karminfärbung oft nicht, die gelegentlich sehr dünnen Plasmastrahlen weithin zu verfolgen. Aber selbst in diesen Fällen ist der richtende Einfluss derselben un- verkennbaran der radiärzur Umgebung des Arrhenoids stattfindenden Zerklüftung der Dottermassen. Radiäre - Linien theilen dieselben in getrennte Bezirke und meist ist schon an dieser merkwürdigen Lagerung der Dotterkörperchen die Nähe eines - Spermatozoon zu bemerken, bevor man dieses selbst oder die es ein- - Schließende größere Plasmaansammlung aufgefunden hat. ; Da ich diese Verhältnisse schlecht habe wiedergeben können, - besonders auch wegen des doppelten von mir den ganzen Figuren der Taf. I zu Grunde gelegten Maßstabes, zumal die Dottersubstanz nicht 36 H. Henking, eingezeichnet werden konnte, so möge diese Erläuterueg bei der Be- urtheilung aller jener Figuren nicht unberücksichtigt bleiben. Das Arrhenoid ist also auch hier an derselben Stelle vorhanden, wie bei Pieris, wenn auch vielleicht nicht in der bedeutenden Aus- bildung wie dort oder wie bei Agelastica. Dass aber die Spitze des Samenfadens sich völlig indifferent gegen die Strahlenzone verhält, kann man daraus ersehen, dass dieselbe sich sehr häufig an der äußeren Grenze der plasmatischen Ansammlung befindet (Fig. 5, 6), so dass es sogar oft den Eindruck macht, als wenn diese Spitze ganz nackt zwischen die Dotterkörner vorrage, indem sie die Grenze der Plasmazone etwas überschreite. Bemerken will ich hier, dass mir von dem Spitzenstücke, dessen Entstehung ich bei der Schilderung der Spermatogenese mitgetheilt habe, hier niemals etwas zu Gesicht ge- kommen ist. Ist in den bisher besprochenen Stadien, in welchen der Kopf des 'Samenfadens noch lang gestreckt ist (Fig. 5, 6), keine Unsicherheit darüber vorhanden, an welche Stelle der Ursprung des Arrhenoids zu setzen sei, so würde die Lösung dieser Frage sehr viel schwieriger sein, wenn zur Entscheidung nur solche weiter vorgerückte Stadien herangezogen werden könnten, wie ein solches in Fig. 8 vorliegt. Denn hier ist der Kopffaden bereits zu einem ovalen Kerne umgebildet, der Schwanz ist nicht mehr zu erkennen und das Arrhenoid liegt als eine helle Substanz dem Samenkerne seitlich an. Aber auch hier würde eine Entscheidung noch eher möglich sein, wenn Bestandtheile des Schwanzes durch ihr Vorhandensein noch eine Rückführung auf die ursprüngliche Lagerung im Samenfaden gestatteten. Ein solcher Fall steht mir in dem der Fig. 18 zu Grunde liegen- den Präparate zur Verfügung. Hier sieht man, wie der neben zwei Samenkernen noch vorhandene Schwanz thatsächlich dort endigt, wo das Arrhenoid dem Kerne anliegt. Ganz unverkennbar war hier ferner, dass der eine weithin zu verfolgende Schwanzfaden (Fig. 18 links) aus zwei gefärbten und in gleichem Abstande dicht neben einander her- ziehenden Fädchen gebildet war. Bei den Schlängelungen, durch welche der Schwanzabschnitt vom Kerne bis zur Peripherie zu ver- folgen war, erhielt man bald ein Flächenbild, bald den Querschnitt der beiden durch einen geringen Zwischenraum von einander getrennten Fädchen. Es entspricht dieses Bild also ganz demjenigen, welches ich von einem freien Samenfaden von Pyrrhocoris in meiner Abhandlung über deren Spermatogenese (37) in Fig. 112 gegeben habe. Hierdurch wird es auch wahrscheinlich, dass der im Ei als ge- färbter Faden auftretende Schwanzabschnitt für einen Theil des a ET a a er a ee ee I a Fer Fe TINTE ar Sr Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 97 3 Nebenkernes zu halten sei, welcher in günstigen Fällen in die durch = seine Entstehung gegebenen zwei parallelen Fäden zerfallen kann. "Wie aber bereits gesagt, ist auf dem Stadium des ovalen Samen- kernes in der Regel nichts mehr vom Schwanzabschnitt zu sehen. - Dann nimmt der Kern weiterhin mehr eine Kugelform an (Fig. 17) und in seinem Inneren tritt ein zartes Netzwerk auf, welches mit den : feinen Chromatinkörnchen in Verbindung steht. Nun ist er zur Copu- - lation reif, und es währt nicht lange, dass er mit dem Eikern in Berührung tritt (Fig. 9). Hierbei erfährt er noch eine merkliche Ver- größerung seines Volumens (Fig. 19) und das in seinem Inneren schon vorher sichtbare Netzwerk gewinnt an Deutlichkeit (Fig. 74 gt). Später aber wird dasselbe wieder undeutlicher, dafür aber beginnt das bisher fein vertheilte Chromatin in gewissen Bahnen zusammenzuströmen (Fig. 24 J'). Das Zusammenfließen des Chromatins geht weiter; dadurch werden die Anfangs sehr zarten Fäden immer derber und bilden schließlich deutliche Schleifen (Fig. 20 und Fig. 88 3%). Die Schleifen verkürzen sich langsam und stellen in der ersten Furchungsspindel nur kurze Stäbchen dar. Wir hatten den Eikern auf jenem Stadium verlassen, dass 12 Chromosomen aus der zweiten Richtungsspindel im Ei verblieben waren (Fig. 7). Diese umgeben sich mit einem besonderen Hofe, welcher sich ringsum scharf gegen die Umgebung absetzt (Fig. 16 E:k). Nun dringt der Eikern zwischen die Dottermassen und kann auf seiner Wanderung durch den Druck der Umgebung (ob erst bei der Konser- virung?) Gestaltsveränderungen erleiden (Fig. 18 ©). Da der Kern auf diesem Marsche nur von einer ganz winzigen Menge von Plasma begleitet wird und keinerlei Strahlung oder sonstwie Veränderungen in seiner Umgebung veranlasst, so kann er leicht übersehen werden. Stets jedoch ist er kenntlich an seiner bläschen- förmigen Gestalt (Fig. 8 @) und an den kompakten Chromosomen. So nähert er sich einem männlichen Kerne (Fig. 19), und tritt bald ganz in dessen Plasmahof ein (Fig. 9, 20 ete.). Vom männlichen Kerne ist der Eikern noch ziemlich lange durch seinen Bau zu unterscheiden. Denn während ersterer ein Maschennetz mit feinen vertheilten Chromatinkörnchen enthielt, besitzt zwar der Eikern ebenfalls eine achromatische Grundsubstanz, aber die Ghromo- somen haben fast noch das gleiche Aussehen wie damals als sie aus der Theilung der zweiten Richtungsspindel hervorgingen. Sie sind nämlich etwa kugelig, doch so, dass viele feine Fortsätze über die Ober- 38 II. Henking, fläche der Kugel hervorragen (Fig. 74 links). An Volumen mag der Eikern den Samenkern um ein Weniges übertreffen. Wenn die Chromatinsubstanz des Samenkernes sich zu den Schleifen formirt hat, beginnt auch der Eikern Veränderungen zu zeigen. Die rundlichen Chromosomen nehmen eine andere Gestalt an, welche man sich dadurch entstanden denken kann, dass die Chromatinsubstanz nun in zwei der über die Oberfläche schon vorher vorragenden Fortsätze der Kügelchen hineinströmt. Diese werden dadurch länger und dicker als die übrigen. Liegen die Fortsätze einander gegenüber, so resultirt eine gestreckte Schleife, liegen sie neben einander, so kann ein scheinbarer Doppelfaden entstehen. Hierin dürften die verschiedenartigen Bilder der Chromatinsubstanz, wie sie im weiblichen Kerne Fig. 88 links, gezeichnet sind, ihre Erklärung finden. Das Resultat der Umlagerung des Chromatins im männlichen sowohl wie im weiblichen Kerne ist das, dass die Chromosomen beider Kerne sich sehr ähnlich werden, In beiden sind dieselben gleichmäßig dicke und meist gebogene Fäden, deren Länge bis etwa gut ein Drittel des Kerndurchmessers betragen kann (Fig. 90, 86, 21, 25). Auf diesem Stadium habe ich auch gesehen, dass das bisher in der Einzahl vor- handene Arrhenoid nun doppelt vorhanden ist, ohne dass ich über die Art seiner Theilung etwas angeben könnte. Die beiden unzweifelhaft aus dem Arrhenoid hervorgegangenen hellen Gebilde liegen einander gegenüber in der Furche, welche durch die Berührung der beiden Geschlechtskerne entsteht (Fig. 21), Jetzt bildet sich aus den beiden Geschlechtskernen die erste Furchungsspindel, indem deren Membran sich auflöst und aus den zu kurzen Stäbchen gewordenen Chromosomen die Äquatorialplatte sich formirt (Fig. 26). Diese theilt sich in der Mitte (Fig. 22) und die Hälften wandern nach den Polen, welche von den Abkömmlingen des Arrhe- noids, den Polkörperchen, eingenommen wurde. Die chromatischen Hälften runden sich zu den Tochterkernen ab, an ihren entgegen- gesetzten Seiten bemerkt man jederseits das unpaare Polkörperchen (besser Polarsubstanz), zwischen ihnen schnürt sich der Plasmahof ein (Fig. 23) und nach dessen Abtrennung liegen die beiden ersten selb- ständigen Furchungskerne vor. Auf Eines möchte ich hier noch besonders aufmerksam machen: In der Furchungsspindel haben wir eine intensiv gefärbte Äquatorial- platte und auch die aus einander weichenden Tochterplatten sind sehr stark gefärbt (Fig. 26 und 22). Sobald aber die beiden ersten Furchungs- kerne sich abgerundet haben, ist die Färbung völlig verschwunden (Fig. 23). Da diese Kerne nur recht klein sind, so genügt die Annahme a Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Biern der Insekten. Il. 29 durchaus nicht, dass die Farbe sich gleichmäßig im Kernraume ausge- breitet habe, denn dieser ist gar nicht stärker gefärbt als das umgebende Plasma und auch bei starkem Ausziehen der Farbe bleibt im Kerne nicht mehr zurück als in der Umgebung. Allerdings ist dieser ringsum durch eine Art von Membran gegen das Plasma abgegrenzt. Unver- kennbar scheint mir zu sein, dass das Chromatin beim Übergang in die ersten Furchungskerne irgend eine Veränderung erleidet, durch welche es seine charakteristische Eigenschaft, die Färbbarkeit, verliert. Die Theilungen der Furchungskerne bieten keine Abweichungen von den gewohnten Verhältnissen. Die Chromatinsubstanz, von welcher in den ersten beiden jungen Kernen nichts mehr wahrzunehmen war, tritt wieder auf, wenn diese Kerne sich vergrößern. Man vergleiche die Größe der Kerne in Fig. 23 und in Fig. 40. Das Chromatin erscheint in den sich vergrößernden Kernen unter der Gestalt von intensiv gefärbten ziemlich groben Körn- chen und Stäbchen. | Man könnte denken, dass das Erscheinen der Chromosomen einfach mit ihrem Wachsthum zusammenhinge, welches in gleichem Schritt erfolge wie das der Kerne selbst. Einer solchen Vermuthung muss ich entgegentreten; denn nehmen wir an, der Durchmesser der jungen Kerne in Fig. 23 sei in Fig. 40 um das Doppelte gewachsen, so muss ich betonen, dass die auf die Hälfte verkleinerten Chromosomen der Fig. 40 doch immer noch sehr deutlich zu sehen sein würden. Ehe die Kerne zur Theilung schreiten, wachsen sie noch etwas und die Chromatinsubstanz ordnet sich zu längeren und breiteren Fäden (Fig. 1). Dann bildet sich in gewohnter Weise eine Kernspindel und die Theilung tritt ein. Ich habe in Fig. 27, 42, A8 noch einige weitere Stadien der ersten Theilungen der Furchungskerne wieder- gegeben, aus welchen man die einzelnen Theilungsfolgen unschwer erkennen wird. Ob bei den späteren Theilungen der Furchungskerne auch noch ein chromatinloses Stadium eingeschaltet wird, vermag ich nicht anzu- geben. Ich habe meist in Vorbereitung zur Theilung begriffene Kerne gesehen, in welchen das Chromatin in mehr körniger Form oder schon in Gestalt deutlicher Fäden vorhanden war. In manchen ruhenden Kernen war jedoch ein beträchtlicher Rückgang des Chromatins unver- kennbar. Bei der Theilung erfahren die verkürzten Chromosomen eine Längsspaltung (Fig. 48). Ihre Zahl dürfte 24 betragen, wie auch z.B. aus der Polansicht einer Spindel in Fig. 48 (in der Mitte) hervorgeht. 30 H. Henking, Die Zahl genau festzustellen gelingt nicht wegen der Kleinheit der Spindel und der dichten Lagerung der Chromosomen. Unter fortgesetzten Theilungen rücken die Kerne nach außen und nähern sich erst vereinzelt (Fig. 48), dann häufiger dem Keimhaut- blastem, mit welchem ihr Plasmahof in Verbindung tritt, um später ganz damit zu verschmelzen. Dann liegt jeder Kern in einer kleinen Plasmaansammlung, deren Außenseite die Oberfläche des Eies bilden hilft, deren Innenseite eingesenkt ist in den Dotter. Letztere ist un- regelmäßig eingebuchtet, behält also mehr den Charakter, welchen die »Dotterzellen« (Kerne mit Plasmahof im Inneren des Dotters) auf- weisen; die Ecken der Buchten stehen mit dem allgemeinen Plasma- netz in Verbindung. Die einzelnen Zellen des Randes sind Anfangs durch eine dünne Plasmalamelle am Rande hin verbunden. Wie sie sich vermehren, rücken sie alsdann dichter an einander und verlieren an Volumen. Dann grenzt sich auch jede Zelle schärfer von der Umgebung ab und bekommt nun auch nach innen zu eine glatte Oberfläche, wie sie es vorher schon nach außen hin hatten. So werden die Zellen linsen- förmig; aber man hat flachere und höhere Linsen zu unterscheiden, da die Kerne eine verschieden dichte Lagerung an der Oberfläche ein- genommen haben (Fig. 50). Man kann zwei Längsstreifen von höheren Zellen, welche mit ihren Mittelpunkten um einen Centriwinkel von etwa 90° von einander entfernt sind, an Eiern im Alter von 53 Stun- den unterscheiden, und zwar ziehen diese Längsstreifen von vorn nach hinten über das Ei hin. Später wuchert alsdann vom hinteren Pole des Eies her eine verdickte Zellschicht in den Dotter (Fig. 28), jedoch derart, dass sie ringsum von Dotter umgeben ist, wie Querschnitte solcher Stadien zeigen. Wir bekommen demnach hier einen inneren Keimstreifen. 7. Überzählige Samenfäden im Ei. Bereits oben habe ich mitgetheilt, dass mehrere Samenfäden in das Ei einzudringen pflegen. Wenn es mir gelang, im Randplasma soeben befruchteter Eier überhaupt einen Samenfaden aufzufinden, so konnte ich sicher sein, dass er nicht allein war. Ich habe zwei Bei- spiele hierfür in Fig. 2 und 4 gegeben und bedeuten die Fäden im oberen Pole die eingedrungenen Spermatozoen. Auch in Fig. 1 und Fig. 45 sind mehrere Samenfäden auf dem Marsche von den Mikropylen nach innen dargestellt worden. Was wird nun aus diesen sechs oder mehr Samenfäden, welche so Anfangs gezählt werden können? Dass alle eingedrungenen Samenfäden sich einmal zu Vorkernen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 31 2 weiterbilden sollten, ist höchst unwahrscheinlich, für einige habe ich es jedoch beobachtet. Die übrigen mögen im Randplasma zu Grunde E gehen, wie es von mir ja auch für Pieris angenommen werden musste. Es braucht nur ein einziger Samenfaden sich weiter zu entwickeln (Fig. 5, 6, 16). Er macht die Veränderungen von der Fadenform bis zur Gopulation mit dem Eikerne durch, welche ich oben beschrieben habe. Es können jedoch auch zwei oder auch drei Spermatozoen sich im Ei zu männlichen Vorkernen umbilden. Sie alle machen dann genau dieselben Veränderungen durch, und zwar auch ganz gleichzeitig, wie - nur ein einziger Samenfaden. Ich habe auf Taf. I und II zahlreiche Beispiele hierfür abgebildet, welche auch die einzelnen Stadien der Umwandlung darstellen, Beispiele für zwei Spermatozoen in Fig. 7, 9, 12, 13, 14, 45, 47, 19, 21, 25, Beispiele für drei Spermatozoen in Fig. 8 und 18. — Die Samenfäden haben sämmtlich stets den gleichen Bau, wie die angezogenen Figuren erläutern werden. Eine Verwechslung mit dem Eikerne ist völlig ausgeschlossen, wie ebenfalls ein Blick auf die angezogenen Figuren darthun wird. Der Eikern tritt zu einem der zur Copulation bereiten Samenkerne und liegt alsdann neben ihm in der gleichen plasmatischen Ansamm- lung. Ist nun neben einem solchen copulirenden Kernpaare noch ein überzähliger Samenkern vorhanden, so wird man sehen, dass dieser sich immer noch im gleichen Schritt weiter entwickelt, wie sein be- sünstigterer Genosse (Fig. 19, 21). Es bereitet sich der überzählige Samenkern durch Ausbildung von Chromatinschleifen (Fig. 21, 25, 89) - in gleicher Weise zur Ausbildung einer Kernspindel vor, wie es auch die beiden copulirenden Kerne machen (Fig. 90). Hier weist meine Beobachtungsreihe leider eine Lücke auf, welche E ich trotz eines recht reichlichen Materials nicht habe ausfüllen können. Es bezieht sich das auf die Frage, ob ein solcher Samenkern sich that- sächlich theilt und eine Generation männlicher Kerne aus sich hervor- gehen lässt. Eine solche Frage ist nur außerordentlich schwer zu beantworten. = Denn angenommen, der überzählige Kern bilde sich zu einer Spindel um, wie es ja mit den beiden copulirten Kernen geschieht, so würden wir also annähernd gleichzeitig zwei Spindeln bekommen, die eine, “welche von den copulirten Kernen herrührt, die andere vom über- zähligen Samenkerne. Werden nun wirklich zwei Spindeln beobachtet, so müsste zunächst entschieden werden, ob dieselben nicht etwa aus E: den Tochterkernen der ersten unpaaren (aus den copulirenden Kernen hervorgegangenen) Spindel abgeleitet werden müssten. Dieses aber ist nur sicher festzustellen durch eine Zählung der Chromosomen, ie: 32 H. Henking, welche hinwiederum nur bei Polansicht der Äquatorialplatte mit ge- - nügender Genauigkeit vorgenommen werden kann. | Hiernach dürfte sich bemessen lassen, dass es zur Entscheidung dieser Frage an einem Materiale, welches nur an Schnittserien studirt werden kann, einer ganz besonderen nur auf diesen Punkt gerichteten Untersuchungsreihe bedarf. Außerdem werden wir sehen, dass dem Zählen der Chromosomen sich auch noch aus einem anderen Grunde Schwierigkeiten entgegenstellen dürften. Bei der Untersuchung der Spermatogenese von Pyrrhocoris hatte ich beobachtet, dass zweierlei Samenfäden gebildet werden. Die einen enthalten 41 Chromosomen, die anderen deren 12. Ich richtete nun mein Augenmerk besonders darauf, ob etwa nur eine Sorte von Samen- fäden in das Ei eindringe resp. zur Copulation mit dem Eikerne gelange und welche von beiden. Auch hierauf vermag ich leider keine Antwort zu geben. Die Form der in den copulirenden männlichen Kernen auf- tretenden Chromatinschleifen ist zu ungünstig, die Kerne selbst sind zu klein, als dass mit Sicherheit angegeben werden könnte, es seien nur 1 oder 412 Chromosomen vorhanden. Außerdem scheint mir z. B. aus dem in Fig. 89 abgebildeten überschüssigen Samenkerne hervorzugehen, dass ein Zerfall der Chromosomen in mehrere Stücke eintreten kann, so dass man eine höhere Ziffer als die Maximalzahl 12 in einem einzelnen Kerne erhält. — In ausgebildeten männlichen Kernen habe ich von dem bei der Spermatogenese als besonderes Körperchen meist sichtbaren Nucleolus nichts bemerkt. Da, wo er leicht kenntlich sein müsste, in den Stadien der Fig. 17—19, besteht der männliche Kern, wie gesagt, nur aus einem Netzwerk mit fein vertheilten Ghromatinkörnchen. 8. Über das Schicksal der Richtungskörperchen. Bereits in einer vorläufigen Mittheilung hatte ich ausführlicher mitgetheilt, dass die Richtungskörperchen im Laufe der Entwicklung vom Ei wieder auigenommen werden und gebe ich hier zur Erläute- rung dieses Vorganges eine Reihe von Abbildungen. | Das erste Richtungskörperchen (RA/) liegt Anfangs allein in einer fiachen Grube der Eioberfläche (Fig. 13). Zu ihm gesellt sich alsbald das zweite Richtungskörperchen RAkII (Fig. 16). Beide sind stets leicht durch Lage, Dimensionen und Bau zu unterscheiden. Das erste Rich- tungskörperchen liegt der Regel nach weiter nach außen als das zweite, und ist auch beträchtlich größer als dieses. Es enthält auch hier die doppelte Chromatinmenge wie das zweite. Eigenthümlich ist bei beiden die Verschiedenheit in der Anord- nung des Chromatins. In dem ersten Richtungskörperchen liegen die Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. Il. 33 Chromosomen ziemlich locker und regellos, und wie sie Anfangs hantel- förmig gestaltet waren (Fig. 68, 81), kommt es leicht, dass die Hantel in der Mitte aus einander fällt, so dass nun einzelne Kügelchen ge- sehen werden (Fig. 82, 84). Es hat natürlich weiter keine Bedeutung, dass sich nun gelegentlich drei oder vier dieser Kügelchen näher zu- sammenlegen (Fig. 72). Es kann das schon mechanisch durch Druck bei der Konservirung oder dergleichen erklärt werden. Denn dass ein solcher Druck leicht stattfindet, ergiebt sich schon aus der Gestalt des ersten Richtungskörperchens, welches außen meist flach ist, nach innen zu aber eine Vorwölbung besitzt, entsprechend der Vertiefung der Grube (Fig. 81, 82 ete.). Das Plasma desselben ist meist ziemlich hell und zeigt einen netzförmigen Bau. Das zweite Richtungskörperchen (RAII) bewahrt meist den kuge- ligen Bau, der ihm seiner Entstehung nach zukommt (Fig. 17—22). Eben so verharrt auch die Ghromatinsubstanz in seiner Mitte ziemlich in der Lage, die es von Anfang an hat (Fig. 7 ff.). Höchstens drängen sich die Chromosomen später noch dichter zusammen, zerfallen an- scheinend nicht weiter und zerstreuen sich durchaus nicht. Die beiden Richtungskörperchen liegen neben einander Anfangs in der Grube der Eioberfläche und verharren dort bis zur Copulation der Geschlechtskerne (Fig. 8—21). Wenn aber die erste Furchungsspindel gebildet ist, selten früher (Fig. 17), vertieft sich die Grube (Fig. 20) und die plasmatischen Ränder neigen sich über ihr und den Richtungs- körpern zusammen (Fig. 22). Rasch verschmelzen nun die gewisser- - maßen gegen einander fließenden Ränder, so dass bereits zu der Zeit, > in welcher die beiden ersten Furchungskerne vorliegen, die Grube - nach außen hin verschlossen ist (Fig. 40). Es liegen also die Richtungs- - körperchen jetzt frei in einer Höhle (entstanden aus der früheren Grube), welche ringsum von dem Randplasma umgeben ist (Fig. 40). 4 Die Wand der Höhle verdünnt sich nun an ihrer Unterseite (Fig. 41) = und reißt dort schließlich ein (Fig. 42), so dass bereits dann, wenn die ersten Anfänge der Blastodermbildung gemacht werden, die Richtungs- ‚körper ganz innen vom Randplasma sich befinden, neben den ober- flächlichen Dotterkörnern (Fig. 48). Diese Lage behalten sie auch bei, wenn die Randschicht der Zellen dichter zusammenzuschließen be- ‚ginnt (Fig. 49 Rk)!. Sie sind unterhalb des äußeren Keimblattes auch "noch in den Stadien der Fig. 50 zu erkennen (Rk/ und RkII). Später- hin habe ich sie nicht mehr sicher feststellen können. ; 1 Ich erinnere daran, dass Fig. 49, 50 und 28 die richtigen Dimensionen des Eiumfanges und des Zellenmateriales wiedergiebt, während die Stadien bis zu Fig, 48 die Zellen im fünffachen Maßstabe des Eiumfanges enthalten. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIV. Ba. + 3 34: | IH. Henking, Wenn nämlich die Einstülpung der äußeren Zellschicht statt- gefunden hat (Fig. 28), treten an der Oberfläche des Dotters, besonders in der Umgebung der Einstülpung, neben normalen Dotterzellen (Fig. 87 k) auch solche auf, welche durch die starke Zusammenballung des Chromatins (Fig. 87n) ein ähnliches Aussehen darbieten, wie esin der letzten Zeit auch die Richtungskörperchen verriethen. Über die Herkunft dieser Gebilde kann ich einstweilen nichts angeben, sowie auch darüber nicht, was später aus ihnen wird (cf. Fig. 28 k und n). 9. Zeitbestimmung der beschriebenen Entwicklungsvorgänge. Bereits in den letzten Eiern des Ovariums trifft man die Äqua- torialplatte der ersten Richtungsspindel an (Fig. 58, 59). Dieselben werden dadurch als gereift dokumentirt, wie ein Vergleich mit den in den Leitungswegen befindlichen Eiern ergab, welche erhalten wurden, wenn man beim Ablegen begriffene Thiere rasch abtödtete (Fig. 60, 61). Der Übergang in das Stadium des Dyaster findet sofort nach der Ablage statt und erfordert nur wenige Minuten. Die bei der Ablage eingedrungenen Samenfäden liegen noch im Randplasma oder in den oberflächlichen Dotterpartien. Eine reichlichere Plasmaansammlung in ihrer Umgebung hat noch nicht stattgefunden (Fig. 2, %, 62, 63, 79). Als Maximalzeit, nach welcher die Abschnürung des ersten Richtungskörperchens beginnt, habe ich 45 Minuten notirt (Fig. 65). Aber hier scheinen in so fern Verschiedenheiten zu bestehen, als in anderen von mir beobachteten Fällen das gleiche Stadium schon nach etwa 20 Minuten erreicht werden kann. Die Spermatozoen sind in- zwischen tief in den Dotter eingedrungen und sind von einem deutlichen Plasmahofe umgeben, welcher eine Verbindungsstraße mit dem Rand- plasma besitzt (Fig. 12). Nach etwa 2% Stunden ist die Abschnürung des ersten Richtungs- körperchens vollendet und die im Ei zurückgebliebenen Chromosomen drehen sich und richten sich gewissermaßen auf, ein Vorgang, welcher etwa 3 Stunden nach der Ablage beendet ist (Fig. 68, 81). Dann sendet auch der Plasmahof des Spermakopfes Strahlen zwischen die Dottermassen, welche dadurch in leicht erkennbarer Weise zerklüftet werden. | Nach etwa 31/,— Stunden beginnt die Hervorwölbung des zweiten Richtungskörperchens und nach der Abschnürung desselben die Aus- bildung des bläschenförmigen weiblichen Pronucleus (Fig. 16). Der Samenkern hat sich inzwischen völlig verkürzt und geht ebenfalls in den bläschenförmigen Zustand über. Bi Nach Verlauf einer halben Stunde ist alsdann das Zusammentreffen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 35 der beiden Geschlechtskerne erfolgt, so dass man dieselben in etwa 44/5 Stunden alten Eiern neben einander liegend auffinden wird. Die Umlagerung der Chromatinsubstanz aus dem fein vertheilten resp. kompakten Zustande in die Form von Schleifen (Fig. 25) und deren Gruppirung zur ersten Furchungsspindel erfordert einen Zeitaufwand von etwa 4!/, Stunden; denn ich habe die erste Furchungsspindel erst in bereits 6 Stunden alten Eiern aufgefunden. Sind 61/, Stunden verflossen, so können die beiden ersten Fur- chungskerne soeben gebildet sein und die Richtungskörper werden vom Randplasma verschlungen. Nach 71/, Stunden beginnen die beiden Furchungskerne sich zur Theilung vorzubereiten und nach 9'!/, Stunden haben wir das Stadium mit vier Kernen vor uns, welche ihrerseits sich schon wieder zu einer Halbirung rüsten. Dann verbreiten sich die immer reichlicher entstehenden Kerne mit ihren Plasmahöfen durch das Ei hin und nach etwa 21 Stunden beginnen sie sich der Eioberfläche zu nähern (Fig. 48), ohne jedoch bisher sich ganz an die Oberfläche zu begeben. Dies geschieht im Laufe des folgenden Tages, während es im Ganzen drei Tage erfordert bevor die oberflächliche Zellschicht die in Fig. 50 abgebildete Ausgestaltung erfahren hat. 10. Beweis, dass die Eier mit mehreren eingedrungenen Samenfäden sich normal entwickeln. Unter denjenigen Eiern von Pyrrhocoris, welche sich noch auf dem Stadium befanden, dass die Spermatozoen resp. deren Kerne als solche | noch erkannt werden konnten, sehe ich in 47 Fällen nur einen einzigen - zwischen die Dottermassen eingedrungenen Samenfaden (Fig. 5, 6 ete.). Dagegen habe ich in 38 Eiern gesehen, dass deren zwei zwischen den Dotterkugeln vorhanden waren. In fünf Eiern habe ich feststellen können, dass je drei Samenfäden weitere Umwandlungen eingingen, “ während in fünf anderen Fällen mehrere Spermatozoen von mir im Randplasma gesehen wurden. Demnach stehen 47 monosperme Eier (mit je einem weiter ent- _ wickelten Samenfaden) gegenüber den 43 resp. 48 polyspermen Eiern. Wenn ich sage, polysperm, so geschieht das aus dem Grunde, weil es - einstweilen theoretisch nur einen Gegensatz giebt zwischen Besamung _ mit nur einem Spermatozoon oder mit deren mehr als einem, seien es - zwei oder drei oder zahlreiche. Alle jene 48 Eier mit mehreren Samenfäden wurden von acht verschiedenen Weibchen abgelegt, und zwar gemeinschaftlich mit ‚solchen Eiern, welche nur einen einzigen Samenfaden aufwiesen. Es 3*+ 36 H. Henking, kann daher nicht wohl von einer Abnormität in so fern gesprochen werden, als dass einmal ein oder zwei Weibchen krankhafte oder geschwächte Eier producirt hätten, sondern wir müssen die weite Verbreitung der Polyspermie hier anerkennen. : Die Thiere haben die Eier in der Gefangenschaft abgelegt. Ich | nahm zwar immer nur solche Weibchen, deren beträchtlicher Leibes- umfang eine baldige Entleerung erhoffen ließ; dennoch aber mussten dieselben oft noch mehrere Tage mit der frugalen Kost und dem be- schränkten Raume eines Gefängnisses fürlieb nehmen, ehe sie sich ihrer Bürde entledigen konnten. Es wäre daher die Vermuthung ganz gerechtfertigt, dass sich ein ungünstiger Einfluss auch auf die Eier übertragen habe, wodurch diese eine Schwächung erlitten haben konnten. Die Schädigung der Eier konnte sich darin äußern, dass wenigstens ein Theil derselben nicht mehr im Stande war, das Ein- dringen mehrerer Samenfäden zu verhindern. So könnte man allerdings ‚argumentiren, und weiterhin hinzufügen, dass nach den vielen bis- herigen Erfahrungen solche polyspermen Eier nicht zu einer Weiter- entwicklung bis zum fertigen Thiere befähigt seien, dass ferner durch die Gegenwart überzähliger Spermakerne zum wenigsten Störungen und Abnormitäten verursacht werden würden. Es sind das Einwürfe, welche direkt schwer zu widerlegen sein dürften. Denn ein Insektenei, welches auf seine Mono- oder Polyspermie untersucht ist, hat damit seine Entwicklung beendet und einer aus- schlüpfenden Larve ist es nicht mehr anzusehen, ob bei ihrem Aufbau nur ein Samenfaden oder deren mehrere betheiligt waren. Ich versuchte nun, der Frage indirekt beizukommen durch Züch- tungen, welche ich im letzten Jahre (1891) vorgenommen habe. Als ich die Untersuchungen begann, konnte ich nicht voraussehen, wie es mit der Zahl der Samenfäden bestellt sein würde und habe daher nicht Eier von denselben Weibchen und von derselben Legeperiode benutzen können. Denn die Zeit der Ablage beträgt in jedem Jahre nicht mehr als einen Monat. Demnach mache ich die erste Annahme, dass die Thiere sich in den einzelnen Jahren nicht verschieden verhalten werden, wenn im Übrigen die Bedingungen dieselben sind. Das Resultat der Züchtung gebe ich in folgender Tabelle: (p. 37). Um zunächst mit Nr. 5 anzufangen, so habe ich am 44. Mai einige in Copula befindliche Thiere in ein Glasgefäß mit Erde gesetzt. Ich hielt die Erde feucht, gab den Thieren jedoch keine Nahrung. Am 26. Mai beobachtete ich eines dieser Thiere bei der Eiablage und markirte die neben ihm gefundenen Eier. Ich fand am 25. Juni, dass aus Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III, 5 —i ns > = no 2 end s soo = Se 5 er len - _ a RN Ey en aa 2 =) 29 fer) 29 88 en + en nn a aN © 12} 8 +3, 538 Sa < Asr Pe - = 2e=> 3 N „2 == Be = Bei EN! rS Oo Az © > © > _ 23 | 5 : ls = oe) SI un 2a = As = un = nm = >) hd © RA De © — ._ 73} el s& = {eB > lag) zo or) = a Mens 52) Na = 3sHo ayeen =: oz == = er Ss + En 3, .— u =ur Ss = = a8 25 =) = EIE=| ur > > mo Seh Ele} 2 Ele) {eb} {2 SS SI [ey ı R-} SE on BETES [e2) Ne) Ele) o nr 258 + + 2 Ss” I L ve u ui pe 6) S-735-8- SS - at 27 ‚Basaa 2» = ao .n — ee SDÄRIER ©; [0,0] 8.8 DE _o=-0o0- .— Aa Bun Sn am = o I fi an = — — — F=| Ro fer} {er} {op} {er} {er} or je0) oo [0,0] {eo} [e >) Eee _— = = _ — asss a B 1 ‘ : gs | > Se >> 5 & | Ss © S = SI SI SI SI _ aoumnN || — SIE = Se 37 diesen gewiss unter höchst ungün- stigen Bedingungen produeirten Eiern bereits sechs sehr kräftige junge Thiere (wohl schon einige Tage alt) ausgeschlüpft waren, während 13 Eier weit entwickelt waren und mit Augenflecken ver- sehene Larven enthielten. Im- merhin scheinen sie jedoch eine Verzögerung in der Entwicklung erlitten zu haben. Drei Eier waren noch weit zurück, ent- hielten jedoch Kerne im Inneren, während ich nur in einem einzi- gen Ei keine Kerne bemerkte, dasselbe also für unentwickelt halten muss. Zwei andere Eier waren verdorben; eines dersel- ben war mit Pilzhyphen ganz durchzogen, das andere enthielt zahlreiche Nematoden. In gleicher Weise zeigten sich die wenigen verdorbenen Eier der übrigen Thiere stets mit Pilz- hyphen oder mit Nematoden be- haftet, welche die Eischale durch- drungen hatten und nun von dem Inhalt lebten. Ich glaube nicht, dass man so befallene Eier ein- fach als unentwickelt betrachten darf; denn es ist sehr wohl mög- lich, dass sie schon eine Strecke entwickelt waren, ehe es den feindlichen Angriffen gelang, sie vollends abzutödten. Es wäre immerhin möglich, dass diese Eier beim Zählen und Übertragen in ein neues Erdloch irgend eine nicht sofort bemerkbare Schädi- gung erfahren hatten. Be N, en er »: uf ah “ 38 H. Henking, Die weiblichen Thiere Nr. 1—4 lebten unter besseren äußeren Bedingungen. Sie erhielten etwas Nahrung, hatten keinen Mangel an Wasser und legten nach nicht langer Gefangenschaft ab. Entsprechend ist auch das Resultat ein recht günstiges. Zu bedenken ist nur noch, dass die Eier fast einen Monat zur Entwicklung brauchen und dass es ganz unmöglich ist, Pilzbildung völlig fern zu halten, da man das Erd- reich nicht ganz austrocknen lassen darf. Man muss desswegen auch die wenigen verdorbenen Eier bei der Berechnung unberücksichtigt lassen. Es gehen demnach von 159 zum Versuch im Ganzen (Nr. 1 —4) benutzten Eiern zunächst drei ab als verdorben, bleibt 156, ferner noch zwei, indem eines von mir zur Dotteruntersuchung verwandt wurde, während das zweite (bei Nr. 4) verloren ging und in der Erde nicht wieder aufgefunden werden konnte. Es bleiben also 154. Von diesen 454 Eiern zeigte sich nur f Stück als unentwickelt. Und selbst wenn wir jene drei Eier, in denen ich Kerne auffand, als unentwickelt ansehen wollen, wofür ich einstweilen noch keinen zwingenden Grund einsehe, so ist die in Verlust gekommene Zahl gegenüber den entwickelten Eiern immer noch eine verschwindend kleine. Ich glaube hiernach schon hoch zu greifen, wenn ich von den im Freien und unter normalen Verhältnissen sich entwickelnden Eiern 1 Procent als aus inneren Gründen steril bezeichne. Würde ich aber auch die mit zahlreichen Kernen im Inneren versehenen Eier als unentwickelt mit in Rechnung bringen wollen, so würden wir erst 2,6 Procent erhalten und sogar bei Einrechnung aller verdorbenen Eier außerdem würde erst eine Ziffer von 4,6 Procent für sterile Eier herauskommen. Diesen Zahlen stehen nun die rund 50 Procent polyspermer Eier gegenüber. Auch wenn Fehlerquellen in beiden Berechnungen ange- nommen werden sollten, so ist die Differenz der Zahlen eine so große, dass dadurch das Endresultat unmöglich geändert werden kann. Dieses aber lautet: Bei Pyrrhocoris apterus ist das Ein- dringen mehrerer Samenfäden in dasEi ein häufiger und normaler Vorgang. Polyspermie erregt keine Abnormi- täten und die Larven zeigen keine Unterschiede, mögen sie aus monospermen oder aus polyspermen Eiern herver- gegangen sein. Bei Hausmann (30) finden wir die Angabe, dass nur ungefähr die Hälfte der gelegten Eier auskämen, eine Thatsache, welche von ihm | | | | | Da ne 2 Zn > Aue ab m 2 un ae en ne m u 1 a = nn in ’ . Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 39 desswegen freudig begrüßt wird, weil sich sonst hundert Paare nach vier Zeugungen bis auf zwei Millionen vermehren würden. Aber bereits Heror» (40) spricht sich gegen die Hausmann’sche Beobachtung aus, da »unter der ganzen Anzahl von Eiern, die von einem Weibchen abgelegt worden sind, immer nur einige Windeier angetroffen werden. Wenig- stens kommen weit über drei Viertel dieser Eier aus«. Werden die Eier resp. die Mutterthiere ungünstigen Bedingungen ausgesetzt, so wird natürlich die Zahl der steril bleibenden Eier steigen. Dass dieses bei Hausmann zu vermuthen ist, scheint mir auch daraus hervorzugehen, dass derselbe angiebt, es würden vom Weibchen im Durchschnitt nur 20 Eier abgelegt. Auch hiergegen spricht sich Hrrorn bereits aus, und ich kann nur auf die Übereinstimmung unserer Angaben hinweisen, wenn er berichtet, Haufen von 60, 57, 50, 47, 43, 40 Eiern gefunden zu haben, in einem Falle nur deren 27. Ein solches Weibchen mag die Ablage noch nicht beendet haben. HEROLD spricht noch von sehr kleinen Eiern, welche er gelegentlich unter den sonst sehr gleichmäßig gestalteten aufgefunden habe. Die kleinsten derselben seien nur »halb so breit und beinahe halb so lang als die ausgebildeten« gewesen und hätten sich immer als unfruchtbar erwiesen. — Ich habe derartige Eier niemals gesehen. Ich möchte also noch einmal betonen, dass auch nach denBeobach- tungen des sorgfältigen Hrrorv selbst unter den in der Gefangenschaft produeirten Eiern nur wenige Procent steril bleiben. Danach dürfte - mein oben mitgetheiltes Resultat gerechtfertigt sein. 11. Biologische Notizen und Züchtungen. Die zu meinen Untersuchungen benutzten Thiere lieferte mir der Göttinger Wall, eine Örtlichkeit, an welcher vor fast 100 Jahren Hausmann (30) seine biologischen Beobachtungen am gleichen Objekte angestellt hatte. Es ist das nicht uninteressant aus dem Grunde, weil damit das hohe Alter dieser thierischen Ansiedelung erwiesen wird. Allerdings kann man sich ja nicht darüber wundern: die Thiere wer- den wenig behelligt und die äußeren Lebensbedingungen dürften kaum andere geworden sein. Die alten Linden!, welche der heutigen Gene- ration eine reichliche Nahrung liefern, haben schon über deren Urahnen zu Hausmann’s Zeiten ihre Schatten ausgebreitet. An der steilen Böschung des Walles, wo der Regen rasch herab- stürzt ohne allzu tief einzudringen, hausen unsere Thiere unter den Wurzeln der Linden und zwischen den spärlichen Gewächsen, welche 1 Sie sind laut Chronik nach dem siebenjährigen Kriege angepflanzt. 40 H. Henkino, die Böschung festigen. In ihrer Lebensweise sind sie nicht eben uninteressant und haben schon mehrfache Bearbeiter gefunden. Ich kann mich daher in meinen Angaben beschränken und verweise vor Allem auf das, was der sehr gründliche Hrroın (40) mitgetheilt hat. Ich war erstaunt, manche kleinen Züge, welche ich unentdeckt wähnte, bei ihm mit großer Naturtreue geschildert zu finden, von der Eiablage bis zum Verscharren der Eier und der naschhaften Vorliebe gewisser Individuen für dieselben als Nahrung. Allerdings möchte ich das immerhin vereinzelte Aussaugen von Eiern ihrer eigenen Art weniger für den Ausfluss eines Zerstörungstriebes halten, wie es Hrroıp thut, sondern eher an einfache Befriedigung des Hungers denken, welcher die Thiere in der Gefangenschaft ärger quälen dürfte als in der Freiheit. Einem jeden Beobachter fällt es leicht auf, dass unsere Thiere sich truppweise zusammenhalten. Es gilt das in gleicher Weise für die Erwachsenen wie für die Jungen. Sie sind sehr friedlich und belästigen weder andere Thiere, noch sich gegenseitig, so viel ich gesehen habe. Spritzt man Wasser in den Käfig, welches sie sehr gern und häufig aufnehmen, so kann man oft sehen, dass sie sich gegenseitig die Tropfen vom Körper absaugen. Die erwachsenen Thiere findet man das ganze Jahr hindurch, sie sind aber am häufigsten im Frühjahr und nehmen gegen Ende des Sommers an Zahl ab. Zu dieser Zeit findet man alsdann große Rudel von Jungen in verschiedenem Alter bunt durch einander. Im Allge- meinen halten sich die Thiere am Erdboden auf, besonders die Erwachsenen, während die größeren Larven auch wohl einmal auf die Lindenbäume emporsteigen. Die Thiere überwintern meist als junge Imagines und begeben sich im Frühjahre alsbald in Gopula. Im Monat Mai und Anfang Juni trifft man viele zusammenhängende Paare. Die Copulation eines Paares dauert oft sehr lange; so isolirte ich am 3. Mai 1888 30 zusammen- hängende Paare und fand am 7. Mai von diesen noch 10 Paare vereinigt. Wie fest die Verankerung der beiden Geschlechter ist, folgt auch daraus, dass ich am 17. Mai 1888 ein Männchen traf, welches ein gestorbenes Weibchen an sich hängen hatte. Im Übrigen verweise ich in Betreff der Lebensweise auf die Mit- theilungen von Hausmann (30), Hrrorn (0) und Paur Mayer (55). Nachdem sich ergeben hatte, dass die Eier von Pyrrhocoris eine in nicht unbeträchtlichem Grade schwankende Zahl von Mikropylen- aufsätzen darboten, so lag der Gedanke nahe zu untersuchen, ob dieser Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 41 äußerlichen Differenz vielleicht auch eine innere Verschiedenheit ent- sprechen könne. Denn es hatte den Anschein, als wenn auch schon die Eiröhren mit einer gewissen Ausschließlichkeit Eier hervorbrachten, welche unter sich in der Zahl der Mikropylen übereinstimmten. Da nun bei der beobachteten großen Copulationsneigung unserer Thiere stets eine große Zahl von Samenfäden im Receptaculum seminis des Weibchens vorhanden sein wird, so wird es den in großer Menge andringenden Samenfäden leichter werden, das Eiinnere zu erreichen, wenn sie auf viele Mikropylen treffen, als wenn deren nur die Hälfte angelegt ist. Dass überhaupt eine Polyspermie mit großer Regelmäßig- keit stattfindet, haben wir oben gesehen. Die schwankende Zahl der innerhalb der Dotterzone zur Ausbildung kommenden Spermakerne deutet aber darauf hin, dass wir die Anzahl der in das Randplasma eindringenden Samenfäden nicht zu niedrig anzunehmen brauchen ; denn wir wissen, dass nicht alle Samenfäden über die Zone des Rand- plasmas hinausgelangen. Erwägt man also, dass die Zahl der Mikropylen eine verschiedene ist, und ferner, dass mehrere Samenfäden im Ei aufgefunden werden, sowie auch, dass die Thiere gesellig leben und reichlich copuliren, so ist kaum daran zu zweifeln, dass in Eier mit acht Mikropylen mehr Samenfäden eindringen können als in solche mit vier Mikropylen. Wenn nun aber z. B. bei der Biene das Vorhandensein oder” Fehlen eines Spermatozoon im Ei maßgebend ist für die Bestimmung des Geschlechtes, so könnte ja auch hier, wo beide Geschlechter aus be- fruchteten Eiern hervorgehen, die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht etwa bei der Ausbildung des Geschlechtes darauf ankomme, dass eine größere oder geringere Zahl von Samenfäden dem Ei einverleibt seien. Jedenfalls schien es mir bei unserer Unkenntnis über die Gründe ‚der Geschlechtsdifferenz nicht unnütz zu sein, einen von dem soeben erläuterten Gedanken geleiteten Züchtungsversuch zu unternehmen. Ich habe also eine Reihe von Eiern nach der Zahl der Mikropylen ausgesucht und isolirt sich entwickeln lassen. Die nachfolgende Tabelle (p. #2) giebt näheren Aufschluss über den Versuch. Es ergiebt sich aus der Tabelle direkt, dass also die Zahl der Mikropylen und die etwa in größerer Menge eingedrungenen Samen- - fäden von keiner Bedeutung für die Entstehung des Geschlechtes sind. Denn aus Eiern mit wenigen und mit vielen Mikropylen, oder also nach dem Eindringen von mehr oder weniger Samenfäden entstehen ohne Unterschied männliche und weibliche Geschöpfe. Hat demnach auch der Versuch auf die Frage zu deren Lösung er 42 | H. Henking, zunächst unternommen war, keine positive Antwort gegeben, so sind aus ihm doch einige erwähnenswerthe Resultate hervorgegangen. Anzahl der isolirten Eier Datum der Auslese vier fünf ı sechs sieben acht neun Mikropyl. | Mikropyl. | Mikropyl.| Mikropyl. | Mikropyl. | Mikropyl. 45. Mai 1889 9 30 99 | 20 5 — Die Eier wa- 16. Mai 1889 2 44 24 7 — — ren immer 417. Mai 1889 2 ) 5 6 A — schon einige 18. Mai 1889 7 33 34 13 3 en Tage älter 90. Mai 1889 9 49 36 40 A A als das Da- 24. Mai 1889 2 12 7 5 — — tum anzeigt. 99. Mai1889| 5 90 16 ah 4. Juni 1889 46 18 45 4 1 u Eier bereits 8. Juni 1889 — 3 | 423 7 — — weit entw. In Summa: 38 140 172 ifr! A A = 549 Eier. Hieraus erh. |/f 459 34 Q 439 8sQ 2Q —_ — 4:04:05 an Thieren || 7& 1858 2758 18 | ıSen]), — nee Zusammen: | 32 52 69 12 4 | — 459 Thiere, Die Thiere, welche sich von Jugend an rudelweise zusammenhalten, machen kaum mehr als sechs Häutungen durch, bis sie erwachsen sind. Ich habe die Zahl der Häutungen nicht genau festgestellt. Sie schlüpfen aus der alten Haut in einem völlig rothen Kleide, wie es bereits von Pıun Mayer (55) beobachtet ist (p. 323) und das dunkle Pigment bildet sich dann erst, jedoch ziemlich rasch. Das erste Thier, welches nach Größe und Zeichnung völlig erwachsen war, fand ich am 20. August. Es war ein Weibchen und entschlüpfte einem mit vier Mikropylen versehenen Ei. Da es beim Auffinden noch ganz roth war, so konnte es erst soeben die letzte Häutung durchgemacht haben. Zwei andere Thiere eben daher sah ich am 1. September. Dessgleichen war aus den Eiern mit fünf Mikropylen ein erstes noch ganz rothes Thier am 24. August zum Vorschein gekommen, am 4. September konnte ich bereits sine größere Zahl fertig gehäuteter Exemplare zählen. In dem Gefäße, welches die mit sechs Mikropylen versehenen Eier aufgenommen hatte, bemerkte ich das erste fertig gehäutete und bereits ausgefärbte Thier, ein Weibchen, am 1. September. Da wir nun nach obiger Tabelle etwa Mitte Mai als die Zeit der Eiablage im Mittel annehmen dürfen, so ergiebt das eine Entwicklungs- dauer des fertig gehäuteten Thieres von etwa 3!/, Monat. Einigermaßen auffällig ist das Verhältnis zwischen der Anzahl der Eier und der daraus hervorgegangenen Thiere einerseits und ferner das Zahlenverhältnis der Geschlechter zu einander. Auf 519 Eier kommen nur 159 Thiere, also kaum 34 Procent. Zuın Verständnis dieses Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 43 Missverhältnisses brauche ich jedoch wohl nur auf die Schwierigkeiten einer solchen Züchtung hinzuweisen. Außerdem entwickelten sich die Eier nicht ganz unter normalen Verhältnissen. Um die Mikropylen zu zählen, mussie ich die länglichen Eier (Fig. 1) rollen und auf die Spitze stellen. Sie waren also aus ihrer normalen Ruhelage im Dunkel der Erde hervorgeholt, alsdann immerhin zum Zweck der Zählung der Mikropylen etwas misshandelt, und wenn ich sie auch schließlich in den Zuchtgefäßen wieder eingrub, so bilde ich mir nicht ein, es mit gleicher Zweckmäßigkeit ausgeführt zu haben, wie vorher das Mutter- thier. Schon das Herabrollen der Erde beim Zuscharren der Löcher mag trotz aller Vorsicht manches Ei schwer verletzt haben, ein etwas zu tiefes Eingraben und eine zu harte Erddecke mag die ausschlüpfende Larve entweder ganz in der Tiefe festhalten oder sie erschöpft die Oberfläche erreichen lassen. Hierin glaube ich besonders Anfangs gefehlt zu haben, indem ich die Löcher zur Aufnahme der Eier zu tief gegeben habe. Ich suchte es den Thieren in den Zuchtgefäßen heimisch zu machen, indem ich einige Lindenbäumchen hineinpflanzte (denn an dem Fuße von Linden hatte ich die Alten gefangen) undindem ich ihnen reichliche Mengen von Lindensamen und zerdrückten Fliegen und rohen Fleisch und Obststückchen vorsetzte, sowie auch Samen von Akazien, an welchen sie gern sogen, — aber einen von dicken Wurzeln durchzo- genen Untergrund, einen unbeschränkt großen Wohnplatz und dessen normale Beschaffenheit durch Wechsel von Regen und Sonnenschein vermochte ich ihnen nicht zu bieten. Merkte ich selbst doch den Unter- schied sehr wohl, wenn ich auch die Gefäße an das offene Fenster stellte und durch übergezogene Gaze den Zutritt von Luft und Wind ermöglichte und den Thau und Regen durch Einspritzen von Wasser zu ersetzen suchte. Die Erde behielt nicht die lockere Beschaffenheit, welche an den Fundorten vorhanden war. So kam es denn, dass viele Thiere abstarben, manche noch ganz - jung, manche erst nach dem Überstehen mehrerer Häutungen. Eine - Anzahl der Thiere wurde auch von parasitischen Milben befallen, - welche sich zahlreich an ihrer Unterseite anhefteten. 3 Das Geschlecht kann, wie es auch schon Pıvr Mayer (55) auffiel - (p- 344), bereits an mittelgroßen Thieren festgestellt werden durch die verschiedene Ausbildung der chitinösen Struktur des Hinterleibsendes. So gelang es auch an bereits längere Zeit abgestorbenen Exemplaren - noch immer das Geschlecht zu erkennen, wenn ich ein Chitinskelett mit - Hilfe von Kalilauge herstellte. Im umstehenden Holzschnitte II gebe 3 ich eine Abbildung der Umgegend des Afters einer J’ und @ Nymphe 44 H. Henking, bei Innenansicht des Chitinskelettes. Der Unterschied tritt auch ohne Beschreibung sofort hervor. | Nun ergiebt sich, wie aus der oben mitgetheilten Tabelle hervor- geht, das bemerkenswerthe Resultat, dass etwa doppelt so viel weib- liche Thiere vorhanden waren als männliche. Im Freien habe ich einen Fig. II. Hinterenden einer Q und einer 5 Nymphe von Pyrrhocoris. (Nach einem Chitinskelett gezeichnet. so bedeutenden Zahlenunterschied der Geschlechter nicht beobachtet, habe vielmehr den Eindruck, als wenn dort etwa eine gleiche Zahl von beiden gegeben sei. Bei einer Zählung der erwachsenen Thiere, welche mir beim Durchwandern einer von ihnen reichlich bevölkerten Örtlichkeit aufstießen, traf ich auf 74 Männchen und 80 Weibchen. Es war am 30. Juli 1891. — Am 4. September 1891 zählte ich an einer anderen Stelle acht Männchen und vier Weibchen, dann am 41. Sep- tember 1891 an einem dritten Orte zehn Männchen und acht Weibchen. Dass wohl alle diese Thiere vom Frühjahre des gleichen Jahres her- stammten, ergab sich aus ihrem verhältnismäßig weichen Integumente. Es fragt sich, wie diese auffallende Thatsache zu erklären sei. Hier kann vielleicht die nachfolgende Tabelle einen Fingerzeig geben. ) { vier fünf sechs sieben acht Eier mit Mikropylen| Mikropylen Mikropylen | Mikropylen | Mikropylen| Summa Datum 43. Nov. |22. Okt. 1889 |22. Nov.1889 | 27. Nov. |Anf. Sept. 1889 1889 Q :3Erw. Se e) A, Q: 4 Erw.lletzte 5 u.| 39: © (12 ymph. 6 Nymph. Es lebten noch A arrr O Nymph. Erw.) (Erw. = er- as 4 Nymph. % Nymph. 04/117 D}) [dbSE DEE air wachsene Yu Thiere) 46 Stück. Zahl d. über- 6.9 1909 8Q 4. Q 0 379 haupt erhalt 168 18 18 16 468 erw. Thiere. 44 Erw Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 45 Aus den unteren Kolumnen ergiebt sich, dass nur 41 Thiere alle Häutungen durchgemacht haben, während die Kultur mit 159 Thieren begonnen wurde. Den erwachsenen Zustand erreichten also kaum 26 Procent. Diese geringe Zahl ist wohl auf Rechnung der ungünstigen Lebensverhältnisse zu setzen, welche ihnen die Gefangenschaft bot; denn da die Thiere so weit gekommen waren, dass sie die Entwicklung im Ei durchgemacht hatten, und ausgeschlüpft waren und umherliefen, so hätten sie unter völlig geeigneten äußeren Bedingungen wohl auch das Endziel erreichen können. Nun ist es auffällig, dass unter den 41 erwachsenen Thieren sich über 90 Procent weiblichen Geschlechtes befanden, dagegen kaum 10 Procent männlichen Geschlechtes, auffällig aus dem Grunde, weil im Freien die Zahl der beiden Geschlechter etwa gleich ist. Offenbar kann nicht angenommen werden, dass im Freien ganz besonders die weiblichen Thiere zu Grunde gehen und auf die Weise in ihrer Zahl sich den wenigen männlichen Individuen annähern. Ziehen wir noch die oberen Kolumnen der Tabelle heran. Ich unterbrach die Züchtungsversuche, als der Winter sich näherte und die Beschaffung der Nahrungsmittel für die Thiere begann Schwierig- keiten zu machen, resp. als die Thiere hinfällig zu werden anfingen. Jedenfalls war die Zeit so weit vorgerückt, dass sie alle die Umwand- lungen bis zum Stadium der Imago hätten vollenden können. Denn ich fand das erste fertig gehäutete Thier am 20. August. Es lebten zu der Zeit als ich die Kulturen unterbrach, im Ganzen noch 46 Thiere, davon 39 weibliche und nur sieben männliche, — oder in Procenten ausgedrückt, fast 85 Procent weibliche Thiere und etwas über 45 Procent Männchen. Ziehen wir dagegen nur die am letzten Termine noch vorhandenen erwachsenen Individuen in Rechnung, so stehen bei Unterbrechung der Kultur, wie aus dem oberen Theile der Tabelle hervorgeht, 12 erwachsene Weibchen gegenüber nur einem erwachsenen Männchen, oder in Procenten 92,3°/, weibliche Thiere gegen 7,7°/, männliche. Stellen wir die einzelnen Verhältnisse noch einmal einander gegen- über, so ergiebt sich Folgendes: Überhaupt erhaltene Thiere. .. ... . Two =63%, | 5795 >36, Es lebten noch bei Schluss der Kultur an nicht erwachsenen Thieren ....| 27Q9 = 831,8 % 65 = 182 0%, Es bestanden alle Häutungen ..... . 379 = 90,240, 4 = 9,76% Bei Schluss der Kultur lebten von den erwachsenen Thieren ....... 129 = 92,3 %) 15 =. 11% 46 H. Henking,! Gehen wir von der Voraussetzung aus, dass die Zahlder Geschlechter im Freien etwa gleich ist, so dürfen wir auch annehmen, dass bereits unter den Eiern 50 Procent für das weibliche und 50 Procent für das männliche Geschlecht bestimmt sind. Nun ergiebt sich aus den vor- stehenden Tabellen, dass bereits in jener Zeit, als das Geschlecht erkannt werden konnte, eine derartige Verschiebung eingetreten ist, dass die Zahl der weiblichen Thiere auf 63,9 Procent gestiegen ist, während die Zahl der männlichen Thiere auf 36,1 Procent sank. Und dieses einseitige Steigen und Sinken der Procentzahl schreitet fort, wie die Entwicklung weiter geht. Im Allgemeinen nimmt natürlich die Zahl der Individuen ab, je länger die Kultur besteht, aber nicht etwa gleichmäßig für beide Ge- schlechter, sondern die Männchen sterben leichter. Als ich schließlich die einzelnen Zuchtgefäße ausleerte, war noch eine ansehnliche Zahl nicht voll entwickelter Thiere vorhanden, aber das Verhältnis war jetzt derart, dass die weiblichen Thiere 81,8 Procent bildeten, die männ- lichen nur 18,2 Procent. Diese Thiere hätten natürlich schon längst ausgewachsen sein können, wenn sie nicht durch die ungünstigen äußeren Verhältnisse in ihrer Entwicklung geschädigt wären. Noch ungünstiger liegt das Verhältnis, wenn wir die erwachsenen Thiere mit einander vergleichen. Es hatten nämlich von denjenigen, welche alle Häutungen überwanden, 90,24 Procent Weibchen dieses Endziel erreicht, dagegen nur 9,76 Procent Männchen. Aber selbst jetzt war der ungleichen Sterblichkeit noch keine Schranke gezogen. Die Zahl der Erwachsenen lichtete sich ebenfalls noch und bei Beendigung der Kulturen war etwa nur noch ein Drittel der Gesammtmenge vorhanden. Da aber hatte sich das Verhältnis der Geschlechter noch weiter verschoben, derart, dass jetzt unter den Überlebenden die Männchen nur 7,7 Procent ausmachten, die Weibchen dagegen 92,3 Procent. Ich glaube nicht, dass man die größere Sterblichkeit des männ- lichen Geschlechtes, welche mit der Jahreszeit ganz gleichmäßig fortschritt, einem Zufalle zuschreiben kann, wenn auch die Rechnung schließlich nur mit einer geringen Zahl operiren konnte. Meines Erachtens hat sich das männliche Geschlecht hier entschieden als das schwächere erwiesen (man vergleiche hierzu Hexsen [39] p. 209). Demnach komme ich zu folgendem Schluss: Werden männliche und weibliche Thiere von PyrrhocorisapterusL. vomEi an bis zur völligen Ausbildung in der Gefangenschaft gehalten, unter Bedingungen, welche ihrem Aufenthalte im Freien möglichst zu entsprechen scheinen, so ist die Z Untersuchungen über die ersten Entwicklüngsvorg. in den Biern der Insekten. II. 47 Sterblichkeit der Männchen eine beträchtlich größere als die der Weibchen. Schon recht früh zeigt sich eine Differenz in der Zahl, dieselbe wird aber successive größer, je weiter die Zeitund die Entwicklung vorrückt. Eine Beziehung zwischen der Zahl der in dasEi ein- dringenden Spermatozoen und der Entstehung des Ge- G schlechtesist nach meinen Erfahrungen nicht vorhanden. \ f : , 5 $ 4. Hydrometra Najus Deg. Die Thiere wurden von mir Ende Mai 1888 auf einem Bache in der Umgegend Göttingens aufgefunden und auf eine große Wasser- schale gesetzt. Die Männchen sind erheblich kleiner als die Weibchen und begatten dieselben öfter, indem sie ihnen auf den Rücken steigen. Als eine Aufforderung zur Begattung scheint zu dienen, dass das Männchen, indem es dem Weibchen auf dem Rücken sitzt, mit dem gerade ausgestreckten mittleren Beinpaare vorn mehrfach zusammen- schlägt, als wenn es in die Hände klatschte. Dann rutscht es auf dem . längeren Leibe des Weibchens nach hinten und die Geschlechtsöffnungen vereinigen sich. Ich hatte auf der Glasschale auch einige Blätter von Nymphaea oder Nuphar niedergelegt und auf diese befestigte das Weibchen die Eier. Zu dem Zwecke steckte es den Hinterleib unter die Wasserfläche und legte die Eier auf der Unterseite des Blattes oder Blattstieles nieder. Die Eier liegen auf der Seite neben einander und sind sowohl unter einander wie mit der Blattfläche durch ein reichlich ergossenes Drüsen- sekret verbunden. Die Form der Eier ist ellipsoidisch bei einer Länge von eiwa 2 mm und einer Breite von etwa 3/), mm. Das Chorion ist außerordentlich dick; es kann jedoch das eigentliche Ei herauspräparirt werden. Eine Dotterhaut habe ich an den herauspräparirten Eiern nicht gesehen; sie bleibt wohl mit dem Chorion in Verbindung. Das Ei hat eine ähnliche Beschaffenheit wie dasjenige von Pyrrho- coris. Ein nicht sehr diekes Keimhautblastem umschließt die Dotter- massen. Die Dotterkügelchen sind an konservirten Eiern nicht kugel- förmig, sondern vielfach durch zwischenliegende Vacuolen eingedrückt, ähnlich wie bei Pyrrhocoris, nur weniger stark. Im Dotter sind vielfach 3 kleine Inseln von Plasma zu bemerken. Die Richtungskörperchen habe ich in der Nähe der Mitte an der j Längsseite des Eies in einer kleinen von Plasma gebildeten Grube liegen sehen. 48 H. Henking, Die Furchung geht in der gewöhnlichen Weise vor sich, indem die | Furchungszellen zu dem Keimhautblastem hinaufrücken und sich da- selbst durch tangentiale Theilung vermehren. Litteratur über Hemipteren. F. Brocamann (9) schildert von den befruchteten Wintereiern von Aphis aceris L, dass zwei Richtungskörperchen gebildet und völlig nach außen gestoßen werden. An viviparen Aphiden konstatirte BLocnmann bei Forda formicaria Heyd. und einer anderen nicht bestimmten Art von Ipomoea rubra- coerulea Hook., dass der hier nur vorhandene eine Richtungskörper ebenfalls völlig außerhalb des Eies lag. Derselbe (10, p. 87) giebt von Chermes strobilobius Kltb. an, dass von unbefruchteten Eiern, aus welchen parthenogenetisirende Weib- chen entstehen, nur ein Richtungskörperchen gebildet wird. Er theilt ferner mit, dass die Richtungskörperchen von Chermes abietis L. wirk- _ lich abgeschnürt werden. II. Orthopteren. Über die Gruppe der Orthopteren habe ich keine eigenen Beob- achtungen und theile ich daher kurz das aus der Litteratur Bekannte hier mit. Blatta germanica Fahr. bildet nach BrLocumann (9) zwei Richtungs- körperchen, welche anscheinend beide völlig nach außen geworfen werden, ohne dass sie eine Theilung oder dergleichen erlitten. WHrr- rer (7%) hat am gleichen Objekte ebenfalls die Bildung der beiden Richtungskörperchen beobachtet. Letzterer giebt dann noch einige Bilder von den Geschlechtskernen, ohne jedoch durch kontinuirliche Beobachtung der einzelnen Stadien seine Deutung sichergestellt zu haben. Nach der Beschaffenheit der Zeichnungen und Beschreibung bin ich nicht in der Lage, über die von Wnrerrer gegebene Deutung ein Urtheil zu fällen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 49 III. Coleoptera. 5. Die ersten Entwicklungsvorgänge im Ei von Agelastica alni L. nebst Mittheilungen aus der Spermatogenese, der Biologie und über künstliche Beeinflussung der Entwicklung. Mit Tafel IV—VI. 1. Das Ei bis zur Ablage. Der Eikern hat bereits dicht unterhalb des ovarialen Endfaches die charakteristische Bläschengestalt, ohne jedoch, wenigstens bei der von mir angewandten Methode, stets allseitig scharf gegen das um- gebende Plasma abgegrenzt zu sein. So bietet z. B. in dem ganz jungen Ei bei Fig. 94 der Eikern kb! an der dem Endfach zugewandten Seite bei a eine Stelle dar, an welcher man vergeblich nach einer scharfen Grenzlinie sucht. Auch bei dem älteren Ei Fig. 91 ist eine deutliche Kernmembran nicht zu erkennen, wenn auch die Substanz des Keim- bläschens ringsum deutlich gegen das Eiplasma abgesetzt ist. Charak- teristisch ist hier eine Bruchstelle db, welche das Ei spaltet. Man sollte erwarten, an einer derartigen Stelle müsste von einer Membran etwas zu sehen sein, wenn sie vorhanden wäre. Es ist das nicht der Fall, auch nicht bei anderen in gleicher Lage befindlichen Eiern. Ein Grund für die Annahme einer besonderen Membran ist demnach hier nicht vorhanden. Während das Eiplasma sich mit Karmin und Hämatoxylin recht lebhaft färbt, verhält sich die Hauptmasse des Kernes durchaus ab- lehnend gegen diese Farbstoffe, nimmt dagegen begierig Pikrinsäure an. Bei einer Verbindung von Karmin und Pikrinsäure erhält man den Eikern als gelben Fleck in rother Umgebung. Ein Netzwerk irgend einer Art ist bei den von mir angewandten Methoden im achromati- schen Theile des Eikernes niemals zum Vorschein gekommen, nur zu- weilen in den jüngsten Eiern eine schwach wolkige Trübung. Wenn die Eier weiterhin schon mit völlig ausgebildeten Dotter- kugeln stark angefüllt sind und das bis dahin noch erheblich gewachsene Keimbläschen (Fig. 106 kbl) beginnt sich zurückzubilden, ist von einer scharfen Grenzmembran immer noch nichts zu sehen. Wohl ist die Substanz des Keimbläschens selbst in den Ecken und Buchten, welche nun an der Oberfläche desselben sich ausgebildet haben, deutlich von der Substanz des umgebenden roth gefärbten Plasmas zu unterscheiden, aber eine selbständige Membran fehlt hier durchaus. Auch auf diesem Stadium habe ich vielfach Bilder, wo ein Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. [A a 50. H. Henking, Sprung in der spröden Masse des Eikernes hinübergreift auf das Plasma. Er geht stets so glatt von einem Medium in das andere, wie es beim Vorhandensein einer selbständigen Membran kaum der Fall sein dürfte. Ferner besitze ich ein Hämatoxylinpräparat, in welchem ein Keimbläschenschnitt durch einseitigen Wegfall der Dotter- und Plasmamassen zur Hälfte ganz frei gelegt ist, aber von einer Membran oder Membrantheilen findet sich keine Spur. Die Chromatinsubstanz tritt uns in den jüngsten Eiern in Ge- stalt von kompakten ungleich großen und intensiv gefärbten Körnchen entgegen (Fig. 94 chr). Sie liegen meist in einem Häufchen beisammen. Ob ein Zusammenhang unter ihnen besteht, kann ich mit Sicherheit weder bejahen noch verneinen. Wie das Keimbläschen selbst mit dem Ei an Größe zunimmt, so mehrt sich auch die Chromatinsubstanz. Bemerkte man jedoch in den jüngsten Eiern nur gelegentlich in den größeren Chromatinkörnchen eine Vacuole, so ändert sich das weiterhin sehr bedeutend. Gleich- zeitig mit der Mengenzunahme des Chromatins geht eine reichliche Vacuolisirung Hand in Hand, so dass man in den älteren Eiern an Stelle der (so weit man urtheilen kann) kompakten Körnchen nun ein deutlich maschenförmiges, schwammartiges Chromatingerüst vorfindet (Fig. 91 chr). Das ist bereits der Fall in Eiern, bei welchen als Vor- läufer der Dotterkörner die ersten hellen Flecke im Plasma auftreten (Fig. 91 d). War in den jüngsten Eiern eine Verbindung zwischen den ein- zelnen Chromatintheilen nicht festzustellen, so ist eine solche in den Stadien wie Fig. 91 unzweifelhaft vorhanden. Die in Fig. 91 mit 7 und 2 bezeichneten nierenförmigen Stückchen scheinen zwar noch eine ge- wisse Selbständigkeit zu besitzen, von dem Stücke 5 leuchtet es ja sofort ein, aber die Hauptportion bildet doch eine verbundene Masse, an welcher unregelmäßige rundliche Vorsprünge vielleicht noch auf ein Verschmelzen ursprünglich weniger innig verbundener Theile hin- deuten. In der Mitte dieser Hauptmasse liegt noch eine trennende Vacuole v. Immerhin ließ sich auf dem eben beschriebenen Stadium und ganz speciell bei dem in Fig. 91 abgebildeten Ei noch der Einwurf aner- kennen, dass hier in der That getrennte Chromatinportionen vorhanden seien, welche nur durch die Konservirung zu einem scheinbaren Ganzen vereinigt seien. Da bitte ich, das Keimbläschen eines erheb- lich weiter entwickelten Eies zu vergleichen, wie ich ein solches in Fig. 106 abgebildet habe. Hier ist die Hauptmasse des Chromatins chr, und chr, in höchstens drei Stücken vorhanden. Wie ich jedoch ; Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 51 glaube, hängen sie alle drei direkt zusammen. Der Schnitt ist gerade durch die Mitte der Masse gegangen, so dass ich dieselbe aus zwei Schnitten hier eingezeichnet habe. Wenn auch das deutliche Netzwerk durch einige Vacuolen gespalten ist, so gehen dennoch an den übrigen Stellen die Fäden desselben ungestört durch das ganze Gebilde. Noch deutlicher und noch weiter geführt ist die Vereinigung des Chromatinnetzes in einem mit Fig. 106 etwa gleichalterigen Ei, dessen Keimbläschen ich im Umriss in Fig. 97 dargestellt habe. Hier ist die Hauptmasse des Chromatins chr zu einem einzigen wenig gegliederten Haufen zusammengefügt, in welchem wohl, aus der Tiefe hervorleuch- tend, einige Vacuolen bemerkt werden, dagegen keinerlei Unterbre- ehung in dem einheitlichen Gewebe des Netzwerkes. Ich will nicht unterlassen darauf hinzuweisen, dass das chroma- tische Netzwerk chr in Fig. 91, 106 und 97 sehr viel weniger intensiv gefärbt ist als die Kügelchen in Fig. 9% und kaum so stark als das an der Außenseite des Keimbläschens befindliche Plasma. Es scheint mir das einen genügenden Grund in dem lockeren Bau des Netzwerkes zu finden. Wenn ich aber trotz dieser Verschiedenheit die stark gefärb- ten Kügelchen in Fig. 94 für der Substanz nach ursprünglich identisch mit den Netzwerken halte, so geschieht das, weil ja durch die neueren Arbeiten ein Übergang von kompakterer Chromatinsubstanz in ein lockeres Netzwerk mehrfach mit genügender Sicherheit beobachtet ist. Außer der bisher beschriebenen chromatischen Hauptmasse finden sich in den größten Keimbläschen noch andere schwach gefärbte Kör- perchen, welche mir mit ersterer nicht völlig identisch zu sein scheinen (Fig. 106 und 97 ce und c,). Die größeren Körper c gleichen zwar im Allgemeinen den bei chr abgebildeten, aber bei genauerer Betrachtung unterschieden sie sich davon durch das weniger ‚deutliche Netzwerk und den größeren Reichthum an runden Vacuolen. Die Gebilde machen weniger den Eindruck eines Netzwerkes als den einer schaumigen Masse, d. h. zwischen den mehr runden Vacuolen befinden sich brei- ‚tere Substanzbrücken. Sonst finden sich im Keimbläschen noch wenige kleinere und größere Kügelchen (c,) von nur geringem Färbungs- und Lichtbre- chungsvermögen. Die größeren derselben tragen meist eine oder zwei ‚Vacuolen. Mit Karmin werden sie weit weniger stark gefärbt als mit Enrricn’s Hämatoxylin. Ein Keimbläschen von der in Fig. 106 und 97 dargestellten Aus- 4 bildung findet sich in Eiern, welche im Ovarium den völlig gereiften Ä unmittelbar nachfolgen. Um das zu veranschaulichen, habe ich den Schnitt eines solchen Eies in situ abgebildet (Fig. 102). Bei el hat der 4* 52 H. Henking, Schnitt die Wand des Eileiters getroffen. Man kann von hier aus ein enges Lumen (lu) verfolgen bis hinein zwischen die zusammengefalte- ten Wände des ältesten Eifaches (Fig. 102 f), dessen Beginn und Ende sofort an den auffallend stark gefärbten und dicht gedrängten Kernen erkannt wird. Wenn ich angebe, dass die Mutter bei der Ablage durch Hitze getödtet wurde und bis dahin I Stunde und 20 Minuten zum Legen gebraucht hatte, so hat also die Entleerung des Eifaches (Fig. 102 f) innerhalb dieser Zeit stattgefunden und ist damit für das Verständnis dieses Stadiums viel gewonnen. Über die Schnelligkeit der Eireifung habe ich mich weiter unten ausgesprochen (p. 95 f.). Ferner kann aus der Fig. 102 die Lagebeziehung des Keimbläschens (kbl) zur Eioberfläche und zu dem vom Oviduct abgewandten Empfängnis- pol (P) erkannt werden. Von letzterem strahlt eine größere Plasma- ansammlung nach der Eimitte zu (pl), und eine ähnliche befindet sich am Keimbläschen kbl an der dem Eiinnern zugewandten Seite (Fig. 102 und 106 pl). 2. Ausbildung der ersten Richtungsspindel. Eine beträchtliche Veränderung hat der Eikern in denjenigen Eiern erlitten, welche zur Ablage reif sind. In Fig. 400 und 444 habe ich das das reducirte Keimbläschen einschließende Stück aus dem Längsschnitte solcher Eier dargestellt. Ein Theil der mit vorliegendem gleichalterigen Eier war bereits abgelegt, dieses hier habe ich noch aus dem Thiere selbst entnommen, es ist noch nicht befruchtet. Die Fig. 100 ist mit genau der gleichen Vergrößerung und denselben Systemen gezeichnet wie die Fig. 91, 9%, 97, 106, so dass die ungemeine Reduktion des Kernes sofort in die Augen fällt. Der große wasserklare Tropfen der Fig. 106 und 97 kbl ist zu einem undeutlich begrenzten, von einem zarten Netzwerk durchzogenen hellen Hofe um die Chroma- tinkörnchen zusammengeschrumpft; aus dem feinen chromatischen Schwammgerüst (chr) der noch nicht vollreifen Eier (Fig. 106, 97) ist wieder ein ähnlicher Haufen stark gefärbter Körnchen geworden, wie ihn die jüngsten Eier ursprünglich darboten (Fig. 9%). Eines fällt bei genauer Betrachtung der Chromatinstäbehen, beson- ders in Fig. A114, auf, dass sie nämlich je aus zwei Körnchen zu be- stehen scheinen, welche durch eine dünnere Verbindungsbrücke ver- einigt sind. Eine abweichende Gestalt hat das in Fig. 411 ganz rechts gezeichnete Chromatinelement. Dass der helle Hof um die Chromatinstäbchen in Fig. A414 viel körniger aussieht als in Fig. 100, mag von der Verschiedenheit in der Färbung herrühren. Fig. 100 ist mit Boraxkarmin und dann mit RE Be + nn a ie Ben audi s Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 53 Euruicn’s Hämatoxylin gefärbt, Fig. 141 dagegen mit Boraxkarmin und Pikrinsäure. Ein drittes Präparat bietet in Bezug auf die Chromatinkörnchen dieselben Verhältnisse wie Fig. 111, nur ist die Platte noch etwas ge- drängter und steht nicht parallel mit der Peripherie sondern senk- recht dazu. Zwei andere Präparate lehnen sich an Fig. 100 an, und ich glaube in ihnen je zwölf Chromatinelemente annehmen zu dürfen. Mit wenigen Ausnahmen ist leicht festzustellen, dass die GChroma- tinkörnchen in der Mitte ein wenig eingeschnürt sind, ähnlich einem holoblastischen Eie, welches sich in der Zweitheilung befindet (Fig. 195). Wenn die Körnchen in dieser Hinsicht auch übereinzustimmen pflegen, so ist in so fern ein Unterschied vorhanden, als sie durchaus nicht etwa von gleicher Größe sind. Es fällt das schon an den Fig, 100 und 444 auf, noch mehr aber an der stärker vergrößerten Fig. 195. Hier sind die Körnchen I und 2 etwa doppelt so groß als 3, Ak und 5. In demjenigen Ei, aus welchem Fig. 195 entnommen ist, habe ich fünf der größeren Körnchen und sieben der kleineren gezählt. Der Rest des Keimbläschens (Fig. 195%) ist auch hier gegen das Plasma erkennbar abgegrenzt, jedoch nicht durch eine Membran. Außerdem sind die fünf gezeichneten Chromatinkörnchen noch von einem gemeinsamen hellen Hofe (h) eingeschlossen, ohne dass ich darüber entscheiden könnte, ob hier von einer wirklichen Substanz die Rede sein darf, oder nur von einem Reflexbilde. Ließen die Chromatinkörnchen bisher nur eine Zweitheilung erkennen, so ändert sich das in etwas älteren Eiern. Ein ebenfalls noch aus dem Ovarium stammendes und in seinem Keimbläschentheile in Fig. 104 und 103 dargestelltes Ei zeigt die Chromatinkörnchen genau in einer Äquatorialplatte angeordnet und zwar in der Weise, dass mehrfach je vier Körnchen in der Längsrichtung der Spindel zu einer Reihe verbunden sind. In Fig. 103 sind die Ghromatinkörnchen aus Fig. 104 in stärkerer Vergrößerung gezeichnet. Die mit No. 5 und 7 bezeichneten Reihen bestehen aus je vier Körnchen, unter denen die mittleren aus Nr. 7 die übrigen an Größe übertreffen und in der Mitte abermals eingeschnürt sind. Nr. 4 und 8 bestehen je aus drei Körnchen, aber das mittlere größere kann leicht aus Verschmelzung oder dichter - Aneinanderlagerung entstanden gedacht werden. Die übrigen Nummern - bestehen je nur aus zwei meist eingeschnürten Körnchen. Links von Nr. 3 liegt noch ein unpaares kleines Körnchen; ob demselben ein - anderes irgend wie verdecktes Körnchen entspricht, vermag ich “ nicht anzugeben. Ich habe in diesem Falle sechs zweikörnige, vier 54 H. Henking, vierkörnige Elemente gezählt und außerdem ein unpaares Körnchen. Die einzelnen Körnchen treten durch die Färbung mit Bismarckbraun auffallend scharf hervor. Die Körnchenreihen laufen einander parallel und senkrecht gegen die Oberfläche des Eies. Sie liegen in einem gegen das Plasma nicht scharf abgegrenzten Raume, welcher von einem deutlichen Netzwerke durchzogen wird. Besonders bei oberflächlicher Einstellung ist zu bemerken, dass die achromatischen Fäden des Netzwerkes ebenfalls schon deutlich im gleichen Sinne wie die Reihen der Chromatinkörn- chen sich erstrecken, also die Ausbildung zu einer Spindel andeuten. Sie strahlen nach außen und innen auf einen Punkt los, welcher von einem undeutlichen Körperchen eingenommen wird. Letzteres ist besonders nach außen hin zu bemerken. Hier liegen im Inneren des ungefärbten homogenen Körperchens dicht neben einander zwei kleine helle Stellen, welche möglicherweise einem Polkörperchen entsprechen können. Zwischen Polkörperchen und äußerer Eihaut ist wiederum ein geringes achromatisches Netzwerk zu erkennen. Ein etwas älteres Stadium bietet Fig. 101 aus einem Ei, a kurz nach der Ablage konservirt wurde. Die Figur ist bei genau der gleichen Vergrößerung gezeichnet wie Fig. 103, bietet aber die chro- matische Platte in der Ansicht vom Pol. Man sieht, wie jedes der zwei- resp. viertheiligen Chromatinelemente gewissermaßen noch ein Spiegel- bild seiner selbst neben sich hat, nur das Doppelkorn bei & macht eine Ausnahme. Aus diesem Präparate lässt sich die Zwölfzahl der Chromatinelemente herauszählen. Jedenfalls ist sicher, dass dieselben gegen Fig. 103 eine weitere Theilung erfahren haben, während gleich- zeitig die Absicht einer genauen Halbirung des chromatischen Gesammt- materials unverkennbar ist. Von einem achromatischen Netzwerke bemerke ich an diesem mit Enrrıcn’s Hämatoxylin gefärbten Präparate nichts, dagegen eine wolkige Masse, welche vom Rande her in das helle Innere des Kernraumes sich erstreckt. 3. Bis zur Ausbildung des ersten Richtungskörperchens und des ersten Thelyid. War in den gereiften Eiern des Ovariums die Lage der Chromo- somen meist derart, dass sie neben einander standen in einer Ebene, welche der Eioberfläche parallel verlief (Fig. 111,104), so ist bei Eiern, welche 5—-10 Minuten nach der Ablage konservirt wurden, die Richtung dieser von den Chromosomen eingenommenen Ebene in der Regel eine andere. Öfter war sie schräg gegen die Oberfläche gerichtet, zuweilen 2 ; E Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 55 ganz senkrecht dagegen. Eine solche geneigte Stellung der Richtungs- spindel ist auch sonst vielfach bei anderen Thieren beobachtet worden. An den 5—10 Minuten nach der Ablage konservirten Eiern kann man noch vielfach jenes in der Fig. 103 dargestellte Verhalten beob- achten, nämlich dass mehrere Chromosomen in einer Reihe stehen. Bei etwas weiter entwickelten Spindeln aber, wie ich zwei solche Fälle in Fig. 132 und Fig. 124 und 125 abgebildet habe, ist eine Längs- erstreckung der Chromosomen noch deutlicher ausgeprägt, wenn auch die oben erwähnte geneigte Lage der Kernplatte es sowohl an Längs- wie Querschnitten erschwert, die Elemente in die Schnittebene zu bekommen. An einigen der in Theilung begriffenen Elemente von Fig. 132, 124, 425 ist unverkennbar eine chromatische Verbindungs- brücke vorhanden und erinnert an das wichtige Verhalten der Chro- matinsubstanz, welches ich bei Pieris brassicae von der Bildung des ersten Richtungskörperchens beschrieben habe. Von achromatischen Spindelfäden ist selbst an den mit Freuming’s Flüssigkeit konservirten Eiern kaum eine Spur zu sehen. Die beiden Hälften der Äquatorialplatte weichen nun mehr aus einander, zwischen ihnen sammelt sich eine helle Substanz und rasch erreicht die erste Richtungsspindel jene Gestalt, welche ich in Fig. 93 abgebildet habe. Sie stammt aus einem Ei, welches bei der Abtödtung etwa 20 Minuten alt war. Die successive Entstehung dieser Form habe ich leider aus Mangel an Material nicht verfolgen können. Man erkennt an Fig. 93, wie sich die einzelnen Chromosomen in Körnchengruppen aufgelöst haben, welche bei der Seitenansicht schwer aus einander zu halten sind. Es strahlen von ihnen hier und da noch zarte Fädchen nach der Mittellinie der tonnenförmigen Spindel aus und hier bemerkt man, dass die Spindel von einer achromatischen Zell- platte durchsetzt wird. Diese Zellplatte scheint in jüngeren Spindeln durchbrochen zu sein, wie aus Fig. 93 hervorgeht. Später aber theilt sie als eine aus feinsten Körnchen aufgebaute gleichmäßige Scheide- wand den Spindelraum in zwei Hälften (Fig. 92, 96). Woher die Zellplatte stammt, ist mir aus Mangel an entsprechenden Stadien zu verfolgen nicht gelungen. Allerdings scheint mir die Vorstellung nicht - ungerechtfertigt zu sein, dass Bestandtheile der Verbindungsfäden in - sie eingeschlossen sind. In Fig. 93 ließ sich ein soleher Verbindungs- _ faden noch als eine feinkörnige Linie zwischen zwei Chromosomen der - Tochterplatten nachweisen, während es andererseits den Anschein - hatte, als wenn auch noch von der Zellplatte beiderseits zarte Fädchen, vielleicht als Reste von Verbindungsfäden ausstrahlen. Wenn auch auf vorliegenden Stadien und bei der benutzten 56 H. Henking, Konservirungsmethode (heißes Wasser) ein Zerfallen der Chromosomen in einzelne Körnchen leicht stattfindet, so ist damit doch noch nicht die Individualität der chromatischen Elemente zerstört, wie auch aus der geneigten Polansicht der Fig. 98 hervorgeht: die Chromosomen werden je durch ein Häufchen von Chromatinkörnchen repräsentirt. Wurde dagegen Fırrmming’s starke Chromosmiumessigsäure zur Konservirung angewandt, so blieben die Chromosomen zwar je als kompakte Körper erhalten, d. h. zerfielen nicht in einzelne Körnchen- gruppen (wenn auch zuweilen eine Neigung zu diesem Verhalten sich kund gab), dafür aber traten die übrigen Theile der Spindel weniger gut hervor. Der als ein heller Raum bei Anwendung von heißem Wasser und Färbung mit Hämatoxylin sich so deutlich abgrenzende Spindel- theil war hier sehr viel weniger scharf markirt, wenn auch durch seine Homogeneität immerhin noch erkennbar. Im Allgemeinen nimmt bei dieser Konservirung der Spindelraum dieselbe Farbe an, wie das umgebende Plasma. Es ist demnach nicht zu verwundern, dass ich späterhin von den Resten der Verbindungsfäden nichts mehr habe erkennen können. Selbst die Zellplatte ist an solchen Präparaten Anfangs nur schwer zu sehen, wenn sie auch an älteren Spindeln gut hervortritt. Die erste Richtungsspindel nimmt beim Auseinanderweichen der Tochterplatten zuerst eine Tonnenform an (Fig. 93) und ist zu dieser Zeit noch völlig in dem randständigen Plasma resp. in der kleinen zwischen die Dotterkörnchen ragenden Plasmaansammlung gelegen, welche wir von früher her bereits kennen (Fig. 141). Dann geht aber die Kerntonne mehr zu der Gestalt einer Spindel über, indem die Chromosomen in den Tochterplatten näher zusammenrücken, wie sie sich vom Äquator entfernen (Fig. 99). Gleichzeitig damit erhebt sich das Plasma über dem peripheren Spindelpole in Gestalt eines Hügels empor (Fig. 92), und wie die Spindel sich immer schöner ausbildet, wächst die Erhebung, spitzt sich etwas zu und neigt sich gleichzeitig immer deutlicher in der Richtung nach dem Hinterende des Eies hintber (Fig. 108, 96). In die so emporwachsende Erhebung des Randplasmas drängt die Kernspindel gewissermaßen nach, oft so sehr, dass die äußeren Chro- matinkörner den Rand des Eies fast berühren (Fig. 108, 96). Die Spindel ruht etwa halben Leibes in dem Zapfen, dringt zuweilen fast ganz in denselben hinein (Fig. 99). Dann findet die Abschnürung der Tochterkerne statt. Man kann aus Fig. 134 entnehmen, wie der Vor- gang hierbei ist: Es werden die Tochterkerne durch das von allen Seiten andringende Plasma von dem Bauche der Spindel entfernt und Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 57 abgetrennt. Das erste Richtungskörperchen wandert mit der Spitze des sich noch mehr verlängernden und anschwellenden Zapfens weiter nach außen, der innere Kern schlägt eine rückläufige Bewegung ein und entfernt sich von der Peripherie. Es bleibt auf die Weise zwischen den sich trennenden Tochterkernen der größte Theil der Region der Verbindungsfasern, das erste Thelyid, an der alten Stelle unbenutzt liegen. Je nachdem die ursprüngliche Spindel tiefer oder weniger tief in den Zapfen eingedrungen war, findet man das erste Thelyid in der Wurzel desselben eingeschlossen (Fig. 13%), oder noch unterhalb der- selben im Randplasma (Fig. 127, 442). Wir werden noch sehen, dass vom ersten Thelyid auch eine geringe Bewegung nach innen ausgeführt werden kann. Es hat mir nicht gelingen wollen, zu sehen, was aus der achro- matischen Zellplatte wird, welche vorher den Äquator der Kernspindel durchspannte (Fig. 92, 95, 96). Sie sowohl, wie auch die Reste der Verbindungsfasern sind auf den soeben beschriebenen Stadien völlig verschwunden. Die Zellplatte befand sich an jener Stelle der Spindel, wo die etwas verbreiterten Basen der zu einem Doppelkegel vereinigten Tochterhälften sich berührten (Fig. 99), oder auch auscheinend etwas außerhalb von dieser breitesten Stelle der Spindel (Fig. 96). Man könnte demnach vermuthen, dass bei der Abtrennung der Tochterkerne das Plasma auf der von der Zellplatte gewiesenen Bahn einströme. Läge die Zellplatte mehr in der Nähe des einen (äußeren) Kernes, so brauchte nur noch der innere Kern besonders abgelöst zu werden. Der Effekt würde dann derselbe sein: in der Mitte des Thelyid, beiderseits die Tochterkerne. Gleichzeitig wäre der Schwund der Zellplatte ver- ständlich. Wenn ich trotz Mangels eines beweisenden Präparates länger bei diesem Gegenstande verweile, so geschieht es, um noch auf einige wichtige Analogien aufmerksam zu machen. Ich habe von Pieris brassicae recht sicher nachweisen können, dass bei Bildung der ersten Richtungskörperchen die Abschnürnng der Tochterkerne von der un- verändert bleibenden Mittelzone geschieht. Ferner sind die Verhält- nisse bei der Bildung des zweiten Thelyids von Agelastica den bisher geschilderten recht ähnlich. Nur ist es bei diesem weiter unten zu schildernden Falle ganz unverkennbar, dass die Abschnürung der Tochterkerne direkt von den Spitzen der Spindel erfolgt, weil die ganze achromatische Spindel mitsammt der deutlichen Kernplatte noch unverändert erhalten ist, wenn die Tochterkerne schon weit von ihr fortgewandert sind. Ich stehe desshalb nicht an, von dem ersten Thelyid von Agelastica 98 H. Henking, ebenfalls anzunehmen, dass es der Mittelzone der Kernspindel, ein- schließlich der Zellplatte, entspricht, dass aber die Zellplatte beim Abschnüren der Tochterkerne sich aufzulösen pflegt. Zum Beweise für die mitgetheilte Auffassung möchte ich noch Fig. 115 heranziehen. Ich glaube in einer dunkleren Linie, welche das Thelyid der Quere nach durchzieht, die ausnahmsweise länger erhaltene Zellplatte zu sehen. Allerdings habe ich dieses Verhalten nur dies eine Mal gesehen. Dieses erste Thelyid von Agelastica besitzt überhaupt nur eine ge- ringe Ausbildung und tritt nicht mit der Schärfe hervor, wie es die Be- trachtung der Fig. 127, 142, oder selbst Fig. 134 und 121 vermuthen lassen könnte; indessen habe ich doch das Aussehen desselben vorzüglich in den beiden letzteren Figuren möglichst naturgetreu wiederzugeben mich bemüht. Ich bin auch wohl gefragt worden, ob es berechtigt sei, solehen undeutlichen Bildungen einiges Gewicht beizulegen. Hierzu möchte ich bemerken, dass dieselben ein ganz regelmäßiges Vor- kommnis sind und bei gelungener Färbung klar genug hervortreten. Allerdings gehört ein gewisses Vertrautsein mit den zur Erscheinung kommenden Bildern dazu, um das Typische von dem Unwesentlichen alsbald zu unterscheiden. Ohne ein solches dürfte es aber z. B. eben so selten gelingen, den Schwanzfaden an den sich weiter entwickelnden Spermatozoen im Ei zu erkennen. Was ferner die Bedeutung des Thelyid anbetrifft, so werden wir noch im Einzelnen erfahren, welche Einflüsse diese geringfügige Sub- stanz unter Umständen haben kann. In einer Zeit, wo die verhältnis- mäßig undeutliche Attraktionssphäre und die winzigen Gentralkörper- chen eine ungewöhnliche Bedeutung erlangt haben, kann es nicht Wunder nehmen, wenn auch andere bisher übersehene Bildungen ein größeres Interesse beanspruchen. Natürlich bin ich der Ansicht, dass die Bildung des Thelyid noch in mehr Fällen, als ich bisher beobachtet habe, aufgefunden werden wird. Allerdings kommt sehr viel auf die Konservirungsmethode und Färbung an. War bei Anwendung von Freunmne’s Flüssigkeit schon die Richtungsspindel als solche schwer zu erkennen, obgleich sie durch die Chromatinsubstanz genügend gesichert war, so ist von dem Thelyid in den mir vorliegenden späteren Stadien mit Sicherheit nichts zu bemerken. Am deutlichsten habe ich es erhalten bei Konservirung mit heißem Wasser und nicht zu schwacher Plasmafärbung mit Enruicn’s Hämatoxylin. Dann hebt es sich als heller Fleck von dem dunkleren Plasma gut ab (Fig. 134, 124, 437 ThI ete.). Färbt man mit Boraxkar- min, und lässt nachher mit Pikrinsäure gesättigtes Terpentinöl einwirken, so erhält das Thelyid, ähnlich wie die Dotterkügelchen, eine gelbe Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 59 Färbung in rother Umgebung. Oft ist es an seiner Peripherie von einem Kranze gröberer und intensiver gefärbter Körnchen außen umgeben (Fig. 134, 437) und dadurch noch besonders ausgezeichnet. 4. Ausbildung des zweiten Richtungskörperchens und des zweiten Thelyid. Es ist mir fraglich, ob die gesammte achromatische Substanz des ersten Richtungskörperchens in das erste Thelyid übergeht; denn es hat oft den Anschein, als wenn eine geringe Menge der hellen Substanz in der Umgebung der Chromosomen verbliebe (Fig. 127,142). Eine solche helle Partie bemerkt man ziemlich regelmäßig an der Innenseite der Chromosomen des ersten Richtungskörperchens (Fig. 115). Was die Chromosomen desselben anbetrifft, so zerfällt ein jedes Element früh- zeitig in zwei Theile, nachdem es vorher Hantelform angenommen hatte (Fig. 127). Dieses Zerfallen scheint spontan zu erfolgen, ohne Hilfe einer distinkten achromatischen Fadensubstanz, ich habe wenigstens hiervon und von einer regelmäßigen Anordnung der Chromosomen zum Zweck einer Theilung nichts bemerkt. Später pflegen die Chro- mosomen des ersten Richtungskörperchens einen Haufen getrennter Kügelchen darzustellen (Fig. 127, 115) und ich will hierzu gleich noch bemerken, dass weiterhin eine Sonderung in zwei Haufen stattfindet. Was den im Ei zurückbleibenden Kern (den Spaltkern) anbetrifft, so hat er naturgemäß Anfangs ganz das Ansehen des ersten Richtungs- kernes. Dann treten Differenzen ein. Der Spaltkern umgiebt sich mit einer ansehnlichen Kernvacuole. Mag auch ein Theil derselben von der ursprünglichen Kernspindel herstammen, so ist doch unverkennbar, dass eine Vermehrung oder ein Wachsthum dieser hellen Substanz stattgefunden hat (Fig. 134, 137). Die chromatischen Elemente zeigen auch hier zwar eine Neigung, in feine Körnchen sich aufzulösen, wo- durch ein Zählen derselben recht erschwert wird, aber eine spontane Zerfällung in die doppelte Zahl, wie im ersten Richtungskörperchen, findet hier nicht statt. Hier vielmehr erfolgt die Theilung in ganz nor- maler Weise. Die Chromosomen behalten die von der ersten Theilung herstammende reihenweise Anordnung bei. Geringere Abweichungen davon werden ausgeglichen, wenn es zur Theilung kommen soll. Es findet also keine Reduktion zu der Struktur eines ruhenden Kernes statt. An der achromatischen Substanz der Kernvacuole nimmt man gelegentlich eine längsstreifige Anordnung wahr, ohne dass es jedoch zur Ausbildung deutlicher Spindelfäden käme. Polkörperchen und Plasmastrahlung fehlt völlig. — Bei der hier gegebenen Beschreibung habe ich ein Verhalten unberücksichtigt gelassen, welches ich in zwei 60 H. Henking, Fällen beobachtet habe, nämlich eine Zerstreuung der Ghromatinsub- stanz unter feinkörnigem Zerfall durch die ganze Kernvacuole (Fig. 145). Sollte diese bei der Bildung des zweiten Richtungskörperchen sonst nicht vorkommende Erscheinung sich hier als normal erweisen, so würde damit allerdings eine Annäherung an den Ruhezustand eines Kernes gegeben sein, für welchen ja doch der Übergang der kompakten Chromosomen in einen vertheilten Zustand charakteristisch ist. Es würden aus diesem Kerne alsdann erst jene Bilder hervorgehen, welche ich soeben beschrieben habe. Eine Drehung der Chromosomen findet zum Zweck der Theilung auch hier jedenfalls statt, wenn auch dieser Vorgang bei der erwähn- ten Eigenthümlichkeit der Chromosomen, in Körnchen zu zerfallen, nicht so gut zu beobachten ist wie sonst. Jedoch sehen wir, dass alle Chromosomen, auch diejenigen, welche schon vorher eine Zusammen- setzung aus je zwei Kügelchen erkennen ließen, später sich mit ihrer Längserstreckung senkrecht gegen die Eioberfläche stellen (Fig. 13%, 137). Nun rücken die Kügelchen aus einander, indem Anfangs keine wahrnehmbare Verbindungsbrücke zwischen ihnen besteht (Fig. 134). Wenn solche Bilder zur Beobachtung kommen, wie in Fig. 137, so ist damit noch ein Hinweis gegeben, wie leicht die Chromosomen sich in Körnchen auflösen. Ich bin nicht ganz sicher, ob dieses Bild für den Übergang von Chromatinsubstanz in die Verbindungsfäden be- nutzt werden darf, da dieses in der Regel nicht geschehen wird. Späterhin jedoch, wenn die Tochterchromosomen weiter aus einander gerückt sind, sieht man öfter eine deutliche von ihnen ausgehende Streifung den hellen Äquator der Kernspindel durchziehen (Fig. 121). Dann sind die-Verbindungsfäden deutlicher. Die Kerntheilungsfigur ist Anfangs ziemlich eylindrisch gestaltet (Fig. 121), d. h. in der Mitte nicht breiter als an den Enden. So ist es auch noch, wenn die ersten Spuren der achromatischen Zellplatte sichtbar werden (Fig. 197, 407). Dann wächst das Volumen der Thei- lungsfigur in der Gegend der Zellplatte und nimmt die Gestalt eines Doppelkegels an. So erhalten wir, indem die Tochterchromosomen nach den Polen zu immer dichter zusammentreten, ganz allmählich das Bild einer typischen Spindel. Die Chromosomen nämlich, welche als getrennte Kügelchen mit hellem Centrum und körniger chromatischer Rinde Anfangs vorhanden waren, rücken bei ihrem Marsche nach den Polen schließlich so dicht zusammen, dass sie eine einheitliche Masse darstellen (Fig. 138). Zuerst kann man an dieser Masse noch die Zu- sammensetzung aus einzelnen Kügelchen ahnen an der unregelmäßigen Gestalt, den Vorragungen an der Oberfläche und den hellen Flecken L Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 61 im Inneren, welche den Centren der ursprünglich getrennten Chromo- somen entsprechen (Fig. 138). Dann verschwinden diese mehr und mehr. Würde ich für die in Fig. 138 dargestellte Bildung den Namen Kernspindel gebrauchen, so könnte damit leicht eine falsche Vorstel- lung erweckt werden. Unter einer Kernspindel versteht man sonst jene Form, in welcher die Pole von den Attraktionssphären mit ihren Centralkörperchen eingenommen werden, während die Chromosomen sich in der Gegend des Äquators der Theilungsfigur befinden, mit den Attraktionssphären durch die achromatischen Spindelfäden verbunden. Hier dagegen liegen die Verhältnisse gerade umgekehrt: Die Chroma- tinsubstanz bildet die Pole, auf die ganz anders aufzufassende Äqua- torialplatte können sich noch Reste von ebenfalls ganz anders beschaf- fenen Fäden, der Verbindungsfäden, erstrecken. Man müsste demnach hier von einer Pseudospindel sprechen. Die Chromatinsubstanz, welche Anfangs eine etwas unregelmäßige Form an den Spitzen der achromatischen Spindel einnahm (Fig. 138), rundet sich nun in ihrer Gesammtheit ab zu einer Kugel (Fig. 130). Jede dieser beiden Kernkugeln, in welchen wir also den zweiten Rich- tungskern (oben) und den zur Copulation fertigen Eikern (unten) vor uns sehen, lässt Anfangs noch an den Maschen des Kernnetzes die Zu- sammensetzung aus den kugeligen Chromosomen erkennen, indem wenigstens der allgemeine Eindruck dafür spricht. dass das helle Cen- trum jeder Masche dem hellen Binnenraume der Chromosomen gleich zu setzen ist (Fig. 197). Später verwischt sich das mehr, die Maschen - werden eckiger (Fig. 130 unten) und die Chromatinsubstanz sammelt sich in Kügelchen, besonders an der Peripherie. Während die soeben beschriebenen Veränderungen eintreten, rücken die beiden Kerne langsam von den Spitzen der achromatischen Spindelfigur fort (Fig. 130). Diese Pseudospindel bleibt an derselben Stelle liegen, wie zu Anfang, leicht kenntlich an der jetzt inmmer deutlich hervortretenden und sich scharf färbenden Zellplatte (Fig. 130, 129). Wir haben in ihr ein zweites Thelyid anzuerkennen. Die Pseudo- spindel hat eine etwas gestrecktere Gestalt als zu der Zeit, in welcher die Kerne sich noch an ihren Spitzen befanden (Fig. 138). Sonst aber sind, bis auf die deutlicher gewordene Zellplatte, die Verhältnisse noch ganz dieselben wie vorher. Die Figur setzt sich, wie aus Fig. 130 3 und 129 hervorgeht, scharf gegen das umgebende dunkler gefärbte Plasma ab; denn ihr Inhalt ist hell, abgesehen von der Zellplatte und 3 gelegentlich ganz zarten Überbleibseln der Verbindungsfäden. Das zweite Thelyid ist von genau der gleichen Beschaffenheit wie 62 H. Henking, das erste, weicht jedoch darin erheblich von dem ersteren ab, dass, wie wir sahen, die Kernplatte sich anders verhält. Beim ersten Thelyid verschwand die Kernplatte mit der Ablösung der Kerne, beim zweiten Thelyid trat sie anscheinend dann noch deutlicher hervor. Das erste Thelyid ist nicht immer ganz leicht zu erkennen, weil es eigentlich nur negative Charaktere besitzt (Farblosigkeit und nicht scharfe Umgren- zung), das zweite Thelyid wird man immer leicht an der deutlichen Kernplatte wiederfinden. Hieran ist sie selbst nach Härtung mit Frem- ming’s Flüssigkeit aufzufinden und bietet auch bei dieser Konservirungs- methode dieselben Verhältnisse, wie ich es oben nach Abtödtung mit heißem Wasser beschrieben habe. — Späterhin verschwindet das zweite Thelyid. Der zweite Richtungskern wandert also von der Spitze des zwei- ten Thelyids nach der Peripherie des Eies zu und bleibt dann im Randplasma liegen, unter Verhältnissen, welche wir noch weiter unten näher betrachten werden. Er hat gleichzeitig eine Aufblähung er- fahren, während das Chromatin die in ruhenden Kernen gewöhnliche Vertheilung aufweist. Ähnliche Veränderungen, wie der zweite Richtungskern, macht nun auch der Eikern durch. Er wendet sich nach Loslösung von der inneren Spitze des zweiten Thelyids in centripetaler Richtung auf den Spermakern zu. Auch er ist stärker aufgebläht (Fig. 129 Eık), das Chromatin ist in seinem Inneren in Körnchen vertheilt. Er besitzt meist eine ovale Gestalt und ist so mehr geeignet zwischen den dicht ge- drängten Dotterkugeln durchzuschlüpfen, um zum Spermakerne zu gelangen. Ihn begleitet keinerlei Strahlung, selbst kaum ein wenig Plasma. In Bezug auf die Werthigkeit von zweitem Richtungskerne und Eikerne ist hervorzuheben, dass in jeden derselben 12 getrennte Chro- mosomen übergehen, wie aus der Betrachtung der chromatischen Tochterplatten sich ergiebt, bevor deren Elemente zu dicht zusammen- treten (Fig. 107, 113, 197). Es ist demnach das Zahlenverhältnis der Chromosomen (12) in der ersten und zweiten Richtungsspindel das gleiche. 5. Spermatogenese. Die paarigen Hoden copulationsreifer Männchen, denn nur solche haben mir zur Untersuchung vorgelegen, bestehen aus einer Anzahl mit einander verbundener kurzer Schläuche und in deren Inneren liegen die rundlichen Spermatocyten dicht neben einander, ohne aber eine Reihenfolge nach dem Alter erkennen zu lassen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 63 Die jüngsten Samenzellen oder Spermatogonien sind erkennbar an ihrer Kleinheit und der großen Zahl der Chromosomen. In den Spindel- stadien, wie ich ein solches in Fig. 147 bei Seitenansicht abgebildet habe, scheinen dieselben oft neben einander keinen Platz zu haben, so dass sie den Anblick eines dicken mehrreihigen Wulstes darbieten. In Fig. 146, 148 und 149 habe ich vier derartige Zellen aus zwei ver- schiedenen Spermatocysten in Polansicht dargestellt und zwar solche Zellen, welche ihre Chromosomen anscheinend ziemlich gut in einer Ebene liegen hatten. Da es auf die Zahl derselben ankam, so habe ich dieselben zunächst mit Hilfe der Camera sorgfältig gezeichnet ohne dabei zu zählen, um auf diese Weise nicht beeinflusst zu werden. Als ich dann nachher die Körperchen überzählte, ergab sich überein- stimmend, dass deren 24 oder 25 vorhanden waren. Die Theilung der Ursamenzellen verläuft in gewöhnlicher Weise, die Tochterplatten rücken aus einander und lassen dabei zwischen sich deutlich gefärbte feinkörnige Verbindungsfäden auftreten. In welcher Weise dann die so zur Ausbildung kommenden Tochterzellen heran- wachsen, habe ich nicht näher verfolgt, da hierin keine wesentlichen Verschiedenheiten von dem bei Pyrrhocoris von mir (37) geschilderten Verhalten vorkommen dürften. Auch ein Nucleolus, allerdings nur von geringem Volumen, ist ziemlich lange zu erkennen, bis dahin, wenn die Zellen eine neue Theilung vorbereiten. Ob es auch hier stets zu der so charakteristischen Ausbildung von chromatischen Ringen kommt, wie bei Pyrrhocoris, vermag ich nicht anzugeben, da ich es nur in einigen Fällen gesehen habe. Meist wird man bei jungen Spiremen langgestreckte etwas rauhe Schleifen finden, welche man ja allerdings durch Aufspaltung von Ringen entstanden sich vorstellen kann. Ohne diese Stadien durch alle Übergänge verfolgt zu haben, glaube ich doch nicht fehl zu gehen, wenn ich aus den mit langen Ghromatin- schleifen ausgerüsteten Kernen solche hervorgehen lasse, wie ich sie in Fig. 153, 154, 158 abgebildet habe. Der Kern ist eine helle Blase und füllt den größten Theil der Zelle aus. Eine membranöse Kern- hülle ist deutlich. Die Chromatinelemente haben sich zu kompakten Körperchen umgebildet, welche zum Theil kugelförmig, zum Theil gestreckt oder hantelförmig eingeschnürt erscheinen. Sie sind unter i einander durch feine achromatische Fäden verbunden, welche ich in Fig. 153 angedeutet habe. Ich habe auf diesem Stadium in den von mir gezeichneten und - gezählten Fällen 16 Elemente erhalten, und diese Zahl vermindert sich _ auch nicht, wenn die Spermatocyten zu ihrer ersten Theilung die Chromosomen in eine Ebene ordnen. Sahen wir bei Pyrrhocoris, dass 64 H. Henking, die unpaaren Elemente sich stets paarweise anordneten, wenn die Äquatorialplatte gebildet wurde, so geschieht das hier nicht, sondern die Chromosomen scheinen in der Weise sich zur Theilung zu begeben wie sie im Knäuelstadium vorliegen. Daher wird man bei Polansicht der Äquatorialplatte in den meisten Fällen 46 oder 17 der rundlichen getrennten Chromosomen auffinden. Nur selten habe ich eine andere Ziffer bemerkt, nämlich 13 oder 15, und habe hiervon in Fig. 161 und 164a Abbildungen gegeben, während in Fig. 152 und 164b das ge- wöhnliche Verhalten dargestellt wurde. Das Aussehen der Äquatorialplatten ist ganz ähnlich wie bei dem entsprechenden Stadium von Pyrrhocoris und auch hier sind die Chromosomen durch zarte Verbindungsfäden mit einander in Be- ziehung gesetzt; und dass die Spindelfigur auch hier auf ähnliche Weise zu Stande kommt wie dort, dafür mag auf Fig. 159 hingewiesen werden und zum Vergleiche damit auf die Fig. 26 und 27 (Taf. XXXV) meiner Abhandlung über die Spermatogenese von Pyrrhocoris. In mehreren Punkten jedoch wird man Abweichungen des Verhaltens der Sperma- tocyten finden. Hier bei Agelastica habe ich vom Auftreten kleiner Dotterkügelchen nichts bemerkt. Damit will ich ihr völliges Fehlen nicht behaupten; denn für diese auch sonst sehr hinfälligen Gebilde könnte ja die Konservirung nicht ausreichend gewesen sein. Jedenfalls aber sind sie, wenn überhaupt, so nur sehr schwach ausgebildet, wie auch aus dem Umfange des Nebenkernes hervorgehen wird. CGentrosomen sind hier zwar vorhanden aber nur recht winzig und von einer plasmatischen Strahlung nurSpuren zu bemerken. Daher mag es denn kommen, dass der Übergang aus dem Dyaster zu der zweiten Theilung der Spermatocyten sich hier schlechter erkennen lässt als bei Pyrrhocoris, ganz abgesehen von der viel geringeren Größe des Zellmaterials bei Agelastica. Am auffallendsten ist nun aber, dass, wenn wir die oben für die Spermatogonien erhaltene Zahl von 24 Chromosomen als richtig an- nehmen, wir hier nicht eineHalbirung der Gesammtsumme beim Aufbau der Äquatorialplatte in der ersten Theilung der Spermatocyten erhalten, sondern nur eine Reduktion auf 2/,. Bei Pyrrhocoris bot die Äquatorial- platte der Spermatogonien 24 Chromosomen, diejenige der Spermato- cyten deren 12. Bei Agelastica weisen die Spermatogonien ebenfalls 24 Chromosomen auf, die Spermatocyte in erster Theilung meist deren 16 oder 17. Mit dieser Thatsache lässt sich die Seitenansicht der letzt- genannten Spindeln gut erklären: Hätten wir, wie bei Pyrrhocoris, in Polansicht 12 Elemente, so würden wir bei Seitenansicht, ganz wie bei Pyrrhocoris, nur polwärts gestreckte Doppelkügelchen erwarten dürfen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 65 Da die Zahl bei Polansicht eine größere ist als 12, so können wir nicht ausschließlich Doppelkügelchen zu Gesicht bekommen, sondern müssen in der Äquatorialebene nothwendig auch einfache Kügelchen antreffen, eben so nothwendig aber auch Doppelelemente, da ja sonst der Rück- gang in der Ziffer von 24 auf 16 oder 17 nicht verständlich wird. Das ist nun auch in der That der Fall. Das Aussehen der Spindeln wird durch Fig. 160 und 167 erläutert und zwar sind also sowohl einfache als auch doppelte Elemente in einer Ebene aufgereiht. Nur in seltenen Fällen bekommt man Bilder wie in Fig. 151, dass nämlich nur Doppel- elemente vorhanden zu sein scheinen. Dann ist die Ähnlichkeit mit dem Verhalten bei Pyrrhocoris sehr groß. Es ist kein Zweifel daran, dass sämmtliche Chromatinelemente eine einfache Halbirung erfahren, sowohl die einfachen als auch die doppelt erscheinenden. Man erhält eben leicht Stadien, aus welchen das unzweideutig hervorgeht, derartige nämlich, welche das successive Auseinanderrücken der Tochterplatten zeigen (Fig. 168). Hieraus würde sich aber eine Ungleichwerthigkeit der Theilungen ergeben, indem die einfachen Elemente eine Äquationstheilung erlitten, die Doppelelemente dagegen eine Reduktionstheilung. Wie dem nun aber auch sei, wir bekommen jedenfalls bei der nun folgenden zweiten Theilung der Spermatocyten abermals 17 Chromosomen, wie die Polansicht der Spindeln (Fig. 165, 192, 193) deutlich ergiebt. Größenunterschiede der einzelnen Chromosomen sind vorhanden, wenn auch oft nicht so auffällig, als man erwarten sollte, wenigstens bei Polansicht. Bei Seitenansicht der Spindel dagegen habe ich doch recht wesentliche Größenunterschiede unter ihnen feststellen können (Fig. 194). Dass die Theilung der chromatischen Elemente hier in irgend einer - abweichenden Weise verliefe, habe ich nicht beobachten können. Wäre die obige Annahme richtig, dass die unpaaren Chromatinelemente bei der ersten Theilung der Spermatoeyten bereits die bei Pyrrhocoris erst in der zweiten Theilung eintretende Äquationshalbirung erlitten - hätten, so müssten sie jetzt unverändert bleiben und unverändert der * einen oder anderen Spermatide sich zuwenden. Nur die aus der ersten - Theilung durch Reduktion halbirten (zweiwerthigen) Chromatinelemente hätten jetzt noch einmal eine Äquationstheilung durchzumachen. Bei - der Reduktion von 24 auf 17 ergiebt sich nun aber, dass sieben Doppel- elemente vorhanden sein mussten. Wir würden bei der soeben gemachten Annahme auch nur erwarten können, dass sieben Elemente ‘eine Äquationstheilung erfahren, während die übrigen zehn sich un- getheilt den Tochterplatten zu je fünf einfügen würden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 5 66 H. Henking, Diese Annahme trifft nun nicht zu. Auch bei der zweiten Theilung der Spermatocyten erfahren alle Chromosomen eine Halbirung, wie durch Fig. 186 erläutert wird. Ich habe sogar in diesem Falle in der oberen Theilhälfte 17 gesonderte Chromosomen zählen können. Es hängt noch die größte Zahl der halbirten Chromosomen durch gefärbte Verbindungsfäden paarweise zusammen und macht es unzweifelhaft, dass diese Paare zusammengehören und aus der Trennung eines vorher einheitlichen Gebildes hervorgingen. | Ich habe in Fig. 183 und 182 die paarweise zusammengehörigen Tochterplatten, welche aus der zweiten Theilung der Spermatocyten hervorgingen, in Polansicht gezeichnet. Man kann mindestens 12 Ele- mente überall erkennen; da ich jedoch deren 17 in der Theilungsfigur Fig. 186 gezählt habe, so glaube ich, dass auch in den Polansichten Fig. 182 und 183 deren je 17 gerechnet werden müssen, welche aber dichter zusammengetreten sind und bei der Kleinheit der Verhältnisse nicht mehr sicher einzeln erkannt werden können. Überhaupt sind die Zellen hier sehr viel kleiner als z. B. bei Pyr- rhocoris und bei der Kleinheit und größeren Menge der Chromosomen ist über deren Zahl nicht immer mit Sicherheit etwas zu erfahren. In Bezug auf folgende Punkte ist jedoch Gewissheit vorhanden: 1) Die Zahl der Chromosomen in den Ursamenzellen ist sehr viel größer als diejenige in den aus der zweiten Theilung der Spermatocyten hervorgehenden Tochterzellen (Spermatiden), wie ein Vergleich der Fig. 146, 148 und 149 einerseits mit Fig. 182 und 183 andererseits sofort erkennen lässt. Eine Reduktion in der Zahl der bei den Ursamenzellen beob- achteten Chromosomen tritt mit Sicherheit ein bei der ersten Theilung der Spermatocyten. 3) Eben so sicher ist, dass die Anzahl der Chromosomen bei der ersten und bei der zweiten Theilung der Spermatoeyten dieselbe bleibt. Es tritt also bei derzweiten Theilung der Sperma- tocyten keine Reduktion in der Zahl ein. Rekapitulire ich ferner noch Einiges, so sind also in der Äqua- torialplatte der Ursamenzellen (Spermatogonien) mindestens 24 oder 25 Chromosomen vorhanden, denn so viele habe ich gezählt (Fig. 146, 148, 149). Es ist aber sehr wohl möglich, dass in Folge der dichten Lagerung der Chromosomen (Fig. 147), deren noch einige mehr unter den von mir gezeichneten verborgen stecken, oder auch, dass einige der einheitlich gezeichneten Körperchen als aus zwei Einheiten zu- sammengesetzt betrachtet werden müssen, eine Frage, welche wegen der Kleinheit und des dichten Anschlusses der Gebilde an einander nicht [S2) nn a ee rn, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 67 zu entscheiden ist. Weniger als 24 sind es nicht, es könnten aber viel- leicht 32 bis 3% sein. Die Spermatoeyten lassen sicher und mit großer Übereinstimmung sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Theilung 16 oder 17 Elemente zählen. Hier ist kein Zweifel möglich. Ist aber die letzte Theilung vollendet (Fig. 182, 183), so ist in den nun näher zusammen- rückenden Tochterplatten nicht mehr zu sagen, ob die Zahl 17 hier noch angenommen werden muss, und ob etwa einige der vorher vor- handenen 47 Stücke sich vereinigt oder zusammengelagert haben und so die Zahl 12 vortäuschen. Halten wir als Resultat fest, dass eine Reduktion in der Zahl der Chromosomen mit der ersten Theilung der Spermatocyten eintritt. Über den weiteren Ausbau der Spermatiden und Spermatosomen will ich nur das Wenige nachtragen, was das für eine genauere Unter- suchung wenig günstige Material verhältnismäßig leicht erkennen lässt. Die chromatischen Tochterplatten runden sich zu einem Kerne ab, welcher Anfangs zahlreiche ungleich große Chromatinkörnchen enthält, welche durch einen hellen Zwischenraum von einander getrennt sind. In älteren Stadien wird der Kern etwas kleiner und dabei ziemlich homogen, ohne deutlich sichtbare Körnchen, färbt sich intensiv durch seine ganze Masse (Fig. 174, 175). Aus der Kugelform geht er dann in gleicher Weise, wie ich es von Pyrrhocoris angab, durch die Gestalt einer Spindel zu derjenigen einer Nadel über (Fig. 155), wie sie auch die reifen Samenfäden besitzen. Die Aufknäuelung der Verbindungsfäden zu dem,Nebenkern dürfte bei der Ungunst des Materials im Einzelnen zu verfolgen nicht ganz leicht sein. Was ich gesehen habe stimmt ganz mit dem überein, was ich von Pyrrhocoris geschildert habe. So hat der Nebenkern in Stadien wie Fig. 175 die bekannte schalenförmige Zusammensetzung, und es tritt dann eine Streckung des Gebildes ein (Fig. 174), welche weiter- geht, wie der Samenfaden sich mehr und mehr in die Länge streckt. Auch hier wird der Schwanz also vom Nebenkern durchzogen (Fig. 185). Das Mitosoma habe ich in den jüngsten Stadien des Nebenkernes nicht gesehen. Es ist das nicht wunderbar, wenn man bedenkt, wie wenig der viel größere Nebenkern hier hervortritt, mit aus dem Grunde, weil die bei Pyrrhocoris zu seiner Füllung dienenden Dottermassen hier nur ganz geringfügig sein können. Das Vorhandensein des Mitosoma scheint auf dem Stadium der Fig. 185 leichter festgestellt werden zu können. Hier nämlich habe ich an der Basis des Kernes wohl ein 63 H. Henking, kleines gelbliches Gebilde bemerkt, welches ich als Mitosoma deuten möchte. Außerdem ist auf diesem Stadium auch der Spitzenknopf als ein rundliches gefärbtes Körperchen an der einen etwas abgeplatteten Seite des Kernes zu bemerken. Späterhin, wenn der Kern sich streckt, befindet sich dieses Körperchen, durch eine kleine Verdickung des An- fanges des Samenfadens verrathen und überragt von einem kleinen blassen Fädchen, am Vorderende des Kernes (Fig. 155 sp). 6. Eindringen der Spermatozoen in das Ei. Die Spermatozoen kommen mit dem Ei in einem Raume in Berüh- rung, welcher dem von mir bei Musca als Uterus bezeichneten ent- spricht. In einem Falle gelang es mir eine Mikropyle an dem vorderen Pole in Gestalt einer einfachen Durchbrechung des Chorion zu be- obachten. Gleichzeitig lief auf dieselbe eine zarte Felderung zu, welche einige Ähnlichkeit mit der bei Schmetterlingen so schön ausgebildeten aufwies. Derartiges, sowohl Mikropyle wie Felderung, habe ich jedoch sonst nicht wahrnehmen können. — Ich habe auch hier ein Thier bei der Ablage unterbrochen und rasch abgetödtet. Es glückte mir so, ein Ei bei seinem Marsche nach außen gerade an der entscheidenden Stelle festzuhalten. In Fig. 410 ist ein Stück dieses Eies dargestellt. Über dem animalen Pole befindet sich ein großer Schwarm von Spermatozoen mit deutlich gefärbten Köpfen. Sie schwimmen in einer feinkörnigen gewellten Substanz, offenbar einem Drüsensekret. Einem Spermatozoon ist es gelungen in das Ei einzudringen, es liegt noch in dem randstän- digen Plasma. Über die feinere Struktur des zugehörigen Eikernes kann ich nichts angeben, da er ungünstig liegt. Er besteht aus etwa 12 Chromatin- körnchen, an denen man zum Theil eine Einschnürung bemerkt. Ein späteres Stadium ist in Fig. 414 abgebildet, wir sehen dort eine Partie eines kurz nach der Ablage konservirten Eies vor uns. Ich habe nicht weniger als 7 Spermatozoen im Inneren des Eies gezählt, fünf von ihnen liegen als deutliche Fäden noch in dem peripheren Plasma (Fig. 114 db, c,d,e,/), zwei andere sind bereits ein wenig zwischen die Dotterkugeln eingedrungen. Ein achtes Spermatozoon habe ich noch außen an der Eischale festgeklebt gefunden und bei a (Fig. 144) dargestellt. Ich hebe besonders hervor, dass die beiden bei c und d etwas tiefer eingedrungenen Samenfäden noch keinerlei größere Plasmaansammlung in ihrer Umgebung veranlasst haben. Aus dem gleichen Ei stammt der in Fig. 101 abgebildete Eikern. Von demselben Stadium besitze ich außer diesem nur noch ein Ei. Leider ist es nicht gut konservirt, was sich an der starken Vacuolisirung | n A . Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 69 des Randplasmas kund giebt. Außerdem sind viele Schnitte unvoll- ständig, da es das erste Ei war, welches ich von vorliegendem Käfer zu schneiden versuchte, wo ich also mit der anzuwendenden Methode noch nicht vertraut war. Ich habe überhaupt kein Spermatozoon hier sehen können, so dass dieses Ei weder für noch gegen eine Polyspermie zu verwerthen ist. Übrigens zeigt das in Fig. 114 abgebildete Ei die Samenfäden mit solcher Deutlichkeit, dass an der Thatsache selbst gar kein Zweifel ist. Ob wir es aber nur mit einem zufälligen abnormen Vorkommnis zu thun haben, welches der Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Trotz mir vorliegen sollte, darüber, denke ich, werden die nach- folgenden Mittheilungen genügendes Licht verbreiten. Die hier interessirenden Verhältnisse aus einem etwa eine halbe Stunde nach der Ablage konservirten Ei habe ich in einem kombinirten Bilde in Fig. 109 dargestellt. Wir haben es mit Längsschnitten zu thun. Eine ziemliche Strecke hinter dem oberen Ende des Eies sind drei fadenförmige Spermatozoen in mehr oder weniger deutlichen plasma- tischen Ansammlungen zu bemerken. Oberhalb 3 sieht man, wie die Plasmaansammlung in der Umgebung dieses Spermatozoon (3) noch durch eine deutliche Plasmastraße mit dem Plasma der Eiperipherie in Verbindung steht. Bei den Spermatozoen 4 und 2 ist eine solche Ver- bindung nicht mehr direkt nachweisbar, obgleich die Plasmazone unter- halb von b möglicherweise zu dem Spermatozoon 4 gehören könnte, wenngleich eine deutliche Unterbrechung zwischen beiden Territorien auf den Schnitten leicht festzustellen ist. Der in das Ei eingedrungene Samenfaden scheint Anfangs völlig indifferent sich zu verhalten und keine Wirkungen auf das Plasma aus- ' zuüben, wenigstens ist nichts davon zu sehen. Eine besondere Anhäu- fung von Plasma in seiner Umgebung findet durchaus nicht statt, weder so lange als der Samenfaden im Randplasma sich aufhält, noch auch, wenn er beginnt tiefer zwischen die Dotterkügelchen zu rücken (Fig.114,105 sp). Bei tieferem Eindringen wird zwar der ihn umgebende Hof von Plasma größer, bietet aber in seiner Erscheinung weiter nichts Auffälliges. Erst wenn der Samenfaden annähernd auf der Höhe der Richtungs- spindel angekommen ist (Fig. 109), wird sein Einfluss auf die Umgebung energischer, aber die Bahn, die er vom Rande her genommen hat, ist noch immer durch eine zwar schwache, aber nur in seltenen Fällen nicht deutlich erkennbare Straße markirt: kleine Anhäufungen von Plasma sind gewissermaßen vom Samenfaden auf seinem Wege ver- loren worden. a Was nun das Aussehen des Samenfadens auf diesem seinem Wege 70 H. Henking;, anbetrifft, so ist Anfangs, wie schon gesagt, nur der Kopf zu erkennen als ein intensiv gefärbter Faden (Fig. 140, 414). Dann tritt der Spitzen- knopf auf als helles Kügelchen mit gefärbter Peripherie. Sein Aussehen wechselt nicht erheblich, ob die Eier mit Fremming’s Flüssigkeit (Fig. 18%) konservirt wurden oder mit heißem Wasser (Fig. 109). Oft jedoch sammelt sich in letzterem Falle die färbbare Substanz an der Peripherie des Kügelchens, besonders an drei oder vier Stellen, so dass der Anblick des Spitzenknopfes ein etwas anderer wird (Fig. 109, 181, 150). -Vom Schwanzfaden habe ich in der ersten Zeit nach dem Ein- dringen nichts bemerkt. Erst wenn der Spitzenknopf deutlich in Er- scheinung tritt, habe ich in einigen Fällen an dem entgegengesetzten Ende des Kopffadens ein zartes Fädchen sehen können (Fig. 150 und Fig. 109), welches sich weiterhin in dem körnigen Plasma verlor. Nach den bisher vorliegenden Angaben könnte man vermuthen, dass es der Spitzenknopf sei, welcher das Centrosoma einschließe und die späterhin auftretende Strahlung um sich erzeuge. Nach meinen Beobachtungen kann ich dieser Ansicht nicht beipflichten. Denn wenn nun eine reichlichere Plasmaanhäufung an einer Stelle des Samenfadens stattfindet und die wie Speichen zwischen die Dotterkügelchen sich er- streckenden Plasmastrahlen durch ihren Ursprung verrathen, wo sich die betreffende reizerregende Substanz befindet, so wird man an gün- stigen Präparaten erkennen, dass dieses Centrum für die Strahlen gerade am anderen Ende des fadenförmigen Kopfes liegt. Zur Entscheidung dieser Fragen scheinen mir die mit langgestrecktem Kopfe ausgerüsteten Samenfäden besonders günstig zu sein, weil die in Frage kommenden Stellen genügend weit getrennt sind, als dass ein Zweifel sich erheben könnte. So sieht man an Fig. 181 und 150, dass das mit dem Spitzenknopf ausgerüstete eine Ende des Samenfadens in wenig verändertem Plasma liegt, während das andere Ende des Kopfes, d.h. eben jene Stelle, wo sich der Schwanzfaden ansetzt, von einem größeren Plasmahofe um- geben ist, welcher zahlreiche Strahlen ringsum aussendet. Späterhin ist der Spitzenknopf nicht mehr zu erkennen und ver- muthe ich daher, dass er der Auflösung anheimgefallen ist. Deutet . doeh auch schon der Umstand, dass er alsbald nach dem Eindringen des Samenfadens ins Ei zu einem ansehnlichen Kügelchen anschwoll, meines Erachtens darauf hin, dass er irgend welchen Veränderungen unterliegt. Ziemlich zur gleichen Zeit, wenn sich der Spitzenknopf den Blicken entzieht, wird der bis dahin schwer sichthare Endfaden zu einem oft recht deutlichen Gebilde von verschiedener Länge. Be a Susi DI Be a ae Untersuchungen über die ersten Eutwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 71 Der Kopftheil, Anfangs ein ziemlich homogener Faden, beginnt sich in der von mir schon öfter beschriebenen Weise zu verkürzen und dabei an Dicke zuzunehmen (Fig. 108). Hierbei werden schwächer und stärker gefärbte Stellen in ihm sichtbar (Fig. 108, 173). So geht der Kopf des Samenfadens, indem die Verbreiterung, wie auch sonst, be- sonders an der Basis des Kopfes stattfindet, schließlich zu der Form eines ellipsoiden Kernes über (Fig. 189), in welchem die Chromatin- körnchen ziemlich gleichmäßig vertheilt sind. Schon zu einer Zeit, in welcher der Kopf noch die gestreckte Form hat und selbst der Spitzenknopf noch vorhanden ist, wird in der Um- gebung jener Stelle, wo sich Schwanz und Kopf vereinigen, ein heller Schein bemerkbar, der nach und nach an Umfang, gewinnt. Es kommt dasArrhenoid zur Ausbildung (Fig. 156, 144). Wie hier die helle Substanz sich vermehrt, vermehrt sich auch das gewöhnliche Plasına in der Umgebung und die radiär ausgehenden Strahlen weisen auf die Wichtigkeit dieses Punktes hin (Fig. 144). Späterhin kann im Inneren des hellen Hofes eine deutlichere CGentralsubstanz bemerkbar werden (Fig. 173), welche eine Strecke abwärts am Schwanzfaden gelegen sein kann (Fig. 173). Besonders deutlich trat die helle Gentralsubstanz an Eiern hervor, welche einem vermehrten Druck ausgesetzt waren. Hier war sie in einigen Präparaten recht scharf von der Umgebung abgegrenzt, ohne dass man ihr jedoch eine besondere Membran oder dergl. hätte zu- schreiben können. Ich glaube, dass die in der Gentralsubstanz gegebene Masse hier nur einen dichteren Zusammenschluss gefunden hat, während sie sonst und für gewöhnlich etwas in die Umgebung hinein diffundirt sein mag. Auch Fig. 179 von einem normalen Ei hat eine gut abge- grenzte Gentralsubstanz ce mit einem Rest des Schwanzfadens. Die Gentralsubstanz c zeigt selbst bei scharfer Begrenzung und bei derselben Behandlung nicht unwesentliche Größenunterschiede, wie aus dem Vergleich von Fig. 166 und 157 hervorgeht. In beiden Fällen ist die noch in ihr bemerkliche dunkle Substanz ein Rest des Schwanz- fadens, eine Erinnerung an die Herkunft derselben. Ganz ähnlich wie in Fig. 173 ist auch in Fig. 157 die Gentralsubstanz eine beträchtliche Strecke vom Kerne entfernt, während sie bei Fig. 166 dem Kerne un- mittelbar anliegt. Dass die plasmatische Strahlung in der That nur der Gentralsubstanz zugewandt ist, kann aus solchen Fällen, wie sie in Fig. 173 und besonders in Fig. 157 vorliegen, mit großer Sicherheit er- kannt werden. In diesem letzteren Falle ist der Hof des Arrhenoid durch eine bemerkbare Zone von der Plasmahülle des Kernes getrennt 72 H. Heuking, und man sieht, wie viele Strahlen gewissermaßen am Kerne vorüber auf das Arrhenoid zueilen. | Was den Bau der Centralsubstanz anbetrifft, so ist dieselbe durch- aus nicht ganz homogen, sondern enthält im Inneren ein Netzwerk einer wolkigen Substanz, welches eine schwache Färbung annimmt. Ein zartes Netz ist auch dann ganz gut zu erkennen, wenn in dem Arrhenoid keine besondere Centralsubstanz sich abhebt. Dann erfüllt das Netz- werk gleichmäßig den hellen Raum neben dem Kerne. Wie ich oben bereits sagte, geht der Kern aus der Fadenform all- mählich zur Eiform über. Ich verweise zum Verständnis dieses Vor- ganges auf die Figuren 14%, 166, 157, 179, welche in der genannten Reihenfolge die Verkürzung des Kernes erkennen lassen. Aus der Zapfenform der Fig. 179 geht derselbe aber dann noch zu reiner Kugel- form tiber und zeigt auf diesem Stadium sich recht homogen. Dann aber wächst das Volumen, indem eine helle Substanz ihn aufbläht. Hierbei scheint es mir nicht unwesentlich zu sein, daran zu erinnern, dass auf den Stadien der Rückbildung des Kernes aus der Fadenform ;das Arrhenoid öfter eine Strecke vom Kerne entfernt war (Fig. 179, 457). Wenn aber der Kern sich aufbläht, berührt er nach meinen Erfahrungen stets das Arrhenoid, so dass ich auch hier, eben so wie ich es bei Pieris vermuthete, die Vergrößerung des Kernes theil- weise auf Kosten des Arrhenoids stattfinden lassen möchte. So ist z.B. in Fig. 178 der Kern erst am Anfange seiner Vergröße- rung, das Arrhenoid ist ziemlich groß. Dann wächst der Kern und das Arrhenoid wird kleiner (Fig. 189, 169). Hierbei ist besonders zu be- achten, dass der Kern gleichzeitig die von ihm vorher behauptete Seiten- stellung (Fig. 157, 179, 178) verlässt und unter Volumenzunahme mehr. in die Mitte seines Plasmahofes hineinrückt. Dadurch tritt er gewisser- maßen offenkundig an die Stelle des Arrhenoid und dieses liegt ihm seitlich an (Fig. 189, 169) und zwar, wie es scheint, mit besonderer Vorliebe an dem einen spitzen Ende des ellipsoiden Kernes. In Bezug auf die feineren Vorgänge der Kernumwandelung be- merke ich, dass beim Beginn der Volumenszunahme die körnige Chro- matinsubstanz durch das Eindringen einer achromatischen Masse ge- lockert wird, so dass man Balken und Lamellen der ersteren zu Gesicht bekommt (Fig. 178). Geht die Aufblähung weiter, so wird das Netz außerordentlich fein und die Chromatinsubstanz vertheilt sich gleich- . mäßig, indem sie ziemlich: gleich große Körnchen bildet (Fig. 189). Weiterhin aber treten au deren Stelle zarte Fäden, indem die sich färbende Substanz in Reihen sich sammelt (Fig. 169). Diese Anfangs zarten Chromatinfäden verdicken sich und bekommen ein etwas un- “ 2 B 7 . ca 4 "5 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II, 73 regelmäßiges Aussehen (Fig. 145), dann aber glätten sie sich mehr und durchziehen schließlich den noch ringsum abgeschlossenen Kern in ganz derselben Weise, wie ich es von Pieris und Pyrrhocoris abgebildet habe. Der Eikern hat inzwischen ganz gleiche Veränderungen durch- gemacht. Bei seinem Hervorgehen aus der zweiten Richtungsspindel trafen wir ihn, eben so wie seinen Partner, den zweiten Richtungskern, Anfangs in einer recht kompakten Form (Fig. 138). Man könnte wegen dieser Ähnlichkeit mit dem verkürzten Spermakern auf einem gewissen Stadium (Fig. 157) wohl von einem spermoiden Zustande des Ei- kernessprechen. Denn von hier ab erleidet der Eikern ganz die gleichen Umwandlungen wie der Samenkern. Er rundet sich ab und bläht sich durch eine helle Substanz auf, so dass er von einem chromatischen Netz- werke durchzogen wird (Fig. 130 Eık). Dann nimmt er eine ovale Gestalt an, wenn er zwischen die Dottersubstanz eindringt (Fig. 129), und das chromatische Netzwerk lockert sich und die Chromatinkörnchen ver- theilen sich in schwächer färbbarer Form durch den Kernraum (Fig.129). So ist ein Unterschied zwischen ihm und dem männlichen Kerne kaum vorhanden, wenn beide zur Gopulation schreiten, höchstens ist der Eikern ein wenig größer (Fig. 145 ©). Auch in ihm fließt die Chromatin- substanz in gewissen Fäden zusammen, diese bekommen eine ziemlich glatte Oberfläche. Auf diesem Stadium sind beide Kerne so weit, dass sie ihre Umgrenzung verlieren und in die erste Furchungsspindel ein- gehen können. Bietet also der Eikern als solcher in seinem Aussehen und Ver- halten die größte Übereinstimmung mit dem Samenkerne, so sind bei beiden die äußeren Umstände ganz verschiedene, wie hier noch einmal betont werden mag. Der Samenkern hat neben sich das Arrhenoid, liegt in einer reichlichen Plasmahülle und von dieser gehen radiär Plasmazüge zwischen die Dotterkügelchen. Es besitzt das den Samen- kern begleitende Plasma eine Strahlung (Fig. 157). Lag das Arrhenoid einmal etwas ferner vom männlichen Kerne, so nähern sich beide später- hin einander bis zur Berührung. Jedenfalls dürfte eine Trennung von Kern und Arrhenoid nur zu den Abnormitäten gehören; ich habe der- gleichen nicht beobachtet. Anders der Eikern. Derselbe trennt sich von der Substanz (dem Thelyid), welche ihrer Entstehung nach von mir für identisch mit dem Arrhenoid gehalten wird. Rückten Samenkern und Arrhenoid näher zusammen, wenn sie Anfangs etwas getrennt waren, so entfernen sich im Gegensatze dazu Eikern und Thelyid von einander, während sie vorher dicht neben einander gelegen hatten. Wie der Samenkern ganz - nackt übrig bleiben würde, wenn wir uns das Arrhenoid von ihm ah- 74 H. Henking, getrennt denken, so ist es eine Folge der Trennung vom Thelyid, dass der Eikern nackt auf den Samenkern zuwandert. Der Ausdruck nackt ist cum grano salis zu verstehen. Der Eikern wandert in dem zarten plasmatischen Netz, welches zwischen den Dotterkörnern an günstigen Präparaten zu sehen ist. Er ist desswegen wohl von einer zarten plas- matischen Hülle umgeben (Fig. 129, 143, 200 Q), aber im Vergleich mit dem Samenkerne kann man ihn nackt nennen und, was von besonderer Wichtigkeit ist, esfehlt ihm diegeringsteplasmatische Strah- lung. So rückt der Eikern auf den Spermakern zu und tritt in dessen Plasmahof ein (Fig. 177). Hierbei hat es zuweilen den Anschein, als ob der Eikern von dem Plasma wie mit zwei Armen umfangen würde (Fig. 145 Q@). Meist platten sich die beiden Kerne an der Berührungs- stelle etwas ab. In seinem Inneren erleidet der Eikern dieselben Ver- änderungen, welche ich weiter oben vom Samenkerne mitgetheilt habe. Der Schluss der Veränderungen beider Kerne ist, dass die Abgrenzung gegen die Umgebung verschwindet und dass nun die hier ziemlich lang schleifenförmig gestalteten Chromosomen sich gemeinschaftlich zu der Äquatorialplatte der ersten Furchungsspindel ordnen (Fig. 170). (Hier nur ein kleiner Theil der Chromosomen auf dem Schnitte getroffen.) Das am isolirten Spermakern unpaar erscheinende Arrhenoid lässt aus sich die Polsubstanz der ersten Furchungsspindel hervorgehen. Zunächst erscheint nämlich in der Furche, wo die Geschlechtskerne sich berühren, beiderseits eine helle Substanz und sie bildet weiterhin die Pole der Furchungsspindel. Hierbei nimmt sie an Masse zu, wie aus Fig. 170 und der Polfigur einer etwas älteren Furchungsspindel (Fig. 163c) hervorgeht. Die Polmasse setzt sich erkennbar gegen die gefärbte Umgebung ab und in ihrem Inneren werden einige schwache gebogene Linien und Pünktchen sichtbar. Sie bildet den Mittelpunkt einer Polsonne. Inzwischen ist eine erhebliche Verkürzung der Chromosomen ein- getreten. Aus der Theilung der Äquatorialplatte der ersten Furchungs- spindel (Fig. 170) haben sich nämlich Tochterplatten mit ganz kurzen Chromosomen entwickelt. Ich habe dieselben in Fig. 163« und 5b ab- gebildet. Die hier bei Polansicht körnchenförmig erscheinenden Chro- mosomen sind zwar etwas länger, als ihr hier sichtbarer Querdurch- messer, jedoch nur ganz wenig. Ihre Zahl beträgt zwischen 25 bis 35, ist aber nicht genau festzustellen. Zu beachten ist, dass die Chromosomen in Fig. 170 und 163 stets noch die deutliche Färbbarkeit besitzen. Wenn dann aber die beiden ersten Furchungskerne sich abgerundet haben, tritt die gleiche Er- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. Il. 75 j scheinung ein, die ich bereits so vielfach auf dem ent- sprechenden Stadium habe konstatiren können, nämlich eine fast völlige Entfärbung (Fig. 144). In dem hier rechts - liegenden Kerne ist zwar noch eine wolkige Substanz mit einiger Färb- - barkeit vorhanden, bei dem Kerne links dagegen ist auch diese ver- schwunden und der Kern erscheint völlig homogen, von einer geringen Färbbarkeit, so dass darin das umgebende Plasma nur wenig übertroffen wird (die Plasmafärbung ist in der Abbildung Fig. 144 nicht angegeben). Es erscheint mir fraglich, ob das vorliegende Bild durch die Annahme einer einfachen feinen Vertheilung der vorher stark gefärbten Chromo- somen (Fig. 163, 170) genügend erklärt wird. Denn wenn die Chromo- somen sich sonst zu einem Kerne zusammenschließen, so erscheinen derartig intensiv gefärbte Kerngebilde, wie in Fig. 138 und 157. Oder lockert sich nur der Chromatinverband, so entstehen rundliche Kerne vom Aussehen der Kerne in Fig. 130. In ihnen vertheilt sich das Chro- matin, aber es ist noch immer in Gestalt feiner und feinster intensiv gefärbter Körnchen erhalten, welche sich in Züge und Bänder geordnet haben oder auch später diffuser ausgestreut sein können. Alles das ge- schieht hier nicht. In den beiden ersten Furchungskernen ist das Chro- matin inder charakteristischen Form und Farbe, welche wir durch alle die bisher beschriebenen Stadien und Ver- änderungen sicherhaltensahen, fürunser Augeundunsere augenbliceklichen Hilfsmittel als solches thatsächlich verschwunden. Es scheint mir, dass diese Thatsache doch einige "Beachtung verdient. | Wenn in den beiden jugendlichen homogenen Kernen einige Vacu- -olen sichtbar geworden sind (Fig. 141), so glaube ich das auf Rechnung ‚der Konservirung setzen zu sollen. — Die Umgrenzung des Kernes ist zwar eine deutliche gegen die Umgebung, aber von einer Membran kann ‚keine Rede sein. Es macht vielmehr den Eindruck, als wenn ein Tröpfchen einer etwas anders beschaffenen Substanz im Plasma ‚schwömme. Dieses Tröpfchen ist noch nicht so scharf abgerundet, wie es aus dem nicht genau durch die Mitte der Figur gehenden Schnitt Fig. 141 geschlossen werden könnte, sondern nach der Seite der Zell- latte hin zugespitzt (Fig. 128). Eine Zellplatte ist zwischen den sich rennenden Kernen deutlich vorhanden (Fig, 144). Somit sind die beiden ersten Furchungskerne gebildet. Die weiteren Theilungen derselben verlaufen in der gewöhnlichen eise, wie es auch von mir schon mehrfach geschildert ist. Ich brauche aher nicht näher auf die Beschreibung dieser Vorgänge einzugehen. 76 H. Henking, 7. Ausbildung der überzählig in das Ei eingedrungenen Samenfäden. Wie ich bereits oben mittheilte, dringen auch bei Agelastica zahl- reiche Samenfäden in das Ei ein. Gelang es mir, bis zu sieben Stück im Randplasma desselben zu zählen (Fig. 114), so habe ich späterhin, wenn die Spermatozoen erst in den Dotter sich begeben haben, doch nicht mehr als in maximo deren drei daselbst angetroffen (Fig. 109). Also sind diese Verhältnisse ganz eben so wie ich sie von Pyrrhocoris geschildert habe. Anfangs ist nicht wahrzunehmen, welcher von den zwei oder drei gleich tief eingedrungenen Samenfäden dazu ausersehen ist, die Copu- lation mit dem Eikerne vorzunehmen. Jedenfalls rüsten sie sich alle hierzu und mit derselben Einmüthigkeit machen sie gleichzeitig alle für den Copulationsvorgang nöthigen Schritte, wie ich es von Pyrrho- :coris dargestellt habe. Es gilt demnach die weiter oben von mir ge- gebene Schilderung (p. 72) auch für die überzähligen Samenkerne. Es wird sich das aus der Vergleichung der Abbildungen ohne um- ständliche Beschreibung ergeben. In Fig. 109 sind die drei tief einge- drungenen Samenfäden (A —3) noch fadenförmig und tragen alle drei noch den Spitzenknopf. Auf dem Stadium der Fig. 108 sind die beiden hier vorhandenen Samenelemente (1—2) bereits etwas verkürzt. Sie präsentiren sich in Fig. 176 als kurze Zapfen, welche nach der Schwanz- seite zu das gleichmäßig lebhafte Strahlen aussendende Arrhenoid tragen und ein beiderseits gleich stark ausgebildeter Plasmaschwanz kündigt den Weg an, den sie gekommen sind. Hat sich alsdann der Eikern ausgebildet, so haben auch die Spermaköpfe sich aufgebläht und bieten nun dasselbe Aussehen wie der Eikern (Fig. 200, über e und / die Samenkerne Jg, über d der Ei- kern ©). Dieser mag sich wohl einfach mit dem zunächst n Samenkerne vereinigen. Ist die Copulation von zwei Geschlechtskernen erfolgt, so stellt darum der etwa überzählig vorhandene Samenkern seine Weiterent- wicklung nicht ein, auch die von ihm ausgehenden Strahlen erleiden keine Verkürzung. Ähnlich, wie ich es bei Pyrrhocoris schilderte, sammelt er auch hier seine Chromatinsubstanz zu Schleifen und stellt sie wohl, als wenn eine Theilung erfolgen sollte (Fig. 196 g'). Tritt eine solche ein, dann ist sie aber jedenfalls gegen die Theilung der copulirten Kerne verzögert. Leider bin ich jedoch auch hier, eben so wie in dem Falle von Pyrrhocoris, außer Stande, positiv anzugeben, ob eine Theilung wirk- lich eintritt oder nicht. Dazu ist das Material zu ungünstig. Außerdem Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 77 Hr R. sind die Fälle, in denen es die überzähligen Samenelemente bis zur Vorbereitung einer Theilung bringen, nur recht selten. F Der letzterwähnte Umstand dürfte schon den Schluss gestatten, dass auch jene überzähligen Samenelemente, welche in die Tiefe des Dotters vorgedrungen sind und sich weiter entwickeln, doch leicht der Vernichtung anheimfallen. In der That habe ich öfter beobachtet, dass - bei Polyspermie die Samenfäden nicht immer gleichwerthig sind, son- - dern dass in Bezug auf Strahlungen, Umfang etc. Unterschiede vorhan- den sind. Se mag wohl ein durch seine Lebensäußerungen kräftiger _ erscheinender Samenfaden seine Rivalen überflügeln. | Unverkennbar ist jedoch, dass derjenige Samenfaden, welchem die Vereinigung mit dem Eikerne gelingt, hierdurch den etwa noch vorhandenen gegenüber in großem Vortheile ist. Man kann die Ver- einigung zweier Geschlechtskerne direkt als eine Kräftigung be- trachten; denn die copulirten Kerne besitzen unzweifelhaft eine größere Theilungsenergie als die etwanoch vorhan- denen überzähligen Samenkerneallein. 8. Spätere Veränderungen der Richtungskörperchen. Wir hatten erfahren, dass das erste Richtungskörperchen sich nicht völlig vom Ei abschnürt, sondern dass es mit einer Vorbereitung dazu sein Bewenden hat. Die plasmatische Umgebung der vom Eikern getrennten Chromatinsubstanz erhebt sich im Umkreis der letzteren - über die Eioberfläche zu einem Zapfen, welcher in seinem Querdurch- messer den Größenverhältnissen bei gewöhnlichen Richtungskörperchen entspricht. Wie es aber thatsächlich nicht zu einer Abschnürung kommt, verlängert sich der Zapfen noch etwas und krümmt sich in Folge des - herrschenden Raummangels (Fig. 115—123 etc.). Die Chromatinsub- - stanz liegt, wie wir sahen, in der Spitze des Zapfens und der oben - besprochene Zerfall der Chromosomen kann dahin führen, dass sich zwei Häufchen von chromatischen Elementen in der Spitze des Zapfens _ sondern (Fig. 130). Es ist das aber nicht immer der Fall. | Das zweite Richtungskörperchen zeigt merkwürdigerweise von vorn herein ein anderes Verhalten als das erste. Bei ihm wird überhaupt - gar nicht mehr ein Versuch gemacht, dessen Substanz nach außen zu fördern. Der Kern bleibt im Randplasma liegen. — Auch darin liegt _ ein Unterschied gegen das Verhalten des ersten Richtungskörperchens, - dass sofort die Struktur eines ruhenden Kernes von den Chromosomen angenommen wird, ganz im gleichen Schritt mit dem Eikerne. Durch Fig. 130 (RkII) wird das leicht erläutert. Man kann das zweite Thelyid (ThII Fig. 430) mit einem Torpedo- 18 H. Henking, boote vergleichen, welches gleichzeitig von hinten und von vorn ein Geschoss entsendei. Wenigstens sehen wir, wie von ihm aus der Ei- kern nach innen, der zweite Richtungskern nach außen sich bewegen (Fig. 129). Der zweite Richtungskern trifft auf seinem Wege nach außen das erste Thelyid (Th/ Fig. 129), er senkt sich in diese Masse hinein und bleibt schließlich in ihr liegen (Fig. 122). Gleichzeitig hat der Kern (RkIZ) sein Volumen nicht unbeträchtlich vergrößert, wie ein Vergleich von Fig. 130 mit Fig. 129 ergiebt. Dann enthält er im Inneren ein zartes Netzwerk mit feinkörnig vertheiltem Chromatin. Späterhin tritt aber eine Änderung in so fern ein, als das Chromatin beginnt sich in der bekannten Schleifenform anzusammeln. In den Fällen, dass die Chromosomen des ersten Richtungskörper- chens sich in zwei Gruppen getrennt haben, beginnt nun die innere Gruppe (ig) in dem Zapfen herabzuwandern, während die äußere Gruppe (ag) an der Spitze des Zapfens verharrt (Fig. 122). In älteren Eiern jedoch pflegt auch die Spitze des Zapfens keine Chromosomen mehr zu enthalten und stehen wir demnach vor der Alternative, ent- weder anzunehmen, dass die Chromosomen sich an ihrem alten Platze aufgelöst haben oder auch sie nach abwärts in das Ei wandern zu lassen. Ich glaube, dass beide Annahmen verwirklicht werden können. Von anderen Insekten ist es bereits bekannt, dass alle drei Kerne sich vereinigen (Musca, Pieris). Hier aber kommt es zu einer Ausbildung von drei distinkten Kernen nicht, sondern nur von deren zweien, und die Chromosomen des dritten könnten sich zu denen des oberen Kernes vor dessen völliger Ausbildung gesellen. Geschieht das nicht, so ver- schwinden die im Zapfen zurückgebliebenen Chromosomen, wie aus Fig. 118 und 120 hervorgeht. In letzterem Beispiele betrachte ich die Stelle X als Rest der verschwundenen Chromosomen. Zuweilen aber erhalten sie sich länger an der alten Stelle (Fig. 116 X). Wie dem nun aber auch sei, jedenfalls sehen wir, dass der noch immer frei vorragende Zapfen meist kein Chromatin mehr enthält (Fig. 131). An seiner Basis aber, in der Nähe des zweiten stets gut ausgebildeten Richtungskernes bemerkt man nun wohl ein Häufchen von Chromosomen. Dieses Häufchen [k) macht nun Veränderungen durch, indem es sich mehr abrundet und mit einem hellen Hofe um- giebt (Fig. 118). Dann werden die Chromosomen mehr schleifenförmig und auch im zweiten Richtungskerne treten durch ihren geschlängelten Verlauf charakterisirte Chromosomen in gleicher Weise auf. Die beiden Gruppen von Chromosomen können nun gleich unter der Basis des Zapfens bis zur Berührung an einander rücken (Fig. 131). In dem Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. IL 79 Falle ist das erste Thelyid, welches den zweiten Richtungskern bisher kenntlich umgab (Fig. 122, 123), nun nicht mehr vorhanden. Die Richtungskörper sind nach den Mittheilungen von anderen Thieren so häufig dem baldigen Verderben unterworfen, dass ihre Lebensenergie keine beträchtliche sein kann. Aber es mögen da Ver- schiedenheiten vorhanden sein. Auch bei unserem Thiere stellen sich gewisse Verschiedenheiten ein. So habe ich in Fig. 120 von einem normalen Ei ein aus dem Vorhergehenden leicht verständliches Ver- halten abgebildet. Wir haben in den beiden neben einander liegenden Kernen nichts Anderes vor uns, als den zweiten Richtungskern (unten) und den Abkömmling des ersten Richtungskörperchens (oben), welche hier etwas tiefer in das Ei hinabgerückt sind. | Würde ich irgend einem in der Untersuchung der Copulations- vorgänge erfahrenen Forscher das Präparat der Fig. 120 vorlegen, so würde ich unzweifelhaft die Auskunft erhalten, dass hier ein männ- licher und weiblicher Kern in Copula vorhanden sei. Ich brauche ja auch nur auf die Abbildungen hinzuweisen, welche ich hier in Fig. 145 und 177 (bei stärkerer Vergrößerung) oder von Pieris (36, Fig. 44, 45) und Pyrrhocoris (hier Fig. 21, 25) in reichlicher Zahl gegeben habe. Auch ich selber habe beim Auffinden dieses Falles Anfangs der Aul- fassung Raum gegeben, dass einer der überzähligen Samenkerne hier mit dem zweiten Richtungskerne eine Vereinigung anbahne. Es sind nämlich im gleichen Ei der richtige Eikern und ein normaler Samen- kern noch außerdem und an der richtigen Stelle in Copula vorhan- den und gewähren ein Bild, welches dem der in Fig. 120 abgebildeten Kerne außerordentlich ähnlich sieht. Ich habe beides in Fig. 174 abgebildet. So angenehm esnun auch für die Auffassung des zweiten Richtungs- kernes gewesen wäre, wenn er eine Gopulation mit einem Samenkerne eingegangen wäre, so muss ich für das strahlenumgebene Kernpaar dennoch eine andere Deutung, eben die vorhin mitgetheilte, für rich- tiger halten. Es ist kein Zweifel, dass der untere der beiden Kerne als der zweite Richtungskern zu betrachten ist. Würden wir den oberen für einen Samenkern halten, so entsteht sofort die Frage, wo ist jener Theilkern des ersten Richtungskörperchens geblieben, welchen wir bei seinem Marsche nach abwärts bisher verfolgt haben? Dass er spurlos verschwunden sei, ist wenig wahrscheinlich. Ich verweise noch einmal auf die besprochenen Figuren. Wir sehen, dass in Fig. 130 (A) sich ein Häufchen von Chromosomen von einem anderen in der Spitze des Zapfens verbleibenden gelöst hat und finden dieses Häufchen (Rh) in Fig. 133 noch weiter im Zapfen herunter 80 H. Henking, gewandert. In Fig. 122 ist es an der Basis desselben angekommen (ig) und umgiebt sich mit einem hellen Hofe. Dann ist in Fig. 118 bereits durch Auflockerung und schärfere Abgrenzung ein ganz gut individu- alisirter Kern (h) daraus geworden. Er liegt dicht über dem zweiten Richtungskerne, welcher durch Zusammenziehen seines Chromatins von seiner Gopulationsbereitschaft Zeugnis ablegt. Es ist nur ein Schritt weiter in der bisher verfolgten Entwicklungsrichtung, dass beide Kerne ganz an einander rücken und unter Abplattung sich derartig an einander schmiegen, wie es zwei Geschlechtskerne nur immer thun können Dass die Kerne dabei etwas tiefer von der Oberfläche fortgerückt sind, bereitet dem Verständnis keine Schwierigkeiten. Aber woher kommt die Strahlung, welche die beiden Kerne (Fig. 120) so auffällig umgiebt und welche durchaus nicht nur an diesem einen Beispiele vorhanden ist, sondern von mir auf diesem Stadium an normalen Eiern immer beobachtet wurde? Auch hierfür kann ich eine Erklärung geben. Ich theilte bereits oben mit, dass an normalen Eiern von mir häufiger eine schwache Strahlung am Hinterende des ersten Thelyid beobachtet wurde und verweise desshalb auf Fig. 121 und 123, wo es gezeichnet ist. Außerdem berichtete ich in einer kurzen Mittheilung (35) über die auffällige Erscheinung, dass nach Anwendung von höherem Druck auf lebende Eier eine beträchtliche Strahlung am Thelyid hervor- getreten sei. Genaueres hierüber werden wir weiter unten erfahren. Hier genügt es, auf Fig. 133, 138 und 197 zu verweisen, woselbst die gezeichnete Strahlung von dem umfangreichen ersten Thelyid (Th/) ausgeht. Nach Kenntnis von dieser Strahlen erregenden Eigenschaft des Thelyid scheint es mir nicht mehr zweifelhaft zu sein, dass im Falle der Richtungskerncopulation die Strahlumg dem ersten Thelyid zugeschrie- ben werden müsse. Denn von ihm umgeben erwartete der zweite Richtungskern die Annäherung des aus dem Zapfen kommenden Kernes (Fig. 123, 122, 118). Wie bei der Gopulation der Geschlechtskerne das Arrhenoid einen Theil seiner Substanz einbüßt, indem die Kerne auf- schwellen, so ist auch hier bei der Berührung der beiden Kerne eine zeitweilige Rückbildung des Thelyid unverkennbar. Die beiden Kerne (Fig. 120) verschmelzen schließlich, indem an der Berührungsstelle die Abgrenzung verschwindet. Dann umschließt ein gemeinsames Oval die beiderseitige Kernsubstanz. Späterhin aber kann in manchen Fällen eine scharfe Grenzlinie gegen die Umgebung in Wegfall kommen, so dass die inzwischen zu deutlichen Schleifen kondensirte Chromatinsubstanz einfach in einem nicht scharf begrenzten Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 81 Raume liegt (Fig. 116). Es sind hier nur die auf diesem Schnitt getrof- fenen Chromosomen eingezeichnet. Die ein wenig dunklere periphere Zone möchte ich für das vergrößerte Thelyid halten, deren Strahlung andeutungsweise immer noch vorhanden ist (Fig. 116). Vor Allem interessirt die Frage, ob die beiden copulirten Richtungs- kerne später etwa noch eine Theilung eingehen? In der Regel liegt die copulirte Kernmasse unverändert, wenn die ersten Theilungen der Furchungskerne sich abspielen. Nur in einem Falle habe ich den Ver- such zu einer Theilung an derselben beobachtet und gebe in Fig. 172 eine Abbildung davon. Der Kernraum hat sich sehr vergrößert und in die Länge gestreckt. Dass wir es wirklich mit den veränderten Richtungskernen zu thun haben, dafür bürgt die Anwesenheit des in gewohnter Gestalt vorhandenen Zapfens des ersten Richtungskernes. Man könnte zweifeln, ob wirklich in dem gestreckten Gebilde eine Theilungsfigur vorhanden sei, — wenn nicht eine unverkennbare Kernplatte den Raum durchschnitte. Die Chromosomen sind mög- lichst unregelmäßig zerstreut und nicht einmal auf die beiden durch die Kernplatte gegebenen Hälften der Figur gleichmäßig vertheilt. Sonst besitzen sie deutliche Schleifenform und ihre Zahl ist groß. Unter der Mitte der Figur liegt eine hellere Substanz, von welcher eine undeutliche Strahlung ausgeht, wohl das erste Thelyid. Ob aus der beschriebenen Figur eine wirkliche Theilung mit Neu- ausbildung zweier Kerne hervorgeht, vermag ich nicht zu sagen. Die Erforschung des weiteren Schicksals des Richtungskörperchens dürfte zweckmäßig zunächst an einem Materiale in Angriff genommen werden, dessen Untersuchung weniger mühselig ist. Das zweite Thelyid verschwindet früher als das erste. Deutliche Strahlungen habe ich an ihm nicht wahrgenommen. Das Plasma, welches dasselbe umgiebt, liegt schon in der Region der Dotterkügel- chen und erleidet mehrfache Veränderungen durch Vacuolisirung ete. Dadurch dürfte auch das zweite Thelyid so früh unkenntlich gemacht werden. 9. Über die Auffassung der Richtungskörperchen. Von Mark, Bürscurı, Bovzrı und O. Herrwıg ist die Ansicht aus- 2 gesprochen worden, dass die Richtungskörperchen als rudimentäre Eier aufzufassen seien. Es war diese Auffassung um so einleuchtender, nachdem sich bei Untersuchung der Spermatogenese [O. Herrwıc (42), _ Henkıng (37)] herausgestellt hatte, dass die letzten Theilungen der Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIV, Bd. 6 82 H. Henking, Theilungen völlig gleichzusetzen seien. Da nun aus den Theilpro- dukten der Samenzellen lauter Spermatozoen werden, was lag näher, als darin einen sicheren Beweis zu erblicken, dass die Theilprodukte der jungen Eizellen für nichts Anderes als Eier betrachtet werden dürften. Denn wenn aus einer jungen Samenzelle vier Samenfäden werden, so müssen bei gleichwerthiger Theilung die aus einer jungen Eizelle hervorgehenden vier Zellen als Eier aufgefasst werden. Da von diesen vier Eiern jedoch nur eines den für die Einatur maßgeben- den Anforderungen genügt, so müssen die drei übrigen als rudimentär bezeichnet werden. Worin aber besteht ihre rudimentäre Ausbildung? Offenbar darin, dass die eine Zelle wie ein großer Sack alles Dotter- material für sich behält. In diesem Umstande mag es auch liegen, dass die Theilfähigkeit der Richtungskörperchen nur gering ist. Denn sonst müssten sie sich doch bei parthenogenetischen Eiern noch vielfach theilen, da ja ihre Schwesterzelle, das parthenogenetische Ei, im Stande ist aus sich zahlreiche neue Organismen, also eine unendliche Anzahl von Zellen, hervorgehen zu lassen. In unserem Falle ist der Zustand der Richtungskörper noch rudi- mentärer als gewöhnlich, indem der Plasmaleib sich entweder nicht vom Eikörper abschnürt, oder überhaupt ganz damit vereinigt bleibt. Es spitzt sich demnach hier die Frage dahin zu, ob die Richtungskerne dem copulationsbereiten Eikerne für gleichwerthig zu erachten seien. Für den zweiten Richtungskern leuchtet die Gleichwerthigkeit direkt ein, für den ersten ebenfalls, wenn er sich getheilt hat. j Nun ist hiermit aber eigentlich nicht viel gewonnen; denn ich muss OÖ. Herrwic (42) darin beistimmen, dass Ei- und Samenkern gar nicht in einem geschlechtlichen Gegensatz stehen (p. 85), indem sie ja beide sowohl männliche als weibliche Vererbungstendenzen übertragen, so viel wir bis jetzt wissen. Wenn man von einem männlichen oder weiblichen Kerne spricht, so hat das demnach nur den Sinn, dass dieser Kern von einer für männlich resp. weiblich gehaltenen Zelle herstammt. Damit ist erklärt, dass die Definition der Geschlechtlich- keit auf anderen Zellbestandtheilen resp. Zellfunktionen beruhen muss. Ä Es kommt bei der Auffassung der Richtungskörperchen ganz darauf an, ob man mehr ihre morphologische oder ihre physiologische Seite betonen will. Von morphologischem Standpunkte kann man es zu- geben, wenn sie als rudimentäre Eier angesehen werden, da sie ja, wie gesagt, gleiche Abstammung mit der aus eigener Kraft oder nach Anstoß durch ein Spermatozoon zu einem neuen Organismus aus- wachsenden Eizelle haben. Es wäre das jedoch nur ein kurzer Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 83 Ausdruck eben für die Thatsache, dass die Richtungskörper von der Eimutterzelle gebildet werden. Anders ist es bei mehr physiologischer Betrachtung, bei welcher ein Gegensatz gegen die männlichen Geschlechtsprodukte hervorge- hoben werden soll. Das dürfte die ganze Angelegenheit überhaupt erst diskutirbar machen, wenigstens wenn die Zellennatur der Richtungs- körperchen zugegeben ist. Hiernach würde man den Nachweis verlangen können für folgende zwei Punkte: 1) Entwickeln sich die Richtungskörper weiter, etwa gar zu einem neuen Organismus? Diese Frage erledigt sich dahin, dass bisher, wie gesagt, nichts davon bekannt wurde. Hierbei ist zu betonen, dass von rudimentären Zellen, wie es die Richtungskörper sind, dergleichen nicht zu erwarten ist. 2) Sind die Richtungskörper durch Spermatozoen befruchtungs- fähig? Auch hiervon ist nichts bekannt, obgleich ihre rudimentäre Natur hier kaum als Hinderungsgrund aufgeführt werden könnte. Bei den Insekten sind thatsächlich häufig genügend Samenfäden im Ei vorhanden, die Richtungskerne liegen von ihnen kaum weiter ab als der Eikern, warum kommt nicht einmal ein Richtungskern zur Copulation ? Wir ersehen hieraus, dass ein Nachweis für die Einatur der Rich- tungskörper nicht erbracht ist. Nun habe ich oben dennoch eine Gopulation von Richtungskernen beschrieben und weise darauf hin, dass auch sonst bei Insekten eine Verschmelzung von Richtungskernen etwas sehr Gewöhnliches ist. Aber die Copulation resp. die Verschmelzung derselben findet unter ein- ander statt. Ich sprach oben von einer Gopulation des zweiten Richtungskernes a mit dem unteren Kerne des ersten Richtungszapfens wegen der Ähn- E lichkeit, den dieser Vorgang mit der Gopulation der Geschlechtskerne — besaß. Es dürfte hier der Ort sein, zu fragen, ob die Ähnlichkeit eine rein äußerliche ist, oder ob auch die sonstigen Verhältnisse passen. 1) Wenn der Samenkern sich abgerundet hat, so verschwindet > auch der Schwanzfaden, und es hat ersterer neben sich nur noch das . helle Arrhenoid, dessen Plasmahülle Strahlen aussendet. Später tritt E der Samenkern in den Bereich des Arrhenoid hinein. — Ähnlich wie hier - begiebt sich der zweite Richtungskern in das erste Thelyid, welches schon vorher von Strahlen umgeben sein konnte. 6* 84 H. Henking, 2) Der Samenkern verharrt in der Mittelachse des Eies und auf ihn zu wandert nackt der Eikern vom Rande her. Beide Kerne legen sich in der Mitte der Strahlung neben einander, ihre Chromosomen werden schleifenförmig und vereinigen sich in einem gemeinsamen Raume. — Der zweite Richtungskern bleibt an der Stelle des ersten Thelyid liegen, auf ihn zu gleitet ganz nackt vom Rande her das Häuf- chen der Chromosomen, es nimmt in der Nähe des zweiten Richtungs- kernes ebenfalls Kernform an, und diese beiden Kerne legen sich in der Mitte der Strahlensonne neben einander und später sind ihre Chromosomen völlig vereinigt. Aus der soeben gegebenen Vergleichung erhellt die große Ähn- lichkeit zwischen den beiden CGopulationsvorgängen. Man kommt hierbei jedoch zu dem sonderbaren Resultate, dass der zweite Richtungskern in Verbindung mit dem ersten The- lyid männliche Funktionen erfüllt, während der vom ersten Richtungskörperchen herrührende Kern als Femi- ninum fungirt. Die mangelhafte Theilungsfähigkeit des Copulations- produktes ließe sich immerhin mit der Schwäche des Eies (und folglich auch seiner Theile), welche eine Befruchtung nöthig machte, wohl entschuldigen. Eine solche Auffassung würde demnach ergeben, dass gewisse Theile der Richtungskörperchen weibliche Eigenschaften haben, dass aber andere resp. deren Kombinirung sich als männlich herausstellen. Theoretisch könnte hieraus gefolgert werden, dass bei Versetzung in eine neue gleichartige und mit genügend Nährmaterial ausgerüstete weibliche Zelle eine wirkliche Befruchtung durch Theile der Richtungs- körperchen ausgeführt werden könnte, während für die weiblichen Bestandtheile der Richtungskörper die Aussichten in Folge des Nah- rungsmangels auch theoretisch weniger aussichtsvoll lauten. Noch merkwürdiger dürfte die folgende aus dem Vorigen sich direkt ergebende Schlussfolgerung klingen: Der Eikern ist weiblich, wie seine Vereinigung mit den vom Spermatozoon herrührenden Theilen ergiebt, desswegen nennt ihn van BEnenen den weiblichen Pronucleus. Mit dem Eikern völlig gleichwerthig ist seiner Entstehung nach der zweite Richtungskern; also ist er auch weiblich. Dieser weibliche Kern wird zu einem männlichen Kerne, wenn er sich mit dem Thelyid verbindet. ‘ In ONE EIGENEN 3 js Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 85 10. Die zeitlichen Verhältnisse der ersten Entwicklungsvorgänge. Die erste Richtungsspindel (Fig. 104 etc.) wird bereits im Ovarıum formirt. Liegen hier die Chromosomen derart neben einander, dass sie in der Spindel eine äquatoriale Platte bilden, so findet eine Trennung in die Tochterplatten erst kurz nach der Ablage statt. — Die Spermato- zoen dringen, wie gewöhnlich, in das Ei ein, wenn dieses die Leitungs- wege passirt. Ä Bereits 5— 10 Minuten nach der Ablage des Eies rücken die Chromosomenhälften polwärts aus einander, Anfangs noch durch derbe Verbindungsfäden an ihr Gegenstück gefesselt. Sind die Eier 20 Minu- ten alt geworden, so ist die Trennung der Tochterplatten vollendet, und diese bilden nun scheinbar den Pol der Spindel. — Die Samenfäden haben sich in der Zwischenzeit aus dem Keimhautblastem zwischen die Dottermassen begeben. Anfänglich ohne plasmatische Hülle, ist zu Ende der genannten Periode ein deutlicher strahliger Plasmahof um den Samenfadenkopf vorhanden. Noch liegt die Spindel im Niveau des Randplasmas; dann, wenn die Eier etwa 35 Minuten alt geworden sind, beginnt sich langsam der Richtungszapfen zu erheben (Fig. 92). Erst wenn 50—60 Minuten ver- flossen sind (seit der Ablage) ist der Zapfen so hoch geworden, dass die nachrückende Pseudospindel zur Hälfte hineinragt. Die Basis des Zapfens steht also in gleichem Niveau mit der Zellplatte der Spindel (Fig. 96). Aus der Tonnenform ist die Spindel gleichzeitig in eine wirk- liche Spindelform allmählich übergegangen (aus Fig. 93 zu 92 zu 96). — Noch langsamer sind die Veränderungen der Samenelemente. Kaum, dass sie sich etwas mehr kontrahirt haben, oder dass am Schluss dieser Periode (nach 65 Minuten) das Arrhenoid sich zu entwickeln beginnt. Die Verlängerung des ersten Richtungszapfens nimmt noch langsam zu, derart, dass er sich noch beträchtlich über die Horizontale der Zell- platte emporhebt (Fig. 115), welche allerdings zu dieser Zeit meist schon verschwunden ist (Fig. 137). Ausbildung des ersten Thelyid. Bis dahin sind aber schon wieder etwa 100 Minuten verflossen, so dass das Ei nun etwa 160 Minuten alt ist. Die im Ei zurückgebliebenen Chromo- somen haben sich an diesem Termine meist schon wieder um 90° zum Zweck der folgenden Theilung gedreht, während die Theilung oder - besser der Zerfall der Chromosomen im ersten Richtungszapfen bereits R vollendet ist. — Das Arrhenoid ist schon früher deutlich hervorgetre- - ten, und an Eiern, welche etwa 145 Minuten alt sind, gut entwickelt. - An solchen Eiern wird auch die Verkürzung des Kopffadens gut sicht- - bar, aber selbst nach Verlauf von im Ganzen 465 Minuten ist der 6 ’ H. Henking, Kopftheil immer noch recht langgestreckt (Fig. 173), während nun auch der Schwanzfaden in Folge der günstigeren Beschaffenheit seiner Umgebung besser hervortritt. Die soeben beschriebenen Zustände verändern sich in den folgenden 20 Minuten nicht erheblich und man muss abermals 20 Minuten ver- streichen lassen, wenn man die Tochterplatten der zweiten Richtungs- spindel deutlich getrennt haben will (Fig. 121). Dann ist das Ei also eiwa 200 Minuten alt geworden. — Jetzt hat auch der Kopf des Samenfadens eine niedrige Kegelgestalt angenommen (Fig. 179) und das Arrhenoid kann sich weiter von ihm entfernt haben. Wiederum nach 30 Minuten (Alter des Eies 230 Minuten) ist die Pseudospindel des zweiten Richtungskörperchens fertig. Die Tochter- kerne haben sich zu Kugeln abgerundet und zwischen ihnen liegt das zweite Thelyid mit der deutlichen Zellplatte (Fig. 130). — Auch der Kopf des Samenfadens hat sich zu einem rundlichen Kerne aufgebläht und das Arrhenoid hat den Schwanzfaden des Spermatozoon verloren (Fig. 178). In der nächsten halben Stunde rückt sowohl der zweite Richtungs- kern als. auch der Eikern vom zweiten Thelyid fort. Der Eikern eilt durch die Dottermassen auf den Samenkern zu (Fig. 143), welcher sich noch erheblich vergrößert hat, während er aus der seitlichen Stellung mehr in die Mitte seines Plasmahofes rückte (Alter des Eies 260 Minuten). Wenn etwa 270 Minuten seit der Ablage vergangen sind, liegen die beiden Geschlechtskerne neben einander. Auch der zweite Rich- tungskern ist in das erste Thelyid gerückt und seine Chromosomen nehmen Schleifenform an, gerade wie diejenigen der Geschlechtskerne. Es kommt nun auch zu einer Copulation zwischen zweitem Richtungs- kern und dem Theilkern des ersten Richtungskernes. Erst in 400 Minuten alten Eiern ist die Entwicklung so weit ge- diehen, dass es zur Ausbildung der ersten Furchungsspindel gekommen ist. Diese theilt sich in die ersten beiden Furchungskerne im Laufe der nächsten halben Stunde. 11. Künstliche Beeinflussung der Eier!. I. Anwendung von höherem Druck. a) Ich setzte Eier, seit deren Ablage 10—35 Minuten vergangen waren, einem Druck von zwei Atmosphären aus, während zweier Stun- den. Bei Beginn des Versuches waren nach den weiter oben gemachten ! Die von mir angewandten Methoden habe ich (33) in Zeitschr. f. wissensch. Mikroskopie näher beschrieben. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 87 Mittheilnngen (p. 85) die Eier mit der Ausbildung der ersten Richtungs- spindel beschäftigt. Die Entwicklung verlief in normaler Weise weiter, jedoch zeigte es sich, wie ich bereits mittheilte (Henzıng, 35), dass das erste Thelyid eine höchst auffallende Strahlung um sich erzeugt hatte. Wie die Eier zu Anfang des Versuches schon etwas verschieden weit entwickelt waren, so boten sie auch bei Beendigung desselben etwas verschiedene Stadien, aus denen dann mit Sicherheit der Schluss gezogen werden konnte, dass die Strahlung in der That vom Thelyid ausging. Die Eier zeigten bei der Abtödtung, dass in ihnen gerade die zweite Richtungsspindel ausgebildet wurde. In einigen Fällen waren die Chromosomen der Tochterplatten noch getrennt, in anderen dagegen hatten sie sich bereits zu den jungen Kernen zusammengefügt. Das erste Thelyid lag zwischen dieser Spindel und dem ersten Richtungs- zapfen, also an seiner ganz normalen Stelle. In kleinem Maßstabe sind die Lageverhältnisse aus Fig. 176 zu ersehen. Die Strahlung ist nicht in allen Eiern gleich deutlich ausgebildet, ist dagegen in manchen Fällen außerordentlich stark. Das erste Thelyid ist auch hier eine helle Substanz, welche sich aber meist abgerundet hat und den Mittelpunkt für die Radien bildet. Es liegt die Strahlen- sonne (Th/) also stets nur außen von der zweiten Richtungsspindel (Fig. 176 RspI/), und diese entbehrt an ihrer Innenseite, wie immer, völlig einer solchen. Also kann die Strahlung nicht mit dieser Spindel in Verbindung gebracht werden. Man sieht in Fig. 176, dass die zweite Richtungsspindel noch ge- trennte Chromosomen hat und die Strahlung des ersten Thelyid ist sut ausgebildet. Noch jünger ist die zweite Richtungsspindel in Fig. 197 und über ihr liegt die umfangreiche Strahlung (Th!). Kann man in Fig. 197 die einzelnen Chromosomen zählen, so sind dieselben in Fig. 138 bereits zu neuen Kernen vereinigt, aber auch hier ist die Strahlung (ThJ) in gleicher Ausdehnung wie vorher noch vorhanden. Ich bemerke, dass des Platzes wegen Fig. 138 umgekehrt orientirt ist _ als Fig. 176 und Fig. 197. Läge eine einfache vom Centrosoma der _ zweiten Richtungsspindel ausgehende Strahlung vor, so dürfte dieselbe auf einem so weit vorgerückten Stadium der Theilungsfigur kaum noch in dieser Weise vorhanden sein. | In dem Beispiele der Fig. 133 sind sogar die beiden aus der - zweiten Richtungsspindel hervorgehenden Kerne fertig ausgebildet und * dennoch ist die starke Strahlensonne vorhanden. Kann demnach die Strahlensonne nicht mit der zweiten Richtungs- - spindel zusammenhängen, so erübrigt noch der Nachweis, dass sie wirklich aus dem ersten Thelyid oder um dasselbe sich gebildet hat. = 88 H. Henking, Hierzu erinnere ich an das Bild, welches das erste Thelyid in normalen Eiern gab. Es liegt ursprünglich fast ganz im Inneren des ersten Richtungszapfens (Fig. 115, 134, 437 TAI), wandert dann aber abwärts bis unter die Basis desselben (Fig. 130). Oft aber bleibt die Hauptmasse des Thelyid auch später noch durch eine dünne Brücke mit der Gegend der Chromosomen im Zapfen verbunden, während sie sich nach dem Dotter hin abrundet (Fig. 129, 123). Einen ähnlichen Fall dürften wir in Fig. 133 vor uns haben. Hier hat sich die Hauptmasse des Thelyid zwar etwas tiefer in das Ei be- geben, aber es erregt weiter keine Verwunderung, wenn wir einen kleinen Theil desselben unter der Basis des Zapfens zurückgeblieben sehen. Gerade an diesem Beispiele ist die Strahlung außerordentlich stark vorhanden. Sie umgiebt das Thelyid und außerdem die natürlich gleichwerthige Substanz, welche auf den Zapfen zustrebt. Da beide ursprünglich zusammengehörende Substanzen hier räumlich ge- trennt sind, so kreuzen sich die Strahlen in der zwischenliegenden Region. Ich glaube, dass die von mir gegebene Deutung alle Verhältnisse ungezwungen erklärt. Es mag auch sonst vielleicht häufig ein geringer Theil des Thelyid in seinem alten Lager an der Basis des ersten Richtungszapfens zurückbleiben. Da das Thelyid sich jedoch in der Regel nur durch ein negatives Merkmal, durch seine Farblosigkeit, kenntlich macht, so wird natürlich ein solcher kleiner Rest nur in besonders günstigen Fällen gesehen werden können, wie sie oben angeführt sind, oder wie hier, wo ein neues Merkmal, ein Strahlen- kranz, Sicherheit giebt. Noch ein Einwurf wäre zu erledigen. Wenn ich auch weiter oben nachgewiesen zu haben glaube, dass die vorliegende Sonnenfigur nicht mit der zweiten Richtungsspindel zusammenhängt, so wäre immerhin noch die Möglichkeit zu erwägen, dass das erste Richtungskörperchen mit irgend einem sonst nicht sichtbaren Centrosoma daran betheiligt sein könnte. Denn eine Theilung der Kernsubstanz findet ja in dem- selben noch statt, wie auch aus Fig. 133 zu ersehen. In der Spitze des Zapfens könnte ja wegen Mangel an Raum ein vielleicht auch dort vorhandenes zweites Centrosoma eine Strahlung zu entfalten verhindert sein, während für ein an der Basis des Zapfens vorhandenes Centrosoma ein solcher Hinderungsgrund kaum angenommen werden dürfte. Wollte ich einer solchen Annahme auch zustimmen, so würde ich sagen: Gut, damit ist die Strahlung an der Basis des Zapfens in Fig. 133 erklärt. Aber wie steht es nun mit der viel größeren Strahlung, welche sich in der gleichen Figur weiter unten um ein helles Centrum gebildet Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 89 hat? Für die Erklärung dieser Strahlung wäre mit der obigen Annahme nichts gewonnen. Außerdem erinnere ich noch einmal daran, dass ich auch an normalen Eiern eine schwache Strahlung gelegentlich an der Basis des ersten Thelyid wahrgenommen habe (Fig. 121, 123), sowie daran, dass an normalen Eiern um die copulirten Richtungskerne eine beträchtliche Strahlung ringsum bemerklich wurde (Fig. 120), welche ich auf das Thelyid zurückführen zu müssen geglaubt habe (oben p. 80). Nach allen Diesem erscheint es mir unzweifelhaft, dass in dem ersten Thelyid eine strahlenerregende Substanz vor- handen ist. Die Spermatozoen verhalten sich in den mir vorliegenden Eiern normal. Der Kopffaden ist bereits zu einem Kegel zusammengesunken (Fig. 166, 157). Das Arrhenoid ist sehr deutlich, die helle Gentralsub- stanz schärfer ausgeprägt, als gewöhnlich. Vom Schwanzfaden sind meist noch Theile sichtbar. Sehr deutlich ist die Plasmawolke, welche den Marsch der Spermatozoen anzeigt (Fig. 176). Ein Unterschied in der Entwicklung und im feineren Bau zwischen Eiern, welche ich in ihrer normalen Lage (hängend), oder um 180° um ihre Längsachse gedreht (stehend) dem Druck von zwei Atmosphären aussetzte,war nicht vorhanden. b) Eier, welche unter normalen Verhältnissen 2—2!/, Stunde alt geworden waren, wurden während 5 Stunden einem Druck von zwei Atmosphären ausgesetzt, alsdann sofort abgetödtet. Die Entwicklung war in ihnen weiter gegangen. Es waren die beiden ersten Furchungskerne gebildet, von denen eine deutliche Plasmastrahlung ausging. Die Richtungskerne waren zu einem einzigen großen Kerne mit Chromatinschleifen verschmolzen, in einem Falle zeigte ein solcher den in Fig. 172 abgebildeten und weiter oben besprochenen Theilungsversuch. Der erste Richtungszapfen war noch vorhanden. ec) Eier, welche unter normalen Verhältnissen über eine Stunde alt geworden waren, kamen ftir eine Stunde unter einen Druck von E 21/, Atmosphären. Diese Eier befanden sich bei der sofort erfolgten Abtödtung auf - demselben Entwicklungsstadium, wie die unter a) besprochenen. In - ihrem feineren Bau zeigten sie von letzteren keine Abweichungen, nur 90 H. Heuking, war die Strahlung des ersten Thelyid, wenn auch vorhanden, doch nicht so stark ausgebildet, wie ich es dort beschrieben habe. Ich habe in Fig. 122 ein von hier entnommenes Beispiel abgebildet. Im Allgemeinen folgt aus den mitgetheilten Thatsachen, dass durch erhöhten Druck die ersten Entwicklungsvorgänge inden Eiern von Agelastica beschleunigt wurden. Denn in solchen Eiern sehen wir bereits nach 130—150 Minuten dasjenige Stadium ausgebildet, welches von normalen Eiern erst nach 200—230 Minuten erreicht wird. Die sub b) besprochenen Eier boten die ersten beiden Furchungs- kerne bereits im Ruhestadium nach 440 Minuten. II. Anwendung von vermindertem Druck. a) Eier, welche am 12. Juni 1890 zwischen 91/, und 9°/, Uhr abgelegt wurden, kamen auf 2 Stunden unter den Recipienten einer m bei einem Barometerdruck von 400 mm. Sie wurden um 12 Uhr abgetödtet, hatten demnach ein Alter von 135—150 Minuten. Die von mir untersuchten sechs Eier befanden sich sämmtlich noch auf dem Stadium der ersten Richtungsspindel. Die chromati- schen Tochterplatten waren überall bereits getrennt, jedoch waren die Eier meist auf jener Entwicklungsstufe stehen geblieben, welche auch sonst unter normalen Verhältnissen die längste Zeit beansprucht (Fig. 139, 140). Während aber bei normalen Eiern die Spindel sich senkrecht gegen die Eioberfläche zu stellen pflegt, hatte sie in drei Fällen eine parallele Lage dazu eingenommen (Fig. 139, 140). Auffallend war die Dicke und starke Färbbarkeit der Verbindungsfäden an den jüngsten Spindeln (Fig. 139). Waren diese Fäden auffallend stark, so war dafür die helle Zwischensubstanz, welche der »Pseudospindel« sonst ihr charak- teristisches Aussehen giebt (Fig. 92, 96), um so schwächer vorhan- den. Dadurch bekam die Spindel ein kr ankhaft schmächtiges Aussehen (Fig. 139). Das Auffallendste an einigen dieser Eier bestand darin, dass eine deutliche Ausbildung von Spindelfäden stattgefunden hatte. Es ist eine solche Spindelbildung in Fig. 140 links gezeichnet: die von den Chromosomen ausgehenden Spindelfäden strahlen auf ein winziges Gentralkörperchen zu, welches eine beträcht- liche Strecke von den Chromosomen entfernt liegt. An den Chromosomen der Gegenseite habe ich trotz angestrengter Bemühung von derartigen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 91 Spindelfäden nichts bemerken können, wie auch z. B. an dem etwa gleichaltrigen Präparate der Fig. 139 von solchen Spindelfäden keine Spur zu entdecken war. Die Verbindungsfäden in Fig. 140 sind schwächer als gewöhnlich und in der Mitte wie unterbrochen. Ein außerordentlich instruktives Bild giebt das in der Entwicklung am weitesten vorgeschrittene Ei. Hier hat sich der erste Richtungs- zapfen bereits in der gewohnten Weise vorgestülpt und nach rückwärts umgebogen (Fig. 147). In ihm bemerken wir das Häufchen der Chro- mosomen an ihrer gewöhnlichen Stelle; aber die Chromosomen sind wie durch Fäden an ein winziges Gentralkörperchen befestigt, welches die äußerste Stelle im Zapfen einnimmt (Fig. 117c). Sehen wir in dieser Figur gewissermaßen eine halbe Spindel vor uns, so erhalten wir noch im Ei liegend das zugehörige aber viel stärker ausgebildete Gegen- stück: Von den großen etwas eingeschnürten Chromosomen gehen derbe Spindelfäden aus, welche, sich zuspitzend, in einem kleinen Gentralkörperchen (c’) endigen. In der Umgebung desselben ist eine kleine Attraktionssphäre ausgebildet. Äußerst merkwürdig ist ferner, dass die beiden weit getrennten Spindelhälften zwischen sich noch die anscheinend in ganzer Länge erhaltenen Verbindungsfäden führen. An der stärkeren inneren Spindelhälfte sind sie am deutlichsten. Trotz ihrer großen Länge sind sie nicht etwa straff gespannt, sondern gewellt und gebogen. Als Andeutungen einer Zellplatte, welche in Fig. 140 fehlt, in Fig. 139 als gebogenes Querband gezeichnet ist, betrachte ich hier einige Pünkt- chen, welche im Bereich der Verbindungsfäden an der Basis des Zapfens kenntlich sind (Fig. 117). Auch hier fällt der Mangel der hellen Zwischensubstanz zwischen - den Verbindungsfäden, welcher sonst für die »Pseudospindel« der nor- malen Eier und späterhin für das Thelyid so charakteristisch ist, nicht - wenig auf. Nur einmal habe ich dieselbe stärker ausgebildet gefunden (Fig. 135). Da war die Region der Verbindungsfäden stärker aufgebläht; Zerfallsprodukte derselben waren es aber wohl, welche der Figur durch ihre unregelmäßige Vertheilung und wahrnehmbare Färbung ein kernartiges Aussehen verliehen (Fig. 135). Ich komme noch einmal auf die Spindelfäden und Centralkörper- chen zurück. In der typischen und deutlichen Ausbildung wie in den Fig. 140 und 117 habe ich sie sonst niemals bei der Ausbildung der - Richtungskörper in Insekteneiern auftreten sehen. Ja in weitaus den - meisten Fällen sind nicht einmal Spuren derselben vorhanden. Da nun in den soeben beschriebenen Beispielen Spindelfasern und - Gentralkörperchen in solcher Schärfe sichtbar waren, so erhebt sich 92 H. Henking, natürlich die Frage, ob wir nicht auch in den normalen Eiern trotz aller negativen Resultate dennoch das Gleiche anzunehmen hätten, ob nicht durch die angewandte Methode oder sonst irgend einen Umstand die ja auch bei anderen Theilungen sonst stets vorhandene Struktur hier nur zerstört und ausgelöscht sei. Nun wird zwar durch Hitze gewisse achromatische Struktur that- sächlich ausgelöscht, aber die Eier, welchen die Abbildungen Fig. 140 und 117 entnommen sind, wurden in genau derselben Weise durch Hitze abgetödtet wie alle übrigen. Außerdem bieten auch die mit der sonst für diese Zwecke ausgezeichneten Fremning’schen Flüssigkeit konservirten Eier von Spindelfasern oder (Centralkörperchen gar nichts. Ist demnach in normalen Eiern von Spindelfasern und Central- körpern wirklich etwas bei den Theilungen vorhanden, so kann es nur in so schwacher Ausbildung vorliegen, dass die Struktur des Plas- mas bereits genügt, um Beides zu verdecken. Der Konservirungs- methode dürfte kaum dabei ein Vorwurf gemacht werden können, da sie ja sich in vorliegendem Falle so gut bewährt hat. Wie man sich nun aber auch zu der Frage stellen möge, es scheint mir immerhin wichtig genug, dass eine Druckverminderung eine stärkere Ausbildung der eigentlichen Spindel zur Folge gehabt hat. Was die Spermatozoen anbetrifft, so besitzen sie noch die Faden- form. Die plasmatische Strahlung ist an ihnen bereits vorhanden, liegt jedoch in einigen Fällen merkwürdig weit vom Kopf des Samenfadens ab. Sonst bieten dieselben nichts Außergewöhnliches. b) Eier, welche etwa 21/, Stunden unter normalen Verhältnissen sich befunden hatten, wurden für fast 5 Stunden dem verminderten Druck (ansteigend bis 400 mm) ausgesetzt. Die Eier waren bei der Abtödtung etwa 430 Minuten alt und befanden sich auf dem Stadium, dass die beiden ersten mit reichlicher Plasmastrahlung umgebenen Furchungskerne gebildet waren. Die Richtungskerne verhielten sich normal. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass durch Verminderung des Atmosphärendruckes Anfangs eine Verlangsamung der Entwicklung eintritt, welches jedoch bei späterer Anwendung des Vacuums nicht zu konstatiren ist. — Während der erhöhte Druck auf die Substanz der Verbindungsfäden einen besonderen Einfluss durch deren Strahlen- erregung äußerte, war umgekehrt durch den verminderten Druck eine stärkere Ausbildung der Spindelfasern möglich geworden. Hi . i h Fi ee Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL. 93 III. Anwendung von Kohlensäure (CO;). Es wurden zu dem Versuche Eier benutzt, welche am 28. Juni 1890 von kurz vor 10 Uhr bis 11 Uhr abgelegt waren. Dieselben kamen von 11 Uhr 145 Minuten bis 12 Uhr 5 Minuten in reines Kohlendioxyd, wurden alsdann rasch in der gewohnten Weise konservirt. Die jüngsten Eier enthielten die erste Richtungsspindel im Stadium des Diaster. Die Spindel ist etwas verkümmert, war in einem Falle außerordentlich klein. Die Verbindungsfäden sind gelegentlich stark ausgebildet (Fig. 136), aber wellig gebogen. Zellplatte vorhanden, aus Körnchen bestehend. — In älteren Eiern ist der Richtungszapfen in gewohnter Stärke ausgebildet, die Verbindungsfäden auch jetzt noch zwischen den weit getrennten Tochterplatten vorhanden. Ihre Um- wandlung in achromatische Substanz unterbleibt ganz oder ist jeden- falls nur geringfügig. Die ältesten dieser Eier befinden sich auf dem Stadium der zweiten Richtungsspindel und zeigen keine Abnormitäten. Die Samenfäden verhalten sich in allen Eiern normal und dem betreffenden Stadium entsprechend. Im Allgemeinen ergiebt sich aus dem Mitgetheilten, dass die jüngsten Eier, welche also ziemlich kurze Zeit nach der Ablage in die Atmosphäre von Kohlendioxyd gebracht wurden, eine wesentliche Verzögerung in ihrer Weiterentwicklung erlitten, indem sie nicht über das Stadium der kurz nach der Ablage eintretenden ersten Rich- tungsspindel hinauskamen. Hierin und in der ganzen Ausbildung der Spindel giebt sich eine Ähnlichkeit mit den unter vermindertem Druck sich entwickelnden Eiern kund, wie z. B, aus dem Vergleich der unter diesen beiden Methoden entstandenen Spindeln Fig. 139 (Vacuum) und 136 (CO,) ergiebt. Auch die lange Erhaltung der Verbindungsfäden in älteren Spindeln erinnert daran. Umgekehrt lassen die älteren Eier, welche bei Beginn des Ver- suches schon ein wenig weiter entwickelt sein mussten, als Fig. 108, eben so unverkennbar eine Beschleunigung ihrer Weiterentwick- lung feststellen. Denn in ihnen, welche also bis zu ihrer Abtödtung im Ganzen ein Alter von 130 Minuten erreicht haben, sind die Tochter- kerne an der Spitze der zweien Richtungsspindel bereits gebildet und die Samenkerne zu kurzen Kegeln kondensirt, so dass fast das in Fig. 126 abgebildete Stadium von diesen Eiern repräsentirt wird. Es wird dieses Stadium von normalen Eiern aber erst nach etwa 200 Minu- ten erworben. Die Samenfäden haben durch die Wirkung des Kohlendioxyd BEN eg Be & h . “ = 2 94 H. Henking, anscheinend gar nicht gelitten, sei es, dass dessen Wirkung schwer in die Tiefe des Eies eindringt, oder sei es, dass sie überhaupt weniger da- von berührt werden. IV. Einwirkung von Sauerstoff. a) Von Eiern, welche am 12. Juni 1890 von 81/,—9!/, Uhr abgelegt wurden, brachte ich einen Theil von 10-—A4 Uhr in ein Gemisch von 1/, Vol. reinen Sauerstoff und ?/; Vol. Luft. Alsdann wurden dieselben rasch konservirt. Die Eier, welche von mir untersucht wurden, befanden sich sämmt- lich etwa auf dem Stadium der Fig. 112: der erste Richtungszapfen war in normaler Weise ausgebildet und das erste Thelyid war deutlich an dem ihm zukommenden Platze vorhanden. Überhaupt bot der weib- liche Theil keine bemerkenswerthen Abweichungen. — Der männliche Theil war im Allgemeinen ebenfalls ganz normal, nur fiel es mir auf, dass der auf diesem Stadium ja noch langgestreckte Kern oft eine Nei- gung zur Zerbröckelung zeigte, wie ich es an einem Beispiel in Fig. 180 abgebildet habe. b) Eier wurden am 13. Juni 1890 bis 4!/, Uhr abgelegt. Sie kamen von 51/,—6!/, Uhr in das gleiche Sauerstoffgemisch wie oben, wurden dann abgetödtet. Die Eier befanden sich z. Th. bereits auf dem Stadium, dass die zweite Richtungsspindel die Tochterplatten ausgebildet hatte. Die Samenfäden waren etwa bis zu dem in Fig. 166 abgebildeten Stadium vorgeschritten. Wesentliche Abweichungen vom normalen Verhalten habe ich nicht beobachtet, die Samenkerne waren nicht zerbröckelt, nur habe ich mir notirt, dass die zweite Richtungsspindel stark längsstreifig erschien mit einer aus einzelnen Körnchen gebildeten Zellplatte. Bei der Benutzung von Sauerstoff habe ich ein allgemeines Resultat nicht gewonnen und gilt für diesen Versuch noch mehr wie für die übrigen, dass er nur als ein kleiner Vorstoß in ein bisher unerforschtes Gebiet betrachtet werden darf. 12. Biologische Mittheilungen. Agelastica alni legt ihre Eier im Mai und Juni an die Unterseite von Erlenblättern, besonders von Alnus glutinosa, ab. Die Eier haben eine gelbe Farbe, welche jedoch in Alkohol einer weißen Färbung Platz macht. Da ihre Oberfläche durch ein Drüsensekret sehr klebrig ist, so haften die Eier an der Blattfläche mit derjenigen Spitze, mit welcher sie den Leib des Mutterthieres zuerst verlassen. So kommt es, dass die R Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 95 Eier fast sämmtlich aufrecht neben einander stehen, gelegentlich aber fallen sie doch einmal um. Wenn das Thier ein Ei abgelegt hat, so rückt es ein wenig vor oder dreht sich etwas zur Seite und stellt nun ein zweites Ei neben das erste. So wird ein Satz von Eiern auf demselben Blatte befestigt, deren An- zahl betrug in drei Fällen 82, 77, 76 Stück. Ein Thier gebrauchte zum Ablegen von 30 Eiern 32 Minuten. Größere Unterschiede sind mir an denselben nicht aufgefallen. Ein solcher auf einem Blatte geborgener Eisatz stellt jedoch nicht den ganzen Eivorrath des Thieres dar, sondern dieses legt öfter ab. Es ist daraus zu folgern, dass ein periodenweises Reifen der Eier stattfindet. Nämlich die oben angegebene Zahl wird auf einmal abgegeben. Unter- bricht man ein Thier, bevor es sich derselben völlig entledigt hat, wie es bei der Benutzung der Eier sofort nach der Ablage von mir öfter ge- schah, so kann man doch leicht sehen, dass das Thier an einer anderen Stelle und nach kurzer Zeit, etwa einer viertel Stunde, wiederum mit dem Legen beschäftigt ist. Es müssen also die reifen Eier heraus. Nach einigen Tagen kommt das Thier mit einem zweiten Eisatz nieder, und so geht es eine längere Zeit fort. Man kann aus Fig. 102 bequem ersehen, auf welchem Stadium sich das für den folgenden Satz bestimmte Ei befindet. Denn unten haben wir den soeben entleerten Follikel f, darüber das noch mit großem Keimbläschen versehene nun- mehro älteste Ei. Es gebraucht dasselbe also von diesem Stadium an bis zur völligen Ausreifung die gleiche Zeit, welche zwischen zwei Ab- lagen verstreicht. So hatte ich vom 30. Mai 1890 an vier © in der Gefangenschaft sitzen an in Wasser gestellten Erlenzweigen. Diese vier Thiere haben bis Anfang Juli gelebt und in dieser Zeit 21 Eisätze produeirt und zwar wurden von mir gefunden: 2 Eihaufen am A. Juni 1890; abgelegt früh Morgens, 1 » 3.8.1 » » 44—-12% Morgens, L » 17:20 » » 9b 95m —4A4b Morgens, ) Th 3 ) » vor 8% Morgens, i ) 3.40 )) ) k—-5N Nachmittags, » JERL/ESERRT) » » Mittags, i ) » 9.» » » zwischen 8. bis 9. Juni, » »12. » ) » 91/,—12 Morgens, ı » u: » » N Ol/ot Morgens, » » 12. » > ) 91/,—1 01/9" Morgens, 1 » U BER) » ) bis 4'/a" Nachmittags, Q » »A6. » » » 5—6" Nachmittags, 96 H. Henking, 4 Eihaufen am 47. Juni 1890; abgelegt von 101!/,% Morgens an, 4 ) » 20. » » » von 2% Nachmittags an, l ) 3,25. ) » von 4" Nachmittags an, 1 » > » ) von 7" Abends an, 1 » » 28. » ) » 40—A4% Morgens, 2 ) 2346: Juli 2» ) zwischen 1. bis 6. Juli, 1 » Br » von 121/5" Morgens an, A » » 18 » ) ) 8b —141/,b Morgens. Es war natürlich bei den einzelnen Haufen nicht anzugeben, von welchem Weibchen sie herrührten, da dieselben zusammengehalten wurden, doch scheint mir die von den Thieren innegehaltene Zeitdistanz zwischen je zwei Ablagen aus der Distanz zwischen jenen beiden Tagen hervorzugehen, an welchen je drei Haufen produeirt wurden. Es er- giebt sich daraus ein Zwischenraum von fünf Tagen. Das vierte Weib- chen dürfte hiernach zwischen 8.—9. Juni und danach wieder am 43. Juni niedergekommen sein; es würde das ein Zeitintervall von »—5 Tagen bilden. Wir würden hierin eine verhältnismäßig kurze Frist sehen, welche gegen Ende der Legeperiode sich vergrößern dürfte. Von den vier Weibchen fand ich am 6. Juli zwei gestorben, die tibrig bleibenden haben noch zwei Eihaufen am 8. und 18. Juli geliefert und besonders aus letzterem Termine ist das beträchtliche Zeitintervall zu schließen. Dann starben auch diese beiden Thiere ab. Es wurden von den vier Thieren im Ganzen in der Gefangenschaft 23 Eihaufen hervorgebracht. Schätzen wir jeden derselben zu nur 75 Stück, so ergiebt das eine Anzahl von 1725 Eiern, was auf jedes Weibchen etwa 450 Stück ausmachen würde. Dabei ist zu berück- sichtigen, dass diese Thiere im Freien schon mehrere Male abgelegt haben können. Was die Dauer der Entwicklung anbetrifft, so waren von dem einen am 16. Juni abgelegten Eihaufen die Larven am 2. Juli, also nach Ver- lauf von 17 Tagen, ausgeschlüpft. Aus dem Haufen vom 7. Juni Morgens waren die meisten Larven bereits am 20. Juni ausgekrochen, also nach 13 Tagen. Der Haufen vom 25. Juni hatte am 10.Juli, also nach 16 Tagen, die Jungen entlassen, welche sämmtlich noch neben den leeren Eihüllen saßen. Wir dürfen demnach also sagen, dass etwa 44 Tage zur Ausbil- dung der Larven erforderlich sind. — Die Eihaufen vom 16., 47. und 27. Juni zeigten sich zum 10. Juli sämmtlich ausgeschlüpft und die Jungen hatten sich bereits zerstreut. Die beiden zwischen 4. bis 6. Juli abgelegten Eihaufen entließen die Jungen am 45. resp. 16. Juli. Wenn die Thiere ausgeschlüpft sind, so halten sie sich längere Zeit, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 97 etwa einen Tag, neben den leeren Eischalen auf und zerstreuen sich dann erst. Vielleicht gewöhnen sie sich erst an die gestreckte Haltung. Denn da die jungen Thiere länger sind als das Ei, so müssen sie sich in der Eischale zusammenkrümmen. Hierbei sind sie alsdann mit dem Kopfe bald der Blattfläche zugewandt und bald von derselben abgewandt. Noch habe ich über einige Versuche zu berichten. 1) Eier, am 5. Juni 1890 abgelegt, wurden umgekehrt (d. h. mit dem Mikropylenende aufwärts) aufgestellt. Es erschienen die ersten Larven am 18. Juni, krochen auf den Eiern umher, ein Theil der Larven war noch nicht ausgeschlüpft. 2) Eier, am 7. Juni 1890 Morgens gefunden, wurden normal (d.h. mit dem Mikropylenende abwärts) aufgestellt. Die Larven waren am 20. Juni meist ausgekrochen, einige Eier enthielten noch die Larven und unter diesen war bei einigen der Larvenkopf bereits pigmentirt, bei anderen noch nicht. Von den noch nicht ausgeschlüpften Eiern war bei sieben Stück der Kopf der Larve der Blattfläche zugekehrt, bei zwölf Stück derselben abgewandt. 3) Eier vom 7. Juni 1890 Mittags wurden am gleichen Abend (7!/,Uhr) umgekehrt aufgestellt. Am 20. Juni befanden sich in den Eiern bereits Larven mit pigmentirten Köpfen, davon hatten 18 Stück ihren Kopf der Blattfläche zugewandt, 14 Stück abgewandt. 4) Die Eier vom 7. Juni Nachmittags waren vom Thier wie ge- wöhnlich in der Längsrichtung des Blattes successive abgelegt. Ich theilte nun den Eihaufen in zwei genau gleichaltrige und gleichwerthige Theile, indem ich die Blattfläche der Länge nach zwischen ihnen durch- schnitt. Nun stellte ich die Blattfläche mit der Schnittkante nach oben senkrecht auf, so dass also die Eier auf die Seite zu liegen kamen. Ver- gegenwärtigen wir uns die Stellung, welche der Käfer bei der Ablage der Eier innehatte, so theilte ich durch den Sehnitt den Eihaufen in einen rechten und linken Theil. Ich stellte nun den linken Theil mit der linken Seite nach oben, den rechten mit der rechten Seite nach oben auf und ließ die Eier sich in dieser Lage entwickeln. Es ergab sich, dass die linke Portion (28 Stück) am 20. Juni bereits vollständig ausgeschlüpft war, von der rechten Portion dagegen zu derselben Zeit erst zwei Stück. Jedoch war bei den übrigen Eiern die Larve schon überall mit einem pig- mentirten Kopfe versehen und unter diesen hatten 19 Stück ihren Kopf der Blattfläche abgewandt, dagegen neun Stück derselben zugewandt. : 5) Die zwischen den 8.—9. Juni abgelegten Eier brachte ich auf einen Tag unter den Recipienten der Luftpumpe bei 360 mm Barometer- druck. Alsdann wurden sie wieder unter normalen Verhältnissen auf- _ bewahrt. Am 20. Juni zeigte es sich, dass die Entwicklung weiter ge- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIV, Bd. 1 98 H. Henking, gangen war. Die Thiere besaßen bereits pigmentirte Augenflecken, waren aber sonst noch ohne Pigment. Aus dem Mitgetheilten folgt, dass durch Änderungen in der Stellung der Eier und folglich durch abweichende Wirkung der Schwerkraft keine bemerkenswerthe Verzögerung in der Entwicklung der Eier veranlasst wird. — Auch die zeitweilige Herabsetzung des Atmosphären- druckes verhindert eine, so viel erkennbar normale Weiterentwicklung der Eier durchaus nicht. 13. Über Polyspermie. Ich habe versäumt mir ausdrücklich zu notiren, ob ich bei Revision der entwickelten Eihaufen auch sog. taube Eier bemerkt habe. Jeden- falls können dieselben nur in geringer Zahl vorhanden gewesen sein, da ich mich an solche Fälle nicht mehr erinnere. Ich habe nur die Notiz, dass ich in einigen Eiern vertrocknete Junge fand, während die- selben aus den übrigen bereits ausgeschlüpft waren. Es ist diese Frage aus dem Grunde von einigem Interesse, weil auch bei Agelastica Polyspermie häufiger vorkommt, wodurch ja nach der herrschenden Ansicht Abnormitäten bis zum Absterben hervor- gerufen werden sollen. Nun ist es jedoch ganz unzweifelhaft, dass wohl in den meisten Fällen mehrere Samenfäden in das Ei eindringen; aber nur wenigen gelingt es über das Randplasma hinauszukommen und im Dotter weitere Veränderungen durchzumachen. Ich habe da gezählt, dass 85 Eier nur einen einzigen Samenfaden resp. Samenkern enthielten, während 13 Eier mit je zwei und drei Eier mit je drei Samenkernen ausgerüstet waren. Sind die Polyspermen hier demnach auch in geringerer Zahl vorhanden als bei Pyrrhocoris, so sind sie andererseits zahlreich genug, um er- kennen zu lassen, dass sie nicht alle dem Verderben anheimfallen, sondern dass Polyspermie durchaus noch kein Zeichen einer krank- haften Weiterentwicklung zu sein braucht. 14. Über die Beschaffenheit des Eiplasmas und des Dotters. Auch bei Agelastica ist die größte Menge des Protoplasmas im Ei an der Peripherie angehäuft und durchzieht von hier ausstrahlend als ein feines Netzwerk die Dottersubstanz (Fig. 126, 143 ete.). Das Plasma selbst erscheint feinkörnig, mit stärker färbbaren Pünktchen; es ist an der Peripherie und besonders im ersten Richtungszapfen oft stark vacuolisirt (Fig. 130, 137 ete.). Sehr merkwürdig ist es, dass die Eier unserer Thiere unter dem Oolemm noch einen sehr zarten und dichten Wimperbesatz i £ DM 3 gerückt ist (Fig. 120). Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Riern der Insekten. II. 99 tragen, welcher durch Fremmine’s Flüssigkeit gut konservirt wird (Fig. 95). Die Wimpern stehen außerordentlich dicht über der ganzen Oberfläche und es hat den Anschein, als wenn an ihren freien Enden je eine kleine knötchenförmige Verdickung säße. Sind die Wimpern auch über die ganze Eioberfläche gleichmäßig vertheilt, so werden sie an jener Stelle stärker und länger, an welcher der Richtungszapfen sich emporwölbt (Fig. 95). Bei Konservirung mit heißem Wasser sind sie an der Oberfläche des Eies als solche meist nicht mehr erhalten, nur am Richtungszapfen treten sie noch ganz er- kennbar hervor (Fig. 92, 96), wenn auch etwas verklebt und verändert. Meist allerdings sind sie nicht mehr so deutlich erhalten, wie in den beiden soeben eitirten Figuren, sondern sie sind zu einer gestrichelten ' Masse verquollen. Als solche auch durch ihr Verhalten gegen Farbstoffe gut charakterisirte Masse überziehen sie stets den Richtungszapfen, wie man aus Fig. 129, 130 und den übrigen betreffenden Figuren auf der gleichen Tafel unschwer erkennen wird. Die Dotterkügelchen bleiben auch in den konservirten Präparaten kugelig; ihre Größe wechselt nicht unbeträchtlich, wenn auch selbst die größten sich noch in recht bescheidenen Grenzen halten (Fig. 129, 200). Ihr Aussehen wechselt etwas, wohl ganz nach dem Stande ihrer Resorption; die einen erscheinen glatt und glänzend, die anderen fein und dicht punktirt. Auch ihr Verhalten gegen Farbstoffe ist ein wech- selndes: Wenn sie im Allgemeinen ihre Farbe auch sehr leicht abgeben, so halten doch manche Kügelchen den Farbstoff, z. B. Bismarckbraun, sehr fest, so dass sie durch ihre ganz intensive Färbung unter den übrigen nicht gefärbten stark hervorleuchten. Ich habe in Fig. 200 solche Körperchen bei x gezeichnet. Übrigens kommt ein gleiches Ver- halten bei anderen Insekteneiern ebenfalls vor. Vielleicht ist es der Verdauung resp. Auflösung von Dotterkörnern zuzuschreiben, wenn das Plasma an der äußeren Grenze der Dotter- körnchenzone ein mit einer Flüssigkeit gefülltes Maschenwerk bildet (Fig. 130 rechts). Ein solches Maschenwerk tritt dann auch stärker hervor in der Umgebung des zweiten Thelyid und lockert daselbst das bisher kompaktere Plasma , indem es Inseln desselben von der breiten Verbindung mit dem Randplasma absprengt (Fig. 129). — Eigenthümlich ist die Vertheilung von dichterem Plasma und solchem Maschenwerk in späteren Stadien unterhalb des Richtungszapfens. Riffartig liegt meist 3 noch eine Lage dichteren Plasmas im Inneren der Umgebung des zweiten - Richtungskernes (Fig. 118, 122), und bietet auf Schnitten oft ganz das Ansehen eines Saumriffes, wenn dieser Kern tiefer in das Ei hinab- 7* 100 H. Henking, Erwähnenswerth sind noch die Strahlungen des Plasmas. Man kann deren zweierlei unterscheiden: 1) In dem sonst körnig erscheinenden Plasma machen sich hellere und dunklere Streifen bemerklich, welche geradlinig von einem Mittel- punkte radiär ausgehen. Ich habe wohl beobachtet, dass alsdann der Bau des Plasmas derartig war, wie ich es schematisch in Fig. 199 ab- gebildet habe: von einem hellen Centrum gehen helle Radien aus. Diese hellen Radien besitzen einen Mantel einer dunkel gefärbten Sub- stanz und der Zwischenraum des dunklen Mantels von je zwei hellen Radien wird von einer schwächer gefärbten, mehr spongiösen Substanz ausgefüllt. 2) Von einem Centrum gehen ziemlich geradlinig und sich nach der Ferne zuspitzend Plasmastrahlen aus, welche weiterhin den Bau des gewöhnlichen Plasmas erkennen lassen. Solche Strahlungen finden sich in auffallender Weise in der Umgebung des Arrhenoids (Fig. 143). Sie können in dieser Form natürlich nur sichtbar werden in dotterreichen Eiern; denn für sie ist es ja charakteristisch, dass sie die Dotterkugeln in Reihen anordnen. Beide Strahlungen deuten darauf hin, dass in ihrem Gentrum irgend Etwas vorgeht. Beide kommen (vielleicht immer) vergesellschaftet vor, nur ist die erstere Form leichter zerstörbar, daher die zweite für die Beurtheilung vielleicht die sicherere. In der Besprechung habe ich die beiden Arten von Strahlungen nicht besonders unterschieden. 6. Donaeia (sericea L.?). Tafel X1l. Die Eier werden von den weiblichen Thieren in das Innere der oberflächlichen Gewebstheile gewisser unter Wasser befindlicher Pflanzentheile abgelegt. Die zur Untersuchung benutzten Eier waren in Glyceria fluitans untergebracht; man sah sie aus der Tiefe durch- schimmern. In Fig. 412 habe ich den Längsschnitt eines Eies an seinem natürlichen Orte abgebildet: das Ei steckt in einem Intercellularraume des Pflanzengewebes (p). Man sieht, dass das Ei erheblich länger als breit ist. Es ist eingehüllt von einem zarten Oolemm (Fig. 408 o) und einem dünnen Chorion (Fig. 408 ch) und besitzt den normalen Bau. Es tritt nun die Frage heran, welches das Vorderende und welches das Hinterende sei. Es ist das eine Frage, welche aus der Betrachtung des Eies an sich nicht sofort entschieden werden kann. Denn der Eikern liegt nicht an einem der Enden, welches dadurch als das Vorderende Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg; in den Biern der Insekten, II. 101 wahrscheinlich gemacht würde, sondern an der Längsseite (Fig. 407, 408, 420). Nun besitzen die Eier der Käfer meist keine deutliche Mikro- pyle, so dass auch von dieser Seite keine Auskunft gegeben wird, und wenn ich nun noch hinzufüge, dass, wie wir noch sehen werden, auch das in vielen Fällen charakteristische Eindringen der Samenfäden hier seine Besonderheiten hat, so wird es klar, dass eine einigermaßen sichere Auskunft eigentlich nur durch genaue Beobachtung des Legeaktes gewonnen werden kann. Indessen sind doch noch einige Indicien vor- handen, welche eine Aufklärung geben. | Es sind nämlich an beiden Polen des Eies Ansammlungen eines Drüsensekretes vorhanden. An dem stumpferen Pole (unten Fig. 408) ist eine beträchtliche Menge davon vorhanden, an dem spitzen Pole (Fig. 408 oben) dagegen sehr viel weniger. Es ist eine von Vakuolen durchsetzte, sonst ziemlich homogene Substanz, welche nun noch kleine rundliche Körperchen in beträchtlicher Zahl umschließt (Fig. 408 unten). Diese Körperchen sind annähernd alle von derselben Größe und färben sich recht kräftig mit Farbstoffen. Sie sind oft in Zügen angeordnet, entsprechend den Bewegungen, welche das Drüsensekret vor seiner Erhärtung erlitten hatte. Außerdem ist eine nicht unbeträchtliche An- zahl von Samenfäden in das Innere des Drüsensekretes eingebettet. Sie werden an den gefärbten fadenförmigen Köpfen leicht erkannt, wenn auch von ihren Schwänzen nichts wahrzunehmen ist (Fig. 408 sp). Was ich hier über das Drüsensekret gesagt habe, gilt für beide polaren Ansammlungen. In beiden sind die chromatophilen Körnchen und Samenfäden vorhanden, nur darin ist ein Unterschied, dass wir sie an dem spitzen Pole ganz vereinzelt antreffen, am stumpfen Pole (Fig. 408) in großer Menge. Ich halte nun den spitzen Pol für den oberen, Mikropylen-tragen- den. Denn die größere Menge des Sekretes wird gewöhnlich an dem unteren Eipole gefunden (vgl. Fig. 494 df von Crioceris asparagi), indem die sich über dem Ei schließende Legeröhre bei der Ablage eine hohe Haube von Sekret wohl abstreifen würde. Außerdem liegt in dem jüngeren Entwicklungsstadium der Fig. 420 der Samenfaden näher am spitzen Pol, später aber mehr dem stumpfen Pole angenähert (Fig. 207), so dass man also eine Bewegung vom spitzen nach dem stumpfen Pole hin anzunehmen hat. Als ich die ersten Eier zum Zweck ihrer Untersuchung konservirte waren etwa 21/)—3 Stunden seit ihrer Ablage verflossen. In ihnen war das erste Riechtungskörperchen soeben gebildet (Fig. 416, 420, 122). Es lag in einer kleinen Vertiefung der Eioberfläche, etwa 102 H. Henking, 1/, der Eilänge vom oberen Eipole entfernt. Dies Richtungskörperchen, welches durch den Druck gegen die Eihüllen etwas abgeplattet ist, wird nicht völlig vom Ei abgeschnürt, sondern bleibt durch eine kleine stielförmige Verbindung damit im Zusammenhang. Der Spaltkern nimmt die gewöhnliche Stellung ein: er liegt unter- halb des ersten Richtungskörperchens in einer hier ziemlich bedeuten- den Ansammlung von Plasma, welche sich vom Rande her ziemlich tief zwischen die Dottermassen einsenkt, und schließlich mit pseudopodien- artigen Fortsätzen im Dotter endigt (Fig. 4146, 420). Zwischen erstem Richtungskörperchen und Spaltkern liegt ein nur sehr schwach ausge- bildetes Thelyid (Fig. 422 ih, 446, 420 Th) als ein heller Fleck, der nur in einigen Fällen deutlicher hervortrat. Was die Zahl der Chromosomen anbetrifft, so möchte ich hier- für die Zahl 15 annehmen. ‚In Fig. 414 habe ich die Polansicht der Äquatorialplatte eines Spaltkernes abgebildet, in Fig. 423 diejenige eines anderen Spaltkernes. Die Chromosomen erscheinen bald einfach rund- lich, bald hantelförmig. Ich glaube, dass sie alle hantelförmig gestaltet sind und dass die Verschiedenheit ihres Anblickes von der wechselnden Neigung gegen den Blick des Beschauers herrührt. Denn es ist wohl kein Zweifel daran, dass die Chromosomen auch hier die bekannte Drehung vollführen, bis sie alle senkrecht gegen die Oberfläche des Eies gerichtet sind (Fig. 416, 417, 420). Je nachdem sie diese Drehung bereits vollführt haben, oder noch nicht, erscheinen sie bei Polansicht einfach rundlich oder hantelförmig. Man würde bei dieser Auffassung zwei etwas abweichend gestaltete Chromosomen der Fig. 423 (rechts) dahin erklären können, dass die Keulen der Hantel in seltenen Fällen abermals wieder eingeschnürt sein können. Die Chromosomen der Richtungskörperchen lassen die Grundzahl sehr viel schwerer erkennen, weil sie dichter zusammengedrängt liegen und andererseits auch eher zerfallen. Ich habe in Fig. 443 die Chromo- somen des zu dem Spaltkern Fig. 414 gehörenden ersten Richtungs- körperchens abgebildet, und eben so ist Fig. 448 der Partner zu Fig. 423. Wenn auch im Allgemeinen die Hantelform der Chromosomen unver- kennbar ist, so mag ich doch nicht unternehmen, hier über die Zahl etwas auszusagen. Gelegentlich können jedoch die Chromosomen auch im Richtungskörperchen eine regelmäßigere Stellung einnehmen. Es ist mir nicht zweifelhaft, dass die Chromosomen des ersten Richtungskörperchens eben so gut eine Theilung erfahren, wie auch die- jenigen des Spaltkernes. Allerdings habe ich diesen Vorgang hier nicht in allen Übergängen verfolgt, da ich durch die kontinuirliche Beob- achtung an Insekten (Musca, Pieris, Pyrrhocoris, Agelastica, Lasius, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 103 Rhodites) eine genügende Basis gewonnen zu haben glaube, um einiger- - maßen sichere Analogieschlüsse zu machen. Demnach nehme ich an, dass der Kern des ersten Richtungskörperchens in Fig. 407 seine Thei- - lung vollendet hat: der eine Tochterkern verbleibt im Richtungs- körperchen, der andere rückt in den Stiel hinab, welcher das Rich- tungskörperchen noch mit dem Ei verbindet (Fig. 407). Gleichzeitig hat auch der Spaltkern seine Halbirung vollendet: der Eikern rückt in die Tiefe des Dotters, um mit dem Samenkern zu copuliren, der zweite Richtungskern (rkI/) dagegen verbleibt in der wandständigen Plasmaansammlung. Man sieht den letzteren unterhalb des ersten Richtungskörperchens liegen, in einem Plasma, welches eine strahlige Beschaffenheit angenommen hat. Ob es bei der Theilung des Spalt- kernes zur Ausbildung eines zweiten Thelyid kommt, vermag ich aus Mangel an den betreffenden Stadien nicht zu sagen. Höchst eigenthümlich ist der Unterschied, welcher besonders in etwas älteren Eiern an den Richtungskernen hervortritt. Die Eier waren etwa fünf Stunden nach der Ablage getödtet. Es zeigt sich nämlich, dass die im ersten Richtungskörper- chen verbliebenen Chromosomen (rk,) zwar wohl nahe an einander gerückt waren, aber doch ihre anfängliche Beschaffenheit beibehalten hatten (Fig. 407, 449, 224). Der zunächst in den Richtungkörperstiel, dann in die Oberfläche des Eiplasmas herabgewanderte Abkömmling des ersten Richtungskernes (rk3) wird zuerst bläschenförmig (Fig. 407) und nimmt dann eine homogene Beschaffenheit an (Fig. 419 rky, 421). Dieser Kern ist deutlich gefärbt, wenn auch nicht mehr so intensiv als derjenige, welcher im Richtungskörperchen selber verbleibt (r%,). Jedenfalls ist die Chromatinsubstanz völlig gleichmäßig in ihm vertheilt, und eine Abgrenzung der Chromosomen sowohl nach innen wie nach außen hin völlig verwischt. Die bedeutendste Abweichung jedoch zeigt das »zweite Richtungs- körperchen « (Fig. 419 rk,). Schon in Fig. 407 war dieser Kern zu einem ovalen Bläschen mit wenigen Chromatinkörnchen umgewandelt. Später befindet er sich näher am Rande und bietet nun die Form einer ver- hältnismäßig großen kugeligen Blase. Er ist völlig ungefärbt, so dass es immerhin schon einiger Achtsamkeit bedarf, ihn überhaupt wahrzu- nehmen. Die Beurtheilung wird dadurch erleichtert, dass dieser helle Kern recht scharf gegen die Umgebung abgesetzt ist. Im Inneren des- selben können in der hellen Grundsubstanz dunklere Partikelchen gesehen werden (Fig. 419 rk,), oder er kann auch völlig homogen er- scheinen (Fig. 421). Es ist dieser Unterschied in den drei Richtungskernen (Fig. 419 rkı, 104 H. Henking, rkg, rk;) recht bemerkenswerth, weil diese drei Kerne direkt aus den Theilungen eines Mutterkernes hervorgegangen sind. Ist man doch geneigt, die vier ersten Abkömmlinge eines Kernes für einander völlig gleichwerthig anzusehen. Hier dagegen ist der Unterschied sehr er- heblich: Die beiden Tochterkerne (rk, und rk, Fig. 419) des ersten Richtungskernes weichen bereits von einander ab, aber nicht so sehr wie von dem » Vetterkerne« (rk, Fig. 449), welcher bereits durch eine Generation von ihnen getrennt ist. Es fragt sich nun, wie verhält sich der Eikern, welcher ja als nächster Verwandter der drei Richtungskerne hier in Bezug auf seine Ausbildung noch besondere Betrachtung erfordert. Er ist, wie schon theoretisch erwartet werden kann, seinem Schwesterkerne, nämlich dem zweiten Richtungskörperchen (Fig. 419 rk,), recht ähnlich gestaltet: er ist ebenfalls eine helle Blase ohne jegliches erkennbares CGhromatin, aber mit scharfer Abgrenzung gegen die Umgebung. Durch das dar- über und darunter liegende Piasma können die Kerne den Anschein erwecken, als wenn sie ziemlich genau die Färbung des Plasmas hätten. Da der männliche Kern dem weiblichen auf diesem CGopulationsstadium (Fig. 414, 415) völlig gleicht, so sind sie nicht leicht zu erkennen. In Fig. 407 ist es mir z. B. nicht möglich gewesen, die Geschlechtskerne mit Sicherheit aufzufinden, obgleich sie nach der ganzen Konstellation inmitten des Dotters in der Nähe der dort gezeichneten Strahlenfigur vorhanden sein müssen. Sehr deutlich sind dagegen die beiden Ge- schlechtskerne in Fig. 408 und 409. Gerade der Umstand, dass hier der weibliche Kern noch gesondert vorhanden ist, giebt eine Garantie dafür, dass der im Randplasma gelegene helle Kern (RkII = rk) that- sächlich als das »zweite Richtungskörperchen « aufgefasst werden muss. Wir erhalten also das Resultat, dass die beiden Abkömmlinge des ersten Richtungskernes noch Chromatin führen, während die ihnen gleichwerthigen Kerne, nämlich »zweites Richtungskörperchen« und Ei- kern, völlig chromatinlos sind auf diesem Stadium (Fig. 408, 409). Nun nehme ich ja an, dass mit der Ausbildung des ersten Richtungskörper- chens eine Theilung von ganz besonderer Art vollzogen wurde, welche ich früher als Reduktionstheilung bezeichnete. Man könnte demnach in der verschiedenen Ausgestaltung der beiden Kernpaare nur einen neuen Beweis dafür suchen, dass thatsächlich verschiedenartige Chro- mosomen einerseits im ersten Richtungskörperchen, andererseits im Spaltkerne vorhanden sein müssten, eine Verschiedenartigkeit, welche sich in der Ausbildung der aus jenen beiden Kernen hervorgegangenen Tochterkernen sofort äußere. Ich glaube jedoch nicht, dass hierin der wahre Grund liegt; denn thatsächlich zeigt sich ja auch zwischen den Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 105 beiden Abkömmlingen des ersten Richtungskernes ein auf diese Weise nicht erklärlicher Unterschied (Fig. 419 rk, und r%,). Ich möchte vielmehr den Unterschied in der Verschiedenheit der Umgebung begründet finden: der äußere Abkömmling des ersten Richtungskernes liegt in dem Plasma des ersten Richtungskörperchens, welches schon äußerlich eine besondere Struktur erkennen lässt und kaum noch sich irgendwie aktiv bethätigen dürfte. Diese Chromatin- substanz ist daher fast unverändert. Der zweite Kern (Fig. 419 rk,) ist dagegen schon an die Oberfläche des Eies herabgerückt, seine Chromo- somen sind verschmolzen und der Kern verräth eine Neigung zur Auf- blähung. Man möchte fast sagen, dass die Zone, unterhalb welcher die Umwandlung und Aufblähung der Kerne stattfindet, aus der Fig. 419 herausgelesen werden könnte; denn der Kern rk, trägt an seiner äuße- ren Oberfläche ein unverändertes Chromatinkorn, von dem es nicht zu sagen ist, ob es eigentlich dem ersten (rk,) oder dem zweiten Kern (r/;,) angehört. — Die Aufblähung ist völlig vollendet an denjenigen Kernen, welche ganz und schon seit längerer Zeit im Eiplasma selber liegen, das sind die Geschlechtskerne und das zweite Richtungskörperchen. Die gleiche Beschaffenheit der Grundsubstanz erklärt leicht das sonst räthselhafte Phänomen, dass weit von einander getrennte Kerne die- selben Veränderungen zu gleicher Zeit durchmachen. Über die Verhältnisse der Samenfäden und Samenkerne kann ich mich kurz fassen, da keine Abweichungen von dem uns von anderen Insekten bereits Bekannten vorliegen. Die Samenfäden haben nach dem Eindringen in das Ei noch längere Zeit einen fadenförmigen Kopftheil (Fig. 420), besitzen also noch etwa dieselbe Gestalt, wie diejenigen, welche außerhalb des Eies in der Drüsensekretcalotte (Fig. 408 sp) festgehalten wurden. Im Inneren des Eies habe ich die Samenfäden immer schon tief eingedrungen gefunden, wie sich aus dem Alter der von mir untersuchten jüngsten Eier von selbst ergiebt (etwa 3 Stunden alt). Natürlicherweise war auch schon eine erhebliche Plasmaansammlung am Samenfaden vorhanden (Fig. 420). Nun findet die gewohnte Verkürzung des Samenfadenkopfes nach der Basis hin statt (Fig. 410) und das Plasma beginnt Strahlen auszu- senden. Ein Arrhenoid als eine deutlich erkennbar helle Substanz habe ich hier nicht bemerkt. Das Ende der Verkürzung des Samenkernes ist damit gegeben, dass ein ovales Kügelchen vorliegt, welches nun weiterhin sich zu einem schließlich ganz hellen Bläschen umbildet (Fig. 408, 409, AA1, 415). „ In diesem Zustande findet die Copulation mit dem Eikern statt. ne Sn - he 22 Ko 2 an ST ey BR ® ee Erf. 106 H. Henking, Die Strahlung, welche Anfangs den Samenkern allein, nach Hinzu- treten des weiblichen Kernes sie beide umgiebt, erreicht eine be- deutende Ausdehnung (Fig. 407, 408, 409). Besonders in der Längs- achse des Eies erstreckt sich nach beiden Seiten von den etwa in der Mitte des Eies gelegenen Geschlechtskernen ein langer plasmatischer Fortsatz. Was die Zahl der Samenfäden anbetrifft, so habe ich auch hier gesehen, dass nur einer oder auch deren zwei zwischen die Dotter- massen eindringen, um dort im gleichen Schritt dieselben Veränderungen durchzumachen (Fig. 416, 4417). ‘. Lampyris (Lamprorrhiza) splendidula L. Tafel XI. | Die Möglichkeit, die Eier unseres Leuchtkäferchens untersuchen zu können, verdanke ich der Gtte des Herrn Cand. rer. nat. E. Trosı- rıus, welcher mir ein von ihm in Gopula gefangenes Pärchen lebend überbrachte. Das Weibchen hat dann in dem Kästchen, in welchem ich es mitsammt dem Männchen untergebracht hatte, am 8. Juli 1888 einen Eihaufen abgelegt. Die Eier waren unregelmäßig über und neben einander abgelegt. Eigenthümlich ist es, dass die Eier nach der Ablage nicht in eine bestimmte Form elastisch zurückfedern ; denn von Haus aus kugelig, sind sie außerordentlich plastisch und erleiden bereits durch ihr eigenes Gewicht eine Abplattung gegen die Grund- fläche (Fig. 404, 393g). Hieraus wird es verständlich, dass sie auch durch den Druck der darüber geschichteten Eier eine Gestaltsverände- rung erfahren. | Dass die Eier thatsächlich überall sehr plastisch sind, ergiebt sich aus der Lage der Richtungskörperchen. Diese können auf einer abge- platteten Seite liegen (Fig. 393,.397) oder auf einer gewölbten Fläche (Fig. 398, 404) oder auch an einer Kante (Fig. 395), je nachdem das Ei hier oder dort gedrückt wurde. Im Übrigen ist das Ei, wie immer, von einem Oolemm, einem Chorion, und außen von einer Drüsensekrethülle umgeben. Durch letztere werden benachbarte Eier mit einander verklebt. Was den Bau des Eies anbetrifft, so liegt auch hier außen eine Schicht von Plasma (Weısmann’s Keimhautblastem), innen die natürlich von einem zarten Plasmanetz durchzogenen Dottermassen. Die Dotter- kügelchen sind verhältnismäßig klein (Fig. 394do), nur in einigen Fällen habe ich eine kolossale ungefärbte Dotterkugel in der Nähe der Richtungskörperchen gesehen (Fig. 395 d). iR & K i x E ‘ 2x ” R Sa Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. IL 107 Die jüngsten Eier, welche ich untersucht habe, zeigten die erste Richtungsspindel in jener Ausbildung, welche bei den Insekteneiern, wie wir sahen, überhaupt von längerer Dauer zu sein pflegt. Es waren die Chromosomen bereits nach den Polen aus einander gewichen (Fig. 403) und zwischen den beiden Tochterplatten befand sich, wie gewöhnlich, eine helle Substanz von spindelförmiger Gestalt. An der breitesten Stelle war diese helle Spindel quer durchsetzt von einer feinkörnigen Zellplatte, welche in der Mitte die größte Dicke hatte (Fig. 403). Diese Kerntheilungsfigur befindet sich in einem plasmatischen Zapfen, welcher so weit über die Oberfläche des Eies vorspringt, dass der weitaus größte Theil der Spindel außerhalb der Grenzlinie des Kies liegt. In anderen Fällen, als dem oben abgebildeten, ist der Zapfen noch länger und die innere chromatische Tochterplatte liegt etwa in einer Flucht mit dem äußeren Kontour des Eies. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass jener Zapfen nicht der freien Ober- fläche des Eies aufsitzt, sondern sich aus dem Boden einer Grube erhebt. Es kann dies Verhalten ja gar nicht anders sein, weil das Ei dicht von seinen Hüllen umschlossen wird. Die freie Oberfläche des Plasma- zapfens ist auch hier wieder mit einer Art von Wimperbesatz um- geben, wie ich es ähnlich bereits von Pieris und Agelastica beschrie- ben habe. Nun findet die Abschnürung des ersten Richtungskörperchens statt, wohl derart, dass der größte Theil der hellen Spindelfigur mit in das Innere des ersten Richtungskörperchens eingeschlossen wird. Ich habe diesen Vorgang selber aus Mangel an passenden Stadien nicht im Einzelnen verfolgen können, möchte ihn jedoch aus dem Umstande folgern, dass das erste Richtungskörperchen gewissermaßen glatt von der Oberfläche des Eies abgeschnitten wird. Hierbei muss der größte Theil der achromatischen Kernfigur für das Ei verloren gehen und in das Innere des ersten Richtungskörperchens eingeschlossen werden. Würde der plasmatische Zapfen etwa in der Höhe der Zellplatte (Fig. 403) durchschnürt, so müsste nothwendig über den nach innen gewandten Chromosomen ein plasmatischer Höcker bestehen bleiben, von welchem ich jedoch nichts gesehen habe. Andererseits habe ich ‚einmal neben den Chromosomen im Richtungskörperchen eine helle Substanz bemerkt, welche recht wohl von der achromatischen Spindel herstammen und also als Thelyid bezeichnet werden könnte (Fig. 40%). Es wird hier also das ersteRichtungskörperchen völlig abgeschnürt. Dieses wird dann besonders deutlich, wenn durch einen Riss der Ei- - hüllen oder dergleichen dem Richtungskörperchen Gelegenheit gegeben 108 H. Henking, wird, sich etwas weiter von dem Eikörper zu entfernen. Für gewöhn- lich liegt es demselben natürlich ziemlich dieht angeschmiegt. Die im Ei zurückbleibende chromatische Tochterplatte liegt gleich nach der Ablösung des ersten Richtungskörperchens in einer nur ge- ringen Verdickung des Keimhautblastems (Fig. 397, 398sk). Die plasmatische Ansammlung wird jedoch beträchtlicher, wenn die zweite Richtungsspindel gebildet ist (Fig. 404). Auch hier ist jenes Stadium von besonders langer Dauer, in welchem die Tochterplatten bereits ge- trennt sind und zwischen sich eine helle Substanz haben, entsprechend der Region der Verbindungsfäden (Fig. 404). Dass es zu der Bildung einer förmlichen Zellplatte käme, habe ich an der zweiten Richtungs- spindel nicht beobachtet, wohl aber, dass an deren Stelle einige Kügel- chen von geringer Färbbarkeit vorhanden sind, welche wohl als Rudi- ment einer Zellplatte angesehen werden könnten. Das zweite Richtungskörperchen wird gebildet, indem sich das Plasma abermals in Gestalt eines Zapfens emporhebt (Fig. 394 IIRk). Es geschieht das hier jedoch etwas später im Vergleich mit dem ersten Richtungskörperchen. Der Zapfen ist ebenfalls wie mit einem Saume von Wimperhärchen in ganzer Länge besetzt (Fig. 394). In diesem Beispiele ist der Eikern schon fortgerückt und auch der zweite Rich- tungskern (Fig. 39% IIRk) hat sich von der achromatischen Substanz, welche ich als ein schwach ausgebildetes zweites Thelyid bezeichnen möchte (Fig. 394 II Th), bereits abgetrennt. Das zweite Richtungskörperchen wird hier ebenfalls völlig vom Ei abgelöst. Die Durchschnürung findet offenbar derartig statt, dass das zweite Thelyid ganz oder zum größten Theile in das zweite Rich- tungskörperchen mit aufgenommen wird. Wenn ich auch diesen Vor- gang nicht schrittweise habe verfolgen können, so scheint es mir doch aus einem Vergleich von Fig. 39% und 400 hervorzugehen. Man sieht hier, dass das ziemlich große zweite Richtungskörperchen (Fig. 400 IIRk) an seiner Basis (d. h. dort, wo es abgeschnürt wurde), von einer ziemlich beträchtlichen Art von Strahlung umgeben ist, und da wir ja bei Agelastica alni erfahren haben, dass die Region der Verbindungs- fäden mit einem Strahlenkranze umgeben sein kann, so ist auch hier wohl die sonst schwer erklärliche Erscheinung auf das gleiche Princip zurückzuführen (Fig. 400). Späterhin verwischt sich das Bild, dann ist der Kern (k) des zweiten Richtungskörperchens (RkIJ) zunächst von einer dichteren Plasmaschicht (m) umgeben und um diese liegt nun eine Hülle (h) ganz lockeren und unregelmäßig begrenzten Plasmas (Fig. 401). Bei der Bildung dieses zweiten Richtungskörperchens bleibt Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 109 Anfangs ein kleiner plasmatischer Höcker an der Oberfläche des Eies zurück (Fig. 401). Er hat an seiner freien Oberfläche wimperartige Fortsätze. Unter ihm hat sich der Eikern formirt als eine kugelige helle Blase. Im Inneren derselben zähle ich in dem in Fig. 401 abgebildeten Falle sechs kugelige Chromosomen, welche je von einem hellen Hofe umgeben sind. Was die Zahl der Chromosomen überhaupt anbetrifft, so kann ich in Bezug darauf keine ganz feste Angabe machen. Wie gesagt, zähle ich in dem Eikerne Fig. A014 sechs Chromosomen, im Inneren eines ersten Richtungskörperchen lagen deren sieben oder acht vor (Fig. 405). Die Polansicht einer zweiten Richtungsspindel zeigte das in Fig. 396 dargestellte Bild, d. h. vier kreuzförmig gestellte Ghromo- somen. Ich glaube, dass unter den in Fig. 396 gezeichneten Chromo- somen noch einige versteckt sein mögen; doch geht aus dem vorher Gesagten, sowie auch aus einer Betrachtung der Fig. 403 hervor, dass die Chromosomenzahl nur gering ist und sechs bis acht betragen mag. Ich sagte oben, dass das abgeschnürte zweite Richtungskörperchen aus drei Theilen bestehe (Fig. 401), dem Kerne (k), einer dichteren Plasmamasse (m) und einer lockeren plasmatischen Hülle (R), wenn wir die Stücke von innen nach außen hin aufzählen. Ganz ähnliche Verhältnisse bietet nun auch das abgeschnürte erste Richtungskörper- chen (Fig. 405). Auch hier liegt im Inneren einer dichteren Plasma- masse (m) die Kernsubstanz (chr) und das Ganze ist von einer beträcht- liehen Hülle lockeren Plasmas umgeben (Fig. 405 Rh). Trotz dieser großen Ähnlichkeit des ersten und zweiten Richtungs- körperchens giebt es dennoch ein Kriterium, an welchem sie sofort erkannt werden können, das ist die Beschaffenheit der Kerne. Das erste Richtungskörperchen enthält keinen abgerundeten Kern, sondern nur die lockeren Chromosomen (Fig. 405). Diese können wohl einmal zu einem Klumpen zusammengeballt sein, aber auch dann erkennt man noch die Zusammensetzung aus kugeligen Körperchen. — Anders das zweite Richtungskörperchen: In ihm nimmt die Kernsubstanz die Form eines Bläschens an schon bevor der Zapfen sich vom Leibe des - Eies gelöst hat (Fig. 394 IIRK). Diese Bläschengestalt des Kernes wird _ auch nach der Abtrennung beibehalten (Fig. 400 IIRK), und selbst ; wenn, wie in Fig. 401 (k), der Kern als eine homogene Masse erscheint, : anstatt wie sonst aus einer helleren Grundsubstanz und einem chro- matischen Netze zu bestehen, so ist doch durch seine gleichmäßige - Abrundung die Deutung gesichert. Die Beachtung dieses Unterschiedes im Baue der Richtungskörper- = chen ist nach mehreren Richtungen nicht ohne Werth. Zunächst kann 110 H. Henking, er wichtig werden für die Beurtheilung der Verhältnisse im Ei selbst. So ist z. B. in dem Präparate, welchem Fig. 401 entnommen ist, nur das dort gezeichnete Richtungskörperchen vorhanden. Wie ist nun der im Randplasma des Eies liegende Kern (Fig. 401) aufzufassen? Würde ich das Richtungskörperchen für das erste halten, so läge der äußerst merkwürdige Fall vor, dass die Kernsubstanz im Ei vor Bildung der zweiten Richtungsspindel einen regelrechten Kern formire. Da kommt der Bau des Richtungskörperchens zu Hilfe, aus welchem folgt, dass wir es für das zweite zu halten haben. Das erste mag irgendwie ver- deckt sein. Nun folgt, dass der Kern im Randplasma des Eies der Eikern sein muss, von dem wir wissen, dass er z. B. bei Pyrrhocoris vor dem Hinabwandern in das Ei ganz diesen Bau besitzt. — Auch die Deutung des zweiten Richtungszapfens (Fig. 394) ist bei Beachtung der Kernverhältnisse eine sichere, selbst wenn das bereits ausgestoßene erste Richtungskörperchen nicht sichtbar sein sollte. Man fragtnatürlich nach dem Grunde der Verschiedenheit zwischen den Kernen der beiden Richtungskörperchen. Da ist zunächst zu be- denken, dass der Kern des ersten Richtungskörperchen dem Spaltkerne gleichzusetzen ist. Nun wird für den Spaltkern immer betont, dass er ausgezeichnet sei durch die Eigenschaft, den Bau eines ruhenden Kernes nicht anzunehmen, sondern seine Chromosomen direkt in eine Theilungsstellung überzuführen. — Es kann also nicht verwundern, wenn der mit ihm völlig gleichwerthige Kern des ersten Richtungs- körperchens sich eben so verhält. Auch dessen Chromosomen fügen sich nicht zum Bau eines ruhenden Kernes zusammen. Für die weiteren Veränderungen derselben ist natürlich die frühzeitige Trennung vom Eikörper entscheidend. Für das zweite Richtungskörperchen liegen die Verhältnisse anders. Der Kern desselben besitzt in gleicher Weise wie sein Partner, der Eikern, die Neigung, sich früh zu einem Bläschen mit Chromatinnetz umzubilden. Es ist die Bläschenform bereits angenommen, bevor das zweite Richtungskörperchen abgeschnürt ist (Fig. 39%, #00). Die beiden Richtungskörperchen scheinen nicht wieder in das Ei aufgenommen zu werden, wenigstens liegen sie zu einer Zeit, in welcher schon zahlreiche Furchungszellen gebildet sind, noch außerhalb des Randplasmas (Fig. 393 RKI, RkLJ). Was die Samenkerne anbetrifft, so ist ihr Verhalten das Gewöhn- liche. Nur eine auch sonst von mir hervorgehobene Eigenthümlichkeit besitzen sie in hervorragendem Maße, nämlich zu einer gewissen Zeit, wenn sie noch Fadenform haben, absolut nicht tingibel zu sein. Sie FERRUE- BD ae u NE a a nl El a lan nn er « FA IR ze Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 111 sind alsdann nicht aufzufinden, obgleich eine plasmatische Strahlung ihre Anwesenheit verräth (Fig. 398). Ich habe in solchen Fällen das Präparat wiederholt mit den verschiedensten Farbstoffen behandelt, mit Boraxkarmin, Bönmer’schem und Enruicn’'schem Hämatoxylin und Bismarckbraun ohne irgend etwas zu erreichen. Zuweilen dagegen war der Samenfaden schwach erkennbar (Fig. 399, 397 sp,), er konnte gelegentlich auch sich einmal recht intensiv färben (Fig. 406). Anderer- seits trat im Inneren einer plasmatischen Strahlung wohl nur ein heller Schein auf (Fig. 398), während vom Samenfaden selber nichts zusehen war. Vielleicht ist dieser helle Schein als die Andeutung eines Arrhe- _ moid aufzufassen. Im Übrigen ist das Arrhenoid als eine besondere Substanz in der Regel nicht erkennbar, wie auch das Thelyid nur eine geringe Ausbildung aufwies. | Da die von mir untersuchten jüngsten Eier in der Entwicklung schon ziemlich vorgerückt waren, so ist es erklärlich, dass die um die Samenfäden sich bildenden Strahlungen stets bereits tief im Dotter angekommen waren. Nur in einem Falle sah ich, dass noch eine Plasmastraße an das Keimhautblastem hin bestand. Dort, wo diese Plasmastraße an das Keimhautblastem anstieß, befand sich im letzte- ren eine eigenthümliche Einziehung, nicht eine einfache Falte, sondern eine schmale und tiefe Grube, welche mit einer hellen Substanz ange- füllt war. In der Mitte der im Dotter liegenden plasmatischen Strahlungen bilden sich späterhin die copulationsfähigen Samenkerne aus. Es sind das zarte helle Bläschen mit feinsten Chromatinkörnchen, also im Baue auch hier den Eikernen außerordentlich gleichend (Fig. 395). — Ich habe sowohl einen (Fig. 398, 399, 0A sp), als auch zwei Samenkerne (Fig. 397, 395 sp, und sp,) im Ei beobachtet. Dass Abweichungen bei der Copulation ete. vorkommen sollten, ist nicht anzunehmen. Wenigstens ist aus der Beschaffenheit der Furchungskerne (fk) solches nicht zu entnehmen (Fig. 393). Dieselben befinden sich nicht alleauf dem gleichen Entwicklungsstadium (Fig. 393). Auch für sie ist der geringe Reichthum an Chromatinsubstanz charakte- ristisch. Erwähnenswerth ist noch, dass das Keimhautblastem zur Zeit der & Ausbildung der Geschlechtskerne eine Besonderheit aufweist. Es er- strecken sich nämlich plasmatische Verlängerungen in gewissen Ab- E ständen zwischen die oberflächlichen Dotterkügelchen (Fig. 395). Diese 1 plasmatischen Ansammlungen sind auch noch vorhanden, wenn zahl- reiche Furchungszellen im Dotter liegen, nur sind sie dann etwas kom- - pakter geworden (Fig. 393). Ich vermuthete Anfangs, dass bereits 112 H. Henking, Kerne zur Bildung des Blastoderm an den Rand gerückt seien und die plasmatischen Verdickungen erzeugt hätten; doch habe ich keine Kerne in ihnen aufgefunden. 8. Tenebrio molitor. Tafel XI. Die zur vorliegenden Untersuchung benutzten Eier des Mehlwurm- käfers habe ich im Anfange des Monat August 1888 konservirt. — Die mitgetheilten Resultate verdienen aus dem Grunde ein besonderes Interesse, als sich zeigen wird, dass hier das Thelyid ein sehr eigen- thümliches Verhalten zeigt, und zwar sowohl nach Konservirung mit heißem Wasser wie auch nach Anwendung erwärmter Fremmme’scher Flüssigkeit. Die Gestalt der Eier erhellt aus dem Längsschnitt Fig. 380 und den Querschnitten Fig. 389, 392. Die Eier sind weich, indem ihr Chorion (Fig. 380 ch) von großer Zartheit ist. Mit Hilfe eines Sekret- überzuges kleben sie entweder selber an größeren Gegenständen der Umgebung fest oder diese, z. B. Mehl, heftet sich an ihre äußere Ober- fläche an. — Innerhalb des Chorion ist das Ei von einem zarten Oolemm eingeschlossen (Fig. 380 0). Die weiblichen Kerntheile liegen Anfangs im Keimhautblastem etwa um !/, der Eilänge von der vorderen Eispitze entfernt. Die Bildung des ersten Richtungskörperchens erfolgt in der ge- wöhnlichen Weise, indem ein plasmatischer Zapfen mit den äußeren Chromosomen im Inneren sich über die Eioberfläche emporwölbt. Jedoch kommt es nicht zu einer völligen Abschnürung des Zapfens, sondern wie bei Agelastica zieht derselbe sich länger aus und legt sich an die Eioberfläche an (Fig. 384). Nur in seltenen Fällen kommt es zu einer unzweifelhaften Abtrennung des ersten Richtungskörperchens vom Eileibe (Fig. 382). Es wurde das von mir nur dies eine Mal be- obachtet. Zwischen den aus einander weichenden chromatischen Tochter- platten tritt eine deutliche Zellplatte (Kp) schon frühzeitig auf (Fig. 386, 388), auf Schnitten die Form einer geschlängelten dunklen Linie darbietend. Sie ist sowohl vorhanden, wenn die Eier mit Frem- mıne’s Flüssigkeit, als auch, wenn sie mit heißem Wasser konservirt wurden (Fig. 381). Es ist wohl kein Zweifel daran, dass wir in ihr und in der nicht sehr stark ausgebildeten hellen Umgebung derselben (Fig. 381) ein Thelyid (th) zu erkennen haben. Dieses Thelyid nimmt an den älteren Eiern, welche mit Fremmine’s » Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 113 Flüssigkeit konservirt wurden, eine eigenthümliche Beschaffenheit an (Fig. 390 Th). Es wird zu einem ziemlich großen Körperchen, welches eine scharf begrenzte Oberfläche hat. Dann buchtet sich die Ober- fläche und faltet sich hirnartig (Fig. 384 th), so dass dieses Gebilde auch äußerlich eine große Ähnlichkeit mit dem Aussehen mancher »Neben- kerne« bei der Spermatogenese erhält. — Es ist dieses Thelyid in solcher Gestalt zu sehen bis zu der Zeit, in welcher der Eikern gebildet wird (Fig. 382, 383 th). Nachher habe ich keine Spur davon mehr auf- finden können. Es dürfte aufgelöst sein. Dass der erste Richtungskern (RkI) in allen Fällen eine nochmalige Theilung erleidet, ist nicht wahrscheinlich und möchte ich das in Fig. 385 dargestellte Bild nicht für das Gewöhnliche halten, vielmehr glauben, dass hier nur zufällig einige Chromosomen sich von der Haupt- masse (oben) getrennt haben. Dagegen theilt sich ganz regelmäßig der Spaltkern (Fig. 381, 384, 390 Sp). Die Chromosomen weichen aus einander und formiren sich zu kleinen kugeligen Kernen (Fig. 383), dem zweiten Richtungskern (RkIT) und dem Eikerne (Eik). Die Kerne blähen sich auf, indem die Chromatinsubstanz in Form eines Netzwerkes aus einander weicht (Fig. 382). Schließlich aber schwellen sie stärker auf und werden heller als das umgebende Plasma, indem die Chromatinsubstanz in Ge- stalt feiner Pünktchen darin sichtbar ist (Fig. 391 RkII und Eık). Der zweite Richtungskern rückt alsdann an den Rand des Eies unter den ersten Richtungszapfen. Im Laufe der Weiterentwicklung tritt Chromatin in dem Kerne in größerer Menge auf, und zwar in Ge- stalt von unregelmäßigen Schleifen (Fig. 385, 387 RkIT). — Der Rich- tungszapfen ist in gleichem Schritt niedriger geworden und die Chromo- somen des ersten Richtungskernes rücken herab und an den zweiten Richtungskern heran, ohne dass sie jedoch sich zu einem wirklichen Kerne zusammenschlössen (Fig. 387). Die Samenfäden dringen zwischen die Dottersubstanz und ver- anlassen daselbst die bekannten Plasmazüge. Es stehen dieselben nicht in ganzer Länge mit einander in Zusammenhang, sondern man trifft auf den Schnitten mehr vereinzelte, meist etwas strahlige Ansammlungen von Plasma, wie es in Fig. 392 darzustellen versucht wurde. An oder in nicht umfangreicheren Plasmahäufchen liegen die Samenfäden. In dem zu Fig. 392 benutzten Beispiele sind es deren zwei (sp, und ps). In älteren Stadien sind die von den Bewegungen der Samenfäden herrührenden Plasmaansammlungen meist verschwunden bis auf die- jenigen, welche die Samenkerne selber begleiten (Fig. 380 sp). Der - Kern geht, wie gewöhnlich, aus der Fadenform in die Gestalt eines Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Ba. 8 114 H. Henking, ovalen Körperchens über, Dass er sich weiterhin aufbläht und in der schon oftmals beschriebenen Weise mit dem Eikern copulirt, nehme ich auch hier an, wenn ich auch diese Stadien nicht gesehen habe. Die beiden ersten Furchungskerne sind in Fig. 389 abgebildet. Sie sind noch fast farblos und das Chromatin ist in ihrem Inneren nur unter der Gestalt feinster Körnchen in einem Netzwerke sichtbar. Dann gehen die Theilungen in gewohnter Weise vor sich und bald erscheint an der Oberfläche des Eies das Blastoderm. Dieses bietet in seiner Ausbildung keine Besonderheiten, nur ist erwähnenswerth, dass im Dotter eine so große Menge von Zellen zurückbleibt, wie ich es bei keinem anderen Insekt gesehen habe. 9. Adimonia tanaceti L. Tafel X. Die zu den nachfolgenden Untersuchungen herangezogenen Käfer fand ich am 8. September 1889 am hohen Meißner, später bis zum 8. Oktober auch in der Nähe von Göttingen. Die weiblichen Thiere be- saßen zu dieser Zeit einen kolossal geschwellten Hinterleib und schritten auch alsbald zur Ablage, wenn ich ihnen Achillea millefolium vorsetzte. Die Eier werden nicht sorgfältig aufgestellt, sondern zu einem nicht sehr großen Haufen aufgethürmt. Sie schwimmen dabei gewisser- maßen in einer gleichzeitig mit abgesonderten gelblichen stark kle- benden Flüssigkeit. So fließt das Gemisch wie ein zäher Brei aus einander. Ist die Flüssigkeit, welche die Eier bedeckt und verbindet, Anfangs von einer hellen gelblichen Farbe, so beginnt sie nach etwa 45 Minuten dunkler zu werden. Die Dunkelung nimmt zu, wie gleich- zeitig die Masse erhärtet. Schließlich erscheinen die Eier wie in einem schwarzen Lack eingeschlossen. Das Drüsensekret erhärtet in eigenthümlicher Weise, so dass man auf Schnitten dasselbe in Lamellen angeordnet sieht, welche kamm- förmige Seitenzähne tragen. Bei durchfallendem Lichte erscheinen die- selben bräunlich gelb. Die Eier haben eine ellipsoide Gestalt (Fig. 348), sind außer dem Drüsensekrete von einem verhältnismäßig derben Chorion (Fig. 328 ch) und einem zarten Oolemm (o) umhüllt. Sie bieten den gewöhnlichen Bau: außen ein deutliches Keimhautblastem, innen das kuglige Doiter- material von gewöhnlicher Beschaffenheit. Jedoch habe ich an solchen Eiern, welche mit der starken Fremmine’schen Flüssigkeit konservirt waren, die Verbreitung eines plasmatischen Netzwerkes durch die ge- sammte Dottersubstanz hier mit solcher Deutlichkeit gesehen, wie sonst Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IM. 115 nirgend (Fig. 349). Vielleicht sind die Dotterkörner durch die Behand- lung etwas geschrumpft, obgleich sie genaue Kugelgestalt behalten haben; oft haben sie mehrere runde Vacuolen im Inneren. Jedenfalls liegen sie verhältnismäßig locker und lassen daher zwischen sich die zarten plasmatischen Maschenwände wahrnehmen. Die Maschen sind eckig und von ganz verschiedener Größe (Fig. 349). An den Plasma- fäden lassen sich diekere und dünnere Stellen unterscheiden. Ich spreche von Fäden, weil ich nicht den Eindruck bekommen habe, als ob wir es hier mit Lamellen zu thun hätten. Die Plasmafäden verbinden sich einerseits mit dem Keimhaut- blastem, andererseits mit größeren Plasmaanhäufungen im Inneren des Dotters. Eine solche von einem eingedrungenen Samenfaden her- rührende Plasmaansammlung ist bei x (Fig. 349) im Schnitt getroffen. Man kann sich aus diesem Bilde recht wohl vorstellen, wie das durch den Reiz des Samenfadens neu gebildete Plasma nach der Stelle des Reizes hinströmen kann. Die erste Richtungsspindel liegt etwa in der Mitte der Eilänge in einer etwas verdickten Stelle des Keimhautblastems (Fig. 348). Sie hat eine recht ähnliche Form wie diejenige von Agelastica alni, d.h. die Chromosomen sind polwärts zusammengerückt und die helle Thei- lungsfigur ist in der Äquatorialgegend verbreitert und dort von einer deutlichen Zellplatte durchsetzt (Fig. 348). Lag die geschilderte Figur Anfangs unterhalb des Niveaus der Ei- oberfläche, so treibt sie dieselbe doch bald in der bekannten Weise auf. Gleichzeitig kommt es in der Umgebung zu einer geringen Einsenkung (Fig. 350). Schließlich liegt die äußere Reihe der Tochterchromosomen an der Spitze eines ziemlich weit vorgeschobenen Plasmazapfens (Fig. 353). In der Fig. 353, welche mit Fremmine’s Flüssigkeit konservirt wurde, bemerkt man in der Mitte des Zapfens eine dichtere Zone. Ob das nur geschrumpftes Plasma ist, oder ob es auf Rechnung der Ver- bindungssubstanz gesetzt werden muss (also ein Thelyid repräsentirt), vermag ich nicht sicher zu sagen, obgleich ich Letzteres vermuthe. Be- merkenswerth ist noch an Fig. 353 der gewissermaßen wollige Überzug des Richtungszapfens. Setzt sich dieser Pseudopodienbelag auch noch eine Strecke weit auf das Ei fort, so habe ich doch auf der übri- gen Oberfläche desselben keine deutlichen Pseudopodien beobachten können. Die Chromosomen des Spaltkernes sind tiefer in das Ei gerückt und haben bereits wieder die Theilstellung zur Bildung des zweiten Richtungskörperchens inne. Die einzelnen Stufen in der Ausbildung desselben habe ich nicht verfolgt, da das Aussehen der von mir 8*+ 116 H. Henking, beobachteten späteren Stadien so sehr mit dem von mir schon öfter geschilderten Verhalten übereinstimmt, dass keine Abba Br von der Regel vorkommen dürften. Das zweite Richtungskörperchen liegt zu der Zeit, wenn die ‚Ge-- schlechtskerne copuliren, als ein wohl umgrenztes Kernhläschen unter- halb des ersten Richtungszapfens. Dann theilt sich die: Kernsubstanz des letzteren in zwei Portionen, die untere formirt sich ebenfalls zu einem Kernbläschen (74) und rückt hinab zu dem zweiten Richtungs- kerne (r%,), an welchen es sich dicht anlegt (Fig. 351). : Die obere Por- tion der Chromosomen verbleibt einstweilen in der Spitze des ersten Richtungszapfens (Fig. 351 r%,). Die Samenfäden dringen etwas seitlich von dem oberen Eipole - zwischen die Dottersubstanz, indem eine Plasmastraße ihren Weg kenntlich macht (Fig. 348 sp). Anfangs haben sie noch die Fadengestalt, dann aber, wenn sie sich tiefer zwischen die Dotterkörner begeben, beginnt ihr Kopftheil sich in der schon öfter geschilderten Weise zu verkürzen (Fig. 354). Auch hier ist es mir geglückt, 'zu beobachten, dass noch ein längeres Stück des Schwanzfadens an dem tief einge- drungenen Samenfaden erhalten war (Fig. 354). — Das Ganze ist von einem ansehnlichen Plasmahofe umgeben, eine Strahlung habe ich jedoch andeutungsweise an der Grenze von Kopf und Schwanz be- ginnen sehen. Auch hier habe ich öfter in der Dottersubsianz zwei eingedrungene Samenfäden beobachtet (Fig. 350 sp, und sp3). Die Geschlechtskerne sind einander auf gewissen Stadien der Copulation außerordentlich ähnlich. Sie haben gleiche Größe und platten sich an der Berührungsstelle an einander ab (Fig. 352). Das Chromatin ist in unregelmäßigen Bröckchen in ihnen vertheilt. Äußerst auffällig ist aber die Plasmastrahlung, welche von zwei gegenüber- liegender Stellen ihrer Berührungsebene ausgeht. Die Strahlen sind nicht sehr zahlreich, sie bestehen aus feinkörnigen in ganzer Ausdehnung etwa gleich dieken Plasmastreifen und haben eine ganz erstaunliche Länge. Dort wo sie alle jederseits zusammentreffen, findet sich nur eine geringe Plasmaanhäufung. Deutliche Centrosomen habe ich jedoch trotz Konservirung mit FrLemmine’s Flüssigkeit nicht bemerken können. Durch Theilung bilden sich aus ihnen die Furchungskerne in ge- wohnter Weise. Was die Zahl der Chromosomen anbetrifft, so habe ich dieselbe an meinem Materiale nieht genau feststellen können. Nur so viel kann ich sagen, dass dieselbe nicht gering ist und dass bei Bildung des ersten Richtungskörperchens mindestens 42 Chromosomen vorhanden sind. “ Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL. 4117 10. Crioceris asparagi L. Tafel X. Die von mir untersuchten Eier sind in der Zeit vom 21.—23. Mai 1890. abgelegt: worden. Das Weibchen stellt dieselben senkrecht an die Spargelblätter, aber auch an Blüthenknospen und Blüthen- stiele vereinzelt auf. Es hält sich daselbst fest und zwar stets derart, dass der. Hinterleib nach außen, der Spitze des Zweiges zugewandt ist. Dann: macht. das Thier mit seiner kurzen vorstreckbaren Legeröhre wippende Bewegungen. Nach und nach bekommt das Ende derselben ein gelbliches Ansehen, dann tupft das Thier damit gegen den Zweig und heftet das durch die wippenden Bewegungen herabbeförderte Ei mit der Spitze an den Zweig. Durch ein Drüsensekret klebt das Ei fest, das Weibchen zieht nun langsam den Hinterleib fort und das auch völlig von dem klebrigen Überzuge eingehüllte Ei sitzt an der Unterlage. Nun rückt das Thier einen Schritt abwärts vor, gewöhnlich etwa eine halbe Eilänge und bereitet eine neue Ablage vor. In drei beobach- teten Fällen verstrichen zwischen: der Ablage zweier Eier 2—2'/, Mi- nuten, in welcher Zeit das Weibchen 22 mal mit der Legeröhre vor und zurück gewippt hatte. Auch hin- und herdrehende Bewegungen werden mit der ausgestreckten Legeröhre ausgeführt. Das Weibchen legt in einer Sitzung meist nur drei oder vier Eier, höchstens deren sieben, ab, dann läuft es fort. Das Ei erhält durch das Drüsensekret meist einen besonderen Fuß, mit dem es an dem Substrat festsitzt (Fig. 424 df). Von da erstreckt sich das Sekret in ziemlich gleichmäßiger Dicke über das Ei und ist nur an dem freien Mikropylenpole etwas dicker (Fig. 424 m). Während es Anfangs gelblich war, wie das Ei, dunkelt es beim Eintrocknen be- trächtlich und bekommt dabei Vacuolen. Das Chorion ist sehr zart und unter dem Drüsensekrete nur mit starker Vergrößerung zu sehen. Auch das Oolemm ist sehr dünn (Fig. 42% o). Merkwürdig ist die Ausbildung der Mikropylen. Während die- selben für gewöhnlich an den Eiern der Käfer außerordentlich undeut- lich sind oder wohl ganz fehlen, sind sie hier verhältnismäßig groß. Ich habe dieselben in Fig. 426 von der Innenseite des Eies her abge- bildet. Man bemerkt fünf chitinartige Zapfen, welche mit dickerer Basis an der Eischale entspringen und dann in einen dünneren Fortsatz übergehen. Fig. 427 zeigt einige Mikropylen im Schnitt, bei sp scheint in einer derselben ein Stück von einem Samenfaden zu stecken. Die - Mikropylen durchsetzen natürlich nur das Chorion, die Hauptmasse der 118 H. Henking, Hülle bildet das erhärtete Drüsensekret (dr), welches gerade über den Mikropylen einige größere Vacuolen (v) enthält. Die Richtungsspindeln bilden sich fast. in der Mitte der Eilänge (Fig. 424 rm). Die erste Richtungsspindel liegt in einer etwas verdick- ten Stelle des Keimhautblastems,, von dem aus sich ein deutlich wahr- nehmbares Plasmanetz zwischen die kugligen Dotterkörner erstreckt. Mit dem ersten Richtungskörperchen werden acht Chromosomen abge- worfen, während acht hantelförmige Chromosomen im Ei verbleiben (Fig. 328). Das erste Richtungskörperchen besteht aus einem sich schwächer färbenden Plasma, doch kommt es auch hier nicht zu einer völligen Abtrennung desselben. Wenigstens habe ich später gesehen, dass die Richtungskerne wieder in dem Randplasma des Eies liegen (Fig. 425 rm). Der erste Richtungskern dürfte sich auch hier theilen, wenigstens fasse ich den Kern links (Fig. 425), welcher zwei Reihen von Chromosomen enthält, für ein Copulationsprodukt zwischen dem zweiten Richtungskerne und einem Abkömmling des ersten Richtungs- kernes auf, während der Kern rechts (Fig. 425) den anderen Abkömm- ling des ersten Richtungskernes darstellt. Später verschmelzen wohl alle drei Richtungskerne zu einer gemeinsamen Masse (Fig. 424 rm). Die Samenfäden dringen seitlich von der Spitze zwischen die Dottermassen. | Die ersten Furchungszellen stellen sich etwa in der Höhe der Rich- tungskerne ein und verbreiten sich von hier (Fig. 424). Charakteristisch ist es, dass dieselben durchaus nicht alle auf dem gleichen Theilungs- stadium sich befinden , sondern dass man alle Stadien neben einander zu Gesicht bekommen kann. Auffallend sind die großen Attraktions- sphären z.Z. der Metakinese. Es sind runde Körperchen mit feinen Körnchen im Inneren, welche in der Mitte der plasmatischen Strahlen- figur an jedem Pole liegen und zwischen sich die Reihe der Chromo- somen haben (Fig. 424). 11. Lina aenea L. Tafel XII. Die Thiere wurden von mir Ende Mai 1890 zusammen mit Age- lastica alni auf Erlen gefangen und legten alsbald ihre Eier ab, ohne dass die Weibchen durch einen besonders stark geschwellten Hinterleib irgend wie das vorher angedeutet hätten. Darin unterscheiden sie sich also von Agelastica. Die Eier haben die Form wie bei letzterem Thiere, also ellipsoidisch, sind jedoch nicht unerheblich größer, etwa 1!/, mm lang und vielleicht halb so breit an der breitesten Stelle. Dieselben en ee N De Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 119 werden nicht gleichmäßig auf dem Blatte aufgestellt, sondern mehr in Form eines Haufens neben, aber auch über einander und lagen vielfach auf der Seite. Der Bau des Eies ist wie gewöhnlich. Außen ein zartes Chorion, welches von einem stark vacuolisirten hellen Drüsensekret umhüllt wird, nach innen eine sehr dünne Dotterhaut bilden die Umhüllung desselben. Das Keimhautblastem und die Dotterkügelchen haben etwa die Beschaffenheit wie bei Agelastica; jedoch ist hervorzuheben, dass auch hier am hinteren Eipole, ähnlich wie bei Lasius niger, sich inner- halb vom Keimhautblastem, und davon getrennt eine eigenthümliche Plasmazone befindet, welche aber an ihren Enden in das Keimhaut- blastem übergeht. | Der Kern des Eies hat seinen ursprünglichen Sitz unweit der Mitte an der Längsseite, wenigstens schließe ich das aus dem Umstande, dass ich in älteren Eiern die Richtungskernmasse, welche aus einem Häuf- chen hantelförmiger Chromosomen bestand, dort aufgefunden habe. Auch habe ich gesehen, dass die Samenfäden mit ihrer Strahlung bis zu diesem Punkte vordringen. Bemerkenswerth ist noch, dass die ersten Furchungszellen in der Theilung sich durch außerordentlich deutliche Attraktionssphären (ohne erkennbare CGentrosomen) mit starker Plasmastrahlung auszeichnen (Fig. 430). Während die Kernmembran noch erhalten ist, sitzen der- selben zwei etwas zugespitzte gegenüberliegende Punkte der Kern- membran dicht an (Fig. 430). Ich erwähne dieses Stadium besonders aus dem Grunde, weil trotz des Vorhandenseins der Kernmembran und obgleich keine Spindelfäden vorhanden sind, die GChromosomen»sich innerhalb des fast homogenen Kernes zu einer Äquatorialplatte ange- ordnet haben (Fig. 430). Es weist das darauf hin, dass unter dem Ein- fluss der Chromosomen der Kern selber wohl die Fähigkeit besitzen müsse, die Chromosomen in richtiger Weise aufzustellen. Später ist die Membran verschwunden und an die Chromosomen setzen sich Spin- delfäden an von ähnlicher Beschaffenheit wie diejenigen, welche ringsum von den Attraktionssphären ausstrahlen. 12. Gastroides polygoni L. Tafel XI. Am 22. August 1891 wurde von mir ein Weibchen dieser Käferart in der Nähe Göttingens gefangen, welches ein ganz mächtig aufgetrie- benes Abdomen besaß. Ich setzte das Thier auf Polygonum aviculare, von deren Blättern es sofort fral und alsbald auch mit dem Ablegen der N >. 120 H. Henking,, Eier begann. Das Thier produeirte alle 2—3 Minuten ein Ei und legte dieselben auf die Unterseite der Blätter und zwar auf die Seite. - Sie | klebten durch das Drüsensekret an die Blattfläche an. | | Wenn das Thier ein Ei gelegt hatte, so bewegte es das Abdomen etwas hin und her, als wolle es die Eier in die Tuben schütteln. Dann streckte sich das kurz legeröhrenartig zugespitzte Hintertheil vorund das Ei erschien. Merkwürdig ist es, dass das Thier etwas zauderte, sobald das Ei mit der Spitze erschienen war, als sollte den Samenfäden Zeit gelassen werden, einzudringen. Dann aber zog sich die Legeröhre rasch über das Ei fort. Im ersten Satze legte das Thier 14 Eier auf ein Blatt, welche etwa }/; der Blattunterseite bedeckten. Es ist das von Interesse in Bezug auf das Quantum von Nahrung, welches den ausschlüpfenden Larven sofort dargeboten ist. Auf einem zweiten Blatt wurden 24 Eier niedergelegt, einige derselben lagen über einander. Diese beiden am 24. August ab- gelegten Eihaufen schlüpften beide aus am 31. August, also nach sieben Tagen. Am 3. September legte das Thier , welches inzwischen auf trocken gewordenen Pflanzen gesessen hatte, nach Empfang frischer Nahrung auf ein Blatt abermals 93 Eier ab. Diese wurden zur Unter- suchung benutzt, indem sie um 1 Uhr konservirt wurden, nachdem die Ablage die Zeit von 141/, bis 121/, Uhr in Anspruch genommen hatte. Die Eier sind etwas über I mm lang und halb so breit, dabei in der Mitte am dicksten, also ellipsoidisch. Sie sind gelb und durchschei- nend. "Ihr von dem Drüsensekret überzogenes Chorion ist sehr zart, wäh- rend die Dotterhaut hier deutlicher ist und fast die Dicke des Chorions erreicht. Das Keimhautblastem ist verhältnismäßig stark ausgebildet und am Hinterende des Eies findet sich ebenfalls eine eigenthümliche Plasmalamelle innerhalb desselben, ähnlich wie bei Lasius und Lina aenea. — Der Dotter hat dieselbe Beschaffenheit wie bei Agelastica. Die kleinsten Kügelchen liegen peripher. Der Kern liegt etwa in der Mitte der Längsseite. Ich fand daselbst einmal ein Häufchen unregelmäßiger Chromosomen in einer hellen Vacuole, wohl ein pathologischer Fall. Im Übrigen habe ich noch die Bildung des ersten Richtungskörperchens gesehen. Sie erfolgt, wie ge- wöhnlich, indem ein Plasmazapfen sich über die Oberfläche vorschiebt, welcher an der Spitze die zu eliminirenden Chromosomen trägt (Fig. 365 RkJ). Bemerkenswerth ist die deutliche Ausbildung eines Thelyid. Es ist das eine helle Vacuole, welche eine dunklere krüm- lige Masse, wohl die Reste der Zellplatte und Verbindungsfäden ‚ent- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 121 hält (Fig. 365 th). Nach innen davon liegt der Spaltkern (Sp). Diese Theile sind von einer beträchtlichen Plasmaansammlung umgeben. Ich will nicht versäumen, hervorzuheben, dass ich in den vier von mir geschnittenen Eiern keine Samenfäden gesehen habe. Litteratur über Coleoptera. Heiper (31) giebt an, dass an den großen Eiern von Erik piceus eine Mikropyle in Gestalt einer trichterförmigen Einsenkung in der Mitte des vorderen Poles vorhanden sei. »Die« Riehtungsspindel wird bereits vor der Ablage des Eies so weit vollendet, dass die beiden Tochterkernplatten von einander ge- trennt sind. Heıper betont, dass er öfter »aufs deutlichste eine zwi- schen beiden Tochterplatten der chromatischen Figur sich ausdehnende Mittelplatte der achromatischen Figur « erkannte. Nach !/,—'/, Stunde ist »das« Richtungskörperchen nach außen befördert und liegt frei in einer Grube des Randplasmas. Da Hzıwer nur diesen einen Richtungskörper auffand, hielt er ihn für die vereinigte Masse der zwei zur Abscheidung kommenden Rich- tungskörperchen. In der Nähe desselben, in einer Plasmainsel am Rande des Eies, erwähnt nun Hrıper einen großen, bläschenförmigen Kern, den er für den Q Pronucleus hält. Er vermuthet, dass die Befruch- tung durch den von ihm nicht gesehenen g' Vorkern hier am Rande statt- finde und dass erst »der aus dieser Vereinigung hervorgegangene erste Furchungskern« (?) die Wanderung ins Innere des Dotters antrete. Nach meinen Erfahrungen halte ich die oben erwähnte Richtungs- spindel für die erste und »das« Richtungskörperchen ebenfalls für das erste. Was Heıper für den Eikern ansieht, betrachte ich als zweites Richtungskörperehen. Wenn Hrıper den J' Vorkern nicht gesehen hat, so ist die Gefahr nicht gesehen zu werden, für den © Vorkern noch er- heblich viel größer; denn ersterer dürfte auch bier kaum völlig einer Strahlung entbehren. Ich nehme also an, dass auch hier, wie bei allen von mir beobachteten Insekteneiern, g' und © Vorkern im Inneren der Dottersubstanz vorhanden sein werden, woselbst sie aufzufinden aller- dings bei den großen Eiern von Hydrophilus nicht ganz leicht sein dürfte. — Besonders betonen möchte ich noch, dass das zweite Rich- tungskörperchen (nach meiner Auffassung) von Hrıner als ein äußerst schwach gefärbtes Bläschen mit nur einem Pünktchen im Inneren ge- zeichnet ist (l.c. Taf. IV, Fig. 33), auch erwähnt derselbe von den Blasto- dermkernen, dass diese »zunächst als ganz homogene Bläschen « erschei- nen. »In späteren Stadien dagegen tritt das Kerngerüst deutlicher hervor« (p. 47). 122 H. Henking, Wurster (74) hat den Aufbau der ersten Richtungsspindel von Doryphora decemlineata (p. 316 ff.) beschrieben. Auf die unwahr- scheinlichen Angaben in Bezug auf die Veränderung des Kernes im noch nicht ganz reifen Ei, dass nämlich acht Chromosomen in den Dotter gehen und verschwinden, während der Rest sich zur Spindel umformt, gehe ich nicht näher ein. Interessant ist jedoch seine Fig. 59 und die Angabe, dass das Chromatin in perlschnurartiger Anordnung die Äquatorialplatte der ersten Richtungsspindel aufbaut. Aus Fig. 59 geht hervor, dass thatsächlich drei Chromatinkörnchen in der Achse der Figur hinter einander liegen. Füge ich hinzu, dass aus der späteren Fig. 60 hervorgeht, dass außerordentlich deutliche Verbindungsfäden vorhanden sind, nachdem die Tochterplatten aus einander gerückt sind, Verbindungsfäden, welche in der Mitte deutlich verdickt sind (being noticeably thickened), so ist es wahrscheinlich, dass die mittleren Chromatinkörnchen der Fig. 59 nichts Anderes sind, als die noch komprimirten Verbindungsfäden. Eine ähnliche Bildung habe ich bei Agelastica alni vermuthet und in Fig. 124, 125, 132 (Taf. V) abgebildet. Bei Pieris brassicae habe ich es als ganz sicher festgestellt (36). IV. Hymenoptera. 13. und 14. Die ersten Entwicklungsvorgänge in den befruch- teten und unbefruchteten Eiern von Lasius niger L. Mit Tafel VIN—X. I. Befruchtete Eier. Eine Anzahl weiblicher Lasius niger wurden von mir nach ihrer Rückkehr vom Hochzeitsfluge eingefangen und legten nach und nach eine größere Zahl von Eiern ab. Da die Thiere bei dem Legeakte kaum beobachtet werden können, so kann ich über das Alter der einzelnen Stadien keine genaueren Angaben machen. Die Eier, welche ich erhielt, waren von ungleicher Größe. Ich fand kleinere ovale neben größeren nierenförmigen. Einen Unterschied in der Entwicklungsfähigkeit und Entwicklungsart zwischen diesen beiden Formen habe ich jedoch nicht bemerken können. Die Eier weichen von dem gewöhnlichen Schema nicht ab: Ein ziemlich gut entwickeltes Keimhautblastem schließt die Dottermassen ein. Das Oolemm ist zart und auch das Chorion recht dünn. Letzteres trägt nur am oberen Pole eine geringe langsam ansteigende Verdiekung und in ihr befinden sich die Mikropylen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 123 1. Bildung der Richtungskerne. Die erste Richtungsspindel tritt uns bei Lasius an den abgelegten Eiern in jener Gestalt entgegen, welche auch bei den übrigen Insekten von besonders langer Dauer war. Es sind nämlich die Chromosomen bereits zu den Tochterplatten aus einander gewichen (Fig. 254). Die Chromosomen erscheinen stäbchenförmig oder kugelig. Zwischen den Tochterplatten ist eine zarte Streifung als Andeutung der Verbindungs- fäden zu betrachten und in der Mitte der Figur macht sich eine Zell- platte in Gestalt einer gestreiften verhältnismäßig hohen und etwas abweichend gefärbten Lamelle bemerklich. Diese Lamelle besteht aus neben einander gestellten Stäbchen, welche in jüngeren Spindeln verhältnismäßig sehr lang sind (Fig. 281). Zu zählen sind dieselben nicht, jedoch habe ich den Eindruck, dass ihre Anzahl erheblich größer ist als diejenige der Chromosomen. An gut ge- färbten Präparaten sieht man, dass einige der Stäbchen stärker gefärbt sind als die übrigen. Sie erstrecken sich seitlich oft erheblich über die . Reihen der Chromosomen hinaus. — Zwischen ihnen und den Chromo- somen habe ich gelegentlich noch getrennte Körnchen bemerkt, wie es in Fig. 281 gezeichnet ist. In älteren Spindeln sind die Stäbchen der Kernplatte beträchtlich zusammengeschrumpft (Fig. 282), so dass die von ihnen gebildete Zellplatte zwar wohl noch die gleiche seitliche Ausdehnung besitzt, aber längst nicht mehr dieselbe Höhe wie früher. Die meisten Chromosomen in den Tochterplatten der Fig. 282 sind hantelförmig gestaltet. In der äußeren Tochterplatte habe ich deren zehn gezählt, wie denn überhaupt die Zahl zehn von mir öfter in den Äquatorialplatten der Richtungskerne festgestellt wurde. Die Abschnürung des ersten Richtungskernes und des Spaltkernes erfolgt in ähnlicher Weise, wie ich es bereits bei Pyrrhocoris geschildert habe. Es setzt die Furche, welche die beiden Kerne von der Spindel abtrennt, zwischen der Zellplatte einerseits und den beiden chroma- tischen Tochterplatten andererseits hindurch. Das Resultat dieses Vorganges ist in Fig. 283 abgebildet. Jederseits ist ein verhältnismäßig großer Kern zur Abschnürung gelangt, während zwischen denselben die Zellplatte mit einer Umgebung der hellen Spindelsubstanz übrig geblieben ist. Letzteres repräsentirt das Thelyid. Dieses Thelyid bleibt in der Nähe des ersten Richtungskernes liegen, während der Spaltkern ein wenig tiefer in das Ei hineinrückt (Fig. 256 sk). Jetzt erfolgt eine Theilung sowohl des ersten Richtungskernes als auch des Spaltkernes (Fig. 284) und zwar geschieht die Theilung etwa gleichzeitig. Ich fasse diese Theilungen als Äquationstheilungen auf, 124 | H. Henking, da ich in günstigen Fällen habe beobachten können, dass in den Tochter- kernen keine Verminderung der Chromosomenzahl stattgefunden hat. Die beiden Mutterkerne, d.h. erster Richtungskern und Spaltkern, resp. deren Abkömmlinge, sind auch jetzt noch durch das meist sehr deutliche erste Thelyid (Fig. 284 Th) von einander geschieden. Die Theilung der Kerne geschieht, indem sie sich etwas in die Länge strecken und zuspitzen (Fig. 256); dann schnüren sich die Chro- mosomen durch, indem zwischen je zweien derselben ein gefärbter Verbindungsfaden auftritt, welcher zuweilen noch deutlich sichtbar. ist, wenn die Tochterplatten schon weit aus einander gerückt sind (Fig. 284, 257). In dem hier abgebildeten Beispiele habe ich sogar beobachtet, dass ein Verbindungsfaden von dem unteren Abkömmlinge des ersten Richtungskernes hinüberzog nach einem CGhromosom des zweiten Richtungskernes. Es passirte also dieser Verbindungsfaden die Region des hier schwach sichtbaren ersten Thelyid, zu dessen Bezirk er natürlich zu rechnen ist. FL: Es rücken nun die Tochterchromosomen beidegseits aus einander: die Chromosomen, welche den Eikern formiren werden, wandern in der Richtung nach dem Eiinneren zu, diejenigen des zweiten Richtungs- kernes streben nach außen. Ihnen kommen aber von oben her entgegen die Chromosomen, welche den unteren Abkömmling des ersten Rich- tungskernes bilden sollen, während dessen oberer Abkömmling nach dem Rande zu wandert. Man kann diese vier Gruppen von Ghromo- somen an der (auffallend schräg liegenden) A in Fig. 258 deutlich erkennen. Es sind auf dem nun folgenden Stadium mit besonderer Deutlich- keit in den Präparaten zu sehen die Chromosomen des unteren Abkömm- lings vom ersten Richtungskern und die Chromosomen des zweiten Richtungskernes. Dieselben wanderten ja bei der Theilung ihrer Mutterkerne auf einander zu und liegen nun auch thatsächlich nahe bei einander (Fig. 286 und Fig. 301 RkI [2] und RkI]). Sie werden nur noch getrennt durch das erste Thelyid, welches ja bereits vorher den Bezirk des ersten Richtungskernes nach unten abgrenzte (Fig. 283 Th). Die beiden Kerne schmiegen sich dem ersten Thelyid sehr eng an (Fig. 286, 301), und jedenfalls enger als vorher (Fig. 283, 284). Die Chromosomen dieser beiden Kerne bleiben getrennt von ein- ander. Sie sind von einem hellen Hofe umgeben, welcher jedoch nieht durch eine scharfe Begrenzung von dem Plasma getrennt ist, sondern unmerklich darin übergeht (Fig. 286). — Anders verhalten sich in Bezug auf den ersten Punkt der äußere Kern des ersten Richtungskörperchens und der Eikern; also die beiden Endkerne des Richtungskernsystems. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. III. 125 In ihnen ballen sich nämlich die Chromosomen sehr rasch nach der Kerntheilung eng an einander (Fig. 286, 259, 260). Anfangs kann man an diesen Haufen die ursprüngliche Zusammensetzung aus den einzelnen Chromosomen noch an der warzenförmigen Oberfläche errathen. In dieser Gestalt trennt sich der Eikern (Eik), umgeben von einer verhält- nismäßig großen Plasmamasse (Fig. 261), von der für die Richtungskerne und den Eikern bisher gemeinsamen Verlängerung des Randplasmas ab und wandert in die Tiefe des Eies. Von der Ausbildung eines zweiten Thelyid habe ich nichts bemerkt. Wenn der Eikern sick eine Strecke von der plasmatischen Rand- verlängerung entfernt hat, verstreichen die Vorragungen, welche die Chromosomen bisher an der Oberfläche bildeten und der Kern nimmt eine ovale Gestalt an mit glattem Kontour (Fig. 288). Der Kern wird gleichzeitig nieht unerheblich heller, indem nur die äußere Hülle und einige Körnchen und Züge im Inneren die alte intensive Färbung beibe- halten. Dann bemerkt man wie der Kern größer wird (Fig. 289), und schließlich sein Volum durch Substanzaufnahme um ein Vielfaches vermehrt (Fig. 2914). Im Allgemeinen behält er dabei das Aussehen, welches er gleich nach seiner Formirung (Fig. 288) zeigte, jedoch ist auch die färbbare Substanz in seinem Inneren etwas voluminöser ge- worden. Wenn der Eikern zur Copulation schreitet, vertheilt sich die eben erwähnte färbbare Substanz gleichmäßiger und der Kern nimmt noch etwas an Volumen zu. Dann rückt er tiefer in das Ei und begiebt sich auf den Spermakern zu, welcher, wie gewöhnlich, von einer plasma- tischen Strahlung umgeben ist. Auch in diesem Falle dürfte der Eikern, wenn überhaupt, so nur ein ganz geringes Quantum von Plasma zur Copulation mitbringen (Fig. 291, 262), wenn er auch Anfangs von einer größeren Menge umgeben war (Fig. 261). 2. Die Samenfäden im Ei. Die Samenfäden dringen auch bei Lasius zu mehreren in das Rand- plasma ein und zwar in der Nähe des Eikernes resp. der ersten Rich- - tungsspindel noch in der etwas verbreiterten Spitze des Eies. Der Kopftheil derselben hat die bekannte Nadelform und ist deutlich ge- färbt. An seinem hinteren Ende ist öfter ein kurzes Ende des Schwanz- - fadens in Gestalt einer zarten blassen Linie mit guten Linsen und bei günstiger Beleuchtung zu sehen (Fig. 254, 294, 295, 315). De Die Mikröpylen sind sehr eigenthümlich gebaut und sehr abwei- chend von dem bei anderen Insekten Bekannten. Es ist nämlich das : Chorion an der Spitze des Eies etwas verdiekt. Diese verdickte Stelle 126 H. Henking, ist an der Oberfläche etwas rauh und wie grubig (Fig. 278 u. 279) und außerdem bemerkt man zarte Höhlungen von verschiedenem Kaliber im Inneren dieser verdickten Stelle. An ihrer Oberfläche bekommt man oft Samenfäden zu Gesicht, deren Kopftheil stark gefärbt ist und dadurch von einem gelegentlich mit erhaltenen zarten Schwanzfaden leicht unterschieden wird. Dass die Samenfäden thatsächlich an dieser Stelle in das Ei ein- dringen, darauf deutet schon der Umstand hin, dass ich sie an der Oberfläche von konservirten Eiern stets nur hier gefunden habe. Ich bilde in Fig. 278 und 279 zwei Präparate ab, aus welchen hervorgeht, dass die Samenfäden in die Substanz des Chorions eindringen. Der Samenfaden Sp, war als scharf gefärbter Faden durch zwei Schnitte deutlich im Inneren des hellen Chorion zu verfolgen, auf einem dritten Schnitte war ein Stück seines helleren Schwanzfadens zu sehen, wel- ches über die äußere Oberfläche des Eies emporragte. Die in Fig. 278 und 279 gegebenen Abbildungen erläutern das ge- wöhnliche Aussehen der Mikropylen. Klarer ist das Bild, wenn man im Schnitte die das Chorion durchsetzenden Kanäle der Länge nach ge- troffen hat, wie in Fig. 280. Feine Kanäle durchdringen die Schale in geneigter Richtung, in einem derselben steckt noch ein Stück Samen- faden. Nur einmal habe ich an einem Ei eine tiefe grubenförmige Ein- senkung gefunden, welche möglicherweise das Chorion direkt durch- setzte. Spermatozoen sah ich neben dieser Öffnung nicht. So gelingt es den Samenfäden die Innenseite des Chorions zu gewinnen und weiterhin auch das Oolemm zu durchbrechen und dann in das Eiplasma einzudringen. Man findet demnach die Samenfäden, und ich habe in Fig. 261 diese Verhältnisse abgebildet, 4) außerhalb des Chorions (r}), 2) zwischen Chorion und Oolemm (73), 3) zwischen Oolemm und der Eisubstanz (r;), 4) im Randplasma des Eies (r,), 5) eingesenkt zwischen die Dottermassen des Eies (r;). Die Spermatozoen haben Fadengestalt an den vier ersten Orten. Gewöhnlich ist vom Schwanzfaden nur ein kleines und schwer sicht- bares Stück erhalten. Der Kopftheil ist nadelförmig und nach dem Schwanzfaden zu etwas verbreitert (Fig. 294). Der Samenfaden gleitet wohl stets erst eine Strecke flächenhaft im Randplasma hin, bevor er sich in die Tiefe des Dotters einsenkt. Es wird hierbei eine andere Kraft wirksam als diejenige war, welche ihn in das Ei hineintrieb. Denn wir sehen auch hier, dass der Samenfaden mit dem etwas dickeren Hinterende des Kopfes voran sich zwischen die Dotterkörner begiebt Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 127 (Fig. 292). — Allerdings bekommt man wohl auch Bilder (Fig. 293), in welchen es den Anschein hat, als wenn das Spermatozoon mit der Spitze des Kopfes voran sich zwischen die Dotterkörner begeben wolle. Aber daraus ist noch nicht der Schluss herzuleiten, dass nun auch die treibende Kraft an der Spitze des Kopfes gesucht werden müsse. Übrigens war in dem abgebildeten Beispiele Fig. 293 das Ei nach der Beschaffenheit der Richtungskerne zu urtheilen schon ziemlich lange Zeit abgelegt. Es war also dem Samenfaden thatsächlich nicht gelungen auf diese Weise, mit dem Kopfe voran, in die Tiefe des Eies sich zu begeben. Anfangs hat es den Anschein, als wenn der Samenfaden fast ohne plasmatische Einhüllung zwischen die Dotterkörner wandern wollte (Fig. 292, 293); aber er muss doch nun recht bald einen Reiz auf das Plasma ausüben, denn wenn er noch nicht weit unter das Niveau des Keimhautblastems herabgesunken ist, sammelt sich um ihn eine be- trächtliche Menge von Plasma, welche kaum geringer ist an Volumen als diejenige, in welcher die Richtungsspindeln liegen (Fig. 255 sp). Der Kopf hat inzwischen wohl durch Aufquellung ein etwas größe- res Volumen angenommen (vgl. Fig. 294, 292 mit Fig. 313) und ist dabei oft eigenthümlich gekrümmt. Dann beginnt er sich in derselben Weise zu verkürzen, wie ich es schon so oft beschrieben habe. Bemerkens- werth scheint mir zu sein, dass der Samenfaden im Stadium der Auf- quellung und des Beginnes der Verkürzung sich nur sehr schlecht und schwach (z. B. mit Hämatoxylin, Bismarckbraun) färbt. Es deutet das doch auf irgend welche inneren Vorgänge hin. Die Verkürzung erfolgt, indem die Substanz des Kopftheiles nach der Basis hin zusammenströmt (Fig. 304). So geht der Kern alsbald zu der Gestalt eines Ovals über, um bei fortgesetzter Verkürzung sich immer mehr der Kugelform zu nähern. Ich habe, ähnlich wie bei Pieris (36, Taf. XXVI, Fig. 64) an der Kernkugel dieses Stadiums wohl auch zwei chromatische Fortsätze gesehen, welche eine helle Substanz zwi - schen sich hielten (Fig. 307). Das Arrhenoid kommt an diesen Samenfäden nicht zu starker Aus- bildung und ist überhaupt nur wahrzunehmen, wenn das Auge für die Erkennung desselben an günstigeren Objekten geübt ist. Meist bemerkt man nicht mehr als höchstens einen schwachen hellen Schein am einen Ende des Samenkernes, und nur selten ist derselbe deutlicher (Fig. 30%). Am sichersten habe ich das Arrhenoid wahrgenommen in einigen Fällen, in welchen je ein riesenhaftes Spermatozoon in dasEi ein- gedrungen war. In welcher Häufigkeit abnorm große Samenfäden bei Ameisen 128 H. Henking, vorkommen, ist mir nicht bekannt, da ich keine Gelegenheit hatte, männliche Thiere darauf hin zu untersuchen. Dagegen habe ich (37) bei Pyrrhocoris die Entstehung ungewöhnlich großer Spermatozoen geschildert und habe ferner in den Hoden von Pieris beobachtet, dass kleine und auch gewaltig große Samenfäden gebildet werden. Eine Befruchtung durch solche ist aber meines Wissens bisher nicht beob- achtet. Hier jedoch liegt der unzweifelhafte Fall vor, dass ungewöhnlich große Samenfäden in das Ei einzudringen vermögen (Fig. 314, 315). Dass die Samenfäden wirklich ungewöhnlich groß sind, lehrt ohne Weiteres der Vergleich von Fig. 315 mit 313, welche beide unter An- wendung genau der gleichen Vergrößerung und derselben Linsen ge- zeichnet sind. Fig. 313 stellt den Kopftheil eines normalen Samen- fadens dar. Die zu Fig. 313, 314 und 315 gehörigen Eier sind wohl von demselben Thiere abgelegt, da sie von mir zu gleicher Zeit und am gleichen Orte gefunden und konservirt wurden, Das Arrhenoid ist am Basalende des Kopfes dieser Riesensperma- tozoen stärker ausgebildet als an den gewöhnlichen, wie ja auch er- wartet werden konnte (Fig. 314, 345). Der Schwanzfaden jedoch ist bei ihnen ebenfalls nur sehr gering entwickelt und von mir derartig eingezeichnet, wie ich die Sache ansehe. — In Fig. 295 rsp jedoch ist der Schwanzfaden an einem Riesenspermatozoon außerordentlich deutlich und weithin zu verfolgen. Der Kopf desselben macht die charakteristi- sche Abrundung durch und am Schwanzfaden hinter dem Kopfe ist das deutliche Arrhenoid aufgetreten. Auf dem gleichen Schnitt 'befindet sich noch ein normales fadenförmiges Spermatozoon (sp) mit ebenfalls völlig deutlichem Schwanz (Fig. 295), ein frappirendes Beispiel für die erwähnten Größenunterschiede der Samenelemente. Ob die Riesenspermatozoen sich in copulationsfähige Kerne umzu- wandeln vermögen, kann ich nicht sagen. Was nun die Weiterentwieklung der normalen Samenkerne anbe- trifft, so findet nach Absolvirung des Kugelstadiums eine Aufblähung statt (Fig. 290), indem sich wohl ein Kernsaft bildet, der die dichte Chromatinsubstanz zu Balken und Maschen aus einander drückt (Fig. 290). — Dann aber wird die Aufblähung eine allgemeinere, wohl mit Erzeugung neuer Kernsubstanz. Denn späterhin ist der Kern noch erheblich größer geworden (Fig. 341) und sieht dabei ziemlich gleich- mäßig feinkörnig aus. Wenn der Samenkern diese Ausbildung erreicht hat, ist er zur Copulation bereit und der Eikern, welcher inzwischen ganz gleiche Umwandlungen durchgemacht hat, tritt nun heran. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 129 3. Die Copulation der Geschlechtskerne. Wenn die Geschlechtskerne an einander rücken, ist von eigentlicher Chromatinsubstanz in ihnen nicht viel zu sehen, sondern den Kernraum durchzieht die schon vorhin erwähnte eigenthümliche Masse, welche zwar eine gewisse Färbung annimmt, jedoch längst nicht in dem Maße, ‘wie die Chromatinsubstanz, welche später deutlicher wird. Letztere erscheint erst wieder deutlicher, sobald der Eikern an die Plasmawolke des Samenkernes herantritt (Fig. 309). Dann tauchen in dem trüben Kerngerüst kleine stark gefärbte Pünktchen in beschränkter Zahl auf, ein Hinweis darauf, dass chemische Umsetzungen auch im Inneren des scheinbar abgeschlossenen Kernes vor sich gehen. Rasch rücken nun die beiden Geschlechtskerne bis zu völliger Berührung an einander. Dabei vergrößert sich ihr Volumen noch mehr und gleichzeitig werden sie heller, indem das trübe Netzwerk mehr zurücktritt. Statt dessen haben sich nun aber die vorhin erwähnten stark gefärbten Chromatinkörnchen nicht unerheblich vergrößert (Fig. 303). Ihre Größe ist allerdings recht verschieden, wie aus Fig. 303 und Fig. 316 bis 318, 324 hervorgeht. Ihre Gestalt ist ziemlich genau kugelig. Sie sind ziemlich locker in dem Kernraume verstreut. Eben so wie ihre Größe schwankt auch ihre Zahl. Ich habe dieselbe in den angezogenen Figuren möglichst genau wiedergegeben. Hieraus erhellt, dass ein Festhalten der als normal angenommenen Zehnzahl auf diesem Stadium nicht stattfindet. Da ferner die beiden Geschlechtskerne, so viel ich habe erkennen können, ein identisches Verhalten beobachten, so ist nicht mehr anzugeben, welcher von den beiden CGopulanten der männ- liche, welcher der weibliche Kern sei. Es ist bei Lasius nicht ganz leicht, Eier von genau bestimmtem Alter zu erhalten. So hat man es auch nicht in der Hand, mit einiger Bestimmtheit und nach Belieben sich die gewünschten Stadien zu ver- schaffen. Aus diesem Grunde bin ich genöthigt, direkt zu der ersten Furchungsspindel überzugehen, welche ich in Polansicht in Fig. 267 und stärker vergrößert in Fig. 323 abgebildet habe. Es sind thatsäch- lich 20 Chromosomen vorhanden, wie theoretisch zu erwarten war. Denn da zehn Chromatinelemente in den Richtungsspindeln gezählt werden konnten, so müssen die übrigen zehn Chromosomen von dem Spermakerne hinzugebracht sein. Die Chromosomen der ersten Äquatorialplatte haben nicht mehr ‚die deutliche Kugelgestalt, wie sie in den Copulationskernen vorlagen (Fig. 303 ete.), sondern sie sind etwas unregelmäßig, länglich, gebogen ‘oder eingeschnürt. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd, 9 130. . | H. Henking, Theilung dieser Chromosomen in der gewohnten Weise erfolgt, derart, dass jede Tochterzelle ebenfalls 20 Chromosomen erhält. Die beiden ersten Furchungskerne verhalten sich genau eben so, wie ich es stets habe beobachten können: Das Chromatin verschwindet in ihnen völlig. In ihrer Gesammtfärbung übertreffen sie das um- gebende Plasma nicht, sind gewöhnlich noch etwas geringer gefärbt (Fig. 268). Der Vergleich mit den Richtungskernen (Fig. 268) lässt keinen Zweifel daran, dass die Änderung in der Tinktionsfähigkeit- nicht auf der angewandten Methode oder dergl. äußeren Umständen beruht, sondern auf einer besonderen Beschaffenheit der Kerne selber. Gegen die Umgebung sind selbige recht gut abgegrenzt (Fig. 322) und lassen im Inneren eine Anzahl schwach gefärbter Körperchen be- merken. | Wollen diese ersten Embryonalkerne sich theilen, so wird in ihnen die Chromatinsubstanz wieder in Form von Körnchen sichtbar, welche sich in Reihen anordnen (Fig. 308). Es scheint mir jedoch nicht so, als wenn diese Andeutung einer Reihenstellung etwas Definitives sei, weil ich bei anderen Theilstadien die Chromatinsubstanz wieder in jener Kugelform habe auftreten sehen (Fig. 298, 299, 310), welche für die Geschlechtskerne auf einem gewissen Stadium so charakteristisch waren (Fig. 316—321). Ich bemerke hierzu, dass Fig. 298 und 299 die beiden Furchungskerne aus Fig. 277 in stärkerer Vergrößerung darstellen, während Fig. 340 einen der Kerne aus Fig. 276 repräsentirt. Es verdient noch Erwähnung, dass im Verlauf der Theilung der Furchungskerne jedes Mal eine deutliche Zellplatie gebildet wird (Fig. 275), aber erst dann, wenn die Tochterchromosomen sich zu den beiden Tochterkernen am Spindelpole abzurunden beginnen. Ich habe Bilder erhalten, welche darauf hinweisen, dass die Zellplatte nicht in die neuen Kerne einbezogen wird, sondern im Plasma zurückbleibt.. Die Bildung einer solchen Zellplatte geschieht auch in den späteren Embryonalzellen (Fig. 271). u 4. Topographie der Furchungskerne. Wenn wir uns vorstellen, dass das Ei von Formica die Gestalt einer Niere habe, so müssen wir an ihm eine stärker und eine schwächer gewölbte Seite unterscheiden. Da nun die Richtungsspindeln ete. ziem- lich genau an der einen Spitze des Eies liegen, so ist es von Interesse, dass die Samenfäden mit Vorliebe seitlich von den Richtungsspindeln und zwar an der flacheren Seite des Eies zwischen die Dottermassen einzudringen pflegen. Ich habe das auch dann beobachtet, wenn die Richtungsspindel, wie in Fig. 259, von der Eispitze sich 'entfernt hatte. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 131 Das ist jedoch nicht auffällig, wenn wie hier, gleichzeitig die Mikropyle eine Verschiebung in derselben Richtung erfahren hat (Fig. 259 m). Samen- und Eikern dringen zwischen die Dotterkügelchen ein und vereinigen sich in der Nähe der Eilängsachse. Auch dann, wenn sie den Zusammenhang mit dem Randplasma verloren haben, giebt einerseits die Verlängerung des Plasmahofes, welcher die Richtungs- kerne umschließt, und andererseits des Plasmazapfens von dem ein- gedrungenen Samenfaden (Fig. 263) her die Richtung ihres Verschwin- dens an. ? Es ist eine sehr auffällige Erscheinung, dass der Weg, welchen der Samenfaden eingeschlagen hat, nach der Copulation der Geschlechts- kerne oft eine beträchtliche Verstärkung durch reichliches Auftreten von Plasma erfährt. Dann hängen die ersten Furchungskerne durch eine breite Plasmastraße mit dem Keimhautblastem zusammen, welche ich in so bedeutender Ausbildung vorher niemals angetroffen habe. Es scheint demnach, als wenn von dem Samenfaden eine plasmareizende Substanz auf seinem Wege zurückgelassen sei. Man denkt natürlich zunächst an den Schwanzfaden. Wenn die Theilung des ersten Kernes stattgefunden hat, so wan- dern die beiden Tochterkerne etwas tiefer in das Ei hinab. Da jeder Kern von einem Plasmahofe umgeben ist, so ist es bemerkenswerth, dass dieselben durch den Plasmahof öfter noch mit der Plasmastraße des Samenfadens in Zusammenhang bleiben (Fig. 27%). Dasselbe kann noch der Fall sein, wenn nach abermaliger Theilung der Kerne nun im Ganzen deren vier vorhanden sind (Fig. 276). An dem Verhalten der Plasmahöfe ist alsdann auch bei weiter Trennung noch ganz wohl zu erkennen, welche Paarlinge zusammengehören. Auch sie begeben sich noch etwas tiefer in das Ei, obgleich nun bald eine Abweichung ein- tritt. — Nur in einem Falle habe ich einmal gesehen, dass die beiden ersten Furchungskerne sich verschieden verhielten derart, dass der eine derselben nicht in das Innere, sondern nach dem Rande zu sich bewegte (Fig. 277). Dasselbe Ei war jedoch auch in der Hinsicht ab- weichend, als außer den beiden Furchungskernen und den im Rand- plasma liegenden Richtungsmassen noch zwei kleine kernartige Gebilde sich im Dotter fanden (Fig. 277), welche wohl auf überschüssige Samen- fäden am sichersten zurückgeführt werden könnten. Die Kernmassen sind in Fig. 300 (s und s’) von ihren Plasmahöfen umgeben, in stärkerer Vergrößerung abgebildet. Die Vermehrung der Furchungskerne schreitet nun in der bekann- ten Weise weiter, jedoch treten Unterschiede in der Wanderung derselben ein. Es stellen sich nämlich die Kerne derartig auf, dass sie 9%* 132 H. Henking, sich etwa gleich weit von der Oberfläche des Eies entfernt halten und so einen elliptischen Raum einschließen (Fig. 269). Durch weitere Theilungen vergrößert sich der Raum und die Kerne nähern sich immer mehr der Peripherie des Eies, nur wenige von ihnen bleiben in der Mitte zwischen den Dotterkugeln zurück (Fig. 270). Es scheint mir nun beachtenswerth zu sein, dass die ersten Kerne jener allseitig vorrücken- den Phalanx die Eiperipherie in einer Zone erreicht, welche das Ei senkrecht zur Längsachse umkreist in einem dem hinteren Eipole etwas mehr genäherten Bezirke (Fig. 270), ähnlich wie es Hrıper (34) bei Hydrophilus beobachtet hat. Bald erreichen die Kerne allseitig die Eioberfläche, und nun be- ginnt auch das Keimhautblastem sich in Territorien zu gliedern, was durch seine bekannte Erscheinung zum Ausdruck kommt, dass über jedem Kerne das Plasma sich kuppenförmig vorwölbt, während auch seitlich sich eine Grenzlinie zu markiren beginnt (Fig. 271). Die Vermehrung der Kerne schreitet besonders am hinteren Pole rasch weiter, während an den Seiten des Eies die Kerne weniger dicht gedrängt liegen. In so fern ist jetzt auch ein Unterschied gegeben, als die konkave Seite des Eies öfter eine stärkere Anhäufung von Plasma zeigt (Fig. 269, 272), ein Verhalten, welches sich späterhin völlig ändert. Es zeigte nämlich das älteste Stadium, welches ich bekommen habe, das Blastoderm derartig weiter entwickelt, dass auf der flachen Seite des Eies nur eine ganz dünne Schicht von Plasma vorhanden war, welche nur in der Umgebung der spärlich vertheilten Kerne eine geringfügige Verdickung erfuhr (Fig. 273). An der gewölbten Seite des Eies dagegen sind nun wohl umgrenzte Zellen von ansehnlicher Größe und dichter Lagerung vorhanden. Jede dieser Zellen hat noch die gewölbte äußere Kuppe wie bei der ersten Bildung des Blastoderms, und innerhalb des Plasmas dieser Kuppe liegt auch der Kern. Nach dem Eiinnern zu aber spitzen sich die Zellen der Längsseite scharf zu und schließen in einer Vacuole eine Anzahl Dotterkügelchen ein (Fig. 273, 342). Die Zellen am Vorderende des Eies sind mehr cylindrisch gestaltet (Fig. 273, 306), verhalten sich im Übrigen jedoch ähnlich wie die vorhin genann- ten, nur dass sie auch außerhalb des Kernes (k) noch Dotterkügel- chen einschließen können (Fig. 306). Bereits auf dem Stadium der Fig. 272 ist zu erkennen, dass die Blastodermzellen der konvexen Seite des Eies jene Ausbildung vorbe- reiten, welche in Fig. 273 voll ausgebildet vorliegt. Man sieht nämlich, wie jene Zellen pseudopodienartige Fortsätze zwischen die Dotterkugeln Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 133 entsenden. In ganz geringen Anfängen ist dieses Verhalten ja auch schon den ersten Blastodermzellen eigen (Fig. 274), denn dieselben haben nach der Dotterseite durchaus keine scharfe Abgrenzung. Auf dem Stadium der Fig. 273 haben also die Ektodermzellen, wie wir sie hier wohl schon nennen können, sich je eine Portion des Dottermate- rials incorporirt, so dass kein Zweifel daran sein kann, dass sie sich aktiv an der Bewältigung der Dottersubstanz mit betheiligen. Die dotterführenden Zellen der gewölbten Seite des Eies sitzen mit ihrer Basis, sei dieselbe nun breit (Fig. 306) oder zugespitzt (Fig. 312), einer schmalen aber scharf umgrenzten Plasmalamelle auf, welche deutlich erkennbar unter ihnen sich erstreckt, aber ebenfalls dort aufhört, wo sie selber an die flachen Zellen der platten Eiseite angrenzen. Diese schmale Plasmaschicht hat noch aus einem anderen Grunde ein besonderes Interesse. Am Hinterende des Eies (Fig. 273) findet nämlich eine Ein- stülpung der äußeren Zellschicht statt. In den ersten An- ‚fängen ist dieselbe bereits auf dem Stadium der Fig. 272 zu bemerken, indem hier sich einige Zellen unter das Niveau der übrigen hinabsenken an einer Stelle, welche gleichzeitig die erste Andeutung der genannten Plasmalamelle aufzuweisen scheint (Fig. 272 unten). Ein solches Ein- wandern von, der Oberfläche entstammenden, Zellen ist in Fig. 273 in stärkerem Maße zu beobachten. Es schieben sich hier die Oberflächen- zellen nach der konvexen Seite des Eies hin unter diejenigen Zellen, welche an der Oberfläche verbleiben. Sie gleiten dabei gewissermaßen an jener oben erwähnten Plasmalamelle entlang. Ich habe in Fig. 324 ein benachbartes Stück der Hinterseite des in Fig. 273 abgebildeten Schnittes in stärkerer Vergrößerung abgebildet, welches bei z eine der durch Ein- stülpung dorthin gelangten Zellen an der Plasmalamelle (l) darstellt. Was aus den eingestülpten Zellen wird, vermag ich aus Mangel an älterem Materiale nicht zu sagen. Die im Dotter zurückgebliebenen Zellen vermehren sich Anfangs noch durch Theilung (Fig. 270, 274). Auf dem Stadium der Fig. 273 jedoch hat es nicht mehr den Anschein, als wenn noch eine lebhafte Vermehrung eintreten sollte: die Kerne haben nur einen kleinen Hof von Plasma, und dieses sendet nicht mehr die straffen Strahlen zwi- schen die Dottermassen, welche vorher, als noch eine Vermehrung beobachtet werden konnte, so lebhaft hervortraten. 5. Über Polyspermie. Auch bei Lasius pflegen, wenn nicht immer, so doch häufig, mehrere Samenfäden in das Ei einzudringen (Fig. 254, 264). Ich habe in recht 134 | H. Henking, zahlreichen Fällen einige derselben im Randplasma an der vorderen Ei- spitze beobachtet. Von den eingedrungenen Samenfäden eilt jedoch meist nur einer in die Tiefe zwischen die Dottermassen, während die übrigen im Randplasma liegen bleiben (Fig. 259). ‚Nur in verhältnismäßig wenigen Fällen hatten zwei oder drei Samenfäden sich in gleicher Weise zwischen die Dotterkügelchen bege- ben (Fig. 256). Dann erlitten sie alle dieselben Veränderungen, standen durch einen Plasmazapfen mit dem Randplasma in Verbindung und gingen gleichmäßig aus der Fadenform in die Gestalt eines Kügelchens über (Fig. 256, 264). Auch hier möchte ich jedoch glauben, dass nur der zur Gopulation gelangende Kern eine Nachkommenschaft erzielt. Ich habe wenigstens keine Bilder erhalten, aus denen ich den über- zähligen Samenkernen eine Vermehrung zuzuschreiben vermöchte. Als letzte Stadien solcher überzähligen Samenelemente betrachte ich die Chromatinhäufchen s und s’ in Fig. 300. Sie machen einen entschieden dekrepiden Eindruck. Ihre verhältnismäßig geringe Größe in Vergleich mit den bereits gebildeten ersten Furchungskernen (Fig. 277) unter- stützt die Vermuthung, dass wir es nur mit Halbkernen zu thun haben. Nur in seltenen Fällen waren mehrere Samenfäden tiefer zwischen die Dottermassen eingedrungen, ohne die Fadenform aufgegeben zu haben (Fig. 266). 6. Das Verhalten der Richtungskerne. Ich habe bereits oben (p. 125) auf die Unterschiede in der Ausbil- dung der Richtungskerne aufmerksam gemacht. Nämlich der zweite Rich- tungskern war nahe an den unteren Abkömmling des ersten Richtungs- kernes herangetreten. Zwischen beiden lag Anfangs, gewissermaßen als trennende Wand, das Thelyid (Fig. 286). Es ist jedoch das Thelyid als gesonderter Körper spätestens bis zu der Zeit zu bemerken, dass die beiden Geschlechtskerne in Copulation treten (Fig. 263 ih). Dann, oder schon früher, verliert es seine scharfen Grenzen nach den beiden Richtungskernen hin, so dass es wenigstens theilweise in den gemein- samen hellen Kernraum mit übergeht, welcher späterhin die Ghroma- tinsubstanz der beiden Kerne umschließt (Fig. 259, 264 ff.). Noch lange kann man in der hellen Vacuole die beiden von den zwei Kernen her- stammenden Chromatinhaufen gesondert finden, indem sie, wie zu An- fang, in zwei parallelen Reihen sich gegenüberstehen (Fig. 264, 265, 268). Späterhin jedoch vermischen sie sich mehr und sind nach ihrer Abkunft dann nicht mehr zu unterscheiden (Fig. 275, 276). Ich habe jedoch auch gesehen, dass dieChromosomensich zu einereinfachenÄqua- torialplatte neben einander stellten (Fig. 267, 305). Eine We > Untersuchungen über die, ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 135 Theilung hat das jedoch nicht zur Folge. Unterlassen möchte ich aber nicht, darauf hinzuweisen, dass die zwei Fälle einer solchen Spindel- stellung zusammentrafen mit der Spindelstellung der copulirten Ge- schlechtskerne (Fig. 267). Der äußere Abkömmling des ersten Richtungskernes hält sich ge- sondert und macht Veränderungen durch, welche denjenigen der Ge- schlechtskerne ganz auffallend gleichen. Anfangs treten seine Chromo- somen nahe zusammen, wie auf der anderen Seite auch diejenigen des Eikernes (Fig. 286 RkI[1] und Eik, Fig. 259). — Wenn dann der Ei- und Samenkern sich aufzublähen beginnt und das Chromatin in ihnen sich _ netzförmig ausbreitet, geschieht ganz das Gleiche mit diesem Richtungs- kerne und ganz im gleichen Schritt (Fig. 262). Man vergleiche nur den Eikern Fig. 294 mit dem entsprechenden Richtungskerne Fig. 301 (RkT[1]) und die Ähnlichkeit im Bau leuchtet sofort ein, besonders wenn man den Vergleich noch auf die beiden anderen Richtungskerne in Fig. 304 (RkI[2] und RkII) ausdehnt, wobei ich hervorhebe, dass Fig. 294 und Fig. 301 demselben Ei entstammen. Die Gleichwerthigkeit der Umwandlungen offenbart sich jedoch nicht nur auf dem soeben erwähnten Stadium; sie ist vielmehr noch auffälliger, wenn die Aufblähung der Geschlechtskerne ihren Höhe- punkt erreicht hat, und wenn die Chromatinsubstanz sich in Kugelform angesammelt hat (Fig. 303). Dann hat dieser äußere Richtungskern auch eine bedeutende Volumenzunahme aufzuweisen, er ist genau eben so hell wie die Geschlechtskerne, und sein Chromatin ist zu den- selben Kügelchen zusammengeflossen (Fig. 285 oben). Es sind Fig. 303 und Fig. 285 demselben Ei entnommen. An weiteren Beispielen ver- weise ich auf Fig. 319, welche den äußeren Richtungskern, und auf Fig. 316 und 317, welche die Geschlechtskerne desselhen Eies dar- stellen, sowie (aus einem anderen Eie) auf Fig. 320 (Richtungskern) und Fig. 318 und 321 (Geschlechtskerne). In allen diesen Fällen haben die Richtungskerne ein größeres Volumen als die Geschlechtskerne, doch weiß ich nicht, ob dieser Unterschied nicht durch die oberfläch- liche Lage der Richtungkerne schon hinreichend erklärt wird. — Die Ähnlichkeit ist dieselbe auf einem früheren Stadium, wenn die Ge- schlechtskerne soeben zusammentreten und in dem sie erfüllenden verwaschenen Netzwerke die ersten stark gefärbten Chromatinkörnchen sichtbar werden (Fig. 309). Dann bietet im gleichen Ei der äußere Richtungskern dieselbe Erscheinung, wie ein Blick auf Fig. 287 (oben) sofort darthut. Wenn die Copulation der Geschlechtskerne stattgefunden hat, ist die gleichgerichtete Veränderung mit dem äußeren Richtungskerne 136 4 H. Henking, beendet. Denn letzterer vermehrt sich nicht, und sein Volumen beginnt sich zu verringern. Seine Chromosomen behalten ihre genau kugelige Form nicht bei. Was die Zahl derselben anbetrifft, so zählte ich in drei Fällen deren acht, sieben und zehn. Es tauchten hier natürlich die Fragen auf: 4) Warum machen die beiden unteren Richtungskerne nicht die- selben Veränderungen durch, welche an den weit getrennten Geschlechtskernen (einerseits) und dem äußeren Richtungskerne (andererseits) so auffällig hervortreten? 2) Warum ist die bis zur Copulation der Geschlechtskerne be- merkbare gleichgerichtete Entwicklung zwischen ihnen und dem äußeren Richtungskerne so plötzlich aufgehoben, wenn die Copulation vollendet ist? Was die erste Frage anbetrifft, so sei hervorgehoben, dass die drei Richtungskerne ihrer Entstehung nach für gleichwerthig zu erachten sind. Wenn nun völlig synchronisch im äußeren Richtungskerne und den weit von ihm entfernten Geschlechtskernen genau die gleichen Veränderungen vor sich gehen, so liegt die Vermuthung nahe, hierfür die ihnen gemeinsame Umgebung, also das Eiplasma, verantwortlich zu machen. Dasselbe ist jedoch den beiden anderen Richtungskernen eben so gemeinsam; nur bieten diese darin einen Unterschied, dass zwischen ihnen das Thelyid liegt (Fig. 285, 286). Also würde bei dieser Betrachtungsweise das Thelyid eine hemmende Wirkung auf die seinem Einfluss unterworfenen Kerne zugeschrieben erhalten. Ein solcher hemmender Einfluss würde dem mit dem männlichen Kerne herbei- geführten Arrhenoid nicht beigelegt werden können. Was Frage 2 anbetrifft, so knüpft sie an den Umstand an, dass der äußere Richtungskern sich späterhin rückbildet, während aus den Theilungen der Geschlechtskerne ein neues Thier hervorgehen soll. Hierbei ist zu bedenken, erstens, dass nach vollendeter Copulation es sich um einen Doppelkern handelt, während der äußere Richtungskern nur auf sich selbst angewiesen ist, — und zweitens, dass der männliche Kern noch ein nunmehr in Aktion tretendes für das Ei neues Gebilde mit sich führt, das Arrhenoid. Zwar ist letzteres bei der hier ange- wandten Methode als umgrenzter Körper nicht darzustellen, doch äußert es seine Wirkung. Der am weitesten nach außen liegende Richtungskern bleibt von den beiden anderen getrennt. So liegen die zwei Chromatinhäufchen neben einander, ohne aktive Veränderung. Ich habe sie an der alten Stelle noch beobachtet, wenn das Blastoderm sich zu bilden beginnt (Fig. 276, 269, 270 Rk). Auf späteren Stadien habe ich sie nicht mehr gesehen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 137 II. Die Vorgänge im unbefruchteten Ei von Lasius. Am 9. August 1888, einem sehr warmen Tage, bemerkte ich kurz nach Mittag vor den Öffnungen eines in der Nähe meiner Wohnung befindlichen Ameisenbaues ein reges Leben: die geflügelten Thiere kamen aus der Erde hervor und rüsteten sich zum Hochzeitsfluge. Ich fing etwa 15 Weibchen vor dem Baue ein und gab ihnen eine isolirte Wohnung. Drei dieser Thiere warfen in der Gefangenschaft ihre Flügel bald ab, die übrigen 12 hatten am 15. August ihre Flügel noch, wohl das Zeichen ihrer Jungfräulichkeit. Am 15. August fand ich eine An- zahl Eier, welche von diesen eingesperrten Thieren in der letzten Zeit abgelegt waren. Die Eier erwiesen sich bei der Untersuchung als un- befruchtet. Als jüngstes Stadium unter den von mir beobachteten dürfte das in Fig. 326 abgebildete aufzufassen sein. Man sieht in einem hellen Raume zwei Reihen von Chromosomen bereits getrennt und muss beim Fehlen anderer Kernelemente hier natürlich an eine erste Richtungs- spindel denken. Aber diese Spindelfigur, welche ich in Fig. 341 in stärkerer Vergrößerung gezeichnet habe, ist dadurch von den normalen (Fig. 284, 282) unterschieden, dass eine viel größere seitliche Aus- dehnung der chromatischen Platten hier eingetreten ist unter Zunahme »der Anzahl der Chromosomen (dieselben sind in Fig. 341 nicht alle ein- getragen). Ich halte die Figur für abnorm. Durchaus normal dagegen ist Fig. 327. Aus derselben folgt ohne Weiteres, dass auch hier zwei Richtungskörperchen gebildet werden. Der erste Richtungskern (Rk]) hat sich in gewohnter Weise getheilt. Sein innerer Abkömmling ist mit dem zweiten Richtungskern (RAII) in nähere Berührung getreten: Beide liegen in einer hellen Kernvacuole (Fig. 329). Von einem deutlich ausgebildeten Thelyid habe ich nichts bemerkt. Der weiter außen isolirt liegende Richtungskern besteht aus dicht zusammengetretenen Chromosomen, gerade wie der noch durch einen Plasmastrang gefesselte Eikern (Fig. 327 Eik und 329 unten). Diese beiden Kerne sind nur von einem kleinen hellen Hofe umgeben. Wir haben hier also dasselbe Stadium vor uns, wie ich es von einem befruchteten Eie in Fig. 259 abgebildet habe. Ich möchte hier die Verhältnisse einschalten, wie sie das in Fig. 325 skizzirte Ei darstellt. Es ist Alles so, wie vorhin, nur der Eikern und der äußere Richtungskern sind weiter entwickelt, indem sich die Chromosomen wieder von einander getrennt haben. Ich halte dieses Ei für nur zufällig parthenogenetisch. Es stammt von einem befruchteten Weibchen und die mit ihm zusammen gefundenen Eier waren sämmtlich 138 H. Henking, normal entwickelt. Auch hier war ein Samenfaden durch die Mikro- pyle (m Fig. 325) eingedrungen, aber er lag noch außerhalb des Oolemm (Fig. 325 sp) und im Inneren des Eies habe ich nichts von einem Samen- faden wahrgenommen. Es ist nach meinen Beobachtungen kein Zweifel daran, dass der unbefruchtete Eikern noch einige anscheinend normale Theilungen durchzumachen im Stande ist. So hat er in Fig. 331 zwei Kerne aus sich hervorgehen lassen, welche allerdings etwas ungleich sind. Der rechts gezeichnete könnte als normal gelten, obgleich er in seiner hellen Grundmasse eine geringere Zahl kugeliger Chromosomen birgt als man nach geschehener Copulation zu beobachten pflegt. Der links gezeich- nete Kern ist nicht so scharf umgrenzt, enthält eine größere Anzahl von Chromosomen und außerdem liegen in seiner Umgebung noch einige dunkler gefärbte Körperchen. — Immerhin mögen solche Kerne noch ‚zu einer weiteren recht normal aussehenden Theilung befähigt sein, wie sie fast vollendet in Fig. 332 abgebildet ist. Diese Eier bieten auch in Bezug auf die Richtungskörperchen nichts Ungewöhnliches, indem wir am Rande, wie bei befruchteten Eiern, zwei Chromatinhäufchen finden, welche dem äußeren Richtungskerne und den beiden vereinig- ten inneren Richtungskernen angehören (Fig. 331, 332). Eine Andeu- tung, dass ein Samenfaden eingedrungen sei, ist hier jedoch nicht vorhanden (man vergleiche Fig. 274 und 275). | . Damit wären auch die normal aussehenden Bilder erschöpft; denn selbst Fig. 330, welche Eikern und Richtungskernmassen in .der richtigen Anördnung zeigt, bietet doch im feineren Bau schon so man- cherlei Besonderheiten, dass es für ein geübtes Auge nicht mit den normalen Bildern zu verwechseln ist. Die folgenden Verhältnisse sind in ihren Abweichungen vom Normalen leichter zu erkennen. So können die drei Richtungskerne sämmtlich isolirt bleiben (Fig. 328), oder sie können alle drei mit einander verschmelzen (Fig. 333 Rm). Gleichzeitig mag der Eikern (Eik) noch keine Absonder- lichkeiten aufweisen (Fig. 328), oder seine Theilungen gehen im äußeren Keimhautblastem vor sich (Fig. 333), anstatt dass seine Abkömmlinge tiefer in den Dotter einzudringen bestrebt sind (Fig. 276). Und ist dieses wirklich geschehen, so beginnen die Tochterzellen höchst merk- würdige Verschiedenheiten darzubieten, sowohl in Bezug auf Größe wie in Hinblick auf den feineren Bau (Fig. 335). Man sieht verhältinis- mäßig große Zellen, und ihr Kern besteht aus einem großen Klumpen dichten Chromatins. Es können hierbei an einem Hauptkörper noch wulstige Massen angeheftet sein (Fig. 339). Neben solchen Zellen finden sich noch andere ganz kleine und ich habe ein Beispiel dieses anderen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 139 Extremes in Fig. 346 bei der gleichen Vergrößerung (wie Fig. 339) abgebildet. Hier liegen in einem hellen Raume wenige Chromatin- brocken von unregelmäßiger Gestalt. Sucht man Theilungsfiguren auf, so zeigen sich dieselben Unregel- mäßiskeiten. Das Chromatin kann in Bändern angeordnet sein, welche eine Zusammensetzung aus Körnchen mit hellerem Centrum erkennen lassen (Fig. 334). Es mögen aber auch isolirte Körperchen vorkommen und zählte ich in Polansicht einer Theilungsfigur, in dem in Fig. 344 abgebildeten Falle, deren 16—17. Ähnlich wie ich es von Rhodites mittheilen werde, findet also auch hier eine Vermehrung der Zahl der Chromosomen spontan statt. — Wiederum kann das CGhromatin mehr staubartig in einer Äquatorialplatte vertheilt sein, wie ich es in Fig. 320 wiederzugeben mich bemüht habe. Eine Strahlung ist kaum vorhanden. Noch abweichender ist eine dritte Serie von Fällen. In ihnen findet eine Theilung weiterhin wohl überhaupt nicht mehr statt. Das Chromatin ist in Gestalt von scharf begrenzten Körnchen vorhanden und es hat in den am deutlichsten ausgebildeten Fällen den Anschein, als wenn jedes der Chromatinkörnchen sich zu einem kleinen Kerne ausbilden möchte. Liegen die Chromatinkörnchen nämlich etwas weiter von einander entfernt, so bilden sie den Mittelpunkt einer kleinen hellen Figur, welche je durch eine Grenzlinie (wie durch eine Membran) von der Umgebung geschieden ist (Fig. 343). Liegen die Körnchen jedoch dichter zusammen, so erhält die ganze Figur ein eigen- thümlich gelapptes bis traubiges Aussehen (Fig. 336, 337). Ich habe in solchen Eiern auch die Richtungskerne nicht mehr in der gewohnten Beschaffenheit gefunden. In Fig. 336 möchte ich den im Randplasma gelegenen Chromatinhaufen für das Umwandlungspro- dukt der Richtungskerne halten. In dem Beispiele der Fig. 337 ist am Rande überhaupt nichts mehr von Chromatin zu sehen, dagegen liegen drei große Haufen zwischen den Dottermassen. Es scheint demnach der gleiche Zustand im ganzen Ei zu herrschen. Auch hier wird wieder die Vermuthung neu gekräftigt, dass für diese an den verschiedenen Stellen des Eies gleichzeitig und gleichsinnig stattfindenden Verände- rungen das Eiplasma, und nicht etwa das Chromatin, verantwortlich gemacht werden müsse. Hervorheben will ich noch, dass in den späteren Stadien unbefruchteter Eier oft eine Ansammlung von Plasma am Rande oder in Inseln und Zügen zwischen den Dotterkörnern (Fig. 337) beobachtet werden kann. Ein neues Thier scheint nach dem Mitgetheilten aus diesen Eiern nieht hervorgehen zu können. 140 H. Henking, Zur Frage nach der freien Kernbildung möchte ich noch auf eine Beobachtung hinweisen. Es besitzen die Eier der Ameisen, sowohl befruchtete wie unbefruchtete, an dem der Mikropyle gegenüberliegen- den Pole eine besondere Plasmaverdickung, welche ich in Fig. 342 abgebildet habe. Unten zieht in gewohnter Ausdehnung das Keim- hautblastem (kh). Nun liegt nach dem Eiinneren zu eine Scheibe ziemlich dicken Plasmas, welche durch Plasmabrücken mit dem Keimhautblastem (kh) in Verbindung steht. In der Plasmascheibe fallen besondere wul- stige Stellen durch ihre stärkere Färbung leicht auf (Fig. 342). Nun bemerkte ich in einem unbefruchteten Ei, in demselben, dessen Kerntheile in Fig. 330 abgebildet sind, dass also in dem direkt entgegengesetzten Ende des Eies ein Gebilde vorhanden war, welches ebenfalls einen ganz kernartigen Eindruck machte. Eine kleine Plasma- ansammlung enthielt im Inneren einen hellen Hof und in diesem zer- streut einige dunkle Körperchen, welche gegen Hämatoxylin und Bismarckbraun sich ganz ähnlich verhielten, wie Chromatinkörnchen. Der Gesammteindruck der Figur ist kern- resp. zellenartig (Fig. 342), das Plasma derselben steht durch Plasmabrücken mit der erwähnten Plasmascheibe in Verbindung. Der Gedanke, dass wir es mit einem versprengten Stücke des Eikernes oder dergl. zu thun haben, ist völlig von der Hand zu weisen!. Um irrthümlichen Auffassungen vorzubeugen, will ich ausdrücklich erklären, dass ich dieses unverstandene Gebilde natürlich nicht früher für einen Kern erklären würde, bevor ich nicht Theilungen desselben beobachtet hätte. Außerdem habe ich noch einige solcher chromato- philen Körnchen im gleichen Ei im Randplasma des Hinterendes gefunden. Zum Schluss muss ich noch einiger Eier gedenken, welche sich überhaupt nicht entwickelt haben, ohne dass ich den Grund dafür anzugeben vermöchte. So viel ich aus meinen Notizen ersehe, habe ich neun solcher Fälle beobachtet. Diese Eier zeichneten sich durch eine außerordentliche geringe Menge von Plasma aus. Selbst das unter normalen Verhältnissen ganz ansehnliche Keimhautblastem war hier zu einer äußerst dünnen Schicht rückgebildet, wie ich es in Fig. 338 in den richtigen Dimensionen dar- zustellen mich bemüht habe. Der Kern liegt gewöhnlich in Gestalt einiger Chromatinkörnchen in einer etwas verdickten Stelle des Rand- ! Wofern man nicht an eine Beziehung zu den von BLocHMann (8) beschriebe- nen sog. Nebenkernen denken will. Diese Nebenkerne bedürfen übrigens in Bezug auf Entstehung und Schicksal einer Nachuntersuchung. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten, IL. 141 plasmas. Jedoch habe ich auch gesehen, dass derselbe ohne weitere Veränderungen zu erleiden, sich mit einem kleinen Plasmahofe vom Rande fort und eine Strecke zwischen die Dotterkörnchen hinabbegeben "hatte (Fig. 338 K). Eine Weiterentwicklung dieser Eier habe ich nicht beobachtet, sie befanden sich alle in demselben Zustande, enthielten im Inneren auch öfter große Vacuolen (Fig. 338). Ferner war in sie kein Samenfaden eingedrungen, obgleich ich diese Eier zum größten Theile zwischen anderen aufgefunden habe, welche nicht nur normal befruchtet waren, sondern sich auch normal weiterentwickelt hatten. Wir können auch nicht an Jugendstadien denken, weil das Keimbläs- chen schon völlig rückgebildet war. Da aber diese Eier nicht einmal den Versuch zu einer Richtungskörperbildung machten, so glaube ich sie als pathologisch bezeichnen zu sollen. Litteratur. Es ist hier nur die Arbeit von Brocumann (8) zu nennen, welcher einige Mittheilungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den abgelegten Eiern der Ameisen (spec. Formica fusca L.) gemacht hat. Demnach ist die Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei Lasius sehr groß. Brocumann hat die erste Richtungsspindel gesehen und abgebildet (Fig. 11), auch ist ihm bereits die eigenthümliche Verdickung der »Mittelplatte« zwischen den aus einander weichenden Tochterchromo- somen aufgefallen (seine Fig. 13). Von den weiteren Schicksalen der- selben hat er nichts gesehen. Die Deutung seiner Fig. 1% halte ich nicht für richtig. Zwar beziehen sich die Untersuchungen BLocHManN’s auf eine andere, wenn auch nahe verwandte, Art, doch sind seine Bilder den meinigen so ähnlich, dass ich einstweilen an die nach seinen Angaben doch recht fundamentalen Unterschiede nicht glauben kann, zumal da die Verhältnisse der Richtungskerne bei der viel ferner stehenden Rhodites rosae fast eben so sind, wie wir noch sehen werden. Brocamann bildet in Fig. 14 die Spitze eines Eies ab, welche die »Spindel des Eikerns« enthält und außerdem einen langen Plasmazapfen mit dem Samenkerne fast am Ende desselben. Nun ist aber nach meinen Erfahrungen zu einer Zeit, in welcher der Samenkern so tief eingedrungen ist und sich bereits in ein »längliches, sehr intensiv ge- färbtes Körperchen« umgewandelt hat, keine einfache Spindel mehr am Rande vorhanden. Ich halte seine Spindel für nichts Anderes als den zweiten Richtungskern (unten) und den inneren Abkömmling des ersten Richtungskernes (oben). Es würde seine Fig. 14 demnach - ziemlich genau meiner Fig. 259 entsprechen, nur dass BLocHMAnN So- wohl den Eikern, als auch den äußeren Abkömmling des ersten 142 H. Henking, Richtungskernes übersehen hat. Letzteren vermisse ich ferner in seinen Beschreibungen zu den weiter vorgerückten Stadien seiner Fig. 15 und 16, wo nur eine Chromatinkörnchengruppe abgebildet ist, welche ganz unzweifelhaft dem vereinigten zweiten Richtungskerne und unteren Abkömmlinge des ersten Richtungskernes entspricht. Die Vermuthung Brocnmann’s, dass die Fortpflanzungsverhältnisse der Ameisen wahrscheinlich dieselben seien wie bei den Bienen, dass also theils befruchtungsbedürftige, theils parthenogenetisch sich ent- wickelnde Eier vorkämen, welche jedoch nicht wie bei jenen, wo die Drohneneier in besondere Zellen abgelegt werden, äußerlich zu unter- scheiden seien, — hat durch meine Untersuchungen keine Bestätigung erhalten. Die parthenogenetischen Eier haben schon nach wenigen Theilungen einen abnormen Entwicklungsgang eingeschlagen. 15. Die ersten Entwicklungsvorgänge im (unbefruchteten) Ei von Rhodites rosae L. Mit Tafel VII und Holzschnitt III—VII. 1. Die Eier des Ovariums. Wenn man aus einer soeben ausgeschlüpften Rosengallwespe das Ovarium herauspräparirt oder noch besser, wenn man das Abdomen eines solchen Thieres in dorso-ventrale Längsschnitte zerlegt, so be- merkt man, dass das gesammte Ovarium, und folglich auch jeder ein- zelne Ovarialschlauch, eine eigenthümliche Krümmung aufweist. Man kann sagen, dass jede Ovarialröhre $-förmig gebogen ist, derart, dass die Anfangskrümmung an der ventralen Seite vom Thorax her beginnt, dann nach dem Rücken aufsteigt und mit einer nach hinten und unten gewandten Kurve den Buchstaben vollendet. Hierdurch erhält jedes der im gereiften Zustande recht lang 'gestreckten Eier (Fig. 238) eine bemerkbare Biegung, welche oft auch an den abgelegten Eiern noch deutlich hervortritt (Fig. 240). Besonders auffällig ist eine Biegung der Eier im unteren Drittel (Fig. 240). Es ist bekannt, dass die Eier unserer Gallwespe am vorderen Pole einen außerordentlich langen Stiel tragen, welcher die Länge des Eies: selber um ein Vielfaches übertrifft. Dieser Stiel schwillt an seinem oberen Ende zu einer ganz lang ausgezogenen Keule an, welche‘ im Inneren kugelige oder ovale helle Körperchen einschließt, die durch eine feinkörnige Substanz von einander getrennt sind. Der Stiel steckt in einer besonderen Tasche, deren Zusammensetzung aus zahlreichen Zellen durch die in geringen Abständen vorhandenen Kerne sicher- gestellt wird. Tasche und Stiel schlingt sich um den Ovarialschlauch Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 143 aufwärts und überragt schließlich die Endkammer desselben noch um eine erhebliche Strecke. Die einzelnen Eier eines jeden Schlauches liegen in der Zahl von vier oder fünf hinter einander; dabei ist es nun aber merkwürdig, dass die Enden der Eistiele gar nicht sehr ungleich hoch liegen. Die Endkammer besteht aus einer Anzahl gleich großer rundlicher Zellen, welche zum Theil sich an einander etwas abplatten und einen verhältnismäßig großen mit feinkörnigem Chromatin ausgerüsteten Kern enthalten (Fig. 241). An die Endkammer schließt sich das jüngste Ei an, wie ein solches in Fig. 241 (unten) abgebildet ist. Es hat sich bereits ein Follikelepithel darum formirt; aber durch einen Zapfen steht es noch mit der Nährkammer in Verbindung. Der Kern dieser jüngsten Eier ist bläschenförmig und fällt durch seine Farblosigkeit im Gegensatz zum Plasma auf. Er enthält nämlich nur sehr wenig Chro- matin, welches in pulverförmigem Zustande, vielleicht auch unter der Form kleiner schwach färbbarer Körperchen uns entgegentritt. Es interessirt hier nicht, näher darauf einzugehen, in welcher Weise das Ei allmählich an Volumen zunimmt. Es genügt zu wissen, dass auch der Kern noch größer wird, sowie dass die Chromatinsubstanz alsbald in Gestalt von runden Körperchen wieder deutlich hervorzu- treten beginnt. | Wie bereits gesagt, liegen in jeder Ovarialröhre mehrere Eier hinter einander, welche eine gleiche Größe besitzen und nach ihrer Ähnlich- keit mit den abgelegten Eiern leicht als völlig gereift angesehen werden können. Ein genaueres Studium ihrer Kerne ergiebt jedoch, dass sie durchaus nicht auf gleicher Stufe stehen. Man bemerkt nämlich, dass die oberen Eier aus dem Ovarial- schlauche etwas unterhalb des ersten Drittels ihrer Länge einen kuge- ligen, ringsum scharf begrenzten hellen Kern von ansehnlicher Größe besitzen (Fig. 216, 247). Wie es in den angezogenen Figuren abgebildet ist, enthalten die Kerne kleine Chromosomen, welche man kugelig nennen könnte, wenn sie nicht eine unregelmäßig höckerige Oberfläche besäßen. Oft sind die Chromosomen aber auch gestreckt, in einigen Fällen erschienen sie deutlich ringförmig derart, dass die Ringe an zwei gegenüberliegenden Stellen eine Verdickung zeigten (Fig. 216, 217). Ob man jedoch annehmen darf, dass alle Chromosomen ursprüng- lich ringförmig waren, wie man in Folge meiner Angaben über die Spermatogonien von Pyrrhocoris versucht sein könnte, wage ich nicht Sicher zu behaupten, wenn auch die Vacuole in einigen Chromosomen z. B. der Fig. 229 eine solche Auffassung begünstigen könnte. Hierzu sind noch weitere Beobachtungen an einer größeren Zahl von Objekten 144 j H. Henking, nöthig. In vielen Fällen erscheinen die Chromosomen übereinstimmend derart, wie es in Fig. 230 abgebildet ist. Von besonderem Interesse ist hier, wo es sich um eine partheno- genetische Entwicklung handelt, die Zahl der Chromosomen. Zwar ist das Keimbläschen verhältnismäßig klein, dafür aber sind die kleinen Chromosomen meist durch einen verhältnismäßig großen Zwischenraum von einander getrennt. So gelang es mir denn durch sorgfältiges Zeich- nen und nachheriges Zählen in fünf Fällen übereinstimmend die Zahl 9 zu erhalten (Fig. 216, 217, 229, 230). Lange bleiben die Chromosomen jedoch nicht von einander ge- trennt. In den etwas älteren Eiern bemerkt man nämlich, dass deren mehrere zusammenzutreten beginnen, entweder zu Klumpen, wie in Fig. 232, oder auch zu Ketten, wie in Fig. 233. Je mehr das Ei reift, um so mehr schreitet dieser Process fort, so dass schließlich alle Chro- mosomen zu einem gemeinsamen Ballen vereinigt sind. Man kann in Fig. 234 noch die Zusammensetzung aus ursprünglich getrennten Kör- perchen errathen, dann aber rücken sie immer dichter zusammen (Fig. 235, 236), so dass schließlich ein einheitliches kompaktes Kör- perchen vorliegt (Fig. 224, 222), wenn das Ei zu völliger Reife ge- langt ist. Die Abbildungen lassen ferner erkennen, dass in gleichem Schritt mit der Zusammenballung der Chromatinsubstanz der farblose Kern- raum an Volumen eingebüßt hat. Die Anfangs pralle Kernblase ist er- heblich kleiner geworden, ihre glatte Oberfläche hat einem zackigen Kontour Platz gemacht (Fig. 234—236). Noch einer anderen Besonderheit ist Erwähnung zu thun, welche eintritt gleichzeitig mit der Zusammenhallung der Chromosomen. Ich habe in Fig. 233 abgebildet, dass ein helles Körperchen der Kernmem- bran außen aufzusitzen scheint. Späterhin habe ich ein solches häufiger wahrgenommen, dann aber lag es in einer sich stärker färbenden Substanz, welche dem schwindenden Keimbläschen einseitig aufsaß- (Fig. 232—236). Die Verschiedenheit, in welcher dieses Körperchen gelegentlich sich zeigte, wird durch Fig. 234, 235, 236 ohne weiteren Kommentar erläutert. In anderen Ovarialeiern, welche nach meiner Ansicht etwas älter sind, erschien es dann ohne deutlichen gefärbten Hof in der Gestalt, welche ich in Fig. 221 und 222 abgebildet habe. Die Erfahrungen der letzten Jahre dürften es gerechtfertigt sein lassen, wenn man in dem Körperchen ein Centrosoma und in dem ge- färbten Hofe ein zugehöriges Archoplasma erblicken wollte. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 145 2. Über die Ablage der Eier. | In welcher Weise die Rosengallwespen ihre Eier in die Blatt- knospen etc. abzulegen pflegen, ist schon so häufig beschrieben worden, dass ich im Einzelnen hier nicht darauf einzugehen brauche. Man findet die Eier meist zwischen den jungen Blättern stecken, in der Weise, wie es von Beyzrinck (6, Taf. VI, Fig. 9I—93) und PaszLavsky (57, Taf. I, Fig. %) abgebildet ist. Ein noch instruktiveres Bild als durch eine einfache Flächenansicht bekommt man jedoch, wenn man durch eine mit Eiern besetzte Blattknospe Querschnitte hindurchlegt. Ich habe einen solchen in Fig. 239 abgebildet. Man erblickt daselbst die Quer- schnitte von fünf Blättchen, deren Spreitenhälften dem Mittelnerv ent- lang jedes Mal zusammengelegt sind wie zwei Hände. Die Blättchen sind nur im Umriss gezeichnet, die (runden) Querschnitte der Eier (e) sind durch Anlegen mit einer dunkleren Farbe leicht kenntlich ge- macht. Es ergiebt sich hieraus, dass die Eier an allen Stellen einer Knospe gefunden werden können, zwischen den zusammengelegten Hälften eines Blättchens, zwischen zwei benachbarten Blättchen, außen am Rande eines Blättchens etc. Bei & sind die Abschnitte von Ei- stielen eingezeichnet, welche von tiefer liegenden Eiern herkommend, sich nach oben erstrecken. Es erhellt aus dem Querschnitt auch ohne Weiteres, dass BEYERINCK völlig im Rechte ist, wenn er besonders betont, dass die Eier völlig an die Oberfläche wachsender Organe der Rose abgelegt werden und nicht in das Innere der Gewebe (6, p. 158). Was die Befestigung der Eier anbetrifft, so findet sich bei Aner (4) die Angabe, dass dieselben durch »eine feste Kittsubstanz (das Sekret der Gift- oder Leimdrüse) innig an das Pflanzengewebe fixirt« werden (p. 242). Auch Bevzrinek (6) erwähnt dieser Kittmasse, irrt jedoch, wenn er sie bereits an den noch in den Ovarien eingeschlossenen Eiern als vorhanden annimmt (6, p. 164). Ebenfalls Paszravsey (57) hat das Gleiche gesehen, eine Beobachtung, welche jedoch auch schon von R£faumur gemacht wurde. Ich kann in gleicher Weise das Vor- handensein eines klebenden Sekretes bestätigen. Das ist jedoch nicht die einzige Art der Sicherung des Eies. Nur Paszuaysgy giebt noch an, dass die Eier von Rhodites rosae »mit ihrem ‚unteren, allemal spitz zulaufenden und oft ungleichrandigen, sogar ha- kigen Ende in die Epidermis des Blattes hineingedrückt, so zu sagen ‚ hineingesteckt« seien (17, p. 13). Jetzt wird auch klar, was der kleine Zapfen zu bedeuten hat, welcher auf den Wrismanw’schen Abbildungen (76, Taf. X, Fig. 7, 10, 14) das Hinterende des Eies überragt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 10 146 | H. Henking, In der That ist das Ei in die Oberfläche des Pflanzengewebes hin- eingesteckt, wie es aus dem in Fig. 238 abgebildeten Längsschnitte klar wird. Jetzt leuchtet auch ein, warum das Ei an seinem unteren Ende zweckmäßig eine Krümmung besitzt, welche bereits bei Beschreibung der Ovarialeier erwähnt wurde. Noch deutlicher wird der Querschnitt in Fig. 228 das Verhalten von Ei und Pflanze erläutern. Man sieht, dass ein zapfenförmiger Fort- satz der Eischale in der obersten Zellschicht der Pflanze steckt. Vom Eikörper selbst pflegt nichts in den Zapfen überzugehen. In dem hier abgebildeten Falle ist derjenige Theil der angestochenen Zelle, welcher nicht von dem Zapfen eingenommen war, ganz von dem klebrigen Drüsensekret (s) ausgefüllt. Meist jedoch reicht der Zapfen bis an den Boden der Zelle und das Drüsensekret breitet sich neben der Anhef- tungsstelle des Eies noch ein wenig flächenhaft aus. Sehr eigenthümlich ist es, dass die Anheftung in den zahlreichen von mir daraufhin untersuchten Fällen stets genau die gleiche war. Es diente zur Befestigung des Eies ausschließlich die oberste Zellschicht der Pflanze, diese aber auch völlig, in der Weise, dass der Zapfen (oder auch das Sekret) genau bis an die Oberfläche der zweiten Zellschicht reichte. Es ist das ein Beweis dafür, wie außerordentlich fein der Tastsinn an dem harten Stachel entwickelt sein muss. Es ist wirklich kaum zu begreifen, wie vom Ende des außerordentlich langen Stech- organs, welches tief unten im Dunkel einer Knospe arbeitet, dem Ge- hirne des Thieres eine so genaue Orientirung übermittelt werden kann, dass stets nur eine einzige Zellschicht des zarten Pflanzengewebes ver- letzt wird. Also es wird die Pflanze verletzt. Das könnte vielleicht jener alten Theorie von MaArpıcHı günstig sein, welcher meinte, dass durch ein in den Pflanzenkörper gelangendes giftiges Fluidum die Galle her- vorgerufen werde, wie der Stich der Biene eine Anschwellung des Thierkörpers veranlasst. In der That zeigte die Umgebung der Stich- stelle gelegentlich eine gewisse Reizung, welche sich durch die Be- schaffenheit des Zellplasmas kund gab. Ich glaube jedoch nicht, dass eine solche immerhin nur geringfügige Verletzung für die erst später erfolgende kolossale Gallenbildung von irgend welchem Belang ist. Wie ist nun aber der Zapfen zu erklären, welcher das Ei an der Zelle festheftet? Er wird nur von der Eischale gebildet und ist im Ova- rium nicht vorhanden. Nach meiner Ansicht ist er nur so zu verstehen, dass wir mit BEyerinck annehmen, dass das Ei im Inneren des Stachels abwärts gleitet. Die Stachelspitze senkt die Spitze des Eies in das Pflanzengewebe. Wenn dann das Ei nach dem Zurückströmen des Ei- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 147 inhaltes sich wieder ausdehnt, klemmt sich die Spitze fest, indem die Cuticula des Pflanzengewebes eine Ausdehnung des Zapfens verhindert. 3. Das abgelegte Ei. Bildung der Richtungskerne. In dem reifen Ovarialeie, in welchem es nicht zur Bildung von eigentlichen Dotterkörnern gekommen ist, erfüllt die plasmatische Sub- stanz den von der Eischale gebildeten Hohlraum völlig, bis an die Basis des Stieles. Anders in den abgelegten Eiern. In ihnen zeigt sich in dem Plasma unterhalb des Eistieles eine helle Stelle, welche vorher _ nicht sichtbar war. Wie dieselbe entsteht, vermag ich nicht anzugeben. Sie ist mit einer hellen Flüssigkeit erfüllt, in welcher eine grobe Kör- nelung auftritt, wenn man das frische Ei z. B. mit Scuxeiper’s Essig- karmin behandelt. Auch in den zum Zwecke des Schneidens konservirten Eiern ist eine solche helle Stelle in den abgelegten Eiern immer vorhanden. Bald liegt sie ganz an der Spitze des Eies (Fig. 238), meist ist sie ein wenig in die Tiefe gerückt (Fig. 240 Ep). Ihre Gestalt wechselt etwas, ist in den meisten Fällen ein gestrecktes Oval. Es kommt jedoch auch vor, dass der Raum durch einen von unten vordringenden Plasmazapfen getheilt oder dass er seitlich durch Vorwölbungen des umgebenden Plasmas unregelmäßig eingebuchtet ist. Im extremen Falle kann er in einen Haufen von Vacuolen zerlegt sein. Der Querschnitt dieses Hohlraumes ist im normalen Falle rund (Fig. 201 Ep) und bitte ich auch hier auf die scharfe Abgrenzung gegen die Umgebung zu achten. Durch die Konservirung erscheint auch auf Schnitten in dem sonst hellen Raume eine wolkige Trübung oder eine feine Körnelung (Fig. 201, 240 Ep). Durch sein Aussehen erinnert diese helle Stelle sehr an jenes Ge- bilde, welches ich bei Musca und Pieris brassicae als Empfängnisfleck beschrieben habe. Nur dass bei den letztgenannten Objekten dieser Raum stets oberflächlich an der Eispitze sich fand, während er bei Rhodites meist eine Strecke in das Plasma herabgerückt ist. Wie bereits Weısmann (76) hervorhob, ist es bei unseren Thieren, welche ihre Eier in die Tiefe von Blattknospen und oft erst nach langem Zaudern ablegen, nicht ganz leicht Eier zu erhalten, deren Alter genau bestimmt wäre. Ich habe desswegen auf eine genaue Altersbestimmung der Eier in den einzelnen Fällen überhaupt verzichtet und mich damit begnügt, das relative Alter derselben nach den Kernveränderungen bestimmen zu können. In den jüngsten der abgelegten Eier befindet sich der Kern an der alten Stelle, aber. der helle Raum um ihn ist nun verschwunden 10* 148 H. Henking, (Fig. 223). Demgemäß haben wir es nur mit der. zusammengeballten Chromatinsubstanz zu thun, da es mir nicht hat gelingen wollen, an dem abgelegten Ei das oben beschriebene angebliche Gentrosoma auf- zufinden. Der Kern ist ein wenig größer als die im’reifen Ovarialei sichtbare zusammengeballte Chromatinsubstanz. Er liegt, wie immer, nicht weit von der Eiperipherie entfernt und ist senkrecht dazu ein wenig gestreckt. Die erste Veränderung des Kernes zeigt sich darin, dass er nicht mehr durch seine ganze Masse eine gleichmäßige Färbung aufweist, sondern in der Region des Äquators heller wird, während an den Polen die dunkle Färbung bestehen bleibt (Fig. 223). Diese Differenzirung schreitet weiter fort, die mittlere Region wird immer heller und man bemerkt nun, dass von den Polen gewissermaßen dunkle stark gefärbte Radien gegen den Äquator gerichtet sind (Fig. 224). So kommt es auf eine recht merkwürdige Weise zu einer Sonderung von gefärbter und ungefärbter Substanz. Beachtenswerth ist noch, dass der Kern in gleichem Schritt mit den beschriebenen Veränderungen immer an Volumen zunimmt, wie ein Vergleich von Fig. 223—225 ja auch sofort ergiebt. Die beschriebenen Umwandlungen sind durchaus nicht als Kunst- produkte aufzufassen, denn sie sind vorhanden sowohl in Eiern, welche mit heißem Wasser als auch in solchen, welche mit Fremming’s Flüssig- keit konservirt wurden. Mit Hilfe der letzteren Methode wurden die in Fig. 223—225 gegebenen Bilder gewonnen, mit heißem Wasser Fig. 226 und 227. Übereinstimmend ist bei allen der helle Mittelraum vorhanden sowie die meridianförmig nach den Polen zustrebende Chromatinsubstanz. Die chromatischen Meridiane hängen Anfangs in der Gegend des Äquators mit denen des anderen Poles zusammen (Fig. 226), dann tritt dort eine Durchschnürung ein. Bei beiden Konservirungsmethoden erhalten wir die Chromatin- substanz Anfangs unter der Form von wenigen Meridianen, welche aus feinen dunklen Körnchen zu bestehen scheinen. Diese Meridiane be- sitzen eine unregelmäßige Oberfläche, indem die CGhromatinkörnchen sich an manchen Stellen in reicherem Maße ansammeln (Fig. 225, 202). Wir können uns vorstellen, dass das Zusammenströmen der Chromatin- substanz nach bestimmten Punkten fortdauert, so dass diese als kugel- förmige Anschwellungen neben dtnneren Stellen hervortreten (Fig. 227 unten). Schließlich sammelt sich alles Chromatin in solchen kugeligen Bezirken an (Fig. 227 oben), so dass wir zu einer Zeit, in welcher der Längsdurchmesser der Theilungsfigur den Querdurchmesser erheblich Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg, in den Eiern der Insekten, II. 149 übertrifft (Fig. 203), wir die Tochterplatten aus einer großen Zahl kleiner kugeliger Chromosomen zusammengesetzt finden. Die Zahl der Chomosomen auf diesem Stadium zu bestimmen, hat wegen der Kleinheit der Figur und ihrer nicht günstigen Lage mir nicht gelingen wollen. Jedoch ist so viel sicher, dass es erheblich mehr sind als neun, welche wir ja des öftern in den Keimbläschen haben feststellen können. — Wie es aus Fig. 203, noch besser aus Fig. 245 hervorgeht, treten zwischen den sich theilenden Chromosomen gefärbte Verbindungsfäden auf, welche allerdings nicht immer in der Deutlich- keit wie in Fig. 245 sichtbar werden. Im Allgemeinen sind sie hier nicht sehr stark ausgebildet, wie es aber vielleicht schon aus der Kleinheit aller Verhältnisse hier verständlich wird. Wenn die Tochter- platten sich weiter von einander entfernen, verschwinden sie schließ- lich ganz. Den Zerfall der Ghromatinmeridiane in zahlreiche kugelige Chro- mosomen (Fig. 203) habe ich nur nach Konservirung mit Fremming’scher Flüssigkeit gesehen. Aber auch hier nicht in allen Fällen. So ist in der allerdings etwas jüngeren Theilungsfigur Fig. 243 die Zahl der Chromosomen entschieden geringer, vielleicht nicht mehr als neun, und diese sind an den einander zugewandten Seiten zugespitzt als wenn sich dort erst vor Kurzem die Verbindung gelöst hätte, welche z. B. an dem ganz links gezeichneten Körnchenpaar noch besteht. Es scheint mir kein Zweifel daran zu sein, dass die erwähnten Verschiedenheiten in individuellen Besonderheiten der Eier begründet liegen. Denn auch bei Anwendung von Hitze zur Konservirung be- kommen wir ähnliche Verhältnisse, nur dass hierbei im Gegensatz zu Fremming’s Flüssigkeit eine Verminderung der Zahl leicht beobachtet wird. So enthält Fig. 244 eine größere Zahl von Chromosomen jeder- seits, dagegen in der etwas älteren Fig. 204 zählen wir nur wenige Chromosomen. Diese aber sind so groß, dass sie ohne Weiteres ver- rathen, wie sie aus Verschmelzung von ursprünglich getrennten Gebil- den hervorgegangen sein müssen. Es geht aus diesen Beobachtungen hervor, dass die Chromosomen in vorliegendem Beispiele keine allzu große Selbständigkeit haben kön- nen, sondern dass eben so leicht ein Zerfallen in eine größere Zahl oder ein Verkleben zu einer wenig zahlreichen Gruppe stattfinden kann. Es fragt sich nur, ob nicht die theoretisch zu fordernde Zahl neun auch öfter gesehen werden kann. In der That habe ich diese Zahl an der _ einen oder anderen besonders günstigen Tochterplatte feststellen - können und verweise z. B. auf Fig. 250. Die untere Tochterplatte lässt die Neunzahl unschwer erkennen, während in der äußeren 150 | H. Henking, Tochterplatte wiederum eine theilweise Verklebung eingetreten ist. Ebenfalls glaube ich in der in Fig. 247 abgebildeten Tochterplatte neun Chromosomen annehmen zu sollen. Die beiden Tochterplatten der in Fig. 248 abgebildeten ersten Richtungsspindel enthalten eine un- gleiche Zahl von Chromosomen, ich zähle oben acht unten sechs. Im Gegensatz dazu ist auf der inneren in Fig. 246 abgebildeten Tochter- platte das Vorhandensein von mindestens zehn Elementen anzu- nehmen. Mögen wir nun aber neun oder mehr Chromosomen in der ersten Richtungsspindel für das Normale halten, so ist doch so viel klar, dass die beiden Tochterplatten je etwa die gleiche Menge Chromatinsubstanz enthalten. Das vermag man selbst in jenen Fällen unschwer abzu- schätzen, in welchen eine Zahlbestimmung der Chromosomen nicht möglich ist. Die erste Richtungsspindel (Rsp/) liegt an derselben Stelle der Eioberfläche, an welcher wir bei den Ovarialeiern das Keimbläschen gesehen hatten, also etwas unterhalb des ersten Drittels der Eilänge (Fig. 238). Die Spindel scheint meist gegen die Oberfläche des Eies ge- neigt zu sein, wenigstens in den vorgerückteren Stadien (Fig. 238, 249), während sie Anfangs eine senkrechtere Lage hat (Fig. 243—245). Von einem deutlichen CGentrosoma ist gewöhnlich nichts zu sehen, nur in dem in Fig. 249 abgebildeten Falle glaube ich ein solches zu bemerken. Sonst -verräth höchstens einmal ein hellerer Schein über den Tochter- platten, dass dort ein dem cöne prineipal sonstiger Theilungen ent- sprechendes »Organ« gesucht werden muss. Ebenfalls nur selten sieht man einmal eine ganz schwache Andeutung einer Zellplatte (Fig. 204). Die äußere chromatische Tochterplatte repräsentirt das erste Richtungskörperchen. Zu einer Abtrennung desselben von der Eizelle kommt es nicht, vielleicht selbst nicht einmal zu einer Abtren- nung von der Spindelfigur. Es tritt nämlich sofort eine neue Theilung sowohl der Chromosomen des ersten Richtungskernes als auch der Chromosomen des Spaltkernes ein. Die Theilung muss außerordentlich rasch verlaufen; denn trotzdem ich vielfach die successive von einem Thiere gelegten Eier untersucht habe, welche die Übergänge der ein- zelnen Stadien erkennen ließen, habe ich hier immer gefunden, dass die Theilung der Chromosomen bereits vollendet war. Es bieten solche Stadien den Anblick, welchen ich in Fig. 205 abgebildet habe. Ein Vergleich mit Fig. 204 zeigt sofort, in welcher Weise die Theilung der Tochterplatten erfolgt ist. Der Raum der Verbindungsfäden in Fig. 204 ist verändert, indem der untere Theilkern des ersten Richtungskernes (RkI[2]) und andererseits der obere Theilkern des Spaltkernes (RAII) Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 151 sich vermöge der ihnen innewohnenden entgegengesetzten Bewegungs- richtung einander genähert haben. Es ist natürlich kein Zweifel daran möglich, dass wir in dem »oberen Theilkerne des Spaltkernes« (RAIT) nichts Anderes vor uns sehen als ein zweites Richtungskörperchen (resp. zweiten Rich- tungskern). Dasselbe entsteht durch einfache Theilung der Chromo- somen, denn ich habe in dem in Fig. 251 abgebildeten Falle in dem zweiten Richtungskerne (RAJI) neun bis zehn Chromosomen zählen können. Der Eikern dürfte demnach die gleiche Zahl enthalten (Fig. 205 Eık). Sind die Chromosomen in den neuen Kernen Anfangs etwas mehr getrennt, so schließen sie sich in der Regel sehr bald etwas näher zu- sammen, wobei sie allerdings in einer Ebene stehen bleiben. Dann ist ein Zählen derselben überhaupt nicht mehr möglich. Die äußeren drei Kerne oder Gruppen von Chromosomen behalten diese Gestalt noch länger bei, die innere Gruppe rundet sich jedoch bald zu dem eigent- lichen Eikerne ab. Die Abrundung des Eikernes dürfte wohl in derselben Weise vor sich gehen, wie ich es schon öfter von anderen Insekten beschrieben habe. Nur selten hat es den Anschein, als wenn in dem bereits abge- trennten Kerne noch einzelne Chromosomen erkannt werden könnten. Will man die Fig. 207 in diesem Sinne verwerthen, so ist immerhin zu beachten, dass die Zahl der Chromosomen, welche in diesem Falle einen helleren Mittelraum umgeben, eine beträchtlich größere gewor- den ist. Jedoch kann bei der Kleinheit der Verhältnisse ein solches vereinzelt gefundenes Bild leicht zu Täuschungen Veranlassung geben. Für normaler, nach Analogie mit anderen Insekten, möchte ich das in Fig. 206 dargestellte Bild halten. Hier ist von Chromosomen nichts mehr zu erkennen, nur ein unregelmäßiges Netzwerk durchzieht das Innere des schwach gefärbten Kernes. Derselbe rückt nun mehr in das Innere des Eies hinein. Wenn er sich vom zweiten Richtungskerne entfernt hat, kann man an gut gefärbten Präparaten noch einen Zapfen der achromatischen Verbindungssubstanz erkennen, welche an dem zweiten Richtungskerne hängen blieb (Fig. 208, 240). Ob er selber etwas von dieser Substanz mit sich genommen hat, wie es wohl mög- lich ist, kann ich nicht angeben. 4. Wie steht es mit der Befruchtung und der Ausbildung eines Thelyid? Aprer hat bei Rhodites rosae beobachtet, dass die Zahl der Männ- chen eine außerordentlich geringe ist. Er fand im Verhältnis zu 664 © nur 7 9! (l, p. 217) und in gleicher Weise giebt Bryrrinck an, dass er sn 152 H. Henking, von Rh. orthospinae mehrere hundert Weibchen, aber nur fünf J! er- halten habe (6, p. 160). Weısmann und Paszravsky haben bei ihren Versuchen überhaupt keine Männchen gesehen. Die Entwicklung der Eier erfolgte also parthenogenetisch. Ich will noch bemerken, dass, so viel mir bekannt ist, bisher bei Rhodites die Entwicklung befruch- teter Eier noch nicht beobachtet wurde. Auch das mir vorliegende Material ist sämmtlich unbefruchtet. Es stammt sowohl von weiblichen Thieren her, welche sofort nach dem Ausschlüpfen zusammen mit einem frischen Rosenzweige isolirt wur- den, als auch von solchen, welche ich frei auf einer wilden Topfrose umherwandern ließ. In beiden Fällen erfolgte die Ablage der Eier bald und willig. Von Samenfäden habe ich im Körper der weiblichen Wespe nichts gesehen, so dass mir eine etwa vor dem Ausschlüpfen erfolgte Befruchtung ausgeschlossen zu sein scheint. Was jedoch das Wichtigste ist, ich habe in den abgelegten Eiern niemals etwas von eingedrungenen Samenfäden wahrgenommen. Nach- dem ich mich recht eingehend mit der Befruchtung von Insekteneiern beschäftigt habe und gelernt habe, die Samenfäden in denselben auch unter erschwerenden Bedingungen aufzufinden, glaube ich zu dem Ausspruche berechtigt zu sein, dass in dem von mir untersuchten Materiale von Rhodites in der That keine Samenfäden vorhanden sind. Außerdem ist es bei einiger Übung gar nicht so schwer, ein Samenelement zu finden, wenn es zur Copulation mit dem Eikerne sich vorbereitet. In Folge der von ihm veranlassten reichlichen Plasma- strahlung ist es bei den übrigen Insekten jedenfalls leichter zu sehen, als der Eikern. Denn dieser eilt ohne Spur, gewissermaßen verstohlen auf den Samenkern zu und wird erst deutlicher, wenn er zu dem Samenkerne in die gemeinsame Strahlensonne eingetreten ist. Die Schilderung, welche ich hier von Rhodites gebe, betrifft also sicher eine parthenogenetische Entwicklung. Wenn eine Befruchtung eintrat, hatten wir erfahren, dass von dem Eikerne außer den Richtungskernen auch die Substanz der Verbin- dungsfäden unter der Form von ein resp. zwei »achromatischen Rich- tungskörpern « abgeworfen war, welche ich als Thelyid bezeichnet hatte. Es ist nun natürlich nicht ohne Interesse, zu wissen, ob diese Substanz auch bei parthenogenetischer Entwicklung eliminirt wird. Da kann ich nur angeben, dass ich hier das Abwerfen eines Thelyid als eines selbstän- digen Körperchens nicht beobachtet habe. Allerdings möchte ich nicht allzuviel Gewicht auf diese. negative Angabe legen, da die ganzen Ver- hältnisse bei Rhodites sehr viel kleiner sind als bei den von mir sonst untersuchten Insekten. Nur so viel möchte ich betonen: Sollte bei Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il, 153 Rhodites wirklich ein Thelyid gebildet und abgeworfen werden (wor- über spätere Untersuchungen entscheiden mögen), so kann es nur sehr geringfügig sein, und ist jedenfalls nicht im Stande, dem Eikerne das Vermögen einer Fortentwicklung zu rauben. 5. Veränderungen des unbefruchteten Eikernes. Wenn der Eikern sich von dem zweiten Richtungskerne entfernt, beginnen in seinem Inneren Veränderungen vor sich zu gehen. Im Ganzen wird der Kern heller, nur dass noch einige Züge einer gefärbten Substanz zu erkennen sind (Fig. 208). Auch diese Anhäufungen einer farblosen Substanz gehen alsbald verloren, so dass der Kern immer homogener wird. Nur einmal habe ich bemerkt, dass ein solcher homo- gen gewordener Kern gleichmäßig und kenntlich tingirt werden konnte (Fig. 209 Eik). Gewöhnlich ist es so, dass er auf diesen und den nach- folgenden Stadien sich völlig ablehnend gegen die von mir benutzten Farbstoffe (Boraxkarmin, Enrricn's Hämatoxylin, Bismarckbraun etc.) verhielt (Fig. 210—213). Dann erschien der Kern als ein heller Fleck in dem stärker gefärbten Plasma. Wer denselben in dieser Gestalt zum ersten Male sieht, wird vielleicht nicht geneigt sein, ihn für den wirk- lichen Eikern zu halten. Indessen ist es möglich schrittweise gewisser- maßen seine Abschnürung und allmähliche Umwandlung bis zur Bildung der ersten Embryonalkerne zu verfolgen. Der Eikern beginnt nun langsam zu wachsen (Fig. 214) und erreicht bald ein Vielfaches seines ursprünglichen Volumens (Fig. 206). - Gleichzeitig möchte ich noch hervorheben, dass er durchaus keine _ Membran besitzt, sondern sich nur durch die besondere Beschaffenheit - seiner Substanz gegen die Umgebung abgrenzt. h Bei scharfem Zusehen mit Hilfe stärkster Vergrößerungen erschei- nen innerhalb der hellen Substanz des Eikernes zarte nicht gefärbte - Trübungen (Fig. 210, 211). Sie sind derartig geringfügig, dass sie F kaum mit dem Auge wahrgenommen, geschweige denn naturgetreu - gezeichnet werden können. Sie sind zu schemenartig, als dass sie mit der verschwundenen Chromatinsubstanz in Verbindung gebracht werden - könnten. Diese beginnt erst langsam wieder zu erscheinen, wenn der - Kernraum eine beträchtliche Größe erreicht hat. Dann beginnen im Inneren desselben zerstreut kleine Körperchen in großer Zahl sichtbar - zu werden, welche eine schärfere Form besitzen (Fig. 213). Mit der Färbbarkeit ist es zwar Anfangs nicht weit her, allein man erkennt doch allmählich wieder, dass gewissermaßen greifbare Gebilde allmäh- lich entstehen (Fig. 253). Dann nimmt auch die Färbbarkeit zu, und besonders, wenn die Körperchen sich zu größeren Gruppen zusammen- „aa 154 00H. Henking, rottiren (Fig. 242 unten). Immer mehr Chromatin kommt zum Vorschein und man sieht alsdann wohl, dass die einzelnen Elemente kleine Ringe oder Hohlkugeln mit hellerem Centrum darstellen. Solcher Körperchen ist eine große Anzahl vorhanden. Sie liegen in unregelmäßigen Haufen und Gruppen dicht bei einander (Fig. 218). Man kann auf’diesem Stadium wohl schon bemerken, dass manche der oben erwähnten Körperchen in einer Reihe liegen und auf die Weise einen Faden bilden (Fig. 218). Wir können darin wohl schon die erste Andeutung zur Ausbildung desjenigen Stadiums erblicken, zu welchem ich mich jetzt gleich wende (Fig. 219). Es versammelt sich nämlich das Chromatin in solchen Fäden, wie sie bei der Kerntheilung so allgemein aufzutreten pflegen. Die Chromatinfäden liegen in dem hellen Kern- raume entweder vereinzelt oder in Gruppen (Fig. 219). Sie färben sich intensiv und tritt der Unterschied gegen früher besonders lebhaft dann vor die Augen, wenn man auf demselben Präparate diese älteren Kerne mit ihrem reichlichen und intensiv gefärbten Chromatingehalt und andererseits die jüngeren völlig farblosen Eikerne neben einander liegen sieht. Hier ist die Möglichkeit sehr fern gerückt, zur Ab- schwächung der für manche Auffassung unbequemen Thatsache den Vorwurf ungleicher Behandlung ins Gefecht zu führen. Auch hier ist natürlich die Zahl der Chromosomen wieder von überwiegendem Interesse. Dieselbe ganz genau festzustellen, hat wegen der.Länge der Fäden keine geringe Schwierigkeit. Unschwer erkennt man jedoch z. B. an dem in Fig. 219 abgebildeten jungen Furchungskerne, wo nicht die gesammte Chromatinsubstanz einge- zeichnet ist, dass die Zahl der Chromosomen beträchtlich größer ist als neun. In Fig. 25% habe ich alle vorhandenen Fäden eines der jüngsten Furchungskerne mit möglichster Genauigkeit gezeichnet und finde, dass deren 18—20 vorhanden sind. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es mir mehrfach gelungen ist, in dem Keimbläschen neun Chromosomen zu zählen, während, wie wir eben sahen, in den jungen Furchungskernen 418—20 Chromosomen vorhanden waren. Demnach hat ohne Zutritt eines Samenkernesbeider parthenogenetischen Entwicklung von Rhodites eine Verdoppelung der Chromosomen statt- gefunden. Nach dem, was über die Zahlenverhältnisse der Chromosomen sonst bekannt ist, stimmen die Furchungszellen mit den Körperzellen des ausgebildeten Thieres in der Zahl überein. Wir hätten also etwa 48 Chromosomen für die Normalzahl von Rhodites rosae L. anzusehen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 155 Da nun aber in den Keimbläschen der unreifen Eier nur neun Chro- mosomen gezählt wurden, ein Verschwinden oder Abwerfen von Chromatinsubstanz aber nach unseren sonstigen Erfahrungen nicht anzunehmen ist, so möchte ich nach Analogie mit dem bei der Sperma- togenese (Pyrrhocoris etc.) bekannt Gewordenen die Vermuthung aus- sprechen, dassjeder derin den Keimbläschen gezählten Chromatinkörper als ein Doppelelement zu betrachten sei. Zur Unterstützung könnte auf die vereinzelt beobachtetenringförmigen Elemente hingewiesen werden. Bei Pyrrhocoris war die Zweiwerthigkeit der Elemente daran unschwer zu demonstriren, dass jedes der etwa kugeligen Einzelele- mente durch eine Furche von seinem Partner getrennt war. Hier dagegen müssten wir annehmen, dass eine völlige Verschmelzung der beiden Einzelelemente zu einem scheinbar einheitlichen Körper statt- gefunden habe. Wie ist es nun mit der Reduktion in der Zahl, welche nach meiner Annahme sonst bei der Abwerfung des ersten Richtungskörperchens eintritt? Diese Zahlenreduktion lässt sich in dem Sinne, wie sie von mir gebraucht wurde, bei Rhodites nichtnachweisen. Es ist zwar ein Anlauf dazu genommen, indem die dem Thiere in der Hypothese als normal zugeschriebenen 18 Chromosomen sich paarweise zu neun Doppelelementen vereinigten; ob aber bei der in der ersten Richtungs- spindel erfolgenden Theilung nun auch wirklich eine Reduktion vor- genommen wird, derart, dass neun der ursprünglichen Einzelelemente in den Richtungskern übergehen, während die anderen neun Einzel- elemente dem Ei verbleiben (Holzschn. III), — oder ob von jedem der 18 Einzelelemente, welche allerdings zu neun Klumpen verschmolzen sind, jedes Mal die Hälfte in den neu entstehenden neun Doppelchro- mosomen vorhanden ist (/V), darüber klärt die Beobachtung nicht auf. Darüber möge die Zukunft einen sicheren Bescheid geben, wenn sie kann. Indessen scheint mir die folgende Erwägung nicht ohne Nutzen zu sein. Ich betonte oben die Unbeständigkeit der chromatischen Elemente während der Bildung der Richtungskörper, wie man bald eine Verschmelzung zu größeren Komplexen, bald einen Zerfall in eine größere Zahl von Elementen beobachten konnte. Es fiel mir das auf in Vergleich mit meinen Erfahrungen über andere Insekten. Nun zeigt sich ja auch ganz offenkundig, dass die Chromosomen eine Neigung zur Vereinigung besitzen, in dem Umstande, dass sie in dem Keimbläschen paarweise verschmelzen, — andererseits ihre Neigung zum Zerfall darin, dass aus den neun Chromosomen des Eikernes deren 18 in den Furchungskernen werden. Das ist auffallend, besonders aber der Zerfall in die größere Zahl, ng 156 H. Henking, weil damit etwas ersichtlich Neues geschaffen ist, nämlich 18 selbstän- dige Elemente, während vorher nur deren neun vorhanden zu sein schienen. Sollte da nicht die oben an zweiter Stelle gemachte Annahme die einfachste Erklärung bieten? Danach hätten wir die Verhältnisse in folgender Weise zu interpretiren (siehe Holzschn. IV). Fig. II und IV. Schemata der Richtungskörperbildung von Rhodites. K, Körperzelle; RXI resp. II, Bildung von Richtungskörper I resp. II; FK, Furchungszelle (dia untere von beiden jedes Mal etwas weiter entwickelt gedacht als die obere). Die 18 Einzelelemente verschmelzen zwar zu deren neun, das hindert jedoch nicht, dass ein jedes von ihnen sowohl bei der Bildung des ersten wie bei der Bildung des zweiten Richtungs- kernes eine einfache Äquationstheilung erfährt. Es sind demnach Theile von allen 18 Einzelelementen in allen Kernen vorhanden. Die 18 Elemente des Eikernes treten in den Furchungskernen wieder gesondert hervor. Mit dieser vorläufigen Annahme scheinen die Vorgänge von Rhodi- tes auf einfache Weise erklärt zu sein. Man würde mit der Annahme einer einfachen Äquationstheilung für beide Riehtungskörperchen die Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 157 Differenz, welche bisher zwischen parthenogenetischen Eiern mit einem und solchen mit zwei Richtungskörpern bestand, nicht unbeträchtlich abgeschwächt haben. Und will man mit Weısmann in der CGhromatin- substanz das Keimplasma erblicken, so ist es klar, dass bei der gegebe- nen Deutung dem neuen Thiere dennoch die gesammten Qualitäten seiner Ahnen verbleiben müssen, auch wenn zwei Richtungskörperchen gebildet sind. Dagegen würde bei der oben an erster Stelle erwähnten Annahme bei der Bildung des ersten Richtungskörperchens eine Reduktion in den Chromosomen stattfinden (vergl. Holzschn. II), so dass schließlich die Furchungskerne (FK) nur die Hälfte des Keimplasmas erhielten, welches das Mutterthier besessen hatte. In Verfolgung der Weısmann- schen Ideen würde das merkwürdige und jedenfalls haltlose Konse- quenzen ergeben!. 6. Die Theilungen der Furchungszellen. Eine Membran besitzt der Eikern, so viel ich habe sehen können, auf keinem der beschriebenen Stadien. Seine Abgrenzung gegen das umgebende Plasma ist bald deutlich und bald weniger scharf, wie es die bezüglichen Fig. 206—220 andeuten. In einigen Fällen bemerkte ich eine Art von Plasmastrahlung in der Umgebung des Kernes (Fig. 211, 218), nur in einem Falle saß eine unregelmäßige dunklere Plasmahaube einseitig dem hellen Kerne auf (Fig. 213). Ein deutliches Gentrosoma habe ich in keinem Falle wahrnehmen können. Wenn die Chromosomen in der deutlich gefärbten Schleifengestalt aufgetreten sind, ordnen sie sich bald zu einer Äquatorialplatte. Wir haben in Fig. 219 und Fig. 252 Polansichten einer solchen aus jungen - Furchungszellen vor uns, während Fig. 220 die Seitenansicht des zur Theilung sich anschickenden Eikernes darstellt. Man vermisst im letz- _ teren Falle an den ganz gut zu erkennenden Polen eine plasmatische GE Ge Strahlung. Dieselbe dürfte nicht sehr stark ausgebildet sein, sonst würden sich wohl Spuren davon erhalten haben. Die Lage des Eikernes vor der Theilung wird aus Fig. 237 klar werden (Eik) und auch aus dem umstehenden Holzschnitte V ergiebt sich, dass derselbe sich nicht sehr weit von den Richtungskörpern (rm) entfernt. In dem dem Holzschnitt V zu Grunde liegenden Präparate befindet sich der Eikern in Vorbereitung zur Theilung. Die beiden Ö F „ 2 | Fr nun entstehenden Furchungskerne rücken derart aus einander, dass 1 Ich bemerke hierzu, dass die Holzschnitte bereits vor Erscheinen der neue- sten Schrift von WEısmann, »Über Amphimixis« (75) angefertigt und der Text schon _ vorher zum Druck eingereicht war. (Bem, w. d. Korrektur.) 158 H. Henking, der eine höher, der andere tiefer im Ei liegt als die randständigen Richtungskörper (Holzschnitt VI). In dieser Abbildung sind beide Kerne bereits wieder in die Spindelstellung übergetreten und die neu entstehenden Kerne trennen sich wieder etwas in der Längsrichtung des Eies, um sich abermals zu theilen (Holzschnitt VII). Auf diese Weise: bildet sich in ganz normaler Folge das erste Zellenmaterial, welches das neue Thier aufzubauen bestimmt ist. | Zur Erläuterung der Holzschnitte bemerke ich noch, dass dieselben aus Querschnittserien der betreffenden Stadien rekonstruirt sind. Die Kerne sind aus den be- treffenden Querschnitten = fin 1 | eingezeichnet, so dass | ihre Lage zu einander " al Zn völlig_korrekt ist, wäh- I n zu rend ihre Richtung in den flächenhaften Sche- 1 == maten nicht naturgetreu En | ln aan wiedergegeben werden = I IN konnte. So habe ich sie ä | MI I aus Zweckmäßigkeits- 10_ - —TMm ı in o no \ I gründen stets in Seiten- 30 . . ansicht abgebildet. no Sr Der helle Fleck am Schemata für die Entwicklung der Eier von Rhodites. rm, Richtungskernmasse. oberen Ende des Eies stellt den sogenannten Empfängnisfleck (siehe oben p. 147) dar, dessen Dimensionen und Lage naturgetreu ist. In den Holzschnitten enthalten alle Furchungskerne reichliches _ Chromatin. Es giebt jedoch auch bei ihnen ein Stadium, in welchem das Chromatin verschwunden ist (Fig. 212, 353). Dann tritt es in Form von schwach gefärbten Pünktchen zuerst wieder auf, um später die intensiv gefärbten Schleifen zu bilden. | 7. Das Verhalten der Richtungskerne. Wir erfuhren, dass der erste Richtungskern sich theilte, während der zweite Richtungskern gebildet wurde (Fig. 205). Eine Folge dieser Theilung ist, dass der äußere Theilkern des ersten Richtungskernes ganz an die Peripherie des Eies rückt, während sein innerer Schwester- kern nahe an den zweiten Richtungskern herantritt. So gewinnt es früh den Anschein, als wenn letztere beiden Kerne alsbald von einer gemeinsamen Vacuole eingeschlossen würden (Fig. 207, 213). Ihre Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Riern der Insekten. II. 159 Chromosomen bleiben isolirt. Ich erwähne das aus dem Grunde, weil die Chromosomen des äußeren Abkömmlings vom ersten Richtungskern eine Neigung verrathen, mit einander zu verschmelzen (Fig. 207, 213). Bis hierher sind also die Verhältnisse ganz ähnlich wie ich sie bei Lasius schilderte. Der äußere Kern rückt jedoch später wieder etwas tiefer in das Ei hinein (Fig. 213) und tritt in nähere Berührung mit den beiden anderen Kernen, wenn der Eikern sich zur ersten Theilung vorbereitet (Fig. 220, 242). Alsdann vereinigen sich alle drei Kerne und werden von einer gemeinsamen hellen sogenannten Kernvacuole umschlossen (Fig. 212). Dann ist nicht mehr zu erkennen, von welchem Kerne die einzelnen Chromatinpartikelchen abstammen (Fig. 218, 219). In diesem Zustande bleibt die Richtungskernsubstanz (Rk) an der Peripherie des Eies liegen (Fig. 237, 240), etwa an der gleichen Stelle, an welcher vorher Eikern und Richtungsspindeln (Fig. 238) sich be- fanden (vgl. auch Holzschnitte V—VII, p. 158). Über das schließliche Schicksal der Richtungskernsubstanz kann ich nichts angeben, da ich spätere Stadien der Eientwieklung von Rhodites nicht untersucht habe. 8. Litteratur. Über die ersten Entwicklungsvorgänge im Ei von Rhodites hat, so viel ich sehe, bisher nur Weısmann (76) eine Reihe von Beobachtungen veröffentlicht. Derselbe theilt mit, dass er hauptsächlich das lebende Ei untersucht hat, während Schnitte von ihm nicht angefertigt wurden. Es können demnach die Weısmann’schen Mittheilungen als werthvolle Ergänzungen zu den von mir mitgetheilten Resultaten dienen (oder richtiger umgekehrt), da ich lediglich konservirtes, vor Allem in Längs- und Querschnitte zerlegtes Material studirt habe. Andererseits kann es bei der Kleinheit der Kernverhältnisse nicht Wunder nehmen, wenn wir finden, dass Wzısmann eine Reihe der von mir oben beschriebenen Kernmetamorphosen am lebenden Objekte nicht gesehen hat, so z. B. die Richtungskörperchen, während mir wieder manche Besonderheiten des lebenden Eies nicht zu Gesicht gekommen sind. Den Kern im gereiften Ovarialei hat Weısmann gesehen und richtig abgebildet. Weiter erwähnt er dann, dass bei einem anderen Ovarialeie (allerdings nur in einem Falle) der Kern ganz am Hinterende des Eies sich gefunden habe. Nun lag natürlich der Schluss nahe, dass eine homogene glashelle Kugel am gleichen Orte, welche von einem anderen Ovarialeie abgebildet ist, wohl der weiter entwickelte Kern sein müsse. Dieser Kern erstreckt sich dann nach Weısmann unter amöboider Bewe- gung in der Achse des Eies in die Länge und trennt sich schließlich in zwei Stücke, welche je nach einem Pole rücken und dort den vor- 160 - H. Henking, deren und hinteren Polkern bilden. Der vordere Polkern kon- centrirt sich zuerst, während der hintere noch lange die Gestalt einer verschwommenen hellen Wolke beibehält und unter amöboiden Bewe- gungen und Dehnungen zunächst zweien Kernen die Entstehung giebt, welche sich ihrerseits theilen, »so dass dann außer den beiden großen Polkernen noch vier kleinere Kerne in der Achse des Eies liegen. Vom hinteren Polkern entstanden diese Mittelkerne jedoch nicht durch Hal- birungen, sondern als abgetrennte kleinere Stücke, wie bei einem Knospungsprocess. Der vordere Polkern verändert sich inzwischen so gut wie gar nicht. Die amöboiden Bewegungen des hinteren Polkernes sind nicht ohne Interesse, und wenn ich sage, dass ich an meinem konservirten Ma- teriale davon nichts gesehen habe, so soll damit durchaus kein Zweifel ausgedrückt sein. Ich habe gelegentlich im Hinterende des Eies eine Vacuolenbildung, aber nicht sehr stark, bemerkt, und weiß nicht, ob das mit obiger Erscheinung etwas zu thun hat. Wie ich die Entstehung der ersten Kerne und ihre Lagerung beobachtet habe, wurde von mir weiter oben dargestellt. Was den vorderen Polkern anbetrifft, so kann ich nicht umhin, denselben mit dem von mir erwähnten »Empfängnisfleck« zu identi- fieiren. Das scheint mir aus einem Vergleiche der Abbildungen von WEISmAnN (Taf. X, Fig. &, 6, 9, 10, 43) mit den von mir gegebenen (Fig. 238, 240, Holzschn. V—VII, p. 158) unzweifelhaft hervorzugehen. Auch ich habe Veränderungen dieses Gebildes und Auflösung in Grup- pen von Vacuolen, wie es von Weısmann abgebildet wird (Fig. 5 etc.), wohl beobachtet. Das Gebilde verhält sich jedoch völlig anders wie ein Kern, so dass ich die Kernnatur desselben für ausgeschlossen halte. Was aus ihm später wird, kann ich nicht sagen, da meine Unter- suchung sich nur auf die frühesten Stadien des Eies erstreckte. 9. Wichtigste Resultate. Das Keimbläschen enthält Anfangs etwa neun Chromosomen. Diese ballen sich zu einem kompakten Körper zusammen, welcher bei der Bil- dung des ersten Richtungskörperchens eine eigenthümliche Theilung er- fährt. Die wieder auftretenden Chromosomen verrathen eine gewisse Unselbständigkeit, indem sie einerseits leicht mit ihres Gleichen ver- kleben, andererseits in eine größere Anzahl zerfallen können. Eine Mittelzahl jedoch scheinen neun Chromosomen zu sein. Es werden zwei Richtungskörperchen (resp. Richtungskerne) gebildet. Aus dem Ei- kerne verschwindet nach seiner Abtrennung vom zweiten Richtungs- kerne alles Chromatin. Der Kern ist völlig farblos. Er vergrößert Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 161 sich, es tritt das Chromatin zunächst in Form von Körnchen, dann in Form von intensiv gefärbten Schleifen wieder auf. Die Zahl der letz- teren ist doppelt so groß als diejenige in den Keimbläschen, ohne Zu- tritteines Samenkernes. Es scheint einstweilen (bis eine bessere Erklärung gegeben werden kann) das Einfachste zu sein, diese Ver- doppelung aufeinen Zerfall der im Keimbläschen paarweise vereinigten Chromosomen in die ursprüngliche Zahl zurückzuführen und demgemäß anzunehmen, dass bei der Bildung beider Richtungskörperchen die Kerntheilung als eine einfache Äquationstheilung aufzufassen sei. In den ersten Furchungskernen verschwindet das Chromatin ebenfalls wieder zu einer gewissen Zeit. 10. Weitere Litteratur über Hymenoptera. F. BLocamann (10) untersuchte befruchtete und unbefruchtete Bienen- eier. Die erste Richtungsspindel tritt bereits im reifen Ovarialei auf und gleich nach der Ablage trennen sich die Kernplattenhälften unter Auftreten einer Zellplatte. Die achromatischen Spindelfasern waren meist kaum zu sehen. Nach Abtrennung des ersten Richtungskernes bildet sich der Spaltkern zu dem zweiten Richtungsamphiaster um. Jetzt zeigen die Beobachtungen Brocnmann’s eine Lücke und diese Lücke macht sich besonders darin bemerlich, dass Verfasser zu der Ansicht kommt, der zweite Richtungskern mache noch einmal eine Theilung durch, während der sich sonst theilende erste Richtungskern hier un- getheilt bleibe. Wenn es mir nun auch in Folge der hiesigen bienenväterarmen Gegend nicht hat gelingen wollen, von Apiseiern die richtigen Stadien zu erhalten und so diese Angaben an dem Materiale selber nachzu- prüfen, so glaube ich in Folge der sonst sehr großen Ähnlichkeit zwi- schen der BLocumann’schen Darstellung und meinen Angaben über ver- wandte Hymenopteren doch zu dem Ausspruche berechtigt zu sein, dass die BLocumannv’sche Auffassung falsch ist. Ich glaube, dass auch hier der erste Richtungskern eine zweite Theilung durchmacht, während der zweite ungetheilt bleibt. Für besonders beweisend halte ich da BLocH- MAnn’s Fig.8. Hier liegt nämlich zwischen den beiden Chromatinhäufchen bei Rn, die Andeutung einer »Zellplatte«, welche nach meiner Ansicht, gerade wie bei Lasius, aus der ersten Richtungsspindel herstammt und ‚also auf ein Thelyid hindeutet. Sie trennt von einander, gerade wie bei Lasius, den zweiten Richtungskern und den inneren Abkömmling des ‚ersten Richtungskernes. — Die Richtungskerne vereinigen sich später in ein oder zwei Vacuolen. Der in das Ei gewanderte Eikern theilt sich bei unbefruchteten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. aA 162 H. Henking, Eiern direkt, bei befruchteten nach Copulation mit einem Samenkerne. Von letzteren hat Brocamann öfters zwei Stück im Ei beobachtet. — Die Copulation erfolgt, wenn die Geschlechtskerne zu ziemlich großen hellen Blasen mit wenigen Chromatinkörnchen aufgeschwollen sind. Weısmann und Isuıkawa (77) beobachteten bei den befruchteten Eiern von Spathegaster tricolor, dass im Randplasma zwei Richtungs- körperchen (oder vielleicht besser Richtungskernmassen) gefunden werden, während die Geschlechtskerne copuliren. Letztere bilden dann die erste Furchungsspindel. V. Lepidoptera'. 16. und 17. Befruchtete und unbefruchtete Eier von Bombyx mori L. Tafel XI. Die Eier vom Seidenspinner sind bekannt genug, so dass ich nicht viel darüber zu sagen brauche. Jedoch auch über die ersten Ent- wieklungsvorgänge werde ich nicht allzu viel mittheilen, wegen der außerordentlichen Ungunst des Materials. Ich habe bereits an einem anderen Orte angegeben (33), dass das Chorion so außerordentlich fest ist, dass es nicht mitgeschnitten werden kann. Andererseits ist die Form des Eies so ungünstig, dass es nur selten gelingt, das Ei selber unversehrt aus dem Chorion herauszupräpariren. Die mitgetheilten Resultate sind an solchem Materiale gewonnen; dieselben werden aus- reichen, um zu erkennen, dass die Verhältnisse völlig dieselben sind, wie wir sie bisher immer beobachtet haben. I. Befruchtete Eier. Die Eier, welche etwa eine Stunde alt geworden sind, zeigen das erste Richtungskörperchen bereits völlig abgeschnürt, und in jener Form vorliegend, welche wir bei Pieris brassicae näher kennen gelernt haben (Fig. 359). Das Richtungskörperchen (RkI, auch in Fig. 355, 356, 361) ist nicht völlig nach außen abgestoßen, es liegt in einem sich gering färbenden Randplasma und ragt nur ein Wenig über die Ober- fläche des Eies vor. Zwischen erstem Richtungskörperchen und Spalt- kern findet sich ein geringes Thelyid ausgebildet (Fig. 359 ih). Die Chromosomen sind sehr klein und in einer Zahl von mindestens 1 Ich verweise hier noch besonders auf: H. HEnkıne, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. Theil. I. DasEivon PierisbrassicaeLl. etc. (diese Zeitschr. Bd. XLIX, 3. Heft, 4890), da diese Ab- handlung, als zum Cyklus gehörend, hier in der Litteratur keine Besprechung findet. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 163 12 Stück vorhanden. Genau habe ich die Zahl nicht feststellen können. Sie sind sowohl im ersten Richtungskörperchen wie auch im Spaltkern bereits wieder zu einer Äquatorialplatte angeordnet und dass sie in beiden Kernen eine abermalige Theilung erfahren, ist nicht zweifelhaft, wenn man dasjenige in Erwägung zieht, was ich in Bezug auf diesen Punkt von den unbefruchteten Eiern mittheilen werde. Ich habe daher nicht weiter nach den späteren Theilungsstadien gesucht. — An älteren Eiern, in welchen schon einige Furchungszellen gebildet sind, habe ich zwei Richtungskernmassen in einer nur wenig verdickten Stelle des Randplasmas aufgefunden (Fig. 358 RK). Die beiden Richtungskernmassen liegen am gleichen Orte, an welchem sich die Richtungsspindeln fanden. Es besitzt nämlich das Ei an dem Mikropylenpole eine etwas abgeflachte Stelle (Fig. 355 und 358, 361 m). Hat man nun Flächenschnitte des Eies vor sich, so liegen die Richtungsspindeln etwas seitlich von der Mikropylengegend (Fig. 355, 361, Rkl, Fig. 358 RK). Bei Längsschnitten erhält man die Spindeln in der Mitte am vorderen Pole (Fig. 367 RAT). Ergänzt man sich Fig. 355 oder Fig. 358, 361 zu einem Kreise und kombinirt man dieses Bild mit Fig. 367, so hat man die Gestalt des Eies vor Augen: dasselbe kann also einem menschlichen Blutkörperchen verglichen werden. An frischen Eiern resp. an der Schale ist die beiderseitige mittlere Einbuchtung nicht so deutlich wie an den kon- servirten Eikörpern. Im Übrigen hat das Ei denselben Bau wie die anderen Insekteneier: ein verhältnismäßig zartes Keimhautblastem ist nur in der Gegend der Richtungsspindeln ein Wenig verdickt und umschließt ein aus ziemlich gleichmäßigen kleinen Kugeln bestehendes Dottermaterial (Fig. 364 Do). In der hinteren Eiregion findet man in der Mitte des Eies zwischen den Dotterkörnern eine größere oder geringere Zahl kleiner Plasmainseln (Fig. 367 pl). Die Samenfäden findet man in der Nähe der Richtungsspindeln. Sie dringen nicht sehr tief in den Dotter ein, in welchem sie sich durch kleine strahlige Plasmaansammlungen bemerkbar machen (Fig. 355, 364 sp},5pa)-. Auch hier färbt sich der Kerntheil derselben zu einer gewissen Zeit außerordentlich schlecht. Ist die Färbung dagegen gut gelungen, so sieht man, dass die Samenfäden keine Abweichungen von dem uns bereits bekannt gewordenen Verhalten darbieten. In Fig. 362 ist ein in Verkürzung begriffener Samenfaden abgebildet, man bemerkt in der Umgebung des einen Endes desselben einen hellen Schein, das Arrhenoid. Dieses ist gering entwickelt, wie es auch das Thelyid war. Was die Zahl der Samenfäden im Ei anbetrifft, so habe ich sowohl 44% 164 H. Henking, einen (Fig. 367 sp) als auch deren zwei (Fig. 355, 364 sp, und sp,) beobachtet. Die Copulatior der Geschlechtskerne findet anscheinend unweit der Stelle statt, an welcher die Samenkerne gefunden werden (Fig. 355, 367). Wenigstens habe ich die ersten Furchungszellen nur um ein Geringes tiefer liegend gesehen (Fig. 358). Die Theilungen dersel- ben verlaufen nicht genau in gleichem Schritt in allen Zellen, obgleich sie räumlich nicht sehr weit von einander getrennt sind (Fig. 358). Anden Spindelpolen treten ziemlich große aber nicht sehr deutliche Centrosomen auf. Diese sind von einem ziemlich großen Plasmahofe umgeben, so dass das Polfeld in Gestalt einer beträchtlichen Anschwel- lung der Spindelfigur jederseits ansitzt. Von dem Polfelde gehen deut- liche Strahlen zwischen die Dottersubstanz, welche noch kräftiger sind, wenn die chromatischen Tochterplatten sich getrennt haben (Fig. 358). . Zwischen diesen letzteren bildet sich eine Zellplatte aus (Fig. 358). Spätere Stadien habe ich nicht untersucht. Aus meinen Notizen möchte ich noch mittheilen, dass sich unter 477 am A. und 2. Juli 1888 abgelegten Eiern nur ein taubes Ei befand. Eine andere Angabe folgt bei Besprechung der unbefruchteten Eier. II. Unbefruchtete Eier. Um sicher unbefruchtete Eier zu erhalten, isolirte ich bereits den Kokon vor dem Ausschlüpfen des Thieres. Erst etwa vier Tage nach dem Ausschlüpfen begannen die Thiere Eier abzulegen. An ihnen wurden die nachfolgenden Beobachtungen gemacht. Die unbefruchtet abgelegten Eier bieten in Bezug auf ihre Kern- verhältnisse Anfangs keine erheblichen Abweichungen von den be- fruchteten. Es ist die erste Richtungsspindel in derselben Ausbildung vorhanden (Fig. 363 Rsp/I) wie dort. Wenn dann die chromatischen Tochterplatten weiter aus einander rücken, kommt es zwischen ihnen zur schwachen Ausbildung eines Thelyid (Fig. 356 th). Das erste Richtungskörperchen wölbt sich auch hier ein wenig über die Ober- fläche des Eies vor, ohne dass es jedoch zu einer Abschnürung nach außen hin käme. Wir müssen im Gegentheil annehmen, dass die Ein- buchtung, welche Anfangs um das erste Richtungskörperchen außen sichtbar geworden ist (Fig. 356), späterhin wieder verstreicht, weil die Theilprodukte desselben wieder ganz vom Randplasma eingeschlossen sind. i Es sind nämlich auch hier, gerade wie bei den befruchteten Eiern (Fig. 359), die Chromosomen sowohl im ersten Richtungskörperchen Untersuchungen über die ersten Eutwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. Il 165 wie auch im Spaltkern sofort wieder zu einer Äquatorialplatte ange- ordnet, so dass ersichtlich ist, dass beiderseits eine abermalige Theilung vorbereitet wird. Dieselbe tritt auch alsbald ein, wie aus Fig. 364 hervorgeht: außen ist die Kernsubstanz des ersten Richtungskörper- chens (Rk/) in zwei Portionen aus einander gewichen, die Theilstücke hängen noch durch zarte Verbindungsfäden zusammen. Innen hat sich der Spaltkern ebenfalls in zwei Kerne getheilt, in den nach außen ge- wandten zweiten Richtungskern (RkII) und den sich zwischen die Dottermassen begebenden Eikern (Fig. 364 Eık). Es ist also sicher, dass bei den unbefruchteten Eiern des Seiden- spinners ein zweiter Richtungskern gebildet wird. Die Richtungskerne vollziehen keine weiteren Theilungen. Es wird im Gegentheil irgendwie eine Verschmelzung zwischen ihnen eintreten; denn späterhin habe ich am Rande an Stelle der drei sekun- dären Richtungskerne nur zwei Richtungskernmassen im Randplasma aufgefunden (Fig. 366 Rk), gerade wie bei den befruchteten Eiern (Fig. 358 Ak). Den feineren Vorgang dabei habe ich wegen der Ungunst des Materials nicht näher verfolgt. Der zwischen die Dottersubstanz gewanderte Eikern theilt sich und seine Abkömmlinge vermögen ebenfalls noch eine größere Zahl von Theilungen durchzumachen. Aber hier verlaufen dieselben noch viel unregelmäßiger als bei den befruchteten Eiern: man findet alle Stadien vom ruhenden Kern bis zu jungen Tochterkernen neben einander. Im Übrigen haben aber alle Stadien ein gewissermaßen pathologisches Aussehen und gewähren nicht das Bild, welches man von lebenskräftigen Kernen und Kerntheilungen zu sehen gewohnt ist. Außerdem sind alle die Figuren, welche ich gesehen habe, nicht unerheblich kleiner als diejenigen aus befruchteten Eiern. Es ist das ja leicht verständlich, indem ihnen der Zuschuss an männlicher Kern- substanz fehlt. Aus eigener Kraft vermögen sie diesen Ausfall nicht zu decken, so viel ich gesehen habe. Sehr instruktiv ist in dieser Hinsicht ein Vergleich der in Fig. 368 abgebildeten Spindelfigur mit der aus einem befruchteten Ei herstam- menden und bei gleicher Vergrößerung gezeichneten Spindelfigur in Fig. 369. Die »unbefruchtete« Fig. 368 ist nur etwa halb so lang und breit und hat etwa nur die Hälfte der Chromatinsubstanz der »befruch- teten« Fig. 369. Außerdem ist für mich noch ein anderer Unterschied von besonderem Interesse. Zwar sind in Fig. 368 die angeschwollenen Polenden noch zu bemerken, aber es fehlt von einer Plasmastrahlung ‚in die Umgebung auch die geringste Spur. Ein späteres Stadium habe ich in Fig. 360 abgebildet. Hier ist die 166 - H, Henking, Chromatinsubstanz in größerer Menge vorhanden; doch macht das Ganze mehr den Eindruck einer direkten Theilung. Bei älteren unbefruchteten Eiern treten an Stelle des sonst regelmäßig sich aufbauenden Blastoderms große unregelmäßige und gefärbte Felder an der Oberfläche des Eies auf. Eine Ausbildung un- befruchteter Eier zu einer normalen Larve, wie es mehrfach in der Litteratur angegeben ist (vgl. Ticnoniorr 70, p. 342), habe ich bei meinen allerdings nicht sehr zahlreichen Züchtungsversuchen nicht beobachtet. Ein längeres Zurückhalten der Eier scheint für diese von nicht großem Nachtheile zu sein. Ein isolirt gehaltenes unbefruchtetes Weibchen wurde neun Tage nach seinem Ausschlüpfen, nachdem es bereits eine große Zahl unbefruchteter Eier produeirt hatte, mit einem männlichen Thiere einen Tag lang copuliren gelassen. Bereits am folgenden Tage (11. Juli 1888) legte es 225 Eier. Von diesen schienen sich drei gar nicht zu entwickeln, vier andere machten denselben un- regelmäßigen Eindruck wie die unbefruchteten. Die übrigen furchten sich normal. 18. und 19. Befruchtete und unbefruchtete Eier von Leucoma salieis L. Tafel XI. Die zur Untersuchung verwandten Eier wurden Ende Juli 1888 konservirt. Dieselben waren zum Theil im Freien, zum Theil in der Gefangenschaft abgelegt. Frisch haben die Eier eine grünliche Farbe (Fig. 376), welche jedoch im Alkohol der gewöhnlichen weißlich-gelb- lichen Färbung konservirter Eier Platz macht. Ihre Gestalt ist linsen- förmig, jedoch ist der Mikropylenpol flach, der Gegenpol gewölbt (Fig. 373). Die Eier werden in Haufen abgelegt (Fig. 376) und jeder solcher Eihaufen wird wie mit einem Zuckerguss mit einem schaumig er- starrenden weißen Drüsensekrete übergossen. Dieses Drüsensekret (Fig. 370, 373 .d) überzieht außerdem jedes einzelne Ei mit einer dünnen Schicht, von welchem dann Lamellen ausgehen können. Es färbt sich mit manchen Farbstoffen, z. B. Hämatoxylin, Rosanilin lebhaft blau und kann alsdann auch als eine das gesammte Ei überziehende dünne Schicht (Fig. 374d) wahrgenommen werden. Unter der Drüsensekretschicht folgt das derbe Chorion (Fig. 373 ch). Es ist glasglänzend und sehr derb und spröde, jedoch nicht so dick, wie bei Bombyx mori. Wenn man auf dünne Schnitte verzichtet, kann J Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 167 es recht gut mitgeschnitten werden, was seine großen Annehmlich- keiten hat. Das CGhorion scheint immer aus zwei Schichten zu bestehen, einer dickeren äußeren und einer dünneren inneren. Oft klaffen die beiden Blätter aus einander an den Schnitten und wenn dieses nicht der Fall ist, zeigt sich häufig da, wo sie an einander grenzen, eine ge- gefärbte Linie (Fig. 3795). Das Chorion ist im Allgemeinen glatt, jedoch an dem abgeflachten Mikropylenpole mit einer Felderung versehen, welche auch an den Schnitten durch Vorsprünge sich bemerklich macht. Zu den Mikro- pylen führt eine in der Mitte des flachen Poles befindliche Grube (Fig. 37%). Die Mikropylen sind nach dem Eiinnern zu divergirende Röhren, welche das Chorion direkt durchsetzen. Außen beginnen sie mit freier Mündung, innen endigen sie je in einem kleinen Kegel, welcher mit lang ausgezogener feiner Spitze endigt (Fig. 374). Dieser Kegel liegt nicht, wie bei Pyrrhocoris, dem Chorion innen an, sondern steht schräg davon ab, und ist in das eigentliche Ei gewissermaßen einge- drückt (Fig. 370 m). | Das Chorion wird außerdem noch von zahlreichen anderen Poren durchsetzt, deren eine ich in Fig. 379 (p) in starker Vergrößerung ab- gebildet habe. Außen beginnt die Pore mit blasenförmiger Erweiterung und setzt sich nach innen zu in Gestalt eines feinen Kanales fort. Gerade wie bei den Mikropylen sieht man auch hier oft, dass Farbstoff in den Hohlraum eingedrungen ist. Einen inneren Fortsatz besitzen die Poren nicht, doch ziehen sie direkt durch die beiden erwähnten Schichten des Chorion hindurch, wenn sie auch stets mit gespalten sind, sobald diese beiden Schichten sich getrennt haben. Sie sind eben nur als ausgesparte Kanäle im Inneren der Ghorionsubstanz aufzufassen. Die Poren durchziehen das Chorion an der Mikropylenfläche ziem- lich senkrecht, nach den Seiten zu aber weichen sie davon ab, derart, dass ihr inneres Ende bei aufrechter Stellung des Eies an der rechten Seite nach rechts, an der linken nach links gebogen erscheint (Fig.373p). Nach dem hinteren Pol zu nimmt ihre Zahl ab. Unterhalb des Chorion kann noch ein sehr zartes Oolemm sichtbar werden (Fig. 3790), besonders dann, wenn der Eiinhalt geschrumpft ist (Fig.373 0). Doch liegt dasselbe stets zum größten Theile dem Ei selber oder dem Chorion so dicht an, dass es nicht überall zu erkennen ist. Das Ei selbst trägt außen ein deutliches Keimhautblastem, welches nur an dem hinteren Eipole von geringer Dicke ist (Fig. 373 Ah). Nach innen von demselben folgt das aus runden Kügelchen bestehende Dottermaterial. In der Vertheilung desselben ist in so fern ein Unterschied vorhanden, als besonders kleine Dotterkügelchen in einer EW: 168 H. Henking, peripheren Schicht, ferner in einem nach innen sich erstreckenden / Zapfen unterhalb der Mikropyle und außerdem noch in einer ringför- | migen Zone zwischen diesem Zapfen und der seitlichen Eiwand vor- handen sind (Fig. 373 gf, die punktirten Linien geben den Umriss dieses feinkörnigen Dotters). a. Befruchtete Eier. Ich theile nur so viele Beobachtungen von diesem Objekte mit, als mir nöthig zu sein scheinen für den Nachweis, dass wir hier keine Ab- weichungen von dem sonst von mir angegebenen Verhalten anzunehmen brauchen. Die jüngsten Richtungsspindeln zeigen sich in gewohnter Gestalt (Fig. 372). Hier sind die Chromosomen schon etwas von einander ge- trennt. Die Spindelfiguren liegen etwas zur Seite von der Einmündung ‚der Mikropylen. Wenn die chromatischen Platten sich völlig von einander getrennt haben, wird zwischen dem ersten Richtungskerne und dem Spaltkerne ein deutliches, aber nicht sehr großes Thelyid in Gestalt eines hellen Fleckes in dem gefärbten Plasma zwischen beiden Kernen sichtbar (Fig. 377 th). Die Bildung des zweiten Richtungskörperchens zu verfolgen, ist mir nicht gelungen. Das konservirte Material war entweder noch nicht so weit in der Entwicklung, oder bereits darüber hinaus. Dass dieselbe in normaler Weise auftritt, daran ist gar nicht zu zweifeln. Denn in älteren Eiern, in welchen die beiden ersten Furchungskerne gebildet sind, bemerkt man in der neben den Mikropylen befindlichen plasma- tischen Randverdickung zwei Richtungskernmassen (Fig. 373 Rk), von welchen die eine das zweite Richtungskörperchen enthält. Es ist das nicht zu bezweifeln, weil nach meinen sonstigen Beobachtungen eine Theilung des ersten Richtungskernes (worauf man diese beiden Kern- massen eventuell noch zurückführen könnte) ohne gleichzeitige Thei- lung des Spaltkernes undenkbar erscheint. Die Zahl der Chromosomen ist ziemlich groß, jedenfalls über 12. Samenfäden habe ich in den von mir untersuchten jüngeren Sta- dien ebenfalls aufgefunden. Sie färben sich in der Regel schlecht und veranlassen zu dieser Zeit noch keine Strahlung. In Fig. 378 habe ich bei sp einen deutlich gefärbten Samenfaden abgebildet, welcher nach der Basis hin bereits die bekannte Anhäufung des Chromatin zeigt. Er liegt in einem Hofe ganz schwach gefärbten Plasmas, und zwar im Inneren des kleinkugeligen Dotterzapfens. Die beiden ersten Furchungskerne finden sich al in der Re- Untersuehungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Ill. 169 gion des kleinkugeligen Dotters nicht sehr tief unterhalb der Zone der Richtungsspindeln. Das Chromatin tritt in ihnen in Gestalt kleiner Kügelchen wieder auf (Fig. 373). In den Richtungskernmassen liegt das Chromatin zusammengeballt in einer hellen Vacuole. So war es jedoch nicht immer. Zur Zeit der Copulation der Ge- schlechtskerne sind sie stark aufgebläht und das Chromatin ist in ihnen fein vertheilt. Sie sehen alsdann gerade so aus, wie die Geschlechts- kerne selber. Näheres habe ich jedoch nicht enträthseln können, da Leucoma überhaupt in Bezug auf die Kernverhältnisse ein sehr ungün- stiges Material ist und für solche Untersuchungen durchaus nicht em- pfohlen werden kann. Was die Zeitverhältnisse anbetrifft, so kann ich angeben, dass Fig. 378 aus einem 60—90 Minuten alten Eie abstammt, während das der Fig. 373 zu Grunde liegende Ei nach meinen Notizen nur »wenige Stunden alt« ist. Ich mache diese nicht gerade genauen Zeitangaben aus einem sogleich zu besprechenden Grunde. b. Unbefruchtete Eier. Ich habe leider versäumt zu notiren, innerhalb welcher Zeit das frisch ausgeschlüpfte und befruchtete Weibchen sich seiner Eier zu entledigen pflegt und kann daher nur den allgemeinen Eindruck er- wähnen, dass es mir auffiel, wie viel länger unbefruchtete Weibchen zaudern, mit der Ablage zu beginnen. Und auch aus dem alsdann er- folgenden stückweise in langen Zwischenräumen stattfindenden Ab- setzen der Eier könnte man erschließen, wie gern das Thier denselben das belebende Element, den Samenfaden, mitgeben würde, — wenn es nicht überhaupt schon zu spät wäre. | Ich habe vier weibliche Puppen isolirt und die aus ihnen hervor- gehenden Thiere legten ohne in Berührung mit Männchen gekommen zu sein, Eier ab nach fünf Tagen (1Q), sechs Tagen (IQ) und sieben Tagen (29). Eine mit dem normalen Verhalten einigermaßen harmonirende Ent- wicklung habe ich in solchen unbefruchteten Eiern nicht aufgefunden. In einem 95 Minuten nach der Ablage getödteten Ei war von einer Richtungskörperbildung nichts zu sehen. In einer Gegend, welche der Lage des Kernes etwa entsprach, fand ich nur ein dunkleres Häufchen von Plasma, ohne Chromatin und darum eine eigenthümlich koncen- trisch-schalige Anordnung normalen Plasmas, wie sie in älteren Eiern in größerer Zahl bemerkbar werden (Fig. 370). Hieraus ist zu schließen, dass der Kern, oder sein Äquivalent, irgendwie zerfällt und zu mehr- fachen derartigen koncentrischen Bildungen Veranlassung giebt. Nur 170 H. Henking,' in einem Falle habe ich in dem Plasma inmitten einer solehen Bildung unzweifelhafte Chromatinkörnchen feststellen können (Fig. 370%), bei den übrigen fehlten sie. Eine besonders regelmäßige Schichtenbildung habe ich in Fig. 375 bei stärkerer Vergrößerung dargestellt. Am Rande des Eies liegen dunkle Körperchen (Chromatin?). Deren Plasmahof wird umschlossen von einer schmalen und dann einer breiten Plasmawölbung. Darauf folgt nach dem Eiinneren zu nochmals eine schmale und dann wiederum eine breite Plasmalamelle. Alle die Zonen sind durch etwa gleichbreite helle Zwischenräume getrennt. Die gesammte Figur springt beträchtlich nach innen über das gewöhnliche Plasma vor (Fig. 370 rk). Es können jedoch derartige ringsum geschlossene Gebilde sich auch ein wenig vom Rand- plasma entfernen (Fig. 370 in der Mitte). Bildet dieses die Regel, so habe ich nur einmal beobachtet, dass eine größere Anzahl kompakter chromatischer Kerne vorhanden war, welche, je von einem hellen Hofe umgeben, zumeist in einer gemein- samen Plasmazone unfern des Randplasmas lagen (Fig. 374). Diese Kerne scheinen sich durch amitotische Theilung zu vermehren (Fig. 371%). Es ist wohl sicher, dass aus solchen Eiern kein Embryo hervor- gehen kann. Ferner ist wohl nicht abzuweisen, dass außer dem Fehlen der Samenelemente auch noch das längere Zurückhalten von Seiten des Weibchen von nachtheiligem Einfluss auf die Entwicklungsfähigkeit der Eier gewesen ist. | Litteratur über Lepidopteren. G.PıArner (59) untersuchte die ersten Entwicklungsvorgänge in be- fruchteten und unbefruchteten Eiern von Liparis dispar, in welchen übereinstimmend zwei Richtungskörperchen gebildet werden. Nach Theilung der ersten Richtungsspindel gehen hier die Tochterkernplatten beiderseits wieder in neue Theilung über ohne Einschaltung eines Ruhestadiums. Besonders hervorzuheben ist, dass die erste Richtungs- spindel eine »schöne Zellplatte« erzeugt, deren Körnchen noch längere Zeit zwischen beiden Tochterspindeln zu sehen sind. Wie BLochumanN (10, p. 87) angiebt, treten die achromatischen Spindelfasern bei der ersten Richtungsspindel an den Prarner’schen Präparaten gut hervor. — Der innerste der vierKerne wandert zum Spermakern hin, die drei anderen sind Richtungskerne. Interessant ist, dass auch in den parthenogene- tischen Eiern (gerade wie auch beiLasius, Bombyx, Leucoma) die Wan- derung des Eikernes an die entsprechende Stelle nach innen zu statt- findet, jedoch nicht immer. Zuweilen rückt er mit den Richtungs- kernen an die Peripherie. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 171 Über die Samenfäden wird nur angegeben, dass sich von ihrer Spitze ein kleines rundes dunkles Körperchen ablöst. Sind mehrere Samenfäden eingedrungen, so sollen die Eier auch stets andere Zeichen pathologischer Veränderungen zeigen. Es gelang Pıarner, aus den Wintereiern von fünf unbefruchteten Weibchen zahlreiche lebenskräftige Räupchen zu ziehen. Während die Weibchen schon kurze Zeit nach dem Ausschlüpfen aus der Puppe sich begatten lassen und einige Stunden nach dieser die Eier ablegen, zö- gern unbefruchtete Weibchen damit sechs bis neun Tage, ehe sie einen regulären Eierschwamm absetzen und verlieren nur in unregelmäßigen Intervallen einzelne Eier. VI. Dipteren. 20. Über Musca vomitoria L. Die Befruchtungsvorgänge an Dipteren wurden zuerst von BLocH- MANN (9) und später von Henkıng (32) in ausführlicherer Weise an Musca vomitoria dargestellt. Hatte BLocumann die Reihenfolge der einzelnen Stadien richtig angegeben, so irrte Hrnkına in diesem Punkte, wurde jedoch dann durch seine Untersuchungen an Pieris brassicae (34, p. %) veranlasst, der Deutung von Brocumann beizutreten, indem die rasche Entwicklung und zeitliche Verschiedenheit der Stadien in den Eiern von Musca aus diesem Materiale keine Entscheidung erhoffen ließ. Henkıng hatte weiterhin in der Arbeit über Musca die Möglichkeit einer freien Kernbildung und das zeitweilige Verschwinden von Kernen und Kernsubstanz behauptet. Wie verhält es sich damit? Ich habe diese Punkte einer Nachprüfung unterzogen und gebe nun folgende Darstellung, indem ich mich auf die durchaus korrekten Zeichnungen des Autors vom Jahre 1888 beziehe (diese Zeitschrift Bd. XLVI Hft. 3 Taf. XXIII—XXV]), so wie in Bezug auf genauere Beschreibung auf den zugehörigen Text verweise. Das nach Rückbildung des Keimbläschens übriggebliebene »Keim- _ körperchen« ist auf Taf. XXIII, Fig. 1, A, 6,12 bei k abgebildet. Aus ihm wird die erste Richtungsspindel, wie sie Fig. 24 (Taf. XXV) bei fp darbietet. Ich vermuthe, dass vor Fig. 24 die Fig. 27 einzuschalten ist, welche in fi die etwas deformirte Äquatorialplatte der Chromosomen enthält. Diese Spindelfigur würde danach die nicht weiter auffällige Stellung parallel zur Eioberfläche inne haben. Man bemerkt in Fig. 24 die bedeutende Ausbildung der achro- matischen Figur und es schließt sich daran an Fig. 23, bei welcher die achromatische Figur äquatorial eine Ausweitung erfährt, nachdem die 172 H. Henking, chromatischen Tochterplatten weit aus einander gerückt sind. Diese Ausweitung nimmt noch beträchtlich zu, während die Tochterchromo- somen beiderseits eine neue Theilung durchmachen (Fig. 28 fp). Vergleicht man diese Figuren mit denjenigen, welche ich von der Bildung von Pieris brassicae (diese Zeitschrift Bd. XLIX, 1890. Taf. XXV, Fig.32—36), sowie hier von Bombyx mori und Lasius niger u. A. gegeben habe, so ist wohl klar, dass wir es mit identischen Verhält- nissen zu thun haben. Demnach ist die besonders in Fig. 28 bei fp außerordentlich mächtige achromatische Aufwei- tung nichts Anderes als ein Thelyid. Es tritt also auch bei Musca, gerade wie bei den übrigen Insekten, ein solches großes vachro- matisches Richtungskörperchen« auf. Man sieht bereits an der citirten Fig. 28, dass die Ghromatinsub- stanz eine verhältnismäßig geringe Färbbarkeit besitzt, welche sich in den unmittelbar anschließenden Stadien noch erhöhen mag. Wenig- stens ist mir bei der Revision der Präparate aufgefallen, wie gering die Färbung der Kerntheile ist, obgleich das Plasma des Eies eine deutliche gleichmäßige Tinktion aufwies und alle Kerntheile, Samen- fäden etc. außerhalb des Eies sich in normaler Weise gefärbt präsen- tirten. Es liegt dieser Unterschied gegen die Brocnmann’schen Figuren, bei denen von einer Differenz in der Färbbarkeit nichts zu bemerken ist, natürlich an der Konservirungsmethode. Indessen ist es immerhin interessant zu sehen, wie das Chromatin bei einer genau angegebenen Behandlungsweise zeitlich einen variabeln Charakter verräth. Übrigens habe ich eine Verschiedenheit in der Färbbarkeit, welche sich beson- ders gern auch im Verhalten der Samenfäden kund giebt, in vorliegen- der Arbeit mehrfach betont. So bin ich denn der Ansicht, dass der helle randständige Fleck (f) in Fig. 15 (von Musca vomitoria) und in Fig. 22 (von Musca Caesar), welcher für den Überrest des verschwundenen Keimkörperchens aus- gegeben war, nichts Anderes ist als das am Rande zurückgelassene Thelyid. Die Abbildungen Fig. 15 und 22 sind völlig korrekt und die helle Stelle inmitten einer auffallenden Plasmaansammlung dicht am Rande ist so deutlich, dass an der Realität der Bildung gar nicht ge- zweifelt werden kann'!. Es sind jedoch in diesen Präparaten die Chro- 1 Die Schnitte von Musca sind mit ScaärLızaum’s Kollodium-Nelkenöl aufge- klebt, daher sind sie auf dem Objektträger nicht nachzufärben. Jedoch habe ich das Deckglas von dem der Fig. 15 zu Grunde liegenden Präparate abgelöst und die gesammten Schnitte, welche beim Überführen in Alkohol vom Objektträger fort- schwammen, in einem Schälchen mit EurLıcn’s Hämatoxylin nachgefärbt. Der helle Fleck f (Fig. 15) blieb unverändert und deutlich erkennbar. Ich be- merke jetzt'am Rande einige dunkelblau gefärbte Körnchen, außerhalb des Fleckes f. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IM. 173 matintheile des Eies nicht gefärbt. Übrigens sehe ich an der Basis der Plasmawolke (wps) jetzt eine helle Stelle mit einer röthlichen Substanz daneben und möchte dieses für einen ebenfalls schlecht gefärbten und bereits stark kontrahirten Samenfaden halten. Beachtenswerth ist noch, dass der helle Fleck f in Fig. 15 und 22 der Lage nach genau der Spindelanschwellung fp in Fig. 28 entspricht. Es scheint mir demnach erwiesen zu sein, dass es auch bei Di- pteren zurBildungeines Thelyidkommt. Zum Schluss weise ich noch auf Fig. 20 hin: man sieht am Rande die drei Richtungskerne Ok, sp, und spa (@ k und sp, = Abkömmlinge des ersten Richtungs- kernes, spg = zweiter Richtungskern). Die beiden letzteren liegen in einem hellen Raume. Ich glaube, dass auch dieser nichts Anderes ist als das Thelyid. Das Vorhandensein des Arrhenoid geht aus den Figuren hervor und eine Nachprüfung der Präparate bestätigt das. Die hellen Stellen wp, und wp; in den Plasmawolken der Fig. 23, 24, 27 repräsen- tiren das Arrhenoid, welches hier recht deutlich ausgebildet ist. Die Samenkerne leiden auch hier öfter an dem Fehler, sich nicht gut zu färben, dann aber sind sie immer noch durch das Arrhenoid verrathen. Der Samenkern scheint sich zum größten Theile unterhalb des Arrhe- noid zu befinden, wie eine Nachprüfung der Präparate ergiebt. Daraus wird es erklärlich, dass das Arrhenoid in der Abbildung eines Schnittes für gewöhnlich nicht hervortritt, sobald der Samenkern gezeichnet wurde (Fig. 24, 28 sp). Nur in Fig. 28 bei pi ist ein Theil des Arrhe- noid gezeichnet, über welches sich ein Abschnitt des Samenfadens herüberlegt. Es darf die helle Zone des Arrhenoid, welche zur Zeit der Rich- tungsspindeln auftritt, nicht zusammengebracht werden mit den hellen Kernen, welche zur Zeit der aufgeblähten Richtungskerne an Stelle der Samenfäden bemerkt werden können (Fig. 29 sp,, sp,). Das war von Henkine in seiner Abhandlung über Musca geschehen. Wir haben vielmehr in diesen centralen Kernbildungen (Fig. 29 sp;, .sp,) wohl nichts Anderes als die aufgeblähten Samenkerne vor uns und es muss auf diesem Stadium die Zeit sein, wo es zur Copulation eines Samen- kernes mit dem (nicht gesehenen) Eikerne kommt. So würde ich geneigt sein, den großen und abweichend liegenden Kern pt, in Fig. 37 für ein Produkt aus der Copulation der Geschlechtskerne zu halten, Ob das Chromatin der Richtungskerne darin vorliegt, glaube ich zwar, kann es jedoch nicht beweisen. ‚Jedenfalls ist zu sagen, der helle Fleck f, das Thelyid, ist deutlich vorhanden, die Chromatinsubstanz dagegen bietet ein sehr eigenthümliches Verhalten, 174 H. Henking, während der Kern pi, (Fig. 37) aus einem überzähligen Samenkerne direkt hervorgegangen sein möchte. Derartige Umwandlungen über- zähliger Samenkerne habe ich ja mehrfach, z. B. bei Pyrrhocoris be- schrieben. An die Darstellung, welche sich auf die Furchungszellen bezieht, habe ich nicht viel anzuknüpfen und verweise ich auf dieselbe (p. 317 bis 322). Nur in so fern ist vielleicht eine Veränderung vorzunehmen, als der an den beiden Polen sich theilender Furchungszellen vorhan- dene »helle Hof« (Fig. 35 ho) .richtiger als Attraktionssphäre bezeichnet werden dürfte, wenn auch in dem umgebenden Plasma bei der angewandten Konservirung keine Strahlung zum Vorschein gekom- men ist. — Besonders betonen möchte ich noch, dass es nach den beschriebenen Veränderungen der »Dotterzellen« keinem Zweifel unter- liegt, dass eine chemische oder wenigstens physikalische Umwandlung des Chromatins stattfindet. Man sieht aus diesen Mittheilungen, dass besonders in Bezug auf die achromatischen Theile bei den ersten Entwicklungsvorgängen im Fliegenei die erwähnte Arbeit von HenkınG (vom Jahre 1888) eine Reihe von Beobachtungen enthält, welche völlig in Einklang steht mit den in dieser Abhandlung niedergelegten Thatsachen, während in dem Auf- satze von BrLocumann hiervon merkwürdigerweise gar nichts enthalten ist. Aus diesen zu jener Zeit unverständlichen Verhältnissen erklären sich die Missdeutungen an dem recht ungünstigen Materiale. Mit der hier angegebenen neuen Reihenfolge der Stadien von Musca verändern sich naturgemäß die Auffassungen über »freie Kern- bildung« und derartige allgemeine Fragen in so fern, als Musca keine gesonderte Stellung einnimmt, wie es nach den früheren Angaben von Henkına schien, sondern nunmehr die kompakte Masse der Insekten verstärkt, welche in geschlossenem Gliede gegen manche abweichende Auffassung in das Feld rücken wird. Was im Allgemeinen über freie Kernbildung gesagt werden wird, gilt auch für Musca. Und soll ich meine Ansicht über die Vorgänge bei Phalangium (38) mittheilen, welche gewissermaßen den Ausgangspunkt dieser ganzen Untersuchungsreihe bildete, so dürfte auch dieses sich hier anschließen lassen. Der Fehler mancher dort mitgetheilten Auf- fassungen beruht nach meiner Ansicht darin, dass Stadien mit einander verbunden wurden, welche nicht direkt zusammenschließen. VII. Über Neuropteren. ist bisher nichts bekannt geworden. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 175 B. Allgemeines. I. Vergleichende Übersicht der Untersuchungsresultate. 1. Hüllen, Bau und Orientirung des Eies. Überblicken wir die in den vorliegenden Untersuchungen gewon- nenen Thatsachen, so lassen sich die Resultate etwa in folgender Weise zusammenfassen: Die Eier der Insekten sind von drei Hüllen umgeben. 1) Am weitesten nach innen liegt die meist sehr zarte Dotterhaut (Oolemm). 2) Es folgt nach außen das Chorion oder die eigentliche Schale, welche von verschiedener Stärke bei den einzelnen Arten ist. Zart ist das Chorion bei Hymenopteren (Apis, Lasius, Rhodites), Dipteren (Musca) und Coleopteren (Agelastica, Lina, Crioceris) und erreicht eine bedeutende Dicke bei gewissen Lepidopteren (Leucoma, Bombyx) und Hemipteren (Hydrometra\. 3) Außen sind die Eier von einem erhär- tenden Drüsensekret überzogen. Dieses Sekret ist zuweilen nur in sehr geringer Menge vorhanden (Lasius, Pyrrhocoris, Tenebrio), kann dann aber auch das Chorion an Mächtigkeit erheblich übertreffen (Crioceris Fig. 424, 427). Dient es einerseits den einzelnen Eiern zum Schutze, indem es den Widerstand des Chorions verstärkt (Crioceris), so wird es andererseits vielfach auch als schützende Hülle über die Gesammtheit der Eier ausgebreitet, sei es in Gestalt eines Schaumes (Leucoma, Liparis, Adimonia) oder eines festen Kokons (Blatta, Peri- planeta.. Wo die Eier einzeln stehen, bildet das Drüsensekret ihr Postament, sei es, dass sie auf der Seite liegen (Lina), wobei sie noch mit einander durch Sekretmassen fest verbunden sein können (Hydro- metra), oder dass sie auf die Spitze gestellt sind (Agelastica, Crioceris, Pieris). Auch die sehr lang gestielten Eier von Chrysopa dürften sich hier anschließen. Das Sekret, welches die Eier einhüllt, erfährt an der Luft oft eine merkwürdige Farbenänderung, indem es bei der Ablage rein gelblich erscheint, um bereits nach einigen Stunden einen intensiv schwarzen Farbenton anzunehmen (Crioceris, Adimonia). Von einer Dunkelung des Kokons bei Blatta spricht auch Warzrer (7A, p. 298). Das Chorion ist an der Eispitze durchsetzt von den Mikropylen. Als solche kann eine einfache Durchbrechung des Chorion dienen (Pieris, Musca), und nur eine Variante dieser Bildung ist es, wenn mehrere Kanäle die Dicke desChorions schräg durchsetzen (Lasius), oder es ist an 176 H. Henking, jeder Durchbrechung eine nach innen gerichtete feine Kanüle vor- handen (Leucoma, Crioceris), oder es sitzt außer der inneren Kanüle jeder Durchbrechung noch ein kleiner Schornstein außen auf (Pyrrho- coris). Die inneren Kanülen können in bestimmter Weise angeordnet sein, so dass man nach ihrem Verlauf rechts- und linksdrehende Eier zu unterscheiden im Stande ist (Pyrrhocoris). In Bezug auf die sehr mannigfaltige Gestaltung der äußeren Mikropylen sei auf den Aufsatz von LEUCKART (52) verwiesen. Die Dotterhaut umschließt das eigentliche Ei. Dieses besteht zum größten Theil aus Dottersubstanz, d. h. aus Dotterkügelcheu und fettartigen Tröpfehen. Letztere sind auf Schnitten nur an ihren Lücken zu erkennen {Pyrrhocoris). — Die Dotterkügelchen sind gewöhnlich kugelig, erscheinen jedoch in selteneren Fällen auf Schnitten eckig (Hy- drometra) oder mit Einbuchtungen versehen (Pyrrhocoris). Ihre Größe ist in jedem Ei verschieden, d. h. es kommen große und kleine neben einander vor, jedoch derart, dass bei jeder Species gewisse Dimen- sionen nicht überschritten werden. Abnorm große Dotterkügelchen finden sich nebenher im Ei selten (Lampyris Fig. 395 d). Oft ist zu be- merken, dass dem Keimhautblastem mit Vorliebe kleinere Dotter- kügelchen angelagert sind, zuweilen aber können die kleineren Dotter- kügelchen außerdem auch noch im Inneren des Eies in bestimmten Figuren angeordnet sein (Leucoma, Liparis nach u Sehr fein sind die Dotterelemente bei Rhodites. Die Dotterkügelchen verhalten sich gegen Färbung oft verschieden, indem manche sehr chromatophil sind (Agelastica ete.). Andere er- scheinen homogen, andere wie aus Körnchen bestehend. Zuweilen waren sie wie angefressen und wie mit hineingenagten Vacuolen ver- sehen (Pyrrhocoris, hungernde Thiere ?). Das Plasma kann Körnchen und stäbchenartige Bildungen enthalten. Es ist in größter Menge vorhanden an der Oberfläche des eigentlichen Eies und bildet dort das Keimhautblastem Weısmann’s. Dass es bei irgend einem Insektenei ganz fehlen sollte, ist nicht anzunehmen, ob- gleich seine Stärke verschieden ist (sehr dünn bei Hydrometra, ge- wissen Eiern von Lasius). Außen trägt das Keimhautblastem zuweilen Pseudopodien (Age- lastica Fig. 95, Pieris?), welche besonders stark an dem ersten Rich- tungszapfen hervortreten. Hier sind sie selbst bei solchen Eiern zu sehen, welche am übrigen Körper keine Pseudopodien tragen (Lam- pyris). Nach innen setzt sich das Keimhautblastem in ein Netzwerk fort, Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 177 welches die Dotterkügelchen umschließt. Ob es ein Maschenwerk ist, ist nicht zu erkennen. Das Netzwerk ist meist sehr zart und daher oft nicht zu sehen. Gut darzustellen ist es von Adimonia (Fig. 349), auch von Crioceris, wo es unregelmäßiger ist. Am dicksten ist das Netzwerk, so viel ich gesehen habe, bei Rhodites und Musca. In einer Verdickung des Keimhautblastems liegt der Kern, im ab- gelegten Ei bald am vorderen Pole (Leucoma, Lasius), bald an einer Längsseite des Eies, mehr dem vorderen (Agelastica, Pieris, Apis) oder dem hinteren Pole genähert (Donacia). Was die Gestalt der Eier anbetrifft, so ist dieselbe sehr wech- selnd, jedoch meist von bestimmter Form. Nur bei Lampyris (so viel ich weiß) ist sie veränderlich, und richtet sich nach der Umgebung. — Es herrscht das Oval vor. Eine Hinneigung zur Nierenform fand ich bei Musca, Lasius und auch bei den gestreckten Eiern von Rhodites; kegelförmig ist Pieris, konkav- konvex Leucoma, etwa wie ein mensch- liches Blutkörperchen Bombyx mori. Meist orientirt man die Eier nach den Mikropylen, also dem Orte, wo die Samenfäden eindringen. Es ist das eigentlich eine Orientirung, welche dem Eie selber völlig fremd ist, indem die Mikropylen außerhalb des Eies gebildet werden. Ein fester Punkt für das eigentliche Ei ist dagegen in dem Kerne des abgelegten Eies gegeben. Stellen wir diesen nach oben (Holzschnitt VIII, der Kern ist jedes Mal durch zwei kleine Be 70) Fig. VIU. horizontale Striche angedeutet), so wird die Auffassung der Form eine etwas andere wie gewöhnlich. Dann stellt Nr. A das häufigste Vor- kommen schematisch dar (bei Pyrrhocoris, Hydrometra, Tenebrio, Adi- monia, Crioceris, Lina, Donacia, hier dürfte sich auch Lampyris anfügen) und es schließt sich unmittelbar daran an Nr.2 (Rhodites, Musca). Hier findet das Eindringen der Samenfäden (durch den Pfeil angedeutet) ziemlich weit vom Kern des Eies statt, wie es der doppelte Kontour anzeigt. In Nr. 3 (Agelastica, Pieris, Apis) hat das Ei eine schiefe Stellung, und so ist es auch noch in Nr. 4 (Bombyx mori), obgleich hier wegen der runden Form des Flächenschnittes schwerer zu sehen, indem nur der Mikropylenpol etwas abgeplattet ist. Nr. 5 (Lasius) und Nr. 6 (Leucoma) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 12 a EAN = n e oe st 178 H. Henking, nähern sich der gewöhnlichen Aufstellung, indem hier der Kern des Eies und der Ort für das Eindringen der Samenfäden sehr dicht neben einander liegen, wie aus den Figuren hervorgeht. Spätere Untersuchungen mögen zeigen, ob nicht eine derartige Aufstellung der Eier zu der Anlage des Embryo in gewisser Beziehung. steht. | 2. Bildung des ersten Richtungskörperchens und des (ersten) Thelyid. Das im reifenden Ei vorhandene große Keimbläschen verschwindet schließlich, indem seine Kontouren unregelmäßig werden und sein Vo- lumen immer mehr abnimmt, bis von ihm höchstens noch ein kleiner heller Hof um die Chromosomen übrig bleibt (z. B. Musca, Pyrrhocoris, Agelastica, Rhodites). Die Chromosomen ordnen sich wohl immer be- reits in dem zur Ablage reifen Eie zur Äquatorialplatte der ersten Rich- tungsspindel. Ist dagegen an ihrer Stelle ein kompaktes Körperchen vorhanden (Musca, Rhodites), so ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass dieses durch Verschmelzung der Chromosomen entstanden ist. Denn bei Rhodites habe ich diesen Vorgang schrittweise verfolgen können. Die erste Richtungsspindel hat zugespitzte Pole (Agelastica) oder sie ist tonnenförmig (Pyrrhocoris). Von Gentrosomen oder Attraktions- sphären ist in normalen Spindeln bisher nichts Sicheres bekannt ge- worden, nur bei Agelastica habe ich eine Andeutung davon erhälten (Fig. 103, Taf. IV) und an künstlich beeinflussten Eiern desselben Ob- jektes sogar ein recht deutliches Bild (Fig. 117, Taf. V). Wenn auch die angewandte Methode nicht sehr vortheilhaft zur Darstellung dieser Ge- bilde war, so lässt sich doch so viel aussagen, dass dieselben, wenn überhaupt, nur äußerst gering entwickelt vorhanden sein können. Im Einklang damit steht das Verhalten der Strahlung. Die Spindel- fäden sind immer nur in geringer Ausbildung vorhanden (gewisse künst- lich beeinflusste Eier von Agelastica ausgenommen, Fig. 117,140, Taf. V; auch bei Liparis sollen sie gut entwickelt sein). Von einer Plasma- strahlung ist gewöhnlich gar nichts zu sehen, oder es sind nur winzige Andeutungen vorhanden (Rhodites). Die zur Äquatorialplatte aufgestellten Chromosomen erscheinen zweizählig (oder zweireihig) und wenn sie noch einmal eingeschnürt sind (Pieris, Pyrrhocoris, Agelastica), unter der Gestalt einer Doppel- hantel. Die beiden Kugeln der Hantel können dabei anscheinend durch einen kleinen Zwischenraum getrennt sein (Pyrrhocoris). Da es mir aber gelang, auch in solchen Fällen eine zarte Verbindung zwischen ihnen zu entdecken und andererseits die Bewegung eines solchen Kugel- paares immer derartig ist, wie es nur bei zusammengehörigen resp. zu-f Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 179 sammenhängenden Körpern sein kann, so scheint mir ein Zweifel an ihrer Einheit nicht gestattet zu sein. Es ist das in Hinsicht auf die An- schauungen von Weısmann nicht unwichtig. So weit ein Zählen der in die Äquatorialplatte eingehenden Chro- mosomen bisher möglich war, hat sich übereinstimmend ergeben, dass die bei Polansicht oder sonstwie festzustellende Zahl die Hälfte (oder etwa die Hälfte vgl. Agelastica) der in den ersten Furchungskernen resp. den Gewebskernen vorhandenen CGhromosomenzahl ausmacht (Pyrrhocoris, Lasius, Rhodites, Agelastica). Da die vorhergehenden Thei- lungen der Keimzellen noch die normale Ziffer besitzen (Pyrrhocoris), so tritt also mit der Bildung des ersten Richtungskörper- chenseine Reduction iin der Zahl der Chromosomen ein. Es ist das also dasselbe Verhalten, wie ich es bei der entsprechen- den Theilung der Samenzellen habe feststellen können (Pyrrhocoris, Agelastica), wo die Reduktion in der Zahl mit der ersten Theilung der Chromosomen eintritt. Es rücken nämlich nach der Metakinese die Chromosomen in der reducirten Zahl jederseits nach dem Pole. Man trifft in den bald nach der Ablage konservirten Eiern die Spindel besonders häufig in der Stellung, dass die Chromosomen sich weit getrennt haben, ein Stadium, welches demnach von besonders langer Dauer ist. Wenn die Chromosomen aus einander rücken, werden zwischen ihnen die Verbindungsfäden sichtbar. Meist sind dieselben nur zart, oder nur in den Anfangsstadien stärker ausgebildet (Agelastica), können jedoch auch beträchtliche Dimensionen erreichen (Pieris). Es geht unzweifelhaft Chromatin in sie über. Da sie nun später am Auf- bau der Zellplatte theilnehmen und da sie z. B. bei Pieris mehr Chro- matin enthalten als die Chromosomen selber, so wird sich zeigen, dass durch sie den Kernen eine gewisse Menge von Chromatin entzogen wird. Zwischen den Verbindungsfäden und den Chromosomenreihen ver- _ mehrt sich die helle Substanz, welche der Spindel das charakteristische "Aussehen giebt und quer hindurch zieht eine deutliche Zellplatte (Agelastica, Lampyris, Adimonia, Lasius). Diese kann aber auch nur gering ausgebildet sein (Pyrrhocoris) oder anscheinend ganz fehlen (Rhodites, parthenogenetische Eier!). Indem die beiden Tochterkernplatten aus einander rücken, enthält die äußere die Chromosomen des ersten Riechtungskörperchens, die innere diejenigen des »Spaltkernes« oder der zweiten Richtungs- spindel. Zwischen beiden Chromosomenreihen aber kommt es zur Ausbildung eines (ersten) »achromatischen Richtungskörperchens« oder 19* 180 H. Henking, eines (ersten) Thelyid. Das Thelyid wird gebildet von der Substanz der Verbindungsfäden und der Zellplatte. Wo die Zellplatte verhältnis- mäßig groß ist (Lasius, Tenebrio), da bildet sie doch nicht allein das Thelyid, sondern sie ist noch von einer hellen Substanz umgeben, welche in anderen Fällen (Pieris, Musca) eine beträchtliche Aus- dehnung haben kann. Bei Pieris war in dieser ansehnlich großen hellen Scheibe die Substanz der Verbindungsfäden noch längere Zeit in Gestalt von Kügelchen zu erkennen. Dann verschwanden dieselben. — Das Thelyidkonnte jedoch auch die Form eines eigen- thümlichgewundenen Körperchens annehmen (Tenebrio, Gastroides), welches eine Ähnlichkeit mit dem jungen Nebenkerne der Spermatiden erkennen ließ. Aber auch in dieser Gestalt hatte es keine lange Dauer. Bis hierher hat der zur Copulation sich vobereitende Kern des Eies . demnach verloren 4) die Chromosomen des ersten Richtungskörperchens, 2) das (erste) Thelyid, d.h. den größten Theil der Verbindungs- fäden resp. die Zellplatte und die in deren Umgebung befind- liche achromatische Substanz. 3. Die Bildung des zweiten Richtungskörperchens (und des zweiten Thelyid). Die Chromosomen der aus der ersten Richtungsspindel hervor- gehenden inneren Tochterplatte bereiten sich sofort zu einer zweiten Theilung, ohne dass sie einen ruhenden Kern formiren. Nur bei Agelastica habe ich beobachtet, dass ein Zerfall in Körnchen eintreten kann. Haben die Chromosomen die Gestalt einer Hantel, so beginnen sie alsbald zum Zweck der Theilung sich um 90° zu drehen, sich gewisser- maßen aufzurichten (Pyrrhocoris, Agelastica). Dann, nachdem dieses vollendet ist, findet die völlige Durchschnürung statt und die Hälften rücken aus einander. Oft tritt die Spaltung der Chromosomen so früh ein, dass die erste Richtungsspindel noch nicht aufgelöst ist und das Ganze gewissermaßen in einer Figur vor sich geht (Musca, Pieris, Rhodites), oder es findet eine völlige | Abtrennung vom ersten Richtungskerne und (erstem) Thelyid statt. Dann haben die inneren Chromosomen aus der ersten Richtungsspindel sich mit einem hellen Hofe, einer Kernvacuole, um- geben und ich spreche von einem Spaltkerne. Ein Auftreten deutlicher Spindelfäden zum Zweck der Theilung habe ich nicht gesehen. Dennoch erfolgt die Halbirung der Ghromo- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. Ill. 181 somen prompt. Wie die Trennung der Hälften vor sich geht, kommt es zur Ausbildung von zarten Verbindungsfäden, doch verschwinden diese bald. In einigen Fällen tritt zwischen den aus einander weichen- den chromatischen Tochterplatten eine größere Menge einer hellen Substanz und in deren Mitte eine Zellplatte auf (Agelastica, Pyrrhocoris). Dann runden sich die chromatischen Tochterplatten an den Polen dieser »Pseudospindel« zu den Tochterkernen ab, während die Sub- stanz der »Pseudospindel« beim Aufbau der neuen Kerne keine Ver- wendung findet. Der äußere dieser beiden Tochterkerne ist der zweite Rich- tungskern, der innere aber der Eikern. Wenn es zur Ausbildung einer Pseudospindel kam, so bleibt deren achromatische Substanz und die in der Mitte derselben befindliche Zellplatte unbenutzt am alten Orte liegen, während der zweite Richtungskern und besonders der Eikern sich von ihr entfernen. Man kann demnach zweierlei Gruppen unterscheiden: 1) Bei der Bildung des zweiten Richtungskernes tritt eine »achro- matische Pseudospindel« auf, meist mit deutlicher Zellplatte, und diese Pseudospindel bleibt als »zweites achromatisches Richtungskörperchen« oder als »zweites Thelyid« am Orte seiner Entstehung liegen: Agelastica, Lampyris, Pyrrho- coris. 2) Bei der Bildung des zweiten Richtungskernes findet eine Hal- birung der Chromosomen statt, ohne dass es dabei zu einer Abtrennung von achromatischer Substanz käme: Pieris, Musca, Lasius, Rhodites, Tenebrio. Es lässt sich augenblicklich noch gar nicht übersehen, ob der hiermit gekennzeichneten Differenz irgend welche Wichtigkeit inne- wohnt. Jedenfalls eröffnet sich damit für spätere Zeiten ein neues Problem. 4. Das Verhalten der Richtungskerne. A. Wasden erstenRichtungskern anbetriflt, so beobachteten wir dreierlei Fälle, und der Kern verhielt sich danach verschieden: 1) Der erste Richtungskern wird mitsammt einer geringen Menge von Plasma vom Körper des Eies völlig abgeschnürt. — Dann bleiben die einzelnen Chromosomen getrennt, sie können wohl noch zerfallen, aber zu einer Theilung des Kernes kommt es nicht (Pyrrhocoris, Lampyris). Auf diese Weise ist ein echtes erstes Richtungskörperchen gebildet. 182 2) ie en! H. Henking, Es erhebt sich ein plasmatischer Zapfen über die Oberfläche des Eies und schließt in seiner Spitze den ersten Richtungskern ein (Goleopteren). Zur Ausbildung eines echten ersten Riehtungskörperchens kommt es nicht, weil der Zapfen sich vom Eikörper nicht ablöst. Eine Vermittelung mit der ersten Rubrik ist durch jenen ungewöhnlichen Fall von Tenebrio gegeben, dass es ausnahmsweise einmal zu einer Abtrennung des an der Basis durch Vacuolen gelockerten Richtungszapfens kam. Nach Her (31) soll es bei Hydrophilus zu einer Ab- trennung des ersten Richtungskörperchens kommen. Der Richtungszapfen, welcher sich fast immer durch einen Besatz von Pseudopodien oder Wimpern auszeichnet, verkürzt sich im Laufe der Entwicklung wieder, und wie so sein plas- matischer Inhalt eine Wiedervereinigung mit dem Eileibe an- strebt, so sehen wir eine gleichgerichtete Tendenz in dem ersten Richtungskerne Platz greifen. Der Kern kommt aus dem Richtungszapfen herab und begiebt sich auf den im Randplasma liegenden zweitenRichtungskern zu. Hiersind jedoch wiederum zweierlei Möglichkeiten zu unterscheiden, welche aber nicht scharf getrennt sind, sondern bei demselben Objekt neben einander vorkommen können (Agelastica). Es bleibt nämlich a) der erste Richtungskern ungetrennt (Tenebrio) oder b) er zerfällt in zwei Tochterkerne. Hierbei scheint es sich that- sächlich nur um ein einfaches Zerfallen zu handeln, wenigstens habe ich es niemals zu einer Spindelbildung kommen sehen, obgleich die Theilung recht genau ausgeführt zu werden pflegt. Von diesen beiden Abkömmlingen des ersten Richtungs- kernes rückt der innere (Rk/ [2]) zuerst in das Ei hinab und auf den zweiten Richtungskern los, indem er dabei sich mit einer Kernvacuole umgiebt (Agelastica, Adimonia) oder sonst die Chromosomen zu einer Einheit zusammenfasst (Donacia), — der äußere Abkömmling des ersten Richtungskernes (Rk1[1]) kann noch eine längere Zeit in der Spitze des Zapfens verharren (Agelastica, Adimonia), später aber begiebt auch er sich in das Randplasma des Eies herab. Es verbleibt der erste Richtungskern ganz im Randplasma, also kommt es auch hier nicht zur Ausbildung eines echten ersten Richtungskörperchens. Eine Andeutung hieran kann darin er- blickt werden, dass sich um die erste Richtungskernplatte noch eine kleine Partie des Randplasmas durch eine oberflächliche Furche zeitweilig abgrenzt (Fig. 359 Bombyx). Die Oberfläche Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II, 183 B. des Eies konnte auf die in der Tiefe vorgehende Abschnürung des Kernes auch durch eine bald verschwindende Einziehung und eine stärkere Ausbildung der erwähnten Pseudopodien oberhalb der Richtungsspindel antworten (Pieris), — gewöhn- lich aber ist auch von einer derartigen Betheiligung nichts mehr zu bemerken (Musca, Lasius, Rhodites, Leucoma). In diesem dritten und letzten Falle scheint es Regel zu sein, dass sofort wieder eine Theilung des ersten Richtungs- kernes eintritt. Der Kern verhält sich genau so wie jenseits des Thelyid der Spaltkern (Musca, Pieris, Bombyx, Lasius, Rhodites). Etwas abweichend gestalten sich die Verhältnisse des zwei- ten Richtungskernes; jedoch sind hier nur zwei Fälle zu unter- scheiden. 1) Der zweite Richtungskern erhebt sich in einem plasmatischen Zapfen über die Oberfläche des Eies resp. über die Oberfläche der bereits vom ersten Richtungskörperchen eingenommenen Richtungskerngrube. Dann schnürt sich der Zapfen ab und das zweite (also echte) Richtungskörperchen liegt völlig außerhalb des Eies (Pyrrhocoris, Lampyris). Es kommt dieser Fall nur vergesellschaftet mit A A, also ebenfalls völliger Ausstoßung des ersten Richtungskörperchens, vor. Der zweite Richtungskern verharrt im Randplasma (alle übrigen Beispiele mit Ausnahme von Pyrrhocoris und Lampyris). Er dringt auf dem Marsche nach außen oft nur bis zum Thelyid vor (Lasius) oder tritt in dieses hinein (Agelastica). Zu einer Abschnürung oder selbst nur zur Hervorwölbung eines Zapfens kommt es nicht. Es bildet sich also kein echtes zweites Richtungskörperchen. Mit einem solchen verliert das Ei sonst immer eine geringe Menge von Plasma. Es ist das in so fern zu beachten, als hier zwar der Richtungskern für die Weiter- entwicklung des Eies verloren sein mag, während in Bezug auf das Richtungsplasma (sit venia verbo!) hier keinerlei Andeu- tungen vorliegen, dass dasselbe sich am Aufbau des Embryo nicht betheilige. Theilungen des zweiten Richtungskernes kommen, so weit sich ersehen lässt, nicht vor und die gegentheiligen Angaben BLocnamann’s (über Apis) beruhen auf falschen Deutungen, wie ich am gegebenen Orte nachgewiesen habe. Dieser Fall kommt vor vergesellschaftet mit A2 und A 3, 154 H. Henking, d. h. es kann gleichzeitig der erste Richtungskern in einem Zapfen liegen oder (A 3) im Keimhautblastem eingeschlossen sein. 5. Ausbildung der dem Ei zugehörigen Kerne (Eikern und Richtungskerne). Nach Abtrennung des zweiten Richtungskernes umgiebt sich die innere Platte der Chromosomen mit einer sogenannten Kernvacuole und indem sich die Chromosomen in der scharf abgegrenzten Vacuole zerstreuen, lassen sie den Eikern entstehen. Der Vorgang kann in extremen Fällen nach folgenden zwei Schemata vor sich gehen. 1) Die Chromosomen behalten ihre im Allgemeinen rundliche Form noch sehr lange bei bis in die Copulation mit dem männ- lichen Kerne (Fig. 9, 19, 7%). Erst während der Copulation gehen die rundlichen Chromosomen direktin Schleifenform über, ohne dass sich, wie bei Nr. 2, ein netzförmiges Stadium dazwischen eingeschaltet hätte. Es behalten demnach die Chromosomen während dieser ganzen Veränderungen immer ihre erkennbare Individualität (Pyrrhocoris). Die anfänglich rundlichen Chromosomen fließen aus einander zu einem verzweigten Kernnetze, so dass sie einzeln nicht mehr zu unterscheiden sind (Agelastica Fig. 130, Lasius Fig. 290, 291). Es geht hier also die Individualität der Chromosomen zu Grunde. Der Vorgang kann alsbald nach der Abtrennung von der Spindel erfolgen (Agelastica, Rhodites; oder die Chromosomen bleiben noch einige Zeit kugelig erhalten (Lasius). Immer aber ist das Netzwerk gebildet und die Chromosomen als solche verschwun- den, wenn der Eikern mit dem Samenkerne copulirt (Agelastica, _ Lasius, Pieris). Was die Ausgestaltung der Richtungskerne anbetrifft, so ist die Mannigfaltigkeit recht groß und wir können folgende Gruppen aufstellen: A. Der erste Richtungskern bleibt ungetheilt. Dann können wir ihn stets vom zweiten Richtungskerne unterscheiden. Denn dieser letztere nimmt gewöhnlich sehr früh einen netzförmigen Bau an und die Chromosomen verlieren ihre Selbständigkeit mehr oder weniger (Agelastica, Lampyris, Tenebrio), oder die Chromosomen stellen sich wenigstens zu einem Kernrund zusammen (Pyrrhocoris Fig. 16, 19 Rk]]). Der erste Richtungskern dagegen ist durch die isolirten Chromosomen ausgezeichnet, welche zwar wohl durch Zerfall ihre Zahl vergrößern können, aber immer scharf umgrenzt bleiben und nur lose neben 2 me Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. 1ll. 185 einander liegen, ohne dass es zur Ausbildung eines eigentlichen Kernes „käme. Es ist dabei ganz unwesentlich, ob der erste Richtungskern in einem echten Richtungskörperchen sich befindet (Pyrrhocoris, Lam- pyris) oder gemeinsam mit dem zweiten Richtungskerne im Keimhaut- blastem (Tenebrio Fig. 387). B. Anders liegen die Verhältnisse, wenn der erste Richtungskern sich theilt. Dann haben die beiden Abkömmlinge dieselbe Werthigkeit wie der zweite Richtungskern und demnach auch wie der Eikern. Wir haben hier also vier einander gleichwerthige Kerne vor uns. Wir wer- den jedoch sehen, dass sie trotzdem sich nicht unerheblich verschieden verhalten. Da die Umwandlungen des Eikernes bereits besprochen sind, so möge er als Norm und Vergleichsobjekt für die übrigen dienen. 4) Das Nächstliegende ist, dass der zweite Richtungskern als Bruder des Eikernes die gleiche Ausbildung erfährt wie der Ei- kern. Das ist nun in der That häufig der Fall, vorausgesetzt, dass der zweite Richtungskern im eigentlichen Ei verbleibt und nicht nach außen befördert wird. Dann nimmt der zweite Rich- tungskern völlig synchronisch mit dem Eikerne den netz- förmigen Bau eines ruhenden Kernes an (Agelastica Fig. 130, 429, Donacia Fig. 408, 409). Der erste Richtungskern oder seine Abkömmlinge sind in der Entwicklung weiter zurück und zwar um so weiter, je ferner sie der Mittelachse des Eies sind. 2) Der Eikern macht pari passu die gleichen Veränderungen durch wie alle drei Richtungskerne. Das kann nur eintreten, wenn die Richtungskerne sich nicht aus dem Keimhautblastem entfernen. Es gehen also alle vier Kerne gleichmäßig zu dem netzförmigen Bau über (Pieris |36| Taf. XXV, Fig. 39), auch Musca). Da die Entwicklung aller gleichzeitig stattfindet, so unterscheiden sie sich kaum von einander. 3) Der Eikern macht völlig synchronisch dieselben Veränderungen durch wie der äußere Abkömmling des ersten Richtungskernes (RkI [1)). Es wird natürlich auch hier vorausgesetzt, dass alle Richtungskerne sich im Keimhautblastem befinden. Dieser interessante Fall findet sich in typischer Weise bei Lasius ausgebildet. Während die beiden mittleren Richtungs- kerne sich abweichend verhalten (Fig. 286 Rk] [2] und RkI), ballen sich im Eikern und äußerstem Richtungskerne die Chro- mosomen zusammen (Rk/ [1]und Eik, Fig. 286). Dann gehen die beiden letzteren Kerne, obgleich räumlich weit getrennt, gleich- zeitig zu dem netzförmigen Bau über (Fig. 262 RkI[1]und Eik), die Chromosomen als Individuen verschwinden, und selbst nach der 186 u = H. Henking, Copulation der Geschlechtskerne fährt der äußerste Richtungs- kern fort, gleichzeitig mit jenen sich aufzublähen und kuglige Chromosomen in sich auszubilden (Fig. 285 RkI[1] und Fig, 303). Die beiden mittleren Richtungskerne (Fig. 286 RkI |2] und RkII) haben zwischen sich das Thelyid (Th) und behalten ihre ursprüngliche Ausbildung bei, d.h. dierundlichen Chromosomen liegen in einer hellen »Kernvacuole«. Die Chromosomen ver- ändern sich nicht und behalten ihre Individualität. Später geht das Thelyid mit in die Kernvacuolen über (Fig. 285), so dass schließlich die Chromosomen von einem gemeinsamen Raume umschlossen sind (Fig. 264, 265). Eine Andeutung an solche Verhältnisse zeigt auch Rhodites (Fig. 209) allerdings nicht mehr. Ich möchte diesen Fall auf Nr. 2 zurückführen, derart, dass die beiden mittleren Richtungskerne hier irgend ein Hemmnis für ihre gleichsinnige Entwicklung gefunden haben. Augen- blicklich ist nicht zu ersehen, dass ein anderer Unterschied gegen die unter Nr. 2 genannten Fälle hier gegeben ist, als durch die etwas andere Ausbildung des Thelyid, so dass in der Nähe dieses Gebildes für die beiden mittleren Kerne die Hem- mung gesucht werden könnte. Natürlich leidet eine solche Ver- muthung an allen den Bedenklichkeiten, welche in den Natur- wissenschaften einem »Schlusse aus Exklusion« innewohnt. Der Eikern ist verschieden von allen drei Richtungskernen. Dies ist in weiter vorgerückten Stadien der Fall mit Rhodites, indem nur der Eikern sich aufbläht, während in den drei Richtungs- kernen die kompakte CGhromatinsubstanz erhalten bleibt. Hier noch. eine negative Angabe: So weit meine Erfahrung geht, ist es niemals der innere Abkömmling des ersten Richtungs- kernes (Rk] |2] der Figuren), welcher unter Ausschluss der übrigen eine Ähnlichkeit mit dem Eikerne aufwiese. 6. Das Schicksal der chromatischen und achromatischen j Richtungskörper. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Richtungskörper der In- sekten dem Ei nicht verloren gehen. Nur Lampyris macht unter den von mir untersuchten Formen eine Ausnahme, indem hier die Richtungs- körper außerhalb des Eies liegen bleiben. Allerdings ist hierbei zu be- merken, dass mir als späteste Stadien nur Eier mit noch wenigen Furchungszellen vorlagen, so dass die Möglichkeit gar nicht von der Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der nsekten. II. 187 Hand zu weisen ist, dass auch hier noch eine Aufnahme der Richtungs- körper in das Ei bewerkstelligt wird. Bei allen übrigen bleiben die chromatischen und achromatischen Richtungskörper entweder direkt im Ei, oder der sie etwas über die Oberfläche desselben emporführende Zapfen giebt sie dem Ei später wieder zurück, oder sie werden vom Ei gewissermaßen wieder ver- schlungen, wenn sie schon ganz nach außen abgeschnürt waren (Pyrrho- coris). Im letzten Falle lagen sie später an der Oberfläche des Dotters (Fig, 48—50). Diejenigen chromatischen Riehtungskörper, welche die Verbindung mit dem Keimhautblastem nicht verloren hatten, verhielten sich etwas verschieden: 4) Der zweite Richtungskern (Rk//) und der innere Abkömmling (RkI [2]) des ersten Richtungskernes (oder auch wohl der un- getheilte erste Richtungskern, Tenebrio, Agelastica z. Th.) rücken zusammen und vereinigen sich später in einer gemeinsamen Kernvacuole (Agelastica, Adimonia, Lasius, Rhodites, Bombyx?) Hierbei ist Regel, und wir werden dasselbe auch noch weiter unten treffen, dass in den Fällen, wo einer der Richtungs- kerne einen netzförmigen Bau angenommen hatte, in dem Kern- netz nun schleifenförmige Chromosomen auftreten (Agelastica Fig. 4120, Tenebrio Fig. 387). Es können auf die Weise zwei copulirende Richtungskerne ganz das Aussehen der in genau gleicher Weise sich verändernden Ge- schlechtskerne während der Gopula annehmen, vor- züglich wenn nun noch eine vom Thelyid erzeugte Strahlen- sonne sich hinzugesellt (Agelastica Fig. 120). Nach Verschmelzung der beiden Kerne findet man außer dieser Richtungskernmasse noch im Randplasma des Eies den äußeren Abkömmling des ersten Richtungskernes (RA [1]), welcher sich sehr lange isolirt halten (Lasius Fig. 269, 270 Rk, Agelastica, Crioceris Fig. 425, Ademonia Fig. 351) oder auch alsbald mit den vereinigten beiden anderen Richtungskernen verschmelzen kann (Rhodites Fig. 243, 218— 220). Es vereinigen sich alle drei Richtungskerne gleichzeitig zu einer gemeinsamen Masse. — Da in diesen Fällen alle drei Richtungs- kerne die gleiche Beschaffenheit besaßen und gleichzeitig mit dem Eikerne einen netzförmigen Bau angenommen hatten (ich schließe Musca hier ein), so traten zunächst, gerade wie oben, schleifenförmige Chromosomen in ihnen auf (Pieris [36] Fig. 80, Musca [32] Fig. 37,bei Brocumann |9] Fig. 35). Diese = 188 H. Henking, können dann, gerade wie in den Geschlechtskernen, sich ver- kürzen und in eine Ebene aufstellen. Wenn dann aber die drei Kerne verschmelzen, stellen sich die Chromosomen nicht in eine gemeinsame Ebene, sondern sie vertheilen sich unter feinem Zerfall regellos in dem gemeinsamen Kernraum (Pieris [36] Fig. 79, 76, Musca [32] Fig. 36 rn). Über das Schicksal der achromatischen Richtungskörperchen, der Thelyide, lässt sich Folgendes aussagen: Das zweite Thelyid verschwin- det sehr bald. Das erste Thelyid, welches ja auch größere Dimensionen zu haben pflegt, hält sich etwas länger. Am längsten habe ich es bei Pieris (bis zur Gopulation der Geschlechtskerne, 36, Fig. 10), bei Lasius (ebenfalls bis zur Copulation der Geschlechtskerne, Fig. 263 ih), bei Agelastica (etwa eben so lange Fig. 143 ThI) und Tenebrio (Fig. 382, 383 Ih) beobachtet. Dann verschwindet es. Besondere Beachtung verdient noch, dass das erste Thelyid sich mit einer plasmatischen Strahlung umgeben kann. So ist es in auf- fallender Weise bei Agelastica. Innormalen Eiern tritt eine undeut- liche Strahlung am Thelyid auf, wenn der aufgeblähte zweite Richtungs- kern in dieses eingetreten ist (Fig. 123). Die Strahlung kann sehr bedeutend werden während der CGopulation der Richtungskerne (Fig.120). Dass wirklich das Thelyid die strahlenerregende Materie enthält, scheint deutlich zu werden in Eiern, welche mit erhöhtem Druck zu einer stärkeren Strahlenbildung veranlasst waren (Fig. 133, 138, 197 Th]). 7. Die Samenfäden im Ei und die Copulation der Geschlechtskerne. Zu der Zeit, in welcher die Spermatozoen in das Ei eindringen, befinden sich die beiden Geschlechtsprodukte auf einem ganz verschie- denen Entwicklungszustande. Nach der neueren Auffassung ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass die beiden letzten Theilungen im Hoden, also die erste und zweite Theilung der Spermatocyten, der Bildung des ersten und zweiten Richtungskörperchens im Ei für gleichwerthig zu erachten seien. Nun haben die Samenfäden diese Theilungen längst durchgemacht, haben eine langwierige Umgestaltung in die Fadenform erlitten, wäh- rend das Ei jetzt dabei ist, die erste Theilung zu unternehmen. Es ist also dasEi vergleichsweise vieljünger,alses dieSamen- fäden beim Eindringen sind. Was fangen nun aber die Samenfäden im Ei an, während das Ei die von ihnen längst absolvirten Theilungen durchmacht? Die Samen- fäden müssen aus der Fadenform sich rückbilden, also eine rückläufige Metamorphose unternehmen. Das hat der Eikern nicht nöthig. Während Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 189 die Rückverwandlung des Samenfadens resp. Samenkernes stattfindet, macht der Kern des Eies die noch nöthigen Theilungen durch und die Vorgänge erfordern genau die gleiche Zeit, so dass Eikern und Samen- kern gleichzeitig in den der CGopulation vorhergehenden bläschenför- migen Zustand eintreten. In das Ei dringt eine größere Zahl von Samenfäden ein (Agelastica Fig. 114, Pyrrhocoris Fig. 4, Lasius Fig. 261). Jedoch dürften die meisten derselben gleich im Randplasma des Mikropylenpoles zu Grunde gehen. Wenigstens habe ich im Dotter, in welchem die zur Copulation sich vorbereitenden Samenfäden gesucht werden müssen, niemals mehr als höchstens drei Samenelemente aufgefunden (Pyrrhocoris Fig. 8, 48, Agelastica Fig. 109, Lasius Fig. 261). Zwei Samenelemente im Dotter sieht man sehr oft, noch öfter aber nur eines. Es ist eine sehr verbreitete Ansicht, dass Polyspermie für die Weiterentwicklung schädlich sei oder wohl gar nur bei geschwächten Eiern statthaben könne, eine Ansicht, welche ja auch durch die Be- obachtungen an zahlreichen Thieren, besonders Echinodermen, genügend gestützt ist. Dennoch trifft sie für die Insekten nicht zu. Die Poly- spermie ist hier so häufig und das Taubwerden der Eier im Verhältnis dazu so selten, dass eine nachtheilige Wirkung der überzähligen Samen- fäden meines Erachtens gar nicht diskutirt werden kann. Gelang es mir doch bei Pyrrhocoris etwa 50°/, polyspermer Eier, dagegen nur 2—49/, nicht entwicklungsfähiger Eier festzustellen. Wenn die Samenfäden aus dem Keimhautblastem sich zwischen die Dottermassen begeben, so gehen sie hierbei verhältnismäßig selten mit der Spitze voran. Zwar ist gewöhnlich noch ein Stück des Schwanz- fadens am Kopfe des Spermatozoon erhalten; aber die schlängelnde Beweglichkeit desselben hat aufgehört. Dennoch dürfte auch jetzt noch ein Bestandtheil des Schwanzfadens die Bewegung des Spermatozoon bewerkstelligen. Man bemerkt nämlich, dass der Kopf des Spermatozoon gewöhnlich eine Biegung gegen den Schwanzfaden erleidet, während das Ganze in den Dotter hinabsinkt und diese Biegungsstelle von Kopf und Schwanz marschirt gewöhnlich voran (Pieris, 36, Fig. 58—61, Agelastica Fig. 112, Pyrrhocoris Fig. 5—7, 43, Lasius Fig. 256). An derselben Stelle tritt nun auch ein heller Schein auf, welcher eine Strahlung im umgebenden Plasma veranlasst. Ich habe diese helle Substanz als das Arrhenoid bezeichnet (Fig. 144c). Innerhalb desselben kann noch ein besonderes Körperchen oder eine andere Substanz sich bemerklich machen (Pieris, Agelastica). | Woher stammt nun diese strahlenerregende Substanz? Es ist wohl 190 H. Henking, kein Zweifel daran, dass dieselbe vom Samenfaden herzuleiten ist, daher habe ich sie Arrhenoid genannt. Ferner scheint es mir unleug- bar zu sein, dass sie mit dem Schwanzfaden desselben in Verbin- dung gebracht werden muss. Denn wenn sich später der Kopf des Spermatozoon vom Schwanzfaden trennt und entfernt, wie es öfter vorkommt, so bleibt das Arrhenoid mit dem Schwanzfaden in Verbin- dung und dorthin richtet sich die Strahlung, während der verkürzte Kopf seitlich und außerhalb des Centrums der Strahlung liegt (z.B. Age- lastica Fig. 157, 179c, Pieris, 36, Fig. 65, 66f). Wenn am Samenfaden nach dem Eindringen in das Ei ein Spitzen- knopf deutlich wird, wie ich es bei Agelastica beobachtet habe (Fig. 109, 4—3), so tritt die Strahlung durchaus nicht um diesen herum auf, sondern gerade am anderen Ende des Kopffadens (Fig. 181), also an der Grenze von Kopf und Schwanz. Es ist hervorzuheben, dass der Samenfaden sich Anfangs oftschlecht färbt und daher schwer sichtbar gemacht werden kann (Musca, Lampy- ris, Lasius, Leucoma). Das bessert sich, sobald der Kopf desselben sich zu verkürzen beginnt. Die Verkürzung findet regelmäßig nach der Basis hin statt. Auch der Schwanzfaden tritt dann deutlicher hervor. Auf Rechnung welcher Substanz des Schwanzfadens ist nun aber die strahlenerregende Wirkung zu setzen und woher das Arrhenoid abzuleiten? Im reifenden Samenfaden von Pyrrhocoris findet sich (37) an der Grenze von Kopf und Schwanz außer dem allgemeinen plasma- tischen Überzuge noch der Ansatzpunkt des Nebenkernes und das Mito- soma. Nebenkern und Mitosoma sind Abkömmlinge der bei der letzten Theilung der Spermatocyten auftretenden Verbindungsfäden. Das bei der Theilung dieser Zellen als kleines Körperchen auftretende Gentro- soma ist bis in das Spermatosom nicht zu verfolgen und kann daher einstweilen nicht in Betracht kommen. Bei Pyrrhocoris tritt das Arrhenoid im Ei nicht in großer Aus- bildung auf, um so stärker aber bei Agelastica. Bei diesem Thiere sind jedoch die Samenelemente verhältnismäßig klein, doch konnte ich auch hier Nebenkern (n) und Mitosoma (m) in gleicher Lage in den heranwachsenden Samenfäden (Fig. 185) nachweisen. Die Gentrosomen sind in den sich theilenden Spermatocyten auch hier sehr klein (Fig. 167,494) und nach der Theilung nicht mehr zu erkennen. Sie würden in gar keinem Verhältnis zu der Größe des Arrhenoid im Ei stehen (Fig. 179 c). Nachdem ich nun beobachten konnte, dass das Thelyid bei Age- lastica eine reiche Strahlenbildung zu erregen vermag, stehe ieh nicht an, auch für Nebenkern oder Mitosoma die gleiche Fähigkeit anzuneh- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 191 men. Denn es ist kein Zweifel daran, ‘dass beide von den bei der Theilung ihrer Mutterzellen auftretenden Verbindungsfäden herzuleiten sind, das Thelyid von den Verbindungsfäden der ersten Richtungs- spindel, das Arrhenoid von den Verbindungsfäden der zweiten Theilung der Spermatocyten. Ich will besonders darauf aufmerksam machen, dass eine gewisse Schwierigkeit darin liegt, dass die beiden genannten Theilungen ein- ander nicht entsprechen. Der zweiten Theilung der Spermatocyten muss die zweite Richtungsspindel an die Seite gestellt werden. Was diese Ungleichheit bedeutet, bin ich augenblicklich zu beantworten außer Stande. Das ändert jedoch an der Schlussfolgerung nichts. Die Verkürzung des Samenfadenkopfes nach der Basis hin bewirkt, dass derselbe zu einem kleinen ovalen aber noch kompakten Körper- chen zusammenschrumpft. Die Verkürzung ist etwa zu der Zeit voll- endet, wenn die chromatischen Tochterplatten der zweiten Richtungs- spindel sich zu den neuen Kernen (Eikern und zweiter Richtungskern) zusammengeballt haben (Agelastica-Fig. 138, Lasius Fig. 259). Von hier ab verläuft die Entwicklung des Samenfadens genau im gleichen Schritt mit der gleichgerichteten Entwicklung des Eikernes, obgleich die Kerne Aufangs räumlich weit getrennt sind. Und wenn ich dann noch hinzusetze, dass diesem Entwicklungsrhythmus ganzingleicher Weise einer derRichtungskerne oder sie alle sich anschließen, und ferner ebenfalls die überzäh- ligen Samenkerne, so leuchtetein, dass wir als Ursache dieser auffallenden Erscheinung das Eiplasma verant- ‚wortlich machen müssen. Es beginnt also der Samenkern sich aufzulockern und durch Auf- nahme einer hellen Substanz sich aufzublähen. Dabei tritt er in das helle Arrhenoid ein und ich sprach die Ansicht aus (Pieris, 36), dass die Volumenszunahme des Kernes auf Kosten des Arrhenoids erfolgen ‚möchte, indem dieses sich in gleichem Schritt verringert. Dieser An- sicht bin ich auch noch, wenngleich ja die Aufblähung des Eikernes aus eigener Kraft und ohne Gegenwart einer hellen Substanz darthut, dass der Kern an sich im Stande ist, die zu seiner Aufolähung erforderliche helle Substanz sich auf andere Weise zu verschaffen. Der aufgeblähte und nun zur Copulation bereite Samenkern ent- hält im Inneren ein Netzwerk, welches von der vorher und nachher deutlich vorhandenen Chromatinsubstanz ofi nichts erkennen lässt (La- sius Fig. 311). Dieser Zustand kann sich erhalten bis in die Copulation 192 H. Henking, hinein, und der Eikern befindet sich dann im gleichen Zustande (Fig. 408, 409 Donacia). Die Copulation geht in folgender Weise vor sich: der Samenkern ist etwa bis zur Höhe des Ortes der Richtungsspindeln in den Dotter eingedrungen (Tenebrio Fig. 380 etc.), oder nur eine kurze Strecke weit, wenn die Richtungsspindeln sich in der Nähe der Mikropyle be- finden (Lasius Fig. 262 ete.).. Dort verharrt der gewöhnlich von einer reiehlichen Plasmastrahlung umgebene Samenkern. Auf ihn eilt nun der Eikern vom Rande her zu und tritt in den Strahlenhof des Samen- kernes ein. Wie dann die beiden Geschlechtskerne sich an einander schmiegen, erscheinen in ihrem Inneren gebogene Chromatinschleifen (z.B. Fig. 21). Diese Schleifen verkürzen sich später und die Umgren- zung der Kerne verschwindet, so dass die Chromosomen nun in einem gemeinsamen Raume liegen. Der Rest des Arrhenoid wird zu den Attraktionssphären für die erste Furchungsspindel (Fig. 24 Pyrrhocoris), welche nun in Erscheinung tritt, indem die Chromosomen sich zur Äqua- torialplatte aufstellen. Jetzt sind aber oft noch zwei getrennte Gruppen von Chromosomen zu unterscheiden, welche wohl als männliche und weibliche angesprochen werden dürften (Pyrrhocoris Fig. 22, Pieris, 36, Fig. 48, 50). Es theilen sich die Chromosomen und gehen zur Hälfte je in einen der beiden ersten Furchungskerne über. Was wird aus den überzähligen in das Ei eingedrungenen Samen- fäden? Dieselben machen genau die gleichen Veränderungen durch, wie derjenige, welcher später zur Gopulation kommt. Es ist nicht zu bemerken, dass einer derselben etwa prädestinirt ist dazu. Außerdem schließen sich diese überzähligen Samenkerne in ihrer Ausbildung ganz genau dem gleichen Rhythmus an, den alle übrigen Kerngebilde im Ei innehalten , eine Thatsache, welche mir alle Achtung zu verdienen scheint. Die Figuren z. B. auf Taf. I werden hierfür genügende Bei- spiele abgeben. Die Gleichheit in der Entwicklung geht bis zu dem Stadium, dass in dem aufgeblähten Kerne die schleifenförmigen Chro- mosomen aufgetreten sind (Fig. 21). Zu dieser Zeit befinden sich aber zwei der Geschlechtskerne bereits in Copula. Ist dieselbe vollendet, so tritt alsbald Theilung und Bildung der ersten Furchungskerne ein. Eine völlige Theilung habe ich an einem der tiberzähligen Samen- kerne nicht beobachtet, das späteste mir zu Gesicht gekommene Sta- dium war in der Aufstellung der Chromosomen zu einer Art von Äqua- torialplatte gegeben (Fig. 196 g', Agelastica). Aber diese Figuren machten keinen sehr lebensfähigen Eindruck. Außerdem ist hervorzu- heben, dass überzählige Samenfäden um so seltener gesehen werden, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 193 je weiter die Entwicklung bis zu dem oben genannten Punkte vor- schreitet. Es ist mir demnach zweifelhaft, ob die Samenkerne wirklich lebenskräftige Theilungen durchmachen. Möglich ist es, dann aber wohl nur in seltenen Fällen eintretend. Das Endschicksal der überzäh- ligen Samenkerne verdient schon aus dem Grunde ein besonderes Inter- esse, als es Rückerr (63) kürzlich wahrscheinlich gemacht hat, dass nicht nur mehrere »Spermaköpfe« in die Keimscheibe von Selachiereiern eindringen, sondern dass von ihnen außer dem männlichen Vorkerne auch noch »Dotterkerne« oder »Merocyten« gebildet werden. Jedoch brauchen nach seiner Ansicht nicht alle Merocyten diesen Ursprung zu haben. Das würde in gleicher Weise für die Dotterkerne der In- sekteneier betont werden müssen; denn diese sind in allen Eiern vor- handen, also auch in den Monospermen. Ein Eindringen mehrerer Samenfäden in normale Eier ist nicht oft beobachtet und scheint nur bei solchen mit großem Dotter häufiger vor- zukommen. Sie lösen sich jedoch z. B. bei Petromyzon nach den An- gaben von Kuprrer und Benecke (d4) und von Bönm (41) alsbald auf (ge- hemmte Spermatozoen) und nur eines (das penetrirende Zoosperm) entwickelt sich zu einem Kerne, dem männlichen Vorkerne. Eben so ist es nach E. van Benepen (2) bei Kaninchen. Es ist demnach die Weiterentwicklung eines Theiles der in das Ei der Insekten eingedrun- genen Samenfäden als normaler Vorgang im Thierreich nicht eben ge- wöhnlich. Dass der in das Ei eingedrungene Samenfaden noch ein Stück des Schwanzes mit sich führe, ist nur recht selten beobachtet worden. Ich vermuthe jedoch, dass dieses negative Resultat wohl nur auf Rechnung der Feinheit der Schwanzgeißel zu setzen ist. In ganzer Länge wird dieselbe allerdings wohl niemals dem Ei inkorporirt. | Behält das Spermatosom mehr die Gestalt einer gewöhnlichen Zelle, so erregt es keine Verwunderung, wenn hier nicht nur der Kern, son- dern auch die gesammten übrigen Zellbestandtheile im Ei gefunden werden. Das ist ja besonders von Ascaris megalocephala von allen Beobachtern angegeben. Hiernach war zu erwarten, dass Ähnliches auch bei den fadenförmigen Spermatosomen vorkommen würde. | Ich habe von Pyrrhocoris nachgewiesen, dass der nadelförmige Kopf des Spermatosomes noch von einer zarten Hülle von Plasma über- zogen sei (37, Fig. 97 p). Plasmabestandtheile werden aber auch noch in dem überall beobachteten Schwanzfadenstück mitgeführt, welches außerdem das Mitosoma und einen Theil des Nebenkernes enthält. Es Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 43 194 H. Henking, ist hiernach eine völlige »Abstreifung« des männlichen Plasmas beim Eindringen nicht anzunehmen. | Dass ein mehr oder weniger beträchtliches Stück des Schwanz- fadens mit in das Ei schlüpft, haben zuerst SeLenkı (64) bei Toxo- pneustes und O. Herrwie (41) bei Cymbulia und Tiedemannia gesehen und auch abgebildet. Veränderungen an demselben sahen sie nicht; es verschwand allmählich. ' Bei Arion dringt nach Pıarner (60) ein beträchtliches Stück des Schwanzes in den Dotter mit ein und auch Prarner hat hier in gleicher Weise wie ich bei Insekten jene Eigenthümlichkeit des Schwanzfadens angetroffen, dass seine Färbbarkeit im Dotter beträchtlich zugenommen hat. Später aber wird er immer -undeutlicher und ist schließlich völlig ‘ aufgelöst. Interessant ist die Angabe: »die im Dotter befindliche Partie desselben macht die Bewegung, welche die sich ausbildende Furchungs- ‚spindel von der Peripherie nach dem Centrum des Eies bringt, nicht mit, sondern bleibt unverrückt liegen« (p. 70). Zum Schluss möchte ich nicht verfehlen, darauf aufmerksam zu machen, dass in allen von PrArner gegebenen Abbildungen, wenn der Schwanzfaden überhaupt auf eine längere Strecke zu verfolgen ist, er stets mitten durch eine der Strahlungen hindurchzog. Es scheint mir das bei der ver- muthlichen Ausschließlichkeit dieses Vorkommens doch eine tiefere Be- deutung zu haben. Auch Bönm (11) hat bei Petromyzon ein kurzes Fädchen am Samenkern beobachtet. Ich habe oben angegeben, dass bei Insekten kein Zweifel daran sein kann, dass die Strahlung am Samenfaden in der Umgebung des Schwanzes an der Grenze von Kopf und Schwanz hervortritt, nicht aber im Umkreise des bei Agelastica z. B. im Ei sichtbar werdenden Spitzenknopfes. Es ist natürlich gar nichts darüber auszusagen, ob damit etwa ein für fadenförmige Spermatozoen allgemeingültiges Ver- halten gekennzeichnet ist. Nach For (22) nimmt das Centrosoma bei Echinus von der Spitze des Samenfadens seinen Ursprung. Ich möchte dem gegenüber darauf hinweisen, dass nach Serenkı (64) bei Toxo- pneustes variegatus der Vorgang offenbar ein anderer ist. Denn hier bildet sich zunächst um den Kopf des Spermatozoon die radiäre Dotterstrahlung. »Langsam beginnt nun der Hals des Spermatozoen- köpfchens zu schwellen. Ich konnte wiederholt wahrnehmen, wie er an Volumen zunimmt, während er immer noch mit dem Samenschwänz- chen, welches in einer körnchenfreien Straße von Dotterprotoplasma liegt, in Verbindung steht. Weiter beobachtete ich, wie die Spitze Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II, 195 des Spermatozoons, die durch ihre stark lichtbrechende Eigenschaft leicht erkenntlich ist, sich vom Hals desselben loslöst, von dem überall in Bewegung befindlichen Dotterprotoplasma fortgeführt wurde und sich endlich dem Auge entzog; offenbar wird die- selbe resorbirt sowie auch der Schwanz« (p. 7)!. Demnach ist hier die Strahlung jedenfalls nicht an die Spitze des Spermatozoons gebunden, sondern verbleibt dem eigentlichen Kerne auch nach Fortrücken der Spitze. Bei Petromyzon entsteht nach Bönn (11) die Strahlung am Sperma- tozoon derart, dass neben dem stabförmigen Kerne ein helles Gentro- soma auftritt. Wie aus seiner Fig. 21 hervorgeht liegt dieses Strahlen- centrum neben dem einen Ende des Kernstabes und zwar nach Fig. 19 neben dem tiefer im Ei befindlichen Ende. Es ist das also das gleiche Verhalten wie bei den Insekten, nur ist aus den Angaben von Bönm nicht zu ersehen, ob das Gentrosoma neben dem Vorderende oder neben dem Hinterende des Kernstabes gelegen ist. Bei Infusorien geht nach Mauris (54) und R. Herrwıc (45) das Hinterende des g! (Wander-) Kernes, welches also mit den Verbindungsfäden zusammenhing, beim Marsche auf den © (stationären) Kern zu, voran. 8. Die Beobachtungen von Vejdovsky (71). Mit besonderem Nachdruck möchte ich hier auf die Untersuchungen von Vespovsky aufmerksam machen, welche das Ei von Rhynchelmis limosella betreffen, und zwar aus dem Grunde, weil die Resultate von VE3Dovs&y mit den meinigen in ganz auffallender Weise übereinstimmen. Ich betone das, da ich mir keine bessere Gewähr für die Richtigkeit der Beobachtungen denken kann, als wenn zwei Forscher unabhängig von einander und an verschiedenem Materiale dieselben Erscheinungen beobachten und zu den gleichen Schlüssen kommen. Die Abhandlung von VespovskY erschien bereits 1888 und im folgenden Jahre machte ich meine erste Mittheilung über diesen Gegenstand (Naturforscher- Versammlung zu Heidelberg); jedoch gelang es mir erst jetzt, nach - Fertigstellung der ganzen Untersuchungsreihe, das betreffende Heft 1 der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen von Vemovsky (71) mir zugänglich zu machen. Die Bildung der Richtungskörperchen von Rhynchelmis erfolgt in _ gewöhnlicher Weise; jedoch giebt Vzıpovsky an, dass die Tochterchro- “ mosomen bei der Theilung der ersten Richtungsspindel farblos und 1 Die gesperrt gedruckten Worte sind im Original nicht besonders hervorge- hoben. 13* 196 H. Henking, glänzend werden. »Allen Eigenschaften nach sind die Polzellen als echte, aber sehr unvollkommen entwickelte Zellen aufzufassen, welche, nachdem sie keine chromatischen Elemente enthalten!, nicht lange fortbestehen können « (p. 56). — Der Q Pronucleus rückt alsdann in das Ei; er besteht aber nur aus stark glänzenden Bläschen, während chromatische Substanz völlig in ihm fehlt. Eıst, wenn der Eikern größer wird, treten inihm einzelne sich inten- sivroth färbende »Nucleolic« auf. Der Spermakern wandert vom Rande her in die Mitte des Eies; er ist völlig achromatisch. Auch von den Lumbriciden und von Nephelis giebt VEıpovsky an, dass der Spermakern Anfangs nicht nachzuweisen ist. »Offenbar muss derselbe noch sehr klein sein und ebenfalls wie bei Rhynchelmis in diesem Stadium der chromatischen Elemente entbehren« (p. 76). | Der Spermakern hat neben sich eine ausgedehnte helle Substanz, welche von Strahlung umgeben wird, den »Periplast«. Es ergiebt sich ohne Weiteres, auch aus den nachfolgenden Veränderungen, dass der Periplast von Vzspovsky nichts Anderes ist als ein Arrhenoid. Die Ent- stehung des Periplastes und überhaupt das allmähliche Eindringen des Samenfadens hat Vzıpovsky zwar nicht so genau verfolgen können, wie ich es bei den Insekten geschildert habe, immerhin aber doch hin- reichend genug um sagen zu können: »der Periplast selbst ist der umgewandelte Schwanz oder, wenn man will, ein Theil desselben« (p. 75). Nach Erreichung des Eicentrums wandert der kleine g' Pronueleus in den Periplast (= Arrhenoid) hinein, und nimmt an Volumen zu. Also ganz wie ich es geschildert habe. Es hat VesıpovskY gerade diese Vorgänge sehr ausführlich dargestellt und in klaren Abbildungen auf Taf. VI erläutert. Die Strahlenbildung (Taf. VI, Fig. 16) ist ganz wie bei Insekten. Jetzt dehnt sich der wohl etwas kleiner gewordene Periplast seitlich aus und bildet eine Spindel. An den Spindelpolen rundet sich ein Theil desselben zu den neuen Attraktionssphären ab, während ein anderer Theil in der Umgebung des 3! Pronucleus ver- harrt und eine Spindelstreifung bekommt. Auch das Plasma sammelt sich um die Pole und dort tritt nun eine feine Strahlung auf um kleine Centren im Inneren der Attraktionssphären. Jetzt tritt der achromatische Eikern an den 3! Pronucleus heran, ohne dass von ihm ein »Periplast« oder eine Strahlung sichtbarlich mitgebracht würde. Die Verschmelzung der Kerne hat VEsDovsky nicht i Dieses und auch das weiterhin im Druck Hervorgehobene ist im Original nicht gesperrt gedruckt. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 197 gesehen, doch sind inzwischen im 9 Pronucleus zahlreiche intensiv gefärbte kugelige »Nucleoli«e (= Chromosomen) aufgetreten. — Die aus der ersten Furchungsspindel hervorgehenden zwei Tochterkerne ent- halten jedoch abermals keine Spur von Chromatinsubstanz ; sie bestehen aus Theilen, »die man annäherungsweise als Kügelchen bezeichnen kann; aber dieselben sind vollkommen achromatisch und anscheinlich von gelatinöser Beschaffenheit«. Die Chromosomen »ent- ‚stehen also erst nachträglich« (p. 108). Eines weiteren Kommentars bedürfen die mitgetheilten That- sachen wohl kaum. 9. Die plasmatischen Strahlungen. Ich habe in der vorhergehenden Darstellung zweierlei Arten von Strahlungen nicht scharf unterschieden, weil ich glaube, dass dieselben mit einander in Zusammenhang stehen und keine scharfe Trennung zulassen. 1) Die eine Strahlung zeichnet sich durch feine Radien im Plasma aus und wird gewöhnlich unter der Bezeichnung der Aster oder Sonnen verstanden. Sie tritt ganz allgemein bei Theilung junger Furchungs- kerne, auch wohl an den eingedrungenen Samenfäden und in manchen Fällen bei Bildung der Richtungskörper stärker hervor. Eine solche Strahlung war es auch, welche das Thelyid umgeben konnte (Agelastica Fig. 133). 2) Eine andere Art von Strahlung besteht darin, dass gewisse von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausgehende Plasmastraßen sich ver- stärken und einen eigenthümlichen mehr gestreckten und straffen Lauf annehmen. Man könnte diese Ausgestaltung mit manchen Pseudopodien vergleichen, wenn nicht ein beachtenswerther Unterschied vorläge. Die Pseudopodien ragen in eine andersgeartete Umgebung hinein, diese Plasmastrahlen dagegen befinden sich im Inneren derselben Zelle und gehen an ihren Enden und seitlichen Verzweigungen in das gemeinsame Plasmanetz des Eies über. Es strömt unter Neubildung von plasmatischer Substanz eine größere Menge derselben nach einem gemeinsamen Mittelpunkte zusammen. Dem entsprechend verdicken sich die Radien gewöhnlich etwas, je mehr sie sich dem gemeinsamen Centrum nähern (Fig. 443 g'). Um das Centrum häuft sich dann die Plasmasubstanz in größerer Menge an, und in diesem können nun die unter Nr. 1 beschriebenen Radien hervortreten (Fig. 157, 166) oder auch fehlen (Fig. 179, 180). Diese gröberen Strahlen werden vielleicht nur in dotterreichen Eiern sichtbar sein; denn eine einfache Über- 198 H. Henking, legung ergiebt, dass sie, die sonst keine erheblichen positiven Merk- male haben, nur durch räumliche Trennung vom übrigen Eiplasma auffallen können. Das wird hier eben von den Dotterkörnern geleistet. Ja selbst in den Fällen, dass diese gröberen Radien nur wenig Plasma enthalten, ist das für sie charakteristisch, dass sie gelegentlich die dicht gedrängten Dottermassen in eigenthümlicher Weise zerklüften, wie ich es von Pyrrhocoris beschrieben habe. Die beiden Arten von Plasmastrahlungen kommen vielfach mit einander vergesellschaftet vor, derart eben, dass im Gentrum der zuletzt beschriebenen gröberen Strahlung auch noch die feinere Strahlung auftritt. Dann verlaufen die Radien der letzteren in den plasmatischen Ausläufern der ersteren ebenfalls noch. In anderen Fällen wiederum ist schwer zu sagen, welche von beiden Arten vorliegt, wie z. B. in Fig. 352 (Adimonia, Konservirung mit Fıemmines Flüssigkeit). Man ‚kann also keine scharfe Grenze ziehen. Gemeinsam ist für beide, dass sie radiär von einem Orte ausgehen, welcher irgend wie einen Reiz ausüben muss. Welcher Art dieser Reiz ist, ob chemische Umwandlungen mit gleichzeitigen Strömungen ihn hervorrufen (wie es das Wahrscheinlichste ist) oder etwas Anderes, darüber kann man ohne umfassende Neuuntersuchungen augenblick- lich nur ziemlich werthlose Hypothesen äußern. Jedenfallssind die Strahlungen nur das äußere Bild für einen uns unbekannten Vorgang und man kann die relative Ausdehnung der Plasmastrahlen recht wohl als Maßstab für die Größe des »Reizes« annehmen, wie auch die Intensität der Leuchtkraft als Werthmesser für die ee der Leuchtquelle dient. Aus dem Grunde ist es nicht unwichtig, dass um das Arrhenoid eine außerordentliche Strahlung regelmäßig hervortritt, während am Eikern bei seinem Vorrücken zur Copulation auch nicht die geringste Spur einer solchen vorhanden ist. Ich mache auf diese bisher gar nicht genügend gewürdigte Thatsache hiermit noch einmal ausdrücklich aufmerksam und füge hinzu, dass es hierbei völlig gleichgültig ist, ob der Eikern ein Gentro- soma mitsich führt oder nicht. Der Unterschied zwischen Eikern und Samenkern bleibt bestehen und berechtigt uns, derartige Eier, wie von mir geschehen (35), als arrhenogone zu bezeichnen. Da die von mir weiter oben unter Nr. 2 beschriebenen gröberen Strahlungen bei den Insekten und den von mir benutzten Methoden am deutlichsten hervortreten, so sind sie es hauptsächlich, welche beim Vergleich zwischen Eikern und Samenkern den Unterschied Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 199 zwischen dem »senilen« Eikerne und dem unter vorliegenden Umständen äußerst »furchungskräftigen« Samenkerne augenfällig machen. Beiläufig mag noch erwähnt sein, dass auch der im Dotter befind- liche Schwanztheil des Samenfadens einen gewissen Reiz ausübt, weil sich mit großer Regelmäßigkeit in dessen Umgebung eine größere Menge von Plasmasubstanz ansammelt. Dadurch wird der Weg des Samenfadens angezeigt, was in besonders auffälliger Weise z. B. in Fig. 176 (Agelastica) zu Tage tritt. Noch eigenthümlicher zeigt sich darin gelegentlich Tenebrio, indem hier gewissermaßen zerstreute Stücke den gewundenen Weg der Spermatozoen anzeigen (Fig. 392). Der Erste, welcher meines Wissens mit Nachdruck den oben gekennzeichneten Unterschied zwischen Ei und Sperma hervorgehoben hat, war Bovzrı (13). Er glaubte nach seinen Beobachtungen an Ascaris megalocephala annehmen zu müssen, dass im reifen Ei das Gentrosoma rückgebildet würde und Ersatz erhielte durch ein neues im Sperma- tozoon mitgeführtes Gentralkörperchen. Inzwischen ist von mehreren Seiten der Nachweis erbracht worden, dass bei manchen Thieren auch das Ei nach Abstoßung der Richtungs- körper noch ein gut ausgebildetes Gentrosoma besitze, so für Aulastomum durch PıArner (58), für Strongylocentrotus durch For (22). Auch in den Eiern der Forelle ist nach Branc (7) am Eikern eine »centre solaire« vor- handen. Damit ist zwar die Ansicht Boverr’s über die Bedeutung des männlichen Centrosomas widerlegt, die Basis aber, von der er ausging, ist eine völlig gesicherte. Ich möchte jedoch, wie ich bereits gethan (35), den Nachdruck auf das Vorhandensein oder Fehlen der Strahlung legen, da deren Nachweis im Allgemeinen leichter gelingen dürfte, als der des oft recht winzigen Gentrosomas. Die Beachtung der Strahlungsverhältnisse scheint mir auch aus dem Grunde einen besseren Maßstab für Beurtheilung der Theilungs- energie einer Zelle zu bieten, weil ihre Dimensionen leichter abgeschätzt werden können. Die Größe des Centrosomen steht nicht immer mit ihnen im Vergleich. Übrigens decken sich beide Auffassungen nicht völlig. Denn seit- dem durch Freumme (19, 21) und Guienarp (26) nachgewiesen wurde, dass auch in ruhenden Zellen CGentrosomen vorhanden seien, ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass auch ein Geschlechts- - kern ein Gentrosoma mit sich führen könne, ohne dass gleichzeitig eine Plasmastrahlung sich bemerklich macht. Das scheint z. B. der Fall zu sein bei Ascidien, wenn wenigstens die kurze Angabe For’s (22), dass ser Phallusia »vergleichshalber in die Untersuchung herangezogen« habe -(p. 269), dahin ausgelegt: werden darf, dass er hier dasselbe wie bei 200 H, Henking, Strongylocentrotus gesehen habe. Hoffentlich erhalten wir gerade über diesen Punkt noch nähere Angaben. Bei Ascidien hat nämlich weder Bovskrı (15) noch ich an den Richtungsspindeln eine Polstrahlung nachweisen können, während am Spermatozoon eine beträchtliche Strahlung leicht beobachtet werden kann. Nimmt man die For’sche Angabe hinzu, so würde also dem Ei- kerne wohl ein Gentrosoma, aber keine Strahlung zugeschrieben werden müssen. Es würden demnach die Ascidien unter den arrhenogonen Eiern ihren Platz behaupten. 10. Über das Thelyid. Spätere Untersuchungen mögen darüber entscheiden, ob Neben- kern und Mitosoma als Abkömmlinge der Verbindungsfäden der letzten ‚Spermatocyten-Theilung an der Strahlung des Arrhenoid und folglich auch an der Konstituirung der Attraktionssphären der ersten Furchungs- spindel betheiligt sind oder nicht. Sind sie betheiligt, so beansprucht das Abwerfen eines äquivalenten Stückes bei Bildung der Richtungs- körper, nämlich des Thelyid, eine hervorragende Beachtung. Sind sie nicht betheiligt, so ist dennoch die Bildung des Thelyid von großem Interesse. Sein Auftreten gleicht ja in vieler Beziehung der Zellplatte der Botaniker (67), und aus dem Vorhandensein des Thelyid bei der Bildung des ersten Richtungskörperchens sowohl wie auch des zweiten geht hervor, dass beide Theilungen als echte Kerntheilungen aufgefasst werden müssen. Auch in folgender Hinsicht ergiebt sich eine interessante Aufklärung. Mag man die Zahlenreduktion der Chromosomen in die erste oder zweite Richtungsspindel verlegen, so kann die Theilung darum doch in ihrer weiteren Ausführung mit jeder anderen Kerntheilung übereinstimmen. Es folgt das zwingend aus solchen Beobachtungen, wie ich sie von Age- lastica mittheilte, wo ein deutliches Thelyid sowohl aus der ersten, wie aus der zweiten Richtungsspindel übrig blieb (Fig. 130 ete.). Auch bei Pyrrhocoris ist es eben so. Man hat lange Zeit geglaubt, dass dab Auftreten einer Zellplatte für die pflanzlichen Zellen etwas ganz Charakteristisches sei. In neuerer Zeit aber mehren sich die Angaben über ihr Vorkommen im Thierreiche. In dieser Richtung hat sich Carnoy ein besonderes Verdienst erworben. Zuerst wies er (17)nach, dass die Zellplatten, wenn auch unregelmäßig, in weiter Verbreitung im Kreise der Arthropoden bei Zelltheilungen, besonders aber im Hoden, vorkommen. Er machte bereits auf den Unterschied aufmerksam, der im Aufbau der Zellplatte sich findet, je Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 201 nachdem dieselbe als Verdiekung der Verbindungsfasern (also im Be- reiche des alten Kernes), oder außerhalb der Kernregion im Zellplasma selber zum Vorschein kommt, — alles Verhältnisse, wie sie von Pflanzen- zellen her genügend bekannt sind. Wir haben es hier nur mit der Ver- diekung der Verbindungsfasern zu thun. Carnoy glaubt, dass diese Fasern hohl sind und dass in ihnen von beiden Seiten her das Plastin in der‘Mitte zusammenfließe. Nur in wenigen Fällen lässt Carnoy die Zellplatte sich an der Abgrenzung der neuen Zelle betheiligen, sonst spaltet sie sich in der Mitte durch und sie geht somit in die Tochter- zelle über. Carnoy giebt für letzteres Verhalten ähnliche Bilder von Spermatoeyten von Steropus madida (Fig. 147—152), wie ich sie von den Spermatoeyten von Pyrrhocoris (37) in Fig. 61, 64, 66, 67 darge- stellt habe. Meistens verbleibt die Zellplatte im Plasma. Die Substanz der Verbindungsfasern und auch der Zellplatte ist damit wohl dem Kerne verloren gegangen, aber sie wird dem Gyto- plasma einverleibt, indem die Verbindungsfasern sich in den Fasern des Cytoplasma vertheilen. R. Hrrrwic (46) beobachtete bei der Theilung des Macronucleus von Spirochona eine Anfangs körnige, dann homogene Mit- telplatte, E. van BEnEDEN (3) hat zellplattenartige Bildungen bei der Thei- lung der Keimzellen von Dieyemella beschrieben. For (23) erwähnt und bildet ab eine Zellplatte oder Andeutungen derselben bei Theilung der ersten Furchungszellen von Toxopneustes, Pterotrachea und Sagitta. Nach Bürscati (16) tritt eine Zellplatte auf bei Theilung des ersten Furchungs- kernes von Nephelis, noch deutlicher bei Limnaeus und Succinea, wenig ausgebildet bei embryonalen Blutkörperchen des Huhnes. Neuerdings sind sie besonders bei Wirbelthieren aufgefunden worden. Das gelang zunächst Fremming (21) an Gewebszellen und Spermatocyten von Sala- mandra. Der mit dem Orangeverfahren intensiv färbbare »Zwischen- körper« liegt in der Mitte der Verbindungsfasern. Die letzteren lösen sich in der Richtung auf den Zwischenkörper zu im Zellplasma auf und ‘vom Zwischenkörper selber theilt Firmung mit: »Schließlich scheint er in der Zellgrenze zu verschwinden« (p. 694). — L. Gerricu hat (nach - Fremming [21] p. 694) bei Furchungszellen von Mäuseeiern Zellplatten- _ rudimente gesehen und schließlich hat B. Sorer zwischen sich theilenden "Bindegewebszellen aus dem Amnion der Ratte einen »Zwischenkörper« von äußerst interessanter Form beschrieben und abgebildet (66, p. 483). _ Ein spindelförmiger Körper mit dunklerem Centrum von ähnlicher Ge- stalt wie das zweite Thelyid von Agelastica (Fig. 129, 130 ThII) liegt anscheinend frei zwischen den beiden Tochterzellen. Es ist dabei zu beachten, dass wir es hier mit Zellen aus einem Organ von nur kurzer Dauer zu thun haben und wäre es wohl werth darauf zu achten, ob die * ae 202 | H. Henking, Theilungen von Körperzellen junger Ratten in gleicher Weise verlaufen. — Ferner ist zu bemerken, dass Soreer hervorhebt, der »Zwischen- körper« sei in Safranin färbbar. Das ist in Hinblick auf seine Genese nicht uninteressant. Waren dies Angaben über Zellplatten aus Gewebs- und Körper- zellen, so sind doch auch über ähnliche Bildungen an Richtungs- spindeln einige Angaben vorhanden. — E. L. Mark (53) hat bei der Bildung des zweiten Richtungskörperchens von Limax campestris eine Zellplatte beobachtet, welche im Fuße des Richtungskörperstieles ge- legen ist (seine Fig. 63). Von ihr ausgehend sind noch die Verbindungs- fäden zu sehen. Es ist das aus dem Grunde hervorzuheben, weil der weibliche Pronucleus als kleiner abgerundeter homogener Körper tief im Ei liegt. Es haben sich also die Verbindungsfasern an seinem Auf- bau nicht betheiligt. — Auch van Benepen (4) hat bei der Bildung des ersten Richtungskörperchens Ähnliches wie eine Zellplatte bei Ascaris megalocephala abgebildet, noch stärker aber bei der Bildung des zweiten Richtungskörperchens. Hier liegt zwischen dem bereits nach außen ge- schobenen zweiten Richtungskörperchen und dem Eikern die plaque mediane van BENEDEN’s, von welcher noch achromatische Fibrillen zum zweiten Richtungskörperchen und Eikern führen (Pl. XVII, Fig. 5). - Plaque und Fasern verschwinden dann derart, dass sie nicht in den Ei- _ kern übergehen (Pl. XIX®s, Fig. 4). — Später hat es dann Carnox (18), welcher eine große Zahl von Nematoden daraufhin untersucht hat, ganz bestimmt ausgesprochen (p. 56) :»L’isolement des globule spolaires a lieu, chez les n&matodes, ä l’aide d’une plaque cellulaire.« Es lässt GARNoY die Abtrennung der Richtungskörperchen durch diese Zellplatte bewirkt werden, ähnlich wie auch Bovzrı (14) das erste Richtungskörperchen von Ascaris megalocephala durch eine »Zellplatte« nach außen abge- schnürt werden lässt (p. 452), das zweite Richtungskörperchen aber durch eine »körnige Membran« (p. 456). Ich erinnere daran, dass bei den von mir beobachteten Insekten die Zellplatte niemals durch die Abtrennungslinie der Richtungs- körper berührt wurde. Ich erwähne das aus dem Grunde, weil GArnoy ganz dasselbe, wenigstens zuweilen, bei Ascaris lumbricoides gesehen hat, eine Thatsache, die ihm sehr merkwürdig erschien (p. #2: »Chose assez curieuse, la plaque separatrice definitive ne passe pas toujours au milieu de la plaque fusoriale; elle se dessine au-dessus ou au-dessous. C'est ainsi que, dans la Fig. 229, la plaque sombre reste dans l’oeuf, tandis que, dans la Fig. 228, c’est le contraire qui a lieu«). Hier möchte ich auch nochmals auf den eigenthümlichen Verbin- dungsschlauch zwischen soeben getheilten Kernen hinweisen, welchen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 203 Mauras (54) zahlreich bei Infusorien gefunden hat. Über sein Verhalten an den Gopulationskernen von Infusorien habe ich mich bereits früher ausgesprochen (36, p. 555ff.). Bei den Infusorien geht nach den über- einstimmenden Angaben von Mauras und R. Herrwıc (45) das Hinter- ende des männlichen (Wander-) Kernes beim Übertritt in das andere Individuum voran. Man könnte leicht auf die Vermuthung kommen, dass durch die mitgetheilten Angaben aus der Litteratur es allerdings wahrscheinlich gemacht sei, dass die Abtrennung der Richtungskörper, wie überhaupt der thierischen Zellen, vielfach vom Auftreten einer Zellplatte begleitet sei und dass damit das Thelyid den Anspruch auf eine Sonderstellung verliere. | Eine Sonderstellung kann das Thelyid allerdings nicht einnehmen, aber gerade aus der großen Verbreitung der Zellplattenbildung kann man folgern, dass sie nicht ohne Bedeutung sein kann. Die Bedeutung, an welche man zunächst denkt, nämlich, dass die Zellplatte ein Weg- weiser für die Trennungslinie bei der Theilung sei, trifft in unserem Falle, und wie man aus den Litteraturangaben sieht, auch sonst vielfach nicht zu. Erfolgt wirklich eine Abtrennung des neuen Zellkörpers, so sahen wir, dass die Furche weit entfernt von der Zellplatte das Thelyid durchschnitt (z. B. Fig. 78 Pyrrhocoris, man vergleiche auch Fig. 283 Lasius). Also hat das Gebilde doch wohl eine andere Bedeutung. — Sogar bei den Pflanzen scheint es noch nicht ganz sicher zu sein, dass die verdickte Partie der Verbindungsfäden in die Zellmembran bei der Zelltheilung mit übergeht. Es beschreibt Srrassurser (69), dass die Mikrosomen der Verbindungsfäden im Äquator sich ansammeln zu der Zellplatte. Deren Elemente seien Anfangs getrennt. Ähnlich ist es nach - ZimmerMmANN (80): »Die Elemente dieser Zellplatte, die in stofflicher Be- ziehung mit den sog. Mikrosomen übereinstimmen sollen und aus Ei- ‚ weißstoffen zu bestehen scheinen, bleiben jedoch stets von einander ‚getrennt, es scheint aber durch Verschmelzung des dieselben umge- benden Cytoplasmas zunächst eine zusammenhängende Plasmaplatte zu entstehen, aus der dann erst die Gellulosemembran hervorgeht« (p. 151). Nach Zimmermann ist es bis jetzt nicht zu entscheiden, ob eine direkte Umwandlung der Mikrosomen der Kernplatte in die sog. Dermatosomen der Zellmembran stattfindet. — Es sei noch bemerkt, dass die Scheide- wand der Tochterzellen bei Spirogyra und Gladophora oh ne Vermitte- "lung der Verbindungsfäden angelegt wird, wie es auch STrAsBURGER neuerdings (67) wieder von Spirogyra polytaeniata beschrieben hat. Es ‚wird in einem von der Zellwand auf den Kern zu wachsenden Plasma- 204 H. Henking, ringe eine Querstreifung sichtbar, die Streifen schwellen in der Rich- tung vom Rande der Zelle her stärker an und verschmelzen dann zu einer Membranleiste. So durchsetzt die junge Scheidewand schließlich die ganze Zelle. | Für gewöhnlich aber lässt Strasgurger jetzt (67) die Substanz der Verbindungsfäden lokal anschwellen, die Anschwellungen aber mit ein- ander verschmelzen zur Zellplatte; »die Zellplatte selbst wird zur Zell- haut« (p. 175). — Hiergegen ist aber Widerspruch laut geworden z.B. von SokoLow4A (65). Denn die Körnchen der entstehenden Zellwand färben sich nicht mit Methylgrün, wie solches bei den Körnchen der Zellplatte der Fall ist, auch sind sie »beaucoup plus delicats« als die Körner der Zellplatte. »Die Zellwand kann daher nicht, wie STRASBURGER das an- giebt, aus einer Verschmelzung der Körner hervorgehen, welche ur- sprünglich die Zellplatte bilden.« Ich mache darauf aufmerksam, dass die eigentliche Zellplatte in dem Thelyid räumlich gar nicht die Hauptsache bildet. Außer der Zell- platte ist noch eine helle Substanz oft in reichlicher Menge vorhanden, welche auf Kosten der sich auflösenden Verbindungsfadensubstanz zu entstehen scheint. Ferner muss hierbei Berücksichtigung finden, dass nach meinen Beobachtungen und zwar besonders an Pieris brassicae der Nachweis erbracht sein dürfte, dass in die Verbindungsfäden Chro- matinsubstanz übergeht. Gerade bei Pieris (36, Fig. 25 u. folg.) ist es ganz evident, und die Meinung, dass nur ein etwaiger Lininüberzug der Chromosomen sich fadenförmig auszöge, hinfällig, indem es ge- rade und ausschließlich die Peripherie ist, welche Chro- matin enthält. Also geht nicht nur dem Kerne als Ganzem, sondern im Speciellen auch den Chromosomen etwas von ihrer Substanz mit dem Thelyid verloren. Dass der Kern mit der Zellplatte einen Verlust erleide, war auch dem genauesten Untersucher thierischer Zellplatten, Carxoy (17), klar geworden, indem er schreibt (p. 386) : »Nous avions done raison d’affir- mer, que le noyau d&verse, a chaque caryocinese, une quantite notable de plastine dans le eytoplasma, et que le caryoplasma est restitue aucytoplasma dontilredevient une partie integrantee). Wir würden also in dem Abwerfen der Zellplatte ein sichtbares Zeichen der Substanzabgabe des Kernes an die Zelle vor uns haben und im Thelyid nicht nur das, sondern im Speciellen auch das Übertreten von Chromatin in die Substanz der Zelle behaupten müssen. Der Zellplatte mitsammt ihrer achromatischen Umgebung {und auf letztere möchte ich ein besonderes Gewicht legen) habe ich Thelyid ge- nannt, weil sie ihrer Entstehung nach als homolog der bei der Theilung Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 205 der Spermatocyten sich bildenden Verbindungsfasersubstanz anzusehen ist. Es betheiligt sich aber diese letztere am Aufbau von Nebenkern und Mitosoma des Spermatozoon. In der Umgebung des Mitosoma und des Vorderendes vom Nebenkern entsteht nach dem Eindringen in das Ei eine beträchtliche Strahlung, welche auf eine helle Masse (Attraktions- sphäre eventuell mit Gentrosoma) centrirt ist. Diese helle Masse nannte ich das Arrhenoid und ich musste dasselbe seiner Lage nach mit der Substanz der Verbindungsfasern in Beziehung bringen. Es lässt sich bei Insekten verfolgen, dass aus dem Arrhenoid die Attraktionssphären der Furchungszellen hervorgehen, und Vzsvovsky hat genau dasselbe für Rhynchelmis angegeben (71). Spätere Untersuchun- gen mögen entscheiden, ob sich hieran in allen Fällen von den Rich- tungsspindeln und Spermatocytenspindeln herkommende Gentrosomen betheiligen, wie For (22) annimmt. So weit meine Untersuchungen reichen, ist es bei den Insekten nicht der Fall. Als Ersatz dafür kann ich einen anderen Nachweis erbringen. Das Thelyid vermag um sich eine lebhafte Strahlung zu erzeugen. Da scheint mir der Analogie- schluss berechtigt zu sein, dass wir das Gleiche auch für das Arrhenoid annehmen dürfen. Dann ergiebt sich als wahrscheinlich das Folgende: Die Gentro- somen haben einen dauernden Bestand durch die Generationsfolgen der Körperzellen, sie erfahren jedoch, wenn sie überhaupt die plasmatische Strahlung veranlassen, eine Abschwächung in jenen Eiern, welche ich (35) als arrhenogone bezeichnet habe. Eine Verstärkung der strahlen- bildenden Fähigkeit erhalten die arrhenogonen Eier durch das mit dem Samenfaden eindringende Arrhenoid. Aus dem Arrhenoid entstehen die Attraktionssphären der Furchungszellen. Ob Gentrosomen der Ei- resp. Samenzelle bei der Kerneopulation betheiligt sind in dem Sinne, wie es For von Strongylocentrotus (22) beschrieben hat, oder ob die- selben aus den Attraktionssphären (also dem Arrhenoid) neu hervor- gehen, ist bislang nicht zu entscheiden. 11. Die Ausbildung der ersten Furchungskerne. Die aus den copulirten Geschlechtskernen herstammende erste Furchungsspindel besitzt eine aus intensiv gefärbten Chromosomen be- stehende Äquatorialplatte (Pieris 36, Fig. 50; Pyrrhocoris Fig. 22, 26 ; Lasius Fig. 267; Rhodites Fig. 220). Auch nach der Theilung derselben sind die Chromosomen Anfangs noch deutlich gefärbt. Wenn dann aber die beiden ersten Furchungskerne sich gebildet haben, so giebt es einen hier wohl ganz allgemeinen, allerdings vielleicht nur kurze Zeit dauernden Zustand, in welchem von Chromatinsubstanz absolut 206 H. Henking, nichts zu bemerken ist (Pieris 36, Fig. 72; Pyrrhocoris Fig. 23, La- sius Fig. 268). Auf diesem Stadium kann man mit Fug und Recht von einer beiderseitigen Durchdringung der aus den beiden Geschlechts- kernen herstammenden männlichen und weiblichen Kernsubstanz im Sinne Herrwiıg’s (43) sprechen. Späterhin erscheinen die Chromosomen, indem die Chromatinsub- stanz gewöhnlich in Gestalt feiner Pünktchen wieder hervortaucht. Diese fügen sich zu größeren Körpern oder Schleifen zusammen und wenn der Kern zur neuen Theilung übergeht, besitzt er in gleicher Weise wie vorher eine ansehnliche chromatische Äquatorialplatte. Bei den neuen Furchungskernen kann sich dann der gleiche Vorgang wieder- holen, wie ich es besonders bei Musca beschrieben habe (32, Fig.30—36), woselbst ich den Nachweis führte, dass eine unzweifelhafte chemische Veränderung mit den jungen Kernen vorgehe während der verschie- denen Entwicklungsstadien (32, p. 319 — 322). Im Allgemeinen aber habe ich den Eindruck bekommen, dass je mehr Kerne vorhanden sind, also je mehr Theilungen bereits vorgenommen sind, um so weniger ein völliges Verschwinden des Chromatins bei neuen Theilungen erwartet werden darf. So ist ja auch bei den Gewebszellen ein solches zeit- weiliges Verschwinden des Chromatins meines Wissens niemals be- obachtet worden. 12. Über farblose Kerne. Ich habe oben mitgetheilt, dass die eingedrungenen Samenfäden gewisser Insekten zeitweilig im Ei schlecht nachzuweisen seien, weil sie offenbar zu dieser Zeit den Farbstoff nicht gut annehmen. Man sieht in solchen Fällen den Samenfaden überhaupt nicht, wenn auch eine Strahlung sein Vorhandensein erschließen lässt. Ich weiß nicht, ob diese Fälle mit jenen anderen ohne Weiteres zusammengestellt werden dürfen, in welchen man alle Details des Kernessieht, ohne dass es gelingt, von der Chromatinsubstanz etwas wahrzunehmen. Derartige Fälle habe ich mehrfach beschrieben und erwähne ich hier nur, dass bei Lasius die Geschlechtskerne schon vor der Gopulation einen Mangel an Chromatin aufweisen. Der Samen- kern Fig. 314 enthält nur ein wolkiges Netzwerk im Inneren und neben diesem treten später scharf gefärbte Chromatinkügelchen auf (Fig. 309). Genau das Gleiche zeigen die jungen Furchungskerne (Fig. 298, 299) und der äußere Richtungskern (Fig. 287). Successive treten dann mehr- fache dunkle Körnchen auf und es scheint fast eine Correlation zwischen dem Netzwerke und den Chromosomen zu bestehen, indem bei starker . Ausbildung der letzteren das Netzwerk verschwunden ist (Fig. 303, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 207 285). — Dass das Netzwerk ohne Änderung einfach in die Kügelchen zusammenfließt, ist nach diesen Präparaten nicht anzunehmen, da beides scharf von einander abgesetzt ist. Man dürfte zunächst natürlich wenig geneigt sein, auf die Perma- nenz der Chromatinsubstanz zu verzichten, zumalja allgemein bekannt ist, dass die kompakten Chromosomen zur Zeit der Kernruhe in ein -feines Netzwerk aus einander fließen. Denkt man sich die Verzweigung desselben bis zum äußersten fortgesetzt, so mag man wohl zu einer gleichmäßigen Vertheilung des Chromatins durch den Kernraum und damit zu einem Verschwinden desselben zu gelangen. Bleibt nun aber die Färbbarkeit des Chromatins auch in dieser feinsten Vertheilung die gleiche, so müsste der Gesammtkern eine gleichmäßige Tinktion auf- weisen. Das thut er nun eigentlich nicht, sondern man bemerkt in ihm wohl stets noch ein feines aber achromatisches Netzwerk oder farblose Körperchen oder wolkige Trübungen. Wie steht es aber mit der Färbbarkeit? Hier sind zwei Möglich- keiten vorhanden: 1) Die Färbung der Chromosomen erfolgt, indem der Farbstoff sich in den Interstitien durch Capillarität anhäuft und festsetzt. Das war schon die Ansicht des Begründers der Färbetechnik, Tu. Hırrıc (29). Da der Kern auch in kaum merklich gefärbten Lösungen sich nach und nach intensiv färbt, so folgert er (p. 6), »dass der Zellkern sich zur Farb- stofflösung verhält ähnlich einem Filtrirapparate; dass er große Mengen der ihn umgebenden Flüssigkeit in sich aufnimmt, durch sich hindurch gehen lässt und den in ihr gelösten Farbstoff zurückbehält«. 2) Die Chromosomen werden dadurch gefärbt, dass der Farbstoff mit ihnen oder mit Theilen von ihnen eine chemische Verbindung eingeht. Es kann hiernach keine Färbung mehr erzielt werden, wenn eine chemische Umwandlung der Chromosomen eingetreten ist. ' An eine rein chemische Umsetzung denkt PıuL Mayer beim Färben mit Hämatoxylin resp. Hämatein (56). Er glaubt dass die Ver- bindung Hämatein-Thonerde aus der Lösung in Wasser oder Alkohol »durch organische und anorganische (z. B. phosphorsaure) Salze, sowie vielleicht durch andere organische Körper! (p. 18%) aus- gefällt wird. PauL Mayer glaubt, dass in den Kernen geringe Mengen von Salzen vorhanden sind, welche entweder direkt oder nach Um- setzung mit dem Konservirungsmittel geeignet sind das Hämatein aus- zufällen. Bei schlechter Konservirung würde also das Objekt dieser zum Färben nöthigen Salze etc. beraubt sein. Hierbei könnte das »Chromatin« im Kerne sich ganz wohl noch finden und durch andere 1 Im Original nicht gesperrt. 308 H. Heuking, Färbemittelnachweisen lassen ; »undes würde sich damit gewissermaßen so verhalten wie mit dem hlorophylikorn, das auch ohne sein Grün existiren kann« (p. 185). | Hierzu möchte ich bemerken, dass PıuL Mayer den Vergleich schädigt, indem er zwar das Chlorophyll preisgiebt aber das Chromatin des Kernes noch durch andere Färbemittel zu retten sucht. Wo jedoch Hämatoxylin gar nicht wirkte, habe ich auch mit anderen Farbstoffen nichts erreicht. Übrigens möchte ich auf den Doppelsinn solcher Worte wie »Chlorophylikorn« hinweisen. Die Beziehung auf ein Chlorophyli- korn ohne Chlorophyll ist ähnlich als wenn man Jemanden, der nach einer Flasche Wein fragt, mit einer Weinflasche abzufinden sucht. — Zwar können die Chlorophylikörner oder Chloroplasten ihr Chlorophyll verlieren, dann aber sprechen auch die Botaniker nach der von Sıras- BURGER und ScHimper herrührenden Terminologie von Leukoplasten (vgl. Zimmermann 80), und nicht mehr von Chloroplasten. Ich bin der Ansicht, dass das Chromatin eine chemische Änderung erfahren hat, wenn es sich nicht mehr färbt. Ich schließe das besonders aus dem Umstande, dass man die Chromosomen oft noch in ihrer Umgrenzung als Körperchen erkennt, ohne dass sie eine Spur von Farbstoff aufnehmen. So ist es nach den Schilderungen von VEJDoYsKY (74) bei Rhynchelmis (siehe oben p. 195fl.) in gewissen Stadien der Entwicklung. Hieran kann man ein Zwischenstadium angliedern, auf welchem das Centrum der Chromosomen ungefärbt ist, während die Peripherie eine deutliche Tinktion aufweist. So ist es z.B. bei Pieris (36) während der Bildung der Richtungskörperchen (Fig. 25—27). Dann können in dieser hellen Grundmasse feine chromatische Kügelchen oder chromatische Netzwerke auftauchen. So erhalten wir den Über- gang zu Chromosomen, welche durch die ganze Masse, wenn auch mit Unterbrechungen, intensiv gefärbt sind. Das ist meist mit den schleifen- förmigen Chromosomen während der Kerntheilung der Fall. Gewöhnlich behalten aber die Chromosomen während des farb- losen Stadiums nicht ihre kompakte Form bei, sondern sie vertheilen sich noch fein. Trifft mit diesem Stadium jene andere Besonderheit, welche ja in der Ontogenie eines jeden Kernes sich einmal findet, nämlich das Fehlen einer Membran zusammen, so hat damit die Wesen- heit eines Kernes nach unseren bisherigen Definitionen aufgehört (Rhodites). Aus einer hellen Substanz, von der wir in keiner Beziehung wissen können, ob sie mit irgend einem der im Kerne vorher vorhanden gewesenen Stoffe identisch ist, tauchen nach und nach die Bestandtheile eines neuen Kernes empor. Wo ein solcher Vorgang stattfindet, habe Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 209 ich in einer früheren Arbeit von »freier Kernbildung« gesprochen (32, p- 322 ff.). Die Bezeichnung »freie Kernbildung« erfreut sich keiner großen Beliebtheit und wohl mit Recht, da der Ausdruck nicht scharf ist und die Deutung zulässt, als wenn Kerne oder Kernsubstanzen aus un- kontrollirbaren Stoffen in den betreffenden Organismen beliebig hervor- wachsen könnten. Ich will mich desswegen auf diesen Ausdruck durchaus nicht kaprieiren. Die Ansicht jedoch, welche wie ein rother Faden durch meine bezüglichen Arbeiten zu verfolgen ist, dass nämlich die Kerne durchaus nicht kontinuirlich und ohne Substanzänderung in _ einander überzugehen brauchen, hat sich hier als richtig bewährt. Wenn ich für das Chromatin, um welches es sich bei diesen Fragen in letzter Instanz immer handelt (da die anderen Stoffe bisher strenger Kennzeichen entbehren), — wenn ich für dieses eine chemische Ver- änderungsfähigkeit annehme, so will ich einräumen, dass man dem Verschwinden desselben vielleicht auch noch durch andere Erklärungen beikommen kann. Einstweilen scheint mir jedoch die Voraussetzung chemischer Variabilität alle die mitgetheilten Erscheinungen am ein- fachsten zu erklären. Überhaupt muss ich gestehen, dass man dem Chromatin unter den Zellbestandtheilen bislang eine etwas exceptionelle Stellung eingeräumt hat, wohl hauptsächlich aus theoretischen Gründen. Aber es ist doch an sich schon unwahrscheinlich, dass gerade diese Substanz unveränder- lich sein soll, während man für die übrigen Kern- und vielleicht auch Zellbestandtheile ohne Weiteres die Veränderungsfähigkeit zugiebt. BLOCHMANN (9) ging sogar so weit, die »Lehre vom Verschwinden des Eikerns« an Ungeheuerlichkeit mit den Ansichten der Alten über die Generatio aequivoca, über die Entstehung von Fröschen und Aalen aus Erdschlamm zu vergleichen. Für so kindlich kann ich das nicht halten. Das Chromatin und die übrigen Kerntheile entstehen im Inneren des belebten organischen Plasmas aus Stoffen, die ihnen chemisch offenbar außerordentlich nahe stehen, — dagegen ist die Kluft zwischen den anorganischen Körpern und den Organismen _ eine so gewaltige, dass auch die kühnste Phantasie sie heute nicht zu überbrticken vermöchte. Direkt gegen die von mir vorgetragenen Ansichten ausgesprochen haben sich Brocumann (9), WHEELER (7%), KorscuheLr und Hkiver (48); die beiden Erstgenannten auf Grund eigener Untersuchungen. Diese Untersuchungen rind aber nicht lückenlos und schließen beide Forscher aus dem Verhalten der von ihnen beobachteten einzelnen Etappen ohne Weiteres auf die Beschaffenheit der Zwischenstadien. Dennoch hat Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bad. 44 210 H. Henking, Brocamann (9) an den Furchungskernen von Musca dasselbe gesehen, was ich später in seinem Verlaufe etwas eingehender verfolgt habe (32). Er schreibt nämlich (p. 559): »An diesen Kernen bemerkt man die auffällige Erscheinung, dass sie absolut farblos geblieben sind, während das Eiplasma den normalen Rosaton angenommen hat und während in den anderen Eiern desselben Präparates gute Kernfärbung vorhanden ist. Diese Erscheinung habe ich öfter bei Eiern von verschiedenen Entwicklungsstadien gefunden, ohne dass ich irgend einen Grund dafür angeben könnte.«e — Die Erklärung für diese allerdings »auffällige Erscheinung« dürfte in vorstehenden Angaben enthalten sein. Die sonstigen gegen mich vorgebrachten Bedenken sind litterarisch. Über den Beweis, welchen Brocnmann (9) aus der Geschichte der Generatio aequivoca herleitet, habe ich mich bereits geäußert. Die Angaben von KorscheLr und Heıver (48) über die Vorgänge bei Musca - beruhen zum Theil auf einem Missverständnis, so dass ich mich darüber nicht eingehender zu verbreiten brauche. Sie stützen ihre Ansicht mit Angaben von Brocnmann und den Vorgängen bei kleinen Eiern und bezeichnen die meinige als »durchaus unhaltbar«. Anhangsweise sei noch erwähnt, dass Schwankungen im Ghroma- Zeit nach der Eiablage Zeitliche Vergleichung der ersten Ent Pieris brassicae (36) Agelastica alni 0—10 Minuten 10—20 Minuten 230—45 Minuten 45—65 Minuten 65—100 Minu- ten 100—120 Minu- ten 120—180 Minu- ten 300-240 Minu- ten 3240—270 Minu- ten 300-380 Minu- ten 390—430 Minu- ten Tochterplatten d.I. Rich- tungsspindel beginnen sich zu trennen. Chromat. Tochterplatten der I. Richtungsspin- del getrennt. Spermatozoen in der Um-|Dyaster derI. Richtungs-|Samenfäden im gebung des Empfäng-| spindel, plasma. nisfleckes. Spermatozoen etwas in den Dotter eingedrun- gen. Arrhenoid beginnt aufzutreten. Spermakopf beginnt sich zu verkürzen. Samen- faden tief im Dotter. II. Richtungskörperchen Kopf des Spermatozoon beginnt sich zu bilden.| hat sich zu einem klei- nen Kegel verkürzt. Die Geschlechtskerne treten zusammen. Tochterplatten zum Pol E. x der Binde eriche Detter eingedr Erhebungdes(I.JRich-) <+,„hlun & tritt T. Richtungskern u. The- tungszapfens beginnt. lyid abgetrennt. Erhebung des I. Rich- tungszapfens vollen- det. Drehung der Chromoso- men im Spaltkern um 90°. Verkürzung des $ Ausbildung der ersten Furchungsspindel. fadenkopfes beg Arrhenoid deutlic Die ersten beiden Furchungskerne gebildet. Bildung des II. Rich-'Verkürzung des tungskörperchens voll-]| fadenkopfes vo endet. Kugeliger Spern II. Richtungskern undEi-| gebildet. SR kugelig ausgebil- et. Y Geschlechtskeräv treten zusammen (auch d tungskerne copuliren). Theilung der ersten Furchungsspind Untersuchungen über die ersten Enitwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 211 tingehalt der Kerne copulirender Infusorien von Mauras (54) und R. Herrwic (45) beobachtet wurden. Über die Angaben von Mauras habe ich mich früher schon (36, p. 557) ausgesprochen, worauf ich verweise. Von Hsrrwic’s Angaben möchte ich anführen, dass die sogenannten Piacenten von Paramaecium Aurelia, aus welchen später der Macronucleus hervorgeht, »zuerst runde fast gänzlich achromatische Körper von schwammiger Struktur« sind (45, p. 158). Diese verdichten sich dann zu homogenen Kugeln, in denen erst später das Chromatin in äußerst feiner Vertheilung abgelagert wird. — Hierher gehören wohl, wenigstens theilweise, jene Kerne, welche R. Herrwıc als die »primitivsten Formen« bezeichnete (44, p. 71), homogene Kerne, »welche aus einer in allen Theilen gleichmäßig von Kernsaft durchtränkten Kernsubstanz bestehen«. Diese homogenen Kerne sind nach ihm namentlich in embryonalen thierischen Geweben weit verbreitet. — Auch von den Geschlechtskernen von Paramaeceium theilt Hurrwıc mit (45, p. 179), dass sie als zwei homogene Kerne nur »äußerst spärliche Chromatinkörnchen enthalten und auch bei sehr starker Imbibition sich fast gar nicht färben«; daher »sind sie vom angrenzenden Protoplasma weniger unterschieden, als alle bisher betrachteten Kernstadien«. gsvorgänge im Ei einiger Insekten. Donacia sericea Leucoma salieis Pyrrhocoris apterus ° — Dyaster der I. Samenfäden im Richtungsspindel. Randplasma Abschnürung des | Samenfäden tief I. Richtungskör- im Dotter. perchens beginnt, I. Richtungskern | Sperma noch fa- und Thelyid ge- | denförmig, mit bildet. geringer Strahlung im Dotter. Richtungskör- | Kopf des Samen- Abschnürung des Samenfadenkopf chen gebildet. | fadens im Dotter 1. Richtungskör- | verkürzt sich. Die Chromoso- beginnt sich zu perchensvollendet.| Plasmastrahlen l im Spaltkern verkürzen. Strah- — Drehung der | vom Samenfaden anen sich zu | lung vorhanden. Chromosomen im , zerklüften den drehen, Ei um 90°, Dotter. j II. Richtungskör- Verkürzung des perchen wölbt sich|Samenkernes voll- vor und schnürt | endet, wird bläs- sich ab. Ausbil- chenförmig, dung des bläs- chenförmigen Ei- | kernes. Geschlechtskerne treten zusammen. chlechtskerne liegen zusammen, Erste Furchungsspindel Strahlung stark. gebildet. Bildung der ersten beiden Furchungskerne. 44* Zei 0-1 10-20 Minuten 20—45 Minuten 46—05 Minuten III. 65—100 Minu- 10 H. Henking, an den Furchungskernen von Musca dasselbe gesehen, fe etwas eingehender verfolgt habe (32). ‚An diesen Kernen bemerkt man die auffällige Erscheinung, dass sie absolut farblos geblieben sind, während das Riplasma den normalen Rosaton angenommen hat und während in den anderen Eiern desselben Präparates gute Kernfärbung vorhanden ist. Diese Erscheinung habe ich öfter bei Eiern von verschiedenen Entwicklungsstadien gefunden, ohne dass ich irgend einen Grund dafür angeben könnte.« — Die Erklärung für diese allerdings »auffällige Erscheinung« dürfte in vorstehenden Angaben enthalten sein. Die sonstigen gegen mich vorgebrachten Bedenken sind litterarisch. Über den Beweis, welehen Brocnmann (9) aus der Geschichte der Generatio aequivoeca herleitet, habe ich mich bereits geäußert. Die Angaben von Konsenzrr und Hrıper (18) über die Vorgänge bei Musca beruhen zum Theil auf einem Missverständnis, so dass ich mich darüber nicht eingehender zu verbreiten brauche. Sie stützen ihre Ansicht mit Angaben von Brocnmann und den Vorgängen bei kleinen Eiern und bezeichnen die meinige als »durchaus unhaltbar«. Anhangsweise sei noch erwähnt, dass Schwankungen im Chroma- Brocnmann (9) was ich später in seinem Verlau Er schreibt nämlich (p. 559): Zeitliche Vergleichung der ersten Entwick t nach der Pioris brassicae (36) Agelastica alni ablage C z—— D——— —— ——_—_—— — 0 Minuten |Tochterplatten d.I. Rich-|Spermatozoen in der Um- Dyaster derI. Richtungs- Samenfäden tungsspindel beginnen) gebung des Empfäng-| spindel, plasma. sich zu trennen. nisfleckes. R Ohromat, Tochterplatten|Spermatozoen etwas in der I. Richtungsspin-| den Dotter eingedrun- del getrennt. gen. Arrhenoid beginnt aufzutreten. I, Richtungskern u, The-|Spermakopf beginnt sich Iyid abgetrennt. zu verkürzen. Samen- faden tief im Dotter, Richtungskörperchen| Kopf des Spermatozoon hat sich zu einem klei- nen Kegel verkürzt. Die Geschlechtskerne treten zusammen, im Tochterplatten zum Pol der Spindel gerückt. Erhebung des (I.)Rich- tungszapfens beginnt. Samenfäden tief Dotter Strahlung tritt boginnt sich zu bilden, ton Erhebung des I. 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Von Herrwig's Angaben möchte ich anführ sogenannten Placenten von Paramaeeium Aurelia der Macronucleus hervor zuerstr Ale geht, »zuerst runde fast gänzlich achromatische Körper von schwammiger Struktur« sind (45, p. 158). Diese verdichten sich dann zu homogenen Kugeln, in denen erst später d in äußerst feiner Vertheilung abgelagert wird. wohl, wenigstens theilweise, jene Kerne, welche R. Herıwıc »primitivsten Formen« bezeichnete (kA, p- 71), homogene Ker aus einer in allen Theilen gleichmäßig von Kernsaft durchtr! Kernsubstanz bestehen«. as en, ‚ aus welchen später 211 (54) und Über die Angaben von Mauras ausgesprochen, worauf ich dass die Chromatin — Hierher gehören als die ne, »welche änkten Si Diese homogenen Kerne sind nach ihm namentlich in embryonalen thierischen Geweben weit verbreitet : Auch von den Geschlechtskernen von Paramaeeium theilt In RTWIG mit (k5, p. 2) dass sie als zwei homogene Kerne nur »äußerst spärliche Chromatinkörnchen enthalten und auch bei sehr starker Imbibition sich fast gar nicht färben«; daher »sind sie vom angrenzenden Pr weniger unterschieden, als alle bisher betrachteten Kernstadien«. lungsvorgänge im Ei einiger Insekten. Donacia sericea Leucoma salieis Q 5 Q ö otoplasma Pyrrhocoris apterus nee IT. Richtungskern und Thelyid ge- bildet. Sperma noch fa- denförmig, mit T (6) Dyaster der I. Samenfäden im Richtungsspindel. Randplasma Abschnürung des I. Richtungskör- perchens beginnt, Samenfäden tief im Dotter. geringer Strahlung im Dotter. I. Richtungskö ör- Perchen gebildet, u ie Chromoso- ı ım Spaltkern *ginnen sich zu drehen, Kopf des Samen- fadens im Dotter beginnt sich zu verkürzen. Strah- lung vorhanden. Abschnürung des I. Richtungskör- perchens vollendet. — Drehung der Chromosomen im Samanfadenkopf verkürzt sich. Plasmastrahlen vom Samenfaden zerklüften den Geschlechtskern Ei um 90°, Dotter. II. Richtungskör-| Verkürzung des perchen wölbt sich/Samenkernes voll- vor und schnürt | endet, wird bläs- sich ab. Ausbil- chenförmig, dung des bläs- chenförmigen Ei- kernes. Geschlechtskerne treten zusammen, Erste Furchungsspindel gebildet. Bildung der ersten beiden Furchungskerne. 44% eli Strahlung ar, eammen. 212 H. Henking, 13. Vergleichung der Zeitverhältnisse bei den Befruchtungsvorgängen der Insekten, Eine Bestimmung des Alters der abgelegten Eier ist dann kaum möglich, wenn die Thiere im Verborgenen sich der Eier entledigen. Ferner sind für die Beurtheilung solche Thiere höchst ungünstig, welche, wie Musca vomitoria, das bereits befruchtete Ei im Ausführungsgange noch lange zurückhalten können, so lange, dass bei der Ablage die Larve bereits völlig ausgebildet sein kann. | In vorstehender Tabelle habe ich nun die ersten Entwicklungs- vorgänge im Ei zeitlich vergleichend zusammengestellt. Eine besondere Erläuterung bedarf dieselbe wohl kaum, nur darauf sei aufmerksam gemacht, wie genau synchronisch die Veränderungen der männlichen und weiblichen Kerntheile einander entsprechen, und wie sie gewisser- maßen die von ihnen durchzumachenden Umwandlungen je nach dem Substrat rascher oder langsamer vollenden. Vgl. vorstehende Tabelle. N 14. Die Zahlenverhältnisse der Chromosomen. Von Pyrrhocoris habe ich bereits (37) angegeben, dass als die Grundzahl 24 anzugeben sei. Furchungskerne und Körperkerne ent- hielten 24 Chromosomen, die Richtungskerne, sowie die Kerne der Spermatocyten und die Geschlechtskerne jedoch nur deren 42. Dass die letztgenannten Kerne nur die halbe Zahl der Körperzellen aufweisen, wie am raschesten durch eine Polansicht der Äquatorialplatte klarge- stellt wird, möchte ich als Regel aussprechen. Als zweite Regel würde ich hinzufügen, dass die erste und zweite Richtungsspindel und so viel ich gesehen habe, auch die erste und zweite Theilung der Spermatocyten den entsprechenden Tochterzellen stets die gleiche Anzahl von Chromosomen übergeben. Um das mit einigen Zahlen zu belegen, führe ich hier die folgenden Insekten an: Erste | Zweite Richtungsspindel Furchungskern Pieris brassicae (36) 14 14 etwa 28 Chromos, Pyrrhocoris apterus 42 12 24 » Lasius niger 10 10 20 » Rhodites rosae 9 3 418—20 » Agelastica alni etwa 42 | ca. 12 24—30 » Crioceris asparagi 8 8 == Lampyris splendidula 6—8 6—8 = Bombyx mori minde- Leucoma saliecis stens 42 —— = Adimonia tanaceti Chrom. Donacia — 45 — Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL. 213 Es sind hier noch einige Ausnahmen zu erwähnen, welche bisher nicht aufgeklärt sind. So zählte ich in den Richtungsspindeln von Pieris brassicae (36) übereinstimmend 14 Chromosomen, in den zugehörigen Spermatocyten aber 14—15,undin den Ursamenzellen desselben Thieres 30 Chromosomen (vgl. 37 p. 720 u. Fig. 123—125). — Von Pyrrhocoris wies ich nach (37), dass die Hälfte aller Spermatiden nur 41, die andere Hälfte 12 Chromosomen einschloss. — In den Theilungen der Sperma- tocyten von Agelastica fanden sich übereinstimmend 16—17 Chromo- somen gegenüber den 12 Chromosomen der Richtungsspindeln. Wir können demnach folgendes Schema (Holzschn. p. 21) über die Befruchtung der Insekten aufstellen: Die Furchungszellen, Körperzellen und schließlich die Urei- und Ursamenzellen enthalten die größte Zahl von Chromosomen. Nehmen wir an, es seien in ihnen 24 Chromosomen vorhanden (Holzschnitt IX, I und #4). Diese 24 Chromo- somen verlieren in dem Keimbläschen der Eimutterzelle und dem sich aufblähenden Kerne der Samenmutterzelle die Selbständigkeit, welche sie während der Theilung der Urei- resp. Ursamenzelle erkennen ließen. Zur Zeit des Knäuelstadiums jedoch, wenn das Keimbläschen sich zur Bildung der ersten Richtungsspindel und die Spermatocyten sich zur ersten Theilung rüsten, können abermals 24 Chromosomen gezählt werden. Diese aber haben nun eine ganz abweichende Stellung inne. Waren in den Urei- resp. Ursamenzellen bei Polansicht der Äquatorial- platte alle 24 Chromosomen in einer Ebene zu sehen und zu zählen (Holzschnitt IX, 4 u. 4), so sieht man jetzt bei Polansicht der ersten Richtungsspindel und der ersten Spermatocytenspindel nur deren 12 (Holzschn. IX, 2). Es sind jetzt die 24 Chromosomen in zwei Gliedern von je 42 unter einander aufgestellt (Holzschnitt IX, 2 und 5, weiß und schwarz). Ich habe im Schema von diesem Stadium an die beiden Glieder immer mit weißer resp. schwarzer Farbe gekennzeichnet, dagegen die Chromosomen der Urei- resp. Ursamenzellen mit diesen beiden Farben gescheckt dargestellt. Ich will damit lediglich ausdrücken, dass nach meiner Meinung in der ersten Richtungsspindel durchaus nicht genau dieselben Chromosomen, von genau identischer Zusammensetzung vor- zuliegen brauchen, wie vorher. Meine Untersuchungen enthalten keine Nöthigung, die Individualitätshypothese der Chromosomen anzunehmen. Eskönnen natürlich auch dieselben Chromosomen sein, wie vorher, es kann aber eben so gut eine Neugruppirung der chromatischen Substanz zu 24 neu zusammengesetzten Chromosomen stattgefunden B/L A AU 5 = > &) Eu = n . 92 HUF MU2J wen "ppurdssdunyoanJ ‘099 suU9U9 999 suoyd 939 -(Sunjloyyjfozuaunes 'dsjua "91I9Z u94819 Anz u9jfozsyyaajyos| -aodıoyssungydiy -1w0d1o4sSungyaIYy suoy9aodıoysgungyary |'p 'dsaa)susyaaodaoyssung| -uawesun -9n) ı9p SunsturaoA |[U94191A ‘pP Sunpjig |uU9YYTıp sap Sunpiig| U9Y19oMZ sop Sunpjig |-yoıy uU99sıa 'p Sunpgig| 'dsaa -ıeın [| A q 0) I v YOpulMy9sI9A uloy ‘9 :SYany y9eu unyepued umMAWEILI UOA uoıyeindony ‘Jufs—/upy : aUYN9laH ydeu 1917 “uosejleN — uni] uoA soyeaeddeıq sop Sunjyoımyum “da 5 — :sua]fog sop SunyoImgug ‘YdQ :ua4Nosu] log uajjeziq dop Sunpyolngum ‘47 5 -uoyyasu] ag yr 2 uozueyg pun ueaory], 199 Sunyyonajog aIp pun u9fjezsIy9o]y9sEH AOP Sunjydısjug oIp an) eyewayas SS ueozogeunods ap Sunjyoımyum ® Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 915 216 H. Henking , haben, sei es, dass das Chromatin aus der Vertheilung während der Kernruhe zu neuen Centren zusammenströmte oder, wenn es vor der Spindelstellung eine Ringform annahm (Spermatoeyten I. Ordnung von Pyrrhocoris), dass nun eine verschiedenartige Halbirung des Ringes stattfand. Hierüber folgen weiter unten noch einige Mittheilungen. Es treten also wiederum 24 Chromosomen auf, wie sie in den Ursamen- und Ureizellen und überhaupt den Körperzellen bei dieser schematischen Darstellung als typisch angenommen werden dürfen. In so fern weicht also das Stadium B (Holzschn. IX) vor vollendeter Theilung noch nicht vom Typus ab. Eine Abweichung tritt jedoch so- fort ein, wenn die Chromosomen in die Tochterzellen übergehen. Es bekommt nämlich das erste Richtungskörperchen (Holzschn. IX, 5) zwölf (schwarze) Chromosomen und die anderen zwölf (weißen) verbleiben im Ei. Eben so ist es bei der ersten Theilung der Spermatocyten (Holz- schnitt IX, 2). Es findet also bei der ersten Theilung der Ei- und Samenmutter- zellen eine Reduktion in der Zahl der Ghromosomen statt, wie das auch sofort bei einem Vergleich der Polansichten solcher Zellen wäh- rend der Theilung mit Polansichten sich theilender Körperzellen in die Augen springt. | ‚Bei den folgenden Theilungen bleibt die Zahl 12 gewahrt wie Polansichten der Spindeln am besten lehren. Es findet also keine Re- duktion in der Zahl statt und nenne ich desswegen alle folgenden Theilungen Äquationstheilungen. Die Spermatocyten II. Ordnung, deren eine nach dem Vorigen dem ersten Richtungskörperchen gleich zu setzen ist, theilen sich abermals (Holzschn. IX, 3 spt). Wir erhalten somit vier Zellen (Spermatiden), welche einander völlig gleichwerthig sind. Jede enthält also 12 Chro- mosomen und aus den Verbindungsfäden und der Dottersubstanz wird Nebenkern und Mitosoma, wie durch La VALETTE ST. GEORGE, PLATNER und Henkıine bekannt geworden ist. Erster Richtungskern und Spaltkern des Eies, welche also den Spermatocyten II. Ordnung entsprechen (Holzschn. IX, 3 sp IT), theilen ‚sich beide ebenfalls noch einmal, so dass wir auch hier typisch vier Zellen erhalten: die beiden Abkömmlinge des ersten Richtungskörper- chens (rkl‘, das zweite Richtungskörperchen (rk/I) und den Eikern (Eik Holzschn. IX, 6). Jeder der vier Kerne enthält in gleicher Weise wie die Spermatiden (Holzschn. IX, 3) 12 Chromosomen. Zwischen der Gruppe mit schwarzen und der mit weißen Chromo- somen habe ich bei Th das aus der Bildung des ersten Richtungskör- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten, IL. 217 perchens herstammende und besonders auf Kosten der Verbindungs- substanz entstandene (/) Thelyid eingezeichnet (Holzschn. IX, 6). Bis hierher gleicht die Entwicklung der männlichen und der weibli- chen Geschlechtsprodukte einander außerordentlich, wie auch aus der Gruppirung A, B, C Holzschn. IX hervorgeht. Die Spermatiden bilden eine Tetrade (Holzschn. IX, 3) und in gleicher Weise sind Richtungskörper- chen und Ei als eine Tetrade aufzufassen. Der wesentlichste Unterschied besteht nur darin, dass die Spermatocyten und Spermatiden zwar auch Dotterkügelchen enthalten können (IX, 2, 3 do), aber in geringer Menge und gleichmäßig durch alle Zellen vertheilt. — Im Ei aber entbehren die Richtungskörperchen der Dottersubstanz völlig, während das Ei sel- "ber zu einem ungeheuren Sack (im Verhältnis) aufgebläht wurde, der- art, dass die massenhafte Dottersubstanz (IX, 5 do) nur ein zartes Netz von Plasmasubstanz zwischen sich übrig lässt. — Die äußere Ähnlichkeit mit einer Tetrade ist noch mehr verdeckt, wenn die Richtungskörper- chen gar nicht aus dem Ei hervortreten. Zur Erläuterung dessen denke man sich die Eigrenze durch die unterbrochene Linie gegeben (Holz- schnitt IX, 5, 6, 7). Das Ei ist auf dem Stadium © (Holzschn. IX) zur Copulation reif, nicht so die männlichen Zellen. Sie machen keine Theilungen mehr durch, sondern nur die bekannten Umwandlungen, welche sie befähigen, das Ei aufzusuchen und in dieses einzudringen. Nach dem Eindringen in das Ei müssen diese sekundären Umgestaltungen wieder aufgehoben werden durch rückläufige Veränderungen. Hierbei entwickelt sich um den Schwanzfaden, und zwar an dessen Kopfende, das Arrhenoid mit lebhafter Plasmastrahlung (Holzschn. IX, 6 Arr), welches dem Samen- kern (Sack) meist vorangeht. — Aus dem Arrhenoid entstehen die Attraktionssphären der ersten Furchungsspindel und in dieser zeigt es sich, dass vom Samenkern 12 (schwarze) und vom Eikern 12 (weiße) Chromosomen mitgebracht wurden (Holzschn. IX, 6, 7). Da die Theilungen der Furchungskerne in Bezug auf die Zahl der Chromosomen als Äquationstheilungen aufgefasst werden müssen, so ist zu erwarten, dass von nun an die Zellen wieder die normale Zahl von 24 Chromosomen darbieten, wie es auch der Fall ist. Indem ich nachwies, dass die Chromosomen nach der Theilung sich nicht nur im Sinne Herrwıg’s gegenseitig durchdringen, sondern sogar sich völlig auflösen, ist es gerechtfertigt zu glauben, dass die Embryonalkerne ein ähnlich gemischtes Chromatin enthalten werden, wie ich esim Schema (IX, 4 und #) für die Urei- resp. Ursamenzellen angedeutet habe. Noch auf eine Besonderheit möchte ich hier die Aufmerksamkeit 218 H. Henking, lenken, nämlich auf jenes eigenthümliche Verhalten der Richtungskerne, mit einander zu copuliren. Es wird sich ergeben, dass sich hieraus eine interessante Beziehung zu den Pflanzen ableiten lässt. Im Holschn. IX, Fig. 7 habe ich es schematisch dargestellt, wie der eine Abkömmling des ersten Richtungskernes (wofern dieser nicht völlig aus dem Ei ausgetreten ist) sich tiefer in das Ei hineinbegiebt und dicht an den zweiten Richtungskern (weiß) herantritt. Ich wies darauf hin, dass diese beiden Kerne ganz die gleichen Veränderungen durchmachen können, welche für die copulirenden Geschlechtskerne charakteristisch sind. Die beiden Kerne haben Anfangs das Thelyid zwischen sich (TR IX, 7). Dadurch gleichen sie jasehr den Geschlechts- kernen, welche aber mit dem Arrhenoid ausgerüstet waren. Das Arrhe- noid hatte Anfangs eine ganz ähnliche Lage zu den beiden Geschlechts- kernen inne, wie ich es von dem Thelyid gezeichnet habe, nur dass aus dem Arrhenoid die strahlenerregenden Attraktionssphären der Furchungszellen hervorgingen, während das Thelyid zwar in seltenen Fällen auch einmal eine Strahlung um sich erzeugen kann (Agelastica), jedoch eine Theilung der beiden copulirten Richtungskerne, so viel bis jetzt bekannt ist, nicht einleitet.' Wir können auch sagen: jEin Abkömmling des ersten Rich- tungskernes (IX, 7, schwarz) copulirt mit dem Bruderkerne (IX, 7, weiß) des Eikernes. In dieser Fassung ergiebt sich, wie wir sogleich sehen werden, eine äußerst wichtige Beziehung nach dem Pflanzenreiche hin. 15. Die Entstehung der Geschlechtsprodukte und die Befruchtung bei den Pflanzen. Die Bildung der Geschlechtszellen und die Befruchtung bei Pflan- zen ist vor Allem durch STrAsBURGER (68) in zahlreichen Untersuchungen beschrieben. Es ergab sich, dass besonders die Befruchtung nicht un- beträchtlich komplieirter ist als bei den Thieren, wegen Betheiligung einer ungleich größeren Zahl von Kernen an derselben. Zwar hat man Vergleichungen mit den entsprechenden Vorgängen im Thierreich schon öfter angestellt, aber ein sicherer Ausgangspunkt ist jedoch erst durch die neuesten Untersuchungen von Guignarn (25) gegeben. Dieser Au- tor fand nämlich, dass sowohl bei der Pollen- wie auch bei der Ei- bildung ein Stadium vorhanden ist, welches nicht nur in seiner Ausbil- dung dem der thierischen Geschlechtszellen außerordentlich entspricht, sondern auch dieselben Zahlenverhältnisse darbietet, wie ich sie bei Pyrrhocoris beschrieben habe. ‚Da auch hier zu der gleichen Zeit die Reduktion in der Zahl der Chromosomen eintritt wie bei Pyrrhocoris, Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL 219 so ist damit ein Fixpunkt gegeben, von welchem aus der vergleichende Blick nach rückwärts und vorwärts die einzelnen Stadien mustern kann. War hierbei schon Guienarp zu dem Resultate gekommen (p. 252), »l’analogie entre le Pyrrhocoris et les plantes peut 6tre consider&e comme complete« so werden wir sehen, dass die vorliegende Abhandlung noch weitere Ähnlichkeiten hervortreten lässt. Zunächst sei es gestattet, eine kurze Übersicht über die Vorgänge von Lilium Martagon, welches als Schema (Holzschn. X, p. 215) dienen kann, nach der Darstellung GuicnAarp’s (25) zu geben. a. Bildung der Pollenmutterzellen und der Embryosackmutterzellen. Die subepidermoidale Zellschicht junger Antheren verlängert sich radial, und diese Zellen theilen sich in zwei Schichten, die Zellen der Pollensackwand (außen) und die primordialen Pollenmutterzellen (innen). Letztere theilen sich abermals und ihre Tochterzellen bilden die de- finitiven Pollenmutterzellen. Bei allen diesen Theilungen treten jedes Mal 24 Chromosomen auf (Holzschn. X, Fig. 8; die Chromosomen sind im Schema immer einfach kugelig gezeichnet). Die Chromosomen sind schleifenförmig und erfahren bei jeder Zelltheilung eine Halbirung der Länge nach. Sie stimmen also mit den Theilungen in der Epider- mis und auch in den Gewebszellen derselben Pflanze überein, welche alle jedes Mal ebenfalls 24 Chromosomen enthalten. Nur selten, z. B. in den dem Connectiv älterer Antheren benachbarten Zellen hat Verf. eine geringere Zahl von Chromosomen bemerkt. Die Eimutterzelle (Embryosackmutterzelle) entsteht direkt aus einer subepidermoidalen Zelle. Auch hier enthalten die Kerne bei der Theilung 24 Chromosomen (Holzschn. X, Fig. 13). Die Mutterzelle des Embryosackes wird kenntlich, indem eine der subepidermoidalen Zellen sich nicht mehr theilt, sondern erheblich an Größe zunimmt. b. Bildung der Pollenkörner und Veränderungen im Ei | bis zur Befruchtung. Sowohl in die Pollen- wie in die Eimutterzelle sind also bei der letzten Theilung 24 Chromosomen übergegangen. Nun wächst in beiden Geschlechtern diese Zelle und der Kern beträchtlich heran, ganz wie die entsprechenden Zellen im Thierreich. Dann fließt das im Ruhe- stadium vertheilte Chromatin wieder zusammen und bildet. schließlich sowohl in der g' wie in der © Zelle scheinbar einen einzigen Faden, indem keine freien Enden sichtbar werden. Dieser einzige Faden besteht demnach aus den 24 ursprünglichen Chromosomen. Weiterhin treten in diesem Chromatinfaden zwei Reihen von Granulationen auf, wodurch der Faden gedoppelt aussieht. Dann 220 H. Henking, ziehtsich das Chromatin des Fadens in 12 Segmente zu- sammen, jedes Segment aber ist aus zwei Hälften zusammengesetzt, indem ja bereits jene zwei Reihen von Granulationen früh eine Halbi- rung andeuteten. Die zwei Reihen von Granulationen sind durch Hyalo- plasma verbunden. GuisnarD deutet dies Verhalten folgendermaßen: die 24 ursprüng- lichen Chromosomen sind nicht unabhängig geblieben, sondern haben sich vereinigt. Nach der Kernruhe theilt sich die vereinigte Chromatin- masse in 12 primäre Segmente und diese halbiren sich in die 24 sekun- dären Chromosomen. In gleicher Weise möchte er die entsprechenden Verhältnisse bei Pyrrhocoris deuten, woselbst nur die eine Abweichung vorliegt, dass die 12 (Doppel-) Segmente nicht aus der ganzen Länge nach mit einander verbundenen Hälften besteht, sondern aus Hälften, welche nur an den Enden verwachsen sind, während die mittleren Partien sich frei vorwölben und so zu einem Ringe sich abrunden können (p. 251). Aber auch hierfür bietet das Pflanzenreich ein ver- mittelndes Beispiel in den Pollenmutterzellen von Listera ovata. GuI- GNARD glaubt also, dass bei allen drei Beispielen nur 12 primäre Seg- mente gebildet werden, welche sich in 24 sekundäre verdoppeln. Hierzu möchte ich bemerken, dass nach den Angaben GvicnArD's die Verdoppelung des ursprünglich einheitlichen Fadens jedenfalls der Zeitnach das Primäre ist. Man könnte also glauben, dass die Chro- matinsubstanz hier schon früh in die zwei Glieder sich aufzustellen beginnt, welche ja nach meiner Meinung das Charakteristische des entsprechenden Stadiums von Pyrrhocoris bildet. Wir würden dem- nach theoretisch in jedem der beiden Glieder nur 12 Einheiten erwarten dürfen und diese 12 Einheiten sind thatsächlich hier vorhanden und bilden die 12 Segmenthälften jeden Gliedes. Bei dieser Betrachtung muss also jeder Segmenthälfte der Werth einer Einheit zugeschrie- ben werden. Wir bekommen also in beiden Gliedern wiederum die Zahl von 24 Chromosomen, welche in den vorhergehenden Zell- theilungen gezählt wurden und von denen natürlich nicht die Hälfte spurlos verschwunden sein kann. Gerade weil ich bei Pyrrhocoris in den Samenmutterzellen auch isolirte Einheiten (Kügelchen) gefun- den habe (37, p. 694, Fig. 20, Nr. 3, k, 5, 6 etc.), welche also einer Segmenthälfte von Lilium entsprechen würden, glaube ich auch bei Lilium die Segmenthälften als die Einheiten bezeichnen zu sollen. Wie dem aber auch sei, bei der nun folgenden Theilung findet eine Reduktionin der Zahl der Chromosomen statt. Die Theilung entspricht also der ersten Theilung der Spermato- eyten resp. der Bildung des ersten Richtungskörperchens (Holzschn. X, a Ka A a a Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 221 Rubrik B). Nur in so fern ist in der Embryosackmutterzelle eine Ab- weichung von untergeordneter Bedeutung gegeben, als das »erste Richtungskörperchen« nicht nach außen gelangt, sondern wie bei vielen Insekten im Ei verbleibt, und außerdem anscheinend nach dem Hinter- ende des Eies sich begiebt (X, Fig. 14, schwarze Chromosomen). Hier- über werde ich unten noch Einiges mitzutheilen haben. Nachdem in der Rubrik B (Holzschn. IX und X) sowohl bei Thieren wie bei Pflanzen eine Reduktion in der Zahl der Chromosomen von 24 auf 12 stattgefunden hat, bleibt nun in den folgenden Theilungen die Zahl 42 erhalten, so dass dieselben als Äquationstheilungen be- zeichnet werden müssen. Nachdem die Pollenmutterzellen die erste (Reduktions-) Theilung vollzogen haben, tritt nur ein kurzes Ruhestadium ein, in welchem es nur selten zur Ausbildung von Nucleolen kommt. Dann wird jede Zelle abermals halbirt, indem die 12 Chromosomen sich der Länge nach durchschnüren, und es liegen jetzt gerade wie bei den thierischen Samenzellen, ebenfalls vier Zellen mit je 42 Chromosomen vor und bilden die Tetrade der vier Pollenkörner. Die Spermatide thierischer Zellen (IX, Fig. 3) macht auf diesem Stadium nur noch Gestaltsveränderungen durch um zur Befruchtung fähig zu werden, das Pollenkorn verändert sich ebenfalls in einer für die Befruchtung erforderlichen Weise, — aber es kommt hier im Gegensatz zu den Spermatiden noch zu weiteren Theilungen. Die folgende Theilung bewirkt, dass sich eine generative (X, Fig. 14.9) von einer vegetativen Zelle (X, Fig. 44v) abtrennt. Diese vegetative Zelle würde also einem dritten Richtungskörperchen gleichzusetzen sein. Im Embryosack war also der erste Richtungskern abgetrennt und in das untere Eiende verschoben (Holzschn. X, Fig. 15). Er theilt sich in zwei Kerne (schwarz) und in gleicher Weise der obere (weiße) Kern. So entstehen also vier Kerne und bilden eine maskirte Tetrade, indem sie sämmtlich im Embryosack verharren. Aber nicht nur das: die Abkömmlinge des oberen (weißen) Kernes, von denen also der eine als zweiter Richtungskern aufgefasst werden muss, enthalten je 12 Chro- mosomen, die Abkömmlinge des unteren (schwarzen) Kernes dagegen, also des ersten Richtungskernes, enthalten eine größere, aber un- gleiche, Zahl von Chromosomen, 16, 20, 24 z.B. Da in den ersten Richtungskern nur 12 Chromosomen eingingen, so müssen dieselben also zerfallen sein. Wie das Pollenkorn im Inneren noch eine Theilung erfuhr, so findet eine solche dritte Theilung auch noch im Ei statt. Der Eikern (X, Fig. 16 Eik) wirft noch ein drittes Richtungskörperchen ab EN 222 H. Henking, (X, Fig. 16 rkIII, den noyau polaire superieur). Im gleichen Schritt hat sich hier auch das zweite Richtungskörperchen noch einmal getheilt zu zwei Kernen (rkII, den Synergiden) und unten im Ei haben die beiden Abkömmlinge des ersten Richtungskernes die Theilungsperiode nicht unbenutzt vorübergehen lassen, sondern sich ebenfalls getheilt, so dass nun unten vier Kerne (schwarz, X, Fig. 16) vorhanden sind (der noyau polaire inferieur |p.i] und die drei Antipodenkerne [A,—4;]). — Synergiden, Ei und Antipoden grenzen sich nun durch eine zarte Mem- bran ab und nur die Polkerne bleiben frei. Das Pollenkorn (p) hat inzwischen aber den Pollenschlauch (s) ge- trieben, welcher nun an den Embryosack heranwächst (Holzschn. X, Fig. 12). Hierbei nimmt der vegetative Kern (v) die tiefste Stelle im Schlauch ein. Er verschwindet jedoch bald. Der Geschlechtskern aber macht noch eine vierte Theilung durch, wodurch also ein einem vier- ten Richtungskörperchen entsprechender Kern abgeworfen wird (Holzschn. X, Rubrik E, Fig. 12 [rkIV]). Nun tritt der männliche Kern (Holzschn. X, Fig. 16 g') in den Embryosack über. — Es hat dieser männliche Kern also eine Theilung mehr zurückgelegt als der weibliche. c. Die Copulationen. Der männliche Kern begiebt sich im Embryosack auf den Eikern zu. Beide Kerne enthalten je 12 Chromosomen (Holzschn. X, Fig. 16 Eik und g'). Außerdem aber besitzen beide Kerne je zwei CGentrosomen (Holzschn. X, Fig. 16c). Diese Gentrosomen copuliren in ähnlicher Weise wie es von For (22) beschrieben ist und bilden dann die Pole der ersten Furchungsspindel (Holzschn. X, Fig. 17). Die Furchungsspindel enthält 24. Chromosomen, indem 12 aus dem männlichen, 12 aus dem weib- lichen Geschlechtskerne herstammen (Holzschn. X, Fig. 17 391 ©). Diese Chromosomen theilen sich durch Äquation, so dass also die embryona- len Zellen je wieder 24 Chromosomen besitzen. Da Guicnarp der Indi- vidualitätshypothese der Chromosomen nicht zustimmt, so schließen die Körperzellen sich also dem in der Rubrik A (Holzschn. X) gegebenen Schema an, womit auch hier der Kreis geschlossen wäre. Es findet jedoch im Embryosack noch eine andere Kerncopulation statt, welche ein hervorragendes Interesse beansprucht, nämlich der beiden Polkerne (noyau polaire superieur und inferieur). Diese beiden Kerne sind aber in anderer Ausdrucksweise der dritte Richtungskern (rkIIJ) und ein Abkömmling des ersten Rich- tungskernes (pi Holzschn. X, Fig. 16). Die beiden Polkerne besitzen je zwei Centrosomen, welche nun paarweise verschmelzen zu den Polen der Spindelfigur, in deren Äquatorialebene die Chromosomen beider Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 223 Kerne sich aufstellen. Ich sagte oben bereits, dass der untere Polkern eine größere Zahl von Chromosomen besitzt als ihm eigentlich zukommt. In gleicher Weise müssen auch die Chromosomen des oberen Kernes noch zerfallen, da GuigGnarp angiebt, dass in beiden Kernen zusammen 40 bis 48 Chromosomen gefunden werden, bei späteren Theilungen geht jedoch die Zahl auf 40 bis 30 Chromosomen zurück. — Die Theilung die- ser Spindel (des sekundären Embryosackkernes [Holzschn. X, Fig. 17 SE]) verläuft in der gewöhnlichen Weise. In so fern ist das Schema nicht ganz richtig, als die Polkerne früher zu copuliren und sich zu theilen beginnen als die Geschlechtskerne. Ich habe eben das Schema mög- lichst vereinfacht. Es copulirt hier also, gerade wie bei den Insekten (Holzschn. IX, Fig. 7), ein Abkömmling des ersten Richtungs- kernes mit dem Bruderkerne des Eikernes. Bei den Insekten aber erfolgt, so viel bekannt, keine Theilung auf diese Kerncopulation. Nur einmal sah ich bei Agelastica eine krüppelhafte Theilungsfigur (Fig. 172), aber auch in dieser war ein Zerfall der Chromosomen in eine größere Zahl festzustellen. Bei Lasius konnte aus den beiden Ker- nen eine Kernspindel werden (Fig. 305). Bei den Pflanzen bildet sich aus den Abkömmlingen dieser zweiten Kerncopulation ein besonderes Larvenorgan (s.v.v), das Endosperm. Dieses Endosperm der Angiospermen, mit denen wir es zunächst zu thun haben, ist nach Ansicht vieler Botaniker (Gozsrr, 24, p. 335) als eine Neubildung zu betrachten, welche also auch bei den In- sekten angedeutet sein würde. Das Endosperm der Gymno- spermen dagegen ist gleichwerthig mit dem Prothallium, welches aus oder in den Makrosporen der (heterosporen) Gefäßkryptogamen gebildet wird. Es entspricht nach der Darstellung von Gozser das Endosperm der Gymnospermen und das Prothallium in den Makrosporen der Ge- fäßkryptogamen den Antipodenzellen der Angiospermen (Holzschn. X, Fig. 16 A,, As, As). Von allen den Kernen des Embryosackes und Pollenschlauches bleiben nur die beiden copulirten Paare übrig, also diejenigen, welche - der embryonalen Furchungsspindel und der Spindel des sekundären Embryosackkernes die Entstehung gaben. Alle übrigen zerfallen bald - und verschwinden (Holzschn. X, Fig. 17). 16. Vergleich des Befruchtungsvorganges bei Insekten, Angiospermen und Protozoen. Im Folgenden sei noch einmal kurz auf die hauptsächlichsten Ähn- lichkeiten und Abweichungen in den Befruchtungsverhältnissen der 224 | H. Henking, Insekten und Angiospermen hingewiesen; denn im Prineip die gleichen Erscheinungen wie bei Lilium beobachtete GuIcnarD auch bei Fritillaria, Tulipa, Allium, Alstroemeria und Listera, außerdem ist ja durch die früheren Untersuchungen von STRASBURGER (Z. B. 68) und Guienarn der allgemeine Typus festgestellt. | Zunächst etwas über die Orientirung der Eier. Wie Holzschnitt VIII (p. 177) erkennen lässt, befindet sich die erste Richtungsspindel in den Eiern der Insekten meist in der Nähe der Mikropyle (Holzschn. VII, durch den Pfeil angedeutet). Dieser Pol aber verlässt den Körper des Insektes beim Ablegen des Eies zuletzt. Bei Orientirung auf das Ovarium ist also der Mikropylenpol am meisten der Endkammer ange- nähert. Nun sehen wir aber, dass bei den Pflanzen im Prineip dasselbe stattfindet. Das erste Richtungskörperchen wird nach jener Richtung im Ei abgegeben, welche am tiefsten in das Pflanzen- gewebe eingesenkt ist. Stellen wir uns vor, dass der Embryo- sack der Angiospermen aus der Samenknospe nach außen hervorschlüpft, so würde er den Pflanzenkörper in der- selben Orientirung verlassen, wie das Ei denLeib desIn- sektes. Es gilt das zunächst natürlich nur für die geraden (atropen) Samenknospen, dann aber auch für die campylotropen und anatropen Samenknospen. Denn die letzteren stellen Anfangs ebenfalls einen gera- den oder nur wenig gekrümmten Gewebezapfen dar (GoEsEL 24, p. 433). Nennen wir am Ei resp. Embryosack jene Region vorn, welche den Thier- oder Pflanzenkörper nach obiger Vorstellung zuerst ver- lassen würde, so sind die Rubriken @ Th. und © Pfl. in Holzschnitt IX und X zu einander spiegelbildlich orientirt. Ein Vergleich derselben lehrt also, dass das erste Richtungskörperchen und die Antipodenzellen bei Insekten und Pflanzen sich in derselben Region des Eies befinden, nämlich am Hinterende. Anders ist es mit dem zweiten Richtungskörperchen. Bei Insekten wird es in der Nähe des ersten Richtungskörperchens abgeschnürt, bei den Angiospermen dagegen wandert der Eikern in das Vorderende des Eies und schnürt dort das zweite Richtungskörperchen ab. Ich glaube, dass der letztgenannte Umstand mit einer anderen Besonderheit in Zusammenhang steht. Es betrifft dieselbe die entgegen- gesetzte Stellung der Mikropyle. Die Mikropyle befindet sich am In- sektenei in den meisten Fällen am hinteren Pole des Eies, bei den Angiospermen dagegen am vorderen Pole des Embryosackes. Es be- giebt sich also bei diesen Pflanzen der Spaltkern in die Nähe des Mikro- pylenpoles, woselbst der Spaltkern bei den Insekten sich in der Rege n PR. | a Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 225 schon befindet. Durch die Wanderung des Spaltkernes und die ent- gegengesetzte Lagerung der Mikropyle kommt es, dass bei den Angio- spermen die dem ersten und die dem zweiten Richtungskörperchen zu- zurechnenden Kerne (Antipoden und Synergiden) sich nicht neben einander, sondern in entgegengesetzten Regionen des Eies finden. Bei manchen Insekteneiern hat nun allerdings eine Verschiebung der Richtungsspindeln vom hinteren Pole des Eies auf die Mitte der Längsseite stattgefunden (Holzschn. VII, Fig. I u. 2); doch glaube ich nicht, dass derartige Variationen dem soeben entwickelten Gedanken- gange nachtheilig sind. Ganz am Vorderende (nach der p. 224 gegebenen Definition) habe ich die Richtungsspindeln bei Insekteneiern niemals gesehen, sondern nur hinten, bis hinauf etwa zur Mitte des Eies. Solche Variationen in der bei den Insekten bedeutungslos gewordenen Stellung der Richtungsspindeln können keine Verwunderung erregen. Ist die aus dem Handbuche von GozseL (24) eitirte Meinung, dass die Antipodenzellen als Rudimente der Prothallien von Gefäßkrypto- gamen aufzufassen seien, richtig, so wirft das ein ganz neues Licht auf die Bedeutung der Richtungskörperchen, speciell des ersten und seiner Abkömmlinge. Und erfahren wir dann, dass nicht nur bei den Insekten, sondern auch bei den Pflanzen ein Abkömmling des ersten Richtungs- _ kernes mit dem Bruderkerne des Eikernes copulirt, jedoch mit dem Unterschiede, dass die Gopulation bei den Insekten steril bleibt, während sie bei den Angiospermen zur Bildung eines neuen Larvenorgans (des Endosperm der Angiospermen) Veranlassung giebt, — so sind in diesen - beiden Hinweisen, meine ich, Gründe genug gegeben, um den Richtungs- körpern eine neue Seite abzugewinnen. Die Vergleichung führt _ dazu,in den Richtungskörpern rudimentäre Larvenorgane zu erblicken. Nach den vorstehenden Mittheilungen ist eine bedeutsame Ab- weichung von dem Verhalten bei Thieren darin gegeben, dass bei Angio- spermen auf die Reduktionstheilung (Rubrik B) noch zwei (©) oder drei - (Q') Theilungen folgen, während bei Thieren nur noch eine einzige folgt. _ Es findet dieser Unterschied seine Erklärung vielleicht eben in dem Umstande, dass bei den Pflanzen die entstehenden Kerne sehr viel länger irgend eine wichtige Funktion gehabt haben resp. sie noch haben, welche bei den Thieren schon lange verloren ist. Man kann sich wenigstens vorstellen, dass im Thierreich alle die späteren Theilungen überflüssig wurden. Es wurde beibehalten die | Reduktionstheilung, um die Zahl der Chromosomen herabzusetzen, sowie Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIV. Bd. 45 226 H. Henking, die Bildung des zweiten Richtungskörperchens, um das Quantum der im Eikern und Samenkern enthaltenen Chromatin- substanz gleich zu machen. Die Verminderung in der Zahl der Theilungen der Eimutterzellen schreitet anscheinend noch fort, wie aus der Einzahl der Richtungskörperbildung bei regulär parthenogene- tischen Thierformen (vgl. 77, p. 589) hervorgeht. So könnte man sich wenigstens die Thatsachen zurechtlegen. | Die angestellte Betrachtung scheint mir auch aus dem Grunde nicht ohne Werth zu sein, weil wir in den Infusorien nach den Untersuchungen von Maupas (54) und R. Hzrrwıc (45) in Bezug auf die Zahl der Theilungen vor der Kerncopulation gewissermaßen eine Vermittelung von den Pflanzen zu den Thieren besitzen. Ich habe in Holzschnitt X das Schema der Copulation von Para- maecium caudatum nach MaurAs bei AlInf. und 2 Inf. abgebildet. Die in den ersten Rubriken eingezeichneten Kernkreise kabe ich weiß gelassen, da bisher nicht bekannt geworden ist, an welcher Stelle die Reduktion in der Zahl der Chromosomen stattfindet. Das mitgetheilte Schema hat Gültigkeit für weitaus die meisten der untersuchten Infu- sorien, einige Ausnahmen werden noch zu erwähnen sein. Nach den übereinstimmenden Angaben von Maupas (54) und R. HErT- wıe (45) vergrößert sich der Mikronucleus als Vorbereitung zur Conju- gation. »Wie der Kern der Eizelle zum Keimbläschen heranwächst, so vergrößert sich, obwohl nicht so bedeutend, der Nebenkern der In- fusorien vor der Conjugation« (R. Herrwıc p. 219). Die nun vom Neben- kern auszuführenden Theilungen sind sowohl von Maupıs wie auch von R. Hertwıc mit der Bildung der Richtungskörper verglichen und auch Weısmann (75) tritt dieser unzweifelhaft richtigen Auffassung bei. Die Ähnlichkeit mit den Pflanzen und manchen Insekten ist aus dem Grunde besonders groß, weil auch hier die Richtungskörper nicht aus dem Thier herausgeworfen werden. Die erste Theilung des Mikronucleus führt also zur Bildung des ersten Richtungskernes (rk] Holzschn. X, Rubrik B), dann giebt der Mikronucleus mit einer zweiten Theilung den zweiten Richtungskern ab (rkII, Rubrik C). Dass der erste Richtungskern sich gleichzeitig ebenfalls getheilt hat (rkI, Rubrik C), ist eine uns bereits geläufige Er- scheinung: wir befinden uns eben auf dem Stadium der Tetradenbil- dung. Von diesen vier Kernen verschwinden drei alsbald (Rubrik C, durch Schraffirung angedeutet), der vierte dagegen theilt sich noch ein- mal. Da von den beiden Abkömmlingen dieses Kernes der eine zum Q Copulationskern (stationären Kern Herrwıg’s) wird, so müssen wir nach Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 227 Analogie der bisher gebrauchten Benennung den Bruderkern desselben als dritten Richtungskern bezeichnen (RA III, Rubrik D). Nun bildet dieser dritte Richtungskern gleichzeitig den g! Gopula- tionskern für das zweite Individuum, er tritt in dieses über (als Herr- wıGs Wanderkern) und vereinigt sich mit dessen © (stationären) Kerne zu der ersten Theilungsspindel (Rubrik F). — Während also bei den Pflanzen der dritte Richtungskern mit einem Abkömmlinge des ersten Richtungskernes copulirt und den Endospermzellen die Entstehung giebt (Holzschn. X, Fig. 16), wird er bei den Infusorien zum Wander- kern für das andere copulirende Individuum. Eine Reduktion in der Zahl der Chromosomen findet auch bei den Infusorien statt, wie aus den Angaben Herrwiıc’s (5) über Paramaecium aurelia hervorgeht. Dieses Infusor weicht von dem in Holzschn. X ge- gebenen Schema dadurch ab, dass in ihm Anfangs zwei Mikronuelei vorhanden sind, so dass in der Rubrik C acht Kerne vorliegen, von denen alsdann sieben verschwinden. Nun giebt Herrwıc von den Ge- schlechtskernen, welche aus dem einzig übrigbleibenden Kerne her- vorgehen, an, dass sie zu deutlichen Spindeln mit vier bis sechs Chromatinelementen werden, »im Vergleich zu früher hat somit eine Reduktion der Spindelfasern etwa auf die Hälfte stattgefunden « (p. 182). Nach Vereinigung der beiden Spindeln zu einer einzigen hat die erste »Furchungsspindel« etwa wieder zehn Chromatinelemente, wie zu An- fang. Damit ist also der Kreis wieder geschlossen, wie bei Pflanzen und Metazoen, nur dass bei den Infusorien der Ort, an welchem die Reduktion in der Zahl der Chromosomen eintritt, noch nicht genau be- kannt ist. Macht nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Mauris und R. Herrwic der Mikronucleus der meisten Infusorien vor der Copu- lation eine dreifache Theilung durch, so dass er darin mit dem primären Kern des Embryosackes von Lilium übereinstimmt, so sei noch auf einige bisher unverstandene Ausnahmen hingewiesen, welche Mauras (54) beschrieben hat. Bei Euplotes (patella und charon) nämlich schwillt der Mikronucleus vor der ersten Theilung nicht auf, sondern erst die beiden Tochterkerne desselben wachsen im Spiremstadium bedeutend heran und machen nun noch die drei im Schema des Holzschnittes X abgebildeten Theilungen durch. | Dasselbe Verhalten wie in beiden Individuen von Euplotes tritt bei - den Vorticelliden ausschließlich in der Mikrogamete ein, während die Makrogamete nur die drei Theilungen des Schemas vollzieht. Es erhellt aus allen diesen Angaben, dass die Infusorien in Be- zug auf die größere Zahl von Theilungen vor der Kerneopulation eine 15* 238 H. Henking, größere Ähnlichkeit mit den Pflanzen als mit den Metazoen aufweisen, während andererseits sekundäre Copulationen der Richtungskerne feh- len, trotzdem alle Kerne im Inneren der Mutterzelle verbleiben. Es hängt das wohl damit zusammen, dass der Bruderkern des © Copulations- kernes, welcher bei Metazoön und Pflanzen an der sekundären Copu- lation betheiligt ist, bei den Infusorien die Hauptcopulation mit dem weiblichen Kerne des Partners zu vollziehen hat. Immerhin ergiebt der Vergleich der Insekten, Infusorien und An- giospermen folgende wichtige Übereinstimmung: Die beiden ausder letzten Theilung des betreffenden Kernes hervorgehen- denTochterkerne copuliren, dereine vonihnenals weib- licher Vorkern, der andere 4) bei den Infusorien als männlicher Vorkern (Wanderkern), — 2) bei den Metazoen und Angiospermen, bei welchen kein Übertritt in das co- pulirende zweite Zellindividuum (das Spermatozoonresp. den Pollenschlauch) stattfindet, copulirt dieser zweite Kern mit einem Abkömmling des ersten Richtungskernes und betheiligt sich somit bei den Angiospermen an der Bildung eines wichtigen »Larvenorgans«, des Endosperms, zu welchem ein Analogon auch bei den Insekten gefun- den wird. Diese wichtige Übereinstimmung ist aus dem Grunde festzustellen, weil bei allen den zum Vergleich herangezogenen Organismen es nicht zur Ausbildung von eigentlichen Richtungskörpern kommt. Es werden hier also die Richtungskerne mit einer Hülle von Protoplasma nicht nach außen befördert, sondern sie bleiben in Zusammenhang mit dem plas- matischen Mutterleibe. Es wäre hiernach zu erwägen, welcher von beiden Vorgängen als der primäre zu betrachten sei, das Ausstoßen der Richtungskörperchen, wie es im Thier- reich meist geschieht, oder das Innebehalten derselben, wie es bei den Pflanzen allgemein zu sein scheint und außerdem bei den Infusorien und vielen Insekten be- obachtet wurde. 17. Reduktions- und Äquationstheilung der Chromosomen. In ähnlicher Weise wie PLarner war O. Herrwie (42) durch seine Untersuchungen der Spermatogenese von Ascaris megalocephala zu der Ansicht geführt, dass durch die zweite Theilung der Spermatecyten und folglich auch durch die Bildung des zweiten Richtungskörperchens die für die Befruchtung nöthige Reduktion in der Zahl der Chromo- somen vollzogen würde, ein Vorgang, welcher schon vorher durch theo- Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten, Ill. 229 retische Betrachtungen von WeEısmann erschlossen war. Ich selbst sah mich durch meine Untersuchungen der Samen- und Eientwicklung von Pyrrhocoris apterus (37) zu der Annahme genöthigt, dass die erforder- liche Reduktion bereits und ausschließlich mit der ersten Theilung der Spermatocyten und der Bildung des ersten Richtungskörperchens einträte. Daselbst habe ich mich auch über die Mittheilungen von Prarner und O. Hertwic näher ausgesprochen. Nun hat Weısmann (75) kürzlich seine Auffassung dahin abgeändert, dass er sowohlmit der ersten wie auch mit der zweiten Theilung der Spermatocyten eine Reduktion der Chromosomen oder »Idanten « bewerkstelligt werden lässt. Als Beweismittel für diese Ansicht dient ihm besonders die Arbeit von O. Herrwıc über Ascaris megalocephala, während andererseits OÖ. vom Rarn (61) in der Spermatogenese von Gryllotalpa, V. Haecrer (28) in der Richtungskörperbildung von Cope- poden Vorgänge beschrieben haben, welche sie zu Gunsten der neuen Weısmann’schen Auffassung ausdeuten. Da von den Untersuchungen der beiden letztgenannten Forscher bisher nur vorläufige Mittheilungen vorliegen, so lässt sich über das Endresultat derselben noch kein Urtheil fällen. Die Theorie Weısmann’s besagt Folgendes: In den Ursamen- und Ureizellen von Ascaris megalocephala bivalens sind vier Kernstäbchen vorhanden. In den durch Theilung aus ihnen hervorgegangenen Samen- und Eimutterzellen bilden sich dann aber acht Stäbchen oder Idanten aus. Es hat also eine Verdoppelung der Idanten stattgefunden. Bei der nun folgenden Theilung der Spermatocyten I. Ordnung resp. der ersten Richtungsspindel gehen je vier von den acht Stäbchen in eine der beiden Tochterzellen über. Damit ist dieerste Reduktionstheilung vollzogen. Dann findet eine abermalige Zelltheilung statt und bei ihr gehen von den übrig gebliebenen vier Idanten je zwei in die beiden Tochter- zellen (Spermatocyten II. Ordnung resp. zweites Richtungskörperchen und Eikern) über. Es war das die zweite Reduktionstheilung. Jetzt enthält also der copulationsfähige Ei- resp. Samenkern je zwei Idanten, also ist durch die zweimalige Reduktionstheilung die Zahl der ursprünglichen (vier) Idanten halbirt. Nun fragt Weısmann: Wozu die zweimalige Theilung, da ja zur Halbirung der Idantenzahl eine Theilung ausreichen sollte? Er ant- wortet: Eine zweimalige Reduktionstheilung wurde nöthig, weil eine Verdoppelung der Kernstäbchenzahl zu Beginn des Reduktionsprocesses eintrat. So wird er zu der Frage geleitet: Wozu dient die anfängliche Verdoppelung der Kernstäbchen ? 330 H. Henking, Weısmann erblickt in den Kernstäbchen die Vererbungssubstanz, diese aber ist zusammengesetzt aus den »Ahnenplasmen« oder »Iden«. Jedes Id enthält die » Anlagen« eines Individuums und würde, wenn in genügender Menge vorhanden, die Entstehung eines Individuums garan- tiren können. Im Kernstäbchen aber ist durch die vielen Theilungen ihre Menge auf ein Minimum reducirt, denn jedes Kernstäbchen enthält eine gewisse Zahl dieser Ide, welche durch den Befruchtungsvorgang successive hineingekommen sind. Die Ide sind im Kernstäbchen neben einander in einer Reihe an- geordnet. Und wie in einer Keimzelle bei Inzucht und dergl. bereits identische Idanten vorhanden sein können, so wird durch die vor der ersten Reduktionstheilung eintretende Verdoppelung der Idanten eine größere Zahl identischer Stäbchen geschaffen. Durch die beiden Reduktionstheilungen können nun ganz ver- schiedenartige Stäbchen entfernt werden und gerade die Verdoppelung der Idanten vor der Reduktionstheilung ist es, welche nach WeEIsMmanNn eine fast unendliche Zahl von Idanten-Kombinationen ermöglicht und der Naturzüchtung in den neu entstehenden Individuen zur Verfügung stellt. Gerade in Folge des Vorhandenseins identischer Stäbchen ist es erforderlich, dass möglichst verschiedenartige Kombinationen vorge- sehen sind. — Durch die zweimalige Reduktionstheilung und die Ver- doppelung der Kernstäbchen würde demnach nicht nur eine breite Basis für die Selektion geschaffen sein, sondern auch die Bildung zweier Richtungskörperchen eine befriedigende Erklärung finden. Das sind etwa die Ansichten Weısmann’s. Da ich nun auf den folgenden Seiten hiergegen Mancherlei einzuwenden habe und natur- gemäß hauptsächlich die Differenzpunkte betonen muss, andererseits aber erwäge, wie leicht das geschriebene Wort auch ohne Absicht verletzend wirkt, so will ich im Voraus freudig bekennen, dass ich den klaren und geistreichen Schriften Weısmann’s, deren letztes Heft in der »Amphimixis« (75) vor uns liegt, sehr viel verdanke. Es kann bei so weit ausblickenden Ideen nicht Alles vor den Fortschritten der Forschung Stand halten. Aber selbst in jenem extremsten Falle, dass alle diese Anschauungen Weiısmann’s sich als unhaltbar erweisen sollten, würde ich doch nicht die vielen Anregungen seiner Schriften über die Be- fruchtung und Vererbung entbehren mögen. Zunächst haben wir die Frage zu erledigen, ob eine Verdop- pelungderKernstäbchen stattfindet? Man würde diese Frage natürlich ohne Weiteres bejahen und nicht wreiter diskutiren, wenn es sich einfach. um Feststellung der Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten. IIL 231 Thatsache handelte, dass die Chromosomen eine Durchschnürung erfahren könnten. WEISMANNn, vomRartn, Hazsckerundauch wohl O. Hzrrwis nehmenjedoch gleichzeitigan, dass die beiden Theilstücke sofort als völlig selbständig zu betrachten seien. Dasist der hauptsächlichste Unterschied zwischen meiner Auffassung und derjenigen der genannten For- scher. Ich halte die noch zusammenhängenden Theil- stücke nicht für selbständig. Es ist nämlich, so viel ich sehe, bisher immer beobachtet worden, dass die beiden Theilstücke der Anfangs eingeschnürten, dann wohl durchgetrennten Chromosomen sich immer streng paarweise zusammenhalten. Da außerdem alle Übergänge vorhanden sind von nur schwach eingedrückten bis zu ganz durchgeschnürten Chro- mosomen, bei diesen letzteren aber der Zusammenhang der Hälften _ durch Lininsubstanz nachgewiesen werden konnte (Eier von Pyrrho- coris), oder wo das nicht gelang, das paarweise sich Zusammenhalten und Zusammenmarschiren einen Zusammenhang dennoch erschließen ließ (Ascaris), — so sehe ich mich aus allen diesen Gründen genöthigt, derartig abgetrennte Stücke ursprünglich einheitlicher Chromosomen nicht für selbständig zu halten, sondern die Paare als Einzelemente _ aufzufassen. Es ist demnach ganz gleichgültig ob ein solches Einzel- element in zwei oder vier oder noch mehr Stücke zerfallen ist. Nun besitzt die Spindel des ersten Richtungskörper- chensresp. der ersten Spermatocytentheilung eine ganz charakteristische Eigenthümlichkeit vor allen übrigen Theilungsfiguren, und ich will auf diese Besonderheit hiermit nachdrücklichst hingewiesen haben, weil dieselbe in der Betrachtungsweise von WeEısmann und seinen Schülern gar nicht hervortritt. Esistnämlich gegenfrüher nur noch genau die halbe Zahl von Chromosomen (resp. also Gruppen von Theil- stücken solcher) bei Polansicht der Äquatorialplatte zu sehen. Diese Zahl bleibt dann durch die folgenden Theilungen kon- 1 Ich möchte hier ein Missverständnis Weısmann’s aufklären. Derselbe sagt (75, p. 55): »Henkıng sucht den Widerspruch der beiderseitigen Beobachtungen (d. h, von O. Hertwıc und mir, H.) dadurch zu versöhnen, dass er die Ver- doppelung der Stäbchen bei Ascaris überhaupt bezweifelt.« Die Verdoppelung der Stäbchen an sich habe ich nie bezweifelt, sondern nur die Annahme der »Erhöhung der Chromosomenzahl auf das Doppelte der gewohnten Zahl (37, p. 730) was die Selbständigkeit der Theilstücke voraussetzt. Soll ich mich eines etwas krassen Beispiels bedienen, so würde ich sagen: Schneiden wir vier Äpfel durch, so behalten wir immer nur vier, wenn auch halbirte, Äpfel; wir haben aber nicht acht Äpfel durch die Halbirung erhalten. a a iR 232 H. Henking, stant, bis sie durch die CGopulation die alte Höhe wieder erreicht. Also mit der ersten Theilung der Richtungsspindel resp. Spermatocyten tritt plötzlich eine Änderung ein. Bisher ist hiervon nur eine einzige, aber wohl noch nicht ganz ausreichend untersuchte Ausnahme durch Isnıkawa bekannt geworden, über welche weiter unten. Ich sagte oben, dass ich die von Weısmann angenommene Selb- ständigkeit der chromatischen Theilstücke nicht anzuerkennen ver- möchte, weil dieselben sich immer paarweise zusammenhalten und keinerlei Zeichen von Selbständigkeit in den bisher bekannt geworde- nen Fällen verrathen. | Man wird hier vielleicht einwerfen, dass ich ja doch selber ein Zusammenrücken ursprünglich selbständiger Chromosomen annehme, nämlich in so fern als ich dieselben, paarweise verbunden, zu zwei Gliedern in der ersten Richtungs- resp. Spermatocytenspindel aufmar- schiren lasse. Warum könnte dergleichen, wird man vielleicht sagen, nicht auch bei jenen Theilstücken unbeschadet ihrer Selbständigkeit eingetreten sein? Hiergegen bemerke ich, dass ich ‚obige Deutung der ersten Richtungsspindel aus dem Grunde angenommen habe, weil wir auf die Weise die typische Zahl der Chromosomen wiedererhalten, wie sie aus der letzten Theilung in diese Zelle überging und weil ich in der Spermatogenese von Pyrrhocoris einzelne jener Chromosomen isolirt und selbständig gesehen habe. Sollte man jedoch in dieser meiner Auffassung eine Inkonsequenz erblicken wollen, so bin ich eher geneigt mit Guisnarp auch die zweigliedrigen Chromo- somenpaare alsEinheiten aufzufassen, ehe ich bei Vier- theilung derselben jedes Theilstück als selbständig be- zeichnen möchte; denn, wie gesagt, für die Selbständigkeit dieser Theilstücke liegen bisher keine Angaben vor, wohl aber für ihre Unselbständigkeit. Es stellen sich also in der ersten Richtungsspindel resp. ersten Theilung der Spermatocyten die Chromosomen oder deren Theilstücke in Gruppen zu zwei oder vier derart auf, dass gegen früher nur die halbe Zahl vorhanden ist. Die von mir gemachten Beobachtungen an Insekten, welche diese Besonderheit erkennen lassen, habe ich oben p. 212 tabellarisch zusammengestellt. Dasselbe beobachtete Guiscnarnp (25) von Lilium, Fritillaria, Tulipa, Allium, Alstroemeria, Listera. Auch vom Rıra (61) theilt von Gryllotalpa mit, dass in den Samenmutterzellen zwölf Chro- | Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 233 mosomen vorhanden seien, bei der Theilung den Spermatocyten erster Ordnung dagegen sechs Gruppen von je vier Chromosomen auftreten. Bei Ascaris megalocephala enthalten die Körperzellen und Furchungs- zellen vier resp. zwei selbständige Chromosomen, die erste Sperma- toeyten- resp. Richtungsspindel dagegen zwei resp. eine Gruppe von Chromosomen (van BENEDEN, CARNOY, BoVERI, O. HErTWIG). Weısmann (75) hält die Viergliedrigkeit der Gruppen und die nach seiner Auffassung dadurch begründete Verdoppelung der Chromo- somen für das Typische. Die Verdoppelung der Chromosomen (Idanten) ist ihm außerordentlich wichtig, weil gerade durch sie und die nach- folgenden zwei Reduktionstheilungen eine fast unendliche Zahl von verschiedenen Keimplasma-Mischungen ermöglicht würde (p. 47). Nun ist es ja allerdings merkwürdig, dass so häufig Einschnürungen resp. Durchschnürungen der Chromosomen in der ersten Richtungs- spindel beobachtet werden, wodurch dann also Gruppen von vier Stäbchen oder Kügelchen entstehen, — aber es sind auch jetzt, obgleich in dieser Richtung naturgemäß noch nicht viele Untersuchungen ange- stellt sind, dennoch schon einige Fälle bekannt, welche dem WEısmann- schen Desiderat sich nur schwer oder überhaupt gar nicht fügen. Da sind zunächst meine Beobachtungen der Spermatogenese von Pyrrhocoris (37). Hier enthalten die Körperzellen und Ursamenzellen in der Äquatorialplatte 2% selbständige und isolirte Chromosomen. Dagegen ist bei der ersten Theilung der Spermatocyten leicht zu kon- statiren, dass nun 12 Gruppen von Chromosomen vorhanden sind und jede Gruppe besteht aus zwei hinter einander aufgestellten Chromatin- kugeln. Die Kugelpaare entstehen aus Ringen, indem diese sich ver- kleinern und verdicken. Ich habe angegeben, dass die Ringe zuweilen in Gestalt von vier ovalen Körperchen erscheinen können und Weısmann benutzt diese Angabe um daraus als wahrscheinlich herzuleiten, dass auch hier Anfangs eine Verdoppelung der Chromosomen oder Idanten eintrete, jedoch so, dass je vier der durch Halbirung entstandenen Idanten mit einander zu einem jener Kränze verschmelzen. Diese Deutung, welche Weısmann (75, p. 59) durch einige Figuren erläutert, halte ich nicht für zutreffend, weil, so viel ich sehen kann, jene Kränze eben das Primäre sind. Eine Nachprüfung meiner Präparate bestätigt das, was auch schon aus meinen Figuren (37, Fig. 17—20) hervorgeht, dass nämlich in den jüngsten Stadien ziem- lich regelmäßige Kränze auftreten (Fig. 17, 48) und erst später, wenn die Kränze zu der Gestalt der Doppelkügelchen zusammenzu- schrumpfen beginnen, kann die Peripherie vier ovale oder kugelige 234 H. Henking, Verdickungen aufweisen. Es sind aber gar nicht immer deren vier vorhanden, sondern auch wohl einmal drei (Fig. 19) oder einige mehr, desshalb sprach ich in meiner Abhandlung allgemein von »einigen An- schwellungen« (37, p. 693). Ich vermag nach dem Gesagten diesen Verdickungen nicht die Bedeutung beizulegen, wie es Weısmann thut, glaube vielmehr, dass sie eine einfache mechanische Erklärung zulassen. Der Kranz verengt sich nämlich allmählich derart, dass sein inneres Lumen (die »lichte Weite«) völlig verschwindet, indem er zu der Gestalt der Doppel- kügelchen übergeht. Bei dieser Gestaltänderung erfährt natürlich die in der Dicke des Ringes aufgehäufte Chromatinsubstanz eine Verlage- rung. Es wäre nun viel wunderbarer, wenn bei der Schrumpfung des Kranzes oder Ringes die Chromatinsubstanz sich immer völlig gleich- mäßig verschieben würde, als wenn mit der Verkleinerung des Kranz- durchmessers gelegentlich Anhäufungen derselben und damit Ver- diekungen bemerkt würden. Hiernach müssten also die Weısmann’schen Figuren (75, p. 59, Fig. 6) folgende Anordnung erhalten: Nr. 3, 4, 2, 1,5. Übrigens will ich eingestehen, dass ich bei Abfassung meiner Ab- handlung über die Spermatogenese die von Weısmann entwickelte Anschauung ebenfalls erwogen habe. Ich erwog dieselbe, weil mit ihr in der That eine Übereinstimmung mit den von O. Herrwie (42) dar- gelegten Auffassungen in Betreff von Ascaris megalocephala gegeben wäre, habe sie nach reiflicher Überlegung aber fallen lassen, weil sie zu viele unbewiesene Annahmen voraussetzt. Auf diese Auffassung bezog es sich, wenn ich (37, p. 728) von einer »kühnen Hypothese« sprach. Aber selbst bei Zustimmung zu den Darlegungen Weısmann’s über Pyrrhocoris würde ich die in Fig. 5 (p. 54) abgebildete Theilung nie- mals als Reduktionstheilung bezeichnen, sondern als Äquationstheilung. Ich vermag eben die aus der Theilung einheitlicher Chromosomen entstandenen Hälften von vorn herein nicht als etwas Verschiedenes zu betrachten. Weısmann sagt also (p. 60), die Idanten (= Chromosomen) wachsen heran und verdoppeln sich. Das geschieht doch wohl durch Äquationstheilung? Wenn nun die Hälften sogleich aus einander rücken und je eine neue Zelle bilden, so wird also von einer Äquations- theilung gesprochen, bleiben aber die Theilhälften erst noch einige Zeit liegen, bevor sie sich von einander entfernen, so nennen es WeIs- MANN, VOM RATH, HAEckER plötzlich eine Reduktionstheilung! Wo soll denn da die Grenze gesetzt werden? Dürfen die Theilstücke eine Minute, oder fünf oder zehn Minuten in einer Zelle verweilen, ehe Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 235 eine solche Äquations- in eine Reduktionstheilung übergeht oder wie lange? Oder ist dann eine Äquationstheilung gegeben, wenn die Längs- theilung eines Chromosomen oder Idanten mit Hilfe einer voll ausge-. bildeten Spindel erfolgt, während eine früher erfolgende Längstheilung als Reduktion bezeichnet werden soll? Und worin besteht der Unter- schied der beiden Theilungen im letzteren Falle? Man sieht aus diesen Fragen, dass die Reduktionstheilung nicht scharf definirt ist. Die Weısmann’sche Definition (p. 56), dass er unter Reduktionstheilung jede Kerntheilung verstehe, »durch welche die Zahl der Ide, welche im ruhenden Kerne vorhanden war, für die Tochter- kerne auf die Hälfte herabgesetzt wird«, trifft nicht zu, da ja die Ver- doppelung der Idanten erst nach der Kernruhe, im Spirem, eintritt und zwischen beiden Theilungen das Ruhestadium übersprungen wird. Nach meiner Auffassung müsste ebenfalls das von Weısmann (pag. 49) in Fig. III A gegebene Schema von Ascaris megalocephala univalens anders gedeutet werden. Es ist dieses Schema (Holzschn. XI, Kopie) vielleicht beson- i ders geeignet, um En Akt den Unterschied | zwischen der Auf- fassung von Waıs- MANN und mir zu de- monstriren. WEIS- MANN bezeichnet beide Theilungen Reduktion Äquation der Kernstäbchen nach HENkING nach HENKING Fig. XI. Schema der Keimzellenentwicklung von Ascaris univalens (ko- (bei II und IM) als pirt nach Weısmann). Z, Urkeimzelle; ZZ, Mutterzelle erster Ordnung; Reduktionstheilun- 777 Muiterzelle zweiter Ordnung ; IV, Keimzelle; a, b, c—q, WEISMANN’s Ide. gen, ich dagegen halte die erste Theilung (bei II) ebenfalls für eine Reduktionstheilung, die zweite aber (bei II) unbedenklich für eine Äquationstheilung. Nach Weısmann sind die beiden Kernstäbehen bei III ganz identisch zusammengesetzt aus identischen Iden (a«—h), sie sind außerdem durch eine unverkennbare Äquationstheilung aus dem ersten Kernstäbchen (bei I) entstanden und trotzdem wird ihre Trennung schließlich als Reduktionstheilung bezeichnet, nur weil diese Stäbchen nicht sofort aus einander rücken, sondern erst bei der zweitfolgenden Theilung. Dabei haben sie in der Zwischenzeit keinerlei Thätigkeit entwickelt oder irgend welche Äußerungen von Selbständigkeit gezeigt. — Es muss doch einleuchten, dass die erste Theilung (bei II), durch welche die Abkömmlinge der differenten Stäbchen von einander entfernt wer- 236 H. Henking, den, was also dem gleich käme, wenn bei I die beiden dort vorhandenen Stäbchen aus einander gelegt würden, — dass eine solche Theilung anders anzusehen ist, als wie eine Halbirung eines der beiden Stäbchen (bei I) in zwei Stücke! Weıswann war der Ansicht, dass in den Spermatocyten I. Ordnung von Pyrrhocoris jeder Idant sich verdoppelt, dass dessen Hälften dann wiederum verschmelzen und sich mit den Hälften eines anderen Idanten zu einem gleichförmigen Kranze verbinden. Dadurch, dass bei der nun folgenden Halbirung des Kranzes die Theilungsebene einem beliebigen Radius entlang verlaufen kann, sei eine unendlich mannigfache Kom- binirung von Iden gestattet (erläutert durch seine Fig. VIlp. 60). Daich den Vorgang wesentlich anders deute, nämlich so, dass zunächst der Kranz auftritt, dass dann das Chromatin gewissermaßen zusammenströmt zu einer Doppelkugel, wobei auf den Zwischenstadien des sich verengern- - den Kranzes Anschwellungen der Kranzperipherie sichtbar werden können — so vermag ich der Deutung von Weısmann nicht ganz beizu- treten. Diejenige Ebene, von welcher die Chromosomen bei der ersten Theilung aus einander weichen, ist schon früh bestimmt, jeden- falls dann schon, wenn zwei Kügelchen (Pyrrhocoris) oder zwei resp. . vier Schleifen oder Stäbchen (bei Lilium etc. nach GuignarD, bei Samen- mutterzellen von Ascaris nach O. Herrwıs, bei Gryllotalpa nach vom Rartn) sichtbar werden. Ein Übergang von solchen, gewissermaßen schon differenzirten Stadien zu einer Ringform ist meines Wissens bisher nicht beschrieben worden. Damit ist aber auch die Theilungsebene schon früh festgelegt und besitzt nicht mehr die freie Verschiebbarkeit durch die bereits als halbirt angenommenen Idanten, wie es die Weısnmann’sche Fig. VII (p. 60) voraussetzt. Denn ich wiederhole, die Theilungsebene ist bereits bestimmt, wenndieIdanten sich halbiren. Darin stimme ich jedoch Weısmann völlig bei, dass die Lage der Spaltungsebene zu dem homogenen Kranze, so viel wir bisher wissen, nicht fest bestimmt ist, sondern ganz willkürlich denselben durchschneiden kann. Damit ergiebt sich von selbst, dass die Verthei- lung der Weısnann’schen Ide je nach der Lage der Spaltungsebenen eine recht mannigfaltige sein kann. Als das Primäre darf nach unseren bisherigen Kenntnissen die Herausbildung der ersten Spaltungsebene betrachtet werden. Danun nach der übereinstimmenden Ansicht der bisherigen Untersucher an- genommen werden darf, dass von den Chromosomen seit der letzten Theilung nichts verloren gegangen ist, so herrscht auch darin Einstim - Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 237 migkeit, dass in jeder Gruppe von Chromosomen der ersten Richtungs- spindel etc. ein Gehalt an Ghromatinsubstanz vorhanden ist, welcher dem Inhalte zweier ursprünglichen Chromosomen (der Ureizelle ete.), resp. auch deren Theilprodukten entspricht, Ich sagte oben schon, dass die Weısmann’schen Iden oder wie wir gewisse chromatische Elementar- theile nennen wollen, nicht genau in derselben Anordnung vorhanden zu sein brauchen wie vorher. Wenn ich demnach jetzt den Werth einer Chromosomengruppe der ersten Richtungsspindel etc. durch zwei Stäb- chen schematisch ausdrücke (Holzschn. XII, Fig. 1) und Unterabtheilungen derselben mit Buchstaben bezeichne (a—f und 9—m), so soll damit über die ursprüngliche Reihenfolge derselben nichts ausgesagt sein. 1) Die Linie (A) zwischen beiden Stäbchen deute die primäre Spaltungsebene an. Nun kann gleichzeitig mit Ausbildung dieser Spaltungsebene eine Halbirung beider Stäbchen und damit Entstehung einer zweiten, sekundären Spaltungsebene (B) gegeben sein (Holzschn. XII, Fig. 2 u. 3). Da es den vier Stäbchen nicht anzusehen ist, wie sie zu der primären Spaltungsebene liegen, so können nur zwei Möglichkeiten vorliegen: 2) Beide Abkömmlinge eines jeden Stäbchens liegen je auf der gleichen Seite der primären Spaltungsebene (A). Dann vollzieht das A Dun Fig. XII. Schemata der Reduktions- und Äquationstheilung. erste Richtungskörperchen eine Reduktionstheilung, das zweite Rich- {ungskörperchen dagegen eine Äquationstheilung, indem bei letzterer aus der sekundären Spaltungsebene (B) nur ein großer Spaltraum zwischen beiden Tochterhälften des Stäbchens wird (Holzschnitt XI, Fig, 2). 3) Die primäre Spaltungsebene trennt von jedem Stäbchenpaare ein Stäbchen ab (Holzschn. XII, Fig. 3). In diesem Falle müssen wir die Bildung des ersten Richtungskörperchens als eine Äquationstbeilung bezeichnen, indem in beide Tochterkerne gleich zusammengesetzte Stücke übergehen. — Das zweite Richtungskörperchen dagegen wird 238 H. Henking, durch Reduktionstheilung ausgeführt, indem differente Stücke, eben die Abkömmlinge von zweierlei Stäbchen, durch die sekundäre Spaltungs- ebene geschieden werden. Die beiden Möglichkeiten haben an und für sich gleichviel Wahr- scheinlichkeit, und es können recht wohl beide sich verwirklicht finden. Da nun aber nicht nur eine Gruppe von Stäbchen bei der Theilung vor- handen zu sein pflegt, sondern eine größere Zahl, so ist noch die folgende Möglichkeit zu erwägen: k) Einige Gruppen erleiden in der ersten Richtungsspindel eine Reduktionstheilung (Holzschn. XII, Fig. 2), die übrigen Gruppen eine Äquationstheilung (Holzschn. XII, Fig. 3). Dasselbe geschieht dann natür- lich auch in der zweiten Richtungsspindel, nur in umgekehrter Reihen- folge. Damit vollzöge sich inbeiden Richtungsspindeln je eine partielle Reduktionstheilung. Es fragt sich nun, welche dieser drei Möglichkeiten in unseren Fällen verwirklicht ist. Das sicherste Urtheil gestattet da immer noch die Spermatogenese von Pyrrhocoris; denn hier gelang es mir, auch die Ausbildung einzelner isolirter Kugeln in den Spermatocyten I. Ordnung zu beobachten. Hieraus und aus dem frühen Auftreten der primären Spaltungsebene scheint mir unzweifelhaft hervorzugehen, dass wir es in der Theilung der Spermatocyten I. Ordnung mit einer totalen Reduktions- theilung zu thun haben und folglich bei der zweiten Halbirung mit einer Äquationstheilung. Dasselbe dürfte der Fall sein mit der Bildung der Richtungskörper von Pyrrhocoris und besonders auch von Pieris bras- sicae (36). Ganz unzweifelhaft tritt eine totale Reduktion nach den Darstel- lungen von GuiscnArD (25) ein bei der ersten Theilung der Embryosack- und Pollenmutterzellen von Lilium Martagon. Hier ist von einer Erhöhung der Idantenzahl auf das Doppelte der normalen Ziffer, auf welche Weısmann so viel Gewicht legt, auch nicht die geringste Andeutung vorhanden. Während die Normalzahl bei dieser Pflanze 24 ist, treten jetzt 12 Doppelstäbchen auf, und bei der Theilung rücken 12 Stäbchen nach dem einen, 1% nach dem anderen Pole, um bei der zweiten Theilung durch Äquation halbirt zu werden. Diese außerordentliche Ähnlichkeit zwischen zwei so entfernt stehenden Organismen wie Pyrrhocoris und eine Pflanze, auf welche auch GuiGnARD aufmerksam macht, kann doch nicht auf einem Zufalle beruhen, sondern muss in einem allgemeineren Gesetze seine Begründung haben. Weısmann hat zu Gunsten seiner Auffassung auch auf die Unter- suchungen Frrmmine’s (20) über die Samenbildung von Salamandra Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 239 hingewiesen, durch welche »eine anfängliche Vermehrung der Kern- fäden auf das Doppelte der Normalzahl « festgestellt sei (p. 52). Diese Angabe Weısmann’s dürfte auf einem Missverständnis be- ruhen und möchte ich hier abermals, wie früher schon (37, p. 724), auf die Untersuchungen Fıemming’s als Stütze meiner Ansicht auf- merksam machen. Die Normalzahi der Chromosomen in den Körperzellen von Sala- mandra maculosa beträgt nach den übereinstimmenden Angaben von Fremming und Ragı (24). Nun treten im Spirem der sich heterotypisch theilenden Spermatocyten zwölfprimäre Segmente auf, welche aber früh eine Spaltung erfahren, so dass damit die einfache Normalzahl erreicht ist. Die zwölf Doppelsegmente trennen sich nun in der Mitte von einander, während die Enden der Hälften entweder verbunden bleiben, oder wieder mit einander verkleben. So entstehen also zwölf völlig geschlossene Schleifen. Jeder Ring wird nun im Äquator in zwei Hälften zerlegt, es wandern also zwölf Schleifen nach jedem Pole, diese aber erfahren dann im Stadium des Dyaster eine Längsspaltung. Dürf- ten wir also diese heterotypische Theilung als eine Theilung der Sper- matocyten I. Ordnung betrachten, so würde die Längsspaltung im Sta- dium des Dyaster eben nur eine verfrühte Vorbereitung für die zweite Theilung darstellen. Die homoeotypische Form der Theilung, welche beachtenswerther Weise die kleineren Spermatocyten betrifft, bezieht sich ebenfalls immer nur auf Zellen mit zwölf Segmenten. Im Spirem sind dieselben bereits der Länge nach gespalten, die Hälften verschmelzen aber nicht zu Schlingen, sondern wandern, nachdem sie einige Zeit neben dem Äqua- tor lagen, zu je zwölf nach einem Pole. FremminG betont ausdrücklich (p. 442), dass bei allen Spermato- cyten des Salamanders „jede polare Hälfte der Figur aus zwölf Schleifen besteht«, womit die Verhältnisse dieses Wirbelthieres auffallend mit dem bei einem Insekt und einer Pflanze Beobachteten übereinstimmen. 2. Giebt es überall zwei Richtungskörper bei befruchtungsbedürftigen Organismen? Eine Hauptstütze der Weısmann’schen Beweisführung zu Gunsten einer zweimaligen Reduktionstheilung liegt in der regelmäßigen Bil- dung zweier Richtungskörperchen. »Wesshalb denn überall diese zwei- malige Theilung, deren wir doch eben wegen der überall nachgewie- SenenZweizahl der Richtungskörper des Eies vollkommen sicher sind ?« (p. 55). Zu einer Reduktion der Kernstäbchenzahl auf die Hälfte würde 240 H. Henking, eine Theilung genügen. Wozu demnach, so fragt Weismann, die zweite Theilung, wenn nicht mit Hilfe der vorhergehenden Verdoppelung der Stäbchenzahl und der dadurch nothwendig werdenden zweiten Re- duktionstheilung die Zahl der möglichen Kombinationen der Idanten erhöht werden sollte? Habe ich mich oben gegen die Deutung der Stäbchenverdoppelung ausgesprochen, so möchte ich hier noch Einiges gegen die Zweizahl der Richtungskörperchen vorbringen. Es giebt gar nicht überalleine zweimalige Theilung! Eine zweimalige Theilung und also Bildung zweier Richtungs- körperchen findet sich zwar bei allen befruchtungsbedürftigen Meta- zoen, aber bei den Infusorien werden bereits drei Theilungen vollzogen. Diese dritte Theilung ist nach Werısmann eine Äquations- theilung und hat kein Analogon bei den Metazoen, weil bei den Infu- sorien derselbe Mikronucleus beiderlei Gopulationskerne zu liefern hat. Ich weiß nicht, ob man eine Theilung nach dem beurtheilen darf, was die aus der Theilung hervorgehenden Kerne etwa später unter- nehmen. Doch das ist weniger wichtig. Einschneidender scheint mir die Frage zu sein, warum denn die aus der zweiten Theilung hervor- gehenden Kerne bei den Infusorien nicht zu einer Copulation befähigt sind, während doch alle Metazoen aus der zweiten Theilung hervor- gehende copulationsfähige Kerne besitzen. Außerdem erwähnt R. Herrwic (45, p. 180) gewisse Variationen von Paramaecium aurelia, welche die Frage hervorriefen, ob nicht in manchen Fällen bereits durch die zweite Theilung der Mikronuclei die Geschlechtskerne er- zeugt würden. Sollte man aber wirklich bei den Infusorien sich durch die Aus- kunft befriedigt fühlen, dass die Bildung der Geschlechtskerne eine dritte und zwar Äquationstheilung erfordere, so heben sofort einige andere Einwürfe ihre drohenden Häupter. Besonders seit den letzten Mittheilungen von GuIeNARrD (25) ist nicht daran zu zweifeln, dass auch im Pflanzenreiche dieselbe Reduktion bei der Bildung der Geschlechts- zellen eintritt, wie im Thierreiche. Eine Erklärung dieses Phänomens muss also für beide Reiche Gültigkeit haben. Hier tritt nun, z. B. bei Lilium, im Embryosack ebenfalls eine dreimalige Theilungein wid hier ist thatsächlich ein dritter Richtungskern gebildet; denn wir sehen aus der dritten Theilung nur einen Geschlechtskern hervorgehen, den Eikern (Holzschn. X, Fig. 16 p- 215). Wozu also diese dritte Theilung? Doch halt, wird man vielleicht einwerfen, im Embryosack (Holz- schnitt X, Fig. 16) copulirtjagarnichtallein derEikern, son- Rz 3 Ju rn ee Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 241 dern dessen Bruderkern (rk/II) ebenfalls; folglich liegen die Verhältnisse gerade wie bei den Infusorien, nur dass der Wanderkern nicht in das andere Individuum, den Pollenschlauch, übertritt, sondern als dritter Richtungskern (rkII/) mit einem Abkömmlinge des ersten Richtungskernes (pi) copulirt; folglich war die letzte Theilung, wie bei den Infusorien, eine Äquationstheilung. Ich werde gegen diese Beweisführung nichts einwenden, sondern nur zu bedenken geben, dass wir damit auch die Bildung des zweiten Richtungskernes als eine Äquationstheilung nachgewiesen hätten; denn aus dieser Theilung geht bei den Insekten nicht nur der Eikern, sondern auch der zweite Richtungskern hervor, welcher eine Copulation mit einem Abkömmlinge des ersten Richtungskernes &inzugehen be- fähigt ist (Holzschn. IX, Fig. 7). Der männliche Geschlechtskern aber geht bei den höheren Pflanzen sogar erst aus einer vierfachen Theilung hervor. Wozu also vier Theilungen, da ja zu der Reduktion der Stäbchenzahl eine einzige Theilung genügt! Konnte die Weısmann'sche Erklärung einige Wahr- scheinlichkeit für sich haben, wenn überall nur zwei Theilungen vor- kämen, so musste sie dadurch eine bedenkliche Erschütterung erfahren, wenn mehrfache Theilungen angenommen werden mussten. Die Möglichkeit der Variation in der Kombinirung der Idanten ist uns bereits durch die erste Theilung geboten, welche ich in Übereinstim- mung mit Weısmann als Reduktionstheilung bezeichnen möchte. Aber für diesen Zweck könnten einige andere Besonderheiten vielleicht noch einmal Verwendung finden, das sind die Ungleichheiten in Aus- bildung und Zahl der Chromosomen, von denen ich oben Einiges mit- getheilt habe. Völlig dunkel ist uns heute noch, was die zweifache ‚Form von Spermatozoen zu bedeuten habe, welche bei Pyrrhocoris auf- tritt (37). Die Spermatozoen haben regelmäßig entweder 11 oder 12 Chromosomen, was auf einer Ungleichheit in deren Vertheilung be- ruht. Solche Fälle werden sicher noch mehr beobachtet und beachtet werden. Auf eine andere Quelle der Variabilität habe ich weiter unten nur hingedeutet, da es bislang nur eine Vermuthung ist, dass sich der achro- matische Zustand der Kerne in dieser Richtung verwenden lasse. Jedenfalls glaube ich, dass auch ohne Annahme einer zweiten Reduktionstheilung die weitere Forschung noch viele Gründe für die Variabilitätsmöglichkeit der Organismen aufdecken wird. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV, Bd. 46 242 H. Henking, 18. Die Untersuchungen von Ishikawa (47) an Diaptomus. a re Nach IsnıkAawa tritt die Reduktion der Chromosomen mit der zwei- - ten Theilung der Spermatocyten und Richtungsspindeln ein. Die Thei- lungen der Hodenzellen verlaufen in folgender Weise: In den Ursamen- zellen stellen sich acht hantelförmige Chromosomen zur Äquatorialplatte der Spindel auf und geben in die beiden Tochterzellen acht einfache Chromosomen ab, indem sie sich in der Mitte durchschnüren. Diese Tochterzellen bilden die Samenmutterzellen indem sie größer werden. Es treten in ihnen wiederum acht stäbchenförmige Chromosomen auf, welche sich hantelförmig einschnüren und bei Theilung in jede Tochter- zelle ebenfalls acht Chromosomen übergehen lassen. Die nun folgende letzte Theilung wird ohne Eintreten eines Ruhestadiums sofort voll- zogen und zwar derart, dass keine Theilung der Chromosomen statt- findet, sondern dass vier Chromosomen ungetheilt in die eine und vier in die andere Zelle übergehen. Aus diesen Zellen werden direkt die Spermatosomen. | In dem Keimbläschen der reifen Eier treten acht hantelförmige Chromosomen auf, welche sich bei der Bildung des ersten Richtungs- körperchens der Quere nach theilen und also acht Chromosomen dem ersten Richtungskörperchen übergeben, während ebenfalls acht im Ei verbleiben. Von diesen letzteren erhält nun das zweite Richtungs- körperchen direkt vier Chromosomen, der Eikern die anderen vier. Die vier Chromosomen sind im abgerundeten Eikern getrennt zu erkennen. Später aber gehen sie in ein Netzwerk über und sind nicht mehr zu unterscheiden, wie auch nicht in dem inzwischen einge- drungenen Samenkerne. Wenn nun aber während der Copulation der Geschlechtskerne die Chromosomen wieder erscheinen, so sindinjedem Kerne nicht deren vier, sondern acht vorhanden (wie Verfasser mehr- fach mittheilt und abbildet), in Summa also 16, da beide Kerne jaeiner Spindel die Entstehung geben. Nun finden sich aber nach Isnıkaw« bei Trennung der Äquatorialplatte der ersten Furchungsspindel in jeder Tochterplatte nur acht Chromosomen, womit die Ausgangszahl wieder erreicht wäre. Kritik. — Ich bemerke, dass ich an diesen Auffassungen Isuıkawa’s nicht zweifeln will, da ja recht gut verschiedene Wege bei Erstrebung desselben Zieles von den Organismen eingeschlagen werden können. Jedoch möchte ich auf einige Schwächen in den Beweisen hindeuten, welche Isnıkaıwa vielleicht gelegentlich selber verbessert, um dadurch auch skeptischere Naturen zu seiner Ansicht zu zwingen. So wäre es ganz erwünscht, wenn eine Spindel der Ursamenzellen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Biern der Insekten, II. 243 bei Polansicht abgebildet wäre, weil aus der Seitenansicht allein die Zahl schwer zu kontrolliren ist. Über die Zahlenverhältnisse der Ureier ist nichts mitgeiheilt. — Vom folgenden Stadium, Theilung der Sperma- tocyten I. Ordnung, resp. der ersten Richtungsspindel, ist nur von letz- terer eine Polansicht abgebildet: Man sieht (Fig. 27) in dieser Polansicht sechs hantelförmige und zwei kugelige Chromosomen. Die ersteren sind wohl »umgefallen«, oder erscheinen manche der von der Seite gesehen hantelföormigen Chromosomen auch bei Polansicht hantelförmig? Gar sehr vermisse auch ich eine detaillirtere Beschreibung des bei der zweiten Theilung der Spermatocyten und der Bildung des zweiten Richtungskörperchens erfolgenden höchst bemerkenswerthen Theilung, indem von den in eine Ebene aufgestellten acht Chromoso- men ohne Theilung vier nach dem einen Pole, vier nach dem anderen wandern. — Unzweifelhaft ist, dass im Eikern vier schleifenförmige Chromosomen vorhanden sind, wie aus Fig. 34 klar hervorgeht. Störend ist nur, dass nachher sowohl im Eikern wie im Samenkern während der Copulation je acht Chromosomen vorliegen, wofür drei Figuren und die Erklärungen des Verfassers Zeugnis ablegen. Trotz dieser 16 Chromo- somen verringert sich die Zahl der Chromosomen auf eine nicht mitge- theilte Weise nach Angabe von Isnıkawa in der ersten Furchungsspindel derart, dass in die beiden ersten Embryonalkerne je acht Chromosomen übergehen. Es ist ein bischen wenig, dass zum Beweise hierfür nur eine einzige Spindel, noch dazu in Seitenansicht, vorgelegt wird, be- sonders da die Spindel in so fern eine Abnormität darbieten dürfte, als das eine Chromosom beiden Tochterplatten anzugehören scheint. Theilt es sich noch, so hat die eine Tochterplatte damit neun Chromo- somen, oder bleibt es ungetheilt und wandert nach der richtigen Seite, so ist auch damit, dass es nicht getheilt wurde, eine Abnormität gegeben. 19. Über Parthenogenese. - Unbefruchtete Eier habe ich von Lepidopteren und Hymenopteren untersucht. Ganz abweichend von der normalen Entwicklung zeigten sich die Eier von Leucoma salieis. Die Übrigen machten Anfangs die normalen Veränderungen durch und bildeten sämmtlich zwei Rich- tungskörperchen. Bei Bombyx mori und Lasius niger traten bei der Theilung der Furchungszellen bald früher bald später Abnormitäten auf, während die regulär parthenogenetische Rhodites Rosae in der Entwicklung ein völlig normales Verhalten kund that. Indem ich in Bezug auf die Einzelheiten der parthenogenetischen Entwicklung auf den speciellen Theil verweise, sei hier nur darauf aufmerksam gemacht, dass gerade wie bei den befruchteten Eiern die 16* 244 H. Henking, Zahl der Chromosomen in den Richtungsspindeln eine geringere war als in den Furchungszellen. Nach Absolvirung der Richtungskörper- bildung vergrößert sich die Zahl der Chromosomen spontan. Eine Ver- doppelung der Zahl vor Eintritt in die erste Richtungsspindel habe ich nicht beobachtet. Ich habe darauf hingewiesen, dass bei den parthenogenetischen Furchungszellen eine Strahlenbildung sehr viel geringer entwickelt war, wie sonst, wie ein Vergleich mit den befruchteten Eiern derselben Art ergab. Es muss diese Differenz natürlich der Betheiligung des Spermatozoon in letzteren zugeschrieben werden, es fragt sich nur, welchem Bestandtheile desselben die größere Theilungsenergie zu ver- danken sei. Weısmanx (75) denkt daran, dass es hierbei auf die Quan- tität der Kernsubstanz ankomme. Nun habe ich aber von unbefruch- teten Eiern von Lasius niger gewisse Furchungszellen beschrieben (Fig. 335, 339), welche sich durch eine auffallende Quantität von Chro- matin auszeichnen und doch machen dieselben einen durchaus dekrepi- den Eindruck. Ich glaube desswegen, dass es weniger auf die Menge der Kernsubstanz, als auf die Anwesenheit des Arrhenoid ankommt, aus welchem die Gentrosomen resp. Attraktionssphären der Furchungszellen sich neu rekrutiren. 20, Über Befruchtung und Vererbung. Es ist bekannt, dass die hervorragendsten Forscher auf dem Ge- biete der Befruchtungsvorgänge der Ansicht zuneigen, dass bei der Befruchtung und Vererbung allein die Kernsubstanz eine Rolle spiele, ich nenne nur O. HERTwIG, STRASBURGER, WEISMANN, KÖLLIKER, VAN BENE- DEN, Bovzri. Die Grundlage für diese Theorie bildete die Entdeckung Herrwig’s, dass in den Eiern der Echinodermen ein männlicher und ein weiblicher Kern copulire, sie erhielt einen weiteren Ausbau als van BEnEDEN fand, dass die beiden Geschlechtskerne von Ascaris megalo- cephala (bivalens) nur je zwei Chromatinschleifen enthielten und als »Halbkerne« durch ihre Vereinigung einen »Vollkern« mit vier Chro- matinschleifen erzeugten, — sie schien ihren Abschluss zu finden durch einen von den Gebrüdern Hzrrwic eingeleiteten, von Bovzxı fortgeführten Versuch, kernlose Eifragmente zu befruchten. Es erhielt Boverı (12) aus kernlosen Eifragmenten von Sphaerechinus granularis, welche mit Samen von Echinus microtuberculatus befruchtet waren, Zwerglarven von der Form, wie sie den reinen Larven von Echinus miecrotubercu- latus eigen sind. Leider ist die Herleitung dieser Zwerglarven aus kernlosen monosperm befruchteten Eibruchstücken nicht direkt be- obachtet, sondern nur erschlossen, immerhin aber so gut begründet, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 245 dass die Auffassung Boverı’s meines Wissens von keiner Seite Wider- spruch erfahren hat. Er sagt (p. 80): »Mit dem mütterlichen Kern sind zugleich die mütterlichen Vererbungstendenzen des Eies beseitigt. Das mütterlicheProtoplasma, obgleich es ja auch in diesem Fall materiell den weitaus größten Antheil an der Bildung des neuen Organismus nimmt, ist auf die Form desselben ohne allen Einfluss.« Nun mehren sich aber in neuerer Zeit die Stimmen, welche auch dem Protoplasma oder den außerhalb des Kernes gelegenen Zell- bestandtheilen einen Einfluss auf die Vererbung zuerkennen möchten. WALDEYER (73) weist darauf hin, dass wir bisher noch kein Spermato- zoon kennen, in dessen Aufbau kein Protoplasma übergehe. Der Versuch Boverr’s muss allerdings bisher als die kräftigste Stütze für die Theorie von der Alleinherrschaft des Kernes betrachtet werden und gegen ihn richtet sich demnach auch der Ansturm derjenigen, welche eine abweichende Ansicht haben. Da ist zunächst VErworn (72) zu nennen. Nach einem energischen Protest dagegen, dass das Proto- plasma des Spermatozoon bei allen Theorien einfach bei Seite gelassen werde, unternimmt er den Versuch, die Schlüsse Bovezr:’s als irrig nachzuweisen. Meines Erachtens läuft jedoch seine gesammte Beweis- führung darauf hinaus, das Gegentheil von dem zu erhärten, was er beabsichtigt. Sicher hat er Recht, wenn er mit den Spermatozoen stets eine kleine Menge männlichen Plasmas in das Ei eingeführt werden lässt. Aber die Menge desselben ist außerordentlich winzig gegenüber dem weiblichen Plasma, selbst bei Befruchtung eines Eifragmentes. Er nimmt an, dass sich das geringe männliche Plasma direkt mit dem des Eies mischt (p. 77). Wenn er hinzusetzt, dass es nun für das Auge (!) nicht mehr zu trennen ist, so will ich daraus nicht schließen, dass er etwa dem männlichen Protoplasma andere Eigenschaften zuschreiben möchte wie dem weiblichen. Jetzt besteht also das Eifragment aus einem Kern und einem Gemisch von wenig männlichen und viel weiblichen lebendem Plasma. Ohne Hinzufügung eines Kernes würde das Eifragment abgestorben sein wie ein kernloses Stück eines Protozoon. Nachdem aber VERwoRN nachgewiesen hat an einem abgeschnittenen und bereits etwas degene- rirten kernlosen Plasmastück von Orbitolites complanatus, dass es bei Vermischung mit kernhaltigem Protoplasma seine verloren gegangeneBewegungsfähigkeit wiedergewinnt (p- 69), brauchen wir auch für die Lebenskräftigkeit des Eiplasmas nichtzu fürchten, was übrigens ja auch die Beobachtungen der Gebrüder Herrwıc (43) und Boverr's (12) bereits erwiesen haben. Jetzt wäre also dem weiblichen Protoplasma Gelegenheit gegeben, bei dem Stoffaus- 246 H. Henking, tausch mit dem Kerne und bei den folgenden Theilungen irgend einen bestimmenden Einfluss auf die heranwachsende Larve auszuüben. Da- von ist bisher nichts bekannt geworden. Da der Samenkern also die große Menge weiblichen Plasmas gewissermaßen umprägt in männliches Plasma, so spricht VERWORN So- gar von ersterem als von einem »Nährboden« für den Kern, der wohl noch einmal durch einen „künstlichen Nährboden« ersetzt werden könne. Wo bleibt denn da aber die von VErRworN angenommene Be- deutung des Protoplasmas für die Vererbung? Wenn die große Menge Eiplasma für den Samenkern nur den Werth eines bestimmungslosen Nährbodens hat, kann da wohl angenommen werden, dass bei regulärer Befruchtung das Bischen vom Samenfaden herbeigebrachte männliche Plasma für den Eikern von größerer Wichtigkeit ist? Wenn VERWORN in Bezug auf das Eifragment sagt (p. 80): »Die Spermatozoenzelle zieht daher den nicht mehr aktiv thätigen Protoplasmaleib des Eies, der wegen seiner Kernlosigkeit früher oder später doch zu Grunde gegan- gen wäre, einfach als Nährmaterial nach und nach in ihren Stoff- wechsel mit hinein«, so müsste diese einfache Angelegenheit doch erst bewiesen werden. Wie ist es alsdann aber bei Befruchtung eines nor- malen kernhaltigen Eies. Zieht da etwa die Spermatozoenzelle das halbe Ei als Nährmaterial in sich hinein ? Gerade die Verworn’sche Darstellung wäre geeignet, das Monopol des Kernes für Leitung und Bestimmung des Stoffwechsels und also auch für die Vererbung zu festigen. Jedoch glaube ich, dass die Unter- suchungen über das Verhalten des Kernes zu einem fremden lebenden Plasma viel zu gering sind, um etwas Sicheres nach irgend einer Rich- tung aussagen zu können. Sehr viel gewichtiger sind die Einwände, welche kürzlich R. S. Bern (5) gegen den Versuch Bovzrr's und damit gegen die Bedeutung des Kernes als alleinigen Träger der vererblichen Substanz erhoben hat. Er deutet darauf hin, dass durch For (22) gerade auch bei Echi- niden der Nachweis erbracht sei, dass es außer zu einer Copulation der Geschlechtskerne auch noch zu einer Copulation der vom g! und Q Kerne mitgeführten Gentrosomen komme nach deren Halbirung. Da nun das befruchtete Eifragment höchst wahrscheinlich nicht nur den Kern, sondern auch das meist in der Nähe des Kernes gelegene Ovocentrum entbehre, so sei gar nicht zu sagen, ob die ausschließliche Erzeugung väterlicher Eigenschaften der Larve auf Rechnung des (allein vorhandenen) Spermocentrums oder des (ebenfalls allein vorhandenen) männlichen Kernes zu setzen sei. Nur in dem Falle würde der Sitz der erblichen Eigenschaften im Kern bewiesen sein, wenn es gelänge Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il, 247 ein kernloses aber mit dem Ovocentrum ausgerüstetes Eifragment zu befruchten und zu einer nur mit väterlichen Eigenschaften begabten Larve zu erziehen. Man wird eingestehen müssen, dass die Kritik von Burcu einen schwachen Punkt in dem Versuche Boverrs bloßgelegt hat und dass wir nicht im Stande sind, heute eine Vererbungssubstanz mit Sicherheit namhaft zu machen. Indessen ist zu bedenken, dass wir eine For’sche Gentrenquadtrille erst von einer einzigen Thierform kennen und dass es abzuwarten bleibt, ob wir in derselben ein ganz allgemeines Vorkom- men zu erblicken haben. Speciell wäre es von Interesse zu erfahren, ob eine Copulation von Gentrosomen bei den von mir (35) als arrheno- gon bezeichneten Eiern beobachtet werden kann. Auch darin hat Bercn unzweifelhaft Recht, wenn er die Bedeutung des Kernes für die Lebensfähigkeit von Theilstücken von Protozoen, wie durch die schönen Versuche von NusssAuUMm, GRUBER, BALBIANI, VER- worn und Horzr bekannt geworden sind, nicht als Beweismittel für die Eigenschaft des Kernes als Vererbungsträger benutzt wissen will. Eines jedoch spricht sehr zu Gunsten des Kernes und speciell des Chromatins als Träger erblicher Eigenschaften, das ist die Konstanz der Zahl der Chromosomen und die Reduktion derselben auf die Hälfte vor der Gopulation. Das ist ein ganz eigenartiger Vorgang, dem wir sicher mit Weısmann eine tiefere Bedeutung zuzuschreiben haben. Willman den Gentrosomen für die Vererbung die gleiche Bedeutung zuschreiben wie dem Kerne und der Chroma- tinsubstanz, so mussauch für sie der Nachweis einer Re- duktion vor der Copulatior®verlangt werden. Wenn ich im Vorhergehenden betont habe, dass der Kern mit nicht geringer Berechtigung als Träger der erblichen Eigenschaften angesprochen werde, so glaube ich doch keiner Vernachlässigung des Plasmas mich schuldig gemacht zu haben. Ich habe immer auf die intimen Beziehungen zwischen Kern und Plasma hingewiesen und zwar derart, dass ganz besonders wichtige Veränderungen des Kernes ge- schildert wurden. Alle erkennbaren Theile des Kernes sind variabel und treten demnach in verschiedener Ausbildung mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung. Ganz besonders scheint mir die Veränderlichkeit der Chromosomen für die Vererbungstheorien von Wichtigkeit zu sein. Es ist mir kaum zweifelhaft, dass das Chromatin bei seinem Übergang in den unfärb- baren Zustand eine chemische Veränderung erleidet. Da könnte die Vermuthung Platz greifen, dass ganz besonders zu dieser Zeit 248 H. Henking, eine Variabilität inder Beschaffenheit des sich neu bil- denden Chromatins durch Einflüsse vom Protoplasma aus bewirkt werden könne, während das fertig gebildete Chromatin ja nach allen Untersuchungen ein äußerst widerstandsfähiger Körper ist. Als Vergleich möchte ich an den Heteromorphismus mancher Mineralien denken. So krystallisirt der kehlensaure Kalk in der Kälte hexagonal als Kalkspat, aus heißen Lösungen rhombisch als Aragonit. Auch größere oder geringere Verdünnung der Lösung von zweifach- kohlensaurer Kalkerde kann nach G. Rose das einfache Karbonat bald als Kalkspat, bald als Aragonit niederschlagen lassen, während H. CREDNER aus Versuchen folgert, dass gewisse Beimischungen der Lösungen von wesentlichem Einfluss auf die Form sind. — Könnte nicht auf solche Weise die Vererbung erworbener Eigenschaften verständlich gemacht werden? Noch eine andere Beziehung zwischen Kern und Plasma habe ich hervorgehoben. Sie betrifft das Übergehen von Bestandtheilen des Kernes in den Zellleib. Die Substanz der Verbindungsfasern, in welche vielfach und vielleicht immer Chromatin übergeht, die Zell- platte und Theile des Kernsaftes werden bei den Theilungen der Kerne meist nicht wieder in diese einbezogen. Eine Besonderheit ist es, wenn Theile dieser Verbindungssubstanz im Spermatozoon Nebenkern und Mitosoma bilden, welche späterhin am Arrhenoid und am Auftreten der Attraktionssphären der Furchungszellen betheiligt sind. Die Ausbildung des Thelyid nähert sich mehr dem Verhalten gewöhnlicher Zell- theilungen. Da die Substanz der Verbindungsfäden etc. sich im Protoplasma auflöst, so ist damit der Ort und die Gelegenheit gegeben, wo der Kern in hervorragendem Maße auf das Plasma einwirken kann. Nicht durch Umwandlungen fertig gebildeter Zellen, sondern in der Regel durch successive folgende Zelltheilungen werdenjainder Ontogenese diespecifischen Zellformen gebildet. Ich will hier nicht das sich aufthuende weite Feld der Hypothesen betreten, sondern mich an das halten, was FLEmmine sagt, welcher ebenfalls beobachtete, dass die Verbindungsfasern nicht ganz in die neuen Kerne aufgenommen werden. Er sagt (20, p. 436): »Durch Abgabe von geformter Substanz aus dem Zellkern in den Zell- körper werden letzterem gewisse Vererbungstendenzen übertragen.« Es wäre hiernach noch weiter zu untersuchen, ob nicht in der Substanz der Verbindungsfasern das von Weısmann theoretisch gefor- derte histogene Idioplasma, also im Thelyid das ovogene, in Nebenkern und Mitosoma aber das spermogene Idioplasma erblickt werden könnte. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsverg. in den Eiern der Insekten. II. 249 Bei den Insekten verhält sich der zur Copulation schreitende Ei- kern in so fern verschieden vom Spermakern, als ersterer keinerlei Strahlung, letzterer aber eine reichliche Strahlung mit sich führt. Darin sind also beide Kerne sehr ungleich, während sie sich in Bezug auf die Übertragung der erblichen Eigenschaften gleich verhalten. Eine Übersicht über die verschiedenen Befruchtungstheorien zu geben halte ich für unnöthig, da eine Besprechung derselben in neuerer Zeit öfter gegeben wurde und brauche ich nur auf die Abhandlungen von WALDEYER (73), DE Vrıes, O. Hertwig (42) und Weısmann (75) hinzu- weisen. Eine neue aufzustellen, werde ich mich wohl hüten, da es mir scheint, als wenn zu einer Lösung der höchst komplicirten Vorgänge uns doch noch die Grundlage fehlt, so weit wir auch in die Kenntnis der morphologischen Veränderungen vorgedrungen sein mögen. Noch wissen wir so gut wie nichts über den chemischen Aufbau des Proto- plasmaleibes und des Zellkernes, noch über die physikalischen Eigen- schaften der einzelnen Bestandtheile. Völlig dunkel ist uns das Ver- mögen der Assimilation und der Vermehrung, welches die organischen von den gewöhnlichen chemischen Processen unterscheidet. Sollte es aber einer späteren Zeit gelingen, beide Processe auf einander zurück- zuführen, so wird Roux Recht behalten, wenn er sagt (62, p. 61, , dass damit das Problem der Vererbung als solches aufgehoben und auf ein allgemeineres Problem, das der Gestaltung aus chemischen Processen zurückgeführt sei. | Es können demnach alle bisherigen Theorien der Befruchtung - und Vererbung nur einen provisorischen Charakter haben und nicht mehr leisten, als die einzelnen Vorgänge in ihrer Bedeutung möglichst fasslich darzustellen. So möge es angesehen werden, wenn ich in vorstehender Zusammenfassung häufig dem Vorbilde Weısmann’s ge- folgt bin. Göttingen, im März 1892. Litteratur. 4. Anıer, Beiträge zur Naturgeschichte der Cynipiden. Deutsche entomol. Zeit- E schrift. Bd. XXI. 4877. 2. E. van BENEDEN, La maturation de l’oeuf, la f&condation etc. chez le Lapin. Bulletins de l’Acad. r. de Belgique. 2. Ser. T. XL. 4875. 3. E. van BENEDEN, Recherches sur les Diey&mides, Bull. de l’Acad. 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Die Kern- und Plasmatheile sind auf die Ebene der Zeichenfläche projicirt, sofern sie nicht schon in derselben lagen. Ihre relative Lagebeziehung zu der Eioberfläche wurde möglichst inne zu halten versucht. Sie selbst sind naturgetreu, indem sie mit WınkeEL’s neuester Camera lucida gezeichnet und bei stärkerer Vergrößerung ausgeführt wurden. In gleicher Weise sind die übrigen nicht genannten Figuren gezeichnet. An Abkürzungen wiederholen sich auf allen Tafeln: Rsp/ resp. RspII, erste resp. zweite Richtungsspindel; Rk/J resp. RkII, erstes resp. zweites Richtungs- körperchen (oder Richtungskern); Rk1(7) resp. RkI(2), äußerer resp. innerer Toch- terkern von RkI; Th oder th, Thelyid. Tafel I. Pyrrhocoris apterusL. (p. 1 fi.). Fig. 1. Nach einem in Alkohol aufbewahrten Ei gezeichnet. Der Eiinhalt hat sich durch Schrumpfung von der Eischale entfernt, diese trägt fünf Mikropylen und von dreien derselben gehen Fäden (Spermatozoen) auf den Eiinhalt zu. Vergr. 60. Fig. 2. Längsschnitt eines Eies. Am oberen Pole eingedrungene Samenfäden, links am Rande die Äquatorialplatte der ersten Richtungsspindel in Polansicht. Fig. 3. Samenfaden aus dem Receptaculum seminis des ©, in physiologischer Kochsalzlösung präparirt, mit Fremming’s starker Chromosmium-Essigsäure abge- tödtet, getrocknet und gefärbt (Safranin, Gentianaviolett, Jod-Jodkalium). Vergr. 300, also dieselbe, wie in allen folgenden Figuren, welche die Eiumrisse darstellen. Fig. 4. Wie Fig. 2, aber rechts an der Seile die Tochterplatten der ersten Rich- tungsspindel, etwas schräg in Polansicht. Fig. 5. Längsschnitt des Eies, links das erste Richtungskörperchen abge- schnürt. Ein Samenfaden mit langem Schwanzstück von der Spitze her eingedrun- gen, in einem Plasmahofe. Entstehung des Arrhenoid. Fig. 6. Wie Fig. 5, aber rechts unter der Grube des ersten Richtungskörper- chens die Chromosomen des Eies in Spindelstellung. 254 H. Henking, Fig. 7. Längsschnitt. Erstes Be perchen völlig abgeschnürt, zweites im Begriff abee sch zu werden, unterhalb desselben Andeutungen der Zell- platte. Eikern (Q Pronucleus) noch nicht gebildet, dessen Chromosomen noch im Randplasma. — Zwei Samenfäden sind eingedrungen, ihr Kopftheil verkürzt sich. Fig. 8. Längsschnitt. Beide Richtungskörperchen abgeschnürt. Eikern ge- bildet, rückt nackt in das Innere des Eies. — Drei Spermakerne vorhanden, alle gleich weit entwickelt. Fig. 9. Längsschnitt. Zwei Richtungskörperchen. Eikern und Samenkern in Copula. Außerdem ein überzähliger Samenkern vorhanden. Fig. 10—23 sind Querschnitte. Fig. 40. Erste Richtungsspindel getheilt. Fig. 44. Beginn der Abschnürung des ersten Richtungskörperchens. Fig. 42. Richtungskörperchen I noch nicht ganz abgeschnürt. Zwei faden- förmige Spermatozoen zwischen den Dotter eingedrungen. Fig. 13. Erstes Richtungskörperchen abgeschnürt. Spindelstellung für die Bildung des zweiten. — Beginn der Verkürzung der Samenfadenkerne. Fig. 44. Zweites Richtungskörperchen wölbt sich nach außen vor, Chromo- somen bereits getrennt, zwischen ihnen eine Zellplatte vorhanden. Erstes Rich- tungskörperchen abgeworfen. — Verkürzung der Samenfadenkerne geht weiter. Fig. 15. Stadium etwas älter als Fig. 14. Neben dem noch nicht abgeschnür- ten zweiten Richtungskörperchen liegt das sonderbare braune Körperchen. Innere Chromosomenreihe beginnt sich zum Eikern umzubilden. — Samenfäden wie in Fig. 44. Fig. 46. Zweites Richtungskörperchen nun auch abgeworfen. Eikern ausge- bildet. Zwischen beiden bemerkt man Andeutungen des zweiten Thelyid. — Der Kopf des Samenfadens ist verkürzt und aufgebläht zum Samenkern. Fig. 47. Die Richtungskörperchen fangen an vom Ei aufgenommen zu werden. Der Eikern wandert nach innen. — Zwei rundliche Samenkerne liegen je in einer Plasmastrahlung. Fig. 48. Stadium ein wenig jünger als Fig. 47, sonst eben so. Aber drei Samenkerne vorhanden, oval, zwei derselben noch mit langem doppelfädigem Schwanz. Richtungskörperchen noch außerhalb der Eioberfläche. Fig. 19. Geschlechtskerne stärker aufgebläht. Eikern in Copula mit einem Samenkern. Außerdem ein überzähliger Samenkern vorhanden. Fig. 20. Chromosomen im Samenkern schleifenförmig, im Eikern A - der kompakten Chromosomen in Schleifen. Fig. 24. Chromosomen in den beiden copulirenden Geschlechtskernen und auch in dem überzähligen Samenkerne schleifenförmig. In den Winkeln der bei- den copulirenden Kerne die hellen Polfelder. Fig. 22. Die beiden Richtungskörperchen liegen in einer tiefen Bucht des Randplasmas. Erste Furchungsspindel gebildet, Äquatorialplatte bereits getheilt aber noch die vom 5 und Q@ Kerne herkommenden Gruppen zu erkennen. Fig. 23. Trennung der beiden ersten Furchungskerne. Diese sind achroma- tisch geworden. Tafel II. Pyrrhocoris apterus L. (p. 1 fi.) Fig. 24—28 Längsschnitte. Fig. 24. Männlicher und weiblicher Kern in Copula. Außen die, zwei Rich- tungskörperchen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Il. 255 Fig. 25. Die Chromosomen der beiden copulirenden Kerne sind in Schleifen umgewandelt eben so wie die des überzähligen Samenkernes. Fig. 26. Erste Furchungsspindel. Fig. 27. Die beiden Richtungskörperchen sind vom Ei aufgenommen und lie- gen in einer Höhle des Randplasmas, rings von diesem umschlossen. Die vier ersten Embryonalkerne. Fig. 28, Schnitt durch ein älteres Ei. Der Dotter mit zahlreichen Zellen im Inneren ist außen von einer Zellschicht umgeben, hinten hat sich die im Querschnitt flach hufeisenförmige vielzellige Keimhaut tief in ihn eingestülpt. Neben der Ein- stülpung bei ! Zellen mit zerfallendem Kern, ähnlich den Richtungskörperchen, — Oben außerhalb ein Stück der Eischale mit einer Mikropyle. Fig. 29. Zelle aus dem larvalen Ovarium, wohl das Follikelepithel formirend, aus gleicher Höhe mit den jungen Eizellen (Fig. 30). Pikrinessigsäure, Boraxkarmin. Vergr. ca. 1230, Fig. 30. Junge Eimutterzelle aus dem Ovarium der Larve. Nach oben plas- matischer Fortsatz. Im Kern chromatisches Fadenknäuel, daneben nucleolusartiger Körper. Pikrinessigsäure, Boraxkarmin. Vergr. ca. 1230, Fig. 31. Etwas ältere Eimutterzelle, sonst wie Fig. 30, Fig. 32. Plasmahof mit drei Kernen etwas oberhalb der Region der jüngsten Eimutterzellen im Ovarium der Larve liegend. Der Plasmafortsatz erstreckt sich aufwärts in der Richtung nach der Spitze des Ovariums. Pikrinessigsäure, Borax- karmin. Vergr. ca. 1230. Fig. 33. Zwei Ureikerne, im plasmatischen Syncytium, vom Pol und von der Seite gesehen. 24 Chromosomen. Sonst wie vorher. Fig. 34. Follikelzelle in Theilung, vom Pol gesehen. 24 Chromosomen. Wie vorher. Fig. 35. Follikelzelle in Theilung. Seitenansicht. Wie vorher. Fig. 36. Ureizelle in Theilung. Seitenansicht. Wie vorher. Fig. 37. Zwei Ureikerne in Theilung. Polansicht und Seitenansicht. In letz- terer die Äquatorialplatte getheilt. Wie vorher. Fig. 38. Theilungsspindel eines Follikelzellkernes in Polansicht, 24 Ghromo- somen. Wie vorher. Fig. 39. Bindegewebszelle aus der Umhüllung der @ Geschlechtsorgane in Theilung. Polansicht. 48 Chromosomen. Fig. 40. Querschnitt. Die Richtungskörperchen liegen in einer Höhle des Randplasmas ringsum eingeschlossen. Die beiden ersten Embryonalkerne mit fein- körnigem Chromatin. Fig. 44. Richtungskörperchen noch tiefer in dasEi gerückt. Die beiden ersten Embryonalkerne mit fadenförmigen Chromosomen. Fig. 42. Die Richtungskörperchen liegen unterhalb des Randplasmas an der Grenze des Eidotters. Vier Embryonalkerne in Theilung. Fig. 43. Eine Mikropyle. Eingangsöffnung dem Beschauer zugewandt. Endi- gung in der Papierebene, nach links gewandt. Vergr. 950. Fig. 44. Eine Mikropyle. Eingang nach rechts gekehrt. Ausgangskanal in die Tiefe sich erstreckend, Vergr. 950. Fig. 45. Eispitze eines in Alkohol konservirten Eies mit sieben Mikropylen, von mehreren derselben erstrecken sich Fäden (Spermatozoen) zu dem geschrumpf- ten Eiinhalte. Vergr. ca, 410, 256 H. Henking, Fig. 46. Bindegewebszelle aus der Hülle des Ovariums der Larve in Theilung. Polansicht. 24 Chromosomen. Vergr. ca. 1230. Fig. 47. Bindegewebszelle aus der Umgebung des Oviductes. - Fig. 48. Älteres Ei. Die Richtungskörperchen liegen unterhalb des Randplas- mas an der Grenze des Eidotters. Zahlreiche Embryonalzellen vorhanden, in ver- schiedenen Theilungsstadien. — FLEmmine’s Chromosmium-Essigsäure. Fig. 49. Älteres Ei. Blastoderm fast ganz geschlossen. Unterhalb desselben die Richtungskörperchen (Rk). Fig. 50. Älteres Ei. Blastoderm ganz geschlossen mit zwei verdickten Partien. Unterhalb desselben die beiden Richtungskörperchen (RkI und RkIT). Fig. 54. Eischale von der Spitze des Eies, flächenhaft ausgebreitet, mit acht Mikropylen von oben gesehen. Deren Eingangskanal bei allen nach außen geöffnet. Vergr. ca. 300. Fig. 52. Körperchen (Corps residuel) aus dem Keimfach des Ovariums einer Larve, im Inneren mit einem Chromatinballen (Chr). Pikrinessigsäure, Boraxkar- min. Vergr. ca. 1230. Fig. 52a. Dasselbe wie Fig. 52, Körperchen aus dem Ovarium einer ganz jungen Larve, mit zwei:Ghromatinballen. Fig. 53. Kern aus der Eileiterwandung einer Larve in Theilung. Polansicht. Ca.24 Chromosomen. FLEMMING's starke Chromosmium-Essigsäure, Safranin. Vergr. ca. 4230. Fig. 54. Stück eines Längsschnittes der Eileiterwandung einer Larve. Nach oben bindegewebige Hülle, nach unten drei Cylinderzellen des Eileiters. Die seit- lichen Kerne in Ruhe (Chromatin sehr rückgebildet), der mittlere Kern in Theilung. Ca. 24 Chromosomen. Wie vorher. Fig. 55. Keimbläschen eines fast reifen Eies aus dem Ovarium mit 43 Chromo- somen. Heißes Wasser, Boraxkarmin, EnrLıcn’s Hämatoxylin. Vergr. ca. 1230. Tafel III. Pyrrhocoris apterus L. (p. 4 fl.). Die folgenden Figuren (ausgenommen Fig. 69 und 87) entstammen Eiern, welche mit heißem Wasser abgetödtet und mit Boraxkarmin gefärbt wurden. Fig. 56. Stück eines Querschnittes eines noch im Ovarium befindlichen Eies. Außen die Bindegewebswandung, darunter das Follikelepithel mit hufeisenförmigen Kernen (daher im Schnitt zuweilen scheinbar zwei Kerne vorhanden), unter diesem ein Stück des Eies mit Plasmanetz, Dotterkugeln und dem hellen peripheren Keim- bläschen. Dieses mit stäbchenförmigen Chromosomen. Vergr. ca. 280. Fig. 57. Keimbläschen eines ovarialen Eies, von der Fläche gesehen, mit Dot- terkugeln umgeben. Vergr. ca. 280. Fig. 58. Vom Längsschnitt eines reifen Eies aus dem Ovarium. Keimbläschen verschwunden. Chromosomen liegen in Spindelstellung in einer Verdickung des Randplasmas. Vergr. etc. wie Fig. 56 und 57. Fig. 59. Wie Fig. 58, aber Chromosomen bereits eingeschnürt. Fig. 60. Längsschnitt eines Eies aus dem Eileiter. Verdicktes Randplasma mit 42 Chromosomen. Vergr. 950. Fig. 61. Wie Fig. 60. Chromosomen in Theilung (erste Richtungsspindel). Fig. 62. Randplasma eines abgelegten Eies im Querschnitt. Chromosomen be- reits getheilt. Vergr. 950. Fig. 63. Wie Fig. 62. Erstes Richtungskörperchen wölbt sich vor. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 257 Fig. 64. Wie vorige Figur. Erstes Richtungskörperchen weiter vorgewölbt. Zellplatte deutlicher. Fig. 65. Erstes Richtungskörperchen beginnt sich abzuschnüren, außerhalb der Zellplatte. a, eigenthümliches Körperchen. Vergr. 950. Fig. 66. Polansicht der Chromosomen für das zweite Richtungskörperchen., 42 Chromosomen, wenn, wie wahrscheinlich, diejenigen bei & zusammengehören. Vergr. 950. Fig. 67. Polansicht des ersten Richtungskörperchens, sonst wie Fig. 66. Fig. 68. Erstes Richtungskörperchen abgeschnürt, zweite Richtungsspindel ausgebildet, mit 12 Chromosomen, indem die fehlenden drei Chromosomen aus dem Nachbarschnitte in Fig. 68@ eingezeichnet sind. a, eigenthümliches Körperchen. Vergr. 950. Fig. 69. Keimbläschen aus dem Ovarium der Larve, umgeben von netzförmi- gem Plasma. Das Chromatin des Keimbläschens nicht roth gefärbt vom Karmin, sondern gelb von Pikrinsäure, Pikrinessigsäure, Boraxkarmin, Pikrinsäure. Vergr. ca. 1230. Fig. 70. a, zweites Richtungskörperchen;; b, weiblicher Vorkern ausgebildet, aber noch am Rande. Vergr. 950. Fig. 74. Drei Chromosomen a, b, c aus Fig. 68, stärker vergrößert, zur Demon- strirung des Größenunterschiedes. Vergr. ca. 2400. Fig. 72, Stück des ersten Richtungskörperchens. Gruppirung der Chromoso- men. Vergr. 950. Fig. 73. Schema der Ausbildung der ersten Richtungsspindel. Zwischen den getrennten Chromosomen spannen sich die Verbindungsfäden. Fig. 74. Weiblicher (links) und männlicher Kern in Copula aus Fig. 19 stärker vergrößert. Vergr. ca. 1230. Fig. 75. Erstes Richtungskörperchen ausgestoßen, zweite Richtungsspindel mit getrennten Tochterplatten, in jeder derselben 42 Chromosomen. Aus zwei be- nachbarten Schnitten (a und b) kombinirt. Vergr. 950. Fig. 76. Wie Fig. 75. Andeutung der Verbindungsfäden. Bei a und b eigen- thümliche Körperchen. Vergr. 950. Fig. 77a. Zweites Richtungskörperchen vorgewölbt. Fig. 77b. Zu Fig. 77a gehöriges erstes Richtungskörperchen. a, das eigen- thümliche Körperchen. Vergr. 950. Fig. 78. Erstes Richtungskörperchen im Begriff abgeschnürt zu werden, aber die Furche geht außerhalb der Zellplatte durch. Vergr. 950. Fig. 79. Erstes Richtungskörperchen wölbt sich vor. Zellplatte. Vergr. 950, Fig. 80. Stück vom Schnitt eines abgelegten Eies, zeigt die plasmatische Rand- schicht und die Dotterkörnchen, welche durch ihre Vacuolen bei k regelmäßige runde Räume abgrenzen. Vergr. ca. 300. Fig. 84. Erstes Richtungskörperchen abgeworfen, zweite Richtungsspindel ausgebildet, 42 Chromosomen vorhanden, aufgerichtet. a, das eigenthümliche Kör- perchen. Vergr. 950. h Fig. 82. Wie Fig. 84, aber Tochterplatten der zweiten Richtungsspindel schon weit getrennt. Zwischen ihnen eine zarte Kernplatte. Fig. 83. Flächenansicht der Aqualorialplatte der ersten Richtungsspindel von einem Ei aus den Leitungswegen des Thieres. 12 Chromosomen, Vergr. 950. Fig. 84. Wie Fig. 84 und 82, aber die innere Tochterplatte der zweiten Rich- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIV. Bd. 47 358 H. Henking, tungsspindel beginnt sich zum Eikern umzubilden. Figur aus zwei benachbarten Schnitten kombinirt (« und $). Vergr. 950. Fig. 85. Polansicht des ersten Richtungskörperchens (a) und der im Ei ver- bliebenen Chromatinplatte 5 (= Aquatorialplatte der zweiten Richtungsspindel) des- selben Eies. Die Stücke entsprechen einander genau, und man kann zu jedem der hantelförmigen Chromosomen in a den zugehörigen Partner der Gegenseite in 5b finden. Vergr. 950. Fig. 86. Abgeschnittenes Kernstück, jedenfalls von dem oberen Kerne der Fig. 90 herrührend. Vergr. ca. 1230. Fig. 87. Eine normale (k) und zwei degenerirte Zellen (n) aus dem Dotter, neben einander liegend. Letztere entsprechen den Zellen in Fig. 28 bei !, hier stark vergrößert. In der Zelle n, neben dem Chromatinklumpen (ch) zwei eckige Gebilde von schwach röthlicher Farbe. Vergr. ca. 4230. Fig. 88. Geschlechtskerne in Copula. Im rechten (männlichen) Kerne sind die Chromosomen schleifenförmig, im linken (weiblichen) Kerne beginnen sie aus der kompakten Form zu der Gestalt der Schleifen überzugehen. Vergr. ca. 1230. Fig. 89. Ein überzähliger Spermakern aus dem gleichen Ei wie die copuliren- den Kerne der Fig. 90. Vergr. ca. 1230. Fig. 90. Männlicher und weiblicher Kern in Copula. Chromosomen in beiden schleifenförmig. Vergr. ca. 1230. Tafel IV. Agelastica alni (p. 49 fi.). Fig. 94. Jüngeres Eiausdem Ovarium von Agelastica. Vergr.ca.730. kbl, Keim- bläschen; chr, Chromatinsubstanz ; 7 und 2, nierenförmige Stücke; 3, isolirtes Stück ; v, Wacuole; ce, schwach färbbares Körperchen; d, junge Dotterkügelchen. Fig. 92. Erste Richtungsspindel, chromatische Tochterplatten bereits getrennt. Kernplatte vorhanden. Beginn der VorwölbungdesRichtungszapfens. Vergr. wie vorh. Fig. 93. Erste Richtungsspindel, jünger als Fig. 92. Chromosomen zerfallen. Vergr. ca. 4200. Fig. 94. Junges Ei aus dem Ovarium. a, Keimbläschen (kbl) nicht scharf be- grenzt. Sonst wie Fig. 94. Fig. 95. Erste Richtungsspindel im Stadium des Dyaster, zarte Zellplatte. Keimhautblastem mit Wimperbesatz. o, Oolemm. FrEnmmine’s starke Flüssigkeit. Vergr. ca. 4200. Fig. 96. Erste Richtungsspindel weiter vorgerückt, im Richtungszapfen. Aus Fig. 408, stärker vergrößert. Fig. 97. Keimbläschen (kbl) eines älteren Ovarialeies, im Flächenschnitt, Be- zeichnung und Vergr. wie Fig. 94 und 94. Fig. 98. Erste Richtungsspindel schräg vom Pol gesehen. Die Chromosomen sind in einzelne Häufchen zerfallen. Rechts neben undunter der Fig. 98 sind die feh- lenden Chromosomen aus den Nachbarschnitten gezeichnet. Vergr. ca. 4700. Fig. 99. Aus zwei Schnitten kombinirtes Bild, ein Stück der Eispitze (Längs- schnitt) darstellend mit dem Richtungszapfen (darin Richtungsspindel) und einem vom Rande her eingedrungenen Samenfaden (mit Arrhenoid). Vergr. ca. 245. Fig. 4100. Keimbläschen eines gereiften Ovarialeies, ganz reducirt, im Rand- plasma gelegen. Vergr. wie Fig. 91 und 97. Fig. 404. Richtungsspindel eines soeben abgelegten Eies in Polansicht. Chro- mosomen wohl schon getheilt. x, ein Doppelkorn. Vergr. ca. 4700. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 259 Fig. 102. Längsschnitt aus einem Ovarium, mit einem Ei, welches auf ein ge- reiftes (soeben entleertes) Ei nach oben folgt. Dieses Ei mit Keimbläschen (kbl), daneben eine Plasmaanhäufung (plo) und Plasma an der Eispitze (plı). P, Follikel- epithel ; f, ein soeben entleerter Follikel; el, Eileiter mit dem Lumen Iu. Vergr.ca. 90. Fig. 403. Chromosomen der ersten Richtungsspindel aus Fig. 104 stärker ver- größert. Vergr. ca. 4700. Fig. 404. Stück eines reifen Ovarialeies mit der ersten Richtungsspindel im Randplasma. Vergr. ca. 730. Fig. 105. Schematisch gehaltener Längsschnitt durch ein vor wenigen Minu- ten abgelegtes Ei, zeigt die Lage der ersten Richtungsspindel (Eik) und eines ein- gedrungenen Samenfadens (Sp). Fig. 406. Keimbläschen eines reifenden Eies aus dem Ovarium. Bezeichnung und Vergr. wie Fig. 94 etc. Zu pl vel. Fig. 102. Vergr. ca. 730. Fig. 407. Zweite Richtungsspindel schräg vom Pol, mit Zellplatte und jeder- seits A2 Chromosomen. Eier mit erhöhtem Druck behandelt. Vergr. ca. 4200. Fig. 108. Längsschnitt der Spitze eines abgelegten Eies aus mehreren Stücken kombinirt. Rechts erste Richtungsspindel, in der Mitte zwei vom Rande her eingedrungene Samenfäden in einem Plasmahofe. — Unter dem Bilde, bei 4 und 2 die beiden Samenfäden stärker vergrößert, im Beginn der Verkürzung. Vergr. c. 245. Fig. 409. Wie Fig. 408, aber drei Samenfäden im Ei vorhanden (darunter bei 4, 2, 3 stärker vergrößert mit Spitzenknopf). Die erste Richtungsspindel rechts liegt noch ganz im Ei. Fig. 440. Stück der Eispitze aus dem Eileiter; aus drei Schnitten (a—c) kom- binirt, zeigt bei a einen Schwarm von Samenfäden an der Eispitze, von denen einer eingedrungen ist. c Ansicht des reducirten Keimbläschens. Vergr. ca. 730. Fig. 444. Reducirtes Keimbläschen aus einem Ovarialei. Chromosomen in beginnender Spindelstellung. Vergr. ca. 730. Fig. 142. Querschnitt eines befruchteten Eies. Erster Richtungszapfen gebil- det, darin auch das erste Thelyid. Ausbildung der zweiten Richtungsspindel be- sinnt. — Spermatozoon (mit Arrhenoid) unten in der Mitte, Vergr. ca. 215. Fig. 143. Zweite Richtungsspindel aus einem mit erhöhtem Druck behandelten Ei, etwas weiter entwickelt als Fig. 107. Außen sind 42 Chromosomen zu zählen. Vergr. ca. 1200. Fig. 444. Theil der Eispitze aus einem soeben abgelegten Ei, aus acht Stücken (a—f) kombinirt, zeigt, dass sieben Samenfäden in das Randplasma eingedrungen sind, ein achter bei a außerhalb des Chorions. Vergr. ca. 730. Tafel V. Agelastica alni (p. 49 ff.). Fig. 445. Richtungszapfen, enthält die in Kügelchen zerfallenen Chromosomen ‚des ersten Richtungskernes und ferner das erste Thelyid (mit Zellplatte). Darunter der Spaltkern mit zerstreuten Chromatinkügelchen, Vergr. ca. 1200. Fig. 446. Oben der niedergebogene Richtungszapfen mit einem Theilkern des ersten Richtungskernes, unten der aus CGopulation vom zweiten Richtungskern mit dem Abkömmling des ersten Richtungskernes entstandene Kern, umgeben von einer wohl vom ersten Thelyid herrührenden Zone. Vergr. ca. 525. Fig. 447. Erste Richtungsspindel getheilt, die eine Tochterhälfte oben im Richtungszapfen durch langgestreckte Verbindungsfäden mit der im Ei verbliebe- 47* 360 H. Henking, nen Hälfte verbunden. Spindelfäden und Polkörperchen vorhanden. — Ei mit vermindertem Druck behandelt. Vergr. ca. 4200. Fig. 118. Aus dem Richtungszapfen ist ein Kern zur Copulation mit dem dar- unter liegenden zweiten Richtungskerne herabgewandert. O,Oolemm. Vergr.ca.525. Fig. 419. Erste Richtungsspindel getrennt, die Hälften noch durch lange Ver- bindungsfäden in Zusammenhang. — Behandlung des Eies mit CO5. Vergr. ca. 445. Fig. 120. Copulation des zweiten Richtungskernes (unten) mit dem Abkömm- ling des ersten Richtungskernes (oben), beide umgeben von starker Strahlung. Im Richtungszapfen bei k der zu Grunde gehende zweite Theilkern des ersten Rich- tungskernes (?). Vergr. ca. 525. Fig. 124. Unten zweite Richtungsspindel im Dyasterstadium, mit Verbin- dungsfäden. Darüber das erste Thelyid und oben der von der Spitze gesehene Richtungszapfen mit dem ersten Richtungskerne. Aus drei Schnitten kombinirt. Vergr. ca. 4200. Fig. 122. Unten der zweite Richtungskern im ersten Thelyid liegend, darüber der in zwei Chromatingruppen getheilte erste Richtungskern. — Ei mit 21/g Atmo- sphären Druck hehandelt. Erstes Thelyid mit Strahlung. Vergr. ca. 525. Fig. 423. Im Richtungszapfen liegen die Chromosomen des ersten Richtungs- kernes, bis zu welchen sich das unten mit einigen Strahlen versehene erste Thelyid erstreckt. In diesem liegt der zweite Richtungskern, Vergr. ca. 525. Fig. 424. Chromosomen der ersten Richtungsspindel eines wenige Minuten alten Eies in Theilung. — Fremmine’s starke Flüssigkeit. Vergr. 1200. Fig. 125. Wie Fig. 424. Chromosomen aus dem benachbarten Schnitte. Fig. 126. Stück der Eispitze aus sieben Schnitten kombinirt, zeigt den nach hinten umgebogenen Richtungszapfen (rechts) mit dem in zwei Gruppen getheilten ersten Richtungskern. Nach innen davon das erste Thelyid, dann die zweite Rich- tungsspindel (»Pseudospindel«). Beia der vom Rande eingedrungene Samenfaden mit Arrhenoid. Vergr. ca. 245. Fig. 427. Erster Richtungskern im Richtungszapfen, a das erste The- lyid, dann der Spaltkern. Vergr. ca. 4200. Fig. 128. Stück des ersten Furchungskernes (zu Fig. 441 links gehörig). Vergr. ca. 1200. Fig. 129. Aus vier Stücken kombinirtes Bild: oben der Richtungszapfen, von der Spitze gesehen, mit den Chromosomen des ersten Richtungskernes, darunter das erste Thelyid, in welches von unten her der zweite Richtungskern einrückt. Darunter das zweite (spindelförmig mit deutlicher Zellplatte). Ganz unten zwischen den Dotterkugeln der ganz nackt in das Ei wandernde Eikern. Vergr. ca. 1200. Fig. 130. Stück aus Fig. 126, stärker vergrößert. Oben der Richtungszapfen mit erstem Richtungskern (in zwei Gruppen), darunter das erste Thelyid und weiter das zweite Thelyid (mit deutlicher Zellplatte), von welchem sich unten der Eikern, oben der zweite Richtungskern abgetrennt haben. Vergr. ca. 4200. Fig. 434. Richtungskerne I und II in Copula. Richtungszapfen leer. Vergr. ca. 525. Fig. 132. Wie Fig. 124. Fig. 133. Der Richtungszapfen mit dem in zwei Gruppen zerfallenen ersten Richtungskerne. Unten das erste Thelyid mit starker Strahlung, solche auch an der Basis des Richtungszapfens, woselbst ein Theil des ersten Thelyid zurückgeblieben ist. — Ei mit Druck von zwei Atmosphären behandelt. Vergr. ca. 525. Fig. 134. Längsschnitt des Richtungszapfens. In ihm erster Richtungskern Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 261 und erstes Thelyid. Darunter der Spaltkern mit zur Theilung aufgestellten Chro- mosomen. Vergr. ca. 1200. Fig. 135. Theil des ersten Thelyid, kernartig durch den hellen Saft und den schwach gefärbten, wohl von den Verbindungsfäden herrührenden Körperchen. Ei mit vermindertem Druck (360 mm) behandelt. Vergr. 1200. Fig. 136. Erste Richtungsspindel. Verbindungsfäden stark ausgebildet, wellig. Ei mit GO, behandelt. Vergr. ca. 1200. Fig. 137. Aus. Fig. 142, stärker vergrößert, sonst wie Fig. 134. Fig. 438. Zweite Richtungsspindel (»Pseudospindel«) ; darunter das erste The- Iyid (ITh) mit starker Strahlung. — Ei mit Druck von zwei Atmosphären behan- delt. Vergr. ca. 1200. Fig. 439. Erste Richtungsspindel aus einem mit vermindertem Druck (360 mm) behandelten Ei. — Verbindungsfäden sehr stark, aber keine Spindelfäden vorhan- den. Vergr. ca. 1200. Fig. 440. Wie*Fig. 439, aber Spindelfäden links vorhanden. Verbindungs- fäden schwach, keine Zellplatte. Fig. 144. Die beiden ersten Furchungskerne, rechts noch mit Andeutung von Chromosomen, links ohne solche, Die etwa eben so starke Färbung des umgeben- den Plasmas nicht gezeichnet. Vergr. ca. 4200. \ Fig. 142. Wie Fig. 127, aber das Ei war mit Sauerstoff behandelt. Fig. 143. Aus fünf benachbarten Schnitten kombinirtes Bild. Links der Richtungszapfen mit erstem Richtungskern, über b der zweite Richtungskern neben dem ersten Thelyid, über ce das zweite Thelyid (mit Zellplatte), über d der nackt auf den Samenkern zugleitendezwischen den Dotterkugeln liegende Eikern. Rechts der Samenkern mit starker Plasmastrahlung und mit plasmatischer Verbindung nach der Eispitze zu. Vergr. ca. 215. Tafel VI. Agelastica alni (p. 49 ff.). Fig. 144, Spermatozoon auseinem mit Sauerstoff behandelten Ei. Schwanzfaden und Arrhenoid deutlich. Kopffaden im Beginn der Verkürzung. Vergr. ca. 1200. Fig. 145. Geschlechtskerne soeben zusammengetreten. Polsubstanz vorhan- den. Vergr. ca. 1200. Fig. 446. Chromatische Äquatorialplatte einer Spermatogonie, vom Pol ge- sehen. Vergr. ca. 1200. Fig. 447. Wie Fig. 146, aber Seitenansicht. Fig. 148. Wie Fig. 4146. Fig. 149. Zwei Spermatogonien, sonst wie Fig. 146. Fig. 450. Spermatozoon aus dem Ei, mit kurzem Schwanzfaden und Auftreten des Arrhenoid. Mit Spitzenknopf. Vergr. ca. 4200. Fig. 454. Spermatocyte erster Ordnung, in Theilung, Seitenansicht. Chromo- somen doppelt. Vergr. ca. 1200. Fig, 452. Wie Fig. 454, aber Polansicht. Aus der gleichen Spermatocyte wie Fig. 454. Fig, 153. Spermatocyte erster Ordnung im Stadium des Spirems. FLEMMINg’s Flüssigkeit. Vergr. ca. 1200. Fig, 154, Wie Fig. 153, aber konservirt mit Pikrinessigsäure. Fig. 455. Samenfaden aus dem Hoden. Kopfende. sp, Spitzenknopf. Vergr. ca. 4200, 362 H. Henking, Fig. 156. Wie Fig. 150, aber Spitzenknopf nicht wahrnehmbar. Fig. 457. Samenkern (oben) mit Arrhenoid (unten) aus einem mit zwei Atmo- sphären Druck behandelten Ei. Arrhenoid mit Strahlung. s, Rudiment des Schwanzfadens an demselben ? Vergr. ca. 4200. Fig. 458. Wie Fig. 154. Fig. 459. Beginn der Spindelbildung in einer Spermatocyte erster Ordnung. Nur ein Pol ist sichtbar. Vergr. ca. 1200. Fig. 460. Wie Fig. 451, aber Chromosomen doppelt und einfach. Vergr. ca. 1200. Fig. 464. Wie Fig. 152. Fig. 162. Samenfaden aus einem nur wenige Minuten nach der Ablage kon- servirten Ei, mit kurzem Stück des Schwanzfadens. Vergr. ca. 4200. Fig. 163. Chromosomen der Tochterplatten (a und 5) der ersten Furchungs- spindel. c, Attraktionssphäre des einen Poles, mit einigen Fädchen und Körnchen im Inneren, umgeben von Strahlung. Vergr. ca. 1200. . Fig. 464. Theilung von zwei (a und b) ersten Spermatocyten, Äquatorialplatte in Polansicht. Vergr. ca. 1200. Fig. 465. Wie Fig. 164. Fig. 166. Wie Fig. 157, aber Kern nicht so stark verkürzt; dieser liegt dicht am Arrhenoid. Fig. 167. Wie Fig. 460. Fig. 168. Äquatorialplatte der Spermatocyte erster Ordnung. Theilt sich. Vergr. ca. 1200. Fig. 4169. Aufgeblähter Samenkern mit Chromatinschleifen. Links davor das Arrhenoid. Vergr. ca. 1200. “Fig. 470. Erste Furchungsspindel. Nur wenige der schleifenförmigen Chro- mosomen eingezeichnet. Vergr. ca. 4200. Fig. 474, Längsschnitt eines Eies. Kombinirtes Bild. Oben der Richtungs- zapfen, darunter der zweite Richtungskern und der Abkömmling des ersten Rich- tungskernes in Copula, mit Strahlen umgeben (cf. Fig. 120). In der Mitte die Ge- schlechtskerne in Copula, mit Strahlung. Normales Ei. Fig. 472. Oben der Richtungszapfen, darunter die copulirten Richtungskerne in Theilung (Figur mit Zellplatte). Unterhalb dieser Rest des ersten Thelyid (?) mit undeutlicher Strahlung. Aus einem mit zwei Atmosphären Druck behandelten Ei. Vergr. ca. 4200. Fig, 173. Spermatozoon aus dem Ei. Schwanzfaden mit Arrhenoid deutlich. Kopffaden im Beginn der Verkürzung. Vergr. ca. 1200. Fig. 474. Junger Samenfaden aus dem Hoden, mit Kern und Nebenkern. Letzterer etwas gestreckt. Vergr. ca. 4200. Fig. 175. Wie Fig. 174, aber etwas jünger. Nebenkern noch aufgerollt. Fig. 476. Querschnitt eines Eies. Kombinirtes Bild. Oben der Richtungs- zapfen, mit erstem Richtungskern, darunter das erste Thelyid mit Strahlung. Unter diesem die zweite Richtungsspindel im Stadium des Dyaster. In der Mitte zwei Spermatozoen mit Arrhenoid, verkürztem Kopf und Plasmaschweif. — Aus einem mit zwei Atmosphären Druck behandelten Ei. Vergr. ca. 1200. Fig. 477. Wie Fig. 145, aber etwas jünger. ä& Kern mit Arrhenoid. Fig. 178. Samenkern im Beginn der Aufblähung, daneben das helle Arrhenoid. Rechts ein Stück des Plasmaschweifes. Vergr. ca. 1200. 3 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 263 Fig. 179. Wie Fig. 457, aber aus einem normalen Ei. db, Kernspitze, aus dem Nachbarschnitt hier eingetragen. Vergr. ca. 1200. Fig. 180. Samenfaden aus einem mit Sauerstoff behandelten Ei. Kopffaden im Zerfallen. Arrhenoid und Schwanzfaden vorhanden. Vergr. ca. 1200. Fig. 184. Samenfaden aus einem mit COz behandelten Ei. Arrhenoid fehlt, aber an dem der Kopfspitze gegenüberliegenden Ende der Kopffaden. Beginn der Strahlung. Vergr. ca. 1200. Fig. 182. Die zusammengehörenden chromatischen Tochterplatten aus der Thei- lung einer Spermatocyte zweiter Ordnung in Polansicht. Vergr. ca. 1200. Fig. 183. Wie Fig, 182. a, bei tieferer, b, bei höherer Einstellung gezeichnet. Fig. 484. Samenkern mit Spitzenknopf aus einem Ei. Fremnuing’s Flüssigkeit. Vergr. ca. 4200. Fig. 185. Junge Samenfäden aus dem Hoden. Die mittlere größere Varietät mit Spitzenknopf und Mitosoma. Nebenkern langgestreckt. Vergr. ca. 1200. Fig. 486. Spermatocyte erster Ordnung in Theilung, Seitenansicht. Chro- matische Tochterplatten trennen sich. Alle Chromosomen eingezeichnet. Vergr. ca. 1200. » Fig. 487. Spermatocyte zweiter Ordnung in Theilung. Seitenansicht. Vergr. ca. 1200. Fig. 188. Wie Fig. 187. Fig. 489. Samenkern im Ei, mit Arrhenoid. Diese Figur gehört zu dem in Fig. 429 (unten) gezeichneten Eikern und liegt mit demselben auf dem gleichen Schnitt. Vergr. ca. 4200. Fig. 490. Chromosomen der ersten Richtungsspindel aus einem kurz nach der Ablage konservirten Ei: 12 ungleich große Chromosomen. Vergr. ca. 1200. Fig. 494. Spermatocyte zweiter Ordnung in Theilung, Seitenansicht. Chro- mosomen ungleich, zum Theil einheitlich. Vergr. ca. 4200. Fig. 492. Spermatocyte zweiter Ordnung in Theilung, Polansicht. Vergr. ca. 1200. Fig. 4193. Wie Fig. 4192. Fig. 4194. Chromatische Aquatorialplatte der zweiten Richtungsspindel, zwölf ungleich große Chromosomen. Vergr. ca. 4200. Fig. 495. Ein Stück des reducirten Keimbläschens (X) eines reifen Ovarialeies. Chromosomen 7 und 2 etwa doppelt so groß als3, #,5. h, Grenze eines hellen Hofes um die Chromosomen. Vergr. ca. 1700. Fig. 496. Längsschnitt eines sich furchenden Eies, kombinirtes Bild. Links Richtungszapfen mit den beiden copulirenden Richtungskernen. In der Mitte die beiden ersten Furchungskerne. Rechts ein überzähliger Samenkern. Fig. 497. Zweite Richtungsspindel, darüber Strahlung des ersten Thelyid (I. Th). Aus einem mit zwei Atmosphären Druck behandelten Ei. Vergr. ca. 1200. Fig. 498. Chromatische Äquatorialplatte der zweiten Richtungsspindel. Ei mit Sauerstoff behandelt. Vergr. ca. 4200. Fig. 499. Schema der Strahlung um das erste Thelyid eines mit erhöhtem Druck behandelten Eies: helle Achse, dunklerer Mantel, dann lockeres Plasma. Fig. 200. Stück einer Eispitze, aus sechs Schnitten (a—f) kombinirt: links Richtungszapfen mit erstem Richtungskern rechts davon zweiter Richtungskern, nach innen zu (unter c) Rest des zweiten Thelyid. Über d liegt der nackte Eikern im Dotter, über e und f zwei Samenkerne mit Strahlung. — x, Stark gefärbte Dotterkörnchen, ch, Chorion. o, Oolemm. Vergr. ca. 245. 264 . H. Henking, Tafel VII. Rhodites rosaeL. (p. 142f}.). Vergr., abgesehen von Fig. 237—244, = 1200. Fig. 204. Querschnitt durch die Eispitze. In der Mitte Querschnitt des hellen »Empfängnisfleckes«. Fig. 202. Querschnitt des Eies. Der Kern (d. h. die zusammengeballte Chro- matinsubstanz cf. p. 148) in Theilung zur Bildung des ersten Richtungskörperchens. Konservirt mit heißem Wasser. Borax-Karmin. Fig. 203. Wie Fig. 202, aber Chromatinsubstanz deutlicher getrennt, in ein- zelne Kügelchen zerfallen. Konservirt mit FLemmine’s starker Flüssigkeit. Borax- karmin, Gentianaviolett. Fig. 204. Tochterplatten der ersten Richtungsspindel deutlicher getrennt. Chromosomen in wenige größere Klumpen verklebt. — Konservirt mit heißem Wasser. Färbung mit Boraxkarmin, Pikrinsäure. Fig. 205. Oben die Chromosomen des ersten Richtungskernes getrennt zur Bildung zweier Tochterkerne, darunter: Trennung des zweiten Richtungskernes vom Eikern. Spindelbildung oder Plasmastrahlung fehlt. Sonst wie Fig. 204. Fig. 206. Wie Fig. 205, aber der Eikern hat sich abgerundet. Chromatin der übrigen Kerne dichter zusammengeschlossen. Aus zwei Schnitten kombinirt. Fig. 207. Wie Fig. 206. Der Eikern hat sich abgetrennt: Der äußere Ab- kömmling des ersten Richtungskörperchens ganz an den Rand gerückt. Aus vier benachbarten Schnitten kombinirt. Fig. 208. Ähnlich wie Fig. 207. Der Eikern wird heller. Fig. 209. Wie Fig. 208. Eikern homogen, schwach gefärbt. Chromosomen des Randkernes mehr vereinigt. Fig. 240. Wie Fig, 208, Eikern hell, liegt auffallend weit seitlich. Fig. 241. Wie Fig. 208, aber Eikern größer geworden, farblos, nur mit eini- gen schwachen Fleckchen, von starker Strahlung umgeben. Fig. 212. Die Chromosomen der Richtungskerne von gemeinsamer Vacuole umgeben. Einer der vier vorhandenen Furchungskerne auf dem Stadium, in wel- chem das Chromatin bis auf einige Fleckchen verschwunden ist. Heißes Wasser, Boraxkarmin, Pikrinsäure. | Fig. 243. Eikern größer geworden, mit einigen Fleckchen im Inneren, außen mit auffallender Plasmahaube, Der äußerste der beiden Richtungskerne isolirt, die beiden anderen in gemeinsamer Kernvacuole. Fig. 244. Polansicht der inneren Tochterplatte einer ersten Richtungsspindel. FLENNING’s starke Flüssigkeit, Boraxkarmin, EarLıcH’s Hämatoxylin. Fig. 245. Wie Fig. 344, aber äußere Tochterplatte derselben ersten Richtungs- spindel. Fig. 216. Keimbläschen eines noch nicht ganz reifen Eies aus dem Ovarium, mit acht rundlich-länglichen Chromosomen und außerdem einem ringförmig ge- stalteten. — Heißes Wasser, Boraxkarmin, EnrLic#’s Hämatoxylin, Fig. 247. Wie Fig. 246. Fig. 248. Eikern mit neu gebildetem körnigen gehäuften Chromatin, von schwacher Strahlung umgeben. Richtungskerne in gemeinsamer Vacuole. Fig. 249. Einer der ersten Furchungskerne mit fadenförmigen, intensiv ge- färbten Chromosomen. Chromatin der Richtungskerne in gemeinsamer Vacuole. Fig. 220. Eikern in Theilung, mit fadenförmigen Chromosomen. Seitenansicht. Chromosomen der drei Furchungskerne noch nicht völlig vereinigt. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. 265 Fig. 23241. Keimbläschen eines reifen Ovarialeies, kleiner geworden, im Inneren mit dem aus den verschmolzenen Chromosomen gebildeten Chromatinballen, außen mit Centrosoma (?). Fig. 222. Wie Fig, 224. Fig. 223. Kern (d. h. zusammengeballte Chromatinsubstanz) aus einem abge- legten Ei. Pole etwas dunkler. Fremmine’s starke Flüssigkeit, Boraxkarmin, EHR- zıcH’s Hämatoxylin. Fig. 224. Wie Fig. 223. Das Chromatin sammelt sich an beiden Enden. Fig. 225. Wie Fig. 224. Der Kern heller und größer geworden. Das Chroma- tin sammelt sich meridianartig an beiden Polen. Fig. 226. Wie Fig. 225 ; aber konservirt mit heißem Wasser. Boraxkarmin. Fig. 227. Wie Fig. 226. Theilung des Kernes weiter vorgeschritten, das Chro- matin zerfällt in einzelne Kügelchen. Fig. 228. Querschnitt durch die untere Eispitze. Das Ei ist mit einer ausge- zogenen Spitze der Eischale in der obersten Zellschicht eines Rosenblattes festge- heftet. s, Drüsensekret, Fig. 229. Wie Fig. 246, aber aus einem anderen Mutterthier. Im Keimbläs- chen neun Chromosomen. Fig. 230. Wie Fig. 246. Vorhanden neun rundliche-Chromosomen. Fig. 231. Wie Fig. 229. Fig. 232. Wie Fig. 229, aber die Chromosomen sind z. Th. zusammengeballt. Fig. 233. Wie Fig. 246. Die Chromosomen z. Th. verschmolzen. Fig. 234. Aus demselben Thiere wie Fig. 246, aber das Ei ist älter, daher das Keimbläschen geschrumpft, alle Chromosomen zusammengeballt. Außen am Keim- bläschen eine besondere Plasmahaube mit Centrosoma (?). Fig. 235. Wie Fig. 234. Chromosomen stärker zusammengeballt. Fig. 236. Wie Fig. 235. Fig. 237. Längsschnitteines Eies. Die Richtungskerne (RX) vereinigt (am Rande). Im Inneren der farblose Eikern (Eik). Vergr. ca. 240. Fig. 238.- Längsschnitt eines Eies. Am Rande liegt die erste Richtungsspindel. Das Ei ist unten mit einem Zapfen in der obersten Zellschicht eines Rosenblattes befestigt. Vergr. ca 240. Fig. 239. Querschnitt durch eine Blattknospe. b, die zusammengelegten Hälf- ten der Blättchen; e, Querschnitte der Eier ;, &, Schnitte der Eistiele. Vergr. 90. Fig. 240. Längsschnitt eines abgelegten Eies. Rk, Richtungskerne vereinigt, am Rande liegend; ep, Empfängnisfleck. Vergr. ca. 240. Fig. 241. Junges Ei mit dem Endfach des Ovariums im Längsschnitt. Vergr. ca. 350. Fig. 242. Stück eines Längsschnittes vom Ei. Im Eikern (unten) etwas Chro- matin vorhanden. Die Richtungskerne (oben) noch nicht ganz vereinigt. Fig. 243. Erste Richtungsspindel aus einem mit Fremmine’s starker Flüssigkeit konservirten Ei. Fig. 244. Wie Fig. 243, aber konservirt mit heißem Wasser. Fig. 245. Wie Fig. 243. Andeutung von Verbindungsfäden vorhanden. Fig. 246. Innere Tochterplatte einer ersten Richtungsspindel. Pfeil wie Fig. 224. Fig. 247. Eine Tochterplatte-der ersten Richtungsspindel, in Polansicht. Fig. 248. Erste Richtungsspindel schräg von oben gesehen, äußere und innere Tochterplatte. Fig. 249. Erste Richtungsspindel in Seitenansicht, gut ausgebildet, mit zarten 266 H. Henking, Spindelkegeln. Gentrosomen nicht deutlich, am inneren Pole eine schwache Strah- lung. Verbindungsfäden fehlen, aber helle Verbindungssubstanz vorhanden. Fig. 250. Die beiden Tochterplatten der ersten Richtungsspindel. Fig. 254. RkI(1), äußerer Abkömmling des ersten Richtungskernes; RkI(2), innerer Abkömmling des ersten Richtungskernes. In beiden können sieben bis acht Kügelchen gezählt werden. RkII, zweiter Richtungskern. Ich habe in ihm neun bis zehn Chromosomen gezählt. Fig.-252. Polansicht eines jungen Furchungskernes mit chromatischer Äqua- torialplatte. Es wurden 18 bis 20 fadenförmige Chromosomen gezählt. Fig. 253. Junger Furchungskern im Begriff Chromatin zu bilden, welches in Gestalt schwach gefärbter Körperchen zuerst angedeutet wird. Aus demselben Ei wie Fig. 212. Tafel VIII—X, Lasius niger L. (p. 122 ff.). Fig. 254—268, 274—277, 325—328, 330—333, 335—338 bei 225facher Vergr. Diese Figuren sind etwas schematisch gehalten, jedoch die Kernverhältnisse dem jeder Figur zu Grunde gelegten Ei genau nachgebildet. Fig. 269—273 bei ca. 150facher Vergr. Die übrigen Figuren bei ca. 1200facher Vergr. Tafel VIII. Fig. 254. Erste Richtungsspindel mit Zellplatte. In das Randplasma daneben sind zwei Spermatozoen eingedrungen, Fig. 255. Erster Richtungskern abgeschnürt. Zwischen ihm und dem Spalt- kerne liegt das Thelyid. Ein Samenkern senkt sich zwischen die Dotterkügelchen., Fig. 256. Etwas weiter vorgerücktes Stadium als Fig. 255. Zwei Samenkerne sind tiefer eingedrungen, beginnen Strahlung zu veranlassen. Fig. 257. Erster Richtungskern und Spaltkern in Theilung, zwischen beiden Theilungsfiguren liegt das Thelyid. Der Samenkern hat sich zusammengezogen. Fig. 258. Die Theilung vom ersten Richtungskerne und Spaltkerne ziemlich vollendet. Zwischen den beiderseitigen Kernpaaren liegt das Thelyid. Samenkern kontrahirt. Fig. 259. Der zweite Richtungskern hat sich mit dem unteren Abkömmlinge des ersten Richtungskernes zu einer (hellen) Figur verbunden. Die Chromoso- men des Eikernes und des äußeren Abkömmlinges des ersten Richtungskernes haben sich je dicht zusammengeschlossen. Der Samenkern länglich. Ein überzäh- liger Samenfaden im Randplasma. m, Mikropyle mit Spermatozoon. Fig. 260. Nicht ganz so weit entwickelt im weiblichen Theile wie Fig. 259. Zwischen zweitem Richtungskerne und innerem Abkömmling des ersten Richtungs- kernes liegt noch das helle Thelyid. Fig. 264. Im weiblichen Theile ähnlich wie Fig. 260 und 259, nur ist die Plasmaverbindung des Eikernes mit dem Randplasma gelöst. Starke Polyspermie: drei Samenkerne (r;) haben sich in den Dotter eingesenkt, andere (r4) liegen im Randplasma. Der Samenfaden 73 liegt zwischen Oolemm und Ei, r3 zwischen Oolemm und Chorion, r; außerhalb des Chorion. Fig. 262. Wie Fig. 260, aber weiter entwickelt, indem Ei- und Samenkern bläschenförmig geworden sind. Fig. 263. Ei noch weiter entwickelt als Fig. 262, da der Eikern an die Sonnen- figur des Samenkernes herangetreten ist. Thelyid noch gesondert. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 267 Fig. 264. Eikern und Samenkern in Copula. Zweiter Richtungskern und innerer Abkömmling des ersten Richtungskernes in gemeinsamer Kernvacuole. Außerer Abkömmling des ersten Richtungskernes aufgebläht isolirt am Rande. Fig. 265. Ähnlich wie Fig. 264, aber etwas weiter entwickelt. Fig. 266. Die beiden ersten en. Einige überzählige Samenfäden im Ei. Sonst wie Fig, 264. Fig. 267. Äquatorialplatte der ersten aan senunidel in Polansicht. Cf. Fig. 264. Fig. 268. Die beiden ersten Furchungskerne sind achromatisch geworden. Cf. Fig. 264. Fig. 269. Die Furchungskerne haben sich ringsum in gewisser Entfernung von der Eiperipherie aufgestellt. Die beiden Richtungskernmassen noch im Rand- plasma vorhanden. Fig. 270. Die Furchungskerne beginnen an den Rand des Eies zu treten. Einige Kerne noch inmitten des Dotters. Die beiden Richtungskernmassen noch im Rand- plasma des oberen Eipoles vorhanden. Fig. 274. Blastoderm gebildet. Im Dotter noch Kerne in Theilung,. Fig. 272. Das Blastoderm differenzirt sich. Die Zellen drängen sich zusammen besonders am hinteren Pole des Eies, woselbst eine Einstülpung angebahnt wird. Fig. 273. Die Blastodermzellen an der flachen Seite des Eies abgeplattet, an der konvexen Seite des Eies sehr erhöht (mit Dotterkügelchen im Inneren). Letztere stehen auf einer Plasmalamelle und stülpen sich am hinteren Eipole ein. Fig. 274. In den beiden ersten Furchungskernen tritt wiederum Chromatin auf. Plasmaverbindung nach dem Rande hin. Dort die zwei Richtungskernmassen (cf. Fig. 264). Fig. 275. Die beiden ersten Furchungskerne in Theilung. Fig. 276. Vier Furchungskerne gebildet. Noch Plasmaverbindung nach dem Rande hin, Fig. 277. Die beiden ersten Furchungskerne getrennt, in ungewöhnlicher Stel- lung. Außer den beiden Richtungskernmassen (cf. Fig. 264) sind noch zwei meta- morphosirte überzählige Samenkerne (?) vorhanden. Fig. 278. Mikropylenapparat mit eindringenden Samenfäden im Querschnitt. Fig. 279. Wie Fig. 278. Sp, und Spa, die eindringenden Samenfäden. Fig. 280. Mikropylenapparat (mit einem Stück eines eindringenden Samen- fadens im Längsschnitt). Tafel IX, Fig. 284. Erste Richtungsspindel mit sehr hoher Zellplatte. Fig. 282. Wie Fig. 284, aber die Zellplatte ist viel niedriger geworden. Fig. 283. Erster Richtungskern abgeschnürt, mit zehn Chromosomen (b, drei Chromosomen aus dem benachbarten Schnitte; 40, zehntes Chromosom, isolirt), ebenfalls im Spaltkern (sk) zehn Chromosomen gezählt. Zwischen beiden Kernen liegt das Thelyid mit der Zellplatte im Inneren. Fig. 284. Erster Richtungskern (oben) und Spaltkern (unten) haben sich ge- theilt, doch sind noch einige Verbindungsfäden zwischen Chromosomen vorhanden. Zwischen beiden Kerngruppen Andeutung des Thelyid. Fig. 285. Der äußere Abkömmling des ersten Richtungskernes liegt aufgebläht und mit kugeligen Chromosomen ausgerüstet oben am Rande. Unten vereinigen sich die Chromosomen des zweiten Richtungskernes (unten), und diejenigen des 268 H. Henking, - inneren Abkömmlinges vom ersten Richtungskerne mit dem zwischen ihnen gelege- nen seitlich noch scharf begrenzten Thelyid. Fig. 286. Äußerer Richtungskern (oben) und Eikern (unten) ähnlich durch das Zusammenrücken ihrer Chromosomen und die schwache Kernvacuole. In der Mitte die beiden anderen Richtungskerne, getrennt durch das Thelyid. Fig. 287. Äußerer Richtungskern aufgebläht, mit wolkigem Inhalt und einigen dunkeln Chromatinkörnchen. Die Chromosomen der beiden anderen Richtungs- kerne in gemeinsamer Vacuole. Fig. 288. Eikern kurz nach der Ablösung vom Randplasma. Fig. 289. Etwas weiter entwickelter Eikern als in Fig. 288. Fig. 290. Samenkern mit Plasmaumgebung, gehört zum gleichen Ei wie Fig. 289. Fig. 294. Eikern aus Fig. 262, stärker vergrößert, in wenig Plasma liegend. Fig. 292. Samenfaden sich in den Dotter einsenkend, mit Hinterende voran. Fig. 293. Samenfaden im Randplasma. Fig. 294. Wie Fig. 293, Fig. 295. Ein Riesenspermatozoon mit deutlichem Schwanzfaden und hellem Arrhenoid. Sein Kopftheil ist kontrahirt. Im Randplasma zwei normale Samenfäden (nur einer vollständig). Fig. 296. Samenkern aus Fig. 259, stärker vergrößert, stabförmig, mit hel- lem Hof. Fig. 297. Samenkern, ähnlich wie Fig. 296. Fig. 298 u. 299. Die beiden ersten Furchungskerne aus Fig. 277, stärker ver- größert, mit wolkiger Trübung im Inneren und einigen (dunkeln) Chromatin- körnchen. "Fig. 300. Aus Fig. 277, stärker vergrößert, oben die beiden Richtungskern- massen, unten bei s und s’ wohl umgewandelte überzählige Samenkerne. Fig. 301. Oben der äußere Richtungskern (RKI[7]), bläschenförmig, unten der innere Abkömmling des ersten Richtungskernes (RKI[2]) und der zweite Richtungs- kern (RKII), welche das Thelyid (PT) zwischen sich haben. Fig. 302. Eikern, soeben nach der Abtrennung vom zweiten Richtungskerne; die Chromosomen sind noch nicht vereinigt. Fig. 303. Copulirende Geschlechtskerne aus Fig. 264, stärker vergrößert, lie- gen in heller Vacuole. Sie sind aufgebläht und enthalten kugelige Chromosomen. Fig. 304. In das Ei eingedrungener Samenfaden, in Verkürzung begriffen. An seiner Basis das helle Arrhenoid. Fig. 305. Ein Stück vom Randplasma der Eispitze, links mit dem äußeren Richtungskerne, rechts mit dem aus Vereinigung des inneren Abkömmlinges des ersten Richtungskernes und des zweiten Richtungskernes hervorgegangenen Kerne. Des letzteren Chromosomen stehen in einer Ebene. Fig. 306. Blastodermzelle aus der Eispitze; aus der in Fig. 273 mit * bezeich- neten Region. k, Kern; I, Plasmalamelle. Die Dotterkügelchen liegen noch jenseits des Kernes. Fig. 307. Samenkern aus dem Ei, aus der Faden- zur Kugelform übergegangen. Fig. 308. Einer der beiden ersten Furchungskerne. Keine Membran vorhan- den. Das Chromatin in Körnchen, diese zum Theil in Reihen geordnet. Fig. 309. Die Geschlechtskerne sind soeben zusammengetreten, zwischen ihnen das helle Arrhenoid. Feine Chromatinkörnchen vorhanden. Fig. 310. Einer der (vier) Furchungskerne aus Fig. 276, stärker vergrößert, mit Untersuchungen: über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. III. 269 wolkigem Inhalt und mindestens 28 intensiv gefärbten kugeligen Chromosomen im Inneren. Helles Polfeld. Fig. 344. Samenkern mit Plasmastrahlung, aus demselben Ei wie der in Fig. 294 abgebildete Eikern. Fig. 312. Drei Blastodermzellen aus der Seitenregion des Eies Fig. 273. li, Plasmalamelle. Links von derselben Dotterkörner des Eies. Fig. 343. Normaler Samenfaden im Ei. Kopf in beginnender Verkürzung. Fig. 344. Riesensamenfaden aus einem Ei mit Schwanzfaden und Arrhenoid. Fig. 345. Wie Fig. 344. Fig. 346. Geschlechtskern (3?) mit etwa 44 kugeligen Chromosomen, diese zum Theil sehr klein. Fig. 347. Der zweite Geschlechtskern (9 ?), zu Fig. 316 gehörig, mit sieben kugeligen Chromosomen. Fig. 348. Geschlechtskern (5?) aus einem anderen Ei. Fig. 319. Äußerer Richtungskern mit sieben kugeligen ziemlich großen Chro- mosomen, zu demselben Ei wie Fig. 316 und 317 gehörig. Fig. 320. Äußerer Richtungskern mit acht Chromosomen, zu demselben Ei wie Fig. 348 und 321 gehörig. Fig. 324. © (?) Geschlechtskern. Zur Fig. 318 und 320 gehörig. Fig. 322. Junger Furchungskern, ziemlich scharf umgrenzt, aber mit Färbung wie das Plasma, mit wenigen dunkleren Pünktchen. Fig. 323. Äquatorialplatte der ersten Furchungsspindel mit ca. 20 Chromo- somen. Fig. 324. Region neben der hinteren Einstülpung in Fig. 273. z, offenbar von der Einstülpung herrührende Zelle; !, Plasmalamelle. Außen Blastodermzellen. Tafel X, 4) Unbefruchtete Eier von Lasius niger (Fig. 325—347), Fig. 325. Unbefruchtetes Ei, von einem befruchteten Weibchen mit befruch- teten Eiern zusammen abgelegt. Auch hier zwischen Mikropyle (m) und dem Oolemm ein Samenfaden (sp) vorhanden, doch kein solcher im Inneren des Eies gesehen. Äußerer Richtungskern (oben) bereits bläschenförmig, wie auch der abgetrennte Eikern (unten), zwischen beiden die vereinigten Richtungskerne // und innerer Abkömmling vom Richtungskern 1. Fig. 326. Erste Richtungsspindel mit zahlreichen Chromosomen. Fig. 327. Verhältnisse im Ei wie in Fig. 325, nur äußerer Richtungskern und Eikern noch nicht bläschenförmie. Fig. 328. Am Rande die drei Richtungskerne (d. h. Richtungskern / getheilt und Richtungskern II) von einander getrennt. Eikern isolirt im Ei. Fig. 329. Verhältnisse des Eikerns und der Richtungskerne aus Fig. 327 in stärkerer Vergrößerung. Fig. 330. Verhältnisse des Eikerns und der Richtungskerne ähnlich wie in Fig. 325. Fig. 334. Richtungskerne am Rande normal. Eikern hat sich in zwei ge- schwollene etwas ungleiche Furchungskerne getheilt, der links gezeichnete hat in Seiner Umgebung im Plasma einige dunklere chromatinartige Körperchen, Fig. 332. Wie Fig. 334, aber die beiden ersten Furchungskerne in Thei- lung, Fig. 333. Oben am Rande liegen wohl die drei in einer Vacuole verei- 270 H. Henking, nigten Richtungskerne, darunter ebenfalls im Randplasma drei Furchungskerne in Theilung. Fig. 334. Eine im Dotter liegende Furchungszelle eines älteren Eies, in Thei- lungsstellung. Die Chromosomen reihenförmig. Fig. 335. Etwas älteres Ei. Die ziemlich normalen Richtungskerne liegen weit seitlich im Randplasma. Die Furchungszellen im Dotter sind ganz ungleich. Fig. 336. Abnormes Ei: im Randplasma ein Haufen von Chromatinkörnchen, deren jedes meist von einem hellen Hofe umgeben ist. Im Dotter ein sehr zahl- reicher Haufen von Chromatinkörnchen, ebenfalls je von einem hellen Hofe um- geben. Rechts im Dotter noch eine kleine Strahlenfigur mit einigen dunklen Pünktchen. Fig. 337. Einoch abnormer als Fig. 336: drei Chromatinhaufen etwa von der in Fig. 336 angegebenen Zusammensetzung im Dotter, dort außerdem noch isolirte Plasmaansammlungen. Keine Richtungskerne im Randplasma. Fig. 338. Abnormes Ei, von einem befruchteten Weibchen abgelegt. Rand- plasma sehr gering. Der Rest des Keimbläschens tiefer in das Ei gerückt. Im Dotter (hell gezeichnet) Vacuolen. Fig. 339. Eine große Furchungszelle aus Fig. 335 in stärkerer Vergrößerung. Chromatin zu einem dicken ganz feinkörnigen und mit Fortsätzen versehenen Klumpen geballt. Fig. 340. Eine Furchungszelle eines älteren Eies in Theilungsstellung (?). Die feinkörnige Chromatinmasse zu einer schmalen Platte aufgestellt. Fig. 344. Richtungsspindel aus Fig. 326 stärker vergrößert. Fig. 342. Eigenthümlicher Plasmawulst an dem Keimhautblastem (kh) vom Hinterende des Eies, darüber Dotterkügelchen und ein Plasmahof mit kernartigem Centrum. Fig. 343. Eine Furchungszelle mit kugeligen Chromosomen, um welche sich . je ein heller Raum membranartig abgekapselt hat. Fig. 344. Furchungszelle, wohl Polansicht der Theilstellung, mit 46—47 Chromosomen. Fig. 345. Eikern aus Fig. 328, stärker vergrößert, wie aus hellen Körnchen je mit dunkler Peripherie bestehend. Fig. 346. Eine kleine Furchungszelle aus Fig. 335, nur wenig isolirte Chromo- somen. Fig. 347. Rudimentäres Keimbläschen vom Rande eines nicht entwickelten Eies (wie Fig. 338) in stärkerer Vergrößerung. 2) Adimonia tanacetiLl. (p. 144 ff.). Fig. 348. Schematisch gehaltene Darstellung eines Eies im Längsschnitt. Links erste Richtungsspindel (rspI) am Rande. sp, eingedrungenes Spermatozoon; 0, Oolemm; ch, Chorion. Vergr. ca. 60. Fig. 349. Plasmatisches Netzwerk zwischen den Dotterkügelchen aus dem Inneren des Eies. x, Stärkere Plasmaanhäufung, von einem eingedrungenen Samen- faden herrührend. Vergr. ca. 750. Fig. 350. Wie Fig. 348, aber Querschnitt. Zwei Samenfäden sind einge- drungen. Fig. 354. Richtungskerne aus einem Ei, welches bereits einige Furchungszellen entbielt. Im Zapfen liegen die Chromosomen des äußeren Abkömmlings vom ersten Richtungskerne, an seiner Basis berührt sich der untere Abkömmling des letzteren mit dem zweiten Richtungskerne. Vergr. ca. 445. Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Biern der Insekten. II. 271 Fig. 352. Geschlechtskerne in Copula mit bipolarer mächtiger Plasmastrahlung. Fig. 353. Oben erster Richtungszapfen mit wolligen Pseudopodien, innen zweite Richtungsspindel. Vergr. ca. 445. Fig. 354. Spermatozoon, bestehend aus Kopf und Schwanzstück, aus einem Ei. Vergr. ca. 4200. Tafel XI. 4) Bombyx moriLl. (p. 162 fi.). Fig. 355. Stück eines Flächenschnittes mit erstem Richtungskörperchen (Rk ]) und Thelyid (th), sowie zwei eingedrungenen Samenfäden (der untere undeutlich). m, Gegend der Mikropyle. Vergr. ca. 446. Fig. 356. Aus einem unbefruchteten Ei. — RkI, erstes Richtungskörper- chen. Th, Thelyid; Rsp/II, zweite Richtungsspindel. Vergr. ca. 400. Fig. 357, Zweite Richtungsspindel in Polansicht, wohl zwölf Chromosomen. Vergr. ca. 4200. Fig. 358. Rk, zwei verschiedene Richtungskernmassen am Rande. Im Dotter einige Furchungszellen in Theilung. — m, Mikropylengegend. Vergr. ca. 446. Fig. 359. Auseinem befruchteten Ei, sonst wie Fig. 356. Aber Vergr. ca. 1200. Fig. 360. Theilzelle aus Fig. 366 (rechts oben), stärker vergrößert (unbefruch- tetes Ei). Vergr. ca. 1200. Fig. 361. Wie Fig. 355. Fig. 362. Samenfaden aus Fig. 355 (rechts oben), stärker vergrößert. An einem Ende ein heller Schein, im Umriss angedeutet. Vergr. ca. 1200. Fig. 363. Längsschnitt eines unbefruchteten Eies mit erster Richtungsspin- del Rsp1. Fig. 364. Aus einem unbefruchteten Ei. Erster Richtungskern getheilt, Theil- stücke hängen noch durch eine undeutliche Verbindung zusammen. — Zweiter Richtungskern (Rk I]) abgeschnürt. — Eik, Eikern; Do, Dotter. Vergr. ca. 400. 2) Stück vom Ei eines Gastroides polygoni L. (p. 449 ff.). Fig. 365. ARklI, erster Richtungszapfen; th, Thelyid; Sp, Spaltkern. Vergr. ca. 445. Fig. 366. Von einem unbefruchteten Ei von Bombyx mori. Am Rande drei ungleiche Richtungskerne (Rk). Im inneren Furchungskerne in Theilung. Vergr. 146. Fig. 367. Etwas schematisirter Längsschnitt. Am Rande erstes Richtungs- körperchen RkI, darunter zweite Richtungsspindel, dann ein Samenfaden. Untere Eipartie mit Plasmainseln. Vergr. 66. Fig. 368. Furchungszelle in Theilungsstellung aus einem unbefruchteten Ei. Keine Polstrahlung (vgl. Fig. 369). Vergr. ca. 41200. Fig. 369. Furchungszelle in Theilung aus einem befruchteten Ei (vgl. Fig. 368), groß, mit Attraktionssphären und Polstrahlung. Vergr. wie Fig. 368. 3) Leucoma salicis (p. 166 ff.). Fig. 370. Etwas schematisirter Längsschnitt durch ein unbefruchtetes Ei. m, Mikropyle; k, Kern in Vacuole; rk, Richtungskern?; ch, Chorion; d, drüsiger Überzug des Eies. Vergr. 110. Fig. 374. Wie vorher. k, Kernhaufen unter der Mikropylengegend. Fig. 372. Erste Richtungsspindel eines befruchteten Eies. Vergr. ca. 1200. Fig. 373. Schematisirter Längsschnitt eines befruchteten Eies. Zwei Rich- tungskernmassen (Rk) am Rande, unterhalb davon die beiden ersten Furchungs- 272 | H. Henking, , kerne. Gestrichelte Linien begrenzen die Regionen (gf) der kleinen Dotterkügelchen. M, Mikropylen; o, Oolemm; ch, Chorion; d, drüsiger Überzug des Eies; p, Poren im Chorion. Vergr. ca. 60. Fig. 374. Mikropylen bei stärkerer Vergrößerung (ca. 4200). d, drüsiger Über- zug des Chorion. Fig. 375. Aus einem unbefruchteten Ei (= Fig. 370 bei rk). Chromatinartige Substanz am Rande, darunter eigenthümliche Schichtung des Plasmas. Vergr. ca. 1200. Fig. 376. Eihaufen mit hellem schaumigen Überzuge. Etwa nat. Gr. Fig. 377. Befruchtetes Ei. RXkI, erster Richtungskern, darunter helles The- lyid (th); sp, Spaltkern. Fig. 378. Befruchtetes Ei. sp, Samenfaden im kleindottrigen Zapfen (ge- strichelte Linien), sonstige Bezeichnung wie in Fig. 377. Fig. 379. p, Pore, welche das Chorion schräg durchsetzt; s, Spalte im Chorion; o, Oolemm. Vergr. ca. 4200. 4) Tenebrio molitor (p. 142 ff.). Fig. 380. Schematisirter Längsschnitt durch ein Ei. RkI, erstes Richtungs- körperchen gebildet, darunter zweite Richtungsspindel fast fertig getheilt. Samen- fäden im Inneren des Eies. ch, Chorion; 0, Oolemm. Vergr. ca. 60. Fig. 384. Erster Richtungszapfen (aus Nachbarschnitt hier eingezeichnet). — ih, Thelyid; Sp, Spaltkern. Vergr. ca. 1200. Fig. 382. Rk]I, erstes Richtungskörperchen; RkII, zweiter Richtungskern; th, Thelyid; Eik, Eikern. Vergr. ca. 350. Fig. 383. Wie Fig. 382. „Fig. 384. RkI, erster Richtungszapfen mit Vacuole (v) an Basis; th, Thelyid. Vergr. ca. 1200. Fig. 385. Erster Richtungszapfen (Rkl) an Basis mit kleinem Chromatinhäuf- chen (chr). Darunter zweiter Richtungskern mit schleifenförmigem Chromatin. Vergr. ca. 350. Fig. 386. Erste Richtungsspindel mit Zellplatte (Kp). Vergr. ca. 1200. Fig. 387. Chromosomen des ersten Richtungskernes in das Ei gerückt zu dem mit schleifenförmigem Chromatin versehenen zweiten Richtungskern. Richtungs- zapfen eingezogen. Vergr. ca. 1200. Fig. 388. Chromosomen und Zellplatte aus dem zu Fig. 386 gehörenden Nachbarschnitte. Fig. 389. Querschnitt. Am Rande erster Richtungszapfen (RkI) und zweiter Richtungskern (RkI]). Im Ei die beiden ersten fast farblosen Furchungskerne. Vergr. ca. 60. Fig. 390. RkI, erster Richtungszapfen; th, Thelyid; Sp, Spaltkern. Vergr. ca. 1200. Fig. 394. RkI, erster Richtungszapfen mit Chromosomen; th, Thelyid. Zweiter Richtungskern (RkII) und Eikern (Eik) aufgebläht mit wenigen Körnchen im Inneren (kein Chromatin). Vergr. 275. Fig. 392. Schematisirter Querschnitt. RkI und th wie vor. Figur; spı und spa, zwei Samenfäden im Ei. Außerdem noch viele etwas strahlige Plasmainseln, wohl von den Bewegungen von Samenfäden herrührend. Vergr. ca. 60. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. Ill. 273 Tafel XII. 1) Lampyris (Lamprorrhiza) splendidulal. (p. 106 ff.). Fig. 393. Schematisirter Schnitt durch ein Ei mit Furchungszellen. RkI und RkII, erstes und zweites Richtungskörperchen. Vergr. ca. 90. Fig. 394. RkI und RkII, vgl. vor. Fig. — II Th, zweites Thelyjd; do, Dotter. Vergr. ca. 400. Fig. 395. Rkl und Rk/II wie Fig. 393. Eik, Eikern; sp, und spa, zwei Sperma- kerne; d, große Dotterkugel. Vergr. ca. 90. Fig. 396. Äußerer Pol der zweiten Richtungsspindel in Polansicht. Vergr. ca. 1200. Fig. 397. RkI, erstes Richtungskörperchen, unterhalb desselben der Spalt- kern. Im Inneren des Eies zwei Samenfäden (links kaum erkennbar). Vergr. ca. 90. Fig. 398. Wie Fig. 397, aber im Inneren nur eine Spermastrahlung ohne er- kennbaren Samenfaden,. Vergr. ca. 90. Fig. 399. Am Rande erste Richtungsspindel (Rsp/), im Inneren ein Samenfaden. Vergr. ca. 90. Fig. 400. IIRk, zweites Richtungskörperchen mit Strahlung am Hinterende. Vergr. ca. 400. Fig. 404. Zweites Richtungskörperchen mit homogenem Kern (K). Um diesen liegt eine Schicht dichteren Plasmas (m), außen davon krümelige Plasmasubstanz (h). Eik, Eikern mit kugeligen Chromosomen im Randplasma. Vergr. ca. 4200. Fig. 402. Furchungszelle mit fast homogenem Kern. Vergr. ca. 1200. Fig. 403. Erste Richtungsspindel mit Zellplatte. Richtungszapfen mit Pseudo- podien. Vergr. ca. 4200. Fig. 404. Schematisirter Schnitt durch ein Ei. Am Rande erstes Richtungs- körperchen (Rk]), unterhalb desselben die zweite Richtungsspindel. Im Inneren des Eies ein Samenfaden. g, abgeplattete Stelle der Eioberfläche. Vergr. ca. 90. Fig. 405. Erstes Richtungskörperchen mit (sieben bis acht) lockeren Chromo- somen (chr). Diese sind umgeben von einem dichteren Plasma (m) und einer locke- ren Plasmahülle (A). Vergr. ca. 4200. Fig. 406. Samenkern mit Plasmastrahlung. Vergr. ca. 1200. 2) Donacia (sericea L.?) (p. 100 fi.). Fig. 407. Schematisirter Längsschnitt. Am Rande erster und zweiter Rich- tungskern, dann Eikern. Tiefer im Ei eine Samenstrahlung ohne deutlich erkenn- baren Samenkern. Vergr. ca. 440. Fig. 408. Wie Fig. 407, aber am Rande drei Richtungskerne, im Ei die bei- den farblosen. Geschlechtskerne in Copula. o, Oolemm; ch, Chorion; dr, Drüsen- sekret mit gefärbten Körnchen und Samenfäden (sp). Vergr. ca. 440. Fig. 409. Wie Fig. 408. Fig. 440. Samenkern in beginnender Verkürzung aus einem Ei. Vergr. ca. 1200. Fig. 444, Geschlechtskerne aus Fig. 409, gut umgrenzt aber kaum so stark gefärbt wie das umgebende Plasma. Vergr. ca. 1200. Fig. 442. Ei im Gewebe (p) einer Glyceria fluitans liegend. Vergr. 35. Fig. 443. Chromosomen des ersten Richtungskernes, zu Fig. 444 gehörend. Vergr. ca. 1200, Fig. 444. Zweite Richtungsspindel in Polansicht, Äquatorialplatte mit 45 Chro- mosomen. Vergr. ca. 1200. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIV. Bd. 48 274 H. Henking, Unters. über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. II. Fig. 4415. Geschlechtskerne aus Fig. 408, stärker vergrößert (>< 4200). Fig. 4146. Querschnitt. Am Rande erstes Richtungskörperchen (RkI) unterhalb desselben undeutliches Thelyid und Spaltkern. Im Ei zwei Samenkerne. Fig. 447. Wie Fig. 446. Fig. 448. Erstes Richtungskörperchen in Polansicht. Plasma strahlig. Vergr. ca. 1200, Fig. 449. Richtungskerne (rk; 3) aus Fig. 408, stärker vergrößert. Zweiter Richtungskern (rk3) fast farblos. Vergr. ca. 1200. Fig. 420. Schematisirter Längsschnitt. Erstes Richtungskörperchen (RAT), Thelyid und Spaltkern am Rande. Im Ei ein eingedrungener Samenfaden. Vergr. ca. 440. Fig. 424. Wie Fig. 449, aber aus Fig. 409 stärker vergrößert. Vergr. ca. 4200. ' Fig. 422. Erstes Richtungskörperchen (Rk/). th, Thelyid; sp, Spaltkern. Vergr. ca. 290. Fig. 423. Zweite Richtungsspindel in Polansicht mit 15 bis 46 Chromosomen, zu Fig. 448 gehörend. Vergr. ca. 4200. CGrioceris asparagiLl. (p. 417fl.). Fig. 424. Schematisirter Längsschnitt. rm, Richtungskernmasse am Rande; o, Oolemm; d + ch, Chorion mit Sekretüberzug; df, Fuß von Drüsensekret gebil- det; m, Mikropylen. Im Inneren des Eies mit Furchungszellen in verschiedenalte- rigen Theilungsstadien. Metakinese mit deutlichen Attraktionssphären. Vergr.ca.60. Fig. 425. Zwei Richtungskernmassen am Rande von einem mit Fig. 424 elwa gleichalterigen Ei. Vergr. ca. 415. m Fig. 426. Mikropylen von der Innenseite der Eispitze gesehen. Vergr. ca. 750. Fig. 427. Mikropylenpol im Längsschnitt. dr, Drüsensekret; Ch, Chorion; v, Väcuolen im Sekret; m, Mikropylen; sp, Samenfaden? Vergr. ca. 750. Fig. 428. RkI, Chromosomen des ersten Richtungskörperchens ; RspII, Chro- mosomen der zweiten Richtungsspindel, hantelförmig. Je acht Chromosomen. Vergr. ca. 1200, Fig. 429. RkI, Erstes Richtungskörperchen; links davon der Spaltkern. Vergr. ca. 1200. Lina aeneaLl. (p. !48f.). Fig. 430. Ein Furchungskern in beginnender Theilung. Die Spongien der Adria. Von R. v. Lendenfeld (Innsbruck). II, Mittheilung. Die Hexaceratina. Mit Tafel XII. I. Litteratur. 4876. C. Barroıs, Memoire sur ’Embryologie de quelques Eponges de la Manche. Ann. Sc. Nat. (1876). Bd. III. Art. Nr. 41. 1720. H. BoERHAVE, Index alter plantarum quae in horto Academico Lugduno Ba- tavo aluntur. Lugd. Batav. (1720). 1872. H. J. CARTER, Proposed name for the Spongeanimal viz. Spongozoon, also on the origin of threadcells in the Spongiadae. Ann. Mag. Nat. Hist. (1872). Bd. X. 18724. —— Description with Illustrations of a species of Aplysina from the North- West Coast of Spain. Ann. Mag. Nat. Hist. (4872). Bd. X. 4373, On two new species of Gumminae (Corticium abyssi and Chondrilla australiensis) with special and general observations. Ann. Mag. Nat. Hist. (1873). Bd. X. 41874. —— On the Spongozoa of Halisarca Dujardini. Ann. Mag. Nat. Hist. (1874). Bd. XII. 4874a. —— On Halisarca lobularis Schmidt, off the South Coast of Devon, with Observations on the relationship of the Sponges to the Ascidians, and Hints for Microscopy. Ann. Mag. Nat. Hist. (1874). Bd. XII. 1876. —— Descriptions and figures of deepseasponges and their spicules from the Atlantic Ocean, dredged up on Board H. M. S. »Porcupine« chiefly in 1869. Ann. Mag. Nat. Hist. (1876). Bd. XVII. 1882. —— Some Sponges from the West Indies and Acapulco in the Liverpool free Museum, described with classificatory remarks. Ann. Mag. Nat. Hist. (1882). Bd. IX. 1885. —— Description of Sponges from the neighbourhood of Port Phillip Heads, South Australia. Ann. Mag. Nat. Hist. (1885). Bd. XV. 41886. -—- Supplement to the description of Mr. J. BRACEBRIDGE WıLson’s Austra- lian Sponges. Ann. Mag. Nat. Hist. (1886). Bd. X VIII, 1838. F. Dusarvın, Observations sur les Eponges et en particulier sur la Spongille ou Eponge d’eau douce, Ann. Sc. Nat. (4838). Bd. X. 18* 276 R. v. Lendenfeld, 1870. E. EHLers, Die Esper’schen Spongien in den zoologischen Sammlungen der Universität. Universitätsprogramm, Erlangen (4870). 4794. E. Esper, Die Pflanzenthiere. II. Nürnberg 4794 —4794. 1872. W. Fremmins, Über die neue Gray’sche Hornschwammgattung Janthella. Würzburger phys. med. Ges. Verhandlg. (1872). Bd. Il. 1873. M. Garn, Contributions a l’'histoire naturelle des Synascidies. Arch. Zool. Exper. (1873). Bd. Il. 4882. E. GRAEFFE, Übersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. II. Die Cölen- teraten (Spongien). Arb. Zool. Inst. Wien (4882). Bd. IV. (Sep.) 1867. J. E. Gray, Notes on the arrangement of Sponges, with the description of some new Genera. Proc. Zool. Soc. London (4867). Note on Janthella, a new genus of Keratose Sponges. 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Diese Zeitschr. (1879). Bd.XXXH. Die Spongien der Adria. II. 277 4865. Frırz MÜLLER, Über Darwinella aurea, einen Schwamm mit sternförmigen Hornnadeln. Arch. f. mikr. Anat. (1865). Bd. 1. 1882. A. M. Norman, Bowerbank, a Monograph of the British Spongiadae (1882). Bd. IV. 4766. P. S. Pırras, Elenchus Zoophytorum. Hagae Comitis (1766). 1884. N. DE PoLEJAEFF, Keratosa. Challenger-Reports, Zool, (1884). Bd. XI. Pt. 24. 1884. S. O. Rınıey, Spongiida. Report on the zoological collection made in the Indopacific Ocean during the voyage of H.M. S. »Alert«. London (4884). 4705. E. Rumpr, D’Amboinsche Rariteit-Kamer. Amstelodami (1705). Bd. VI. 1864. O. Scanmiıpr, Supplement zu den Spongien des adriatischen Meeres. Leipzig (1864). 4868. —— Die Spongien der Küste von Algier, mit Nachträgen zu den Spongien des adriatischen Meeres. Leipzig (4868). 1877. F. E. ScHULzE, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spon- gien,. Il. Die Gattung Halisarca. Diese Zeitschr. (1877). Bd. XXVIM. 4878. —— Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. IV. Die Familie der Aplysinidae. Diese Zeitschr, (4878). Bd. XXX. 1886. —— Über den Bau und das System der Hexactinelliden. Abhandl. der kgl. preußischen Akad. d. Wiss. Berlin (1886). 1887. Hexactinellida. Challenger-Reports, Zoology (1887). Bd. XXI. 1867. E. SELENKA, Über einige neue Schwämme aus der Südsee. Diese Zeitschr. (1867). Bd. XVII. 1888. W.J. Sorras, Tetractinellida. Challenger-Reports, Zoology (1888). Bd. XXV. 1883. G. VosmAER, Studies on Sponges. I. On Velinea gracilis. Mitth. a. d. Zool. Stat. zu Neapel (1883). Bd. IV. 1887. —— Porifera. Bronn’s Klassen u, Ordnungen des Thierreichs (4887). Bd. II. Il. Analytischer Theil. Classis Silicea. Spongien, denen Harttheile nur selten ganz fehlen, und deren Skelett, wenn vorhanden, aus Kieselnadeln, Hornfasern, Fremdkörpern oder Kombinationen von diesen besteht. Diese Klasse zerfällt in die zwei Subklassen : Triaxonia (Spongien mit triaxo- nen Nadeln und ihre Abkömmlinge) und Tetraxonia (Spongien mit tetraxonen Nadeln und ihre Abkömmlinge), beide sind in der Adria vertreten. Subelassis Triaxonia. Silicea mit großen sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Geißelkammern. Das Skelett besteht aus triaxonen Kiesel- nadeln oder markhaltigen, ganz oder zum Theil dendritisch verzweigten Hornfasern, zu denen sich zuweilen zwei- bis achtstrahlige Hornnadeln gesellen, oder fehlt ganz. Die Triaxonia zerfallen in zwei Ordnungen: Hexactinellida (mit Kieselskelett) und Hexaceratina (mit Hornskelett oder ohne Skelett). Die Ordnung Hexaceratina ist in der Adria vertreten. Hexactinelliden sind 278 R. v. Lendenfeld, jedoch in der Adria bisher nicht gefunden worden. Im Mittelmeer kommen drei Hexactinellidenarten (Farrea irregularis, Farrea spinulenta und eine Euplectella) vor. Ordo Hexaceratina. Triaxonia mit Hornskelett oder ohne Skelett. Diese Ordnung umfasst drei Familien: Darwinellidae (mit Hornfasern und Hornnadeln), Aplysillidae (mit Hornfasern ohne Hornnadeln) und Halisarcidae (ohne Skelett). In der Adria sind alle drei Familien vertreten. Familia Darwinellidae. Hexaceratina mit Hornfasern und Hornnadeln. Die Familie Darwinellidae umfasst die einzige Gattung Darwinella, und diese ist in der Adria vertreten. Genus Darwinella. Lamellöse oder inkrustirende Darwinellidae mit drei- bis acht- strahligen Hornnadeln. In der Adria findet sich eine Darwinella-Art. 33. Darwinella aurea. Tafel XIII, Fig. 46—24. 1865 beschrieb F. MüLLer (1865, p. 344; Taf. XXI) diesen Schwamm, den er in Desterro entdeckte, als Darwinella aurea. „1872 beschrieb CARTER (4872a, p. 405; Taf. VII) den gleichen Schwamm als Aplysina corneostellata, CArtEer scheint damals die obige Arbeit F. MürLer’s nicht gekannt zu haben. 1878 führt F. E. Schulze (1878, p. 385) Darwinella aurea an. 4884 erscheint der Schwamm wieder unter dem Namen Darwinella aurea bei POLEJAEFF (4884, p. 22). 1887 führt VosmAEr (4887, p. 367) den Schwamm ebenfalls unter diesem Na- men auf. 1889 beschrieb ich (1889, p. 684; Taf. XLVI) denselben und behielt F. MüLter’s Namen bei, Das Gleiche thue ich hier. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. Darwinella aurea ist ein niedriger, krustenförmiger Schwamm. Die Krusten sind selten über 4 mm dick; da aber der Schwamm nicht bloß größere Flächen, sondern mit Vorliebe auch frei aufragende Algen- zweigchen, Wurmröhren etc. überzieht, so erscheint er in der Regel nicht als eine flache Kruste (wie Aplysilla), sondern als ein massigeres Ge- bilde mit rundlichen Vorragungen. Der Randkontour der Krusten ist ein lappiger oder unregelmäßiger. Die Oberfläche ist mit 0,4 mm hohen und 1 bis 1,5 mm von einander entfernten Conulis bedeckt. Stellenweise sind jedoch die Conuli weiter von einander entfernt. Die Oscula sind kreisrund I—3 mm weit. Zuweilen fehlen sie ganz. Die Spongien der Adria. II. 279 Von den Gipfeln der Conuli strahlen bandförmige, 0,02 mm breite Faserbündel aus, welche sich in der Dermalmembran ausbreiten und in den interconularen Feldern Netze bilden. In den Maschen dieses Netzwerkes liegen die ovalen oder rundlichen, in Alkoholmaterial 0,047—0,.06 mm weiten, durchschnittlich bloß 0,015 mm von einander entfernten Einströmungsporen. Unter der dünnen Dermalmembran breiten sich mittelgroße Subdermalräume aus, von welchen die, mäßig verzweigten, durchschnittlich 0,2 mm weiten Einfuhrkanäle abgehen. Stellenweise findet man aber auch viel weitere Einfuhrkanäle. Die Geißelkammern (Taf. XIII, Fig. 23) sind größtentheils regelmäßig ge- staltet, kurz sackförmig 0,075—0,09 mm lang und 0,04—0,05 mm breit. Hier und da findet man auch viel längere, nie jedoch breitere Kammern. Der kreisrunde Kammermund ist 0,025—0,04 mm weit. Die Ausfuhr- kanälesind weitund haben etwas unregelmäßige Querschnitte. Stellen- weise erweitern sie sich zu lakunenartigen Räumen von beträchtlicher Größe. Das Skelett besteht 1) aus einer feinen Sponginplatte, welche die Unterlage des Schwammes überzieht, 2) dendritisch verzweigten Fasern, welche von dieser Platte aufsteigen und 3) den größtentheils frei liegenden Hornnadeln. Wo die basale Sponginplatte, schmale Vertiefungen der Unterlage ausfüllend, dicker wird, zeigtsie schöne Schichtung. Marksubstanz nimmt an ihrem Aufbau aber keinen Antheil. Die durchaus getrennten, und nirgends mit einander anastomosirenden Hornfasern (Taf. XIII, Fig. 17) sind ziemlich reich — viel reicher als die Aplysillafasern — verzweigt. Sie sind an der Basis gewöhnlich 0,1—0,15 mm dick, und verjüngen sich mehr oder weniger absatzweise gegen das distale Ende hin bis zu 0,02 mm. Der axiale Theil der Fasern wird von körnigem Mark eingenommen, der deutlich abgesetzte, peripherische Theil ist geschich- tet. In den schlanken Distaltheilen der Fasern ist die geschichtete Außenlage sehr dünn und das Mark sehr zart, so dass die Faserenden in absolutem Alkohol häufig kollabiren. Die Fasern sind meist in Büscheln angeordnet und lange nicht so gleichmäßig vertheilt, wie bei Aplysilla. Nur selten findet man eine, durch einen ihrer Strahlen, der dann wie ein Stiel aussieht, mit einer Faser oder der Basalplatte (Taf. XIII, Fig. 17d) verbundene Hornnadel. Die allermeisten Nadeln liegen regellos zerstreut frei im Weichkörper. Fritz Mürter (1865, p. 348) hat die Nadeln von Exemplaren der brasilianischen Küste beschrieben. Die Nadeln der Lesinaer Exemplare (Taf. XIII, Fig. 16) sind 280 R. v. Lendenfeld, größtentheils vier- bis sechsstrahlig. Ihre Strahlen sind fast immer 1 mehr oder weniger wellenförmig gebogen, sie sind konisch 0,08 bis 0,2 mm lang und an der Basis ungefähr 0,05 mm dick. So lange Strah- len (1 mm) wie sie Mürzer in den Exemplaren von Desterro gesehen hat, kommen in den adriatischen nicht vor. Die Strahlenspitze ist nicht scharf, sondern mehr oder weniger stark abgerundet. Die äußere Oberfläche der Nadeln erscheint feinkörnig, chagrinartig. In der Regel kann man in den Strahlen der Nadeln drei Schichten erkennen: 1) eine äußere helle, gelbliche und sehr durchsichtige Schicht von 0,002 bis 0,003 mm Mächtigkeit, deren innere, ziemlich deutliche Begrenzungs- fläche der äußeren Oberfläche der Nadel nahezu parallel ist; 2) eine innere dunklere bräunliche und weniger durchsichtige, vom Mark scharf abgegrenzte Schicht von 0,0025 — 0,004 mm Mächtigkeit und 3) das körnige Mark, in welchem sich zuweilen eine Längsstreifung erkennen lässt. Der Markstrang, welcher den centralen Theil jedes Strahls bildet, erscheint wellenförmig gebogen, seine Oberfläche ist der äußeren Oberfläche des Strahls nicht parallel. Der Markstrang ist mehr cylindrisch als der ganze Strahl, indem die äußeren Sponginlagen nach unten hin an Dicke zunehmen. Das Mark ist zuweilen licht- gefärbt und ziemlich durchsichtig, zuweilen rothbraun und grobkörnig. Die Grenze zwischen Mark und Rinde ist in der Strahlenspitze eben so deutlich wie anderwärts. Große blasige oder körnige, blasse bis dunkel- rothbraune Körper — vermuthlich symbiotische Algen oder Parasiten — sind sehr häufig der äußeren Schicht eingelagert. Dieselben er- schienen als mehr oder weniger halbkugelige, mit einer dünnen Spon- ginschicht überkleidete Vorragungen der Nadeloberfläche. Solche Ge- bilde finden sich stellenweise auch an den Fasern, wo sie jedoch viel seltener sind. Sie sind zweifellos mit den ähnlich aussehenden Gebilden an den Hornfasern von Aplysilla sulfurea, die unten näher beschrie- ben sind, identisch. Jugendstadien von Nadeln habe ich nicht gesehen und ich kann daher nichts über ihre Bildungsweise sagen. Über die chemische Natur der Nadeln lässt sich nur sagen, dass sie allem An- scheine nach mit den Hornfasern nahe übereinstimmen. Färbt man mit Methylviolett oder Hämatoxylin so tingiren sich die jüngeren Theile der Fasern, die Zweigspitzen, recht intensiv. Nach unten hin nimmt die Intensität der Färbung stetig ab und die basalen, ältesten Faser- theile sind nur wenig oder gar nicht gefärbt. Ich habe nie eine Horn- nadel gesehen, welche so intensiv gefärbt gewesen wäre, wie die Zweigspitzen der Fasern, sie stimmen in Bezug auf Tinktionsfähigkeit vielmehr mit den älteren Fasertheilen überein. Oft sieht man einzelne flache Zellen oder auch kleine Gruppen % Die Spongien der Adria. II. 281 von solchen der Nadeloberfläche anliegen. Eine sponginabscheidende Funktion möchte ich diesen Zellen jedoch nicht zusprechen. Die Kragenzellen (Taf. XII, Fig. 18—22) sind in meinen Alkohol- exemplaren langgestreckt, unregelmäßig eylindrisch. Die Ecken ihrer polygonalen Basalfläche (Taf. XII, Fig. 48) sind häufig in Zipfel ausgezo- gen, welche jedoch nicht in längere Fortsätze überzugehen scheinen. Das Plasma ist körnig und mit Anilinfarben intensiv tingirbar, der auf- fallend große kugelige Kern liegt meist in ‚halber Höhe der Zellen (Taf. XIII, Fig. 20,21). Kragen und Geißel sind in verschiedener Weise kollabirt. Einmal erscheint jeder Kragen wie ein schiefer, der Zelle aufgesetzter, kegelförmiger Zipfel (Taf. XIII, Fig. 19), einmal klaffen die Kragen weit und Geibelreste sind erkennbar (Taf. XIII, Fig. 20), und ein- mal erscheinen nur die äußeren Begrenzungen der Kragen, die Kragen- ränder, deutlich (Taf. XIII, Fig.21,22) und es sieht dann so aus als wäre eine Membran über den Kragenzellen ausgespannt, gleichwohl glaube ich nicht, dass eine wirkliche Membran (SorLas’sche Membran) an dieser Stelle besteht. Die Kragenzellen sind 0,006—0,009 mm lang und etwa 0,0025 mm dick. Die Grundsubstanz ist durchsichtig. Abgesehen von den gewöhn- lichen Sternzellen finden sich in der Zwischenschicht der meisten von mir untersuchten (seiner Zeit von Buccicn in Lesina gesammelten) Exemplare Gruppen von Kapseln, welche Geschlechtsprodukte ent- halten (Taf. XIII, Fig. 23). Die einzelnen kugeligen oder ovalen Kapseln, welche einen Durchinesser von 0,02—0,2 mm haben, liegen innerhalb der Gruppen so nahe beisammen, dass nur 0,02—0,08 mm breite Räume zwischen ihnen übrig bleiben. In den meisten Gruppen finden sich große, mittlere und kleine Kapseln neben einander, einzelne Gruppen enthalten aber ausschließlich mittel- und ganz große Kapseln. Die Zahl der Kapseln in einer Gruppe schwankt zwischen 10 und 50. Die Kapseln (Taf. XIII, Fig, 2%) bestehen aus flachen Zellen, welche in mehreren Schichten über einander liegen und nur durch dünne Lagen von Grundsubstanz von einander getrennt sind. Nach außen hin werden die Räume zwischen diesen Kapselzellen immer größer und es geht das Kapselgewebe ganz allmählich in das gewöhnliche Zwischen- schichtgewebe über. Diese Kapseln sind offenbar jenen homolog, welche ich (1883, p. 262) bei Aplysilla violacea gefunden habe. In den kleinsten Kapseln findet man stets eine einzige große Zelle (Taf. XIII, Fig. 24 b) von kugeliger Gestalt und 0,025—0,045 mm Durchmesser. Das Plasma dieser Zelle ist stark körnig und tingirbar. _ Der excentrisch gelegene Kern ist meistens oval, selten unregelmäßig, mit zipfelförmigen Fortsätzen. Sein Durchmesser beträgt 0,007 bis 282 R. v. Lendenfeld, 0,001 mm. In demselben fand ich zuweilen einen größeren und zu- weilen zwei kleinere Nucleoli. Auch die Kerne mit zipfelformigen Fortsätzen besitzen Nucleoli. Höchst eigenthümlich gestaltet ist die äußere Oberfläche der jüngeren, noch kleinen Zellen dieser Art. Drei Viertel ihrer Oberfläche erscheinen nämlich glatt und so scharf kon- tourirt, dass man an die Existenz einer Zellhaut denken muss, obwohl eine solche nicht direkt nachgewiesen werden kann. Ein Viertel der Oberfläche dagegen ist mit zahlreichen, zipfelförmigen Vorragungen bedeckt, welche entweder frei enden (wie bei der in der Fig. 24 dar- gestellten Zelle) oder mit der Kapselinnenfläche. verbunden sind. Bei den älteren, schon großen Zellen dieser Art sind solche Zipfel nicht beobachtet worden. Ich vermuthe, dass diese Zipfel im Leben mit der Kapsel zusammenhängen, und dort, wo sie (wie in der Figur) frei enden, in Folge von Schrumpfung bei der Präparation, von der Kapsel- wand abgerissen sind. Wohl könnte man diese Zipfel als die Brücken betrachten, durch welche Nährmaterial der wachsenden Zelle zugeführt wird. Den größeren Zellen dieser Art liegen häufig eine, zwei oder auch mehrere niedrige, blasse Gebilde kappenförmig an. Nur selten gelingt es Kerne in diesen, den PoL£Jarrr’schen Deckzellen so ähnlichen Gebilden aufzufinden. Sind die erwähnten kappenförmigen Elemente wirklich Porzsaerr’sche Deckzellen, so muss hervorgehoben werden, dass hier keineswegs bloß eine Deckzelle (wie PoLEJAEFF annimmt) vorhanden ist, sondern dass ihre Zahl eine größere, und wie es scheint schwankende ist. In den größeren Kapseln finden sich meistens Haufen von Körnern, welche Körner vielleicht als sehr kleine Zellen aufgefasst werden könn- ten. Nur selten trifft man Haufen großer, polyedrischer, gegenseitig abgeplatteter Zellen mit deutlichen Kernen in den Kapseln an. Die Körnerhaufen werden in allen Größen angetroffen. Die Haufen der größeren polyedrischen Zellen sind größer als viele von den Körner- haufen. Es scheint daher zweifelhaft ob, wie man a priori annehmen möchte, die Körnerhaufen aus den Gruppen polyedrischer Zellen her- vorgehen. Die Körnerhaufen kann man mit hinreichender Sicherheit als Jugendstadien von Samenballen in Anspruch nehmen. Ob die Gruppen polyedrischer Zellen auch Entwicklungsstadien von Samen- ballen, oder ob sie Embryonen sind, ist schwer zu sagen. Das Erstere halte ich immerhin für das Wahrscheinlichere. PoLEsa&FF (1884, p. 40) erwähnt, dass bei Darwinella aurea auch Drüsenzellen in der Haut vorkommen. Die Farbe des Schwammes ist im Leben goldgelb, im Weingeist kupferroth. Die Spongien der Adria. Il, 283 Darwinella aurea ist in seichtem Wasser im atlantischen Ocean sowohl an der europäischen, wie an der südamerikanischen Küste ge- funden worden, der adriatische Fundort war Lesina. Jetzt scheint Darwinella aurea jedoch nicht mehr dort vorzukommen. Herr BuccıcH hat mir auf meine Anfrage hin über das merkwürdige Verschwinden der Darwinella von Lesina Folgendes mitgetheilt: »Es war im Jahre 187%, als ich in einem Bassin des Hafens von Lesina die äußeren Holzsäulen einer Fluthmesserhütte durch eine Mauer ersetzen ließ. Wie allgemein bei Wasserbauten an unserer Küste, wurde auch hier als Kieseleement zur Verfertigung des hydraulischen Mörtels der »Santorin« (von der vulkanischen Insel Santorino) verwendet. 1878 nahm ich an der Schattenseite obengenannter Mauer unter kleinen Hircinien, Gacospon- gien und Algen einige gelbe Flecken wahr, die ich für Aplysilla hielt. Geheimrath F. E. Scuurze, dem ich diesen Schwamm sandte, erkannte ihn als Darwinella. 1879 hat Geheimrath F. E. Scuuzze die Darwinella an Ort und Stelle gesehen. Jede Nachforschung nach dem Schwamme in der Umgebung dieses Fundortes und in anderen Theilen der Lesi- naer Gewässer blieb erfolglos. 1886 war der Schwamm auch von seinem ursprünglichen Standorte (an der Mauer des Fluthmessers) ver- schwunden. Bis dato ist der Schwamm nicht wieder erschienen. Nach meiner Ansicht ist die Darwinella mit Barken oder mit dem Santorin hierher gebracht worden. In beiden Fällen müsste sie auch anderswo in der Adria vorkommen. Ihr Auftreten hier war kein ephemerisches. Der Schwamm wuchs und lebte mehrere Jahre hindurch unter den- selben Verhältnissen und man kann daher nicht annehmen, dass die Existenzbedingungen hier ihm nicht zusagten. Das Wasser, in welchem der Schwamm lebte, wird durch die Kloaken der Stadt stark ver- unreinigt. Es ist wohl möglich, dass eine erhöhte Unreinigkeit des Wassers den Schwamm zum Absterben brachte.« Familia Aplysillidae. Hexaceratina mit Hornfasern aber ohne Hornnadeln. Die Familie Aplysillidae umfasst die drei Gattungen Janthella (mit Zellen in der Sponginrinde der Fasern), Dendrilla (ohne Zellen in der Sponginrinde, hoch massig) und Aplysilla (ohne Zellen in der Sponginrinde, niedrig, inkrustirend). In der Adria kommt nur die letztgenannte vor. Genus Aplysilla. Inkrustirende, selten theilweise freistehende lamellöse Aplysil- lidae, deren Skelett aus vielen getrennten, baumförmig verzweigten Hornfasern besteht. Ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern. « In der Adria finden sich zwei Aplysilla-Arten. 284 R. v. Lendenfeld, 34. Aplysilla sulfurea. Tafel XIII, Fig. 4—15. 1876 wurde dieser Schwamm von CARTER (4876, p. 234) als Aplysina ineru- stans beschrieben. 1878 lieferte F. E. ScHuLze (1878, p. 405; Taf. XXIII, XXIV) eine vorzügliche Schilderung des Baues dieses Schwammes und machte auch entwicklungsgeschicht- liche Angaben über denselben. Er nannte ihn Aplysilla sulfurea. 1882 führte GRAEFFE (1882, p. 347 [sep. p. 5]), 1887 VOSMAER (4887, p. 442, 367) und 1889 ich (1889, p. 707) diesen Schwamm als Aplysilla sulfurea auf. | 1889 veröffentlichte ich (4889a, p. 443 [sep. p. 38]; Taf. XXVII, XXVII) die Ergebnisse einiger, mit diesem Schwamme angestellter, physiologischer Experi- mente und benutzte dabei den Namen Aplysilla sulfurea. Auch hier benutze ich diesen Namen. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Triest und theils aus Lesina. Aplysilla sulfurea bildet Krusten von meist zwei bis zehn Qua- dratcentimeter Horizontalausdehnung, es kommen jedoch zuweilen viel größere, vielleicht durch Konkrescenz kleinerer benachbarter, entstan- dene Krusten vor. Der Randkontour der Krusten ist ganz unregelmäßig, und oft etwas zackig. Die Dicke der Krusten schwankt zwischen { und 6 mm. Durch ihre außerordentliche Niedrigkeit zeichneten sich die von mir im Herbst bei Lesina gesammelten Krusten aus. Die Oberfläche des Schwammes ist mit 0,5—1 mm hohen gleichmäßig vertheilten, mm von einander entfernten Conulis bedeckt. Die kreisrunden Oscula, von denen kleinere Krusten nur eines, größere zwei und mehr besitzen, sind in der Regel I mm weit, selten größer. Häufig ist ein dünn- wandiger, fast durchsichtiger Schornstein von I—2 mm Länge dem Osculum aufgesetzt. Bänder, welche von den Conulis ausstrahlen und in den interconularen Feldern Netze bilden, durchziehen die Dermal- membran. In den Maschen dieser Netze liegen die zu Gruppen von etwa 20 vereinten Einströmungsporen. In vollständig dilatirtem Zu- stande sind diese Poren beim lebendenSchwamm kreisrund und 0,1 mm weit. ScHuLze (1878, p. 406) hat außer solchen auch mehr oder weniger kontrahirte und ganz geschlossene Poren beobachtet. Die Poren in einer und derselben Gruppe sind meist annähernd gleich weit offen, was man besonders nach Karminfütterung (Lenpenreın 1889 a, p. #45 [sep. p. 40]) deutlich erkennt; aber nichtsdestoweniger sieht man nicht selten, namentlich bei Alkoholmaterial, Poren von recht verschiedener Größe in denselben Gruppen (Taf. XII, Fig. 9). Hier (bei Alkohol- material) sind die Poren meist 0,04—0,08 mm weit, Die Spongien der Adria. Il. 285 Die Dermalmembran ist dünn. Wo die Geißelkammern dicht an die Dermalmembran herantreten, ist die letztere durch zahlreiche, an Schnitten als Trabekel erscheinende Membranen mit den Kammern verbunden. Die von diesen Membranen begrenzten Hohlräume er- strecken sich zwischen den Geißelkammern hinab bis nahe an die Wand des abführenden Kanals, in welchen die Kammern münden. Zwischen benachbarten Kammern sind Trabekel und Membranen aus- gespannt, welche diese intercameralen, dem einführenden System an- gehörenden Räume durchsetzen. Zwischen den an die Dermalmembran dicht herantretenden Kammergruppen liegen größere Höhlen, die An- fänge der weiten, geraden oder gekrümmten Einfuhrkanäle. Diese Kanäle haben einen annähernd kreisrunden Querschnitt, sind durch- schnittlich etwa 0,2 mm breit und gar nicht, oder nur in geringem Grade verzweigt. Von einer Unterscheidung in Stamm- und Astkanäle kann bei ihnen keine Rede sein. Die Existenz von Anastomosen zwischen den Einfuhrkanälen halte ich für ausgeschlossen. Eine von kleinen Poren durchbrochene, aber sonst großentheils kontinuirliche Membran umsgiebt die Einfuhrkanäle. Diese Membran zieht über die Kuppeln der, an die Kanäle anstoßenden Kammern hinweg und trennt die intercame- ralen Räume zwischen den Kammern von dem Lumen des Einfuhr- kanals (Taf. XIII, Fig. 1—3, 5). Diese Intercameralräume werden, gerade so, wie die dicht unter der Dermalmembran liegenden von Trabekeln (Membranen) durchsetzt, welche die benachbarten Kammern mit ein- ander verbinden. Die Geißelkammern (Taf XIII, Fig. 1—5) sind langgestreckt sack- - förmig, oder auch niedriger, taschenförmig, und münden mit 0,03 bis 0,06 mm weiter, kreisrunder, oder etwas unregelmäßiger Öffnung - seitlich in die weiten Ausfuhrkanäle ein. Die Kammern sind 0,04 bis - 0,06 mm und darüber breit. Ihre Länge schwankt zwischen 0,0% und | 0,27 mm. Lange, sackförmige Kammern sind viel häufiger als kurze, - taschenförmige. Während nun die Mehrzahl der Kammern einfach und gerade, oder etwas gekrümmt ist (Taf. XIII, Fig. 3), findet man an ge- _ wissen Stellen (Taf. XIII, Fig. 2) unregelmäßige Kammern mit breiten, niederen, kuppelförmigen Divertikeln. Stellenweise, namentlich dicht "unter der Oberfläche, finden sich Kammern (Fig. XII, Fig. 1), welche in : komplieirter Weise verzweigt sind. Die Kammerporen (Taf. XII, Fig. 8 p), welche von den Intercameralräumen in die Kammern hinein- _ führen, sind bis zu 0,012 mm weit. Ihre Zahl scheint eine geringe zu sein. Offene Kammerporen sieht man in Alkohol- und in Osmium- _ säure-Material in jeder Kammer höchstens zwei bis fünf. Die ausführenden Kanäle, in welche die Kammern durch die 286 R. v. Lendenfeld, erwähnten, weiten Öffnungen direkt einmünden, sind größer als die Einfuhrkanäle, bilden aber kein solches kammerfreies Lakunensystem im basalen Theile des Schwammes, wie bei Aplysilla violacea (Lenpen- FELD 1883, p. 260). Sie vereinigen sich in dem Oscularrohr, welches mit einfachem Osculum oder mit einem schornsteinartigen Ansatze (s. 0.) nach außen mündet. Die interessanteste und bisher nicht bekannt gewordene Eigen- thümlichkeit des Kanalsystems von Aplysilla sulfurea ist jene Membran, welche über die Kammerkuppeln hinwegziehend die weiten, offenen Einfuhrkanäle von den trabekeldurchzogenen Intercameralräumen trennt. Bildungen, welche sich hiermit vergleichen ließen, sind bisher nur bei gewissen Hexactinelliden (Gaulophacus, Hyalonema ete.) be- obachtet worden (F. E. Scnuze 1887). Das Skelett von Aplysilla sulfurea besteht aus getrennten, dendri- tisch verzweigten markhaltigen Hornfasern, welche von einer basalen, die Unterlage überziehenden Sponginplatte emporsteigen, um in den Conulis zu enden. Mit trompetenförmigen Erweiterungen sitzen die Fasern der basalen Sponginplatte auf. Sie sind an der Basis 0,1 mm und darüber, selten bis zu 0,2 mm dick und verdünnen sich nach oben hin bis zu 0,05 mm. Der größere Theil der Faser besteht aus körnigem Mark, welches von einer verhältnismäßig dünnen Lage geschichteten Spongins umgeben wird. Das Mark, welches die unteren, dicken Theile der Fasern einnimmt, zeigt keine Schichtung. Weiter oben werden fingerhutförmige Schicht- grenzen in demselben angetroffen, welche gegen die distalen Faserenden hin an Zahl und Deutlichkeit zunehmen. Die Oberfläche des centralen Markeylinders ist keineswegs der äußeren Faseroberfläche streng parallel, er erscheint vielmehr an den fingerhutförmigen Schichtgrenzen häufig geknickt, während die äußere Oberfläche der Faser glatt mit gleichmäßiger Krümmung über die Knickungsstellen des Markes hin- wegzieht. Zellige Elemente, wie ich sie im Mark von Dendrilla rosea beschrieben habe (LenpenreıD 1883, p. 289) kommen im Marke von Aplysilla sulfurca nicht vor. Das Mark bildet etwa ®/,, der ganzen Faser. Die Sponginhülle — ein Rohr mit 0,01 — 0,04 mm dicker Wand — ist schön geschichtet. Zumeist lässt sich eine innere, fein und nicht sehr deutlich geschichtete Zone (Taf. XIII, Fig. 445) von einer äußeren gröber und viel deutlicher geschichteten unterscheiden (c). Zwischen dem Sponginrohr und dem Mark, noch häufiger aber zwischen den Schich- ten des ersteren, findet man häufig Körner- Aggregate oder große helle Blasen, welche einige kleine Körnchen enthalten (Taf. XIII, Fig. 15 e). Durch diese Gebilde wird die Faseroberfläche lokal stark nach außen Die Spongien der Adria. II. 287 vorgetrieben, wodurch die Fasern ein knorriges Aussehen gewinnen. In ähnlicher Lage finden sich auch kugelförmige Agglomerate von Diato- meen, welche zuweilen einen Durchmesser von 0,05 mm erreichen. Alle diese Gebilde halte ich für niedere Pflanzen der einen oder ande- ren Art, welche zufällig in den Schwamm eingedrungen waren, oder parasitisch in demselben gelebt hatten und daraufhin von den Schwamm- zellen an die Hornfasern angeleimt und in die Substanz derselben ein- gebettet wurden, um sie unschädlich zu machen. Spongoblasten habe ich bei meinen Aplysilla sulfurea-Exemplaren nicht gefunden, wohl aber flache Zellen gesehen (Taf. XII, Fig. 14 d), welche den Fasern stellenweise außen anliegen. F. E. Scaurze (1878, p. 409) hat an der äußeren Oberfläche der Aplysilla sulfurea ein sehr niedriges, aus vier bis sechs eckigen Zellen bestehendes Plattenepithel nachgewiesen. Ein ähnliches, jedoch etwas höheres und an Schnitten auch im Profil leicht erkennbares Epithel findet sich an den Kanalwänden. Die Kragenzellen sind im Leben (nach F. E. Scuuzze 1878, Taf. XXIII, Fig. 26) kurz und dick, der Kragen niedrig und die Geißel mittellang, sehr dünn und von dem Zellenleib scharf abgesetzt. In meinen Osmiumpräparaten erscheinen sie meistens kegelförmig (Taf. XII, Fig. 7) nach oben verjüngt und allmählich in die basalrecht dicke Geibel übergehend. Der Zellenleib ist (bei Os- miumsäurepräparaten) 0,008—0,041 mm lang und an der Basis 0,003 bis 0,004 mm breit. Das Plasma ist körnig und — namentlich mit Methyl- violett — sehr stark tingirbar. Es enthält, wie F. E. Senuze (1878, p. 411) an lebendem Material beobachtet hat, gelbe Pigmentkörner. Der kugelige Kern liegt im basalen Theile der Zelle. An Flächenan- - sichten der Kragenzellenschicht (Taf. XIII, Fig. 8) erkennt man, dass der verbreiterte Basaltheil einer jeden Kragenzelle in mehrere, meist fünf oder sechs Zipfel ausgezogen ist, welche tangential verlaufen und in feine Fäden übergehen, die ausnahmsweise — besonders in zerzupf- ten, mit Anilinblau gefärbten Stücken — eine kurze Strecke weit ver- folgt werden können. Die Kragen sind in Osmiumsäurepräparaten klein und unscheinbar. Nach Strychninvergiftung erscheinen die Kragenzellen lang und schmal und sind häufig in der Mitte etwas ein- - geschnürt (LEnnenreLpD 1889 a, Taf. XXVII, Fig. 8%). In gewöhnlichen Alkoholexemplaren erscheinen die Kragenzellen meist sehr niedrig. Die Geißeln fehlen und eine deutliche Linie (Taf. XXIII, Fig. 6«) (Sorzas’sche Membran) zieht in einiger Entfernung über die Leiber der Kragenzellen hin. Diese Linie ist wohl der optische Ausdruck von Resten kollabirter Geißeln, welche sich auf den Kragenrändern nieder- gelegt haben, 288 R. v. Lendenfeld, Die Grundsubstanz der Zwischenschicht ist hyalin und körnchen- frei. F. E. Scauzze (1878, p. 410) beobachtete in der Zwischenschicht der Dermalmembran die Pseudopodienbildung und Ortsbewegung von amöboiden Zellen, welche an einer Stelle spitze Fortsätze bilden. Außerdem beschrieb er Stern- und Faserzellen. Oben ist erwähnt worden, dass die äußere Oberfläche des Schwam- mes im Leben normalerweise mit niedrigem Plattenepithel bekleidet ist. Wird jedoch eine Kruste vor der Härtung kurze Zeit der Luft ausgesetzt, wie es beim Untersuchen der, mit der Zange ins Boot her- aufgebrachten spongienbewachsenen Felsstücke häufig geschieht, so geht das Epithel der äußeren Oberfläche, namentlich an den expo- nirten Spitzen der Conuli, verloren und wird durch eine starke, bis zu 0,003 mm dicke Cuticula ersetzt. Eine solche Mächtigkeit erlangt die Cuticula jedoch stets nur am Zipfel des Gonulus selbst. Diese Guticula ist völlig farblos und unter gewöhnlichen Umständen in Dammar schwer oder gar nicht zu sehen. Tingirt man aber die Schnitte eine oder zwei Sekunden mit Methylviolett, so erscheinen bloß diese Cuticula und die äußeren Sponginlagen der jüngeren (distalen) Faserpartien tingirt und die erstere tritt dann sehr deutlich hervor. Dass diese Cuticula, welche schon Köruıker (186%, p. 51) gesehen hat, aus einer mit dem Spongin der Hornfasern identischen Substanz bestehe, schien mir schon vor neun Jahren wahrscheinlich, als ich dieselbe an der australischen Aplysilla violacea studirte (LENDEnreLD 1883, p. 269). Dadurch, dass bei kurzer Methylviolett-Einwirkung bloß die Cuticula und die jungen Fasertheile und zwar beide in ganz gleicher Weise tingirt werden, scheint mir der Beweis für jene Hypothese erbracht. Dass die Guticula an der CGonulusspitze viel dieker als anderwärts ist, deutet darauf hin, dass die Spongoblasten der Conulusspitze, welche ja eine be- sonders energische sponginabscheidende Thätigkeit entwickeln, selber an der Secernirung dieser Cuticula Antheil nehmen. Weiter ab vom Conulus wird die Cuticula von Drüsenzellen der Haut abgeschieden. Während nun bei anderen Aplysilla-Arten (vergleiche MErEIKOVSKY 1879, und LenDenreLd 1883) zahlreiche, dem Epithel dicht anliegende, mit großer Sicherheit als Drüsenzellen erkennbare Elemente beschrie- ben worden sind, sucht man bei Aplysilla sulfurea vergebens nach solchen Zellen. Dagegen findet man bei dieser adriatischen Art ein- zelne oder zu Gruppen von zwei bis fünf vereinte Zellen (Taf. XII, Fig. 9c, 12), welche durch Anilinfarben sehr stark tingirt werden. Diese Zellen sind unregelmäßig massig, lappig, rundlich oder langge- streckt und erreichen eine Größe von 0,03 mm. Sie sind (nach Anilin- tinktion) die auffallendsten Elemente der Dermalmembran (Taf. XII, Die Spongien der Adria. II. 289 Fig. 9). In dem stark tingirten Plasma erkennt man meist auf einer Seite den kugeligen Kern und auf der anderen, neben kleineren Körnern, große, stark lichtbrechende Tröpfchen in wechselnder Anzahl. Ich wäre nicht abgeneigt diese Zellen als diejenigen in Anspruch zu nehmen, welche bei Aplysilla sulfurea die Guticula zwischen den Conulis abscheiden. Ob diese Zellen die von F. E. Scuurze beschriebenen Wander- zellen (s. o.) sind, kann ich nicht sicher entscheiden. Ich halte dies jedoch nicht für wahrscheinlich. Die Bänder, welche die Dermalmembran durchsetzen (Taf. XII, Fig. 9a) bestehen aus langen körnigen Spindeln, deren Substanz bloß durch Anilinblau stärker tingirt zu werden scheint. Kerne sah ich in den Spindeln nicht. Diese Spindeln (Taf. XII, Fig. 10) sind sehr schlank, in der Mitte 0,002 mm breit und mindestens 0,l1 mm lang. Die von F, E. Scaurze (1878, Taf. XXIII, Fig. 20, 23) abgebildeten Spindeln sind kürzer und besitzen eine deutliche centrale Anschwellung, welche einen ovalen Kern birgt. Außer den beschriebenen Elementen kommen in der Haut noch zahlreich blasse, unregelmäßige, meist lang- gestreckte Zellen mit kugeligem Kern vor (Taf. XIII, Fig. 95, 11), welche keine deutlichen Ausläufer besitzen. Weder Kern noch Plasma dieser Zellen behalten irgend welches Tinktionsmittel nach dem gewöhnlichen Auswachsen zurück und sie sind in Osmiumpräparaten nicht deutlicher als in Alkoholpräparaten. Noch möchte ich die Existenz von größeren, leichter tingirbaren langgestreckten Elementen mit kugeligem Kern und wenigen (ein bis drei) kegelförmigen Fortsätzen erwähnen (Taf. XIII, Fig. 13), welche ich in der Umgebung der Gonulusspitze beobachtet habe. Besonders zahlreiche und dickleibige, auffallend stark tingirbare Elemente finden sich in der basalen, an Geißelkammern armen Partie des Schwammes. Aplysilla sulfurea ist nach F. E. Scuurze (1878, p. 412) getrennten ‚Geschlechtes. Spermaballen und Eier liegen in Höhlen, welche mit platten Zellen ausgekleidet sind. Reife Spermaballen lassen im Inneren eine radiale, durch die centripetale Orientirung der Spermatozoen- schwänze hervorgerufene Streifung erkennen. Die Köpfchen der reifen Spermatozoen sind 0,001 mm breit und doppelt so lang. Die reifen Eier sind kugelig und haben einen Durchmesser von 0,1—-0,15 mm. Die Larven des Schwammes bleiben einige Zeit im Körper der Mutter. F. E. Scnuze (1878, p. 415) hat eine Larve beschrieben: An der Ober- fläche des ovalen Körpers findet sich eine einfache Schicht schmaler und hoher Cylinderzellen. Das ganze Innere ist von multipolaren durch beträchtliche Zwischenräume von einander getrennten körnigen Zellen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIV, Bd, 19 290 R. v. Lendenfeld, erfüllt. Diese hängen mittels ihrer Fortsätze unter einander zusammen und die äußersten von ihnen scheinen auch mit dem Cylinderepithel an der Oberfläche durch Fortsätze in Verbindung zu stehen. Die Farbe des lebenden Schwammes ist ein helles, leuchtendes Schwefelgelb. An der Luft geht diese Farbe langsam und ungleich- mäßig in Dunkelblau über. In Weingeist konservirt ist der Schwamm dunkel mattroth. Aplysilla sulfurea ist in der Adria und in der Nähe der Shetland- inseln gefunden worden. Die adriatischen Fundorte sind Triest und Lesina. Bei den Shetlandinseln kommt der Schwamm in einer Tiefe von 320 Meter vor. In der Adria ist er nur in seichtem Wasser gefun- den worden. Über die Zeit der Geschlechtsreife sagt F. E. ScuuLze (1878, p. 442), dass man schon im Januar Krusten mit reifen Spermato- zoen finden kann, während die Entwicklung der Eier erst im April beginnt. Die Zeit der Geschlechtsreife dauert bis zum Juli. 35. Aplysilla rosea. 4876 wurde dieser Schwamm von Barroıs (4876, p. 54) unter dem Namen Verongia rosea beschrieben. 1876 beschrieb CARTER (1876, p. 229; Taf. XII) einen, in den Formenkreis dieser Art gehörigen Schwamm als Aplysina naevus. | 4878 veröffentlichte F. E. SchuLze (4878, p. 416; Taf. XXI) eine Schilderung dieses Schwammes, verleibte ihn seinem neuen Genus Aplysilla ein und behielt den Namen rosea (von Barroıs) bei, obwohl er von der Identität des von ihm unter- suchten adriatischen Schwammes mit der Verongia rosea Barrois aus der Straße von Dover keineswegs überzeugt war. 1882 führt GrAEFFE diesen Schwamm (1882, p. 347 [sep. p. 5]) ebenfalls als Aplysilla rosea auf. 1886 kommt CARTER (1886, p. 285) wieder auf seine Aplysina naevus zu spre- chen und beschreibt einen anderen — ebenfalls mit Aplysilla rosea identischen Schwamm — als Aplysina cruor (l. c. p. 286). 1887 führte VosmAeEr (1887, p. 143, 425) diesen Schwamm unter dem SCHULZE- schen Namen Aplysilla rosea auf. Ihm scheint die Identität desselben mit Veron- gia rosea Barrois zweifelhaft. 1889 beschrieb auch ich (1889, p. 708; Taf. XLIV) diesen Schwamm als Aply- silla rosea. Auch hier behalte ich diesen Namen bei. Adriatisches Material von diesem Schwamme stand mir nicht zur Verfügung, wohl aber konnte ich einige, von mir an der Ost- und von Wırson an der Süd- küste Australiens gesammelte Stücke untersuchen. Aplysilla rosea ist ein niedriger krustenbildender Schwamm. Die horizontal nicht selten weit ausgebreiteten Krusten sind meist sehr dünn, selten bis zu 5 mm und darüber, dick. Die Oberfläche ist mit Die Spongien der Adria. Il. 291 schlanken, 2—3 mm hohen und durchschnittlich 5 mm von einander entfernten Conulis bedeckt. Bemerkenswerth ist es, dass die Conuli bei dieser Art von der Oberfläche scharf abgesetzt erscheinen und nicht, wie bei anderen Arten mittels eines trompetenförmig erweiterten Basalstückes allmählich in die umgebende Oberfläche übergehen. Diese Eigenthümlichkeit scheint jedoch bei den adriatischen Exempla- ren nicht so deutlich ausgesprochen zu sein, wie bei den australischen, wenigstens erwähnt ScuuLze in seiner Beschreibung dieses Schwammes nichts davon. An den größeren Krusten finden sich mehrere Oscula von Kreisrunder Gestalt und 1—2,5 mm Durchmesser. Im Bau des Kanalsystems scheint Aplysilla rosea mit der oben beschriebenen Aplysilla sulfurea sehr nahe übereinzustimmen, wenn- gleich die Trennung des einführenden Systems in weite Einfuhrkanäle und trabekeldurchsetzte Intercameralräume bei A. rosea nicht so deut- lich ist, wie bei A. sulfurea. Das Skelett besteht aus getrennten, dendritisch verzweigten, markhaltigen Hornfasern, welche von einer, die Unterlage überziehen- den basalen Sponginplatte aufsteigen, um in den Conulis zu enden. Die Fasern sind nächst der trompetenförmig erweiterten Basis meist unge- fähr 0,3 mm dick. Das Mark bildet 8/,,—?/ı, der ganzen Faser. In der Haut finden sich meistens zahlreiche Fremdkörper, die Hornfasern aber sind von Fremdkörpern frei. Barroıs (1876) hat die Entwicklung der Eier ziemlich weit verfolgt. Die Furchung ist äqual, doch zeigt die eine Furchungskugel einen rothen Farbenton, welcher der anderen fehlt. Die Elemente, welche durch weitere Theilung aus der rothen Furchungskugel hervorgehen, ragen etwas über die Oberfläche des Embryo vor und sind geibellos. Später differenzirt sich die äußerste Reihe der rothen Zellen zu Geißelzellen, deren Flagellum größer sein soll als die Geißeln der farblosen Elemente. Die Farbe des lebenden Schwammes ist blass rosa- bis dunkel kirschroth. In Weingeist wird diese Farbe dunkler und matter. Das Pigment erscheint in Gestalt großer rother, kugeliger Körner, welche in den Kragenzellen liegen. Aplysilla rosea ist in der Adria der Nordsee und an der austra- lischen Küste gefunden worden. Der adriatische Fundort ist Triest. In der Adria und in den australischen Gewässern kommt der Schwamm in seichtem Wasser, in der Nordsee aber auch in Tiefen von 600 Meter und darüber vor. Familia Halisarcidae. Hexaceratina ohne Skelett. Die Familie Halisarcidae umfasst die beiden Gattungen Halisarca (mit kleinen 19% 292 R. v. Lendenfeld, Subdermalräumen und verzweigten Kammern) und Bajulus (mit großen Subder- malräumen und einfachen Kammern), von denen die erstere in der Adria vor- kommt. Genus Halisarea. Inkrustirende oder massige Halisarcidae mit langgestreckt sack- förmigen, verzweigten Kammern und kleinen, einfachen Subdermal- räumen. In der Adria findet sich eine Halisarca-Art. 36. Halisarca Dujardini. Tafel XII, Fig. 25—27. 1842 wurde dieser Schwamm von Jounston (4842, p. 192; Taf. X VI) als Hali- sarca Dujardini beschrieben. 1859 machte LıEBERkÜHN (1859, p. 353) weitere Angaben über diesen Schwamm und behielt Joanston’s Namen bei. 1864 beschrieb O. Scamiort (1864, p. 40) eine adriatische Halisarca als H. gut- tula. Dieser Schwamm ist identisch mit Halisarca Dujardini Johnston. 1868 führt O. Schmidt (4868, p. 24) unseren Schwamm abermals als Halisarca guttula auf. 4872 kommt Carter (1872, p. 47) auf Halisarca guttula zu sprechen und leug- net, dass dieses Gebilde überhaupt ein Schwamm ist. 41873 macht Carter (1873, p. 25, 27) weitere Angaben über diesen Geganstand und bespricht Halisarca Dujardini und Halisarca guttula als zwei verschiedene Dinge. | 1873 bespricht GiArD (4873, p. 488) ebenfalls diesen Gegenstand und tritt für die Spongiennatur der Halisarca guttula ein. 1874 kommt CARTER (1874, p. 315) abermals hierauf zurück und erkennt nun Halisarca guttula als Schwamm an. 1876 macht Barroıs (1876, p. 41) Angaben über die Entwicklung unseres Schwammes. Er nennt ihn Halisarca Dujardini. 1876 machte Kock (1876, p. 83) einige Bemerkungen über Halisarca Dujardini. 41877 beschrieb ScaULzE (1877, p. 36; Taf. I, V) unseren Schwamm anatomisch und histologisch sehr genau und machte auch einige Angaben über die Entwick- lung desselben. Er erkannte, dass Halisarca Dujardini und Halisarca guttula iden- tisch sind und vereinigte beide zu einer Art, welche er Halisarca Dujardini nannte. 1879 veröffentlichte METSCHNIKOFF (4879, p. 349; Taf. XX, XXI) die Ergebnisse seiner Untersuchungen über die Entwicklung dieses Schwammes. Auch er benutzt den Namen Halisarca Dujardini und unterscheidet eine dickere und dünnere Varietät; überdies stellt er die neue Art Halisarca pontica auf (p. 350). Vor- läufig möchte ich diese Varietäten nicht anerkennen und die H. pontica mit H. Dujardini vereinigen. 1882 führt Norman (1882, p. 238) unseren Schwamm ebenfalls unter dem Na- men Halisarca Dujardini auf. Das Gleiche thaten 1882 GRAEFFE (4882, p. 345 [sep. p. 3]), 1887 VOoSsMAER (1887, p. 443, 326, 449; Taf. XXXIMN) und 1889 ich (1889, p. 729; Taf. L). rn ud ZU Eh ee ae) ae) Die Spongien der Adria. II. 293 Das Gleiche thue ich auch hier, sehe mich aber jetzt genöthigt, zwei Varietäten — incrustans und massa — innerhalb dieser Art zu unterscheiden. Die erstere für die flachen, inkrustirenden, die letztere für die massigen nur mit schmaler Basis festgewachsenen kugeligen, ovalen oder brotlaibförmigen Exemplare. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Triest. Halisarca Dujardini ist ein, horizontal oft weit (bis 10 cm) ausge- breiteter krustenförmiger (var. incrustans) oder massiger kugeliger, eiförmiger oder brotlaibförmiger Schwamm (var. massa). Die lappig kontourirten Krusten sind meistens 3—6 mm, selten, wie die von Merscanikorr (1879, p. 351) in Neapel gefundenen bloß 1—2 mm hoch. Die var. massa erreicht eine Länge von 4 und eine Dicke von 2 cm und darüber; ihre äußere Ähnlichkeit der letzteren mit Chondrosia ist sehr groß. Die äußere Oberfläche ist glatt. Die kleinen Krusten, sowie alle massigen Exemplare (var. massa) besitzen ein kreisrundes 1,5—2,5 mm weites Osculum ohne Schornstein. Auf größeren Krusten werden meh- rere Oscula angetroffen. Hautporen sind bei Halisarca Dujardini meines Wissens noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden. Auch mir gelang es nicht durch einfache Betrachtung der Dermalfläche solche zu erkennen. Mustert man eine Tangentialschnittserie so sieht man (bei meinen Alkoholexemplaren)s dass die bekannte hyaline Außen- schicht, welche kontinuirlich über die Oberfläche hinwegzieht, gar keine erkennbaren Lücken besitzt. Dicht unter dieser Cuticula aber finden sich 0,03 mm weite Lücken in großer Zahl, welche offenbar quer - durchschnittene Einfuhrkanäle sind. Diese Kanalquerschnitte sind meist polygonal mit eingesunkenen (konkaven) Seiten. Sie sind grup- penweise angeordnet und innerhalb der Gruppen bloß 0,06 mm von einander entfernt. Im nächsten Schnitt schon (diese Schnitte sind un- gefähr 0,02 mm dick) erscheinen diese Kanäle doppelt so weit und sind etwas weniger zahlreich (weiter von einander entfernt). Im fünften Schnitt (0,1 mm unter der Oberfläche) finden sich keine solchen Quer- sehnitte kleiner Einfuhrkanäle mehr, statt derselben aber 0,1—0,2 mm weite, unregelmäßige Lücken. Betrachten wir nun einen Schnitt senk- recht zur Oberfläche (Taf. XIII, Fig. 27), so treffen wir dicht unter der kontinuirlichen Cuticula (a) feine, schief herabziehende Kanälchen an, welche sich zu größeren Kanälen vereinigen, die 0,08—0,1 mm unter der Oberfläche in weite Hohlräume (d) münden. Von den letzteren gehen die, wie F. E. Scaurze (1877, p. 44) sehr richtig bemerkt, in Präparaten spaltenförmig aussehenden Einfuhrkanäle {e) ab, welche alle Theile des Schwammes durchsetzen. Eine Verzweigung der Ein- fuhrkanäle habe ich nicht beobachtet. Mächtig entwickelt ist die © 294 R. v. Lendenfeld, | Zwischenschicht bei Halisarca Dujardini, namentlich der var. massa, bei welcher die Geißelkammern (in meinen Präparaten Taf. XII, Fig. 27 g) ganz in dieselbe eingebettet sind und in gar keiner Verbin- dung mit den einführenden Kanalstämmen zu stehen scheinen. Nach Scaurze (1877, p. 42) sind die Geißelkammern bei Exempla- ren von verschiedenen Standorten etwas verschieden: einmal sehr langgestreckt sackförmig, einmal kolbenförmig einfach oder verzweigt. Bei den von mir untersuchten, in Alkohol konservirten Triester Exem- plaren beider Varietäten sind die Geißelkammern (Taf. XIII, Fig. 279) lang und schmal sackförmig und besitzen am Ende sehr häufig lappen- förmige Divertikel; sie sind durchschnittlich 0,3 mm lang und 0,04 mm breit. Die Kammern münden direkt, mit kreisrunden, etwa 0,02 mm weiten Öffnungen in 0,1—0,15 mm weite Ausfuhrkanäle mit rund- lichem Querschnitt ein. Geißelkammern finden sich in allen Theilen des Schwammes und obwohl häufig einzelne, dem abführenden System angehörige Lakunen, namentlich im Inneren der var. massa gefunden werden, so kommt es doch nie zur Scharung von Lakunen an irgend einer Stelle und zur Bildung einer lakunösen, geißelkammerfreien Partie. Die Kragenzellen sind in meinen Alkoholpräparaten langgestreckt konisch 0,017 mm lang und an der Basis 0,003 mm breit. Der ovale Kern liegt unter der Längenmitte. Bemerkenswerth ist es, dass man außer den gewöhnlichen tangentialen, von der Basis der Kragenzellen ausstrahlenden Fortsätzen nach Anilinblau- und Bismarckbraun-Tink- tion zuweilen auch je einen einfachen, wellig gekrümmten Ausläufer sieht, der radial vom Basalende der Kragenzelle ausstrahlend in die Zwischenschicht eindringt und bis zu einer Entfernung, welche der Länge der Kragenzelle gleichkommt, verfolgt werden kann. Die Kanalwände sind von den gewöhnlichen Plattenzellen aus- gekleidet. Ein besonderes Interesse bietet der feinere Bau der Haut. Beim ersten Blick scheint die Dermalmembran bei Halisarca Dujardini ganz anders gestaltet zu sein wie bei anderen Spongien. Zu äußerst findet sich eine hyaline, mit Anilinfarben stark tingirbare Schicht von 0,003 bis 0,01 mm Dicke (Taf. XIII, Fig. 26e, 27 a), welche von dem darunter liegenden Gewebe scharf abgegrenzt ist und in deren unteren Partien (an Tangentialschnitten von Anilinblau-Präparaten) hellere zuweilen einen Kernrest enthaltende Stellen beobachtet werden. Dicht unterhalb dieser Cuticula liegt ein feiner, bloß 0,002 mm dicker Filz schmaler gestreckter, tangential ausgebreiteter Spindeln (Taf. XIII, Fig. 25a, 26d). Die Spindeln hestehen aus einer feinkörnigen Substanz, welche Die Spongien der Adria. II. 295 einige Anilinfarben, so besonders Anilinblau (wasserlöslich) fest zu- rückhält, mit Karminlösungen aber nicht tingirt werden kann. Die streng tangential orientirten Spindeln sind mehr oder weniger ge- krümmt, in der Mitte nicht ganz 0,001 mm breit und 0,03 mm und darüber lang (Taf. XIII, Fig. 25). Von Zellkernen fand ich in diesen Spindeln keine Spur. Unter dem Spindelfilz drängen sich größere, massige, undeutlich kontourirteZellen mit kugeligen oder ovalen Kernen zusammen (Taf. XII, Fig. 26 c), welche durch ihre Ausläufer mit ein- ander und mit den tiefer liegenden Sternzellen (Taf. XII, Fig. 26a) zusammenhängen. In allen Theilen der Dermalmembran finden sich zahlreiche, große, höchst auffallende, blasige Zellen (Taf. XIII, Fig. 25a, 265, 27c) von einer Art, wie sie in anderen Theilen des Schwammes nicht gefunden werden. Es sind kugelige oder ovale Elemente von ungefähr 0,01 mm Durchmesser, welche durch einen sehr scharfen Kontour (Zellhaut?) von dem umliegenden Gewebe abge- grenzt sind. In der Mitte der bläschenartigen Zelle liegt ein Klumpen körnigen Plasmas, von welchem zahlreiche Fortsätze radial gegen die Oberfläche ausstrahlen. Der centrale Plasmaklumpen ist reich an klei- neren und größeren, stark lichtbrechenden Körnern, welche von Ani- linfarben mit großer Intensität tingirt werden. Ähnliche Zellen scheint MeErscHnIikorr (1879, p. 352, Taf. XX, Fig. 13 C) gesehen zu haben. Einen Kern konnte ich in diesen Zellen nicht nachweisen, vermuthlich desshalb, weil er von den beschriebenen, höchst auffallenden Körnern versteckt war. Ob diese Zellen dem Schwamm angehörige Elemente oder vegetabilische Symbionten sind, lässt sich schwer sagen. Im erste- ren Falle wären dieselben als Drüsenzellen aufzufassen. Kocn (1876, p. 83) betrachtet die äußerste Schicht der Dermal- membran als eine einfache Cuticula. Scuurze dagegen (1877, p. 39) fasst dieselbe »als eine einfache Lage von Epithelzellen« auf, »welche einer schleimigen oder gallertigen Metamorphose anheimgefallen sind«, weil er mitten in derselben Gebilde gesehen hat, welche er für Zellkerne hielt. Merscaxikorr (1879) bestätigt die Anschauung Scuurze’s durch seine embryologischen Untersuchungen. Mir scheint es aber nicht un- wahrscheinlich, dass diese Grenzschicht von den oben beschriebenen Bläschenzellen (falls diese nicht symbiotische Algen sind) und zwar in der Weise gebildet wird, dass diese Zellen hinaufrücken an die Ober- fläche und hier, wie ScHuLzE sagt, einer gallertigen Metamorphose anheimfallen. Das Plattenepithel würde dann durch die so gebildete Gallertlage verdrängt. Im Inneren des Schwammes finden sich in der Zwischenschicht außer den gewöhnlichen Sternzellen und den unten zu beschreibenden 296 R. v. Lendenfeld, Geschlechtsprodukten, vielfach verzweigte und anastomosirende Fäden von verschiedener Dicke. Die stärkeren lassen eine Zusammensetzung aus zahlreichen feinsten Fibrillen erkennen. Halisarca Dujardini ist hermaphroditisch. Die Samenballen sind oval. Sie, wie die Eizellen werden von einfachen Endothelkapseln umgeben. Die Eier gehen nach MErscunikorr (1879, p. 352, 353) aus den »gewöhnlichen feinkörnigen Elementen des sogen. Mesoderms« hervor. Sie halten nach ScauLze (1877, p. 43) im reifen Zustande 0,1 mm im Durchmesser. Während der Entwicklung der »gewöhnlichen feinkörnigen Elemente« zu Eiern bildet die wachsende Eizelle kolbenförmige Fortsätze, welche von der kugeligen Zelle radial ausstrahlen (M£rscunikorr 1879, Taf. XX, Fig. %). Die Endothelkapsel bildet sich erst wenn das Ei schon reif ist und auf- gehört hat zu wandern. Über die Entwicklung liegen Angaben von Barroıs (1876, p. 41), F. E. Scuurze (1879, p. 43) und Merscunikorr (1879, p. 353) vor. Die ersten zwei Furchungsebenen theilen die Eizelle in vier nahezu gleich große Zellen. Bei weiterer Theilung treten Unterschiede in der Zellen- größe auf. In den Innenraum der Blastula wandern von der oberfläch- lichen Zellenschicht aus, Elemente ein, welche die Furchungshöhle schließlich ganz erfüllen. Am Hinterende der ausschwärmenden Larve sind die oberflächlichen Geißelzellen größer und reicher an Körnchen wie anderwärts. Nach der Festsetzung soll sich das oberflächliche Cylinderepithel in das Ektoderm des Schwammes verwandeln. Im Inneren entstehen Geißelkammern und Kanäle, die erst später mit einander und mit der Außenwelt in Verbindung treten. Die Farbe des Schwammes ist matt lichtgelb. Halisarca Dujardini ist an vielen Stellen der europäischen Küsten vom weißen bis zum schwarzen Meer in seichtem Wasser gefunden worden. Die adriatischen Fundorte sind Triest und Venedig. Statistischer Überblick. Es finden sich in der Adria also vier Arten von Hexaceratina, welche auf drei Genera und drei Familien vertheilt sind. Alle vier habe ich selbst untersucht. Von diesen vier Arten wurden zuerst beschrieben: 1 von JOHNSTON, 4 von Frırz MÜLLER, 2 von CARTER. Ti Die Spongien der Adria, Il. 297 Verbreitung. } Triest und } Außerhalb der | Venedig | Musgia Lesina | Adria Hexaceratina A 3 2 JA Darwinellidae A A Darwinella A 1 33. D. aurea ® = Aplysillidae 2 l 2 Aplysilla 2 A 2 34. A. sulfurea ® & ® 35. A. rosea [-) & Halisarcidae 1) 1 1 Halisarca 1 1 1 36. H. Dujardini & ® ® Von den vier adriatischen Arten kommen drei in Triest, zwei in Lesina und eine in Venedig vor. Von den drei Triester Arten kommt eine in Triest und außerhalb der Adria, eine in Triest, Venedig und außerhalb der Adria, und eine in Triest, Lesina und außerhalb der Adria vor. Von den zwei Lesinaer Arten kommt eine in Lesina und außerhalb. der Adria, und eine in Lesina, Triest und außerhalb der Adria vor. Die eine Venediger Art kommt auch in Triest und außerhalb der Adria vor. Auffallend ist, dass alle adriatischen Hexaceratina auch außerhalb der Adria vorkommen. Von den drei Hexaceratinafamilien sind alle in der Adria vertreten. Von den sechs Gattungen kommen drei und von den 20 von mir (1889) unterschiedenen Arten vier in der Adria vor, ein Fünftel also der Gesammtzahl. Schlüssel. Spongien mit Kieselskelett, Hornfaserskelett, oder ohne Skelett. Classis Silicea. Classis Silicea. Mit sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Kam- mern. Das Skelett besteht aus triaxonen Kieselnadeln, oder markhaltigen, ganz oder theilweise dendritisch verzweigten, fremdkörperfreien Fasern, oder fehlt ganz . ARER 2.0... 8Subelassis Triaxonia Mit kugeligen oder len: eihluchei Kalnnen Das Skelett besteht aus tetraxonen oder monaxonen Kieselnadeln oder meist netzbildenden Hornfasern oder Fremdkörpern, oder fehlt ganz. Subclassis Tetraxonia. Subelassis Triaxonia mit Kieselskelett .. ....... Ordo Hexactinellida. Mit Hornfaserskelett oder ohne Skelett .... Ordo Hexaceratina. Ordo Hexaceratina. Mit Hornfasern und Hornnadeln. Familia Darwinellidae. Mit Hornfasern ohne Hornnadeln....... FamiliaAplysillidae. Oimerskelett; 'n..0, 0, 04200 FamiliaHalisarcidae. Familia Darwinellidae. Inkrustirend se see... Genus Darwinella. Genus Darwinella mit drei- bis achtstrahligen Nadeln. 33, Darwinella aurea,p. 278, 298 R. v. Lendenfeld, Familia Aplysillidae. Ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern, inkrustirend. GenusAplysilla. Genus Aplysilla. Krusten gelb ........ 34. Aplysilla sulfurea,p. 283, Krnsten wol 35. Aplysilla rosea, p. 300. Familia Halisareidae. Ohne größere trabekeldurchsetzte Subdermalräume. Genus Halisarca. Genus Halisarca. Gelbliche Krusten oder Massen. 36. Halisarca Dujardini,p. 292. IN. Synthetischer Theil. Die Hexaceratina im Allgemeinen. Individualität. Die niedrigen krustenförmigen Formen der Gattungen Darwinella, Aplysilla und Halisarca können dann, wenn sie klein sind und nur ein Osculum besitzen, ohne Schwierigkeit als Individuen (im Lieser- künn’schen Sinne) erkannt werden, das Gleiche gilt von der massigen Varietät der Halisarca Dujardini mit einem, und den großen meist mehr oder weniger deutlich gestielten Arten der australischen Gattun- gen Dendrilla und Janthella mit mehreren oder zahlreichen Oseulis. Größere Schwierigkeit bereitet die Individualisirung der ausgedehnte- ren Krusten mit mehreren Osculis, welche zum Theil gewiss der Ver- schmelzung benachbarter kleiner aus verschiedenen Schwärmlarven hervorgegangenen Krusten ihre Entstehung verdanken. Dies gilt namentlich für die von mir an der Südküste Australiens aufgefundene Aplysilla violacea, welche kontinuirliche Bestände von mehreren Qua- dratmetern Ausdehnung bilden. Auf solche Krusten lässt sich der Individualitätsbegriff im gewöhnlichen Sinne überhaupt nicht anwenden. Kanalsystem. Stets ist eine Dermalmembran vorhanden und die Poren in der- selben sind gruppenweise angeordnet. Enge und verzweigte Kanäle durchsetzen die dickere Dermalmembran von Halisarca, während bei den anderen Gattungen, bei denen die Dermalmembran dünner ist, keine solchen Kanäle in derselben angetroffen werden. Subdermal- räume sind stets vorhanden. Am mächtigsten entwickelt sind die- selben bei Bajulus und Dendrilla, wo ein System feiner Trabekel die- selben durchsetzt. Bei Aplysilla werden Andeutungen eines solchen Trabekelsystems zuweilen angetroffen. Bei dieser Gattung, wie bei Janthella und Darwinella sind die Subdermalräume recht geräumig. Am kleinsten sind sie bei Halisarca. Die einführenden Kanäle, welche von den Subdermalräumen herabziehen, sind nur wenig, oder gar nicht (dies gilt namentlich für Aplysilla violacea) verzweigt. Bei Aplysilla sulfurea habe ich Trabekel zwischen benachbarten Kammern und eine Fe ea en en A in Die Spongien der Adria. II. 299 vonPoren durchbrochene Membran gefunden, welche über die trabekel- durehsetzten Intercameralräume hinwegzieht und diese von den ein- führenden Kanälen trennt. In anderen Fällen, so namentlich bei Hali- sarca, ist der Raum zwischen den Kammern scheinbar (in Präparaten) ganz von Zwischenschichtgewebe ausgefüllt. i Sämmtliche Hexaceratina stimmen darin überein, dass ihre Geißel- kammern direkt, mit weiter Mündung seitlich in die weiten Abfuhr- kanäle einmünden. Die Kammern selbst sind langgestreckt, sackförmig, selten kurz und breit taschenförmig; sie sind entweder regelmäßig gestaltet oder besitzen Divertikel von wechselnder Größe. Selten sind die Kammern verzweigt. Deutlich verzweigte Kammern sind bis nun nur bei Halisarca Dujardini und Aplysilla sulfurea nachgewiesen worden. Die Zahl der in Präparaten sichtbaren Kammerporen ist eine geringe. Die abführenden Kanäle bilden zuweilen an der Basis (z. B. Aplysilla violacea) oder an der Osculum tragenden Seite (z. B. Janthella flabelliformis) Systeme von Lakunen, in deren Bereich die Geißelkam- mern fehlen. Ein Vestibularraum (dem einführenden System angehörig) ist bisher nur bei der röhrenförmigen Dendrilla cavernosa beobachtet worden, wo derselbe durch eine Siebplatte am Röhrenende von der Außenwelt abgegrenzt ist. Skelett. Halisarca und Bajulus sind skelettlos. Das Skelett der übrigen Arten besteht aus markhaltigen Hornfasern, zu denen sich bei Darwi- nella Hornnadeln gesellen. Bei Aplysilla und Darwinella besteht das Stützskelett aus isolirten, dendritisch verzweigten Fasern, welche von einer, die Unterlage überziehenden, basalen Sponginplatte aufsteigen, um in den Conulis zu enden. Bei jungen Dendrillen finden sich die gleichen Verhältnisse, nur sind hier die Fasern reicher verzweigt, viel länger und an der Basis näher beisammen. Das Skelett ausgebildeter Dendrillen besteht aus einem Sponginbaum mit zahlreichen Ästen und Zweigen und einem oder mehreren sehr dicken Stämmen. Bei Janthella endlich finden wir ein, ebenfalls einem meist einfachen dicken Stamme aufsitzendes Netz von Balken mit quadratischen Maschen, von dessen Knotenpunkten je ein Sponginbäumchen senkrecht zur Flächenaus- breitung des Balkennetzes aufragt. Die Hornnadeln von Darwinella sind meist drei- bis achtstrahlig und scheinen aus einer, dem Spongin der Fasern ähnlichen, wenn auch nicht ganz gleichen Substanz zu bestehen. Nur ganz ausnahmsweise sind sie an den Fasern oder der basalen Sponginplatte festgewachsen. In der Regel liegen sie frei, im Schwammkörper zerstreut. Obwohl bei vielen Formen Fremdkörper 300 R. v. Lendenfeld, in der Haut und selbst in den Faserspitzen (Aplysilla glacialis) ange- troffen werden, so ist doch das Skelett in der Regel von Fremdkörpern vollkommen frei. Über den feineren Bau des Skelettes siehe unten. Epithelien. Das Plattenepithel der Kanalwände und der äußeren Oberfläche besteht überall, außer bei Halisarca aus den gewöhnlichen flachen poly- gonalen Zellen mit einem centralen brotlaibförmigen Kern. Besonders differenzirte, walzenförmige Epithelzellen sind an den Porenrändern von Aplysilla violacea beobachtet worden. Bei Halisarca besteht das Epithel der Kanalwände ebenfalls aus gewöhnlichen Plattenzellen, die äußere Oberfläche aber wird von einer mächtigen eutieulaähnlichen Schicht bekleidet. | Die Kragenzellen der Hexaceratina sind 0,006 (die kleinsten von Darwinella aurea) bis 0,017 mm (Halisarca Dujardini) lang und an der Basis 0,0025 (Darwinella aurea) bis 0,004 mm (die größten von Aply- silla sulfurea) breit. Vom Basalende der Kragenzellen gehen Fortsätze ab, welche tangential verlaufen. Diese lassen sich nicht auf weitere Strecken hin verfolgen. In der Regel erscheinen sie (in Flächenbildern der Kragenzellenschicht) als zipfelförmige Anhänge der Ecken des polygonalen Grundrisses der Kragenzellen. Fortsätze, welche radial von den Kragenzellen ausstrahlen und in die Zwischenschicht ein- dringen, sind bloß bei Halisarca, und auch hier nur selten beobachtet worden. Bei Darwinella aurea sowohl, als bei Aplysilla sulfurea sieht man häufig einen ziemlich deutlichen Saum — die »Sorrss’sche Mem- bran« — über die Kragenzellen hinziehen. In der Umgebung des Kammermundes sind die Kragenzellen zuweilen niedriger wie im Fundus der Kammern. Die Geißeln sind so lang, dass die Enden der Geißeln gegenüberliegender Kragenzellen sich kreuzen. Zwischenschicht. Die Grundsubstanz der Zwischenschicht ist durchsichtig und hya- lin. Nur in der Umgebung der Genitalprodukte findet man zuweilen kleinste Körnchen in derselben. Bei Halisarca wird im Inneren des Schwammes ein Netz sehr feiner Fäden angetroffen. Amöboide Zellen. Im Leben sind diese Zellen kugelig und entsenden einen Büschel spitzer Pseudopodien von einer Stelle ihrer Oberfläche. Zweifellos gehen die Geschlechtsprodukte aus amöboiden Wanderzellen hervor, ich glaube aber nicht, dass alle Wanderzellen junge Geschlechtszellen sind. TE Dh Die Spongien der Adria. II, 301 Stern-, Faser- und Endothelzellen. Während im Inneren des Schwammgewebes die Sternzellen dünn- leibig und von der gewöhnlichen Gestalt sind, finden sich zuweilen an der Basis des Schwammes und in der Dermalmembran dichter beisammen- liegende, dickere und dunklere Zellen dieser Art. Unterhalb der Cuti- cula von Halisarca bilden solche Elemente eine förmliche Schicht. Die Bänder, welche in der Haut Netze bilden, bestehen aus spindelförmigen, langgestreckten Elementen. Unter der Cuticula von Halisarca liegt ein Filz langgestreckter schlanker kernloser Spindeln dieser Art. Die Geni- talprodukte sind in Kapseln eingeschlossen, welche aus einer einfachen oder mehrfachen Schicht platter Zellen bestehen, welche zur Zeit des raschen Wachsthums der Geschlechtsprodukte häufigmehr oder weniger stark körnigsind. Bei Aplysilla violacea steht die Sexualzelle durch eine Stielzelle mit der Kapsel in Verbindung, während bei Darwinella aurea eine solche Verbindung durch Fortsätze der Geschlechtszelle selbst hergestellt wird. Sensitive Zellen. Ich habe bei Janthella flabelliformis und Dendrilla cavernosa (1883 und 1889) Elemente beschrieben, welche als Sinneszellen gedeutet werden können. In den Sieben, welche die Eingänge in die Vestibu- larräume von Dendrilla cavernosa verschließen, bilden sie Ringe um jede Öffnung. Schlanke, spindelförmige Zellen umstehen radial diese Poren und außerhalb dieses Spindelzellenringesliegt einRingvon kleinen multipolaren, stark tingirbaren Elementen mit schönen kugeligen Ker- nen, welche ich als Ganglinzellen gedeutet habe. Skelettbildende Zellen. Rundliche Zellen, welche durch mehrere, langgestreckte Fortsätze mit der Faseroberfläche in Verbindung stehen, habe ich bei Dendtrilla rosea und Aplysilla violacea gefunden. Bei den adriatischen Arten fand ich derartige Elemente nicht. Dass die Fasern bloß durch Appo- sition (und nicht nebenbei auch durch Intussusception) wachsen, ist heute gerade so meine Überzeugung, wie vor neun Jahren. Ist aber diese Voraussetzung richtig, dann muss bei Dendrilla das dieke Mark des Skelettstammes eine sekundäre, durch Osteoklasten-artig wirkende Zellen erzeugte Bildung sein. PoLzJaErr hat neuerlich die Ansicht ausgesprochen, dass das Mark zuerst gebildet werde und sich hernach die Sponginschichten darauf ablagern. Bei Aplysilla und Darwinella mag dies ja auch zutreffen und in der That hat man bei diesen Gattun- 302 R. v. Lendenfeld, gen vergebens nach Zellen (denen die markbildende Thätigkeit zu- käme) im Inneren der Faser gesucht. Die zwischen Mark und Rinde oder innerhalb der Rinde gelegenen Zellen bei diesen Gattungen sind ‚offenbar fremde Eindringlinge, vermuthlich symbiotische Algen. Die Zellen aber, weiche Frrmmme in der Sponginrinde von Janthella und welche ich im Mark von Dendrilla beschrieben habe, können wohl kaum als solche Eindringlinge betrachtet werden. Die basale Sponginplatte, in welcher kein Mark gefunden wird, ist das Ausscheidungsprodukt von Zellen, welche den Spongoblasten der Fasern gleichen. Über die Entstehungsweise und das Wachsthum der Hornnadeln von Darwinella ist nichts bekannt. Drüsen. Bei allen Arten kommen Drüsenzellen in der Haut vor. Diese Zellen gleichen entweder den Spongoblasten und sind wie diese durch einen oder mehrere lange Fortsätze mit der Fläche ver- bunden, auf welche sie ihr Sekret ergießen, oder sie sind kugelig oder unregelmäßig gestaltet. Bei allen Hexaceratina außer bei Halisarca, bilden sie eine einfache Lage dicht unter der äußeren Oberfläche. Bei letzterer erfüllen kugelige Drüsenzellen die dicke Dermal- membran. Eier. Die Eier gehen aus amöboiden Wanderzellen hervor. Junge Ei- zellen von Halisarca besitzen kolbenförmige Fortsätze. Die reifen Eier der Hexaceratina sind kugelig und 0,1—0,15 mm groß. Sie entbehren der Eihaut, ihr Plasma ist reich an Dotterkörnchen und der große Kern liegt excentrisch. Sie werden von Endothelkapseln, welche ihre Ernährung vermitteln, umschlossen. Die Eier liegen entweder zerstreut - oder sie sind auf gewisse Theile des Schwammkörpers, namentlich auf die bei manchen Arten vorkommenden lakunösen, geißelkammerfreien Partien beschränkt. Sperma. Die Spermamutterzellen gleichen den reifen Eizellen und sind wie diese in Endothelkapseln eingeschlossen. Aus der Samenmutterzelle geht entweder durch einfache Zellthei- lung oder — und dies scheint mir fast wahrscheinlicher — durch Kern- knospung ein Haufen von kleinen Elementen hervor, welche sich dann zu Spermatozoen umbilden. Die reifen Spermatozoen von Aplysilla haben 0,002 mm lange und 0,001 mm breite ovale Köpfchen und über 0,03 mm lange Schwänzchen. Die Spongien der Adria. II. 303 Entwicklung. Über die Entwicklung von Halisarca Dujardini, Aplysilla rosea und Aplysilla sulfurea liegen Angaben vor (siehe oben, im analytischen Theil). So weit bekannt, stimmt der Entwicklungsmodus bei diesen Arten nahe überein. Es entsteht eine Blastula, deren Inneres von Zellen bevölkert wird, die von der oberflächlichen Schicht aus hereinwandern. Im Inneren ordnen sich die Zellen dann theilweise in rosettenartigen Gruppen an und es bilden sich Lücken, welche zu Kammern und Kanälen werden, die später mit einander und zuletzt mit der Außen- welt in Verbindung treten (Halisarca Dujardini nach METScHNIKOFF). System. 4705 wurde eine Janthella von Rumpr (4705, Taf. LXXXIX) als Basta marina etc. bezeichnet (Basta Rumpr 1705 = Janthella). 1720 führte BoERHAVE (1720, p. 6) denselben Schwamm als Keratophyton ma- jus etc. auf (Keratophyton BoErRHAVE 4720 —= Janthella). 1737 fügte Linse (1737, p. 480) diesen Schwamm seinem Genus Spongia ein (Spongia Lınne£ 1837 — Janthella + die übrigen Spongien). 1766 beschrieb PaArras (1766, p. 398, 399) zwei, zu den Hexaceratina gehörige Schwämme als Arten der Gattung Spongia (Spongia Esper 1766 — Janthella + Den- drilla + die übrigen Spongien). 41767 führt Linn& (4767, p. 1296) die ursprünglich von Runupr als Basta ma- rina etc. beschriebene Janthella abermals als Spongia auf (Spongia Lins£ 1767 — Janthella + die übrigen Spongien). 1794 finden wir die beiden, von Parras 1766 aufgeführten Hexaceratina auch bei Esper (1794, p. 256) unter dem Namen Spongia (Spongia Esper 1794 —= Jan- thella + Dendrilla + die übrigen Spongien). 1813 führte LamArck (1843, p. 442) die Rumpr'sche Basta marina ebenfalls als Spongia auf (Spongia Lamarck 1813 — Janthella + die übrigen Spongien). Das Gleiche that i 1846 Lamouroux /1816, p. 57) (Spongia Lamouvroux 4816 — Janthella —+ die “übrigen Spongien). 1838 stellte Dusarpın (1838, p. 6) für einen skelettlosen Schwamm die Gattung Halisarca auf, welche von den späteren Autoren beibehalten worden ist (Halisarca Dusarpın 1838 = Halisarca). 1842 beschrieb Jonnston (4842, p. 192) eine zur Gattung Halisarca gehörige Spongie (Halisarca Jonnston 1842 = Halisarca). 1859 kommt auch LiesErkünn (4859, p. 353) auf Halisarca zu sprechen (Hali- Sarca LiEBERKÜHN 4859 = Halisarca). 1864 finden wir Halisarca bei O. Scuamipr (4864, p. 40) (Halisarca O. Schmipr 1864 = Halisarca). 1865 beschrieb F. MüLLer (1865, p. 354) einen Schwamm mit Hornnadeln und stellte für denselben das von den späteren Autoren beibehaltene Genus Darwinella auf (Darwinella F. MüLLer 1865 = Darwinella). 1867 beschrieb SELENnkA (1867, p. 565) eine zur Gattung Dendrilla gehörige Spongie als Spongelia cactus (Spongelia SELEnkA 4867 = Dendrilla). 304 R. v. Lendenfeld, 1867 veröffentlichte Gray (1867, p. 502) ein System der Spongien, stellte für alle Nichtkalkschwämme die von späteren Autoren anerkannte » Subelassis Porifera Silicea« auf und theilte diese in zwei Sektionen und sieben Ordnungen ein. Da je- ‘2 doch diese Eintheilung eine ganz verfehlte ist, wollen wir hier auf dieselbe nicht näher eingehen (Porifera Silicea Gray 1867 = Classis Silicea). 1868 kommt O. Scumipt (4868, p. 24) wieder auf Halisarca zu sprechen (Hali- f sarca O. Scumipr 1868 — Halisarca). Rh : 1869 stellte Gray (1869, p. 54) für die längst bekannte Basta marina Rumpf und einige neue verwandte Arten das von mir und den späteren Autoren beibehal- tene Genus Janthella auf (Janthella GrAy 1869 = Janthella). 1870 stellte EnLers (1870, p. 11) die Basta marina Rumpr’s, welche Esper als Spongia flabelliformis aufgeführt hat zu der 1845 von BowERBANK errichteten Gat- tung Verongia (Verongia EnLers 1870 = Janthella). 1872 beschrieb FLenunine (1872, p. 1) die Zellen in der Sponginrinde der Jan- thellafasern und benutzte den Gray’schen Namen Janthella (Janthella FLEemnuıng 4872 — Janthella). 1872 beschrieb CARTER (1872a, p. 405) einen mit der Frırz Mürter’schen Dar- winella aurea identischen Schwamm als eine Art von Aplysina (Aplysina CARTER 4872 = Darwinella +?). 41872 kommt Carter (4872, p. 47) auf Halisarca zu sprechen (Halisarca CARTER 4872 = Halisarca). 1873 macht CARTER (1873, p. 25, 27) weitere Bemerkungen über Halisarca (Halisarca CArTErR 4873 = Halisarca). 4873 erwähnt auch GıArn (1873, p. 488) die Halisarca (Halisarca GrArD 1873 — Halisarca). " 4874 finden wir Halisarca nochmals bei CARTER (4874, p. 315) (Halisarca CARTER 4874 = Halisarca). 1875 beschrieb Hyarr (1875, p. 407 [sep. p. 9]) eine neue Art von Janthella (Janthella Hyatt 4875 == Janthella). 1876 beschrieb CArter (1876, p. 229, 234) zwei neue Aplysillen als Arten von Aplysina (Aplysina CArter 4876 = Aplysilla +?). 1876 führt BArroıs (4876, p. 44, 54) in seiner entwicklungsgeschichtlichen Arbeit zwei Spongien als Arten der Gattungen Halisarca und Verongia auf (Hali- sarca Barroıs 1876 = Halisarca; Verongia BArroıs 1876 — Aplysilla). 41877 erschien die ausführliche Schilderung der Gattung Halisarca von F. E. SCHULZE (4877). ScHuuLze unterschied zwei Arten von Halisarca: H. Dujardini und H. lobularis. Wie VosmAEr später nachgewiesen hat, ist letztere von H. Dujardini generisch zu trennen (Halisarca F. E. ScuuLze 1877 = Halisarca + Oscarella). 1878 stellte F. E. SchuLze (1878, p. 404) für zwei adriatische Spongien, die mit Arten übereinstimmen, welche von CARTER und Barroıs früher als Aplysina und Verongia beschrieben worden waren, das von den späteren Autoren anerkannte Genus Aplysilla auf. Dieser Gattung verleibte er auch die obenerwähnte Spongelia cactus Selenka (1878, p. 4147) ein. Die Gattungen Darwinella Müller und Janthella Gray erkannte er (1878, p. 385) an (Aplysilla F. E. Schutze 1878 = Aplysilla + Den- drilla; Janthella F. E. ScuuLze 4878 = Janthella; Darwinella F. E. SchuLze 4878 = Darwinella). 1879 veröffentlichte MerscaniKkorr (1879, p. 349) wichtige Angaben über die Entwicklung von Halisarca (Halisarca METScHnIKorr 1879 = Halisarca). 1879 stellte MErEIKoVSKy (1879, p. 43) für einen neuen zum Genus Aplysilla Die Spongien der Adria. II. 305 (F. E. SchuLze 4878) gehörigen Schwamm den von späteren Autoren nicht verwende- ten Gattungsnamen Simplicella auf. Auch Darwinella führt er an und vereinigt sie mit Simplicella zu einer Familie, die er Darwinellidae nennt (Simplicella Mer£s- KOvsky 4879 — Aplysilla; Darwinella MErE)sKovsky 4879 = Darwinella; Darwinel- lidae Mereskovsky 4879 —= Familia Aplysillidae + Familia Darwinellidae). 1882 führt CARTER (1882, p. 270) eine Aplysilla als Aplysina auf (Aplysina CARTER 1882 = Aplysilla +). 1882 führt Norman (1882, p. 238) Halisarca auf (Halisarca Norman 4882 — Halisarca). 1882 finden wir in GRAEFFE’S (1882, p. 345, 347 [sep.p. 3, 5]) Liste von Triester Spongien die Gattungen Aplysilla und Halisarca aufgeführt (Aplysilla GrAEFFE 1882 — Aplysilla; Halisarca GrAEFFE 1882 = Halisarca + Oscarella). 1883 veröffentlichte ich (1883) die Ergebnisse meiner Untersuchung einiger australischer Aplysilliden. Ich beschrieb eine neue Art von Aplysilla (p. 237), er- richtete für Spongelia cactus Selenka und eine neue Ärt das neue seither beibehal- tene Genus Dendrilla (p. 274, 294) und stellte für diese beiden Gattungen die Sub- familie Aplysillinae (p. 309) auf (Aplysillinae LENDENFELD 4883 —= Familia Aplysillidae; Aplysilla LEnDEnFELD 4883 — Aplysilla; Dendrilla LENDENFELD 4883 = Dendrilla). 1883 errichtete VosmAErR (1883, p. 444) für meine Aplysillinae (1883) und Dar- winella die Familie Aplysillidae (Aplysillidae Vosmaer 4883 —= Familia Aplysillidae —+- Familia Darwinellidae). | 1884 führte Rınıey (1884, p. 394, 392) zwei zu den Hexaceratina gehörige Spongien als Aplysina und Janthella auf (Aplysina RınpLey 4884 — Dendrilla + an- dere Spongien mit markhaltigen Fasern ; Janthella Rınıry 1884 = Janthella). 1884 veröffentlichte PoLEJAEFF (1884) eine Beschreibung von Janthella flabelli- formis (p. 37) und erwähnte auch Darwinella (p. 22) (Janthella PoLEJAEFF 1884 — Janthella; Darwinella PoLEsAEFF 1884 = Darwinella). Seine Äußerung, dass sämmt- liche Hornschwämme inkl. Janthella und Darwinella in eine Familie vereinigt werden sollten, ist wohl kaum ernst zu nehmen. 1885 beschreibt CARTER (4885, p. 202) eine neue Darwinella-Art (Darwinella CARTER 1885 = Darwinella). 1885 acceptirte ich (4885) VosmAzr’s (1883) Familie Aplysillidae (Aplysillidae LENDENFELD 4885 = Familia Aplysillidae + Familia Darwinellidae). 1886 erkannte F. E. ScuuLze (4886, p. 33) die Gray’sche Gruppe Silicea an und theilte dieselbe in die drei Gruppen Triaxonia, Tetraxonia und Monaxonia (Silicea F. E. SchuLze 1886 = Classis Silicea; Triaxonia F. E. SchuLze 1886 = Ordo Hexac- tinellida; Tetraxonia F. E. Scuunze 4886 = Ordo Tetraxonida; Monaxonia F. E. SCHULZE 4886 = Ordo Monaxonida —+ Ordo Hexaceratina). 1886 beschrieb CARTER (1886, p. 2841—286) mehrere neue Hexaceratina als Arten von Aplysina und Luffaria (Aplysina Carter 1886 = Aplysilla + Dendrilla + andere Schwämme mit markhaltigen Fasern; Luffaria CArter 4886 = Dendrilla). 1886 erkannte ich (1886, p. 577) die Gray’sche Gruppe Silicea an und theilte dieselbe in die drei Ordnungen : Hexactinellida, Chondrospongiae und Cornacuspon- giae (Silicea LENDENFELD 1886 = Classis Silicea; Hexactinellida LEnDEnFELD 1886 = Ordo Hexactinellida; Chondrospongiae LENDENFELD 4886 = Ordo Tetraxonida + Ordo Monaxonida partim; Cornacuspongiae LENDENFELD 4886 — Ordo Monaxonida partim + Ordo Hexaceratina). 1886 errichtete ich (1886a, p. 5) für einen neuen, skelettlosen australischen Schwamm das Genus Bajulus, welches seither beibehalten wurde, und beschrieb Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 90 a 306 R. v. Lendenfeld, (1886b, p. 557) eine neue Dendrilla (Bajulus LeEnDEnFELD 4886 — Bajulus; Dendrilla LENDENFELD 4886 — Dendrilla). 1887 1 veröffentlichte VosmAER (1887) ein System der Spongien. Er acceptirte : die Gray’sche Klasse Silicea, führte für dieselbe aber den Namen Non-Calcarea ein, den ich nicht benutze. Die Non-Calcarea theilte er in drei Ordnungen: Hyalospon- giae, Spiculispongiae und Cornacuspongiae. Hexaceratina sind in den Ordnungen Spiculispongiae und CGornacuspongiae enthalten. In der ersten sind die zur Familie Halisareidae vereinten Genera Halisarca und Oscarella (n. g. für Halisarca lobularis F, E. Schulze 4878) untergebracht. In der zweiten findet sich die Familie Darwi- nellidae, welche die Genera Darwinella F. MürLer 1865, Aplysilla F. E. Scuurze- 1878, Dendrilla LENDENFELD 1883, Janthella Gray 1869, Dendrospongia Hyarr 4875 und Taonura CARTER 1882 umfasst. Die beiden letztgenannten gehören nach meiner Meinung wo anders hin. Die übrigen Genera acceptire auch ich (Noncalcarea Vos- MAER 41887 — Classis Silicea; Hyalospongiae VosmAEr 4887 —= Ordo Hexactinellida; Spiculispongiae VosmAErR 4887 = Ordo Hexaceratina partim + Ordo Tetraxonida + Ordo Monaxonida partim; Cornacuspongiae VosMAER = Ordo Monaxonida partim + Ordo Hexaceratina partim; Halisarcidae VosmaEr 1887 — Familia Halisarcidae + Familia Oscarellidae; Darwinellidae VosmAEr 1887 —= Familia Darwinellidae 4 Fa- milia Aplysillidae; Halisarca VosmAEr 4887 — Halisarca ; Darwinella VosmAEr 1887 = Darwinella; Aplysilla VosmAer 1887 — Aplysilla ; Dendrilla VosmAEr 1887 = Den- drilla; Janthella VosmAEr 4887 = Janthella). 1888 proponirte SoLLAs (1888, p. XCVIII) eine andere Eintheilung der Spon- gien. Die Klassen Calcarea und Silicea erkannte er zwar an, führte für dieselben aber die von anderen Autoren nicht angewendeten Bezeichnungen Megamastictora und Micromastictora an. Innerhalb der letzteren unterschied er drei Ordnungen: Hexactinellida, Demospongiae und Myxospongiae. Diese Eintheilung halte ich für eine verfehlte (Micromastictora SoLLas 1888 —= Classis Silicea; Hexactinellidae SOLLAS 1888 — Ordo Hexactinellida; Demospongiae SoLras 4888 = Ordo Tetraxo- nida partim + Ordo Monaxonida partim -+ Ordo Hexaceratina partim; Myxospon- giae SoLLAs 4888 = Ordo Tetraxonida partim + Ordo Monaxonida partim + Ordo Hexaceratina partim). 1889 proponirte HarckEL (1889, p. 87) ein neues Spongiensystem. Nach dem Ausbildungsgrad des Kanalsystems unterscheidet er in Protospongiae ohne, und ; Metaspongiae mit Geißelkammern. Die letzteren umfassen vier Ordnungen: Maltho- spongiae (ohne Skelett), Demospongiae, Hyalospongiae und Calcispongiae. Auch mit dieser Eintheilung kann ich mich nicht befreunden. Hexaceratina finden sich in den drei erstgenannten Ordnungen (Malthospongiae HArckEL 4889 — Myxo- spongiae SoLLAs 4888, Hyalospongiae HAcEckEL 1889 = Hexactinellidae SoLLAs 1888; Desmospongiae HAEckEL 4889 —= Demospongiae SoLLas 1888; siehe oben bei 1888 SOLLAS). 1889 veröffentlichte auch ich (41889) ein neues Spongiensystem. Ich behielt die Gray’sche (1867) Eintheilung der Spongien in Calcarea und Silicea bei und be- trachtete diese Gruppen in Übereinstimmung mit VosuaEr (1887) als Klassen. Die Silicea theilte ich dann weiter in zwei Subklassen: Triaxonia mit sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Kammern, deren Nadeln, wenn vor- i Dieses Werk erschien in Lieferungen. 4887 wurde es vollendet. Dies ist das Datum am Titelblatt. Die das System behandelnden Theile erschienen viel früher und es hat daher das Vosmazr’sche System, wenn auch vielleicht nicht de jure, so doch jedenfalls de facto vor meinem System von 4886 Priorität. ARE Die Spongien der Adria. II. 307 handen, triaxon sind; und Tetraxonia mit ovalen oder kugeligen, stets einfachen Kammern, deren Nadeln, wenn vorhanden, tetraxon oder monaxon sind. Die Triaxo- nia sind die Hexactinelliden und ihre Abkömmlinge;; die Tetraxonia sind die Te- tractinelliden und ihre Abkömmlinge. Als Abkömmlinge der Tetractinelliden betrachte ich sämmtliche Kieselschwämme mit einaxigen Nadeln, die meisten Horn- schwämme und die beiden skelettlosen Gattungen Oscarella und Chondrosia. Die Hornschwämme mit markhaltigen, dendritisch verzweigten Fasern (Darwinella, Aplysilla, Dendrilla und Janthella) sowie die zwei skelettlosen Genera Halisarca und Bajulus stimmen im Bau ihres Kanalsystems und der Gestalt der bei einer von ihnen (Darwinella) vorkommenden Hornnadeln viel näher mit den Hexactinelliden als mit anderen Spongien überein, wesshalb ich sie als Abkömmlinge der letzte- ren betrachte und der Subelassis Triaxonia einverleibe. Diese Gruppe Triaxonia als eine naturgemäße vorausgesetzt müssen innerhalb derselben jedenfalls zwei Ordnungen unterschieden werden: Hexactinellida mit Kieselskelett und Hexacera- tina mit Hornskelett oder ohne Skelett. Innerhalb der Ordnung Hexaceratina unterschied ich drei Familien: Darwinellidae (mit Hornnadeln und Hornfasern), Aplysillidae (ohne Hornnadeln, mit Hornfasern) und Halisarcidae (ohne Skelett). Die Familie Darwinellidae umfasst die einzige Gattung Darwinella. Die Familie Aplysillidae zerfällt in drei Gattungen: Aplysilla (ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern, krustenförmig; gestützt durch zahlreiche, getrennte, kleine, dendritisch verzweigte Fasern), Dendrilla (ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern, massig, gestielt; gestützt durch einen mächtigen Faserbaum mit dickem, einfachem oder mehrfachem Stamme), und Janthella (mit Zellen in der Sponginrinde der Fasern, blattförmig, gestielt; gestützt durch ein Fasernetz, von welchem getrennte dendri- tisch verzweigte Fasern abgehen). Die Familie Halisarcidae umfasst zwei Gattun- gen: Halisarca (mit kleinen, einfachen Subdermalräumen) und Bajulus (mit einem großen, von einem Trabekelnetz durchsetzten Subdermalraum) (Silicea LENDENFELD 4889 = Classis Silicea; Triaxonia LENDENFELD 4889 — Subelassis Triaxonia; Te- traxonia LENDENFELD 1889 = Subclassis Tetraxonia; Hexactinellida LENDENFELD 1889 = Ordo Hexactinellida,; Hexaceratina LENDENFELD 4889 — Ordo Hexaceratina; - Darwinellidae LEnDENFELD 1889 = Familia Darwinellidae; Aplysillidae LENDENFELD 1889 — Familia Aplysillidae; Halisarcidae LENDENFELD 4889 = Familia Halisarci- dae; Darwinella LENDENFELD 4889 — Darwinella; Aplysilla LEnDEenFELD 1889 = Aplysilla; Dendrilla LenpenreLp 4889 — Dendrilla; Janthella LENDENFELD 1889 — Janthella; Halisarca LEnDEnreLD 1889 — Halisarca; Bajulus LENDENFELD 1889 — Bajulus). 1889 beschrieb ich (4889a, p. 443 [sep. p. 38]) einige, an Aplysilla angestellte physiologische Experimente (Aplysilla LEnpDENFELD 4889 = Aplysilla). 1890 behielt ich (A890) mein System von 4889, so weit es die Haupteinthei- lungen und die Hexaceratina betrifft, unverändert bei. Im analytischen Theile der vorliegenden Arbeit ist keine Ände- tung dieses Systems gemacht worden. Ich glaube nicht, dass der Grad der phyletischen Verwandtschaft verschiedener Gruppen nach dem Grade der Ähnlichkeit ihres Skelettes gemessen werden kann. Eben so wie man die Actinien mit den sechs- strahligen Steinkorallen vereinigt, sind meiner Meinung nach auch die 20* 308 R. v. Lendenfeld, skelettlosen Spongien mit jenen skelettführenden Gruppen zu ver- einigen, mit denen sie im Bau des Weichkörpers am nächsten überein- stimmen. Thun wir das, lösen wir die von HArcker und SorLas aner- kannte Scumipr - Zrrrer’sche Gruppe der Myxospongien auf und theilen wir ihre vier, von einander höchst verschiedenen Gattungen den ihnen im Bau des Weichkörpers ähnlichsten Skelettschwämmen zu, so sehen wir gleich, dass Bajulus den Hexactinelliden oder Aplysilliden, Hali- sarca den Aplysilliden, Oscarella den Placiniden und Chondrosia der Gattung Chondrilla zuzutheilen ist. In allen diesen Fällen nehme ich an, dass die genannten skelettlosen Gattungen durch den Verlust des Skelettes aus skelettführenden Formen hervorgegangen sind, welche den genannten sehr nahe standen. Die meisten Autoren, darunter auch ich, nehmen an, dass die Hornschwämme keine einheitliche Gruppe bilden, sondern von verschiedenen Kieselschwämmen abstammen. Die Spongiden sind durch die Chalineen so eng mit den Renieriden verbun- den, dass eine vollkommen ununterbrochene Reihe von Arten und Varie- täten die Endformen verbindet. Eben so zweifellos sind die Spongeli- dae mit den Heterorrhaphiden verwandt. Andere Hornschwämme (z. B. Hyattella) scheinen aus Desmaeidoniden hervorgegangen, während sich die Darwinelliden und Aplysilliden im Bau des Kanalsystems an die Hexactinelliden anlehnen. Eben so wie ich die skelettlosen Formen unter die ihnen im Bau des Weichkörpers ähnlichsten Skelettschwämme auftheile, vereinige ich auch die unter einander theilweise sehr ver- schiedenen Hornschwämme mit jenen Kieselschwämmen, mit denen sie am nächsten übereinstimmen. Unter den Kieselschwämmen selbst sind zwei scharf getrennte Gruppen zu unterscheiden; solche mit großen, sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Geißel- kammern und triaxonen Nadeln: Hexactinellida; und solche mit kleinen kugeligen oder ovalen, einfachen Kammern und tetraxonen oder mona- xonen Nadeln: Tetraxonida und Monaxonida. Im Bau des Kanalsystems stimmen mit den Hexactinelliden die Hornschwammgattungen Aply- silla und Dendrilla und die Schleimschwammgattung Bajulus nahe überein. In dieselbe Gruppe gehören die Gattungen Janthella und Halisarca, so wie das, durch den Besitz triaxoner Hornnadeln aus- gezeichnete Genus Darwinella. Diese Formen halte ich für Abkömm- linge der Hexactinelliden und vereinige sie mit ihnen zur ersten Sub- klasse der Silicea: Triaxonia. Alle übrigen Silicea sind nach meiner Meinung mit einander verwandt und bilden eine monophyletische Gruppe, welche die Kieselschwämme mit tetraxonen und monaxonen Nadeln, die meisten Hornschwämme und die beiden Schleimschwamm- gattungen Oscarella und Chondrosia umfasst. Mit fortschreitender Die Spongien der Adria. I. 309 Entwicklung geht so häufig eine Reduktion der Zahl Hand in Hand, dass die Vermuthung naheliegt, es möchten durch Reduktion der Strahlenzahl der Nadeln aus den Tetractinelliden die Monactinelliden hervorgegangen sein. Die vergleichende Morphologie sowohl, als die Paläontologie und die Verbreitung stützen diese Annahme und wir können daher mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass die Monacti- nelliden, und durch sie auch die meisten Hornschwämme und die Gattung Chondrosia von Tetractinelliden abgestammt sind. Die Gattung Oscarella ist direkt von den Tetractinelliden abzuleiten. Diese zweite Subklasse der Silicea umfasst demnach die Tetractinelliden und ihre Abkömmlinge und ich nenne sie dem entsprechend (im Einklang mit F. E. ScuuLze) Tetraxonia. Es zerfällt sonach die Klasse Silicea in zwei Subklassen: Triaxo- nia (mit großen sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Kammern), und Tetraxonia (mit kleineren kugeligen oder ovalen ein- fachen Kammern). Eine Vermuthung über die Gestaltung der, diesen beiden Subklassen gemeinsamen Urform auszusprechen, wage ich nicht. Graphisch dargestellt erscheint das Verhältnis Jr beiden Subklassen zu einander folgendermaßen: Triaxonia Tetraxonia Unbekannte Urform der Silicea. Ob die Aplysilliden, Halisarca ete. wirklich Abkömmlinge der Hexactinelliden sind, ist natürlich zweifelhaft, wenn man sie aber, wie ich es thue, mit diesen zu einer Gruppe (den Triaxonia) vereint, so muss diese Subklasse jedenfalls in zwei Ordnungen getheilt werden: Hexactinellida (mit Kieselskelett) und Hexaceratina (mit Hornskelett oder ohne Skelett). Wie oben erwähnt, betrachte ich die Hexaceratina als Abkömmlinge der Hexactinellida. Graphisch wäre das Verhältnis dieser Ordnungen zu einander folgendermaßen auszudrücken: Hexaceratina Hexactinellida. Da die Ordnung Hexactinellida in der Adria nicht vertreten und überdies in erschöpfender Weise von F. E. Scuuzze (1887) dargestellt worden ist, so soll dieselbe hier übergangen werden. Innerhalb der Hexaceratina werden Formen mit Hornfasern und Hornnadeln: Familia Darwinellidae, Formen mit Hornfasern ohne Hornnadeln (Familia Aplysillidae) und endlich Forınmen ohne Skelett (Familia Halisareidae) angetroffen. Über die Berechtigung der zwei erstgenannten Familien kann wohl kein Zweifel bestehen. Die Familia 310 R. v. Lendenfeld, Halisarcidae aber dürfte vielleicht unnatürlich sein, indem die beiden dieselben zusammensetzenden Gattungen vermuthlich verschiedenen Ursprungs sind. Graphisch lassen sich die relativen Beziehungen dieser Familien folgendermaßen darstellen: Te 'y Halisarcidae Aplysillidae Darwinellidae Hexactinellida. Die Familia Darwinellida umfasst die einzige Gattung Darwinella; die Famile Aplysillidae zerfällt in drei Gattungen: Aplysilla, Dendrilla und Janthella und die Familia Halisareidae in zwei Gattungen: Hali- sarca und Bajulus (siehe oben bei 1889 LEnDENFELD). Graphisch wären die Beziehungen dieser Genera zu einander folgendermaßen auszu- drücken: Dendrilla Halisarca N Janthella Aplysilla Darwinella Bajulus Hexactinellida. Wir hätten also das folgende System der Hexaceratina: 2. (2) Classis Silicea. Spongien, denen Harttheile nur selten ganz fehlen und deren Skelett, wenn vorhanden, aus Kieselnadeln, Hornfasern, Fremdkörpern oder Kombinationen von diesen besteht. 1867, Porifera Silicea Gray. 1887, Noncalcarea Vosmaer. 1886, Noncalcarea F. E. Schulze. 1888, Micromastictora Sollas. 1886, Silicea F. E. Schulze. 1889, Silicea Lendenfeld. 1886, Silicea Lendenfeld. 41890, Silicea Lendenfeld. I. Subelassis Triaxonia. Silicea mit großen sack- oder taschenförmigen, einfachen oder verzweigten Geibelkammern. Das Skelett besteht aus triaxonen Kiesel- nadeln oder markhaltigen, ganz oder zum Theil dendritisch verzweigten Hornfasern, zu denen sich zuweilen drei- bis achtstrahlige Hornnadeln gesellen, oder fehlt ganz. 1886, Triaxonia F. E. Schulze. 1889, Triaxonia Lendenfeld, 1890, Triaxonia Lendenfeld. Die Spongien der Adria. II. 311 1. (3) Ordo Hexactinellida. Triaxonia mit Kieselskelett. (Die Ordnung wird hier weiter nicht berührt. Sie umfasst zehn Familien und 43 Gattungen, welche bei der folgenden fortlaufenden, Familien- und Gattungsnummerirung eingezählt werden.) 2. (4) Ordo Hexaceratina. Triaxonia mit Hornskelett, oder ohne Skelett. 1886, Monaxonia F. E. Schulze partim. 1888, Demospongiae Sollas partim. 41887, Spiculispongiae Vosmaer partim. 4889, Hexaceratina Lendenfeld. 41887, Cornacuspongiae Vosmaer partim. 4889, Malthospongiae Haeckel partim. 1888, Myxospongiae Sollas partim. 1889, Demospongiae Haeckel partim. 4890, Hexaceratina Lendenfeld. 1. (17) Familia Darwinellidae. Hexaceratina mit Hornfasern und Hornnadeln. 1879, Darwinellidae Merejkovsky partim. 4887, Darwinellidae Vosmaer partim. 1883, Aplysillidae Vosmaer partim. 1889, Darwinellidae Lendenfeld. 1885, Aplysillidae Lendenfeld partim. 41890, Darwinellidae Lendenfeld. 1. (65) Genus Darwinella. Lamellöse oder inkrustirende Darwinellidae mit zwei- bis acht- strahligen Hornnadeln. 1865, Darwinella F. Müller. 1884, Darwinella Polejaeff. 41872, Aplysina Carter partim. 1885, Darwinella Carter. 4878, Darwinella F. E. Schulze. 1887, Darwinella Vosmaer. 4879, Darwinella Merejkovsky. 1889, Darwinella Lendenfeld. 1890, Darwinella Lendenfeld. 2. (18) Familia Aplysillidae. Hexaceratina mit Hornfasern aber ohne Hornnadeln. 1879, Darwinellidae Merejkovsky partim. 1885, Aplysillidae Lendenfeld partim. 1883, Aplysillinae Lendenfeld. 1887, Darwinellidae Vosmaer partim. 1883, Aplysillidae Vosmaer partim. 1889, Aplysillidae Lendenfeld. 1890, Aplysillidae Lendenfeld. 1. (66) Genus Aplysilla. Inkrustirende, seltentheilweise freistehende, lamellöse Aplysillidae, deren Skelett aus vielen getrennten, baumförmig verzweigten Horn- fasern besteht. Ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern. 1876, Aplysina Carter .partim. 1882, Aplysilla Graeffe. 41876, Verongia Barrois. 1883, Aplysilla Lendenfeld. 1878, Aplysilla F. E. Schulze partim. 1886, Aplysina Carter partim, 41879, Simplicella Merejkovsky. 1887, Aplysilla Vosmaer. 4882, Aplysina Carter partim. 1889, Aplysilla Lendenfeld. 4890, Aplysilla Lendenfeld. 312 R. v. Lendenfeld, 2. (67) Genus Dendrilla. en Massige, gestielte Aplysillidae, deren baumförmiges Skelett einen einzigen, oder einige wenige, dicht beisammenstehende dicke Stämme hat. Ohne Zellen in der Sponginrinde der Fasern. 1766, Spongia Pallas partim. 1794, Spongia Esper partim. 1867, Spongelia Selenka partim. 1868, Aplysilla F. E. Schulze partim. 1883, Dendrilla Lendenfeld. 1884, Aplysina Ridley partim. 1886, Aplysina Carter partim. 1886, Luffaria Carter. 1886, Dendrilla Lendenfeld. 1887, Dendrilla Vosmaer. 1889, Dendrilla Lendenfeld. 1890, Dendrilla Lendenfeld. 3. (68) Genus Janthella. Aplysillidae mit Zellen in der Sponginrinde der Fasern. 1705, Basta Rumpf, 4720, Keratophyton Boerhave. 4737, Spongia Linne partim. 1766, Spongia Pallas partim. 1767, Spongia Linne partim. 1794, Spongia Esper partim. 1843, Spongia Lamarck partim. 1846, Spongia Lamouroux partim. 1869, Janthella Gray. 1870, Verongia Ehlers partim. 41872, Janthella Fleming, 1875, Janthella Hyatt. 1878, Janthella F. E. Schulze. 1884, Janthella Polejaeff. 1887, Janthella Vosmaer. 1889, Janthella Lendenfeld. 1890, Janthella Lendenfeld. 3. (19) Familia Halisarcidae. Hexaceratina ohne Skelett.: 1887, Halisarcidae Vosmaer partim. 1889, Halisarcidae Lendenfeld. 1890, Halisarcidae Lendenfeld, 1.(69) Genus Halisarca. Inkrustirende oder massige Halisarcidae mit langgestreckt sackförmi- gen, verzweigten Kammern, und kleinen einfachen Subdermalräumen. 1838, Halisarca Dujardin. 1842, Halisarca Johnston. 4859, Halisarca Lieberkühn. 1864, Halisarca O. Schmidt. 1868, Halisarca O. Schmidt. 1872, Halisarca Carter. 4873, Halisarca Carter. 1873, Halisarca Giard. 1874, Halisarca Carter. 1876, Halisarca Barrois. 1877, Halisarca F. E. Schulze partim. 1879, Halisarca Metschnikoff. 1882, Halisarca Norman. 1882, Halisarca Graeffe partim. 4887, Halisarca Vosmaer. 41889, Halisarca Lendenfeld. 1890, Halisarca Lendenfeld. 2. (70) Genus Bajulus. Halisareidae mit weitem von einem Trabekelnetz durchsetzten Subdermalraum. 1886, Bajulus Lendenfeld. 1886, Bajulus F. E. Schulze. 1889, Bajulus Lendenfeld. 1890, Bajulus Lendenfeld. Die Spongien der Adria. II. 313 Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII. Fig. 4. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Längsschnitt durch Geißelkammern. x 450. a, einführender Hauptkanal; b, Intercameralräume; c, Kammerlumina; d, ausführender Kanal. Fig. 2. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Längsschnitt durch Geißelkammern. >< 450. a, einführender Hauptkanal; b, Intercameralräume; c, Kammerlumina; d, ausführender Kanal. Fig. 3. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Längsschnitt durch Geißelkammern. >< 150. a, einführender Hauptkanal; b, Intercameralräume; c, Kammerlumina; d, ausführender Kanal. Fig. 4. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Querschnitt durch Geißelkammern. > 150. b, Intercameralräume ; c, Kammerlumina. Fig. 5. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Schnitt senk- recht zur Oberfläche. >< 30. a, äußere Oberfläche; b, einführende Hauptkanäle; c, Geißelkammern; d, ausführende Kanäle, Fig. 6. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Querschnitt durch die Kragenzellenschicht. >< 750. a, Kammerlumen. Fig. 7. Aplysilla sulfurea. Osmiumsäure, Alaunkarmin, Methylviolett. Quer- schnitt durch die Kragenzellenschicht. >< 750. a, Kammerlumen. Fig. 8. Aplysilla sulfurea. Osmiumsäure, Alaunkarmin, Methylviolett. Flächen- ansicht der Kragenzellenschicht. >< 750. p, Kammerporen. Fig. 9. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Flächenansicht der Dermalmembran. >< 150. a, Bündel von Spindelzellen; b, blasse, unregelmäßige Zellen; c, große, dunkle Drüsenzellen; p, Hautporen. en 314 R v. Lendenfeld, Fig. 40. Aplysilla sulfurea. Osmiumsäure, Anilinblau, Me Theil eines Faserzellenbündels aus der Da >< 750. Fig. 14. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Blasse Zellen der Dermalmembran. >< 750, Fig. 42. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Große, dunkle, tröpfchenhaltige Zellen der Dermalmembran in der Flächenansicht. >< 750. Fig. 13. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Alaunkarmin, Safranin. Große, fein- körnige, multipolare Zelle aus der Haut der Conulusspitze. >< 750. Fig. 44. Aplysilla sulfurea. Alkohol, Pikrokarmin. Theil eines Längsschnittes durch eine jüngere Hornfaser. > 750. a, feinkörniges Mark; db, innere, dünn und zart geschichtete Lage des Sponginmantels ; c, äußere, grob und deutlich geschichtete Lage des Sponginmantels; d, flache, der Faser dicht anliegende Zellen. Fig. 15. Aplysilla sulfurea. Eine Woche in Ammoniak macerirt. Theil eines Längsschnittes durch eine ältere Hornfaser. >< 750. a, Mark mit Kuppelschichtung ; b, Sponginmantel; c, parasitische Algen ? Fig. 16. Darwinella aurea. Eine Woche in Ammoniak mat Hornnadeln. a, Tetractin; b, Pentactin; c, Hexactin ; d, Heptactin. Fig. 17. Darwinella aurea. Eine Woche in Ammoniak macerirt. Skelett. 30 a, Unterlage; b, basale Sponginplatte; c, Fasern; d, eine, an der basalen Sponginplatte festgösrachken Hornnadel. Fig. 18. Darwinella aurea. Alkohol, Pikrokarmin. Flächenansicht der Kragen- zellenschicht. >< 4000. Fig. 49. Darwinella aurea. Alkohol, Hämatoxylin, Eosin. Querschnitt durch die Kragenzellenschicht. >< 800. a, verschrumpfte Kragen. Fig. 20. Darwinella aurea. Alkohol, Hämatoxylin, Eosin. Querschnitt durch die Kragenzellenschicht. >< 1200. Fig. 21. Darwinella aurea. Alkohol, an, Eosin. Querschnitt durch die Kragenzellenschicht. >< 4200. a, Reste der Kragen und Geißeln (SoLLAs’sche Membran). Fig. 22. Darwinella aurea. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Querschnitt durch eine Geißelkammer. >< 600. a, Kragenränder und Geißelreste (SorLas’sche Membran); L, Lumen der Geißelkammer. Fig. 23. Darwinella aurea. Alkohol, Pikrokarmin. Schnitt aus dem Inneren des Schwammes. > 60. a, Spermaballen. Fig. 24. Darwinella aurea. Alkohol, Hämatoxylin, Eosin. Eine junge Sperma- mutterzelle in ihrer Kapsel. >< 750. a, Zellen der Kapselwand; db, Samenmutterzelle: c, Kern der Samenmuiterzelle. Die Spongien der Adria. Il. 315 Fig. 25. Halisarca Dujardini, var. massa. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Tangentialschnitt dicht unter der äußeren Oberfläche. > 1200. a, spindelförmige Fasern; b, große, blasige Zellen. Fig. 26. Halisarca Dujardini, var. massa. Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau. Schnitt senkrecht zur Oberfläche. >< 1000. a, blasse multipolare Zellen; b, scharfe kontourirte Blasenzellen ; c, dunklere, unregelmäßige Zellen der äußeren Rindenlage; d, äußerste Faserschicht ; e, Cuticula; f, äußere Oberfläche. Fig. 27. Halisarca Dujardini, var. massa. Alkohol, Pikrokarmin. Schnitt senkrecht zur äußeren Oberfläche. >< 150. a, äußere Oberfläche; b, Cuticula; ce, blasenzellenhaltige Rindenlage; d, Subdermalkanäle; e, Einfuhrkanal; f, Ausfuhrkanal; 9, Geißelkammern. Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. Von Nicolai von Adelung (Heidelberg). Mit Tafel XIV und XV und 1 Holzsehnitt. Von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. O. Bürscatı, auf die Lücken in unserer Kenntnis von den tibialen Gehörorganen der Locustiden aufmerksam gemacht, und zu neuerlicher Bearbeitung dieses Themas angeregt, habe ich es versucht, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Wenn es mir gelungen ist, einiges Neue zu dem schon Bekannten hinzuzufügen, so verdanke ich dies hauptsächlich der Anleitung, ferner der fortgeschrittenen Technik, und den verbesserten optischen Hilfs- mitteln, welche mir vom zoologischen Institut in Heidelberg zur Ver- fügung gestellt wurden. | Ich spreche an dieser Stelle Herrn Professor BürscaLı meinen wärmsten Dank aus für den regen Antheil, welchen er an meiner Arbeit genommen hat, sowie für die viele Mühe und den Zeitverlust, welche ihm bei der Schwierigkeit des Themas erwachsen sind. Auch dem früheren Assistenten am zoologischen Institute in Heidelberg, Herrn Professor Dr. BLocumann, welcher mich namentlich mit den neueren Präparationsmethoden genauer bekannt machte, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Wenn unsere Kenntnisse von dem Gehörorgan der Laubheu- schrecken, trotz verschiedener eingehender Arbeiten über dieses Thema, noch nicht so weit gediehen sind, dass alle Einzelheiten vollständig und sicher bekannt sind, so liegt dies, wie es auch die meisten Bearbeiter dieses Themas ausgesprochen haben, wohl hauptsächlich daran, dass es sich hier um recht schwer zu untersuchende Organe handelt. Die Zartheit der Theile, und die so sehr feinen Nervenverzweigun- gen, wozu noch häufig optische Schwierigkeiten hinzutreten, erfordern Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 317 sowohl große Sorgfalt im makroskopischen Präpariren und in den Vor- bereitungen zur Anfertigung von Schnittserien, als auch besondere Vorsicht beim mikroskopischen Studium. Es müssen wegen der Kleinheit einzelner Theile, und um Täu- schungen möglichst zu vermeiden, die besten optischen Hilfsmittel in Anwendung kommen. Wie leicht hier Täuschungen möglich sind, mag man aus dem Umstande ersehen, dass der Bau der Gehörstifte von er- fahrenen Beobachtern völlig verschieden beschrieben wurde. Das Studium dieser Gebilde ist eben ein recht schwieriges, und ihre end- gültige genaue Beschreibung wird wohl noch nicht so bald zu erwar- ten sein. Ich habe besonderen Werth auf die Anfertigung von Schnittserien gelegt, namentlich um den Aufbau der einzelnen Abtheilungen des Gehörorgans zu studiren. Auch hier begegnen wir nämlich Schwierig- keiten, bedingt durch den sehr zusammengedrängten Bau einzelner Ab- schnitte; ein derartiges Aneinanderlagern und Ineinanderschieben von Gebilden ist an ganzen Präparaten kaum genauer zu studiren und kann nur durch Schnittserien einigermaßen anschaulich gemacht werden. Was die angewandten Methoden anbelangt, so hat sich außer dem von früheren Bearbeitern unseres Themas Empfohlenen, noch einiges Neue bewährt. Zum Anfertigen von Totalpräparaten, d. h. von solchen, bei wel- ehen nur die dem Studium binderlichen Chitintheile entfernt wurden, empfahl sich folgende Methode: Die betreffenden Objekte wurden nach Anwendung einer Konservirungsflüssigkeit (meist kochender Alkohol) zuerst einer Behandlung mit Chloroform, welchem !/,—1°/, Salpeter- säure beigemischt war, ausgesetzt. Hierdurch wurde das in den Insek- tenbeinen so häufig auftretende Pigment aufgehellt. Hierauf wurde das Objekt in eine Mischung von einem Theil absoluten Alkohol und zwei Theilen Schwefeläther gebracht, wodurch das etwa noch vorhandene Fett aufgelöst wurde. | Das Chloroform muss mehrere Tage einwirken, letzteres Gemisch unter Erwärmung auf 50—60° C. etwa einen Tag. - Zum Färben solch dicker Präparate empfehlen sich Boraxkarmin, Hämatoxylin und Alaunkochenille. Bei der Anwendung eines der bei- den ersten Tinktionsmittel überfärbt man, und kann dann während des Ausziehens der Farbe mit angesäuertem Alkohol, leicht den rich- tigen Moment bestimmen, wann Kerne und Zellgrenzen, worauf es hier besonders ankommt, die nöthige Deutlichkeit erreicht haben. Gehörige Aufhellung durch Nelkenöl ist bei den stark ea Präpa- raten selbstverständlich Bedingung. 318 Nicolai von Adelung, Zum Anfertigen von Schnittserien ist eine vorherige Behandlung i des Vorderbeines mit Eau de Javelle behufs Aufweichung des Chitins sehr zu empfehlen. Es ist jedoch hierbei große Sorgfalt darauf zu legen, dass das Eau de Javelle die inneren Theile nicht angreift. Dies lässt sich dadurch erreichen, dass an den Stellen, wo das Bein durchschnit- ten wurde, Paraffinverschlüsse angebracht werden. Immerhin darf die Behandlung mit Eau de Javelle nur unter steter Kontrolle vor sich ge- hen; beginnt das Chitin seine natürliche Farbe zu verlieren und durch- sichtig zu werden, so muss das Objekt in Wasser übergeführt werden. Bisweilen treten im Chitinpanzer besonders spröde Stellen auf, welche das Anfertigen dünner Schnitte an der betreffenden Stelle überhaupt unmöglich machen. Zur Tinktion der Schnitte wurden vorzugsweise Anilinfarben angewendet. Von diesen gaben Methylenblau und Vesuvinbraun die besten Resultate. Auch wurden durch Alaunkochenille recht deutliche und kräftige Bilder erhalten. Um den Bau der Stifte zu studiren, brachte ich das Gehörorgan, oder Theile desselben, aus dem frisch getödteten Thiere in sogenannte physiologische Kochsalzlösung (0,750, NaCl). Derartige Präparate, wenn sie nachträglich mit einer Konservirungsflüssigkeit behandelt wurden, litten meist stark durch Schrumpfung, während eine solche nie eintrat, wenn das Organ noch in.Verbindung mit anderen Geweben des Beines blieb, wie z. B. bei der Anfertigung von Schnittserien durch das ganze Bein. Was das Material anbelangt, so standen mir hauptsächlich zu Gebote: Locusta viridissima L., Decticus verrucivorus L., Decticus griseus Fabr., Thamnotrizon apterus Fabr. und Me- conema varium Fabr. Andere Species waren nur in vereinzelten Exemplaren vorhanden, wesshalb ich ihre Untersuchung unterließ. Lage und Anordnung der Gehörorgane. Wie bekannt, besitzen die Laubheuschrecken in den Tibien ihrer Vorderbeine einen komplieirten Sinnesapparat, der wohl allgemein als zur Perception des Schalles dienend aufgefasst wird. Schon äußerlich zeichnet sich diejenige Stelle, welche in ihrem Inneren das Gehörorgan beherbergt, durch Umbildung des Integumentes aus. Stets finden wir distal vom Knie, diesem mehr oder weniger genähert, zwei ovale Hautstellen, die sogenannten Tympana oder Trommelfelle. Die Trom- melfelle sind flach oder nach innen gewölbt. Zur Orientirung denken wir uns das Bein seitlich gestreckt, also senkrecht zur Längsachse des Insektenkörpers. Wir können dann an Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 319 dem Beine vier Seiten unterscheiden: eine obere, eine untere (dorsale und ventrale Seite), ferner eine vordere Seite und eine hintere. Außerdem nennen wir die dem Körper zugewandte Richtung die proximale, die dem Tarsus zugewandte die distale Richtung. Diese von O. Scunir (Litt.-Verz. 5, p. 203) eingeführte Orientirung ist sehr zweckmäßig und giebt weniger zu Missverständnissen Anlass, als dies bei den Orientirungen anderer Forscher der Fall ist. Von den oben erwähnten Trommelfellen liegt das eine auf der vorderen, das andere auf der hinteren Seite der Tibia. Die Längs- achsen der Trommelfelle laufen der Längsachse der Tibia parallel. Der Chitinpanzer der Tibien, welcher sonst eine gleichmäßige Stärke besitzt, ist an den Trommelfellen zu einer verhältnismäßig dünnen Membran geworden. Hypodermis und Cuticula des Integu- ments der Tibia gehen auf die Trommelfelle über; die letzteren sind nur differenzirte Abschnitte des Integuments. Ihre Gestalt, äußere Be- schaffenheit und histologischer Bau sind von SırsoLD (2, p. 72), HENsEN (#2, p. 195), O. Scamipr (5, p. 20%) und GrABeEr (6, p. 4—-20) zur Genüge beschrieben worden. | Die beiden Tympana werden bei den meisten Locustiden je von einer Duplikatur des Integuments bedeckt. Nur oben bleibt ein Spalt, durch welchen der überwölbte Raum, die Trommelfellkapsel, mit dem _ umgebenden Medium in Verbindung steht. Die Holzschnitte I und II geben die Lage der beiden Spalte sp der Trommelfellkapsel an; die Holzschnitte Ill und IV außerdem noch im Quer-, resp. Längsschnitt die Trommelfellkapseln selbst, die Trommelfelldeckel Tr.d und die Lage der Trommelfelle T. So ist die Einrichtung bei den meisten Locustiden; doch giebt es Gattungen, wie z.B. Meconema, Odontura, einige Phaneroptera und Andere mehr, welche unbedeckte Tympana besitzen. Die eben 320 Nicolai von Adelung, beschriebenen äußeren Theile des Gehörapparates sind zuerst von BURMEISTER (1) beobachtet und systematisch verwerthet worden. Der morphologische Bau der Trommelfelldeckel ist ein recht ver- schiedener, auch können der vordere und hintere verschieden ausge- bildet sein. Ich verweise diesbezüglich auf die ausführliche Monogra- phie GrAser’s (6, p. 8). Neben den äußeren Besonderheiten des Beininteguments finden wir im Inneren des Beins gelegene Sinnesapparate. Zum besseren Verständnis der topographischen Lage dieser inneren Gebilde ist es rathsam, den Verlauf der Tracheen in den Tibien zu verfolgen. In der Längsrichtung des Beins verläuft ein starker Tracheenstamm, welcher sich am Knie unbedeutend verengert, distal von demselben aber wie- der etwas anschwillt. In der Region der Trommelfelle angelangt, spaltet sich der Stamm in zwei Äste, welche sich am distalen Ende der Trommelfelle wieder zu einem Stamme vereinigen. Die Querschnitts- form der beiden Äste, welche für unser Thema von Bedeutung ist, sowie ihre gegenseitige Lage, gehen aus Holzschnitt IN (v.Tr und A.Tr) hervor. Hinsichtlich weiterer Details über die Tracheenäste und den Tracheenstamm verweise ich wieder auf die Darstellungen GRrABER'S (6, p. 23—32). Nach ihrer Lage im Bein kann man einen vorderen und einen hinteren tympanalen Tracheenast unterscheiden. Der hintere Tracheenast (Holzschnitt IN A.Tr) tritt mit dem inneren Gehörapparat nicht in Verbindung, der vordere (v.Tr) dagegen ist für uns von Wich- tigkeit, da ein Theil des Gehörapparates auf demselben liegt. Das Gehörorgan selbst wurde von früheren Beobachtern in zwei Abschnitte getrennt: die Gehörleiste mit ihrem besonders differenzir- ten proximalen Ende, und das supratympanale Organ. Ich möchte das proximale Ende der Leiste, seines abweichenden Baues wegen, von der Gehörleiste getrennt behandeln, und dasselbe mit dem Namen Zwischenorgan bezeichnen. Die Gehörleiste (Crista acustica Hrnsen’s [%, p. 193]) (Taf. XIV, Fig. 7 Crista) ist ein auf der dorsalen Fläche des vorderen Tracheen- astes ruhendes lang-bandförmiges Gebilde, in welchem Nervenendi- gungen in später zu erörternder Weise eingelagert sind. Während die Leiste proximal fast die ganze Breite des vorderen Tracheenastes ein- nimmt, spitzt sie sich distalwärts mehr und mehr zu. Eben so nimmt sie in dieser Richtung an Höhe ab. Im Querschnitt hat sie im Allgemeinen die in Fig. 2 (Taf. XIV) angegebene Form. Sie ist zwischen den beiden Trommelfellen gelegen und entspricht denselben auch ihrer Länge nach. Von oben bietet sie den Anblick zweier nach dem distalen Ende spitz konvergirender Geraden (Fig. 7 Cr.R). Zwischen diesen Geraden Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 321 zieht eine Längsreihe dicht auf einander folgender, rechteckiger Gebilde hin, welche in ihrem Centrum je ein dunkles Kreischen zeigen (Taf. XIV, _ Fig. 7 EO"”); außer dem Kreischen bemerkt man in diesen Gebilden noch je einen Kern, welcher am Rande liegt. Diese Gebilde sind die oben erwähnten Nervenendigungen, von oben gesehen. Am proximalen Ende der Crista sieht man eine Anhäufung von ganz dicht an einander gedrängten Gebilden (Endorganen) (Taf. XIV, Fig. 7 ZO), welche sich eng an diejenigen der Crista anschließen. Sie bilden das Zwischenorgan, welches in den bis jetzt erschienenen | Arbeiten wenig berücksichtigt wurde. Als dritte Gruppe von Nervenendigungen finden wir schließlich noch diejenigen des supratympanalen oder subgenualen Organs (GrABER). Dieses Organ (Taf. XIV, Fig. 7 Eschl’ und Eschl”), zwischen dem Kniegelenk und dem proximalen Ende der Trommelfelle gelegen, besteht aus einer beträchtlichen Anzahl schlauchförmiger Gebilde, welche sich zwischen der vorderen und oberen Beinseite nach einer Stelle der hinteren Beinseite ausspannen. Diese Gebilde erfüllen den Raum, welcher sich zwischen dem hier noch ungetheilten Tracheen- stamm und der dorsalen Beinwand befindet. Diese letzte Abtheilung von Nervenendorganen, Endschläuche (GrAser) genannt, zerfällt wieder in zwei Gruppen, die erste Gruppe von Endschläuchen (Taf. XIV, Fig. 7 Eschl’) und die zweite Gruppe (Fig. 7 Eschl”). Die Innervirung der sämmtlichen Endorgane geschieht durch zwei Nerven: der eine versorgt die erste Gruppe von Endschläuchen des supratympanalen Organs, der zweite dessen zweite Gruppe von Endschläuchen, das Zwischenorgan und die Crista. Der erste, eben von mir erwähnte Nerv (Taf. XIV, Fig. 7 STN), ist u bis jetzt noch nicht beschrieben worden; er tritt von der hinteren Bein- seite nach der oberen heran und giebt hier mehrere Äste ab; diese lösen sich in Fasern auf, welche die Endschläuche ESchl’ versorgen. Der zweite Nerv, welcher die übrigen Abschnitte des Gehörorgans versorgt, entspringt eben so wie der erste in der Nähe des Knies von einem Nervenstamm, welcher in der unteren Beinregion sich hinzieht (Taf. XIV, Fig. 2 Tıb.N). Er verläuft dann auf der vorderen Seite der Trachee, sich gleichzeitig nach oben und distalwärts wendend. In seinem Verlauf giebt er schwächere Zweige ab, welche ansteigend die zweite Gruppe der Endschläuche und die Endorgane des Zwischen- rgans mit Nervenfasern versorgen. In der Region der Trommelfelle ngelangt wendet sich der Nerv (Taf. XIV, Fig. 2 TN) distalwärts und erläuft in einer Rinne, welche von dem vorderen Tympanum und em vorderen Tracheenast (Taf. XIV, Tig. 2 v.T und v.Tr). gebildet wird, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LIV, Bd, 94 322 Nicolai von Adelung, parallel zur Crista. Dieser Nerv, der Tympanalnerv, nimmt distal- | wärts an Stärke ab und endet am distalen Ende der Crista, nachdem 3 er ganz regelmäßig Fasern abgegeben hat, welche die Endorgane der Crista versorgen. Zwischen den beiden Nervenstämmen und den ein- zelnen Endorganen sind in den Verlauf der eben erwähnten, zu den Endorganen tretenden Nervenfasern, bipolare Ganglienzellen einge- schaltet (Taf. XIV, Fig. 2 GZ, Fig. 7 GZ”, GZ"” und 62”). Die Gruppirung dieser Ganglienzellen ist eine verschiedene: am supratympanalen Organ lagern sich die Ganglienzellen längs der oberen und vorderen Wand des Beininteguments (Taf. XIV, Fig. 7 GZ’u. GZ’). Am Zwischenorgan sind sie der vorderen Wand allein angelagert (Taf. XIV, Fig. 7 GZ”' und Taf. XV, Fig. 14 GZ’’), während sie endlich an der Crista, der bandförmigen Hintereinanderreihung der Endorgane entsprechend, in einer Reihe, zwischen diesen und dem Tympanalnerv (Taf. XIV, Fig. 2 TN), auf der oberen Fläche des vorderen Tracheen- astes (v.Tr) gelegen sind (Fig. 2 GZ, Fig. 7 GZ""). Die Fig. 7 (Taf. XIV) giebt einen Überblick über die drei Abthei- lungen des Gehörorgans und ihre gegenseitige Lage. Es bedeuten: Esch!’ die Endschläuche der ersten, Esch!” die der zweiten Gruppe des supratympanalen Organs, EO” die Endorgane des Zwischenorgans, EO"" die der Crista. Allen diesen Endorganen ist die Auszeichnung gemeinsam, dass sie an ihrem distalen Ende je einen sogenannten Gehörstift ein- schließen, welcher die eigentliche Nervenendigung bildet. Die Gehör- stifte haben im Allgemeinen eine kegelförmige Gestalt, und zwar bildet die Spitze des Kegels das proximale, mit je einer Nervenfaser zusam- menhängende Ende der Stifte; die Basis des Kegels wird von einem im Allgemeinen halbkugeligen Deckel abgeschlossen, welcher daher das’ distale oder periphere Ende des Stifts darstellt. Die Crista acustica oder Gehörleiste. Die Länge der Crista entspricht, wie schon bemerkt, ziemlich der- jenigen der ovalen Trommelfelle. Sie beginnt in der Nähe des proxi- malen Endes der Trommelfelle und verläuft bis zu ihrem distalen Ende. Im Querschnitt hat die Leiste im Allgemeinen die Gestalt eines Drei- ecks, dessen Basis auf dem vorderen Tracheenast aufliegt, und dessen Spitze abgerundet ist (Taf. XIV, Fig. 2 Cr). Diese Form ist aber oft abgeändert; namentlich sind die beiden Seiten des Dreiecks meistens etwas ausgebuchtet (Taf. XV, Fig. 13 M). Auch die Höhe der Crista ist im Verhältnis zur Basis wechselnd, und zwar zeigt sich die Leiste am proximalen Ende mehr flach, während sie am distalen Ende oft seitlich Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 3233 zusammengedrückt erscheint. Sie wird von einer Substanz, der Cristamasse, gebildet (Taf. XIV, Fig. I und 2; Taf. XV, Fig. 13 Cr.m), in welcher eine Reihe von Gebilden, die Endblasen (Graser), in der Längsrichtung angeordnet erscheinen (Taf. XIV, Fig. 2 E.bl, Fig. 7 ıE Taf. XV, Fig. 8 und 9 EO”"). Die Cristamasse ist nach allen Seiten, mit Ausnahme der vorderen, scharf abgegrenzt. Sie scheint von einer Hülle umgeben zu sein, welche an den Seiten oft bedeutend verdickt ist (Taf. XV, Fig. 13 Verd). Die Masse ist fast immer gleichmäßig feinkörnig und leicht färbbar. Sehr häufig war eine strahlige faserige Anordnung des Inhalts zu bemerken, und zwar derart, dass im Querschnitt die Strahlen vom unteren Ende der Endblasen nach den oberen und seitlichen Flächen der Crista zogen. Dies Verhalten ist in der Fig. 1 (Taf. XIV) angedeutet (Sir). Auf vertikalen Längsschnitten erschien die Gristamasse längsge- streift. Auf Grund meiner Beobachtungen muss ich annehmen, dass die, die Endblasen umgebende, Cristamasse protoplasmatischer Natur ist. Bei der Durchmusterung von Quer- und Längsschnittserien fand ich zu beiden Seiten der Endblasenreihe Kerne in der Cristamasse, welche mit denen von Blutkörperchen nicht zu verwechseln waren. Diese Kerne traten sehr vereinzelt auf: so fand ich auf einer Serie von Quer- schnitten durch die Crista einer Locusta viridissima nur zehn derselben. Andere langgestreckte Kerne, welche an der Basis der Crista auftreten, scheinen der Hülle anzugehören (Taf. XV, Fig. 13 HK). Zellgrenzen innerhalb der Cristamasse habe ich nicht beobachtet. Meine Ansicht über die Beschaffenheit der Cristamasse stimmt nicht mit derjenigen der früheren Beobachter überein. Hansen (k, p- 196 und 200) nimmt an, jeder Gehörstift wäre von zwei seitlich ge- legenen Zellen umfasst. Der Inhalt dieser Zellen würde Hensen’s Ab- bildungen nach meiner Cristamasse entsprechen, doch habe ich auf Flächenschnitten, wie gesagt, nie Zellgrenzen innerhalb der Crista- masse gesehen, so dass ich mich der Hrnsen’schen Annahme nicht an- schließen kann. Aus einzelnen Figuren Hrnsen’s (Taf. X, Fig. 8 und 12) ergiebt sich, dass die erwähnten Zellen nicht dicht an einander gelagert angenommen wurden. Hernsen giebt aber keine Auskunft darüber, womit die Zwischenräume ausgefüllt sind. Die Leiste ist nach Hensen (4, p. 195) an ihrem »freien Theil« d.h. seitlich und oben von einer dünnen Chitinmembran umgeben, welche an den Seiten der Leiste verdiekte Streifen bildet. Diese verdickten Streifen sollen sich leicht abziehen lassen, die den oberen Theil der Leiste bedeckende Membran jedoch nicht. 21* 324 Nicolai von Adelung, Eine derartige, die ganze Crista bedeckende Membran habe ich nicht beobachten können. Die Hülle der Cristamasse habe ich von allen Seiten, also auch unten, gleichmäßig ausgebildet gefunden, mit Aus- nahme der Seitentheile, welche bisweilen etwas stärker ausgebildet waren (Taf. XV, Fig. 13 Verd). Hexsen hat in der Umgebung der Stifte noch zwei weitere Zellen angenommen (%, p. 200): eine obere, den Stift überlagernde, welche er als Deckzelle bezeichnet, und eine basale Zelle. Die letzterwähnte, basale Zelle habe ich nicht gesehen, die Deckzelle hingegen in allen Fällen konstatiren können. Bei Ge- legenheit der Besprechung der Endblasen werde ich näher auf diese Zelle eingehen. Auch ©. Scamipr (5, p. 206) nimmt eine, die Leiste von oben be- deckende Membran an, zeichnet sie jedoch in seinen Figuren nicht ein. Aus seinen Angaben ergiebt sich übrigens, dass er unter dem Namen Leiste nur einen Theil des von Hensen beschriebenen Gebildes ver- steht. Die beiden Hensen’schen Seitenzellen, welche O. Scanipt »einige Male mit ausgezeichneter Klarheit« (5, p. 207) gesehen hat, liegen nach seiner Auffassung außerhalb von dem, was er die Leiste nennt. Die Leiste ist nach O. Scammwr in einzelne Fächer zerlegt, welche je einen Gehörstift enthalten; die Seitenzellen, welche »den ganzen Raum zwi- schen der Oberfläche der Trachea und der schiefen Fläche unterhalb der Deckzelle ausfüllen « (5, p. 207) sind nicht konstant, sondern schei- nen häufig durch » kleinere blasige Zellen « ersetzt zu sein. Diese letzte Angabe O. Scauipr’s kann ich in so fern bestätigen, als ich auf Querschnitten durch den distalen Theil der Crista bisweilen statt der feinkörnigen Cristamasse, eine Menge an einander gedrängter blasiger Gebilde beobachtet habe. Die übrigen Angaben betreffs der Crista stimmen mit meinen oben geschilderten Erfahrungen nicht überein. V. GrABerR, der die eingehendsten Untersuchungen über das Ge- hörorgan der Locustiden angestellt hat, versteht unter der Crista allein die Endblasenreihe (6, p. 71). Dieselbe wird durch eine Membran gestützt, welche den einzelnen Endblasen entsprechende uhrglasförmige Wölbungen besitzt (6, p. 60 u. 71). Die Membran steht auf der hinteren Seite der Crista mit der Trachea, auf der vorderen mit dem Integument im Zusammenhang (6, p. 74). Die Endblasen sind von Flüssigkeit um- geben, welche durch die erwähnte Membran (Membrana tectoria GRABER) gegen das Beinlumen abgegrenzt ist. Die Membran entspringt nach GRABER in der Supratympanalregion mit zwei strangartigen Wurzeln (6, p. 71, Fig. 73). Die eine dieser » Wurzeln« habe auch ich beob- achtet; sie entsteht, wie dies GrAger auch richtig angegeben hat, in der Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 325 Nähe des Zwischenorgans am oberen Beinintegument. Bei der Be- sprechung des Zwischenorgans werde ich auf diese » Membranwurzel«, die ich in ganz anderem Sinne deute, zurückkommen. Die andere »Wurzel«, welche aus der Hypodermis der Trachea entspringen soll, habe ich nicht finden können. Wenn GRABER sagt, die »Cristahöhle«, d.h. der Raum, welchen meiner Ansicht nach die Cristamasse einnimmt, kommunicire auf der vorderen Beinseite mit dem übrigen Beinhohlraum (6, p. 72), so kann ich dies in gewisser Hinsicht bestätigen. Meine Fig. 2 (Taf. XIV) zeigt, dass die Cristamasse Or.m auf der hinteren Beinseite gegen den Bein- hohlraum Bl.c abgeschlossen ist. Auf der vorderen Seite dagegen setzt sie sich in einen schmalen Streifen (Str) plasmatischer Substanz, längs der Tracheenwand fort. Dieser Streifen erstreckt sich, wie ich ver- schiedentlich gesehen habe, über die hier befindlichen Ganglienzellen (GZ) und den Tympanalnerv (TN) hin, dieselben wahrscheinlich in seiner Substanz einschließend. Zuletzt verliert sich der Streifen, nach- dem er sich zum Integument der vorderen Beinwand gewendet hat. Ein ähnliches Verhalten giebt GrABER in seiner Querschnittsfigur 53 (Taf, II) an, wo der »Cristahohlraum « mit 93 bezeichnet ist. Ich wiederhole, dass das von mir als Gristamasse beschriebene Gebilde nach GrABErR ein mit Blutflüssigkeit erfüllter, mit einer Membrana tec- toria bedeckter Hohlraum ist. Die Endblasenreihe zeigt sich, von oben betrachtet, als eine Aufeinanderfolge vieler, im Ganzen rechteckiger Gebilde (Taf. XIV, Fig. 7 EO"”). Diese Gebilde nehmen nach dem distalen Ende der Leiste zu an Größe ab. Zahl und relative Größe der Endblasen sind bei den verschiedenen Speeies oft verschieden. GRABER hat hierüber eingehende Messungen angestellt (6, p. 108—109 und 70—71) und eine Anzahl Werthe angegeben. Hinsichtlich des Baues der Endblasen bin ich zu folgenden Resul- taten gelangt: jede Endblase besteht wesentlich aus zwei Zellen, der Umhüllungszelle (Taf. XIV, Fig. I, 2, 3 UZ, Taf. XV, Fig. 13 UZ) _ und der Deckzelle (ebendas. DZ). Die Umhüllungszelle umgiebt einen nervösen Faden (Taf. XIV, Fig. 1, 3; Taf. XV, Fig. 13 N.f), welcher an seinem distalen Ende in ein unter dem Namen Gehörstift bekanntes Gebilde übergeht (ebendas. St). Um den Bau der Umhüllungszelle beschreiben zu können, muss zuvor die Verbindung der Endblasen mit dem Gehörnerv erklärt wer- den. Wie schon bemerkt, verläuft der Tympanalnerv parallel zur Crista. Zwischen ihm und den Endblasen der Crista findet man eine 326 Nicolai von Adelung, Anzahl quer über die vordere Trachee verlaufender Nervenfasern (Taf. XIV, Fig. 2 und 7 VN”). Die Zahl der Nervenfasern entspricht derjenigen der Endblasen. Jede Nervenfaser entspringt aus dem Tym- panalnerv, und begiebt sich, dicht über der Tracheenwand verlaufend, bis zur Mitte der Cristabasis (vgl. Fig. 2 VN”). Hier biegt sie nach oben ° um, und endet (NF), umgeben von der Umhüllungszelle (UZ), als Ge- hörstift (S2). Der Tympanalnerv und die von diesem ausgehenden Nervenfasern, die Verbindungsnerven, wurden von Hensen (4, p. 195 und 201) zuerst beschrieben. Jeder Verbindungsnerv besteht aus einem Achsen- cylinder (Taf. XIV, Fig. 5 Ac) und einer ihn umhüllenden, kernführenden Scheide (N.sch). Die Scheide, welche proximal auf die Ganglienzelle übergeht, und dann auf den Tympanalnerv sich fortsetzt (Fig. 5 N.sch), nimmt distal an Durchmesser zu (Taf. XIV, Fig. 1 N.sch). An der Um- biegungsstelle selbst, oder etwas weiter distalwärts (Fig. I &) verengert sich die Scheide wieder etwas, um sich dann erst allmählich (Fig. 1 y), später rascher (Fig. 4 z) wieder zu erweitern. Etwas distal von der Umbiegungsstelle erscheint ein dicht am Achseneylinder liegender Kern (Taf. XIV, Fig. 1, 3; Taf. XV, Fig. 13 5A). Dieser Kern gehört der Scheide an. Der Raum um die Faser ist auch hier, wie im ganzen Ver- lauf der Nervenfaser von Protoplasma angefüllt, welches eine deutliche reticuläre Struktur zeigt (Taf. XIV, Fig. 1 Pr.pi); distal wird dieses Plasma durch die Deckzelle begrenzt (Taf. XIV, Fig. 1 DZ). Das Vorhanden- sein von protoplasmatischer Substanz, sowie das Vorkommen eines Kernes berechtigen zu der Annahme, dass die Nervenfasern von ihrer Umbiegungsstelle an von einer großen Zelle umgeben werden. Diese Zelle habe ich unter dem Namen der Umhüllungszelle eingeführt. Das Verhalten der Nervenfaser steht in Zusammenhang mit dem Bau der Gehörstifte, und soll später behandelt werden. Die Deckzelle, welche der Umhüllungszelle aufliegt, zeigt auf Querschnitten meist eine linsenförmige Gestalt (Taf. XIV, Fig. 1, 2; Taf. XV, Fig. 13 DZ). Sie hebt sich von der Gristamasse (Cr.m) und auch von dem Inhalte der Umhüllungszelle (UZ) durch dunklere Färbung scharf ab. Ihre Gestalt ist auch bei ein und derselben Art eine ziem- lich wechselnde. Die auf einander folgenden Deckzellen schließen sich dicht an einander an (Taf. XIV, Fig. 7 EO") und sind an den Berührungs- stellen etwas abgeplattet (Taf. XIV, Fig. 3 DZ). Die obere Wölbung ist in der Längsrichtung stärker als in der Querrichtung. Die Gestalt der Deckzelle wird in der Längsrichtung dadurch unsymmetrisch, dass die Abplattungen an beiden Seiten verschieden stark sind. Das Protoplasma der Deckzelle zeigt reichliche Körncheneinlage- Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 327 rungen und einen peripheren, helleren Saum, die Alveolarschicht | (Fig. 1 DZ). Die Zelle enthält stets einen großen Kern (Fig. 1 u. 13 ak), dessen Lage, wie aus Fig. 7 (Taf. XIV ak) hervorgeht, in den einzelnen Deckzellen eine verschiedene ist, indem die Kerne theils in dem vor- deren, theils in dem hinteren Theil der Deckzelle liegen. Unbeachtet ist bis jetzt geblieben, dass diese Kerne, welche bei der Betrachtung von oben meist kreisrund oder schwach elliptisch er- scheinen, am distalen Ende der Crista eine andere Gestalt annehmen. Verfolgt man sie nämlich vom proximalen zum distalen Ende der Crista, so sieht man die Kerne sich immer mehr in die Länge strecken, bis- kuitförmig werden, und schließlich den Gehörstift in der Vertikalpro- jektion spangenförmig umgeben (Taf. XIV, Fig. 7 ak, ak’, ak"). Auf Querschnitten am distalen Cristaende erscheinen daher in der Deckzelle zwei scheinbare Kerne, da der gebogene Kern zweimal geschnitten wurde. GRrABER (6, p. 66, Fig. 9%) hat in einem Falle Ähnliches beobachtet. Die Deckzelle zeigt sich auch auf ganz dünnen Querschnitten durch die Crista, gegen die Umhüllungszelle scharf abgegrenzt. Es ist dadurch die Annahme ausgeschlossen, dass ein außerhalb der Deckzelle liegen- des Gebilde die untere Begrenzung der Deckzelle vortäuschen könnte, wie dies von GRABER (6, p. 64) behauptet wird. Der später zu besprechende Gehörstift ragt mit seinem distalen Ende (oft nur mit dem abgerundeten Theil), meistens in die Deckzelle hinein, wobei jedoch keine Durchbrechung ihrer Hülle stattfindet. Der Bau der Endblasen ist von den bisherigen Bearbeitern unseres Themas verschieden aufgefasst worden: Sırsorp (2, p. 75) nennt die _ Endblasen »wasserklare, dieckwandige, hohle Körper, aus deren Wand ein Kern schimmert«. Jeder Körper soll eine Höhle einschließen, welche in einer klaren Flüssigkeit den Gehörstift enthält. Henses (%, p. 200) beschreibt als Umhüllung der Gehörstifte vier Zellen: eine Deckzelle, zwei Seitenzellen und eine Basalzelle.. Von diesen kann ich nur die Existenz der Deckzelle bestätigen. Die »Basal- zellen« scheinen Zellen zu sein, welche mit den Endblasen nichts zu thun haben. O.Scammr’s Auffassung der Endblasen weicht von den Angaben der übrigen Forscher völlig ab; ich glaube auf dieselbe nicht weiter ein- gehen zu müssen. GRABER (6, p. 6%) betrachtet die Endblasen als eine » Aussackung des Nervenendes, in deren Mitte die helle Binnenblase mit dem birn- förmigen Körperchen (d. h. dem Gehörstift) liegt«. In der Endblase beschreibt Grager zwei Kerne, einen Gipfelkern im oberen, und einen Basalkern im unteren Theil der Blase (6, p. 63). Speciell für Locusta 328 Nicolai von Adelung, giebt GrRABER (6, p. 65, Fig. 63 *) noch zwei weitere Kerne innerhalb : der Endblase an. Dieselben sollen etwas tiefer liegen als der Gipfel- kern, welcher dem Kern unserer Deckzelle entspricht. Ich konnte solche Kerne nie bemerken. Das Vorhandensein einer Deckzelle, wie sie Hensen und O. Scamipr angenommen haben, giebt GrABEr nicht zu; er sagt (6, p. 64, Fig. 71 *): »Über dem birnförmigen Körperchen (bi) hat es aber den Anschein, als ob dort eine besondere querelliptische Zelle liege, indem man an der ge- dachten Stelle auch einen, oder ein Paar Kerne wahrnimmt. Und doch ist diese vermeintliche Deckzelle weiter gar nichts, als ein Segment des die Endblase bedeckenden, mützenartigen Abschnittes der Deckmem- bran, was am deutlichsten daran erkannt wird, dass das fragliche Haut- stück an seinen Enden umgeschlagen ist. « Eine Täuschung, wie GRABER sie hier annimmt, kann nicht vor- liegen, wenn Querschnitte durch die Crista angefertigt werden, deren Dicke so gering ist, dass jede Deckzelle in mehrere Schnitte zerlegt wird. Ist auch dann eine untere Begrenzung dieser Zelle stets zu sehen, so kann dies natürlich nicht von der erwähnten Membran herrühren. GRABER (6, p. 71) hat die obere Breite der Endblasen einer Lo- custa viridissima L. bestimmt, und beträgt dieselbe für Endblasen am proximalen Ende der Crista 0,044 mm. Bei einzelnen meiner Quer- schnittsserien durch dieselbe Region des gleichen Objekts betrug die Dicke der einzelnen Schnitte nicht über 0,010 mm; hieraus geht her- vor, dass auf eine Deckzelle stets mehrere Schnitte kamen, von denen wieder einige so geführt sind, dass sie zwischen den Berührungsflächen der einzelnen Deckzellen liegen. Auch diese Schnitte zeigten die Deckzelle allseitig begrenzt; ich habe demnach keinen Grund, irgend welche Täuschung bei meiner Untersuchung anzunehmen. Mehrere Beobachter haben innerhalb der Endblasen eine zweite Blase beschrieben, welche mit Flüssigkeit angefüllt sein soll, und welche den Gehörstift umschließt. Namentlich Graser (6, p. 63, Fig. 65) hat diesem Gebilde, von ihm Binnenblase benannt, besondere Aufmerk- samkeit geschenkt. Er bemerkt darüber: »In der Blase (Endblase) selbst, mit ihrem nach außen gewölbten Kopf, und dem gegen die Trachea zu sich verschmälernden Stiel, unterscheiden wir abermals eine der äußeren an Gestalt ähnliche Innen- oder Binnenblase mit relativ viel durchsichtigerem, wässerigflüssigem Inhalt, in dem das birnförmige Körperchen (d. h. der Gehörstift) eingebettet liegt, ete.« Auf keinem meiner Präparate und Schnitte ist mir jemals eine solche »Binnenblase« vorgekommen, und ich muss daher schließen, Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 329 dass wenigstens bei den von mir untersuchten Arten ein derartiges Gebilde nicht vorhanden ist. Stets fand ich den Stift von netziger plasmatischer Substanz umgeben; nie war um den Stift eine scharf begrenzte Hülle mit hellerem Inhalt zu bemerken. Wohl war um ihn bisweilen ein äußerst schmaler, hellerer Saum sichtbar, welcher ent- weder auf eine Differenzirung des den Stift umgebenden Plasmas oder auf dessen Schrumpfung zurückzuführen sein dürfte. Nie war dieser Saum gegen das umliegende Plasma irgendwie scharf abgegrenzt und zeigte keinen glatten und scharfen Kontour, wie er besonders in GrABER’S Zeichnungen der Binnenblase hervortritt. Wie früher geschildert, endet jede der innerhalb der Crista nach oben umbiegenden Nervenfasern mit einem der für die Gehörorgane der Insekten typischen Gehörstifte. Die Gestalt dieser Stifte ist bei den verschiedenen Species sehr abweichend. Ferner sind stets die Stifte der drei Gruppen von Endorganen specifisch gestaltet, wie dies von den früheren Beobachtern und namentlich von GrABEr nachgewiesen wurde. Es kommt sogar vor, dass die Stifte innerhalb einer Gruppe von Endorganen geringe Verschiedenheiten der Proportionen zeigen. Die Stifte der Crista nehmen in demselben Verhältnis distalwärts an Größe ab, wie die ganzen Endblasen. Zahlenwerthe hierfür sind von GRABER (6, p. 108) angegeben. Im Allgemeinen stimmen die Angaben über die äußeren Umrisse der Gehörstifte der Crista bei Allen, welche dieselben untersucht haben, ziemlich überein. Eine Ausnahme hiervon machen Leyvic (3, p- 405) und theilweise auch Scamior (5, p. 208), welche vierkantige Gehörstifte beschrieben haben. | Nach meinen Untersuchungen muss ich mit Hexsen und GrABErR be- stimmt behaupten, dass die Gehörstifte im Querschnitt einen kreis- runden äußeren Kontour haben (Taf. XIV, Fig. 4 u. 6 St.wo). Geringe Unregelmäßigkeiten kommen vor, wie dies Fig. ka und 4b zeigen, doch sind diese wahrscheinlich auf Schrumpfung zurückzuführen. Die abweichenden Angaben der beiden genannten Forscher lauten aber zu bestimmt, als dass man sie allein durch ungenaue Beobachtung - erklären könnte; es mögen hierbei Schrumpfungen im Spiel gewesen sein, auch ist nicht völlig ausgeschlossen, dass genannte Forscher zu- fällig auf Varietäten gestoßen sind, bei denen der Bau der Gehörstifte von der Regel abwich. Dass der Bau der Gehörorgane der Locustiden bisweilen recht abnorm sein kann, beweist die von Leyvıc (3, p. 405) beschriebene zweizeilige Anordnung der Endblasen in der Crista von Locusta viridissima. Dieser abnorme Bau der Crista wurde 330 Nicolai von Adelung, noch einmal, und zwar von O. Scanipr (5, p. 205) am Gehörorgan einer Phaneroptera falcata beobachtet. Im Allgemeinen fand ich die Gestalt der Gehörstifte der Crista so wie sie in Fig. 20 a und 5 (Taf. XV) von einer Locusta viridissimaL. wiedergegeben ist. Verhältnismäßig breiter waren die Stifte bei Dec- ticus griseus Fabr., schlanker bei Meconema varium Fabr. Der distale Theil des Stifts, der sogenannte Kopf (Taf. XV, Fig. 20a und 205 St.K) war oft abgerundeter, flacher, bisweilen aber auch mehr in die Länge gezogen, wich aber in den Hauptdimensionen nicht be- deutend von den gegebenen Figuren ab. Im Allgemeinen stimmte der äußere Umriss der von mir beobachteten Stifte mit den Graser’schen (6, p. 67) Angaben über diese Gebilde überein. Viel weniger war dies hinsichtlich des sonstigen Baues der Stifte der Fall. Schon v. Sırsorp (1, p. 76) hatte angenommen, dass von der Spitze des Stiftes ein Faden ausgehe, welcher in die Substanz der Crista hin- einrage. Leypıe spricht sich über diesen Punkt nicht näher aus; jedoch muss man aus seiner Abbildung 195 schließen, dass er die SıEBoLD- sche Ansicht theilt. Alle übrigen Beobachter nehmen an, die Nerven- faser verlaufe, durch die Spitze hindurchtretend, in der Achse des Stiftes, welcher allgemein als hohl beschrieben wird, bis zu dessen Kopf, Dieser letzten Annahme kann ich mich auf Grund sorgfältiger Untersuchung einer großen Anzahl von Stiften, sowohl in frischem wie in konservirtem Zustande, nicht anschließen. Der Achsencylinder des Verbindungsnerven ist bei seinem Heran- treten an den Gehörstift so fein, dass die Untersuchung seines weiteren Verlaufes sehr schwierig ist. Nachdem es mir nicht gelungen war an frischem Material den Eintritt der Nervenfaser durch die Stiftspitze zu konstatiren, suchte ich durch geeignete Färbemethoden deutlichere Bilder zu erlangen, wobei zur Untersuchung sehr dünne Schnitte (von 0,005—0,042 mm) verwendet wurden. Waren diese Schnitte in der Längsrichtung des Stiftes geführt, so war mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass es sehr schwer gelang, die Schnitte genau in der Rich- tung der Längsachse des Stiftes zu legen. Es konnte dann ein etwaiger Verlauf der Nervenfaser in der Achse des Stiftes leicht nicht zur An- schauung kommen. Einen genaueren Aufschluss versprachen sehr dünne Querschnitte durch den Stift. Um nervöse Theile auf keinen Fall zu übersehen, bräunte ich die zu schneidenden Objekte intensiv mit Osmiumsäure. Eine derartige Färbung hatte an anderen Stellen immer zur Folge, dass auch feinste Nervenverzweigungen deutlich zu sehen waren. In den Stiften aber ließ sich auf keinem der vielen Wii 5 f) 4 fi ER be ae 1 ee "bir a a Zw Ba a Ar ih na > 2 ae 2 md 0 5 Ian EL I, ; JE ae Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 31 Sehnitte auch nur eine Andeutung davon erkennen, dass innerhalb des Lumens ein solides nervöses Gebilde verlaufe. Durch dieses Resultat aufmerksam gemacht, ging ich von Neuem an die Untersuchung von frischen Stiften. Dieselben wurden in 0,75 °/,iger Kochsalzlösung mit dem Semerr’schen homogenen Apochro- mat 2 mm, Ap. 1,30 beobachtet, wobei sich wiederum ergab, dass von einem, den Stift durchsetzenden Nervenfaden nichts zu sehen war. Ich muss hieraus schließen, dass der Achseneylinder, statt in den Stift einzutreten, sich an der Spitze mit dessen Wand verbindet. Um dieses Verhalten zu erklären, muss ich mittheilen,, welche Beobachtungen ich über den Bau der Stiftwand gemacht habe, indem ich einstweilen von dem Kopf des Stiftes absehe. Der äußere Kontour zeigte sowohl im Quer- wie im Längsschnitt stets regelmäßige Formen. In ersterem Fall erschien er kreisförmig. Auf Fig. 4 sind vier auf einander folgende Querschnitte durch End- blasen eines Decticus griseus Fabr. dargestellt. Fig. ka zeigt einen Schnitt durch den Stift an seiner breitesten Stelle. Die Deckzelle (DZ) sammt Kern (DK) fallen zum Theil in den Schnitt. Das Lumen des Stiftes ist von einer körnigen Masse (kö) erfüllt. Diese rührt von der hier stark nach innen vorgewölbten Verdiekung des Kopfes her (vgl. Taf. XV, Fig. 13 und 205, kö). Der äußere wie der innere Kontour der Stiftwand erscheinen im Allgemeinen koncentrisch kreisförmig (nur links oben zeigt sich eine kleine Unregelmäßigkeit). Der nächste Schnitt Fig. 4b, der ein wenig tiefer geführt ist, zeigt innerhalb des Lumens nur noch wenig von der körnigen Masse des Kopftheiles. Der innere Kontour der Stiftwand (St.w) erscheint auffallend ver- ändert: es haben sich eine Anzahl Vorwölbungen oder Rippen (R) gebildet. Auf dem folgenden Schnitt Fig. #c sind diese Rippen (R) besser ausgeprägt. Die Deckzelle ist hier nicht mehr getroffen. Das den Stift umgebende Plasma rührt von der Umhüllungszelle her. Der Schnitt Fig. 4d, der die basale Spitze des Stiftes darstellt, von der distalen Seite gesehen, zeigt innerhalb der Umhüllungszelle (UZ) drei koncen- trische Kreise. Der äußerste (Si.ww) entspricht der Stifwwand, der innerste (!) dem Lumen der Stiftspitze (Fig. 20a, 0.0e). Vergleichen wir die Fig. 4 d (welche in Fig. 21 b vergrößert und schematisirt dargestellt ist), mit der schematisirten Seitenansicht eines Stiftes (Fig. 21 a), so finden wir auch die Bedeutung des mittleren Kreises (m); (ex) und (yy) seien die den beiden Schnittflächen entsprechenden Kreise ($t.ıo) und (l) in Fig. 4d und 215; man sieht, dass die Rippen R bei mm plötzlich nach innen vorspringen. Dies Verhalten ist auch in den Fig. 20a und 205, wenn auch nicht so deutlich, ausgedrückt. Der innere Kontour der 332 Nicolai von Adelung, ( Rippe bildet einen Winkel. Gleichzeitig zeigt sich die Wand des Stiftes plötzlich verdickt (St.w’), indem auch sie nach innen vorspringt. Die Stelle (m), an der Stiftwand und Rippe eingeknickt sind, entspricht dem Kreise m der Fig. *d und 215. Hier sieht man die Rippen als dunkle Streifen R vom Kreise Si.w bis zum Kreise m radiär angeordnet. Dieses Stück der Rippen entspricht der Länge «m in der Fig. 21 a. Zwischen den Kreisen m und ! bemerkt man weitere radiäre Streifen R’, welche die Fortsetzung der Streifen R bilden. Diese Streifen R’ entsprechen der Länge der Rippen von m bis 0.0e in Fig. 21 a. Die in Fig. 20 dargestellten zwei Gehörstifte aus der Crista einer Locusta viridissima L. wurden in frischem Zustande untersucht. Unter vielen Stiften zeigten sie den inneren Bau am klarsten und können als Typus für diese Gebilde dienen. Fraglich bleibt es, ob an der verdickten Spitze (St.w’) des Stiftes noch Rippenbildungen vorhanden sind. Wahrscheinlicher ist es, dass dieser Theil durch die hier gleichmäßig verdickte Stiftwand gebildet wird. Von 0.0e bis u.Oe (Fig. 20 a, 20 b, 21 a) ist die Stiftspitze durchbohrt. Die innere Fläche der Stifiwand ist hier meist annähernd cylin- drisch. Die Fig. 20 stellt Stifte einer Locusta viridissimal. dar, während die Fig. 4 nach Schnitten durch einen Decticus griseus Fabr. angefertigt sind. Die Gehörstifte dieses letzteren sind plumper, gedrungener gebaut, als diejenigen von Locusta. Den bestimmten Beweis dafür, dass die von mir beobachteten rippenartigen Verdickungsstreifen an der inneren Stiftwand keine zu- fälligen Erscheinungen oder Kunstprodukte sind, erblicke ich in der konstanten Anzahl derselben. In allen Schnitten, welche ich quer durch Gehörstifte angefertigt habe, waren die Vorwölbungen (Rippen) in der Achtzahl vorhanden. War die Zahl der Rippen bisweilen geringer, so ließ sich dies auf Verschmelzung einzelner zurückführen. Den Kopftheil (Fig. 20a, St.k) des Stiftes fand ich stets scharf gegen die Stiftwand abgegrenzt. — Ein etwas abweichendes Bild giebt die Fig. 20b, wo die Stiftwand gewissermaßen in die Masse des Kopfes (namentlich links) hineingreift. Die Kopfmasse stellte sich als ein ziemlich feines Maschenwerk mit eingestreuten Körnchen dar. Die untere Begrenzung der Masse ist eine etwas verschiedenartige. Namentlich war die Vorwölbung nach dem Stiftinneren je nach der Art recht verschieden stark entwickelt. Eigenthümlich ist, dass der Kopftheil häufig eine axiale Durchbohrung (Fig. 205, c) zeigt. In Fig. 20a ist nur eine Andeutung hiervon zu sehen. Ob dieser helle Kanal regelmäßig vorhanden ist, oder nicht, konnte ich Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 333 nicht entscheiden. Auf Querschnitten durch den Kopf wurde nie etwas von dem Kanal beobachtet. Solche Kanäle durch den Stiftkopf hat auch Grazer (6, p. 68, Fig. 55 u. 96) bei Ephippigera vitium Serv. und Locusta viri- dissimaL. beobachtet. Das in Fig. 205 auf der Spitze des Kopfes befindliche knopfartige Gebilde (kn) habe ich nur selten beobachtet. Auch dieses Gebilde hat GRABER (6, Fig. 75 u. 95) mehrfach an seinen Cristastiften abgebildet. Die in den Fig. 20a und 205 längs den Wänden des Stiftes ver- laufenden dunklen Längsstreifen (R) sind die inneren Längsrippen. Sie zeigen stets verschwommene Kontouren, und treten bei Drehung des Objektes um seine Längsachse in verschiedener Anordnung auf. Meist waren in der Seitenansicht des Stiftes drei solcher Streifen gleichzeitig deutlich zu sehen. O. Scamipr (5, p. 209), Hensen (4, p. 197) und Graser (6, p. 69; 7, p- 530) nehmen eine zweite innere Wand des Stiftes an, welche durch Umklappen der äußeren Wand nach innen an der Spitze des Stiftes entsteht. Dieser »innere Tubus« soll den Achsencylinder des Verbin- dungsnerven, welcher nach Ansicht der genannten Forscher den Stift axial durchsetzt, als Hülle bis an den Kopf des Stiftes begleiten. Mit den Kontouren eines »inneren Tubus« können die oben erwähnten dunklen Streifen nicht verwechselt werden, schon wegen ihres ver- schwommenen Kontour und ihrer relativen Breite. Es gelingt sehr selten genau auf den optischen Längsschnitt eines Stiftes einzustellen, indem die Stifte mit ihrer Längsachse gewöhnlich etwas schief zur Horizontalebene liegen. — Es ist daher leicht begreif- lich, dass oft der Anschein entstehen kann, als zöge ein dunkler Faden durch die Achse des Stiftes; doch ergiebt die genauere Untersuchung, dass der vermeintliche Faden nur eine der von mir beschriebenen Längsrippen ist. Es bleibt schließlich noch der Übergang der Nervenfaser in den Stift zu besprechen. Nach Annahme der früheren Beobachter soll der Achsencylinder des Verbindungsnerven durch eine an der Basis des - Stiftes befindliche, röhrenförmige Öffnung in das Lumen des Stiftes hineindringen. So wenigstens muss man aus den gegebenen Zeich- nungen schließen. Es würde demnach der Gehörstift das Ende der Nervenfaser als hohle Kapsel umschließen. Nach meinen Beobachtungen muss ich dagegen annehmen, dass der fragliche Achseneylinder an der Spitze des Stiftes in dessen Wand übergeht. Ob dieser Übergang nur an der Spitze des Stiftes geschieht, oder auf der ganzen Strecke u.Oe bis 0.0e (Fig. 20 a u. 205), konnte ich 334 Nieolai von Adelung, nicht ermitteln. Ersteres Verhalten scheint mir wahrscheinlicher. Fig. 20a zeigt einen derartigen Übergang, wie ich ihn ziemlich deut- lich beobachtet habe. Noch ist zu erwähnen, dass ich innerhalb des Achseneylinders häufig eine dunkle Linie gesehen habe (Fig. 20a u.205, !). Diese Linie setzte sich durch die Spitze des Stiftes hindurch fort, und war hier oft gegabelt. Die dunklen Streifen an der Stiftwand nehmen in solchen Fällen von diesen Verzweigungen aus ihren Ursprung. Eigenthümliche Vorsprünge (Fig. 20b, vv), welche an der inneren Stiftwand auftreten, habe ich einige Male mit großer Deutlichkeit ge- sehen. Rekapituliren wir zum Schluss den Bau der Nervenendigung, wie sie aus meinen Beobachtungen folgt: dieselbe besteht aus einer Nerven- faser, welche in der Mittelebene der Crista, von der Tracheenwand aus, ansteigt. Ihr verjüngter Achseneylinder geht an seinem distalen Ende in ein kapselartiges Gebilde von der bekannten Form der Gehörstifte über. Die zellige Scheide der Faser bildet eine distal anschwellende Hülle für den Stift, welche aus einer Zelle, der sogenannten Umhüllungs- zelle, besteht; die Umhüllungszelle enthält einen Kern. Den distalen Abschluss bildet eine große Zelle mit Kern, die Deckzelle, welche die Umhüllungszelle bedeckt. Der Stift ragt mit seinem distalen Ende, dem Kopf, mehr oder weniger in diese Deckzelle hinein. Was die übrigen Theile des intratympanalen Gehörapparats an- langt, so kann ich mich kurz fassen, da dieselben von ihrem Entdecker, Hensen, und später von GRABER zur Genüge erforscht wurden. Der Tympanalnerv besteht aus einer Anzahl von Nervenfasern, welche von einer kernführenden Hülle eingeschlossen werden. Fig. 22 (Taf. XV) zeigt einen Querschnitt durch den Tympanalnerv (TN) am proximalen Ende der Crista. Nach meinen Beobachtungen entspricht die Anzahl der Fasern an einer gewissen Stelle des Tympanalnerven der Anzahl der distal von dieser Stelle liegenden, noch nicht innervirten Endorgane. Ich habe diesen Nachweis jedoch nur für die Region der Crista durchgeführt. Die Scheide des Tympanalnerven setzt sich auf die zu den Ganglien- zellen tretenden Nervenfasern fort (Taf. XIV, Fig. 5 N.sch). Diese Nervenfasern zweigen unter einem Winkel von etwa 45° von dem Tym- panalnerv ab. Die Ganglienzellen (Fig. 5 GZ) sind dicht an einander gedrängt und daher meist abgeplattet. Die distalen Fortsätze der Ganglienzellen, die sogenannten Verbindungsnerven (Fig. 5 d.F), behalten zuerst die eingeschlagene Richtung von etwa 45° zum Nervenstamme bei, ver- laufen dann eine Strecke weit quer über den vorderen Tracheenast, Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 335 um dann kurz vor ihrer Umbiegungsstelle nach oben einen Bogen nach dem proximalen Ende des Beines zu beschreiben (Taf. XV, Fig. 15VerbN). Sietreten demnach von der distalen Seite an die Umbiegungsstelle heran. Der Bau dieser Nervenfasern zeigt einen Achsencylinder (Fig. 15 Ac) von fibrillärer Beschaffenheit; die zellige Scheide (N.sch) führt ziemlich große, langgestreckte Kerne (Sch.K). Den allmählichen Übergang des fibrillären Baues des Achsencylinders in den wabigen (im Schnitte re- tikulären) Bau des Plasmas der Ganglienzelle habe ich mit großer in lichkeit verfolgen können. Die Verbindungsnerven sind zwischen Ganglienzelle und Um- biegungsstelle nach oben von flachen Zellen begleitet, welche theils zwischen den einzelnen Verbindungsnerven eingelagert sind (Fig. 15 7), theils denselben aufliegen (Fig. 15 z). Erstere Zellen habe ich nicht immer beobachtet; von den Zellen z entspricht je eine jedem Verbin- dungsnerven. Beide Arten von Zellen haben nichts mit denen der Tracheenmatrix zu thun. Fig. 15 stellt einen horizontalen Flächenschnitt dicht über dem vorderen Tracheenast dar. Die obere Schnittebene geht durch die Kerne (b.k) der Umhüllungszellen. Bei x biegen die Verbindungsnerven nachoben um. Man sieht hier den Achsencylinder (a) und die Scheide (n) dieses Nerven in der Vertikalprojektion. | Zwischen den Basen der einzelnen Endblasen verläuft ein dunkel gefärbtes Band (Fig. 15 5), welches durch die ansteigenden Umhüllungs- zellen unterbrochen wird. Es ist möglich, dass die Umhüllungszellen durch das Band hindurchtreten. In der Seitenansicht (Taf. XIV, Fig. 3 b) erscheint das Band sehr schmal. Die Bedeutung des Bandes ist mir un- klar geblieben. Die Ansichten früherer Beobachter über den Tympanalnerv und die Verbindungsnerven weichen unbedeutend von meinen Beobach- tungen ab. Die Gehörstifte der Crista wurden sehr verschieden beschrieben: v. Sıesorp (2, p. 76) nennt die »Stäbchen« birnförmig. Ihr eines Ende ist stumpf abgerundet. Von dem anderen, spitzen Ende geht ein Faden aus. Leydic (3, p. 405) beschreibt die Stifte kolbenförmig, vierkantig, mit dickerem, vierlappigem Kopf. « Hensen (4, p. 196—198) beschäftigte sich eingehender mit dem Bau der Stifte. Er fand sie von kreisrundem Querschnitt, hohl, mit überall gleich dicker Wand. Die Wand des Stiftes soll am Kopf mit der Zell- membran der Deckzelle zusammenhängen. Im Inneren des Stiftes be- schreibt Hrnxsen einen von mir schon erwähnten »Tubus«, dessen Wände 2 a a 336 Nicolai von Adelung, den Stiftwänden ziemlich parallel laufen. Der Achseneylinder "des Verbindungsnerven tritt durch die Spitze des Stifts in dessen Inneres. Er verläuft innerhalb des »Tubus« bis zum Kopf des Stiftes; dieser Kopf ist von einer kugeligen, feinkörnigen Masse erfüllt. O. Schmipr (5, p. 208) findet die Gehörstifte vierkantig; der Kopf ‚derselben »geht in vier Lappen oderin vier Zähnchen aus«. Übrigens giebt OÖ. Scamipr an, dass dieses Verhalten nicht die Regel sei. Der Achsen- cylinder des Verbindungsnerven soll den Stift axial durchsetzen, und mit einer knopfförmigen Anschwellung des Stiftes endigen. O. Scamipr nimmt an, im Verlauf des Verbindungsnerven sei noch eine »Basalgan- glionzelle«, da wo der Nerv nach oben umbiegt, eingeschaltet; ferner sollen die Ganglienzellen der Crista häufig zellenartige Anhänge haben. GRABER (6, p. 68) schließt sich der Ansicht seiner Vorgänger an, dass der »Nervenfaden« den Stift axial durchsetze und in die körnige Masse des Kopfes übergehe. Die Stifte (6, p. 67) sind kelchförmige Gebilde mit einem deckel- artigen, bisweilen massiven Kopfabschnitt. Die Stiftwand hat nach innen unregelmäßige Vorsprünge. Der Kopfabschnitt ist mit einer körnigen Masse angefüllt. In einer späteren Arbeit (7, p. 529) beschreibt GrAger an der Basis des Kopfabschnitts ein doppelt kontourirtes, stark glänzendes Band in Gestalt eines Ringes. Dieser Ring zieht sich um den breitesten Theil des Kopfes. | Innerhalb der Stiftwand verläuft eine zweite konische Wand, wie dies schon Hensen beschrieb. Diese Wand umfasst die körnige Masse im Kopfe. Diese letzteren Beobachtungen hat GrABErR an den Gehörstiften einer Meconema angestellt. Die Stifte der Crista nennt GRABER »birn- förmige Körperchen«, die des supratympanalen Organs »stiftartige Körperchen«. Der Tympanalnerv besteht nach GRrABEr (6, pag. 60) aus einem »eylinderförmigen Bündel sehr distinkter Primitivfasern und einer ge- meinsamen Scheide mit darunter liegenden Kernenc«. Das Zwischenorgan. An dem proximalen Ende der Crista (Taf. XIV, Fig. 7 Orista) schließt sich an die letzten Endblasen derselben eine Anzahl länglicher Gebilde EO'” und eO’ an, die je einen Gehörstift enthalten. Diese &e- bilde sind, in der Ansicht von oben, in der Form einer runden Scheibe angeordnet; sie gehören dem von mir Zwischenorgan genannten Ab- schnitt des Gehörapparates an. In der Fig. 7 zeigen sich die Gebilde, welche als Endblasen des Zwischenorgans zu bezeichnen sind, in ver- Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 337 schiedener Ansicht: ein Theil derselben (eo’), in welchen ein Stift (st) zu sehen ist, verläuft derart, dass die Endblasen in der Seitenansicht zu sehen sind. Diesen Theil des Zwischenorgans hat O. Scanipr |5,p. 205, Fig. 21) richtig erkannt und abgebildet. Vor ihm hatte Hznsen (2, p.195) von den Endblasen des Zwischenorgans mitgetheilt, sie bildeten »gleichsam ein aufgewundenes Ende« der Gehörleiste. Die übrigen Endblasen EO'” (Fig. 7) sind so gelagert, dass sie vo oben gesehen werden. Von den Endblasen eo’ sieht man in Fig. 7 die Verbindungsnerven vN’, während diejenigen der übrigen Endblasen nieht sichtbar sind. An der Hand von Quer- und vertikalen Längs- schnitten durch das Bein erkennt man, dass sämmtliche Verbindungsner- ven strahlig von der Ganglienzellengruppe GZ’”’ ausgehen. Die Ganglien- zellen erscheinen hier an einer Stelle der vorderen Beinwand angehäuft. Die Endblasen sind dicht an einander gedrängt; bei genauem Studium findet man sie sogar in einander verflochten, doch lässt sich eine gewisse Regelmäßigkeit in der Anordnung nicht leugnen. Besonders ist dies bei den Endblasen eo’” (Fig. 7) der Fall. Die gekrümmte Linie, in welcher diese Endblasen angeordnet sind, habe ich auf allen horizonta- len Längsschnitten, wie auch auf Totalpräparaten wiedergefunden, und zwar bei verschiedenen Arten (Taf. XIV, Fig. 8 E0’”; Fig. 9 EO”). Es erscheint befremdend, dass GRABER (6, p. 54) im Gegensatz zu HEnsen wiederholt betont, das Zwischenorgan bestehe aus einer ganz unregel- mäßig angeordneten Gruppe von Endblasen. Ich muss annehmen, dass in den Präparaten, nach welchen GrAsBer seine Abbildungen des Zwischenorgans gegeben hat (besonders Fig. 73 und 74, 6) das Zwischen- organ seine natürliche Lage und Anordnung eingebüßt hatte. ‚ Die Verbindungsnerven (Fig. 7 VN’) biegen auch hier an einer ge- wissen Stelle nach oben um, worauf sie, ähnlich wie dies bei der Crista der Fall ist, zu Endblasen anschwellen. Doch ist diese Richtungsver- änderung hier nicht so regelmäßig, wie es bei den Cristaendblasen der Fall ist. Aus der Fig. 7 ist zu entnehmen, dass z. B. die zu den Endblasen eo’” gehörigen Verbindungsnerven VN’ sehr wenig nach oben gebogen sein können, da sie meist in ihrer ganzen Ausdehnung zu sehen sind. Jedenfalls beginnt die Krümmung hier erst distal vom Stift. Der Bau der Endblasen stimmt im Princip mit jenem der Crista- ' endblasen überein, d. h. wir haben Verbindungsnerven, deren Scheide sich erweitert, während der Achsencylinder nach einer unbedeutenden _ Nerjüngung zu einem stiftartigen Gebilde anschwillt. Hier wie dort sind zwei Kerne zu unterscheiden, der basale Kern (Fig. 7 k) und ein distaler Kern (Taf. XIV, Fig. 7 und Taf. XV, Fig. 10 % und 12 ak). Letztere distale Kerne entsprechen ihrer Lage nach den Kernen der Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIV, Bd, 22 338 Nicolai von Adelung, Deckzellen der Cristaendblasen. Leider ist es mir nicht gelungen, einzelne Endblasen des Zwischenorgans zu isoliren, um deren Bau ge- ; nauer untersuchen zu können. ‘ Die Stifte des Zwischenorgans sind schlanker als diejenigen der Crista. j Den feineren Bau der Stifte des Zwischenorgans habe ich nicht näher untersucht, doch konnte ich konstatiren, dass auch hier an der Innenwand des Stifts dunkle Streifen verlaufen (Taf. XV, Fig. 12 R), welche an Zahl und Anordnung den Rippen der Cristastifte ent- sprechen. Die Stiftwand scheint jedoch an der Stiftspitze nicht ver- dickt zu sein. | Um den Aufbau und die äußere Gestalt des Zwischenorgans besser verstehen zu können, ist es nothwendig das Organ an Schnitten, welche senkrecht zur Längsachse des Beins geführt sind, zu studiren. Ein solcher Schnitt ist in Fig. 10 (Taf. XV) dargestellt. Man erkennt hier, dass die Gruppirung der Endblasen keine symmetrische ist. Auf der Vorderseite des Beins, welche immer dadurch kenntlich ist, dass hier der Tympanalnerv verläuft, thürmen sich die Endblasen höher auf. Sie erscheinen hier meist quer geschnitten, was seinen Grund darin hat, dass die hier länger ausgezogenen Endblasen in einander geschlungen sind. Ich bemerke, dass hier der Gehörstift nicht in der Mitte der Endblasen liegt, wie dies bei den Cristaendorganen der Fall ist, sondern in ihrem proximalen Anfangstheil. Im vertikalen Längsschnitt hat das Zwischenorgan eine etwa dreieckige Gestalt, wobei die dem Knie zugewandte Seite kürzer ist, als die demselben abgewandte. Die dritte Seite verläuft parallel dem Tracheenast. Die Fig. 8 und 9 (Taf. XV), welche tiefgeführte Horizontalschnitie durch das Organ darstellen, zeigen auch die typische Anordnung der Nervenendigungen (EO’”), so weit sie in den betreffenden Figuren ent- halten sind. Die Fig. 14 (Taf. XV) giebt die Ansicht eines unversehrten Zwischen- organs, von der distalen Seite aus gesehen. Man sieht hier die lang- gezogene Gestalt der Endblasen EO'. Nach GRrABER (6, p. 71) ist, wie bereits erwähnt, die Crista von einer Membran bedeckt, welche in zwei Wurzeln entspringt. Die eine Wurzel soll oberhalb des Zwischenorgans, etwas proximalwärts von diesem, am Integument entspringen. In Fig. 14 ist ein vom Integu- ment herabsteigender Faserstrang (M) eingezeichnet, welcher auf das Zwischenorgan übergeht; er entspricht der von GRABER angenommenen Membranwurzel. Derselbe Faserzug ist in Fig. 7 mit (M) bezeichnet. Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 339 Gelingt es einen Querschnitt durch das Bein anzufertigen, so dass der Faserstrang dicht über dem Zwischenorgan angeschnitten wird (was leicht ausprobirt werden kann), so erhalten wir ein Bild, wie es die Fig. 10 (Taf. XV) zeigt. Der Faserstrang zeigt eine Längsstreifung. Bei näherem Zusehen findet man ihn aus einer großen Anzahl scharf kontourirter faserartiger Gebilde (Forts) bestehend, welche sich als Fortsätze der Endblasen erweisen. In Fig. 10 sind drei End- blasen, a, 5, c, in solche Fortsätze ausgezogen. Da wo die eigentliche Faser beginnt, tritt innerhalb derselben ein Kern 4” auf. Diesel- ben sind nicht mit den oben erwähnten distalen Kernen der End- blasen identisch. Letztere sind in unserer Figur mit /”. bezeichnet. Verfolgt man die Fasern nach oben (distalwärts), so findet man, dass sie in einem Bündel vereinigt bis an die Cuticula des Beininteguments herantreten. Die Fig. 16 (Taf. XV) zeigt dieses Verhalten. Die Fasern (Forts) treten an die Stelle der Hypodermiszellen, und enthalten hier lang- gestreckte Kerne k”. Diese Kerne X” entsprechen an Gestalt denen der umliegenden Hypodermiszellen (k). Das Faserbündel scheint von einer Hülle umgeben zu sein (Fig. 10, 14 und 16 h), welche sich einerseits bis an die Cuticula fortsetzt (Fig. 16); andererseits hat es den An- schein, als gehe sie auf die Hülle der Gristamasse, welche sich bis hier- her erstreckt, über (Fig. 10 und 14 Ah). Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, dass die Gristamasse sich ziemlich weit proximalwärts verfolgen lässt. In der Region des Zwischenorgans war sie jedoch nur auf der hinteren Beinseite mit Sicherheit nachzuweisen (Fig. 10 und 1k Crm). Das Auftreten dieser Fortsätze am distalen Ende der Endblasen brachte mich auf den Gedanken, dass wir es hier nicht mit Endblasen zu thun haben, welche frei in das Lumen des Beines hineinragen, wie dies bei derCrista derFall ist. Ich muss vielmehr annehmen, dass hier, wiebei den Endschläuchen des supratympanalen Organs, die Endorgane durch distale Fortsätze mit dem Integument des Beines in Verbindung stehen, mit einem Wort, dass wir es hier mit einem Übergang zu den chordotonalen Organen zu thun haben. Ich betone das Wort Über- gang, weil unsere Endorgane nicht mehr oder weniger frei zwischen zwei Punkten des Integuments saitenartig aufgespannt sind, wie dies bei den Endschläuchen der Fall ist. Im Gegensatz zu diesen letzteren Organen erleiden die Endblasen des Zwischenorgans bedeutende Krümmungen, und sind außerdem so eng an einander gepresst, dass sie in ihrer Funktion als chordotonale oder saitenartige Organe jeden- falls sehr beeinträchtigt sein müssen. Der Umstand jedoch, dass die Endorgane mit ihren Verbindungs- 22* 340 Nicolai von Adelung, nerven einerseits, und den distalen Fortsätzen andererseits ein Ganzes bilden, ein Gebilde, welches an beiden Seiten mit dem Integument im Zusammenhang steht, lässt sie den chordotonalen Organen nahestehend erscheinen. Zur genauen Kenntnis des Baues des Zwischenorgans und der einzelnen Endorgane desselben sind noch eingehende Studien er- forderlich. Diese werden um so lohnender sein, als sie vielleicht Aus- kunft darüber geben können, in welchem Zusammenhang (genetisch und funktionell) die so abweichend gebaute Crista acustica der Locusti- den zu den bei den Insekten allgemein verbreiteten chordotonalen Or- ganen steht. Das supratympanale Organ. Der Entdecker dieses Organs, V. GrABErR, hat dasselbe einer ein- gehenden Untersuchung unterworfen. Seine Resultate lassen sich in Folgendem zusammenfassen (6, p. 53—58, Fig. 70—73): Der Tympanal- nerv spaltet sich ungefähr in halber Höhe der vorderen Wand des vor- deren Tracheenastes, ehe er zu den Ganglienzellen des Zwischenorgans herantritt, in zwei Äste. Der eine Ast versorgt das Zwischenorgan und die Crista, der zweite, nach oben verlaufende Ast (von GRABER Supratympanalnerv genannt), löst sichin ein Bündel vonFasern auf. Diese Fasern treten an eine Anzahl von Ganglienzellen, welche in zwei Gruppen zerfallen; diese Gruppen nennt GrABErR die vordere und die hintere. Aus jeder Ganglienzelle geht ein langer spindel- förmiger Endschlauch hervor, welcher ein stiftartiges Körperchen enthält. Jeder Endschlauch setzt sich in eine lange Endfaser fort; sämmtliche Endfasern treten zu einem Strang zusammen, welcher in das Integument der Beinwand übergeht. Die Endschläuche entsprechen den Endblasen der Crista und des Zwischenorgans. Die Anordnung der Ganglienzellen des supratympanalen Organs ist nach GraBer folgende: Im Querschnitt erstrecken sich die Ganglien- zellen von der Mitte der oberen Beinwand nach der vorderen Bein wand, und gehen bisweilen sogar auf die Oberfläche des vorderen Tracheen- astes über. Die Übergangsstelle des Endfaserstranges in das Integu- ment liegt an der hinteren Beinseite. Das ganze Organ zerfällt mit Rücksicht auf die Gruppirung der Ganglienzellen in ein Hinterhorn und ein Vorderhorn. Den Bau der einzelnen Endschläuche beschreibt Grazer folgender- maßen (6, p. 57): der distale Fortsatz jeder Ganglienzelle (welcher dem Verbindungsnerv der Cristaendblasen entspricht) ist verhältnismäßig Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden.. 341 sehr dick, und bläht sich nach kurzem Verlauf zu einem spindelförmigen Follikel (Endkolben, Grger) auf. In der distalen Hälfte dieses Follikels liegt ein »stiftförmiger Körper«. Einen basalen Kern (dem Kern der - Umhüllungszelle entsprechend) hat Griser in allen Fällen beobachtet. Bei Locusta sind außerdem noch distal vom Stifte Kerne in den End- schläuchen angegeben (dem Deckzellenkern entsprechend). Meine Befunde bezüglich des supratympanalen Organs schließen sich im Allgemeinen an die von GrABer erzielten Resultate an. Da ich aber auch hier zum Studium sehr dünne Schnitte benutzte, so gelang es mir in einigen Punkten das bereits Bekannte zu vervollständigen. GRABER'S (6, p. 46 und 55) Angaben über die Anordnung der Ganglienzellen und Endschläuche in zwei Gruppen kann ich durch- aus bestätigen, doch verhält sich die Anordnung der beiden Gruppen nach meinen Beobachtungen etwas anders. Eine Flächenansicht des gesammten supratympanalen Organs, welche von GrABER nicht gegeben wurde, zeigt meine Fig. 7 (Tafel XIV). Die Abbildung ist völlig naturgetreu; Veränderungen in der Lagerung der einzelnen Theile waren ganz ausgeschlossen. Das Präparat wurde so hergestellt, dass von der Vordertibia einer Locusta viridissima L. mittels eines scharfen Skalpells an der Unterseite i ein Stück abgeschnitten wurde; die Trachea darf hierbei nicht verletzt werden, da sonst der Zusammenhang der Organe mit dieser leicht ge- stört wird. Hierauf entfernte ich auch an der oberen Beinseite das Chitin, indem ich einzelne Lamellen desselben loslöste, und zwar so weit, dass an beiden Seiten noch genügend große Integumentstreifen ; übrig blieben, um das Präparat gegen Druck und Verschiebung zu schützen. Die weitere Behandlung geschah nach den Eingangs er- wähnten Methoden. Derartige Präparate geben eine vollständige und genaue Übersicht über die Anordnung sämmtlicher Nervenendorgane. Man darf vor dem weiteren Studium solcher Präparate nicht zurückschrecken, weil bei der immerhin beträchtlichen Dicke des Objekts Anfangs nur wenig von den feineren Theilen zu sehen ist: hat man sich einmal an der Hand der Ganglienzellen, stärkeren Nerven, und anderen leicht erkennbaren Theile orientirt, so wird das Auffinden auch weniger deutlicher Theile ohne Schwierigkeit vor sich gehen. Auf dem Präparat, welches der Fig. 7 als Vorbild gedient hat, sind der Tympanalnerv und die zu der Crista gehörigen Ganglienzellen nicht zu sehen; es kommt dies daher, dass diese Theile durch die stehen gebliebenen Integumentpartien verdeckt werden. Tympanalnerv und Ganglienzellen sind auf der Zeichnung schematisch angedeutet. 343 Nicolai von Adelung, Es sind auf der Fig. 7 zwei Gruppen von Ganglienzellen des supratympanalen Organs zu unterscheiden: einmal eine Anzahl Gan- glienzellen GZ’, welche, in einem Bogen angeordnet, der oberen Wölbung des Beininteguments anliegen. Diese Zellen bilden ein schmales, ein- bis zweireihiges Band. Bisweilen treten an einzelnen Stellen auch viel mehr Reihen auf, wie auf Fig. 19 (TafXV) GZ’ angegeben (das Band ist hier quer geschnitten). Die zweite Gruppe von Ganglienzellen GZ” liegt der vorderen Bein- wand an. Auf Fig. 7 erscheint diese Gruppe in der Vertikalprojektion ; es sind daher nur die obersten Ganglienzellen zu sehen. Die tiefer ge- legenen Zellen sind größtentheils durch die oberen Zellen, theilweise aber auch durch das sich nach außen vorwölbende Beinintegument verdeckt (von letzterem ist auf der Figur nur die obere Sehnittfläche angegeben). Die Grizer’sche Bezeichnung einer hinteren und einer vor- deren Ganglienzellengruppe lässt sich wohl auf die von mir angegebene Anordnung beziehen; doch ist zu bemerken, dass die beiden Gruppen nach meinen Erfahrungen viel schärfer von einander zu trennen sind. Nach Gruser’s Angaben hat es den Anschein als bildeten die Ganglienzellen beider Gruppen einen Bogen, welcher ziemlich in eine Querebene des Beines fällt. Da Grauer nur Querschnittsbilder des Supratympanalorgans gegeben hat, ist es nicht möglich zu erkennen, wie weit sich dieses Organ in der Längsrichtung des Beines erstreckt, um so mehr als die Dicke der Querschnitte nicht angegeben wird. Es scheint mir aber, bei Vergleichung der GrABer’schen Figuren mit den meinigen, als ob ein Theil der Ganglienzellen meiner ersten Gruppe von GrABER überhaupt nicht in die Zeichnungen aufgenommen wor- den ist. Fig. 14 (Taf. XV) stellt einen vertikalen Längsschnitt durch die Tympanalregion der Vordertibia eines Decticus verrucivorus L. dar. Die Anordnung der Ganglienzellen der zweiten Gruppe (GZ”) ist 'theilweise zur Anschauung gebracht. Die Ganglienzellen GZ’” gehören zum Zwischenorgan. | Den Gruser’schen Resultaten über den Bau der Endschläuche des supratympanalen Organs habe ich hinzuzufügen, dass ich den distalen Kern (Fig. 7 K) des Endschlauches bei allen von mir untersuchten Species gesehen habe. Die Endschläuche zeigen an ihrem distalen Ende in der Region des Gehörstiftes eine mäßige Anschwellung. Aus der Ganglienzelle (GZ”) entspringt eine Nervenfaser (Taf. XV, Fig. 18 dF), dem Verbindungs- nerven der Crista zu vergleichen. Der Achsencylinder (A.c) der Faser ist verhältnismäßig dünn und schwillt an seinem distalen Ende zu a RT ri Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 343 einem Gehörstift an. Die Scheide (Nsch) ist aus kernhaltigen Zellen zusammengesetzt. Den Bau der Gehörstifte des supratympanalen Organs untersuchte ich nicht näher, doch glaube ich auch hier mit Bestimmtheit angeben zu können, dass der Achsenceylinder der Nervenfaser nicht in das Lumen des Stifts hineinragt. Die Endschläuche sind keine vollständig gerade gestreckten Gebilde; in der Nähe der Ganglienzelle beschreiben fast alle einen kleineren oder größeren Bogen, indem sie zuerst distal verlaufen und sich dann der hinteren Beinseite zuwenden. Dies Verhalten ist besonders aus- geprägt bei den Endschläuchen der zweiten Gruppe (Taf, XIV, Fig. 7 und Taf. XV, Fig. 18 Eschl”). Hier ist der Grad der Krümmung der Endschläuche ein verschiedener: die obersten verlaufen fast gerade . (Taf. XIV, Fig. 7 o), während die nach unten gelegenen immer stärker gekrümmt erscheinen (Fig. 7 uw). Die Zunahme der Krümmung der auf einander folgenden Endschläuche ist eine stetige. Es erhellt dies daraus, dass auf einem vertikalen Längsschnitte durch das Bein, wobei die Endschläuche quer geschnitten werden, diese Querschnitte in einer Linie angeordnet erscheinen, welche die in der Fig. 19 (Taf. XV, 20”) angegebene Gestalt zeigt. Die Endschläuche der ersten Gruppe sind mehr gerade gestreckt; doch lässt sich auch hier auf günstig geführten Schnitten eine Krümmung des proximalen Theiles nachweisen. Auf Totalpräparaten ist dieser proximale Theil der Endschläuche oft nur un- deutlich zu sehen, was damit zusammenhängt, dass bei dem Präpariren leicht zu tief eingeschnitten wird; außerdem verdecken die distal lie- genden Ganglienzellen den Beginn eines Theils der Endschläuche. | Die Krümmung beschränkt sich fast nur auf die Endschläuche; die Endfasern sind gerade gestreckt. Bisweilen glaube ich gesehen zu haben, dass die Endschläuche der zweiten Gruppe von einer gemeinsamen Membran umgeben sind. Dies Verhalten ist in Fig, 19 (Taf. XV) dargelegt, welche einen vertikalen Längsschnitt durch die supratympanale Beinregion einesDecticus gri- seus Fabr. darstellt. Es senkt sich ein Faserstrang (Mdr) von der ' Hypodermis nach unten und umgiebt die Endschläuche der zweiten Gruppe (EO”) anscheinend als gemeinschaftliche Hülle. Auf diese Weise werden die erwähnten Endschläuche (E0”) von denen der ersten Gruppe (EO') durch eine Scheidewand (s) getrennt. Diese Membran kann ich mit Sicherheit nur für Decticus griseus Fabr. und Decticus verrucivorusL. angeben. Beim Studium von Längsschnitten durch dassupratympanale Organ fällt eine Ansammlung von verhältnismäßig großen Zellen auf, welche 344 Nicolai von Adelung, sich fast ausnahmslos dicht an die Endschläuche der zweiten Gruppe 1 anschließen. Sie sind stets proximal von den Endschläuchen gelegen. Auf horizontalen Längsschnitten (Taf. XIV, Fig. 8 und 9; Taf. XV, Fig. 18 accZ) erscheinen die fraglichen Zellen langgestreckt. Ihr plas- matischer Inhalt (namentlich Taf. XV, Fig. 18 accZ) zeigt reticulären Bau. Die Zellen enthalten einen großen, meist ovalen Kern (k). Auf vertikalen Längsschnitten (Taf. XV, Fig. 19) werden diese Zellen (acc.Z) quergeschnitten und erscheinen dicht an einander gedrängt. Diese Zellen, welche ich als Begleitzellen oder accessorische Zellen bezeichnen möchte, habe ich mit Ausnahme von Meconema varium Fabr. bei allen von mir untersuchten Species gefunden. Bei Locusta viridissimaL. (Taf. XIV, Fig. 8) sind die Begleitzellen (accZ) sehr langgestreckt und verlaufen den Endschläuchen (Eschl”) ziemlich parallel. Dieses Verhalten könnte vermuthen lassen, es wären die Begleit- zellen der Ausdruck für einen erweiterten Abschnitt der Endschläuche. Dass dieses nicht der Fall ist, habe ich jedoch bei Durchmusterung von ganzen Schnittserien feststellen können. Aus der Fig. 19 (Taf. XV) ersieht man, dass die Begleitzellen (accZ) die ganze proximale Fläche beider Endschlauchgruppen einnehmen. Sie bilden gewissermaßen ein Gerüst, welches vielleicht dem System der Endschläuche zur Stütze dient. Dies würde aber den saiten- artigen Charakter der Endschläuche sehr ungünstig beeinflussen. Da es mir nicht gelungen ist einzelne Begleitzellen zu isoliren, so kann ich über ihren Bau und ihre genaue Anordnung keine weiteren Angaben machen. Ich bemerke noch, dass die einzelnen Begleitzellen in einander verflochten sind; dies ergiebt sich aus der Betrachtung von Schnittserien. Die Endfasern erweisen sich, wie dies auch schon von GRABER mit- getheilt wurde, als dünne, langgestreckte Gebilde mit feinkörnigem Inhalt. Einen im proximalen Theil der Endfaser gelegenen Kern (Fig. 7 %’) hat auch Grazer (6, p. 58) in einzelnen Fällen beobachtet. Durch passend geführte Schnitte habe ich bestätigen können, dass die Endfasern beider Gruppen sich zu einem Strange vereinigen, und dass dieser Strang bis an die Cuticula des Integuments herantritt. Die Endfasern treten hier an die Stelle der Hypodermiszellen, ganz in der- selben Weise, wie dies bei den distalen Fortsätzen der Endblasen des Zwischenorgans der Fall ist. Innerhalb der einzelnen Endfasern treten noch dicht an der Befestigungsstelle Kerne auf (Taf. XIV, Fig. 7 k”); wir haben demnach hier, wie hei dem Zwischenorgan fünf Kerne in jedem Endorgan (wenn man die Ganglienzelle und die End- Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden, 345 faser mit zum Endorgan rechnet). Auf der eben citirten Fig. 7 sind dies die Kerne GZk, bK, K,K’ K". Von Wichtigkeit ist die Art der Innervirung der beiden Gruppen des supratympanalen Organs. Wie ich schon Eingangs bemerkte, wird jede der beiden Gruppen von einem besonderen Nervenstamm versorgt. Die Nervenstämme ent- springen jedoch beide aus dem Tibialnerven (Taf. XIV, Fig. 2 TıbN), welcher in der unteren Region des Beines durch den Femur und die Tibia sich erstreckt. Der die erste Gruppe von Endschläuchen des supratympanalen Organs (Taf. XIV, Fig. 7 Eschl’) versorgende Nerv (STN’) zweigt in der Kniegegend von dem Tibialnerv ab. Ich bezeichne diesen Nerv als Supratympanalnery. Er wendet sich nach der hinteren Bein- seite und verläuft dann dicht an der Wand der hier noch unver- zweigten Trachee in schiefer Richtung nach oben und gleichzeitig distalwärts. Diese Richtung behält der Nerv, bis er, sich nunmehr der Hypodermis des Beininteguments anschmiegend, die obere Beinseite erreicht. Fig. 17 (Taf. XV) zeigt auf einem horizontalen Längsschnitt, wie der erwähnte Nerv (STN) verschiedene kleinere Äste abgiebt (n, n’), welche zu den Ganglienzellen der ersten Gruppe (GZ’) herantreten. Der Nerv selbst nimmt an Stärke ab und verliert sich in den Ganglien- zellengruppen. Die Fig. 17 (Taf. XV) zeigt nur einen Theil der Ganglienzellen der ersten Gruppe und der Nervenverzweigungen, da der dieser Zeichnung zu Grunde liegende Schnitt ziemlich dünn ist. Den Supratympanalnerv habe ich bei allen von mir untersuchten Species konstatirt, und zwar sowohl in Totalpräparaten als auch auf Schnitten, welche in den verschiedensten Richtungen geführt waren. Eine Täuschung bezüglich des Verlaufes des Supratympanalnerven ist unbedingt ausgeschlossen. Alle übrigen Endorgane des tibialen Gehörapparates der von mir untersuchten Locustiden werden durch einen Nerv, den Tympanal- nerv (Taf. XIV, Fig. 7 TN) versorgt. Der Tympanalnervy entspringt ebenfalls aus dem Tibialnerver, etwas proximaler als der Supra- tympanalnerv. Der Verlauf des Tympanalnerven wurde schon oben (p- 9) beschrieben. Die Endschläuche der zweiten Gruppe des supra- tympanalen Organs werden nun von einem Nery versorgt, der aus dem Tympanalnery (Taf. XIV, Fig. 7 TN) entspringt (Fig. 7 N’). Es erweist sich aus dem soeben Erwähnten, dass die erste Gruppe des supratympanalen Organs eine Selbständigkeit besitzt, welche den anderen Abtheilungen des Gehörapparates abgeht. 346 Nicolai von Adelung, Aufschlüsse über die Bedeutung dieser Trennung des supratym- panalen Organs in zwei so streng geschiedene Gruppen, und der Nach- weis einer möglichen Verschiedenheit dieser Gruppen in Bau und physiologischer Wirkung, muss künftigen Untersuchungen überlassen bleiben. Heidelberg, im December 1891. Litteraturverzeichnis. 4. BURMEISTER, Handbuch der Entomologie. Bd. II. p. 669—670. 3. v. SısBoLD, »Über das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren«. in: WIEGMANN’S Archiv für Naturgeschichte. 4844. 10. Jahrg. Bd. I. 3. Fr. LEeydig, »Zum feineren Bau der Arthropoden«, in: MüLLEr’s Archiv für Ana- tomie, Physiologie etc. 4855. 4. V. Hessen, »Über das Gehörorgan von Locusta«. Diese Zeitschr. 1866. Bd. XVI. 2. Heft. 5. 0. Scumipdt, »Die Gehörorgane der Heuschrecken«. Archiv für mikr. Anatomie. 4875. Bd. XI. 2. Heft. 6. V. GRABER, »Die tympanalen Sinnesapparate der Orthopteren«. Denkschriften der k. Akademie der Wissensch. Wien. 1875. 7. V. GRABER, »Die chordotonalen Sinnesorgane und das Gehör der Insekten «. R Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XX u. XXI. Erklärung der Abbildungen. Durchgehende Bezeichnungen: accZ, Begleitzellen des supratympanalen Organs; ak, Deckzellenkern der Endblasen ; Ac, Achsencylinder des Verbindungs- nerven; bk, Umhüllungszellenkern der End- blasen ; Blc, Blutkanal (oberer) der Tibia; Bst, Befestigungsstelle der Endfasern ; Crm, Cristamasse; Cut, GCuticula des Beininteguments; DZ, Deckzelle der Endblasen; Ebl, Endblase; EF, Endfaser des supratympanalen Or- gans; EO'"', Endblasen des Zwischenorgans ; EO"", Endblasen der Crista; Eschl’, Endschläuche der ersten Gruppe . des supratympanalen Organs; Eschl” , Endschläuche der zweiten Gruppe des supratympanalen Organs; GZ, Ganglienzelle; GZK, Ganglienzellenkern; GZ’, Ganglienzelle der ersten Gruppe des supratympanalen Organs; GZ"”, Ganglienzelle der zweiten Gruppe des supratympanalen Organs; GZ'"', Ganglienzelle des Zwischenorgans; GZ"", Ganglienzelle der Crista; hT, hinteres Trommelfell; hTr, hinterer Tracheenast; Hyp, Hypodermis; Nsch, Nervenscheide; SchK, Kern der Nervenscheide; Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 347 STN, Supratympanalnerv; Trm, Hypodermis der Tracheenwand; Sp, Cutieula der Tracheenwand; UZ, Umhüllungszelle der Endblasen ; St, Gehörstift ; VN, Verbindungsnerv; TibN, Tibialnerv; Vn, Verbindungsnerv; TN, Tympanalnerv; vT, vorderes Trommelfell ; vTr, vorderer Tracheenast. Tafel XIV. Fig. 4. Querschnitt durch die Crista einer Locusta viridissima L. j K, Kern einer flachen Zelle (vgl. Fig. 45 z); Prpl, Protoplasma um den Achsency- linder (Umhüllungszelle); sir, radiäre Anordnung der Cristamasse; x, y, z, be- stimmte Stadien der Umhüllungszelle (siehe Text). Fig. 2. Querschnitt durch das Bein einer Locusta viridissimaL. in der _ Region der Trommelfelle. Die Trommelfelldeckel sind in der Figur nicht einge- zeichnet. Tars N, Tarsalnerv; S, Sehne; M, Muskelbündel des unteren Beinkana- les; Sir, Verlängerung der Cristamasse nach der vorderen Beinwand. Fig. 3. Vertikaler Längsschnitt durch eine Cristaendblase eines Decticus sriseusFabr. Nsch’, Nervenscheide; Ac’, Achsencylinder des Verbindungsnerven. Beide an der Umbiegungsstelle quer durchschnitten. Fig. 4. Querschnitte durch eine Cristaendblase von Decticus griseus Fabr. kö, körniger Inhalt des Kopfes; Stw, Stiftwand; R, Rippen der Stiftwand (die weiteren Bezeichnungen finden ihre Erklärung im Text). Fig. 5. Ein Theil des Tympanalnerven nebst Ganglienzellen und Verbindungs- nerven aus der Tympanalregion einer Locusta viridissima L. prF, proxima- ler, dF, distaler Fortsatz der Ganglienzelle. Fig. 6. Cristaendblase eines Decticus griseus Fabr., von oben gesehen. Der obere Theil der Deckzelle sowie der Stiftkopf horizontal weggeschnitten. Be- zeichnungen wie in Fig. 5. Fig. 7. Übersicht über den gesammten Gehörapparat einer Locusta viri- dissimaL. n, n’, Zweige des Supratympanalnerven; N’, Nerv der zweiten Gruppe der Supratympanalganglienzellen; N”, Nerv des Zwischenorgans; VN’, Verbin- _ dungsnerven des Zwischenorgans; VN”, Verbindungsnerven der Crista; CrR, seitliche Ränder der Crista; aK, normale, aK’, langgezogene und aK”, spangen- förmig gebogene Kerne der Deckzellen in den Cristaendblasen. Fig. 8. Horizontaler Längsschnitt durch das Bein einer Locusta viri- dissimaL, TH, Trommelfellkapseln;, GZ”, Ganglienzellen,; St’, Gehörstifte der zweiten Gruppe des supratympanalen Organs; G@Z”', Ganglienzellen, VN’ Verbin- dungsnerven, GSt!", Stifte des Zwischenorgans;, G@Z””, VYN” und S?’”, entsprechende Theile der Crista. Fig. 9. Horizontaler Längsschnitt durch das Bein eines Decticus griseus ' Fabr. Etwas tiefer als Fig. 8. Bezeichnungen wie in Fig. 8. Vom Zwischenorgan sieht man nur die hinzutretenden Verbindungsnerven VYN’. Tafel XV. Fig. 40. Querschnitt durch das Zwischenorgan einer Locusta viridissima L. Forts, distale Fortsätze der Endblasen; h, Hülle derselben; a, b, c, Endblasen mit Fortsätzen; K’, distale Kerne der Endblasen (Deckzellenkerne) ; K”, proximale Kerne der Fortsätze. Fig. 44. Vertikaler Längsschnitt durch das Bein eines Decticus verruci- 348 Nicolai von Adelung, # vorusL. Der Schnitt ist nahe der vorderen Beinwand geführt. YN’, Verbindungs- nerven des Zwischenorgans; St”’, Stift und K’, Deckzellenkerne desselben OrBARER ', Tracheenästchen;; Pigm, Pigmentanhantens in der Hypodermis. Fig. 12. Theil einer Endblase aus dem Zwischenorgan eines Decticus verrucivorusL. im vertikalen Längsschnitt. StK, Kopf des Stiftes; R, Rippen der inneren Stiftwand. Fig. 43. Querschnitt durch die Crista von Meconema varium Fabr. Verd, verdickte Stelle der Hülle der Cristamasse; HK, Kerne dieser Hülle; kö, körniger Inhalt des Stiftkopfes. Der Verbindungsnerv VN ist quer durchschnitten K, Kern einer flachen Zelle (Fig. 15 2). Fig. 44. Zwischenorgan einer Locusta viridissima L., von der distalen Seite aus gesehen. M, Faserstrang über dem Zwischenorgan; Forts, Fortsätze der Endblasen EO; h, gemeinschaftliche Hülle dieser Fortsätze; k’, proximale Kerne der Fortsätze; %"”, distale Kerne derselben. Fig. 45. Horizontaler Längsschnitt zwischen Crista und oberer Tracheenwand einer Locusta viridissima L. 5b, dunkle, bandförmige Masse zwischen den Endorganen; x, Umbiegunssstelle der letzteren; n’, obere Schnittfläche, durch die Umhüllungszelle; n, Nervenscheide; a, Achsencylinder an der Umbiegunssstelle ; beide in der Vertikalprojektion gesehen; z, kleinere flache Zellen mit Kern (vgl. Fig. 13 K, Fig. A K); z’, größere flache Zellen, zwischen den Verbindungsnerven. Fig. 46. Vertikaler Längsschnitt durch den distalen Theil des Zwischenorgans einer Locusta viridissima L. Verbindung der distalen Fortsätze, Forts, der Endblasen mit dem Integument. K’”, distale Kerne der Fortsätze; K, Kerne der }Hypodermis der Beinwand; h, gemeinschaftliche Hülle der Fortsätze. „Fig. 47. Horizontaler Längsschnitt durch das Bein einer Locusta viri- dissimaL. in der Region der ersten Gruppe von Ganglienzellen des supratympa- nalen Organs. GZK, Kerne der Ganglienzellen GZ’; n, n', Verzweigungen des Subratympanalnervs STN. Fig. 18. Horizontaler Längsschnitt durch das Bein eines Decticus. Die zweite Gruppe des supratympanalen Organs ist durch den Schnitt getroffen. Die Ganglien- zelle @Z” und der zugehörige Endschlauch Eschl’ fallen in die Schnittebene. Eine Membran, Mbr,scheint Ganglienzelle und Endschlauch proximal abzugrenzen. K’, proximaler Kern der Endfaser. Die Endfaser gehört nicht zu dem Endschlauch; letzterer fällt nicht seiner ganzen Länge nach in die Schnittebene. Fig. 49. Vertikaler Längsschnitt durch das Bein eines Decticus griseus Fabr., etwa in der Mittelebene. Mbr, Membran, welche sich auf die zweite Gruppe des supratympanalen Organs herabsenkt; s, Grenze zwischen den Endschläuchen der ersten und denen der zweiten Gruppe. Sämmtliche Endschläuche erscheinen quergeschnitten. Fig. 20. Gemeinschaftlich: StK, Kopf des Gehörstiftes; c, Kanal im Stift- kopf; R, Rippen der inneren Stiftwand; «aW, äußere Wandfläche des Stiftkörpers; vW, freier, nach innen vorspringender Kontour der Rippen ; 0o0e, obere, «Oe, untere Öffnung der Durchbohrung im proximalen Theil des Stiftes; !, dunkler, centraler Streifen innerhalb des zu dem Stift herantretenden Achsencylinders. Fig. 20a. iW, innere Wandfläche des Stiftkörpers. Fig. 20b. kö, körnige Masse im Kopf des Stiftes; kn, Vorsprung am Stiftkopf; v, Vorsprung der inneren Stiftwand. Fig. 24a. Seitenansicht eines Gehörstiftes; Fig. 215 Theil dieses Stiftes, von x—x% bis y—y, von oben gesehen. Beide Figuren schemalisirt. Fig. 24 db giebt zu- Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Locustiden. 349 gleich den Stift in Fig. Ad vergrößert wieder. StW, Wand des Stiftes; SEW’, - dasselbe am verdickten proximalen Theil; R, Rippen, von & bis m; R’, Rippen von m bis 00e,;, <—x, obere Schnittfläche; y—y, untere Schnittfläche; m—m;, Stelle, - wo Stiftwand und Rippen nach innen vorspringen, was von oben gesehen das - Bild eines Kreises hervorruft (Fig. 215, m). Beide Figuren dienen zur Erläuterung - des Schnittes in Fig. 4d. Bei ©&—x und m—m ist die Schnittfläche perspektivisch dargestellt. 4 Fig. 22. Querschnitt durch den Tympanalnerv einer Locusta viridis- F simaLl. TN, Tympanalnerv; GZ, Ganglienzelle;, GZK, Kern der Ganglienzelle; Nsch, Scheide des Nerven; Sch, Scheide der Ganglienzelle; Pl, nervöse Substanz - der Ganglienzelle. Über die Rädchen der Synaptiden. Von Prof. Dr. Hubert Ludwig. Mit Tafel XVI. Die Rädchen der Synaptiden sind so oft und von den verschie- densten Forschern beschrieben und abgebildet worden, dass man glauben könnte, sie zählten zu den am besten bekannten Gebilden und es sei kaum etwas Neues über sie zu berichten. Dennoch ist unsere bisherige Kenntnis derselben eine so wenig erschöpfende, ja fehler- hafte, dass es sich verlohnt sie einmal genauer vorzunehmen. Es wird sich dabei zeigen, dass sie in Wirklichkeit komplieirter sind als ge- wöhnlich angegeben wird. Aus einer eingehenden Untersuchung ihres Baues und ihrer Entwicklung ergeben sich neue Gesichtspunkte für ihre Vergleichung mit den Kalkkörperchen anderer Holothurien und für ihre systematische und phylogenetische Verwerthung im Inneren der Synaptidenfamilie. Als Ausgangspunkt meiner Erörterung wähle ich die Rädchen meiner Chiridota pisanii. Ihre Entwicklung beginnt, wie es für eine ganze Anzahl von Synaptidenrädchen längst bekannt ist!, mit einem kleinen sechsstrahligen Stern. Die Strahlen des Sternes liegen nicht genau in derselben Ehene mit seinem Centralstücke, sondern steigen schräg nach oben, d. h. nach der Hautoberfläche, empor. Das Central- stück mag Basalplatte (1)? heißen, da es auch an dem fertigen Rädchen die Basis des ganzen Kalkkörperchens darstellt. Die sechs von der Basalplatte entspringenden schrägen Strahlen verhalten sich später für andere Theile des Rädchens wie stützende Pfeiler und mögen dess- halb als die Pfeiler (2) bezeichnet werden. Basalplatte und Pfeiler 1 Vgl. darüber Bronx, Klassen und Ordnungen der Echinodermen. p. 42. ? Die hinter die Termini gesetzten eingeklammerten Ziffern verweisen auf die in den Figuren gewählten Nummern der einzelnen Rädchentheile. & Daös Ban aa ann nd ne ae. a nn 2 Über die Rädchen der Synaptiden. 351 bilden später an der fertigen Nabe deren Boden. Es bleibt aber bei Chiridota pisanii nur kurze Zeit bei der ursprünglichen Sechszahl der Pfeiler, Sehr bald sieht man auf der oberen (d. h. der Hautoberfläche zugekehrten) Fläche der Basalplatte einen siebenten Fortsatz (Fig. 1 und 2) sich erheben, der senkrecht aufsteigt und in seiner Länge stets hinter der Länge der sechs schrägen Pfeiler zurückbleibt; er möge als Central- oder Mittelpfeiler (3) benannt werden. Will man die sechs schrägen Pfeiler durch einen besonderen Namen von ihm unterscheiden, so kann man für diese die Bezeichnung Speichenpfeiler (2) ein- führen, da sie, wie wir gleich sehen werden, an ihren distalen Enden die eigentlichen Speichen des fertigen Rädchens liefern. Speichenpfeiler und Mittelpfeiler endigen anfänglich einfach abgerundet. Das nächste Stadium der weiteren Entwicklung besteht nun darin, dass das distale Ende der Speichenpfeiler sich in einer senkrechten, radiär zur Rädchen- achse gestellten Ebene in zwei kurze, dicke Fortsätze theilt (Fig. A und 2). Beide Fortsätze haben die Form von abgerundeten Zapfen und sind von ungleicher Länge. Der eine, längere ist centrifugal, der andere, kürzere centripetal gerichtet. Der centrifugale Fortsatz behält die schräg nach oben strebende Richtung des Speichenpfeilers nicht bei, sondern biegt in eine schwach nach unten gerichtete Stellung um. Der andere, centripetale Fortsatz dagegen stellt sich so, dass er schwach schräg nach oben der Achse zustrebt. Der centrifugale Fortsatz ist nichts Anderes als die spätere Speiche des fertigen Rädchens und kann desshalb als Speichenfortsatz (6) bezeichnet werden. Der centri- petale Fortsatz ist bestimmt später zu einem Theile der Deckplatte der - Nabe zu werden und mag desshalb Deckplattenfortsatz (4) ge- nannt werden. Blickt man von oben auf das in der Entwicklung be- griffene Rädchen (Fig. 2), so sieht man bei entsprechender Einstellung die Stelle, an welcher der Deckplattenfortsatz vom Speichenpfeiler ab- geht als eine mit ihrer Konvexität gegen die Rädchenachse gerichtete gebogene Grenzlinie durch den Deckplattenfortsatz durchschimmern (vgl. auch Fig. 3—7). Unterdessen hat sich der Mittelpfeiler bis zu derselben Höhe er- hoben, bis zu welcher die freien Enden der sechs Deckplattenfortsätze reichen, und beginnt nunmehr sich an seinem Gipfel zu einer kleinen, kreisförmig umrandeten Querscheibe zu verbreitern, die mit ihrem Rande den Deckplattenfortsätzen entgegenwächst. Zur selben Zeit haben die Deckplattenfortsätze sich aber nicht nur in der Richtung nach der Rädchenachse, sondern auch nach beiden Seiten verbreitert. Da- durch nähern sich die benachbarten Deckplattenfortsätze einander immer mehr, bis sie sich berühren. Weiterhin verschmelzen alle Be- 359 Hubert Ludwig, rührungsränder der Deckplattenfortsätze unter einander, sowie der Deckplattenfortsätze und der Querscheibe des Mittelpfeilers. Dann ist schließlich ein Gewölbe fertig gestellt, das, von den Speichenpfeilern und dem Mittelpfeiler getragen, sich über die Oberseite der Basalplatte wölbt. Den Gipfel dieses Gewölbes nimmt die Querscheibe auf dem Mittelpfeiler ein, welche desshalb Mittelplatte (5) heißen mag. Um diesen centralen Theil des Gewölbes, das ich in seiner Gesammtheit einfach die Decke oder die Deckplatte (%+5) nennen will, ordnen sich die sechs, damit und unter sich verschmolzenen Platten, welche aus den Deckplattenfortsätzen der Speichenpfeiler entstanden sind und als Speichenplatten (4) benannt werden können. Die Verschmel- zung der Mittelplatte mit den Speichenplatten und dieser unter sich er- folgt nicht gleichzeitig, denn man findet nicht selten Stadien, in denen die Verschmelzung an verschiedenen Stellen weiter vorgeschritten ist, als an anderen. In Fig. 4 z. B. sind an den drei mit a bezeichneten Stellen die Speichenplatten an ihrem nachbarlichen Berührungsrande dicht zusammengerückt und im Begriffe völlig zu verschmelzen, während an den drei mit b bezeichneten Stellen sich noch eine schmale Spalte zwischen den Seitenrändern der benachbarten Speichenplatten be- findet. Nur die mit c bezeichnete Speichenplatte ist auch schon in feste Verbindung mit der Mittelplatte getreten. In Fig. 3 ist die Bildung der Deckplatte zwar auch noch nicht vollendet, aber doch weiter vorge- schritten als in Fig. 4; nur an einer Stelle besteht noch eine schmale, buchtförmige Spalte zwischen zwei Speichenplatten und nahe der Mitte der Deckplatte erblickt man eine gekrümmte, ungefähr einen Halbkreis beschreibende Spalte zwischen dem Außenrande der Mittel- platte und dem Innenrande von vier Speichenplatten. Fig. 3 ist von einem Rädchen genommen, welches abnormer Weise der Speichen- pfeiler, Speichenplatten und Speichenfortsätze statt sechs, sieben be- saß. Auch achtstrahlige Rädehen kommen mitunter vor. Haben sich endlich nach Verschluss aller Spalten, Mittelplatte und Speichen- platten zu einer zusammenhängenden Deckplatte vereinigt (Fig. 5), so ist die Nabe des Rädchens vollendet und besteht nunmehr aus der Basalplatte, den Pfeilern und der Deckplatte. Daraus geht hervor, dass die fertige Nabe keineswegs, wie herkömmlicherweise ange- nommen wird!, solide ist; sie umschließt vielmehr einen inneren Hohlraum, in dem sich (bei Chiridota pisanii) der Mittel- 1 Noch in der Schlusslieferung meiner Holothurien-Bearbeitung in BRoNN’S Klassen und Ordnungen (p. 442) bin ich selbst, bei Besprechung der fossilen Kalk- körperchen, dieser hergebrachten Ansicht gefolgt, da ich damals die oben mitge- theilten Thatsachen noch nicht aufgefunden hatte. ae EEE BEN EEE ENT ER TERTEVESTSEHE TE er an a Über die Rädchen der Synaptiden. 3593 pfeiler befindet und der durch sechs zwischen den Speichenpfeilern liegende Thore sich ringsum schräg nach unten öffnet. Durch Wechseln der Einstellung kann man sich an der oberen oder unteren Flächen- ansicht des Rädchens die Grenzen jenes Hohlraumes vorführen; nach der Achse zu wird die Grenze des Hohlraumes durch den Mittelpfeiler gebildet, nach der Peripherie hin aber wird er zwischen je zwei Thoren durch die axialwärts konvexe Linie begrenzt, welche zugleich die Stelle bezeichnet, an welcher der Speichenpfeiler sich mit der Deckplatte verbindet. Während die hohle Nabe sich in der eben beschriebenen Weise ausgebildet hat, sind auch die Speichenfortsätze an Länge und ;Dicke gewachsen, jedoch so, dass sie an ihren Seitenrändern immer dünner bleiben als in ihrer Längsmitte. Die Deckplatte zieht sich gewisser- maßen an den Seitenrändern der Speichen weiter (Fig. 6). Sobald die Speichen ihre definitive Länge erreicht haben, gabeln sie sich an ihrem freien Ende in längst bekannter Weise zu leicht gebogenen Felgen- fortsätzen, die quer zur Speiche gerichtet sind. Betrachtet man die Speichen in einer Seitenansicht des jungen Rädchens, so sieht man, dass sie einen erst nach unten und dann wieder nach oben gebogenen Verlauf haben (Fig. 9). Zusammen mit ihrer Speichenplatte hat dem- nach jede Speiche eine in einer Radialebene des Rädchens gelegene ro-förmige Biegung, deren erste, der Radachse zunächst gelegene Kon- vexität nach oben, und deren zweite, der späteren Felge zunächst ‚ge- legene Konvexität nach unten gekehrt ist. Die beiden Felgenfortsätze einer jeden Speiche bilden zusammen eine nach oben und innen umge- bogene Endverbreiterung der Speiche; diese Verbreiterung ist in ihrer Mitte dicker als in ihren Seitentheilen. Alsdann wächst jeder Felgen- fortsatz dem ihm zugekehrten Felgenfortsatz der nächstbenachbarten Speiche entgegen, berührt sich schließlich mit ihm und verschmilzt endlich mit demselben zur Lieferung der fertigen Felge. Da schon die Felgenfortsätze sich nicht nur nach oben, sondern auch nach innen ge- bogen haben, so steht schließlich die ganze Felge nicht rechtwinklig zu den Speichen, sondern schräg nach oben und innen. In Folge dessen beschreibt der obere Rand der ganzen Felge einen kleineren Kreis als der untere. Der obere Rand ist auch dünner als der untere und erhält die bekannte feine Zähnelung, während der untere Rand glatt abgerundet bleibt. Wo die Speichen in die Felge eintreten, ist letztere immer viel dicker als zwischen den Speichen. Die herrschende Ansicht geht dahin, dass die Rädchen der Gattung Chiridota so eintönig gestaltet seien, dass sie für die Unterscheidung der Arten keine brauchbaren Formverschiedenheiten darböten. Es war Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 93 354 Hubert Ludwig, demgemäß zu erwarten, dass auch die feineren Bauverhältnisse, wie wir sie soeben, namentlich an der Nabe, bei Chiridota pisanii kennen gelernt haben, auch bei den übrigen Chiridota-Arten vorhanden seien. Es schien mir aber wünschenswerth darüber doch einige Gewissheit zu erlangen, da wenigstens ein Bestandtheil, den ich in der Nabe der Chiridota pisanii-Rädchen gefunden, nämlich der Mittelpfeiler, in keiner mir bekannten Abbildung eines fertigen Chiridotarädchens sicher an- gedeutet ist. Ich untersuchte also die Rädchen einiger Chiridota-Arten, die ich gerade zur Hand hatte und fand, dass allerdings auch im Bau der Nabe im Allgemeinen eine große Übereinstimmung herrscht, dass aber doch einige Einzelheiten vorkommen, welche von dem Verhalten der Chiridota pisanii abweichen. Zunächst untersuchte ich die Chiridota rufescens (Br.) (— variabilis Semp.). Ihre Rädchen unterscheiden sich dadurch von denen der Chiridota pisanii, dass der Nabe der Mittelpfeiler fehlt. Ich glaube daraus schließen zu dürfen, dass er auch bei den meisten anderen Chiridota-Arten nicht zur Ausbildung gelangt ist und sich daraus der Umstand erklärt, dass er auf keiner bis jetzt vor- handenen Rädchenabbildung zu finden ist. In diesem Schlusse wurde ich bestärkt, als ich auch noch die Rädchen der Chiridota amboinensis Ludw. und der Chiridota liberata Sluit. verglich und auch hier den Mangel des Mittelpfeilers feststellte. Wo kein Mittelpfeiler ist, kann sich natürlich auch keine Mittelplatte für die Bildung der Decke ent- wickeln. Die Decke muss sich hier lediglich aus den zusammen- wachsenden Speichenplatten aufbauen, welche sich in diesem Falle axialwärts stärker entwickeln müssen als beim Vorhandensein einer Mittelplatte. Wird die Achse von allen Speichenplatten erreicht, so ist die Decke vollständig geschlossen und verhält sich dann eben so als wäre sie über einem Mittelpfeiler entwickelt; so verhalten sich z. B. die Rädchen von Chiridota amboinensis Ludw., liberata Sluit. und wahr- scheinlich noch mancher anderer Arten. Reichen aber die Speichen- platten nicht bis zur Rädchenachse, so muss beim Fehlen einer Mittel- platte in der Mitte der Decke eine Lücke offen bleiben, welche von oben in den Hohlraum der Nabe führt. Dieser Fall tritt häufig bei den Rädchen der Chiridota rufescens ein, deren Nabe bald eine ganz ge- schlossene, bald aber auch eine in der Mitte durchlöcherte Decke auf- weist (Fig. 10). Die Öffnung der Decke hat eine abgerundet eckige Form und liegt entweder ganz genau central oder ein wenig excentrisch. Noch unvollständiger wird der Aufbau der Decke, wenn beim Mangel von Mittelpfeiler und Mittelplatte die Speichenplatten nicht nur die Rädehenachse nicht erreichen, sondern auch mit ihren seitlichen, benachbarten Rändern bis auf den peripherischen Bezirk der Decke Über die Rädchen der Synaptiden. 355 gesondert bleiben. Alsdann (Fig. 14) bleibt in der Decke eine Offnung übrig, welche die Form eines sechsstrahligen Sternes hat. Wie man in der Ansicht von oben bei tieferer Einstellung erkennt, stehen die Strahlen des Sternes abwechselnd mit den sechs Speichenpfeilern. Die Decke stellt kein Gewölbe mehr dar, sondern besteht aus sechs abgerundet dreieckigen, zungenförmigen Speichenplatten, die nur an ihrer, die Peripherie der Decke bildenden Wurzel mit einander ver- schmelzen. Eine derartige Nabenbildung finde ich bei der von Semon entdeckten Trochodota venusta (Semon) des Mittelmeeres, von der mir ein Exemplar zur Verfügung stand. Semon hat die Rädchen dieser Art näher untersucht!, doch vermag ich seine Angaben und noch mehr seine Zeichnungen mit meinen Be- obachtungen nicht in Einklang zu bringen. Aus seiner Fig. 8 db geht hervor, dass der später fehlende Mittelpfeiler anfänglich angelegt wird. Seine Fig. 8 c—/’, die Entwicklungsstadien und das fertige Rädchen in der Ansicht von oben darstellen, leiden an dem Übelstande, dass Linien, welche in dieser Ansicht nur durchschimmern, so eingetragen sind, als gehörten sie zur Oberseite des Rädchens; Dinge, die nur bei wechseln- der Einstellung des Mikroskopes scharf zu sehen sind, sind in diesen Abbildungen zu einem falschen Relief vereinigt, welches so aussieht, als lägen die Basalplatte und die Speichenpfeiler an der Oberseite der Nabe. Srmon scheint aber dennoch von dem wirklichen Sachverhalt bei der Entwicklung und fertigen Gestaltung mehr gesehen zu haben, als seine Vorgänger. Denn wenn er davon spricht, dass sich nach der Anlage der »sechs Radien« (womit er unsere Speichenpfeiler + Speichen meint) über diesen Radien ein zweites Radiensystem entwickle, »das von der Peripherie zum Centrum wächst«, so könnte man das auf die Speichenplatten beziehen, wenn er nicht hinzufügte, dass das zweite Radiensystem im Centrum mit dem ersten Radiensystem zusammen- stoße. — Wie unzulänglich überhaupt unsere bisherige Vorstellung vom Bau der Rädchen war, lässt sich auch noch an den Abbildungen und Beschreibungen anderer Forscher darlegen. SEMPER hat in seinem Holothurienwerke ? auf seiner Taf. V und auf Taf. XXXIX, Fig. 15 die Rädchen einer ganzen Anzahl von Chiridota- Arten abgebildet. In allen Figuren fehlt jede Andeutung des von mir bei Chiridota pisanii gefundenen Mittelpfeilers, was sich aber wahr- scheinlich daraus erklärt, dass ein solcher bei allen jenen Arten eben so vollständig fehlt wie ich das für eine derselben (Chiridota variabilis Semp.) bestimmt feststellen konnte. Ferner fehlen in allen Semrer’schen 1 Mittheilungen aus der Zool, Station zu Neapel. Bd. VII. 1887, p. 277. ? Reisen im Archipel der Philippinen. Bd. I. Leipzig 1868. 23* 356 Hubert Ludwig, Figuren die gebogenen Grenzlinien, welche die Umbiegungsstellen der Speichenpfeiler in die Deckplatte bezeichnen. In Wirklichkeit fehlen diese Linien wohl sicher bei keiner der betr. Arten, da ich sie bei Chiridota variabilis Semp. deutlich sehe. Die Basalplatte mit den Speichenpfeilern zeichnet Srnrzr bald scharfrandig, bald mit ver- waschenen Rändern. Man wird annehmen dürfen, dass er mit den ver- waschenen Rändern das Durchschimmern andeuten will. Geht man aber unter dieser Voraussetzung die Abbildungen der Reihe nach durch, so ergiebt sich, dass er die Basalplatte mit den Speichenpfeilern zwar in einigen Figuren (Fig. 4c und 6c seiner Taf. V und Fig. 15a seiner Taf. XXXIX) richtig an die Unterseite der Nabe, in den meisten Figuren (Fig. 2, 3c, 4c, 5b, 7c, 8b und c, 9a, 10a, 11a seiner Tafel V) aber fälschlich an die Oberseite der Nabe verlegt. Srurter ! bemühte sich genauer als seine Vorgänger in den Bau der Rädchen einzudringen. Mit Recht spricht er sich dahin aus, dass die Abbildungen jener keine richtige Vorstellung des Sachverhaltes geben. Aber auch seine eigene Darstellung, die sich zunächst auf Chiridota variabilis Semp. (= rufescens [Br.|) bezieht, unterliegt demselben Vor- wurfe. Er beschreibt zwar ganz zutreffend den r-förmigen Verlauf der Speichen (die er Radien nennt), aber seine Auffassung der Nabe ist ein eigenthümliches Gemisch von Wahrem mit Falschem. Er sagt: » Im Centrum kommen die sechs Radien zu einem Kreuz zusammen, das flach ist und höher liegt und von den eigentlichen Radien scharf abge- grenzt ist. Ohnedem sind die Radien noch mit einander verbunden durch einen zweiten Ring, welcher dicht beim Gentrum auf und nieder gehend, Radius mit Radius verbindet.«e Aus seiner zugehörigen Ab- bildung geht hervor, dass er mit dem »flachen Kreuz« die Basalplatte mit den Speichenpfeilern meint, die aber zusammen keineswegs flach sind, da die Speichenpfeiler von der Basalplatte schräg aufsteigen. Auch liegt das »Kreuz« nicht, wie er meint, höher als die Innenenden der Speichen, sondern tiefer. Ferner sieht man aus seiner Abbildung, dass er mit der scharfen Abgrenzung der Speichen von dem Kreuz die sechs Grenzlinien meint, von denen nach meiner obigen Darlegung klar ist, dass sie die Stellen bezeichnen, an welchen die Speichen- platten der Decke von den Speichenpfeilern abbiegen. Diese Grenz- linien sind also nicht, wie Srurrer anzunehmen scheint, Nahtlinien zwischen »Kreuz« und Speichen, sondern Umbiegungsstellen. Mit dem »zweiten Ring« meint Srurter offenbar den peripherischen Bezirk der Deckplatte. Doch ist mir unverständlich, wie er in seiner Abbildung ! Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie. Bd. XL. Batavia 1880. p. 22—23, Taf. VII, Fig. 7. Über die Rädchen der Synaptiden, 357 zu der darin gezeichneten inneren Grenzlinie des »zweiten Ringes « ge- kommen ist. Das Auf- und Niedergehen des zweiten Ringes, von dem SLUITER spricht, wird mir nur durch die Annahme verständlich, dass er ein Relief, welches an der Unterseite der Nabe dadurch zu Stande kommt, dass die Speichen dicker sind als die zwischen ihnen gelegenen Bezirke der Deckplatte, irrthümlich auf die Oberseite der Nabe ver- legt — derselbe Fehler, durch den er das »Kreuz« höher liegen lässt als die Innenenden der Speichen. Auch die von Duncan und Srapen ! veröffentlichte Abbildung eines Rädcehens der Chiridota laevis (Fabr.) leidet unter demselben Fehler, dass sie den Anschein erweckt als lägen bei dieser Art die Basalplatte und die Speichenpfeiler auf der Oberseite der Nabe. Die Linien, welche die Umbiegungsstellen der Speichenpfeiler in die Decke be- zeichnen, sind in der Abbildung angegeben, aber ebenfalls irrthümlich an die Oberseite der Nabe verlegt. In der älteren, WoopwArp und Bırkerr’schen Abbildung? eines Rädchens derselben Art sind die Speichenpfeiler überhaupt nicht angegeben, dafür aber in der Mitte des Ganzen ein kleiner Kreis, von dem man vermuthen könnte, dass er die durchschimmernde Basalplatte vorstellen soll; man könnte bei diesem kleinen Kreis auch an einen Mittelpfeiler denken, wenn nicht aus Duncan und Srapen’s Figur eher auf ein völliges Fehlen des Mittel- pfeilers bei dieser Art zu schließen wäre. Fehlerhaft ist auch die eine der beiden Abbildungen, welche ich selbst3 von den Rädchen der Chiridota rotifera (Pourt.) gegeben habe. Sie sieht so aus, als wenn die Nabe an der Oberseite eine konkave Ver- tiefung besäße, während sie in Wirklichkeit bei dieser wie bei den übrigen Chiridota-Arten konvex gewölbt ist. Obschon sich Tuteı über den Bau der Rädehen nicht näher äußert, so sind doch seine Abbildungen‘ der Rädchen der Chiridota purpurea (Less.) und der Chiridota contorta Ludw. viel besser als die Semrer’schen Figuren, da er die Speichenpfeiler mit der Basalplatte richtig auf die Unterseite der Nabe verlegt (sie sind in seinen beiden von oben gezeich- neten Figuren durchschimmernd angegeben) und auch die bei Semrer überall fehlenden Umbiegungslinien der Speichenpfeiler in die Decke deutlich angiebt. Ein Mittelpfeiler oder ein unvollständiger Verschluss der Decke scheint nach Tnter’s Figuren weder bei Ghiridota purpurea noch bei. contorta vorzukommen. 1 Echinodermata of the Arctic Sea to the West of Greenland. London 1881. Er IT, Fig.18. 2 Proceed. Zool. Soc. London. XXVI. 4858. Pl. XIV, Fig. 26. 3 Archives de Biologie. II. 4881. Taf. III, Fig. 44. 4 CGhallenger-Holothurioidea. Part II. London 4886. Pl. 11, Fig. Aa u. 2a, 358 Hubert Ludwig, Zuletzt hat Lanrert! ein Rädchen von Trochodota (Chiridota Lam- pert) studeri (Theel) abgebildet und beschrieben. Der Abbildung liegt anscheinend eine Ansicht des Rädchens von unten zu Grunde. Da aber Lamperr offenbar von der herkömmlichen Vorstellung, dass die Nabe solide sei, ausgeht, so deutet er das Relief der Nabenbasis fälschlich so, dass er die Speichenpfeiler (in seiner Abbildung schwarz gezeichnet) für sattelförmige Einsenkungen erklärt. | Die bisher allein in Betracht gezogenen Gattungen Chiridota und Trochodota haben im Baue ihrer Rädchen das Übereinstimmende, dass nicht nur die Form der Felge und die Zahl der Speichen dieselbe ist, sondern auch die Nabe im Gegensatze zu der hergebrachten Ansicht hohl ist. Es fragt sich nun weiter, wie sich in Betreff der Nabe die bei anderen Synaptiden vorkommenden Rädchen verhalten. Berücksich- tigen wir zunächst nur die erwachsenen Thiere, so begegnen uns Rädchen auch noch in den Gattungen Myriotrochus, Trochoderma und Acanthotrochus. | Bei Myriotrochus kann ich in der Nabe keine Spur der komplicirten, aus Basis und Decke gebildeten Zusammensetzung wahrnehmen. Hier ist die Nabe in Wirklichkeit solide. Sie stellt eine oben und unten leicht gewölbte, also schwach bikonvexe Linse dar, welche an ihren beiden Oberflächen bald deutlich, bald nur sehr undeutlich schwache Unebenheiten? in Form von Buckelchen und Grübchen besitzt und in ihrem peripherischen Theile manchmal Andeutungen von seichten, radiär verlaufenden Rinnen erkennen lässt. Diese mit schwachen ra- diären Leisten abwechselnden Rinnen sind nach dem Zwischenraume zwischen je zwei Speichen gerichtet. Die Leisten sind die ursprüng- lichen proximalen Enden der Speichen, die durch nachträgliche zwischen ihnen aufgetretene Kalkablagerungen in die Nabe einbezogen worden sind. Außerdem bemerkt man mitten auf der Unterseite der Nabe (Fig. 13) einen winzigen, abgerundeten Vorsprung, den bereits TateL?® angegeben hat. In seiner Gesammtform bildet das Myrio- trochusrädchen so wenig wie das der Chiridoten und Trochodoten eine flache Scheibe, sondern, wie schon M. Sırs ? richtig hervorgehoben hat, eine flache Schüssel mit einwärts gebogenem Rande (Fig. 12, 13). Der Boden der Schüssel ist in der Mitte wieder etwas in die Höhe ge- 1 Zool, Jahrbücher. IV. Abth. f. Syst. 1889. Taf. XXIV, Fig. 12a. 2 Doch sehe ich diese Unebenheiten nie so stark entwickelt, wie sie DANIELSSEN und Koren (Norweg. North-Atlantic Expedition ; Holothurioidea. Christiania 1882. p- 30. Pl. V, Fig. 2 u, 5) beschreiben. 3 Nova Acta Reg. Soc. Scient. Upsal. Upsala 41877. No. XVII. p. 6. * Fauna littoralis Norvegiae. III. Bergen 1877. p. 51—52. Über die Rädchen der Synaptiden. 359 wölbt, bleibt aber auch hier tiefer als der Rand der Schüssel (= Rad- felge). Die einzelne Speiche beschreibt demnach, wie es DanIzLssen und Koren! ziemlich gut abgebildet haben, eine ähnliche "-förmige Bie- gung wie die Speiche des Chiridotarädchens, nur mit dem Unter- schiede, dass ihre erste, d.h. der Radachse zunächst gelegene Konvexität flacher, dagegen ihre zweite, d. h. der Felge benachbarte Konvexität stärker gekrümmt ist als bei Chiridota. Vergleicht man Speichen und Nabe von Myriotrochus mit den entsprechenden Theilen der Chiridota- rädchen, so ergiebt sich, abgesehen von der bei Myriotrochus größeren Speichenzahl, dass der Hauptunterschied in dem Mangel einer Deckplatte liegt. Weder Speichenplatten, noch ein Mittelpfeiler mit Mittelplatte entwickeln sich bei den Myriotrochusrädchen. Ihre Nabe entspricht der Basalplatte bei Chiridota, ihre Speichen dagegen sind je einem Speichenpfeiler mit zugehöriger Speiche von Chiridota homo- log. Demgemäß ist das Myriotrochusrädchen trotz seiner größeren Speichenzahl ein einfacheres Gebilde als ein Chiridota- oder Trocho- dotarädchen. Das zeigt sich auch an der Felge; denn bei Myriotrochus fehlt die feine Zähnelung am Innenrande der Felge. Die großen Zähne aber, welche bei Myriotrochus den Innenrand der Felge zusammen- setzen, sind aufwärts und einwärts gebogene Theile der Felge selbst, welche, wie ich an jungen Myriotrochusrädchen sehe, fast gleichzeitig mit den Felgenfortsätzen an den distalen Enden der Speichen auf- treten. | Eine interessante Weiterbildung des gewöhnlichen Myriotrochus- rädchens fand ich am Afterende eines von mir untersuchten Exemplares, welches mir zwar unter dem Namen Oligotrochus vitreus M. Sars zuge- gangen war, mich aber nicht in den Stand setzte, diese Art als eine von Myriotrochus rinkii Steenstr. verschiedene anerkennen zu können. Die Rädchen des hinteren Körperendes (Fig. I) fallen hier dadurch auf, dass ihre Speichen in einigem Abstande von der Nabe sich seitlich verbreitern und sich mit diesen seitlichen Verbreiterungen theils nähern und berühren, theils völlig mit einander verschmelzen. Dadurch ent- steht im Umkreis der Nabe ein innerer (meist hier und da unter- brochener) Reifen. Diejenigen Stücke der Speiche, welche von diesem inneren Radreifen bis zur Nabe reichen, sind kurz und nur durch schmale, radiäre Schlitze von einander getrennt; einzelne. Schlitze können sich sogar vollständig schließen. Für die Rädchen der Gattungen Trochoderma und Acanthotrochus stehen mir leider keine eigenen Beobachtungen zu Gebote. Doch 2. 360 Hubert Ludwig, scheint mir aus den Abbildungen und Beschreibungen von Tate! und DanseLssen und Koren? hervorzugehen, dass bei diesen Gattungen die Rädchennabe eben so solide ist wie bei Myriotrochus. Bei Trochoderma bin ich dessen zwar weniger sicher, als bei Acanthotrochus, da man aus Tuger’s Fig. —6 auch zu der anderen Vermuthung gelangen kann, dass sich die Nabe aus einer Basalplatte mit Speichenpfeilern und aus einer Deckplatte aufbaue. Vielleicht bezieht sich auf einen solchen Bau der Nabe die Bemerkung Tutrv’s, dass sie sich bei starker Vergrößerung aus einer Anzahl kleiner Kalkstücke zusammengesetzt zeige. Aul- klärung kann hier nur eine wiederholte Untersuchung bringen. Be- merkenswerth ist für den Gegensatz der Trochoderma- zu den Myrio- trochusrädchen 1) die fast gerade Richtung der Speichen, so dass das ganze Rädchen viel flacher ist als bei Myriotrochus, 2) die andere Be- zahnung der Felge mit drei Reihen von Dornen, von denen die eine nach oben, die andere nach außen, die dritte nach unten gerichtet ist?. Bei Acanthotrochus sind in den beiden bei dieser Gattung vor- kommenden Rädchenformen die Naben solide und entsprechen ähnlich wie die von Myriotrochus nur der Basalplatte des Chiridotarädchens. Bei der kleineren Rädchenform wiederholt sich die Einrichtung der Myriotrochusrädchen, dass die Nabe in der Mitte ihrer Unterseite einen kleinen, kurzen, abgerundeten Buckel besitzt. Beide Rädchensorten sind dadurch ausgezeichnet, dass die Seitenränder ihrer Speichen sich zu dünnen, flossenförmigen Leisten verdünnen und dadurch an die Verdünnung der Speichenränder bei Chiridota erinnern. Eine Deck- platte aber ist eben so wenig wie bei Myriotrochus angelegt. Beide Sorten haben wieder die Form flacher Näpfe; doch ist auffallend, dass die größere, mit centrifugalen Randstacheln ausgezeichnete Form ihre Konkavität im Gegensatze zu allen anderen Synaptidenrädchen (nach Danıerssen und Koren) nach innen statt nach außen kehrt. Fasst man das Gesagte zusammen, so ergiebt sich, dass wir alle im erwachsenen Zustande mit Rädchen ausgestatteten Synaptiden in zwei Gruppen theilen können: 1) solche mit solider, ungedeckelter Nabe; dahin gehören die Gattungen Myriotrochus, Acanthotrochus und vielleicht (?) auch Trochoderma; ! Nova Acta Soc. Scient. Upsal. Upsala 4877. No. XVII. p. 42—13. Pl. II, Fig. 2—6. 2 l.c. p. 37. Pl. VI, Fig. 42 —14. 3 In meiner Bearbeitung der Echinodermen in Bronn’s Klassen und Ordnungen, I. Buch, Die Seewalzen, Leipzig 1889—92, p. 360, hat sich in dieser Beziehung in die Diagnose der Gattung Trochoderma ein Fehler eingeschlichen. Statt »mit größeren centripetal gerichteten Zähnen« soll es dort heißen »mit großen, oberen, äußeren und unteren Zähnen «. Über die Rädchen der Synaptiden. 361 2) solehe mit hohler, gedeckelter Nabe; das sind die Gattun- gen Chiridota und Trochodota, bei denen man dann weiter Arten unter- scheiden kann, bei denen ein Mittelpfeiler in den Aufbau der Nabe eintritt, z. B. Chiridota pisanii und rotifera, oder nicht, z. B. bei Chiri- dota amboinensis, sowie Arten, bei denen die Deckplatte der Nabe ganz geschlossen ist, z. B. bei Chiridota pisanii, amboinensis, libe- rata, oder von einem einfachen Loche, z. B. häufig bei Chiridota rufes- cens, oder von einer sternförmigen Spalte, z. B. bei Trochodota venusta, durchbrochen wird. Die erste Gruppe wollen wir die Myriotrochus- gruppe, die zweite die Chiridotagruppe nennen. Aus der Mög- lichkeit diese Gruppen zu unterscheiden geht am besten die Haltlosig- keit des Szmon’schen Vorschlages hervor, der alle rädchenführenden Synaptiden in eine einzige Gattung zusammenwerfen will!. Den Rest der Synaptidenfamilie, die Gattungen Synapta und Anapta kann man wegen des gemeinsamen Mangels der Rädchen bei den Erwachsenen als Synaptagruppe zusammenfassen. Sie wird durch die Gattung Anapta, wie ich an anderem Orte? gezeigt habe, mit der Gattung Chiridota verknüpft. Fragt man sich nun weiter, in welchem phylogenetischen Verhält- nisse die drei hier unterschiedenen Gruppen der Synaptiden zu ein- ander stehen, so wird man die Myriotrochusgruppe schon wegen des einfacheren Baues ihrer Rädchen für älter zu halten geneigt sein als die Chiridotagruppe. Diese Ansicht findet überdies eine kräftige Stütze in der Entwicklungsgeschichte. Denn wenn sich zeigen lässt, dass auch in der Chiridotagruppe ontogenetisch zuerst Rädchen nach dem Typus der Myriotrochusrädchen auftreten und dann erst die eigentlichen Chiri- dotenrädchen sich einstellen, so kann es kaum mehr zweifelhaft sein, dass die Myriotrochusgruppe die ältere Formenreihe darstellt, von der sich die Chiridotagruppe abgezweigt hat. Die einzigen bis jetzt be- kannten Entwicklungsstadien einer Chiridota-Art sind die von mir beschriebenen? Jungen der lebendiggebärenden Chiridota rotifera (Pourt.). Ich bemerkte damals, dass in der Haut der noch in der Leibeshöhle der Mutter befindlichen Jungen außer zehn Gruppen sechs- speichiger Rädchen einige wenige, zerstreut liegende, mit mehr (8—12) Speichen versehene Rädchen vorkommen. Bei nochmaliger Durchsicht meiner Präparate kann ich das damals Gesagte dahin ergänzen, dass die in Gruppen liegenden sechsspeichigen Rädchen echte Chiridota- rädchen mit gedeckelter Nabe und deutlichem Mittelpfeiler sind, dass 212.0. 24,.219. 2 Bronn, Klassen u. Ordnungen der Echinodermen. I. p. 358. 3 Archives de Biologie. II. 4884, p. 51. ; 362 Hubert Ludwig, | dagegen die zerstreut und vereinzelt, namentlich im hinteren Körper- theile gelegenen, mehrspeichigen Rädchen eben so gebaut sind wie bei der Auricularialarve der Gattung Synapta. Wie diese besitzen sie eine einfache, solide Nabe und unterscheiden sich nur dadurch von den- selben, dass der Innenrand ihrer Felge eine ähnliche feine Zähnelung zeigt wie das fertige Chiridotarädchen. Die Auriculariarädchen der Gattung Synapta besitzen überhaupt im Baue ihrer Nabe und in der schwankenden, verhältnismäßig großen Zahl ihrer Speichen viel nähere Beziehungen zu den Rädchen der Myriotrochusgruppe als zu denen der erwachsenen Thiere der Chirodotagruppe. Man wird daraus schließen dürfen, dass die Gattung Synapta zwar an ihrer Wurzel mit den Gat- tungen der Myriotrochusgruppe zusammenhängt, sich aber später in anderer Richtung weiter entwickelt hat. Den gleichen Schluss konnten wir vorhin für die Beziehung der Chiridotagruppe zur Myriotrochus- gruppe ziehen. Demgemäß ergiebt sich, dass die Myriotrochusgruppe die relativ älteste unter den drei Gruppen der Synaptiden ist, welche das bei der Stammform der ganzen Familie vorhandene, mit solider Nabe, zahlreichen Speichen und einfacher Felge ausgestattete Rädchen (Aurieulariarädchen) beibehalten und nur in so fern weiter ausgebildet hat, dass an der Felge große, zahnförmige Dornen und mitunter (Acantho- trochus) an den Speichen flossenförmige Verbreiterungen auftreten. Dieser Gruppe am nächsten steht die Chiridotagruppe, deren Mitglieder nur noch in der Jugend die Rädchen der Stammform führen, nachher aber Rädchen mit gedeckter, hohler Nabe, auf sechs beschränkter Speichenzahl und feingezähnelter Felge besitzen. Noch weiter von der Stammform entfernt sich die Synaptagruppe, die zwar auch noch in der Jugend die einfachen Rädchen (Auriculariarädchen) hat, dann aber derselben völlig verlustig geht und dafür entweder Ankerplatten und Anker (Synapta) ausbildet oder auch dieser Kalkgebilde entbehrt (Anapta). In Form eines Stammbaumes könnte man also die Synap- tidengattungen etwa in der nebenstehenden Weise (p. 363) anordnen. Schließlich sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass die oben beschriebene Zusammensetzung der Nabe des Chiridotarädchens nicht ohne Analogon in einer anderen Holothurienfamilie ist. Unter den Räd- chen einzelner Elasipoden finden sich Fälle, in welchen die sonst nur aus Basalplatte und Speichenpfeilern gebildete Nabe in ganz ähnlicher Weise wie bei Chiridota und Trochodota von einer Deckplatte über- wölbt wird, die sich mit Zuhilfenahme eines Mittelpfeilers entwickelt, aber freilich in den bis jetzt bekannten Fällen zu keinem vollständigen Schlusse kommt, sondern von Löchern durchbohrt bleibt. Besonders lehrreich sind in dieser Hinsicht die Abbildungen und Beschreibungen, Über die Rädchen der Synaptiden. 363 welche Te£er. 1 von den Rädchen bei Ilyodaemon maculatus und bei Pannychia moseleyi gegeben hat. Bei beiden Arten handelt es sich um eine Basalplatte, von welcher, wie bei Chiridota, sechs Speichenpfeiler und ein Mittelpfeiler ausgehen. Bei Pannychia moseleyi stellt die fertige Decke eine dünne Platte dar, welche in ihrer Mitte von dem Mittelpfeiler gestützt wird und im Umkreis der Mitte von sechs kleinen rundlichen Öffnungen durchbrochen wird, die nach ihrer Lage sich als Reste der Zwischenräume der Speichenplatten deuten lassen. Stammbaum der Synaptidengattungen. Chiridota Trochodota Myriotrochus Acanthotrochus Trochoderma Synapta a. . Anapta Stammform der Synaptiden (mit Auriculariarädchen). Bonn, 13. Februar 1892. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVI, In allen Figuren bedeutet (vgl. das Schema Fig. 9): 1, Basalplatte (= Centralstück des ursprünglichen Sternes) ; 2, Speichenpfeiler (= Strahl des ursprünglichen Sternes) ; 3, Mittelpfeiler; 4, Speichenplatte der Decke, anfänglich nur als Deckplattenfortsatz an- gelegt; 5, Mittelplatte der Decke; 6, Speiche, anfänglich nur als Speichenfortsatz angelegt; 7, Felge (Radumfang), anfänglich als Felgenfortsätze an dem Außenende der Speichen angelegt. 1 Challenger-Holothurioidea. Part I. London 4882. p. 86, 87 u. Pl. XXXVI, Fig. 13— 5 (IIyodaemon maculatus); p. 90 u. PL.XXXII, Fig. 6 (Pannychia moseleyi). 364 Hubert Ludwig, Über die Rädchen der Synaptiden. Bei Chiridota pisanii liefern 4 und 5 zusammen die Deckplatte (Decke) der “ Nabe. In die Bildung der ganzen Nabe treten ferner ein 7, 2 und 5. Fig. 1—8 beziehen sich auf die Rädchen der Chiridota pisanii Ludw. Fig. 1. Junges Rädchen von Chiridota pisanii Ludw., schräg von oben ge- sehen. 355/A. Fig. 2. Dasselbe von oben. 355/1. Fig. 3. Ein etwas älteres Stadium, von oben gesehen. Die Verwachsung der aus den Speichenplatten und der Mittelplatte entstehenden Deckplatte ist noch nicht ganz vollendet; an einer Stelle besteht noch eine Spalte zwischen zwei Speichenplatten und nahe der Mitte liegt eine gekrümmte Spalte zwischen der Mittelplatte und den inneren Enden von vier unter sich verwachsenen Speichen- platten. Die Figur ist von einem Kalkkörperchen entnommen, welches sich ab- normerweise siebenstrahlig statt sechsstrahlig entwickelt. Der Mittelpfeiler und die Speichenpfeiler schimmern durch, eben so die gebogenen Grenzlinien der Stellen, an welchen die Speichenplatten (= Deckplattenfortsätze) von den Speichenpfeilern abgehen. 355/1. Fig. 4. Ein zwischen dem Stadium der Fig. 2 und dem der Fig. 3 liegendes Stadium bei stärkerer Vergrößerung, von unten. Der Mittelpfeiler, die Mittelplatte und die gebogenen Grenzlinien, an welchen die Speichenplatten (= Deckplatten- fortsätze) von den Speichenpfeilern abgehen, schimmern durch. Beia,a,a sind die benachbarten Speichenplatten in Berührung und in Verwachsung begriffen; bei b, b,b sind sie noch durch eine schmale Spalte getrennt; bei c ist eine der sechs Speichenplatten bereits in Verbindung mit der Mittelplatte getreten. 810/A. Fig. 5. Ein auf Fig. 3 folgendes Stadium bei stärkerer Vergrößerung, von unten. Die Deckplatte ist fertig gebildet. a, a, a, a, a, a die sechs Thore, welche zwischen den Speichenpfeilern in den zwischen Basalplatte und Deckplatte befind- lichen Raum führen, dessen Mitte von dem durchschimmernden Mittelpfeiler ein- genommen wird. Außer dem Mittelpfeiler schimmern wiederum die Grenzlinien derjenigen Stellen durch, an welchen die Speichenplatten der Decke von den Speichenpfeilern abgehen. An den Außenenden der Speichen beginnt die Bildung der Felgenfortsätze. 810/4. Fig. 6. Ein noch späteres Stadium, bei derselben Vergrößerung wie Fig.1,2,3, von unten. Die Felgenfortsätze am Außenrande der Speichen sind jetzt deutlich ent- wickelt. Der Mittelpfeiler schimmert durch, eben so die gebogenen Grenzlinien der Stellen, an welchen die Speichenpfeiler an die Deckplatte ansetzen. 355/A. Fig. 7. Fertiges Rädchen von unten. Dieselben Theile schimmern durch wie in der vorigen Figur. a verdünnte Seitenränder der Speichen, welche sich in den Rand der Deckplatte fortsetzen; b oberer Rand der Felge. 355/1. Fig. 8. Fertiges Rädchen von oben. 355/1. Fig. 9. Schematischer Schnitt, senkrecht durch die Achse und zwei gegen- über liegende Speichen eines Rädchens von Chiridota pisanii, zur Erläuterung der Nomenklatur. a oberer, gezähnter, b unterer Felgenrand. Fig. 40. Ein Rädchen von Chiridota rufescens (Br.), von oben. In der Deck- platte eine rundliche Öffnung. 230]. Fig. 41. Mittelstück eines Rädchens von Trochodota venusta (Semon), von oben. In der Deckplatte eine sechsstrahlige Spalte zwischen den nur peripherisch verwachsenen Speichenplatten. Die Speichenpfeiler, sowie die Linien ihres An- satzes an die Speichenplatten schimmern durch. 355/1. Fig. 12. Normales Rädchen von Myriotrochus rinkii Steenstr., schräg von der Seite und von oben gesehen; nur die dem Beobachter zugekehrte Seite der Figur ist ausgeführt. 230/A. Fig. 13. Ein ebensolches Rädchen, schräg von der Seite und von unten. 230/A. Fig. 14. Ein abnormes Rädchen aus dem hinteren Körperende derselben Art, von oben. 355/41. Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. Von Albert Lang. Zoologisches Institut, Freiburg i/Br. Mit einem Vorwort von A. Weismann. Mit Tafel XVII. Vorwort. Es wird von allen Autoren in Übereinstimmung angegeben, dass die Knospenbildung der Hydrozoen von beiden Keimblättern ausgehe. In der That findet man ja bei jungen Knospen, sobald sie einen Fort- satz der Leibeshöhle enthalten, die Wandung aus einer stark wachsen- den Ektoderm- und einer eben solchen Entodermlage gebildet und in ganz jungen, noch nicht hohlen Knospen besteht die Wandung aus stark sich vermehrenden Zellen, im Ektoderm, wie im Entoderm. Es schien so selbstverständlich, dass die ersteren von den Ektodermzellen des Mutterpolypen, die letzteren von den Entodermzellen desselben sich herleiteten, dass niemals daran irgend ein Zweifel laut wurde. Es waren auch in der That rein theoretische Erwägungen, welche mich zu einem Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme leiteten. Von meiner Theorie vom Keimplasma und der Kontinuität desselben ausgehend, gelangte ich zu der Vermuthung, dass das Knospungs-Idio- plasma, welches den Ausgangspunkt des Knospungsprocesses nach meiner Ansicht bilden muss, nicht wohl in beiden Keimblättern ver- theilt sein könne, sondern sich wahrscheinlich nur in gewissen Zellen des Ektoderms finden werde. Ich stellte desshalb meinem Schüler, Herrn A. Lang aus Karlsruhe, die Aufgabe, die Knospenbildung der Hydroiden mittels der Schnittmethode auf diesen Punkt hin zu unter- suchen und festzustellen, woher das Zellmaterial des Entoderms der Knospen stammt. Seine hier folgenden Untersuchungen enthalten die volle Bestätigung meiner Vermuthung, dass dasselbe aus dem Ektoderm stammt, und dass wirklich das »Knospungs-Idioplasma« lediglich in Ektodermzellen seinen Sitz hat. 12. November 1891. A. Weismann. 366 Albert Lang, Seit man die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Coelenteraten durch Knospung kennt, hat man diese für eine modifieirte Theilung an- gesehen, eingeleitet durch einseitiges Wachsthum beider Blätter resp. Ausstülpung der Leibeswand an bestimmten Stellen. Auf Grund meiner Untersuchungen der ersten Knospungsvorgänge bei Hydropolypen gelang es mir, nachzuweisen, dass bei diesen die Knospung nur auf eines der beiden Blätter, nämlich das Ektoderm, zurückzuführen ist. Die Anregung zu vorliegender Arbeit hat mir mein verehrter Lehrer, Herr Geheimrath Weıswann, gegeben. Das marine Material hat Herr Geheimrath Weısmann theils selbst konservirt, theils aus Neapel kommen lassen. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle dafür und für das fortdauernde große Interesse an meiner Arbeit meinem ver- ehrten Lehrer meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Auch die Herren Prof. GruBErR, Prof. ZıeeLer und Herr Dr. vom Rats haben mich durch ihre freundliche Unterstützung zum Danke verpflichtet. Von den vielen marinen Hydromedusen, die ich untersuchte, haben hauptsächlich Eudendrium racemosum, Eudendrium ramosum und Plumularia echinulata befriedigende Resultate ergeben; andere Formen erschienen wegen der Kleinheit der Elemente, der ungünstigen Lage der Knospen, oder auch wegen der ungenügenden Konservirung der mir vorliegenden Exemplare zur Untersuchungen nicht tauglich. Ich zog desshalb noch in diesem Sommer die Knospung von Hydra in den Kreis meiner Untersuchung und habe trotz der Vielzelligkeit der Ekto- dermschicht auf Schnitten so klare, beweisende Bilder erhalten, dass sie mir schätzenswerthe Belege für die im Winter an den oben er- wähnten Formen gemachten Befunde sein konnten. Die Arbeit wurde Ende Oktober vorigen Jahres begonnen und Mitte August d. J. abge- schlossen. Die von Neapel bezogenen Polypenstöckchen waren mit Sublimat- Alkohol 70 /, konservirt. Die Plumulariastöckchen, die ich durch die Güte des Herrn Prof. Gruser aus dem Hafen von Genua erhielt, waren theils mit absolutem Alkohol, theils mit heißer Sublimatlösung abge- tödtet und in 90 /yigem Alkohol aufbewahrt. Gefärbt wurden die Schnitte mit Pikrokarmin (nach Ranvıer), Alaun-Kochenille und Hämatoxylin; Doppelfärbung wurde erreicht durch Pikrokarmin (Färbung in toto) und Nachfärbung mit Hämatoxylin und Bleu de Lyon; sie ergab Erfolg da, wo es galt Zellgrenzen und Veränderungen der Stützlamelle nachzu- weisen. Mit Alaun-Kochenille wurde eine vorzügliche Kernfärbung hergestellt. Die Hydren, die theilweise aus den Altwassern des Rheins bei Breisach (Hydra fusca), theils aus einem Tümpel in der Nähe Frei- burgs (Hydra grisea) stammten, konservirte ich mit heißer wässriger oder aa Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 367 alkoholischer Sublimatlösung und zum Theil auch mit einer Pikrin-Os- mium-Essigsäure-Mischung (nach einem im Zoologischen Anzeiger 1891 Nr. 375 veröffentlichten Recept von Herrn Dr. vomRara), die sich vorzüg- - lieh bewährte. Ich habe die Knospungsvorgänge nur an Schnitten studirt. Die Knospenbildung bei Eudendrium. Auf die Knospungsgesetze brauche ich nicht einzugehen, sie sind von WEISMAnN (Ss. Litteraturverzeichnis Nr. 1) bestimmt und ausführlich behandelt worden; es genügt, wenn ich daran erinnere, dass die © Knospung bei Eudendrium eine alternirende, subterminale ist, d.h. - der älteste Hydranth bildet die Spitze des Eudendriumstöckchens, - die Tochterhydranthen entstehen unter der Spitze und zwar zwei auf einander folgende abwechselnd nach rechts und links gewandt. - Bei Eudendrium racemosum Gay. entsteht die Knospe gleich unter dem ‘ Hals des Hydranthen, etwa in der Mitte des Stiels, bei Eud. ramosum - Linne etwas unter der Mitte des letzteren. Bei beiden Arten unter- - scheiden sich Blastostyl- und Hydranthenknospe in der ersten Anlage 4 nicht. Eud. ramosum zeigt, abgesehen davon, dass ab und zu Gono- > phorenknospen am Köpfchen wohl ausgebildeter Hydranthen be- > obachtet werden, auch die Eigenthümlichkeit, dass ausgebildete Blasto- " style, die einen mehr oder minder reichen Kranz von Gonophoren tra- gen, selbst wieder ihres Gleichen durch Knospung hervorbringen. Die Knospen sind, da ihre Stätte, wie gesagt, eine fest bestimmte ist, selbst in den jüngsten Stadien mit Sicherheit zu erkennen. Zuerst - wird die Knospe als ziemlich flache, kreisförmig umschriebene Er- - höhung sichtbar, die auch an dem konservirten Thier durch etwas F dunklere Färbung charakterisirt ist. Diese Erhöhung rührt, wie man > sich auf Schnitten überzeugen kann (vgl. Fig. 4), von einer Verdickung _ des Ektoderms an dieser Stelle her, hervorgebracht durch rege Zell- I wucherung. Wir sehen in Fig. 1 einen Querschnitt durch die Mitte einer solchen jungen Knospenanlage, die ich als Stadium I bezeichnen möchte. Das sonst meist einschichtige Ektoderm ist zwei- und dreischichtig gewor- den. Das Perisark, wenigstens die äußeren harten Schichten desselben, sind aufgelöst und nur die innerste, dünne hautähnliche Schicht um- giebt die junge Knospe und wölbt sich mit ihr nach außen vor. E Die Stützlamelle ist im Verlauf der Ektodermverdickung dünner “= geworden, bildet aber (so weit sie nicht durch die Konservirung ver- 1 zogen ist) wie im Hydranthenstiel unterhalb und oberhalb der Knospe eine regelmäßige Kreislinie. Hart an ihr liegen in dem verdickten Ektoderm Zellen, die durch die Kleinheit ihrer Kerne sowohl von den 368 Albert Lang, Entodermzellen, als auch von den peripheren Ektodermzellen ver- schieden sind. Sie sind offenbar aus diesen durch Theilung hervor- gegangen und haben durch fortgesetzte Wucherung die Ektodermver- diekung hervorgebracht. Diese jungen Ektodermzellen sind gleichbe- deutend mit den »interstitiellen Zellen« Kıermehgere’s, aus ihnen differenziren sich auch (nach Weısmann) die Sexualelemente. Auffallend ist die Veränderung, die indessen im Entoderm des Knospenareals vor sich geht. Hier hat nämlich keine Zellvermehrung stattgefunden, sondern die Entodermzellen haben sich vielmehr in ihrem Verband ge- lockert und ragen theils noch mit dünnem Plasmazipfel an der Stütz- lamelle haftend, theils nur noch an den festhaftenden klebend, wirr und regellos in das Coenosarkrohr hinein. Auf den ersten Anblick möchte man die Ursache dieser Veränderung in dem mechanischen Druck suchen, den das verdickte Ektoderm auf die Stützlamelle und das Entoderm ausübt. Die Untersuchung etwas älterer Knospen macht es aber wahrscheinlich, dass der Druck nur die einleitende, Anstoß gebende Ursache davon ist, und dass, wie wir sehen werden, die oben erwähnten wuchernden Ektodermzellen durch aktives Eindringen resp. Einwan- dern die Veränderung der Stützlamelle und des Entoderms hervorrufen. Fig. 2 und Fig. 3 sind Querschnitte durch die Mitte solcher etwas älterer Knospen; sie repräsentiren das Stadium II der Knospung. Fig. 2 ist ein Querschnitt durch eine Kncspe von Eudendrium race- mosum. Man sieht, dass hier zwar das Pcrisark noch nicht so stark aufgelöst ist, wie bei Fig. I (Eud. ramosum), die Knospe auch ent- sprechend schwächer vorgewölbt erscheint, obwohl das Ektoderm stark verdickt ist. Dagegen sehen wir, dass jene jungen Ektodermzellen, die durch starke Wucherung die Ektodermverdickung hervorriefen, theil- weise durch die Stützlamelle hindurch gedrungen sind und auf der Entodermseite derselben liegen. Die Stützlamelle selbst erscheint je nach der Einstellung des Tubus bald vollständig, bald unterbrochen. Wenn die Zellen aber nicht einem mechanischen Druck allein folgten, so müssen sie aktive Bewegungsfähigkeit haben, neben der Funktion die Stützlamelle aufzulösen. Beides kann auch nicht überraschen, denn dass die Elemente des Hydromedusenkörpers, besonders die Zellen des Ektoderm im Allgemeinen einen gewissen Grad selbständiger Beweg- lichkeit zeigen, ist längst bekannt; auch weiß man, dass die Ektoderm- zellen (z. B. die durchwandernden Genitalzellen) die Stützlamelle durchdringen können und ich glaube, dass dies durch vorherige Auf- lösung geschieht, wie sie ja auch (vgl. die Zellen der Ektodermkuppe bei der Knospe von Plumularia) die feste, dicke Perisarkröhre aufzu- lösen vermögen. Dass es sich nicht um ein Zerreißen der Stützlamelle Pe U > !Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 369 durch mechanischen Druck handelt, dafür spricht der Umstand, dass sie da, wo der Durchtritt der jungen Ektodermzellen in stärkerem Maße erfolgt, nur noch als feine Linie, häufig durch einwandernde Zellen unter- brochen, nachzuweisen ist, oder überhaupt nicht mehr als kontourirte Lamelle sichtbar ist, also aufgelöst sein muss. Im ersteren Fall er- scheint sie aber immer wie der äußere Knospenrand (wenn auch etwas flacher) nach außen vorgewölbt, während sie doch, dem mecha- nischen Druck der eindringenden Zellen folgend, an solchen Stellen nach innen vorgewölbt erscheinen müsste, zumal dem äußeren Druck kein innerer vom Entoderm aus entgegenwirkt. Da, wo gerade eine einwandernde Zelle die Stützlamelle unterbricht (man findet nicht selten solche Stellen auf Schnitten), scheint das Plasma der ersteren mit der Masse der letzteren zusammenzufließen, d. h. mit anderen Worten, die Stützmembran ist zur zähflüssigen Gallerte geworden, durch welche die Zellen hindurchkriechen. Ich stelle mir vor, dass, ähnlich wie die peripheren Zellen des Ektoderms das Perisark, diese die Stützlamelle durch ein Sekret aufweichen und auflösen; ein unwiderleglicher Be- weis dafür lässt sich natürlich an konservirtem Material schwer bei- bringen. Die zipfelförmigen Fortsätze und die oft auch kuglig zu- sammengezogene Form der einwandernden und schon eingewanderten jungen Ektodermzellen (welch letztere man jetzt wohl Knospenento- dermzellen nennen könnte) deuten darauf hin, dass sie sich in amö- boider Bewegung befunden haben, als die Stöckchen konservirt wur- den (vgl. Fig. 3 und A E’). Die alten Entodermzellen werden durch die einwandernden Zellen weiter in das Lumen des Goenosarkrohres vorgeschoben, ihr Plasma tingirt sich stärker, als das Plasma der dem Knospenareal benachbarten Entodermzellen, ihre Kerne bieten typische Bilder des Zerfalls. Fig. 3, ein Querschnitt durch die Spitze der Knospe (senkrecht zur Achse des Hydranthenstiels) entspricht einem etwas älteren Stadium, als das in Fig. 2 dargestellte. Es ist eine Knospe von Eud. ramosum. Die Hervorwölbung ist nicht stärker geworden wie bei Fig. 1, aber die Ein- wanderung der Ektodermzellen, die an der Spitze, am distalen Pol der Knospe, begonnen hat, ist hier schon beendigt, nur eine junge Ekto- dermzelle ist in der Nähe der kaum sichtbaren Stützlamelle auf der Ektodermseite der Knospe zu erkennen, deren eigenthümlich geformter Plasmakörper darauf schließen lässt, dass sie eben im Begriff war, in das Knospenentoderm hinüberzuwandern. Im Übrigen ist das Ekto- derm wieder einschichtig geworden, ohne dass sich die Knospe bemerkbar stärker hervorgewölbt hätte; die Ektodermverdickung hat also offenbar nicht den Zweck gehabt, eine Flächenvergrößerung vorzubereiten. Wir Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIV. Bd. DIA 370 ‚Albert Lang, seien überdies auf der Entodermseite an der Spitze der Eros pr E eine Gruppe von Zellen liegen, deren kleine Kerne deutlich auf ihre 3 ektodermale' Herkunft hinweisen. Zu beiden Seiten ‚der Spitze sehen wir das Ektoderm noch verdickt. In der Nähe der Stützlamelle fallen wieder die Ektodermzellen auf mit ihrem etwas dunkler gefärbten Plasma und kleinen Kernen; die meisten liegen noch auf der Ektoderm- seite, einige auf der Entodermseite, manche gerade auf, oder vielmehr in der Stützlamelle. Es ist also hier die Einwanderung noch im Gange, während sie an der Spitze schon beendigt ist. Betrachten wir vollends den in Fig. 4 dargestellten Schnitt, welcher derselben Serie angehört wie Fig. 3, aber durch das untere Ende der Knospe geht, so erinnert er an das erste Knospungsstadium, da das Ektoderm hier noch stark ver- dickt ist, die Einwanderung der jungen Ektodermzellen eben beginnt und das Perisark wenig aufgelöst erscheint. Die beiden Längsschnitte Fig. 5 und 6 gehören einem etwas älteren Stadium (Stadium Ill) an; Fig. 6 geht durch die Achse des Hydranthen- stiels und durch die Mitte der Knospe. Der Schnitt Fig. 5 geht diesem parallel und trifft den seitlichen Rand der Knospenanlage, er erinnert, wie der in Fig. % abgebildete, an jüngere Knospungsstadien (vgl. Fig. 2 und 3). Der Medianschnitt der Knospe Fig. 6 lässt den Fortschritt in der Entwicklung erkennnen, er zeigt Ektoderm und Entoderm der Knospe in etwa gleicher Mächtigkeit und fast gleichmäßiger Weiterent- wicklung durch Zellwucherung. Solche Knospungsstadien, welche wie die jüngeren Stadien nur wenig nach außen hervortreten, und daher noch sehr jung erscheinen, haben wohl zu der Annahme geführt, dass die Knospung der Hydropolypen auf der Ausstülpung beider Schichten der Leibeswand beruhe, hervorgebracht durch gleichmäßige Hand in Hand gehende Zellwucherung des Ekto- und Entoderms, zumal sich bei solchen Stadien die Stützlamelle wieder neu gebildet hat und beide Keimschichten trennt; allerdings als dünnere Scheidewand als an anderen Stellen des Hydranthenstieles. Auch hier (Fig. 6) sieht man noch bei genauer Beobachtung jene ‚kleinkernige Tochtergeneration der sog. interstitiellen Zellen des Ektoderms, die allmählich auf der Ento- dermseite zum Entoderm der Knospe heranwachsen, auf der Ektoderm- seite nun auch die Oberflächenvergrößerung rasch fördern. Und gerade die Ähnlichkeit, besonders der jungen Entodermzellen mit den inter- stitiellen Zellen, beweist auch hier, wo die Einwanderung schon be- endigt ist, ihre Abstammung von diesen letzteren und macht die Her- kunft von den Entodermzellen des Coenosarks an der Knospenstelle unwahrscheinlich. Außerdem sind hier noch Reste der in das Goenosark- rohr hineinragenden alten Entodermzellen sichtbar, ‚die erst. allmählich Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 371 resorbirt werden. An der Basis der Knospe, da wo sie sich um das unaufgelöste Perisark nach außen vorwölbt, ist das Ektoderm noch mächtig verdiekt und man sieht die kleinen Kerne im Ektoderm oft in oder auf der verdünnten Stützlamelle, oder jenseits derselben liegen, ohne Zweifel dazu bestimmt, die sich immer weiter herausstülpende Knospe mit neuem Entoderm zu versorgen. Bis zu diesem Stadium konnte man von einem Gastralraum der Knospe nicht reden, denn junge und alte Entodermzellen (resp. das neue Entoderm der Knospe und das alte des Hydranthenstiels an der Knospenzone) füllten die Ausstülpung des Knospenektoderms voll- ständig aus. Nun aber wird das alte Entoderm vollends abgestoßen . resp. resorbirt und das Entoderm der Knospe, das mehrschichtig der neugebildeten Stützlamelle anlagerte, reiht sich allmählich in ein- facher Schicht dem sich immer stärker herauswölbenden Ektoderm an. Weiterhin wachsen beide Zellschichten durch Theilung ihrer Ele- mente. Art und Weise der Kerntheilung ließ sich an dem mir zur Ver- fügung stehenden Material nicht studiren, eben so wenig der Modus der Zelltheilung im Ektoderm, zumal bei der starken Wucherung desselben Zellgrenzen wenig oder gar nicht zu konstatiren waren. Nur solche junge Zellen des Ektoderms, die eben bei der Konservirung in amöboider Bewegung begriffen waren, hoben sich scharf von den übrigen ab und da, wo mehrere die Stützlamelle durchwandert hatten, waren Lücken im Ektoderm wahrnehmbar, die die Zellgrenzen der benachbarten Ektodermzellen besser erscheinen ließen. Über die Weiterentwicklung der Knospe bis zum ausgebildeten Polypen, die Anlage der Tentakel und des Hypostoms, will ich mich nicht weiter verbreiten, sie ist von Weısmann ausführlich beschrieben worden. Die Knospung bei Plumularia echinulata (Lamarck). Auf den histologischen Bau und die Architektonik von Plumularia brauche ich nicht einzugehen, beides ist genügend bekannt. WrısmanN hat die Knospung der Plumulariden eine beschränkte und terminale genannt, weil jeder Hydranth im Allgemeinen bloß eine Knospungszone hervorbringt und jeder folgende seinen Mutter-Hydranthen über- wächst und seinerseits wieder nur einen Tochter-Hydranthen durch Knospung producirt. Im Gegensatz zu Eudendrium und den Athekaten wird bei Plumularia erst der Hydranthenstiel, dann erst das Köpfchen (an der Knospe) ausgebildet. Da ersterer aber später zu gleicher Zeit Träger zweier Personen, eines Nematophors und eines Hydranthen, wird, also zwei Hydranthenstiele repräsentirt, kann man die gleich unter 24* 372 Albert Lang, dem Halse eines Hydranthen entstehende Knospe mit demselben Recht Seitenast- oder Hydrocladienknospe nennen, als Hydranthenknospe. An den gleichfalls durch Knospung entstandenen reich verzweigten Stolonen ist die Knospung am leichtesten zu studiren, weil die hier hervorsprießenden jungen Stämmchen noch einfache und wohl die ur- sprünglichen Verhältnisse zeigen. An den obersten Ästen und der Stammspitze findet zwar auch immer eine rege Knospenbildung statt, auch wenn Geschlechtsreife eingetreten ist. Doch es ist hier bei der Kleinheit des Objekts schwer die Schnittrichtung günstig zu legen. Ich benutzte daher zum Schneiden hauptsächlich nur die Stammspitze, da diese meist dieselben Verhältnisse zeigt, wie ein junges am Stolo hervorknospendes Stämmchen. Eine solche Stammknospe wächst näm- lich nicht erst zum vollständigen Hydranthen aus, sondern treibt, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht hat, an der Spitze seitlich eine Knospe, die weiter wachsend, den Anfang eines Seitenastes bildet mit dem ersten vollständigen Hydranthen und Nematophors. Die Spitze, die ich aus später zu erörternden Gründen mit dem Vegetationspunkt einer Pflanze vergleichen möchte, wächst weiter und bildet eine zweite der ersten gegenüberstehende Knospe, die ihrerseits zum Hydranthen resp. Seitenast auswächst u. s. f. Man sieht, dass die ursprünglich terminale beschränkte Knospung bei den Plumulariden an der Stammspitze, wenigstens in den meisten Fällen, zu einer unbeschränkten und sub- terminalen geworden ist. In einigen Fällen habe ich übrigens, beson- ders bei ziemlich hohen Stöcken auch an der Stammspitze terminale Knospung beobachtet. Bei den Hydrocladien finden wir letztere aus- schließlich. Fig. 8 ist der Längsschnitt durch die Medianebene einer Stamm- spitze, an der rechts eine Knospe hervorwächst. Wir sehen, dass das Ektoderm sowohl der ersteren als auch der Knospenanlage mehr- schichtig ist, während es sonst in den oberen Gliedern des Stöckchens auch der Hydrocladien nur eine einfache Schicht bildet. Die länglichen in einander geschobenen Ektodermzellen scheinen in starker Wuche- rung begriffen, in der Nähe der Stützlamelle habe ich ab und zu eine Zellvermehrung durch Quertheilung konstatiren können. Die betreffen- den Zellkerne sind länglich ellipsoid, ihre Längsachse steht senkrecht auf der hier sehr dünnen, manchmal kaum sichtbaren Stützlamelle. Das Entoderm unter der verdiekten Ektodermkuppe der Stammspitze und unter dem Ektoderm der Knospe zeigt sich nicht als kompakte Lage kubischer Epithelzellen wie unterhalb der Spitze, sondern bildet eine einfache, selten doppelte Schicht locker neben einander gereihter, parenchymartiger Zellen, während man doch erwarten sollte, dass Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 373 gerade hier, wo ein rapides Wachsthum stattfindet, auch das Entoderm in entsprechender Weise wuchern würde, falls es überhaupt, wie man bis jetzt annahm, beim Aufbau der Knospe in gleicher Weise betheiligt wäre, wie das Ektoderm. Dem ist aber nicht so, sondern das Knospen- entoderm wird hier, wie bei der Knospung von Eudendrium von Zellen des verdickten Ektoderms gebildet. Und zwar scheint mir dieser Process sowohl durch Einwucherung als durch Quertheilung und darauf folgende Neubildung der Stütz- lamelle vor sich zu gehen. Letztere erscheint an der stark wuchernden Spitze, weil sie ja stets selbst in stetem Wachsthum begriffen ist, von geringer Mächtigkeit und Konsistenz, bietet also den einwuchernden Ektodermzellen kein wesentliches Hindernis. Fig. 7 ist ein Querschnitt durch eine Knospe von etwa ent- sprechendem Alter und die Spitze eines schon mehrere Gentimeter hohen geschlechtsreifen Stöckchens. Der Schnitt trifft nur die unteren Grenzen der verdickten Ektodermkuppe. Man sieht, dass auch noch hier das Entoderm der Knospe aus wenigen lockeren Zellen besteht, die ein großmaschiges Gewebe bilden, die Stützlamelle ist sehr dünn, an mehreren Stellen sehen wir Zellkerne des Ektoderms gerade auf resp. in ihr liegend. Ein ganz ähnliches Bild bietet auch auf diesem Schnitt die Wand der ganzen Stammspitze, von der die Knospe ent- springt, auch hier sehen wir wie auf Fig. 8 das Ektoderm verdickt, das Entoderm großzellig, ohne Anzeichen reger Zelltheilung. Die Stütz- lamelle ist im ganzen Umfange des Schnittes sehr dünn, einige Kerne von Ektodermzellen liegen hart an ihr. Ähnliche Bilder auf Längs- schnitten haben mich bewogen anzunehmen, dass auch hier an der Stammspitze eine solche Neubildung des Entoderms aus dem verdick- ten rege wuchernden Ektoderm stattfindet; man könnte sie desshalb, resp. ihr verdicktes Ektoderm, mit der Vegetationsspitze einer Pflanze vergleichen. Beim weiteren Wachsthum wölbt sich die Knospe zu einem halb- kugeligen Gebilde vor, während die Entodermbildung durch Einwuche- rung so lange fortgesetzt wird, bis das Entoderm als solider Zapfen die Hervorwölbung ausfüllt. Die Stützlamelle, die übrigens nie ganz ver- schwunden war, wird neu gebildet, das junge Entoderm legt sich in einfacher Schicht der Innenseite der fingerförmig auswachsenden Knospe an. Gleichzeitig mit der Ausbildung des Köpfchens an der Spitze wird in der Mitte des Stieles das Nematophor angelegt. Zuerst ist es als kegelförmige Verdickung des Ektoderms an der Stelle sichtbar, während das Entoderm darunter sich theilnahmslos verhält und die Stützlamelle 374 Albert Lang, geradlinig darunter verläuft. Ich glaube auf Grund dieser Beobachtung annehmen zu dürfen, dass der aus wenigen Zellen bestehende Ento- dermfortsatz, der in.dem ausgebildeten Nematophor nachzuweisen ist, nicht durch spätere Ausstülpung des Entoderms in die kompakte Ekto- dermverdickung entstanden ist, sondern analog der Entodermbildung in der Knospe durch Differenzirung aus Ektodermzellen unter Neubil- dung der Stützlamelle, welch letztere bekanntlich den rudimentären Entodermfortsatz völlig vom Ektoderm abschließt. Zu einem absolut sicheren Resultat bin ich übrigens bei der Untersuehung der Knospung der Nematophoren nicht gekommen. Was nun die Knospung der Gonangien resp. Blastostyle am Stamm von Plumularia betrifft, so konnte ich die Angaben Weısmann’s über ihre erste Anlage nur bestätigen. Jedoch den Modus der Entodermbil- dung glaube ich auf denselben zurückführen zu können, den ich oben für die Hydranthenknospung festgestellt habe. Fig. 9 ist der Quer- schnitt einer Knospe, die der in Fig. 3, Taf. VII aus Weısmanw’s Hydro- medusenwerk (1) im optischen Längsschnitt abgebildeten Knospe ungefähr entspricht. Die veränderten Ektodermzellen, welche die » Ektodermkuppe« bilden, haben das Perisark aufgelöst bis auf die innerste jüngste Schicht, die die Knospe umgiebt und zum Gonangium wird. Letztere hat sich schon ein wenig durch die Öffnung im Perisark vorgewölbt, »bis hierher, beschreibt nun Weısnann weiter, verhielt sich das Entoderm fast theilnahmslos, nun aber wölbt es sich nach außen vor und wächst bald als ein kleiner, zuerst noch solider, bald aber hohler Zapfen in die Ektodermkuppe hinein. Damit ist dann eine zweischichtige Hohlknospe hergestellt, wie sie die Grundlage aller Cölenteratenindividuen bildet« u. s. f. Fig. 9 ist ein Querschnitt durch eine etwas jüngere, männliche Gonangienknospe wie die von WEISMANN abgebildet. Man sieht, dass die stark verdickte Ektodermkuppe durch das Perisark hindurchgedrungen ist und außerhalb desselben schon einen flach halbkugeligen Vorsprung bildet. Auch innerhalb des Peri- sarks ist das Ektoderm rechts und links von der Durchbruchsstelle verdickt, die schmalen lanzettförmigen Zellen verlaufen hier in ge- schweiften Zügen, ihre Abgrenzung gegen die kleinen. polygonalen Ektodermzellen des Coenosarkrohres ist keine scharfe. Man sieht an der Grenze Übergänge der letzteren in die langen Zellen des » Ekto- dermwalles« und der Ektodermkuppe. Unter dieser letzteren sieht man gerade in der Mitte eine Gruppe von drei schmalen langgestreck- ten Zellen liegen, die ganz den Typus der Zellen der Ektodermkuppe haben, ich glaube, dass diese auch der letzteren entstammen und hier an der Spitze der Knospe durch die Stützlamelle auf die Entodermseite Über die Knospung: bei Hydra und einigen Hydropolypen. 375 durch Einwucherung gelangt sind. Diese meine Deutung wird noch unterstützt durch die Thatsache, dass zwischen diesen Zellen und denen der Ektodermkuppe die Stützlamelle aufgelöst erscheint und auch in ihrer Nähe nur als ganz feine Linie nachweisbar ist, eine Veränderung, die durch das gleichmäßige Wachsthum beider Blätter an dieser Stelle nicht zu erklären wäre; außerdem zeigen gerade diese Zellen einen anderen Habitus als die kurzen eylindrischen Entodermzellen, die die Hodenzellen überziehen, die bereits den eingeschobenen Zellen weichend in zwei Gruppen gesondert rechts und links im Entoderm des CGoenosarks liegen. Wären die erwähnten Zellen, die ich mir aus dem Ektoderm der Knospe herstammend denke, wuchernde Entodermzellen, so müsste man ihnen überdies einen so energischen Drang zumuthen, in die Knospe zu gelangen, dass sie von außen her sich durch die Hoden- anlage gedrängt hätten, die vorher hier direkt der Stützlamelle auf- lag. Ihnen zur Seite liegen im Ektoderm einige Zellen, die anscheinend eben durch Quertheilung entstanden im Begriffe sind, ihrem Beispiel zu folgen. | Während nun das Ektoderm der Knospe unter stetem Wachs- thum, wohl auch mit Beihilfe der Zellen des sog. » Ektodermwalles« seine Oberfläche ständig vergrößert, wölbt es sich durch die Öffnung ' des Perisarks mehr und mehr heraus. Gleichzeitig wuchern von seinen nach innen liegenden Zellen weitere ein, und dann entsteht aus der Anfangs soliden Anlage durch einreihige Anordnung des jungen Ento- derms und dadurch hervorgerufene Spaltbildung eine hohle, gastrula- ähnliche Knospe. Die Knospung von Hydra. Es sei mir erlassen, hier eine historische Aufzählung der Hydra- litteratur zu geben, es ist dies von Nusssaun u. A. (vgl. Litt.-Verz.) aus- führlich geschehen, außerdem läuft die Beschreibung der Knospung der Hydren bei allen Autoren seit Tremsrey’s und Rozser’s Zeiten ungefähr darauf hinaus, dass dieselbe auf einer Ausstülpung der Leibeswand an bestimmten Stellen beruhe. Ich glaube, dass man sich mit dieser Deutung bislang desshalb beruhigte, weil junge Knospen bei nicht eingehender Untersuchung auf Schnitten auf eine von vorn herein zweischichtige Knospenanlage ‚schließen lassen, und’ die ersten ein- leitenden Vorgänge überhaupt noch nicht einer histologischen Unter- suchung unterzogen worden sind. Ich möchte nur auf eine neuere Arbeit eingehen, in welcher die ersten ‚Vorgänge der Knospung etwas eingehender berührt werden, es ist die Marsnaur’s (s. Litt.-Verz. 2). Marsuarz schildert die Knospung 376 Albert Lang, seiner Hydra viridis folgendermaßen: »An der Stelle, wo die Knospe sprossen wird, verdickt sich zunächst das Ektoderm, ob freilich unter Vermehrung und Neubildung von Geweben ließ sich nicht konstatiren. Nothwendig scheint mir dies durchaus. nicht zu sein, denn bei den jungen Hydren sehen wir derartige Tuberkeln kommen, verschwinden und wiederkommen, wobei sicher nur Kontraktionsmomente in Wirkung treten und nicht etwa plötzliche Neubildung und eben so plötzlicher Schwund der Gewebe stattfindet. Nachdem der Tuberkel einige Zeit unverändert bestanden hat, bemerkt man, wie unter ihm das Entoderm sich gleichfalls hervorwölbt und weiter wachsend das Ektoderm vor sich hertreibt, bis das ganze Tuberkel die Form einer auf dickem Stiel sitzenden Kugel angenommen hat« ete. Diese Darstellung der Knospung von Hydra modifieirt die früheren dahin, dass das zur Ausstülpung führende Wachsthum der beiden Schichten der Leibeswand nicht von vorn herein gleichmäßig ist, sondern dass erst das Ektoderm verdickt wird, während das Entoderm sich noch theilnahmslos verhält und sich erst etwas später beim Aufbau der Knospe betheiligt. Allerdings dürfte die Deutung dieser Vorgänge als Folgen von Kontraktions- momenten eine durchaus unrichtige und nur dadurch veranlasst sein, dass MArsuart nicht auf Schnitten untersuchte, denn sonst wäre ihm wohl’ nicht entgangen, dass die Ektodermverdickung durch starke Zell- wucherung hervorgerufen wird. Fast jeder Schnitt durch eine ganz junge Knospenanlage weist im Ektoderm unzweifelhaft eine rege Theilung der sogenannten intersti- tiellen Zellen auf, kenntlich durch die außerordentliche Häufigkeit mitotischer Kerntheilungsfiguren. Die Knospungszone von Hydra grisea (vgl. Nusssaum, 48) — von dieser sind Schnitte in meinen Abbildungen gegeben, und dieser habe ich mich auch bei der Untersuchung der Knospung hauptsächlich be- dient — befindet sich an der Grenze zwischen Magentheil und Fuß. Es entstehen die ersten zwei Knospen immer sich (in einer Median- ebene) gegenüberstehend; jedoch sind sie selten gleichalterig. Mehr als vier Knospen habe ich an keiner der von mir untersuchten Hydren gefunden. Das kreisförmige Areal der Knospe hat einen Durchmesser von circa 0,6 mm, ist von der übrigen Körperfläche scharf abgegrenzt und schon in den ersten Stadien der Ektodermverdickung durch dunklere Färbung kenntlich. Um bei der Orientirung der Schnitte, besonders der Längsschnitte, ganz sicher zu gehen, wählt man solche Individuen, die schon eine ältere halbkugelig oder fingerförmig her- vortretende Knospe tragen und ihr symmetrisch eine von gewünsch- tem Alter zur Entwicklung bringen. Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 3717 Die Ektodermverdiekung kommt, wie schon erwähnt, durch leb- hafte Wucherung des interstitiellen Gewebes zu Stande, wobei zu be- merken ist, dass ganze Zellgruppen desselben im gleichen Stadium der Mitose angetroffen werden. Die Wucherung schreitet, ohne dass irgend welche Veränderungen im Entoderm wahrgenommen werden, so lange fort, bis das Ektoderm ungefähr das Doppelte seiner normalen Dicke erreicht hat (vgl. Fig. 10). Das absolute Diekenwachsthum ist natürlich nicht zu konstatiren, da die Thiere bei der Konservirung sich in ver- schiedenen Kontraktionszuständen befinden. Das verdickte Ektoderm ist, wie man auf Schnitten sieht (vel. Fig. 40) gegen das Ektoderm des Körpers deutlich abgesetzt, ein Beweis, dass nur die interstitiellen Zellen des Knospenareals resp. der Knospungs- zone bei der Wucherung betheiligt sind; ein Hinwandern von benach- barten Zellen ist also auszuschließen. Letzteres wäre ja auch über- - flüssig, da die interstitiellen Zellen, wie gesagt, in so reger Theilung begriffen sind, dass sie in Kürze eine beträchtliche Verdickung hervor- bringen müssen. Hat die Verdickung des Ektoderms oben erwähnten Grad erreicht, so geht an ihrem distalen Pol (resp. in der Mitte der Knospenanlage) eine merkwürdige Veränderung der Stützlamelle vor sich. Sie ist näm- lich hier nicht mehr als scharf kontourirte Lamelle sichtbar, sondern scheint völlig aufgelöst zu sein. Ein Querschnitt durch die Mitte eines solchen Stadiums der Knospung (normal zur Medianebene) zeigt, dass mit dieser Veränderung der Stützlamelle auch Veränderungen im Ekto- derm und darunter liegenden Entoderm Hand in Hand gegangen sind (Fig. 11). Diese werden augenscheinlich dadurch hervorgerufen, dass aus den Gruppen interstitieller Zellen resp. junger Ektodermzellen, wie wir sie füglich nennen können, einige, die-hart an der Stützlamelle lagen, sei es passiv durch den Druck ihrer weiter wuchernden Nach- barzellen, sei es aktiv durch Wanderung durch dieselbe in das Ento- derm eingedrungen sind. Letzteres ist schon vorher durch die Auflösung der Stützlamelle in seinem Zellverband gelockert worden, und nun werden seine Zellen durch die eindringenden Zellen des interstitiellen Gewebes allmählich gegen die Magenhöhle vorgedrängt (vgl. Fig. 11). Letztere werden in der Folge zu dem Entoderm der Knospe. Dass sie wirklich dem interstitiellen Gewebe entstammen, dafür bürgt schon der Umstand, dass im Entoderm bis zu diesem Stadium der Knospung in keinem Falle Zelltheilungen beobachtet wurden. Dann aber sind diese jungen resp. indifferenten Ektodermzellen durch Größe und Bau so von den übrigen Ektodermelementen und von den Entodermzellen so verschieden, dass eine Verwechslung absolut ausgeschlossen ist; die 378 Albert Lang, Größendifferenz ist aus Fig. 11 ersichtlich. Außerdem zeigen ihre Kerne einen anderen Habitus, als die der Entodermzellen: denn abgesehen von ihrer weit geringeren Größe zeigen sie in der Anordnung des . Ghromatins im ruhenden Zustand auffallende Unterschiede. Während nämlich bei den Ekto- und Entodermzellen das Chromatin peripher gelagert ist, zeigen die Kerne dieser Zellen gleichmäßig vertheilte dicht gelagerte Chromatinkörnchen und ist das (resp. die beiden) Kern- körperchen meist nicht gut sichtbar. Überdies tingiren sie sich stärker als die Kerne des Ekto- und Entoderms. Ihre Umwandlung in typi- sche Entodermzellen vollzieht sich successive, anscheinend in der Reihenfolge, wie sie durch die Stützlamelle eingewandert sind, und ist besonders an der Veränderung ihrer Kerne zu verfolgen. Dass sie nicht lediglich einem mechanischen Druck folgend in das Entoderm kamen, ist schon daraus zu ersehen, dass in diesem Fall entweder ein Zerreißen der Stützlamelle erfolgen müsste, oder die Zellen müssten, wenn die Stützlamelle vorher aufgelöst wäre, in größerer Anzahl zu gleicher Zeit hineingedrängt werden. Beides ist nicht der Fall. Wohl aber weisen zipfelförmige, bald spitze, bald abgerundete Ausläufer ihres Plasmakörpers darauf hin, dass sie sich in einer Art amöboider Bewe- gung befanden (besonders wenn sie in der Nähe der Stützlamelle oder in dieser liegen). | Die Einwanderung der Zellen beginnt, wie oben erwähnt, in der Mitte der Ektodermverdickung und schreitet allmählich fort, so lange bis das Ektoderm dort wieder auf seine normale Mächtigkeit reducirt ist. Hier bildet sich dann die Stützlamelle wieder neu, ehne allerdings vorerst die ursprüngliche Dicke zu erlangen. Die Wucherung des interstitiellen Gewebes dauert noch fort, auch an den weiter außen gelegenen Epithelzellen des Ektoderms wird Zelltheilung häufig beobachtet, da während der Bildung des Entoderms eine ständige zu stärkerer Hervorwölbung der Knospe führende Ober- flächenvergrößerung stattfindet. Auch Nesselkapselbildungszellen wer- den in diesem Stadium häufig im Ektoderm gesehen, wie der Schnitt Fig. 11 zeigt auf allen möglichen Entwicklungsstufen. Indem nun die Einwucherung resp. Einwanderung auch seitwärts, ober- und unterhalb der Spitze fortschreitet, wie dies schon auf Fig. 11 angedeutet ist, erhält die Knospe die Form eines zweischichtigen, noch soliden, kegelförmigen Zapfens. Fig. 12 ist ein Medianschnitt durch ein solches Stadium. Solche Stadien, die, weil sie noch nicht stark über die äußere Körperfläche hervorragen, noch sehr jung erscheinen, haben zur bisherigen Deutung der Knospung von Hydra Anlass gegeben, wo- nach die Knospe durch gleichzeitiges Wachsthum beider Blätter der Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 379 Leibeswand entständen und in einer anfänglich massiven, später durch Divertikelbildung von der Magenhöhle her hohl werdenden Ausstülpung bestände. Dieser Deutung widerspricht aber auch noch auf diesem Stadium (wo sich die Stützlamelle schon wieder neugebildet hat) die That- sache, dass es nicht Entodermzellen, sondern solche des interstitiellen Gewebes sind, die das Entoderm der Knospe in der jüngsten der Stütz- lamelle zunächstliegenden Schicht bilden, wie man hier nach dem Habi- tus derselben leicht konstatiren kann. Auch ist hier (Fig. 12 En”) das alte Entoderm des Magentheils, welches von den einwandernden Zellen vorgedrängt worden ist, noch vorhanden und liegt zu einem Klumpen geballt in der Knospe, noch lose mit dem Entoderm derselben zusammenhängend. Indem nun die Reste des alten Entoderms nach und nach resorbirt werden und das junge Entoderm der Knospe sich beim weiteren raschen Wachsthum des Ektoderms diesem einschichtig anlegt, entsteht in der Knospe der Gastrovascularraum. An der Umbiegungsstelle der Knospe, d.h. am ganzen Rand des Knospenareals, ist das Ektoderm noch verdickt und hier findet noch Entodermbildung statt. Fig. 13 zeigt einen Schnitt durch die untere Grenze der Knospe; man sieht, dass hier die Einwanderung der interstitiellen Zellen noch im Gange ist, und könnte diesen Schnitt für einen durch die Spitze einer jungen Knospe gehenden halten, die eine Zwischenstufe bilden würde zwischen den zwei in Fig. 10 und Fig. 1 gegebenen Stadien, die man mit Stadium I und II der Knospung be- zeichnen könnte. ; Die Anlage der Tentakeln geschieht durch Wachsthum beider Körperschichten der Knospe, und zwar entsteht erst eine kleine warzenförmige Ausstülpung, in welcher schon Anfangs die interstitiellen Zellen fehlen. Allgemeiner Theil. Fassen wir die Erscheinungen bei der Knospenbildung der vier untersuchten Formen von Hydropolypen zusammen, so zeigen sie das Gemeinsame, dass die Knospe nicht, wie man bisher glaubte, eine Aus- stülpung der gesammten Leibeswand an einer bestimmten Stelle ist, sondern dass sie von dem äußeren Blatt des Mutterthieres allein gebildet wird, Der Vorgang der Knospung ist also, um zu rekapituliren, folgen- der: Zuerst verdickt sich das Ektoderm an der für jede. Art fest be- stimmten Knospungszone. Die Verdickung beruht auf einer regen Theilung der Ektodermzellen, bei Hydra und Eudendrium auf der Theilung der sogenannten indifferenten, .oder interstitiellen Zellen des 380 Albert Lang, Ektoderms. Die Quertheilung ist anscheinend vorherrschend (Hydra, Plumularia). Eingeleitet wird sie durch mitotische resp. indirekte Kern- theilung, direkte wurde in keinem Falle beobachtet. Die Wucherung des Ektoderms schreitet einige Zeit fort, ohne dass Veränderungen im Entoderm des Knospenareals vor sich gehen. Nachdem die Ektoderm- verdiekungeine gewisse Mächtigkeit erreicht hat, beginnen die der Stütz- lamelle zunächst liegenden Zellen (vermuthlich auf den entstehenden Druck reagirend) dieselbe aufzulösen und durch sie hindurch zu wandern. Diese auf die Entodermseite der Stützlamelle gelangten Zellen und die ihnen nachfolgenden bilden dann das Entoderm der Knospe. Zwischen ihnen und dem weiter wuchernden Ektoderm bildet sich die Stützlamelle wieder neu. Bei Hydra und Eudendrium ramosum werden auf Schnitten häufig Zellen gefunden, deren Plasmafortsätze unzweifelhaft auf amöboide Eigenbewegung hinweisen. Bei Plumularia scheint letztere beschränkt zu sein und die Entodermbildung dadurch zu Stande zu kommen, dass sich zwischen den meist durch Quertheilung stark vermehrenden Ektodermzellen die Stützlamelle neu bildet und so das aus dem Ektoderm entstandene Entoderm der Knospe von jenem trennt. Wir werden weiter unten sehen, dass sich auch für diesen Modus der Ektodermbildung eine Parallele in der Embryonalent- wicklung findet. Das Entoderm des Coenosarks an der Knospungsstelle wird durch das junge Knospenentoderm vorgeschoben und theils von diesem, theils von dem des benachbarten Entodermzellen-Coenosarkrohres allmählich resorbirt. Wahrscheinlich meist von dem ersteren, denn die jungen Entodermzellen, die bei der Einwanderung einen minimalen Plasma- körper besitzen, wachsen in überraschend kurzer Zeit zu der Größe typischer Entodermzellen heran. Es werden, wie man bei Hydra gut beobachten kann, nur be- stimmte Zellen des verdickten Ektoderms zur Entodermbildung ver- wandt, andere werden Nesselkapsel-Bildungszellen oder auch Epithel- Muskelzellen. Ein Theil von ihnen bildet fernerhin das interstitielle Ge- webe der Knospe. Die Gastralkavität der Anfangs massiven zweischichtigen Knospe wird dadurch gebildet, dass, nachdem das alte Entoderm unter der Knospe abgestoßen ist, innerhalb des soliden Haufens der eingewan- derten Ektodermzellen ein Spaltraum entsteht, indem sich dieselben allmählich einschichtig an die Stützlamelle resp. an das Ektoderm der Knospe anreihen. Gleichzeitig wölbt sich die Knospe durch fortgesetzte Zelltheilung im Ektoderm immer weiter hervor. |Und jetzt erst beruht A E 3 EEE 3 Ve Zu Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen, 381 das weitere Wachsthum der Knospe auf der gleichmäßigen Vergröße- rung und daraus resultirenden Ausstülpung beider Keimschichten. Vergleichen wir die Knospenbildung der Hydropolypen mit ihrer Embryonalentwicklung, so finden sich auffallende Parallelen. Für das Furchungsstadium finden wir allerdings bei der Knospung kein Homo- logon ; denn wir sahen, dass die Ektodermverdickung, das erste Stadium der Knospung, nicht von einer Ektodermzelle ausgeht, sondern durch gleichzeitige Theilung vieler Ektodermzellen zu Stande kommt. Wir müssen also schon das Ektoderm des Knospenareals dem Blastoderm homolog setzen und die Ektodermverdickung als Einleitung zur Ento- dermbildung ansehen. Die letztere erscheint natürlich im Vergleich mit der Entodermbildung im Embryo modificirt, erstens dadurch, dass die einwandernden Zellen die Stützlamelle durchdringen müssen und zweitens dadurch, dass das alte Entoderm entfernt werden muss. Außerdem steht das Ektoderm der Knospungsstelle in seiner histolo- gischen Differenzirung nicht mehr auf der primitiven Stufe, wie das Blastoderm und nicht jede seiner Zellen ist noch indifferent genug eine Entodermzelle zu werden, wie oben gezeigt wurde. Im Übrigen verläuft die Entodermbildung in der Knospe, so weit man entscheiden kann, ganz ähnlich, wie in der Embryonalentwicklung. Bekanntlich wird das Entoderm bei den Hydroiden entweder durch hypotrope (einseitige), oder multipolare (allseitige) Einwanderung der Blastodermzellen gebildet. Bei den Hydropolypen, deren Larven sich bald, nachdem sie frei werden, festsetzen (und solche Formen sind hier untersucht worden), herrscht der letztere Modus vor mit seinen zwei Modifikationen, der primären und sekundären 'Delamination (vgl. METScHNIKoFF, Litt.-Verz. 17). Sehen wir nun das Knospenareal der ganzen Blastula, nicht nur deren unterer Hälfte gleichbedeutend an, so entsteht das Entoderm in den Knospen der drei untersuchten Formen von Hydropolypen ohne Zweifel durch multipolare Einwanderung von Ektodermzellen; denn, obwohl die Zellen zuerst am distalen Pol der Knospe einzuwandern be- ginnen, erstreckt sich die Einwanderung späterhin auf das ganze vor- her verdickte Knospenareal. Auch bei Plumularia erfolgt die Ein- wucherung der Ektodermzellen von der ganzen verdicekten Ektoderm- kuppe her, doch hatte es in einzelnen Fällen den Anschein, als ob sich die Stützlamelle zwischen den durch Quertheilung entstandenen, leb- haft wuchernden Ektodermzellen neugebildet hätte, eine Entoderm- bildung, die Merscunikorr (l. c.) als primäre Delamination kennzeichnet. Es müsste jedoch erst untersucht werden, wie die Bildung des Entoderms in der Embryonalentwicklung von Plumularia echinulata vor sich geht, 382 ; Albert Lang, bevor man auf einen Vergleich näher eingehenkann. Übrigens scheinen mir die Modifikationen der multipolaren Einwanderung keine wichtige Rolle zu spielen, da bald die eine bald die andere oft bei ganz nah verwandten Formen auftreten. | Bei Hydra wird nach den neuesten Untersuchungen von BRAUER (Litter.-Verz. 14) das Entoderm in der Embryonalentwicklung durch multipolare Einwanderung von Blastulazellen gebildet; nach unserer Schilderung, und wenn wir die junge Knospe der Blastula homologisiren können, kann kein Zweifel sein, dass derselbe Modus der Entoderm- bildung auch in der Knospung vorliegt. Allerdings sind es bei Hydra und Eudendrium die sog. interstitiellen Zellen, d. h. indifferente Ekto- dermzellen, die das Entoderm aufbauen; dieselben sind aber, wie Brauer bei Hydra dargelegt hat, aus dem Ektoderm entstanden und haben die indifferenten Eigenschaften der embryonalen Blastoderm- zellen beibehalten. Aus ihnen können ja bekanntlich bei Hydra außer Entodermzellen auch Nesselkapselbildungszellen und, wie ich glaube, auch Epithel- und Muskelzellen werden. Über die embryonale Ento- dermbildung bei Eudendrium racemosum und ramosum finde ich keine genauen Angaben; bei verwandten Arten ist multipolare Einwanderung nachgewiesen, welcher Modus, wie oben gesagt, auch bei der Knospung nachweisbar ist. Das Planula- resp. Parenchymulastadium der Embryonalent- wicklung in dem mit Stadium III bezeichneten Knospungsstadium, auf welchem die Knospe zweischichtig geworden ist, während die Stütz- lamelle noch nicht vollständig neu gebildet und die Gastralhöhle noch nicht vorhanden ist, Letztere wird in analoger Weise wie im Embryo gebildet. Es entsteht ein Spaltraum im Entoderm dadurch, dass sich die Entodermzellen, wie oben schon erwähnt, allmählich einschichtig an das immer weiter wachsende und sich hervorwölbende Ektoderm an- ordnen. In der Knospe bleibt die Gastralkavität noch einige Zeit mit alten noch nicht vollständig resorbirten Entodermzellen angefüllt. Sollten die bei den untersuchten Hydropolyen gemachten Befunde für die Knospungsvorgänge aller Gnidarier und vielleicht aller Coelen- teraten gelten, so dürfte die Entstehung der Knospung bei den Coelen- teraten phyletisch auf das Blastulastadium zurückzuführen sein, oder kürzer, aus der unvollständigen Theilung der Blastula hervorgegangen sein. Bisher hat man die Knospung bekanntlich als unvollständige Theilung im vollständig entwickelten Zustande angesehen, auf Grund der falschen Voraussetzung, dass sich beide Blätter von vorn herein beim Aufbau der Knospe betheiligten. Eine unvollständige, mehrfache Theilung der Blastula ist uns noch r ; E , Über die Knospung bei Hydra und einigen Hydropolypen. 383 F bei Oceania armata erhalten (Mrrscanikorr, ]. c.) und es ist anzunehmen, dass eine solche auch noch bei anderen Formen vorkommt. Die Theilung der Blastula kann ihrerseits wieder auf die ungeschlechtliche Fortpflan- zung einer hypothetischen, blastulaähnlichen Stammform der Coelentera- ten hinweisen, die sich im Blastulastadium der letzteren atavistisch er-" halten hätte. | Ursprünglich wird die Knospungsfähigkeit an allen Stellen des Ektoderms des Hydroidenkörpers vorhanden gewesen sein, da sich ja die Blastula nach verschiedenen Richtungen unvollständig theilen kann (wie das Beispiel der durch unvollständige Theilung unregelmäßig ge- lappt erscheinenden Blastula von Oceania zeigt). Später hat sich wahr- scheinlich die Fähigkeit der unvollständigen Theilung und die daraus entstandene Knospungsfähigkeit im Interesse der regelmäßigen Stock- bildung auf bestimmte Stellen oder Knospungszonen beschränkt. Die Stockbildung musste natürlich zur Erreichung des Gleichgewichts und Ernährung der einzelnen Individuen regelmäßig werden. An den Knos- pungszonen also hat das Ektoderm den embryonalen Charakter des Bla- stulaepithels, vor Allem die Fähigkeit neues Entoderm zu bilden, bewahrt. In ähnlicher Weise erklärt sich nach SerLicer (Litt.-Verz. 5 und 6) die Knospenbildung der Bryozoen, mit dem Unterschied allerdings, dass nach seinen Untersuchungen sich auch Elemente des Mesoderms des Mutterthieres am Aufbau der Knospe betheiligen. SEELIGER nimmt an, dass die Knospung bei den Bryozoen auf embryonale Doppelbildung zurückzuführen ist, eine Deutung, die sich wohl mit der oben von der Knospung der Coelenteraten gegebenen gut vereinen ließe, wenn auch eine embryonale Doppelbildung immerhin als Abnormität zu betrachten ist, während sich die Theilung auf dem Blastulastadium, einer allen Me- tazoen gemeinsamen Entwicklungsstufe, ungezwungen als ein atavistisch auftretender Fortpflanzungsmodus einer blastulaähnlichen Vorfahren- form auffassen lässt. Ganz verschieden von diesen Knospungserscheinungen ist die Knospung und Sprossung bei den Anneliden und die Strobilation der Skyphopolypen und Tänien. Hier betheiligen sich alle Keimblätter des Mutterthieres am Aufbau der Tochterindividuen, eine Thatsache, die mit Recht zu der Annahme geführt hat, dass dieser Modus der Knospung aus der Regenerationsfähigkeit hervorgegangen ist. Die Knospung der Salpen, so weit wir bis jetzt Kenntnis von ihr haben, kann mit keiner von den genannten Knospungserscheinungen in Zusammenhanggebracht werden und scheint nach anderen Gesetzen vor sich zu gehen. Freiburg i/B., November 1891. Zoolog. Institut der Universität. 384 Albert Lang, 1. 2. [>14 21 ‚Litteraturverzeichnis. WEISMANN, Die Entstehung der Sexualzellen der Hydromedusen etc. Jena 1883, MaARsHALL, Über einige Lebenserscheinungen der Süßwasserpolypen etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXV1. 0. SEELIGER, Die Knospung der Salpen. Jen. Zeitschr. Bd. 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Tafel XVII, K, Knospe; NBz, Nesselkapsel-Bil- En”, eingewanderte Ekto- Ek, Ektoderm;; dungszellen; dermzelle; St, Stützlamelle ; Nk, Nesselkapsel ; En"”', abgestoßene Ento- P, Perisark; KGr, Knospengrenze; dermzelle des Coeno- En, Entoderm ; En’, einwandernde Ekto- sarks; IZ, interstitielle Zellen; dermzelle; EkW, Ektodermwall ; EkK, Ektodermkuppe. Eudendrium. Fig. 1. Querschnitt durch einen Hydranthenstiel mit Knospe von Eudendrium ramosum. Vergr. 240. *, Eizelle. Fig. 2. Mittlerer Querschnitt durch eine Hydranthenknospe von Eudendrium racemosum. Vergr. 240. Fig. 3. Mittlerer Querschnitt durch eine Hydranthenknospe von Eudendrium ramosum. Vergr. 240. Fig. 4. Mittlerer Querschnitt durch dieselbe Hydranthenknospe unter der Spitze der Knospe. Vergr. 240. Fig. 5. Seitlicher Längsschnitt durch eine Knospe von Eudendrium racemo- sum. Vergr. 240. Fig. 6. Medianer Längsschnitt durch dieselbe Knospe. Vergr. 240. Plumularia. Fig. 7. Querschnitt durch die Stammspitze von Plumularia echinulata mit einer Knospe K. Vergr. 240. Fig. 8. Längsschnitt durch eine solche mit gleichalteriger Knospe. Vergr. 240. Fig. 9. Querschnitt durch eine Gonangienknospe von Plumularia echinulata. Bei + acht einwandernde Ektodermzellen. Vergr. 240. Hydra. Fig. 40. Längsschnitt durch eine junge Knospe von Hydra grisea. K’, obere Grenze des Knospenareals; K”, untere Grenze desselben. Vergr. 240. Fig. 44. Querschnitt durch eine etwas ältere Knospe von Hydra grisea. IZ+ interstitielle Zellen in Theilung,. Fig. 12. Querschnitt durch eine noch ältere Knospe von Hydra grisea. Vergr. 420. Fig. 43. Querschnitt durch dieselbe Knospe, welcher dieselbe unter der Spitze trifft. Fig. 14. Schematische Darstellung der Knospung. a, I. Stadium, Ektodermverdickung; b, Il. Stadium, beginnende Einwanderung; c, III. Stadium, junge Knospe ohne Gastralhöhle ; d, IV. Stadium, Bildung der Gastralhöhle. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd, 93 Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Von H. von Ihering (Rio Grande do Sul). — Mit Tafel XVII und XIX. (Erster Theil.) Was ist Helix? Jeder, der sich in der heimischen Natur nur ein wenig zu orientiren sucht, glaubt es zu wissen, und doch vermag kein Zoologe es zu definiren! Sagen wir es gleich ehrlich heraus: Helix ist bisher ein Sammelsurium mehr oder minder ähnlicher Schalen, deren Preirrer 1877 schon über 3400 aufzählte. Wohl haben Scanipr, Moguın-TanDon, SEMPER und viele Andere versucht, einzelne kleinere Gruppen näher unter sich verwandter Arten zusammenzufassen, aber vielerlei dabei begangene Missgriffeund zu Tage getretene Widersprüche, Differenzen ernstester Art in der morphologischen Deutung, die denn auch zu offenbaren Irrthümern in der Systematik führten, haben ein solches Misstrauen in die Berechtigung der Verwerthung anatomischer Resultate für die Systematik erzeugt, dass noch bis auf den heutigen Tag die Schale die Grundlage bildet für die Familie der Heliciden. Klar spricht diesen Standpunkt z. B. P. Fiscuer! aus, wenn er sagt: »(Juant aux organes genitaux, ils montrent chez les Helix toutes les varietes possibles et ne doivent.pas &tre pris en grande consideration pour la classification.« Im Gegensatze dazu bin ich von Jahr zu Jahr mehr von der Wich- tigkeit der Genitalorgane für die Systematik der Heliceen überzeugt worden, und so soll die vorliegende Arbeit zeigen, in welcher Weise morphologisch der Genitalapparat der Nephropneusten sich darstellt, und welche Hilfe derselbe für die systematische Abgrenzung der Familie der Helieiden darbietet, sowie für die weitere Eintheilung der Familie. Es ist mir, der ich von Kindheit an Gonchyliologe und somit nicht ge- ! Manuel de Conchyliologie. Paris 1887. p. 470, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 387 neigt bin die Bedeutung der Schalencharaktere zu unterschätzen, eine besondere Genugthuung, zu sehen, dass schließlich doch die anato- mische und die conchyliologische Richtung in der Systematik zu über- einstimmenden Resultaten führen, dass da, wo sie in Widerspruch stehen, entweder eine verkehrte Interpretation der anatomischen That- sachen oder eine Täuschung bezüglich der Ähnlichkeit in den Schalen vorliegt. Der Werth der Schale für die Beurtheilung der verwandt- schaftlichen Beziehungen verschiedener Genera ist eben in den ver- schiedenen Gruppen des Systems ein sehr ungleicher, und gerade unter den helixartigen Nephropneusten und unter den Zonitiden ist er ein ziemlich beschränkter, so dass man sehr bestimmt versichern darf, dass ohne die Hilfe und Kontrolle der Anatomie in diesen Familien eine zu- verlässige systematische Anordnung unmöglich wäre. Schon die Über- einstimmung der Lebensweise, wie siez.B. der Gegensatz zwischen den Bewohnern sonniger Kalkfelsen und schattiger Laubwaldungen uns ver- anschaulichen kann, drückt oft Angehörigen verschiedener Gattungen ein gleichmäßiges Gepräge auf, das bei einseitig conchyliologischer Be- trachtung nur zu leicht die begangenen Irrthümer erklärt. Anatomische Einzelbeobachtungen haben sich nachgerade auch über den Genitalapparat der Heliceen in Fülle angesammelt, aber beim Mangel einer vollkommenen Durcharbeitung des Stoffes ist der Nutzen für die Systematik ein zu geringer gewesen. In der Regel fehlt es dem Systematiker für solche Arbeit an derjenigen Sicherheit in der Ab- schätzung des Werthes anatomischer Details, wie sie doch nur viel- seitige eigene Erfahrung gewährt, und der Morphologe steht der ganzen komplieirten und schwierigen speciellen Systematik meist zu fern. Daher der jetzige unbefriedigende Zustand, der uns Bausteine schafft aber kein Bauwerk. Dass an dem hier, vorgelegten Versuche die allgemeine Morphologie des Genitalapparates und die systematische Gruppirung der echten Heliciden im Allgemeinen als zutreffend be- funden werden möge, wage ich zu hoffen. Die zahlreichen empfind- lichen Lücken, welche sich allerwärts fühlbar machen, habe ich nicht zu überbrücken sondern möglichst aufzudecken mich bestrebt, in der Hoffnung, dadurch um so eher zu ihrer Ausfüllung Anregung zu geben. Im Folgenden werde ich zunächst die Morphologie des Genital- apparates der Nephropneusten, dann die specielle Systematik des Geni- talapparates der Heliciden behandeln, um daran die Charakterisirung der Familie der Helieiden und einen Überblick über deren geogra- phische Verbreitung anzuschließen, worauf endlich im letzten Ab- schnitte die Phylogenie der Nephropneusten an der Hand der einzelnen Organsysteme erläutert werden soll. 25* 3838 H. von Ihering, I. Morphologie. Der einzige bisher unternommene Versuch, die große Menge der morphologischen Differenzen, welche sich im Genitalapparat der Ichnopoden aussprechen, unter einheitliche Gesichtspunkte zu ordnen, ist jene Theorie der vergleichenden Anatomie des Genitalapparates, wie ich sie in meinen Abhandlungen über Orthoneuren ! und über Cochlides et Ichnopodes? aufgestellt habe. Wenn ich darauf nun auch hier in erster Linie verweisen muss, so will ich doch zur Einführung auf einige der wichtigsten Ergebnisse und Probleme noch besonders hinweisen. Bei allen Ichnopoden ist eine Zwitterdrüse vorhanden und ein mehr oder minder komplicirter Leitungsapparat, welcher im Gegensatz zu den bei Cochliden bestehenden Verhältnissen keinerlei Beziehungen zur Kiemen- oder Mantelhöhle unterhält, sondern unabhängig von dieser nach außen mündet. Dieser Leitungsapparat ist bei einem Theile der Ichnopoden, zumal der Tectibranchien, einfach, aber auch dann schon besteht die Tendenz durch Rinnen- und Faltenbildung das einheitliche Lumen in zwei parallel neben einander herlaufende Gänge zu zerlegen, einen männlichen und einen weiblichen. Wenn diese Gänge sich voll- ständig von einander sondern, nur am proximalen und distalen Ende noch zusammenhängend, so ist aus dem primitiven monaulen Genital- apparate ein diauler geworden, wie er besonders typisch bei Pha- nerobranchien und Pleurobranchien ausgebildet ist. Dabei ist das um- stülpbare Ende des Vas deferens zum Penis entwickelt, der dann also pyxikaul ist, im Gegensatze zu dem weit von der weiblichen Genital- öffnung entfernten eremokaulen Penis, welcher mit der primären Genitalöffnung durch eine -Flimmerrinne oder ein von ihr sich ab- schnürendes Vas deferens verbunden ist, welch letzteres zum Unter- schiede von dem aus dem primären Genitalgang hervorgegangenen Vas deferens als Vas afferens bezeichnet werden kann. Endlich kann die Längsspaltung des primären Genitalganges noch weiter gehen und zur Zerlegung des weiblichen Leitungweges in zwei Gänge führen, einen die Eier abführenden Oviduct und einen das Sperma bei der Be- gattung aufnehmenden und daher das Receptaculum seminis tragenden Copulationsgang. Ein dermaßen der Länge nach in drei distal und ! H. v. Inerıng, Giebt es Orthoneuren? Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. p. 517 —549 und p. 527—531. ? H. v. Inerıng, Sur les relations naturelles des Cochlides et des Ichnopodes. Bull. scient, de la France p. p. A. Gıarn. Tom. XXIII. Paris 1894. p. 205— 9217, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 389 proximal zusammenhängende Gänge gespaltener Leitungsapparat wurde von mir triaul genannt. Einen triaulen Genitalapparat besitzen zwei ganz verschiedene Gruppen von Ichnopoden, die als Unterordnung den Nudibranchien zu- zurechnenden Triaula v. Ih., aus den Doriden und Phyllidiiden be- stehend, und ein Theil der Nephropneusten. Die Verhältnisse liegen aber, wie ich nachwies, bei beiden Gruppen so verschieden, dass man diese Übereinstimmung nicht direkt auf natürliche Verwandtschaft be- ziehen kann, sondern dass es sich nur um Wiederholung desselben Spaltungsprocesses des weiblichen Ausführganges in zwei verschie- denen Gruppen der Ichnopoden handelt. Wahrscheinlich ist der Penis, der bei den Doriden pyxikaul ist, bei den Nephropneusten ur- sprünglich eremokaul, und das Vas deferens der letzteren würde dann auch Theile des bei Peronia und Vaginulus wohl entwickelten Vas afferens enthalten. Das pure Faktum der Triaulie tritt solchen und vielen anderen Differenzen gegenüber an Bedeutung zurück, gleichviel ob es sich um Analogie handelt oder um Überlieferung von uralten er- loschenen triaulen Stammformen her. Das Gleiche tritt uns auch bei den »Pulmonaten« entgegen, welche von den meisten Zoologen noch als eine natürliche in Stylommatophora und Basommatophora zerlegte Ord- nung beibehalten werden. Limnaeus wie Helix haben einen diaulen Genitalapparat, und doch besteht keine volle Homologie, weil Limnaeus einen echten auch embryologisch diaulen Genitalapparat besitzt, jener der Heliceen aber embryonal aus einem triaulen hervorgeht, mithin pseudodiaul ist. Es bestätigt dies die Richtigkeit meiner Auf- fassung, welche eine Ordnung Pulmonata nicht anerkennt, weil die Lunge der Branchiopneusten eine Kiemenhöhle ist, welche bei Ancylus auch noch eine wohl entwickelte Kieme birgt, wogegen bei den Heliceen Niere und Lunge als einheitliches Organ sich anlegen, dessen proximaler Theil zur Niere und dessen distaler zur Lunge wird, ein Ergebnis, welches übereinstimmt mit den von mir aus der vergleichen- den Anatomie abgeleiteten Folgerungen. Das wären die zur Zeit vorliegenden Thatsachen, die ich nur hier speciell hinsichtlich der Nephropneusten zu erweitern beabsichtige. Es ist hier nicht meine Absicht aus der großen Anzahl unpublieirter Beobachtungen Nachträge zu geben. Nur hinsichtlich der Gattung Helix werde ich dies thun, um einmal das gesammte Material Revue passiren zu lassen und es kritisch zu ordnen. Hier habe ich nur die Absicht einige Beobachtungen mitzutheilen, welche für das theoretische Verständnis des Genitalapparates der Nephropneusten von Bedeutung sind. Zunächst kann ich ein weiteres instruktives Beispiel eines typisch 390 H. von Ihering, triaulen Genitalapparates vorlegen. Es ist, wie erwähnt, von Rouzaup und Brock nachgewiesen worden, dass der diaule Genitalapparat von Helix und Limax aus einem triaulen hervorgeht und Senper beschrieb eine Abnormität von Helix pomatia, wo der Ductus receptaculo-uterinus wohl entwickelt sich erhalten hatte. In der Regel löst sich diese Ver- bindung frühzeitig und als Rest derselben erhält sich jenes »Divertikel des Blasenstieles«, welches bei den Heliceen so weite Verbreitung be- sitzt. Ich bin überzeugt, dass dieses so oft kolbig blindsackförmig endende Divertikel in vielen Fällen nur künstlich vom Uterus los- präparirt wurde, an dem es endete. Nur Schnittserien können in solchem Falle entscheiden, ob der Zusammenhang besteht oder nicht, jedenfalls eine der nächsten Aufgaben, welche die vergleichende Anatomie des Genitalapparates der Heliceen erheischt. Von dieser zweifelhaften Kommunikation des Divertikels bei vielen Helix, Glausilia! ete. abgesehen, war ein triauler Genitalapparat bei Ariophanta raroguttata von Senper nachgewiesen worden. Da alle anderen Ariophanta-Arten diaulen Genitalapparat zeigten, handelt es sich vielleicht auch hier um eine individuelle Abnormität, einen Fall von Re- tentionsatavismus. Als regulär triaul blieben somitnurPeronia (Semr£r) und Vaginulus (SEmPER, v. IHERING), und diese beiden Gattungen sind ja in vieler Hinsicht etwas abnorm, den marinen Nacktschnecken sich nähernd. Es ist daher nöthig nachzuforschen, wie weit auch bei typischen Nephropneusten ein triauler Genitalapparat sich erhalten hat. Einen hierhin gehörigen Fall kann ich mittheilen von Zonitoides arboreus Say oder einer nahe stehenden Art. Die Schnecke, um die es sich dabei handelt, verdanke ich der Güte meines verehrten Kollegen Frırz MüLLer, welcher dieselbe bei Blumenau sammelte. Ich bestimmte dieselbe als Zonitoides nitidus Müll., also als eine importirte europäische Zonitide. Dagegen schrieb mir Dr. BoETTGER, welchem ich dieselbe mittheilte, er bestreite, dass die Schale mit Z. nitidus »glatt übereinstimme«, die Schale unterscheide sich aber nicht von Hyalinia arborea Say, welche nordamerikanische Art überhaupt vielfach verschleppt, ihm u. A. auch von Port Elizabeth im Kaplande zugekommen sei. ! WıeemAnn, Bemerkungen zur Anatomie der Clausilien, Jahrbuch d. deutsch. Malakolog. Ges., V. Jahrg., Frankfurt a/M., 1878, p. 157—170, Fig. 2 u. 3, lässt keinen Zweifel darüber, dass das Divertikel des Blasenstieles bei Balea fragilis, Clausilia biplicata, plicata u. A. oben in den Uterus mündet. Da ich selbst für einige italienische Arten dies nicht bestätigen kann, scheint Kontrolle durch Schnitt- serien immerhin geboten. Pr£rrer hat den Ductus receptaculo-uterinus für einige Trochonanina-Arten (4878) angegeben. a 7 Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, I, 391 Die anatomische Untersuchung scheint mir dieser Bestimmung zu widersprechen. Das Thier fällt mir dadurch auf, dass der Fuß gelblich ist. Die bei anderen Verwandten so ausgesprochene dunkle blau- schwarze Färbung tritt an diesen Exemplaren mehr zurück und be- schränkt sich eigentlich auf den Mantel, auch der Nacken ist bloß mit schwärzlichem Pigment überlaufen. Dem Rande des Fußes parallel zieht oberhalb desselben eine Längsfurche. Eine Caudalpore ist nicht vorhanden, wenigstens vermag ich sie nicht zu erkennen. Auch die Eintheilung der Fußsohle in drei Felder scheint mir nicht oder nur unregelmäßig angedeutet zu sein. Ich sehe zwar in der Mitte der ziemlich kontrahirten Fußsohle einige Längsfurchen, allein sie verlaufen nicht regelmäßig und in gleichem Abstande, auch in der Färbung be- steht kein Gegensatz von Mittel- und Seitenfeld. Im vorderen Theile der Fußsohle befindet sich öfters eine tiefe mediane Längsfurche, die aber wohl am kriechenden Thiere verstrichen sein wird. Eine Längs- theilung der Fußsohle in drei Felder fehlt also. Die Genitalöffnung liegt ziemlich weit hinten unter dem Mantel, unter und etwas vor dem Athemloch. Am Athemloch steht rechts wie links ein kleiner Lappen. Der Kiefer (Fig. 1) ist ziemlich stark gebogen und breit mit großem spitzem medianem Zahne. Eben so verhält sich der Kiefer von Z. nitidus Müll., während Z. arboreus nach Bınney einen flacheren minder hohen Kiefer hat, der über dem Zahne am Hinterrande eine leichte Einbuchtung hat, was hier fehlt, Die Radula (ef. Fig. 2) hat in der Querreihe die Formel 20—7—1-—7—20, also 7 laterale, 20 marginale Zähne jederseits. Ein äußerer Dentikel findet sich bei den lateralen Zähnen neben, bei den marginalen an der Basis des Hauptdentikels. Bei Z. nitidus beträgt die Zahl der Zähne einer Querreihe 28— 1 —28 nach Lenmann, und 25—1—25 mit 5 lateralen Zähnen nach Bınnzy. Dagegen giebt Bınıey für Z. arboreus nur 16 —1-—16 Zähne an, gegen 21 —1 — 21 nach Morse, mit 5 lateralen nach Bınneyv. Schon der Unterschied zwischen den Angaben von Morsz und Bınney ist größer als er sonst bei Zonitiden vorkommt. Wenn man die größere der beobachteten Zahlen —= 100 setzt, so ist nach den Angaben von Bınıry die Variation in der Zahl der Zähne einer Querreihe bei Zonitiden 13—16°/, und bei Hinzunahme jener Angabe von Morsz selbst 25°/,, nie aber 40°/,, wie es der Fall wäre, wenn die Blumenau-Art zu arboreus gehörte. Es scheint, dass diese Variabilität bei Helix etwas größer ist als bei Zonites; es ist durchaus nöthig, dass einmal durch zahlreiche Untersuchungen die Variationsgrenzen der einzelnen Arten sowohl an einem einzelnen Fundorte als an verschiedenen Stellen ihres Verbreitungsgebietes hin- 392 H. von Ihering, sichtlich der Radula sorgfältig studirt werden. Der Genitalapparat von Z. arborea ist noch nicht bekannt, doch ist zu vermuthen, dass er mit Pfeilsack versehen ist. Bınney hat den für Zonitoides charakteristischen Pfeilsack mit verkalktem Pfeile bei Zonites Ellioti Redf., cerinoideus Anth., ligerus Say u. A. nachgewiesen, welche Arten trotzdem Bınnzy, PıLspry u. A. bisher bei Zonites ließen. Das geht nicht an, es müssen vielmehr alle mit Pfeilsack und Liebespfeil versehenen Arten zu Zonitoides ge- stellt werden, und hier schließt sich dann auch Z. internus Say an (subg. Gastrodontes). Die Schale ist vielleicht bei keiner anderen Familie so nichtssagend als bei den Zonitiden!. Die Grundlage der Systematik muss das Gebiss und vor Allem der Genitalapparat liefern. Bezüglich der Anatomie dieser Schnecke habe ich nur noch zu bemerken, dass der Ureter die normalen Verhältnisse der höheren Heliceen darbietet, ganz geschlossen ist. Hinsichtlich des Genitalappa- rates verweise ich auf Fig. 3 und 4. — Zwitterdrüsengang, Eiweißdrüse und Uterus bieten nicht zu besonderen Bemerkungen Anlass. Am unteren Ende des Uterus löst sich zunächst von ihm das Vas deferens ab, das nach kurzem Verlaufe zu dem kräftigen Penis anschwillt. Etwas weiter unten entspringt vom distalen Ende des Uterus ein feiner Gang, welcher in seiner Mitte einen langen Gang zum kugeligen Recept. seminis abgiebt und dann zwischen Penis und Pfeilsack laufend in die Vagina einmündet. Dieses letztere Stück muss also als das distale Ende des Ganges des Recept. seminis gelten, von dem dann der Ductus receptaculo-uterinus abgeht. Der Pfeilsack besteht aus einem unteren oder distalen stärker verdiekten Abschnitte und einem feineren oberen, an dessen Ende sich der Retraktor ansetzt, während etwas nach unten davon ein kleiner in zwei Schenkel gespaltener Drüsenschlauch sich ansetzt. Im Grunde des Pfeilsackes, also an der Stelle der Retraktor- Insertion, befindet sich die Insertion des Pfeiles. Derselbe ist 2 mm lang und durchzieht als ein langes feines Stilett den Pfeilsack in seiner ganzen Länge. Fig. k giebt die Gestalt desselben. Er besteht aus einer faserigen Bindegewebsmasse, welche reichlich mit Kalk durchsetzt ist. Bei Zusatz von Salzsäure löst sich der kohlensaure Kalk und die Kohlen- säure sammelt sich in dem centralen Gange an. Dieser mündet durch eine längliche spaltförmige Öffnung seitlich etwas hinter der Spitze. Der entkalkte Pfeil behält seine Form unverändert bei. 1 0. F. v. MOELLENDORFF, Revision der chinesischen Naniniden, Jahrb. der deutschen Malacolog. Ges. Bd. XIV. 4887 sagt p. 32: »Ob eine Art zu Helicarion oder Vitrina zu Macrochlamys bez. Microcystis oder Hyalinia, zu Kaliella oder Conulus zu stellen ist, kann nach der Schale allein nie mit voller Sicherheit ent- schieden werden.« Br" Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 393 Zonitoides nitidus Müll., falls nicht hiermit identisch, verhält sich jedenfalls sehr ähnlich, das geht aus Lemmann’s Beschreibung hervor. Lenmann, welcher zuerst den Pfeil nachwies, stellte eben darauf hin die Gattung Zonitoides auf. Obwohl Lenmann die Triaulie des Genital- apparates nicht erkannte, so hat er, wie es scheint, doch etwas davon gesehen, da er vom Pfeilsack einen »feinen Muskel« zur Vagina abgehen lässt, der allerdings auch einer der Drüsenschläuche sein kann. Eine andere hierher gehörige Angabe bezieht sich auf Zonitoides ligerus Say, worüber Bınney (l. c. p. 106) bemerkt, dass Leipy den Genitalapparat abgebildet habe, der sehr komplicirt sei. Der lange Pfeil befinde sich in einem großen Pfeilsacke, der nahe seinem Apex einen kurzen Drüsenschlauch trage. Der Gang des Receptaculum seminis sei lang, von seiner Mitte gehe ein Gang ab zur Mitte des Penissackes und ein zweiter zur Spitze des Pfeilsackes. Eine derartige Bifurkation des Duetus receptaculo-uterinus kommt aber nie vor und es ist wahrschein- lich, dass der »von der Spitze des Pfeilsackes abgehende Kanal« nichts Anderes ist als der eine der beiden von mir beschriebenen Drüsen- schläuche, von denen Bınnsy nur den einen erwähnt. Ist auch natür- lich eine sorgfältigere Nachuntersuchung zur Prüfung des Sachverhaltes nöthig, so geht doch offenbar aus dieser Notiz das hervor, dass auch bei Zonitoides ligerus ein Ductus receptaculo-uterinus vorkommt. Ob dieser Gang nun allen Zonitoides-Arten regelmäßig zukommt, oder ob er bei einem Theile der Arten schwindet, wie es bei den Zonitiden ! sonst die Regel zu sein scheint, bleibt zu untersuchen. Von besonderem Interesse bleibt jedenfalls das Faktum, dass beieiner Anzahl von Zonitoides-Arten, vielleicht bei allen, zeitlebens der Ductus receptaculo-uterinus persistirt. Wenn wir die eben besprochene Schnecke, welche unzweifelhaft zu Zonitoides gehört, mit Srmper’s Eintheilung der Zonitiden vergleichen, so fällt zunächst auf, dass der wichtigste von Semrer in den Vorder- grund geschobene Charakter, die Schwanzdrüse, hier fehlt. Es ist zwar möglich, dass am lebenden Thiere eine Spur davon zu sehen ist, am kontrahirten und konservirten Thiere ist sie, wenn vorhanden, nicht von den übrigen Furchen des Hinterendes zu unterscheiden, auch nicht am Längsschnitte. Jedenfalls ist sie daher ganz rudimentär, wenn nicht absolut fehlend. Es scheint aber, dass die Verkümmerung der Schwanz- drüse auch bei anderen Zonitoides-Arten beobachtet wird. Sowohl ! Vermuthlich dürfte sich das auch bei manchen Zonites beschriebene Ligam. suspensorium des Receptaculum als ein solcher Ductus erweisen. Hesse (Jahrb. Malac. Ges. Bd. XI. 1884. p. 232) giebt dieses Ligam, an für Zonites algirus und graecus, 394 H. von Ihering, Leumann wie Mogumn Tannon nennen den kleinen Längsspalt derselben rudimentär. Biwxey, welcher bei allen nordamerikanischen Zonites- Arten die Schleimpore am Schwanzende beschreibt, vermisste dieselbe bei Z. arboreus Say und internus Say, von denen erstere wahrschein- lich, letztere sicher den für Zonitoides charakteristischen Pfeilsack besitzt. Auch Semrer giebt an, dass bei Zonites die Schwanzdrüse klein, spaltförmig sei, so dass ihre Verkümmerung bei Zonitoides nicht allzu befremdlich sein kann. Ein anderer Punkt, in dem mancherlei Widersprüche bestehen, ist die Struktur der Fußsohle. Nach Bınsey haben alle nordamerikanischen Zonites eine getheilte Fußsohle mit durch Längsfurchen abgetrenntem Mittelfelde (distinet locomotive disk). Semper aber fand an der einzigen von ihm untersuchten Art, Z. lucubratus Say, die Fußsohle ungetheilt wie bei den europäischen Zonites. Leider giebt Bınney nicht an, zu welcher Species er Z. Jucubratus Say nec aut. zieht, doch bleibt wohl ‘auf alle Fälle der Gegensatz zwischen ihm und Senper bestehen. Selbst für die Zonitoides-Arten giebt Bınıey ein Mittelfeld an, das aber z. B. bei Z. ligerus Say repräsentirt sein soll durch eine »extremely narrow line«, die dann doch wohl nur eine Längsfurche ist, wie auch ich sie bei obiger Art sah — mit anderen Worten, ein gesondertes Mittelfeld fehlt. Betrachten wir hiernach Semper’s Zonitiden, so ist diese unnatür- liche Gruppe durch nichts vereinigt als durch die Schwanzdrüse. Wenn nun bei Zonites und Zonitoides dieselbe bei manchen Arten rudi- mentär oder ganz obsolet wird, so erhebt sich die Frage, ob nicht unter den Vitriniden etwa auch nahe Verwandte der Zonitiden mit gleich- falls verkümmerter Schwanzdrüse zu finden seien. Es liegt wohl kein Grund vor, die Schwanzdrüse von Arion, Ariolimax ete. sowie Ferus- sacia u. a. den Zonitiden ferner stehende Gattungen nicht für homolog mit jener der Zonitiden zu halten, und es wird daher wohl diese Schwanzdrüse nicht eine allgemeinere Verbreitung gehabt haben und außer in wenigen größeren Gruppen verschwunden sein. Als Basis der ganzen Eintheilung kann sie keinesfalls dienen, darauf weisen die großen Widersprüche in der Organisation des doch ungleich wichtigeren Genitalapparates hin. Ähnlich wie mit der Schwanzdrüse geht es auch mit der Theilung der Fußsohle. Unter Semper’s Zonitiden findet sie sich bei den Cerato- phora, fehlt den anderen, findet sich aber wieder bei den Vitriniden. Letztere nun stellt Semrer zu den Heliceen, während ich sie mit MARTENS und Fıs@uer mit den Zonitiden vereint sehen will. Es ist eigentlich verkehrt von einer Dreitheilung der Fußsohle zu reden, denn als Fuß- sohle darf bei Limax, Vitrina etc. lediglich das Mittelfeld in Anspruch Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 395 genommen werden. Nur über das Mittelfeld sieht man die lokomoto- rischen Wellen hinziehen; die an dem Kriechen absolut unbetheilig- ten Seitenfelder entsprechen der nach unten gedrehten Körperseite, jenem Theile des Körpers, der zwischen Mantelrand und Fußsohle. gelegen, bei den archaischen Nephropneusten, Peronia und Vaginula, ohne Weiteres als solcher erkannt und gedeutet wird. Die ungetheilte Fußsohle ist daher eine solche, bei welcher diese Seitentheile nicht abgegrenzt sind oder ganz zurücktreten und das Mittelfeld die ganze Breite der Ventralfläche einnimmt. Nur so wird es verständlich, dass bei nahe verwandten Gattungen, wie Macrochlamys und Xesta oder innerhalb des Genus Zonites bei europäischen und nordamerikanischen Arten die Fußsohle bald getheilt ist, bald nicht. Semrer giebt auch für die Heliceen das Vorkommen eines, wenn auch minder scharf abgesetz- ten Mittelfeldes an. Eben so ist es bei den Bulimiden. In Fig. 5 gebe ich die Fußsohle von Bulimulus papyraceus Mawe wieder, aus der man sieht, dass beim Kriechen die lokomotorischen Wellen nur über das Mittelfeld laufen, gleichzeitig etwa fünf. So haben wir Spuren der Drei- theilung der Sohle in allen Familien, eben doch wohl als ein Rest einer bei den Vorfahren allgemein verbreiteten Einrichtung, und man wird diese Verhältnisse vielleicht in vielen Fällen zu generischer Trennung der Formen benutzen können, sicher aber nicht zur Trennung von Familien. Noch weniger ist die Ausbildung des Hornes über der Schwanz- spitze zur Trennung der Unterfamilien geeignet, da nach Semper’s _ eigener Darstellung nicht nur den Aceratophora dasselbe abgeht, son- dern auch einem Theile der Geratophora (Rotula, Microeystis p.). Fıscuer hat sich daher nicht an diese Eintheilung gehalten, sondern eine andere vorgeschlagen, damit freilich noch weniger glücklich als Senper, indem er die von Semper mit Recht wenig berücksichtigten Nacken- und Schalenlappen des Mantels zur Eintheilung seiner großen Gattung Ariophanta (Nanina) benutzt. Dabei aber ist nicht einmal das von SEMPER gebotene Material richtig benutzt, was namentlich für Xesta gilt, welche Gattung neben Arten mit sehr großen Schalenlappen an- dere enthält, denen dieselben ganz fehlen, wie denn auch der linke Nackenlappen bald getheilt ist, bald nicht. Der Grund dieser unbefriedigenden Resultate liegt darin, dass SEMPER trotz des Werthes, den er auf die Verhältnisse des Genital- apparates lest, denselben nirgends zur Abgrenzung größerer natür- licher Gruppen benutzt hat. Und doch bietet der Genitalapparat bei den Nephropneusten unter allen Organsystemen unzweifelhaft die wichtigsten Charaktere dar. Darüber sind seit langem Alle einig, die 396 H. von Ihering, sich mit der Anatomie der Nephropneusten befassen. Der Grund, wess- halb diese Einsicht sich noch nie in praktische Bethätigung umsetzte, mag neben der lückenhaften Erforschung der Heliceen exotischer Ge- biete auch darin zu suchen sein, dass es eine mühsame und unerquick- liche Arbeit ist, die Masse der Einzelbeobachtungen kritisch zu sichten. Der Beginn der vorliegenden oft unterbrochenen Arbeit datirt seit 187%. Bei verschiedenen Gelegenheiten, auf das Thema zurückgeführt, habe ich kürzlich einen die natürlichere Begrenzung der Gattung Helix bezweckenden Vorschlag gemacht, und die vorliegende Arbeit soll das dort Bemerkte ausführlicher begründen. Es ist für diesen Zweck in erster Linie erforderlich über die Homo- logien der verschiedenen Anhangsgebilde des Genitalapparates ins Reine zu kommen. Eine große Menge von Nephropneusten besitzt einen vollständig einfachen Genitalapparat, den ich als haplogon bezeich- nen werde, und an dem weder am weiblichen Leitungsapparate Pfeil- sack ete., noch am männlichen Flagellum etc. entwickelt sind. Daneben erscheinen dann oft innerhalb derselben Familie oder desselben Genus andere Arten, bei denen mancherlei Anhangsgebilde des Penis und Vas deferens auftreten. Ein am Apex des Penis ansitzender Blind- schlauch wird Flagellum genannt. Bei anderen Formen sitzt dieser oder ein anderer schlauchförmiger Blindsack am unteren Theile des Penis an. Es ist vielleicht nicht immer leicht zu entscheiden, ob es sich dann um ein mit seinem Ursprung distalwärts gerücktes Flagellum han- delt oder um eine besondere neue Bildung. Bei Buliminus treffen wir Flagellum und Appendix, wie ich dieses Divertikel des Penis nennen will, neben einander an. Dasselbe kann durch Weiterschreiten der Bifurkation des Penis tiefer an dessen distales Ende zu liegen kommen, und wenn wie bei Buliminus syriacus u. a. syrischen Arten desselben Genus dieser Spaltungsvorgang noch weiter abwärts sich erstreckt, über die Insertionsstelle des Penisretraktor hinaus, so spaltet sich der Retraktor in zwei Äste, einen für den Penis und einen für den Appendix. Ein anderes hierher gehöriges Gebilde hat Srmrer bei Zonitiden nachgewiesen und als Kalksack des Vas deferens bezeichnet. SEMPER betrachtet? den oberhalb des Retraktors folgenden Theil des Penis als 1 Sur les relations nat. des Cochlides etc. p. 214. 2 cf. z.B. 1.c. p. 52 über den Retraktor als Grenze zwischen Penıs und Vas deferens. Es giebt nun ja bei Zonitiden etc. wie bei Heliceen Fälle (H. obvoluta und fruticum z. B.), wo der Retraktor an den Apex des Penis, d. h. dessen proximales Ende rückt, allein das ist Ausnahme. Auf die hier dargelegte Morphologie des Penis hat ganz in gleichem Sinne zuerst PFEFFER hingewiesen (cf. Jahrb. d. d. Malac. Ges. V. Jahrg. 1878. p. 267 ff.). PFEFFER stützt sich dabei zumal auch auf den von ihm er- brachten Nachweis, dass die Spermatophore bis zum Apex des Penis sich erstreckt. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, I. 397 zum Vas deferens gehörig. Stellt man sich aber vor, dass der Retraktor nicht mit seiner Insertion an eine bestimmte Stelle des Penis gebunden sei, so steht nichts im Wege die betreffende Partie des Vas deferens dem Penis zuzurechnen und den Kalksack als Flagellum zu deuten. Dass der betreffende Theil des männlichen Leitungsweges nicht einfach ein Theil des Vas deferens ist, geht aus seiner veränderten Form und dem größeren Lumen hervor. Schon der Umstand, dass innerhalb der Zonitiden in dieser Hinsicht so viele Modifikationen nachgewiesen sind, muss davor warnen, in der Homologisirung dieser Anhangsgebilde des männlichen Leitungsweges zu weit zu gehen. Wird man auch inner- halb einer bestimmten Familie dfe Homologien dieser Anhangsgebilde in der Regel bestimmen können, so wird man doch bei Vergleichung verschiedener Familien immer bedenken müssen, dass sich derartige Blindsäckchen auch selbständig in bestimmten Familien entwickeln können, und auf dieselben nicht zu viel Werth legen dürfen. So z. B. hat Semeer bei Microcystis myops einen Appendix am Penis abgebildet, den er Coecum penis nennt. Bei Martensia dagegen nennt er dasselbe Gebilde, weil es drüsigen Charakter zeigt, Prostata, ein Name, der ge- wiss nicht bleiben kann, weil bereits vergeben für die dem Uterus anliegende Drüse des Vas deferens. Wenn nun Srmrer Bedenken trägt, schon innerhalb derselben Familie diese Appendixgebilde für homolog zu halten, so wird es jedenfalls noch schwieriger sein zu ver- sichern, dass der Appendix von Buliminus jenem der Zonitiden homo- log sei. Ich betrachte hiernach von den Anhangsgebilden der Zonitiden das am distalen Ende des Penis befindliche, gleichviel ob es drüsig oder blindsackförmig entwickelt ist, als Appendix, jenes am oberen Ende oder Apex des Penis als Flagellum. Dieses stets oberhalb des Penis- retraktors befindliche Blindsäckchen kann sehr verschiedene Ausbil- dung in Größe etc. und Funktion erlangen. Wenn Srmper ! das Eintre- ten des Capreolus in diesen Blindsack als maßgebend betrachtet, so scheint mir das nicht richtig. Auch bei dem weiblichen Genitalapparate bestehen ja in funktioneller Hinsicht Differenzen. Der Spermatophor wird bald in den Blasenstiel, bald in dessen Divertikel eingeführt oder auch in den Uterus, wenn die Samenblase ganz fehlt. So ist auch das Flagellum ein morphologischer, nicht physiologischer Begriff und scheint mir gegen Prerrzr’s Deutung des Kalksackes als eines modifieirten Flagellum nichts einzuwenden. Komplieirt gestalten sich die Verhält- nisse bei den Zonitiden zumal dadurch, weil außer diesen beiden noch ! Nachrichtsblatt d. d. Malak. Ges. Bd. XII, 1880. p. 8—12, 398 H. von Ihering, ein dritter Blindsack vorkommt, der in der Nähe des Retraktor liest, sowie endlich als viertes Anhangsgebilde ein solches an der Insertionsstelle des Retraktor hinzukommt. SemPer unterscheidet alle drei oberen, zu wel- chen also als unterster noch der Appendix kommt. Wenn man an- nimmt, dass der außer bei Dendrolimax nirgends nachgewiesene neben dem Retraktoreoecum stehende Blindsack im Übrigen keine Homo- loga aufweist, während das Retraktorecoecum durch die Insertion des Muskels an seinen Apex gut charakterisirt ist, so redueiren sich diese schwierig zu unterscheidenden Gebilde doch im Grunde auf zwei, eines am Apex des Penis, das Flagellum resp. Kalksack, und eines an der Basis des Penis, den Appendix. Bevor ich meine Ansichten über die Systematik der Zonitiden begründen kann, muss ich zunächst einen Punkt berühren, in welchem ich eine von jener Srmper’s wesentlich verschiedene Ansicht vertrete. SEMPER hält (l. c. p. 57 und 59) den Liebespfeil der Zonitiden für homo- log mit jenem der Heliceen, während ich beide nur als einigermaßen analoge, aber total verschiedene Gebilde ansehen kann. Der Liebespfeil der Heliceen ist eine cuticulare Bildung, in seiner Entstehung jener der Kalkschale ähnlich. Er entbehrt daher einer histologischen Grund- lage, hat überhaupt nur Spuren organischer Substanz. Bei Behandlung mit Säuren löst sich der Liebespfeil ganz auf, die kleinen Mengen organischer Substanz verfließen, die Form des Pfeiles erhält sich nicht. Der Pfeil ist solide oder wenn er eine kleine centrale Höhlung hat, so ist dieselbe doch völlig eingeschlossen. Der Pfeil ist also nicht durch- bohrt und das Sekret der in den Pfeilsack mündenden Glandulae mu- cosae gelangt nicht in den Pfeil. Der Pfeil wird bei der Begattung oft zerbrochen, meistens in toto ausgestoßen und später durch einen anderen ersetzt. Niemals hat der Pfeilsack einen Retractor, in vielen Gattungen ist er in doppelter Zahl vorhanden, was den ursprünglichen Zustand darstellt. Ganz anders präsentirt sich nun der Liebespfeil der Zonitiden. Derselbe ist ein aus den verschiedenen histologischen Elementen des Körpers zusammengesetztes Organ, welches bei der Begattung als Reiz- organ funktioniren aber nicht abgestoßen werden kann. Diese Reiz- papille ist häufig aber keineswegs bei allen Gattungen verkalkt, bei Euplecta und Xesta z. B. ist sie eine nicht verkalkte knorpelige Spitze; immer aber ist sie durchbohrt, und der centrale an der Spitze der Papille mündende Kanal ist der Ausführgang einer bald sack- oder schlauchförmigen bald komplieirter gestalteten Anhangsdrüse, der Liebesdrüse. Entkalkt man diesen Pfeil, so behält er seine Form un- verändert bei, da ja nur der eingelagerte Kalk zerstört wird, nicht Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 399 aber die Epithel-, Bindegewebe- und Muskelmassen, welche das Organ zusammensetzen. Es scheint mir hiernach klar, dass dieses Organ nicht mit dem Liebespfeil (hasta amatoria) der Heliceen vergleichbar ist, wesshalb ich vorschlage esLiebesdolch, pugio amatorius, zunennen. Während der Liebespfeil nur bei Helix und verwandten Gattungen vorkommt, ist der Liebesdolch auf einen Theil der Zonitiden beschränkt. Diese Gattungen mit ihren Verwandten müssen als besondere Familie zu- sammengefasst werden. Ihnen schließen sich nach Wiesmann! eine größere Anzahl von Vitrina-Arten an, worauf für einige derselben schon SEMPER hinwies. Es geht aus Wıremannw’s Beschreibung klar die Identität mit dem Liebesdolch der Zonitiden hervor. WıssmAann zieht daraus ganz dieselben Folgerungen, die ich eben dargelegt, dass nämlich Liebesdolch und Liebespfeil zwei ganz verschiedenartige Bildungen und nicht einander homolog sind. Es geht hieraus hervor, dass die Vitriniden nicht von den Zonitiden getrennt werden dürfen, mit denen zusammen sie eine große natürliche Gruppe bilden. Es wäre nun offenbar naheliegend, alle Vitrino-Zonitiden, welche mit Liebesdolch versehen sind, in eine Familie zu vereinen. Hierzu würden gehören erstens Ariophanta, Xesta und Zonitoides mit ungetheilter Fußsohle und dann Tennentia, Parmarion, Euplecta, Macrochlamys und ein Theil von Vitrina, bei denen allen die Fußsohle längsgetheilt ist. Die Schwierigkeit, die sich darbietet, besteht nun darin, dass ja möglicher- weise von jeder einzelnen oder von den meisten der oben genannten Gattungen aus es hat zum Schwunde des Liebesdolches kommen können. Es bleibt daher zu untersuchen, ob sich etwa bei den Gattun- gen ohne Liebesdolch Andeutungen eines solchen noch entwiecklungs- geschichtlich nachweisen lassen. Prerrer giebt an, Reste der weiblichen Anhangsdrüse bei Helicarion und Xesta gefunden zu haben, welche aber oben an der Lippe mündeten. Diese Beobachtungen aber, von PFEFFER selbst in Frage gezogen, scheinen auf Verwechslung mit anderen nicht zum Geschlechtsapparate gehörigen Organen zu beruhen. Es giebt indessen in der Anatomie des Genitalapparates der Zoni- tiden ein anderes Moment, welches eine Brücke zu schlagen scheint zwischen Gattungen mit oder ohne Liebesdolch, die Bewaffnung des Penis mit mehr oder minder zahlreichen Knorpelpapillen?. Solche traf 1 Fr. Wiesmann, Der sogenannte Liebespfeil der Vitrinen. Jahrb. d. d. Mal. Ges. XIII. Jahrg. 1886. p. 74—95. 2 Solche Papillen im Penis finden sich auch bei Buliminus und Succinea, und stark cuticularisirt bei Triboniophorus. Sie scheinen daher bei den Vorfahren der Nephropneusten weite Verbreitung besessen zu haben, wie sie denn ja auch bei den Nudibranchien sehr häufig vorkommen, 400 H. von Ihering, ich bei Zonitiden, Semrer bei Parmarion und Helicarion. Bei letzterer Gattung kommen Arten mit oder ohne Papillen vor und vermuthlich werden diese Papillen, wenn man danach sucht, auch noch in anderen Gattungen angetroffen werden. Dagegen scheint bei Vitriniden, von denen Knorpelpapillen des Penis nicht bekannt sind, eine andere Bewaffnung des Penis vorzuherrschen, wie wir hier zumal von Limax und Amalia kennen, nämlich die Anwesenheit einer einzelnen sehr großen Reiz- papille im Penis. Dieselbe existirt auch im Penis von Cionella lubrica, auf deren Übereinstimmung mit Amalia ich weiterhin zurückkomme. Parmacella aber hat außer der Liebesdrüse auch die Knorpelpapillen im Penis, und sofern diese nicht auch einigen Vitrina-Arten zukommen, gehört Parmacella zu den Zonitiden, nicht zu den Vitriniden. Beachtens- werth erscheint mir das von PFEFFER zur Unterscheidung von Zonitiden und Naniniden herangezogene Moment der Lage der Genitalöffnung in der Nähe des Tentakels oder weit hinter demselben (Zonitiden), vorausgesetzt, dass diese Angaben sich bestätigen. Bei Amalia trifft man einen eigenthümlichen von Smrota ! genauer beschriebenen Reizkörper im Stiele des Receptaculum seminis, den Sımroru für eine Spermatophore hielt, die sich in der Blase festgesogen habe, was aber bei einem leblosen Cutieularkörper nicht möglich ist. Ganz ähnliche Gebilde traf ich in der Samenblase von Cionella lubrica an (cf. Fig. 13—15), Falten, von denen zwei besonders stark entwickelt und mit ringförmigen Auswüchsen verziert, die Vorläufer des ent- sprechenden Körpers bei Amalia? zu sein scheinen (Fig. 6). Im Penis ist eine starke Papille vorhanden, derselbe hat auch ein Appendix, und am Apex ein eigenthümliches Flagellum, dessen kugelig angeschwol-- lenes Ende auf dem Apex des Appendix ruht®. Ich kann diesen Geni- talapparat nur mit jenem von Amalia vergleichen. Eine solche An- näherung entspricht allerdings sehr wenig den bisher angenommenen Ideen, allein der Umstand, dass der Kiefer nicht glatt ist, sondern ge- streift, kommt, nach dem, was ich über den Kiefer bemerken werde, nicht in Betracht. Viel bedenklicher ist die Differenz in der Radula, ! H. Smrota, Versuch einer Naturgeschichte der deutschen Nacktschnecken. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 1885. p. 225 ff. 2 Nach Jourpaın, Note sur les organes genitaux des Limaciens. Revue d. sc. p. p. Dusrveır, T. VII, 4879, p. 420 soll Amalia gagates einen ganz ähnlichen Reiz- körper haben wie A. marginata und in ihm eine Drüse sich öffnen. Wenn dies richtig ist, so würde ein echter Liebesdolch mit Liebesdrüse vorliegen, doch bleibt zunächst auch die Möglichkeit, dass es sich um einen besonderen Reizkörper han- delt. cf. auch H. v. InErıng, Sur les relations des Cochlides etc. p. 212. 3 Leider habe ich den Inhalt desselben nicht näher untersucht. Ich möchte vermuthen, dass er jenem des Kalksackes von SENPER entspricht, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 401 ich denke aber, wenn man erst auf diese Beziehungen achtet, werden sich die Zwischenglieder finden. Zu beachten ist hierbei auch, dass die nächstverwandte Gattung Ferussacia am Hinterende des Fußes die Schleimpore der Zonitiden besitzt. Vermuthlich repräsentirt also Ferus- sacia eines der Zwischenglieder, welche von Vitrino-Zonitiden zu den Heliceen und Verwandten hinüberleiten. Der Appendix verhält sich auch bei zahlreichen Arten von Buliminus, Clausilia ete. ähnlich, ob auch die Reizpapille des Penis? Wenn sonach bei Ferussacia und Verwandten sowie bei Arioniden die Schleimpore bei den verschiedenen Gattungen ganz fehlt oder vor- kommt, so ist auch ohne die oben bezüglich Zonites und Zonitoides angeführten Verhältnisse klar, dass die Schleimpore oder Schwanzdrüse allenfalls zur Trennung von Gattungen, keinesfalls zur Sonderung der Familien ete. dienen kann, und das Gleiche gilt von der Theilung der Fußsohle. Ich halte es unter den Umständen für einen Fehler, dass man die Differenzen im Gevitalapparate bisher bei der Gruppirung der Gat- tungen nicht verwerthet hat. Es scheint mir zweckmäßig, die Vitriniden und Zonitiden zu vereinen, in dem Sinne also, wie Fischer sie zur Fami- lie der Limaeiden macht. Innerhalb dieser Familie hat man dann zwei Sektionen zu unterscheiden, solche mit einfachem oder haplogonem Genitalapparat, und solche mit Liebesdolch. Letztere kann man xipho- gon nennen im Gegensatz zu den belogonen Heliceen mit Liebespfeil. Wie nun bei einigen Gruppen der Heliceen, aber auch bei Cochlostyla bei bestimmten Arten oder Gruppen von Arten eine Verktimmerung . des Pfeilapparates eintritt, so wird offenbar auch bei den Limaciden das Gleiche erfolgen können. Ob bestimmte Gattungen ihn verloren, bleibt zunächst eine Vermuthung, die sich am ehesten bei den haplo- gonen Arten von Vitrina und Zonites wird prüfen lassen, indem bei den von xiphogonen Formen abstammenden oder metaxiphogonen Arten vermuthlich embryologisch noch Andeutungen werden nachweis- bar sein. Ich schlage daher vor, die xiphogonen Vitrinen in eine be- sondere Gattung Vitrinopugio zu vereinen, die vermuthlich zu Vitrina im gleichen Verhältnis stehen wird, wie Zonitoides zu Zonites. Wird daher wohl auch, wenn einmal die ganze Familie anatomisch und embryologisch gründlich durchgearbeitet ist, ihre Eintheilung eine an- dere werden, so scheint mir es doch bis dahin nicht richtig die wich- tigen Charaktere, welche der Genitalapparat liefert, ganz außer Betracht zu lassen und statt ihrer andere zu benutzen, deren Untauglichkeit im Vorausgehenden nachgewiesen wurde. In Bezug auf den Genitalapparat werden sich wohl wichtige Mo- mente für die Charakterisirung der Familie der Limaciden oder Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd, 96 ee 48 402 H. von Ihering, Zonitiden ergeben. Zunächst enthält sie alle überhaupt bekannten schalentragenden xiphogonen Nephropneusten. Ob die haplogonen Gattungen zum Theil oder alle wirklich typisch haplogon oder eu- haplogon, oder zum Theil oder sämmtlich metaxiphogon sind, bleibt zu untersuchen. Jedenfalls giebt es unter ihnen keine belogonen Formen, denn Liebespfeil und Liebesdolch schließen einander aus, kommen nie vereint vor. Weit verbreitet ist in dieser Familie das Vor- kommen von Reizpapillen im Penis. Zahlreiche einfache oder knorpelige Papillen kommen bei einer Reihe von hierher gehörigen Gattungen vor, sind aber auch in anderen Familien! der Nephropneusten nachge- wiesen. Bei Limax und Amalia treffen wir statt zahlreicher Papillen im Penis eine einzelne große an, die ich im Gegensatze zu jenen Papillen Stimulus nennen will. Vielleicht ist sie der letzte Rest einer allgemei- nen Bekleidung mit Papillen. Es wird nun wichtig sein, die Verbreitung von Papillen und Stimulus in anderen Familien zu verfolgen. Bisher wurde letzterer nur noch beobachtet von mir bei Cionella lubriea. Dass ich an der natürlichen Verwandtschaft von Cionella und Amalia nicht zweifle, hob ich oben schon hervor. Charakteristisch ist bei den Zoni- tiden ferner das Receptaculum seminis. Dasselbe ist häufig nur ein ganz kurzer kaum abgesetzter Blindsack des Uterus und fehlt, wie ich weiterhin zeigen werde, in anderen Fällen ganz. Immer hat es einen relativ dicken, plumpen, wenig von der Blase abgesetzten Stiel, nie ist der Stiel sehr lang, und nie trägt er ein Divertikel. Dies zu be- achten ist namentlich desshalb wichtig, weil es unter Umständen über- aus schwierig sein kann zu sagen, ob ein rückgebildeter Pfeilapparat das Rudiment eines Liebespfeiles oder eines Liebesdolches ist. Es ist dann nöthig, alle anderen in Betracht kommenden Momente zu würdigen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Beachtung des Appendix, also jenes Blindsackes am Penis, welcher distal vom Retraktor sich befindet, bald näher an der Genitalkloake, bald weiter davon. Es scheint nun, dass dieses Organ in manchen Fällen auf die Genitalkloake oder auf die Vagina übertritt. Instruktiv scheinen mir in dieser Hinsicht die bei manchen Xerophilen beobachteten Verhältnisse zu sein. So haben Helix joppensis Roth und tuberculosa Conr. einen Appendix am Penis, wäh- rend bei den nahe verwandten Arten H. pyramidata Drp. und H. ele- gans Gm. ein ähnlicher Blindsack am Penis fehlt, aber an der Vagina angetroffen wird. Um ein Rudiment eines Liebesdolches kann es sich da nicht handeln, denn die betreffenden Schnecken sind echte Heliceen resp. Xerophilen, wenn auch einer Gruppe angehörig, in welcher die ! Zahlreiche niedere kleine Papillen traf ich im Penis einer von mir zu be- schreibenden Suceinea pontederiae v. Ih. von Rio Grande do Sul. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 403 beiden Pfeilsäcke sehr klein werden oder verschwinden. Da alle diese Formen doppelte und sehr kleine Pfeilsäcke besitzen, so kann es sich in diesem unpaaren sehr langen zuweilen in zwei Abschnitte geglieder- ten Anhang nicht um eine Umbildung des Pfeilsackes handeln, zumal beide Gebilde in den meisten Fällen neben einander existiren. Dass derartige Verschiebungen in der Insertion wirklich vorkommen, sehen wir auch bei Limax und Arion, wo das Receptaculum zwischen Penis und Vagina oder direkt in den Penis mündet. Doch giebt Sımrora an, dass z. B. bei Limax maximus, wo beim alten Thiere das Receptaculum am Penis ansitzt, es beim jungen am Oviduct sitzt. Es sind das eigen- thümliche Umgestaltungen der Geschlechtskloake, wie sie außer bei diesen Nacktschnecken sonst bei Nephropneusten nicht vorkommen. In ähnlicher Weise sehen wir bei den genannten Xerophilen den Appendix bald am Oviducte, bald neben oder gegenüber dem Penis an der Vagina oder noch tiefer unten an der Genitalkloake sich inseriren. Die Annahme, dass er bei anderen Arten am Penis ansitze, enthält da- her an und für sich nichts Unwahrscheinliches, und sie scheint mir die einzige zu sein, welche eine natürliche Erklärung geben kann für die _ erwähnten großen Differenzen innerhalb einer engeren Gattungsgruppe. Ich halte danach den Appendix des Penis für homolog mit dem wohl drüsigen Blindsacke der genannten Xerophilen, welcher am weib- lichen Leitungswege ansitzt und als Appendicula bezeichnet werden mag. Eine solche Appendicula kommt wahrscheinlich bei Ariolimax- Arten vor, ferner bei Panda Falconeri Reeve und bei Buliminus Dufres- nei Leach; letztere beiden Angaben sind Semper entnommen. Es scheint mir zumal für Panda eine genauere Untersuchung dieses Gebildes nöthig zu sein, zumal auch an zahlreichen verwandten Arten, weil es den Anschein hat als handele es sich in ihnen um das Rudiment einer Liebesdrüse mit Verkümmerung des Pugio. Eben so bedarf natürlich die Appendicula von Helix pyramidata und elegans sorgfältiger Unter- suchung. Auch der echte Appendix des Penis ist ein mancherlei Variationen unterworfenes Organ. Bald ist es ein mehr oder minder einfaches Divertikel wie bei Cionella lubrica, Hemphillia, Zonitoides, Microcystis und anderen Zonitiden oder bei den eben genannten Xerophilen, bald ist es drüsig wie bei Martensia und Obbina, bald in Form eines langen zweiten Flagellum entwickelt, wie bei Glausilia, Pupa und Buliminus. Die so überaus weite Verbreitung dieses Organs und das Vorkommen desselben in den verschiedensten Familien weisen darauf hin, dass es sich um ein bei den Vorfahren der typischen schalentragenden Nephro- pneusten weit verbreitetes Organ handelt. Während dasselbe in einigen 26* 404 H. von Ihering, Fällen als Drüse wohl entwickelt ist, stellt es in anderen ein bedeu- tungsloses Divertikel dar, welches dann, bald am Penis, bald an der Vagina ansitzend, verkümmert oder Umgestaltungen erleidet. Meiner Ansicht nach ist auch der Liebesdolch mit seiner Drüse nur eine Modi- fikation der Appendicula.. Wenn dies richtig ist, so wird man nie Appendicula und Liebesdolchsack zusammen vorkommend antreffen, eben so wenig eines dieser beiden letzteren Organe mit einem Appen- dix coexistirend antreffen. Ich habe in der That vergebens nach einer derartigen CGoexistenz die Litteratur durchsucht und halte daher diese Hypothese für eine mit allen bisher beobachteten Thatsachen in Ein- klang befindliche. Von Pfeilsack und Glandulae mucosae ist bei Zonitiden nirgends die geringste Spur zu entdecken. Dagegen habe ich oben darauf hin- gewiesen, dass bei gewissen Xerophilen Appendix oder Appendicula vorkommen, und da letztere histologisch nie genauer untersucht wurde, so. wäre es selbst nicht undenkbar, dass es sich um Rückbildungssta- dien eines Liebesdolchsackes handelte. Es scheint, dass Appendix und Appendicula nur verschiedene Modifikationen ein und desselben Organs sind, welches am Penis zu einem zweiten Flagellum wird, am weib- lichen Genitalapparate aber, wo es auf diesen übertrat, sich entweder als blindsackförmiges oder drüsiges Organ, oder als Liebesdrüse nebst Liebesdolch erhielt. Es scheint nun, dass dieses Organ als Liebes- dolchsack nur bei einem Theile der Limaciden sich entwickelte, als Appendieula aber auch in anderen Familien sich noch erhielt. Es würden danach, wie, glaube ich, Smroru zuerst es nachzuweisen suchte, die Limaciden doch, entgegen Prerrer’s Ausführungen, reiner als irgend welche anderen typischen Nephropneusten viele Züge der Organisation der ältesten Nephropneusten uns erhalten haben. Im letzten Abschnitte werde ich nachweisen, dass schon bei Peronia und Vaginulus ein Homologon der Liebesdrüse und des Liebes- dolches der Zonitiden vorkommt, so dass also darin in der That die Zonitiden uns gewisse Eigenthümlichkeiten der ältesten Nephropneusten reiner als andere Familien erhalten haben. Dasist aber nur ein specieller Zug, in anderen Charakteren, im Gebiss sowie durch ihren stets ge- schlossenen Ureter erweisen sich die Glieder dieser Familie als schon auf einer relativ hohen Stufe angelangt. Das lehren uns ja die Mollusken überall, dass die organogenetischen Reihen bei den verschiedenen Familien sich ungleich verhalten, derart, dass eine bestimmte Gattung in einer Reihe von Organsystemen bereits eine hohe Entwicklungsstufe erreicht haben, in Bezug auf andere aber primitive Stadien noch treu bewahrt haben kann. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 405 Es wird uns nunmehr nicht schwer sein, die verschiedenen Ein- theilungsversuche, die hinsichtlich der Zonitiden vorliegen, zu kritisiren. Semper trennt die Zonitiden, die mit Schwanzdrüse versehen sind, von den der Schwanzdrüse entbehrenden Vitriniden, und er hält dieses Unterscheidungsmerkmal für wichtig genug, um alle der Schwanzdrüse entbehrenden Gattungen, gleichviel ob mit Heliciden- oder Zonitiden- gebiss, der Familie der Heliciden zuzuweisen. Obwohl Semper mit dieser Anordnung isolirt blieb, seien doch hier die Gründe zusammengestellt, welche gegen dieselbe sprechen. Es sollen. also Vitriniden nie eine Schwanzdrüse haben. Richtig ist das im Allgemeinen für Vitrina und Limax, dagegen giebt Prerr£r ! in seiner mit STreBeL veröffentlichten Ar- beitüber mexikanische Binnenmollusken an, dass eine Schwanzdrüse bei Limaciden zuweilen vorkomme, auch bildet er sie ab von Limax stenurus Pfeff. Bei Hyalina mag namentlich bei den europäischen Arten oftmals die Schwanzdrüse fehlen, doch ist darauf nicht genügend geachtet. Bınnsy (l. c. p. 118) macht darauf: aufmerksam, dass Semper u. A. bei Hyal. cellaria Müll. die Schwanzdrüse übersehen habe, da sie doch in Wahrheit wohl entwickelt sei. Auch bei den hierher gehörigen nord- amerikanischen Arten ist sie in der Regel vorhanden. Eben so unrichtig ist es, wenn SenpeR Zonites eine ungetheilte, Hyalina eine getheilte Fußsohle zuschreibt. Unter den nordamerikanischen Arten von Zonites ist nach Bınnev die getheilte Fußsohle fast die Regel. Auch Prerrer, welcher für amerikanische Zonitiden eine besondere Unterfamilie Neozonitinae vorschlägt, erkennt die Variabilität der Fußsohle in dieser Hinsicht an, indem er sagt, dass bei dieser Unterfamilie sich neben einander Formen mit ungetheilter und getheilter Fußsohle finden, so- wie solche, bei denen die Dreitheilung eine erkenntliche sei, ohne dass das Mittelfeld durch Furchen abgeschieden sei. Nach dem, was ich schon oben hierüber bemerkte, bedarf es keines weiteren Hinweises darauf, dass die mehr oder minder deutliche Längstheilung der Fußsohle nicht als ein zur Abtrennung größerer natürlicher Gruppen geeigneter Cha- rakter angesehen werden kann. Semrer hat sich übrigens an den wenigen von ihm untersuchten amerikanischen Zonitiden selbst von dem Vorkommen der Längstheilung der Fußsohle überzeugt. Es fallen damit alle Momente hinweg, auf welche hin Srmpzr die Hyalinen von den Zonitiden abtrennte. Beide stimmen unter einander überein in der ziemlich weit nach hinten, meist bis unter das Athem- 1 H. STREBEL und G. PFEFFER, Beiträge zur Kenntnis der Fauna mexikanischer Land- und Süßwasser-Conchylien. IV. Theil. Hamburg 1880. p. 21. Wenn frei- lich L, stenurus nur ein importirter europäischer Agriolimax ist, so dürfte PFEFFER'S Angabe doch wohl unrichtig sein. 406 H. von Ihering, loch gerückten Lage der Genitalöffnung und in der Neigung der Ekto- donten weit nach vorn oder oben zu rücken, also von der freien Spitze der Scheide des Mesodonten entfernt, um ihn dann ganz zu unter- drücken. Ich pflichte hierin ganz Prerrer bei (l. ce. p. 21). Die einzigen beiden nordamerikanischen Zonitiden, welche zu diesem Typus nicht passen und zweispitzige Zahnschneiden der marginalen Zähne auf- weisen, sind Zonites Gundlachi und der bekanntlich holarktische Z. fulvus Drap., von denen erstere zu Conulus oder zu Guppya gezogen wird, letztere zu Conulus gehört, beide anatomisch fast unbekannt sind. So ist es denn ganz begreiflich, wenn die nordamerikanischen Concho- logen, Bınney, Pırsery u. A., Hyalina nur noch als Sektion von Zonites gelten lassen. Angesichts so großer Meinungsverschiedenheiten wird man auch den anderen von Semper zu den Heliciden gezogenen Gattungen mit einspitzigen marginalen Zähnen gegenüber skeptisch sein müssen. Es scheint mir, dass gerade die nicht stacheligen sondern breiteren, in der Regel mit accessorischen Ektodonten ausgerüsteten marginalen Zähne der Heliciden das wesentlichste Charakteristikum der letzteren bilden. Es fehlt auch nicht an anatomischen Momenten, welche in diesem Sinne sprechen. Die accessorische weibliche Anhangsdrüse bei Panda Falconeri Roe. und bei CGaryodes Dufresni Leach. sind offenbar auf die Appendicula resp. auf einen rudimentären Liebesdolch-Apparat zu beziehen. Wenn man hiernach Hyalina zu Zonites bringt, so erscheinen die anderen von SEMPER zu Seinen Vitriniden gestellten Gattungen, wie Vitrina, Limax, Parmacella u. A., als einigermaßen näher unter einander zusammengehörige Formen, die aber natürlich von den übrigen Zoniti- den nicht abgetrennt werden können. SEMPER trennt diese in solche mit und ohne Horn über der Schwanzdrüse. Hierin kommen aber nun wieder alle möglichen Übergänge vor. Microeystis hat zuweilen dasHorn, zuweilen nicht, bei Rotula, obwohl zu den Geratophora gestellt, fehlt es, ist aber bei manchen Aceratophora wohl entwickelt, wie z.B. bei Xesta Cumingii, welche Art also auch hierin Helicarion nahe steht. Es fallen somit die Charaktere, welche Semrer zu seiner Eintheilung von Zonitiden und Heliciden verwandte, so in sich zusammen !, dass man nach völlig anderen Eintheilungsprineipien sich umzusehen hat. 1 Dies scheint allerseits anerkannt zu sein. Es ist daher wohl möglich, dass v. MOELLENDORFF Recht hat, wenn er die behaarten Naniniden, Hemitrichia v. MOELLENDORFF, als Übergangsglieder von Macrochlamys zu Hemiplecta und Rhy- sota betrachtet (Nachr.-Bl. d. d. Malak. Ges. 4890 p. 4173). Dann müssen aber auch im Genitalapparate Zwischenstadien nachweisbar sein, was bisher nicht geschehen, und worauf daher in Zukunft zu achten ist. — Ein wesentlicher Unterschied im Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 407 Im Allgemeinen ist Prerrer mit seiner Klassifikation der Gruppe viel weiter gekommen. Zunächst scheint es mit den bekannten Thatsachen in Einklang zu stehen, wenn Prerrer die Gattungen, bei denen die Ge- nitalöffnung weit nach hinten unter den Mantelrand oder das Athem- loch gerückt ist, in eine größere Gruppe zusammenfasst, also Hyalinen und Zonitiden. Sodann stimmen meine Erfahrungen fast ganz mit den seinen überein hinsichtlich der Radula. Prerrer sagt darüber anlässlich des Ektodonten der Limaeiden (l. c. p. 21): »Derselbe rückt innerhalb der Querreihe weder wie bei den Neozonitinen nach oben und ver- schwindet, noch wie bei den Naniniden und Vitrininen herunter, son- dern verharrt ungefähr auf derselben Höhe bis zu seinem Verschwin- den bei den allerletzten Randzähnen.« Im Einzelnen ist allerdings Mancherlei einzuwenden. So ist es schon in der Charakteristik der ganzen Familie nicht richtig, wenn es heißt, dass der Innenzacken schon ziemlich bald in der Querreihe verschwinde und sich nie mehr an den Randzähnen zeige, während doch die offenbar hierher richtig gezogene Gattung Vitrinoidea Semper durch die ganze Querreihe dreispitzige Zähne behält. Und Limax bietet eben doch gar mancherlei Variationen. Man vergleiche z. B. die Abbildungen bei Bınney sowie in den Supple- ments, woraus hervorgeht, dass der Ektodont nicht immer an den mar- ginalen Zähnen schwindet, sondern sich z. B. bei L. maximus bis zum letzten Marginalzahn ganz wie bei vielen Vitrina-Arten erhält. Ich kann daher in der Radula von Limax nicht einen besonderen Typus erkennen, sondern nur Modifikationen des Vitrininentypus. Ja innerhalb der Gattung Vitrina selbst kehrt ja auch das gleiche Verhältnis wieder, Arten mit zweispitziger Schneide resp. bis zum oder gegen das Ende der Querreihe sich erhaltenden Ektodonten wechseln mit solchen ab, bei denen der Ektodont rasch verschwindet und die marginalen Zähne einspitzig sind. Diese Variationen im Zahnbau wiederholen sich eben innerhalb der verschiedensten Gruppen, ohne zu systematischer Grup- pirung dienlich zu sein. Als das Wesentliche erscheint nicht die Form des Zahnes, sondern die Umänderungsweise des Zahnes innerhalb der Querreihe und in dieser Hinsicht sind nur zwei Typen zu unterscheiden: einer, bei dem der Ektodont gegen die freie Spitze des Mesodonten rückt, so dass dessen Scheide zweispaltig wird, und einer, bei welchem der Ektodont klein bleibt, an der Basis der Mesodonten aufwärts rückt und dann ver- schwindet, so dass die Zähne einspitzig, stachelig werden. Die Urform Gebiss liegt auch darin, dass bei Heliciden die quadratischen basalen Platten dicht an einander stehen, bei Zonitiden aber die marginalen Zähne in relativ weit ab- stehenden Längsreihen angeordnet sind. 408 H, von Ihering, ist für alle hierher zu stellenden Gattungen offenbar der erstere Typus, und sokommt es, dass derselbe z. B. bei einem Theile der Vitrinen sich noch erhalten hat, indess die anderen einspitzige Marginalzähne haben, wie es scheint dabei dem zweiten Typus sich anschließend. Gestatten somit diese Verhältnisse der Radula auch keine systematische Ein- theilung der Gruppe, so sind sie doch dabei ein werthvolles Hilfsmittel. An der mir leider nur unvollkommen bekannten Eintheilung von PFEFFER wären somit die Limacinen mit den Vitrininen zu verbinden und ferner kann ich die von PrErrEr vorgeschlagene Aufstellung einer Unterfamilie der Neozonitinen nicht gut heißen. Kritisiren lässt sich die- selbe allerdings in so fern schwer, als wohl diese neue Unterfamilie nicht aber jene der Zonitinen und Hyalininen begründet wird. Ich kann aber so wenig wie die nordamerikanischen Gonchologen zwischen europäischen und amerikanischen Zonitinen Unterschiede sehen, welche zu mehr als generischer oder auch nur zu generischer Abtrennung berechtigten, und das ist auch Fıscner’s und Semper’s Meinung. Die wesentlichsten innerhalb der Gruppe bestehenden Differenzen hat dabei Prerrer über- haupt nicht berührt, nämlich die Verhältnisse im Baue des Genital- apparates. Ziemlich gut hat Martens sämmtliche hierher gehörigen Formen als Vitrinoidea zusammengefasst, indess noch einiges nicht dazu Gehörige angeschlossen, wie namentlich Leucochroa, unzweifelhaft eine Helicee mit glattem Kiefer (cf. speciellen Theil). Auch Sagda und Macroeyclis werden von Bınney, Fischer u. A. zu den Heliceen gestellt, was dem Gebisse nach richtig zu sein scheint, doch ist beim Mangel jeglicher Kenntnis der Anatomie dieser Thiere Sicheres über deren Stellung nicht zu sagen. Fischer in seinem Manuel fasste alle hierhergehörigen Arten als Limaciden zusammen, nur die nordamerikanischen »Macrocyclis« resp. Selenites als besondere Familie ausschließend. Bestimmend bei diesem Irrthume scheint die eigenthümliche Beschaffenheit der Radula gewesen zu Sein, welche zwar noch einen rudimentären Mittelzahn be- sitzt, aber keine lateralen, sondern nur einspitzige, stachelige marginale Zähne wie die Testacelliden. Bınney bemerkt aber (p. 89), dass der erste Zahn neben dem centralen ein Übergangszahn und erst der zweite ein echter marginaler ist. Dann macht Bınney weiterhin (p. 96) darauf aufmerksam, dass zwar Zonites in der Regel eine Anzahl von lateralen Zähnen besitzt, dass aber deren Zahl oft auf zwei herabsinkt und bei Z. laevigatus auf Null, indem der erste Zahn neben dem medianen schon der Übergangszahn ist wie bei Selenites. Auch in den übrigen Verhältnissen bietet Selenites keinen Grund zur Abtrennung von der En REINE TE ET SUR ren. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 409 Zonitesgruppe, da ein rudimentärer Liebesdolchsack vorkommt, dessen genauere Untersuchung noch aussteht. So scheint Selenites, obwohl mit Zonites nächst verwandt, den Übergang zu den Testacelliden resp. Agnatha zu vermitteln, einer Gruppe, welche in Bezug auf ihren Zu- sammenhang mit den Zonitiden und eventuell anderen Familien noch sehr der genaueren Untersuchung bedürftig erscheint. Hiernach war es nicht zutreffend, wenn Pırsery ! die Familie Selenitidae annahm, während Bınney die Stellung der Gattung schon richtig erkannt hatte. Im Übrigen scheint mir Pırssry die nordameri- kanischen Zonitiden gut zu gruppiren, und namentlich ist es aner- kennenswerth, dass er Pristiloma Ane. eine für Zonites Lansingi Bld. und Stearnsi Bld. aufgestellte Gattung, trotz des gerippten Kiefers bei den Zonitiden lässt, zu denen sie die Radula und Schale verweisen. Wird auch erst die Anatomie des Genitalapparates über die systema- tische Stellung der Gattung Aufschluss geben, so ist doch a priori gar nicht einzusehen, warum die Veränderungen, welche der Kiefer in anderen Familien erleidet, indem er bald glatt, fein gestreift oder grob gefurcht bis gerippt erscheint, nicht auch bei Zonitiden sollen möglich sein. Nie, wie wir sehen, ist auf die gerade bei Zonitiden doch sehr ausgeprägten Besonderheiten im Bau der Genitalorgane Rücksicht ge- nommen worden, was schwerlich richtig sein kann. Es ist nicht meine Meinung, dass nun einfach der Genitalapparat an die Stelle der bisher benutzten Charaktere rücken solle, ich glaube vielmehr, dass es die Aufgabe weiterer Forschungen sein wird, unter Berücksichtigung aller Organsysteme die natürlichen Gruppen zu ermitteln. Allerdings glaube ich, dass dabei kein Organ wichtigere Dienste leisten kann als der Ge- nitalapparat. Zu einer einigermaßen zuverlässigen Eintheilung der Zonitiden reichen die vorliegenden anatomischen Beobachtungen bei Weitem nicht hin, sie lassen aber, wie ich glaube, doch schon die Richtung erkennen, in der sich einst die Klassifikation bewegen wird. Suchen wir uns Rechenschaft zu geben über die Umwandlungen, welche der Genitalapparat erleidet, ‚so fällt es zunächst auf, dass in jeder der besonderen natürlichen Gruppen derselbe Gegensatz uns zu Tage tritt, dass Formen mit einfachem Genitalapparate, also haplogone neben xiphogonen, vorkommen. So neben den echten Vitrina die Vitrinopugio, so neben den Zonites die Zonitoides und so neben Helicarion und Ver- - wandten Euplecta, Macrochlamys ete. und endlich Rhysota neben Xesta. Wie erklärt sich dieses Verhältnis? Dasselbe zeigt uns klar, dass es unnatürlich wäre, die xiphogonen Gattungen von den ihnen nächst- ı H. A. Pırssery, Nomenclature and Check List of North American Land Shells, Proc, Ac. Nat. Sc, of Philadelphia. 4889, p. 499 —210. 410 H. von Ihering, stehenden haplogonen abzutrennen und lediglich nach dem Genital- apparate die Familie in zwei Unterfamilien zu theilen. Es liegen daher für die Erklärung nur zwei Möglichkeiten vor: entweder ist in jeder einzelnen kleineren natürlichen Gruppe der Liebesdolch-Apparat selb- ständig aufs Neue entstanden, oder es ist in den verschiedenen Grup- pen zu einer Rückbildung des Liebesdolches und der Liebesdrüse ge- kommen, welche dann bereits bei den gemeinsamen Vorfahren dieser verschiedenen Gruppen entwickelt gewesen sein müssen. Letztere Annahme enthält nichts Unwahrscheinliches, da wir bei Helix, Cochlo- styla und Verwandten die gleichen Rückbildungserscheinungen wieder innerhalb einer jeden einzelnen Gattung selbständig sich vollziehen sehen. Dagegen wäre die Annahme, dass ein so überaus komplicirter und eigenartiger Apparat wie der Liebesdolch und seine Drüse in ver- schiedenen Gruppen einer einzelnen Familie mehrfach entstanden sein solle, im höchsten Grade unwahrscheinlich und ohne jedwedes ver- gleichbares Seitenstück, denn der an gleicher Stelle bei den Heliceen entstandene Liebespfeil sammt seinen Drüsen ist, wie wir sehen, mor- phologisch völlig anders geartet. Es finden sich zwar hinsichtlich der Liebesdrüse große Verschiedenheiten vor, allein überall ist der Grund- typus des ganzen Apparates der gleiche, ein Divertikel des Uterus, in dessen Apex sich eine durchbohrte Papille öffnet, durch deren centralen Kanal das Sekret einer dahinter gelegenen Drüse entleert wird. Es ist daher unmöglich zu verkennen, dass alle hierher gehörigen Gattungen gemeinsamen Ursprunges sein müssen. Auf den verschiedenen Stadien der Entwicklung des Liebesdolchapparates kann es dann aber in jeder der verschiedenen Entwicklungsgruppen zu Rückbildungen gekommen sein. Eine solche Gruppe stellt Zonitoides dar, wo die Liebesdrüse ein kleiner gabelig gespaltener Schlauch ist, und Zonites kann uns nur als ein von Zonitoides durch Rückbildung des Liebesdolchsackes entstandener Seitenzweig gelten. Zonites ist somit nicht euhaplogon sondern pseudo- haplogon und zwar speciell metaxiphogon. Genau das Gleiche gilt für Vitrina im Verhältnis zu Vitrinopugio, eben so auch für die anderen pseudohaplogonen Vitrininen. Wenn ich vermuthe, dass Rhysota im gleichen Verhältnis zu Xesta steht, so fehlen allerdings noch Übergangs- formen. Vermuthlich werden weitere Untersuchungen Reste des Liebesdolehapparates bei Rhysota erkennen lassen. Auf Beziehungen zwischen Xesta und Helicarion weist Xesta Cumingi hin, auf Beziehun- gen zwischen Helicarion und Ariophanta deutet Hel. ceratodes. Diese Art scheint anatomisch ganz mit Ariophanta zu stimmen ; wie bei letzterer Gattung es oftmals vorkommt, ist hier der Liebesdolchsack basal in Zu- sammenhang mit dem Blasenstiel, Semrer notirte, dass der Gang der x Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 411 £ Liebesdrüse abgerissen war, äußert dann aber Zweifel hieran. Ob nun _ ein gut ausgebildeter oder ein rückgebildeter Liebesdolchsack vorliege — immer bietet Helicarion ceratodes Charaktere dar, welche das von Semper auf Schwanzdrüse und Fußsohle begründete System durch- brechen. Es wird die Aufgabe künftiger Forschungen sein in diesem Sinne die von Semrer begonnenen Forschungen fortzusetzen und nach den Verbindungsgliedern zu suchen, welche Auskunft geben über den Zusammenhang von xiphogonen und haplogonen Gattungen auch bei den Naniniden. Wesentlich wird es für die Auffassung und Abgrenzung der Zoni- tiden sein, ob die Darstellung der vergleichenden Anatomie des Ge- nitalapparates, zu der ich oben geführt wurde, sich als richtig erweist. Jedenfalls erscheint sie mir bei jetzigem Stande unserer Kenntnisse als die einzig mögliche, und so muss ich auch die aus ihr hervorgehenden Konsequenzen hier entwickeln. Appendix und Appendicula sind da- nach homologe Gebilde und auch der Liebesdolchapparat gehört hier- her. Ist das richtig, so wird man nie Appendicula, Appendix und Liebesdolchsack oder zwei von beiden gleichzeitig antreffen, was that- sächlich nie der Fall ist. Wenn der Liebesdolchapparat sich zur Appen- dieula rückbildete, so darf sich also bei den damit ausgerüsteten Gattungen weder Appendicula noch Appendix vorfinden und das geht ja auch aus den Thatsachen hervor. Bei denjenigen Gattungen nun, bei welchen der Liebesdolchapparat eine Rückbildung erleidet, wird viel- leicht ein der Appendicula entsprechender Rest zu finden sein, oder keine Spur mehr davon. Wenn die Appendicula an der Vagina oder im Winkel zwischen ihr und Penis mündet, ist ihre Deutung klar, tritt sie ganz auf den Penis über, so nennen wir sie Appendix. Und dieser Fall liegt bei Microcystis vor, wo am Penis ein Appendix sich findet, im Übrigen der Genitalapparat einfach ist. Hier schließt sich noch eine weitere Gattung an, Martensia Semper, bei welcher der Appendix sich als eine acinöse Drüse repräsentirt. Hier endlich reiht sich Conulus an, sofern eben Gonulus semen lini zu Conulus gehört und nicht etwa eine selbständige Gattung darstellt. Vielleicht werden Conulus, Microeystis u. A. mit fehlendem oder rudimentärem Receptaculum seminis eine besondere Familie bilden müssen. Innerhalb der Zonitiden scheinen zwei oder drei verschiedene Unterfamilien zu bestehen. Zunächst die Hyalininen oder Zonitinen, durch die oben erwähnten Verhältnisse im Gebiss und die weit nach hinten gerückte Genitalöffnung, die gut entwickelte Schale, den Mangel großer Schalenlappen etc. charakterisirt. Sodann alle übrigen mit vor- wiegend zweispitzigen marginalen Zähnen und hinter dem großen 412 H. von Ihering, Fühler gelegener Genitalöffnung und in zwei Gruppen zerfallend, eine 3 mit Schwanzdrüse (Nanininae) und eine ohne solche oder doch nur ausnahmsweise mit Spuren derselben versehen (Vitrininae)!. Inner- halb dieser einzelnen Gruppen giebt es dann wieder xiphogone und metaxiphogone Genera. Ss Dass hiermit im Wesentlichen das Skelett für die Klassifizirung der uns beschäftigenden Formen gegeben ist, bezweifle ich nicht, aber in der Beurtheilung der haplogonen Genera bestehen noch Schwierig- keiten, die sich zur Zeit nicht überspringen lassen. Leider bietet der Genitalapparat weiter keine Hilfsmittel zur Scheidung natürlicher Grup- pen dar, denn die Umbildung des Flagellum in den Kalkkonkretionen enthaltenden Kalksack und die Ausbildung von Knorpelpapillen resp. Papillen überhaupt im Penis scheinen schon den Vorläufern .der Zoni- tiden eigen gewesen zu sein und sie haben sich bald erhalten, bald nicht, ohne dass dies mit systematischen Beziehungen in Einklang stände. So haben Eupleeta, Xesta ete. den Kalksack, bei Ariophanta fehlt er, Martensia hat ihn, bei Macroeystis fehlt er. Bei Helicarion hat ein Theil der Arten Reizpapillen im Penis, die anderen nicht, ähnlich ° Rhysota, wohl auch Zonites. Conulus hat die Knorpelpapillen des Penis, Microcystis nicht. ® Von der Organisation der Mieroeystiden? kennt man nichts als das Wenige, was Seurer und ich darüber mitgetheilt haben. Die Anatomie der kleinen und kleinsten Nephropneusten hat eben bisher wenig Reiz gehabt und doch sind diese kleinen Formen es, die uns in vieler Hin- sicht die wichtigsten Aufschlüsse versprechen. Die großen Helix, | Bulimus, Cochlostyla etc. sind erst tertiär oder mesozoisch erschienen, die älteren und ältesten Nephropneusten werden zonitidenartige, pupa- artige etc. kleinere Schnecken gewesen sein. Hat man doch Zonites priscus Carp. aus dem amerikanischen Carbon direkt zu Conulus ge- stellt. Ich habe Anfangs geglaubt, es in Conulus semen lini mit einer Mierocystis zu thun zu haben, ich wusste auch nichts anzugeben, was anatomisch eine solche Trennung rechtfertigen könnte, aber da die Schalen nach Dr. Borrrezr’s Urtheil dem widersprechen, so sah ich von einer Vereinigung beider ab. Eine nicht minder schwierige Frage ist die nach dem Ursprung und den Homologien des echten Pfeilapparates. Man hat bisher weder dessen Ursprung noch die Umbildungen, welche er erleidet, zu verfolgen 1 Ob sich hier die wohl den Zonitiden einzureihenden Trochomorpha eic. anreihen, kann ich zur Zeit nicht beurtheilen. 2 Da es mir scheint, als ob MoELLENDoRFF Lamprocystis und Microcystis nicht schlechthin als synonym ansieht, so behalte ich die Semper'sche Nomenclatur hier bei. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 413 gesucht. Und doch bestehen sehr bedeutende Differenzen, nicht nur hinsichtlich der Zahl und Anordnung der Glandulae mucosae sondern auch bezüglich der Pfeilsäcke. Wir kennen Arten mit vier, zwei und einem Pfeilsack, resp. Pfeil. Welches ist da der ursprüngliche Zustand ? Bei Helix s. str. hat der Pfeilsack wie der Apparat der Glandulae mucosae seine bedeutendste Größe, auch der Pfeil seine komplieirteste Struktur erlangt. Während bei den mit doppeltem Pfeilsack versehenen Frutici- colen und Xerophilen der Pfeil ein einfaches, kegelförmiges kleines Ge- bilde ist, wird er bei Helix zu einem viel größeren Körper, der sich in Krone, Hals und Körper gliedert mit komplieirter Canellirung der Krone, mit verschiedenartiger Ausbildung von Körper und Spitze, die mit doppelten oder mehrfachen Leisten versehen sind, deren Schneide wieder in verschiedenartiger Weise modificirt sein kann. Es geht daraus klar hervor, dass hier nicht der Ausgangspunkt sondern das Endstadium der mannigfachen Umbildungen vorliegt, welche die Pfeil- säcke erleiden, und da beide Gruppen, in denen wir auf einfachere Pfeile stoßen, Frutieicolen wie Xerophilen, doppelte symmetrisch gelagerte Pfeilsäcke besitzen, so ist dies offenbar der ältere primitivere Zustand. Die bei Helix s. str. schon in eine ganz bestimmte Richtung ge- drängte Entwicklung des ganzes Apparates ist hier noch in vollem Fluss. Die Glandulae mucosae stehen wirtelförmig angeordnet über den Pfeilsäcken, oder beginnen schon sich in zwei Gruppen zu ordnen. Wenn vier Pfeilsäcke vorhanden sind, stehen entweder zwei etwas höher oder alle in gleicher Höhe. Obwohl vielleicht in manchen Fällen vier Pfeile vorkommen, ist mir doch kein solcher Fall bekannt. Es sind nämlich zwei der Säckchen, die Nebensäckchen, leer. Wenn beide Nebensäckchen verkümmern, so finden sich nur zwei systematisch angeordnete Pfeil- säcke. In anderen Fällen rückt einer von diesen neben jenen der anderen Seite, wobei der accessorische kleiner ist. Man könnte auch denken, es sei nur einerseits Pfeil- und Nebensack erhalten, jeder mit Pfeil. Weiterhin kann der Pfeil des Nebensackes sowie endlich auch dieser selbst schwinden. Ein noch weiter gehender Reduktions- process lässt den noch übrig bleibenden Hauptsack leer werden oder - ganz schwinden, während die Glandulae mucosae sich noch erhalten aber rudimentär werden. Wenn sie ganz fehlen, so ist der dann ein- fache Genitalapparat nicht mehr von einem primär haplogonen oder _ euhaplogonen zu unterscheiden und doch liegt ein ganz anderer Fall vor, nämlich ein durch Rückbildung des Pfeilapparates einfach gewor- dener metabelogoner Genitalapparat. Hinsichtlich der vielen hier in "Betracht kommenden Modifikationen vergleiche man das unter Frutici- cola und Xerophila im Folgenden Bemerkte. Es kommen somit schon 414 H. von Ihering, bei Frutieicola Verhältnisse vor, welche unmittelbar zu den Verhältnissen der typischen Helix hinleiten. So hat z.B. Helix fruticum einen kräftigen Pfeilsack mit Liebespfeil und daneben einen leeren Nebensack. Ob sich auch bei echten Helix noch Reste des Nebensackes nachweisen lassen, ist bisher noch kaum beachtet. Dass Reste desselben vorkommen, lehrt | indess eine bezügliche Beobachtung von Scuwmipr an Helix planospira. i | | i | Ein weiterer Punkt endlich von allgemeinem Interesse ist die Frage nach dem Ursprunge des Receptaculum seminis. Es giebt unter den Zonitiden eine ganze Anzahl von Formen, bei denen dasselbe völligfehlt. Als Beleg führe ich hier den Genitalapparat von Hyalina (Conulus) semen lini Meric. an, der einzigen bisher in Rio Grande do Sul aufgefundenen einheimischen Zonitide. Das Thier (Fig. 6) ist schwärzlich von Farbe, im Nacken und an der Fußsohle grau. Letztere ist durch scharfe Linien in drei Felder getheilt, doch konnte ich an dem kriechenden Thiere keine lokomotorischen Wellen gewahren. Der Fußsaum ist deutlich ausgebildet. Am Hinterende, wo beide Fußsäume zusammenstoßen, befindet sich eine kleine Grube, wohl die Schwanzdrüse, über welche sich das hornartige Ende des Fuß- rückens hinüberlegt, ohne aber nach hinten die Fußsohle wesentlich zu überragen. Die Genitalöffnung liegt hinter den rechten Fühlern. Der Mantelrand hat vor und hinter dem Athemloche, in dessen Tiefe der After liegt, je einen einfachen Nackenlappen. Schalenlappen fehlen. Die Niere ist dreieckig, aber schmal, länger als breit. Der 1 mm breite glatte Kiefer (Fig. 9) ist vorn dunkel, hinten heller, und hat in der Mitte des Kaurandes einen großen stumpfen Zahn; er ist wenig gekrümmt. Die Radula (Fig. 10) hat 120 Querreihen, deren Formel 35 —1—-35 ist. Der Mittelzahn ist dreispitzig und hat nahezu in der Mitte seiner Höhe jeder- seits einen Seitendentikel. An den lateralen Zähnen ist eine bis fast ans Hinterende der Zahnplatte reichende Hauptspitze da, und eine äußere Seitenspitze in gleicher Höhe wie am Mittelzahn. Dieser äußere Dentikel oder Ektodont rückt nun an den folgenden Zähnen immer mehr gegen die Spitze des Mesodonten, so dass die marginalen Zähne zweispitzig sind, mit über die Basis der Zahnplatte vorragenden Den- tikeln, von denen der innere, der Mesodont, nur wenig größer ist als der äußere. Die lateralen Zähne stehen in gerader Linie, die margina- len bilden mit dieser einen stumpfen Winkel; ein deutlicher Gegensatz zwischen lateralen und marginalen Zähnen existirt im Übrigen nicht. Am Genitalapparat (Fig. 7) tritt vom unteren Theile des Uterus das Vas deferens ab, welches nach kurzem Verlaufe zum Penis an- schwillt. Dieser ist ein einfacher, nach unten hin sich erweiternder Sack, welcher etwas unterhalb der Einmündung des Vas deferens die Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 415 Insertion des Retraktor trägt. An dem erweiterten unteren Ende des Penis sitzt mit weiter Öffnung ein nach hinten sich rasch verjüngender und hornförmig umgebogener Blindsack mit etwas verdickter Wandung an. In der oberen Hälfte des Penis befinden sich 18 Knorpelpapillen, von denen ich eine in Fig. 8 abbildete, und zu denen im Apex des Penis noch eine Anzahl kleinerer hinzukommen. Der Uterus ist am distalen Ende scharf abgesetzt und hängt mit der Vagina durch einen kurzen schmalen Zwischengang zusammen. Die Vagina ist unten an der Kloake schmäler wie oben, wo sie keulenförmig verdickt ist. Sie hat hier eine kaum abgesetzte, aber an der gelben Pigmentirung gut erkenntliche Abtheilung, welche offenbar morphologisch wie funktionell dem fehlen- den Receptaculum seminis entspricht. Das hier beobachtete Fehlen des Receptaculum seminis kommt noch bei anderen Zonitiden vor. Es wurde zuerst beobachtet und richtig erkannt von StoriczkA ! für Mierocystis resp. jetzt Lamprocystis. Später hat Semper übereinstimmende Beobachtungen gemacht, aber anders gedeutet. Semrer deutet den Appendix am Penis als das Receptaculum seminis. Ich muss für den oben von mir beschriebenen Fall die Mög- lichkeit, den Appendix als Receptaculum zu deuten, durchaus bestreiten, aber auch Srmper’s eigene Beobachtungen widersprechen seiner Deu- tung. SEMPER hat zwei verschiedene Typen des Genitalapparates bei Microcystis beobachtet. Bei Microceystis suceinea Pfr. (p. 44, Taf. II, Fig. 11) sind die Verhältnisse fast ganz wie bei Gonulus semen lini. Der Uterus endet an der Stelle des Abganges des Vas deferens und setzt sich von da in einen schmäleren Kanal fort zur Vagina, deren oberes Ende wieder verdickt ist und als einen hier auch äußerlich abgeschnürten plumpen kurzen Blindsack das Receptaculum seminis anhängen hat. Am Penis, dessen Apex Semper dem Vas deferens zurechnet, findet sich unterhalb des Retraktors ein schlauchförmiger Blindsack, den Semper » Flagellum« nennt, der aber der Appendix ist. Bei Microcystis myops Semp. dagegen (p. 43, Taf. IV, Fig. 9), fehlt das Receptaculum seminis und der Penis trägt unterhalb des Retraktors einen kurzen Blindsack, »welcher die Samentasche zu sein scheint«. Semper deutet hiernach ‘den Appendix das eine Mal als Flagellum oder Goecum penis, das andere Mal als Receptaculum seminis, trotzdem es sich in beiden Fällen um einen einfachen blindsackförmigen Anhang des Penis unterhalb des Retraktors handelt. Die Abbildung des Genitalapparates von Micr. myops lässt nicht erkennen, ob Uterus und Vagina sich eben so verhalten wie bei Gonulus semen lini und wie bei der anderen Microcystisart, denn er 1 Journ, of the Asiat. Soc. of Bengal. Vol. XL. Part IT. 1874, 416 H. von Ihering, Ei stellt einen kräftigen Uterus dar. Es wäre offenbar der Mühe werth, eine größere Anzahl Arten von Microcystis auf diese Verhältnisse zu unter- suchen. Sie werden gewiss nur bestätigen können, was SrtoLiczkA und ich im Gegensatze zu Srmrer gefunden haben, dass es nämlich eine Anzahl von Zonitiden giebt, bei denen das Receptaculum fehlt. Semrer' hat zwar gegen StoLiczkA an seiner Meinung festgehalten, ohne sie aber besser begründen zu können, und der Umstand, dass der Appendix bei Arten mit und bei anderen ohne Receptaculum vorkommt, weist dessen Deu- tung als Receptaculum klar zurück. Leider liegen über Ablagerung der Spermatophore bei Microcystis keine Beobachtungen vor. Wenn man erst beginnt diese Verhältnisse eingehender zu studi- ren, wird sich gewiss zeigen, dass noch viele andere Arten und Genera der Zonitiden existiren, bei denen das Receptaculum fehlt, und dass das, was Semrer als solches deutete, die Liebesdrüse ist. So hat z. B. Helicarion ceratodes Pfr. (Taf. IV, Fig. 11) das vermeintliche Re- ceptaculum mit einem dicken Nebensacke versehen, was auf das Re- ceptaculum, welches bei Zonitiden nie ein Divertikel besitzt, schlecht passt. Vermuthlich sind hier Receptaculum und Liebesdrüse basal verschmolzen. Bei Trochomorpha (Discus) Metealfei Pfr. (Taf. IV, Fig. 2) ist der als Receptaculum gedeutete Schlauch in zwei scharf gegen ein- ander abgesetzte Stücke gegliedert, während wieder die Vagina gegen den Uterus hin keulenförmig anschwillt, ohne ein Receptaculum zu tragen. Es wird daher erst eine erneute gründlichere Untersuchung zeigen können, was Receptaculum ist und was Liebesdrüse oder Appendiecula. Bei vielen der hierher gehörigen von Semrzr untersuchten Arten ist das Receptaculum ganz außerordentlich kurz? gestielt. Bei Euplecta Layardi (Taf. III, Fig. 3) sitzt die kugelige nicht gestielte Blase wie ein Bruchsack an der Vagina an, bei Tennentia philippinensis ist das Re- ceptaculum überhaupt nicht von der Vagina abgesetzt, sondern eine etwas angeschwollene Ausbuchtung an deren oberem Ende. Wenn man diese geringe Entwicklung des Blasenstieles bei so vielen Gattungen der Zonitiden sich vergegenwärtigt und sieht, wie in so vielen Fällen das Re- ceptaculum nur ein kaum abgesetztes Divertikel der Vagina ist, so kann es ja nicht mehr überraschen, wenn wir bei anderen Arten kaum mehr ° eine Spur von solcher Abschnürung gewahren und eben nur das obere kolbige angeschwollene und mit drüsiger meist gelb pigmentirter Wan- dung versehene Ende der Vagina als Receptaculum funktionirt. So kann es auch nicht Wunder nehmen, wenn ein so wichtiges Organ wie ı C. SempeR, Über Srorıczka’s Untersuchungen indischer Landschnecken. Malak. Blätter. Bd. XIX. 4872. p. 182. ? Darauf weist auch Prerrer hin. Jahrb. Malak. Ges. Bd. V. 1878. p. 261. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 417 das Receptaculum bei einigen Arten ein und derselben Gattung existirt, resp. deutlich von der Vagina abgesetzt ist und bei anderen nicht. Es ist wohl unwahrscheinlich, dass der Gapreolus in Appendix oder Ap- pendicula sollte abgesetzt werden, wahrscheinlich doch wohl in die Vagina, Als Vagina kann man noch den hier über Conulus, Microcystis etc. gemachten Mittheilungen nur den Abschnitt gelten lassen vom Ende der Genitalkloake bis über den Ansatz des Receptaculum hinaus. Bei Conulus ete., aber auch noch anderen Gattungen wie den oben erwähn- ten Trochomorpha, ist die ringförmig von in der Wandung eingelagerten Drüsen umgebene Vagina ganz scharf abgesetzt gegen den Uterus. Es kann da also nicht der geringste Zweifel bleiben, was Vagina und was Uterus sei, was mehrfachen irrigen Darstellungen ' gegenüber besonders hervorgehoben sei. Diese Drüsenzone tritt da, wo das Re- ceptaculum sich abschnürt, zurück, hat sich aber doch bei manchen Zonites erhalten, worauf zuerst Moqumn-Tanpon hinwies, der sie vagi- nale Prostata nannte. Sie können sich vermuthlich, nachdem sie be- sondere Ausführgänge erhalten, auch von der Vagina ablösen und am Atrium genitale münden (Amalia). Die mit Microcystis und Conulus nahe verwandte, nach SEMPER xiphogone Gattung Macrochlamys enthält nach Jıckzı1? auch Arten ohne Pfeil, vielleicht auch ohne Receptaculum, da das als solches gedeutete Gebilde von M. superlita Morel wohl eher eine Appendicula war. Zur Vergleichung habe ich Exemplare von Conulus fulvus Drap. aus Norddeutschland untersucht. Das Thier stimmt mit den bekannten Beschreibungen überein. Die Fußsohle hat ein deutlich abgegrenztes Mittelfeld und einen Fußsaum, Das Hinterende des Fußrückens ist ab- gerundet breit, niedrig, unter demselben tritt das Hinterende der Fuß- sohle nur wenig hervor, doch ist die Öffnung der Schwanzdrüse deut- lich kenntlich. Zu beiden Seiten des Athemloches hat der Mantelrand je einen einfachen kleinen Nackenlappen. Die Genitalöffnung liegt etwas hinter dem rechten großen Fühler. Die Niere ist nicht sehr groß, länger als breit, und hat einen ge- schlossenen Ureter. Der Kiefer ist ziemlich kräftig, gebogen, glatt, mit mittlerem Zahn und ziemlich scharf abgesetztem, dem Kaurande - parallel laufenden Hintertheile, wodurch die abgerundeten Seitenenden zweilappig resp. eingeschnitten sind. Die Radula hat in der Querreihe ca. 26 Zähne. Die marginalen sind zweispitzig mit zwei kräftigen, fast gleich großen Spitzen. Den Geschlechtsapparat habe ich in Fig. 11 1 So PreErrer, 1. c. 1878. p. 262. 2 Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. X. 1863. p. 360, Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LIV, Bd, 97 418 H. von Ihering, abgebildet. Die Prostata liegt dem Uterus an, das nicht sehr lange Vas deferens löst sich erst ganz unten ab. Dasselbe bildet an seinem Ein- tritte in den Apex des Penis eine central durchbohrte kurze plumpe Glans. Etwas unterhalb derselben inserirt sich der breite Retraktor; ein feines Muskelband setzt sich noch weiter unten an den Penis an. Knorpelpapillen fehlen. Nahe am distalen Ende des Penis öffnet sich in diesen ein kurzer, plumper, etwas gebogener Schlauch, dessen leicht angeschwollenes freies Ende dem Penis aufliegt. Der Uterus verjüngt sich nach unten und setzt sich scharf ab gegen eine breite, ringförmige, dunklere Partie der Vagina, welche dickere drüsige Wandungen hat. Von der Vagina löst sich dicht unterhalb dieser Drüsenzone ein rudi- mentäres ganz kurzes Blindsäckchen ab, welches offenbar das Recep- taculum seminis darstellt. Weiter nach unten schließt sich noch eine ziemlich lange Genitalkloake an. Die Anatomie dieser Schnecke schließt sich so nahe an diejenige von CGonulus semen lini an, dass ich letztere nicht von Conulus ent- fernt sehen möchte. Bei der brasilianischen Art ist das Hinterende des Fußrückens höher, mehr abgestutzt, mit kurzem aber schmalem horn- förmigen Ende, während es bei Conulus fulvus kurz und breit ist. Das Receptäculum seminis ist bei C. semen lini nicht, wohl aber bei fulvus von .der ringförmigen Drüsenzone der Vagina abgeschnürt, aber noch ganz rudimentär. Knorpelpapillen des Penis, bei jener Art entwickelt, fehlen bei fulvus. Wie wir sahen, kommt es auch bei anderen Gattungen der Zonitiden vor, dass Knorpelpapillen bei einem Theile der Arten fehlen, bei anderen sich vorfinden, und bei Microeystis ist das Recep- taculum seminis bald von der Vagina schon abgeschnürt, bald nicht. Es sind daher keine Differenzen vorhanden, welche zur Abtrennung von C. semen lini von der Gattung Conulus nöthigen könnten. Dass Conulus sich auf das innigste an Microcystis anschließt, ist hieraus ohne Weiteres klar. Gebiss und Genitalapparat sind absolut identisch. Die Vagina ist gut gegen den Uterus abgesetzt, mit drüsiger Wandung, von der ein Blindsack, der als Receptaculum seminis dient, oder dessen Vorläufer oder Rudiment ist, sich bald deutlich absetzt, bald nicht. Am Penis findet sich in dessen unterer distaler Hälfte ein blindsackförmiger Anhang, ein Appendix, während ein Coecum retrac- toris penis eben so fehlt wie ein einfaches oder in einen Kalksack um- gewandeltes Flagellum. Von Zonites, wohin man Conulus bisher stellte, unterscheidet sich letzteres Genus durch zweispitzige Marginalzähne, kurz gestieltes, rudimentäres oder fehlendes Receptaculum seminis und Mangel anderer Anhangsgebilde am Penis als das Appendix, sowie durch die nicht hinten sondern vorn am Fühler befindliche Lage der Genital- is Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, I. 419 öffnung. Die Unterschiede zwischen Conulus und Microcystis, falls wirklich vorhanden, werden daher wesentlich conchyliologischer Art sein, worüber ich mir beim Mangel von Microcystis-Arten in meiner Sammlung z. Z. kein Urtheil bilden kann. In Ergänzung zu obigen Mittheilungen schließe ich hier noch einige Beobachtungen über andere Hyalinien an. Ich habe noch zwei Arten, beide aus Deutschland, untersuchen können. Hyalina nitens Mich. ist eine echte Hyalina, bei der die Fußsohle dreitheilig ist, indem scharfe Furchen das Mittelfeld abgrenzen und die Genitalöffnung hinten unter dem Athemloch gelegen ist. Eine Schwanzdrüse fehlt. Das Vas deferens tritt mit einer ganz kleinen durchbohrten Glans in den Penis ein, dessen Retractor sehr nahe am Apex sich inserirt. Der Penis ist diek, kurz, mit einigen ringförmigen Falten und einem einfachen Reiz- körper (Stimulus) in seiner unteren Hälfte. Das einfache Receptaculum seminis ist kurz gestielt, der Vagina anliegend. Hyalina erystallina Müll. gehört einer anderen Gattung (Vitrea Fitz.) an. Die Fußsohle ist ungetheilt, vielleicht ist eine rudi- mentäre Schwanzdrüse vorhanden, doch verhielten sich die einzelnen Individuen etwas verschieden. Die Genitalöffnung liegt vorn, hinter dem rechten großen Fühler. Der Kiefer ist sehr fein mit geradem schwachem Kaurande ohne medianen Zahn. Die Radula hat die Formel 18 —3 —1 — 3—18. Der Mittelzahn ist dreispitzig, eben so die drei lateralen Zähne, von denen wenigstens der erste den Entodonten gut entwickelt hat. Die marginalen Zähne sind einspitzig, stachelförmig. Der Genital- apparat ist ganz einfach, dem der vorigen Art ähnlich, nur der Penis etwas mehr gestreckt, aber es fehlt das Receptaculum seminis, So an einigen Exemplaren sicher, an anderen war ein Rudiment eines solchen vorhanden, ohne dass ich über dasselbe ganz ins Reine hätte kommen können. Es werden also geschlechtsreife Thiere in größerer Anzahl zu untersuchen sein, um über das Verhältnis Klarheit zu gewinnen. Wenn schon so leicht zu sehende äußerliche Verhältnisse wie Fuß- sohle, Lage der Genitalöffnung etc. bei deutschen Hyalinen seither nicht bekannt sind, so ist es wohl klar, dass ein eingehendes Studium der ganzen » Gattung« Hyalina nöthig ist, um den mancherlei heterogenen in ihr vereinten Elementen durch anatomischeUntersuchung den rechten Platz anzuweisen. Besonders wichtig wird essein, Conulus und andere Formen mit rudimentärem oder fehlendem Receptaculum seminis auf die Embryologie des Genitalapparates zu untersuchen, zur Entscheidung der Frage ob ihre Diaulie eine primäre oder eine sekundäre ist, d. h. ob ihr ein triaules Stadium vorausgeht. Die Gattung Hyalina hat mich noch durch eine andere Beobachtung 275 Be ER N . 420 oH. von Ihering, überrascht. Bei Hyalina nitens liegt der Retraktor des rechten großen Tentakels frei neben und nach innen vom Genitalapparate. Der Penis- retraktor inserirt sich nahe dem Penis an die Körperwand. Es ist das ein Verhalten des Retraktors, welches von jenem der Heliceen, Sueei- neen, Bulimulus ete. total abweicht. Bei Helix läuft der rechte Retrak- tor des großen Tentakels über den Genitalapparat hin, in der Furche zwischen Penis und Uterus verlaufend. Man hat oft gesagt, der rechte Tentakel und sein Retraktor treten zwischen Penis und Vagina durch, was jedoch das Verhältnis schlecht bezeichnet. Durch die Schlinge, welche Vas deferens und Penis mit Uterus und Vagina bilden, tritt bei keiner Nephropneuste irgend ein Retraktor durch. Es läuft vielmehr der Tentakelretraktor der rechten Seite völlig frei zur Seite oder über den Genitalapparat hin, und es ist offenbar ziemlich gleichgültig, ob der betr. Muskel über oder neben dem Genitalapparate liegt. Wesentlich aber ist, dass bei Helix etc. der Penisretraktor sich links vom Spindel- muskel inserirt, bei Hyalina rechts. Um letzteres Verhältnis mit jenem von Helix in Einklang zu bringen, genügt es nicht an eine Dislokation des Penisretraktors nach rechts hin zu denken, denn er kann eben über und durch den Spindelmuskel resp. den rechten Tentakelretraktor nicht hinaus. Würde auch die Insertion des Penisretraktors von Hyalina an der Decke der Leibeshöhle nach links verschoben, so würde der rechte Tentakelretraktor doch stets links von ihm liegen bleiben, während er thatsächlich rechts von ihm liegt. Es ist daher klar, dass beide Retraktoren des Penis nicht homolog sein können. Offenbar ist ursprünglich nur einer derselben, der rechte, vorhanden gewesen. Nachdem die Verlegung des Penis nach der Mittellinie und bis links hin zu Stande gekommen, wird sich dort noch ein zweiter, der linke, an das Epiphragma sich inserirende Retraktor gebildet haben, worauf dann der andere verkümmerte. Ich komme hierauf zurück. Überraschend kam mir die Beobachtung, dass in Bezug auf das Verhältnis der Retraktoren des Penis und des rechten Tentakels sich Arion an Hyalina, aber Limax an Helix anschließt. Man rechnet bis- her bekanntlich gerade umgekehrt Arion zu den Heliceen, Limax zu den Zonitiden. Ich selbst bin längst von den Ansichten, die ich früher über Arion aussprach, zurückgekommen, seitdem ich aus Bmxey’s Arbeit die Verhältnisse der kalifornischen Arioniden, kennen gelernt habe. Arion erweist sich demnach nur als Endglied einer Reihe von Formen, an deren Spitze Binneya und Hemphillia stehen, mit äußerer Schale, die bei Binneya noch gewunden, bei Hemphillia aber einfach, nagel- förmig gestaltet ist. Nur die Streifung oder die Rippen des Kiefers ‚haben den Anlass zur Einreihung bei den Heliceen gegeben, wir Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 421 haben aber schon oben darauf hingewiesen, dass eine einseitige Berücksichtigung des Kiefers keine natürliche Anordnung der Genera zur Folge hat. Die Radula ist indifferent, durch die verlängerten Meso- donten der marginalen Zähne eher den Zonitiden sich nähernd als den Heliceen. Der Genitalapparat zeigt bei den eben genannten Gattungen sowie bei Prophysaon und Ariolimax eine Appendicula, über welche genauere Untersuchungen nicht vorliegen. Bei Ariolimax ealifornicus stellt sie eine Drüse dar, bei Hemphillia glandulosa fehlt die Appen- dicula und statt ihrer findet sich am Penis ein Appendix. Es scheint daher wahrscheinlich, dass genauere Untersuchungen noch Reste vom Liebesdoleh und seinem Sack nachweisen werden, wie Bınnev ver- muthet. Dass getheilte Fußsohle und Schwanzdrüse bei einem Theile der Arioniden vorkommen, erwähnte ich schon, es ist daher nicht über- raschend, wenn sie auch im Genitalapparate sich den Zonitiden an- schließen. Mehr überraschend ist mir es, dass Limax nicht an die Zonitiden sich anschließt, doch sind wir, glaube ich, über den Ursprung von Limax noch ganz im Unklaren und kennen nicht wie bei Arioniden, Suceiniden u. A. die ganze Kette von Formen mit großer äußerer Schale bis zu innerer. Hier gab es seither wohl nur Vermuthungen und es scheint, dass sie nicht richtig waren. Jedenfalls müssen die Verwandt- schaftsbeziehungen von Limax künftig vorurtheilsfrei gründlicher ge- prüft werden. Einige Bemerkungen sind noch nöthig betrefls des Penisretraktors. Wenn ich oben Arion in Bezug auf diesen Muskel mit Hyalina verglich, so wird man mir erwiedern können, dass ja Arion überhaupt keinen Retractor des Penis besitze. Sımroru ! vertritt zwar die Meinung, dass an Stelle eines solchen Retraktors nur lockere Bindegewebszüge des Mesenteriums sich finden, »wohl, wie überall, mit vereinzelten Muskel- fasern, doch ohne ein wahres Muskelband zu bilden«. Dem gegenüber muss ich betonen, dass es sich nicht um vereinzelte Muskelfasern handelt, sondern um ein vom umgebenden Bindegewebe wohl unterschiedenes Muskelband, das sich deutlich als ein Theil des großen Genitalretraktors erweist, der ja wie bekannt, sogleich in zwei Bündel zerfällt, je eines für Vagina und Blasenstiel. Es liegt auch kein Grund vor zu sagen: »ein Penis fehlt«. Der Penis ist da, morphologisch wie funktionell, nur schwächer entwickelt. Er beginnt ein wenig über der Insertion des Retraktor, hat wie immer verstärkte Wandung und dient ja auch wie immer bei Nephropneusten zur Bildung der Spermatophore. Es ist 1 1.c.p. 233. 422 HH. von Ihering, somit nur ein gradueller Unterschied da, bedingt durch die minder weit gehende Umstülpung des Penis. Dass Arion hierin eine extreme Modi- fikation darstellt, lehren die kalifornischen Arioniden, die fast alle den Retraktor am Penis haben. Bei einigen zeichnet ihn Bınney allerdings nicht, bildet aber eben so wenig einen Retraktor des Blasenstiels ab. ' | Diese Untersuchungen bedürfen sehr der Nachprüfung. Dass der Penis- retraktor auch Bündel an den Blasenstiel abgiebt, kommt auch bei Clau- silia vor. Auf eine andere Reihe von Modifikationen des Penisretraktors hat Wıssmann! hingewiesen, indem nämlich dieser Muskel bei Stenogyra, Achatina, Helix obvoluta, Vitrina brevis und vielen Glausilien vom Spin- delmuskel entspringt. Bei Glausilia ventricosa Darp. aber besteht neben dem columellaren Penisretraktor auch ein epiphragmatischer, so dass also beide Penisretraktoren in der oben von mir vorausgesetzten Weise coexistiren, während in der Regel der epiphragmatische bei Clausilia verkümmert ist. Jedenfalls wird es nöthig sein die Modifikationen der Penisretraktoren genau zu vorfolgen, um die homologen Theile zu er- mitteln und damit ein weiteres Hilfsmittel zu gewinnen zur Durch- führung der interessantesten Aufgabe, welche die vergleichende Anatomie des Genitalapparates der Nephropneusten uns darbietet: der Erkenntnis der größeren natürlichen Hauptgruppen, für welche das Gebiss zwar mancherlei wichtige Winke, aber auch sehr viele verkehrt gedeutete geliefert hat. Das Gebiss hat eben eine wesentlich geringere Bedeutung für die Erkenntnis der größeren systematischen Gruppen der Nephropneusten als man bisher annahm, das maßgebende Organ- system ist der Genitalapparat. Dies ist auch immer meine Ansicht ge- wesen, wie ich Missverständnissen gegenüber betone, während ich allerdings auf die Thatsache, ob die Genitaldrüse zwitterig oder diözisch ist, keinen Werth legte, und darin hat mir ja auch die Erfahrung Recht gegeben, in so fern es eben Gruppen von Mollusken giebt, in denen beiderlei Formen der Geschlechtsdrüse in ein und derselben Gattung (Glabaris z. B.) vorkommen, während wieder in anderen, und so bei allen Platymalakia, ausnahmslos eine Zwitterdrüse und ein mit ihr innig. verbundener Ausführapparat sich vorfindet. Die Bedeutung des columellaren Penisretraktors kann man sich am besten klar machen durch Untersuchung der Gattung Suceinea. Bei einer neuen südbrasilianischen Art, deren Genitalapparat ich in Fig. 12 und 22 abgebildet, verhält sich die Muskulatur etwas anders als bei Suce. putris. Bei letzterer Art sind die hier erst später sich 1 F. WıEemAnN, Bemerkungen zur Anatomie der Clausilien. Jahrb. d. d. Mal. Ges. Bd. V. 1878. p. 165. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. 1. 423 trennenden beiden Bündel des Retraktor buccalis von Anfang an ge- trennt und der rechte Tentakelmuskel endigt mit seiner Hauptmasse in der Haut, welche die Gegend der Genitalkloake umgiebt. Bei Succ. camaguamensis aber theilt sich dieser Muskel in der Gegend des distalen Penisendes in zwei Äste, von denen der eine an den Penis tritt, der andere nach Abgabe der Tentakelbündel in der Gegend der Genital- öffnung sich verbreitet. Es lässt sich hiernach leicht begreifen, wie der rechte Tentakelmuskel, also ein Theil des Spindelmuskels, auch bei anderen Gattungen einen Zweig an die Genitalkloake oder an den Penis abgeben kann. Die Coexistenz des columellaren und des epiphragmatischen Re- traktors des Penis bei Suceinea-Arten, bei gewissen Clausilia etc. be- weist, dass beide Retraktoren nicht auf einander bezogen werden können. Als dritter Penisretraktor kommt endlich jener hinzu, den wir bei Hyalina kennen lernten und welcher wohl jenem von Xerophila entspricht, und den ich den pleuralen nennen will. Nur letzterer kann jenem von Peronia, Vaginulus ete. homolog sein; er ist also der älteste, welcher dann weiterhin durch die anderen beiden ersetzt wurde. Es scheint, dass niemals alle drei, nicht selten aber zwei von ihnen coexistiren. Jedenfalls verdienen diese Verhältnisse weiter ver- folgt zu werden, sowohl durch Verfolgung der Entwicklungsgeschichte der Muskulatur, als auch im Interesse der Erkenntnis der Verwandt- schaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Familien der Nephro- pneusten. Bemerkenswerth ist ferner der gänzliche Mangel eines Penis- retraktors bei einigen Gattungen, denen sich vielleicht noch in Zukunft andere anschließen. Bis jetzt ist es nur Carthusiana und nach Prrrrer auch Trochonanina. (Fortsetzung folgt.) EST Sailer Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Von H. von Ihering (Rio Grande do Sul). (Zweiter Theil.) 1I. Systematik. Im folgenden Abschnitte werde ich die Familie der Heliciden in dem Umfang, den ich ihr gebe, charakterisiren. Hier ist es zunächst nur meine Absicht, das vorliegende reiche Material über den Ge- schlechtsapparat der Heliceen kritisch zu sichten, und die aus der anatomischen Übereinstimmung sich ergebenden einzelnen Genera abzugrenzen. Alle hierher gehörigen Formen sind aulacognath oder odontognath, auch in der Radula vertreten alle einen gemeinsamen Typus, alle sind endlich belogon, doch habe ich auch metabelogone Arten oder Gattungen zugenommen, wo dies nöthig erschien. Erst künftige Forschungen werden über die metabelogonen Heliciden Klar- heit schaffen, und erst dann wird sich beurtheilen lassen, ob nicht ein großer Theil dieser metabelogonen Genera eine oder mehrere beson- dere Familien zu bilden hat. Während daher dieser Punkt gegenwärtig noch großentheils unklar bleibt, bilden dagegen die belogonen typischen Helieiden eine sehr natürliche Familie. Unter Beiseitelassung der in diesem Abschnitte ebenfalls besprochenen Gattungen Theba, Neohelix und gewisser theils hierher, theils zu den Arioniden zu stellender nordamerikanischer Genera enthält die Familie der Heliciden un- zweifelhaft folgende anatomisch wie conchyliologisch wohl begründ- bare Genera. 4) Xerophila (Held) v. Ih. 2) Fruticicola (Held) v. Ih. 3) Helix (L.) v. Ih. k) Gampylaea (Beck) v. Ih. 5) Gonostoma Held. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 38 Ei 426 _H. von Ihering, 6) Dorcasia (Gray) v. Ih. 7) Gochlostyla Fer. Das Verhältnis, in dem diese Gattungen zu einander stehen, findet im Folgenden eingehende Besprechung und lässt sich etwa durch den a folgenden kleinen Stammbaum erläutern. Dorcasia Cochlostyla Campylaea Helix Gonostoma Fi \ Fruticicola Xerophila Die wichtigste Litteratur, so weit sie nicht schon im Voraus- gehenden erwähnt worden, ist für den Genitalapparat der Nephro- pneusten: C. Brancsık, Sexualapparate einiger Mollusken des Trencsiner Comitates. Jahres- hefte des naturw. Vereins des Trencsiner CGomilates. Trencsin 1890. p- 19—22 und Taf. I—1ll. W. G. Bınney, The terrestrial air breathing Mollusks of the U. S, Vol. V. Cam- bridge 4878 (Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College. Vol. IV) nebst Supplement. 1. 4883. Il. 4886. III. 4890. R. LEHMANN, Die lebenden Schnecken und Muscheln der Umgebung Stettins. Kassel 4873. A. Moguın-TAnpon, Histoire naturelle des Mollusques terrestres et fluviatiles de France. Tom I et Il avec Atlas. Paris 1855. A. PaascuH, Beiträge zur genaueren Kenntnis der Mollusken. Archiv f. Naturgesch. Bd. XI. 4845. p. 34—46. Taf. IV—V. A. Sc#miot, Der Geschlechtsapparat der Stylommatophoren. Berlin 1855. C. SEMPER, Reisen im Archipel der Philippinen. II. Theil. Bd. Ill. Landmollusken. Wiesbaden 4870 ff. In Bezug auf Systematik habe ich besonders noch ferner benutzt: P. Fıscher, Manuel de Conchyliologie. Paris 4887. W. Kosert, Katalog der im europäischen Faunengebiete lebenden Binnenconchy- lien, Kassel 1874. Mit Nachträgen dazu in den Malak. Blättern. Bd. XXI. 1874. p. 488 und im Jahrbuch der deutschen Malakolog. Gesellschaft. Bd. IV. 1877. p. 39. W. KoseLt, Illustrirtes Conchylienbuch. 1878. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, Il. 437 E. v. MArtEns, Die Heliceen. Leipzig 1860 (aus II. Aufl. des Arzers’schen gleich- namigen Buches). H. A. Pırsgry, Nomenclature and Check List of North American Land Shells. Proc. Ac. Nat. Sc. of Philadelphia 1889. p. A191 —210. Leider sind mir die mancherlei Arbeiten von Saınt-Sımon (Bull. Soc. Hist. Nat. Toulouse) nicht zugänglich, worauf ich also diejenigen besonders hinweise, welche mit dem hier behandelten Thema sich be- fassen wollen. 1. Xerophila (Held) v. Ih. Testa umbilicata vel perforata, alba plerumque multifasciata, (quasi) nunquam pilosa.. Anfractus — 410. Peristoma acutum, intus labiatum. Maxilla costis «— 11 latis subplanis «contiguis, raro distantibus. Retractor penis ad dextram retractoris tentaculi majoris dextri situs. Sagitiae 2, interdum 1 vel 0. Glandulae mucosae plerumque nume- rosae. Ductus receptaculi seminis sine diverticulo. Die Gattung Xerophila ist hier in weiterem Sinne genommen als sie Herp begrenzte oder auch Koserr, da ich auch Garthusiana hinzunehme. Anatomisch erscheinen die Xerophilen als nahe Verwandte der Fruti- cicolen , von denen sie aber durch die schon im ersten Abschnitt be- sprochene Eigenthümlichkeit des Penisretraktors sich scharf unter- scheiden. Der rechte Retraktor des großen Fühlers liegt hier nicht über dem Genitalapparate zwischen Penis und Uterus, wie bei allen anderen Heliceen, sondern frei neben demselben und nach links vom Penisretraktor. Diese Insertion des Penisretraktors repräsentirt wahr- scheinlich phylogenetisch den älteren Zustand, und würde es damit gut in Einklang stehen, dass wir bei einer Anzahl von Xerophilen noch den Appendix antreffen, welcher den übrigen Heliciden fehlt. Die Anhangsgebilde am weiblichen Genitalapparate stimmen so vollständig mit jenen der Fruticicolen überein, dass offenbar beide Gattungen von einer gemeinsamen Grundform abzuleiten sind. Dieselbe dürfte die bei Fruticicolen und Verwandten so sehr verbreitete Behaarung der Schale besessen haben, welche so viel ich weiß bei Xerophilen nirgends sich erhalten hat, außer bei H. conspurcata!. In beiden Gattungen, bei Xerophila wie Fruticicola, muss als Aus- gangspunkt das Vorhandensein von zwei koordinirten Pfeilsäcken nebst dazwischen stehenden Nebensäcken gelten, im Ganzen vier Säckchen, 1 Es ist noch zu untersuchen, ob H, conspurcata nicht etwa, wie ich ver- muthe, eine Fruticicola ist. 48* 4938 H. von Ihering, von denen nur die zwei äußeren unteren Pfeile tragen. In beiden Gattungen sehen wir die gleichen Umwandlungen sich vollziehen. Es kommt zur Verkümmerung beider Nebensäckchen und bleiben zwei koordinirte Pfeilsäcke. Wird einer derselben kleiner und transloeirt neben den anderen, so finden sich zwei subordinirte Pfeilsäcke. End- lich kann Pfeilsack und Nebensack einer Seite verkümmern, so dass nur jene der anderen Seite persistiren. In beiden Gattungen endlich kommt es auch zur totalen Verkümmerung der Pfeilsäcke und mehr oder minder weitgehender Verkümmerung der Glandulae mucosae. Es ist klar, dass es sich darin nur um identische Reduktionsvorgänge in beiden Gattungen handelt, die sich in jeder von ihnen unabhängig wiederholen. Auf gemeinsamen Ursprung kann nur die Identität der typischen Anlage des Genitalapparates bezogen werden. Die eigenthümliche Anordnung der Retraktoren hat zuerst Schmipr wiederholt hervorgehoben und bemerkt, dass auch Leucochroa darin mit den Xerophilen übereinstimmt. Möglicherweise schließen sich an die metabelogonen Xerophilen unmittelbar die Arten der Gattung Ochthephila von Madeira an, welche, so weit sie bisher untersucht sind, ohne Pfeil gefunden wurden (O. lineta Lowe und arenicola Lowe). Jedenfalls ist es ein beachtenswerthes Verhältnis, dass hierin alle Xerophilen unter einander übereinstimmen, während die fälschlich von Martens, Moguın- Tanpon, KoBeELT u. A. mit Xerophilen zusammenge- stellte Helix pisana auch hierin mit den Pentataenien übereinstimmt, zu denen sie ihrem Genitalapparat zufolge gehört. Auch hiervon abgesehen bieten alle Xerophilen im Genitalapparate viel Gemeinsames. Am Penis ist zwar ein Flagellum entwickelt, aber dasselbe ist nur bei wenigen Arten von mäßiger Länge, in der Regel ganz auffallend kurz. An dem nicht langen Blasenstiele fehlt jeder Zeit das Divertikel. Ganz besonders charakteristisch sind die Glandulae mucosae, welche klein resp. kurz sind und direkt in die Vagina ein- münden, ohne zuvor jederseits in einen gemeinsamen Stamm zusammen- zutreten. Zuweilen ist ihre Zahl eine geringe, aber auch dann münden jederseits neben oder über einander mindestens zwei einfache oder gegabelte Drüsenschläuche. Auffallend ist es im Verhältnisse zu anderen Heliceen, dass diese Drüsenschläuche sehr hoch oben münden, d.h. nahe an der Öffnung des Blasenstieles durch einen ziemlich weiten Zwischenraum von dem Pfeilsack getrennt, an resp. über dessen Basis sie bei Pentataenia und Campylaea sich öffnen. Zuweilen steigt die Zahl dieser kleinen Drüsenschläuche beträchtlich und dann können sie kranz- oder wirtelförmig rings um die Vagina angeordnet sein. Ganz besonders charakteristisch sind auch bei Xerophila die Ver- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 439 hältnisse des resp. der Pfeilsäcke. Es finden sich nämlich bei typischer Entwicklung des Genitalapparates zwei kleine Pfeilsäcke, die in gleicher Höhe an der Vagina angebracht sind, ohne aber an einander zu liegen. Jeder von ihnen enthält einen kleinen einfachen konischen Pfeil. In beträchtlicher Entfernung über ihnen stehen die Gland. mucosae. Zwi- schen beiden, aber näher am Pfeilsack, ihm anliegend und dicht dar- über stehend, liegt über oder neben jedem Pfeilsacke ein ähnlicher kleiner Sack, der als Nebenpfeilsack erscheint, aber leer ist. Ist es eine der Glandulae mucosae, welche unter Änderung ihrer’Lage und Dimension zum Pfeilsacke herabgerückt ist, oder ist es eine seitliche Abschnürung des ursprünglich einfachen oder nur im Grunde einge- schnittenen oder zweilappigen Pfeilsackes? Die Existenz von vier völlig entwickelten Pfeilen, welche man hier- nach als Endglied erwarten sollte, ist meines Wissens noch nicht beob- achtet. Aber auch die Fälle, in denen zwei Pfeile sich finden, scheinen verschiedenartiger Deutung zu unterliegen. Scumirt bemerkt (l. ce. p. 27), dass die zwei Pfeile einander subordinirt oder koordinirt sind. Ich denke, dass er unter letzterem jenen Fall begreift, wo beide Pfeil- säcke in gleicher Höhe an der Vagina angebracht sind, aber nicht unmittelbar an einander stoßend sondern symmetrisch am äußeren Um- fange angeordnet. In anderen Fällen aber stehen beide Säcke so neben resp. über einander, dass der eine als Anhang des anderen erscheint, was Scanipr also subordinirt nennt. Es finden sich offenbar Übergänge von unvollkommener Theilung eines einfachen Sackes bis zur Entwick- lung zweier subordinirten Pfeilsäcke. Wenn Scamipr auch in diesem Falle zwei Pfeile angiebt, so kann der zweite subordinirte ein Neben- pfeilsack sein, welcher nicht dem anderen primären homolog sein kann, der dann fehlen wird. Andererseits wäre auch der Fall möglich, dass der eine der beiden primären Pfeilsäcke auf die andere Seite herüber tritt, sich dem anderen anlegt, subordinirt oder eventuell schließlich mit ihm verschmilzt resp. als besonderes Element verschwindet. Die Frage erhebt sich daher: sind die zwei Pfeilsäcke im Subordinations- - falle zwei primäre durch Lageverschiebung an einander gerückte, oder ist der eine von ihnen ein sekundärer Pfeilsack, d. h. vom primären abgeschnürt, oder endlich ist er aus dem Nebenpfeilsacke entstanden. Dass der letztere durch Verlust des Pfeiles aus einem sekundären Pfeil- sack hervorgegangen sei, ist eine in Betracht zu ziehende Möglichkeit, würde aber die volle Entwicklung von vier mit Pfeilen versehenen Pfeilsäcken voraussetzen, welche, wie bemerkt, noch nicht beobach- tet ist. Leider sind die vorliegenden Beobachtungen gerade für die Xero- 430 H. von Ihering, philen sehr dürftig. Scamipr hat in älteren kleinen Publikationen Mit- theilungen gemacht über die Pfeile der Xerophilen und u. A. darauf hingewiesen, dass einige Arten (H. maritima, variabilis, candidula, ea- perata, intersecta) nur einen Pfeil besitzen. In seinem Hauptwerke bespricht er zahlreiche Xerophilen und bildet ihren Genitalapparat ab, leider aber ohne die nöthigen Erklärungen zu geben, so dass man nicht wissen kann, ob etwa an der anderen Seite der Vagina noch ein von ihr verdeckter Pfeilsack liegt und ob die abgebildeten subordinirten Säcke alle beide Pfeilsäcke sind, oder ob einer von ihnen ein leerer Neben- sack ist. Es sind daher erneute Untersuchungen absolut nothwendig und zumal auch mit Rücksicht auf die Entwicklung der mancherlei in Frage kommenden Gebilde. Eine besondere Eigenthümlichkeit der Xerophilen oder nur eines Theiles derselben ist auch die Anheftung des Pfeilsackes an die Vagina. Über die Radula der Xerophilen ist nichts bekannt. Den Kiefer zahlreicher Arten hat Moguıx-Tanpon beschrieben. Es lässt sich da- nach sagen, dass im Allgemeinen der Kiefer der Xerophilen wenig gebogen und nicht sehr stark ist, mit 6—10 breiten sehr flachen Rippen, die nahe an einander stoßen, mit schmalen, spaltförmigen Zwischenräumen. Nur in wenigen Fällen, wie zumal bei den Helio- manes- Arten, werden diese Rippen höher, schärfer, schmäler und sind durch breitere Zwischenräume getrennt, auch ist dann der un- tere [aber nicht wie bei Pentataenien auch der obere) Rand stark gezähnelt. Unter den typischen Xerophilen der Helicella- Gruppe hat nur H. ericetorum einen Kiefer mit stärkeren durch breite Zwi- schenräume getrennten Rippen. Wir sehen somit, dass es gerade die größten Arten sind, welche diese höchste Entwicklungsstufe ein- nehmen, bei den kleinen Arten sind die Rippen breit und flach, nur durch lineare Furchen getrennt, und dabei ist noch bemerkenswerth, dass diese Furchen bei den meisten Arten erst in der Mitte des Quer- durchmessers auftreten, also nur in der dem schneidenden Rande des Kiefers entsprechenden Zone entwickelt sind. Diese Verhältnisse nähern sich jenen von Patula u. a. dem Ursprung der Heliceen nahe- stehenden Gattungen. Merkwürdig ist übrigens, dass MoQuıx-Taxpon nicht schon durch die Vergleichung der Kiefer vor seinem Missgriffe bewahrt wurde Helix pisana den Xerophilen einzureihen. Von. diesem einen Missgriffe abgesehen hat MoQuıx-Tanpon nur mit der Einreihung vonH. alpina unter die Xerophilen und mit Abgrenzung und Stellung von Cochlicella Irrthümer begangen, im Übrigen hat er sowohl die Fruticicolen wie weiterhin die Xerophilen in einer Reihe ee 2. er - a P Ta Sa a re u 3 ER 2 2 Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 431 von auf einander folgenden Untergattungen richtig an einander ange- reiht und zusammengestellt. Ich lasse nun die einzelnen Arten hier folgen, indem ich mich wieder an die Koserr'sche Eintheilung halte, natürlich mit Ausschluss der nicht hierher gehörigen Euparypha (H. pisana). Heliomanes Moq.-Tand. H. variabilis Drap. Moguın-TaAnpon, p. 262. A. ScHMiDT, p. 30. Taf. VI, Fig. 40. Epwın T. Newron, On the anatomical differences in some sp. of Helices Transact. Micr. Soc. Vol.XVI. N.S. p. 27. Pl. V, Fig. 14 (H. virgata). K. Brancsık, l. c. Taf. II, Fig. 9 (Virgata Da Costa). Moguin-Tannon und Scanuipr geben übereinstimmend an, dass nur ein Pfeilsack resp. nur ein Pfeil vorhanden ist, aber Scamipr bildet neben dem Pfeilsacke noch einen zweiten Sack ab, der dann wohl ein Nebenpfeilsack ist. Es sind jederseits zwei in je zwei bis fünf Äste gespaltene Gland. mucosae da. Da Scumipr nichts Näheres über den Pfeilsack bemerkt und seine Abbildung sich auf eine »Var.« bezieht, so ist genauere Untersuchung erforderlich. Es beruht wohl auf einem Versehen, dass an der Figur bei Brancsık der Penisretraktor fehlt, da Scanipr ihn zeichnet. Oder sollte es sich um eine andere Art handeln? H. maritima Drap. Moguın-TAnoon, p. 265 (als H. lineata Oliv.). Genitalapparat wie bei obiger Art, aber der Pfeilsack » obtuse- ment bilob&«, was er ja nach Scumipr’s Abbildung auch bei der H. va- riabilis sein würde. Der Kiefer hat bei beiden Arten eine größere Anzahl (bis zehn) scharfer weit gesonderter Rippen. Hierin wie im Besitze eines einfachen Pfeiles stimmen diese Arten unter einander näher überein, und lassen, falls fernere Untersuchungen anderer Arten bestätigend hinzutreten, die Zusammenfassung dieser Arten in einer Untergruppe Heliomanes als wohl begründet erscheinen. Candidulagruppe (Arten mit einem Pfeil). H. candidula Stud. SCHMIDT, p. 30.. Taf. VI, Fig, 36. Moguın-TAnDon, p. 234. Pl. XVII, Fig. 36—41 (H. unifasciata Poir.). Es ist nur ein Pfeilsack da und ein Pfeil ; jederseits zwei einfache selten gespaltene Glandulae mucosae. H. intersecta Mich. Moguin-TAnDon, p. 241. 432 H. von Ihering, Jederseits zwei bis drei einfache oder gespaltene Gland. mucosae, nur ein Pfeil. H. caperata Mont. Scanipt, p. 30. Taf. VI, Fig. 37. Die Bestimmung vieler hierher gehöriger Arten ist so schwierig, dass leicht Missverständnisse unterlaufen können. Jederseits drei bis vier einfache Gland. mucosae. Es ist nur ein Pfeilsack entwickelt. Es ist ein merkwürdiges Missverständnis, welches KoseLr veran- lasste H. Langloisiana Bourg. hierher als Var. zu ziehen. Ich ver- weise auf das weiterhin bei Turricula hierüber Bemerkte. Martens stellt die Art übrigens zu Turricula. H. profuga Schmidt (= striata Drap. nec Müll.). SCHMIDT, p. 30. Taf. VI, Fig. 38. Moguin-TAnDon, p. 239 (als H. fasciolata Poir.). Scumipr betont den Unterschied von CGaperata, wie mir scheint minimalen Differenzen zu viel Werth beilegend. Worin er bestehen soll, ist weder aus dem Text zu ersehen noch aus den Abbildungen, die ein bis zwei Schläuche von Gland. mucosae weniger für letztere Art anzeigen, während Moquin-Tanpon vier angiebt für jede Seite. H. Ammonis A. Schmidt. Hesse, 1. c. p. 33. Taf. II, Fig. 4. Das Flagellum ist sehr kurz. Der größere Pfeilsack enthält einen ° kaum gebogenen einfachen Pfeil. Der kleinere Pfeilsack enthält einen ganz kleinen rudimentären Pfeil und liegt seitlich dem größeren an. Der Vergleich von einander nahestehenden Formen wird es leicht machen zu entscheiden, ob es sich im kleineren Pfeilsacke um einen pfeiltragenden Nebensack handelt oder um einen translocirten zweiten Pfeilsack. Der Umstand, dass da, wo zwei subordinirte Pfeilsäcke sich finden, nie ein zweiter Hauptpfeilsack existirt und vier Pfeile nie gleichzeitig angetroffen werden, schließt wohl die Annahme aus, dass der subordinirte Pfeilsack ein mit Pfeil versehener Nebensack sei. H. Adolfi Pfr. SCHMIDT, p. 30. Taf. VII, Fig. 44. Das Flagellum ist hier wie bei H. cespitum relativ sehr lang, eine sonst bei den Xerophilen nicht häufige Erscheinung. Fünf bis sechs Gland. mucosae jederseits; neben dem Pfeilsack ein Nebensack. Da Scrmipr für diese Art wie für die zwei folgenden keine genaueren Erläuterungen gegeben hat, so ist ein Missverständnis meinerseits nicht ausgeschlossen, in so fern es möglich wäre, dass die beiden abgebildeten Säcke zwei subordinirte Pfeilsäcke darstellen. Scamipr hat jedoch im Allge- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, II. 433 meinen die zusammengehörigen Formen hinter einander abgehandelt, und da die mit zwei Pfeilsäcken versehenen Arten in Fig. 33—35 be- handelt wurden, so nehme ich an, dass bei diesen Arten das gleiche Verhältnis vorliege wie bei H. variabilis, wo Scumipr auch einen zwei- lappigen Pfeilsack abbildet und wo doch sicher nur ein Pfeil existirt. Es würde dann sich um einen Nebensack handeln. Hierher auch H. Terverii Mich. nach SenPper. H. cespitum Drap. SCHMIDT, p. 31. Taf. VII, Fig. 42 (var. introducta Zgl.). Moouin-TAnpon, p. 255. Beide Autoren geben eine große Anzahl — bis 25 — von Gland. muceosae an. Nach Mooum-Tanpon sind zwei Pfeilsäcke vorhanden. Auch Scanıpr bildet zwei Säckchen ab, sagt aber so wenig wie jener, ob zwei Pfeile vorhanden sind, oder ob einer der Säcke leer ist. Sollte die Angabe von Mogquin-Tanpon richtig sein, so würde es sich um zwei sub- ordinirte Pfeilsäcke handeln. Jedenfalls besteht hierin, wie in Zahl der Gland. musosae, Länge des Flagellum etc. ein wesentlicher Unterschied der H. ericetorum gegenüber, der sie nach Moguın-Tanpon so sehr nahe stehen soll. Sollte das wirklich der Fall sein, so wird eine erneute Untersuchung wohl im Gegensatz zu Scamipr zwei symmetrisch ange- ordnete Pfeilsäcke mit Pfeilen ergeben. H. cespitum var. Arigonis Rossm. SCHMIDT, p. 34. Taf. VII, Fig. 43. Es entspricht ganz der Überschätzung geringfügiger Variationen im Genitalapparate, zu welcher Scunipr neigte, wenn er nur des etwas kürzeren Flagellum halber eine eigene Species auf diese Varietät ge- gründet sehen wollte. Arten mit zwei symmetrisch angeordneten Pfeilsäcken ohne Nebensäcke. H. ericetorum Müll. SCHMIDT, p. 29. Taf. VI, Fig. 35, Moguin-TAnDon, p. 252. Pl. XVII, Fig. 30—35, Jederseits ein einfacher Pfeilsack mit Pfeil und acht bis zehn Glandu- lae mucosae. Flagellum kurz. ObH. pampelunenis A. Schm. wegen einiger Unterschiede der Pfeile, wirklich mehr denn eine Var. von ericetorum darstellt, wie Scumipr und RossmÄssLer meinen, bedarf erneuter Prüfung. H. candicans Ziegl. (= obvia Hartm.). AD. ScHMiDT, |, c. p. 29. Ap. Scaaipr, Zeitschr. f. Malakozoologie. 1850. p. 143. Nach Scanmipr sind die Pfeile dieser beiden einander nahe stehen- 434 H. von Ihering, den Arten erheblich verschieden. Leider ist mir die letztere der an- geführten Arbeiten z. Z. nicht zugänglich. Eine gute Darstellung von den Unterschieden der Genitalapparate von H. candicans und ericetorum giebt Hesse (Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. IX, 1882, p. 33—37, Taf. ID). Es sind dabei nur die Gland. mucosae von H. ericetorum nicht in die Zeichnung eingetragen. Ich fand deren 16. Die zwei nahezu gleich großen Pfeile von H. ericetorum sind un- gleich gebogen, indem der eine einfach der andere zweimal gekrümmt ist. Bei H. candicans sind zwei kaum gebogene gleich große Pfeile vorhanden. Hesse führt eine Beobachtung von Hazay an, wonach der- selbe zweimal ausnahmsweise den einen Pfeil viel kleiner antraf als den anderen. Dies führt denn zu der nahestehenden H. Ammonis A. Schmidt, wo diese Größendifferenz nach Hesse die Regel bildet und der rudimentäre Pfeilsack sich dem anderen anlegt. Zu den mit zwei Pfeilen versehenen Xerophilen stellt KoseLr als sect. Xeroleuca auch folgende bis dahin zu Leucochroa gerechnete Arten: H. turcica Ch., mogadorensis Bgt., degenerans Mouss., mograbina Morel. Worauf sich die Angabe über den Genitalapparat stützt ist mir unbekannt. H. explanata Müll. Moguin-TAnDon, p. 229. Der Kiefer hat zehn scharfe Leisten, die durch Zwischenräume ge- trennt sind und nicht über die ganze Kieferlänge hinzuziehen resp. den hinteren Rand nicht zu erreichen scheinen, also wie bei H. villosa. Es sind jederseits sechs Gland. mucosae da, in zwei Gruppen angeordnet. Der Pfeilsack ist zweilappig und enthält zwei Pfeile. Ob es berechtigt ist eine besondere Sektion Jacosta für diese und ähnliche Arten an- zunehmen, ist sehr fraglich. Von der ebenfalls zu Jacosta gerechneten H. setubalensis Pfr. giebt Srmrer an, dass sie und Verwandte keine Pfeile in den Säcken habe, während die als Var. zu explanata gezogene H. depressula Parr. nur einen Pfeil besitze. Diesen Widersprüchen gegenüber sind ausgedehntere Untersuchungen sehr zu wünschen, jede Art in zahlreichen Individuen berücksichtigend. Es ist klar, dass Translokation eines Pfeilsackes neben den anderen und Verkümmerung eines Pfeilsackes und der Nebensäcke sich in verschiedenen Gruppen selbständig wiederholen kann und dass daher nicht Arten mit überein- stimmendem Genitalapparate ohne Weiteres neben einander gestellt werden dürfen. Nur eingehende Specialstudien, welche alle anato- mische und conchyliologische Momente berücksichtigen, können hier zum Ziel führen. H. mograbina Morel. Eine Abbildung des Genitalapparates gab re a Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 435 Snuepmann Jahrb. d. d. Malak. Ges: IV. Jahrg., 1877, p. 272. Danach sind neben den beiden Pfeilsäcken zwei Nebensäcke vorhanden, während bei der ähnlichen Art degenerans Mouss. die Nebensäcke fehlen, und nur zwei einfache und etwas größere symmetrisch stehende Pfeilsäcke da sind. H. apicina Lam. A. SCHMIDT, p. 28 sowie Malakozool. Bl. 4854. p. 237. Moguvis-Tannos, p. 232. Pl. XVII, Fig. 29—35. Es ist nur bekannt, dass zwei Pfeilsäcke und zwei Pfeile da sind, und keine Nebensäcke existiren; Flagellum sehr kurz, jederseits vier Glandulae mucosae. Die Art schließt sich also nahe an H. ericetorum an. H. carascalensis Fer. Moouvin-TAnoon, p. 244. Pl, XVIN, Fig. 13—19. P. Hesse, Miscellen. Jahrb. d. d. Malak. Ges. 8, Jahrg. 1884. p. 348, Die Glandulae mucosae sind klein, wirtelförmig, außerdem existirt eine gestielte Prostate vaginale, wohl eine Appendicula. Es sind zwei Pfeilsäcke da, ob einer derselben ein Nebensack ist oder ein subordinirter Pfeilsack, ist noch zu untersuchen. Koserr stellt die Art mit Martens zu den Campylaen, was sicher falsch ist. Moguın-Tanvon stellt sie zu den Xerophilen, wohl mit Recht. Nach Koserr (Conchylienbuch p. 242) gehört auch H. Zelebori Pfr., da sie zwei Pfeile hat, hierher. Die Aufstellung einer Sektion Xerocampylaea für sie und Verwandte war nicht glücklich, weil es Übergangsglieder zwischen Xerophila und CGampylaea nicht giebt, nur Schalen, welche irreleiten können. Eine nahe Verwandte von Helix carascalensis ist H. cantabrica Hid., wie eine mir nicht zugängliche Arbeit von Samr-Sımon nachweist (Bull. de la Soc. d’hist. nat. de Toulouse, Dec. 1880). H. Schombrii Scacchi. / A. ScHMmipT, p. 20 und Malakozool. Bl. 4854. p. 237. Scumipt zieht diese Art, von der er nur angiebt, dass sie zwei Pfeile hat, zu den typischen Xerophilen, während MaArTEns und KoBELr sie bei Turricula belassen. Es ist mir wahrscheinlich, dass Turricula auf die Arten mit rudimentären des Pfeiles entbehrenden Pfeilsäcken zu beschränken ist, so dass Scumipr’s Vorgehen eher zu billigen wäre. Im Übrigen fehlen noch allzu sehr Untersuchungen von Xerophilen. Arten mit zwei Pfeilsäcken und zwei Nebensäcken. a. Ohne Appendix. H. striata Müll. (= costulata Zgl.) SCHMIDT, p. 27. Taf. VI, Fig. 33, 436 H. von Ihering, Jederseits fünf bis sechs Gland. mucosae; zwei Pfeilsäcke, zwischen denen die beiden etwas schmäleren Nebensäcke stehen. Flagellum kurz. H. conspurcata Drap. SCHMIDT, p. 28. Moouin-TAnnon, p. 237. Pl. XVII, Fig. 1—6. Jederseits drei bis vier Gland. mucosae. - Scumipr versichert, dass zwei Pfeile da sind und die Art H. villosa nahe komme, ich vermuthe da- her, dass Nebensäcke da sind. Nach Moguin-Tanpon waren die Pfeil- säcke oben verschmolzen und an dem von ihm abgebildeten vermuthlich ein misslungenes Präparat darstellenden Genitalapparät ist ein einziger in der Mitte geknickter Pfeilsack abgebildet. H. Zelebori Pfr. K. Brancsık, 1, c. Taf. III, Fig. 3. Es sind zwei symmetrisch angeordnete Pfeilsäcke da, zwischen denen ein wenig höher zwei Nebensäcke stehen. Das Flagellum ist kurz, das Vas deferens durch Muskelzüge an die Vagina geheftet, aber ein Penisretraktor fehlt in der Figur von Brancsır, Ob übersehen? b. Mit Appendice. H. joppensis Roth. SCHMIDT, p. 29. Taf. VI, Fig. 34. "Das Flagellum ist kurz. Es sind acht breite, fast lappige Gland. mucosae vorhanden, zwei Pfeilsäcke und zwei zwischen ihnen stehende aber etwas höher hinaufgerückte Nebensäcke. Eigenthtimlich ist dieser Art ein sackförmiger Anhang am unteren Theile des Penis, welchem, wie es scheint, eine minder abgesetzte Anschwellung am Penis bei H. striata Müll. entspricht. Dieser Anhang, den ich als Appendix be- zeichnen werde, steht zwar nach Scumivr am Penis, allein, wie die Ab- bildung zeigt, so sehr an der Grenze von Penis und Vagina, dass es uns nicht im mindesten überraschen kann, wenn wir denselben bei anderen Arten bald dem Penis bald der Vagina ansitzen sehen. Un- zweifelhaft am Penis sitzt er bei einer anderen wie H. joppensis aus Palästina stammenden Art, H. tuberculosa Conr. Bei H. pyramidata, elegans, nummus, carthusiana und cantiana sitzt der Appendix an der Vagina, bald unmittelbar neben dem Penis, bald etwas höher oder tiefer. Turricula. Diese Gruppe wird vermuthlich in Zukunft nicht ganz in ihrem jetzigen Umfange aufrecht erhalten werden. Nicht nur die Abgrenzung gegen die echten Xerophilen bereitet Schwierigkeit, auch innerhalb der Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 437 Gruppe bestehen Verschiedenheiten je nach Anwesenheit oder Mangel des Appendix. Da indessen eine der nach Scunmipr des Appendix er- mangelnden Arten denselben Moguin-Tannon zufolge doch zu besitzen scheint, so kann diese Frage noch nicht als spruchreif gelten. Dass dieser Appendix übrigens schon bei typischen Xerophilen vorkommt (H. joppensis), wurde schon oben erwähnt. Als besonders charakte- ristisch ergiebt sich für Turricula die Rückbildung der Liebespfeile, wobei die beiden Pfeilsäcke ein verschiedenartiges Verhalten aufweisen, mehr oder minder umgewandelt sind oder in Größe sehr redueirt an der typischen Stelle sich erhalten. Sie scheinen niemals zu fehlen. Die Glandulae mucosae sind stets als zwei bis vier einfache Schläuche jederseits entwickelt, das Flagellum ist kurz, ein Divertikel des Recep- taculumganges fehlt. Der rechte Fühler zeigt nach Scanipt das bei anderen Xerophilen beobachtete Verhalten, eben so der Kiefer. a. Arten ohne Appendix. H. murcica Guir. (— derogata Rossm.) SCHMIDT, p. 32. Taf. VII, Fig. 45. Jederseits drei Gland. mucosae; beide Pfeilsäckchen symmetrisch angeordnet und wohl entwickelt, aber ohne Pfeil und sehr klein. Wenn die Angabe von SemPper zutrifft, wonach H. derogata zu den mit einem Pfeile versehenen Arten gehört, so ist H. derogata von Turricula wohl zu entfernen, zunächst aber fragt es sich, ob Semrer wirklich die gleiche Species untersucht hat wie Schmipr, was mir fraglich erscheint, H. Langloisiana Bourg. SCHMIDT, p. 314. Taf. VII, Fig. 44. Wie H. mureica. b. Arten mit Appendix. H. pyramidata Drp. SCHMIDT, p. 32. Taf. VII, Fig. 46. Mogvin-TANDon, pP. 268. Der Appendix befindet sich an der Vagina; sonst wie H. mureica. Flagellum nicht ganz kurz. H. elegans Gm. SCHMIDT, p. 32. Taf. VII, Fig. 48. Moguiın-TAnDon, p. 274. Pl. XX, Fig. 6—12. Wie H. pyramidata. Nach Moouin-Tannon wäre der Pfeilsack ein 0,5 mm großer birnförmiger Körper, der statt eines Pfeiles einen vier- oder fünflappigen Körper enthalte. In Wahrheit hat aber dieser Autor ‚die rudimentären kleinen Pfeilsäckehen übersehen und was er als einen modificirten Pfeilsack in Anspruch nimmt, ist der Appendix. Über den 438 H. von Ihering, Bau und die Bedeutung dieses Körpers besitzen wir noch keinerlei Beobachtungen. Bei H. trochoides soll er nach Moguin-Taxpon einen » corps charnu« enthalten, also wohl eine Reizpapille, ein funktioneller Ersatz der rückgebildeten Liebespfeile. Da bei H. trochoides Scamipr den Appendix übersehen hat, so ist die Möglichkeit nieht ausge- schlossen, dass er ihn auch bei H. mureica und Langloisiana übersehen, oder dass er jugendliche Exemplare untersucht hat, bei welchen dieses Gebilde noch wenig entwickelt war. Jedenfalls erweckt dies die Ver- muthung, dass alle Turrieula-Arten den Appendix besitzen und wird man ohne erneute sorgfältigere Untersuchung auch den Mangel des Appendix bei obigen zwei Arten nicht als erwiesen anzusehen haben. H. tubereculosa Conr. SCHMIDT, p. 32. Taf. VII, Fig. 49. Diese Art weicht etwas von den übrigen ab, dadurch dass der Appendix am Penis selbst ansitzt. H. trochoides Poir. (= conica Drap.). SCHMIDT, p. 32. Taf. VII, Fig. 47. Moguın-TAnoon, p. 273. Pl. XX, Fig. 13—17. Scanuipr beschreibt den Genitalapparat als übereinstimmend mit jenem. von H. mureica. Entweder hat er den Appendix übersehen resp. ein Exemplar untersucht, an dem er noch unentwickelt war, oder die Bestimmung der Species war irrig. Nach Moouın-Tanpon ist der einen »corps charnu« enthaltende Appendix wohl entwickelt (cf. unter H. elegans). H. elata Faure (Fig. 17). Ich habe diese Art auf Capri gesammelt und untersucht. Die Vesicula seminalis ist durch ein kurzes, breites Divertikel am Ende des Ganges der Zwitterdrüse repräsentirt. Das Receptaculum semi- nis ist eine sehr wenig ausgebildete endständige Erweiterung des dicken Blasenstieles, wie bei H. elegans. Das Flagellum ist verhältnismäßig lang, wenigstens länger als in der Regel bei den echten Xerophila. An der Vaginasitzen über den beiden Pfeilsäckchen jederseits drei schlauch- förmige Glandulae mucosae, deren Ursprungsverhältnisse etwas variiren. In der Regel ist ein einmal gespaltener Schlauch jederseits vorhanden, neben welchem ein anderer einfacher sich öffnet. Eigenthümlich ist der kleine rudimentäre Pfeilsack. Er besitzt keinen Pfeil, nimmt aber gleichwohl das feinkörnige Sekret der Gland. mucosae auf, welches in einem spiralig gewundenen Kanale im Sacke in die Höhe steigt (ef. Fig. 18). Am unteren Theile der Vagina, resp. noch innerhalb der Einmündung des Penis sitzt ein dicker, kräftiger Sack ihr an, dessen Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 439 Inhalt ich nicht untersuchte und welcher offenbar dem Appendix der übrigen Arten entspricht. Nach dem hier Bemerkten ist es eben so klar, dass Turricula eine natürliche auf anatomische Merkmale basirte Sektion darstellt, als es andererseits einleuchtet, dass für die Fixirung der maßgebenden Cha- raktere es noch an Untersuchungen gebricht. Zwei Alternativen scheinen sich darzubieten. Entweder die Rückbildung der Pfeilsäcke oder die Entwicklung des Appendix zum maßgebenden Kriterium zu erheben. Sollte sich ergeben, dass bei H. mureica und Langloisiana der Appendix auch vorhanden ist, so würde Turricula eine durch An- wesenheit des Appendix und Verkümmerung der pfeillosen Pfeilsäcke sehr wohl charakterisirte Sektion von Xerophila repräsentiren. Ent- behren aber beide Arten des Appendix vollkommen, so würde es sich fragen, ob man nicht auch eine Verkümmerung des Pfeiles schon bei Xerophila anzunehmen und obige beide Arten demnach von Turricula zu trennen habe. Andererseits ist auch der Appendix kein auschließ- liches Charakteristikum von Turricula, da er auch der mit Pfeilen ver- sehenen H. joppensis zukommt. Die gleichzeitige Entwicklung des Appendix und Verkümmerung der Pfeilsäcke findet sich nur bei Turri- eula und muss uns vorläufig zur Begrenzung der Gruppe dienen, bis weitere Untersuchungen gestatten zu erkennen, von welchen Xerophilen diese Sektion sich abzweigte, und welche Charaktere am geeignetesten sind, sie als eine wirklich natürliche kleine Gruppe von Xerophilen zu umgrenzen. Cochiicella. Drei Arten dieser Gruppe sind von Mogquin-Tanpon untersucht worden, leider hat er nicht das Verhalten des rechten Fühlers beob- achtet. Aller Wahrscheinlichkeit wird dasselbe eben so sein wie bei den typischen Xerophilen. Diese Formen erinnern zum Theil an die Buliminus-Arten, wie zumal H. acuta, doch weist wohl der Kiefer darauf hin, dass es sich hier nur um Schalenanalogie handelt. Ein Vergleich der verschiedenen hierher gehörigen Arten lehrt deren Zusammenge- hörigkeit, lässt sie aber auch als auf sehr verschiedenen Stufen ange- langte Repräsentanten eines Rückbildungsprocesses der Anhangsorgane des Genitalapparates erkennen, und dabei nimmt gerade die am meisten buliminusartige H. acuta die äußerste Rangstufe ein. Sie bietet auch in ihrem nur mit vier starken Rippen versehenen Kiefer ein bei Xero- philen sonst nicht wieder vorkommendes exceptionelles Verhältnis dar, allein der Unterschied gegen die nahe stehenden, mit einer größeren 440 H. von Ihering, Anzahl von Rippen (sechs bis sieben) auf dem Kiefer versehenen Arten ist nur ein gradueller. H. conoidea Drap. SCHMIDT, 1. c. p. 44. Fig. 79. Moguin-TAnDdon, p. 276. Pl. XX, Fig. 18—20. Flagellum, Pfeilsack (ein oder zwei?, mit Pfeil?) und Gland. mucosae sind vorhanden. H. ventricosa Drap. Moguin-TAnDon, p. 277. Pl. XX, Fig. 21—26. Vier lange Gland. mucosae, kein Flagellum. Es ist ein kleiner Pfeil- sack vorhanden, der als »bilob&« bezeichnet wird. Hiernach, wie nach der Abbildung, scheint es, als seien zwei subordinirte Pfeilsäcke vor- handen, oder Pfeilsack und Nebensack. Ob auch Pfeile da sind, ist nicht bekannt. H. acuta Müll. (Fig. 16). Moouın-TAnDon, p. 280. Pl. 20, Fig. 27—32. Ein sehr kurzes Flagellum ist vorhanden, aber kein Pfeilsack und nur eine einzige schlauchförmige Gland. mucosa. So Mogum-Tannon. Ich dagegen (cf. Fig. 16 app) halte das dem Penis gegenüber an der Genitalkloake sitzende Anhangsgebilde für den Appendix resp. für die Appendicula, schon wegen der eigenthümlichen Gliederung des Organs in mehrere hinter einander folgende Abschnitte. Die verdickte untere Partie unterhalb des Penisretraktor ist verkalkt. Den betreffenden Kalkkörper, dessen Bedeutung unklar ist, bildet Scamıpr ab, 1. c. Fig. 785, zusammen mit einer kleinen Skizze des Genitalapparates, sodann Fig. 79 denselben Kalkkörper von Xerophila (Cochlicella) conoidea Drap. Da auch Moouın-Tanpox und Scamipr zu der Vermuthung kamen, dass das Anhangsorgan der Vagina eine Appendicula sei, so dürfte wohl Gochlicella durch Rückbildung des Liebespfeilapparates, durch die Appendicula und den Kalkkörper des Penis gut charakterisirt sein, doch ist bisher lediglich H. acuta gut untersucht. Es sind also ge- nauere Untersuchungen der anderen Arten erst nöthig. Die Appen- dieula entspricht hier auch in ihrer Lage an der Genitalkloake nicht den immer höher an der Vagina hinaufgerückten Glandulae mucosae. Carthusiana. Es ist mir nicht recht verständlich, wesshalb Martens und KoskLT die hierher gehörigen Arten zu Fruticola bringen, obwohl Scamipr nach- gewiesen hatte, dass diese Arten sich den Xerophilen anreihen. Selbst conchyliologisch sollte ich meinen, würde die Fruticola-Gruppe natür- licher, wenn man von ihr diese kalkweißen Xerophila-ähnlichen For- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 441 men entfernt. Wir haben es in diesen Arten mit einer kleinen Gruppe unter einander innig verwandter Formen zu thun, welche nicht sowohl hinsichtlich des Verhaltens des rechten Fühlers sich den Xerophi- len anreihen, als auch durch Verkümmerung der Pfeilsäcke sich ge- wissen Xerophilen, namentlich auch der Turricula-Gruppe, nähern. Vermuthlich gehen Carthusiana und Turricula auf gemeinsame Stamm- formen typischer Xerophilen zurück. Eine besondere Eigenthümlich- keit der Gruppe ist der Mangel des Retraktor am Penis, den sie mit keiner anderen Gruppe der Xerophilen oder Fruticicolen theilen, so weit wenigstens jetzt unsere Kenntnisse reichen. Wenn daher die anatomische Untersuchung in den hierher gehö- rigen Arten uns eine einheitliche natürliche Gruppe nachweist, so ist es nicht statthaft von ihr H. nummus und Verwandte als besondere Sektion Nummulina auszuscheiden. Nummulina ist lediglich auf ge- kielte Garthusiana-Arten errichtet, wie Chilotrema auf gekielte Gam- pylaen. Dass diese Eigenthümlichkeit der Schale einen so hohen Werth nicht beanspruchen kann, ist im Prineip eigentlich allgemein anerkannt. Ich verweise auf das was Martens- Argers darüber p. 106, Anm. 4 be- merkt hat. Nummulina hat daher einzugehen, ist mit Carthusiana zu vereinen. H. carthusiana Müll. Moguiın-Tanndon, p. 207. Pl. XVI, Fig. 20—26. ScaMmiDT, p. 33. Taf. VII, Fig. 54. Der Kiefer mit zahlreichen flachen dicht an einander stehenden Rippen wie bei Fruticicola. Es sind zwei Gland. mucosae vorhanden, jede mit zwei bis fünf Ästen. Ein Anhang steht an der Vagina ober- halb des Penis und besteht aus einem weiteren unteren Theile, an den sich ein schmälerer Schlauch ansetzt; Moguin-Tannon hielt ihn für einen umgewandelten Pfeilsack. H. cantiana Mont. Moguın-TAnpon, p. 204. .ScHniDT, p. 33. Taf. VII, Fig. 52. NEwTOon, 1. c. p. 28. Pl. V, Fig. 40. Das Flagellum ist mäßig lang. Ein Blindsack, von Nerwron als Pfeilsack gedeutet, sitzt der Öffnung des Penis gegenüber, als ein lan- ger peitschenförmiger Anhang. Moquın-Tanpon giebt irrigerweise an, dass Gland. mucosae fehlen , ‘während die beiden anderen Autoren sie abbilden; sie entsprechen jenen der vorhergehenden Art genau. H. nummus Ehrbg. ScamipT, p. 33. Taf. VII, Fig. 50. Jeder der zwei Stämme der Gland. mucosae hat drei bis vier Äste. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd 99 442 H. von Ihering, Der Pfeilsack ist kürzer, gedrungener als bei H. cantiana, auch das Fla- gellum viel kürzer, sonst ist die Übereinstimmung eine vollkommene. Besonders eingehend ist diese Gruppe behandelt von Hesse (Bei- träge zur Moll.-Fauna Griechenlands, III. Jahrb. d. Malak. Ges. 488%, p-. 234 ff... Er bespricht zunächst Hel. carthusiana und H. cantiana (p. 235, Taf. V, Fig. 8), sodann H. Martensiana Tib. (p. 236, Taf. V, Fig. 9), H. appennina Porr., Hel. Olivieri Fer., p. 237, Taf. V, Fig. 10 und H. Rothi Pfr. Sie stimmen alle mit H. cantiana überein. Die ge- ringste Zahl der Gland. mucosae fand sich bei H. Olivieri, wo es drei bis vier einfache oder gespaltene Schläuche waren. Bei letzterer Art fanden sich an dem basalen verdickten Endtheile des Penis zwei ring- förmige Verdickungen. Hesse theilt dann eine Beobachtung von Dietz mit, wonach dieser bei einem der untersuchten Exemplare von Helix cantiana im Anhang der Vagina einen 10 mm langen Pfeil vorfand. Wenn die Beobachtung, wie wohl kaum zu bezweifeln, richtig war, so ist also dieser Anhang von Carthusiana ein rudimentärer modifieirter Pfeilsack und nicht mit der sehr ähnlichen Appendicula mancher Xero- philen zu verwechseln. Wenn somit Carthusiana nur eine specielle Modifikation des Xero- philen-Typus ist, so ist es unrichtig, wenn SeMmPER, KoBELT u. A. diese Gruppe als eine unmittelbar an die Frutieicolen sich anschließende betrachten. Nicht diese extremen Ausläufer vermitteln den Zusam- menhang, sondern Formen mit typisch wohl entwickeltem Genital- apparate mit zwei Pfeilen, Nebensäcken und zahlreichen Glandulae mucosae, vermuthlich kleine Formen mit aulakognathem Kiefer und be- haarter Schale. Bınney hat (V, p. 349, Pl. XV, Fig. M) die Radula von H. (Turri- cula) terrestris Chemn. abgebildet. Der Centralzahn ist dreispitzig, die folgenden sind zweispitzig mit starkem Mesodont und kleinem Ektodont. An den Marginalzähnen ist der Ektodont zweispitzig. Vom neunten Zahne an ist der Mesodont gespalten, zweispitzig. An einer anderen Stelle (V, Suppl. 2., 1886, p. 23, Pl.III, Fig. 7) beschreibt er die Radula von H. cantiana, welche nach demselben Typus, wie jene von Turricula gebaut ist. Im Vergleiche hiermit ist es auffallend, dass bei H. (Frutieicola) rufescens nach Bınıev (V, p. 346, Pl. IX, Fig. A) sowie auch bei anderen Frutieicolen nach Leumanx die Mesodonten ungespalten sind. Es wäre daher wichtig zu untersuchen, ob hierin nicht etwa ein durchgreifen- der Unterschied zwischen Xerophilen und Fruticicolen gegeben ist. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 443 2. Fruticicola (Held) v. Ih. Testa umbilieata vel perforata, globosa vel depresso-globulosa, in- terdum pilosa; anfractus 41/,—8; peristoma acutum plerumque intus labiatum. Maxilla costis numerosis latis, contiguis, raro distantibus, margine crenulato. Receptaculum seminis sine diverticulo; penis flagello ter- minali et retractori haud terminali instructo. Sagittae 2, interdum 1, vel 0. Glandulae mucosae plerumque numerosae. Retractor penis ad sinistram retractoris tentaculi majoris dextri situs. Fruticicola ist in so fern die wichtigste Gattung der Heliciden als von ihr sich vermuthlich alle anderen Gattungen abgezweigt haben, mit Ausnahme etwa von Xerophila, welche wohl mit Fruticicola zu- sammen auf eine gemeinsame Urform zurückgeht. Jedenfalls ist aber die Verwandtschaft von Helix, GCampylaea, Dorcasia, Cochlostyla ete. .mit Frutieicola eine innige, auf Fruticicola als die Stammgruppe aller verweisend. Den Beweis hierfür wird man in den folgenden Mittheilungen finden. Es wird unter solchen Umständen vermuthlich im Laufe der Zeit gelingen, die Berührungspunkte all dieser Gattungen präeiser zu bezeichnen, vermuthlich direkte Übergangsformen zu finden. Trotzdem zwingt uns die praktische Nothwendigkeit in der Kette an einander geknüpfter verwandter Formen gewisse künstliche Grenzen da zu ziehen, wo eben nicht die betreffenden Zwischenglieder längst erloschen sind. Aus diesem Grunde trenne ich Dorcasia von Frutiei- cola ab, weil andernfalls auch Chloraea und Cochlostyla hinzugezogen werden müssten. Die Gattungsdiagnose für Dorcasia schließt sich dann nahe an die von Frutieicola an, sich unterscheidend durch die lappig- drüsige Form der zwei Glandulae mucosae, die Existenz von nur einem Pfeile und den Mangel des Flagellum am Penis, an dem der Retractor meist terminal ansitzt. Der Kiefer hat wohl ausgebildete Rippen, ist also odontognath und jenem von Cochlostyla ähnlich, nicht dem aula- kognathen der typischen Fruticicolen. Typus des Subgenus Fruticicola ist H. hispida L. Mit dieser Art - stimmen anatomisch eine große Zahl von Arten wohl überein, welche auch fast alle mit ihr schon in eine Gruppe, Trichia, vereint wurden. Dies ist unzweifelhaft eine sehr natürliche Sektion, allein nicht in der heute üblichen Begrenzung. Ob die Schale etwas mehr kegelförmig oder deprimirt ist, muss doch wohl als ein Moment von sehr unter- geordneter Bedeutung erscheinen. Kein Wunder, dass man auf diesem Wege zu einer natürlichen Begrenzung der Gruppe nicht gelangen konnte. Es ist dadurch der Fehler begangen worden, H. CGobresiana 29* 444 H. von Ihering, und edentula, welche hierher gehören, mit H. bidens zu einer unnatür- lichen Gruppe zu vereinen, und andererseits H. umbrosa, die nicht hierher gehört, einzuschmuggeln. Ich schlage daher vor: Trichia für H. hispida und Verwandte als Sektion beizubehalten in der Begrenzung, welche die anatomische Forschung erheischt. Natürlich kann es sich dabei nur um die überhaupt schon untersuchten Species handeln und ist immerhin möglich, dass die anatomische Untersuchung von bisher dem Genitalapparate nach nicht bekannten Arten noch mancherlei Ver- änderungen herbeiführen wird. Die Sektion Trichia in diesem Sinne scheint mir auch concholo- gisch nicht schwer zu begründen, schon die nie fehlende Behaarung der Epidermis ist charakteristisch. Nur bei wenigen Arten fehlt diese Behaarung den erwachsenen Exemplaren, kommt aber in der Jugend noch zum Ausdruck. Der Kiefer ist durchweg aulakognath, schmal mit ziemlich vielen breiten flachen an einander stoßenden Rippen, der freie Rand kaum crenulirt und gegen den hinteren Rand hin verlieren sich nicht selten die Furchen, welche die »Rippen« trennen. An der Radula von H. rufescens sind die Mesodonten nach BınnEy ungespalten. Es bleibt zu untersuchen ob etwa alle Trichia-Arten hierin übereinstimmen, wie es nach Lrumann’s Zeichnungen scheint, die freilich größtentheils zu schlecht sind, um auf sie Werth zu legen. * Der Genitalapparat von Trichia ist charakterisirt durch das Vorhan- densein eines meist kurzen Flagellum, durch den Mangel des Divertikels am Blasenstiel, durch die Entwicklung von zwei symmetrisch stehen- den Pfeilsäcken mit zwischen denselben angebrachten Nebensäcken, sowie durch eine wechselnde Zahl von Gland. mucosae, welche meist nicht alle an jeder Seite in einem gemeinsamen Stamme münden. Die Pfeile sind klein, kegel- oder belemnitenförmig mit kaum abgesetzter Krone. Niemals ist ein Appendix am Penis entwickelt, und zwar weder bei Trichia noch auch bei anderen Fruticicolen. Diese Verhältnisse stimmen so vollkommen mit jenen der typi- schen Xerophilen überein, dass an gemeinsamer Abstammung beider nicht gezweifelt werden kann, sofern man nicht geradezu Fruticicola von Xerophila ableiten wollte. Es besteht überhaupt nur ein wesent- licher Unterschied, das Verhalten des rechten Oberfühlers, welcher bei den Xerophilen frei neben den Genitalien gelegen ist. Ich ver- weise auf das dort Bemerkte. Der Parallelismus mit den Xerophilen geht aber noch viel weiter. Wie bei jenen sehen wir auch bei den Fruticicolen eine Reduktion der Pfeilsäcke eintreten, in der Art, dass nur der Pfeilsack und Nebensack der einen Seite erhalten bleibt oder indem der Nebensack gleichfalls noch schwindet und nur ein Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 445 einziger Pfeil sich erhält. Hiermit ist eine weitere Gruppe von Fruti- cicolen charakterisirt. Endlich sehen wir in letzter Instanz auch noch wie bei Xerophila eine Verkümmerung dieses einzigen übrig bleibenden Pfeilsackes und der Glandulae mucosae eintreten. Bei H. limbata Drap. sind noch acht wirtelförmig gestellte Gland. mucosae vorhanden, auch noch ein Pfeil- sack, aber dieser ist leer, der Pfeil fehlt. Das nächste Stadium würde bestehen in dem Fehlen dieses rudimentären Pfeilsackes und der Rück- bildung der Glandulae mucosae; wir finden es repräsentirt bei H. oceidentalis Recl., wo der Pfeilsack fehlt und jederseits noch eine kleine gabelig gespaltene rudimentäre Gland. mucosa existirt. Wahrscheinlich schließen sich hieran dann H. ciliata Venetz und H. corsica Shuttl. an, bei denen, sofern Nachuntersuchung die Richtig- keit der Angabe bestätigt, Pfeilsack und Gland. mucosae fehlen. Hier ist unsere Weisheit aber zu Ende. Wie sollen wir entscheiden, ob eine des Pfeilsackes entbehrende Schnecke von Formen abstammt, die ihn besaßen, oder ob der Mangel ein ursprünglicher? Möglicherweise kommen bei diesen Arten in der Entwicklungsgeschichte noch Pfeilsack und Gland. mucosae zur Anlage. Ist das der Fall, so ist die Beobach- tung entscheidend, im anderen Falle aber kaum, da in Folge von Ab- kürzung der Ontogenie die Entwicklung »gefälscht« sein kann. Der von mir hervorgehobene Parallelismus zwischen Xerophila und Frutieicola wäre nicht komplet, wenn wir nicht auch den Fall bei Fru- ticicolen anträfen, wo beide Pfeilsäcke rückgebildet sind und der Pfeile entbehren. Dies ist der Fall bei H. strigella Drap. Wir haben daher bei Fruticicola wie bei Xerophila die mit zwei Pfeil- säcken und Nebensäcken ausgestatteten Arten als die ursprünglichsten anzusehen, aus denen sich in jeder der beiden Gattungen in gleicher Weise, aber unabhängig, durch dieselben Rückbildungs-Vorgänge, die mehr modifieirten Formen entwickelten. Wenn somit, wie einer so weit gehenden Übereinstimmung gegenüber wohl nicht in Frage gezogen wer- den kann, eine Verwandtschaft beider Gattungen besteht, so kann sie nur bei solchen Arten noch nachweisbar erscheinen, welche die volle typische Ausbildungdes Genitalapparates aufweisen. Es ist daher wohl auch kein Zufall, wenn wir unter den hierher gehörigen Arten von Xerophila auch die einzigen antreflen, bei denen Behaarung der Epidermis vorkommt, wie bei H. conspurcata. Es ist lediglich das Verhalten des rechten Fühlers, welches einer generischen Vereinigung dieser Arten im Wege steht, und bei diesen Arten und allen in ihre Verwandtschaft gehörigen wird man daher auch zu suchen haben, um Übergangsglieder hinsicht- lich der Fühlerlage anzutreffen. e: 446 H. von Ihering, Es bedarf hiernach kaum der besonderen Erklärung, dass H. vil- losa nicht, wie Cressın meint, den Übergang zu Campylaea vermittelt. Unverständlich ist mir, wie Semrzr, als Koncession den Conchyliologen gegenüber, die Carthusiana-Gruppe als Übergangsglied zu Frutieicola gelten lassen konnte. Ich verweise hier auf das bei Xerophila Bemerkte, wiederhole nur, dass Garthusiana eine kleine in mancher Hinsicht aberrante Gruppe darstellt, welche durch die Lage des rechten Fühlers sich den Xerophilen anschließt, und welche in der Entwicklung des Appendix weitere Beziehungen zu ganz bestimmten Gruppen der Xe- rophilen darbietet, aber nicht die mindesten zu Frutieicola; ihre Ein- reihung unter die Fruticicolen ist einfach ein durch Schalenähnlichkeit hervorgerufener Irrthum. Zu den allen Fruticicolen gemeinsamen Merkmalen gehört auch die schlauchförmige oder leicht keulenförmige Gestalt der Glandulae mucosae. Vermisst wird dieselbe nur bei H. fruticum, bei welcher ein aus mehreren Lappen bestehender sehr dicker Drüsenapparat die Stelle der Glandulae mucosae einnimmt. Da H. fruticum auch im Mangel des Flagellum unter allen Fruticicolen eine abweichende Stellung einnimmt, so ist es klar, dass sie überhaupt von den Frutieicolen auszuschließen ist; SEMPER stellt sie zu Chloraea, ich zu Dorcasia. Jedenfalls ist es klar, dass in Indien und den angrenzenden Inselgebieten die Frutieicolen eine ganz besonders auffällige Entwicklung gewonnen haben, indem die an Größe zunehmenden Arten eine stärkere Ausbildung der Rippen des Kiefers erlangten und am Genitalapparat eine massigere Entwicklung der ein- oder mehrlappigen Drtise, welche die Glandulae mucosae ersetzt und aus ihnen hervorging, während andererseits im Mangel desFlagellum alle diese Arten und Gattungen unter einander übereinstimmen, sowie mit H. fruticum, und auch im Mangel des Divertikel am Blasenstiel ihre Abstammung von der Frutieicola-Gruppe noch dokümentiren. Eine eingehendere Besprechung der Gattungen Dorcasia, Chloraea und Coch- lostyla liegt hier außer dem Bereiche unserer Aufgaben und muss auf Senper’s grundlegende Forschungen verwiesen werden. Trichia. Kiefer aulakognath. Am Genitalapparate zwei Pfeilsäcke mit ein- fachen Pfeilen und zwei Nebensäckchen zwischen ihnen, mehrere meist einzeln oder gruppenweise sich öffnende schlauchförmige . Gland. mucosae jederseits, und ein kurzes Flagellum. H. hispidaL. SCHMIDT, p. 26. Taf. V, Fig. 34. Moguin-TAnDon, p. 224. Pl. XVII, Fig. 14—16, _ LEHMANN, p. 404. Taf. XII, Fig. 35, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 447 Jederseits vier Gland. mucosae. Die Nebensäckchen stehen nach LEHMANN etwas höher als die Pfeilsäcke. Dem sonst so gewissenhaften Moguin-Tanoon ist hier das Versehen passirt, nur einen Pfeilsack anzu- geben, was falsch ist. Vermuthlich untersuchte er eine andere Species. H. depilata Pfr. SCHMIDT, p. 26, Taf. V, Fig. 30. H. villosa Stud. Moorıs-TAnnon, p. 227. Pl. XVII, Fig. 19—23. Wie vorige; auch Scamipr bestätigt in seinen älteren Aufsätzen die “ Anwesenheit von zwei Pfeilen. H. Pietrusk yana Parr. K. Brancsık, Jahresheft des naturw. Vereins zu Trencsin 1890—1891. Taf. I, Fig. 44. H. circinnata Stud. (= rufescens Penn.). SCHMIDT, p. 25. Taf. V, Fig. 29. Eowın T. Newron, ]. c. p. 27. Fig. 9 u. 9a. LEHMANN, Malakol. Blätter. Bd. XVI. 1869. p. 195—198. Die zwei Nebensäcke stehen über den Pfeilsäcken. Die vier Glan- dulae mucosae jeder Seite sind in zwei je mit gemeinsamem Stamm ausmündende Gruppen angeordnet. H. cobresiana Alt. (— unidentata Drap.). ScHMiDT, p. 26. Taf. V, Fig. 32. Nach Scamipr gehört auch H. edentula Drap. in diese Gruppe Mae.’p. 29). H. plebeja (= lurida Zgl.). Moguın-TAnDon, p. 225. Wie H. hispida. Auch Scanıpr giebt zwei Pfeile an. H. sericea Drap. SCHMIDT, p. 25 sowie Zeitschr. für ges. Naturwiss. Jahrg. 1853. Bd. I. p. 3—9. LEHMANN, p. 100. Taf. XI, Fig. 34. Auch hier jederseits vier Gland. mucosae. In einer anderen Ar- beit »Malakolog. Mittheil.« Zeitschr. f. Malakozoologie IX. Jahrg., 1852, p. 1—1A giebt A. Scamr auch die Existenz von zwei Pfeilen noch an für: H, leucozona Zgl., H. filicina F. Schm. Hierauf beschränkt sich, so viel ich weiß, das, was z. Z. über Trichia bekannt ist, welche danach als eine recht natürliche Gruppe erscheint. Nicht zu ihr gehörig ist H. umbrosa. 448 H. von Ihering, Monacha (Hartm.) v. Ih. Arten mit einem Pfeilsacke. Die hierher gehörigen Arten sind zur Zeit noch auf drei verschie- denen Sektionen vertheilt, lediglich auf conchologische Erwägungen hin, welche durch die anatomische Untersuchung nicht als berechtigt erwiesen werden. Dass H. umbrosa nicht zu Trichia gehört, wurde schon erwähnt, eben so dass zwei der zu Petasia gestellten Arten zu Trichia gehören. Von Petasia bleibt somit im Wesentlichen nichts übrig als H. bidens, eine Art, welche anatomisch keineswegs eine be- sondere zur Abtrennung von den hier zusammengefassten Arten auffor- dernde Stellung einnimmt. Der Rest ist auf die Sektionen Monacha und Zenobia vertheilt, die zu einer zusammenzuziehen sind, nach Ausschei- dung derjenigen Arten, welche anatomisch nicht oder nicht sicher hier- her passen. Es sind dasH.corsica und ciliata, sowie H. strigella und H. oceidentalis, welche ich weiter unten besprechen werde. Nimmt man hinzu, dass Garthusiana und Nummulina als zu den Xerophilen gehörig nicht bei Frutieicola bleiben können, und dass auch die Sektion Eulota, in welcher so verschiedenartige Thiere, wie es H. fruticum und H. oceidentalis und strigella sind, von denen erstere überhaupt nicht bei Fruticicola bleiben kann, zusammengedrängt sind, wegfällt, so ’wird man wohl einräumen, dass in keiner Gruppe klarer als bei Fruticicola zu Tage tritt; wie wenig eine einseitig conchyliologische Klassifikation zu einer Erkenntnis der wirklich bestehenden natürlichen Verwandtschaftsbe- ziehungen führen kann. Ich vermag gegenwärtig nicht zu beurtheilen, welcher Name für die hier zu behandelnde Gruppe die Priorität hat. Indem ich die Gruppennamen Trichia und Monacha für die hier von mir geschaffenen Gruppen beibehalte, geschieht es doch mit dem be- sonderen Bemerken, dass der von mir ihnen gegebene Umfang ein wesentlich anderer ist als bisher. Alle hierher gestellten Arten besitzen nur einen Pfeilsack, nicht selten noch mit einem Nebensacke, der den Beweis liefert, dass diese Arten von typischen Frutieicolen, vermuthlich also der Trichia-Gruppe, abstammen. Es sind auch hier in der Regel vier Gland. mucosae auf jeder Seite vorhanden, bei H. bidens und rubiginosa sind es zuweilen nur zwei. Ein meist kurzes Flagellum ist stets vorhanden, ein Diver- tikel des Blasenstieles niemals. Die Form des Pfeiles ist in dieser Gruppe sehr wechselnd. Er ist bald groß, bald klein, einfach kegel- förmig oder mit vier Kanten versehen, oder solche Kanten finden sich nur an der Spitze. Zuweilen ist der Pfeil gedreht. Vielleicht wird hier die Form des Pfeiles gestatten, die näher unter einander verwandten Arten in kleinere Gruppen zu vereinen. Ich denke dass H. limbata Drap., Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 449 bei welcher der 'Pfeilsack rudimentär ist ohne Pfeil, sich an diese Gruppe unmittelbar anreiht, eventuell mit ihr zu vereinigen ist. H.incarnata Müll. Moouın-TAnnon, p. 199. Pi. XVI, Fig. 5—8. SCHMIDT, p. 24. Taf. V, Fig. 25. LEHMANN, p. 106. Taf. XI, Fig. 37. Jederseits drei bis vier Gland. mucosae. Der große Pfeilsack enthält einen langen, gedrehten, am Ende mit Schneiden ausgestatteten Pfeil. Hierhin gehört auch H. carpatica Friv., von welcher Brancsık (Taf. II, Fig. 4 als vieina Blz.) eine mit incarnata stimmende Abbildung giebt. H.umbrosa Partsch. Paascn, 1. c. 1845, Scennipr (Malak. Mitth. 1852 1. c.) giebt an, dass nur ein ziemlich großer Pfeil existirt, welcher einfach, nicht gewunden ist. Die Ab- bildung bei Brancsık (Taf. I, Fig.8) passt gut zu jener von H. incarnata, bis auf das hier etwas längere Flagellum. H. cinetella Drap. Scnmipvr bemerkt an gleicher Stelle, dass H. cinctella einen ein- zigen Pfeil hat, der wie bei H. incarnata rechts gewunden sei (bei H. »sericea« — es ist rubiginosa gemeint — aber links gewunden). H. rubiginosa Zel. SCHMIDT, p. 25. Taf. V, Fig. 27. LEHMANN, p. 98. Taf. XI, Fig. 33. Der vierkantige Pfeil ist gewunden, ohne Krone. Nur vier Glan- dulae mucosae. H. fusca Mont. SCHMIDT, p. 24. Taf. V, Fig. 26. Mogvin-TANDonN, p. 212. Moguın-Tannon giebt zwei Pfeilsäcke an. Da er nicht wie Scumipr dieselben untersuchte, hat er den Nebensack für einen Pfeilsack ge- halten. Flagellum mäßig lang. H. glabella Drap. Moouın-TAnDon, p. 209. Pl. XVI, Fig. 27—32. Flagellum mäßig lang. Ein einfacher ziemlich langer Pfeilsack und nur vier Glandulae mucosae. In dieser Verringerung der Zahl der Drüsenschläuche gleicht diese Art also H. rubiginosa und bidens. H. bidens Chemn. SCHMIDT, p. 25. Taf. V, Fig. 28. LEHMANN, p. 93. Taf. XI, Fig. 31. Der Pfeilsack bis zur Mitte der Vagina angeheftet. Es sind nur zwei Gland. mucosae jederseits entwickelt nach Scamr, zwei bis vier nach 450 H. von Ihering, Lenmann. Der Pfeil hat eine wenig abgesetzte Krone, die Mitte ist stiel- rund, die Spitze mit vier Schneiden versehen. Hier hätten wir einen Genitalapparat, von welchem sich jener der echten Helix-Arten sehr wohl ableiten ließe. Hier schließe ich an: H. limbata Drap. Moguin-TAnDon, p. 194. Pl. XV, Fig, 44—140. Das Flagellum ist kurz; jederseits vier Gland. mucosae, wirtel- förmig angeordnet. Nach unten von ihnen steht ein kleiner Pfeilsack, der keinen Pfeil enthält. Vielleicht ist ein solcher ausnahmsweise ab und zu vorhanden. Es wäre der Mühe werth hierauf eine größere An- zahl von Individuen zu untersuchen. Zenobia (Gray) v. Ih. Arten mit Verkümmerung von Pfeilsack und Gland. mucosae. Ich stellte hier einfach die betreffenden Arten zusammen, ohne sie als eine zusammengehörige Gruppe zu betrachten. Erst wenn bei Ausdehnung der Untersuchung weitere Fälle von derartiger Verküm- merung bekannt geworden, wird man über die Verwandtschaftsbe- ziehungen derselben sich ein Urtheil bilden können. H. strigella Drap. Mogouiın-TAnoon, p. 204. Pl. XVI, Fig, 14-—17. LEHMANN, p. 404. Taf. XII, Fig. 36. BRANCSIE, 1. c. Taf. I, Fig. 12. Jederseits vier in einen Stamm sich vereinigende Glandulae mucosae. Darunter zwei leere Pfeilsäcke; Flagellum kurz. Wir haben es hier also mit einer Verwandten der Trichia-Gruppe zu thun. Den Mangel der Pfeile hat zuerst Scanıpr mitgetheilt. Auffallend ist die Um- bildung der Pfeilsäcke in zwei sehr lange schlauchförmige Organe. H. occidentalis Recl. Moguin-TAnDon, p. 224. Pl. XVII, Fig. 10—13. Das Flagellum ist kurz, ziemlich dick, der Pfeilsack fehlt. Es ist jederseits ein kleiner in zwei kurze Blindschläuche auslaufender Blind- sack an der Stelle vorhanden, wo die Gland. mucosae sich sonst finden. Vielleicht ergiebt die Untersuchung größerer Serien dieser Art Abnor- | mitäten, in denen die Pfeilsäcke noch vorkommen, resp. atavistisch wieder auftreten. Auch diese Art scheint sich Trichia anzuschließen. H. ciliata Venetz. Mogvıs-TAnDonN, p. 217. Pl. XVII, Fig. 1—5. Stellen wir uns vor, dass die rudimentären Gland. mucosae, welche wir bei der vorigen Art noch antrafen, ganz fehlen, so haben wir den Genitalapparat von H. ciliata. Es ist sehr zu wünschen, dass durch De Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II, 451 Untersuchung zahlreicher Exemplare auf Abnormitäten gefahndet werde, bei denen noch Reste dieser Organe sich finden, resp. atavistisch entwickelt sind. Jedenfalls wird auch die Untersuchung verwandter Arten noch Aufschluss geben. Den Mangel des Pfeiles gab für diese Art schon Scumipr 1853 an. Dass sie wirklich hierher gehöre, ist bis jetzt lediglich eine auf die Schalenähnlichkeit gegründete Vermuthung. Auch der Kiefer entspricht jenem von Fruticicola. H. corsica Shuttl. Moguın-TAnDoON, p. 214. Der Genitalapparat stimmt bis auf das etwas längere Flagellum ganz mit jenem von H.ciliata. Er könnte so gut wie einer rückgebildeten Frutieicola, auch einer Patula oder Verwandten angehören. Mehr noch als bei der vorigen Art wird es hier nöthig sein durch Untersuchung zahlreicher Individuen und durch Ausdehnung der Untersuchung auf andere nahestehende Arten zu einer gesicherten Deutung zu gelangen. Vielleicht sind diese aberranten Formen auf zwei verschiedene Entwicklungsreihen zu vertheilen: 1) Von Trichia abstammend: a. H. strigella, b. H. oceidentalis und H. ciliata. 2) Von Monacha abstammend: H. limbata, H. corsica, falls letztere nicht zu H. strigella resp. deren Verwandten gehört. Als eine von Frutieicola abgezweigte Gruppe mit Verkümmerung von Pfeilsack und Gland. mucosae haben wir auch Gonostoma anzusehen. Es wird nicht leicht sein, zu entscheiden, ob alle die hier besprochenen Frutieicolen mit verkümmertem oder mangelndem Pfeilapparat zu Gono- stoma zu stellen sind, was ich für H. oceidentalis und eiliata befürwor- ten möchte, oder ob sie eine oder mehrere besondere Gattungen bilden müssen oder ob man sie bei Frutiecicola lässt. Selbst wenn ihre Ab- stammung von Fruticicola über jeden Zweifel erhaben wäre, bleibt doch die Zusammenfassung von Formen mit so verschiedenartigem Genitalapparate misslich. Jedenfalls liegt hier der Untersuchung noch ein sehr weites und vielversprechendes Arbeitsfeld vor. Es scheint mir, dass Hzsse ganz Recht hat, wenn er eine Reihe von griechischen Arten hier anschließt. Es sind: Hel. sublecta v. Maltz., 1. c. 1884, p. 240. Taf. V, Fig. 11, Hel. noverca Friv., ibid., p. 240. Taf. V, Fig. 12, 452 H. von Ihering, Hel. Westerlundi Blanc, ibid., p. 240. Taf. V, Fig. 13. Hel. pellita Fer., ibid., p. 240. Alle diese Arten haben den Kiefer der Fruticicolen und weder Divertikel noch Pfeilsack oder Gland. mucosae, aber am Penis ein Fla- gellum. Der unterste Theil des Penis ist etwas verdickt, eigenthümlich ist die Anschwellung am Ursprung des Blasenstieles. Ganz ähnlich zeichnet Moouin-Tanpon die Verhältnisse bei Hel. eiliata und Verwand- ten. An sie schließen sich meines Erachtens diese Formen an, welche Hesse als Pseudocampylaea vereint, einen bereits von PrEIFER vergebe- nen Namen anwendend, den ich in Metafruticicola umändere und für die metabelogonen Fruticicolen verwende. Koszr stellt diese Arten zu Campylaea, verleitet durch die Ähnlichkeit mit Helix eyclolabris Desh. welche dem Genitalapparate nach eine Gampylaea ist. Einiges über ostasiatische Frutieicolen, deren Grenze gegen Dor- casia zum Theil schwer zu ziehen sein dürfte, wolle man im Abschnitte ° Dorcasia vergleichen. 3. Helix (L.) v. Ih. Während bisher die Gattung Helix lediglich ein conchyliologischer Begriff war, suche ich hier ihn auf anatomischer Grundlage zu kon- struiren. Es geht dies sehr gut an, denn alle von mir hierher gestell- ten Gruppen sind aufs Nächste unter einander verwandt. Wird sich daher gegen diese Fassung wenig sagen lassen, so würde höchstens dagegen einzuwenden sein, dass der Begriff der Gattung hätte weiter gefasst werden können durch Hineinbeziehung von Campylaea. In die- sem Falle aber würden wir eben doch gleich wieder die Gattung in zwei große Subgenera zu -theilen gehabt haben, die ihrerseits ja beide wieder in mancherlei Sub-Subgenera zerfallen. Da ist es doch offenbar natürlicher, das was später doch folgen würde, gleich zu thun, diese Subgenera als Genera zu trennen, zu welcher Trennung der Genital- apparat den Anhalt bietet. Außer den weiterhin zu erörternden Ver- hältnissen der Glandulae mucosae sind es zumal die Liebespfeile, welche in beiden Gattungen konstant verschieden sind. Alle bisher unter- suchten Helix haben den vierkantigen Liebespfeil, der andererseits bei keiner Gampylaea noch angetroffen wurde, wogegen bei letzteren der Pfeil zweikantig abgeplattet, im Querschnitt linsenförmig ist. Außerdem ist von keiner Gampylaea eine regelmäßig canellirte Krone des Pfeiles bekannt, wie sie bei Tachea, Pomatia und Macularia regelmäßig sich findet. Über den Pfeil der Iberus dagegen. ist fast nichts bekannt; wenn man WıEsmAnn’s Darstellung des Pfeiles von H. serpentina genera- lisiren dürfte, so würde die Krone bei Iberus einfach sein; vielleicht Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 453 würden sich auch bei ihnen die Übergangsglieder nach Campylaea hin finden lassen. Dass solche Zwischenformen existiren oder existirt haben müssen, wird durch die weitgehende anatomische Übereinstim- mung wahrscheinlich gemacht, aber ob solche Zwischenglieder noch existiren oder nicht, scheint mir für die Systematik in so fern nicht sehr wesentlich, als die thatsächlich bestehenden Gegensätze zwar da- durch verknüpft aber nicht beseitigt würden. Die Unsicherheit wegen passender Unterbringung einiger Zwischenglieder würde daher doch an der systematischen Gruppirung der Hunderte von übrigen Arten nichts ändern dürfen. Doch ist wie gesagt bis jetzt von solchen Zwi- schenformen nichts entdeckt. Ich nehme somit Helix ungefähr in dem Sinne wie ScHMipr seine Helix-Sektion Pentataenia begrenzte. Ob Helix desertorum zu Helix gehört, kann ich aus den ungenügenden darüber bekannt gewordenen Mittheilungen nicht ersehen. Die weitere Eintheilung in Sektionen oder Subgenera innerhalb der Gattung Helix kann nur eine conch ylio- logische sein, wobei ja freilich die übrigen hier hervorgehobenen Mo- mente mit berücksichtigt werden müssen: Die Gattungsdiagnose würde daher lauten: Testa globosa vel depressa, saepe 5-fasciata; anfractus k—6, ulti- mus ad aperturam descendens: Maxilla costis 3—9 validis, distantibus, margine dentato. Glan- dulae mucosae 2 simplices (Iberus) vel saepius multifidae. Sagitta A valida, aciebus 4 simplieibus vel dichotomis, et corona plerumque co- stulato-crenulata instructa. Ductus receptaculi seminis diverticulo raro obsoleto munitus. Tachea Leach. Die hierher gehörigen Arten stimmen im Genitalapparate sehr wesentlich überein, Der Blasenstiel ist sehr lang, oft bis über die Ei- weißdrüse hinausreichend und mit einem meist langen Divertikel ver- sehen. Am Penis ist stets das Flagellum vorhanden. Der Pfeil ist meist groß, immer mit vier Längskanten versehen an dem langen Kör- per, der allmählich in die Spitze übergeht und durch einen kurzen Hals sich nur wenig gegen die Krone absetzt. Die Zahl der Glandulae mucosae ist meist eine mäßige, indem jeder der zwei Hauptstämme vier bis sieben Schläuche trägt. Eine Asnahme macht aber H. austriaca, wo die Zahl dieser Schläuche auf 16—30 jederseits steigt, wie bei Pomatia. Da bei H. austriaca auch der Pfeil sehr klein ist, 3 mm (ge- gen 5—8mm bei den anderen), so bliebe zu untersuchen, ob sich diese Art nicht ihrer Schale nach in einer anderen Gruppe von Helix besser 454 H. von Ihering, - R unterbringen ließe. Jedenfalls stehen dem Genitalapparate nach H. alonensis und Verwandte den typischen Tachea-Arten näher als H. austriaca. In Bezug auf die geringe Größe des Pfeilsackes stimmt mit H. austriaca die H. splendida überein. Von zur Zeit hierher gezogenen Arten sind untersucht: H. hortensis Müll. ScamiDT, p. 49. Taf. III, Fig. 45. LEHMANN, p. 49. Taf. XII, Fig. 4. Moguiın-TAnoon, p. 167. H. nemoralisL. ScHaipTt, p. 49. Taf. III, Fig. 46. Mogouvin-Tannon, p. 162. Pl. XIII, Fig. —6. LEHMANN, p. 440. Taf. XL, Fig. 39. H. sylvatica Drap. ScanipT, p. 48. Taf. III, Fig. 14. Moouın-TAnDon, p. A474. H. vindobonensis Pfr. (austriaca Mühlf.). SCHMIDT, p. 48. Taf. III, Fig. 12—13. LEHMANN, p. 446. H. splendida Drap. Moouin-TAnDon, p. 449. SCHMIDT, p. 17. Für eine Nachuntersuchung dieser Gruppe würde es nöthig sein, Radula und Liebespfeil ganz besonders genau zu untersuchen, indem möglicherweise eine Anzahl Arten mit relativ sehr kleinem Liebespfeil sich enger an einander schließen. Sehr viel Gewicht kann man auf die Vermehrung der Zahl der Blindschläuche an den Gland. mue. bei H. austriaca nicht legen, weil einmal hierin innerhalb der Art sehr große Variationen existiren und solche Verschiedenheiten auch sonst zwischen nahe verwandten Arten zur Beobachtung kommen. Ich betrachte die hervorgehobenen Momente auch lediglich als einen zu erneuter Unter- suchung anregenden Anhaltspunkt. Macularia Albers. Anatomisch erweist sich diese Gruppe durchaus nicht als einheit- lich. Nach Martens soll der Kiefer durch vier Rippen charakterisirt sein, doch hat H. alonensis deren bald vier bis fünf bald mehr, bis sie- ben (nach Strasser). Bei H. niciensis und balearica giebt MoQuıs-Tanpon vier bis sechs, beiH.lactea vier, bei H. vermiculata fünfRippen an, doch haben jüngere Exemplare bei letzterer Art deren nurdrei bis vier. Der Kiefer bietet eben innerhalb der Pentataenien zu nochmaliger Unter- abtheilung keinen Anhalt. Eben so steht es mit dem Pfeile. Martens sagt, »dass die vier Schneiden des Pfeiles dichotom seien (H. alonensis)« Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 455 aber bei letzterer Art ist nach der genauen Abbildung von Srreszr die Schneide einfach. Auch A. Scamipr (l. ec. p. 20) erwähnt gerade für H. alonensis ausdrücklich »vier einfache Schneiden«, wie bei H. nemoralis. Nach Scnipr repräsentiren H. hortensis und nemoralis hinsichtlich des Pfeiles zwei extreme Typen, in so fern bei ersterer die Schneiden ver- breitert und gefurcht »rinnenförmig gespalten« oder »dichotom« sind, bei H. nemoralis einfach. Einfache Schneiden hat H. pomatia, während bei H. lutescens die oberen Hälften der inneren und äußeren Schneide gespalten und rinnenförmig sind. Während H. lactea, vermiculata, sylvatica u. a. sich H. nemoralis hierin anschließen, stimmen H. alo- nensis, spiriplana, Gualteriana u. a. mit H. nemoralis überein. Es ist daher nicht zutreffend, wenn Martens in die Diagnose der vier unter Pentataeniazu vereinigenden Gruppen die Beschaffenheit des Pfeiles und die Zahl der Rippen des Kiefers aufnimmt. Das einzige Merkmal, welches meines Erachtens anatomischer- seits für eine Gruppirung innerhalb der Gattung Helix herangezogen werden kann, ist die Zahl der Glandulae mucosae. Dieselbe variirt zwar innerhalb bestimmter Grenzen, aber doch so, dass Arten mit ein- fachen oder nur einmal getheilten Schläuchen nicht plötzlich 10—12 Schläuche jederseits aufweisen etc. Außerdem wird eben doch noch- mals zu untersuchen sein, ob nicht der Liebespfeil Winke bezüglich der Gruppirung der Arten giebt. Eine Gruppe mit ganz einfachen, nur zuweilen abnormerweise an einer Seite einmal gespaltenen Gland. mucosae bilden H. muralis, ser- pentina, niciensis, pisana, daran schließen sich als zweite Gruppe jene zahlreichen Arten, bei denen jede Glandula mucosa zwei bis sieben Schläuche trägt. Bei H. lactea und Verwandten ist die Zahl der Schläuche auf 30 und darüber gestiegen, bei der Gruppe Pomatia ebenfalls eine sehr hohe. Gruppe der Helix lactea. H. lactea Müll. A. Scamipt, p. 45. Taf. I, Fig. 7—8. Moguin-Tanoon, p. 4157. Pl. XII, Fig. 21—24. H. punctata Müll. ScHMipT, p. 45, Taf. II, Fig. 9—10. H. Godringtoni Gray. F. WıEGMmAnN, Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. IV. 4877. p. 495. Taf. VI. H. vermiculata Müll. ScaMmiDT, p. 15. Taf. II, Fig, 6. Moguın-Tannon, p. 159. Pl. XII, Fig. 25—29. F. Wıeemann, Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. IV. 4877. p. 201. Taf. VII. 456 H, von Ihering, Durch das enorm lange Divertikel des Blasenstieles sehr aus- gezeichnete Art. H. Dupotetiana Forb. ScHmipT, p. 16. Taf. II, Fig. 41. Diese Art hat nach der Abbildung von Scumipr relativ weniger Schläuche der Glandulae mucosae, nur je 14. Hieran würde sich denn wohl H. austriaca anschließen. Die mancherlei hier vermuthlich sich anschließenden algierischen Arten sind anatomisch noch nicht unter- sucht. Gruppe der Helix alonensis. H. alonensis Fer. H. STREBEL, Über Helix alonensis. Verhandl. d. Ver. f. naturw. Unter- haltung in Hamburg. Bd. III. 4876. (Mit Taf. I u. II.) p. 1—9. SCHMIDT, p. 49. Taf. IV, Fig. 47—18. Hierzu auch die Var. campesina Ezqu. Ob H. loxana und cartha- giniensis Rossm. als der alonensis sehr nahestehende Arten oder als zu ihr gehörige Varietäten anzusehen seien, wird wohl schwer zu ent- scheiden sein. Es würden größere Serien an verschiedenen Fundorten nach Schale und Anatomie zu untersuchen sein. Ob Flagellum und Di- vertikel des Blasenstieles dabei etwas kürzer oder länger sind, wird die Frage kaum entscheiden, dasolche Verhältnisse natürlich eben so variabel sind wie jene der Schale. Wichtiger wäre es schon, wenn konstant eine erhebliche Verringerung in der Größe des Pfeiles, der echten H. alonensis gegenüber, zu konstatiren wäre und etwa konstante Diffe- renzen in Kiefer und Radula sich herausstellten. Die Zahl der Schläuche einer jeden Gland. mucosa schwankt zwischen zwei bis vier bei dieser Art der Artengruppe. Den Genitalapparat von H. loxana Rossm. und von carthaginiensis Rossm. hat Scamipr p. 20, Taf. IV, Fig. 19 und 20 behandelt. H. Raspailii Payr. Mogouin-TAnpon, p. 152. Pl. II, Fig. 44—46. Der Kiefer hat nur drei Rippen, deren mittelste etwas abgeflacht ist. Der Pfeil ist leicht gebogen, mit vier einfachen Schneiden, ganz von der für Helix typischen Form. Jederseits vier aus einem gemeinsamen Stamm entspringende Glandulae mucosae. Moguın-Tanpon hat diese Art richtig mit anderen Macularia ete. vereint, während MArtens und Koserr noch an der Placirung derselben bei Gampylaea festhalten. Lei- der giebt Moguin-Tannon nichts an über das Divertikel des Blasen- stieles, welches wohl kaum fehlen wird. Es ist daher eine Nachunter- suchung erforderlich , indess genügt vorläufig die Thatsache, dass der Pfeil dem Helixtypus angehört. _Seine Krone ist canellirt. Scumipr Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 457 scheint sie (p. 35) zu Campylaea zu stellen. Neue Untersuchung ist nöthig. | H. balearica Tel. Moguın-TAnDon, p. 157 (var. Companyonii Aler.). Kiefer mit vier Rippen, zu denen eventuell noch zwei undeutliche äußere hinzukommen. Gland. mucosa mit drei Schläuchen. Hieran würde sich nach Koszrr, Jahrb. Mal. Ges. 4, 1877, p. 23 die bei Iberus er- wähnte H. minoricensis Mitt. anschließen. H. GualterianaLl. SCHMIDT, p. 21. Taf. IV, Fig. 22. Diese etwas aberrante Form nimmt innerhalb der Gattung Helix dieselbe Stellung ein wie Helix lapieida bei den Campylaeen. Die Aufstellung besonderer Subgenera für diese gekielten Formen, welche sich nicht einmal conchyliologisch rechtfertigen lässt, wird durch die anatomische Untersuchung zurückgewiesen. H. spiriplana Oliv. ScHuniDT, p. 24. Taf. IV, Fig. 24. Ausgezeichnet durch etwas feine Schläuche (je drei) der Gland. muc., sowie sehr langes Flagellum. Anlass zur Aufstellung einer be- sonderen Gruppe (Levantina bei Koskır) bieten diese Momente nicht. H. desertorum Forsk. C. SEMPER, 1. c. Taf. XIV, Fig. 44. Die Art scheint auch in die Nähe der vorigen zu gehören, doch kann ich nach der Figur allein — der Text fehlt mir — nicht urtheilen. Iberus Montt£. Auch die Begrenzung dieser Gruppe scheint eine recht willkür- liche zu sein. So ziehen Martens und Kozerr H. niciensis zu Macularia, während ich sie mit Moguın-Tanpon neben die zu Iberus gehörige H. serpentina stelle. Es sind nur wenige Arten bisher anatomisch unter- sucht. Es sind dies: H. muralis Müll. Moguin-TAnpon, p. 143. Pl. XI, Fig. 35—38. Brancsık, 1. c. Taf. III, Fig. 2. Kiefer mit fünf starken Rippen. Es sind nur zwei einfache Gland. mucosae vorhanden. Weitere Angaben fehlen, auch über den Pieil. Flagellum und Divertikel nach Brancsık von mäßiger Größe. Dem Ge- nitalapparate nach nicht von Campylaea verschieden, es fragt sich also wie der Pfeil aussieht. H. serpentina Fer. F, WıEGMAnn, Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. IV. 4877. p. 207. Taf. VI. Moguin-Tanpon, p. 144. Pl. XII, Fig. 1—3. Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 30 458 H. von Ihering, Kiefer mit drei oder fünf starken Rippen, d.h. nach Moguın-Tanvon, wogegen sie WıEemann so undeutlich fand, dass der Kiefer fast glatt er- schien. Die Gland. mucosae sind gegabelt, bifid. Flagellum lang, aber am Blasenstiel fehlt das Divertikel, ein im Übrigen bei Helix sehr seltener Fall. Pfeil 3!/;, mm lang, jederseits mit zwei gegen einander gekrümmten, etwas eingerollten Schneiden. H. circumornata Fer. (Fig. 19). Einige Daten über die Anatomie dieser Art habe ich in Neapel notirt. Das Flagellum ist ziemlich lang, eben so das Divertikel am Blasenstiel, das etwas kürzer ist als der von seiner Insertion zur Blase führende Theil des Blasenstieles. An der Basis des Pfeilsackes münden zwei einfache schlauchförmige Glandulae mucosae. H. pisana Müll. Moguis-TAnDos, p. 259. Pl. XIX, Fig. 9—320. SCHMIDT, p. 22. Taf. V, Fig. 23. Der Kiefer hat drei vertikale Leisten resp. Rippen, von denen die mittlere am schwächsten ist und öfters fehlt. Es sind nur zwei ein- fache schlauchförmige Gland. muc. vorhanden. Der Pfeil hat vier rinnenförmige Schneiden wie bei H. austriaca, lactea u. A. Der Pfeil- sack liegt frei, d. h. nicht an die Vagina angeheftet wie bei den Xero- philen, auch der rechte obere Fühler schlingt sich wie bei den anderen Helix, zwischen männlichen und weiblichen Geschlechtstheilen hin- durch. Divertikel des Blasenstiels vorhanden, aber das Flagellum fehlt. Letzterer Umstand ist sehr bemerkenswerth, er kommt sehr selten vor (unter den Fruticicolen bei H. fruticum). Zu den Xerophilen bietet die Anatomie nicht die mindeste Beziehung, dagegen weist Alles darauf hin, dass H. pisana die nächste Verwandte der hier besprochenen Iberus- Arten darstellt!. Die beiden einfachen oder einmal gegabelten Glandulae mucosae und der mit wenigen (zwei bis fünf) Rippen versehene Kiefer scheinen allen hierher gehörigen Arten eigen zu sein und den Anhalt zur natür- lichen Umgrenzung der Gruppe zu bieten, in welcher die Verküm- merung des Flagellum (H. pisana) und des Divertikel am Blasenstiel (H. serpentina) bei einzelnen Arten besondere, nicht oder nur selten bei Helix anzutreffende Eigenthümlichkeiten darstellen. Es scheint, dass der Pfeil eine einfache nicht gezackte Krone besitzt. H. minoricensis Mittr. BrancsıK, l. cc. Taf. III, Fig. 4. Flagellum und Divertikel von mäßiger Größe. Der Pfeilsack ist relativ klein, die Glandulae mucosae in ca. acht Schläuche gespalten. ! So auch P. Hess£, Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. VIll. 4881. p. 349. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, I. 459 H.tetragona Jan. M. SuEpMmAnn, Helix tetragona Jan. Jahrb. d. d. Malak. Ges, IV. Jahre. 1877. p. 268—271. Mit Abbildung. Flagellum und Divertikel wohl entwickelt. Es sind zwei gespal- tene Glandulae mucosae da und ein Pfeilsack, dessen vierkantiger Pfeil die Art zu Iberus verweist, statt zu Gampylaea, wohin man sie früher zog. Pomatia Leach. Die Untergruppe Pomatia ist, wenigstens in dem hier angenomme- nen Umfange, eine sehr natürliche. Sie ist charakterisirt durch den starken, mit kräftigen Rippen versehenen, daher am Rande dentikulir- ten Kiefer, sowie Bau von Radula und Genitalapparat, wozu sich endlich von Seiten der Schale die bekannten hier nicht zu wiederholenden Merkmale hinzugesellen. Die Radula, außer von Helix pomatia auch (durch Bınney) für Helix aspersa beschrieben, hat viereckige Platten, etwas länger als breit. Der Mittelzahn ist dreispitzig mit starker mitt- lerer und wenig entwickelten Seitenspitzen oder Dentikeln. Die Lateral- zähne haben den Hauptdentikel groß und zweispitzig schräg stehend der Medianlinie zugewandt, nach außen von ihm befindet sich ein kleiner Seitendentikel, der an den Marginalzähnen meist zweispitzig wird. Der Geschlechtsapparat ist charakterisirt durch das Vorhandensein eines bei den verschiedenen Arten an Länge wechselnden Flagellums, durch Existenz eines nur sehr wenigen Arten fehlenden Divertikels am Gang des Receptaculum seminis, durch die beiden starken mit sehr zahlreichen Schläuchen besetzten Stämme der Glandulae mucosae und durch einen starken Pfeil, der im Querschnitt vierkantig erscheint, resp. kreuzförmig durch die an ihm entlang laufenden vier Schneiden, und welcher eine gezackte Krone und einen gegen diese sich absetzen- den kurzen Halstheil besitzt, woran sich der allmählich in die Spitze übergehende llaupttheil anschließt. Die einzige Ausnahme in Bezug auf diese Schilderung bilden einige wenige Arten (H. pomatia, H. secernenda Rossm.), bei denen in der Regel das Divertikel des Blasenstieles fehlt. Dass es sich dabei aber nur um die Unterdrückung eines der ganzen Gruppe prineipiell zukommenden Theiles handelt, geht am deutlichsten daraus hervor, dass viele Indivi- duen von Helix pomatia ein kurzes Divertikel besitzen. Scnmipr’s An- gabe, dass dasselbe vorzugsweise bei besonders großen Exemplaren sich häufig finde, scheint fast anzudeuten, dass der Mangel auf sehr spät erfolgender Entwicklung des Divertikels beruhe, 30* 460 H. von Ihering, Von genauer untersuchten Arten dieser Gruppe sind mir bekannt: 1) Helix pomatial. cf. Scumpt, 1. c. p. 13. Taf. I, Fig. 2. LEHMANN, 1. c. p. 123. Taf. XII, Fig. 42. Moguin-TAnDdon, 1. ec. p. 179. Pl. XIV, Fig. 1—9. 2) H.secernenda Rossm. cf. SCHMIDT, 1. c. p. 44. Taf. I, Fig. 3. 3) H. lutescens Ziegl. Ch. SCHMIDT, 1. c. p. A8. Tat. 1. De A) H. melanostoma Drap. cf. Moouin-Tannon, 1. c. p. 182. Pl. XIV, Fig. 10—13. Ein Grund zu subgenerischer Abtrennung dieser und der folgenden Art nach dem Beispiele von Mogum-Tanpon liegt, wenigstens von ana- tomischer Seite her, sicher nicht vor. 5) H. tristis Pfr. cf. Moouin-Tannon, 1. c. p. 484. Pl. XIV, Fig. 14—46. 6) H. adspersa Müll. ef. SCHMIDT,:). ec. p. 15. Taf. 1, Fig. 5. Mooum-TAnnon, 1. c. p. 474. Pl. XIII, Fig. 44—32. 7) H. lucorum Müll. BRANCSIK, 1. c. Taf. III, Fig. 5. Am Blasenstiel ist ein ziemlich langes Divertikel vorhanden, sonst Alles wie bei H. pomatia. Brancsı führt noch eine mir nicht bekannte Helix axia Bgt. an (Taf. III, Fig. 7), welche dem mit lucorum ziemlich ähnlichen Genital- apparate nach auch zu Pentataenia zu gehören scheint. In der Zeich- nung findet sich, wohl nur aus Versehen, außer dem Divertikel noch ein anderer von der Basis des Blasenstieles nach dem Uterus hinziehen- der Kanal angegeben. Der Pfeilsack ist nicht so groß wie bei Pomatia, sondern relativ klein, wie in der Regel bei Tachea. 8) H. aperta Born. ef. SCHMIDT, 1. e, p. 14. Taf. I, Fig. %. Moorin-Tanoon, 1, c. p. 186. Pl. XIV, Fig. 17—19 u. Pl. XV, Fig. 1—4. Von Helix ligata, eincta u. a. Vertretern der Pomatia-Gruppe ist, so viel mir bekannt, die Anatomie noch nicht studirt. Es ist kaum anzu- nehmen, dass dieselbe an der hier gegebenen Schilderung Wesentliches ändern oder ein oder die andere dieser Arten einer anderen Gruppe zuweisen dürfte. Es scheint vielmehr, dass diese Pomatia-Gruppe eine ganz natürliche, wohl begründete ist. Zu einer abermaligen Theilung der Pomatia-Gruppe in mehrere kleinere Untergruppen liegt von Seiten der uns bekannten anatomischen Verhältnisse gar kein Grund vor. Mit diesem Ergebnisse stimmt auch die geographische Verbreitung wohl überein, welche uns die Pomatien als eine auf die paläarktische Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 461 Region beschränkte Helix-Gruppe kennen lehren. Im Widerspruch hierzu stellte man früher die mexikanische Helix Humboldtiana Val. und ihre Var. Buffoniana zu Pomatia, wodurch sich die höchst eigen- thümliche Thatsache ergeben würde, dass diese paläarktische Gruppe mit ein bis zwei Arten auch in Mexiko und Central-Amerika vertreten wäre. Schon Srkeseı (IV, 35) zog statt dessen diese Art zu den kali- fornischen Arionta, was von Martens in seiner Kritik dieses Werkes einigermaßen gebilligt wurde. Genaueres hat sich ergeben durch die Untersuchung des Thieres, welche wir W. G. Bınney ! verdanken. In Bezug auf Kiefer und Radula ist danach nichts gegen die Ein- ordnung unter Arionta zu bemerken, doch bietet das Gebiss ja überhaupt keinen Anhalt zur Trennung der Arionten und Pomatien. Die Ekto- donten der Marginalzähne sind bei Arionta meist einfach, bei Pomatia zuweilen gespalten. Hel. Humboldtiana schließt sich darin den typischen Arionten an, allein gespaltene Ektodonten der Marginalzähne kommen auch einer Species von Arionta, der A. sequoicola zu. Entscheidend ist daher nur der Genitalapparat. Aus der Bınnsy’schen Untersuchung ist ersichtlich, dass ein Flagellum vorhanden ist, aber ein Divertikel des Blasenstieles fehlt. Unterhalb der Mündung des Blasenstieles be- findet sich an der Vagina eine kurzgestielte, kugelige » Prostata« der Vagina mit vier kreuzförmig sie umgebenden Drüsen. Offenbar haben wir es hier mit Gebilden zu thun, welche dem Pfeilsacke und den Glandulae mucosae homolog sind, doch bedarf es zur Ermittelung des Sachverhaltes weiterer Beobachtungen. Vielleicht war dieser Theil des Geschlechtsapparates an dem untersuchten Exemplare noch unvoll- kommen entwickelt. So viel ist jedenfalls klar, dass dieser Genitalapparat nicht im mindesten zu Pomatia passt. Zu Arionta stimmt er auch nicht, doch kommen gerade bei den kalifornischen Arionten offenbar Fälle von Verkümmerung des Pfeilsackes häufig vor, so dass, so lange eine ge- nauere Nachuntersuchung nicht vorliegt, gegen eine vorläufige Unter- bringung bei Arionta sich wenig sagen lässt. 4, Gampylaea Beck (v. !h.). Um nicht unnöthig einen neuen Namen zu geben, habe ich hier den Begriff der CGampylaeen etwas weiter gefasst als es gewöhnlich ge- schieht, wie wohl auch Andere in ähnlicher Weise Arionta gefasst haben. Da die echten typischen europäischen Gampylaeen (Eucampylaea) doch I W. G. Bınsey, On the jaw and lingual dentition of certain terrestrial Mol- lusks. Bull. Mus. Comp. Zool, Cambridge. Vol. V. No. 16. 1879. p. 336. Pl. II, Fig. Tand K. 462 5 H. von Ihering, die*typische Repräsentation der Gattung gut zum Ausdruck bringen und wahrscheinlich auch als die Stammformen der Gattung oder doch als denselben am nächsten kommend gelten müssen, schien mir dies dem Namen Arionta gegenüber weit vorzuziehen zu sein, zumal ja wegen der Differenzen im Baue der europäischen und kalifornischen Arionten ohnehin die Bedeutung des Namens Arionta eine strittige ist. Die europäischen Arionta schließen sich innig an Campylaea an, von denen man sie nur aus conchyliologischen und vielleicht nicht stich- haltigen Gründen getrennt hat. Die kalifornischen und südamerika- nischen Vertreter der Gampylaeen bieten im Genitalapparate manche Abweichungen dar, indess sind dieselben doch nur Modifikationen des von den europäischen Campylaeen bekannten Typus. Es sind ein Pfeil da vom Campylaeen-Typus, sowie zwei Glandulae mucosae, die bei einigen Arten in einem gemeinsamen Endstücke ausmünden, indess bei anderen die eine derselben verkümmert, die andere größer wird. Der Umstand, dass mit diesen Modifikationen andere in Schale, Gebiss etc. nicht Hand in Hand gehen, warnt vor Überschätzung derselben, resp. also davor auf jede Modifikation der Glandulae mucosae eine neue Gattung zu errichten. Sowohl die kalifornischen als die stidamerika- nischen etc. Arten sind erst unvollkommen, großentheils noch gar nicht anatomisch untersucht. Interessant aber ist es in hohem Grade, dass die einzigen echten Heliciden, welche in Amerika vorkommen, sich innig an eine Gattung europäischer Heliciden anschließen. Die Gattungsdiagnose für Campylaea in dem hier gegebenen Um- fange lautet: Testa globosa vel depressa, perforata vel umbilicata,; anfraetus 4—6, ultimus descendens; peristoma inerassatum, plerumque albo- labiatum. Maxilla costis validis —11 distantibus, margine dentato. Glan- dulae mucosae 2 simplices, rarius paucipartitae. Sagitta 4 corona simplice, medio inerassata biangulata. Ductus receptaculi seminis di- verticulo raro obsoleto munitus. Ohne Zweifel bilden die CGampylaeen eine recht natürliche charak- teristische Gruppe und das zumal wenn man die Ergebnisse der ana- tomischen Untersuchung auch wirklich für die Klassifikation verwendet. Ehe ich hierauf näher eingehe, möchte ich zunächst das bezügliche Material vorlegen. Ich halte mich dabei wieder an den Koserr’schen Katalog. Aus der ersten von Koserr aufgeführten Untergruppe von Campylaea, den kaukasischen Frutico-Campylaea, sind meines Wissens noch keine Vertreter anatomisch untersucht. Erst nach Ausfüllung dieser Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 463 Lücke wird sich über die Zugehörigkeit der betreffenden Arten zu Campylaea urtheilen lassen. Reiches Material hingegen liegt vor aus der Untergruppe CGam- pylaea s. str., einerseits durch Scanipt, andererseits durch Moguimn- Tanpon geliefert. Scumipt bemerkt 1. c.p. 35: »Dem Geschlechtsapparate der Campylaeen sind drei Hauptmerkmale eigen: ein langes, breites Di- vertikel am Blasenstiel, ein Pfeil nach dem Typus des von H. arbustorum und zwei Glandulae mucosae, die entweder einfach wurmförmig oder einmal getheilt sind.« Letzteres ist der Fall bei H. aemula, setosa, planospira und Pouzolzi. Bei H. trizona Ziegl. traf Scummr in der Regel den einen Drüsenschlauch einfach, den anderen gespalten. Bei. Allen ist ein mehr oder minder langes Flagellum am Penis vorhanden. Die genauer von Scamipr untersuchten Arten sind: H. Pouzolzi Desh. p. 38, Pl. IX, Fig. 68. cf, BrAncsıK, 1. c. p. Taf. II, Fig. 7 (var. bosnensis Kob.). H. planospira Lam. p. 37, Pl. IX, Fig. 67. H. zonata Stud. var. minor p. 37, Pl. IX. Fig. 64. Diese von Scanipr als H. foetens Stud. aufgeführte Art hat auch Moguin-Tanvon |. c. p. 132 untersucht. Auch er beschreibt zwei ein- fache Gland. mucosae und bildet den mit vier Zahnleisten versehenen Kiefer ab (Pl. XI, Fig. 15). H.banatica Partsch p. 36, Pl. VII, Fig. 60. R. setosa Ziegl. p. 37, Pl. IX, Fig. 66. H. cingulata Stud. p. 36, Pl. VIII, Fig. 62. Hierzu auch die var. anauniensis de Betta p. 36, Pl. VII, Fig. 61. H. eingulella Zgl. Brancsık, 1. c. Taf. II, Fig. 3. H. trizona Zgl. SCHMIDT, ]. c. p. 36. Taf. IX, Fig. 63. H. aemula Rossm. p. 37, Pl. IX, Fig. 65. Außerdem hat Sc#mipr noch von einer Reihe von Arten Kiefer, Zunge und Pfeil präparirt, und danach deren Zugehörigkeit zu Cam- pylaea wahrscheinlich gemacht. Diese unvollkommen untersuchten Arten sind: H. Preslii Schmidt, H. tigrina Jan, H. phalerata Zgl., H. faustina Zgl., H. Schmidtii Zgl., H. Ziegleri Schmidt, H. intermedia Fer., H. hirta Mke., H. Lefeburiana Fer. Zu diesen Arten kommen angeblich noch folgende von Moguin- Tanpon untersuchte: H. cornea Drap. Moguin-Tanpon, |. c. p. 434, Pl. XI, Fig. 18—291.. 464 H. von Ihering, Jederseits eine wurmförmige Gland. mucosa. Pfeil fein, schlank. Die Angaben sind zu ungenau, scheinen jedoch auf eine Campylaea hinzuweisen. Kiefer mit sechs, resp. fünf bis sieben Rippen, die scharf vorspringen. H. pyrenaica Drap. p. 127. Der Pl. XI, Fig. 5 abgebildete starke, gebogene mit sechs vorspringenden Zahnleisten versehene Kiefer könnte wohl einer CGampylaea zugehören, die kurzen Bemerkungen über den Genitalapparat machen dies aber fraglich. Der Pfeil soll kurz sein, die Gland. mucosae seien repräsentirt durch einen einzigen darmförmi- gen weißen Drüsenkörper. Ich glaube daher nicht, dass diese Art zu den Campylaeen gehört, worüber genauere Untersuchungen Aufschluss geben werden. H. alpina Faure p. 248, Pl. XVII, Fig. 22—26. Der Kiefer hat sieben starke Rippen. Flagellum vorhanden, auch ein sehr kurzes Divertikel am Blasenstiel, Pfeilsack klein, Glandulae mucosae gespalten, d. h. jeder Schlauch einmal gegabelt. Moguın-Tannon stellt sie zu den Xerophilen, was wohl kaum richtig sein dürfte. Um ihre Stellung zu entscheiden, bedarf es der Untersuchung des rechten Tentakelretraktors im Verhältnis zum Penis sowie der Form des Pfeiles, doch weist das Divertikel auf eine Campylaea oder eine Helix. H. carascalensis Fer. p. 244, Pl. XVII, Fig. 13—19, ist eine Xerophile. H. Raspailii Payr. p. 152, Taf. XII, Fig. 11—16 hat jederseits vier Glandulae mucosae und den Pfeil wie bei Pentataenia, zu denen eine genauere Nachuntersuchung sie wohl verweisen wird; ef. das unter Helix über diese Art Bemerkte. Helix lapieidaLl. cf. SCHMIDT, p. 35. Taf. VIII, Fig. 59. Moguin-TAnDon, p. 4137. Pl. XI, Fig. 22—27. LEHMANN, p. 85. Taf. XI, Fig. 28. Über die Zugehörigkeit von H. lapieida zu den Campylaeen be- stehen seit Scamipr’s Darlegungen keine Zweifel mehr. Die einfachen schlauchförmigen Glandulae mucosae, das lange dicke Divertikel am Blasenstiel und der auch von Lesmann gut abgebildete Pfeil weisen eben so wie der mit sechs starken Rippen versehene Kiefer hierauf be- stimmt hin. Ein Grund zur Abtrennung einer Untergruppe Chilotrema kann aus der Anatomie nicht abgeleitet werden, und auch conchylio- logischerseits dürfte es sehr anfechtbar sein die Arten mit gekielter Schale von ihren nächsten Verwandten bloß um des Kieles willen zu trennen, so fern irgend welche andere Momente zu Gunsten solcher Trennung völlig fehlen. r . Pi I rn Ar br Bor ' gr N Et er TE Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 465 Die Zugehörigkeit zu Campylaea wurde durch Brancsır’s Unter- suchungen bestätigt für: Helix serbica Mildf. BrancsikK, 1. c. Taf. II, Fig. 10. Die Glandulae mucosae sind einmal gabelig gespalten. H. Rossmaessleri Pfr. K. Brancsik, ]. c. Taf. II, Fig. 6. K. Brancsır, Einiges über Helix faustina. Jahrb. d. d. Malak. Ges. Bd. XIV. 1887. p. 312. Fig. 2. H. faustina Zel. BRANcSIK, l. c. 4894. Taf. II, Fig. 5. BRANGSIK, ]. c. 4887. p. 342. Fig. 1. Die bei voriger Art einfachen beiden Schläuche der Glandulae ‚mucosae sind hier gegabelt. H. eyclolabris Desh. Hesse, I. c. Griechenland. 4884. p. 242. Der Pfeil ist nicht untersucht. Die allgemeinen Verhältnisse des Genitalapparates sind die typischen von Gampylaea. Leider ist nichts über den Kiefer bekannt. Elona Ad. Typus dieser Gruppe ist Hel. Quimperiana Fer. Die Ana- tomie hat Moguin-Tanpon mitgetheilt (l. c. p. 129, Pl. X, Fig. I—14 als H. Kermorvani Coll.), aber dabei Fehler begangen, welche zu ganz verkehrter Beurtheilung der Verwandtschaftsbeziehungen führen müss- ten, wenn sie nicht berichtigt wären in einer Arbeit von P. Hrsse!. Der Kiefer trägt in seiner mittleren Partie 11, zuweilen noch mehr scharfe Leisten, die an beiden Rändern zahnartig vorspringen. Der Blasen- stiel hat ein langes starkes Divertikel, das dicker ist als der zu der kleinen Blase führende eigentliche Gang. Es ist ein mächtig langes Flagellum vorhanden. Der Pfeilsack ist an seiner Insertion von einer scheidenartigen Verdickung der Vagina umfasst; er enthält einen mäßig großen in der Mitte angeschwollenen und komprimirten Pfeil von linsen- förmigem Querschnitt. Ziemlich hoch über demselben stehen die Glan- dulae mucosae, welche als kurze keulenförmige Säckchen entwickelt sind, somit eine Form zeigen wie sie bei Helix fruticum in noch höherem Grade ausgebildet ist. Es sind jederseits nach Moquin-Tanpon zwei, nach Hesse drei gegen das blinde Ende erweiterte Drüsenschläuche vorhanden. Trotz dieser Eigenthümlichkeit der Glandulae mucosae, welche wir von anderen europäischen Campylaeen nicht kennen, wird doch Elona ! P. Hesse, Die systematische Stellung von Helix Quimperiana. Jahrb, d.d. ‚Malak, Ges, Bd, XIl, 4885. p. 45—47, Taf. III, Fig, 4, 466 H. von Ihering, ihren Platz in der Nähe von Gampylaea s. str. haben müssen, wenn auch, wie Hesse betont, nicht beiihr. Darauf weist sowohl die Form des Pfei- les hin als das lange Blasendivertikel. Ob etwa Hel. pyrenaica Drap. (cf. unter Campylaea) in die Nähe dieser Art gehört, kann erst genauere Untersuchung feststellen, scheint aber nach dem was Mooum-TAanpon darüber bemerkt, kaum anzunehmen. Die Glandula musosa könnte auf Gonostoma hinweisen, indess sehen wir, dass auch in einer Gruppe von Gampylaeen, nämlich bei Aglaia, nur eine Glandula mucosa persistirt und sehr stark entwickelt ist. Ohne genauere Untersuchung ist nichts hierüber zu sagen. Isognomostoma Fitz. Das Genus Isognomostoma schlug Fitzinger für H. personata vor. Diese Art ist jetzt meist noch zu Triodopsis gerechnet, von der sie aber durch ihren Genitalapparat sich sehr bedeutend unterscheidet. Der- selbe ist bei H. personata völlig jenem von Gampylaea entsprechend; schon Scnnipr wies hierauf hin, betonte auch die Ähnlichkeit des Pfei- les mit jenem der Gampylaeen. Dem Genitalapparate nach liegt kein Grund vor, H. personata von Campylaea zu trennen, wohl aber scheint die Schale das nöthig zu machen. Ich nehme daher obigen Namen für die Sektion von Cam- pylaea an, welche von H. personata sowie vielleicht auch H. holosericea gebildet wird. Letztere Art hat man immer mit H. obvoluta zusammen- gestellt, der sie conchyliologisch so sehr nahe steht, Scamipr aber (p. 11) bemerkte, dass sie nicht dieser Art, sondern H. personata im Genital- apparate sich anreihe. Leider hat er keine genaueren Angaben ge- macht, auch der Kiefer ist von H. holosericea nicht bekannt, ich denke aber er wird sich jenem von H. personata anschließen, welcher sehr stark von jenem der H. obvoluta abweicht. Dies ist auch der einzige Grund, wesshalb ich davon abstehe, H. obvoluta als eine durch Rückbildung des Pfeilapparates aus H. holosericea hervorgegangene Art anzusehen, Die Schalen von H. holosericea und personata weichen wesentlich von einander ab, stimmen aber in der Zahnbildung des Mundsaumes und in der Behaarung der Epidermis überein. Da nun gerade unter den Campylaeen noch behaarte Formen und auch solche mit Zahn- bildung des Mundsaumes vertreten sind, so dürfte doch vielleicht der direkten Einreihung von H. personata unter Gampylaea nichts im Wege stehen. Diese und andere Fragen werden mit der Ausdehnung der Untersuchungen sicher entschieden werden. Was die Ähnlichkeit der H. personata mit den nordamerikanischen Triodopsis betrifft, so handelt es sich darin doch wohl mehr um Schalen- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, II. 467 Ähnlichkeit als um nähere Verwandtschaft, denn den Triodopsis fehlen nicht bloß Pfeilsack und Gland. mucosae sondern auch das Divertikel des Blasenstieles. H. personata Lam. Mogouin-TAnDonN, p. 148. Pl. X, Fig. 33—36, SCHMIDT, p. 34. Taf. VIII, Fig. 58. Der Kiefer ist stark gebogen, mit starken Rippen versehen, am Kaurande gezähnelt. Flagellum und Divertikel des Blasenstieles sind vorhanden. An der Basis des Pfeilsackes münden zwei schlauchförmige Gland. mucosae, der Pfeil stimmt in der Form mit jenem der Campylaeen. H. holosericea Stud. ist noch nicht genauer untersucht. Ihre vorläufige Einreihung hier stützt sich auf Scamipr’s Angaben. Vielleicht aber erweist genauere Untersuchung sie doch als Verwandte von H. obvoluta und somit als Bindeglied zwischen Gonostoma und derjenigen Sektion resp. Untergattung, zu welcher eben H. holosericea gehört. Bei den echten Gonostoma fehlt der offenbar rückgebildete Pfeilsack. Arionta Leach und Verwandte. Den Typus der Gruppe Arionta bildet die bekannte europäische Helix arbustorumL. Der Kiefer ist ähnlich jenem der Pomatien und anderen odontognathen Heliceen, auch die Radula scheint keine Besonderheiten zu bieten, doch ist nach der schlechten Abbildung bei Leunann, aus der nicht ersichtlich ist, was Außen- und Innenrand der Zahnplatten darstellt, Näheres nicht zu sagen. Der Geschlechtsapparat ist durch Scamipr (l. ec. p. 38, Taf. IX, Fig. 70 und Taf. IX, Fig. 69 var. radis), Leumann (p. 87, Taf. XI, Fig. 29) und Moguın-Tanoon (p. 126) über- einstimmend geschildert. Flagellum und Divertikel des Blasenstieles sind vorhanden; unterhalb der Einmündung des Ganges des Recepta- culum seminis in die Vagina befindet sich der Pfeilsack, zu dessen Seite zwei lange einfache Schläuche stehen, die Glandulae mucosae. Der Pfeil ist sehr verschieden von jenem von Helix, er besteht aus Krone, einem langen runden Hals und einer lanzettförmigen Spitze. Die nah- verwandte siebenbürgische Arionta aethiops Bielz fällt nach Semrir anatomisch mit arbustorum zusammen. Um nun zu beurtheilen, ob die zahlreichen kalifornischen Arionten wirklich zu dieser Gruppe gehören, wird man ihre Organisation mit jener der Helix arbustorum zu vergleichen haben. Wir sind darüber besonders durch Bınney genau unterrichtet, über zwei hierher gehörige Arten berichtet in Bezug auf den Genitalapparat auch Semrer. Bei allen den von Bınney zu Arionta gezogenen Arten ist der Kiefer odontognath mit 3—7—-10 am Rande zahnartig vorstehenden Leisten. 468 H. von Ihering, Auch die Radula zeigt keine Besonderheiten. Als Regel gilt, dass am | Mittelzahn und den ersten 9—20 Lateralzähnen der Ektodont fehlt, welcher von da ab auftritt, aber einfach bleibt, während der Mesodont an den Marginalzähnen und den äußeren lateralen zweispitzig_ ist. Eine Ausnahme hiervon bilden Arionta ruficineta Newe. und Townsen- diana Lea nebst var. ptychophora, bei welchen Arten schon am Mittel- zahn und an allen Lateralzähnen der Ektodont wohl entwickelt ist. Wenn diese Arten auch in anderen Beziehungen unter sich näher über- einstimmten und von den anderen sich unterschieden, würde man wohl diesen Unterschied im Gebiss systematisch verwerthen können. So geht das aber nicht an. Eben so variabel erweist sich die Form der Marginalzähne, bei denen der Ektodont in der Regel einfach, zuweilen aber zweispitzig ist. So bemerkt Binney mit Recht: »thus in this as in other genera we find the type of dentition not constant in all the spe- cies« (l. c. p. 354). Auch hinsichtlich des Genitalapparates existiren unter den ver- schiedenen Arten Differenzen, die allerdings zum Theil offenbar auf | Rechnung nicht ganz gelungener Präparation entfallen. Zu den besser untersuchten gehört: 1) Arionta arrosa Gould. cf. Binsey, l. ec. p. 355. Pl. XIIL, Fig. J. SEMPER, 1. c. Taf. XV, Fig. 43. Am Penis ist das Flagellum, am Blasenstiel ein langes Divertikel vorhanden. Es findet sich ein sehr langer Pfeilsack, der in seiner oberen Hälfte den starken kurzen Pfeil enthält, etwa in der Mitte den gemeinsamen Gang der beiden Glandulae mucosae aufnimmt, deren freies Ende nach Seurer kolbig angeschwollen ist. Es besteht somit Ähnlichkeit mit den von Campylaea arbustorum bekannten Verhält- nissen, nur mit dem Unterschiede, dass Pfeilsack und Glandulae mu- cosae nicht direkt in die Vagina münden, sondern in einen gemeinsamen Abschnitt. Hieran schließt sich: 2) Arionta ruficinceta Newe. Bınney, 1. c. p. 374. Pl. XIV, Fig. B und Pl. XV, Fig. O. Bınnzv hat offenbar mit der Präparation des Genitalapparates dieser Schnecke kein Glück ‚gehabt. In der einen der beiden Zeichnungen ist nur der Pfeilsack angegeben und fehlen die zwei Glandulae mucosae, vermuthlich nur in Folge Verlustes bei der Präparation, denn in Fig. O sind sie gezeichnet, wenn auch falsch gedeutet. Es ist dort nämlich der Pfeilsack x, sowie eine der zwei Glandulae mucosae gezeichnet (9). Außerdem soll von dem Pfeilsack nach dem Penis ein Verbindungskanal hinziehen, ein Verhältnis, zu dem jedes Analogon sowohl in der ver- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II, 469 gleichenden Anatomie als auch embryologisch fehlt. Es handelt sich meines Erachtens nur um eine verkehrte Deutung eines nicht ganz be- endeten Präparates. Der Gang z ist offenbar die zweite Glandula mu- cosa, welche von der Basis des Pfeilsackes entspringend mit ihrem _ freien Ende dem Penis angelagert und von diesem nicht lospräparirt ist. Ist, wie wohl kaum zu bezweifeln, diese Deutung die richtige, so unter- scheidet sich Ar. ruficineta im Genitalapparat nicht von der zuerst be- sprochenen Species, außer, dass beide Glandulae mucosae gesondert an der Pfeilsackbasis ausmünden. Genau das gleiche Versehen ist Bınney passirt bei 3) Arionta Stearnsiana Gabb. cf. BInNEy, 1. c. 362. Pl. XI, Fig. B. Auch da ist der Pfeilsack und eine am Ende wie bei A. arrosa kolbig angeschwollene Glandula mucosa gezeichnet, während der »corre- sponding duct« zwar ebenfalls an der Basis des Pfeilsackes entspringe, aber »becomes much enlarged in size and ends in enveloping the pre- puce «, womit offenbar wieder die zweite mit dem angeschwollenen Ende am Penis angelagerte Glandula mucosa gemeint ist. Ein kleiner Pfeil ist vorhanden. 4) Arionta Nickliniana Lea. cf. BInNEY, l. c.p. 357. Pl. XII, Fig. C. SEMPER, 1, c. Taf. XIV, Fig. 19. Auch bei dieser Art scheint Binney’s Untersuchung nicht,genau genug. Er hat zwar Flagellum und Divertikel des Blasenstieles richtig angegeben, sowie die bulböse Anschwellung des Stieles der Glandula mucosa, aber nicht, dass diese am Ende sich gabelt, wie Semper es angiebt. Es ist aber möglich, dass in diesem Punkte Variationen und sowohl einfache wie gespaltene Schläuche der Glandula mucosa vorkommen. Der nach Bınney fehlende Pfeilsack ist nur übersehen, er ist nach Szmper’s Zeichnung wohl entwickelt. Beide Glandulae mucosae münden vereint in einem gemeinsamen Gange. Es weicht also auch diese Art nicht von dem bei allen bisher besprochenen Arionten beobachteten Verhalten des Genitalapparates ab. Es ist das um so wichtiger, als nach. ‘ Binney mit dem Genitalapparate dieser Species auch übereinstimmen jene von Arionta tudiculata Binn., exarata Pfr., ramentosa Gould, Ayer- siana Newe., californiensis Lea, Carpenteri Newe., diabloensis Coop., Dupetithouarsi Desh., sowie A. Traski Newe. (l. c. p. 369, Pl. XII, Fig. H) mit rudimentärem Pfeilsacke und A. sequoicola Coop. (l. ec. p- 367, Pl. XII, Fig. A). Der Pfeilsack oder gemeinsame Abschnitt, in den Pfeilsack und Glandula mucosa münden, ist dabei fast immer als »eylindrical vaginal prostate« bezeichnet. 470 H. von Ihering, Während bei den eben genannten Arten die Glandulae mucosae sich 4 in einen gemeinsamen Abschnitt öffnen, dessen Verhältnis zum Pfeil sack noch aufzuklären bleibt, und zwar bald nahezu terminal, bald mehr in der Mitte, münden bei A. Gabbi Newec. die zwei einfachen Glandulae mucosae an der Basis des Pfeilsackes, wie bei A. ruficineta und Stearn- siana. Bei A. Gabbi soll nach Bınxey (l. c. p. 372) das Divertikel des Blasenstieles fehlen. Sollte die Angabe bei Untersuchung weiterer zahl- reicher Exemplare sich als zutreffend erweisen, so würde sie eine eben solche Ausnahme für Arionta statuiren, wie sie Helix pomatia in dieser Hinsicht unter den Pomatia bildet. 5) AriontaKelleti Forb. BInn#y,.l. ec. p. 364. Pl. XII, Fig. D. Bei dieser Art soll sich nur der Pfeilsack vorfinden, ohne Glandulae mucosae, also wie bei einem der Präparate von A. rufieineta (Pl. XIV, Fig. B). Wie aber dort das zweite Präparat richtig den Pfeilsack und die beiden Glandulae mucosae nachwies, so wird es wohl auch hier nur um Mangel durch Präparation sich handeln, es sei denn, dass wirklich ab und zu abnormerweise diese beiden Drüsen bei einzelnen Individuen nicht oder erst später zur Entwicklung kämen. 6) Arionta Mormonum Pfr. Binney, 1. c. p. 367. Pl. XIII, Fig. E unterscheidet sich von allen bisher untersuchten Arten dadurch, dass an der Basis des starken Pfeilsackes nur eine einzige starke einfache Anhangsdrüse steht. Ein langes Divertikel ist am Blasenstiel vorhan- den. Der Pfeil mit seinem langen cylindrischen Mittelstücke und der lanzettförmigen Spitze weicht nicht von der Gestalt ab, die wir für Arionta als typisch da erkannten, wo überhaupt ein großer wohl ent- wickelter Pfeil vorhanden ist. An diese Art schließt sich im Genital- apparat an 7) Arionta fidelis Gray, cf, BINNEY, 1. c. p. 351. Pl. XIV, Fig. E, mit welcher auch die sehr nahe stehende, vermuthlich identische Ar. infumata Gould (ibid. Pl. XIV, Fig. F) übereinstimmt. Auffallend ist der Mangel des Divertikels am Blasenstiel (wie bei A. Gabbi). Ein Pfeilsack und eine einzige aber sehr dicke und lange Glandula mucosa ist vor- handen. An der Basis des Pfeilsackes erkennt man in Fig. E noch einen zweiten kurzen dicken Blindsack, welcher wohl die zweite, rudimentär gewordene Glandula mucosa darstellt. 8) Arionta Townsendiana Lea. cf. Binney, l. c. p. 355. Pl. XIV, Fig. A. Dem Genitalapparat nach gehört diese Art, die weder Divertikel Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 471 am Blasenstiel noch Flagellum am Penis, weder Pfeilsack noch Glandulae mucosae besitzt, absolut nicht zu Arionta. Sie stimmt in allen diesen Punkten mit Mesodon überein, welcher Gattung ich sie zuweise. Das Gebiss bietet keinen einzigen ganz konstanten Charakter dar, um Meso- don und Arionta zu trennen; die Zahl der Rippen des Kiefers beträgt 9 bei A. Townsendiana, schwankt zwischen 3 bis 10 bei Arionta, zwi- schen 7 bis 18 bei Mesodon. Auch die Zähne variiren in beiden Gat- tungen. Durch den Besitz der Ektodonten an Mittelzahn und Lateral- zähnen unterscheidet sich A. Townsendiana von der Mehrzahl der Arionta-Arten, stimmt aber mit zahlreichen Mesodon-Arten überein. Mir scheint, dass auch die Schale, zumal bezüglich des weißen umge- schlagenen leicht gezähnten Peristomes, dem keineswegs im Wege steht. Stellt doch Pırssry die von Bınnev als eine Varietät von A. Townsendiana ‚betrachtete A. ptychophora von Idato direkt zu Mesodon. Pırsery führt außerdem noch in Mesodon columbiana Lea, armigera Anc. und devius Gould von Oregon und Kalifornien eine Anzahl Arten von Mesodon auf, welche beweisen, dass auch in der pacifischen Provinz diese Gattung vertreten ist, und daher auch von Seiten der geographischen Verbrei- tung nichts im Wege steht, um Mesodon Townsendiana den Platz zu geben, den ihr die anatomische Untersuchung zuweist. An die zuletzt (6 und 7) behandelten Arionten schließe ich hier eine andere etwas aberrante Form an, für welche man ein besonderes Genus Glyptostoma errichtet hat. 9) Glyptostoma Newberryanum Binn. von Kalifornien. ef. Binney, Il. e. p. 374. Pl. XIV, Fig. D. In der Radula sind die Mesodonten aller lateralen und marginalen Zähne ungespalten, wie bei Patula. Der Kiefer hat 16 starke, am Rand vorspringende Rippen, ist flach und niedrig, ähnlich jenem von Poly- gyrella, deren Genitalapparat noch nicht untersucht ist. Am Genital- apparat von Glyptostoma tritt das Vas deferens nicht am Ende, sondern in der Mitte des Penis ein, so dass also der dickere blindsackförmige Endtheil als Flagellum zu bezeichnen wäre. An ihn soll der Zeichnung zufolge ganz oben am freien Ende der Rückziehmuskel herantreten, ein ganz ungewöhnliches auffallendes Verhalten. Am Blasenstiel fehlt das Divertikel, in die Vagina mündet ein einziger langer Schlauch, den man wohl der einfachen Glandula mucosa von Arionta mormonum und fidelis vergleichen muss. Ob der Pfeilsack wirklich ganz fehlt oder nur rudimentär ist, bleibt noch zu untersuchen. Wenn somit auch noch weitere Untersuchungen, zumal über den Genitalapparat nöthig sind, durch welche dann auch wohl Licht ver- breitet würde über die Gattungen, denen diese Art am nächsten sich 472 H. von Ihering, * anschließt, so scheint doch das für sie errichtete Genus zunächst als gut begründet anerkannt werden zu mtissen. Nicht das Gleiche gilt von 10) Arionta Tryoni Newe., | cf. Binney, ]: c. p. 375. Pl. XIV, Fig. C als Euparypha Tryoni, 4 welche Bınney von Arionta abtrennt und einer anderen Gattung ein- reiht. Kiefer und Radula bieten zu dieser Abtrennung keinen gegrün- deten Anhalt, und eben so wenig der Geschlechtsapparat, der sich von jenem der übrigen Arionta nicht unterscheidet, zumal jenem von Arionta Stearnsiana und ruficincta gleicht, nur mit dem Unterschiede, dass beide Glandulae mucosae nicht ganz gleich sind, sondern die eine etwas kleiner resp. kürzer und dicker geworden ist. Pırsery ist daher im Rechte, wenn er diese Art bei Arionta unterbringt und nicht wie Binney sie zu Euparypha neben Helix pisana stellt. Letztere Art hat einen wohl entwickelten Pfeilsack und zwei Glandulae mucosae und besitzt noch außerdem im Mangel des Flagellum ein ganz besonderes auffallendes Merkmal. Im Übrigen gehören ja beide Untergruppen Arionta so gut wie Euparypha zu den Campylaeen. | Das Subgenus Praticola Strebel, welches Pırssky zu Arionta als Sektion zieht, ist in Kiefer wie Genitalapparat ganz abweichend. Das Gebiss passt eher zu Polygyra, namentlich den mexikanischen, aber am Penis findet sich ein großer Appendix, während im Übrigen der Geni- talapparat einfach ist, ohne Pfeilsack und Glandulae mucosae. Der Re- traktor des Penis hat zwar auch eine Insertion nahe am Vas deferens, inserirt sich aber in seiner Hauptmasse in der Mitte des Penis. Diese Verhältnisse des Penis werden offenbar noch den Anhalt abgeben zur Beurtheilung der Verwandtschaftsbeziehungen von Praticola. Ich ver- weise darüber auf das unter Neohelix Bemerkte. Vielleicht schließt sich den atypischen kalifornischen Arionten noch Helix Humboldtiana Val. an, bezüglich deren ich auf das unter Pomatia, zu der man irrig diese Art stellte, Bemerkte hier verweise. Da aber jedenfalls keine einzige der erwähnten kalifornischen Arten im Genital- apparat ganz übereinstimmt, so muss H. Humboldtiana doch zunächst als Vertreter einer besonderen Sektion gelten, für die ich den Namen Humboldtiana vorschlage. Endlich reihen sich an die kalifornischen Campylaeen noch eine Anzahl südamerikanischer an, über deren Anatomie wir A. Dozrıing! eingehende Mittheilungen verdanken. Eurycampta Trenquelleonis Grat. hat einen odontognathen Kiefer mit vier Rippen, am Genitalapparate zwei kurze kugelig angeschwollene Glandulae mucosae und einen 1 A, Doerıng, Estudos sist. y anatom. sobre los Molluscos pulmoniferos de los poises del Plata. Periodico zoolog. Tom. I. Buenos Ayres. 1875. p. 129—204. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, II. 473 zweikantigen Pfeil. Ein Divertikel des Blasenstieles fehlt, aber ein mäßig langes Flagellum ist am Penisapex vorhanden. Der Penisretrak- tor inserirt sich am mittleren Theile des Penis.. Eben so wie die eben beschriebene Art (l. c. p. 155—159) verhält sich die von Dozrıne des kalkigen Epiphragma halber abgetrennte Untergattung Epiphragmo- phora (l. c. p. 166). Da anatomisch nicht begründbar, scheint sie mir mit Eurycampta vereint bleiben zu sollen, was ja auch conchyliologisch angeht. Diese argentinischen Eurycampta stimmen völlig überein in ihrer Anatomie mit jener Gruppe kalifornischer Arionten, zu denen A. Stearnsiana, Gabbi und andere gehören. Dorrıng hebt mit Recht den Mangel des Divertikels hervor, allein wie wir dessenthalben H. pomatia nicht von ihren Verwandten abtrennen, so sehen wir auch bei A. Gabbi und eben so bei Aglaia fidelis das Divertikel fehlen, während es den nächst verwandten Arten zukommt. Diese argentinischen Arten schließen sich somit aufs innigste an Arionta Gabbi und Verwandte an. Die europäische Helix arbustorum. ist zwar auch im Genitalapparate ähnlich, allein die beiden Glandulae mucosae sind einfache Schläuche wie bei Eucampylaea. Im Gegensatz zu diesen europäischen Formen haben die argentinischen und zum Theil die kalifornischen keulenförmig angeschwollene Glandulae mu- cosae. Dies kommt bei den europäischen typischen Gampylaeen nicht vor, ist überhaupt in Europa nur bei einer Gampylaee bekannt, Helix Quimperiana, welche die Sektion Elona bildet. Im Genitalapparat wie im Gebiss besteht nicht der mindeste Anhalt, um Helix arbustorum von den typischen Campylaeen zu trennen. Will man doch fortfahren es der Schalencharaktere halber zu thun, so muss der Sektionsname Arionta bei Helix arbustorum als dem Typus bleiben. Jede Eintheilung würde man verwerfen müssen, welche die kalifornischen Arionten ge- nerisch von den europäischen Arionten und Gampylaeen trennt, denn die allgemeine Übereinstimmung ist eine weitgehende, andererseits aber bieten doch die kalifornischen Arten viel Eigenartiges dar, und selbst diejenigen, welche am meisten an Helix arbustorum sich nähern, unterscheiden sich in der Form der Glandulae mucosae, so dass einer- seits die südamerikanischen Arten den kalifornischen sich anschließen, andererseits die europäischen den übrigen europäischen Campylaeen näher stehen. Diese Differenzen können nur dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass die südamerikanischen Arionten nicht mit Helix arbustorum in einer Sektion Arionta vereint bleiben. Innerhalb der kalifornischen » Arionten« bestehen in Bezug auf Glandulae mucosae und Pfeilsack zahlreiche Modifikationen. Als Typus und Ausgangspunkt müssen wir H. Stearnsiana und Verwandte ansehen, Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIV, Bd. 34 474 H. von Iheriug, bei denen zwei schlauchförmige aber am Apex angeschwollene Glan- dulae mucosae neben dem Pfeilsack sich öffnen. Hier ist also die Über- einstimmung mit Helix arbustorum, von der Form der Glandulae mu- cosae abgesehen, noch eine vollkommene. Als eine Modifikation dieses Typus erscheint es, wenn bei H. arrosa u. a. beide Glandulae mucosae in einen gemeinsamen Gang endend, sich in den Pfeilsack öffnen, bald an seiner Basis, bald in der Mitte. Eine ganz andere Entwicklungs- richtung ist eingeschlagen bei H. fidelis und Verwandten. Der Pfeilsack wird rudimentär, eben so eine der beiden Glandulae mucosae, indess die andere sich zu einem sehr langen dicken Schlauch gestaltet. Diese letztere Modifikation wird jedenfalls zur Charakteristik einer beson- deren Sektion oder Untergattung benutzt werden müssen, für welche der Name Aglaia bleiben kann, den man schon für Helix fidelis anzu- wenden pflegt. Hierher gehören noch H. infumata, Mormonum, sowie H. Newberryana, für welche eine besondere Sektion Glyptostoma er- richtet ist. Die übrig bleibenden Arten stimmen alle darin unter einander überein, dass sie einen Pfeilsack haben und zwei Glandulae mucosae. So viel aus der Beschreibung von Bınney zu ersehen, giebt es eine An- zahl Arten, bei denen beide Glandulae gesondert an der Basis des Pfeil- sackes entspringen. Es sind dies H. Stearnsiana, Tryoni, ruficineta und Gabbi. Ob nun aber da diese Drüsen wirklich getrennt münden oder nur sehr nahe an einander, ob überhaupt zwischen beiden Gruppen ein erheblicher Unterschied besteht oder nicht, werden erst sorgfältigere Untersuchungen ermitteln können. Zunächst scheint mir, als ob man auf relativ unbedeutende und durch Zwischenstadien verbundene Differenzen, sofern nicht andere damit Hand in Hand gehen, hier nicht zu viel Werth legen dürfe. Ich lasse daher die beiden durch H. Stearn- siana und arrosa charakterisirten Gruppen vereint, dafür den in Nord- amerika üblichen Namen Lysino& behaltend, indess ich H. fidelis und Verwandte als Subgenus Aglaia anführe. Ob die anderen zu Aglaia gezogenen Arten von Central- und Südamerika wirklich dazu gehören wird sich erst nach Kenntnis der Anatomie beurtheilen lassen. Sicher dagegen ist, dass die argentinischen Eurycampta und Epiphragmophora ihrer ganzen Organisation nach mit den kalifornischen Lysino& vereint werden müssen. Auch conchyliologisch kann ich keinerlei zwingenden Grund erkennen, um Eurycampta und Epiphragmophora von jenen Lysino®e zu trennen. Welcher Name die Priorität hat kann ich nicht entscheiden, auch nicht ob unter Eurycampta etc. nicht etwa noch Heterogenes steckt, das aber kann schon jetzt behauptet werden, dass diese argentinischen Helices nicht von den kalifornischen getrennt | Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 475 werden dürfen. Derartige Fragen sind nur durch anatomische Studien zu lösen. Da ich nicht weiß, ob solche über Helix Gießbrechti u. a. von Grosse und Fıscner als Odontura abgetrennte Arten von Aglaia (oder Lysino&) vorliegen, so kann ich auch über deren Werth nicht ur- theilen. Die Aufstellung neuer Subgenera von Heliceen ohne Kenntnis der Organisation des Thieres ist eine eben so gewagte wie werthlose Spielerei. Aus gleichem Grunde kann ich auch nicht beurtheilen, ob Fıscuer Recht hat, wenn er Macrocyclis von Chile zu den Campylaeen stellt. Möglicherweise schließt sich Xanthonyx hier an, worüber auf das bei den Arioniden Bemerkte verwiesen sei. 5. Gonostoma Held. Die Gruppe ist erst in sehr wenigen Vertretern untersucht. Diesen zufolge ist gegen die Begrenzung der Gruppe bei Martens nichts einzu- wenden, als dass H. holosericea noch neben H. obvoluta gestellt ist. Nach Scamipr gleicht der Genitalapparat von H. holosericea jenem der H. personata. Leider liegen genaue Untersuchungen nicht vor, auch der Kiefer ist nicht bekannt, welcher bei H. obvoluta aulacognath, bei H. personata odontognath ist. Da H. obvoluta, Rangiana und lenticula offenbar einer gemeinsamen natürlichen Gruppe angehören, so ist zu vermuthen, dass auch die Mehrzahl der ihnen nahe stehenden anderen Arten richtig bei Gonostoma untergebracht ist. Diese Gruppe ist anatomisch charakterisirt durch den aulacognathen schmalen, wenig gebogenen Kiefer, an dem durch schmale oder lineare Furchen breite flache Rippen gesondert sind, welche am Kaurande wenig vorspringen. Am Genitalapparate ist ein Flagellum bald ent- wickelt, bald fehlend. Stets fehlt das Divertikel des Blasenstieles und der Pfeilsack, während die Glandulae mucosae noch vorhanden sind, wenn auch verkümmert. Bei H. obvoluta sind noch drei Glandulae mucosae vorhanden, wovon auf der einen Seite eine, auf der anderen zwei stehen, bei H. obvoluta sind nur zwei ungleich entwickelte auf einer Seite vorhanden, resp. eine einzige, welche basal noch einen kurzen Ast abgiebt, bei H. lenticula und H. lens Fer. ist nur eine ein- zige vorhanden. Wenn auch diese fehlt, so erhalten wir einen haplo- gonen Genitalapparat, der sich in nichts von jenem einer Patula unter- scheidet. Auch der Kiefer von Patula, welcher bald einfach glatt, bald mit feinen Furchen versehen ist, bietet in letzterem Falle keinen An- halt zur Scheidung von Patula und Gonostoma und Frutieicola, eben so wenig die Radula, über welche wir durch Binney gut unterrichtet sind. In manchen Fällen wird wohl die Schale hier gute Dienste leisten. So viel mir bekannt, giebt es unter Patula keine behaarten Arten. Das 31* 476 | H. von Ihering, einfache scharfe nicht umgebogene Peristom charakterisirt Patula, aber auch dieser Charakter wird ja Übergänge zwischen nahe verwandten Gattungen bieten. Es bleibt daher eine noch zu lösende schwierige Aufgabe zu untersuchen, wie weit haplogone Heliceen primär einfachen Genitalapparat besitzen oder einen solchen durch Verkümmerung des Pfeilapparates erwerben. Indem ich auf das bei Fruticicola Bemerkte verweise, wiederhole ich hier, dass man H. oceidentalis und limbata wohl zu Gonostoma stellen könnte, dass indessen erst zahlreiche Untersuchungen über die mancherlei hier in Betracht kommenden Formen die Grundlage für eine zuverlässige Beurtheilung der Verwandtschaftsbeziehungen ab- geben können. Bleibt hier noch Vieles zu thun, so ist es sicher, dass H. personata, welcher sich nach Scumivr auch H. holosericea anschließt, nicht zu Gonostoma oder zu Triodopsis gehört, auch nicht mit ersterer Sektion zu einem Subgenus Anchistoma vereint werden kann, wie es KoBELT meinte. H. personata ist, wie schon Schmipr zeigte, dem Genitalapparat nach eine Campylaea, und da auch der Kiefer dazu passt, stehe ich nicht an sie zu dieser Gruppe zu bringen, auf das dort Bemerkte ver- weisend. Die nordamerikanischen Triodopsis unterscheiden sich durch den haplogonen Geschlechtsapparat zu sehr von H. personata, um mit ihr vereinigt werden zu können. Untersucht sind von Gonostoma bisher: H. obvoluta Müll. Mogvis-TAnDon, p. 414. Pl. X, Fig. 26—30. SCHMIDT, p. 34. Taf. VIII, Fig. 57. Brancsık, 1. c. Taf. I, Fig. 3. Von den zwei zusammenmündenden, aber ungleich großen Glan- dulae mucosae betrachtet Scumipr die eine kleinere als rudimentären Pfeilsack. Ich halte sie für einen Ast der einzigen noch erhaltenen Glandula mucosa der einen Seite, mit Moquin-Tannon. Dafür spricht die Analogie der anderen Arten, die gleichfalls ein bis drei Glandulae mucosae noch besitzen, aber kein Rudiment von Pfeilsäcken. Ein Fla- gellum ist nicht entwickelt. Während ich bei H. obvoluta immer die eine Glandula mucosa rudimentär fand, zeichnet Brancsık beide als gleich lang, relativ kurz, auch das Receptaculum seminis sehr kurz. Es wäre der Mühe werth diese ungarischen Exemplare nochmals zu unter-_ suchen und mit denen aus Deutschland ete. zu vergleichen. H. lenticula Fer. Moouin-TAnnon, p. 109. Pl. X, Fig. 13—46, Kein Flagellum, nur ein einzelner als Rest der Glandulae mucosae zu deutender Schlauch. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 477 H. RangianaFer. Moguin-Tannon, p. A441. Pl. X, Fig. 17—22. Ein mäßig langes Flagellum ist vorhanden und drei Glandulae mucosae. Man könnte daran denken Gonostoma von Helix abzuleiten, indem man an die Ähnlichkeit von H. holosericea und H. obvoluta denkt. Dem stehen aber zwei wesentliche Bedenken entgegen. Das Divertikel am Blasenstiel, welches bei Helix mit Ausnahme von wenigen Pomatia- Arten etc. niemals vermisst wird, fehlt bei Gonostoma gerade so wie bei Fruticeicola, und der Kiefer von Gonostoma stimmt mit jenem der Frutieicolen überein, nicht mit jenem von Helix. Offenbar stellt der odontognathe Kiefer von Helix eine höhere Entwicklungsstufe dar, und desshalb ist nicht anzunehmen, dass Helix-Arten, bei welchen der Pfeilapparat verkümmert, auch wieder auf die von Helix schon überwun- dene Stufe des aulacognathen Kiefers zurücksinken sollten. Beide Mo- mente zusammen widersetzen sich einer Ableitung der Gonostomen von Helix und weisen auf die Fruticicola als die nächsten Verwandten hin. Helix lens Fer. Hesse, Beiträge zur Molluskenfauna Griechenlands, III. Jahrb. d.d. Malak. Ges. Bd. XI. 1884. p. 233. Taf. IV, Fig. 5. An der Basis des Blasenstieles befindet sich eine einzige wurm- förmige Glandula mucosa von kalkweißer Färbung. Pfeilsack, Flagellum und Divertikel fehlen. Bei Hesse finde ich dann noch eitirt: Helix angigyra Jan. St. Sımon, Miscellanees malac. II dec. p. 7. Der Genitalapparat soll mit jenem der Helix obvoluta überein- stimmen. Helix constrieta Boube& stimmt nach Sr. Sımon, Journ. de Gonchyl. Tome XV, 4867, p. 98 überein mit H. lens, da Pfeilsack und Glandulae mucosae fehlen und statt ihrer sich ein Talon glanduleux vorfindet. 6. Dorcasia (Gray) v. Ih. Bezüglich der Gattungsdiagnose ist das Nöthige in der Einleitung zu Fruticicola gesagt. Dorcasia war eine mancherlei heterogene Ele- mente enthaltende Gruppe von Schalen. Ich vermag zur Zeit weder zu übersehen, ob die südafrikanische H. lucana Müll., welche Typus ist, mit den ostasiatischen Arten so übereinstimmt, dass sie zusammen bleiben können, noch auch ob dieser Name oder ob Eulota, oder was sonst. für die Gruppe von Heliceen anzuwenden ist, welche ich hier als Dorcasia zusammenfasse. Dies ist übrigens, wie alle Nomenklaturfragen, für mich hier nebensächlich, da es mir nur darauf ankommt, die 478 H. von Ihering, wirklich anatomisch begründbaren Genera und Untergattungen zu er- mitteln. Von den bei Marrens-ALsers unter Dorcasia vereinten Arten sind schon entfernt H. argillacea Fer. durch Semrer, der einen haplogonen Genitalapparat nachwies, H. taranaki Gray, nach Suter ein Streptaxis und andere. Als anatomisch nächst verwandt ergeben sich folgende von SEMPER untersuchte Arten: Dorcasia similaris Fer. cf. SEMPER, 1. c. Taf. XIV, Fig. 17. Dorcasiatourannensis Soul. cf. SEMpER, I. c. Taf. XIV, Fig. 18. Dorcasiafodiens Pfr. cf. SEMPER, 1. c. Taf. XIV, Fig. 3. Alle diese ostasiatische Arten haben einen Pfeilsack, dem bei D. fodiens ein leerer Nebensack anhängt. Sie alle haben kein Flagellum und kein Divertikel am Blasenstiel, einen ans Ende des Penis gerück- ten Retraktor und zwei lappige getbeilte Glandulae mucosae. BeiHH. similaris, die ich, da sie nach Brasilien importirt ist, hier untersuchen konnte, ist jede der zwei Glandulae mucosae gegabelt, und jeder der beiden Drüsenschläuche hat zahlreiche Ausbuchtungen und ist zickzack- förmig gewunden. Dadurch entsteht jenes drüsige Gebilde, welches die Arten -dieser Gruppe und der nächst verwandten Chloraea charakteri- sirt. Die beiden Glandulae vereinen sich mit ihren Ausführgängen zu einem kurzen gemeinsamen Endstücke, das in die Basis des Pfeilsackes einmündet. Dies führt zu CGochlostyla hin, wo zwar eine der beiden Glandulae verkümmert ist, die andere aber auch in den Pfeilsack sich öffnet. Der Pfeil ist hohl, ziemlich fein, stielrund. Der Kiefer hat fünf bis sechs flache, am Rande sehr wenig vorstehende Rippen, die theils ganz dicht an einander stehen, theils nur durch geringe Zwischensub- stanz von einander getrennt sind, doch sind es deutlich verdickte Rippen. Diesen ostasiatischen Arten schließt sich aufs innigste Helix fruticum Müller an. SCHMIDT, |. c. p. 24. Fig. 24. LEHMANN, p. 108. Taf. XII, Fig. 38. Moovin-TAnDos, p. 196. Taf. XVI, Fig. 2. Der Pfeil ist ein kurzer dicker gerader Kegel, oben kaum kronen- artig abgesetzt. Jede der zwei Glandulae mucosae hat drei kurze, dicke, an einander liegende Lappen. Am Pfeilsacke sitzt ein leerer Nebensack an. Der Kiefer trägt Rippen, die etwas von einander abstehen. Das Thier hat auf dem Mantel kleine schwarze Flecke, wie ich es auch bei Dorcasia similaris beobachtete. “ Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 479 Wenn nun auch Dorcasia fruticum durch den Nebensack klar ihre Verwandtschaft mit den Frutieicolen anzeigt, so hat sie doch in der lappig-drüsigen Beschaffenheit der Glandulae mucosae, im Fehlen des Flagellum und der endständigen Insertion des Penisretraktors eine Reihe von Charakteren, die alle nur bei ostasiatischen Dorcasien und Verwandten sich finden und zu den Verhältnissen der Cochlostylen leiten. Helix fruticum ist in der europäischen Fauna eben so fremd- artig als es eine CGhloraea oder Cochlostyla sein würde. Es mag daher nur nebenbei als Kuriosum Erwähnung finden, dass man mit Helix fruticum, H. strigella u. a. total abweichende Arten in eine Unter- gattung Eulota vereinigt hat, Von Dorcasia unterscheiden sich Chloraea und Cochlostyla nur durch die Reduktion der Glandulae mucosae, ob durch Vereinigung der Ausführgänge und Reduktion der Lappen, oder durch Schwund der einen Glandula, lässt sich, wie es scheint, nach dem vorliegenden Mate- rial nicht beurtheilen. CGochlostyla und Chloraea, welche letztere ana- tomisch zu Cochlostyla! gehört resp. nur eine Sektion davon bilden kann, sind daher nichts Anderes als modificirte Fruticicolen, die es zweckmäßig und möglich ist von Fruticicola abzutrennen, die aber doch so vollkommen mit den typischen Fruticicolen verbunden sind, dass es ganz fraglich erscheinen kann, ob man Dorcasia besser neben Chloraea oder neben gewisse Fruticicola stellt. Es geht daraus hervor, dass die Fruticicolen in Ostasien eine be- sonders reiche Entwicklung gefunden haben. Es scheinen neben Dor- casia und Cochlostyla noch andere Frutieicolen da vorzukommen. Eine solche mit Nebenpfeilsack und auffallend durch ihre zahlreichen Glan- dulae mucosae sowie ein Flagellum am Penis ist die von SEMPER (Taf. XV, Fig. 23) untersuchte, von Martens zu Hadra gestellte Helix peliomphala Pfr., während die ebenfalls von Semrer untersuchte Helix Sanziana Hombr. (Taf. XIV, Fig. 4) sich im Geschlechtsapparate von Cochlostyla nur unterscheidet durch ihr Flagellum. Semper bildet den Genitalapparat von einigen Cochlostyla-Arten ab, denen Pfeilsack und Glandulae mucosae fehlen. Leider fehlen mir die betreffenden Hefte, so dass ich nicht ersehen kann, ob es sich um jugendliche Thiere mit unentwickelten Genitalien handelt, oder ob die betreffenden Organe verkümmert sind. In letzterem Falle hätten wir es mit metabelogonen Arten zu thun, und käme es dann darauf an zu ermitteln, welche weitere Formen mit haplogonem Genitalapparate in gleicher Lage sind; etwa Hadra und Verwandte’? ! Hierin SemPpEr entgegentretend stimme ich ihm bei in Bezug auf Erhebung von Chloritis zu einer eigenen Gattung. 480 H. von Ihering, Dem Genitalapparate nach gehören auch die centralasiatischen beiden Arten Helix duplocincta Mart. und H. Prze walskii Mart.! theils direkt zu Dorcasia, wie ich das für erstere annehme, theils in die Nähe derselben zu jenen Fruticicolen, aus denen Dorcasia und Ver- wandte hervorgingen. Bei Dorcasia duplocincta Mart. fehlen Divertikel des Blasenstieles und Flagellum, und die sechs dicken drüsigen Glan- dulae mucosae münden in den Nebensack des Pfeilsackes, der leer ist, indess der Pfeilsack selbst einen einfachen stielrunden Pfeil enthält. Bei H. Przewalskii fehlen ebenfalls Divertikel und Flagellum (es scheint der Penisretraktor von ScHAcko als Flagellum gedeutet zu sein, wobei er jedoch selbst Zweifel äußert), ein einfacher Pfeilsack fand sich und zwei keulenförmige Glandulae mucosae, wie sie eben bei ostasiati- schen Fruticicolen und Verwandten so häufigsind. Der Pfeilsack war leer, ist aber stark entwickelt, so dass vermuthlich der Pfeil bei der Begat- tung abgestoßen war. Es ist hiernach eben so aus dem Kiefer nur er- sichtlich, dass wir es mit einer Fruticicole zu thun haben, während ja im Übrigen die genaue Untersuchung der asiatischen Frutieicolen noch ein Desiderat ist. 7. Theba Koh. In dem Subgenus Theba hat man die Sektionen Acanthinula und Vallonia vereinigt — ob mit Recht, lässt sich zur Zeit noch nicht recht entscheiden, weil die Anatomie der hierher gehörigen Arten noch gar zu unvollkommen bekannt ist. Zu Vallonia gehören die beiden einander sehr nahe stehenden Arten V. costata und pulchella. Ihr Kiefer ist zart, halbmondförmig, in der Mitte leicht vorspringend mit zahlreichen feinen Rippen versehen, am Rande etwas crenulirt. Am Genitalapparat ist ein Flagellum vor- handen und ein Pfeilsack (?), aber Glandulae mucosae fehlen nach übereinstimmender Angabe von Leknmann (p. 90, Taf. XI, Fig. 30) und Moguin-Tanpon (p. 140). Nach Braun und Beanme fehlt in der Lunge der längs des Mastdarmes laufende sog. sekundäre Ureter, den ich als eine Erwerbung innerhalb der Nephropneusten nachwies. Wenn sich zeigen sollte, dass ein Verhalten, wie es bei Vallonia vorkommt, bei keiner anderen Helicide sich findet, kann es sich fragen, ob diese Ver- hältnisse nicht für die Familiendiagnose entscheidend sind. Von der eircumpolaren Acanthinula harpa ist der Genitalapparat 1 E. v. Martens, Über centralasiatische Mollusken. M&m. de l’Acad. Imp. d. Sc. de St. Petersbourg. VII. Serie. Tome XXX. No. 41. 1882. p. 56—63. Anatomie von G. SCHACKO, und zwar H. duplocincta, p. 56, Taf. V, Fig. 1—7 u. H. Przewalskii, p- 60, Taf. V, Fig. 410—12. Morphologie und Systematik des Genilalapparates von Helix, Il. 481 noch nicht untersucht. Der Kiefer hat breite aber nicht vollständig entwickelte subobsolete Rippen, die zumal gegen den konkaven Rand hin hervortreten (cf. Bınıey, 1. ec. p. 344). Die centralen und lateralen Zähne haben den bekannten Typus des Heliceen-Gebisses, bemerkens- _ werth sind nur die breiten Marginalzähne mit mehrfach getheilten oder mit Wucherzacken versehenen Ektodonten. Eben so ist nach Bınnzy (p- 343, Pl. VI, Fig. VI) die Radula von Vallonia beschaffen, wobei Bınney bemerkt, die Dentition sei ganz wie bei Pupa. Auch Lrnmann giebt eine Figur, an der wohl die Wucherzacken, nicht aber die Spal- tung der Mesodonten an den marginalen Zähnen ersichtlich ist, die ja wohl auch an den europäischen Vertretern nicht fehlen wird. Acanthinula lamellata Jeffr. (cf. Lemmann, p. 80, Taf. X, Fig. 25). Kiefer mit sehr zahlreichen flachen Rippen. Die Marginal- zähne wären nach LEHmann niedrig, ohne Einschnitte (?). Am Penis ein Flagellum. Glandulae mucosae fehlen, aber ein Pfeilsack, dessen Vor- handensein der Text abspricht, ist an der Figur zu sehen. Nach den Figuren bei Leumann würden Ac. lamellata und Vallonia pulchella bis auf die bei ersterer Art obsoleten Wucherzacken sehr vollkommen über- einstimmen, so zwar, dass nicht einzusehen ist, wesshalb beide Arten auf verschiedene Gruppen des Systems zu vertheilen sein sollen. Etwas anders steht es mit Helix aculeata Müll. (cf. Leumann, p- 95, Taf. XI, Fig. 32). Kiefer und Radula scheinen Leumann zufolge mit jenen von Vallonia übereinzustimmen. Am Penis befindet sich an seinem unteren Ende ein blindsackförmiger Anhang, außerdem ein Flagellum. Lenmann bemerkt sehr richtig, dass diese Verhältnisse an jene von Pupa und Buliminus erinnern, so dass man daran denken ‚könnte, Helix aculeata zu Pupa zu bringen. Andererseits giebt Lenmann an der Figur des Genitalapparates ein oder gar zwei Pfeilsäcke und Glandulae mucosae an, aber erwähnt ihrer mit keiner Silbe; es ist daher leicht möglich, dass eine Verwechslung der Zeichnung an dem nach dem Tode des Verfassers herausgegebenen Manuskript stattfand. Jedenfalls scheint Helix aculeata nicht in die Thebagruppe zu gehören, und wird erst erneute Untersuchung ihren Platz richtig bestimmen können. Da keine genaueren Untersuchungen vorliegen, so ist es nicht wahrscheinlich, dass Leumann’s Deutung des Pfeilsackes die richtige war. Vermuthlich handelt es sich um eine Appendicula, die dann bei Vallonia als solche, bei H. aculeata als Appendix entwickelt wäre. Die zur Zeit vorliegenden Untersuchungen sind ganz ungenügend. 482 H. von Ihering, 8. Neohelix gen. nov. Testa globosa vel lentiformis, umbilicata vel perfo- rata, anfractibus 5—8, peristomate albolabiato, reflexo, incrassato, plerumque dentato, columella plerumque dentata. Maxilla arcuata, costiselevatis prominentibus munita, margine dentato. Radula dente centrali tridentato, dentibus laterali- bus mesodonte simplice velfisso et eetodonte simplicein- structis, dentibus marginalibus mesodonte bipartito et ectodonte simplice vel partito munitis. Apparatu genitali simplice. Der Nachweis, dass die nordamerikanischen Helices, wenn wir von den kalifornischen Arionta hier absehen wollen, sammt und son- ders nicht zu Helix gehören, weil ihrem Genitalapparate die für jene Gattung charakteristischen Anhangsgebilde, Pfeilsack und Glandulae mucosae fehlen, nöthigt mich für die bisher zu Helix gestellten Sub- genera: Polygyra, Stenotrema, Triodopsis und Mesodon ein neues Genus aufzustellen. Dass dasselbe ein natürliches ist, wird nach der obigen Diagnose kaum bezweifelt werden können. Zunächst ist allen diesen Untergattungen der Bau des Genital- apparates gemeinsam, an welchem alle Anhangsgebilde, wie Pfeilsack und Glandulae mucosae, aber auch Flagellum und Divertikel des Blasenstieles völlig fehlen!. Der einzige Punkt, in welchem einige Variationen zu beobachten sind, ist die Insertion des Rückziehmuskels des Penis, welche in der Regel hoch hinauf rückt. Es kommen aber hierin innerhalb der einzelnen Untergattungen Differenzen vor, indem z. B. bei Mesodon profunda der Retraktor sich in der Mitte des Penis, bei Mes. Roemeri aber ganz oben an der Einmündung des Vas deferens in den Penis inserirt. Es ist dies Verhältnis in so fern bemerkens- werth, als im Allgemeinen der Retraktor bei den Heliceen, Bulimiden etc ziemlich regelmäßig seinen Platz an der unteren Hälfte des Penis festhält. 1 Die betreffenden Untersuchungen stammen fast alle von W. G. Bınney, The terrestrial air breathings Mollusks. Bull. Mus. Comp. Zool. Cambridge. Vol. IV. 1878. Den Genitalapparat von Mesodon albolabris und thyreoides beschrieben LEHMANN, Malakol. Blätter, Bd. XI, 4864, p. 46—49, und SEMPER (l. c. p.162, Taf. XIV, Fig. 43 und 46). Über Polygyra implicata Beck von Mexiko cf. PFEFFER und STREBEL, l. c. Taf. X, Fig. 2, auch Semper (p. 463) giebt für Polygyra plagioglossa Pfr. einen haplogonen Genitalapparat an. | Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. * 483 Der Kiefer ist bei allen den ebengenannten Untergattungen über- einstimmend gebaut, mit meist 8 bis 14 starken, an beiden Rändern zahnartig vorstehenden Rippen versehen, deren Zahl bei Polygyra auf 20 und bei der wohl kaum von Polygyra verschiedenen, aber anatomisch noch nicht untersuchten Untergattung Polygyrella auf 26 steigt. Nur Stenotrema zeichnet sich durch etwas breitere Rippen von den anderen ein wenig aus. Die Radula hat bei Triodopsis einen dreispitzigen Mittelzahn und zweispitzige Lateralzähne, an denen der Entodont fehlt, der Mesodont groß, meist einfach ist, und ein Ektodont nicht fehlt. An den äußeren lateralen und an den marginalen Zähnen wird der Mesodont zweispitzig, der Ektodont bleibt einfach oder wird zwei- oder dreispitzig, Letzteres selten. Eben so ist die Radula gebaut bei Stenotrema und Triodopsis, sowie zahlreichen Mesodon. Im Einzelnen finden sich erhebliche Differenzen, indem namentlich die Spaltung des Mesodonten bald schon an den lateralen, bald erst an den äußersten marginalen zu Stande kommt. Auch der centrale und die inneren lateralen Zähne variiren in so fern der Ektodont bei ihnen entwickelt sein oder fehlen kann. Eine sonderbare Abnormität repräsentiren einige Arten von Meso- don (M. thyroides, clausa, Wheatleyi), indem bei ihnen die Mesodonten der lateralen und marginalen Zähne eine enorme Verlängerung erfahren, großentheils dabei einfach, einspitzig bleibend. Es wäre nun eben so verkehrt, solche Arten mit einspitzigen Zähnen in die Nähe der Hya- linen etc. zu bringen, wie es verkehrt war, die Variationen des Kiefers zur Basis einer Klassifikation zu machen. Derartige Vorgänge, wie Ver- längerung der Mesodonten oder stärkere Ausbildung der Rippen des Kiefers wiederholen sich aber in den verschiedensten Gruppen des Systems. So giebt es auch unter den oxygnathen Heliceen bekanntlich Gattungen mit einspitzigen Randzähnen (Acavus, Corilla, Panda etec.). Die Aufgabe des Systematikers ist es in solchen Fällen nicht die mit gleich beschaffenem Gebisse versehenen Gattungen oder Arten zu ver- einen, sondern deren Zusammenhang mit anderen von normaler Gebiss- struktur zu verfolgen. Bei Mesodon lassen die an den äußersten mar- ginalen Zähnen auftretenden Modifikationen keinen Zweifel darüber, dass die oben angeführten Arten nur Modifikationen des allgemein verbreiteten Typus repräsentiren, wie das auch Binney vollkommen richtig erkannt hat. Dass ich zu Mesodon auch Helix Townsendiana Lea ziehe, wurde unter Arionta bemerkt und begründet. An der Begrenzung dieser Subgenera habe ich nichts zu ändern, mit Ausnahme von Triodopsis. Man hat lediglich auf die Schale hin 484 “An H. von Ihering, dieser ausschließlich nordamerikanischen Gruppe auch eine euro- y päische Art eingereiht, Helix personata Lam. Diese Art ist jedoch im = Genitalapparate wesentlich von Triodopsis verschieden, denn sie be- sitzt einen rudimentären Pfeilsack und eine Glandula mucosa, kann also nicht im selben Genus, geschweige denn Subgenus bleiben mit den nordamerikanischen Arten, denen der Name Triodopsis bleibt. BınnEy bemerkt, dass Helix personata nach Moguın-Tanpon nur drei bis fünf Rippen auf dem Kiefer besitze, allein das ist ein Irrthum. Moouın- Tanpon spricht von 40 bis 12% flachen, am Rande wenig vortretenden Rippen. Die Zunge von H. personata ist merkwürdigerweise noch nicht untersucht. Durch diese Entfernung der Helix personata gewinnt Trio- dopsis nicht nur in anatomischer Hinsicht, sondern auch in geographi- scher einen einheitlichen Charakter, indem die Gruppe nunmehr rein amerikanisch ist, vermuthlich nur nordamerikanisch, doch sind die be- treffenden centralamerikanischen Species noch nicht untersucht. Die Gattung Neohelix ist für die nearktische Region charakte- ristisch. Sie erstreckt sich südlich über Mexiko bis Gentralamerika. Wie es mit den angeblichen Vertretern von Polygyra von den Bermuda- inseln, Bolivia etc. aussieht, kann erst die anatomische Untersuchung lehren. Eben so bleibt das Verhältnis von Neohelix zu anderen Gattun- gen aufzuklären. Es wäre ja möglich, dass es sich etwa um modificirte Arionta oder Verwandte in ihnen handelte, bei denen die weiblichen Anhangsgebilde des Genitalapparates verkümmert wären. Hierüber würde dann wohl die Entwicklungsgeschichte Aufschluss geben. Sollte dieselbe keinen Anhalt bieten für eine solche Hypothese, so wird man einfach Neohelix als eine Weiterbildung von Patula etc. anzusehen haben, wobei der bei Patula zuweilen gestreifte Kiefer durch Zunahme und Verbreiterung der Längsfurchen in die Form von Stenotrema und schließlich Mesodon etc. übergegangen wäre. Endlich ist weiterhin auch der Fall ins Auge zu fassen, dass Neo- helix durch Polygyra mit Gonostoma zusammenhängt. Scumpr (l. c. p. 34) giebt eine in diesem Sinne deutbare Angabe, indem er den Genitalapparat von Polygyra paludosa Pfr. jenem der Helix obvoluta ähnlich gefunden haben will. Eine Diskussion aller hierher gehörigen Fragen ist schon desshalb unmöglich, weil wir so gut wie nichts wissen über die westindischen Helices. Mir wenigstens ist zur Zeit nichts weiter hierüber bekannt als was Szmper mittheilt über Caracolus eara- colla L. (Taf. XII, Fig. 43), Thelidomus lima Fer. (Taf. XV, Fig. 21) und Pleurodonta invalida Ad. (Taf. XV, Fig. 24). Wie weit hier die Be- schaffenheit des Kiefers zur Scheidung von Gattungen in Betracht kommt, steht noch ganz dahin. Bei Dentellaria giebt es oxygnathe und Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix.ll. 485 odontognathe Arten. Thelidomus hat nach Semrer ein kurzes Flagellum am Penis und einen kleinen Appendix. Einen solchen kleinen drüsigen Appendix giebt Prerrer für Polygyra implicata an. Mächtig entwickelt ist der Appendix bei Praticola ocampi. Letztere Art scheint mir, wie ich schon unter Arionta bemerkte, anatomisch nicht zu Arionta zu passen. Wahrscheinlich werden wir unter den westindischen Heliceen die Verwandten kennen lernen. Der Appendix kommt weder bei CGampylaea noch bei Neohelix in starker Entwicklung vor, ist überhaupt nur für Polygyra implicata von Prerrer angegeben und da rudimentär. In ähnlicher Weise wie ich hier hat Pırsery die nordamerikanischen haplogonen Helices zusammengefasst und dafür den Namen Polygyra gewählt. Unter Polygyra versteht man aber ein bestimmtes Subgenus. Will man den Namen, wie es Pırssry thut, für die ganze Gattung be- nutzen, so muss ja nothwendig Verwirrung entstehen, wenn Jeder dem Namen einen anderen Sinn unterschiebt. Pırssry stellt zu Polygyra auch noch Gonostoma und Vallonia, es ist daher sein Subgenus Poly- gyra nicht mit meiner Gattung Neohelix identisch. Überhaupt tritt dieses Genus Neohelix mit keiner anderen etwa bestehenden Gattung in Konkurrenz, weil die Grundlage desselben keine conchyliologische, sondern der Organisation des Thieres entnommen ist. Es werden daher vermuthlich noch manche jetzt getrennte Subgenera, welche sich als haplogone odontognathe Helices erweisen, hier einzureihen sein. Erst weitere Untersuchungen müssen entscheiden, ob ein Appen- dix doch bei manchen Arten vorkommt, und stände dann nichts im Wege auch Praticola hier einzureihen, was ieh vorläufig für das Rich- tige halte. 9. Sonstige nordamerikanische Heliceen. Die Hauptmenge der Helices der Vereinigten Staaten gehört zu der hier als Neohelix bezeichneten Gattung, welche von Helix durch den einfachen Bau ihres Genitalapparates sich unterscheidet. Vertre- ter der Gattung Helix finden sich dann reichlich in Kalifornien resp. der paeifischen Provinz, worüber Näheres unter Arionta. Von den durch den Handel eingeschleppten europäischen Helixarten, über welche Bıxney Ausführliches mittheilte, sehen wir natürlich ab. Was dann an bisher bei Helix untergebrachten Arten noch übrig bleibt, ist sehr wenig, und fast sammt und sonders anatomisch noch nicht untersucht. Hier sind zunächst zu erwähnen Punctum pygmaeum Drap., die bekannte cirumpolare Species. Der Genitalapparat ist einfach ohne Pfeilsack und Glandulae mucosae, wie bei Patula. Trotzdem hat Bınnzv 486 H. von Ihering, die Art weit von Patula entfernt, wegen der Besonderheit des Kiefers, und sie mit den Orthaliceen vereint. Diese unnatürliche Klassifieirung weist schon darauf hin, dass die Verhältnisse des Kiefers eine unzu- treffende Deutung erfahren haben. In der That haben MoQum-Tanpon und Leumann den Kiefer nicht für wesentlich verschieden von jenen von Patula gehalten, der einfach glatt oder mit feinen Rippen oder Furchen versehen ist. Später haben Bınnev und Scuacko gezeigt, dass der Kiefer gefaltet ist, indem 16 bis 19 breite Platten vorhanden sind, die sich theilweise etwas decken, d. h. mit den Rändern über die nächste Platte übergreifen. Vermuthlich wird man Ähnliches noch bei manchen Patula und Heliceen finden. So hat z. B. Patula asteriscus Morse nach Bınney grobe Furchen auf dem Kiefer, durch welche breite rippenartige Stücke gesondert werden. Werden diese Furchen breiter, so entsteht ein Kiefer wie bei Polygyrella, oder weiterhin bei Helix, werden die Furchen schmal linear, so erhalten wir den Kiefer von Gonostoma und Strobila. Der Kiefer von Punctum unterscheidet sich lediglich graduell von jenem von Strobila, indem die Furchen statt senkrecht zur Fläche zu stehen schräg gerichtet sind, so dass die ein- zelnen »Platten«, die eben nichts Anderes sind als breite Rippen, an den Rändern etwas übergreifen. Man wird diese Eigenthümlichkeit des Kiefers, sofern sie bei genauerer Untersuchung nicht auch in an- deren nahestehenden Gattungen angetroffen werden sollte, immerhin zur generischen Abgrenzung verwenden können, einen höheren Werth aber ihr nicht beimessen dürfen. Acanthinula. Pırssry zieht wie Punctum, so auch, und zwar direkt, als Subgenus Acanthinula harpa Say zu Patula. Koszrr u. A. dagegen stellen Acanthinula neben Vallonia in eine gemeinsame Gruppe Theba. Da die Anatomie von Ac. harpa noch nicht untersucht ist, bleibt es vorläufig fraglich, welche dieser beiden Meinungen die richtigere ist. Bezüglich der anderen hierher gezogenen Arten vergleiche man das bei Theba Bemerkte. Strobila, anatomisch noch nicht untersucht, eben so auch Gonostoma Yatesi J. C. Coop. Letztere scheint dem Kiefer nach Helix obvoluta ähnlich. Zum Schlusse muss ich noch darauf hinweisen, wie diese nord- amerikanischen Patuliden und ihre Verwandten eine nähere Beziehung zu Neuseeland nicht verkennen lassen, was also wohl so zu verstehen ist, dass es sich um relativ sehr alte und wohl kosmopolitische Gruppen handelt. Surer!, welcher sich der verdienstlichen Aufgabe unterzogen 1 H. Suter, Descript. of new Species of New Zealand Land and Freshwater Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 487 hat, auch das Gebiss der neuseeländischen Nephropneusten in den Kreis seiner Untersuchungen zu ziehen, hat eine Reihe »Helix«-Arten von Neuseeland beschrieben, die er als Subgenus Maoriana (Huttonella olim) zusammenfasst, und welche im Besitz von einfachen oder ge- zähnelten Leisten an beiden Wänden der Mündung mit Strobila über- einstimmt, von der Surer wohl ohne Grund dieses neue Subgenus trennte. Leider giebt er nichts an über das Gebiss, ohne dessen Kennt- nis sich über die Beziehungen zu Endodonta und Strobila nicht end- gültig urtheilen lässt. Von einer anderen neuen Gattung Phrixgnathus dagegen bin ich in der Lage nachweisen zu können, dass sie zusammen- fällt mit Puncetum Morse. Der aus einzelnen Platten zusammengesetzte Kiefer ist der gleiche, und auch die zweispitzigen lateralen Zähne, die für Punetum charakteristisch sind, finden sich bei Phrixgnathus vor. Alle diese Gattungen dürften zu den Patuliden gehören, von denen nach Suter auch die Sektion Microphysa Neuseeland zukommt. 10. Die Arioniden. Den Heliceen schließen sich möglicherweise noch eine Anzahl von Gattungen an, welche bisher eine sehr verschiedenartige Beurtheilung gefunden haben und hinsichtlich derer noch weitere Untersuchungen nöthig sind. Da ist zunächst die mexikanische Gattung: Xanthonyx, früher zu den Bulimuliden gerechnet. Die Fuß- sohle ist dreitheilig, allein dieses Merkmal kommt ja außer den Zoni- tiden etc. auch bei anderen Nephropneusten vor. Eine anatomische Untersuchung lieferte Fıscuer ! und Prerrer. Der Kiefer hat breite ziem- lich dicht stehende Rippen (16 bei X. cordovanus Pfr.). Der Fußrücken endet hinten in einen hornförmigen Fortsatz, ob eine Schleimpore darunter existirt, ist nicht untersucht. Es sind Mantellappen vorhan- den, welche die Schale theilweise decken. Am Genitalapparat ist nach PrerrEr eine »kleine Anhangsdrüse am Penis« vorhanden und zwei stärkere Anhangsdrüsen der Scheide. Letztere beiden sind offenbar die am Ende wie bei manchen Arionten etwas kolbig verdickten Glan- dulae mucosae und der kleine zwischen ihnen an der Grenze von mit Flagellum versehenem Penis und Scheide stehende Sack ist wohl der vermuthlich rudimentäre und des Pfeiles entbehrende Pfeilsack. Diese Beschaffenheit des Genitalapparates ist so merkwürdig mit jener von Arionta und Gampylaea überhaupt übereinstimmend, dass wir es trotz Shells. Transact. of the N. Z. Institute. Vol. XXI. 4889. p. 224—230. Pl. XIV and XV, sowie ibid. Vol. XXIII. 1890. p. 84—96. Pl. XVI—XVI. ! Journ. de Conchyliol. Tom XV. 4867. Es fällt mır auf, dass die Darstellung des Genitalapparates bei beiden Autoren nicht ganz stimmt, so dass erneute Unter- suchung erforderlich. | 488 H. von Ihering, mancherlei anderer Differenzen doch wohl mit einem Abkömmling dieser Gruppe in Xanthonyx zu thun haben. An Xanthonyx wird sich wohl Binneya anreihen, die merk- würdigerweise auch zu den Bulimuliden gezogen wurde, während doch der Kiefer,-von einigen subobsoleten äußeren Rippen abgesehen, glatt ist, mit sechs starken Rippen auf der Vorderseite. Bınxzy sprach (l. c. p- 245) die Meinung aus, dass Xanthonyx mit Binneya synonym sei. Nach den Untersuchungen von PFEFFER trifft dies nicht zu, da Genital- apparat und Kiefer einigermaßen verschieden sind. Während bei Xanthonyx eine Schwanzdrüse vorhanden zu sein scheint, fehlt sie bei Binneya, überhaupt scheint der Fuß verschieden, doch ist nach Bınney’s Angaben die Fußsohle dreitheilig. Am Penis fehlt nach Bınney bei Binneya das bei Xanthonyx entwickelte Flagellum, und außerdem giebt Bıynev zwar den Pfeilsack an, nicht aber die Glandulae mucosae. Dies bedarf weiterer Nachuntersuchung. Ebenfalls in diese Gruppe gehörig ist Hemphillia von Oregon. Kiefer und Schwanzende mit Horn gleichen Xanthonyx, aber die Fuß- sohle ist einfach. Während bei den eben genannten zwei Gattungen eine spiralige nur theilweise von Mantellappen bedeckte Schale vor- handen ist, wird die kleine flache nicht spirale Schale bei Hemphillia ringsum so vom Mantel umschlossen, dass nur die Mitte noch unbe- deckt bleibt. In der Radula unterscheidet sich Hemphillia von Binneya durch die bedeutende Verlängerung der einspitzigen Mesodonten an den Marginalzähnen, während bei Xanthonyx dieselben zwar auch ziemlich lang, aber zweispitzig sind; bei Binneya sind sie wieder lang und einspitzig. Der Genitalapparat ist einfach ohne Anhangs- gebilde, außer einem blindsackförmigen Anhange des Penis. Es ist nun sehr wohl möglich, dass in demselben Maße als die Verkümmerung der Schale eintrat, auch eine solche des bereits bei Xanthonyx rudi- mentären Pfeilsackes erfolgte. Es ist fast unmöglich, Xanthonyx und Hemphillia zu vergleichen, ohne beide für verschieden weit vorge- schrittene Glieder einer gemeinsamen Entwicklungsreihe zu halten. Prophysaon endlich erscheint als eines der Endglieder dieser Reihe. Die einfache innere Schale ist auf ein kleines achteckiges Kalk- plättchen reducirt. Die Radula schließt sich an jene von Binneya an, eben so der Kiefer, an welchem nur die Zahl der Rippen von der Mitte aus gegen die Enden hin sich vermehrt hat. Der Genitalapparat ist einfach wie bei Hemphillia, doch traf Bınney zuweilen einen rudimen- tären Pfeilsack an (l. c. p. 239), »ein überaus kleines sackförmiges Organ an der Vagina, gerade über dem Penis«. Eine Schwanzdrüse fehlt, aber ein vertikal gestreifter Fußsaum ist vorhanden, wie bei Arion. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 489 Als letzte Endglieder dieser Reihe würden sich vermuthlich Ario- limax und Arion anreihen. Ariolimax hat eine dreitheilige Fußsohle wie die kalifornischen Arion und Binneya, hat den Fußsaum wie Arion, Prophysaon und Hemphillia, und Schwanzdrüse wie Arion. Es bliebe zu untersuchen, ob bei Ariolimax und Arion etwa abnormerweise oder embryologische Andeutungen des Pfeilsackes auftreten. Der Vorschlag von PFEFFER und STREBEL, für Xanthonyx allein eine Familie zu acceptiren, lässt sich daher nicht billigen. Wenn man Xanthonyx als Ausgangspunkt der ganzen Reihe zum Typus für eine Familie der Xanthonycidae machen will, so würde diese Familie doch Binneya und Hemphillia so gut wie Prophysaon, Ariolimax, Arion und Geomalacus in sich einschließen und durch gerippten Kiefer, Heliceengebiss, einfachen Genitalapparat mit Verkümmerung von Pfeil- sack und Glandulae mucosae (die nur bei Xanthonyx noch erhalten sind), kleine spiralige und von Mantellappen bedeckte oder einfache rudimentäre innere Schale charakterisirt sein. Ob der Fußsaum nicht doch bei allen Gattungen vorhanden, bleibt nachzuprüfen, eben so die Verkümmerung, welche Schwanzdrüse und Dreitheilung der Fußsohle in einzelnen Gattungen erleiden. Eine solche Familie aber würde mit der schon bestehenden der Arioniden zusammenfallen. Dass wirklich alle hier genannten Genera zusammengehören, ist keineswegs sicher, die ganzen bisher vorliegenden Untersuchungen sind eben doch nur sehr unzureichend. Dass für eine sorgfältigere Prüfung neben gründlicher Untersuchung der Anhangsgebilde des weiblichen Genitalapparates vor Allem auch die Muskulatur eingehend zu berücksichtigen ist, habe ich schon im ersten Kapitel besprochen. Denkbar wäre es, dass die Ario- niden nicht an Heliceen anknüpfen, sondern an Zonitiden, und würden dann die Anhangsgebilde am Genitalapparate auf Appendicula etc. zu deuten sein, worüber ja eben noch genauere Untersuchungen aus- stehen. Vielleicht gehört denn doch Xanthonyx in den Kreis der Gam- pylaeen, die anderen Genera zu den Zonitiden. Hier liegt ein dankbares Gebiet vor für anatomisch-systematische Studien. III. Die Familie der Helieiden und ihre geographische Verbreitung. Helieidae v. Ih. Testa conica globulosa vel discoidea, apertura transversa, obliqua, rotundato-lunata, marginibus distantibus. Maxilla arcuata perpendiculariter costata, margine crenato. Appa- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIV. Bd. 39 490 H. von Ihering, ratus genitalis sagittis amatoriis 2—1 interdum obsoletis, et glandulis mucosis raro deficientibus instructus. Die Familie der Heliciden ist eine überaus natürliche und gleich- wohl nie in dem Sinne aufgefasst worden, wie es hier geschieht, weil man nie die vergleichende Anatomie des Genitalapparates zu ihrer Be- gründung mit heranzog. Theoretisch gestaltet sich die Begrenzung der Heliciden als Familie sehr einfach, indem sie die belogonen Nephro- pneusten einschließt, sowie die metabelogonen. In letzterer Hinsicht könnte es in Frage kommen, ob etwa diese letzteren, oder Theile von ihnen, sich weit und charakteristisch genug von den noch mit Liebes- pfeil versehenen Verwandten entfernen, um eine besondere Familie bilden zu können. Wahrscheinlich ist dies indessen nicht, und prak- tisch schon um desswillen nicht durchführbar, weil wir bis jetzt erst in sehr wenigen Fällen Anhaltspunkte besitzen, um Gattungen mit haplogonem Genitalapparate auf belogone zu beziehen. Dass es über- haupt metabelogone Helieiden giebt, wird Niemand bestreiten wollen, welcher die Abschnitte über Xerophila, Frutieicola und Gonostoma ge- lesen hat. So lange an solchen Arten, welche Pfeil und Pfeilsack ver- loren haben, noch Reste der Glandulae mucosae sich finden, bleibt die Deutung eine ganz sichere. Fehlen auch diese, so ist die Gefahr zu irren eine sehr große, da ja ein haplogoner Genitalapparat eben sowohl ein metabelogoner als ein euhaplogoner sein kann. Hier können ver- schiedene Wege helfen. Einmal die anatomische Untersuchung aller Arten der in Betracht kommenden Gruppe in Verbindung mit der con- chyliologischen Vergleichung. Sodann die Untersuchung zahlreicher Individuen der fraglichen Gruppe, in der Hofinung atavistischer Weise noch einmal Pfeilsack und Glandulae mucosae erscheinen zu sehen. Einen solchen Fall habe ich im vorausgehenden Abschnitte für Xero- phila cantiana angeführt. Endlich kann Auskunft auch von der Ent- wieklungsgeschichte erhofft werden, die vielleicht noch bei Polygyra- Arten etc. Reste der Pfeilsackanlage erkennen lassen kann. In der europäischen Fauna giebt es keine größeren Gattungen von Nephro- pneusten, welche man im Verdacht haben könnte metabelogon zu sein. Anders in Nordamerika. Die sämmtlichen Untergattungen von Neohelix scheinen nahe unter einander verwandt. Am höchsten scheint Mesodon zu stehen, am tiefsten Polygyra und Verwandte. Hier treffen wir auf zwei Momente, die Anschluss an europäische Frutieicolen und Gonostoma gestatten: Behaarung der Schale und Zähnelung ihrer Mündung. Helix personata zwar ist eine Campylaea, Helix holosericea ist leider ana- tomisch unbekannt. Sollte ihr Genitalapparat aber Beziehungen zu Gonostoma und Fruticicola bieten, so haben wir da vielleicht einen Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 491 Punkt, an den weitere vergleichende Betrachtungen anzuknüpfen haben. Scanmior will bei der cubanischen Polygyra paludosa einen Genitalapparat gesehen haben, welcher jenem der Helix obvoluta gliche. Eine sorgfältige anatomische Untersuchung der westindischen Heliciden und Verwandten ist zur Zeit eigentlich das dringendste Desiderat der zoologischen Durcharbeitung der Helieiden. Zur Zeit ist jedenfalls die Hypothese, dass Neohelix aus metabelogonen Heliciden bestehe, deren Ursprung an Fruticicola resp. Gonostoma anknüpfe, die nächstliegende — freilich zur Zeit nicht beweisbar. Das einzige andere Gebiet der Erde, in dem wir dann noch meta- belogone Heliciden vermuthen können, ist Ostasien bis Australien, wo, wie es scheint, Dorcasia und Cochlostyla auch zu metabelogonen Gat- tungen leiten, unter denen die australischen Hadra obenan stehen. Da mir Hevıry’s Arbeiten zur Zeit nicht bekannt sind, sehe ich von weiterer Berührung der Frage hier ab. Die Eintheilung der zu den Heliciden gehörigen Gattungen hat zu- nächst die Lage des rechten Tentakelretraktors zu berücksichtigen, der nur bei Xerophila links, bei allen anderen rechts vom Penisretraktor gelegen ist. Unter diesen zeichnen sich zwei Gattungen aus durch den Besitz des Divertikel am Blasenstiel, Helix und Gampylaea, bei allen anderen fehlt es. Diese letzteren haben entweder wie Fruticicola ein Flagellum am Penis, oder dasselbe schwindet und der Penisretraktor rückt an den Apex des Penis (Dorcasia mit doppelter, Gochlostyla mit einfacher Glandula mucosa). Die metabelogonen Formen habe ich, wo es geboten war, an Frutieicola und Xerophila angeschlossen, von wei- teren dahin zu rechnenden Formen ziehe ich noch Neohelix hierher, gestützt auf die oben angezogene kurze Notiz bei A. Scamipr. Da die Anatomie von Strobila nicht bekannt ist, und die Möglichkeit nicht ab- gewiesen werden kann, dass etwa Neohelix an Strobila-ähnliche Patu- liden anknüpft, so muss die Frage nach der systematischen Stellung von Neohelix als eine offene gelten. Wäre es doch auch nicht unmög- lich, dass trotz der anatomischen Verschiedenheit eine Brücke von Helix personata zu den nordamerikanischen Triodopsis führte. Die allgemeine Übereinstimmung im Baue des Genitalapparates von Xerophila und Fruticicola weist darauf hin, dass beide auf gemein- samen Ursprung zurückgehen. Diese Urformen müssen zwei coordinirte Pfeilsäcke mit dazwischen stehenden Nebenpfeilsäcken und zahlreiche Glandulae mucosae besessen haben, einen aus zahlreichen, dicht an einander stoßenden rippenartigen Stücken bestehenden Kiefer, sowie eine genabelte behaarte Schale. Der Nachweis von rudimentären Nebenpfeilsäcken am Genitalapparat vieler nur mit einem Pfeil ver- 32* 499 H. von Ihering, sehenen Arten von Fruticicola und Dorcasia weist uns darauf hin, dass auch da, wo solche Spuren von Nebensäcken etc. nicht mehr nachweisbar sind, die gleiche Deutung statthat. Auch ist es beachtens- werth, dass die höhere resp. höchste Stufe, die der Kiefer erreicht, die Anwesenheit scharf vorspringender völlig von einander getrennter Rippen, gerade bei diesen Gattungen oder Arten mit nur einem Pfeil erreicht wird, während die mit zwei symmetrischen Pfeilsäcken ver- sehenen Gattungen resp. Arten ausnahmslos den aulacognathen Kiefer haben mit flachen am Rande wenig scharf vortretenden einander be- rührenden Rippen. Die Entwicklung der die Rippen trennenden Zwischenräume repräsentirt die höhere Stufe, bei welcher schließlich die Rippen sogar an beiden Rändern überstehen, und sie ist erreicht bei den im Genitalapparate schon modificirten Formen, welche zugleich auch die größeren sind. Es geht also mit diesen Modifikationen Hand in Hand eine Größenzunahme der Schale. Es scheint nicht, als ob die Radula in ähnlicher Weise Modifikationen erlitte, sie ist nicht einmal zur Abgrenzung der Heliciden den verwandten Familien gegenüber geeignet. Durch die hier vorgeschlagene Begrenzung der Familie der Heli- ciden werden zahlreiche bisher bei Helix untergebrachte Subgenera herrenlos. Ich schlage vor, diese haplogonen helixartigen Nephropneu- sten in ein Genus Parahelix vorläufig zu vereinen, bis es gelingt den einzelnen Gliedern ihre richtige Stellung anzuweisen. Vielleicht bilden die oxygnathen Repräsentanten dieses Genus den bleibenden Kern desselben. Beachtenswerth ist jedenfalls, dass unter den echten belo- gonen Heliciden Gattungen mit oxygnathem Kiefer gar nicht vor- kommen. Es werden daher auch die haplogonen oxygnathen Heliceen, zumal die westindisch-südamerikanischen, wie Sagda, Geotrochus, Lu- cerna und Verwandte keinerlei nähere Beziehung zu den Heliciden haben. Unter den ostasiatischen oxygnathen haplogonen Heliceen resp, Heliciformes dürften noch ein gut Theil xiphogoner resp. metaxipho- goner Gattungen stecken‘, so weit sie nicht einfach die australen Re- präsentanten der Geotrochus etc. sind. Während somit theoretisch die sichere Begrenzung der Heliciden eine eben so leichte und einfache wie praktisch zur Zeit noch großen- theils nicht durchführbare ist, werden sich voraussichtlich für die Begrenzung der einzelnen Gattungen größere Schwierigkeiten ergeben. Es ist sonderbar, dass wir bisher keine Zwischenglieder zwischen den einzelnen Gattungen kennen gelernt, nicht einmal zwischen Gampylaea und Helix, wo sie doch am ehesten zu erwarten wären. Vielleicht finden sie sich da bei genauerer Durchforschung der Iberus. Eine Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. .. 493 Änderung in der allgemeinen systematischen Anordnung der Heliciden würden gleichwohl diese Zwischenformen, wenn sie noch leben, meines Erachtens nicht bedingen. Nicht eine Reihe von durch identische ana- tomische Verhältnisse zusammengefassten Formen habe ich in meinen Genera vereinen wollen, sondern die Glieder eines einheitlichen Ent- wicklungszweiges. Wäre Ersteres meine Absicht gewesen, so hätte ich nicht metabelogone Formen neben den ihnen nächstverwandten belo- gonen lassen können. Dass aber diese hier angenommenen Gattungen solchen natürlichen Entwicklungsreihen wirklich entsprechen, geht am besten daraus hervor, dass im Großen und Ganzen diese eben so con- chyliologischerseits wie anatomisch begründbar sind. Zwischenformen zwischen diesen Gattungen, wenn sie nicht mehr gefunden werden sollten, müssen doch existirt haben. Ihr Nachweis in der lebenden Fauna würde die Ziehung der Grenze vielleicht erschweren, aber doch nicht dazu zwingen die beiden dadurch verknüpften Genera in eines zu verschmelzen. Wollten wir überall, wo es Zwischenglieder giebt, die betreffenden Genera verschmelzen, so würden wir die Gattungen immer mehr in einige große zusammenfließen und nur da getrennt bleiben sehen, wo die Zwischenformen erloschen sind. Ein solches dem Zufalle die Begrenzung der Gattungen anheimgebendes Verfahren wäre weder theoretisch zu rechtfertigen noch praktisch zu billigen. So habe ich kürzlich nachgewiesen, dass Gattungen, die anatomisch wie con- chyliologisch so scharf geschieden sind, wie Unio und Castalia, dass man sie bisher zu verschiedenen Familien stellte, durch Übergangs- glieder so verbunden sind, dass von den betreffenden Arten ein Theil Castalia, ein Theil Unio sind. Ich habe diese kleine Gruppe von Zwischenformen als Genus Castalina zusammengefasst. Hätte ich Unio dieser Zwischenformen halber mit Gastalia vereint, so würden Ano- donta, Margaritana und andere Genera nachfolgen müssen, und die Gattung wäre so allmählich auf den Umfang gebracht, den jetzt die Familie hat. Praktisch geht das bei einer ohnehin schon über 1500 Arten zählenden Gattung nicht an, und eben so steht es bei Helix, die im bisherigen Umfange über 3400 Species enthält. Von praktischer Bedeutung sind diese Bemerkungen über Zwischen- formen zur Zeit nicht. Auch würde z. B. eine Fruticicola mit einem Pfeile vom Typus der CGampylaeen dadurch noch lange keine Campylaea, vielmehr nach der Gesammtheit ihrer sonstigen Charaktere sicher unterzubringen sein. Ich wünschte nur meine Auffassung des Gat- tungsbegriffes für die Heliciden zu erläutern, sowie die allgemeinen für die Klassifikation dieser Schnecken meines Erachtens maßgebenden Grundsätze. 494 ‘ H. von Ihering, Wenden wir uns hiernach zur Erörterung der geographischen Ver- E breitung der Heliciden. Wie schon bemerkt, ist so gut wie nichts be- kannt über die Anatomie der Heliciformen von Westindien, Afrika, Australien und der Südsee. Das Bild muss daher nothwendig sehr lückenhaft ausfallen, bietet aber in seinem positiven Theile gleichwohl schon interessante und zum Theil überraschende Züge. Die Gattungen Helix und Xerophila sind wesentlich europäisch resp. paläarktisch. Dagegen tritt die gleichfalls paläarktische Gattung Gampylaea in über- raschender Mannigfaltigkeit in Kalifornien resp. in den pacifischen Staaten der Union auf und lässt sich von da über Mexiko und Central- amerika weit nach Südamerika hinein bis Bolivia und Nordargentinien verfolgen. Ob es außer ihnen noch andere Heliciden in Südamerika giebt, ist nicht bekannt. Die Ansicht von Fıscaer, der Macrocyclis dazu stellt, bedarf des Beweises durch den Genitalapparat. Anostoma, welche FiscHer untersuchte, ist oxygnath und haplogon, vermuthlich wird es mit den gleichfalls cxygnathen Solaropsis eben so stehen. Wenn also die einzigen bisher in Südamerika nachgewiesenen unzweifelhaften Heliciden in innigster Beziehung zu den anderen amerikanischen resp. kalifornischen Heliciden stehen, so weist dies auf gemeinsame Herkunft hin, und diese kann nur in der Wanderung von Norden nach Süden, nicht umgekehrt gesucht werden. Auch mit anderen Gruppen von Landthieren, Säugethieren nicht nur, sondern auch den Ameisen, treffen wir den gleichen Fall, dass sich zahllose Arten von Argentinien bis Mexiko verbreitet haben. Diese Gebiete sind seit Beginn der Pliocän- zeit in Landverbindung. Die charakteristischen Säugethiere der bisher irrig für pleistocän gehaltenen Pampas finden sich in Florida etc. in plioeänen Schichten, so eine lange strittige Frage entscheidend. Im argentinischen Pliocän ist Helix nachgewiesen, in älteren Formationen nicht, während in Nordamerika diese Gampylaeen bis in die Kreide (Laramie) zurückreichen. Der Schluss, dass die Helieiden in Süd- amerika Glieder jener großen Einwanderung sind, die von Norden her erfolgte, nachdem die von jeher getrennten beiden Amerika zu Ende des Miocän in Verbindung traten, wenn auch noch nicht über Panama, sondern zunächst über Yucatan und die Antillen, darf daher als ein mit allen zoogeographischen und paläontologischen Beobachtungen in Einklang stehender bezeichnet werden. Viel schwieriger gestaltet sich das Verhältnis hinsichtlich der nearktischen Fauna. Hier fällt uns die Thatsache auf, dass westlich der Rocky Mountains echte Heliciden vorkommen, den europäischen Arionten nahestehend und die Sektionen Lysino& und Aglaia bildend, während östlich des Felsengebirges keine unzweifelhafte Helicide lebt, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 495 von einigen importirten Arten abgesehen. Ob Neohelix, zu welcher Gattung alle Heliciformen der östlichen Theile Nordamerikas gehören, wirklich zu den Heliciden gehört, bleibt noch zu entscheiden. Jeden- falls haben sich diese dann metabelogonen Helieiden weit von ihren Stammformen entfernt und eine eigenartige Ausbildung gewonnen in langer Zeit der Isolirung. Ursprünglich, also noch in der neuerdings als oberste Kreide selbst von Wnıre erkannten Laramieformation, bil- deten die pacifischen Staaten der Union mit dem Mississippigebiete eine einheitliche Region. In ihr gab es zu Ende der Kreide und Beginn der Eocänformation Vertreter der Genera Strobila, Neohelix — und zwar Triodopsis — sowie Aglaia und Lysinoe. Diese letzteren beiden Unter- gattungen sind also erst tertiär im östlichen Gebiete der Union ausge- storben, während sie sich westlich der Felsengebirge erhielten. Die während der Tertiärformation sich vollziehende Erhebung der Felsen- ‚gebirge trennte dann beide zoogeographische Subregionen, so dass ein weiterer Austausch der Arten nicht mehr erfolgen konnte. Der Zu- wachs, den gleichwohl auch die östlichen Unionsstaaten in ihrer Nephropneustenfauna noch erhielten, ist ihnen daher von Süden ge- kommen. In den miocänen Schichten von Florida traf Darı Polygyra und Vertreter von Thelidomus und Polymita, also jene oxygnathen Para- helix, die heute für die Antillenfauna charakteristisch sind. Wesent- lichen Einfluss hat diese über Florida, das wohl tertiär mit den Antillen zusammenhing, erfolgte Einwanderung auf die Nephropneustenfauna Nordamerikas nicht gewonnen, denn die einzige oxygnathe Parahelix der Unionsstaaten ist ein Hemitrochus in Florida. Diese westindischen Parahelix schließen sich nicht der entsprechenden gleichalterigen euro- päischen Fauna, sondern der europäischen eocänen Fauna an, die hin- sichtlich der Nephropneusten sehr viel Abweichung von jener der Vereinigten Staaten darbietet. Während Europa in der Eocänzeit eine rein tropische von seiner heutigen total differente Nephropneustenfauna besaß, lassen sich in Nordamerika, wie für die dortige Süßwasserfauna, so auch für die Landschnecken in der Hauptsache die Charaktere der heutigen Fauna bis in die Kreide zurückverfolgen. Zur Erklärung dieser Verhältnisse, sowie vor Allem der Beziehung der amerikanischen Mioeänflora zur tertiären europäischen Flora haben Uneer u. A. die Theorie aufgestellt, dass eine miocäne Landbrücke, die Atlantis, Europa und Nordamerika, vermuthlich über die Azoren hin, verbunden habe und für die Binnen-Mollusken hat namentlich Koserr diese Theorie vertheidigt. Ich selbst habe nachgewiesen, dass eine in- nige Verwandtschaft der Süßwasserfaunen des östlichen Südamerikas mit jener Afrikas besteht, und dass diese nur durch eine mesozoische 496 H. von Ihering, Landverbindung erklärbar ist, die sich auch eocän noch erhielt, und ohne welche auch die Beziehungen der alttertiären Säugethiere Süd- amerikas zur europäischen und nicht zur nordamerikanischen Eoeänfauna unverständlich blieben. Von dieser Brücke, die ich von nun an im Ge- gensatze zur Atlantis als Helenis bezeichnen werde, da ich St. Helena für einen Rest derselben halte, ist also die miocäne europäisch-west- indische Atlantis ganz verschieden. Die Antillen schließen sich fau- nistisch näher an Mexiko und das nördliche Gentralamerika an, wenn auch die pliocäne Landverbindung mit Südamerika einen Austausch der Faunen bedingte. Es ist nun sehr unwahrscheinlich, dass zwei solche parallele Brücken in der Tertiärzeit bestanden haben sollten, und man- cherlei zoogeographische Thatsachen weisen darauf hin, dass der Aus- tausch über Asien erfolgte. Die Campylaeen sind nicht die einzigen amerikanischen Nephro- pneusten, die gen Westen deuten. Auch die Arioniden sind Kalifornien und der paläarktischen Region gemein, fehlen aber in den östlichen Staaten der Union. Eben so giebt es in den pacifischen Staaten Astacus wie in der paläarktischen Region, während in den Oststaaten der Union kein einziger Astacus lebt, sondern zahlreiche CGambarus. Wahrschein- lich sind daher die Astaci erst nach Kalifornien gelangt als schon die Wasserscheide die pacifischen Staaten von den atlantischen trennte. Auch die Süßwasserfische sprechen für einstige nahe Beziehungen zwischen Nordamerika und Asien, und das scheint bei Berücksichtigung der fos- silen Reste von Süßwasserfischen noch mehr hervorzutreten, da eben auf solche in Idaho gemachte Funde hin Core die Meinung einer einsti- gen ausgedehnten Landverbindung zwischen Amerika und Asien aus- sprach, auf welcher dann ja auch über Mexiko hin Gattungen der alten Welt nach Westindien gelangen konnten. In Europa sind alle Heliecidengattungen vertreten mit Ausnahme von Cochlostyla mit Chloraea u. a. Sektionen und diese sind eocän dort nachgewiesen. Es ist daher leicht möglich, dass diese jetzt für Ostasien charakteristischen Gattungen ihren Ursprung in Europa hatten und erst in der Tertiärzeit nach Osten vordrangen. Wären sie in Ostasien von Alters her heimisch, so würden sie wohl auch in Amerika nicht fehlen. Alle ostasiatischen Helieiden gruppiren sich um Fruticicola, von welcher Gattung wir sowohl Dorcasia wie Cochlostyla abzuleiten haben. Es er- giebt sich daher, allgemein gesprochen, das Resultat, dass die Heliciden vorzugsweise in der paläarktischen Region entwickelt, in Amerika durch Campylaeen und in Ostasien durch Frutieicolen und deren Verwandte repräsentirt sind. Aus den weiter zu erwartenden Daten über die geo- graphische Verbreitung der Heliciden werden sich wichtige Schluss- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II, 497 folgerungen ableiten lassen über den Zeitpunkt, in den die Entstehung und Verbreitung der einzelnen Gattungen fällt. Wenn aber schon eocän und in der Kreide in Nordamerika wie Europa mancherlei Heliciden existirten, so muss die Differenzirung jener kleineren Helieiden, aus denen Fruticicola, Xerophila etc. hervorgingen, schon in eine sehr viel frühere Epoche fallen als man es nach den bisherigen Funden voraus- zusetzen berechtigt ist. Freilich handelt es sich in diesen Vorläufern der Helieiden offenbar um kleine zarte Schnecken, deren Erhaltung ohne- hin besonders günstige Bedingungen voraussetzt. IV. Bemerkungen zur Phylogenie der Nephropneusten. Hinsichtlich der Verwandtschaftsbeziehungen der Nephropneusten stehen einander zwei Ansichten gegenüber. Die ältere auf Guvier zu- rückgehende betrachtet Heliceen und Limnaeiden als Glieder einer na- türlichen Ordnung, der Pulmonata, welche dem entsprechend in Pul- monata stylommatophöra und Pulmonata basommatophora eingetheilt wird. Im Gegensatze dazu erklärte ich beide Gruppen von Lungenschnecken für nicht direkt unter einander verwandt, da die Lim- naeiden nahe Beziehungen zu den Tectibranchien aufweisen, aber die Heliceen etc. durch Vaginulus und Peronia mit den Nudibranchien in Beziehung treten. So nannte ich die ersteren, deren Lunge eine um- gewandelte Kiemenhöhle ist, Branchiopneusten, dieanderen, deren Lunge einer mit der Niere in Verbindung stehenden Ektoderm-Einstül-. pung ihre Entstehung verdankt, Nephropneusten. Dass diese Ansichten hinsichtlich der Branchiopneusten richtigsind, scheint daraus hervorzugehen, dass sie keinerlei Widerspruch fanden. In der That existirt auch bei Ancylus noch die Kieme. Strittig ist nur die Frage nach der Herkunft der Nephropneusten. Ich muss hier auf die betreffenden Arbeiten von mir, Semrer und BERGH verweisen, um Wiederholungen zu vermeiden. Hier möchte ich nur die Frage prüfen, welche Anhaltspunkte sich innerhalb der Nephropneusten gewinnen lassen, um zu beurtheilen, welche Formen höher oder tiefer stehen. Noch bis in die letzte Zeit hat allen von mir vorgebrachten Argumenten gegenüber Bern an seiner Meinung festgehalten, dass Peronia nicht eine der tiefer stehenden Nephropneusten sei, welche den Anschluss an marine Opisthobranchien vermittle, sondern eine rückgebildete Nephropneuste. Da ich mancherlei neue Momente in die Betrachtung einführen kann, so sollen im Folgenden die verschiedenen Organsysteme durchbesprochen werden. Dass danach noch Zweifel über die Entwicklungsrichtung in- nerhalb der Nephropneusten bleiben sollten, ist wenig wahrscheinlich. 498 H. von Ihering, 1. Mantel und Fuß. Wenn man einen Limax mit einer Helix vergleicht, so bleibt über den homologen Theil kein Zweifel. Der Mantelrand von Helix entspricht genau dem Rande des Mantelschildes von Limax. Der Mantelrand wird von Visceralnerven innervirt, er umschließt den Theil des Körpers, in welchem Lunge, Niere und Herz liegen, und ist überragt von der Schale, welche bei Helix frei liegt, bei Limax von den Mantelrändern über- wachsen ist. An der Grenze des Mantelrandes liegen rechts Athemloch und After. In dem Raume zwischen Mantelrand und Fußsohle liegt vorn die Genitalöffnung. Ganz eben so liegen die Verhältnisse bei Philomyeus, nur ist der Mantelrand bis fast an den Rand der Fußsohle ausgedehnt. Die seitlichen Körpertheile, in denen auch hier vorn die Genitalöffnung liegt, sind dem entsprechend sehr reducirt. Bei Vaginulus bedeckt eben- falls der Mantel den ganzen Körper, aber die Region zwischen Mantel- rand und Fußsohle ist stärker entwickelt, jedoch ganz der unteren Kör- . perfläche angehörig. Diese Region zwischen dem Rande der Fußsohle und dem Mantelrande werde ich Subpallium nennen. In ihm liegt in der Mitte bei Vaginulus die weibliche, vorn die männliche Genital- öffnung, sowie hinten die Kloakenöffnung, in welcher After und Lunge münden. Fast eben so ist es bei Peronia, wo aber auch die weibliche Genitalöffnung ganz hinten liegt und von ihr aus eine nur rechts vor- handene Flimmerrinne bis zur Gegend des Penis führt, welcher ganz vorn liegt. Wir können hieraus schließen, dass alle die bezeichneten Öffnungen ursprünglich dem Subpallium angehören, und dass die Lage- rung von Athemloch und After im Mantelrande einen sekundären Zu- stand darstellt. Darauf weist auch der Umstand hin, dass in der Regel an dieser Stelle der Mantelrand eingeschnitten ist, und embryologisch wird sich wohl nachweisen lassen, dass After und Athemloch dem Sub- pallium und nicht dem Mantel angehören. So übereinstimmend nun scheinbar Limax oder Arion u. A. mit Philomyeus sind, so dass man glauben könnte, nur ein relativer Unter- schied in der Größe des Mantels liege vor, so wesentliche Differenzen weist die anatomische Untersuchung nach. Bei Arion wie bei Limaxetc. enthält der Mantelschild eine Schalenhöhle, in welcher das Rudiment der Schale nachweisbar ist, sei es als spiralige Schale, als Kalkplatte oder in äußerster Reduktion als krümelige Kalkmasse bei Arion. Aber bei den drei Familien, deren Repräsentanten Peronia, Vaginulus, Philomyeus sind, fehlt eine solche Schalenhöhle. Es ist das ein enor- mer Unterschied, der wohl zu beachten. Für die Nacktschnecken der ersteren Gruppe beweist er uns, dass sie von schalentragenden Nephro- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 499 pneusten abstammen und wir können bei Suceineiden, Naniniden, Arioniden, Bulimuliden etc. kurz in den verschiedensten Gruppen des Systems den Übergang von schalentragenden in nackte Formen Schritt für Schritt verfolgen. Ganz anders bei den genannten drei anderen Fa- milien, die ich ihres großen den ganzen Rücken deckenden Mantels halber als Meganotazusammenfasse und den anderen Nephropneusten oder Mikronota gegenüber stelle, denn bei ihnen ist keine Spur einer Schalenhöhle vorhanden. Bei Peronia kommt eine Larvenschale vor, bei Vaginulus nicht. Diese Larvenschale beweist dem, der logisch den- ken kann und will, nur, dass die Vorfahren der Peroniaden auch eine Larvenschale besaßen, wie bei den Nudibranchien, keineswegs aber, dass Nudibranchien und Peronien von schalentragenden Gattungen ab- stammen. Wenn die Mollusken von Würmern abstammen, so muss die Schale einmal zuerst aufgetreten sein und das als Larvenorgan, welches dann bei einem Theile derselben nur als solches sich erhielt, bei an- deren ins Leben des erwachsenen Thieres überging. In der allgemeinen Form besteht zwischen Peronia und vielen an- deren marinen Opisthobranchien die größte Ähnlichkeit. Bei Doris z. B. bedeckt auch der Mantel den ganzen Rücken, im Subpallium liegt die Genitalöffnung, nur die Lage des Afters und der Nierenpore ist eine andere, nämlich auf dem Rücken selbst. Allein bei anderen Nudibran- chien wie bei Fryeria unter den Phyllidien oder bei den Gorambiden ist die Lage von After und Niere am Hinterrande des Körpers im Sub- pallium genau die gleiche wie bei Peronia jene von After und Athem- loch. Wir sehen somit, dass in der allgemeinen Körperform und in Bezug auf Schale und Mantel Peronia sich nicht von anderen nackten und opisthobranchen Meeresschnecken entfernt. Sie im Sinne wie Limax, Arion etc. für eine nackt gewordene Nephropneuste auszuge- ben, geht der oben angegebenen Differenzen halber nicht an, will man aber doch in ihr eine von schalentragenden mit Kiemenhöhle versehe- nen Schnecken abstammende Nacktschnecke sehen, so müssen dafür irgend welche Beweise erbracht werden. Es wird daher unsere Auf- gabe sein, vergleichend anatomisch die Stellung der Meganoten zu den anderen Nephropneusten wie zu Nudibranchien und Branchiopneusten ete. zu untersuchen. Verfolgen wir daher zunächst die Verhältnisse von Subpallium und Fuß weiter. Für diejenigen, welche an eine einheitliche Ordnung der Pulmonaten glauben, muss die Fußsohle beider Gruppen homolog sein und doch ergiebt sich, dass auch hier Verschiedenheiten bestehen, welche nur durch Vergleich mit den Meganoten verständlich werden. Bei Vaginulus ist das Subpallium eine einheitliche nicht weiter geglie- 500 H. von Ihering, derte Fläche zwischen Fußsohle und Mantelrand. Bei Peronia eben so, doch giebt Bınney (l. c. p. 178) für Onchidella borealis an, dass ein Theil des Mantels saumartig auf die Ventralfläche umgeschlagen ist, was in Verbindung mit dem schmalen Subpallium der Unterfläche ein dreitheiliges Aussehen verleihe. Bei der an anderer Stelle abgebildeten Onchidella Carpenteri zeichnet er das Subpallium als breiten abgesetz- ten Saum zwischen Mantelumschlag und Fußsohle. Die Verhältnisse der Micronoten knüpfen natürlich nicht unmittelbar an jene von On- chidella an, aber auch bei ihnen hat das Subpallium mancherlei Modi- fikationen erlitten. Bei Limax z. B. zerfällt das Subpallium in zwei Theile, einen ventralen und einen pleuralen. Letzterer bildet die Sei- tentheile von Fuß und Körper sowie den Fußrücken, während jener in die Bildung der Fußsohle eingeht. Bei Limax maximus z. B. sieht man leicht, dass von den drei Längsfeldern der Fußsohle die beiden seit- lichen dunkel pigmentirt sind, wie die pleuralen Theile des Subpallium, mit dem sie auch sonst in Struktur übereinstimmen. Nur das Mittel- feld der dreitheiligen Fußsohle von Limax, Vitrina ete. entspricht der Fußsohle von Peronia, Vaginulus, Doris oder Limnaea, die Seitentheile gehören dem Subpallium an. Der klarste Beweis dafür ist, dass beim Kriechen die Seitenfelder unthätig bleiben; die beim Kriechen entste- - henden lokomotorischen Wellen sind auf das Mittelfeld, den locomotive disk von Bınney, beschränkt. Und eben so steht es auch nach SmmroTH bei Helix. Ich verweise hier auf die guten von Sımrora gegebenen Ab- bildungen wie auf die mancherlei dieses Thema behandelnden Arbeiten desselben Autors. Bei einigen Helixarten scheinen zwar die lokomoto- rischen Wellen im vordersten Theil der Fußsohle auf die Seitentheile überzugreifen, die Regel ist es nicht. Es ist mit anderen Worten bei den Arten, bei welchen keine Dreitheilung der Fußsohle existirt, den- noch funktionell diese Dreitheilung noch erhalten. Ich gebe in Fig. 5 die Abbildung der Fußsohle eines kriechenden Bulimulus papyraceus. Bei dieser Art ist die Fußsohle einheitlich, nicht in Längsfelder getheilt, welche aber beim Kriechen dennoch klar hervortreten, indem nur das Mittelfeld arbeitet, die unthätigen Seitenfelder aber mitgeschleift wer- den. Hiernach kann es nicht überraschen, wenn wir innerhalb ein und derselben Familie Gattungen mit scharf getrennten Längsfeldern an- treffen und andere mit einfacher Fußsohle oder solche, wo zwar die Längstheilung noch erkenntlich ist, aber die trennenden Längsfurchen fehlen. Es ist danach klar, dass die Fußsohle der Branchiopneusten nicht jener der Heliceen homolog ist, sondern nur deren Mittelfeld. Anderer- seits aber dürfte es unmöglich sein, für diese Verhältnisse der Dreithei- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 501 lung der Fußsohle eine andere befriedigende Erklärung zu geben, als die, welche ich hier vom Subpallium ausgehend gab. Ob die das Mit- telfeld abgrenzende Furche sich erhält oder verstreicht, kann für die Systematik nicht erheblich in Betracht kommen. Fehlt doch nach Bınnry sogar schon bei Tebennophorus diese Furche. Jedenfalls aber sind, wenn diese Darlegungen richtig sind, die Peroniaden und Vaginuliden auf einer primitiveren Stufe stehen geblieben, welche unmittelbar zu den Verhältnissen der Nudibranchien hinüberleitet. Noch in einer anderen Hinsicht bietet der Fuß von Vaginulus inter- essante Besonderheiten, in der Innervirung. Das Subpallium wird bei den Mieronoten vom Fußganglion innervirt, aber bei Vaginulus, ver- muthlich allen Macronoten, vom Visceralganglion. Bei Vaginulus tuber- eulatus v. Mart. muss ich die früher gemachten Angaben gegen SEMPER aufrecht erhalten. Srmrer giebt ein Strickleiternervensystem an von Ganglien, die in Abständen von !/,—!/; mm folgen. Wie stark muss nun ein Nerv sein, an dem in !/; mm Abstand folgende durch Quer- kommissuren verbundene Ganglien noch gesondert als Ganglien sicht- bar sind. Offenbar ist Semper durch Querschnittsbilder kleinerer Fuß- nerven getäuscht worden. So wenig wie BercH für Peronia kann ich für Vaginulus Semrer’s Angaben bestätigen. Die Sache ist folgende. Vom Pedalganglion geht außer einigen kleineren vorderen ein sehr großer dicker Nervenstamm aus, welcher auf der Fußsohle, also von der Lei- beshöhle aus sichtbar, nach hinten verläuft ohne Querkommissuren ab- zugeben. Dicht neben ihm zieht ein starker Pallialnerv hin, der jeder- seits vom seitlichen Visceralganglion kommt. Dieser Pallialnerv nun verläuft dicht am großen Pedalnerven und einzelne Nerven erhalten Äste sowohl von ihm als vom Pedalnerv. Die Zweige der Pedalnerven vertheilen sich in der Fußsohle, jene des Pallialnerven gehen zum Sub- pallium und weiter in den Mantel. Von diesen Zweigen nun gehen, ehe sie an die Grenze von Fußsohle und Subpallium kommen, schon einige feine Ästehen zur Fußsohle, in welche sie in feinste Zweige sich auf- lösend eintreten. Im Gegensatze dazu nun wird bei Helix, Limax ete. nicht nur der ventrale, sondern auch der pleurale Theil des Subpallium vom Pedal- ganglion aus versorgt. Es mögen immerhin auch noch einzelne feine Visceralnerven an der Innervirung des Subpallium zumal des Fuß- rückens Theil nehmen, die Hauptmasse der Nerven kommt vom Pedal- ganglion. Im Allgemeinen versorgen bei den Nudibranchien die Pedal- ganglien nur die Fußsohle, doch fand Hrrpmann! auch Abweichungen. ı! W.A. Heromann and J. A. Crusg, On the innervation of the epipodial pro- cesses of some Nudibranchiate Mollusca. Brit, Associat. Report Cardiff. 1894 sowie 502 | H. von Ihering, Immer muss man bedenken, dass ein Nerv kein Pedant und Theoreti- ker ist, sondern sein Verbreitungsgebiet ausdehnen oder in Konkurrenz mit neu hinzukommenden völlig verlieren kann, allein hier bei den Nephropneusten scheint mir für die Erklärung der eben hervorgehobe- nen Differenzen nur die Annahme zutreffend, dass in den Fußnerven der Micronoten der subpalliale Visceralnerv der Vaginuliden mit darin steckt, dass mit anderen Worten die bei Vaginulus eingeleitete Ver- schmelzung beider Nerven durchgeführt ist. Natürlich ist dann der Ursprung des Subpallialnerven vom visceralen auf das pedale Ganglion herabgesunken. Dass solche Verschiebungen auch in anderen Gruppen vorkommen, wird aus der Darstellung des Nervensystems der Limnaei- den von LacAze-Durtuiers wahrscheinlich, wie auch die Nerven des Sub- pallium aus dem pedalen Ganglion kommen, aber so nahe dem Connec- tiv, dass auch da der Übertritt von visceralen Nerven auf das pedale Ganglion wahrscheinlich ist. Diese Verhältnisse sollten einmal im Zu- sammenhange vergleichend untersucht werden. 2. Lunge und Niere, Dass die Lunge der Branchiopneusten morphologisch eine Kiemen- höhle ist, geht aus der Existenz der Kieme bei den Ancyliden hervor, und wird aus der sonstigen Übereinstimmung mit den Tectibranchien erwiesen. Dass es nahe liegt, die so ähnlichen Verhältnisse der Heliceen in gleicher Weise zu deuten, ist begreiflich, und doch ein Missgriff, der eine Ignorirung der wichtigsten Thatsachen der vergleichenden Anato- mie zur Voraussetzung hat. Wenn schon die Fußsohle der Heliceen etc. nicht jener der Limnaen entspricht, und wenn weiterhin der Genital- apparat u. a. Organe zu dem gleichen Resultate führen, so ist es doch klar, dass es höchstens um gemeinsamen Ursprung beider Gruppen sich handeln kann und dass man daher nicht die Endglieder beider Reihen einander vergleichen darf. Thut man dies und zieht statt der Heliceen die primitiveren Meganoten heran, so verschwindet die Ähnlichkeit mehr und mehr und werden ganz andere Verwandtschaftsbeziehungen klar. Dies zeigt eben auch wieder die Lunge. Bei den Meganoten bietet die Lunge ganz abweichende Verhält- nisse. Bei Peronia und Vaginulus liegt die Lunge in der Körperwand eingebettet, bei den Philomyeiden liegt sie als ein glatter dünnhäutiger kleiner Sack zwischen Mantel und Eingeweidemasse. Bei ersteren bei- den öffnet sich die Niere mit ihrer Pore in die Lunge, bei Philomyeus 1ll. Repori on the Nudibranchiate. Liverpool 4890. p. 447. Ich muss mit PELSENEER die Homologisirung dieser höchstens analogen Bildungen bei so verschiedenartigen Thiergruppen als unzulässig zurückweisen. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 503 mündet die Niere am Athemloche direkt nach außen. Ein Ureter fehlt, sofern man nicht mit Braun und Bruwme! das verjüngte Endstück der Niere so nennen will. Es scheint mir das nicht praktisch, denn die Nierenpore bei Philomycus und Vallonia etc. ist durchaus jener von Borus etc. homolog. Auch existirt nach Beume kein morphologischer Gegensatz zwischen Niere und primärem Ureter, da beide in einander übergehen. Es wird daher besser sein den Gegensatz von primärem und sekundärem Ureter fallen zu lassen und nach wie vor den Ureter von Helix pomatia etc. schlechthin Ureter zu nennen. Dass dieser Ure- ter eine sekundäre innerhalb der Nephropneusten auftretende Bildung ist, habe ich für südamerikanische, Braun und Benme für europäische Nephropneusten erwiesen. Es hat sich dabei nur das Missverständnis ergeben, dass Brume meinte, die Arten ohne sekundären Ureter würden nach meiner Auffassung unter die Branchiopneusten fallen, was nicht der Fall ist, da ja die Ähnlichkeit in der Nierenmündung beide so scharf getrennte Gruppen nicht zur Verschmelzung bringt. Merkwürdig ist es, dass wir unter den eines Ureters entbehrenden Gattungen zwei Grup- pen haben, solche wo die Nierenpore nahe am Athemloch mündet und andere, wo sie in der Tiefe der Lungenhöhle sich öffnet. Zu ersteren gehören Buliminus, Pupa etc., und von den von mir untersuchten Gat- tungen Philomycus, zu letzteren Vaginulus, Borus u. A., während bei Frutieicola und Campylaea der Ureter fast in ganzer Länge offen ist. Für meine Auffassung der Lunge als einer an der Ausmündungs- stelle der Niere entstehende blindsackförmige Einsenkung spricht die Entwicklung, die den einheitlichen Ursprung von Niere und Lunge nachwies (Beume). Leider fehlt eine entsprechende Untersuchung bei Limnaea, so dass nicht klar ist, ob die Entwicklung der Lunge in bei- den ähnlich verläuft. Auch bei den Branchiopneusten ist ja die Kiemen- höhle nichts Anderes als eine Einsenkung. Wie wir deren Entstehung bei den Nephropneusten uns zu denken haben, steht nicht fest, da alle weiter als Peronia zurückliegenden Stadien fehlen. Ich dachte mir früher, es handele sich um eine Erweiterung des Endtheiles der Niere, wofür ja auch die embryologischen Verhältnisse angeführt werden könnten, allein anatomisch lässt sich dies nicht begründen, und handelt 1 Ta. BEune, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Harn- apparates der Lungenschnecken. Inaug.-Diss. Rostock (unter Braun). Berlin 1889, sowie BrAun, Über den Harnleiter bei Helix. Nachr.-Bl. d. d. malak. Ges. 1888. p. 129—433. In der Arbeit von BEune ist die geringe Bekanntschaft mit der Syste- matik störend. So z. B, rechnet er Stenogyra decollata L. zu Buliminus, wodurch dann Buliminus bald einen sekundären Harnleiter hat, bald nicht, während er in Wahrheit allen untersuchten Arten fehlt. 504 H. von Ihering, es sich somit um eine Ektodermeinsenkung, welche entweder die E Nierenpore in die Tiefe dieser Einstülpung verlegt, oder sich zur Seite derselben als Blindsack ausbildet. Es scheint mir, als ob man nur so die merkwürdigen Differenzen in der Lage der Nierenpore verstehen könne, wie sie durch mich, Braun und BEHMmE nachgewiesen sind. Fehlt uns somit beim Mangel der Zwischenglieder zwischen Peronia und den Nudibranchien die Möglichkeit vergleichend-anatomisch diese Fragen völlig klar zu legen, so bietet doch was bekannt ist für die An- nahme einer Ordnung der Pulmonaten keinerlei Stütze. Der Ureter der Nephropneusten ist eine innerhalb derselben auftretende Erwer- bung, welche bei den Meganoten noch ganz fehlt. Ein Theil der Mieronoten knüpft unmittelbar an Philomycus an, während bei den übrigen die Nierenpore tiefer eingesenkt ist und dann weiterhin mit Nebenniere und Ureter ausgestattet wird. Einer Kiemenhöhle ähn- licher wird aber bei den Meganoten die Lunge absolut nicht, noch auch sind Spuren einer Kieme nachweisbar. Im Gegentheil liegt die That- sache vor, dass die amphibische marine Gattung Peronia unter Wasser eine Hautathmung einleitet, die Kiemenhöhle aber schließt. Ist dies auch kein Gegenbeweis, so fehlt eben doch auch jegliches Moment, welches entweder Peronia mit den Branchiopneusten oder mit schalen- tragenden Nephropneusten in nähere Beziehungen brächte. Vielleicht wird uns in dieser Richtung die Embryologie von Buliminus, Pupa, Peronia etc. weiter helfen, im Übrigen aber hängt, da die maßgebenden Zwischenformen in der Lebewelt fehlen, offenbar Alles davon ab, mit welchen anderen Gruppen der Ichnopoden die Nephropneusten die nächsten Beziehungen erkennen lassen. 3. Nervensystem und Muskulatur. Das Nervensystem der Branchiopneusten stimmt mit jenem der Tectibranchien überein, selbst in unwesentlichen Punkten, wie der Parapedalkommissur, welche bei Nephropneusten und Nudibranchien fehlt. Auch das an der Kiemenbasis gelegene Sinnesorgan der Tecti- branchien findet sich als Lacaze-Duruisrs’sches Organ am Athemloch der Branchiopneusten wieder, fehlt aber den Nephropneusten, weil eben ihre Lunge nicht eine umgewandelte Kiemenhöhle ist. Bei den Nephropneusten bietet das Nervensystem der Mikronoten wenig Variationen, dasjenige aber der Meganoten! ist einigermaßen abweichend und vermittelt den Übergang zu den bei Nudibranchien bestehenden Verhältnissen. Es findet sich nämlich an der Visceral- 1 cf. H. v. Inerıng, Sur les relations etc. p. 223. Morphologie ınd Systematik des Genitalapparates von Helix, Il, 505 kommissur nur ein einziges Deuterovisceralganglion, das Protovisceral- ganglion ist als solches erhalten, indem es Nerven abgiebt und nicht zum Kommissuralganglion umgestaltet ist, die Pedalganglien berühren sich nicht in der Mittellinie, und die cerebropedalen und cerebrovisce- ralen Connective fehlen als äußerlich wohl unterscheidbare Gebilde, sind also ganz kurz. Es ist daher klar, dass die Meganoten ihrem Nervensystem nach eine tiefere Entwicklungsstufe repräsentiren als die Micronoten, und dass sie eben dadurch den marinen Ichnopoden sich nähern. Dieselbe Erscheinung, dass nämlich die Meganoten den Übergang von den höheren Nephropneusten zu den marinen Ichnopoden ver- mitteln, treffen wir in der Muskulatur. Bei allen höheren Nephro- pneusten besteht die Muskulatur aus drei zu einem Spindelmuskel vereinigten Muskeln, einem Buccalretraktor und je einem Retraktor der Fühler, welcher auch Äste zur Fußsohle abgiebt. Der Retraktor der Mundmasse zeichnet sich dadurch aus, dass er durch den Schlund- ring hindurchtritt, oder doch so von hinten her an die Mundmasse tritt, dass der etwa lospräparirte und etwas nach hinten geschobene Schlundring Ösophagus und Buccalretraktor umfasst. Es ist das ein meines Wissens fast nirgends außer bei Nephropneusten zu beob- achtendes Verhältnis. Die kurzen Pro- und Retraktoren der marinen Ichnopoden inseriren sich vor dem Schlundring, treten nie durch letz- teren durch. Eben so ist es bei den Branchiopneusten. Die meganoten Nephropneusten nehmen nun auch hierin eine Zwischenstellung ein. Philomyeus hat alle drei Muskeln, aber isolirt von der Körperwand ab- tretend. Der Retraktor der Mundmasse besteht aus zwei gesonderten Muskeln, die nur nahe vor, aber nicht bei ihrer Insertion an der Mund- masse eine kurze Strecke weit sich vereinen. Bei Peronia und Vagi- nulus finden sich nur die beiden seitlichen Retraktoren, welche sich von der Muskulatur der Fußsohle ablösen. Ein Buccalretraktor fehlt. Die Tentakelretraktoren geben Bündel an beide Fühler ab, welche letztere retraktil sind, d. h. in toto eingezogen, nicht aber invaginirt werden können, wie jene der Heliceen. Die Besonderheiten in der Muskulatur der Nephropneusten sind daher innerhalb derselben erworben, und die Meganoten nehmen auch hierin eine tiefere, den Übergang zu marinen Ichnopoden vermittelnde Stellung ein. Eine schwierige Frage, bezüglich deren ich auf das im ersten Ab- schnitte Bemerkte verweise, bildet die Homologie der Penisretraktoren. Wenn der Penis von Vaginulus jenem der höheren Nephropneusten homolog ist, so wird es wohl auch dessen Retraktor sein, der dann wie bei Hyalina, Arion, Xerophila u. A. nach außen vom rechten Fühler- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 33 506 H. von Ihering, retraktor liegt. Wie aber haben wir es uns zu erklären, dass in einigen Fällen der Penisretraktor vom Fühlerretraktor entspringt, und dass er bei den Heliceen u. A. nach links vom rechten Fühlerretraktor sich an die Decke der Leibeshöhle inserirt. In dieser Hinsicht ist eine Beob- achtung wichtig, die ich bei Philomycus (l. c. p. 8) machte, wo der Penisretraktor vom linken Fühlermuskel entspringt. Man kann sich nun vorstellen, dass dieser columellare Penisretraktor sich weiterhin vom Spindelmuskel ablöst und somit selbständig vom Epiphragma zwischen beiden Fühlerretraktoren entspringt. Jedenfalls haben wir oben gesehen, dass der pleurale, columellare und epiphragmatische Penisretraktor verschiedenartige Muskeln sind, die man nicht fernerhin confundiren darf, und von denen die letzteren beiden den Nephro- pneusten eigenthümlich und erst von ihnen erworben sind. 4. Der Darmtractus. Der Kiefer variürt sehr erheblich bei den Nephropneusten. Bei allen aber sind die kleinen Elemente, aus denen er besteht, innig ver- schmolzen, nie finden sich isolirte Stäbchen oder ähnliche Elemente, wie bei den Tectibranchien oder einem Theile der Branchiopneusten (Ancylus und Chilina). Als Ausgangspunkt für alle Kieferformen der Nephropneusten dürfte ein mit rippenartigen Platten perpendikulär besetzter Kiefer gelten, wie ihn Vaginulus hat. Ich gebe hier (Fig. 21) in Kopie nach Suter! den interessanten Kiefer von Amphidoxa Fere- dayi Suter. Er hatte die Rippen als scharf abgesetzte Plättchen auf einer feinen membranösen Chitinunterlage, und nach hinten einen Fort- satz, welcher der quadratischen Platte von Succeinea homolog ist. Nun hat Wıscmann (l. c. 1886, p. 90) die interessante Beobachtung gemacht, dass der Kiefer von Succinea beim Embryo aus Platten besteht, also dem Amphidoxakiefer entspricht. Ähnliche Beobachtungen sind auch für die übrigen Nephropneusten dringend erforderlich, zumal für Zoni- tiden etc., denn der glatte Kiefer, der oxygnathe, ist offenbar eben so wie der gleichfalls glatte der Elasmognathen, aus einem gerippten her- vorgegangen. Diese ursprüngliche Rippung des Kiefers ist aber bei den primitiveren Heliciden obsolet geworden, und erst bei den mehr modifieirten höheren und größeren Arten treten aufs Neue Rippen auf, indem die einzelnen flachen an einander stoßenden Stückchen des aulacognathen Kiefers sich schärfer abheben und von einander ent- fernen. Andererseits kann das Amphidoxa2-Stadium auch direkt zum i H. Suter, Descriptions of new species of New Zealand Land and freshwater Shells. Transact. of the N. Zealand Institute. 4890. p. 94. Pl. XVII, Fig. 40 O. 2 Einen ganz übereinstimmenden Kiefer bildet Bınxev, III. Suppl., 41890, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 507 goniognathen Kiefer führen, wenn nämlich die einzelnen Plättchen sich noch mehr von der Unterlage abheben, so dass diese nur als ein dünnes Band die einzelnen in der Mitte oft winkelig zusammenstoßenden und dann dachziegelförmig sich deckenden Plättchen verbindet; nie aber fehlt diese Basalmembran. Trägt man nur diesen Modifikationen Rech- nung, so kann der Kiefer immerhin als ein werthvolles Hilfsmittel bei der Klassifikation verwandt werden. Sein Fehlen bei den Agnathen kann nur ein sekundäres sein, das wird wohl die Entwicklungsge- schichte noch lehren. Die Radula hat nur eine sehr beschränkte Bedeutung für die Er- kenntnis der einzelnen größeren natürlichen Gruppen der Nephro- pneusten, weil eben der Grundtypus bei allen der gleiche ist. Dieser Typus ist ein dreispitziger Mittelzahn und dreispitzige Seitenzähne. Während aber der Mittelzahn nur selten klein oder obsolet wird, und seine dreispitzige Form treu bewahrt, erleiden die Seitenzähne mancher- lei Modifikationen. Am konstantesten ist die mittlere der drei Zahn- spitzen, der Mesodont, nächst ihm die äußere Spitze oder Ektodont. Dagegen schwindet oftmals der Entodont. Bei vielen Helieiden fehlt den ersten oder lateralen Seitenzähnen der Entodont, tritt aber weiter- hin nahe der Spitze des Mesodonten wieder auf, so dass scheinbar der Mesodont zweispitzig resp. gespalten erscheint. Bei den Zonitiden fehlt meistens der Entodont ganz und der Ektodont rückt entweder an die Zahnspitze neben den Mesodonten, so dass die Zähne zweispitzig wer- den, oder er rückt allmählich weiter von der Spitze des Mesodonten ab und verschwindet, so dass die Randzähne einspitzig sind. Mancher- lei Differenzen finden sich in der Größe der Mesodonten nicht selten innerhalb einer Gattung, wie denn auch öfters Differenzen in der Radula, die man für generische zu halten geneigt ist, zwischen Arten einer Gattung auftreten, die nach Schale und Anatomie einander nahe stehen. Die Radula kann daher in der Regel nicht zur Trennung der Genera, oft, wie bei den Heliciden, auch nicht zur Charakterisirung der Familie Verwendung finden. Dagegen liefert die Radula doch wichtige Anhaltspunkte zur Tren- nung größerer natürlicher Gruppen. So unterscheiden sich Zonitiden und Verwandte durch ihre langgestreckten, meist ein- oder zweispitzigen Zähne auffällig von den Heliciden, bei denen die Randzähne nicht dorn- förmig werden, sondern quadratische Platten bleiben oder erheblich breiter als lang sind. Hier kommt als ein neues Moment das Auftreten neuer Dentikel nach außen von den Ektodonten hinzu (Paradonten mihi), p. 206, Taf. IX, B ab von Arion foliolatus Gould von der pacifischen Küste, der von COCKERELL zum Typus des Genus Phenacarion gemacht wurde. 33* 508 H. von Ihering, sei es, dass sie als sog. Wucherzacken neu hinzukommen, oder dass der früher einfache Ektodont mehrspitzig wird. Im Auftreten solcher Para- donten schließen sich an die Heliciden an die Pupidae, Suceinea, Buli- mulus, Stenogyra a. A. Andererseits schließen sich an die Gruppen mit einspitzigen Randzähnen die Agnathen an, auch darin als extreme Ausläufer sich erweisend. Es ist im holen Grade überraschend, dass die Radula in einer so vielfach variirenden ungeheuer großen Gruppe von Schnecken, wie es die Nephropneusten sind, so gleichmäßig denselben Typus bewahrt, dass wir auch bei den extremsten Formen nie über irgend einen Punkt der Deutung im Unklaren bleiben. Die Radula der Branchiopneusten ist viel weniger eingehend studirt; über jene der hiesigen Arten be- richte ich bald an anderer Stelle. Ich finde, dass auch in ihr ein aller- | dings in weiten Grenzen variirender Typus unverkennbar ist. Die Radula enthält auch da zahlreiche kleine Zähne in einer Querreihe. Der Mittelzahn ist bald einspitzig, bald zwei-, drei-, vierspitzig, sym- metrisch oder unsymmetrisch. Die Seitenzähne sind sehr variabel, haben aber in der Regel eine mit vier bis fünf oder mehr oft abgerun- deten Spitzen versehene Schneide ohne Gegensatz von Mesodonten und Ektodonten, während Entodonten fehlen. Der Typus der Radulazähne ist somit bei Branchiopneusten ein anderer als bei Nephropneusten, doch scheinen beide nur Modifikationen von Radulaformen zu sein, die bei marinen Ichnopoden häufig sind. Noch möchte ich hier schließlich eines Umstandes gedenken, der Beachtung verdient. Bei den Suceinei- den finde ich an der Platte des Mittelzahnes jederseits einen Basalzahn, der an den Seitenzähnen sich nahe am äußeren Rande der Platte auch vorfindet. Eben so zeichnet Bınxev diese Basalzähne bei Philomyeus carolinensis. Derartige Details sind wichtig zu beachten, da sie viel- leicht einmal helfen können bei Ermittelung der Verwandtschaftsbe- ziehungen zu marinen Ichnopoden. | Wollen wir nunmehr das Gebiss der Nephropneusten mit jenem der anderen Gruppen der Ichnopoden vergleichen, so kommt die Radula kaum in Betracht, da sie ganz ähnliche Typen in den meisten dieser Gruppen aufweist. Anders der Kiefer. Wie ich schon früher! angab, hat PeLseneer die Meinung ausgesprochen, dass alle kieferartigen Bil- dungen der Ichnopoden auf den ringförmigen Stäbehenbesatz im Beginn der Mundmasse zurückzuführen seien. Diese Ansicht äußerte ich selbst 1 Sur les relations, p. 222, wo in der untersten Zeile es statt Aeolidiaden heißen muss Doriden (Polyceraden). Von den cryptobranchiaten Dorididen hat nach BercaH nur Bathydoris zwei echte Kiefer. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. 509 vor etwa 16 Jahren zu Berc#, welcher sie als irrig durch den Hinweis auf Formen zurückwies, wo Kiefer und Stäbchen koexistiren. Dies ist richtig, und doch wird sich, wenn auch nicht in so einfacher Weise wie PELsengER und ich meinten, der Grundzug dieser Idee wohl als richtig erweisen. Im Allgemeinen schließen sich Kiefer und Stäbchen- ring, Corona mag er im Folgenden heißen, aus. Bei den Aeolidien und allen Verwandten sind zwei echte in der Dorsomedianlinie zu- sammenstoßende und verbundene Kiefer vorhanden, eine Corona fehlt resp. ist durch eine einfache Cuticula ersetzt. Bei den Saccoglossen fehlen alle kieferähnliche Gebilde, bei den Triaulen ist in der Regel eine Corona vorhanden, oft fehlt sie aber. Instruktiv ist die Familie der Polyceraden. Bei Ancula findet sich nach Berss, dessen grund- legenden Arbeiten über Polyceraden auch alle folgenden Daten ent- nommen sind, eine Corona (»Greifring« oder »Lippenplatte« bei Bersn, welcher »Lippenscheibe« die Vorderfläche der Mundmasse nennt, auf welcher die Corona sitzt). Bei Triopa ist die Mundöffnung unbewaffnet. Bei Euplocamus ceroceus finden sich »zwei dreieckige, aus Stückchen zu- sammengesetzte Lippenplatten«, d. h. also die sonst ringförmig ange- ordneten Elemente der Corona sind jederseits in eine kleine Platte zusammengedrängt. Bei Issa und Triopha sind diese Kieferplatten schon homogen, d. h. die Stäbchen sind als solche nicht mehr nachweisbar, während sie bei Plocamophorus zwar noch erkenntlich, aber kaum mehr isolirbar sind. Bei Aegirus findet sich eine aus Stäbchen gebildete Corona und dahinter ein dorsal gelegener einfacher homogener Kiefer. . Bei den Tectibranchien besteht entweder eine Corona, oder es sind die Elemente derselben zu zwei kleinen, aus Stäbchen gebildeten Kiefern zusammengetreten. Die Existenz echter Kiefer, die aber noch im Stäbchenstadium sich befinden, kann man besonders schön bei Pleurobranchiden verfolgen, wo die Stäbchen (ef. Fig. 20) im Verlaufe des Längenwachsthums immer neue Zwischenböden bilden, was ähnlich, wenn auch nicht so deutlich, bei Tectibranchien der Fall ist. Die Conerescenz der Stäbchen ist aber nicht der einzige Vorgang bei der Kieferbildung, es kommt noch hinzu, dass die hintere Partie der Kieferplatte in die Wandung der Mundmasse in eine Tasche eingesenkt wird. Es sieht dann nur der Kaurand in das Lumen der Mundröhre, während die Hauptmasse des Kiefers in der Muskulatur der Mundmasse festsitzt. Hält man sich diese Umstände in Erinnerung, so kann man nicht dazu kommen eine Corona, in welcher die Elemente verschmolzen sind, für einen Kiefer zu erklären. Dies gilt zumal für die Branchiopneusten, von denen keine einzige einen Kiefer hat. Der sog. Kiefer von Limnaea 510 H, von Ihering, und Planorbis ist völlig jenem von Chilina und Aneylus homolog, nur mit dem Unterschiede, dass die bei letzteren in geringer Anzahl ent- wickelten und isolirt bleibenden Stäbchen zahlreicher und unter ein- ander verschmolzen sind. Es ist ganz falsch Planorbis u. A. drei Kiefer zuzuschreiben, es ist nur ein dorsomedian dickeres, fast den ganzen Eingang zur Mundmasse umfassendes Band da, welches eine Art Gliederung in Mittel- und Seitentheile aufweist. Werden letztere schwächer, so bildet sich ein einfacher Kiefer wie bei Physa. Der Kiefer der Branchiopneusten ist daher nicht ein Kiefer, sondern eine bald aus getrennten, bald aus verschmolzenen Stäbchen gebildete Co- rona, die immer auf dem Stadium eines einfachen Saumes der Lippen- scheibe bleibt, nie in die Tiefe der Muskulatur der Mundmasse einge- senkt wird. Im Gegensatze hierzu ist der Kiefer der Nephropneusten ein echter Kiefer. Eine Stäbchenstruktur ist an ihm nicht mehr erhalten, seine besondere Eigenthümlichkeit liegt darin, dass sein hinterer in die Muskulatur eingesenkter Theil sehr wenig entwickelt ist. Es giebt aller- dings auch außer Succinea, Triboniophorus, Phenacarion etc. noch eine ganze Menge von Nephropneusten mit bald mehr bald weniger entwickelter hinterer Platte, allein sie bilden die Ausnahme und Vagi- nulus gehört nicht zu ihnen. Es ist daher immerhin möglich, dass die Vorfahren der Nephropneusten bezüglich ihres Kiefers auf einem ähn- lichen Stadium standen wie Limnaea oder Physa. Jedenfalls liegt nicht der mindeste Anhaltspunkt vor, um zu glauben, der Nephropneusten- kiefer sei aus zwei seitlichen zusammengetreten. Es ist das eben so auch nicht wahrscheinlich für den Kiefer von Aegirus, weil er nur dorsal entwickelt ist und ventral der Stäbchenbesatz ganz besonders stark ausgebildet ist, wie wenn die seitlichen und ventralen Theile der Corona bei der Kieferbildung nicht mit verwendet worden wären. Der Magen ist bei den Nephropneusten im Allgemeinen dünn- häutig, bei Branchiopneusten muskulös. Aber bei Vaginulus und Peronia wird er ebenfalls dickwandiger, zumal bei letzterer stark muskulös. Nach Bercu kommen Kauplatten im Magen auch bei Scyllaea, Bornella, Trito- niaden und Embryonen von Aeolidiaden vor. Es scheint also ein mus- kulöser mit Platten besetzter Magen den Vorfahren der Ichnopoden schon eigen gewesen zu sein. Während bei den Mikronoten sich nur eine oder zwei Lebern finden, sind bei Peronia deren drei vorhanden, eben so bei Vaginulus, wo aber zwei schon einander genähert sind. Hierin schließen sich die Nephropneusten innig an die kladohepatischen Nephropneusten an, wo auch drei Gallengänge in den Magen münden, zwei kleinere vorn, ein großer hinten. Vielleicht ist auch diese Anord- Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 511 nung eine primitive, doch ist mir keine ähnliche Vertheilung der Gal- lengänge bei Tectibranchien bekannt. 5. Der Genitalapparat. Die Verhältnisse des Genitalapparates der Nephropneusten haben in den vorausgehenden Abschnitten eingehende Erörterung gefunden. Hier erübrigt es uns ihr Verhältnis zu jenem der übrigen Ichnopoden zu erörtern. Dass eine große Anzahl von Nephropneusten zeitlebens einen triaulen Genitalapparat bewahrt, ist eben so erwiesen, wie dass der- selbe bei Helix, Limax ete. nur pseudodiaul ist, indem er embryologisch ein triaules Stadium durchläuft. Im Gegensatze hierzu lässt sich bei den Branchiopneusten weder anatomisch noch embryologisch eine Spur eines triaulen Stadium erkennen, ihr Genitalapparat ist vielmehr typisch diaul. Es liegt hiernach nahe, anzunehmen, dass im Prineip alle Ne- phropneusten triaul sind, doch müssen wir erst die Embryologie von Pupa, Buliminus u. a. tiefer stehenden Gattungen kennen lernen, ehe wir diese Folgerung als sicher bezeichnen können. Ein Moment, das zur Vorsicht mahnt, ist der hier erbrachte Nachweis, dass es Nephro- pneusten giebt, denen das Receptaculum seminis fehlt, indess bei an- deren ihnen nahestehenden Formen das Receptaculum eine kurze bruch- sackförmige Ausstülpung an der Vagina ist. Vermuthlich haben wir es hierin nur mit einem sekundären Rückbildungsvorgang zu thun, doch kann nur die Embryologie des Genitalapparates von Conulus, Micro- eystis etc. die Frage entscheiden, ob auch hier ein ursprünglich triauler Genitalapparat vorliegt. Es handelt sich nun vor Allem darum die Verbreitung und Deu- tung der Triaulie bei den Ichnopoden zu verfolgen. Es kommen in dieser Hinsicht offenbar große Verschiedenheiten vor, theils in Bezug auf die obere Ursprunssstelle, theils in Bezug auf die Wiedereinmün- dung des Ductus receptaculo-uterinus. Dass dieser Gang oben an der Spaltungsstelle von männlichem und weiblichem Leitungswege auf ersteren übertritt, wie es von mir für eine Species von Vaginulus beob- achtet wurde, ist ein ganz ausnahmsweises Vorkommen. Die Regel ist bei allen triaulen Ichnopoden, dass dieser Gang vom weiblichen Lei- tungswege abtritt und auch in ihn wieder einmündet. Einen triaulen Genitalapparat, bei welchem Eileiter und Scheide gesondert ausmün- den, wie z.B. bei den mit Laurer’schem Kanal versehenen Trematoden, kennen wir von Ichnopoden nicht. Es liegt in dieser Hinsicht nur die Angabe von Bercn vor, dass bei gewissen Sacoglossen drei gesonderte Genitalöffnungen vorliegen, wie z.B. bei Hermaea dendritica, doch haben 512 | H. von Ihering, Trıxchgse und ich nur eine weibliche Öffnung bei dieser Schnecke ge- sehen. Vielleicht liegen die Verhältnisse so, dass zwei neben einander ins Atrium genitale mündende Öffnungen bei dessen Vorstülpung als gesonderte Mündungen erscheinen, sowie etwa bei Suceinea zuweilen zwei Genitalöffnungen neben einander erscheinen, wenn nämlich die Genitalkloake vorgewölbt ist. Sollte es sich wirklich um eine Spaltung des weiblichen Leitungsweges handeln, so müsste doch die Spaltung dieser Kanäle nachweisbar sein; das geht aber weder aus meinen noch aus Bercw’s Zeichnungen hervor, die freilich alle lückenhaft sind. | Ich komme auf den Genitalapparat der Sacoglossen an anderer Stelle zu sprechen. Darauf verweisend, bemerke ich nur, dass nach Bereu Phyllobranchus einen triaulen Genitalapparat besitzt, an dem aber die accessorische Schlinge des @ Genitalganges, die Page, wie wir sie nennen wollen, nicht unten einmündet, so dass auch das Receptaculum seminis sich an ihr inserirte, sondern schon oben nahe den Ursprüngen vom Oviduct wieder einmündet. Sie trägt die obere Samenblase des Q Ganges, die Spermatocyste, die ich für das Homologon der Vesiecula seminalis oder das »Talon« bei den Nephropneusten halte. Bei den triaulen Nudibranchien dagegen ist die Page viel größer, weit bis unten herabreichend und sowohl die Spermatocyste als das Receptaculum seminis sind an ihr inserirt. Eine wesentliche Umgestaltung erleidet die von mir gegebene Dar- stellung der Triaulie, wenn die Beobachtungen von MazzarzeLıı! über den Genitalapparat der Aplysien zutreffend sind. Demnach würden Eiweiß- und Schleimdrüse getrennt in den Genitalapparat einmünden und durch einen feinen Gang schlingenförmig zusammenhängen. An der schematischen Figur ist der Gang der Zwitterdrüse, von MAZZARELLI als Guviızr’scher Gang bezeichnet, etwas auf die Vesicula seminalis über- geleitet, was nicht zutrifft. Die Vesicula gehört wie das Receptaculum dem weiblichen Theile des Leitungsweges an. Den Verlauf des feinen Verbindungskanales habe ich nicht verfolgt. Hat hierin MaAzzArELLI Recht, so liegt eben wieder nichts Anderes vor als die Page, aber, und das ist das Neue, Überraschende, an einem monaulen Genitalapparate. Es würde dann die Tectibranchien in typisch monaule oder eumon- aule zerfallen und in pagemonaule. Es wäre dann aber nöthig, die Tectibranchien anatomisch und embryologisch auf den Genital- apparat hin nachzuprüfen, um zu entscheiden, ob sie eumonaul, page- monaul oder metapagemonaul sind, Letzteres also im Falle, dass ein 1 G. F. MAzzArELLı, Ricerche sulla Morphologia dell’ Apparato riproduttore nelle Aplysiae del Golfo di Napoli. Atti della R. Accadem. d. Science di Napoli. Vol. IV. 4890. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 513 pagemonaules Stadium embryologisch auftrete. Alle echten Triaulen sind pagediaul. Wenn sich nun herausstellen sollte, dass die Page älter ist als die Zerlegung des Leitungsapparates in einen männlichen und weiblichen Weg, so erhebt sich vor uns die Frage: ob nicht etwa alle Ichnopoden sowie die mit ihnen als Platycochliden vereinten Pteropoden ursprünglich die Page besaßen, welche dann theils in der Bildung der Eiweiß- und Schleimdrüse unterging, theils sich erhielt. Die zweite große Frage der vergleichenden Anatomie des Genitalapparates ist die Homologie des Penis. Jedenfalls sind für die Beurtheilung dieser Fragen die Nephro- Pneusten von hervorragender Bedeutung. Sie zeigen uns: 1) wie durch Rückbildung der Page aus einem triaulen Genital- apparate ein diauler resp, pseudodiauler entstehen kann; 2) wie ein von der weiblichen Genitalöffnung weit entfernter eremokauler Penis, nachdem die beiden Genitalöffnungen in Kontakt getreten sind, zu einem pyxikaulen resp. pseudopyxikaulen sich um- wandeln kann. Was sich innerhalb der Nephropneusten Schritt für Schritt verfolgen lässt, kann auch in anderen Gruppen passirt sein. Als einen Beleg dafür, wie der gleiche Process in den verschiedensten Grup- pen sich wiederholen kann, wird man u. A. anführen müssen die Um- wandlung der Flimmerrinne zwischen weiblicher und männlicher Geni- talöffnung in ein Vas afferens in bereits drei verschiedenen Gruppen: 1) Nephropneusten, wo bei Peronia zwar die Abschnürung des Vas afferens von der Flimmerrinne schon beendet ist, diese selbst aber per- sistirt. 2) Sacoglossa, wo bei Lophocercus, wie ich finde, ein wohlausge- bildetes Vas afferens existirt und die Flimmerrinne fast ganz obsolet ist, indess sie bei Lobiger offen und in Funktion ist. 3) Branchiopneusten, bei denen keine Flimmerrinne mehr existirt und das Vas afferens entweder auf eine lange Strecke hin in der Kör- perwand liegt oder sich schon von dieser gänzlich abgelöst hat, wäh- rend bei den Tectibranchien wie es scheint stets die Flimmerrinne offen bleibt. Es ist nun natürlich sehr leicht und einfach, ein Ur-Ichnopod zu konstruiren, von dem man alle diese verschiedenartigen Typen in glei- cher Weise ableitet. Ein Vortheil für die wissenschaftliche Erkenntnis würde aber ein so summarisches Verfahren kaum sein. Nehmen wir z.B. für den Penis einen eremokaulen Penis mit Flimmerrinne als Aus- gangspunkt, so ist eben auch dies schon eine relativ komplieirte Modi- fikation, und es fragt sich wie vor Existenz dieses Stadium die Begat- tung erfolgte. Hier wird dann die Vergleichung an die Plattwürmer 514 H. von Ihering, anzuknüpfen haben. Kann nun nicht aus solchen Stadien heraus direkt ein pyxikauler Penis entstanden sein? Die Nudibranchien, obwohl sie so viele Züge primitivster Organisation bewahrt haben, bieten doch nirgends den allermindesten Anhalt, um die Hypothese zu rechtfertigen, dass ihr Penis aus einem eremokaulen hervorgegangen. Es ist eben sowohl möglich, dass schon die Vorfahren der Ichnopoden große Mannigfaltigkeit im Genitalapparate repräsentirten, als dass sie mehr oder minder einheitliche Organisationsverhältnisse darboten. Wenn einmal für jede einzelne Gruppe der Ichnopoden ein relativ so voll- ständiges Bild der Geschichte des Genitalapparates entrollt werden kann, wie wir es jetzt schon für die Nephropneusten gewonnen haben, wird auch diese Frage eher erörtert werden können. Jetzt aber ist es viel wichtiger durch strenge Scheidung des Erweisbaren und des Hypothetischen auf die von der Forschung auszufüllenden Lücken hinzuweisen, als sie mit einigen kühnen Verallgemeinerungen zu über- springen. Wollen wir nun sehen, an welche Gruppe der marinen Ichno- poden sich die Nephropneusten anschließen, bezüglich ihres Genital- apparates, so können wir nur ein Peronia nahe stehendes Stadium zum Vergleiche heranziehen, resp. ein demselben nur wenig vorausgehendes mit noch in Funktion befindlicher Samenrinne. Einen solchen mit eremokaulem Penis und daneben stehenden Liebesdoleh, sowie mit Flimmerrinne versehenen triaulen Genitalapparat kennen wir von keiner Gruppe mariner Ichnopoden. Die triaulen Nudibranchien sind pyxikaul, die Tectibranchien besitzen einen einfachen Leitungsapparat, von dem der männliche Weg noch gar nicht abgeschnürt ist. Nur die Saccoglossen bieten Ähnliches, allein sie sind im Baue der Mundmasse, in der Radula, im Mangel der Kiefer ete. doch eine so einseitig modi- ficirte Gruppe, dass man nicht daran denken kann von ihnen unmittel- bar die Nephropneusten abzuleiten. Auch fehlt ihrem Genitalapparate der neben dem Penis stehende Liebesdolch, den ich in ähnlicher Weise überhaupt von keiner marinen Ichnopode kenne!. Hoffentlich sind Andere darin glücklicher, denn es würde damit gewiss ein beachtens- werther Wink gegeben bezüglich der Verwandtschaftsbeziehungen. Dieser Liebesdolch ist oft verkalkt, aber eine Organ-, keine Guti- eulabildung, er ist hohl und nimmt den Ausführgang einer oder meh- rerer schlauchförmiger Drüsen auf. Dieses Organ ist sicher nachge- wiesen bei Peroniaden und Vaginulus, und wahrscheinlich auch bei Philomycus, wo es aber noch besser untersucht werden muss. Bei den ! Der pfeil- oder hakenförmige Chitinkörper am Penis vieler Nudibranchien gehört dem Ende des Vas deferens an, ist also gar nicht vergleichbar. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix, II. 515 mikronoten Nephropneusten sind die beiden Genitalöffnungen zu einer Kloake zusammengetreten, und so ist dieser Penisdolch an die Genital- kloake gekommen. Diese Lage behält er bei zahlreichen Zonitiden und Verwandten, wo wir ihn als Liebesdolch kennen lernten. Auch dort ist er ein verkalktes hohles Organ, durch welches eine Drüse ihr Sekret entleert. In vielen Fällen rückt dieses Organ an der Vagina hinauf. Sehr vielfach verkümmert es und bildet dann jenes Anhangsorgan, das wir Appendicula nannten, wenn es am weiblichen, Appendix, wenn es am männlichen Leitungswege anhängt, während es freilich in an- deren Fällen genau in dem Winkel zwischen beiden sitzt. Da somit xiphogone Nephropneusten am Anfang der Entwicklungsreihe stehen, kann es uns nicht Wunder nehmen dieses Organ oder seine Reste noch so häufig und bei Angehörigen der verschiedensten Familien, sogar der Helieiden zu beobachten. Bei letzteren kommt dann in den Liebes- pfeilen nebst Glandulae mucosae ein neues Element hinzu, welches aber auf diese eine Familie beschränkt zu sein scheint. 6. Allgemeine Verwandtschaftsbeziehungen. Die allgemeinen phylogenetischen Beziehungen ergeben sich aus dem Vorausgehenden mit ziemlicher Klarheit. Dass eine Ordnung der Pulmonaten ein zoologischer Irrthum ist, geht daraus so klar hervor, dass ich darauf nicht näher eingehe. Die Branchiopneusten sind eine an die Teetibranchien anschließende selbständige Gruppe, die mit den Nephropneusten nicht nähere Beziehungen darbieten als letztere mit den Tectibranchien. Der Grundirrthum, welcher der Aufstellung der Pulmonaten zu Grunde lag, war die Vergleichung der höheren Formen beider darin vereinten Ordnungen. Jetzt aber kennen wir die Ent- wicklungsweise der Nephropneusten in ihren allgemeinen Zügen, und da zeigt sich, dass bei dem allein zulässigen Vergleiche der niedersten Nephropneusten mit den Branchiopneusten die Übereinstimmung eine sehr geringe und ganz allgemeine ist. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Stadien zur Phylogenie der Nephropneusten ist das, dass wir primär nackte Nephropneusten, die Meganoten, von sekundär nackten haben unterscheiden gelernt. Der Einzige, der bisher in sehr ähnlicher Weise diese Verhältnisse er- kannte, ist P. Fischer in seinem Manuel de Conchyliologie, Paris 1887, p- #47, wo er die Nephropneusten in Monotremata und Ditremata ein- theilt. Letztere, Peroniadae und Vaginulidae enthaltend, würden sich mit meinen Meganoten decken, wenn nicht die Philomyceidae hinzu- kämen, bei denen die bei Vaginulus schon eingeleitete Verschiebung der © Genitalöffnung nach vorn schon ganz durchgeführt ist. Es ist 516 H. von Ihering, somit der Mantel besser geeignet die Hauptgruppen zu scheiden als die Genitalöffnung. Nur die mikronoten Nacktschnecken unter den Nephropneusten, die sich auf die verschiedensten Familien vertheilen, stammen von schalentragenden Formen ab, und haben daher eine Schalenhöhle im Mantel sowie einen Spindelmuskel. Bei Peronia aber ist ganz wie bei anderen marinen Nacktschnecken die Schale nur ein Larvenorgan. Dieses Larvenorgan wird, nie bei Nudibranchien, zuweilen bei Sacco- glossen, in der Regel bei Tectibranchien ins Leben des erwachsenen Thieres hinüber genommen, und so kann es kommen, dass nackte und schalentragende Formen in einer Familie neben einander stehen. Auch sehen wir die Dauerschale in verschiedenen Unterordnungen selbstän- dig sich ausbilden, so also bei Nephropneusten, so bei Tectibranehien und Saccoglossen, In letzterer Hinsicht habe ich einen von mir began- genen Irrthum zu berichtigen. Indem ich mit Berea und VayssıEreE die Lophocereiden als Übergangsglieder zu den Tectibranchien ansah, habe ich sie schließlich ganz zu letzteren gestellt. Neuerdings habe ich nun Lophocercus untersucht und gesehen, dass seine Mundmasse sich an jene der Phyllobranchiden in einer so innigen Weise anschließt, dass nähere Beziehungen zu den Tectibranchien ausgeschlossen werden; eben so ist die Kieme eine ganz andere. Der enorme muskulöse Saug- kropf der Phyllobranchiden und Lophocereiden schließt jeden Gedanken daran aus, sie als Übergangsglieder zu Teetibranchien anzusehen, welche an der Wurzel, nicht an den extremen Endgliedern der Sacco- glossen zu suchen sind. Zugleich giebt uns das den Beweis, dass die Übernahme der Schale ins Dauerleben sowohl bei Saecoglossen als bei Tectibranchien unabhängig von einander erfolgte. Die eben erwähnten Verhältnisse der Mundmasse schließen auch eine unmittelbare Ableitung der Nephropneusten von Saccoglossen aus, es kommen lediglich zwei größere Gruppen mariner Ichnopoden dafür in Betracht, die Nudibranchien und die Tectibranchien. Die Anwesen- heit der Flimmerrinne scheint für viele Forscher genügend, um letz- tere Annahme wahrscheinlich zu machen. Es ist jedoch.zu bedenken, dass auch bei Saccoglossen und Pteropoden die Flimmerrinne vor- kommt. Letztere sind offenbar näher den Teetibranchien verwandt, wiewohl die Ansichten über die Abzweigungspunkte divergiren. Die Saccoglossen führen zwar nicht zu den Tectibranchien, dürften aber von letzteren in ihrem Ursprunge nicht weit getrennt sein. So wird es wahrscheinlich, dass die Vorfahren aller dieser Gruppen die Flimmer- rinne besaßen, und auf derartige Grundtypen dürften auch die Nephro- pneusten zu beziehen sein. Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. II. 517 Einer direkten Ableitung der Nephropneusten von Tectibran- chien stehen viele Bedenken entgegen. Die Tectibranchien haben lappenförmige, oft zur Stirnscheibe verwachsene oder eingerollte Füh- ler, die einfach kontraktil sind, nie durch besondere Rückziehmuskeln eingezogen werden. In dieser Hinsicht gleichen die Nudibranchien eher den Nephropneusten, da auch bei ihnen retraktile Tentakel vor- kommen. Im Nervensystem bestehen mancherlei Unterschiede, eben so in der Anordnung der Gallengänge. Die bei den Tectibranchien allgemein verbreitete Corona der Mundöffnung ist nie bei Nephro- pneusten vorhanden. Ein Hauptpunkt endlich ist die Kiemenhöhle, Wäre im Sinne Srmrer’s die Lunge der Nephropneusten jener der Teetibranchien homolog, so müsste die tiefststehende Gattung, Peronia nämlich, da sie marin ist, diese Kieme und Kiemenhöhle aufweisen. Das ist aber nicht der Fall und war ja eben der Grund, wesshalb MıLnz Epwarps, Jovyeux Larruie und ich diese Lunge morphologisch einem Theile der Niere der Nudibranchien homolog erachteten. Mag man immerhin diese Ansicht für strittig halten, trotz der Bestätigung auf morphologischem Wege, für die Vergleichung mit einer Tecti- branchienkiemenhöhle ist noch nicht der mindeste Anhaltspunkt vorgebracht worden, weder direkt noch indirekt. Die vermeinte Kiemenhöhle wird unter Wasser geschlossen, und es fehlt ihr das Lacaze-Durniers’sche Organ am Athemloch, welches bei Tectibranchien und Branchiopneusten sich findet. Es fehlen hiernach alle Anhaltspunkte um die Nephropneusten ‚direkt von den Tectibranchien abzuleiten, vielmehr dürften die ge- meinsamen Züge als solche sich herausstellen, welche auf gemeinsame Abstammung von irgend welchen uns unbekannten Urformen hin- weisen. Eben so steht es nun wieder mit den Nudibranchien. Im Mangel der Schale, in der Körperform, den retraktilen Tentakeln, dem großen den ganzen Rücken einnehmenden Mantel, im Darmtractus etc. besteht Übereinstimmung. Auch das Nervensystem ist sehr ähnlich, nur fehlen, wie Bercu hervorhebt, bei den Nephropneusten die gastro- ösophagealen Ganglien. Dagegen fehlt bei allen Nudibranchien ein eremokauler Penis und eine Flimmerrinne. Mit den uns jetzt bekann- ten Nudibranchien, darin hat offenbar Beren Brock gegenüber Recht, lässt sich Peronia nicht unmittelbar zusammenbringen. Offenbar fehlen die Vorfahren der Peronien in der Lebewelt, was kaum überraschen kann, wenn die Nephropneusten wirklich bis ins Carbon und Devon zurückreichen. Ob aber diese erloschenen Typen als eine dritte mit eremokaulem Penis versehene Unterordnung der Nudibranchien oder als nackte Tectibranchien ohne Kiemenhöhle zu gelten haben würden, 518 H. von Ihering, scheint mir eine Frage, deren Beantwortung weder von großer prak- tischer Bedeutung, noch von irgend wie zwingender Beweiskraft sein würde. Das Wesentliche ist, dass wir sowohl die Entwicklungsreihen innerhalb der Nephropneusten als auch deren Verwandtschaftsbe- ziehungen zu den übrigen Ichnopoden wohl beurtheilen können. Wäh- rend die Branchiopneusten direkt von schalentragenden Tectibranchien abzuleiten sind, wobei es sich zumal darum handeln wird, Actaeoninen und Auriculaceen in Vergleich zu ziehen, stammen die Nephropneusten von marinen Nacktschnecken ab, in deren Organisation Züge der Nudi- branchien und Tectibranchien gemischt waren. Besonders wichtig ist es, dass die verschiedenen Organsysteme in übereinstimmender Weise bei den Nephropneusten die Entwicklung von den Meganoten zu den Micronoten als eine aufsteigende erweisen. Als wesentlichste Resultate der vorliegenden Abhandlung sind so- mit zu bezeichnen: die Verfolgung der Entwicklungsreihen innerhalb der Nephropneusten und deren Zusammenhang mit marinen Nacktschnecken, wodurch die Beibehaltung einer Ordnung der Pulmonaten ausgeschlossen wird, die Verfolgung der Homologien von Liebesdolch und von Liebespfeil, der Nachweis eines Mangels des Receptacu- lum seminis bei gewissen Nephropneusten, die Verfol- gung der Homologie des Penis und seiner Retraktoren bei den Nephropneusten und der Nachweis, dass aus der Menge der bisher nur durch Charaktere der Schale zu- sammengefassten helixähnlichen Schnecken auf Grund der Merkmale des Genitalapparates eine Familie der Heli- ciden ausgeschieden und in Gattungen zerlegt werden kann, in einer Weise, die bis auf mehr untergeordnete Punkte auch conchyliologisch als natürlich anerkannt wer- den dürfte. | Rio Grande do Sul, 27. December 1891. Nachtrag. Durch Kenntnis der bezüglichen Litteratur und Korrespondenz mit den kompetenten Gelehrten von Australien und Neu-Seeland bin ich zur Gewissheit darüber gekommen, dass weder in Australien und Neu-Seeland, noch in den östlich davon gelegenen Gebieten Polynesiens echte Helieiden leben, resp. noch leben. Alle dortigen »Heliciden« Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. Il. 519 haben haplogonen Genitalapparat, wie aus den Untersuchungen der Herren Hepıry und Suter hervorgeht, denen ich für gütigst ertheilte Auskunft zu Danke verpflichtet bin. Über die fossilen Heliciden von Australien bin ich zur Zeit leider gar nicht unterrichtet. Erklärung der Abbildungen. In allen Figuren bedeuten die folgenden Buchstaben: app, Appendix des Penis; cl, Genitalkloake; d.r.u, Ductus receptaculo-uterinus; DV, Drüsentheil der Vagina; E, Eiweißdrüse; gl, Glans des Penis; gl.m, Glandulae mucosae; pa, Papillen des theilweise geöffneten Penis; pe, Penis; pf, Pfeilsack ; pr, Prostata; r.p, Retractor penis; R.s, Receptaculum seminis; Sp, Spindelmuskel, resp. ein Theil desselben; ta, Vesicula seminalis (Talon); ut, Üterus; va, Vagina; v.d, Vas deferens; zw, Gang der Zwitterdrüse. Tafel XVIII. Fig. 1. Kiefer von Zonitoides arboreus Say, zu welcher Art auch Fig. 2—4 gehören. Fig. 2. Marginale Zähne der Radula. a, einer der ersten, b, einer der äußer- sten. Vergr. 570/A. Fig. 3. Genitalapparat. ld, Liebesdrüse; pu, Sack des Liebesdolches (Pugio). Fig. 4. Der Liebesdolch. Fig. 5. Vordertheil der Fußsohle von Bulimulus papyraceus Mawe mit zwei lokomotorischen Wellen auf dem deutlichen aber nicht abgesetzten Mittelfelde. Fig. 6. Thier von Conulus semen lini Mor., zu welcher Art auch Fig. 7—40 gehören. Fig. 7. Genitalapparat. Fig. 8. Eine der Papillen des Penis. Fig, 9. Der Kiefer. Fig. 40. Radulazähne. m, der mediane. Vergr. 570/1, Fig. 44. Genitalapparat von Conulus fulvus Drap. Fig. 12. Genitalapparat von Succinea camaguamensis v. Ih. 520 NH. von Ihering, Morphologie und Systematik des Genitalapparates von Helix. I. x Tafel XIX. Fig. 43. Genitalapparat von Cionella lubrica Müll. Von derselben Species auch Fig. 44 und 45. rz, Reizkörper im Blasenstiel, Fig. 44. Der Reizkörper in dem geöffneten Blasenstiel mit vier Falten, von denen zwei und drei den Reizkörper bilden. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21, Penis und Appendix. si, Stimulus im Penis. Genitalapparat von Xerophila acuta Müll. Genitalapparat von Xerophila elata Faure-Big. Einer der beiden Pfeilsäcke von X. elata. Genitalapparat von Helix circumornata Fer. Ein Stäbchen der Kieferplatte von Pleurobranchaea Meckelii. Kiefer von Amphidoxa Feredayi Suter. Kopie nach SUTER, |], c. Pi. XVIII, Fig. 40 0. Fig. 32. Vesicula seminalis von Succinea camaguamensis v. Ih. Über die Knospung der Botrylliden. Von Asajiro Oka. Mit Tafel XX— XXI. Während der drei sucgessiven Sommer 1888—1890, die ich in dem marinen Laboratorium zu Misaki, Japan, verbrachte, hatte ich Gelegenheit, alle dort vorkommenden Arten der Synaseidien zu sam- meln, und unter Anderem konnte ich eine große Masse von Botryllus erlangen. Diese machte ich zum Gegenstand meiner Untersuchung, deren Resultate den Inhalt der vorliegenden Abhandlung bilden. Die Hauptmasse von Botryllus wurde mittels eines Schleppnetzes in der kleinen, etwa 5 Kilometer nördlich von Misaki liegenden Bucht von Moroiso gesammelt, und zwar in einer Tiefe von 4—6 Meter, längs einer die ganze Mündung der Bucht absperrenden Barre, deren ganzer Grund von Zostera marina bedeckt ist. Die bandförmigen Blätter dieser Pflanze bilden den Wohnplatz für unsere Thiere. Ein- zelne Stöcke fand ich auch auf Padina und anderen Algen. Die Kolonien wurden mit heißer Sublimatlösung fixirt, in fließen- dem Wasser ausgewaschen, und dann allmählich in 90procentigen Alkohol übergeführt. Die Schnitte wurden mit verschiedenen Farb- mitteln gefärbt, am erfolgreichsten mit Kıeinengerg’s Hämatoxylin und P. Mayer's Hämatein. Behufs Untersuchung der Blutelemente habe ich die Schnitte zuerst in Eosin und dann in Hämatein gefärbt, da sich einige Körperchen nur mit Eosin, andere nur mit Hämatein färben lassen. Die vorliegende Arbeit wurde in Tokyo begonnen und später im Institut von Herrn Geheimrath Weısmann in Freiburg (B.) angefertigt. Ich nehme hier die Gelegenheit demselben an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen für das Wohlwollen, mit dem er meinen Bestrebungen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 34 592 Asajiro Oka, entgegengekommen ist. Ich drücke auch Herrn Dr. Hicker meinen Dank für Durchsicht meines Manuskriptes aus. Der erste Forscher, welcher die Knospung der Botrylliden untersuchte, war MrTscunikorr!. Zwar haben schon frühere Forscher über die Kolonien von Botryllus geschrieben, aber ihre Angaben über die Knospenbildung sind so lückenhaft und unrichtig, dass sie für die heutige Entwicklungsgeschichte von keinem Werth sein können. Der oben genannte russische Forscher hat zuerst nachgewiesen, dass die junge Knospe von Botryllus aus zwei Schichten besteht, deren äußere die Fortsetzung der äußeren Körperwand und deren innere die der äußeren Wand des Peribranchialsackes des Mutterthieres ist, und ferner, dass der Peribranchialsack der Knospe aus zwei Ausstülpungen der inneren Schicht hervorgeht, welche später abgeschnürt werden, so dass dann in diesem Stadium, statt einer, drei gegen einander ab- gegrenzte Blasen auftreten. Die zwei seitlichen Blasen stellen die Anlage des Peribranchialsackes dar, und die mediane soll den ganzen Kiemensack und Darmtractus liefern. Jedoch ist die Entwicklung ein- zelner Organe, wie die von Herz, Gehirn etc. von METSCHNIKOFF nicht weiter verfolgt worden. Etwa zu gleicher Zeit hat Kronn? seine Untersuchungen über die Fortpflanzungsverhältnisse bei den Botrylliden veröffentlicht. Er machte seine Beobachtungen an lebendem Material und verglich die Einzelthiere eines Botryllusstockes mit denen einer Salpenkette, in- dem er annahm, dass auch bei Botryllus jedes Individuum nicht seine eigenen Eier, sondern die der nächst jüngeren Generation befruchte. Über den Bau der Knospe jedoch hat er beinahe nichts mitgetheilt. Der zweite Aufsatz von Kroun? behandelt die früheste Bildung der Botryllusstöcke. Er bestätigt die Mrrscunikorr'sche Angabe, dass aus einem Ei nur ein Thier hervorgeht, welches aber, nachdem es eine Knospe producirt hat, sofort zu Grunde geht. Das Tochterindivi- duum bildet zwei Knospen und stirbt dann gleichfalls ab. Die beiden Individuen dieser dritten Generation erzeugen nun vier Knospen, und diese vier liefern durch weitere Knospung den ganzen Stock. Zwölf Jahre nach dem Erscheinen der beiden oben erwähnten 1 METSCHNIKOFF, Über die Larven und Knospen von Botryllus. Melanges bio- logiques t. d. Bull. de l’Acad. St. Petersbourg. Bd. VI. 1869. 2 Kroun, Über die Fortpflanzungsverhältnisse bei den Botrylliden. Archiv für Naturgeschichte, 35. Jahrg. 1869. 3 Kronn, Über die früheste Bildung der Botryllusstöcke. Archiv für Natur- geschichte. 35. Jahrg. 1869. Über die Knospung der Botrylliden. 523 Schriften hat Derza Var! in Neapel eine nähere Beschreibung der Knospenbildung unserer Thiere in seinen »Nuove contribuzioni alla storia naturale delle ascidie composte« veröffentlicht. Er bestätigt die Angaben von Merschnikorr über die Entstehung des Peribranchial- sackes und des Darmes, und bringt außerdem noch viele neue That- sachen, unter Anderem kurze Angaben über die Entstehung des Herzens und Gehirns, sowie der Flimmergrube. Die Anlage des Her- zens kommt zum Vorschein in dem Stadium, wo die mittlere Blase sich zu verlängern anfängt, und zwar als eine vierte, kugelförmige Blase etwas über der Mündung des Ösophagus, welche bald länger wird und zu pulsiren beginnt. Was das Nervensystem anbelangt, so gehen das Gehirn und die »Fossetta vibratile« aus einer kontinuirlichen An- lage hervor; diese Organe entstammen der Wand des Kiemensackes und sind daher entodermal. In jungen Knospen stehen sie in Ver- bindung mit einander in der Weise, dass sie einen soliden, schleifen- förmig gebogenen Zellenstrang darstellen, und werden erst später und sekundär in Folge des Verschwindens des mittleren Abschnittes von einander getrennt. Das Ektoderm spielt keine Rolle bei der Knospen- bildung, ausgenommen, dass es durch einfaches Flächenwachsthum die äußere Haut der Knospe liefert. Betrachtet man nun die Ergebnisse der hier angeführten Arbeiten, worunter die von Derra Varır bei Weitem die eingehendste ist, so treten verschiedene Punkte hervor, welche einer genaueren Revision bedürftig sind. Zum Beispiel geht der Peribranchialsack bei der Knospenbildung aus der inneren Schicht der Knospe hervor, während er in der Larvenentwicklung, nach Beobachtungen von KowALEVSKY, von ektodermalem Ursprung sein soll; ist das Letztere richtig, und wollte ' man auch für die Knospe einen ektodermalen Ursprung des Peribran- chialsackes annehmen, so müssten die ganze innere Schicht der Knospe und demnach auch alle Verdauungsorgane des aus ihr hervorgehenden Individuums als ektodermale Elemente anzusprechen sein. Ferner ist es auffallend, dass das Gehirn, welches bei allen übrigen Thieren ektodermalen Ursprungs ist, hier nach DerrAı Varze der inneren Schicht entstammt. I. Bau des Stockes. Der Botryllusstock besteht, wie bekannt, aus einer fast durch- sichtigen cellulosehaltigen Tunica, in welcher die Einzelthiere in stern- förmig angeordneten Systemen eingebettet sind (Fig. I). Untersucht 1 DerLa VALLe, Sulla gemmazione dei Didemnidi e dei Botrillidi. Nuove Con- tribuzioni alla storia naturale delle ascidie composte. A884. 34* 524 Asajiro Oka, man ein Stück von dieser Tunica unter einer ziemlich starken Ver- größerung, so sieht man, dass in einer homogenen Grundmasse eine Anzahl von amöboiden Zellen (Fig. 2) zerstreut liegen, welche wahr- scheinlich aus der äußeren Haut der Einzelthiere ausgewandert sind und sich an der Bildung der ersteren betheiligt haben. In dieser Grundsubstanz befinden sich ferner eine große Menge von verzweigten Kanälen, welche von den Einzelthieren ausgehen, mit einander anastomosiren und gegen die Oberfläche und Peripherie zu in kolbenförmigen Anschwellungen endigen (Fig. 1 ec.f.). Diese Kanäle sowohl, als die Endkolben haben eine dünne, aus einer Zelllage bestehende Wand, deren abgeflachte, sechsseitige Zellen je in der Mitte mit einem runden Kerne versehen sind. Das Lumen der Kanäle ist eine einfache Fortsetzung der Bluträume des Einzelthieres, und die Wand stellt nichts Anderes dar als einen ausgestülpten Theil der äuße- ren Körperwand. An den Stellen, wo der Stock in weiterem Wachsthum begriffen ist, sind die Kanäle viel zahlreicher und weiter als sonst, und die Epi- thelzellen der Endkolben nehmen hier eine cylindrische Gestalt an (Fig. 4, verglichen mit Fig. 3). Dort drängen sich die Kanäle manch- mal so dicht zusammen, dass die homogene Mantelsubstanz zwischen ihnen nur noch durch eine dünne Schicht repräsentirt wird, und weil im Kreislauf des Blutes diejenigen Elemente, welche schwarzes Pig- ment in sich enthalten, in großen Massen in den Endkolben sich an- sammeln, erscheint eine solche Stelle in frischem Zustande dunkel ge- färbt. Aus diesen Thatsachen kann man mit Sicherheit schließen, dass die Hauptfunktion der anastomosirenden Kanäle die Abscheidung der homogenen Masse ist, und ferner, dass die Epithelzellen der Kanal- wandungen im Höhepunkt ihrer Funktionirung eine eylindrische Ge- stalt annehmen, dann aber, wenn der Stock das lokale Wachsthum sistirt, lach werden, da sie jetzt ihre Thätigkeit in vermindertem Maß ausüben. Die Zahl der Individuen, aus welchen sich ein System zusammen- setzt, ist sehr verschieden, und zwar schwankt sie zwischen drei und zehn. An der Stelle, wo der Stock gerade weiter wächst, tritt die An- ordnung der Einzelthiere zu Systemen noch nicht hervor, und die jungen Knospen, welche ausschließlich diese Region bevölkern, sind dicht und unregelmäßig in der Mantelsubstanz eingebettet. Die Art, wie die Systeme aus diesen offenbar ohne irgend eine Regel ange- ordneten Knospengruppen hervorgehen, wird später eingehend be- schrieben werden. Der Bau des Einzelthieres eines Botryllusstockes entspricht im Über die Knospung der Botrylliden. 925 großen Ganzen natürlich vollständig dem der einfachen Ascidien, und obgleich der Bau der einzelnen Organe noch nicht im Detail unter- sucht worden ist, so ist doch die allgemeine Anatomie wohlbekannt, so dass es unnöthig ist, sie hier zu wiederholen. Ich beschränke mich desshalb auf die Beschreibung derjenigen Theile des Thieres, welche während des Knospungsprocesses irgend eine Rolle spielen. Es ist wohl bekannt, dass der Körper unserer Thiere hauptsächlich aus drei verschiedenen epithelialen Blättern besteht; nämlich der äußeren Körperwand (Ektoderm), der Wand des Kiemensackes und des Darmes (Entoderm) und der Wand des Peribranchialsackes. Von diesen drei treten nur das erste und das dritte in die Bildung der Knospe ein, während das zweite damit gar nichts zu thun hat. Über die äußere Körperwand habe ich nicht viel zu sagen. Dieselbe ist eine einschichtige Membran von gleicher Beschaffenheit, wie die Wand der ektodermalen Kanäle, welche den Gellulosemantel durchziehen. Sie ist an allen Stellen außerordentlich dünn, und auch da, wo später die Knospen gebildet werden sollen, weist sie keine merkliche Verdickung auf (Fig. 6 und 7 ect). Die Wand des Peribranchialsackes ist nicht von so ein- heitlicher Natur, wie die äußere Körperwand. Während die letztere überall einer und derselben Funktion dient, ist die erstere in Folge der Verschiedenheit der Funktionen, welche sie auszuüben hat, differenzirt, und demgemäß haben wir hier eine viscerale und eine parietale Hälfte .zu unterscheiden. Die parietale Hälfte, welche uns allein interessirt, ist beim ausgewachsenen Thiere gleichfalls eine Epithelschicht, eben so dünn wie die äußere Körperwand, und zeigt keine weitere Besonder- heit. Anders verhält sie sich in ganz jungen Stadien zur Zeit, wenn die Bildung der Tochterknospen beginnt. Wenn man ein junges Indivi- duum von diesem Alter untersucht, so sieht man beiderseits in der Wand des Peribranchialsackes eine diekere Partie, welche aus cylin- drischen Zellen besteht, deren ovaler Kern in dem der äußeren Ekto- dermschicht zugekehrten Zellende liegt (Fig. 6 und 7 Az). Die außer- ordentliche Dicke dieses Theils steht im auffallenden Gegensatz zu der Zartheit der anderen Wandpartien, und steht mit der Propagations- fähigkeit dieser Stelle im Zusammenhang. Diese Region, aus welcher zum größten Theil die inneren Organe der Nachkommen hervorgehen, könnte man mit den Vegetationspunkten der Pflanzen vergleichen und »Knospungszone« benennen. Die äußere Ektodermschicht und die parietale Wand des Peri- branchialsackes, welche ich eben beschrieben habe, setzen bei Botryllus die Körperwand im weiteren Sinne zusammen; sie stehen aber nur 526 Asajiro Oka, durch die Kloakalöffnung in direkter Berührung mit einander, und umschließen im Übrigen einen Hohlraum, in welchem das Blut eirkulirt (Fig. 36). Wenn man demnach die verschiedenen Schichten der Körper- wand eines jungen Thieres in der Region, wo sich die Knospe entwickelt, von außen nach innen verfolgt, so kommt zuerst das äußere Ektoderm, dann der Blutraum und schließlich die Knospungszone der Wand des Peribranchialsackes. II. Die Entwicklung der äußeren Gestalt der Knospe. Die Knospenbildung nimmt ihren Anfang, ehe noch das Mutterthier seine Entwicklung vollendet hat, und zwar an einer oder an beiden Seiten des letzteren, an der unteren Fläche des Körperabschnittes, an welchem sich auch die Kiemenöffnung befindet. Die erste Anlage der Knospe stellt, wie schon früher von METScHnIKoFF und DerLa VALLE beschrieben wurde, eine zweischichtige Blase dar, deren äußere und innere Schicht respektive die Ausstülpung der äußeren Haut und die der Parietalwand des mütterlichen Peribranchialsackes sind (Fig. 5). An der Knospe zeigt das Epithel des äußeren Blattes, dessen Ausstülpung offenbar durch die Hervorwölbung des inneren verursacht wird, keinen besonderen Unterschied gegenüber den Ektodermzellen des Mutter- thieres. Es ist hier wie dort gleich stark abgeplattet. Das innere Blatt dagegen, welches eine Ausstülpung der verdickten Knospungszone des Peribranchialsackes ist, besteht aus lauter cylindrischen Zellen, welche jedoch gegen die Knospenbasis zu niedriger werden. Ich muss hier noch beiläufig erwähnen, dass in diesem Stadium manchmal die Wand des Peribranchialsackes in der Nähe der Knospe eine zweite Verdickung zeigt (Fig. 5 Az). Sie stellt den übrig gebliebenen Rest der Knospungszone dar, und wenn das Mutterthier mehr als eine Knospe an einer Seite erzeugt, wie es in fortwachsenden Theilen des Stockes häufig vorkommt, so gehen auch die jüngeren Knospen aus dieser Zell- gruppe hervor. Wenn aber, wie es gewöhnlich der Fall ist, nur eine einmalige Knospenbildung stattfindet, so flachen sich die Zellen dieses verdickten Theils wieder ab und nehmen den Charakter der übrigen Epithelzellen der Parietalwand an. Mit weiterem Wachsthum krümmt sich die Knospe allmählich nach oben, d. h. nach der freien Oberfläche des Stockes, und der einge- schnürte Basaltheil der Knospe, durch welchen sie mit dem Mutterthiere in Zusammenhang bleibt, verlängert sich in einen kurzen, stielförmigen Schlauch, in welchem jedoch die beiden Schichten ihre ursprüngliche Selbständigkeit immer noch deutlich hervortreten lassen. Unterdessen erleidet auch der erweiterte Haupttheil der inneren Blase eine Ver- Über die Knospung der Botrylliden. 527 änderung in der Gestalt. Diese Blase, welche bis jetzt ihre ursprüng- liche kugelförmige Gestalt bewahrt hatte, geht nun zur bilateralen Symmetrie über, indem sie unter gleichzeitiger Größenzunahme eine Form erlangt, welche an der Hand der Abbildung unschwer zu ver- stehen ist. In Fig. 8, welche einen etwa in halber Höhe der Knospe . geführten Querschnitt darstellt, sieht man an der vom Mutterthiere abgekehrten oder ventralen Seite der inneren Blase zwei Furchen, durch welche sie in drei Abschnitte getheilt wird. Die Zellen der inneren Blase zeigen noch keine Differenzirung, höchstens sind sie in manchen Fällen in den seitlichen Ausbuchtungen etwas höher als im mittleren Abschnitt. Die Furchen verlaufen entlang der Längsachse der Knospe, sind in ihrer Mitte am tiefsten, und verschwinden allmäh- lich gegen die Basis der Knospe zu. Der Hohlraum der Knospe bleibt noch in Verbindung mit der Peribranchialhöhle des Mutterthieres. In diesem Stadium tritt nun eine Differenzirung in der äuberen Haut der Knospe auf. Die Zellen der ektodermalen Schicht, welche überall sehr stark abgeflacht sind, werden jetzt an einer Stelle be- deutend höher und nehmen eine annähernd kubische Gestalt an. Diese Veränderung vollzieht sich nur an der dem Mutterthiere zu- gekehrten Seite, welche ich als Neural- oder Dorsalseite bezeichnen möchte. Es ist mir auffallend, dass keiner von den früheren Forschern diese wichtige Thatsache beobachtet hat, trotzdem die genannte Ver- dickung gegenüber den übrigen Epithelzellen aufs deutlichste her- vortritt. Die Abschnürung der Anlagen des Peribranchialsackes von der mittleren Blase der jungen Knospe geht nicht in so einfacher Weise vor sich, wie es MErTscanıKorr und Deıza Varıe beschrieben haben; der Vorgang ist vielmehr ein sehr langsamer, und die Knospe zeigt einen ziemlich komplieirten Bau, bevor die zwei seitlichen Blasen, welche die Anlagen des erst später vereinigten Peribranchialsackes darstellen, vollständig abgetrennt werden. Um diesen Bau kennen zu lernen, haben wir zunächst die Fig. 9—11 zu betrachten, welche drei verschiedene Querschnitte durch eine Knospe von diesem Alter zeigen. Die Fig. 9, auf welcher ein Querschnitt durch den distalen Knospen- theil dargestellt ist, zeigt eine entschiedene Ähnlichkeit mit der Fig. 8, welche einen Querschnitt durch eine jüngere Knospe giebt; der einzige Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass die Furchen in ersterer etwas tiefer sind. Der Schnitt, welcher in Fig. 10 abgebildet ist, ist dem mittleren Knospenabschnitt entnommen; er ist nicht ganz senkrecht zur Längsachse der Knospe, sondern von rechts unten nach links oben geführt, und ich bilde ihn desshalb ab, weil er in dieser 528 Asajiro Oka, schiefen Stellung den Übergang von Fig. 9 zu Fig. 41 viel klarer ver- stehen lässt, als ein ganz symmetrischer. Die länglich-eiförmige Blase (pbr) an der rechten Seite, welche die Fortsetzung der rechten Aus- stülpung in der Fig. 9 ist, trennt sich hier bereits von dem mittleren Abschnitt ab, während die linke noch in Verbindung mit demselben steht. In der oberen Hälfte des: mittleren Sackes findet man jetzt beiderseits eine neue Furche (f). Durch dieselbe wird ein Rohr von der mittleren Blase abgetrennt, welches, wie später zu sehen ist, die Anlage des räthselhaften Organs, der sogenannten »Glandule hypo- physaire«, sowie der Flimmergrube darstellt. Wenden wir uns nun zur Fig. 11, so steht hier die mittlere Blase mit keiner der drei übrigen Abtheilungen mehr in Zusammenhang. Man erkennt zwei mediane und zwei laterale Hohlräume, von welchen der ventrale mediane (dk) die gemeinsame Anlage von Kiemensack und Darm (Darm-Kiemensack- Anlage) darstellt, der dorsale mediane (hp) der späteren Nebendrüse des Gehirns und die beiden lateralen (pbr) dem Peribranchialsack entsprechen. Wenn man die Schnittserie, welcher diese beiden Figuren (Fig. 10, 41) entnommen sind, weiter nach unten verfolgt, so verschwinden die beiden seitlichen und die dorsale Blase allmählich, die ersteren mit abgerundetem, die letztere mit mehr zugespitztem Ende, während die ventrale mittlere Blase noch im Zusammenhang bleibt mit der parietalen Wand des mütterlichen Peribranchialsackes, obgleich ein Lumen in dem abgeschnürten Theil nicht mehr zu er- kennen ist. Die Scheidewände zwischen den Blasen des Peribranchialsackes und der Darm-Kiemensack - Anlage wachsen von der ventralen und proximalen Seite der Knospe nach oben, so dass man, wenn die Scheidung beinahe vollzogen ist, nur noch ein kleines Fenster an der distalen Dorsal-Ecke der Wand bemerkt. Da die beiden Scheidewände nicht parallel zu einander verlaufen, sondern nach der dorsalen Seite zu sich nähern, so kommen die beiden seitlichen Blasen schief gegen einander zu liegen, und zu der Zeit, wenn die Scheidewände voll- ständig geschlossen sind, treten die dorsalen Theile der Blasen in Berührung mit einander. Ihre Wände verschmelzen an dieser Stelle und indem hier ein Durchbruch erfolgt, werden die Hohlräume der rechten und linken Seite in Kommunikation gebracht. Der jetzt ver- einigte Peribranchialsack nimmt schon eine ganz gleiche Lage zum Kiemensack ein, wie im ausgewachsenen Individuum; er besteht nämlich aus zwei seitlichen, den Kiemensack umwachsenden Hälften, welche an der dorsalen Seite mit einander kommunieiren. Die Über die Knospung der Botrylliden. | 529 Kiemenspalten dagegen bilden sich erst gegen Ende des Knospen- wachsthums aus. Die ventrale mediane Blase, der Darm-Kiemensack, wächst unter- dessen in die Länge, und zerfällt in zwei Theile. Der obere, welcher bei Weitem der größere ist, ist die Anlage des Kiemensackes, während die untere, verengte Hälfte den ganzen Darm darstellt (Fig. 7). Mit fortschreitender Knospenentwicklung wird der Kiemensack immer größer, und da die beiden Hälften des Peribranchialsackes, welcher ihm sonst überall dicht anliegt, an der ventralen Seite nicht zusammen- stoßen, bleibt er zeitlebens hier in Berührung mit der äußeren Körper- wand (siehe Fig. 15 und Fig. 36). Später wird die Wand des Kiemen- sackes durch eine Anzahl von kleinen regelmäßig angeordneten Poren, den Kiemenspalten, durchbrochen, und mit der unten zu besprechenden Bildung der Einfuhröffnung und der Tentakeln findet die Entwicklung des Kiemensackes ihr Ende. Die untere Abtheilung, welche den ganzen Darm liefert, biegt sich allmählich mit zunehmender Länge um, so dass sich bald zwei Punkte erkennen lassen, we der Darm einen spitzen Winkel bildet. Diese Punkte entsprechen annähernd den Grenzen zwischen den drei Hauptabtheilungen des Verdauungsapparates, Ösophagus, Magen und Intestinaltractus. Der Darm hängt seiner ganzen Länge nach mit der Körperwand durch ein Mesenterium (Fig. 12 mes) zusammen, welches durch fortgesetzte Ausdehnung des Peribranchialsackes zu Stande kommt. Ich habe damit mit kurzen Worten gezeigt, wie aus der einfachen zweischichtigen Blase die allgemeine Gestalt des Einzelthieres sich entwickelt, ohne die Geschichte der verschiedenen Organe im Einzelnen zu berücksichtigen, und ich werde nunmehr zur Betrachtung der letzteren übergehen. III. Die Entwicklung der einzelnen Organe. Kiemensack. Der Kiemensack entwickelt sich, wie schon ge- sagt, aus der oberen Hälfte der mittleren Blase. Gleichzeitig mit seinem Wachsthum nimmt auch die Größe des Peribranchialsackes zu, indem derselbe sich nach Möglichkeit ausdehnt, und demgemäß die wirkliche Leibeshöhle, die zwischen der äußeren Ektodermschicht und den inneren Blasen liegt, mehr und mehr verengt. Dadurch wird schließ- lich der Kiemensack von allen Seiten vom Peribranchialsack umgeben, ausgenommen einen Streifen an der ventralen Seite, in dessen Mitte sich der Endostyl bildet. Die Wand des Kiemensackes und der ihr anliegende Abschnitt der Wand des Peribranchialsackes zeigen jetzt 530 Asajiro Oka, in der Gestalt der Zellen eine Differenzirung, welche den ersten Schritt zur Kiemenbildung bezeichnet; in den beiden Schichten, die später beim ausgewachsenen Thier zu einer einheitlichen Kiemenwand verschmelzen, erkennt man je vier, nach der Art von Tonnenreifen angeordnete Querreihen von höheren Zellen, welche nach beiden Seiten hin leistenförmig vorspringen. Eine ähnliche Differenzirung der Zellen findet auch in der Längsrichtung statt, wodurch mehrere (etwa zehn) gegen das Innere des Kiemensackes vortretende Längsleisten zu Stande kommen. Zwischen diesen beiden Systemen bleiben dünnwandige Felder stehen und in jedem der letzteren tritt an vier, seltener fünf neben einander liegenden Punkten eine Verschmelzung der Zellen ein. In der Mitte dieser ovalen Verschmelzungsstellen tritt ein gleichfalls ovales Loch auf, welches sich später in der Längsrichtung verlängert und die Form eines ausgewachsenen Kiemenloches annimmt. Gleichzeitig mit diesem Vorgang tritt auch eine Zellendifferenzirung in den zwischen den Löchern stehen gebliebenen Pfeilern ein. Die- jenigen Zellen, welche die Löcher begrenzen, nehmen eine cylindrische Gestalt an und an ihrer Oberfläche erscheint jetzt eine Anzahl von Cilien, durch deren unausgesetzte Bewegung die Cirkulation des Wassers geregelt wird (Fig. 14). Die übrigen Zellen dagegen flachen sich ab und vermitteln wahrscheinlich den Gasaustausch zwischen Blut und Meereswasser. Wie ich zu Anfang des Abschnittes erwähnt habe, treten beim erwachsenen Thiere in der Wand des Kiemenkorbes drei Arten von Leisten auf, nämlich die Querleisten und die größeren und die kleineren Längsleisten. Die beiden ersteren bilden das Hauptrahmenwerk des Kiemenkorbes, welches, außer seiner eigentlichen respiratorischen Funktion, auch als Gerüst für die kleineren Längsleisten dient. 3 Die Bildung der Einfuhröffnung beginnt schon in dem Stadium, wo die Querstreifung des Kiemenkorbes noch nicht deutlich zu sehen ist. Es tritt dabei weder eine Einstülpung der äußeren Haut noch eine Ausstülpung der oberen Wand des Kiemensackes zu Tage, sondern der Vorgang vollzieht sich in ganz eigenthümlicher Weise. Zuerst sieht man an der Stelle, wo sich die Öffnung bilden soll, eine Anhäufung von Zellen, welche durch Wucherung des ektodermalen Epithels entstehen. Dann beginnen sich die Zellen zu einem soliden Cylinder anzuordnen, und kurz nachher tritt in demselben eine axiale Aushöhlung auf, welche schließlich die Kiemenhöhle in Zusammenhang mit der Außen- welt bringt (Fig. 13 io). In diesem Stadium liegt aber die Knospe noch mit der Seite, welche der späteren Oberseite des Thieres entspricht (Fig. 37), dem Mutterthiere an, und da sich die gemeinsame Tunica N li Über die Knospung der Botrylliden. 531 zwischen beiden befindet, tritt die Kiemenhöhle noch nicht in offene Kommunikation mit der Außenwelt. Mit zunehmendem Wachsthum biegt sich die Knospe vom Mutterthiere ab, und demgemäß nähert sich die Einfuhröffnung der Oberfläche der Tunica; schließlich weicht die letztere an dieser Stelle aus einander, und damit beginnt die Kieme des jungen Thieres in Funktion zu treten. - Die Beobachtung, dass die Zellen, welche das Einfuhrrohr bilden, ektodermalen Ursprungs sind, stimmt gut mit der Thatsache überein, dass diese Zellen die Fähigkeit beibehalten, die Tunica abzuscheiden. Beim ausgewachsenen Thiere findet man nämlich, dass sich die Tunica in die Einfuhröffnung hereinkrempt (Fig. 36 iu.r.), bis zu dem Punkte, wo die ektodermalen Zellen aufhören, d. h. bis zu der Ringleiste, welche die Tentakeln trägt. Der Tentakelkranz (Fig. 15 ikr) und der weiter nach innen gelegene ringföormige Wimperwulst (Fig. 15 und Fig. 18 wp) kommen erst sehr spät zum Vorschein. Einige Zeit nach dem vollständigen Durchbruch des Einfuhrrohres sieht man um seine untere Mündung herum zwei koncentrische Ringleisten an der Kiemensackwand, die erste gerade am inneren Ende des Einfuhrrohres und die zweite etwa halbwegs zwischen dem letzteren und der obersten Reihe der Kiemenspalten. Aus der ersten wachsen die zehn Tentakeln heraus, von welchen die fünf langen und die fünf kurzen abwechselnd angeordnet sind, und zwar in der Weise, dass von den beiden in der Medianebene gelegenen Tentakeln der dem Mutterthiere zunächst liegende ein kurzer ist. Die zweite Ringsleiste (Fig. 15 wp), welche vom Anfang an nicht ganz kreisförmig ist, sondern sich sowohl nach dem Endostyl, als nach dem Gehirn zu zipfelförmig auszieht, stellt die Anlage des Flimmerwulstes dar, und wächst zu demselben, ohne eine bedeutendere Gestaltver- änderung zu erleiden, vollends heran!. Die Zellen des ventralen Abschnittes der Kiemenwand sind schon sehr frühe höher als die der anderen Partien, am höchsten aber in der ventralen Mittellinie. Ziemlich spät in der Entwicklung der Knospe treten zwei parallel verlaufende Längsleisten auf, welche sich über die ganze Länge der Ventralseite, vom ventralen Zipfel des Wimperwulstes bis zum Eingang des Ösophagus erstrecken, und die zwischen ihnen sich bildende Längsrinne stellt die Anlage des Endostyls dar (Fig. 24 und 40 end). Die Zellen, welche diese Rinne bilden, differenziren sich in mehreren Längsreihen, welche abwechselnd aus stark tingirbaren ! Bei anderen Formen z. B. Fragaroides, liegt dicht vor diesem Wimperwulst »eine zweite Ringleiste, und die zwischen beiden gelegene Ringfurche entspricht der Flimmerrinne« anderer Tunicaten, 532 Asajiro Oka, Wimperzellen und aus heller bleibenden spindelförmigen Drüsenzellen bestehen; an der Oberfläche des median gelegenen Zellstreifens er- scheinen schließlich die langen Cilien (Fig. 27). Darmtractus. Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, dass der Darmtractus sich zunächst an zwei Punkten umkrümmt, und demgemäß in drei Abtheilungen zerfällt. Aus der ersten, dem Kiemensacke sich anschließenden Abtheilung geht der Ösophagus durch einfaches Wachsthum hervor, indem das ganze Rohr sich abflacht und durch Faltungen in der Längsrichtung einen $-förmigen Querschnitt bekommt. Zugleich erhalten die Zellen einen dichten Cilienbesatz. Die Stelle der ersten Umbiegung des Darmes liegt nicht genau an der Grenze zwischen Ösophagus und Magen, wie ich mich bisher der Einfachheit halber ausdrückte, vielmehr befindet sie sich in dem unteren Theile des ersteren, so dass es im ausgewachsenen Thiere der Ösophagus selbst ist, welcher eine winkelförmige Knickung zeigt (Fig. 16 oes). Aus dem zweiten Abschnitte entwickeln sich zwei Organe, der Magen und das Coecum. Die Anlage des letzteren tritt schon hervor, ehe sich die drei Hauptabtheilungen deutlich differenzirt haben, und zwar als eine seitliche, weitlumige Ausstülpung am Anfangstheil des zweiten Abschnittes. In der Wand dieses Blindsackes findet man keine Differenzirung der Zellen; sie bewahren alle eine einheitliche eylin- drische Gestalt, während sich der ovale Kern stets in ihrem basalen Abschnitt befindet. Das Hauptrohr der zweiten Abtheilung des Darmtraetus, aus welchem sich, wie erwähnt, das Coecum durch eine Ausstülpung diffe- renzirt hat, wächst rasch in die Breite und in die Länge und erhält damit eine tonnenförmige Gestalt. Später erscheinen an der Wand dieses geräumigen Organs, welches jetzt deutlich als Magen hervor- tritt, mehrere, gewöhnlich neun Längsfalten (Thyphlosolen), welche eine bedeutende Oberflächenvergrößerung herbeiführen. Mit dieser Veränderung der äußeren Gestalt tritt eine Differenzirung auch im Habitus der Zellen ein, welche zu dieser Zeit bereits eine konische Form angenommen haben. Diejenigen Zellen, welche am Grunde der zwischen den Falten befindlichen Längsvertiefungen liegen, werden nicht so hoch wie ihre Nachbarinnen, und erhalten lange Cilien, so dass im Querschnitt der Abschnitt zwischen je zwei Falten ein ähn- liches Aussehen wie der Endostyl erhält. Die die zweite Umbiegung des Darmtractus enthaltende Partie, welche dem Magen folgt, bildet sich zum Dünndarm um, während aus dem Reste der Enddarm oder das Rectum wird. Die Zellen der beiden Darmabtheilungen sind sehr verschieden; der Dünndarm hat Über die Knospung der Botrylliden. 533 hohe Zellen, welche eine intensive Färbung annehmen, und stellt, wie man aus seinem Inhalt schließen kann, nächst dem Magen das wich- tigste Organ der Verdauung dar. Das Rectum dagegen hat verhältnis- mäßig flache Zellen, welche bei Karmin- und Hämatoxylinfärbung sehr schwach reagiren, und die Funktion derselben scheint die Ausschei- dung einer klebrigen Flüssigkeit zu sein, mit welcher die unverdau- lichen Reste der Nahrung zu eiförmigen Massen zusammengeballt werden. Kurz nach dem Erscheinen des Coecums tritt an der linken Seite der Magenwand, und zwar in der Nähe der Mündung des Coecums, eine rohrförmige Ausstülpung, welche die Anlage der Rectaldrüse darstellt, auf. Ein Lumen findet man zuerst nur in ihrem dem Magen zugekehrten Abschnitt, während die übrigen Partien bis zum freien Ende einen soliden Strang darstellen, welcher mit der Zeit nach dem Rectum hin weiter wächst. Die Zellen des blinden Endes drängen ‘sich in den Blutraum herein, welcher zwischen dem Rectum und dem dasselbe umhüllenden Peribranchialsack gelegen ist, und in einem gewissen Stadium sieht man diesen Raum ganz von solchen entoder- malen Zellen erfüllt. Sodann beginnen sie sich in verästelten Strängen anzuordnen, und gleichzeitig mit diesem Vorgang schreitet das Lumen immer weiter vor, bis es endlich in die freien Enden der einzelnen Äste vorgedrungen ist. Schließlich haben wir ein drüsenartiges Organ vor uns, welches aus verästelten, um das Rectum herumliegenden Schläuchen besteht, und mit einem nach dem Magen sich öffnenden Ausführungsgang versehen ist (Fig. 26 rd). Die Schläuche, deren Wan- dungen sich jetzt aus kubischen Zellen zusammensetzen, liegen frei in der Blutflüssigkeit und enden hier blind und ohne Verschmälerung des Endabschnittes. Die Bedeutung dieses Organs ist nicht sicher anzugeben, am wahrscheinlichsten dient dasselbe jedoch der Aus- scheidung irgend einer die Verdauung fördernden Flüssigkeit. Der Durchbruch der Analöffnung erfolgt etwa zu der Zeit, wenn sich eben die Kiemenspalten gebildet haben, und zwar nachdem zuvor die Zellen am blinden Ende der Darmanlage mit denen der anliegen- den Wand des Peribranchialsackes in Verbindung getreten sind. Peribranchialsack. In einem ziemlich frühen Stadium (Fig. 9), in welchem die Anlagen des Peribranchialsackes mit dem Darmkiemen- sack noch in offener Verbindung stehen, haben wir bereits gesehen, dass in den Wandungen der ersteren eine Anzahl der Zellen höher sind als die übrigen. Diese Zellen behalten ihre hohe Gestalt bei und ver- mehren sich bis zu einem gewissen Grade durch Theilung, während ihre Schwesterzellen, welche die Wandung des Peribranchialsackes 534 Asajiro Oka, bilden, sich immer mehr abflachen. Der Unterschied tritt am schärf- sten hervor, wenn die höheren Zellen, welche die Knospungszone dar- stellen, im Begriff sind, einer oder mehreren Knospen den Ursprung zu geben (Fig. 7). Diesen Vorgang kann man mit anderen Worten folgendermaßen ausdrücken: Die Knospungszone einer Knospe stellt selbst wieder einen Abschnitt der Knospungszone des Mutterindividuums dar, und folglich kann man die jüngsten Individuen eines Stockes kontinuirlich auf die Knospungszone des ältesten, geschlechtlich erzeugten Individuums zurückführen. Die Knospungszone jedes Indivi- duums setzt sich somit von Anfang an aus einer somatischen und einer propagatorischen Hälfte zusammen. Die erstere wächst zum Organis- mus heran und stirbt schließlich ab, während die letztere unbeschränkt fortlebt, so lange als die äußeren Bedingungen günstig sind. Dass in einem gewissen Stadium im Peribranchialsack jederseits eine Gruppe von höheren Zellen zu erkennen ist, wurde schon von Derza Varıe erwähnt. Er sagt: »Ne mancano dei casi, e non sono molto rari, in eui le loro (nämlich: der Anlagen des Peribranchialsackes) estremitä superiori sono giä inspessite, ed accennano giä alla forma- zione di due nuove gemme.« Seine Figuren zeigen jedoch keine so deutlichen Verdiekungen, wie sie bei den von mir untersuchten Thieren vorkommen, und desshalb glaube ich, dass sie nicht bei allen Arten so deutlich sind, wie bei meiner Form. Bei zunehmender Ausdehnung der beiden Flügel des Peribran- chialsackes bleiben einige Stellen im Wachsthum zurück. Dadurch werden die Flügel da und dort in Loben zerklüftet, welche jedoch bei fortschreitendem Wachsthum wieder mit einander verschmelzen; auf diese Weise entstehen röhrenförmige Öffnungen, welche den Peri- branchialsack durchsetzen, in Zahl und Anordnung jedoch anscheinend ganz unregelmäßig sind (Fig. 12 und 24 tr). Sie persistiren zeitlebens und stellen direktere Blutbahnen zwischen Kieme und peripherischem Blutraum dar. SerLiger! sagt in seiner Arbeit über die Entwicklung der Clavellina: »Bei dem großen Umfange, den der Peribranchial- raum gewinnt, würden seine zarten Wände nicht in gehöriger Ent- fernung von einander bleiben können; dies wird aber ermöglicht durch die Ausbildung röhrenförmiger senkrechter Stützen zwischen den beiden Wandungen des Raumes, durch Entwicklung der Tra- bekeln. Der Beginn dieser Bildung zeigt sich in feinen röhrenförmigen Ausstülpungen der inneren Perithorakalwand, denen senkrecht gegen- 1 SEELIGER, Zur Entwicklungsgeschichte der Ascidien. Sitzungsbericht der Wiener Akademie. 1882. Über die Knospung der Botrylliden. 535 über eben solche Fortsätze der äußeren Schicht entgegenwachsen. Beide vereinigen sich zum Trabekel.« Solche beiderseitigen Ausstül- pungen und die durch ihre sekundäre Vereinigung bewirkte Trabekel- bildung konnte ich bei Botryllus nicht finden. . Die Bildung der kloakalen Öffnung kommt in ganz gleicher Weise zu Stande, wie die der Einfuhröffnung. Auch hier geht aus ektoder- malen Elementen ein Rohr hervor, welches die äußere Körperwand und den Peribranchialsack in Zusammenhang bringt, und die Abschei- dung von Tunicabestandtheilen durch die Zellen der Röhrenwandung hat zur Folge, dass man auch hier beim ausgewachsenen Thiere eine Umkrempung der Tunicaschicht nach dem Inneren des Peribranchial- raumes vor sich hat. Dieser Vorgang vollzieht sich beinahe in dem- selben Stadium der Knospenentwicklung wie die Bildung der Einfuhr- öffnung. Herz. Die erste Anlage des Herzens kommt schon in einem ganz frühen Stadium zum Vorschein, in welchem die beiden seitlichen Blasen, die Anlagen des Peribranchialsackes, noch lange nicht von der mittleren abgeschnürt sind. Sie tritt zunächst als eine solide Wuche- rung des inneren Blattes der ursprünglichen Knospe auf (Fig. 20 ha, verglichen mit Fig. 19); aber da die betreffende Stelle gerade im Win- kel zwischen der mittleren Blase und der Anlage des linken Peribran- chialsackes liegt, ist es schwer zu entscheiden, ob sie speciell der ersteren oder der letzteren entstammt. In manchen Fällen jedoch habe ich diese Wucherung entschieden an der Wand des zukünftigen Peribranchialsackes gesehen, und ich bin daher der Ansicht, dass man sie für ein Derivat der Anlage des letztgenannten Organs erklären kann. Im Centrum der Wucherung erscheint dann ein Lumen, um welches die Zellen epithelartig sich anordnen (Fig. 23 ha). Jetzt sieht man eine kleine Blase, welche noch durch einen soliden Stiel mit dem inneren Blatte in Zusammenhang bleibt. Im weiteren Verlauf der Entwicklung löst sich der Stiel auf, und damit wird die Blase frei (Fig. 17 ha). Es ist das Stadium, welches Deıra Varıe gesehen hat, und welches er folgendermaßen beschreibt: »In questo stadio & giä comparso dal lato convesso dell’ ansa digerente, alquanto piü sopra dell’ esofago, un quarto sacchetto sferoidale, ed & il cuore; il quale non tarda ad allun- garsi, ed a pulsare«; nach meinem Befunde sind allerdings in diesem Stadium die seitlichen Ausstülpungen noch nicht abgeschnürt, wie Deırı VALLE angiebt. Ich muss hier bemerken, dass diese Blase keineswegs direkt in das Herz des ausgewachsenen Thieres übergeht; ihre Höhlung ist nicht die spätere Herzhöhle selbst, sondern die Perikardialhöble, 536 Asajiro Oka, welche Bezeichnung ich daher schon jetzt benutzen möchte. Das wei- tere Wachsthum vollzieht sich langsamer; allmählich tritt eine Diffe- renzirung in der Wand der Blase’ auf, indem dieselbe an einer Stelle dicker bleibt, an den übrigen Seiten aber sich abzuflachen beginnt. Die Blase liegt ihrer Entstehung gemäß in einem Abschnitt des Blut- raumes, welcher an einer Seite vom Peribranchialsack und Darm- Kiemensack, an der anderen von der äußeren Körperhaut begrenzt ist. Das Epithel des dem Ösophagus zugekehrten Abschnittes der Herzan- lage behält nun, wie erwähnt, die ursprüngliche Dicke bei (Fig. 17), während die Wand der übrigen Partien immer dünner und schließlich eben so dünn wird wie die äußere Körperhaut oder die Peribranchial- wand (Fig. 24). Unterdessen verlängert sich die Blase in der Richtung der Längsachse des Thieres, und die verdickten Epithelpartien, welche sich bei fortschreitendem Wachsthum über die ganze Länge der dem Ösophagus zugekehrten Wand ausdehnen, stülpen sich nunmehr in das Innere des Organs ein (Fig. 24 h). Dies stellt die erste Anlage des eigentlichen Herzens dar, indem die Längsrinne, welche durch diese Einstülpung zu Stande kommt, der späteren Herzhöhle entspricht. Die Wandung der Blase hat sich damit in zwei deutlich abgegrenzte Hälften differenzirt, von denen die äußere die Perikardialmembran (Fig. 2% pe), und die innere die Herzwand selbst darstellt. In diesem Stadium zeigt das Herz schon den charakteristischen Bau des Ascidienherzens, und weicht im Prineip nicht von dem des ausgewachsenen Thieres ab; es ist ein unvollkommen geschlossener Doppelschlauch, dessen offen geblie- bene Stelle von der benachbarten Wandung des Darmtractus bedeckt wird. Durch einen Vergleich von Fig. 24 mit der Fig. 25, welch letz- tere einen Querschnitt des ausgewachsenen Herzens zeigt, wird dieses Verhältnis genügend illustrirt. Für die Knospenentwicklung von Clavellina hat SEELIGER gezeigt, dass das Herz aus einer geräumigen, dünnhäutigen Ausstülpung des Kiemendarmes hervorgeht. Die spätere Entwicklung stimmt im Ganzen mit dem entsprechenden Vorgang bei Botryllus überein, aber die Ent- stehung ist bei beiden Thierformen anscheinend verschieden, da bei der einen das Herz entodermalen Ursprungs ist, während dasselbe bei Botryllus dem Peribranchialsack entstammt. Diese Verschiedenheit ist jedoch keineswegs eine bedeutende, und man kann die zwei Thatsachen durch folgende Vorstellung leicht vereinigen: bei Clavellina werden Peribranchialsack und Herz hinter einander vom Darm-Kiemensack abgetrennt, während bei Botryllus an letzterem die beiden Organe zunächst als gemeinsame Anlage auftreten, welche sich sekundär in zwei verschiedene Organe differenzirt. PUEPELE TED Über die Knospung der Botrylliden. 887 Der Pericardialraum von Botryllus steht nie in offener Kom- munikation mit dem Kiemensack, wie es bei Glavellina der Fall ist, oder überhaupt mit irgend einem anderen Raum. Wenigstens konnte ich in der Wand des Herzbeutels keine Öffnung finden, und das Innere des Organs ist mit einer farblosen, offenbar durch die Wandzellen eingetretenen Flüssigkeit erfüllt. Das Blut ist eine farblose Flüssigkeit, in welcher verschieden- artige Körperchen suspendirt sind. Man findet hauptsächlich dreierlei Formen, welche allerdings durch eine Reihe von Übergängen verbun- den sind, so dass eine scharfe Grenze nicht gezogen werden kann. Ich bin daher der Ansicht, dass die erwähnten drei Formen nichts Anderes darstellen, als drei Stadien, welche die Blutkörperchen nach einander durchlaufen. Zunächst findet man eine große Anzahl von unregelmäßigen Klumpen, welche sich mit Eosin gut färben, aber bei derselben Kon- servirung auf Hämatoxylin und Karmin gar nicht reagiren (Fig. 18 ba). Im ungefärbten Zustand erscheinen sie als hellgelbe kugelförmige Massen mit rauher Oberfläche. Einige von diesen Körperchen enthalten dunkles Pigment, welches denjenigen Stellen, wo sie in großer Menge zurückbleiben, eine schwarze Färbung verleiht. Wie aus ihrer Ent- wicklung zu ersehen ist, stellen diese Körperchen je eine Zelle dar, welche eine geringere oder größere Menge einer krystallartigen Sub- stanz in sich abgeschieden hat. Der Kern ist gewöhnlich nicht mehr zu erkennen, obschon er auf jüngeren Stadien gut bemerkbar ist. Zusammen mit diesen größten Elementen findet man eine Anzahl von runden granulirten Zellen von mittlerer Größe (bb). Auch diese enthalten manchmal ein oder mehrere krystallähnliche Körner, welche in dem granulirten Plasma eingebettet sind; die An- zahl dieser Körner wird um so größer, je älter die Zelle ist, und Hand in Hand damit tritt das eigentliche Zellplasma zurück, bis schließlich nichts mehr davon zu sehen ist. Jetzt hat man an Stelle der Zelle nur noch einen Klumpen von hellgelben Körnchen vor sich, welcher nichts Anderes, als eines der erstgenannten Blutkörperchen darstellt. Auch in der Färbung erweisen sich die runden granulirten Zellen als ein Zwischenstadium, in so fern sie sich mit Hämatoxylin noch eben so gut wie mit Eosin färben lassen, so dass sie bei einer Doppelfärbung mit diesen beiden Tinktionsmitteln einen röthlich-violetten Ton annehmen. Außer diesen beiden Formen enthält aber die Blutflüssigkeit noch eine dritte Gattung von äußerst kleinen Körperchen (Fig. 18 be). Es sind dies ovale oder runde Zellen, die nur mit einer sehr geringen Menge von Plasma ausgestattet sind. Von diesen Zellen bis zu den- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIV, Bd. 35 538 Asajiro Oka, jenigen der zweiten Kategorie lässt sich eine lückenlose Reihenfolge & von Zwischenstadien verfolgen. Man trifft jedoch diese Zwischenstadien bedeutend seltener an im Vergleich zu den typischen Zellen der dritten Kategorie, und da die letzteren in großer Menge in die jungen Knospen hineinfließen, so nehme ich an, dass ein Theil von ihnen sich nicht weiter umbildet, sondern die ursprüngliche Gestalt und damit eine selbständige Bedeutung beibehält. Während der Knospenbildung konnte ich nie einen Zusammenhang zwischen bestimmten Geweben und den Blutelementen finden, und die Frage in Bezug auf die Herkunft der letzteren muss in der Embryonalentwicklung untersucht werden. Im Blutraum findet man außer den eigentlichen Blutkörperchen noch einige andersgeartete Zellen, die diesen Raum durchsetzen (Fig. 18 mf). Sie weisen eine lange, spindel- oder fadenförmige Gestalt auf, und enthalten in ihrer Mitte einen überaus kleinen Kern. Wie sie in den jungen Knospen zu Stande kommen, konnte ich nicht ermitteln; vermuthlich sind sie jedoch aus der Wand des Peribranchialsackes hervorgegangen. Nervensystem. Unter dem Namen Nervensystem werden bei den Tunicaten zwei Organe von ganz verschiedener Natur zusammen- gefasst, einerseits das Gehirn und andererseits die sogenannte Hypo- physis (glandule hypophysaire) mit der Flimmergrube (organe vibratile). Trotzdem diese Organe bezüglich ihrer Lage eine enge Verbindung zeigen, und wahrscheinlich auch funktionell in inniger Beziehung zu einander stehen, nehmen sie, wenigstens bei Botryllus, aus ganz ver- schiedenen Geweben ihren Ursprung. Die bisherigen Angaben über die Entstehung des Nervensystems bei Ascidienknospen stützen sich meistens nicht auf direkte Beobach- tungen, sondern auf Vermuthungen; es ist daher kein Wunder, dass man zu sehr verschiedenen Schlüssen gekommen ist. DerrA VArzE hat eine Knospe abgebildet, in welcher das Gehirn und die »fossetta vibra- tile«, unter welcher Bezeichnung er Hypophysis und Flimmergrube vereinigt, in direktem Zusammenhang stehen, und hat aus diesem Befunde gefolgert, dass sowohl die fossetta vibratile, als auch das Gehirn aus dem Entoderm entstanden seien. Ich selbst kann mich dieser Ansieht nicht anschließen, da ich zwischen den beiden Organen bei Botryllus niemals eine direkte Verbindung gefunden habe. Für die Knospen von Clavellina nimmt Srruiser eine mesodermale Ent- stehung des Gehirns an auf Grund folgender theoretischer Betrachtung: er meint, es sei leicht zu verstehen, dass dieses Organ aus freien mesodermalen Zellen hervorgehe, da ja ein Theil der letzteren dem Nervenrohr des Embryo entstamme (nach Kowauzvsky), dagegen biete Über die Knospung der Botrylliden. 539 die Annahme Schwierigkeiten, dass es aus dem Ektoderm entstehe, welches schon zu differenzirt sei, um sich noch zu einem neuen Organ umbilden zu können. Die erste Anlage des anderen Theils des Nervensystems, d. h. der Hypophysis und der Flimmergrube, konnte ich schon in dem Stadium beobachten, in welchem das Herz sich zu bilden beginnt. In Fig. 11 findet man in dem dorsalen Theile der Knospe ein Rohr, welches anfänglich längs des Kiemensackes verläuft, und sich mit weiter Mündung in den oberen Abschnitt desselben öffnet. Mit zu- nehmendem Wachsthum der Knospe wird dieses Rohr dünner, aber sein Lumen ist immer noch deutlich zu erkennen (Fig. 17 hp). In einem weiteren Stadium erstreckt sich dann das Rohr von der oberen Region des Kiemendarmes gegen die oberste (dorsal-mediane) Kuppe des ver- einigten Peribranchialsackes hin, mit dessen Wand es in Verbindung tritt, und in Schnitten, welche die Medianebene des Thieres enthalten, ist deutlich zu erkennen, dass das Rohr nunmehr an seinen beiden Enden offen ist (Fig. 13 hp). Die Kiemenhöhle und der Peribranchial- raum stehen somit durch das äußerst feine Lumen des Rohres in Verbindung mit einander. Das Rohr löst sich später vom Peribranchialsack wieder los und schließt dann an dieser Stelle mit blindem Ende ab. . Allmählich beginnt dann das letztere sich zu erweitern (Fig. 29) und nach kurzer Zeit kommt es hier zu einer blasenförmigen Anschwellung (Fig. 30). Die Wandung der Blase, welche anfänglich aus einer Zellschicht besteht, verdickt sich, die Zellen verlieren ihren epithelialen Charakter, und schließlich verschwindet das Lumen. Unterdessen erleidet auch das andere Ende eine Gestaltveränderung; die Wand wird etwas dicker, das Lumen bedeutend weiter, und die Zellen bekleiden sich mit einem dichten Besatz von kurzen Cilien (Fig. 31). Die beim ausgewachsenen Thiere auftretenden Abschnitte, die Hypophysis, das Zwischenrohr und die Flimmergrube, sind also verschieden differenzirte Theile des ursprünglich einheitlichen Rohres. Unterdessen tritt eine Anhäufung von Zellen in dem Blutraum auf, welcher zwischen dem oben erwähnten Rohre und den Wandungen des Kiemen- und Peribranchialsackes liegt (Fig. 13 g). Diese Zellen- gruppe wird größer und kompakter (Fig. 32 und 29 g), und in einem späten Entwicklungsstadium der Knospe tritt eine Veränderung des Zellhabitus ein. Die Zellgrenzen verschwinden, die Plasmaleiber der einzelnen Zellen verschmelzen zu einer homogenen Masse, die Kerne rücken nach der Peripherie des neugebildeten Organs und zuletzt erhält das Plasma im mittleren kernlosen Bezirk eine körnige Be- ' 35* 540 00 Asajiro Oka, schaffenheit (Punktsubstanz, Fig. 30 und '31 g). Was die Herkunft E dieser Zellen betrifft, so entstammen sie der Körperwand und zwar gehen sie durch Proliferation des dorsalen, oberhalb des hypophysären Rohres gelegenen Epithels hervor (Fig. 33). Dieser Vorgang vollzieht sich schon in den Stadien, in welchen das Rohr noch ein sehr weites Lumen zeigt, und kann nur in günstigen Fällen beobachtet werden, denn die Zellen verlieren sehr rasch den Zusammenhang mit den Epithelzellen, von denen sie sich abspalten, und wandern einzeln oder gruppenweise rechts und links um das Rohr herum und sammeln sich an der unteren Seite desselben. Das Gehirn, von welchem je ein Nervenstamm nach vorn und hinten abgeht, wird durch mehrere dünne, spindelförmige Zellen in seiner Lage fixirt. Die Entstehung der Nerven in der Knospe habe ich nicht beobachtet, doch wachsen sie höchst wahrscheinlich aus dem Gehirn hervor. Die Bildung aller derjenigen Organe, welche dem Ektoderm ent- stammen (Gehirn, In- und Egestionsrohr) ist in so fern eigenthümlich, als in allen Fällen zunächst eine Anhäufung von Zellen auftritt. Dies erscheint jedoch weniger auffallend, wenn man das sonstige Verhalten der ektodermalen Zellen in Betracht zieht. Alle diese Zellen besitzen die Fähigkeit, sich amöboid zu bewegen, und wenn z. B. ein Theil der ektodermalen Körperwand verletzt wird, verlassen benachbarte Ele- mente einzeln ihre Stelle, kriechen nach der Wunde hin und ersetzen die verlorenen Theile. Bezüglich dieses Verhaltens, welches schon von Deıra VALLE genau beschrieben worden ist, zeigen die ektodermalen Zellen der Aseidien einige Ähnlichkeit mit den Leukoeyten der höhe- ren Thiere. | Über die Entwicklung der Muskeln in der Knospe kann ich mich kurz fassen, da bei unseren Thieren die einzigen wohldifferenzirten Muskeln die Sphincteren der beiden Öffnungen sind. Die Fasern gehen vermuthlich in beiden Fällen aus den den Blutraum durchsetzenden spindelförmigen Zellen hervor, und ordnen sich ringförmig um die äußere Oberfläche des In- und Egestionsrohres an, ohne jedoch ihre gegenseitige Selbständigkeit zu verlieren. Geschlechtsorgane. In den Knospen werden regelmäßig Eier von verschiedenem Alter angetroffen. Sie schwimmen für gewöhnlich frei im Blutraum, nicht selten werden sie aber durch die Blutströmung in junge Knospen und in die Endkolben der ektodermalen Ausstülpun- gen gerissen und bleiben hier zwischen den Epithelschichten hängen. Ein besonderer Eierstock ist nicht vorhanden, vielmehr entstehen die 4 Eier in der Wand des Peribranchialsackes, und verlassen dieselbe als ° © Über die Knospung der Botrylliden. 541 kleine, runde Zellen, welche von einer oder zwei dünnen Follikelzellen umgeben sind. Die Zahl der Follikelzellen nimmt mit der fortschreiten- den Reife der Eizellen zu, bis schließlich die letzteren von einer epithelartigen Schicht umhüllt sind. Eine besondere Öffnung für das Heraustreten der Eier aus dem Stocke giebt es nicht, vielmehr werden sie erst bei der Auflösung der ganzen Kolonie frei. Einen Oviduct nach Art des von Drrra Varze abgebildeten konnte ich nicht finden. Eben so wenig gelang es mir in den zahlreichen Kolonien, welche ich untersuchte, Hoden zu finden. Wahrscheinlich treten diese Organe erst auf, wenn die Knospungsperiode der Stöcke zu Ende geht und ihre Produkte werden zugleich mit den Eiern in das Wasser entleert. Die Stöcke von Botryllus haben nur eine einjährige Lebensdauer, sie treten im Anfang des Sommers auf und gehen im darauf folgenden Frühjahr zu Grunde. Beiläufig stimmt das periodische Auftreten der Botryllus-Stöcke vollkommen überein mit dem Lebenscyklus der Zosteren, auf welchen sie sich, wie erwähnt, vorzugsweise ansiedeln. Alle von mir untersuchten Stöcke waren in voller Knospung begriffen, aber bezüglich der Geschlechtsreife befanden sie sich noch auf einem sehr jungen Stadium: man könnte demnach die ontogenetische Ent- wicklungsstufe eines knospenden Ascidienstockes in Analogie setzen zu der eines noch nicht geschlechtsreifen, solitären Thieres. Fasst man die ganze Geschichte der Knospenentwicklung zusam- men, so wird man meines Erachtens ohne Weiteres zu der Annahme der mesodermalen Natur des Peribranchialsackes geführt. Die Art und Weise, in welcher die beiden seitlichen Anlagen dieses Organs aus Ausstülpungen des Darmsackes hervorgehen, erinnert uns an die Bildung des CGoeloms bei Amphioxus, welche in allen wesent- lichen Punkten mit der ersteren übereinstimmt. Es ist nicht meine Ab- sicht, hier die Frage weiter zu erörtern, ob die Tunicaten ein wirkliches Coelom besitzen, aber so viel man aus der Knospung schließen kann, scheint in der That der Peribranchialraum die sekundäre Leibeshöhle darzustellen. Der Blutraum steht in kontinuirlichem Zusammenhang mit der Furchungshöhle und stellt also die primäre Leibeshöhle dar; die Pericardialhöhle endlich entsteht bei Botryllus unabhängig vom Peribranchialraum, sie dürfte aber trotzdem als analoge Bildung und demnach als selbständiger Abschnitt der sekundären Leibeshöhle zu betrachten sein. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung kann die Knospenent- wicklung bei den Botrylliden folgendermaßen zusammengefasst werden. 1) Die Knospe entwickelt sich aus zwei Schiehten, einer ektodermalen 542 Asajiro Oka, und einer ento-mesodermalen. 2) Das Mesoderm trennt sich vom Entoderm unter Bildung von seitlichen Ausstülpungen ab. 3) Aus dem Ektoderm entwickeln sich die äußere Körperwand, das In- und Egestionsrohr und das Gehirn. 4) Aus dem Entoderm entwickeln sich der ganze Darmtractus, der Kiemensack und die Hypophysis mit Zwischenrohr und Flimmergrube. 5) Aus dem Mesoderm entwickeln sich der Peribranchialsack und das Herz. 6) Die Propagationszellen befinden sich in der Wand des Peribranchialsackes und demgemäß entstehen in derselben einerseits die Eier und andererseits der ento- mesodermale Theil der Knospe. Die Anlage der Knospe ist, wie erwähnt, in zwei verschiedenen Geweben enthalten. Während aber der eine Theil der Anlage als lokale Verdickung der Peribranchialsackwand sich von den jüngsten Stadien des Mutterthieres bis zum Beginn der Knospung verfolgen lässt, wandelt sich die dünne Ektodermschicht, welche in die Knospen- bildung eingeht, erst sekundär wieder in ein kubisches Epithel von embryonalem Habitus um. Dies ist ein Beleg dafür, dass ein an- scheinend stark differenzirtes Gewebe unter Umständen den embryo- nalen Typus wieder erlangen und im Tochterindividuum den ver- schiedenartigsten Geweben den Ursprung geben kann. IV. Die Stockbildung bei Botryllus. Die frühesten Stadien der Stockbildung bei Botryllus wurden schon von Kronn genau beschrieben, so dass ich mich auf ihn beziehen kann. Nach Kronn ordnen sich die vier Individuen, welche aus dem ersten aus dem Ei entwickelten Individuum durch Knospung ent- stehen, in der Weise an, dass ihre kloakalen Öffnungen gegen einander liegen, und bilden damit das erste System. An dieses Stadium, in welchem sich eben das erste System gebildet hat, schließen sich meine eigenen genaueren Beobachtungen an. Zu Anfang des Sommers findet man häufig auf jungen Blättern der Zostera ganz junge Kolonien von Botryllus, welche je nur aus einem System bestehen. Die Zahl der Individuen ist gewöhnlich vier bis sechs. Jedes Individuum erzeugt jetzt zwei, seltener eine Knospe, und rückt während des Wachsthums derselben mehr und mehr von seinen Nachbarn weg. Nach dem Tod der Muttergeneration, welcher bald erfolgt, sieht man die jüngeren in ein System, häufiger aber noch in zwei gleich große oder ungleich große Systeme sich zusammenlagern. Der letztere Fall kommt dann zu Stande, wenn die Zahl der Individuen zu groß wird, um ein ein- ziges System zu bilden, und nimmt mit einer sanduhrförmigen An- ordnung der Individuen seinen Anfang. In einem dritten Fall bilden en a a > Über die Knospung der Botrylliden. 543 diejenigen Individuen, welche näher dem Centrum liegen, oder welche ihren Genossen im Wachsthum vorangehen, ein System, während die mehr peripherisch gelegenen noch weiter nach außen gedrängt wer- den und einzeln außerhalb des Systems in seinem Umkreis liegen bleiben. Jedes Individuum erzeugt wieder zwei Knospen. Eine davon tritt gewöhnlich an die Stelle der Mutter, wenn die letztere abstirbt, während die andere das mütterliche System verlässt, um irgendwo in die Bildung eines benachbarten Systems einzutreten. Manchmal kommt es auch vor, dass ein Tochterindividuum den Tod der Mutter nicht abwartet, vielmehr sich neben ihr in das alte System einreiht. Dies ist sehr häufig zu beobachten, wenn das betreffende System eine geringe Anzahl von Individuen enthält. Diejenigen Knospen, welche im alten System keinen Platz gefunden haben, und demgemäß beim Zusammenschluss desselben außerhalb desselben geblieben sind, ver- einigen sich mit ihren Genossen, mit ihren eigenen Töchtern oder mit den Töchtern der ersteren zu neuen Systemen. Es gilt anscheinend keine besondere Regel für die Bildung der Systeme, vielmehr sind es immer die einander zunächst benachbarten Individuen, welche sich zu einem solchen sammeln. Ein neu gebildetes System enthält nur eine geringe Anzahl von Individuen, gewöhnlich deren drei oder vier, manchmal sogar nur zwei. Da aber bei jedem Auftreten einer neuen Generation die Zahl der Individuen sich verdoppelt, so kommt es im Verlauf einiger Gene- rationen zu einem typischen System von acht oder neun Individuen, neben welchen eine Anzahl von Anlagen neuer Systeme auftritt. In dieser Weise werden in kurzer Zeit mehrere Systeme gebildet, und demgemäß nimmt die Größe des Stockes immer zu. An den freien Rändern des Stockes findet man, wie früher er- wähnt, eine große Menge von ektodermalen Gefäßen, welche unauf- hörlich Tunicabestandtheile abscheiden, und in Folge dessen werden die jungen Systeme von je drei oder vier Individuen immer mehr aus einander gerückt. In dieser Weise finden die neuen Systeme Raum genug, um sich vollständig zu entwickeln. Mit fortschreitendem Wachsthum des Stockes erscheinen an einem und demselben Einzelthiere oft auch mehrere Knospen; manchmal findet man Individuen, welche bis zu sechs Knospen hervorgebracht haben. Wie früher erwähnt, erscheinen die Knospen an beiden Seiten der Mutter, und wenn an derselben zwei, vier oder sechs Knospen 'hervorsprießen, so erscheinen sie gleichmäßig auf die linke und rechte Seite der ersteren vertheilt. Wenn aber die Zahl: der Knospen eine Be LE u 5 ie: 544 Asajiro Oka, ungerade ist, so findet man immer eine Knospe mehr an der rechten Seite (Fig. 39), und wenn überhaupt nur eine Knospe vorhanden ist, so befindet sie sich gleichfalls auf dieser Seite. Selbst wenn die Zahl der Knospen auf beiden Seiten gleich ist, weisen die Knospen der rechten Seite ein höheres Stadium der Entwicklung auf im Vergleich zu den symmetrisch gelegenen der linken Seite. Der Stock wächst am liebsten in einer und derselben Ebene fort. Erst wenn die ganze Oberfläche des Substrats, so weit sie in eine und dieselbe Ebene fällt, bedeckt ist, sucht sich der Stock eine andere Wachsthumsrichtung aus, und zwar diejenige, in welcher das weitere Wachsthum am leichtesten ausgeführt werden kann. Auf den Blättern der Zostera marina z. B. ist jeder Stock entsprechend der Form des Substrats bandförmig, da naturgemäß am Rand des Blattes sein Wachs- thum aufhört, und das ganze Ausdehnungsbestreben des Stockes sich auf die Längsrichtung des Blattes koncentriren muss. An den beiden Enden des bandförmigen Stockes findet man also je eine Region, wo sich die Knospungsprocesse am lebhaftesten vollziehen. Hier erzeugen die Individuen je mehrere Knospen auf einmal, während an anderen Stellen an jedem Mutterthier nur eine einzige Knospe zum Vorschein kommt, oder wenn zwei erzeugt werden, nur die eine zur vollständigen Entwicklung gelangt. Die Lebensdauer eines Einzelthieres ist sehr kurz im Vergleich mit der des Stockes, und folglich tritt im Laufe eines Jahres eine größere Anzahl von hinter einander folgenden Generationen auf. Die Stelle der abgestorbenen Mutter wird gewöhnlich, wie erwähnt, von der einen oder anderen ihrer eigenen Töchter eingenommen. Der Knospungsprocess findet zwar in allen Theilen des Stockes statt, aber nur da, wo der Stock sich weiter ausdehnt, tritt eine Vermehrung der Zahl der Individuen ein, während im Übrigen durch die Knospung nur ein Wechsel der Individuen verursacht wird. Wenn man so die ganze Entwicklung des Stockes übersieht, so kommt man zum Schlusse, dass ursprünglich jedes Individuum. die Fähigkeit hatte zwei Knospen zu erzeugen und ihnen bis zu ihrer vollständigen Ausbildung als Amme zu dienen, aber da die Grenze, bis zu welcher die Zahl der Individuen in einem gewissen Raum sich vermehren kann, bald erreicht wird, so übernehmen die am freien Ende des Stockes befindlichen Individuen die propagatorische Funktion ihrer Genossen und erzeugen zu gleicher Zeit mehrere Knospen, während die letzteren nur je eine Knospe her- vorgehen lassen und sich mehr oder weniger auf die Funktion der Er- nährung des Gesammtstockes beschränken. Freiburg i. Br., Februar 1892. Ze Ba ie r 4 h % Über die Knospung der Botrylliden. 545 Erklärung der Abbildungen. Folgende Buchstaben haben in allenFiguren dieselbe Bedeutung: a, Anus; inb, inneres Blatt der ursprünglichen äb, äußeres Blatt der ursprünglichen Knospe; Knospe; int, Dünndarm; ba, io, Ingestionsöffnung; bb, Ja Arten der Blutkörperchen; kn, Knospe; bc, kz, Knospungszone; bir, Blutraum ; m, Magen; c, Coecum; mf, muskelartige Zellen im Blutraum; d, Darm; pbr, Peribranchialraum; dk, Darm-Kiemensack ; pc, Pericardium; ec.f, ektodermale Fortsätze; r, Rectum; ect, Ektoderm;; rd, Rectaldrüse ; s end, Endostyl; ti, Tentakel; es, Egestionsöffnung; ikr, Tentakelkranz ; g, Gehirn; tr, Trabekel; h, Herz; tu, Tunica; ha, Herzanlage ; tu.r, Einkrempungen der Tunica; hp, Nebendrüse des Gehirns; wp, Wimperwulst. Mit Ausnahme der Fig. 46 und 36 sind die Figuren mit Hilfe des Zeichen- prismas Konstruirt. Tafel XX. Fig, 4. Ein System von sechs Einzelthieren mit Knospen und ektodermalen Fortsätzen. cl, gemeinsame Kloakalöffnung. Zeıss 2, aa. Fig. 2. Ektodermale Zellen in der Tunica. Zeıss 2, F. Fig. 3. Querschnitt eines ektodermalen Fortsatzes mit darin flottirenden Blut- körperchen. SEIBERT A, V. Fig. 4. Längsschnitt eines Endkolbens in der wachsenden Region des Stockes, SEIBERT A, V. Fig. 5. Schnitt durch eine Knospe, aus welcher eine Tochterknospe eben her- vorgeht. Man sieht den Rest der Knospungszone kz. ZEıss 2, D, Fig. 6. Schnitt durch die Knospungszone und die ektodermale Schicht einer jungen Knospe. Zeıss 2, F. Fig. 7. Schnitt durch eine Knospe, welche im Begriffe ist, eine Tochterknospe zu erzeugen, SEIBERT A, V. Fig. 8. Querschnitt einer ganz jungen Knospe. Man bemerkt die Verdickung der äußeren Haut an der dorsalen Seite, aus welcher später die ektodermalen Or- gane hervorgehen. SEIBERT A, V. Fig. 9, Querschnitt des distalen Theiles einer etwas weiter entwickelten Knospe, SEIBERT A, V. Fig. 40 und 44, Zwei Querschnitte einer Knospe von demselben Stadium wie 546 ° Asajiro Oka, Fig. 9. Fig. 40 Querschnitt des mittleren, Fig. 44 des proximalen Abschnittes. Seı- BERT A, V. Fig. 12. Schnitt durch eine Knospe mit drei Tochterknospen. Zeıss 2, D. Fig. 43. Längsschnitt einer Knospe. Die Ingestionsöffnung ist bereits vor- handen. Die Ganglionzellen haben sich unterhalb der rohrförmigen Anlage der Hypophysis gesammelt. Die letztere ist jetzt an den beiden Enden offen. SEIBERT AV: | Fig. 14. Querschnitt der ausgewachsenen Kieme. Zeiss 2, F. Tafel XXI. Fig. 45. Einzelthier von Botryllus, von oben gesehen. Die Kiemenwandung, der hintere Abschnitt des Endostyls und das Verdauungssystem scheinen durch die obere Körperwand durch. Zeıss 2, A. Fig. 46. Darmtractus einer vollendeten Knospe. Aus Schnitten rekonstruirt. Zeiss 2, DD. Fig. 47. Querschnitt einer Knospe. Die Herzanlage ist noch kugelförmig. SEI- BERT A, V, Fig. 48. Theil eines Schnittes durch ein ausgewachsenes Thier. Diese Figur stellt die neben der Einfuhröffnung liegende Region der Körperwand dar. Zeıss 2, ? Fig. 49 und 20. Zwei Querschnitte einer jungen Knospe, aus einer Serie. In Fig. 20 ist die Herzanlage als eine solide Wucherung der Wand der inneren Blase zu bemerken. SEIBERT A, V. Fig. 24,22 u.23. Drei Schnitte einer etwas weiter entwickelten Knospe. Hier weist die Herzanlage schon ein Lumen auf. SEıBERT A, V. Fig. 24. Schnitt einer Knospe mit zwei Tochterknospen. Die Entwicklung des Herzens ist beinahe vollendet. Zeıss 2, D, Fig. 25. Theil eines Schnittes durch ein ausgewachsenes Thier, In dieser Figur sieht man einen Querschnitt des Herzens. Zeıss 2, F, / Fig. 26. Schnitt durch das Rectum und die Rectaldrüse, Zeiss 2, F. Fig. 27. Querschnitt des Endostyls. Zeıss 2, F, Tafel XXI. Fig. 28, Schnitt durch eine Knospe, in welcher sich die Egestionsöffnung eben gebildet hat. SEIBERT A, V. Fig. 29. Theil eines Längsschnittes einer Knospe mit Gehirn und Hypophysis. SEIBERT A, V. Fig. 30. Dasselbe von einer etwas älteren Knospe. SEIBERT A, V. Fig. 34. Theil eines Längsschnittes durch ein ausgewachsenes Thier mit Ge- birn und Hypophysis. Zeıss 2, F. Fig. 32. Schnitt durch eine Knospe. Die Anlage des Gehirns und die des Endo- styls sind zu bemerken, SEIBERT A, V, Fig. 33. Querschnitt der oe und der an ı ihr liegenden Ekto- dermschicht. SEBERT 4, Immers, Nr. 7. Fig. 34. EinEiim nn eines ektodermalen Fortsatzes flottirend. ZEıss2,F. Fig. 35. Längsschnitt zwei gegenüber liegender Individuen eines Systems. tu.r, Abschnitte der Tunica, die nach innen gekrempt sind. Zeıss 2, aa. Fig. 36. Schematische Darstellung eines Einzelthieres von Botryllus. tuw.r, wie in Fig. 35. Um sämmtliche Organe in ihrer gegenseitigen Lagerung zur Anschauung zu bringen, ist die (in Bezug auf das Auge) vordere Hälfte der Körperwandung ab- Über die Knospung der Botrylliden. 947 gehoben, eben so der obere Theil der vorderen Kiemenwand. Ferner ist bei Hein rinsförmiger Abschnitt der Magenwandung herausgeschnitien worden, um die inneren Längsfalten des Magens zur Ansicht zu bringen. Endlich wurde zwischen Y und Zein Stück des Rectums herausgenommen, um einerseits die im Inneren der Rectalwandung (im weiteren Sinne) verlaufenden Rectaldrüsenschläuche zu zeigen, andererseits das zwischen Rectum und Magen gelagerte Coecum sichtbar zu machen. Fig. 37. Längsschnitt einer Knospe mit einer Tochterknospe. Die zwei paral- lelen Striche zeigen die Steile der Einfuhröffnung. SEıBerr A, III. Fig. 38. Horizontalschnitt eines Einzelthieres mit fünf Knospen. Die Figur ist aus verschiedenen Schnitten zusammengesetzt. Die Knospen sind nach ihrem Alter nummerirt. SEIBERT A, Ill. Fig. 39. Schnitt durch eine Knospe mit zwei Tochterknospen. Zeıss 2, D. Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. Von R. Hesse, Halle a/S. Mit Tafel XXIII und XXIV. Diese Arbeit wurde im Zoologischen Institut der Universität zu Halle im Oktober 1890 begonnen. Die Anregung dazu gab mir mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor Dr. GrRENACHErR, der sich früher selbst mit diesem Stoffe beschäftigt hatte und mich somit von vorn herein auf verschiedene wichtige Punkte hinweisen konnte, die vorher noch nicht in der Litteratur berührt waren. Derselbe hat mir auch im ganzen Verlaufe der Untersuchung mit seinem sachkundigen Rathe und seinen ausgedehnten Erfahrungen zur Seite gestanden und hat so einen großen Antheil am Zustandekommen dieser Arbeit. Auch an dieser Stelle sage ich ihm meinen herzlichsten Dank. — Auch dem Assistenten am Zoo- logischen Institut, Herrn PrivatdocentDr. Brandes, bin ich, insbesondere für mannigfache praktische Winke, zu großem Danke verpflichtet. Die ältere Litteratur über das Nervensystem der Nematoden, welche in der Hauptsache nur historisches Interesse hat, ist von SCHNEIDER, Leuckarr und BürscaLı genugsam behandelt, so dass ich sie hier über- gehen kann. Die Untersuchungen von ScHNEIDER, zusammengefasst in seiner Monographie der Nematoden (p. 222—231), haben zuerst einen festen Grund für unsere Kenntnis dieses Systems geschaffen, auf dem man weiter bauen konnte; er stellte als Erster unzweifelhaft fest, dass von dem Nervenring nach hinten die Hauptnerven in den Medianlinien verlaufen, dass der Bauchnerv noch anderweitig mit dem Nervenring in Verbindung stehe, dass die Mediannerven durch Kommissuren ver- bunden sind, dass vom Nervenring sechs Nerven nach vorn gehen und dort an Sinnesorgane der Lippen treten, und wie sich die Verhältnisse am männlichen Schwanzende verhalten. Seine Entdeckungen, die sich Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 2 549 durch Lrvucrarr's gleichzeitige Untersuchungen in einzelnen Punkten er- gänzen, wurden von Bürscatı (1) erweitert, besonders durch speciellere Angaben über die Nervenverhältnisse in der Gegend des Nervenrings; Bürseri findet auch die Sublateralnerven, die er jedoch nicht durch das ganze Thier verfolgen kann. Josern (1) theilt Angaben über den Ursprung der Bursalnerven und die Nervenverhältnisse des männlichen Schwanzendes mit. Diese Mittheilungen stimmen überein mit den Re- sultaten der Ronpr’schen Untersuchungen, welcher zuerst den Analring des Männchens findet und die schon von Leuckarr erwähnten radiär ge- streiften Ganglienzellen behandelt. Joszru (2) bespricht den Ursprung des Bauchnerven mit doppelter Wurzel aus dem Nervenring, und findet bei einem jungen Ascariden einen doppelten Bauchstrang. Die Resul- tate dieser Forschungen zusammenfassend, versucht BürscuLı (2) die Herleitung des Nematodennervensystems von dem der Plattwürmer. CGoss’s Untersuchung über das Nervensystem zweier von ihm neu be- schriebener Ascariden, von ihm selbst als eine unvollständige bezeichnet, bringt Angaben, die mit den über das Nervensystem von Ascaris mega- locephala und lumbricoides bekannten Thatsachen wenig übereinstim- men; da sich dieselben jedoch auf andere als die von mir untersuchten Thiere beziehen, werde ich nur beiläufig auf sie eingehen. Im Allge- meinen kann ich erst bei den einzelnen Theilen der nachfolgenden Un- tersuchungen auf die eventuelle Verschiedenheit oder Übereinstimmung meiner Resultate mit denen der erwähnten Forscher hinweisen. Zur Untersuchung des Nervensystems von Ascaris megalocephala benutzte ich in der Hauptsache Querschnitte, doch auch hier und da (Lippen, Nervenring) Längsschnitte mit Vortheil. DasMaterial, welches durch Sublimatlösung, Wasser von 60° C., Chromosmiumessigsäure, 1/9%/,ige Osmiumsäure, Pikrinschwefelsäure und 96°/,igen Alkohol fixirt war, erwies sich bei der Weiterbehandlung nach der Paraffineinbettungs- methode als unzulänglich, da die Nerven stark schrumpften; nur bei einem mit Sublimat und bei einem mit Wasser von 60° vorbehandelten Präparat sind, wie durch Zufall, ein Theil der Nerven ungeschrumpft geblieben. Im Übrigen bleiben nur die Ganglienzellen bei diesen Me- thoden deutlich. Auch frisch in !/, und 1 %/,igen Lösungen von Chromsäure einen Tag lang, in solchen von chromsauren Salzen eine Woche lang gehärtete Objekte ertrugen die Paraffineinbettung nur schlecht; wohl aber gaben sie gute Bilder bei der Einbettung in Celloidin. Nur altes, in Chromsäure nach nicht genau zu ermittelnder Methode fixirtes Ma- terial gab auch bei Einbettung in Paraffin vollkommen ungeschrumpfte Nervenquerschnitte. Ich kann dies nur auf Rechnung einer gründliche- ren Härtung durch das lange Liegen in Alkohol setzen. Bei den in Cel- 550 R. Hesse, loidin eingebetteten Objekten befolgte ich behufs Erlangung von Serien die Arırav’schen Angaben (Mittheil. der Zool. Station zu Neapel VII, p. 742) mit einigen kleinen Abweichungen. Einen die Nerven charakte- ristisch färbenden Stoff vermochte ich nicht aufzufinden, trotz mannig- facher Versuche. Ich habe mich schließlich bei den Chromsäurepräpa- raten mit Erfolg der Färbung mit GrenacnHer’s Boraxkarmin bedient, wobei dieNerven nur einen schwach rosa Anhauch bekommen und sich so von dem übrigen, intensiv roth gefärbten Gewebe abheben; die Ganglienzellen färben sich etwas stärker. Durchfärbung glückte mir nur bei ganz kleinen Stücken; ich benutzte auch hierzu Boraxkarmin. Als sehr lohnend für das Studium der in der Subecuticula liegenden Theile des Nervensystems, für manche sogar als unentbehrlich erwies sich die Anfertigung von Flächenpräparaten, von denen die Muskulatur abpräparirt wurde. Ich verwandte zu solchen Präparaten frisch in Chromsäure oder besser deren Salzen fixirtes Material, nachdem ich dasselbe I—2 Tage in Wasser oder ganz schwachem Alkohol ausge- waschen und zugleich etwas macerirt hatte. Es lässt sich alsdann, wie schon ScHnEIDer angiebt, die Muskulatur sehr leicht vermittels einer feinen Pincette abziehen. Bei versuchter Härtung dieser Flächenpräpa- rate bekam ich höchst unangenehme Schrumpfungen ; desshalb legte ich dieselben in Glycerin ein. Mit Boraxkarmin gefärbte Flächenpräparate zeigen die Subcuticularnerven in außerordentlicher Schärfe und Deut- lichkeit; besonders ist die Färbung bei den Präparaten vom männlichen Schwanzende wegen der Dichtigkeit des Nervenverlaufs sehr dienlich zur Orientirung. Die Flächenpräparate ohne vorheriges Fortpräpariren der Muskulatur, wie sie bisher besonders zur Feststellung des Nerven- verlaufs in der Gegend des Nervenrings angewandt wurden, müssen bei der Straffheit des Gewebes in dieser Gegend nothwendig zu Zer- reißungen führen, die durch den bei der Auflage des Deckglases noth- wendigen Druck nur noch vermehrt werden. L£uckarr sieht die SchnEI- per’schen Ganglia ventralia dispersa als Produkt solcher Zerreißungen an. Einen Beleg dafür giebt auch Bürscaur's (1) Figur 4, wo die in der Bauchlinie liegenden Ganglienzellen durch die dem Zerreißen wider- strebende bindegewebige Brücke, welche das Exkretionsgefäß trägt, nach links aus der Bauchlinie herausgezerrt sind. — Totalpräparate von jungen Thieren konnte ich nur ganz wenige machen; sie haben mir nicht viel Aufschluss gegeben. Keinem der bisherigen Untersucher des Nematodennervensystems scheinen ungeschrumpfte Querschnitte von Nerven vorgelegen zu haben. Die Abbildungen von Scuneider, Leverarr und Bürscaur (1) sind offen- bar nach geschrumpften Präparaten gemacht. Auch die Angaben von a tr 23 ei 7, u Über das Nervensystem von Astaris megalocephala. 551 Josern (1), dass ihm die Kontouren der Nervenfasern auf Querschnitten in spitzem Zickzack erschienen, und Ronpe’s Annahme einer Längsstreifung der Ascaridennerven lassen auf Schrumpfungen schließen. Die Nerven zeigen im Allgemeinen runde Querschnitte; doch ist durch den gegen- seitigenDruck der neben einander liegenden Nervenfasern diese Gestalt oft mannigfach verändert. Die Subeuticularnerven haben — wohl eben- falls auf Druck zurückführbare — ovale Querschnitte. Eine Längs- streifung der Nervenoberfläche vermochte ich bei Flächenansichten nirgends zu bemerken. Auch zeigen bei Längsschnitten und auf Flächen- bildern die einzelnen Nerven stets eine gleichmäßige Dieke und durch- aus keine varieöse Beschaffenheit, wie Bürscaui (1, p. 77) angiebt. Das Nervengewebe ist homogen und lässt auch bei starken Vergrößerungen keine Spur von Differenzirung erkennen. Die Fasern haben keine ihnen eigenthümlicheHülle;; doch bildet sich häufig um sie eine solche durch herumwucherndes Bindegewebe, und speciell bei den die Lippensinnes- organe versorgenden Nerven tritt eine solche Hülle stets in ziemlicher Dicke auf. Diese Hülle liegt dem Nerven immer dicht an; die gegen- theilige Behauptung Ronpe’s kann wiederum nur in einer Schrumpfung der Nervenfaser ihren Grund haben. Auffallend ist die verschiedene Stärke der Faserquerschnitte; ich habe Querschnitte beobachtet von einem Durchmesser von 5u, bis zu solchen, die 0,054 mm längsten und 0,036 mm kürzesten Durchmesser hatten. Diese Verschiedenheit ist so bedeutend, dass Varicosität (Bütscati, 1, p. 77) schon von vorn herein zu ihrer Erklärung nicht genügen würde. Es lässt sich vielmehr deutlich verfolgen, wie einzelne größere Fasern durch Abspaltung eine kleine Nervenfaser von sich abtrennen, die dann entweder selbständig neben ihnen verläuft, oder sich wieder mit einer anderen Faser vereinigt. Esleuchtet ein, dass bei häufiger Wiederholung solcher Abspaltungen und Wiederverschmelzungen die Dickenverhält- nisse der Fasern sehr wechseln müssen, wie denn auch Querschnitte durch dasselbe Nervenbündel, in nur !/, mm Abstand von einander geführt, ein vollkommen verschiedenes Bild bieten (Fig. 3 a—c). In den Verlauf der Nervenfasern können Ganglienzellen einge- schaltet sein; dies ist besonders da der Fall, wo es sich um Abgabe einer stärkeren Faser handelt, während die ursprüngliche Nervenfaser in ihrer Stärke ziemlich erhalten bleibt (Bauchnerv, Bursalnerv). Von diesen funktionell verschieden sind wohl die großen kompakten Gan- glienzellen, die sich hauptsächlich in den Nervencentren finden. Die- selben senden zwei oder mehrere Fortsätze aus; unipolare, von denen SCHNEIDER (p. 223) spricht, habe ich nicht gesehen. Die größte dieser Zellen maß 0,12 mm in die Länge und 0,09 mm in die Breite, also fast 552 R. Hesse, noch einmal so viel als die von LrucKART (p. 28) gemessene. Die Kerne der Ganglienzellen zeichnen sich vor denen des übrigen Gewebes nicht durch bedeutende Größe aus; sie haben, wie jene, meist nur ein stark lichtbrechendes Kernkörperchen. Diese Ganglienzellen fallen durch ihre Struktur ganz besonders auf: im Protoplasma zeigen sich nämlich chromatophile Elemente in radiär von der Peripherie der Zelle nach dem Kerne zu verlaufenden Linien angeordnet, so dass die Zellen auf Schnitten radiär gestreift erscheinen. Die Streifen sind am Rande am deutlichsten, und lassen sich meist nur halbwegs bis zum Kern verfolgen (Fig. 2); sie machen bei der Betrachtung von der Fläche her den Ein- druck von Punkten. Schon Leuckart (p. 28 Anm.) erwähnt die Struktur dieser Ganglienzellen, welche Roune genauer bespricht. Letzterer stellt die radiäre Streifung als Fortsetzung einer Längsstreifung der Nerven- fasern dar, die ich jedoch schon oben als Schrumpfungsprodukt be- zeichnet habe. Wenn er sagt, dass solche Ganglienzellen bisweilen ganz in Fasern zerfallen, oder dass die Fibrillen aus denselben heraus- und in das umgebende Gewebe eintreten, so hat er offenbar geschrumpfte Präparate vor Augen gehabt; ich habe ebensolche Bilder bei Sublimat- material bekommen: die radiären Fäden setzen der Schrumpfung einen größeren Widerstand entgegen als das zwischenliegende Protoplasma, und daher entstehen Bilder von sternförmigen Zellen mit dünnen Aus- strahlungen. Bei Chromsäurepräparaten bekam ich nie ein derartiges Bild. Die Innervirung der Muskulatur geschieht so, dass nicht die Ner- ven die Muskeln, sondern diese die Nerven aufsuchen, und zwar ist es der plasmatische Inhalt der Muskelzellen, der sich zu langen Fort- sätzen auszieht. Dieselben verlaufen auf dem kürzesten Wege nach der ihnen zunächst liegenden Medianlinie, zum Theil auch nach der Sublaterallinie; hier umbiegend, begleiten sie meist erst eine Strecke weit die Nervenlinie, so dass sich diese auf dem Querschnitte von einer Fülle von Muskelfortsätzen umgeben zeigt (Fig. 9). In den Muskel- fortsatz tritt eine feine Nervenfaser ein, die sich aber in demselben nicht weiter verfolgen lässt, sondern vollkommen in ihm aufgeht. Am deutlichsten ist diese Verbindung der Muskelfortsätze mit den Nerven auf Querschnittserien durch die Sublaterallinien kurz hinter dem Ner- venringe zu erkennen, wo wegen der geringen Anzahl der Nerven- wie der Muskelelemente eine größere Klarheit herrscht als in den Median- linien. Es spaltet sich von einer der beiden neben einander liegenden Nervenfasern, gewöhnlich auf der äußeren Seite, eine dünne Faser ab, die dann zwischen jenen beiden hindurch- und mit dem Muskelfortsatze in Verbindung tritt. — Hier muss also das Plasma der Muskelzelle den METER ‚Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 559 Nervenreiz oft eine beträchtliche Strecke weit bis zur kontraktilen Hülle der Zelle leiten. Für die Bestimmung der Richtung der Nerven habe ich einige Male als Kriterium angewendet, dass der Nerv nach der Seite gerichtet ist, wo die von ihm abgehenden Nebenästchen den kleineren Winkel mit ihm bilden; je spitzer dieser Winkel ist, um so größer ist die Wahr- scheinlichkeit der Folgerung; denn es ist ja höchst unwahrscheinlich, dass ein abgegebener Nebenast unvermittelt in fast entgegengesetzter Richtung verläuft als der Hauptast. Eine durchaus beweisende Kraft kann ich freilich dieser Erwägung nicht beimessen. Die Anzahl und Übereinstimmung der einzelnen Fälle haben hier verstärkende Wir- kung; auch sind die so erlangten Ergebnisse durch anderweitige Über- legungen von mir bestätigt worden. Die Centralstelle des Nervensystems bildet der Nervenring; dieser legt sich, in einer Entfernung von 1 !/,—2 mm vom Vorderende, um den Pharynx herum, dem er sich dicht anschmiegt. Er ist von den mei- sten der angeführten Autoren genauer beschrieben. ScuHxeipder’s An- gabe, dass er nur acht Fasern enthalte, ist von Bürscauı berichtigt, der ihm 40—50 zuschreibt; ich zählte auf einem Querschnitte 55 Fasern. Die Muskulatur, welche vor dem Nervenringe liegt, erhält dort keine Innervation, sondern alle diese Muskelzellen senden ihre Fortsätze direkt an den Nervenring; auch hiervon findet sich eine genaue Be- schreibung bei Bürscausı (1). Vom Nervenring gehen nach vorn sechs Nerven, nach hinten treten in jeder der vier Längslinien Nerven aus ihm heraus. (Coss findet acht nach vorn ziehende Nerven.) Die Zahl der Ganglienzellen im Nervenringe selbst ist eine beschränkte; es liegen solche fast nur an den Stellen, wo der Rücken- und Bauchnerv nach hinten abgehen, und auch da treten die Nervenfasern meist direkt aus dem Ringe in die Nervenstränge über. In die vom Nervenringe nach vorn verlaufenden Nerven ist meist kurz nach ihrem Ursprunge aus demselben eine kleine Ganglienzelle eingeschaltet. Die aus der hinteren Seite des Nervenringes zur Bildung des Bauch- stranges austretenden Nerven kommen theils von rechts, theils von links, und sind eine kurze Strecke weit durch einen schmalen Binde- gewebsstreifen von einander getrennt (Fig. 8 bs). Ich vermag nicht herauszufinden, ob dies die von Bürscaui (1) und Josera (1) angeführten beiden Wurzeln des Bauchstranges sein sollen; jedenfalls muss ich mich den Folgerungen dieser beiden Autoren (Bürscarı [2], Josern [2]), dass »diese getrennten Nervenwurzeln als der letzte Rest einer ehemaligen Gesondertheit des Bauchnerven in zwei Theile« anzusehen seien, ent- schieden widersetzen. Als Stütze dafür dient ihnen eine Beobachtung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 36 554 R. Hesse, von Joszpn (2), der bei einem ganz jungen Exemplare von Ascaris mega- locephala zwei gesonderte Bauchnerven gesehen hat. Ich bin allerdings augenblicklich nicht im Stande, letztere Beobachtung durch Nachunter- suchung zu prüfen, muss aber doch ihre Wahrscheinlichkeit anzweifeln. Denn wäre der Bauchstrang wirklich aus zwei gesonderten Strängen verwachsen, so müsste er, ganz abgesehen von etwa noch im Gewebe zurückgebliebenen Spuren, um die in der Medianebene liegenden Öff- nungen des Exkretionsgefäßes und des weiblichen Geschlechtsappara- tes zu beiden Seiten in gleicher Stärke herumziehen; doch zieht er um den Ausführungsgang des Exkretionsgefäßes in zwei sehr ungleichen Ästen herum, an der Vulva aber geht er ungetheilt seitlich vorbei. In den Seitenlinien münden die aus dem Nervenringe austretenden Nerven in eine größere Anzahl radiär gestreifter Ganglienzellen ein, so dass man hier von dem Ringe anliegenden Seitenganglien sprechen kann (Fig. 1). Diese Seitenganglien senden ihre Nerven — so weit ich absehen kann, alle — zum Bauchnerven, und zwar auf zwei Wegen: der eine Theil verläuft dicht hinter dem Nervenring mit diesem parallel in der Subeuticula, in einem breiten Bande von etwa 13 neben ein- ander liegenden ungleich dicken Nervenfasern. Man kann dieselben am besten auf Flächenpräparaten, aber auch auf Querschnitten deutlich verfolgen; Fig. 8 zeigt ihren Eintritt in die Bauchlinie. Ich habe dieses Nervenbündel als subeuticeularen Lateroventralnerven bezeichnet. Herr Professor GRENACHER hat dasselbe bei früheren, nicht veröffentlichten Untersuchungen schon gesehen und von Anfang an meine Aufmerk- samkeit darauf gelenkt. Der andere Theil der Nerven des Seitengan- glions benutzt, um zur Bauchlinie zu gelangen, die Bindegewebsbrücke, in welcher die beiden Äste des Exkretionsgefäßes nach dem bauch- ständigen Porus desselben konvergiren. Im Verlaufe dieses Lateroven- tralbündels liegen, eben so wie bei seiner Einmündung in die Bauchlinie, eine Anzahl radiär gestreifter großer Ganglienzellen; die letzteren halte ich für Scuxeiver’s Ganglion cephalicum. — Man müsste also von einem fünf- bezw. sechsfachen Ursprung des Bauchnerven sprechen. Außer den beiden Hauptnerven gehen nach hinten noch kleinere Bündel in der Subeuticula, zu beiden Seiten der Seitenlinien, die sog. Sublateralnerven. Schon Bürscauı (1, p. 83) erwähnt den verschie- denen Ursprung dieser Nervenbündel, von denen jederseits das rücken- wärts von der Seitenlinie verlaufende direkt aus dem Nervenring, und zwar ohne Einschaltung einer Ganglienzelle, seinen Ursprung nimmt, wäh- rend das bauchwärts von der Seitenlinie verlaufende aus dem Bauchner- ven dicht vor dem Exkretionsporus entspringt und durch die Subeuticula im Bogen nach seinem Platze neben der Seitenlinie hinüberzieht. FH a b> \ \ _ Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 555 Von den sechs vom Nervenringe nach vorn gehenden Nerven, welche Scuneiper zuerst beschrieben hat, verlaufen je einer in den Seitenlinien, die sog. Seitennerven, die vier übrigen in der Mitte zwischen den Seiten- und Medianlinien, die sog. Submediannerven, Die letzteren liegen dem Pharynx dicht an, die ersteren sind durch Ge- webetheile der Seitenlinie von ihm geschieden. Die Zahl der Nerven- fasern in einem Bündel beträgt sieben bis zehn. Doch scheinen mir im Gegensatz zu Bürsenrır’s Angabe (1, p. 80) die in den Seitenlinien ver- laufenden Bündel nicht stärker zu sein als die anderen. Bestätigen kann ich Bürscazi’s Angabe, dass einige Nervenfasern der Seitenlinie nicht in den Nervenring eingehen, sondern an ihm vorbei nach hinten ziehen, wo ich jedoch ihren Verlauf nicht weiter verfolgt habe (Fig. 4). Diese Nervenbündel innerviren die in den Lippen zu je zwei Paaren liegen- den Sinnesorgane. Von letzteren haben wir zweierlei Arten zu unter- scheiden: einmal die einfachen Lippenpapillen, bei denen das verjüngte Ende des Nerven durch eine Öffnung in der Guticula mit der Außen- welt in Berührung tritt (Fig. 7); diese Lippenpapillen werden durch mehrere Nervenfasern versorgt, wie ich auf Querschnitten deutlich gesehen habe; außerdem finden sich feinere Sinnesorgane, welche durch die Cuticula mittels eines dünnen fadenförmigen Fortsatzes durchtreten (Fig. 6); dieser Fortsatz ist besonders bei Sublimat- und Alkoholpräpa- raten deutlich zu erkennen. Der Übergang des Fortsatzes in den Nerven ist ziemlich schwierig zu verfolgen, weil er verdeckt ist durch eine dicke Membran, welche sich unter der Endigung des Organs im Kreise herum ausspannt. Die Membran ist charakteristisch für diese Sinnes- organe; über ihre gewebliche Natur, ob sie bindegewebig oder musku- lös ist, sowie über ihre Funktion wage ich keine Behauptungen aufzu- stellen. Der an die Lippensinnesorgane herantretende Nerv ist stets von einer dicken bindegewebigen Scheide umgeben; ich glaube aus Querschnitten schließen zu dürfen, dass schon dicht vor dem Nerven- ring die betreffende Nervenfaser vor den anderen durch diese Scheide ausgezeichnet ist. — Wenn Co» die Lippenpapillen als Geschmacks- organe hinstellt, so will ich das hier nur erwähnen, ohne auf eine doch resultatlose Erörterung einzugehen. Die Sinnesorgane sind in den Lippen verschieden gruppirt (Fig. 5): in der Oberlippe liegen jederseits ein Lippensinnesorgan mit einer Pa- pille vereint, und zwar so, dass die Papille von jenem aus nach innen dicht am Rande der oben erwähnten Membran mündet (Fig. 6). In den Unterlippen liegen an der unteren Seite ebenfalls ein Lippensinnesorgan mit einer Papille, die Papille hier jedoch mit Bezug auf die Medianebene der Lippe nach außen an dasselbe angrenzend; nach oben liegen in 36* 556 R. Hesse, den Unterlippen je ein Paar Sinnespapillen, welche aber etwas weiter vorn in denLippen münden als die Lippensinnesorgane (Fig. ! und 5). Wenn man von der Vertheilung auf die einzelnen Lippen absieht, so liegen diese Nervenendigungen vollkommen symmetrisch : die in den Seiten- linien verlaufenden Nervenbündel endigen je in einem Paare Sinnes- papillen, die vier Submediannerven je in einemLippensinnesorgan kom- binirt mit einer Sinnespapille, und zwar so, dass die Papille nach der Medianebene des Körpers zu liegt. — Außer den Endigungen der Nerven nach außen fandich in den Lippen auch Nervenfasern, die frei im Gewebe - unter der Cuticula, im Anfangstheile der Mundöffnung, mündeten. Hier möchte ich gleich zu den von ScuneEider und Bürscaui (1) er- wähnten, doch nicht näher beschriebenen, von BürscaLı aber auf Fig. 1 abgebildeten Halspapillen bemerken, dass ich dieselben auf meinen zahlreichen Flächenpräparaten und auch auf Querschnitten trotz vielen Suchens nicht gefunden habe. Ferner möchte ich hier anfügen, dass Leuckarr in Erwägung zieht, ob nicht ein dem linken Exkretionsgefäßstamm, an dessen Umbiegungs- stelle zum Porus, bauchwärts aniiegendes Bläschen mit starker Hülle und körnigem Inhalt als Gehörorgan aufzufassen sei. Drei ähnliche Bläschen habe ich gefunden in drei dem Enddarm seit- und rückenwärts aufliegenden Gewebepolstern (Fig. 44 op), deren durchaus homogene Struktur übereinstimmt mit dem Gewebe der Wandungen des Exkre- tionsgefäbes. Auch konnte ich keine an das Bläschen herantretende Nerven finden. Es dürften diese Bläschen vielleicht exkretorische Funk- tionen haben. Es sind sechs Nervenbündel, die den Körper in seiner Längsrich- tung durchziehen. Von diesen zeichnen sich zwei, nämlich die in den Medianlinien verlaufenden, durch bedeutende Stärke aus; die vier an- deren, die Sublaterainerven, welche zu beiden Seiten der Seitenlinie in der Subecuticula liegen, enthalten nur zwei bis drei Nerven (Bürscarı [1] ertheilt ihnen vier bis fünf). Von den beiden medianen Nerven ist der Bauchnerv stets der stärkere. Die Zahl der Nervenfasern, welche die- selben zusammensetzen, ist eine sehr wechselnde, entsprechend der oben erklärten wechselnden Dicke der einzelnen Fasern: so schwankt die Fasernzahl des Bauchnerven in der Gegend des Ösophagus zwi-. schen 30 und 50; nach hinten nimmt sie ab, doch steigt sie an dem stark innervirten männlichen Schwanzende wieder auf 40 bis 60; die Rückenlinie zählt in der Gegend des Ösophagus zwischen 13 und 20 Fasern, am Schwanzende nur noch vier bis sechs. Die Nervenfasern der Medianbündel liegen in kompakter Masse dicht gedrängt bei einander, nur durch ganz geringe Bindegewebsstränge unterbrochen (Fig. 8und 9). Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 557 Bürscar’s Angabe (1,p. 88), dass dieselben verstreut in den Medianlinien liegen, ist offenbar auf geschrumpfte Präparate zurückzuführen, wie seine Abbildungen 12 und 13 auch zeigen. Die Medianlinien erheben sich über die Subeuticula auf einem Ge- webeunterbau, auf dessen wahrscheinliche Entstehung durch Einfaltung der Subeuticula eine in seiner Mitte sich hinaufziehende schärfere Gewebelinie hinweist; dieselbe wurde von LeuckArr irrthümlich als chitinige Scheidewand aufgefasst. Meine Annahme einer solchen Ent- stehung wird gestützt durch die völlige Gleichheit des Gewebes der Medianlinien mit dem der Subecuticula, zwischen denen ich auch nicht den von Bürscnur (1, p. 90) angegebenen Unterschied in der Färbung wahrnehmen konnte; ferner spricht dafür, dass für die Seitenlinien die gleiche Entstehung noch bedeutend deutlicher angezeigt ist, indem hier ein Spalt von der Cuticula aus in der Mitte der Seitenlinie ein ziemliches Stück weit in die Höhe zieht (Fig. 11). Dieser Unterbau ist am Vorderende des Thieres nur wenig höher als breit; doch weiter nach hinten steigt seine Höhe, entsprechend der wachsenden Höhe der Muskelzellen, und zugleich nimmt seine Breite ab, wie auch die Dicke der Subeuticula nach hinten zu abnimmt; schließlich wird er fast faden- förmig. Als ein Zeichen seiner Zusammengehörigkeit mit der Subeuti- cula kann man es auch wohl auffassen, dass in der hinteren Körperhälfte sich Muskelzellen zu beiden Seiten an ihn ansetzen (vgl. auch schon Fig. 8). Am Schwanzende nimmt der Unterbau an Höhe wieder ab und an Breite zu. Der Bauchstrang geht, nachdem er die Verstärkungen aus den Seitenlinien durch die beiden Lateroventralnervenpaare erhalten hat, unter Spaltung zu beiden Seiten um das Exkretionsgefäß herum; doch sind die beiden Theilstränge nicht gleich, sondern der linke besteht aus mehr Fasern (25 bis 30) als der rechte (ungefähr acht). Ich möchte wohl annehmen, dass die auf der rechten Seite herumgehenden Nervenfasern die kurz vorher aus dem Seitenganglion erhaltenen sind. Die Theil- stränge vereinigen sich sofort hinter dem Exkretionsporus wieder. An der Vulva geht der Bauchstrang, ohne sich zu theilen, an der rechten Seite vorbei. Die beiden Medianlinien sind unter einander durch eine Anzahl Kommissuren verbunden, welche in der Subeuticula entlang laufen. Die Stärke der Kommissurennerven ist sehr verschieden; doch bewahrt die einzelne Nervenfaser, abgesehen von der Abgabe kleiner Zweige, in ihrem ganzen Verlaufe dieselbe Dicke; nur bei ihrem Eintritt in die Medianlinien zeigen sie Verdickungen. Die Richtung der Kommissuren ist, so weit ich nach der häufig beobachteten Abgabe von Nebenästen 558 R. Hesse, _ beurtheilen kann, von der Bauchlinie zur Rückenlinie. Der Grund da- für ist wohl darin zu suchen, dass die bedeutend schwächere Rücken- linie eine eben so große Menge von Muskeln zu innerviren hat wie die Bauchlinie, und desshalb der Verstärkung aus dieser bedarf. Auch vor dem Nervenring finden sich zwei solche Kommissuren, von denen die eine über die rechte, die andere über die linke Seitenlinie zieht (Fig. 1); dieselben verbinden einige Fasern des Rücken- und Bauchnerven mit einander, welche, ohne in den Nervenring einzugehen, unter diesem durch nach vorn verlaufen und in diesen Kommissuren ihren Abschluss finden. Die Summe der Kommissuren ist beim © 42, beim 145 oder 46. Die Abgabe einer solchen Zahl von Nervenfasern würde den Bauch- nerven erschöpfen, wenn nicht durch eingeschaltete Ganglienzellen ermöglicht wird, dass die Nervenfaser zugleich einen ziemlich starken Nerv abgiebt und dabei doch weiter geht. So erklären sich die von Bürscauı (4, p. 88) im Bauchstrange gefundenen Ganglienzellen. Die Vertheilung der Nervenkommissuren (Fig. 12) ist eine auf- fallende; es verlaufen durch die rechte Seitenlinie 2!/,mal so viele als durch die linke; beim © Thiere beträgt die Zahl derselben, abgesehen von den Papillarnerven (s. u.) links 12, rechts 30, beim gt links 13 oder ik, rechts 32. Dabei ist die Anordnung bei den verschiedenen Indivi- duen desselben Geschlechts bis auf kleine Abweichungen eine durchaus gleichmäßige, wie mir die Untersuchung von fünf Q und drei Q' ganzen Thieren, sowie vieler Theilstücke gezeigt hat; auch die Geschlechter weichen darin nur sehr wenig von einander ab. Die Kommissuren ver- laufen durch die rechte Seitenlinie meist paarweise, durch die linke einzeln; nur am Vorderende liegen links zwei Kommissurenpaare. Es kommt vor, dass sich einem Paare noch ein dritter, bedeutend dünnerer Nerv zugesellt (Fig. 4). Die Anordnung der Kommissuren ist beim © folgende: auf der rechten Seite ist ganz vorn eine einzelne Kommissur; dann folgen vier Gruppen zu je drei Kommissurenpaaren, von denen die vierte etwas aus einander gezogen ist; es folgt dann ein Doppel- paar, und nach diesem weit hinten noch eine einzelne Kommissur (bei einem Exemplar fand ich anstatt des Doppelpaares nur drei Nerven- fasern); links entspricht jeder der vier Gruppen und dem Doppelpaare eine einzelne Kommissur; vor diesen fünf Kommissuren liegen zwei Paare und ganz vorn eine einzelne, hinter denselben zwei einzelne Kommissuren. Beim 3° ist die Anordnung die gleiche, nur verlaufen rechts vor der ersten Gruppe drei einzelne Kommissuren anstatt einer, links entsprechen der dritten und bisweilen auch der vierten rechten Gruppe zwei Kommissuren anstatt einer!. 1 Am besten zu erkennen ist die Anordnung nach folgender Zusammenstellung, Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 999 Die Kommissuren der linken Seite liegen nie in der Verlängerung einer solchen der rechten Seite; sie sind vollkommen selbständig. Ihr Platz ist im Verhältnis zu den Kommissuren der rechten Seite mit stetiger Regelmäßigkeit bestimmt. Die einzelnen Nerven der Kommissuren- paare entspringen meist in geringer Entfernung ven einander, und ver- ‚laufen so, dass sie sich stets beim Durchqueren der Seitenlinie, aber auch sonst, einander nähern, bisweilen auch sich kreuzen. Der ScHnziDEr- sche Vergleich mit einer Wellenlinie, deren Berg in das Mittelfeld, das Thal in die Seitenlinie falle, ist in vielen Fällen nicht zutreffend; die große Mannigfaltigkeit des Verlaufs lässt sich hier nicht in Regeln fassen. Bei den Kommissuren der linken Seite findet es sich oft, dass sie kurz vor der Seitenlinie nach hinten umbiegen, nach kurzem Verlaufe in dieser Richtung die Seitenlinie überschreiten, ein entsprechendes Stück nach vorn zurücklaufen, und dann wieder nach der Rückenlinie um- biegen. Auch können Kommissurennerven längere Strecken, nach meinen Messungen bis 2,1 mm, in der Seitenlinie entlang verlaufen. Es ist dann bei der geringen Durchsichtigkeit des Gewebes in dieser Linie nicht immer leicht, sie zu verfolgen, und diesem Umstande ist wohl die Angabe ScHnziDer’s zuzuschreiben, es komme vor, wenn auch selten, dass eine Kommissur nur bis zur Seitenlinie gehe. Dies ist der Fall nur da, wo die Nervenfaser in eine Papille endigt. — Die Kommissuren geben oft dünne Nervenästchen ab, welche sich in der Subecuticula ver- lieren (Fig. 10); die in der Nähe der Seitenlinien abgegebenen mögen zur Verstärkung der Sublateralnerven dienen. Die Sublateralnerven liegen in der Subeuticula jederseits der Seitenlinie zwischen der zweiten bis vierten Muskelzelle von hier aus; über ihnen weichen die Muskelzellen ein wenig aus einander, um den zum Innervirtwerden herantretenden Muskelfortsätzen Raum zu geben. Diese Nerven sind nicht, wie BürscaLı (2) sagt, unbedeutend, sondern sie erstrecken sich durch das ganze Thier hindurch (Fig. 11); freilich werden sie schon in der Mitte des Thieres so schwach, dass nur sehr günstige, nach der Celloidinmethode gefertigte Präparate mir dieselben zeigten. Auf diesen Schnitten sah ich auch, wie in der Mitte des Thieres, in den Zipfeln der Seitenlinie rechts und links vom Exkretionsgefäß noch ganz dünne Nervenfasern verlaufen (Fig. 14 b). Ob dieselben mit wobei die sich der Lage nach entsprechenden Kommissuren der beiden Seiten unter einandex;gestellt sind: rechts: 4; IS<2: 4; 1; 1; 1; a<2. 90: ac P. IS BP Ku 48 links: 1,952; 1; 4; 350; alas) 4; a><1 Sa: 43[(14) (46). 560 R. Hesse, den Sublateralnerven in Verbindung stehen, weiß ich nicht bestimmt anzugeben; doch habe ich Grund, es zu vermuthen, da hinten am Schwanzende die ganzen Sublateralnerven ebenfalls in die Seitenlinie eintreten. Nach dem Schwanzende zu werden diese Nerven wieder etwas stärker. Die Zahl der von den Sublateralnerven aus innervirten Muskeln ist naturgemäß eine geringe, bei der Schwäche dieser Nerven; in der . Mitte sinkt sie auf ein Minimum, am Schwanzende nimmt sie wieder etwas zu. Am Schwanzende nähern sich die Sublateralnerven einander und treten in die Seitenlinie ein; in der Gegend des Analganglions gehen sie in je eine große radiär gestreifte Ganglienzelle mit bohnenförmigem Querschnitt über (Fig. 14) und nehmen schließlich, jederseits vereinigt, die Äste des Bauchnerven, der sich gespalten hat, auf. Die Ausmündung der männlichen Geschlechtsorgane in der Nähe des Schwanzendes ruft dort besondere Komplikationen der Innervirung hervor. Diese bestehen außer dem Analganglion, das sich auch beim Weibchen findet, in einem Nervenring, der sich um die Kloake herum- zieht, und in einer bedeutenden Anzahl von Nervenendorganen, den sog. Bauch- oder Genitalpapillen; die Nerven der letzteren gehen von dem am unteren Theile der Seitenlinie entlang laufenden sog. Bursal- nerven aus. Das Analganglion (Fig. 14), welches schon Schneider und LeuckArT kennen, liegt wenig vor der Afteröffnung, dicht hinter dem Schließmuskel des Darmes bezw. der Kloake. Beim männlichen Thiere zählte ich darin sieben große Ganglienzellen mit radiärer Streifung, in welche ein großer Theil der Bauchnervenmasse eingeht. Von diesem Ganglion gehen beim J' auf jeder Seite zwei Nervenfortsätze aus, welche sich dicht an die Kloake anlegend, dieselbe als Nervenring umgeben. An den Stellen des Ringes, welche den Seitenlinien am nächsten liegen, sind in denselben je zwei große radiär gestreifte Ganglienzellen ein- geschaltet. Dieser Analring, dessen mögliches Vorhandensein schon Lruckarr andeutet, wobei er aber an eine Verbindung des Analganglions mit der Rückenlinie denkt, ist zuerst von Ronpe gefunden. Das Anal- ganglion steht beim gt, wie auch sonst die Bauchlinie, mit den Bursal- nerven durch je eine in der Subeuticula verlaufende Nervenfaser in Verbindung, die aus einer großen tripolaren Ganglienzelle entspringt. Die Genitalpapillen sind in großer Anzahl vorhanden. ScHNEIDER giebt ihre Zahl auf jederseits 79 bis 105 an. Ihre Anordnung ist nicht durchaus symmetrisch. In ihrem Bau unterscheiden sie sich von den Lippenpapillen ganz bedeutend, besonders dadurch, dass sie die Quticula nicht völlig durchbrechen, sondern noch von einem dünnen Häutchen derselben überdeckt werden; die Nervenendigung spitzt sich nicht zu, wie bei jenen, sondern nimmt eine ziemliche Breite an (Fig. 19). Im Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 561 Gegensatz zu Bürscaus (1, p. 95) habe ich beobachtet, dass jede Papille von mehreren Nervenfasern, die aber einen gemeinsamen Verlauf haben, innervirt wird; man kann sich hiervon auf Querschnitten durch das Schwanzende leicht überzeugen, doch zeigen auch Flächenpräparate in dem zuführenden Nervenstrang, besonders kurz vor der Papille, eine Spaltung, die auf mehrere Fasern hinweist und schon von ScHnEIDER abgebildet wird. (Von einem Verhältnis, wie es CGoss bei Ascaris Kükenthalii beschreibt, dass nämlich in der Basis der Papille eine Ganglienzelle liege, deren Stift in die Spitze der Papille hineinragt, habe ich sonst nirgends in der Litteratur etwas erwähnt gefunden.) Interes- sant sind die Doppelpapillen, welche eine enge Vereinigung zweier Papillen darstellen und hinter der Kloakenöffnung in zwei Paaren vor- handen sind (Fig. 20). Die Bauchpapillen erstrecken sich etwa drei Gentimeter vom Schwanzende aus nach vorn. Ihren Ursprung nehmen die Nerven der Genitalpapillen von einem im unteren Theile der Seitenlinie verlaufenden Nervenbündel, dem sog. Bursalnerven. Derselbe ist mit dem Bauchstrange durch zahlreiche Kommissuren verbunden; zwischen diesen Kommissuren verlaufen auch die den Bauchnerven mit dem Rückennerven verbindenden Kommis- suren in derselben Zahl und Anordnung wie beim weiblichen Thier. Der Bursalnerv enthält in der Gegend des Analganglions 10 bis 15 Nervenfasern, 1!/, cm vor demselben 25—30, und nimmt nach vorn wieder bis auf wenige Fasern ab, so dass er etwa 3 cm vor dem Ganglion nur noch zwei bis drei Fasern enthält. Scuxeiper und Bürscau ver- mutheten, dass dieses Nervenbündel ein Nervus recurrens des Bauch- nerven sei; Roupe beschreibt auch, wie sich der Bauchnerv nach der Spaltung in zwei Äste in diesen Nerv zurückbiegt. Ich habe davon nichts erkennen können. Zwar habe ich eine Vereinigung der beiden Äste des Bauchnerven mit der Fortsetzung des jederseitigen Bursal- nerven ebenfalls beobachtet, doch kein Umbiegen desselben nach vorn. Und woher sollten denn auch die Papillen, die hinter dieser Umbiegungs- stelle nach dem Schwanzende zu liegen, ihre Nerven erhalten? Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass sie darin anders gestellt sein sollten als die vor der Umbiegung gelegenen. Und wie sollte ferner dieser Nerv, der gerade hinten an die dort dicht gedrängte Zahl der Papillen viele Fasern abzugeben hat, nach der Mitte seines Verlaufes zu so be- deutend anschwellen, selbst wenn er von der Bauchlinie fortwährend Verstärkung bekommt, und dann in der zweiten, vorderen Hälfte, wo die Zahl der abzugebenden Nerven weit geringer ist, die Zufuhr aus der Bauchlinie aber bleibt, so schnell zur Stärke von wenig Fasern herabsinken? Gegen die Natur des Bursalnerven als Nervus recurrens 562 R. Hesse, spricht aber vor Allem der Umstand, dass die am weitesten nach vorn gelegenen Papillennerven sämmilich von ihm abgehen unter einem nach hinten offenen spitzen Winkel von noch nicht 20° (Fig. 18); dieser Winkel nähert sich bei den weiter nach hinten gelegenen Nerven mehr und mehr einem Rechten, den er jedoch nie ganz erreicht (Fig. 16). Das lässt stark vermuthen, dass der Bursalnerv von vorn nach hinten gerichtet ist. Es erhebt sich nun aber die Frage nach dem Ursprunge des Bur- salnerven. Das ganze Verhalten des Nerven macht es wahrscheinlich, dass wir es nicht mit einem fortlaufenden Nervenbündel zu thun haben: dem widerspricht die geringe Stärke an seinem Anfange und das succes- sive Anwachsen nach hinten zu. Eine Erklärung finden wir in der Betrachtung zweier dorsalwärts von den Seitenlinien liegender Papillen, die sich beim männlichen wie beim weiblichen Thier in der Körper- mitte finden. Es geht hier von der Bauchlinie ein Nervenstrang aus, der die Seitenlinie überschreitet und in der Richtung des oberen Sub- lateralnerven eine kleinere oder größere Strecke nach rückwärts ver- läuft, um dann, nach oben umbiegend, in die Papille einzutreten (Fig. 12p). Einen solchen in eine Papille nach oben auslaufenden Nerven habe ich bei einem männlichen Thiere auch dicht vor der Stelle gefunden, wo die Genitalpapillen beginnen. Durch eine Anhäufung solcher Pa- pillen tragender Nervenfasern lässt sich nun der Bursalnerv in Ver- bindung mit den von der Bauchlinie aus zuführenden Kommissuren erklären. Man muss sich jedoch die Nervenfaser der Papille nicht durch die Seitenlinie hindurchtretend, sondern vorher umbiegend und in der unteren Sublaterallinie entlang laufend denken, da ja die Papillen hier nach unten zu liegen. Diese Richtung der Papillen von der Seiten- linie nach unten ist aber dadurch bedingt, dass sie nur so bei der Be- gattung mit dem weiblichen Körper in Berührung zu kommen und einen Reiz zu empfangen vermögen. Die Lage des Bursalnerven aber in einem Zipfel der Seitenlinie findet darin eine Parallele, dass ja auch bei dem weiblichen Schwanzende die Sublateralnerven in die Seitenlinie ein- treten und nicht mehr, um die Breite zweier Muskelzellen von ihr ent- fernt, in der Subcuticula liegen. Es würden also die den Bursalnerven mit dem Bauchnerven verbindenden Kommissuren jenem Nervenstrange der Einzelpapille, und der Bursalnerv selbst dem in' der Sublaterallinie entlang laufenden Stücke desselben zu vergleichen sein. Der obere Sublateralnerv wird durch den Bursalnerven nicht beeinträchtigt; man sieht ihn auf Querschnitten, getrennt von den dicht beisammenliegen- den Fasern desselben, neben ihm in der Seitenlinie verlaufen (Fig. 45). Freilich kommt noch eine Komplikation in Betracht. Da die Zahl der er en Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 563 Papillen so bedeutend ist, und zu jeder Papille, wie wir gesehen haben, mehrere Nervenfasern treten, so geht nicht jede aus der Bauchlinie kommende Nervenfaser, nachdem sie eine Strecke weit in der Subla- terallinie entlang verlaufen ist, nun wieder zur Innervirung nur einer einzigen Papille heraus, sondern durch die Einschaltung von (nicht ra- diär gestreiften) Ganglienzellen (Fig. 44 und 15) wird die Abgabe eines Papillennerven vermittelt, während die Faser selbst, als dritter Fortsatz dieser Ganglienzelle, weiter verläuft, ein Verhalten, das ja auch für den Bauchnerven wahrscheinlich ist. So ist der Bursalnerv kein einheitlich fortlaufendes Nervenbündel wie der Bauchnerv, oder wie es ein Ner- vus recurrens sein würde, sondern er wechselt durch beständiges Kommen und Gehen von Nervenfasern fortwährend seinen Bestand. Am weiblichen Schwanzende findet sich wunderbarer Weise ein ähnlicher Übergang einer größeren Anzahl von Nervenfasern von der Bauchlinie nach den Seitenlinien, der also zur Bildung eines dem Bur- salnerven entsprechenden Nervenbündels Anlass geben würde (Fig.17). Doch habe ich keinen solchen und auch keine Papillen bemerken kön- nen; auch macht das Ganze einen sehr rudimentären Eindruck: die einzelnen Nervenfasern haben eine Dicke von nur Su. Ich konnte dieses Verhältnis leider nur an einem einzigen Flächenpräparate be- obachten, bei den anderen waren die schwachen Nervenfasern durch die Maceration unsichtbar geworden; auf Querschnitten habe ich es nicht gesehen. Ich muss späteren Untersuchungen die definitive Auf- klärung überlassen. An der weiblichen Geschlechtsöffnung ist die Innervirung nur äußerst spärlich. In dem Gewebe der Vulva habe ich nur eine große Ganglienzelle gefunden, die sich in der Richtung der Vulva, also von unten nach oben, erstreckte; ihre Ausläufer konnte ich nicht verfolgen; wahrscheinlich hängt sie mit dem der Vulva dicht anliegenden Bauch- nerven zusammen. Sinnespapillen sind in der Nähe der Geschlechts- öffnung nicht vorhanden, doch finden sich eine Strecke hinter derselben, in der rechten Seitenlinie etwa 4 cm, in der linken 4 cm davon ent- fernt, eine Papille, deren Nerv, wie schon oben geschildert, von der - Bauchlinie ausgehend durch die Seitenlinie durchtritt und eine Strecke weit in der oberen Sublaterallinie nach hinten läuft, um dann, nach oben umbiegend, in die Papille einzumünden (Fig. 12p). Diese Papillen entsprechen in ihrem Habitus vollkommen den Genitalpapillen des Männchens. Ob sie aber bei der Begattung irgend welche Funktion haben, wird mindestens unwahrscheinlich durch den Umstand, dass beim männlichen Thiere sich an genau denselben Stellen (im Verhältnis zu den Ventrodorsalkommissuren gerechnet) ebenfalls Papillen finden; 564 R. Hesse, doch könnte dies vielleicht dem Vorkommen rudimentärer Bursalner- venkommissuren am weiblichen Schwanzende an die Seite gestellt werden. Jedenfalls wäre es, um eine Reizung dieser Papillen bei der Begattung hervorzurufen, nöthig, dass das Männchen bei der Begattung sich mehrmals um den Körper des Weibchens herumschlänge. Leider habe ich über die Art und Weise der Begattung weder aus der Litte- ratur noch durch eigene Beobachtung etwas erfahren können. Der Bauchnerv giebt hinter dem Analganglion einige Nerven ab, welche um die Kloake herum an die dem After gegenüberliegende Wand derselben treten und dort in einer radiär gestreiften Ganglien- zelle endigen (Fig. !3cn). Vor der Ausmündung der Kloake beziehungsweise des Darmes theilt sich der Bauchnerv in zwei Theile, welche beiderseits um die Aus- mündungsöffnung herumziehen, sich aber hinter derselben nicht wieder vereinigen; vielmehr stoßen sie zu den verschmolzenen Sublateral- nerven derselben Seite und gehen mit diesen vereint in der Seitenlinie nach hinten als sog. Seitenendnerv. Weiter hinten theilt sich auch der Rückennerv in zwei Theile, welche durch die Subeuticula hindurch zu dem Seitenendnerven der betreffenden Seite stoßen, so dass nur noch zwei Nervenbündel vorhanden sind. Denselben sind eine Anzahl Gan- glienzellen ein- und angelagert. Diese Seitenendnerven verlaufen auf einer Bindegewebsbrücke, welche die Leibeshöhle in zwei Theile theilt, einen größeren unteren und einen kleineren oberen, und sie sind durch eine Verschmälerung dieser Brücke von einander getrennt. Beim männ- lichen Thiere geben diese Nervenbündel noch eine größere Anzahl von Papillen ab, darunter die beiden Paare von Doppelpapillen, beim weib- lichen jedoch nur jederseits eine Papille, die seitlich am äußersten Schwanzende liegt. Schließlich gehen die beiden Nervenbündel in einander über und finden so ihren Abschluss. Nachdem ich das Nervensystem eines Nematoden in allen seinen Theilen verfolgt habe, erübrigt es noch, bei Bürscaur's (2) phylogene- tischer Vergleichung des Nematodennervensystems mit dem der Platt- würmer ein wenig zu verweilen. Diese Vergleichung ist schon an sich mit schwachen Gründen gestützt, indem derselben einmal die große Verschiedenheit in der übrigen Organisation der verglichenen Thier- klassen widerstreitet, und ferner bedeutende Theile des Nervensystems, die »mit dem der Plattwürmer keine sichere Beziehung darbieten«, vernachlässigt sind, »was jedoch« nach Bürscnur’s Meinung »die allge- meine Vergleichbarkeit nicht alteriren dürfte«; es sind dies die sechs Kopfnerven und die damals noch nicht in ihrem ganzen Verlaufe bis ans Schwanzende gekannten Sublateralnerven. Die Duplieität des Bauch- Ve nn Re: 2 2 ee Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 565 stranges junger Nematoden, welche Josern (2) gefunden hat, entzieht sich meiner Beurtheilung; was gegen die ursprüngliche Duplicität des Asca- ridenbauchstranges spricht, habe ich schon dargethan. Vor Allem aber macht die Verschiedenheit in der Zahl der Kommissuren auf der rechten und linken Seite es unmöglich, dieselben als vollkommene, nur in ihrer Ansatzstelle an die Mediannerven verschobene Ringkommissuren zu be- trachten und schließt jede Vergleichung derselben mit den Kommis- suren der Plathelminthen aus. Nach meiner Ansicht lässt sich über- haupt das Nervensystem der Nematoden bis jetzt mit dem keiner anderen Thierklasse in Beziehung bringen. Im Allgemeinen steht das Nervensystem bei reicher Entwicklung in so fern noch auf primitiver Stufe, als der größte Theil desselben noch an seiner Ursprungsstelle, in der ektodermalen Subecuticula, liegt; die Unterbaue, auf denen sich Rücken- und Bauchstrang erheben, sind wahrscheinlich nur Einfaltungen der Subeuticula. Nur am Kopfe (Ner- venring, Kopfnerven, hinterer Lateroventralnerv) und am männlichen Schwanzende (Kloakenring) tritt es aus der Subeuticula heraus. Ich schließe mit einer kurzen Zusammenfassung dessen, was diese Arbeit Neues zu unserer bisherigen Kenntnis des behandelten Stoffes hinzufügt: Die in den Lippen liegenden Sinnesorgane sind von zweier- lei Art; wir finden Sinnespapillen, deren Nerven mit einfacher Ver- jüngung durch eine Öffnung der Cuticula hindurchtreten, und ferner Sinnesorgane, bei welchen nur eine fadenartige Verlängerung des Ner- ven die Cuticala durchbohrt, mit scheibenförmig unter ihrer Ausmün- dung ausgespannter Membran, deren Mitte der Nerv durchbricht. Die Vertheilung der Sinnesorgane ist eine symmetrische: die Seitennerven münden je in einem Papillenpaare, die Submediannerven in einem Lippensinnesorgane mit medianwärts angrenzender Papille. Der Bauch- nerv erhält von den Seitenganglien her auf zwei Wegen Verstärkungen: ein Lateroventralnervenbündel zieht jederseits, dem Nervenringe pa- rallel, in der Subeuticula, ein zweites in der Bindegewebsbrücke des Exkretionsgefäßes; im Verlaufe wie beim Eintritt desselben in den Bauchstrang liegen zahlreiche Ganglienzellen. Von den vom Bauch- strang zum Rückenstrang führenden Kommissuren gehen durch die rechte Seitenlinie 2!/,mal so viele als durch die linke; die Anordnung dieser Kommissuren ist bei beiden Geschlechtern nur wenigverschieden. Die Sublateralnerven durchziehen den ganzen Körper des Thieres, im hinteren Körpertheil treten sie in die Seitenlinien ein; am männlichen Schwanzende wird der untere Sublateralnerv jederseits durch Zuzug von Nerven aus der Bauchlinie verstärkt und wird so zum Bursalnerven, der also kein Nervus recurrens ist. Auch beim Weibchen fand ich in 566 R. Hesse, der Nähe des Schwanzendes eine Anzahl von der Bauchlinie zur Seiten- linie hinüberführender Kommissuren, jedoch von geringerer Stärke. Die Vulva ist nur schwach innervirt; hinter ihr liegen in verschiedenem Abstande dorsalwärts von den Seitenlinien je eine Papille, die sich jedoch auch an den betreffenden Stellen beim Männchen finden. Rücken- und Bauchstrang theilen sich am Schwanzende; die ganze Nervenmasse jeder Seite vereinigt sich zu einem Seitenstrang; diese a nerven gehen zum Abschluss in einander über. Litteraturverzeichais. O. BürscaLı, Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Nematoden. Archiv für mikr. Anatomie. X. p. 84—100. (A) Zur Herleitung des Nervensystems der Nematoden. GEGENBAURS Morph. Jahrb. X. p. 486—493. (2) N. A. Coss, Beiträge zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden. Jen. Zeitschr. f. Naturw. XXIIH. Neue Folge XVI. p. 44—76. G. Joszpu, Bemerkungen über Muskulatur, Exkretionsorgane und peripherisches Nervensystem von Ascaris megalocephala und lumbricoides. Zool. Anz. ‚.V. 1882. Nr. 125. p. 603—609. (4) —— Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Nematoden. Zool. Anz. VII. 1884. Nr. 467. p. 264—266. (2) R. LEUCKART, Die menschlichen Parasiten. Bd. ll. 1876. (Das 4. Heft dieses Bandes, welches die Behandlung der Nematoden enthält, erschien bereits 1868.) E. Roupe, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie der Nematoden. in: Zool. Beiträge, herausg. von A. SCHNEIDER. Bd. I. p. 41. A. SCHNEIDEr, Monographie der Nematoden. 4866. Erklärung der Abbildungen. ag, Analganglion; lona, im Körperparenchym s, Spiculum ; ar, Analring; verlaufender Lateroven- sblg, Ganglienzelle, die in bl, Bauchlinie; tralnerv; den oberen Sublateral- bn, Bauchnerv; nc, subcuticulare Nerven- nerven eingeschaltet ist; b’n, Bursalnerv; kommissur; sbln, Sublateralnerv; eg, Exkretionsgefäß ; nr, Nervenring ; sbIn,, oberer Sublateral- Ip, Lippenpapille; ol, Oberlippe; nerv; Is, Lippensinnesorgan; p, Papille; sg, Seitenganglion ; Isi, linke Seitenlinie; rl, Rückenlinie; sm, Submediannerv, lul, linke Unterlippe ; rn, Rückennerv; sn, Seitennerv; lvn,, subcuticularer Late- rsl, rechte Seitenlinie; ss, Spiculumscheide; roventralnerv; rul, rechte Unterlippe; vln, ventrolateraler Nerv. Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. 567 Das Nervensystem ist überall blau angelegt. Die Figuren beziehen sich sämmt- lich auf Ascaris megalocephala. Tafel XXIII. Fig. 4. Schema des Nervenverlaufes am Vorderende. Die in der Subcuticula verlaufenden Nerven sind dunkler angelegt als die sich über dieselbe erhebenden. Das Thier ist zwischen der Rücken- und der rechten Seitenlinie aufgeschnitten und ausgebreitet gedacht. ncı, Nervenkommissuren, welche die unter dem Nerven- ringe durchgehenden Fasern der Submediannerven mit einander verbinden; bb, Bindegewebsbrücke, in welcher die beiden Zweige des Exkretionsgefäßes nach der Bauchseite zu konvergiren; ep, Exkretionsporus. Fig. 2. Radiär gestreifte Ganglienzelle aus dem Seitenganglion. Vergr. 305. Links unten die Querschnitte zweier Nervenfasern. Fig. 3a—c. Drei Querschnitte durch den Rückennerven am & Schwanzende. Vergr. 200. Die Schnitte a und b sind nur wenige u, b und c ungefähr !/) mm von einander entfernt. Fig. 4. Querschnitt durch den Schlundring. Vergr. 140. ph, Pharynx im Längsschnitte; dem Schlundring anliegend Theile des Seitenganglions und des nach vorn führenden Seitenzerven. Fig. 5. Schema der Lage der Nervenendigungen an den Lippen. Fig. 6. Lippensinnesorgan mit zugehöriger Lippenpapille, halbschematisch. Vergr. 305. Km, kreisförmig ausgespannte Membran; bh, bindegewebige Hülle des Nerven. Fig. 7. Lippenpapille im Längsschnitt. Vergr. 305. . 8. Querschnitt durch die Bauchlinie dicht hinter dem Nervenring. Ver- srößerung 140. bs, bindegewebige Scheidewand, welche die aus der rechten und die aus der linken Seite des Nervenringes stammenden Fasern des Bauchnerven von einander trennt; lvnı, Eintritt von Fasern des subcuticularen Lateroventral- nerven in die Bauchlinie. Fig. 9. Querschnitt durch die Rückenlinie am Ende des Pharynx. Vergr. 70. Die Rückenlinie ist von herandrängenden Muskelfortsätzen umgeben. Fig. 40. Stück einer subceuticularen Nervenkommissur kurz vor ihrem Durch- tritt durch die Seitenlinie, mit abgehenden Seitenästen (Richtung von oben nach unten = von der. Bauchlinie zur Seitenlinie). Vergr. 70. va da I Tafel XXIV. Fig. 44a—c. Drei Querschnitte durch die Seitenlinie zur Demonstration der Sublateralnerven. Vergr. 70. a, wenig hinter dem Nervenring; b, in der Mitte des Leibes; c, etwa 3 cm vor dem @ Schwanzende. sbin,, in den äußeren Ecken der Seitenlinien verlaufender Ast (?) des Sublateralnerven;; 0v, Stücke quergeschnittener Ovarien; sp, Spalt im unteren Theile der Seitenlinie. Fig. 12. Schema des subcuticularen Nervenverlaufes beim @. Natürliche Größe. Das Thier ist in der Rückenlinie aufgeschnitten und ausgebreitet gedacht; die Oberlippe ist dabei halbirt; wo, weibliche Geschlechtsöffnung;; «a, After. Fig. 43. Schema des Nervenverlaufs am 3 Schwanzende. Vergr. 25. Die schraffirten Nerven gehören der abgewandten Seite an. d, Darm; co, Kloakenöff- nung; cn, Nerv, der sich der oberen Kloakenwand auflagert; dp, Doppelpapille; sen, seitlicher Endnerv. Fig. 44. Querschnitt durch das Schwanzende des & in der Gegend des Anal- 568 R. Hesse, Über das Nervensystem von Ascaris megalocephala. ganglions und Analringes. Vergr. 45. c, Kloake. Vom Analganglion geht in der Sub- cuticula eine Nervenfaser nach dem rechten Bursalnerven; von dem jederseitigen Bursalnerven gehen Nervenstränge an Papillen, gp, Gewebepolstern mit Exkretions- bläschen (?); bei gp, ist dies Bläschen vom Schnitt nicht getroffen. Fig. 15. Querschnitt durch den Bursalnerven. Vergr. 70. Vom Bursalnerven geht vermittels einer eingeschalteten Ganglienzelle ein Nervenstrang in die Sub- cuticula zu einer Bauchpapille ab; de, Darmepithel. Fig. 46. Nervenvertheilung am & Schwanzende. Flächenpräparat nach Weg- präpariren der Muskulatur und der Bauchlinie bl, wodurch eine Lücke entstanden ist. Vergr. 45. v—h, Richtung von vorn nach hinten. Fig. 47. Innervirung des @ Schwanzendes. Flächenpräparat nach Wegprä- pariren der Muskulatur. Vergr. 25. v—h, Richtung von vorn nach hinten. Fig. 48. Papillennerv von der linken Seite des 5 Schwanzendes. Vergr. 45. v—h, Richtung von vorn nach hinten; die beigezeichnete Linie ist die Grenze der Seitenlinie. Fig. 49. Bauchpapille von & Schwanzende. Vergr. 305. Fig. 20. Doppelpapille vom 5 Schwanzende. Vergr. 305. a Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden und deren Bedeutung für die Theorie der Metamerie. Von Dr. ©. J. Cori, Privatdocenten und Assistenten der Zoologie an der deutschen Universität zu Prag. Mit Tafel XXV. Im Sommer des Jahres 1890 entdeckte ich zufällig unter einer größeren Anzahl gesammelter Regenwürmer (Lumbricus terrestris) einen Wurm, der sich durch ein abnorm gestaltetes Körpersegment aus- zeichnete. Die Abnormität bestand nämlich darin, dass eines der mitt- leren Körpersegmente rechterseits durch eine Furche derart getheilt war, dass der linken Segmenthälfte zwei rechte Segmenthälften ent- sprachen. Auf dieses Vorkommnis aufmerksam gemacht, durchmusterte ich nun den Regenwurmvorrath in der Absicht mich zu überzeugen, ob derartige Segmentanomalien öfter zu finden sind. Und wirklich, zu meiner Überraschung konnte ich konstatiren, dass solche Exemplare nicht einmal zu den Seltenheiten gehören. Denn aus ca. 200 Würmern gelang es mir noch weitere 46 mit anomalen Segmenten zu sammeln. Von gleichem Erfolg war auch mein Nachforschen in der Anneliden- sammlung des hiesigen zoologischen Institutes, welche nicht sehr groß ist und von den vorhandenen Species meist nur je ein, selten mehrere Exemplare besitzt, begleitet. Obgleich mir vom Anfang an nicht erinnerlich war, je Angaben über derartige Fälle, welche allerdings unbeachtet geblieben sein können, in der Litteratur! gefunden zu haben, so unterzog ich doch 1 Herr Geheimrath Prof. Euters hatte die Güte mir nach Durchsicht meines Manuskriptes mitzutheilen, dass die im Nachfolgenden behandelten Erscheinungen sowohl bei vaganten als auch sedentären Anneliden recht häufig auftreten, und wie es scheint, in einzelnen Familien häufiger, als in anderen. Für viele solcher Fälle hält er meine Auffassung für die zutreffende, für andere jedoch glaubt er die Ver- anlassung zu denselben in Verletzungen mit nachfolgender Regeneration zu er- blicken. Hierzu möchte ich mir erlauben zu bemerken, dass mir derartige Fälle, Zeitschrift f. wisseusch. Zoologie. LIV, Bd. 37 970 C. J. Cori, noch die größeren Annelidenarbeiten einer Durchsicht. Das Einzige darauf Bezug Habende, was ich fand, war aber nur eine von CLAPARkDE ! gegebene Abbildung eines gegabelten Hinterendes von Salmacina. Allerdings wäre es bei dem Umfang der Litteratur dieser Gruppe immer- hin möglich, dass diesbezügliche Notizen in kleineren Abhandlungen versteckt sind, doch würde es schwer ankommen, die Nachforschungen so weit auszudehnen. Da diese Befunde interessant zu sein scheinen und sie vielleicht für die Lehre der Metamerie des Metazoenkörpers einige Bedeutung haben könnten, so unternehme ich es, sie an dieser Stelle mitzutheilen. Denn Abnormitäten haben nicht allein aus dem Grunde für uns In- teresse, weil sie eben selten sind, sondern auch desshalb, weil auch sie nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit entstehen und weil gerade sie mitunter sehr lehrreich für das Verständnis der normalen Verhältnisse sind. Während also bei den Anneliden Abnormitäten der angedeuteten Art bis jetzt unberücksichtigt geblieben sein dürften, wurden dagegen ähnliche Anomalien bei den Scoleciden wiederholt beschrieben. Eine Anzahl solcher Fälle finden wir in dem Parasitenwerk von LEUCKART? unter der Überschrift »Missbildungen« gesammelt. Die dort beschrie- benen Abnormitäten bestehen entweder darin, dass Stücke einer Band- wurmkette keine Segmentirung zeigen, dass hingegen in diesen Regionen die Geschlechtsporen sehr zahlreich vorhanden sind. Einen derartigen Fall theilt auch Grossen ® mit. Ein anderes ziemlich häufiges Vorkomm- nis besteht darin, dass der Bandwurmkörper zwar gegliedert ist, dass aber die Proglottiden mehr als einen Geschlechtsporus und dem ent- sprechend vermehrte Geschlechtsorgane besitzen. Weiter kann es sich um ein einseitig eingeschaltetes sogenanntes überzähliges Glied handeln. Interessant ist auch ein mitgetheilter Fall, wo bei diesem der Band- wurmkörper gespalten ist, so dass sich neben der Hauptreihe der Glie- der noch eine Nebenreihe von Gliedern vorfindet, die die Form eines Seitenzweiges besitzt. Schließlich führt LeuckArr prismatisch geformte und durchlöcherte Bandwurmglieder unter dem Kapitel Missbildun- gen an. besonders beim Regenwurm, nicht entgangen sind, dass ich dieselben von der Untersuchung aber von vorn herein ausgeschlossen hatte. 1 E. CLAPARKDE, Les annelides chetopodes du golfe de Naples. Geneve et Bäle 1868. p. 437. Taf. XXX, Fig. 5 F. 2 Run. LEUCKART, Die Parasiten des Menschen. Bd. I. 2. Aufl. p. 569—580. 3 C. GROBBEN, Über eine Missbildung der Taenia saginata. Verhandf. der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien. Bd. XXXVII. p. 679—682. 1887. Mit einer Zinko- graphie, | Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden ete, 571 Endlich giebt es auch Nemertinenformen, bei denen die Meta- merie nicht vollkommen regelmäßig ist. Wie Eingangs erwähnt, entdeckte ich die Segmentanomalien bei Anneliden zuerst an Regenwürmern. Da die Oligochaeten einen verhältnismäßig einfachen Bau der Segmente im Vergleiche zu den Polychaeten aufweisen, so werden wohl auch die Anomalien weniger komplieirt gestaltet zu erwarten sein. Aus diesem Grunde wollen wir zunächst mit der Beschreibung der Segmentanomalien bei den Regen- würmern beginnen. Hierbei erwähne ich, dass ich meine Nachforschung auch noch auf andere Oligochaeten ausgedehnt habe, so auf Griodri- lus, von welchem mir ein Vorrath von einigen 20 Stück zur Verfügung stand. Es fand sich aber unter diesen Exemplaren kein einziger ab- normer Fall. Auf der der vorliegenden Arbeit beigegebenen Tafel ist zunächst in Fig. 1 Aund B ein Stück eines Regenwurmes, welches aus dem 415.—48. Segment besteht, von der Dorsal- und Ventralseite dargestellt. Das Segment, dem wir nun unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, ist das 46. Von der Dorsalseite betrachtet (Fig. 1 A) erscheint seine linke Hälfte wesentlich verbreitert und durch eine vom Rande aus gegen die Mitte hin verlaufende und immer seichter werdende Furche in einen vorderen größeren und einen hinteren kleineren Abschnitt ge- theilt. Denken wir uns nun den Wurm auf die Rückenseite gewälzt, so können wir den Verlauf der Furche nach der Ventralseite hin ver- folgen, wo sie gleichfalls gegen die Mitte zu endet (Fig. 1 B). Nun wird es sich darum handeln, zu entscheiden, ob die im 46. Metamer linkerseits auftretende Furche nur eine äußerliche ist oder ob sie, wie sich vermuthen lässt, den Werth einer Segmentgrenze, wie die übrigen zwischen den Ringeln befindlichen Furchen, besitzt. Ob wir es hier demnach mit einer einseitigen Vermehrung der Metameren durch ein überzähliges Halbsegment, welches wir als Schaltsegment be- zeichnen wollen, zu thun haben. Wenn sich dieses bestätigen soll, so müssen wir auch die inneren charakteristischen Organe in den be- zeichneten Theilen vorfinden. Dieses lehrt uns thatsächlich nicht bloß eine anatomische Untersuchung mit Messer und Pincette, sondern auch schon ein Blick auf die Fig. 1 B, denn wir erkennen in den kleinen punktförmigen Öffnungen nicht allein die ventrale Borstenreihe vBr, sondern auch die äußeren Nephridialöffnungen Np. Durch die ana- tomische Untersuchung überzeugen wir uns ferner, dass sich ent- sprechend der Furche, welche zwischen den mit « und (a) in Fig. 1 bezeichneten Schaltsegmenten verläuft, ein Dissepiment, ein Schalt-. septum, ausspannt und dass sich auch in dem vor und hinter diesem 37* 572 6. J. Cori, Schaltseptum gelegenen Raume alle typischen Organe vorfinden. Hier- bei wäre zu entscheiden, welches denn eigentlich von den beiden Halbsegmenien das eingeschaltete oder überzählige ist, ob das vordere mit a oder das hintere mit (a) bezeichnete. Die Frage wollen wir aber vor der Hand ununtersucht und unbeantwortet lassen, wir werden später noch einmal darauf zurückkommen. In dieselbe Kategorie, wie der eben beschriebene Fall, wäre der einzureihen, welcher in Fig. 2 dargestellt ist. Er unterscheidet sich nur dadurch von dem ersteren, dass in drei hinter einander gelegenen Segmenten alternirend ein eingeschaltetes Halbsegment auftritt und zwar in der knapp hinter dem Qlitellum gelegenen Region. Zur Ein- sichtnahme der anatomischen Verhältnisse dient die Fig. 2 B. Die Schaltsepten sind, um sie kenntlich zu machen, mit einem Sternchen versehen. Vom Regenwurm sind noch einige andere abnorme Fälle auf der beiliegenden Tafel dargestellt, deren Berücksichtigung wir uns aber für später aufheben wollen. Vorher werden wir einige Beispiele derselben Art, wie die bisher betrachteten, bei Meeresanneliden zu erwähnen haben. Eine solche ist von Lumbriconereis in Fig. 4 A, B, © abgebildet. Von der Dorsal- seite betrachtet sieht man, dass die mit (a) und 5b bezeichneten Theile rechterseits ganz wie reguläre Metameren gestaltet sind, dass aber die sie trennende Furche (Segmentgrenze) nahe vom linken Rand endet und dass sich auf diese Weise die zwei rechten Segmenthälften linkerseits vereinigen. Während bei den bisher vom Regenwurm an- geführten Beispielen die äußere dem Schaltseptum entsprechende Furche nahe der Mittellinie endete, setzt sich dieselbe in dem in Rede stehenden Fall weit über die Medianlinie hinaus fort und erreicht ven- tral und dorsal ihr Ende erst in der Nähe der linken Körperkante, welche durch die Parapodien erzeugt wird. Zum besseren Verständnis dessen verweise ich auf die Abbildung Fig. 4 C. Besonders zahlreiche Anomalien fand ich an einem 50 cm langen Exemplar von Halla parthenopeia. Von diesen Abnormitäten will ich nur auf zwei aufmerksam machen, welche auch auf der Tafel unter Fig. 8 und 9 abgebildet sind. Wenn wir zunächst den in Fig. 8 dar- gestellten Fall betrachten wollen, so bemerken wir an dem mittleren von den drei Segmenten dorsal an der rechten Körperhälfte eine siegel- ringartige Verbreiterung, welche in ihrer Mitte eine zu den übrigen Segmentgrenzen parallele Furche besitzt. Meiner Meinung nach spricht . diese Anomalie dafür, dass es sich hier ebenfalls um ein Schaltsegment handelt, welches aber nicht zur vollen Ausbildung gekommen ist. In Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden ete. 575 ähnlicher Weise wird wohl auch das in Fig. 9 abgebildete Beispiel auf- zufassen sein. Wir bemerken hier linkerseits zwischen die zwei ersten Segmente ein kleines spindelförmiges Stück eingeschaltet. Nun erübrigen uns noch einige andere in der Tafel darge- stellte Fälle von Abnormitäten, die sich von den früher genannten unterscheiden. Hierher gehört das in Fig. 6 abgebildete Beispiel, welches sich, von der Dorsalseite betrachtet, scheinbar genau so verhält, wie die Fälle in Fig. 1 und 2, während die Ventralseite überhaupt keine abnormen Verhältnisse erkennen lässt. Verfolgen wir aber mittels einer Nadel, die zwischen a und 5 bloß bis zur Medianlinie reichende Furche von hier aus bis zum Rande, so gelangen wir zur Ventralseite, nach- dem wir diese passirt haben, wieder zur Dorsalseite, dann nochmals ventralwärts und schließlich wieder zur Dorsalseite, wo endlich diese Furche nahe der Mittellinie endet. Der Weg, welchen wir da- bei zurückgelegt haben, hat die Form einer Spirale, was durch das Schema Fig. 6 B ersichtlich gemacht ist. In gleicher Weise verhält sich die Anomalie an dem in der Tafel abgebildeten Hinterende eines Regenwurmes (Fig. 7), nur mit dem Unterschiede, dass der Weg ein noch größerer ist, nachdem zwischen dem Anfang und dem Ende der in Form einer Schraubenlinie verlaufenden Segmentgrenze noch ein Seg- ment mehr als im vorhergehenden Fall eingeschaltet ist. In einfachster Weise finden wir die zuletzt besprochene Segmentanomalie, welche durch einen abnormen Verlauf der Segmentgrenze ausgezeichnet ist, in einem einzigen Segment in dem Beispiel Fig. 5 vor. Die dorsale Fläche dieses Metamers ist durch eine von der vorderen linken zur hinteren rechten Ecke verlaufenden Furche durchkreuzt, welche sich in die Seg- mentgrenze des vorhergehenden, beziehungsweise nächstfolgenden Seg- mentes fortsetzt. Sehr interessant ist die Erscheinung, dass sich gerade im Zu- sammenhang mit den Segmentanomalien oft auch noch die Tendenz zur Vermehrung von Bestandtheilen eines Segmentes, z. B. der Para- podien geltend macht. Dies demonstriren uns Beispiele von Diopatra neapolitana undHermodice carunculata (Fig. 10, 14 und Fig.3). Das aus drei Segmenten bestehende Stück von Diopatra ist der Körpermitte eines 35 cm langen Exemplars entnommen. Die Segment- anomalie, welche sich hier vorfindet, gehört der Kategorie der Schalt- segmente an. Betrachten wir nun das Parapod des auf das Schalt- segment nächstfolgenden Metamers, so finden wir an demselben alle Bestandtheile verdoppelt, welche aber so nahe an einander liegen, dass man sich erst bei genauer Betrachtung des Parapods von seinem ab- weichenden Bau überzeugt. 574 0. J. Con, Noch eigenthümlicher ist eine derartige Verdoppelung, welche ich an einer Hermodice carunculata fand (Fig. 3). Dieser Fall erweist sich in so fern in mehrfacher Beziehung anomal, als es sich hier einmal um eine unregelmäßige Aneinanderreihung der Ursegmente handelt; außerdem ist links an dem mittleren Segment der ventrale Ast des Parapods verdoppelt (Rv. a und b) und überdies ist an dem Ramus ven- tralis a sowohl der Cirrus als auch das Borstenbündel verdoppelt. Was nun die Körperregionen anbelangt, in welchen diese Ano- malien auftreten, so ist hervorzuheben, dass das Vorder- und Hinterende diejenigen Stellen sind, an welchen man Segmentabnormitäten selten findet. Am häufigsten trifft man sie in den mittleren Körperregionen. Um das Häufigkeitsverhältnis in Zahlen auszudrücken, kann man sagen, dass die Abnormitäten in den. mittleren drei Fünftel häufiger als in dem vorderen und hinteren Fünftel, wo sie sogar ziemlich selten sind, angetroffen werden. Nach dem, was wir aus den angeführten Beispielen kennen gelernt haben, lassen sich die Segmentanomalien in zwei Gruppen eintheilen. Die eine Gruppe ist dadurch charakterisirt, dass sich zwischen den normalen Körpersegmenten Schaltsegmente einschalten, es handelt sich also um eine Vermehrung von Metameren. Die zweite Gruppe unter- scheidet sich dagegen von der ersteren dadurch, dass die Segment- grenzen äußerlich nicht, wie normaler Weise, durch Kreisfurchen, sondern durch spiralartig verlaufende Furchen zum Ausdruck kommen. Nun wird es sich nach der Kenntnisnahme des anatomischen Baues der Segmentanomalien darum handeln, eine Erklärung zu suchen, wie dieselben zu Stande gekommen und als was sie morphologisch aufzu- fassen sind. Zu diesem Behufe müssen wir uns zunächst ins Gedächtnis zurückrufen, worin die Segmentirung des Annelidenkörpers besteht und wie dieselbe zu Stande kommt. Die Metamerie besteht bekanntlich in der Wiederholung gleichartiger auf einander folgender Körperabschnitte, in welchen eine Summe gleicher Organe wiederholt werden. Einge- leitet wird diese Erscheinung bei dem sich entwickelnden Thiere durch die Bildung der sogenannten Ursegmente, welche in zwei zur Median- ebene parallelen Reihen von gleicher Anzahl angeordnet sind. Von diesen verbinden sich nun immer zwei korrespondirende Ursegmente mit einander, so dass dadurch und durch Weiterdifferenzirung der an- deren zugehörigen Primitivanlagen je ein Segment entsteht. Nun kann es sich ereignen, dass in der einen Körperhälfte während der Entwicklungsperiode ein Ursegment mehr gebildet wird, dem auf der Gegenseite kein Ursegment entspricht. Auf diese Weise wird die - Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden etc, 575 Bildung jener Fälle von Schaltsegmenten verständlich, wie sie im Vor- hergehenden anatomisch beschrieben worden. Betreffend das Verhältnis eines Schaltsegmentes zu den übrigen Metameren des Körpers sind zwei Möglichkeiten vorhanden. Es kann sich ein Schaltsegment vollständig ausbilden und kann von den anderen Segmenten abgegrenzt bleiben, oder es geht eine Verbindung mit dem vor oder nachfolgenden Metamer ein. Unter dem mir zur Verfügung stehenden Materiale von Segment- anomalien bei Anneliden fanden sich nur wenige Beispiele mit abge- grenzt gebliebenem Schaltsegment. Eines von diesen ist in Fig. 10 und 41 abgebildet, welches, wie schon erwähnt, auch noch in anderer Beziehung interessant ist. Vielleicht ist auch der Fall bei Halla parthenopeia (Fig. 9) als ein allseitig abgegrenztes aber rudimentär gebliebenes Schaltsegment zu betrachten. Im Anschluss an das eben Besprochene möchte ich nicht den Hin- weis auf die von LeuckArr in seinem Werk »die Parasiten des Menschen«, auf p. 572 angeführten Missbildungen bei Taeniä saginata unter- lassen. Wie schon erwähnt, besitzen die betreffenden Bandwürmer an einer Stelle ein rudimentäres keilartiges Glied, welches zwischen zwei Progloitiden eingeschaltet ist. Nach der Meinung Monızz’ ist als Grund für die Entstehung von Keilgliedern eine Verdoppelung der Proli- ferationspunkte auzunehmen. In den meisten Fällen aber bleibt das dem Schaltsegment entspre- chende Ursegment nicht isolirt, sondern es verbindet sich mit den Urseg- menten eines vorhergehenden oder nachfolgenden Metamer. So sehen wir in Fig. 4, dass sich in diesem Fall das rechte Ursegment des 46. Me- tamers mit zwei Ursegmenten an der linken Seite, nämlich mit dem ihm korrespondirenden « und mit dem überzähligen (a) vereinigt hat. Nicht für ausgeschlossen möchte ich hierbei die Möglichkeit halten, dass die besprochenen Bildungen erst später nach der Entwieklungs- periode entstehen. Man könnte sich dies so vorstellen, dass Reste von bildungsfähigem, embryonalern Material in solchen Metameren erhalten bleiben mögen, welche den Ausgangspunkt für Schaltsegmente und dergleichen Bildungen liefern. Daraus würden sich vielleicht Be- ziehungen ergeben zwischen den Verhältnissen, wie sie bei den Knospungszonen bei Oligochaeten und Polychaeten, z. B. bei Nais und Nereis, ferner bei Syllis racemosa sich vorfinden und den in Rede stehenden Erscheinungen. Nicht unwahrscheinlich dürfte es sein, dass die Ursegmente auf einander einen Einfluss bei ihrer Bildung ausüben. Zu dieser Ver- muthung kommt man wohl bei Betrachtung der Fig. 4 A und B. Wie 576 6. J. Cori, wir uns überzeugen, wurde hier rechterseits ein Schaltsegment gebil- det. Das ihm entsprechende Ursegment scheint nun in so fern das linke Ursegment des vorhergehenden Metamers beeinflusst zu haben, als an diesem Spuren einer begonnenen Abspaltung sichtbar sind, die aber unvollständig blieb. Allerdings wäre auch an die Möglichkeit zu denken, dass die Bildung der Ursegmente in dem Falle von Lumbriconereis (Fig. 4) regelrecht vor sich gegangen ist, dass aber linkerseits die Bil- dung des Ursegmentes sistirt wurde. Ähnliches ist vielleicht auch in dem Beispiel von Halla Fig. 8 eingetreten, wo die Bildung eines Schaltsegmentes unterdrückt worden zu sein scheint. Die Bildung von Schaltsegmenten, resp. die einseitige Vermehrung von Ursegmenten könnte aber leicht im Stande sein, das Wachsthums- gleichgewicht des Körpers zu stören, wenn nicht eine Tendenz zur Kompensirung vorhanden wäre. Diese besteht darin, dass der Organis- mus durch vermehrtes Wachsthum anderer Segmente an der der Ano- malie gegenüber liegenden Seite die Störung auszugleichen sucht. Bemerkenswerth ist auch die Wiederholung der Bildung von Schaltseg- menten, welche alternirend rechts und links von der Medianebene des Körpers gelegen sind. Wie schon erwähnt, fand ich in zwei Fällen neben Schaltsegmenten auch noch Anomalien an den Parapodien, welche in der Verdoppelung derselben bestehen. Der eine Fall betrifft Diopatra neapolitana (Fig. 40 und 41), der andere und interessantere Hermodice carun- ceulata. Ob es sich hier um eine doppelte Anlage des Parapods oder um eine später erfolgte Spaltung handelt, ist schwer zu sagen. Man ersieht jedoch daraus, dass die Ursache, welche die Bildung von Ano- malien veranlasst, eine allgemeinere sein muss, da sie einen Einfluss nicht bloß auf die Bildung der Ursegmente sondern auch auf die anderer peripherer Organe ausübt. Ich stelle mir nämlich vor, dass zu der Zeit, als die betreffenden Körperabschnitte gebildet werden, die Entwick- lungsmechanik des Thierkörpers überhaupt eine Störung erleiden mag. Nun gelangen wir zu jenen bei der anatomischen Beschreibung angeführten Beispielen von Anomalien, welche darin bestehen, dass die äußeren Segmentgrenzen der betreffenden Körperabschnitte nicht die Form von Kreistouren haben, sondern Schraubenlinien beschreiben. - Wie hat man sich nun derartige Bildungen vorzustellen? Zum Ver- ständnis hierfür müssen wir uns wieder die Genese der Metamerie aus den Ursegmenten ins Gedächtnis zurückrufen. Je zwei gegenüber- liegende Ursegmente und die zugehörigen Primitivanlagen haben die Tendenz mit einander zu verwachsen und so ein Segment zu liefern. Unterbleibt aber einmal die Verbindung zweier korrespon- ‚Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden ete. 577 dirender Ursegmente, wie dies z. B. an der dorsalen Seite bei dem in Fig. 5 dargestellten Fall zu bemerken ist, so können diese ungehindert über die Mittellinie, welche für sie normalerweise die Grenze ihres Wachsthums abgiebt, hinauswachsen und erzeugen auf. diese Weise Segmente von der eben erwähnten Beschaffenheit. Es kann sich aber auch ein Anderes ereignen. Ein Ursegment, z. B. ein rechtes in Fig. 6b, bleibt unverbunden mit seinem gegenüberliegenden b, dagegen ver- schmilzt letzteres mit dem auf das erstgenannte folgenden c zu einem Metamer, dafür bleibt aber wieder das links gelegene Ursegment c übrig. Nun kann sich diese irreguläre Verwachsung oder Aneinanderreihung der Ursegmente noch ein oder mehrere Male wiederholen, indem z. B. cmit.d etc. in Verbindung treten, zum Schluss bleibt immer ein Urseg- ment d etc. übrig, welches sich scheinbar wie ein Schaltsegment ver- hält. Wahrscheinlich ist es, dass bei derartigen Verhältnissen eine Lageveränderung der Ursegmentreihen der beiden Körperhälften statt- gefunden haben mag, wie dies z. B. regelmäßig bei Amphioxus der Fall ist, wo die Ursegmentreihen der beiden Körperhälften um die halbe Länge eines Ursegmentes gegen einander verschoben sind. Nun bleibt uns aber noch eine Frage zur Beantwortung übrig, welches nämlich die tieferen Ursachen für die beschriebenen Erschei- nungen sein könnten. Die Erfahrungen, die wir im Vorhergehenden aus den anatomischen Verhältnissen gesammelt haben, berechtigen uns leider kaum mehr als zu Vermuthungen. Von diesen möchte ich nur auf eine hindeuten. Als Ursache für die Entstehung der Schaltsegmente könnte vielleicht die Annahme betrachtet werden, dass sich solche Thiere während ihrer Entwicklungsperiode vorübergehend in sehr günstigen Lebensverhältnissen befanden, was ein rascheres Wachsthum zur Folge hatte. Die Segmentirung vollzog sich dann sehr schnell und da mag sich in so fern Ähnliches, wie bei einer überhasteten Arbeit unserer Hände ereignen, als sich hierbei nur zu leicht Fehler und Un- regelmäßigkeiten einschleichen. Obzwar ich mir eine eingehende theoretische Erörterung der mitgetheilten Befunde für später vorbehalten will, da ich hoffe noch einmal auf dieses Thema zurückzukommen, so will ich doch noch darauf hinweisen, in wie fern es berechtigt ist, diesem Befund eine Be- deutung für die Theorie der Metamerie zuzuschreiben. Die Thatsache nämlich, dass sich Abnormitäten in der Metamerie auch bei Anneliden vorfinden, ist vielleicht im Stande, die Kluft, welche zwischen den Nemertinen und den Anneliden bezüglich der unregelmäßigen und regelmäßigen Segmentirung herrscht, zu überbrücken. Dem zufolge würde also die regelmäßige, symmetrische Metamerie von einer ur- 578 C. J. Cori, Über Anomalien der Segmentirung bei Anneliden ete. prüngslich unregelmäßigen abzuleiten sein. Allerdings ist dabei zu ent- scheiden, ob diese Fälle bei den Anneliden als Rückschläge zu einem primitiven Zustand oder als rein sekundäre Erscheinungen zu be- trachten sind. Prag, im Januar 1892. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV. Fig. 4. Ein Stück von Lumbricus terrestris, bestehend aus dem 45. bis 48. Segment. A, Dorsalansicht, links bei (a) ein Schaltsegment. B, Ventralansicht; Np, Nierenporus; vBr, ventrale Borstenreihe; C, Schema. Fig. 24. Lumbricus terrestris, Dorsalansicht, Region hinter dem Cli- tellum mit drei auf einander folgenden Schaltsegmenten (a), (b), (e).. Fig. 2 B. Dasselbe Stück mit den Schaltsegmenten durch einen dorsalen Median- schnitt geöffnet. D, Darm; dG, dorsales Blutgefäß; vG, viscerale Gefäßbogen; N, Nephridium; S, Septum. Die Schaltsepten sind mit einem * versehen. Fig. 3. Hermodice carunculata. Ventralansicht. Anomalie an den mitt- leren zwei Segmenten, bewirkt durch unregelmäßige Aneinanderreihung von Ur- segmenten. Links Verdoppelung des ventralen Astes des Parapods. Rva, Ramus ventralis und Rvb, Ramus ventralis. Überdies bei Ramus’ventralis a Verdoppelung des ventralen Cirrus (Cv /und II) und des Borstenbündel. Fig. 4. Lumbriconereis mit Schaltsegmentbildung (a). A, Dorsal-, B, Ven- tral-, C, Lateralansicht. Fig. 5. Lumbricus terrestris. Anomalie in dem mit a bezeichneten Metamer, dadurch entstanden, dass die Ursegmente dorsal nicht verwachsen sind. Fig. 64. Lumbricus terrestris. Anomalie in Folge nicht richtiger Anein- anderreihung der korrespondirenden Ursegmente. Statt, dass sich die Ursegmente b und 5b der beiden Körperhälften mit einander verbunden hätten, verband sich links das Ursegment b mit dem rechts gelegenen ce etc. Fig. 6B. Schema. Fig. 7. Hinterende von Lumbricus terrestris. Anomalie derselben Be- schaffenheit wie in Fig. 64. Fig. 8 und 9. Halla parthenopeia. Unterdrückte Schaltsegmentbildung; in Fig. 9 bei (a). Fig. 40. Diopatra neapolitana, mit einem Schaltsegment bei(«) und Ver- doppelung des Parapods im Segment b. Fig. 44. Dasselbe bei stärkerer Vergrößerung. Bei 5 CI Cirrus 1 und 0 Cirrus I. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. Von C. Hoffbauer, Göttingen. Mit Tafel XXVI—XXVII und 3 Holzschnitten. I. Einleitung. Die Untersuchungen, welche bisher an Insektenflügeln gemacht wurden, bewegen sich im Wesentlichen in zwei Richtungen. Sie be- handeln: 4) Die Anlage und Entwicklung der Flügel im Larven- und Puppenstadium, 2) die Entstehung des Flügelgeäders (der Nervatur), den Zu- sammenhang derselben mit dem Tracheenverlauf, vergleichende Be- . trachtungen der Aderung in den einzelnen Insektenklassen und phylo- genetische Spekulationen. Die Litteratur dartiber ist eine ziemlich reichhaltige, es mögen der Übersicht halber die wichtigsten von mir benutzten Arbeiten in beiden Gebieten folgen: G. E. Apvorru (1, 2), Brauer und REDTENBACHER (d), Dewirz (1), Förster (12), Ganın (13), GraBer (16), Hagen (19, 20), Lanpoıs (25), Fr. Mürter (34), REDTENBACHER (36), Reusere (38), Rope (39), Roger (44), WeEısmann (46, 47). So weit es nöthig sein wird, werde ich auf einzelne von diesen Arbeiten später zurückkommen. Über den anatomischen Bau der Flügel, speciell der Deckflügel der Coleopteren, sind in der Litteratur sehr sparsame und zerstreute An- gaben enthalten. Es mag das seinen Grund darin haben, dass sich die Untersuchungen bei den verhältnismäßig recht ungünstigen, durch die Chitinisirung äußerst harten Objekten wohl ausschließlich nur auf Beob- achtungen beschränkt haben, die sich am ganzen Flügel unter der Lupe und dem Mikroskop bei auffallendem resp. durchscheinendem Licht oder durch Macerirung des Flügels ergeben. Der Rath meines hoch- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LIV. Bd, 38 580 6. Hoflbauer, verehrten Lehrers, Herrn Geh. Regierungsrath Enrers, ging desshalb dahin, Versuche mittels unserer Schnittmethoden, welche wegen der erwähnten Übelstände hierbei wenig oder gar nicht angewandt zu sein scheinen, anzustellen. Es mag nicht unerwähnt bleiben, dass im Ver- lauf der Arbeit sich in technischer Hinsicht Schwierigkeiten mannig- fachster Art entgegenstellten, so dass es in vielen Fällen nicht möglich war, ein feineres histologisches Resultat zu gewinnen. Übung, sowie die verschiedendlichsten praktischen Versuche, waren, wie stets bei derartigen Arbeiten, nöthig, um das harte Material für die fernere Be- handlung geeignet zu machen. Ich werde im folgenden Abschnitt die Methoden, nach welchen die Präparate behandelt wurden, ausführlicher angeben. In allen Fällen, in welchen einestheils die Härte des Gegenstan- des eine Behandlung mit dem Mikrotom verbot, andererseits es Einfach- heit, Erfahrung und Rückschluss auf diese oder ähnliche Bildungen erlaubten, ließ ich es bei Präparaten, welche ich mir aus ganzen oder theilweisen Chitinskeletten machte, bewenden und suchte mir auf solche Weise ein übersichtliches Bild zu verschaffen. Abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten waren schließlich bei einzelnen Untersuchungen, welche ich bereits im Sommer 1890 begonnen hatte, lediglich die ungünstigen Witterungsverhältnisse des verflossenen Sommer daran Schuld, dass dieselben nicht völlig zum Abschluss gelangten. Es war mir unter Anderem nicht möglich einzelne Malacodermen (Anthocomus- und Malachier-g), deren Flügelspitzen Einrichtungen, welche ich als Duftapparate bezeichnen möchte, auf- weisen, wieder zu erhalten und gründlich auf ihren Bau hin zu prüfen. Ich muss mich daher in diesen und gleichen Fällen mit allgemeinen Angaben begnügen und behalte mir für später specielle Untersuchungen darüber vor. Die häutigen Flügel aller Insekten schienen Anfangs zunächst der Beachtung werth, zumal in vielen der oben erwähnten Arbeiten, vor- nehmlich in derjenigen Anorrw’s, Aderung und Nervatur, die sogenann- ten konkaven und konvexen Linien (Aporpn) den Hauptgegenstand für die Untersuchungen gebildet haben, ohne dass von diesen Bildungen, außer allgemeinen Beschreibungen, in anatomischer Hinsicht etwas von ihrem specielleren Bau angegeben wäre. Sehr bald wurde jedoch meine Aufmerksamkeit von diesem Gebiete abgelenkt, da sich bei den Deckflügeln der Coleopteren, welche ich vergleichsweise mit herange- zogen hatte, Bildungen zeigten, welche das größte Interesse in ver- schiedenster Hinsicht erregien und in Folge dessen fast den ausschließ- lichen Gegenstand meiner Arbeit gebildet haben. Ich war dabei bemüht, Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 581 möglichst zahlreiche und verschiedenartige Familien aus dem Kreise der einheimischen Coleopteren heranzuziehen; selbstverständlich blieb immer noch ein großer Theil übrig, eben so wie dass mehrere Familien und Unterfamilien eine größere Berücksichtigung wie andere fanden. Im Anschluss an die Deckflügel mussten auch die thorakalen Partien der Coleopteren, namentlich die Halsschilde, mit in die Untersuchung hineingezogen werden, da es sich herausstellte, dass die Elytren mancherlei äußere und innere Eigenthümlichkeiten mit diesen gemein- sam haben. Die häutigen Flügel wurden nur in so weit berücksichtigt, als es zu einer vergleichsweisen Betrachtung derselben mit den Elytren nöthig erschien. Es liegt hier noch ein Feld für anatomische, ontoge- netische und phylogenetische Betrachtungen vor, dessen Bearbeitung bei Weitem den Zeitraum überschritten hätte, welchen ich mir zur Fertigstellung dieser Arbeit gesetzt hatte, jedoch als eine dankbare Aufgabe für später betrachte. Von besonderer Wichtigkeit erscheinen schließlich die »Tegulae« der Hymenopteren und die »Pterygoden«, der . Lepidopteren, auf welche bereits Memerr in: Sur l’'homologie des Ely- tres des Coleopteres (33) aufmerksam macht. — Es soll zunächst im Folgenden eine Übersicht über die untersuchten Arten und die dabei angewandten Methoden gegeben werden, um daran eine Besprechung der häutigen Flügel im Allgemeinen und der Deckflügel der Coleopteren im Besonderen anzuschließen. II. Übersicht der untersuchten Arten und der hierbei angewandten Methoden. 1) Hymenoptera: Bombus lapidarius L. 2) Lepidoptera: Pontia crataegi L., Colias brassicae L. ) Diptera: Musca domestica L. ) Neuroptera: Chrysopa perla L., Panorpa communis L. 5) Orthoptera: Acridium grossum L. ) Hemiptera: Cimex rufipes L. ) Coleoptera: Chrysomelidae : Lina populiL., L. tremulaeF., L. 20. punclata Scop., L. aenea L., Ohrysomela cerealis L., Ch. fastuwosa L., Ch. Göttingensis L., Ch. sanguinolenta L., Ch. grossa F., Ch. Banksi F., Ch. violacea Pz., Ch. staphylea L., Ch. Mentasiri Suffr., Phratora Vitellinae L., Lema melanopa L., L. cyanella L., Crioceris merdigera F., Cr. brun- nea F., Cr. Asparagi L., Cr. 12-punctata L., Adimonia capreae L., Ad. Lanaceli L., Haltıca fuscicornis L., Donacia limbata Pz., Prasocuris margi- nella L., Cryptocephalus sericeus L., Cr. vittatus F., Cr. gracilis F., Lupe- rus flavipes L., Olythra quadripunctata L., Cassida nobilis L. | 38* 582. C. Hoffbauer, Clavicornia: Byrrhus pellula L., Necrobia violacea L., Anthrenus scrophulariae L., Olerus formicarius L. Gerambyeidae: Tetropium luridum L., Asemum striatum L., Leptura nigra? L., Callidium violaceum L., Hylotrupes bajulus L., Spondylis bupre- stordes L. Coceinellidae: Coccinella 7-punctata L., Halyzia oblongoguttata L. Serricornia: Cantharıs fusca L., Ragonycha fulva Scop., Anthascia nitidula L., Elater sanguineus L., Malachius pulicarius F. Curculiones: Chlorophanus viridis L., Lixus paraplecticus L. Lamellieornia: Rhizotrogus solstitialis L., Melolantha vulgaris F., Trichius fasciatus L. Trachelophora: Lytta vesicatoria L., Melöe proscarabaeus L. Carabidae: Leistus spinibarbis F. Hydrocantharida: Dytiscus marginalıs L. Staphylinidae: Philontus carbonarius Gyll. ‘ Behandlung der häutigen Flügel. Alle häutigen Flügel wurden, nachdem die Thiere gleich nach dem Fange mit Schwefeläther betäubt waren, angeschnitten und in 70°/,igem Alkohol konservirt. Das zum Einbetten nöthige Paraffin hatte den Schmelzpunkt von 58—60° G. Die Färbemethoden richteten sich nach dem Verhalten der Schnitte. Stellte es sich heraus, dass dieselben mit Eiweiß aufgeklebt, bei nachfolgender Behandlung mit Alkoh. absol. fortschwammen, dann mussten die Flügel vor dem Schneiden in toto gefärbt, und die Schnitte mit Kollodiumnelkenöl aufgeklebt werden. Die hieraus gewonnenen Resultate befriedigten aber selten die Anforde- rungen, da der Farbstoff (Gentianaviolett oder Boraxkarmin) trotz langen Liegens entweder nicht völlig eindrang, oder kein scharfes Bild lieferte. Blieben jedoch die Schnitte mit Eiweiß haften, dann erfolgte Schnitt- färbung mit Enruicna’s Hämatoxylin, die jedes Mal auf das beste gelang. Andere Methoden, wie die erwähnten, wurden bei häutigen Flügeln nicht angewandt. Behandlung der Deckflügel und Halsschilde. Traten beim Schneiden der häutigen Flügel schon Schwierigkeiten mancherlei Art entgegen, indem die einzelnen Schnitte oft an den . wichtigsten Stellen zerbröckelten, so war dies bei den harten Deck- flügeln im erhöhten Maße der Fall. Es war häufig unmöglich, reine Schnittserien zu erhalten. Theils setzte das Messer gänzlich aus, theils zerrissen die Schnitte, oder schwammen beim Färben fort. Da die Färbung in toto bei der Dicke der Chitinwände nie gelang, war auch Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 983 ein Aufkleben mit Kollodiumnelkenöl ausgeschlossen. Das beste Mittel, gute Schnitte zu bekommen, blieb immer noch, das Material recht lange (24—48 Stunden je nach der Härte) einzubetten, da hierdurch möglichst ein späteres Ausspringen derselben aus dem Paraffin beim Schneiden verhindert wurde. Konservirung und Färbung. 1) Abtödten in Schwefeläther oder durch Abschneiden des Kopfes, Einlegen ca. 30 Minuten in koncentrirte Pikrinschwefelsäure, Aus- waschen mit 70°/,igem Alkohol. Die Behandlung mit Äther ist desshalb vortheilhafter, weil die Flügel ihre ölige und fettige Oberfläche ver- lieren, in Folge davon sofort in die Konservirungsflüssigkeit untertauchen und besser davon durchdrungen werden. Einen schädlichen Einfluss des Äthers habe ich nie bemerkt, dagegen schien es mir, dass durch Abtödten in kochendem Wasser, die Bilder später mehr oder weniger undeutlich wurden. Färbung mit GrenacHer’s Boraxkarmin oder besser Enurricn’s Häma- toxylin, wurde da angewandt, wo es auf Deutlichkeit der Matrixzellen, des Fettkörpergewebes, der Nerven, hauptsächlich der Zellkerne an- kam. Doppelfärbung mit Hämatoxylin und Eosin, letzteres für die Chitintheile. 2) Abtödten wie vorher, Einlegen der Flügel ca. 10 Minuten in Fremmine’sche Chrom-Ösmiumsäure, darauf Verdünnen derselben um das Dreifache. Nach ein bis zwei Stunden mehrmaliges Auswaschen in destillirtem Wasser und Überführung in Alkoh. absol. Für die Konservirung von Drüsenzellen ein vorzügliches Mittel, nur lässt die spätere Färbung mit Boraxkarmin, Hämatoxylin, selbst Gentianaviolett viel zu wünschen übrig. 3) Konservirung mit Frexzer’scher Flüssigkeit (cf. Archiv für mikr. Anat. XXVI. Band p. 232). Einfach und zur Konservirung der Gewebe- zellen sehr empfehlenswerth. 4) Konservirung nach Weısmann’scher Methode (Abtödten in kochendem mit etwas Sublimat getränktem 70°/,igem Alkohol, Er- kaltenlassen und Auswaschen). Ein großer Übelstand stellte sich bei den Untersuchungen der drüsigen Organe, welche sich in so überraschender Fülle und Mannig- faltigkeit in den Elytren der CGoleopteren finden, heraus. Bei gleicher Behandlung erzielte ich sehr häufig ungleiche Bilder, ein Umstand, der wohl im Zusammenhang damit steht, dass die Imagines entweder schon zu alt oder noch zu jung, die Drüsen in Folge dessen zusammen- geschrumpft resp. noch nicht genügend mit Sekret gefüllt waren. 584 C. Hoffbauer, Herstellung von Chitinskeletten. Wo es mir nicht auf die Erhaltung des Gewebes, vielmehr auf ein anschauliches Bild der Strukturirung des Chitins ankam, wurden fol- gende Methoden angewandt. Eau de Javelle, welches ich Anfangs zu diesem Zweck gebrauchte, bietet den Vortheil, dass es stark pigmentirte Chitindecken zugleich auf- hellt; es erfordert aber eine große Aufmerksamkeit in der Zeitdauer der Anwendung, da sonst das Chitingerüst zerstört wird. Beinahe keinen Einfluss hatte verdünnte Salpetersäure. Das beste Mittel blieb stets, die Objekte in einer nicht zu schwachen Ätzkalilösung längere Zeit zu kochen bezw. in derselben liegen zu lassen. Man braucht dabei keine Sorge zu haben, dass sie in irgend welcher Weise die Bestand- theile des Chitins auflöst. War die gewünschte Weichheit erreicht, ließ ich das Material noch längere Zeit (24 Stunden) in destillirtem Wasser liegen. Hierdurch quellen gleichsam die einzelnen Schichten einer Chitindecke aus einander und lassen dann im Schnitte deutlich ihre Grenzen erkennen. Ich habe auf diese Weise nicht allein von Deckflügeln, sondern selbst von sehr harten Halsschild- und Thorakal- regionen sehr brauchbare Präparate gewonnen. Die Färbung war hierbei stets Eosin. Ein sehr einfaches Mittel um dunkelpigmentirte Chitinstücke aufzuhellen, fand ich darin, dass ich sie nach vorheriger Behandlung mit Kalilauge einige Zeit in Chlorwasser legte; jedenfalls beschleunigte die Anwendung von Ätzkali den nachherigen Bleichungs- process außerordentlich. Nach gehöriger Auswaschung, dem Gebrauch von Alkoh. absol. und Nelkenöl, wurden die Stücke in Kanadabalsam unter das Deckglas gebracht. Ich erreichte theilweise eine solche Durchsichtigkeit und Klarheit der Bilder, dass selbst äußerst feine chitinige Drüsenkanäle erhalten und sichtbar blieben. | Kurze Vorbemerkung über die Entwicklung der Flügel im Allgemeinen. Die Flügel der Insekten erscheinen ganz allgemein als blattartige Duplikaturen des Integumentes, wobei meist eine Betheiligung der unter diesem liegenden Gewebsschichten stattgefunden hat. Sie erweitern sich an ihren freien Rändern, während sie an ihrer Insertionsstelle mit dem Meso- beziehungsweise Metathorax sich verengt und gelenkig abgesetzt haben. So übereinstimmend die Ansichten hierüber sind, so verschieden äußern sich die Autoren über ihren phylogenetischen und ontogenetischen Ursprung. Während die einen, wie OKEN, GEGENBAUR (14, p. 364), Lanpoiss (25), sie für umgewandelte Tracheenkiemen Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 585 halten, eine Ansicht, welcher sich auch Anoırz (1, p. 217) zuneigt, in- dem er die Entwicklung des Tracheensystems in unmittelbare Ver- bindung mit der Nervatur bringt, halten andere sie für einfache sack- artige Ausstüilpungen der Körperhaut (Frırz Mürzer [34], Pancrrriusu. A.). Gewissermaßen einen doppelten Entwicklungsgang nimmt Grager (16, I. Band p. 190) an, indem er sagt: »Die Kerfflügel können wie bei den Termiten, Land-Hexapoden direkt aus Ausstülpungen der Brustrücken- platten entstanden sein, oder sie sind bei den wasserlebenden Urkerfen aus einer Umwandlung der Kiemenflossen hervorgegangen.« Als Beweis für Letzteres bringt er Cloeon dimidiatum, eine Eintagsfliege, bei welcher die vordersten Kiemenblätter der Larve nach der letzten Häutung die Funktion der Flugorgane übernehmen sollen. In der ontogenetischen Entwicklung der Flügel ist zu unterschei- den, je nachdem wir es mit metabolen oder ametabolen Insekten zu thun haben. Im ersten Fall legen die Flügel sich in den sog. Imaginal- scheiben am Thorax an; dies sind dorsale Einstülpungen der Hypo- dermis, in deren Grunde in einem gewissen Stadium sich wieder Auswüchse erheben. Von derartigen Auswüchsen sind dorsal wie ventral (als Anlage der Beine) drei Paar vorhanden; es entwickeln sich jedoch dorsal nur die beiden hintersten zu Flügeln, während das erste Paar verkümmert, oder bei Corethra als Stigmen tragender Dorsalfortsatz der Puppe, und bei Simulia als ein Büschel von Tracheenkiemen sich herausbildet (cf. Korscneır und Hriper |23], p. 862). Des Näheren darüber muss ich auf die Arbeit Weısmann’s über Corethra plumicornis verweisen (47). In anderer Weise gestaltet sich der Vorgang bei den ametabolen Insekten, z.B. Blatta orientalis, indem hier die Flügelanlage am zweiten und dritten Brustring direkt als ein Auswuchs der bil- dungsfähigen Weichhaut erscheint, ein Stadium der Einstülpung mit folgendem Auswuchs also fehlt (cf. GrABER, 16, II. Band 2. Theil p. 483 ff.). — Eine scharfe Grenze zwischen den Entwicklungsvorgängen der Meta- bolen und Ametabolen lässt sich jedoch im Allgemeinen nicht wohl ziehen, da beide Anlagen in der schließlichen Bildung eines Auswuchses übereinstimmen. Jedoch nahm man bisher an, dass sich bei ein und demselben Insekt, sei es nun metabol oder ametabol, immer nur ein Entwicklungsgang bei Vorder- (auch Deckflügel) und Hinterflügel und zwar gleichzeitig abspiele. Interessant ist daher die Angabe von Drwırz (44) über den flügellosen Niptus hololeucus Cam. Hiernach besitzen die erwachsenen Larven schon die Elytren in Gestalt halbmondförmiger nicht in Taschen eingesenkter Hautlappen, dagegen zeigen sich erst später, wenn die Larve sich verspinnt, Spuren der Hinterflügel als halb- kreisförmige eingesenkte Verdickungen der Epidermis, diein Verbindung s 586 C. Hofbauer, mit einem Nerven- und Tracheenästchen stehen. Bei der Puppe bilden sie sich zu einer Schuppe aus, während sie bei der Imago wieder voll- ständig verschwinden. Wir hätten also hier, abgesehen von der zeit- lichen Differenz, in der Anlage der Elytren eine den Auswüchsen der ametabolen Insekten analoge Bildung. Meınerr (33) hält die Deckflügel der Coleopteren den Vorderflügeln überhaupt nicht für gleichwerthig, bringt sie vielmehr mit den Tegulae der Hymenopteren und den Pterygoden der Lepidopteren in Ver- bindung. Diese Angaben sind desshalb von Wichtigkeit, weil sie in gewissen Beziehungen zu der Auffassung stehen, zu welcher ich im Laufe der Untersuchung gekommen bin und ich habe sie daher an dieser Stelle vorläufig erwähnt. Bevor ich jedoch auf diese Verhältnisse eingehe, wird es nöthig sein, zunächst erst den specielleren Bau der häutigen Flügel sowohl als der Deckflügel einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Die häutigen Flügel der Insekten allgemein. Sie setzen sich ihrer Bildung gemäß aus einer oberen und unteren, meist einschichtigen Chitinlamelle zusammen; diese sind durch eine sehr dünne Matrixschicht, in welcher vereinzelt Kerne sichtbar werden, von einander getrennt, oder sie legen sich ohne diese unmittelbar auf einander. Es ist wahrscheinlich, dass dies ungleiche Verhalten mit verschiedenen Alterszuständen der Imagines in Beziehung steht, und die Matrix mit dem Älterwerden vollständig schwindet. Eine Ausnahme macht die Nervatur. Hier buchten sich die beiden Blätter eben so in gleicher oder ungleicher Weise, wie sie sich verdicken, aus, und bilden ein Gharakteristikum für die häutigen Flügel, allseitig, in der Länge oder Quere des Flügels verlaufende, geschlossene Chitinrohre, welche von einer Matrixschicht getragen in ihrem Inneren Tracheen, Fettkörper- gewebe und Blutflüssigkeit enthalten. Lässt sich auf solche Weise zunächst der allgemeine Bau aller häutigen Flügel charakterisiren, so treten uns in den einzelnen Fami- lien Differenzen entgegen, welche nicht nur in der äußeren Gestaltung, der Behaarung, Beschuppung, Färbung, dem Verlauf und der Anzahl der Adern gegeben und zur systematischen Bestimmung mit Vortheil ver- wandt worden sind, sondern es lassen sich auch in anatomischer Hin- sicht Unterschiede namentlich in der ungleichen Zusammensetzung und Ausbuchtung der einzelnen Adern finden. Die Angaben, welche ich hierüber machen kann, können auf Vollständigkeit durchaus keinen Anspruch erheben, da nur ein verhältnismäßig sehr kleines Gebiet aus bereits erwähnten Gründen herangezogen wurde. e Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 587 In der Reihenfolge der zu besprechenden Klassen richte ich mich nach derjenigen Anorpw’s in seiner Abhandlung über Insektenflügel. Hymenoptera: Bombus lapidarius. Die obere diekere und untere dünnere Lamelle des vorderen Flügels lagern mit Ausnahme der Adern hart auf einander, und eine Matrixschicht ist zwischen ihnen nicht wahrnehmbar. Sie tragen beide in kurzen Abständen längere Chitinhaare. Die Avorpn’sche Linea con- caya submedialis zeigt sich im Querschnitt als Verdünnung haupt- sächlich der oberen Lamelle, mit geringer Ausbuchtung nach oben (Fig. 1). Die Adern wölben sich fast ausschließlich nach der unteren Flügel- fläche aus und kennzeichnen sich im Querschnitt als geschlossene Rohre, deren Chitinwandungen im Inneren von einer syneytialen Matrixschicht ausgekleidet sind. Die Wandungen des Rohres werden einerseits von der unteren gleich stark bleibenden, und oberen an dieser Stelle verdickten Lamelle gebildet, während andererseits die seitliche Begrenzung durch zwei von der oberen Lamelle ausgehende leistenartige Vorsprünge, welche sich unmittelbar an die untere Lamelle ansetzen, hergestellt wird (Fig. 2). Im Inneren des Rohres befinden sich außer der syneytialen Matrix, Tracheenästchen von größerem und kleinerem Durchmesser neben Blut- flüssigkeit und Fettkörpergewebe. Dort, wo eine Anorpn’sche Konkav- linie eine Querader schneidet, verschmächtigen sich die oberen Wan- dungen der letzteren auf ein Minimum, die Kontinuität des Rohres bleibt jedoch erhalten. Lepidoptera: Pontia brassicae L. und napi L. Die beiden dicht mit Schuppen besetzten Lamellen sind annähernd gleich dick und durch eine äußerst dünne, kaum wahrnehmbare Matrix- schicht von einander getrennt. Sie betheiligen sich an der Bildung der Rippen in der Weise, dass sie sich, die obere etwas weniger wie die untere, ihrer Lagerung entsprechend, nach außen über das Niveau der Flügelfläche auswölben. Die Dicke der Lamellen nimmt an diesen Stellen meist um das Zwei- bis Dreifache der gewöhnlichen Stärke zu. Diptera: Musca domestica. Die beiden zarten, gleich dicken Lamellen liegen unmittelbar auf einander und wölben sich ähnlich wie bei den Lepidopteren zu Rippen aus, nur mit dem Unterschiede, dass die einzelnen Adern sich hier im ’ Querschnitt in ziemlich regelmäßiger Wiederkehr abwechselnd, die 588 C. Hofibauer, eine nach oben, die andere nach unten, stärker auswölben. Ober- und Unterseite des Flügels sind in geringen Abständen gleichmäßig mit kurzen Chitinhaaren besetzt, der Randsaum trägt im seinem Verlauf eine Reihe stärkerer und längerer Haare. Neuroptera: Chrysomela perla, Panorpa communis. Die unmittelbar an einander liegenden Lamellen wölben sich ihrer Lagerung entsprechend entweder gleichmäßig, oder, die obere etwas weniger wie die untere, zu Rippen aus, indem sie sich an dieser Stelle um das Doppelte, ja Dreifache ihrer sonstigen Stärke verdicken können. Chrysopa perla trägt auf der Oberseite der Rippen die Insertionsstellen längerer Chitinhaare (Fig. 3), die übrige Flügelfläche ist haarlos. Bei Panorpa communis wölben sich die Rippen, deren Wandungen hier kaum stärker als die Dicke der Lamelle sonst sind, meist mehr nach der unteren Seite aus. Ober- und Unterseite der Flügelfläche und Rippen mit kurzen in geringen aber gleichmäßigen Abständen stehen- den Chitinhaaren bekleidet. Die Orthopteren (Hinterflügel von Acridium grossum) und Hemipteren (Hinterflügel von Cimex rufipes) schließen sich in der Stärke und Lagerungsweise der beiden Lamellen sowie in der Ausgestaltung der Adern an die Dipteren und Neuropteren an. Die Adern wölben sich bei Acr. grossum vielfach stärker nach oben, bei Cimex rufipes dagegen gleichmäßig aus. Ober- und Unter- seite des Flügels in beiden Species mit Stacheln besetzt. Auch die Hinterflügel der’ Coleopteren lassen sich ohne Schwie- rigkeiten in das allgemeine Schema der häutigen Flügel bringen. Die beiden dünnen, gleich dieken, dicht mit kurzen Chitinstacheln besetz- ten Lamellen liegen meist unmittelbar auf einander und lassen nur ganz vereinzelt zwischen sich Kerne der Matrix erkennen. Sie bethei- ligen sich an der Ausgestaltung der Rippen in ungleicher Weise, mit Ausnahme der Randader, an welcher sich beide Lamellen gleichmäßig verdicken und auswölben. Sonst wölbt sich die obere Lamelle nur wenig aus und behält ihre gewöhnliche Stärke, während die untere sich stärker ausbuchtet und in der Dicke ihrer Wand um das Zwei- bis Dreifache zunimmt. Nach den bisher nur an einzelnen Species genannter Ordnungen gemachten Beobachtungen scheinen also die Hymenopteren in dem anatomischen Bau ihrer Flügel, namentlich der Rippen eine etwas iso- irtere Stellung einzunehmen, während die übrigen in dieser Hinsicht nur geringe Abweichungen zeigen. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 589 Die Deckflügel der Coleopteren. Schon eine oberflächliche Betrachtung der Deckflügel liefert ein von demjenigen der häutigen Flügel abweichendes Bild. Die stets pig- mentirte Oberfläche kann wie die Unterseite mit Skulpturirungen und Streifungen, Haar- und Stachelbildungen mannigfachster Art und Größe versehen sein, eine Aderung ist jedoch nirgends erkennbar. Es hängt dies mit dem Verhalten und der Lagerungsweise der beiden im erwach- senen Imago stets mehrschichtigen Lamellen zusammen. Während sich dieselben in den häutigen Flügeln mit Ausnahme der Erweiterungen, welche die Aderrohre bilden, unmittelbar berühren oder höchstens durch eine sehr dünne Matrixschicht getrennt sind, weichen diejenigen der Deckflügel meist erheblich aus einander und werden nur durch einzeln stehende chitinige Säulen, die sog. Querbrücken, verbunden. Diese in größerer oder geringerer Anzahl über die Flügelfläche zerstreut stehenden, regelmäßig oder unregelmäßig angeordneten Querbrücken sind wahrscheinlich als Einfaltungen der oberen, in der äußersten Schicht stets pigmentirten Lamelle anzusehen, welche zapfenartig gegen die untere Lamelle gewachsen und schließlich nach Obliteriren der Matrixzellen mit dieser vollständig verwachsen sind. Ihre Achse ist als Fortsetzung der äußersten, d. h. ältesten Schicht pigmentirt (Fig. 8). Um sie herum lagern die später zur Ausbildung gekommenen jüngeren Chitinschichten !. } Die Querbrücken dienen mit dazu, dem ganzen Flügelbau eine gewisse Festigkeit zu verleihen. Letztere ist natürlich außerdem noch abhängig von der Dicke und der organischen Zusammensetzung der Chitinschichten im Allgemeinen. Angaben hierüber sind bereits von BEAUREGARD (3) gemacht, Derselbe Autor bemerkt ferner noch, dass das Pigment, welches die äußerste Schicht des Chitins homogen färbt, auch in den Querbrücken vorhanden ist, aber von der Epidermis durch farb- loses Chitin getrennt ist, Beobachtungen, welche ich bestätigen kann und bei allen von mir untersuchten Coleopteren gemacht habe. Während die beiden Lamellen in dem größten Theil des Flügels einen gleichmäßigen Abstand von einander besitzen, buchten sie sich in den äußeren und inneren Randpartien, dem »Randsaume« beziehungs- weise der »Naht« gewöhnlich stärker und in mannigfacher Weise aus. Die Unterseite des Randsaumes, stellenweise auch der Naht trägt eine aus kurzen Chitinstacheln oder Kannelirungen der Lamelle selbst gebildete Leiste (Fig. 5, 20, 39), eine Einrichtung, welche sich mit ! Die im Folgenden gegebenen Maßzahlen für den Dickendurchmesser der Querbrücken sind stets in halber Höhe derselben genommen. 590 C. Hoffbauer, geringen Modifikationen bei allen Goleopteren, welche ich untersuchte, vorfindet, auffallenderweise auch bei den Tegulae der Hymenopteren, was für die Beurtheilung dieser Gebilde, wie wir später sehen werden, von Wichtigkeit wird. ReEker (37) hält sie für eine Schrillleiste, da sie bei den Dytisciden durch Reibung an einer an dem Vorderrand der Hinterflügel sich vorfindenden entsprechenden Leiste zur Erzeugung eines Tones mitwirken soll. Diese Reibleiste an den Hinterflügeln habe ich mit Ausnahme der Dytiseciden jedoch bei allen anderen von mir untersuchten Coleopteren nicht wieder vorgefunden. Ob nun die Schrillleiste Rerker’s ihre Funktion hier verloren oder überhaupt nicht bekommen hat, steht dahin, jedenfalls würde die Beibehaltung jenes Namens nur zu Irrthümern Veranlassung geben; ich werde sie daher im Folgenden kurz als »Stachelreihe« bezeichnen. Der innere Raum der Flügel, welcher in Folge der Lagerung der beiden Lamellen einen einzigen in sich zusammenhängenden Hohlraum darstellt, wird von einer Matrixschicht ausgekleidet und enthält neben verschieden verlaufenden Tracheenstämmen, Nervensträngen, Blut- Nlüssigkeit, Fettkörpergewebe und Konkretionen, als eine sehr eigen- thümliche Bildung oft eine große Fülle von Drüsen, welche die ver- schiedenartigste Ausgestaltung und Lagerung erfahren. Die Anzahl innerhalb einer Species ist nicht konstant und schwankt sogar innerhalb eines einzelnen Flügelpaares. Wenn ich in Folgendem trotzdem Zahlen hierfür angebe, so sollen diese nur einen ungefähren Anhalt für ihr mehr oder weniger zahlreiches Vorhandensein geben. Da sich die Drüsen in gleicher Weise auch in den Halsschilden der Käfer wieder- finden, wurden diese im folgenden speciellen Theil auch in die Be- trachtung mit hineingezogen. Man könnte in der Reihenfolge und Zusammenstellung der Flügel- decken verschiedene Wege einschlagen. Unter Anderem in Folge jener hervorragenden Eigenthümlichkeit der Drüsenbildungen alle diejenigen Elytren, welche diese Organe besitzen, für sich gesondert betrachten und ungleiche Ausgestaltungen durch Übergänge in Ver- bindung bringen. Dabei müsste ein Punkt, nämlich die Zusammen- gehörigkeit der Arten und Speeies zu den einzelnen Familien, wie sie in der Systematik gebräuchlich ist, außer Acht gelassen werden, weil sich merkwürdigerweise innerhalb der Familien, ja selbst Gattungen im Bau der Drüsen mannigfache Unterschiede gezeigt haben. Da ferner andere übereinstimmende Familienmerkmale hierdurch von einander getrennt würden, scheint es mir der Übersichtlichkeit wegen mehr geboten zu sein, zunächst erst die Flügeldecken nach den Familien, so weit sie untersucht wurden, unter sich zu besprechen, und erst in Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 591 einem späteren Abschnitt auf obige Gesichtspunkte zurückzukommen. Diejenigen Familien, innerhalb welcher die größte Anzahl der Gattungen Drüsenbildungen in den Elytren zeigten, wurden vorangestellt. Chrysomelidae. Die Gattungen und Arten dieser Familie wurden wegen ihres Drüsenreichthums eingehender als alle anderen untersucht; da mir ein ausreichendes und gut konservirtes Material an reifen Puppen und jüngeren Imagines zur Verfügung stand, war es mir auch möglich Präparate zu erhalten, welche einen etwas genaueren histologischen Einblick gestatteten. Innerhalb der von mir untersuchten Gattungen zeigt sich, abge- sehen von einigen unwesentlichen Unterschieden namentlich in Bezug auf Anzahl, Größe und Verzweigung der Ausführungskanäle, ein beinahe übereinstimmender Bau. Eine größere sehr aufallende Ausnahme machen nur die Gattungen Crioceris Geofir. und Adimonia Laich., denn in jener finden wir einzelne Arten mit Flügeldecken, deren Drüsen- bildungen von dem Habitus der Blattkäfer bedeutend abweichen, und in dieser die Species Adimonia Tanaceti L., welche der Drüsen über- haupt entbehrt. Gattung Lina Redtb. Lina populi L. Äußere Gestaltung: Der Flügel erscheint mit Aus- nahme des Randsaumes und der Naht gleichförmig dick und mäßig gewölbt. Die Oberfläche ist glatt und nur dort punktförmig einge- stochen, wo sie mit der unteren Lamelle durch Querbrücken verbunden ist. Während ihr Haar- und Stachelbildungen vollständig abgehen, zeigt die Unterfläche nur durch das Mikroskop sichtbare chitinige Stacheln von sehr geringer Größe. Die Naht ist etwas verdickt und greift falz- artig in diejenige des gegenüberliegenden Flügels ein. Der Randsaum baucht sich ungefähr um das Fünffache der Dicke der übrigen Flügel- fläche aus, trägt auf der Oberseite die bereits bei schwacher Vergröße- rung sichtbaren Ausführungsöffnungen der Drüsen und vor diesen lateralwärts an der Oberkante des Randsaumes eine Rinne, welche durch eine vorspringende Leiste gebildet wird und dazu dient, die aus den Drüsen austretende Flüssigkeit am seitlichen Herabfließen zu verhindern. Am Unterrand findet sich gleichfalls eine längsverlaufende verdickte Leiste (Fig. 5). Die Chitinstacheln der Eigelnitendianhs bekommen an der Unter- seite des Randsaumes eine andere Ausgestaltung; sie treten dichter zusammen, werden größer und bilden eine nach der Wurzel und der 592 C. Hoffbauer, Spitze des Flügels zu schwächer werdende Stachelreihe, deren Zacken lateral gerichtet sind (Fig. 5 st). Innere Ausgestaltung. Die ganze innere Oberfläche der Ely- tren ist von einem Syncytium von Matrixzellen ausgekleidet, welche sich nach dem Alter des Thieres verschieden verhalten. Im reifen Puppenstadium und jungen Imago ist die Matrix von größerer Mächtig- keit und mit langen sich in das Innere des Deckflügellumens erstrecken- den protoplasmatischen Fortsätzen versehen (Fig. 11). Nach Reugere (38) sollen dieselben davon herrühren, dass durch Einpressen von Blut in die noch weichen Flügel die Räume zwischen den Hypodermiszellen enorm ausgedehnt werden, so dass letztere, statt wie früher, hoch und schmal zu sein, jetzt zu einen Netzwerk ganz platter, sternförmiger Zellen werden, in dessen Maschen sich Blut befindet. Später gehen viele derselben zu Grunde, die übrigen rücken in eine Ebene und sind nur als eine stellenweise sehr flache Schicht mit vereinzelten Kernen sicht- bar. Die von der Matrix getragene Cuticula beider Lamellen ist nach dem Ausschlüpfen des Imago einschichtig, dünn, wenig pigmentirt und noch vielfach gefältelt. Später tritt ein Unterschied ein, indem die obere Lamelle stärker in die Dicke wächst als die untere, mehrere Schichten innerhalb derselben auftreten, von welchen jedoch die oberste, älteste pigmentirt ist; die untere Lamelle ist dünner und besteht aus nur wenigen Schichten (im vorliegenden Präparat oben zehn bis elf Schichten, unten fünf), verdickt sich aber am Randsaume und der Naht und erhält hier beinahe die gleiche Stärke wie die obere. Die mehr oder weniger groben Faserzüge der Schichten liegen kreuzweise über einander, zeigen also ein dem Chitin des übrigen Körperintegumentes gleiches Verhalten (Fig. 12). Die obere und untere Lamelle mit einander verbindenden Quer- brücken stehen unregelmäßig über die Flügelfläche zerstreut, haben einen Diekendurchmesser von ca. 0,04 mm und erscheinen, von oben her ge- sehen, koncentrisch geschichtet. Ihren Bau erklärt die schematische Fig.8. Zwei Haupttracheenstämme verlaufen neben einander im Rand- saum, einer in der verdickten Naht, und entsenden von hier aus Neben- stämme in das Innere der übrigen Flügelfläche. Sie sind vom Fett- körpergewebe in Gestalt traubenförmiger Zellkomplexe umgeben und tragen in das Tracheenlumen vorspringende radiär angeordnete Chitin- stacheln (Fig. 1A). Einen großen Raum im Inneren des Randsaumes nehmen aber charakteristisch gestaltete Drüsenpackete ein, welche neben einander gelagert von der Wurzel bis zur Spitze sich vorfinden und an der Ober- seite der Elytren nahe am Rande ausmünden (Fig. %). Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 593 Ihr Bau ist folgender : ein entweder einfach zapfenförmig gestal- teter (Fig. 7) oder in kurze Äste sich gabelnder Sammelkanal von 0,1 mm Länge im Mittel, ist in der unteren frei in das Flügellumen hineinragenden Strecke mit siebförmigen Durchlöcherungen versehen. Es sind dies die Einmündungssiellen feiner chitiniger Kanäle,. welche im Inneren eben so vieler einzelliger flaschenförmig gestalteter Drüsen verlaufen und dazu dienen, aus einem mit ihnen in Verbindung stehen- den Reservoir (Sekretraum Lzvoıe’s) der Drüsenzelle das von dem Drüsenplasma erzeugte Sekret aufzunehmen und in den Sammelkanal zu führen. Das Drüsenplasma ist körnig und der Kern liegt stets an der Basis unterhalb des Reservoirs, beinahe wandständig (Fig. 5 u. 6.) Die Drüsenzelle selbst setzt sich mit ihrer äußeren Wand unmittelbar an die Matrix, welche die Wand des Sammelkanals bekleidet, an. Die Abgrenzung des Reservoirs vom übrigen Drüsenplasma ist eine scharfe und wahrscheinlich durch eine Verdichtung des wandständigen Plas- mas hervorgerufene. Da ich selbst mit sehr starker Vergrößerung eine Durchbrechung der Wand des Reservoirs durch feine Poren nicht wahr- nehmen konnte, erfolgt die Entleerung in das Reservoir wahrscheinlich durch Transfusion. Jedenfalls lässt sich die Vermuthung einer cuticu- laren Wandung, welche z. B. Leyvıc (27) bei den Speicheldrüsen von Musca vomitoria ausspricht, hier nicht rechtfertigen, da sie sonst bei der geeigneten Präparation eines Chitinskelettes sichtbar geworden wäre. Beim lebenden Thiere ist das Drüsensekret nach Austritt aus dem Sammelkanal flüssig, geruch- und farblos, verflüchtigt an der Luft sehr schnell und färbt blaues Lackmuspapier roth. Bei der Konservirung und späteren Behandlung mit Alkohol coa- gulirt es im Drüseninneren und färbt sich dunkel wie die Zellkerne. Fig. 9 lässt im Reservoir einen solchen Sekretballen erkennen. Die Aussonderung des Sekretes ist nach der Jahreszeit, beziehungs- weise dem Alter des Thieres und der Menge des vorhandenen Stoffes verschieden. Bei Käfern, welche ich im August darauf hin untersuchte, ließ sich erst nach mehrmaliger Reizung mit einer Präparirnadel, deren Spitze ich am Rande des Flügels entlang führte, eine tröpfehenweise Entleerung bemerken, dagegen trat eine solche und zwar in reichlicher Menge im Frühsommer bei jüngeren Exemplaren schon ein, wenn ich die Thiere in die Hand nahm, nöthigenfalls einen kleinen Druck auf die Flügeloberfläche ausführte. Nach mehrmaligen Wiederholungen ist der Vorrath des Drüsensekretes erschöpft und es bedarf erst einiger Zeit, ehe ein neuer Versuch mit Erfolg gemacht werden kann. Lässt man dem Thiere wieder seine Freiheit, so läuft es schneller wie ge- wöhnlich davon und sucht baldigst zu entfliegen. 594 | C. Hoffbauer, Die Entleerung des Sekretes erfolgt wahrscheinlich dadurch, dass auf einen indirekten nervösen Reiz hin ein vermehrter Zudrang von Blutflüssigkeit in die Nähe der Drüsen erfolgt, welche ein Zusammen- pressen der Drüsenpackete zur Folge hat. Muskeln finden sich, wie auch sonst in den Flügeldecken, nirgends, und einen direkten Zusammen- hang der in dem Randsaum verlaufenden Nervenstränge mit den Drüsenzellen habe ich an keiner Stelle beobachten können. Die Ausmündungen der Sammelkanäle liegen längs des Rand- saumes auf der größten Strecke in einer Doppelreihe. Ihre gegenseitige Entfernung beträgt bis zur Spitze 0,10 mm, hier vergrößert sie sich jedoch bis zu 0,27 mm. Ihre Anzahl beläuft sich in der Fig. 4 auf 68, in anderen Flügeln fand ich 81. Ihre Zahl ist also nicht konstant und schwankt selbst innerhalb eines Flügelpaares. Bei der Untersuchung lebender Thiere fiel mir auf, dass nicht nur am Randsaum der Flügel, sondern auch an den Seitenrändern des Halsschildes eine Drüsenaussonderung stattfand. Eine nähere Betrach- tung vermittels Schnittserien und Chitinskeletten ergab, dass hier in ganz gleicher Weise gebildete Drüsenpackete wie in den Flügeldecken eingelagert sind (Fig. 9). Da eine Verbindung derselben mit Muskeln oder Nerven nicht gefunden wurde, ist die Entleerung des Sekretes wohl auf gleiche Ursachen wie in den Elytren zurückzuführen. Die Mündungen der Sammelkanäle nehmen, wie Fig. 9 zeigt, nicht die ganze Fläche der Seitenränder des Halsschildes ein, sondern lassen in der Mitte derselben ein drüsenfreies Feld offen. Die Sammelkanäle selbst gleichen in ihrem Bau und in ihrer Größe vollständig denjenigen der Flügeldecken; ihre Anzahl beträgt auf jeder Seite des Halsschildes ca. 72. Um ein seitliches Herabfließen des Sekretes zu verhindern, sind die Seitenränder nach oben umgebogen und geben so zur Bildung einer Sammelrinne Veranlassung. Die Flügeldecken der der Lina populi nahe verwandten L. tre- mulae F. haben den gleichen Bau, nur liegen hier die Sammelkanäle meist in einer Längsreihe am Randsaum. Die Anzahl derselben beträgt in vorliegenden Chitinskeletten 32 und 44. Ihre gegenseitige Entfer- nung ca. 0,17 mm. Übereinstimmend mit obiger Art ist auch die Lage- rung der Defisen im Halsschild. Es beträgt hier die Anzahl der Sammel- kanäle auf jeder Seite jedoch nur 17. VonL. vigintipunctata stand mir ein ausgetrocknetes Exemplar zur Verfügung, so weit ersichtlich, liegen hier die Verhältnisse eben so wie bei L. tremulae. Lina aeneaL. Flügeldeckenbau im Allgemeinen wie in den vor- hergehenden Arten. Obere Lamelle aus acht Schichten, haar- und Ir N! Sun’ 3 3 5 4 Be B EN Ba Y Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 595 stachellos, untere aus vier Schichten, mit in Quincunxreihen gestellten kleinen Stacheln versehen. Querbrücken in unregelmäßigen Längsreihen, mit mittlerer Ent- fernung von 0,09 mm. Im Randsaum zwei, in der Naht ein Haupt- tracheenstamm. Die Sammelkanäle der Drüsen liegen in einer Längs- reihe im Randsaum. Gegenseitige Entfernung schwankt zwischen 0,12 bis 0,19 mm. Ihre Länge beträgt 0,06—0,08 mm, und ihre Anzahl ca. 40 (ef. Fig. 10). Sie unterscheiden sich in ihrer Gestalt im Wesentlichen nicht viel von denjenigen der Lina populi; sie sind entweder einfach zapfenförmig, an der Spitze etwas verdickt, oder sie theilen sich un- mittelbar nach Durchtritt durch die obere Lamelle in zwei kurze Äste (ef. Fig. 13). Das frei in das Flügellumen ragende Stück des Sammel- kanales ist hier kürzer und die Einmündungen der Drüsen sind mehr - auf das Ende desselben beschränkt, Auf jeder Seite des Halsschildes sind ca. 40 Drüsenpackete vorhan- den, welche sich in gleicher Weise gruppiren, wie bei L. populi; sie stehen nur in den Vorderecken etwas gedrängter. Die Länge der Sammelkanäle schwankt zwischen 0,4 und 0,05 mm, ihr Bau ist der gleiche wie in den Flügeldecken. Gattung Lina: Drüsensammelkanäle in einfacher oder Doppel- reihe im Randsaum, einfach zapfenförmig oder dichotomisch in zwei kurze Äste sich gabelnd; selten zwei Sammelkanäle dicht neben einan- der und gemeinschaftlich mündend. Halsschildkanäle auf den Flächen der Seitenränder von gleichem Bau. Gattung Chrysomela L. Chrysomela cerealisL. Äußere Gestaltung der Flügeldecken: Oberseite gleichmäßig gewölbt und glatt, am Randsaum mit Sammel- rinne. Unterfläche mit kleinen Stacheln besetzt. Auf der Unterseite des Randsaumes unmittelbar hinter der Umbiegungsstelle verläuft in einer kleinen Einbuchtung von der Wurzel bis zur Spitze gleichförmig ein ca. 0,02 mm breiter Streifen von kleinen dicht gedrängt stehenden Chitinhaaren (Fig. 15 ch). Darauf folgt erst median die aus stärkeren lateralwärts gerichteten Chitinhaaren gebildete Stachelreihe. Nähte falzartig in einander greifend und verdickt. Innere Ausgestaltung: Obere Lamelle stets mehrschichtig. Dickenverhältnis der oberen zur unteren Lamelle 0:U = 4:1. Querbrücken in Abständen von 0,09—0,16 mm unregelmäßig über die Flügelfläche zerstreut. Die im Randsaum verlaufenden beiden Traeheenstämme sind in ihrem Durchmesser um ca. !/, kleiner als bei Lina populi. Die Lage der Drüsensammelkanäle ist die gleiche wie in Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 39 596 C. Hoffbauer, obiger Gattung; sie liegen stets in einer Längsreihe unmittelbar vor der Sammelrinne des Randsaumes, und zwar in der Weise, dass jedes Mal eine Querbrücke zwischen zwei Kanälen sich befindet. Doch giebt es hiervon in jeder Flügeldecke eine oder zwei Ausnahmen. Ihre Anzahl schwankt zwischen 37 und 39. Die gegenseitige Entfernung ist eine ziemlich konstante in der Wurzelhälfte (0,2—0,18 mm), sie wird ungleich in der Spitzenhälfte (0,18—0,05 mm). Die Länge der Sammelkanäle beträgt 0,19—0,07 mm, sie nimmt von der Wurzel bis zur Spitze all- mählich ab. In ihrem Bau weichen sie ganz erheblich von obiger Gat- tung ab; sie ragen weit mehr in das Flügellumen hinein, biegen sich meist medianwärts um, sind fernrohrartig ausgezogen (cf. Fig. 15 u. 16), und die einzelnen Stücke durch eine zarte Chitinhaut mit einander ver- bunden. Diese Bildung ist wohl als die Folge eines successiven Wachs- thums zu betrachten. Sie verzweigen sich in der mannigfachsten Weise, indem gewöhnlich gleich nach Durchtritt durch die obere Lamelle sich ein Ast absondert, dem noch zwei bis drei im weiteren Verlaufe des Hauptkanales folgen können. Selten sind die Kanäle unverzweigt, nie gabeln sie sich dichotomisch wie bei den Lina-Arten. Die flaschenförmig gestalteten Drüsen, welche hier nur eine Länge von 0,05 mm erreichen, münden an der äußersten Spitze der Verzwei- gungen und des Hauptkanales ein, zeigen jedoch im Übrigen den gleichen Bau wie bei Lina. Ihre Anzahl beträgt in jedem Packet ungefähr 14. Ungefähr 14 locker an einander liegende Drüsenzellen bilden jedes Mal ein Packet, welches einen größten Durchmesser von ca. 0,1 mm aufweist. Während bei den Lina-Arten die Drüsen in den Seitenlappen des Halsschildes auf einer größeren Fläche und in größerer Zahl vorhanden waren, tritt bei den Chrysomeliden die Modifikation ein, dass sie an der Umbiegungsstelle der Seitenränder, sonst jedoch nur noch zu drei oder vier Packeten nahe am Rande auf der Oberfläche an den Vorderecken des Halsschildes ausmünden. Ihre Zahl beläuft sich im Ganzen auf 13 bis 14 jederseits. Die Länge beträgt 0,3—0,39 mm. Ihr Bau ist dem- jenigen der Flügeldecken gleich (ef. Fig. 17). Chrysomela fastuosaL. Äußere Ausgestaltung: Bemer- kenswerth auf der Unterseite der Naht eine derjenigen des Randsaumes gleich gebildete Stachelreihe (Fig. 20). Da sich eine ihr entsprechende Reibleiste weder am Hinterflügel noch am Integument des Thorax oder Abdomens vorfindet, kann derselben auch hier die Funktion einer Schrillleiste nicht zugemessen werden. Im Übrigen der vorigen Art gleiche Ausgestaltung. Innere Gestaltung wie Chrysomela cerealis. Drüsensammelkanäle ca. 20 im Randsaum, fernrohrartig ausgezogen (ef. Fig. 18), unverzweigt, Beiträge zur Kenntnis der Insektenllügel. 597 höchstens an der Spitze in zwei kurze Äste gespalten. Sie biegen sich nach der Naht zu um und erstrecken sich weit in das Innere des Rand- saumes. Die Drüsenpackete münden an ihrer äußersten Spitze ein, sind groß und nehmen oft den ganzen Innenraum des Randsaumes ein. Ein- zelne Drüsen bis 0,1 mm lang. Halsschild: Drüsenlage wie bei Chr. cerealis, der Bau mit demjenigen der Flügeldecken tbereinstimmend. Anzahl der Sammelkanäle jederseits 12. Von den folgenden Arten der Gattung Chrysomela standen mir nur eingetrocknete Exemplare, welche ich der Sammlung des hiesigen Museums entnehmen durfte, zur Verfügung. So viel ich aus den ge- fertigten Chitinskeletten ersehen konnte, ähneln alle hinsichtlich der Sammelkanäle der Chrysomela cerealis. Chrysomela GöttingensisL. 25 Sammelkanäle im Randsaum in einer Längsreihe, in der Wurzelhälfte regelmäßig mit Querbrücken abwechselnd, in der Spitzenhälfte kommen oft zwei, selbst drei Quer- brücken zwischen zwei Sammelkanäle zu liegen. Diese sind noch stärker wie bei Chrysomela cerealis verästelt (cf. Fig. 19); ihre Länge beträgt an der Wurzel 0,18 mm und nimmt nach der Spitze zu ab bis 0,055 mm. Gegenseitige Entfernung schwankt zwischen 0,15—0,30 mm. Querbrücken in unregelmäßigen Längsreihen. Abstand in der Längs- richtung 0,1 mm. Reihenabstand im Mittel 0,13 mm. Halsschild mit acht Rand- und drei Vordereckenkanälen jederseits. Größte Länge der Kanäle 0,40 mm. Chrysomela sanguinolenta L. 32 Sammelkanäle im Rand- saum, meist mit den Querbrücken abwechselnd. Länge an der Wurzel 0,24 mm, an der Spitze 0,1 mm. Mittlere gegenseitige Entfernung 0,23 mm. Querbrücken sehr dick, in unregelmäßigen Längsreihen. Mittlere Entfernung von einander 0,18 mm. Obere Lamelle kurz ge- wellt. Halsschild mit sieben Rand- und drei Vordereckenkanälen jederseits. Chrysomela grossa F. 35 Sammelkanäle im Randsaum mit Querbrücken ziemlich regelmäßig abwechselnd; in der Länge von der Wurzel bis zur Spitze abnehmend. Mittlere gegenseitige Entfernung 0,22 mm. Querbrücken in unregelmäßigen Längsreihen. Halsschild mit zwölf Rand- und vier Vordereckenkanälen jederseits. Chrysomela BanksiF. 25 Sammelkanäle im Randsaum. Länge nach der Spitze zu abnehmend. Lagerung zu den Querbrücken fast regelmäßig. Mittlere gegenseitige Entfernung 0,3 mm. Querbrücken sehr unregelmäßig. Entfernung schwankt zwischen 0,7—0,15 mm. Halsschild mit sechs Rand- und zwei Vordereckenkanälen jederseits. 39* 598 6, Hofbauer, Es enthalten ferner noch ya ae Sammelkanäle im 15 Halsschildkanäle 2 Stan a Randsaum und jederseits » Menthastri Sufir. 35 12 J | von gleichem Bau und gleicher Lagerungsweise wie die vorhergehenden. Gattung Chryomela. Drüsensammelkanäle in einer einfachen Längsreihe im Randsaum, unverzweigt, bisweilen an der äußersten Spitze in zwei kurze Äste sich gabelnd, meist unregelmäßig verzweigt, fernrohrartig ausgezogen. Lateral vor der Stachelreihe des Randsaumes ein schmaler Streifen dicht gedrängt stehender Chitinhaare. Halsschild- kanäle am äußersten Rand der Seiten von gleichem Bau wie diejenigen der Deckflügel. Gattung Phratora Redtb. Phr. vitellinae. Äußere Flügelge- staltung die gleiche wie Chr. cerealis. Nur liegt der schmale Streifen Chitinkaare vor der Stachelreihe nicht in einer Einbuchtung, und die Haare sind kürzer. Innere Ausgestaltung: Obere Lamelle ungefähr noch einmal so dick wie die untere, die nur am Randsaum, der Naht und der Ansatzstelle der Querbrücken die gleiche Stärke bekommt. Quer- brücken in zehn regelmäßigen Längsreihen. Gegenseitiger Abstand innerhalb einer Längsreihe 0,1 mm; der Längsreihen unter einander 0,16 mm. Die Sammelkanäle (Fig. 22), deren Anzahl bei dieser Species sehr variirt (35 im linken, 37 im rechten Flügel desselben Exemplares, in anderen 46), stehen theils in einfacher, stellenweise in einer Doppel- reihe, sind sehr kurz und nehmen sofort nach Durchtritt durch die obere Lamelle die Drüsenmündungen auf. Sie sind meist einfach gestaltet, bisweilen gabeln sie sich in zwei kurze Äste, auch treten wohl zwei bis drei Kanäle dicht zusammen und münden gemeinsam aus. Die Drüsenpackete sind relativ groß, — einzelne Drüsen werden bis 0,11 mm lang, — und nehmen den größten Theil des Randsauminneren ein. Von keiner anderen Art erhielt ich bessere Schnitte und Bilder vom Brüsenbau, wie von Chr. Vitellinae. In Fig. 21 ist eine Drüse näher ausgezeichnet. In dem körnigen Plasma liegt in der Nähe der Basis das verhältnismäßig kleine Reservoir, in welchem ein dunkel ge- färbter Sekretballen (sk) sichtbar ist. An das Reservoir, dessen Wand weder chitinig ist, noch Durchbrechungen zeigt, schließt sich ein sehr feiner chitiniger Kanal, in dessen Innerem einzelne Sekretstückchen liegen (ch). Dieser Kanal verschmilzt unmittelbar mit der Chitinwand des Sammelkanales, während die äußere Drüsenwand in die Matrix- schicht desselben übergeht. Der; Kern ist nicht sichtbar; ich habe seine Lage in den Nachbardrüsen, welche ich der Übersicht wegen schematisch hinzufügte, angegeben. Er liegt an der Basis der Drüsen- Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 599 zelle, unterhalb des Reservoirs und birgt zahlreiche Kernkörperchen. Im Halsschild münden die gleich gebauten Sammelkanäle an den Seitenflächen in gleicher Gruppirung wie bei den Lina-Arten. Ihre An- zahl betrug in I. rechts 22 links 21 1.32 2215 » 46 IN NT » 23. Gattung: LemaF. Zum Unterschied des sonst im Allgemeinen Bau mit Phratora übereinstimmenden Flügels sei erwähnt, dass der Randsaum sich nur wenig ausbaucht, und die Flügelunterfläche mit Ausnahme der Stachelreihe stachellos ist. Lema melanopa L. Fig. 25 stellt halbschematisch ein Oberflächen- bild des Flügels dar. Dabei fällt sofort ein größerer Unterschied durch die Ausmündungen der Sammelkanäle auf. Während bei den bisher betrachteten Coleopteren nur im Randsaum Drüsenpackete in einfacher oder Doppelreihe vorhanden waren, vertheilen sich dieselben bei Lema auch auf andere Stellen des Flügels in der Weise, dass nament- lich an der Naht, ferner in den Zwischenräumen gewisser Querbrücken- reihen, welche stets in zehn sich nur an der Flügelspitze vereinigenden Längsreihen über die Flügelfläche verlaufen, deren in wenig wechseln- der Zahl sich vorfinden. Die Lage innerhalb bestimmter Querbrücken- reihen bleibt konstant und ist, vom Randsaum zur Naht fortschreitend, folgende: Anzahl der Sammelkanäle Flügel I. Reihe: Randsaum 23 rechter 23 linker I. » Inder mittleren Flügelstrecke, zwi- schen dritter und vierter Quer- brückenreihe k » 6 Il. » Inder mittleren Flügelstrecke zwi- schen vierter und fünfter Quer- brückenreihe h » Bin IV. » An der Flügelwurzel zwischen sechster und siebenter Quer- brückenreihe h ) RG V. » An der Flügelwurzel zwischen siebenter und achter Quer- brückenreihe A ) AM » VI. » An der Flügelwurzel zwischen achter und neunter Querbrückenreihe 2 ) 2 2 VI. » Naht 20 ) 19» 600 | C. Hoffbauer, Die oberen fünf (an der Wurzel) hinter, die übrigen vor der letzten 7 Querbrückenreihe. Eben so verschieden wie die Flügel- decken verhält sich auch das Halsschild. Seine ganze vordere Hälfte wird von Drüsen eingenommen, die ‚hintere Partie ist frei (cf. nebenstehenden Holzschnitt). Lema eyanella L. (Chitinskelett): U Fig. I. Halsschnitt von Lema mela- x, nopa. v, Vorderrand; h, Hinterrand Anzahl der u zZ des Halsschildes. Flügel rechter linker IL Reihe: . >53 24% 11. )) h 6 I:, h Q IV. 32 5 ! VD 1% 12 Vlr''» 3 2 VI. » Die ersten vier hinter, die übrigen 16 vor der letzten Querbrückenreihe. Dazu kommt noch auf jeder Flügel- decke ein Sammelkanal in der Spitzenhälfte. Halsschildverhältnisse die gleichen wie bei voriger Art. Die Sammelkanäle beider Arten sind kurz, unverzweigt, und nehmen sofort nach Durchtritt der oberen Lamelle die Mündungen der in umfangreichen Packeten stehenden einzelligen Drüsen auf. | Gattung Grioceris Geoffr. Die zur Untersuchung heran- gezogenen vier gemeinsten Arten lassen sich hinsichtlich ihres Drüsenbaues und der Ausführungsgänge in zwei völlig verschiedene Gruppen trennen: die eine, zu welcher Cr. merdigera F. und Cr. brunnea F. mit einfarbigen Flügeldecken gehören, schließen sich an die vorige Gattung unmittelbar an, die andere mit gefleckten Flügel- decken, Asparagi L. und Cr. 12-punctata L. weichen jedoch gänzlich davon ab. Beiden Gruppen gemeinsam sind nur die in zehn regelmäßigen Längsreihen stehenden Querbrücken und die annähernd gleiche Lagerungsweise der Drüsenausmündungen in den Flügeldecken und im Halsschild. Alle Objekte lieferten wegen der Härte und Dicke der Lamellen sehr schlechte Schnittpräparate und machten eine genauere Untersuchung mit dieser unmöglich. I. Gruppe: Grioe. merdigeraundbrunnea: Obere und untere Lamelle schränken das Flügellumen wegen ihrer Dicke sehr ein. Rand- saum mit Sammelrinne, Unterfläche des Flügels mit dicht gedrängten Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. | 601 kurzen Chitinstacheln besetzt. Der Bau der Drüsen und Sammelkanäle gleicht dem der vorigen Gattung. Lagerung: ©. merdigera: I. Reihe ca. 30 II. und II. Reihe fehlt. Bei; Sammelkanäle in einer e.: a Flügeldecke. v1. » 5 All. >» (Naht) 22, alle hinter der letzten Querbrückenreihe. GC. brunnea: I. Reihe ca. 38 II. und II. Reihe fehlt IV. Reihe: 3 Sammelkanäle in einer N.4m 5 Ä Flügeldecke. NRAE N» D7 VI. » (Naht) 22, wie vorher. Das Halsschild beider Arten ist durch eine in der Mittellinie des- selben verlaufende Längsreihe von Drüsen (Cr. merdigera mit sechs, Cr. brunnea mit fünf Sammelkanälen) charakterisirt. Außerdem münden an der Vorderrandflächke und in den Vorderecken noch eine Anzahl (ca. 30) Kanäle (cf. Holzschnitt). ‚II. Gruppe: Crioceris Asparagi L. und Cr. 12-punctata L. Bisher konnte als typisch für den Bau der Drüsen das Vorhandensein eines Sammel- kanals gelten. Diese Erscheinung tritt : U in dieser Gruppe vollständig zurück, Fig. U. Halsschild yon Crioceris merdigera. v, Vorderrand; h, Hinterrand des Hals- denn die einzelnen Drüsen, welche dildes in Partien von 5—16 Stück zusam- menstehen, münden, jede für sich, mit einem feinen Chitinkanal nach außen, so dass bei einem Oberflächenbild des Flügels Porenfelder, deren Porensumme mit der Anzahl der Drüsen übereinstimmt, sicht- bar werden (Fig 24). Diese Porenfelder liegen ziemlich an den gleichen Stellen, an welchen sonst die Sammelkanäle der vorher be- sprochenen Lema- und Crioceris-Arten ausmündeten. Nur vermehren sich am Randsaum die Drüsenreihen um zwei, bei Crioceris Asparagi sogar um drei. Die erste liegt am äußersten Rand, dann folgt, jedoch noch vor der .ersten Querbrückenreihe eine zweite, dahinter zwischen R 602 C. Hofibauer, erster und zweiter Querbrückenreihe die dritte, und bei Cr. Asparagi zwischen zweiter und dritter Querbrückenreihe noch eine vierte, welche sich jedoch von der Wurzel kaum bis zur Hälfte des Flügels erstreckt. Die Anzahl der Porenfelder beträgt bei Crioceris 12-punctata z. B. I. Randsaumreihe 15 (13) nl. ) 10 (7 m. Dr 22 (26) IV. Reihe (der obigen entsprechend) 7 (5) N 07 3.0) VII. (Naht) 24 (24). An die äußerst feinen Ausführungskanäle setzen sich sofort nach Durchtritt durch die obere Lamelle die Drüsen, welche ein sehr großes Reservoir, vielleicht als Ersatz für den fehlenden Sammelkanal besitzen, an (Fig. 23). Die Flügelunterfläche von Cr. 12-punctata trägt dicht gedrängt stehende kurze Chitinstacheln, diejenige von Cr. Asparagi besteht aus kleinen sechseckigen an einander stehenden regelmäßigen Polygonen, welche gebuckelt sind und im Querschnitt das Bild einer Wellenlinie zeigen. — Halsschilddrüsen denjenigen der Flügeldecken gleich gebildet und in ihrer Lagerung sich an die anderen Criocerisarten anschließend. Gattung Adimonia Laich, Ein sehr auffallender Unterschied besteht in den beiden Arten dieser Gattung: Ad. capreae weist Drüsen vom allgemeinen Blattkäferhabitus auf, Ad. tanaceti ist drüsenfrei. Einen derartigen Unterschied innerhalb der Arten einer Familie habe ich bis jetzt noch nicht weiter konstatiren können. Es giebt im Folgen- den noch zu erwähnende Blattkäfer, welche keine Drüsen besitzen, dabei herrscht jedoch innerhalb einer Gattung stets völlige Überein- stimmung. 2 Ad. capreaeL.: Oberfläche des Flügels mit längeren Chitin- haaren besetzt, Unterfläche, mit Ausnahme der Stachelreihe, glatt. Sammelrinne vorhanden. Querbrücken unregelmäßig über der Flügel- fläche zerstreut. Im Randsaum eine Reihe (30) kurzer, unverzweigter Drüsensammelkanäle. Ad. tanaceti L. Ober- wie Unterseite mit Ausnahme der Stachel- reihe ohne Stacheln und Haare. Querbrücken in der Wurzelhälfte in ziemlich regelmäßigen Längsreihen, in der Spitzenhälfte regellos. Lediglich auf das Vorhandensein von Drüsen wurden noch geprüft: Haltica fusceicornis_L. mit Lina ähnlichen Sammelkanälen, ! Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf den linken Flügel. Me nn 420 u 0, TE ERTREENe GACER Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 603 Donacia limbata Pz. \ mit Phratora ähnlichen Sammel- Prasocuris marginellal. kanälen. Keine Drüsenbildungen in den Flügeldecken wurden gefunden bei: CGryptocephalus sericeusL., vittatusF. und gracilis F., Lu- perus flavipesL., Clythra quadripunctataLl., Gassida no- bilisL. Bemerkenswerth in letzter Art ist der Bau des stark erweiterten Halsschildes. Um den beiden Seitenlappen desselben mehr Festigkeit zu verleihen, sind dessen obere, dickere und untere, dünnere Lamelle genau wie in den Flügeldecken durch Querbrücken mit einander ver- bunden, so dass man das Bild eines Flügeldeckendurchschnittes im Schnittpräparat vor sich zu haben glaubt. Der Bau stimmt mit dem- jenigen eines Halsschildes einer noch näher zu untersuchenden Art (Silpha) aus der Familie der Clavicornia überein. Clavicornia. Zur Untersuchung wurden herangezogen: Byrrhus pillula L., Ne- crobia violacea L., Anthrenus scrophulariae L., Clerus formicarius L. Bei den beiden ersten Arten fanden sich Drüsensammelkanäle im Randsaum, welche in ihrem Bau an diejenigen der Chrysomeliden, und zwar an die Gattung Lema erinnern. Leider war es unmöglich bei der großen Härte des Materials gute Schnittserien zu bekommen. Ich kann daher über die Anzahl der Kanäle und den Bau der Drüsen selbst eben so wenig Auskunft geben, als darüber, ob sich dieselben nicht auch noch an anderen Stellen außer dem Randsaum vorfinden. Eine Aus- hilfe, welche ich mir durch Herstellung von Chitinskeletten zu ver- schaffen suchte, schlug in diesem Falle fehl, da die Kanäle vielleicht durch weniger große Widerstandsfähigkeit ihres Chitins leichter zer- störbar und nicht sichtbar waren. Byrrhus pillula mit stark behaarter Flügeloberfläche und mit kurzen Chitinstacheln besetzter Unterfläche. Randsaum mit »Stachel- reihe«. Dicke des Flügels ca. 0,05 mm. Dickenverhältnis der unteren zur oberen Lamelle U:0 = 1:7. Die Querbrücken verlaufen in zehn parallelen sich an der Flügelspitze vereinigenden Längsreihen mit an- nähernd gleichem Abstand (0,32 mm). Ihre Entfernung unter einander innerhalb einer Längsreihe von Achse zu Achse gemessen ca. 0,13 mm. Ihr Dickendurchmesser 0,025 mm. Necrobia violacea. Oberfläche behaart, Unterfläche stachellos mit Ausnahme des Randsaumes. Dicke des Flügels 0,05 mm. U:0 —= 1:2,5. Querbrücken in ca. 14 unregelmäßigen Längsreihen mit einem 604 C. Hoffbauer, Abstand von 0,135 mm. Entfernung innerhalb einer Längsreihe 0,12 mm. Diekendurchmesser der Querbrücken 0,05 mm. Bei Glerus formicarius und Anthrenus scrophulariae scheinen Drüsenbildungen zu fehlen. CGlerus formicarius. Flügeloberfläche dicht und lang behaart, Unterfläche glatt, »Stachelreihe« am wenig verdickten Randsaum. Dicke des Flügels 0,052 mm. Querbrücken mit einem Diekendurchmesser von 0,06 mm. Anthrenus scrophulariae. Die Flügeloberfläche wird von zahlreichen in Quincunxreihen gestellten Schüppchen, deren Gestaltung an diejenige der Schmetterlingsschuppen erinnert, bedeckt. Dieselben sind (Fig. 30) längs gerillt und nach oben gewölbt; sie inseriren am Rande kleiner, kreisrunder, in die Flügeloberfläche eingesenkter, napf- förmiger Gebilde und stehen durch Porenkanäle mit der Matrixschicht der .oberen Lamelle in Verbindung. Länge der Schüppchen 0,06 mm. Größte Breite 0,026 mm. Durchmesser der napfförmigen Gebilde 0,02 mm. Entfernung derselben innerhalb einer Reihe 0,035 mm. Unterfläche glatt mit »Stachelreihe« am wenig verdickten Randsaum. Dicke des Flügels ca. 0,032 mm. U:0 = 1:7. Querbrücken, wie es scheint, in Längsreihen. Dickendurchmesser ca. 0,06 mm. Cerambycidae. Ein beinahe noch größeres Interesse als die Blattkäfer erregt diese Familie der Coleopteren. Es ist eben so erstaunlich, mit welcher enor- men Drüsenfülle die Flügeldecken einzelner Arten versehen sind, wie räthselhaft, welchen Zweck diese Einrichtungen haben. Auffallend ist außerdem, dass z. B. von systematisch nahe verwandten Gattungen, wie Tetropium Kirby, Callidium F., Hylotrupes Serv., Thieren, welche unseres Wissens auch in ihrer Lebensweise übereinstimmen, nur Tetro- pium eine große Anzahl Drüsen in den Flügeldecken besitzt, die beiden anderen Gattungen derselben aber entbehren. — Nicht minder groß wie die Anzahl scheint auch die Verschiedenheit in der Ausgestaltung der Drüsenausführungsgänge zu sein. Vorläufig konnten nur wenig Gattungen berücksichtigt werden, ich hoffe aber durch weitere Unter- suchungen meine Angaben später in dieser Beziehung vervollständigen zu können. — Leider hatte ich bisher keine Gelegenheit an lebenden Thieren Versuche über die Art der Aussonderung des Sekretes anzu- stellen und über die Beschaffenheit desselben Aufschluss zu er-\ halten. | Tetropium luridum_L. Die Oberfläche der Deckflügel ist mit dicht gedrängt stehenden, ca. 0,14 mm langen Chitinhaaren in mittlerer Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 605 Entfernung von 0,05 mm von einander, die Unterseite mit kurzen Chi- tinstacheln besetzt. Der Randsaum baucht sich nur wenig aus; seine äußere Kante ist etwas nach oben umgehbogen und ersetzt auf diese Weise jene Leiste der Chrysomeliden, welche dort zur Bildung einer Sammelrinne Veranlassung gab. Eine »Stachelreihe« ist vorhanden. Dicke des Flügels 0,07 mm. U:0 = 1:6. An der Basis der auf der Oberfläche inserirten Haare werden bei starker Vergrößerung äußerst feine Poren sichtbar, welche in der Regel so gelagert sind, dass sie von den Haaren, deren Streichen in der Haupt- richtung von der Wurzel nach der Spitze des Flügels erfolgt, von oben her bedeckt werden. Die.an jeder Haarbasis gewöhnlich in der Acht- zahl vorhandenen Poren führen zunächst in sehr enge, in der Dicke der oberen Lamelle gelegene Kanäle, welche nur wenig von einander diver- giren, sich allmählich ausbuchten und mit dem unteren Drittel der Er- weiterung frei in das Lumen des Flügels hineinsehen (cf. Fig. 26, 27,29). Sie lassen sich am besten mit einer eng- und langhalsigen Flasche ver- gleichen, an deren Boden sich erst die eigentliche Drüsenzelle ansetzt. Diese birgt ein körnig erscheinendes Plasma und einen großen im Grunde der Zelle gelegenen Kern, mit zahlreichen Kernkörperchen. Ein Reser- voir ist nicht vorhanden, es wird vielleicht durch die Erweiterung des Ausführungskanales ersetzt. Die Drüsenzellen, welche jedes Mal an der Basis eines Haares ausmünden, liegen mit ihren Wandungen dicht an einander und bilden ein Drüsenpacket für sich. Fig. 26 und 28 zeigen in Quer- und Flächenschnitten, wie gedrängt diese Drüsen- packete stehen. Um die Anzahl derselben auf einem bestimmten Flächen- abschnitt des Flügels zu ermitteln, zählte ich die Insertionsstellen der Haare und fand deren auf einem Raum von !/;L[Imm 197. Erwägt man, dass an diesen im Durchschnitt acht einzelne Drüsenzellen münden, so ergiebt dies die enorme Menge von 1576 Drüsen auf einen kleinen Bruchtheil des gesammten Flügels, dessen ungefähre Gesammtlänge 8 mm, und größte Breite 2,25 mm beträgt. Größenverhältnisse: Länge einer einzelnen Drüse ca. 0,05 mm. Größter Durchmesser eines Drüsen- packetes ca. 0,052 mm. Länge eines Ausführungsganges 0,018 mm. Länge der Erweiterung desselben 0,01 mm. Größte Breite der Erwei- terung 0,005 mm. In Folge der dichten Lagerung und der Größe der Drüsen nehmen sie das Innere der Flügeldecken beinahe vollständig ein und lassen nur an denjenigen Stellen Raum, an welchen die unregelmäßig zerstreut stehenden Querbrücken (Dickendurchmesser 0,015 mm), die Tracheen und in deren Nähe Nervenstränge und Fettkörpergewebe liegen. Die nur wenig Seitenäste abgebenden Haupttracheen verlaufen in 606 C. Hoffbauer, vier parallelen Längsstämmen mit annähernd gleichen Abständen von einander. Der erste, in der Nähe des Randsaumes, ist ca. 0,04 mm von der äußersten Kante desselben entfernt, dann folgen zwei mittlere mit größerem Durchmesser und schließlich noch einer mit geringstem Durchmesser in der Naht. Ungefähre Größenverhältnisse der vier in der Richtung vom Rand- saum zur Naht auf einander folgenden Längsstämme, gemessen in der mittleren Strecke des Flügels: Durchmesser in mm horizontal vertikal Randtracheen 0,026 0,0% Tracheen 2 0,078 0,05 Tracheen 3 0,09 0,04 Nahttracheen 0,025 0,03 Das Halsschild scheint drüsenfrei zu sein, jedenfalls kommen Drüsenbildungen, wie sie in den Flügeldecken gefunden wurden, hier nicht vor. Asemum striatum L. Die Flügelgestaltung stimmt im Allge- meinen mit derjenigen von Tetropium luridum überein, nur die Größen- verhältnisse und die Drüsenausführungsgänge sind andere. Dicke des Flügels ca. 0,11 mm. Sie wird jedoch bedeutend größer an denjenigen Stellen, an welchen die vier Haupttracheen verlaufen. U:0 —14:3,5 mm. Diekendurchmesser der Querbrücken 0,01 mm. Die Drüsenausführungsgänge sind sehr zierlich gestaltete Chitin- gebilde, welche an gleicher Stelle wie bei Tetropium in einer Anzahl kleiner Poren an der Basis ca. 0,15 mm langer über die ganze Flügel- fläche dicht gedrängt stehender Chitinhaare ausmünden; doch finden sich vereinzelt auch Ausführungsöffnungen an der entgegengesetzten Seite der Haarbasis vor. Die Poren sind die Mündungen sehr feiner, ungleich langer und, wie die einzelnen Stränge eines Strickes, um ein- ander gedrehter Kanäle, deren Enden sich ungleich ausbuchten und seitwärts abstehen (cf. Fig. 34 u. 32). Größenverhältnisse der Ausfüh- rungsgänge: Die Länge schwankt zwischen 0,06—0,08 mm. Die Länge der Ausbuchtung ca. 0,01 mm. Größte Breite derselben ea. 0,008 mm. Die Drüsenzellen setzen sich an der Basis der Ausführungsgänge an. Über ihren Bau ist vorläufig noch nichts auszusagen, da nur eingetrock- netes Material zur Verfügung stand. Die Anzahl der Drüsenkanäle be- trägt in jedem Packet im Durchschnitt acht. Da die Entfernung der Haare, an deren Basis die Packete münden, mit derjenigen von Tetropium nahezu übereinstimmt, so finden wir Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 607 hier also ungefähr die gleiche Drüsenmenge auf gegebenem Flächenab- schnitt wie in vorhergehender Art. Auch in der Lagerungsweise der Tracheen stimmen beide Arten überein. Die Größenverhältnisse sind nach einem Chitinskelett im horizontalen Durchmesser folgende: Randtracheen ca. 0,33 mm. Tracheen 2 ca. 0,28 mm. Tracheen 3 ca. 0,17 mm. Nahttracheen ca. 0,085 mm. Die Randtracheen haben also bei dieser Art einen größeren Durch- messer als Tracheen 2 und 3. Im Halsschild fehlen die für die Flügel- decken charakteristischen Drüsenausführungsgänge. Leptura nigra L.? Oberfläche des Flügels mit bis 0,923 mm langen Chitinhaaren in mittlerer Entfernung von 0,06 mm bedeckt. Unter- fläche mit kurzen Chitinstacheln. Randsaum mit » Stachelleiste«. Dicke des Flügels ca. 0,046 mm. U:0 = 1:2. An der Basis der Oberflächenhaare münden meist zwei oder drei Drüsenausführungsgänge an gleicher Stelle wie bei Tetropium. Auch in ihrem Bau nähern sie sich dieser Art, nur ihre Länge ist geringer, sie beträgt 0,01 mm. Da die obere Lamelle eine Dicke von 0,025 mm be- sitzt, so werden die Kanäle vollständig von derselben umschlossen. Auch der Halstheil der flaschenförmig gestellten Drüsenzellen, welcher sich an der Basis der Kanalerweiterung ansetzt, liegt in der Dicke der oberen Lamelle, während der Bauch mit seinem großen Drüsenkern frei in das Innere des Flügellumen hineinragt. In der mit körnigem Plasma angefüllten Drüsenzelle scheint ein Reservoir nicht vorhanden zu sein; es wird wahrscheinlich durch die Erweiterung des Ausführungs- kanales ersetzt. Nähere Untersuchung darüber war wegen der Härte der Flügeldecken unausführbar. Die Tracheen verlaufen in fünf an- nähernd parallelen Längsreihen, die erste unmittelbar im wenig ver- diekten Randsaum. Ihre Durchmesser betragen im Mittel ca. 0,008 mm. CGallidium violaceumL. (eingetrocknetes Exemplar). Flügel- oberfläche erscheint getäfeit, aus kleinen, fünfseitigen, unregelmäßigen Polygonen zusammengesetzt. Sie ist mit ca. 0,17 mm langen Chitin- haaren, in mittlerer Entfernung von 0,18 mm von einander, bedeckt. Diese inseriren meist in unmittelbarer Nähe der Querbrücken und stehen an der äußersten Kante des wenig verdickten Randsaumes dicht gedrängt. — Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln und »Stachelreihe« am Randsaum. Dicke des Flügels ca. 0,05 mm. U:0 = 1:3,2. Quer- brücken unregelmäßig über die Flügelfläche zerstreut. Diekendurch- messer ca. 0,04 mm. Drüsenausführungsgänge nicht gefunden. Hylotrupes bajulus L. (eingetrocknetes Exemplar). Flügel- 608 C. Hofbauer, oberfläche mit kleinen fünfseitigen unregelmäßigen Polygonen getäfelt und mit ca. 0,15 mm langen Chitinhaaren in mittlerer Entfernung von 0,18 mm von einander bedeckt. Diese inseriren meist in unmittelbarer Nähe der Querbrücken und stehen auf der Oberfläche des Randsaumes, stellenweise auch der Naht, namentlich in der Wurzelhälfte des Flügels etwas gedrängter. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln und »Stachel- reihe« am Randsaum. Dicke des Flügels ca. 0,04 mm. U:0 =1:4. Querbrücken unregelmäßig über die Flügelfläche zerstreut. Dicken- durchmesser ca. 0,025 mm. Brüsenausführungsgänge nicht gefunden. Spondylis buprestoides L. (eingetrocknet), Flügeloberfläche kurz behaart und an denjenigen Stellen, an welchen die Querbrücken abgehen, stark punktförmig eingestochen. Die beiden auf der Ober- fläche längsverlaufenden parallelen Leisten werden durch stärkere Hervorwölbung der oberen Lamelle gebildet. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln und »Stachelreihe« am Randsaum. Dicke des Flügels ca. 0,12 mm. U:0 —=1:2. Querbrücken unregelmäßig über die Flügel- fläche zerstreut. Diekendurchmesser 0,073 mm. Drüsenausführungs- gänge nicht gefunden. Coceinellidae. CGoccinella 7-punctataL., Halyzia oblongoguttataL. Flügeldecken gleichmäßig gewölbt. Oberfläche glatt und haarlos. Unterfläche mit zerstreut stehenden kurzen Chitinstacheln besetzt. Der Randsaum zeigt hauptsächlich auf der Wurzelhälfte eine eigenthümliche Gestalt, ist beinahe rechtwinkelig nach unten umgebogen (cf. Fig. 39) und besitzt auf seiner Unterseite wie die Naht eine Stachelreihe. Untere Lamelle dünn, nur am Randsaum und der Naht sich verdickend und von gleicher Stärke wie die obere. Querbrücken unregelmäßig über die Flügel- fläche zerstreut. Größenverhältnisse: Goceinella 7-p.: Dicke des Flügels ca. 0,04 mm. Dicke der unte- ren Lamelle 0,002 mm. Dicke der oberen Lamelle 0,017 mm. Quer- brückendickendurchmesser 0,042 mm. Halyzia oblongoguttata: Dicke des Flügels ca. 0,05 mm. Dicke der unteren Lamelle 0,003 mm. Dicke der oberen Lamelle 0,013 mm. Dickendurchmesser der Querbrücken 0,012 mm. Drüsenausführungsgänge finden sich in einer mittleren Entfer- nung von 0,05 mm auf der ganzen Flügeloberfläche zerstreut. Sie münden nicht wie bei den Cerambyciden in Porenfeldern an der Basis langer Chitinhaare, sondern einzeln und frei, häufig in unmittelbarer Nähe der Querbrücken. Auch am äußersten Seitenrand des Rand- Beiträge zur Kenutnis der Insektenflügel. 609 saumes liegen freimündende Drüsenausführungsgänge, doch finden sich dieselben hier auch an der Basis längerer Chitinhaare, welche an der Wurzel gedrängter, nach der Spitze zu vereinzelter stehen und in der Hauptrichtung nach oben streichen. Besonders zeichnet sich noch eine kleine Strecke auf der unteren Seite der Naht, wenigstens habe ich dies bei Halyzia oblongoguttata beobachten können, unmittelbar an der Wurzel aus. Hier rücken mehrere Drüsenausführungsgänge nahe an einander und münden in einem Porenfelde nach außen (cf. Fig. 33). Die Kanäle bestehen aus einem kurzen Halskanal und einer kuge- ligen Enderweiterung, in welche sich der erstere eine kleine Strecke weit gleichsam hineinschiebt, so dass das ganze Gebilde eine cham- pagnerpfropfartige Gestalt bekommt. Die Gesammtlänge beträgt 0,009 mm. Die Drüsenzellen setzen sich an der Basis der Kanalerwei- terung an und lassen in ihrem Inneren neben körnigem Plasma eine heller erscheinende Partie erkennen, welche jedoch die Deutung als Reservoir mit aller Bestimmtheit nicht zulässt. Die Länge der Drüsen beträgt durchschnittlich 0,025 mm. Der im Grunde der Drüsenzelle gelegene Kern erreicht eine Größe bis zu 0,005 mm und enthält zahl- reiche Nucleoli. Das nach außen tretende Sekret ist glashell, flüssig, verflüchtigt ziemlich schnell und reagirt sauer. Es ist nicht ausgeschlossen, dass, während die Ausführungsgänge erhalten bleiben, theilweise die Drüsenzellen mit dem Alter der Thiere rudimentär werden, da ich an vielen Stellen statt ihrer nur eine ge- ringe Anhäufung des Protoplasmas in der Matrixschicht wahrnehmen konnte. — Auch im Halsschild treten die Ausführungsgänge einzeln auf der Oberfläche der beiden Seitenlappen in ungefähr gleicher Entfer- nung von einander wie in den Flügeldecken auf und münden stellen- weise an der Basis längerer Chitinhaare. Malacodermata. Cantharis fusca_L. Flügeloberfläche mit dicht gedrängt stehen- den, 0,16 mm langen Chitinhaaren besetzt, mit mittlerer Entfernung von 0,09 mm. Die Unterfläche trägt in einer mittleren Entfernung von 0,02 mm Chitinstacheln von 0,015 mm Länge, welche am wenig sich ausbauchenden Randsaum näher zusammentreten und eine Stachel- reihe bilden. Außerdem stehen noch in der Spitzenhälfte der Elytren an den Unterrandflächen sowohl des Saumes als der Naht vereinzelte längere Chitinhaare von 0,07 mm Länge. Sammelrinne am Randsaum fehlt. Dicke des Flügels ca. 0,05 mm. Dicke der unteren Lamelle 0,001 mm. Dicke der oberen Lamelle 0,009 mm. Querbrücken sehr unregelmäßig angeordnet (die Entfernung schwankt zwischen 0,14 und 610 6. Hoffbauer, 0,06 mm), und bei der weichen Beschaffenheit der Flügel von geringem Brenn chmesser (0,042 mm). An der Basis der Haare, der Ober- und Unterfläche (Fig. 39) mün- den meist zwei oder drei kurze an ihren Enden bauchig erweiterte Ausführungsgänge mit engem Halskanal aus. Die Kanäle scheinen mit Zellpolstern, welche sich aus der Matrixschicht der oberen Lamelle in das Innere des Flügellumen erheben, in Zusammenhang zu stehen, auf welche Weise war mir jedoch zu ermitteln unmöglich. Ob wir es hier mit wahren Drüsenbildungen zu thun haben, ist vor der Hand noch nicht sicher, wenn auch die Annahme besonders bei einer vergleichs- weisen Betrachtung mit den sehr ähnlichen Bildungen der kurz vorher besprochenen Familien berechtigt ist. Die Aussonderung eines Sekretes habe ich bis jetzt nicht bemerkt. Sie erfolgt vielleicht in solch geringen Mengen, oder die Verflüchtigung an den zahlreichen Haaren geht so schnell vor sich, dass der Vorgang sich der Beobachtung entzieht. Rhagonycha fulva Scop. Kein bemerkenswerther Unterschied im Bau der Flügeldecken von der vorhergehenden Art. Buprestidae. Anthaxia nitidula_L. Oberfläche der Flügeldecken geschuppt und haarfrei. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln besetzt. Stachel- reihe am Randsaum vorhanden, Sammelrinne fehlt. Dicke des Flügels ca. 0,04 mm. Die Querbrücken verlaufen in 12 ziemlich regelmäßigen Längsreihen, welche an der Flügelspitze sich vereinigen. Abstand der Reihen ca. 0,09 mm. Abstand der Querbrücken innerhalb einer Reihe 0,08 mm. Diekendurchmesser 0,02 mm. Ob auf der Flügeloberfläche Drüsenzellen ausmünden, war bei der ungünstigen Beschaffenheit des Materials nicht genau festzustellen, scheint aber wenig wahrscheinlich. Dagegen stehen auf den Unterseiten des Randsaumes und der Naht in der Wurzelhälfte in einfacher Reihe und weitem Abstand, in der Spitzen- hälfte des Flügels in doppelter Reihe, in der äußersten Spitze in vier bis fünf Reihen und engerem Verband ca. 0,03 mm lange starre Chitin- haare, an deren Basis drei oder vier Drüsenzellen von 0,015 mm Länge in einfachen chitinigen, nicht ausgebauchten Ausführungskanälen, jede für sich, aber unmittelbar neben einander ausmünden. Elateridae. Elater sanguineusL. (Chitinskelett). Oberfläche der Flügel- decken mit 0,14 mm langen Haaren in mittlerer Entfernung von 0,10 mm von einander besetzt, an deren Basis meist fünf bis sieben Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 611 äußerst feine Poren sichtbar sind. Ob dies die Mündungen von Drüsen- zellen sind, bedarf noch näherer Untersuchung. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln. Randsaum mit Stachelreihe. Querbrücken in neun an der Spitze sich vereinigenden Längsreihen. Reihenabstand ca. 0,21 mm. Abstand der Querbrücken innerhalb einer Reihe 0,13 mm. Im Kreise der Serricornier finden sich unter den Malacodermen einzelne Gattungen, wie Malachius F., Anthocomus Er. und Ebaeus Er., welche im Bau der Flügeldecken wesentlich von den bisher betrachteten Coleopteren abweichen. Bei vielen Arten derselben, u. A. Malachius marginellus F., pulicarius F., ruficollis F., Anthocomus fasciatus L. und equestris F., ferner Ebaeus thoracicus F. und pedicularius Schrk. unter- scheiden sich die Flügeldeckenspitzen der g' dadurch von denjenigen der O, dass sie stark eingekniffen und mit dornartigem Fortsatz, oder tief eingedrückt mit ein oder zwei Anhängseln in Gestalt von pinselförmig gestellten starken Chitinhaaren versehen sind. Leider standen mir nur einzelne Exemplare von Mal. pulicarius zur Verfügung, und muss ich daher die Untersuchung der anderen auf spätere Zeit verschieben. Malachius pulicarius F. Die äußerste Spitze des g' Deck- Hügels ist durch eine Einschnürung deutlich von der hinteren Strecke des Flügels abgesetzt. Sie trägt auf einem zipfelförmig nach hinten umgebogenen Vorsprung (cf. Fig. 3%, 35) eine Partie stärkerer Chitin- haare; diese berühren sich mit einem Haarbüschel, welcher auf einem Zapfen steht, der unmittelbar vor der Einschnürung des Flügels an der Nahtseite auf der Flügeloberfläche sich heraushebt (uz). In diesen Zapfen führt der Ausgangskanal einer sich weit in den Flügel erstreckenden zusammengesetzten Drüse und mündet an der Spitze desselben an der Basis des Haarschopfes. Der Kanal besitzt ein sehr enges Lumen und liegt der Wand des Zapfens unmittelbar an (ef. Fig. 33). Nach Eintritt in den Flügel selbst verläuft er erst eine Strecke in der Längsrichtung desselben, macht dann nach dem Randsaum zu eine seitliche Umbiegung, nimmt von jetzt ab in sehr geringen Intervallen das Sekret äußerst kleiner, wie Quirle um seine Peripherie stehender einzelliger Drüsen auf und endet in der Nähe des Randsaumes (Fig. 35). Der ganze Drüsenkomplex ist dicht mit Fettkörpermasse umgeben, so dass stellenweise das Erkennen desselben sehr schwierig ist. Auf jeden Quirl kommen ungefähr 42 Drüsenzellen, von denen jede einzelne mit einer einfachen Durchbrechung des Sammelkanales einmündet (Fig. 36). Die Größenverhältnisse sind folgende: Länge des Zapfens 0,059 mm. Sein oberer Durchmesser 0,022 mm. Sein unterer Durchmesser 0,09 mm. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. A) 612 G. Hoffbauer, Länge der Haare im Haarschopf ca. 0,05 mm. Länge des Ausführungskanales von der Mündung bis zur seitlichen Umbiegung 0,14 mm. Von dort bis zum Ende 0,30 mm. Durchmesser desselben im Bereich der Drüsenmündungen 0,002 mm. Länge einer Drüsenzelle 0,009 mm. Dicke des Flügels im Bereich der Drüse 0,06 mm. An anderen Stellen der Flügelfläche 0,01 mm. An dem zipfelförmigen Anhang der äußersten Flügelspitze waren drüsige Gebilde nicht wahrzunehmen. Sein Haarschopf scheint daher nur den Zweck zu haben, zur Verflüchtigung des aus dem unteren Zapfen sich ergießenden Sekretes mit beizutragen. — Die ganze Ein- richtung ist wohl als ein Duftapparat, dessen Sekret als Anlockungs- mittel im Geschlechtsleben der Thiere dient, aufzufassen und ihrer Verrichtung nach auf eine Stufe mit Bildungen zu stellen, wie sie z. B. Erıch Haase (18) bei Schmetterlingen beschrieben hat. Der übrige Theil der Flügeldecken beim gJ' ist wie die Gesammtfläche derselben beim O drüsenfrei. Die Oberfläche ist mit kürzeren Haaren von 0,022 mm Länge in mittlerer Entfernung von 0,02 mm von einander bedeckt. Dazwischen stehen längere Haare (0,08 mm) in mittlerer Entfernung von ca. 0,1 mm. Die Dicke des Flügels beträgt 0,012 mm; die Dicke der Flügelspitze beim © 0,09 mm. U:0 = 1:2. Diekendurchmesser der Querbrücken 0,005 mm. Cureuliones. Chlorophanus viridis L. Flügeloberfläche mit ca. 0,06 mm langen Chitinhaaren in mittlerer Entfernung von 0,035 mm von einan- der bedeckt. Unterfläche stachellos. Obere Lamelle 0,02 mm, untere 0,005 mm dick. Dicke des Flügels 0,045 mm. Querbrücken in zehn an der Spitze sich vereinigenden Längsreihen. Reihenabstand 0,27 mm. Abstand der Querbrücken innerhalb einer Reihe 0,13 mm. Diekendurch- messer derselben 0,04 mm. Drüsenausführungsgänge nicht gefunden. Lixus paraplecticusL. Auf den Flügeldecken dieser Art lagert eine leicht vergängliche Staubbedeckung, welche abgerieben sich immer wieder erneuert. Dieser Staub besteht, wie Levis (31) bereits angiebt, aus starren, leicht zerbrechlichen kurzen Stäbchen, und soll nach diesem Autor auf ein Hautsekret zurückzuführen sein. Der Durch- messer der Stäbchen stimmt nun überein mit demjenigen zahlreicher feiner Porenkanäle, welche die Dicke der oberen Lamelle durchsetzen und noch eine Strecke weit in das Lumen des Flügels hineinzuragen scheinen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Kanäle die Aus- Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 613 führungsgänge von Drüsen sind, deren Sekret, sobald es nach außen kommt, erhärtet, zerbricht, und zu jenen stäbchenförmigen Gebilden Veranlassung giebt. Eine genauere Untersuchung wird sich nur an jungen, eben ausgeschlüpften Imagines machen lassen, da ältere Deck- flügel von solcher Härte, und ihre Lamellen von solcher Dicke sind, dass ein Schneiden mit dem Mikrotom nur nach längerem Kochen und Erweichen in Ätzkali möglich ist. Dicke des Flügels 0,175 mm, Dicke der oberen Lamelle 0,10 mm, Dicke der unteren Lamelle 0,046 mm, Diekendurchmesser der Querbrücken 0,115 mm. In den übrigen bis jetzt untersuchten Arten der Lamellicornier, Trachelophoren, Carabiden, Hydrocanthariden und Staphylinen wurden weder in Chitinpräparaten des ganzen Flügels, noch in einzelnen Schnit- ten aus Theilen desselben Drüsenbildungen, wie wir sie aus den vor- her besprochenen Familien kennen gelernt haben, gefunden. Einzellige Drüsen, welche Lrypıe (28, 29) z. B. aus den Flügeldecken von Melo& proscarabaeus, Dytiscus marginalis, Lucanus cervus u. A. beschreibt, habe ich nicht wahrgenommen. Da er in der Präparation der Flügeldecken vielleicht auf andere Weise verfahren, außerdem die Lage der Drüsen nicht näher angegeben hat, ist es möglich, dass mir dieselben entgangen sind. Jedenfalls haben sie ihrer Gestaltung nach mit den von mir anderweitig gefundenen Drüsenbildungen nichts gemein. Zur Zeit konnten erst wenige Gattungen aus diesen Familien be- rücksichtigt werden; es ist daher nach den bisherigen Erfahrungen keineswegs ausgeschlossen, dass im Verlaufe weiterer Untersuchungen noch Arten angetroffen werden, deren Flügeldecken ähnliche Drüsen wie oben enthalten. Lamellicornia. Rhizotrogus solstitialis L. Oberfläche des Flügels mit langen Chitinhaaren, Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln besetzt. Ferner finden sich auf der Unterseite, namentlich an der Wurzel und der Spitze, außerdem noch in vier parallelen längsverlaufenden, gleich weit von einander entfernten Streifen, äußerst lange, dünne Haare, welche um ihre Längsachse gedreht, und der ganzen Ausdehnung nach mit kleinen Nebenhaaren versehen sind. Ihre Länge beträgt 1 mm und darüber. Zwischen den Streifen und auf der Unterseite des Randsaumes stehen stärkere, ebenfalls gedrehte, aber keine Nebenhaare tragende Haare von derselben Länge, während die äußerste Längskante der Naht nur eine Reihe kurzer, höchstens 0,09 mm langer, stachelförmiger 40% 614 G. Hoffbauer, Haare in einer ungefähren Entfernung von 0,1 mm von einander aufweist. Dicke des Flügels ca. 0,04mm. U:0 =1:5. »Stachelreihe« am Randsaum. Querbrücken unregelmäßig über die Flügelfläche zer- streut. Diekendurchmesser derselben 0,015 mm. Unmittelbar an der Wurzel des Deckflügels fanden sich auf Querschnitten in der Dicke der oberen Lamelle dicht neben einander gelegene Hohlräume — die An- zahl ließ sich nicht genau ermitteln —, von ca. 0,02 mm Länge und 0,007 mm unterem Durchmesser, welche durch einen sehr engen Kanal mit der Außenfläche in Verbindung stehen. An ihrer Basis scheinen Nervenzellen, deren Stiftchen in die Hohlräume hineinsehen, zu enden. Es ist möglich, dass wir es hier mit Sinnesorganen zu thun haben, doch bedarf es erst näherer Untersuchung, die an alten Imagines wegen der Härte des Chitins jedoch unmöglich sind. Melolontha vulgaris F. Flügeloberfläche mit Ausnahme der vier, durch stärkere Hervorwölbung der oberen Lamelle gebildeten, erhabenen Längslinien mit fast schuppenartig erweiterten weißen Här- chen von ca. 0,15 mm Länge und 0,012 mm größter Breite in mittlerer Entfernung von 0,1 mm von einander bedeckt. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln. Außerdem finden sich auf beiden Flächen vereinzelt längere, dünnere, um ihre Achse gedrehte Haare, die am Randsaum etwas gedrängter stehen und an der Wurzel sich zu einem größeren Haarschopf vereinigen. Dicke des Flügels ca. 0,085 mm. U:0 =14:5,5. Der Randsaum baucht sich ungefähr um das Sechsfache aus und besitzt eine »Stachelreihe«. Querbrücken unregelmäßig und in mittlerer Ent- fernung von ca. 0,25 mm von einander über die Flügelfläche zerstreut. Diekendurchmesser derselben 0,032 mm. Triechius fasciatus_L. Flügeloberfläche sammetartig mit feinen Härchen, außerdem in mittlerer Entfernung von ca. 0,17 mm von ein- ander mit ca. 0,05 mm langen lanzettartigen Haaren bedeckt. An der Schulter des Flügels ein längerer Haarschopf. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln und »Stachelreihe« am wenig verdickten Randsaum. Dicke des Flügels ca. 0,085 mm. U:0 = 1:3,5. Querbrücken in zehn unregelmäßigen Längsreihen. Ihr Diekendurchmesser 0,04 mm. Trachelophora. Lytta vesicatoria L. Die mit kleinen, fünf- oder vierseitigen unregelmäßigen Polygonen getäfelte Flügeloberfläche ist mit ca. 0,09 mm langen, um ihre Längsachse gedrehten, starren Chitinhaaren in mitt- lerer Entfernung von 0,41 mm in der Wurzelhälfte und von 0,30 mm in der Spitzenhälfte bedeckt. Unterfläche glatt. Randsaum höchstens um das Vierfache ausgebaucht, mit Stachelreihe. Dicke des Flügels Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 615 0,05 mm. U:0 =1:9. Die Querbrücken unregelmäßig in mittlerer Entfernung von 0,07 mm über die Flügelfläche zerstreut. Ihr Dicken- durchmesser 0,015 mm. Melo&öproscarabaeusL. Die gckökmelte Oberfläche des Flügels nur ganz vereinzelt mit ca. 0,13 mm langen Chitinhaaren besetzt. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln. Dicke des Flügels ca. 0,07 mm. U:0 = 1:8. Querbrücken unregelmäßig in mittlerer Entfernung von ca. 0,11 mm über die Flügelfläche zerstreut. Ihr Dickendurchmesser 0,025 mm. Carabidae. Leistus spinibarbis F. Oberfläche schuppenförmig, mit zehn ca. 0,21 mm von einander entfernten, an der Flügelspitze sich vereini- genden Längsrillen versehen. Unterfläche mit kurzen Chitinstacheln. Randsaum beinahe rechtwinkelig nach unten umgebogen mit Sammel- rinne und »Stachelreihe«. Dicke des Flügels ca. 0,065 mm. U:0 = 1:5. Querbrücken in zehn in .den Längsrillen liegenden Reihen. Ihr Abstand innerhalb einer Reihe 0,09 mm. Dickendurchmesser 0,11 mm. Hydrocantharidae. Dytiscus marginalis © L. Die auf der Flügeloberfläche ver- laufenden zehn Längsleisten sind mit vereinzelt stehenden längeren Chitinhaaren und mit zahlreichen kleinen napfförmigen Einsenkungen in mittlerer Entfernung von 0,08 mm von einander versehen. Unter- fläche mit »Stachelleiste«. Dicke des Flügels in den Längsfurchen 0,1 mm. Die Längsleisten sind Ausbuchtungen der oberen Lamelle, ihre Höhe beträgt am Randsaum ca. 0,55 mm und nimmt in denjenigen, welche mehr nach der Naht zu liegen, um eirca ein Drittel ab. U:0 = 1:5. Die obere Lamelle ist mit Poren, welche an den napfförmigen Einsenkungen enden, durchsetzt. Die Querbrücken stehen in den Längsfurchen in einer mittleren Entfernung von 0,30 mm von einander entfernt. Staphylinidae. Philonthus carbonarius Gyll. Flügeloberfläche mit 0,17 mm langen Chitinhaaren in mittlerer Entfernung von 0,40 mm von einander besetzt. Die Kante der hinteren abgestutzten Flügeldecke trägt etwas stärkere, gleich lange, unmittelbar neben einander liegende Haare. Unterseite des Randsaumes mit » Stachel- (Höcker-)reihe«. Querbrücken stehen sehr vereinzelt. Die stark zerbröckelten Schnitte gaben über die Dicke etc. des Flügels keine sichere Auskunft. 616 C. Hoffbauer, Zusammenstellung der Arten, in deren Flügeldecken überhaupt Drüsenbildungen bis jetzt gefunden wurden. Chrysomelidae. Gattung Lina Redtb. Lina populiL., tremulae F., vigintipunctata, Scop., aenea L. Gattung Chrysomela L. Chrysomela cerealis L., fastuosa L., Göt- tingensisL., sanguinolenta_L., grossa F., Banksi F., violacea Pz., staphy- lea L., Menthastri Suffr. Gattung Phratora Redtb. Phratora vitellinae L. Gattung Lema F. Lema melanopa L., cyanella L. Gattung Crioceris Geoflr. Grioceris merdigera F., brunnea F., Asparagi L., 12 punctata L. Gattung Adimonia Laich. Adimonia capreae L. Clavicornia. Byrrhus pillula L., Necrobia violacea L. Cerambyeidae, Tetropium luridum L., Asemum striatum L., Leptura nigra?L. Coceinellidae. | Coceinella 7-punctata L., Halyzia oblongoguttata L. Serricornia. Cantharis fusca L.? Anthaxia nitidula L., Malachius pulicarius F. Cureuliones, Lixus paraplecticus L.? Vergleichende Übersicht über den Bau und die Lagerung der Drüsen. A. Bau der Drüsen: I. Einfache Drüsen: 1) Ausführungskanal einfach (ohne erweitertes Lumen), Drüsen mit Reservoir, Ausmündung nicht an der Basis von Haaren. Beispiel: Crioceris Asparagi. 2) Ausführungskanal flaschenbauchförmig erweitert, Drüsen ohne Reservoir, Ausmündung an der Basis von Haaren. a. Ausführungskanäle gleich lang. «. In größerer Zahl zusammenstehend. Beispiel: Tetropium luridum. ß. In geringerer Zahl zusammenstehend. Beispiel: Leptura. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 617 b. Ausführungskanäle ungleich lang. Beispiel: Asemum stria- tum. Ob Reservoir? 3) Ausführungskanäle champagnerpfropfähnlich. Drüsen wahr- scheinlich mit Reservoir. Ausmündung frei, oder an der Basis von Haaren. Beispiel: Halyzia oblongoguttata. II. Zusammengesetzte Drüsen mit Sammelkanal, Drüsen mit Reservoir. 4) Wandung des Sammelkanales glatt. a. Sammelkanal kurz, unverzweigt, höchstens an der Spitze dichotomisch sich gabelnd, jeder für sich mtndend, oder zwei bis drei mit gemeinschaftlicher Ausmündung. Beispiel: Phratora vitellinae. b. Sammelkanal lang, einfach oder dichotomisch sich verzwei- gend. Beispiel: Lina populi. 2) Sammelkanäle fernrohrartig ausgezogen. a. Einfach, höchstens an der Spitze kurz gegabelt. Beispiel: Chrysomela fastuosa. b. In zwei oder mehrere Äste in ungleicher Höhe sich verzwei- gend. Beispiel: Chrysomela excl. Ch. fastuosa. | B. Lagerung der Drüsen. I. Deckflügel. 1) Auf der Gesammtoberfläche und vereinzelt am Unterrand. Bei- spiel: Halyzia oblongoguttata. 2) Auf der Gesammtoberfläche. Beispiel: Tetropium luridum. 3) Vereinzelte Stellen der Gesammtoberfläche. Beispiel: Lema und Crioceris. 4) Nur am Randsaum. a. In doppelter Reihe, Lina populi. b. In einfacher Reihe, Chrysomelidae. 5) Oberfläche drüsenfrei, Drtisen an den Rändern der Unterfläche, Anthaxia nitidula. II. Halsschild. 1) In der Mitte und auf den Vorderrandflächen. Beispiel: Crioceris. 2) Auf den Flächen der Seitenlappen. Beispiel: Lina populi. 3) Nur an den äußersten Kanten der Seitenlappen. Beispiel: Gat- tung Chrysomela. Vergleichende Zusammenstellung der wichtigsten sonstigen Erscheinungen in Bau und Ausgestaltung der untersuchten Deckflügel. 4) Der Deckflügel ist je nach der Gestalt der Imago flach bis stark nach oben ausgewölbt, die Oberfläche ist geschuppt, gerunzelt, 618 PS ns -I ee 2 C. Hoffbauer, gestreift, gewellt, getäfelt, die Unterfläche gehöckert, gerillt, oder der ganze Flügel glatt. Die Behaarung ist dicht und stark, sowohl auf der Ober- wie Unterfläche, sie redueirt sich auf letzterer bis auf vereinzelte längere Haare am Randsaum und der Naht, oder kleine auf der Gesammtunterfläche stehende kurze Chitinstacheln. Diese können schließlich ganz schwinden und der Gesammtdeckflügel wird haar- und stachellos. Eine längsverlaufende mehr oder weniger stark ausgebildete Stachel-(Höcker-)reihe findet sich in der Regel am unteren Rand- saum, bisweilen auch an der Naht vor. Der Randsaum buchtet sich gar nicht, oder nur wenig aus, ist einfach abgerundet, oder mit längsverlaufenden Leisten und Sammelrinne versehen. Er kann sich bis zum Sechsfachen der Dicke der übrigen Flügelfläche erweitern und sich rechtwinkelig nach unten umbiegen.. Die Naht ist fast stets erweitert und greift falzartig in diejenige des Nebenflügels ein. Die Härte und Widerstandsfähigkeit der Elytren ist eine verschie- dene, je nach der Dicke der beiden Lamellen und nach der Stärke ‚und der Anzahl der vorhandenen Querbrücken. Die untere Lamelle ist stets dünner wie die obere, kann jedoch am Rand- saum, der Naht und den Ansatzstellen der Querbrücken die gleiche Stärke erhalten. Die Querbrücken sind entweder ganz unregelmäßig in näheren oder weiteren Abständen, oder in undeutlichen bis vollständig gleichmäßig verlaufenden Längsreihen mit verschiedener oder gleicher Entfernung von einander über die Flügelfläche zerstreut. Ihr verschieden starker Querschnitt ist kreisrund, oder bei dich- terer Anordnung abgeplattet. Die Achse ist stets pigmentirt. Die Haupttracheen verlaufen entweder unregelmäßig oder in mehreren annähernd parallelen Längsstämmen. Sie können bis auf zwei im Randsaum und der Naht verlaufende, längere Seitenäste abgebende, schwinden. Ihr Durchmesser richtet sich selbstverständlich nach der Größe des Flügels, er kann jedoch bei sonst annähernd gleichen Größen- und Dickenverhältnissen zweier Flügel von verschiedenen Arten erheblich schwanken. Die von Leyoie (29) vornehmlich aus den Kopftracheen von Lep- tura, Dorcadion lineatum, Necrophorus erwähnten radiär gestell- ten frei in das Tracheenlumen hineinragenden Stacheln finden sich auch in den Flügeltracheen wieder. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 619 9) Muskeln sind, außer an der Ansatzstelle des Deckflügels, nicht vorhanden. 40) Die Nervenstränge verlaufen meist unmittelbar neben den Haupttracheen, über ihre Endigungen ist noch nichts Näheres bekannt. Sinnesorgane scheinen im Deckflügel vorzukommen. 44) Die Eigenthümlichkeiten des übrigen Körperintegumentes, wie z. B. besonders gestaltete Haarbildungen, gehen auch auf die Deckfiügel über. 12) Die zuerst von H. Mecker (32) aus den Nierenzellen der Mollusken, dann aber auch von Levvie im Fettkörpergewebe von Lampyris beobachteten Sekretbläschen, welche wahrscheinlich mit harn- sauren Konkrementen angefüllt sind, finden sich im Fettkörper der Deckflügel wieder. Rückblick und Schlussbetrachtung. Es hat sich im Laufe der Untersuchung herausgestellt, dass, ab- gesehen von äußerlichen Verschiedenheiten, die Deckflügel in ihrem inneren Bau in mancher Beziehung erheblich von demjenigen der häutigen Hinterflügel der Coleopteren selbst, wie anderer Insekten- klassen abweichen. Die Unterschiede liegen, wie dies bereits im all- gemeinen Theil über die Deckflügel erwähnt wurde, hauptsächlich in dem verschiedenen Abstand und dem quantitativen Verhalten der beiden Lamellen. Wir haben gesehen, dass eine für die häutigen Flügel mehr oder weniger charakteristische Aderung oder Nervatur fehlt; vielmehr lagern die Tracheen, ohne von über die Flügeloberfläche sich hervorwölbenden Rohren eingeschlossen zu sein, in einer, je nach den einzelnen Ordnungen, verschiedenen Gruppirung in dem großen, nur durch die Querbrücken unterbrochenen aber in sich zusammenhängen- den Hohlraum, welcher die beiden Lamellen von einander trennt. Ihr Verlauf ist äußerlich nicht zu verfolgen, höchstens bei denjenigen Elytren, welche neben sehr weitlumigen Haupttracheen dicht gedrängte und unregelmäßig über die Flügelfläche zerstreut stehende Querbrücken besitzen. Hier werden dann, jedoch nur bei Vergrößerung und ent- färbten Präparaten, Streifen auf der Oberfläche sichtbar, welche einen weiteren Abstand der Querbrücken von einander aufweisen als an den übrigen Stellen, da die Weite des Querbrückenabstandes an letzteren geringer ist als der Durchmesser der Haupttracheen. So groß nun auch der Unterschied zwischen Deck- und häutigem Flügel auf den ersten Blick erscheinen mag, so lässt sich auf eine wohl denkbare Weise phylogenetisch ein Zusammenhang in beide Bildungen bringen, indem wir als Ausgangspunkt für sie eine einfache am Meso- 620 C. Hoflbauer, beziehungsweise Metathorax entstandene taschenförmige Aussackung des Körperintegumentes uns vorstellen, in welcher einerseits durch Einfaltung von oben her die Querbrücken der Deckflügel, andererseits durch eine ausgedehntere Einbuchtung und Zusammenlegung der beiden Lamellen die aderfreien Strecken der häutigen Flügel entstanden sind, so dass also die Hohlräume, welche das Innere der Adern bilden, und in welchen die Tracheen verlaufen, als der Rest des ursprünglich großen Hohlraumes der Deckflügel aufzufassen, die Verbindungsstellen der Querbrücken mit der unteren Lamelle dagegen den unmittelbar auf einander liegenden Strecken der beiden Lamellen der häutigen Flügel gleich zu setzen wären. Unter dieser Voraussetzung könnten wir dann auch annehmen, dass die Deckflügel keineswegs nachträglich aus häutigen Flügeln sich herausgebildet hätten, vielmehr den ursprünglicheren Zustand dar- stellen und Hemmungsvorgänge vielleicht in dem Entwicklungsstadium eines Glasflügels sich geltend gemacht hätten. Es hat sich nun ferner durch die bisherigen Untersuchungen er- geben, dass in einzelnen Familien der Coleopteren die Deckflügel in auffallender Weise mit dem Halsschild und dessen Seitenlappen über- einstimmen. Letztere setzen sich aus einer oberen, diekeren und unteren, dünneren Lamelle zusammen, welche gleich denjenigen des Deckflügels durch Querbrücken mit einander verbunden sein können (z. B. bei den sonst wenig verwandten Silpha und Cassida), bauchen ‘sich zu einem Randsaum aus (Silpha), tragen eine Sammelrinne (Silpha und Chrysomeliden) und enthalten z. B. bei vielen untersuchten Chryso- meliden (exel. Gassida) innerhalb ein und derselben Art jene mit den- jenigen des Deckflügels stets übereinstimmenden Bildungen der Drüsen und ihrer Ausführungsgänge in der Weise, dass die Drüsen sich in den Randstrecken des Halsschildes vorfinden, wenn nur der Randsaum des Deckflügels deren enthält (Lina, Chrysomela), dagegen auch auf der mittleren Halsschildfläche, wenn sie im Deckflügel über die Flügelfläche zerstreut und in der Naht gelegen sind (Lema, Crioceris). Es lässt hier- nach wohl keinen Zweifel zu, dass die Halsschildseitenlappen als den Deckflügeln analoge Bildungen zu betrachten sind. Sie sind integumen- tale Ausstülpungen wie diese und dienen, vielleicht durch ihre sekre- torischen Funktionen mit dazu, den Körper gegen äußere Einflüsse zu schützen und zu decken. Zugleich drängt sich hierbei aber die Frage auf, ob die Deckflügel überhaupt auf Flügelbildungen zurückzuführen sind und ob nicht viel- mehr eine Homologie zwischen ihnen und den Halsschildseitenlappen besteht. Dann müsste nothwendigerweise auch angenommen werden, Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 621 dass das ursprünglich erste Flügelpaar bei den Coleopteren rudimentär, respektive völlig geschwunden wäre, ein Umstand, der keine Schwierig- keiten machen würde, da wir für das Flügelloswerden der Insekten genug Beispiele besitzen. Einen Anhalt für die Wahrscheinlichkeit einer solchen Homologie bietet scheinbar die Larve einer Ephemeride Prosopistoma, Latreille 1832. Dieses Thier wurde wegen seiner äußeren Gestalt früher allgemein in das Reich der Kruster gestellt und von den verschiedensten Autoren, wie GEOFFROY, A. F. pe FourcroY, LATREILLE, Dum£rır, Bosc, DESMAREST u. A. unter mehrfach wechselnder Bezeichnung in die Verwandtschaft theils der Apusiden, theils der Galigiden und Arguliden gestellt. Joy war 1872 der Erste (21), welcher seine Zugehörigkeit zu den Insekten er- kannte und ihm seinen Platz unter den Ephemeriden anwies. Eine ausführliche Beschreibung giebt jedoch erst VayssıurE (45), auf welche ich des Näheren verweise, da ich mich im Folgenden nur auf die Beschreibung der für das Verständnis unserer Frage wichtigsten Punkte beschränken muss. Die Larve ist unter Anderem durch die Anwesenheit von Tracheen und Marricntschen Gefäßen als Insekt charakterisirt, ihr Körper theilt sich in eine cephale, thorakale und abdominale Region, trägt zwei Paar am Thorax inserirende Flügelscheiden und am ersten bis sechsten Ab- dominalringe sechs Paar verschieden gestalteter Tracheenkiemen. Von hervorragender Eigenthümlichkeit ist jedoch ein die ganze mittlere und einen Theil der hinteren Körperstrecke von oben her vollständig be- deckendes Schild, welches dem Thiere eine große Ähnlichkeit mit einem Copepoden verleiht und Veranlassung zu der früheren Verwechselung gegeben hat. Dieses Schild besteht aus zwei in der Medianlinie durch eine ge- kielte Naht mit einander verbundenen chitinigen Platten, deren Seiten- theile mit den Rändern der Bauchplatte verwachsen sind; es bedeckt einen respiratorischen Raum, der die Flügelscheiden und die Tracheen- kiemen birgt und, im Übrigen völlig geschlossen, mit einer in der Medianlinie gelegenen hinteren und zwei seitlichen Öffnungen, welche zum Aus- und Eintritt des Wassers dienen, versehen ist. Die Ephemeriden werden für alte Insektenformen gehalten und man könnte zu der Vorstellung gelangen, dass wir in dem Schild eine Vorstufe für die Bildungen des Halsschildes und der Deckflügel der Coleopteren besäßen, in der Weise der Entwicklung, dass sich das an- fänglich einheitliche Schild durch eine quere Abtrennung zunächst in eine Halsschild- und Deckflügelregion getheilt hätte, dann aber in letzterer durch eine Spaltung in der Medianlinie die beiden, schließlich 622 C. Hoffbauer, nur noch an der Wurzel mit dem Körperintegument verbundenen Elytren entstanden wären. Ähnliches haben jedenfalls auch N. und E. Jory (21) vermuthet, da sie angeben, dass die längsverlaufende Kiellinie des Schildes der Prosopistoma an die Naht der bei gewissen Coleopteren mit einander verwachsenen Elytren erinnern. Wäre die Annahme einer Homologie zwischen Deckflügel und Hals- schildseitenlappen gerechtfertigt, dann ließe sich ferner das Scutellum, welches meist in Gestalt einer dreieckigen Platte von wechselnder Größe als hintere Erweiterung des Mesothorax sich kennzeichnet, deuten; es entspräche möglicherweise dem mittleren Theil des Hals- schildes, den Halsschildseitenlappen dagegen die unmittelbar auf beiden Seiten der Basis des Scutellum inserirenden Elytren. Wollte man nun wirklich zugeben, dass die phylogenetische Ent- wicklung des Halsschildes und der Deckflügel in der angegebenen Weise bis so weit sich vollzogen hätte, so scheitert vorläufig jede weitere Spekulation an dem wichtigen Einwand, auf welche Anlagen die Be- weglichkeit der Elytren zurückzuführen und ein Anhalt dafür zu ge- winnen ist, wie an dem starren, muskelfreien Schilde der Prosopistoma oder einer auf sie zurückzuführenden hypothetischen Form sich schließlich ein komplieirter Muskelapparat entwickelt haben soll. So lange eine Erklärung hierfür fehlt, sind wir demnach nicht berechtigt, die Deckflügel aus dem Rückenschild der Prosopistoma herzuleiten, müssen vielmehr an der alten Vorstellung festhalten, sie als erstes Flügelpaar zu betrachten und annehmen, dass das Rückenschild, falls es überhaupt nicht eine Neuerwerbung ist, später eine Rückbildung er- fahren hat. Eine Mittheilung Meınerr's (33), auf welche ich kurz vor Abschluss meiner Arbeit aufmerksam wurde, giebt Gelegenheit die Frage über die Phylogenie der Flügeldecken noch in einer anderen Richtung zu erörtern. MEINERT setzt nämlich die Elytren der Coleopteren den Tegulae der Hymenopteren und den Pterygoden der Lepidopteren gleich, während die Alulae, d. h. die zarten Häutchen, welche an der Wurzel der Flügeldecken von Dytisciden sich finden, den Vorderflügeln der Hymenopteren und Lepidopteren entsprechen sollen. Wir müssten also mit anderen Worten die Dytisciden als Käfer mit rudimentären Vorder- flügeln, Hymenopteren und Lepidopteren dagegen als Insekten mit wohlentwickelten Vorderflügeln, aber rudimentär gewordenen, den Elytren entsprechenden Gebilden betrachten. Es bleibt unerwähnt, welche Ansicht Meınerr über die Entstehung der Elytren beziehungsweise Tegulae und Pterygoden vertritt. Da er Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 623 sie jedenfalls für selbständige Bildungen hält, bleiben nur zwei Möglich- keiten für ihren phylogenetischen Ursprung übrig; entweder fasst er sie als ein drittes Flügelpaar, oder als Gebilde sui generis, welche wie die Halsschildseitenlappen als Ausstülpungen des Integumentes ent- standen sind, auf. Dagegen spricht jedoch einerseits die Insertion am Mesothorax, andererseits würden wir, die Tegulae, wie später gezeigt werden soll, ausgenommen, auf die bereits oben erörterte Frage über die Homolöogie der Deckflügel und Halsschildseitenlappen zurück- kommen. Außerdem muss die Mrınerr’sche Angabe vornehmlich noch bis dahin zunächst mit Vorsicht aufgenommen werden, dass die Ent- wicklungsgeschichte darüber Aufklärung verschafft hat, ob die Alulae ihrer Anlage nach auch wirklich selbständige Flügel sind. Dies scheint aber nach meinen bisherigen Untersuchungen aus folgenden Gründen wenig wahrscheinlich. Die Alulae erinnern ihrer ganzen Ausgestaltung nach wenig an häutige Flügel. Es sind zarte, blattartige, etwas nach oben ausge- wölbte Duplikaturen des Integumentes, deren beide gleich starke Lamellen unmittelbar auf einander liegen und mit kleinen, einfachen oder mehrzackigen chitinigen Dornen besetzt sind. Der Rand ist etwas verdickt, stark quergerunzelt und dicht mit längeren Chitinhaaren be- franst. Nirgends ist die geringste Spur einer Aderung zu finden. Ihr Insertionspunkt liegt unmittelbar neben demjenigen des Deckflügels; ob sich an denselben Muskelstränge ansetzen, war mir zu ermitteln bisher unmöglich, da sich nur aus mit Ätzkali hehandelten und er- weichten Objekten einigermaßen brauchbare Schnittpräparate ge- winnen ließen. Hauptsächlich fällt aber ins Gewicht, dass ihr Innenrand eine Strecke weit vollständig mit der Unterseite der Deckflügelnaht ver- wachsen ist. Sie erscheinen daher mehr als ein Anhängsel der Elytren, welches bei deren Lüftung und Auseinanderbreitung in Spannung ver- setzt wird und wie ein Gelenkhäutchen zwischen diesen und dem Thorax figurirt. Ihre jetzige Funktion soll nach M. Tu. LacorDAIrE (2%) darin bestehen, die Ausrenkung der Flügeldecken zu verhindern (d’empeächer la desarticulation des elytres). Richtiger scheint es jedoch sie als Einrichtungen zum Festhalten der Luft, welche das Thier bei seinem Aufenthalte unter Wasser gebraucht, zu deuten, denn fast stets fand ich bei der Präparation ein Luftbläschen unter ihnen versteckt; wegen ihres stark gefalteten und gefransten Randsaumes scheinen sie zur Luftaufnahme auch besonders geeignet. Ähnliche Bedenken, wie sie sich bei einer vergleichenden Betrach- tung der Alulae mit den Vorderflügeln geltend machen, werden aber 624 C. Hoffbauer, auch rege bei dem Versuche, die Tegulae! auf eine Stufe mit den Elytren der Coleopteren zu stellen. Sie bedecken als kleine etwas nach oben ausgewölbte Schuppen die Wurzel der Vorderflügel. Ihr vorderer, freier Rand ist gleichmäßig abgerundet, der hintere an der Insertion mit dem Thorax gelegene verläuft dagegen beinahe geradlinig. Die ganze Oberfläche wird von dicht gedrängt stehenden dünnen, vereinzelt stärkeren,. Chitinhaaren bedeckt. Die Unterseite des Randes ist gewellt, theilweis mit kleinen Stacheln, welche in ihrer Stellung an die Stachelreihe der Deckflügel erinnern, besetzt. Die Länge der Tegulae einer Hornissenimago be- trägt z. B. 2,3 mm (am Hinterrand gemessen). Die größte Breite 1,6mm. Das ganze Gebilde setzt sich aus einer oberen dickeren und unteren ungefähr nur !/, so starken Lamelle zusammen, welche ir Puppen- stadium weiter aus einander gerückt sind, von einer syncytialen, viel- kernigen Matrixschicht getragen werden und sich erst in der erwach- senen Imago oft unmittelbar auf einander legen. An dem Rande bauchen sich die beiden Lamellen stets, und zwar am vorderen bis zum Zwei- bis Dreifachen, am hinteren bis zum Sechs- bis Siebenfachen der sonsti- gen Dicke der Tegula aus. Querbrücken wie Drüsenge- bilde fehlen. Die Behauptung CHOLODKOVYSKY'S (8), dass die Tegulae nur harte, solide Chi- tinplatten vorstellten, dürfte hiernach in keiner Weise ge- rechtfertigt erscheinen. Die Insertionsstelle der Tegulae liegt am Mesothorax unmittel- bar über derjenigen der Vorderflügel und besteht aus einer Gelenkverbindung, wie sie aus nebenstehendem Fig. III. Verbindung der Tegula mit der thorakalen Holzschnitt ersichtlich ist. In Seitenwand (Chitinskelett). th, thorakale Seitenwand; der mittleren Strecke des 9 larger Foater Tkalanen > hinteren Randes greift die obere Lamelle charnierartig in eine Einbuchtung der thorakalen Seitenwand ein und ist durch eine Gelenkhaut mit dem unteren Vorsprung der Einbuchtung verbunden. 1 Es wurden untersucht ältere Puppen und Imagines der Hornisse und junge Imagines unserer Honigbiene. Die Pterygoden blieben noch unberücksichtigt. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 625 Dieser Vorsprung ist nach hinten keulenförmig verlängert und ragt noch eine Strecke weit in das Innere des Thorax hinein. Die untere Lamelle verdünnt sich nach der Insertionsstelle zu, ist schwach gefältelt und geht, ohne gelenkig abgesetzt zu sein, unmittelbar über der Wurzel der Vorderflügel in die hier sehr zarte thorakale Seitenwand über. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Elytren und Tegulae liegt nun darin, dass an der Einlenkung der letzteren nirgends Muskelfasern gefunden wurden, welche zu ihrer Bewegung dienen könnten. Diese ist daher wohl nur eine passive und wird durch das Heben und Senken der Vorderflügel verursacht. Der Haupteinwand, welchen wir uns also bei der Erörterung über die Entstehung der Deckflügel aus dem Rückenschilde der Prosopistoma machen mussten, fällt hier fort und man könnte eher geneigt sein, die muskelfreien Tegulae als Überbleibsel des Rückenschildes der Prosopistoma aufzufassen. Dadurch würde der Zusammenhang zwischen Deckflügel und Tegulae im Sinne MEınerr’s wieder aufgehoben und es fragt sich nur, ob nicht durch eine Modifikation seiner Angaben ein einfacherer Ausweg gefunden werden kann!. Es wäre denkbar, dass Alulae und Deckflügel einerseits, Vorder- flügel und Tegulae der Hymenopteren andererseits aus einer gemein- schaftlichen Anlage hervorgegangen wären, wobei entweder von Anfang an ein ungleiches Wachsthum bei der Ausbildung der beiden Theile eingetreten wäre oder im späteren Verlauf durch Nichtgebrauch sich eine allmähliche Reduktion sowohl der Tegulae wie der Alulae einge- stellt hätte. Ob eine solche Entwicklung gerechtfertigt ist, bleibt dahingestellt; jedenfalls würden durch die Annahme derselben eine Reihe der Schwie- rigkeiten, welche eine vergleichsweise Betrachtung jener Gebilde ver- .ursachen, beseitigt, denn 1) wir bringen Elytren und Tegulae (ob Pterygoden?) in Überein- stimmung, 2) finden eine Erklärung für den von demjenigen der häutigen Flügel verschiedenen Bau dieser Bildungen, 3) bekommen ein Verständnis für ihre an demselben Körper- segment (Mesotharax) wie die Vorderflügel befindliche Insertion und 4) gewinnen eine Homologie zwischen den Alulae und einem Ab- schnitt der Vorderflügel. i Der Vermuthung, die Tegulae als umgewandelte und erweiterte Haarbil- dungen zu betrachten, widerspricht schon der Umstand, dass letztere stets einzellig, der Innenraum der Tegulae aber von einer syncitialen vielkernigen Matrix ausge- kleidet ist. 626 C. Hoffbauer, Weitere Untersuchungen müssen ergeben, ob sich die Parallele, welche wir zwischen diesen Anhängen der Hymenopteren und Dytisei- den gezogen haben, zunächst einmal auch auf alle übrigen Coleopteren ausdehnen lässt, d. h. den Alulae entsprechende Bildungen wenigstens ihrer Anlage nach in irgend einem Stadium der Entwicklung sich bei diesen vorfinden. Fassen wir zum Schluss die Betrachtungen über die Phylogenie der Flügeldecken kurz zusammen, so ergeben sich folgende drei Haupt- fragen: 4) Sind die Elytren einfach als Vorderflügel zu betrachten !? 2) Haben wir dieselben als den Seitenlappen des Halsschildes homologe Bildungen, das Scutellum als dem mittleren Theile desselben entsprechend aufzufassen, und sind wirin Folge dessen zu der Annahme einer Reduktion der Vorder- (häutigen) Flügel der Coleopteren berechtigt? 3) Lassen sich Deckflügel und Alulae, eben so wie Tegulae und Vor- derflügel aus einer gemeinschaftlichen Anlage herleiten und finden sich den Alulae entsprechende Bildungen auch bei anderen Goleopteren wieder? Um zu einem abschließenden Resultat hierüber zu kommen, wären noch zahlreiche entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen zu machen gewesen, welche die Fertigstellung dieser Arbeit, eben so wie ein weiteres Eingehen auf Vorhandensein und Ausgestaltung der Drüsen- bildungen, sehr verzögert hätten. Es lag näher, zunächst das Augen- merk auf jene bisher gar nicht oder kaum beachteten, trotzdem aber nicht weniger interessanten und eigenthümlichen Verhältnisse im Bau der Deckflügel zu richten. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimen Regierungsrath Professor Dr. EHLers, spreche ich für seine jederzeitige in der bereit- willigsten Weise ertheilte Anregung und Anleitung, nicht minder den Herren Dr. Henkine und Dr. HarrLaug für ihre freundliche Unterstützung an dieser Stelle meinen aufrichtigen und ergebensten Dank aus. 1 Ob sie als solche die Funktion als Flugorgan nicht erhalten, oder später verloren haben, bleibt dahingestellt. Jedenfalls scheint mir eine Ansicht von A. Frh. von UNnGERN-STERNBERG (44) sehr zweifelhaft, wenn er behauptet, dass den Deckflügeln eine wichtigere Aufgabe als diejenige, die darunter befindlichen Flügel vor den Unbilden der Witterung zu schützen, zufiele, nämlich den betreffenden Insekten das Fliegen überhaupt zu ermöglichen. Wo bliebe da aber die große Familie der Staphylinen, unter denen doch die Oxytelinen und Proteininen vorzüg- liche und geschickte Flieger sind, während andererseits z. B. die Carabiden sehr ausgebildete starke Deckflügel besitzen und theilweise vollständig der Hinterflügel entbehren. - Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. 627 Gesammtübersicht der benutzten Litteratur. . G. E. Anpozpnu, Über Insektenflügel. Nova Acta Leop. Carol. Deutsch. Akad. Naturf. Bd. XLI. 1880. p. 215—291. . ApoLen, Über Aderung der Käferflügel. Zool. Anz. Nr. 316. 1889. p. 487——488. . H. BEAUREGARD, Recherches sur les: Insectes Vesicants. I. Pr. Anatomie in: Journ. Anat. Phys. Paris 1885. . A. v. BonspDoRFF, Über die Ableitung der Skulpturverhältnisse bei den Deck- flügeln der Coleopteren. in: Zool. Anz. Nr. 338. 1890. p. 342—346. . BRAUER und REDTENBACHER, Beitrag zur Entwieklung des Flügelgeäders der In- sekten. Zool. Anz. Nr. 286. 1888. p. 443—447. 6. BURMEISTER, Handbuch der Entomologie. . 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Folgende Bezeichnungen sind bei allen Figuren die nämlichen: o, obere Lamelle; k, Kern; u, untere Lamelle; st, Stachelreihe;; m, Matrix ; tr, Tracheen; dr, Drüsenpacket; oe, Ausmündungsstelle der Drüsen nach r, Reservoir; außen; s, Sammelkanal eines Drüse»packetes; f, Fettkörper ; a, Ausführungskanal einer Drüsenzelle;, rd, Randsaum; Qu, Querbrücken. Beiträge zur Kenntnis der Insektenflüge. 629 Tafel XXVI, Fig. 4. Querschnitt durch die Submedialzelle mit der Linea concava sub- medialis (AnoLpr) des Vorderflügels einer Hummel. Vergr. 450. Fig. 2. Querschnitt durch die Medialader desselben Thieres. z, zapfenförmige Vorsprünge der oberen Lamelle; a, Insertionsstelle eines Chitinhaares. Vergr. 450. Fig. 3. Querschnitt durch eine Vorderflügelader von Chrysopa perlz a, In- sertionsstelle eines Haares. Fig. 4. Deckflügel von Lina populi (Chitinpräparat), halbschematisch. ‚Fig. 5. Schematischer Querschnitt durch den Randsaum des Dell von Lina populi. sr, Sammelrinne. Fig. 6. Schema für die Einmündungsstellen der Drüsenzellen in den Sammel- kanal, aus dem Randsaum des Deckflügels von Lina populi. Fig. 7. Einzelner Sammelkanal von Lina populi. Vergr. 200. Fig. 8. Schema für den Bau der Querbrücken. », oberste pigmentirte Schicht der oberen Lamelle, in die Achse der Querbrücke sich fortsetzend. Fig. 9. Halsschild von Lina populi mit den Ausmündungsstellen der Sammel- kanäle an beiden Seiten, Vergr. 75. Fig. 40. Längsschnitt durch den Randsaum des Deckflügels von Bus aenea. Vergr. 240. Fig. 44. Sammelkanal aus dem Randsaum des Deckflügels von Lina populi (eben ausgeschlüpfter Imago). e, Einmündunssstellen der Drüsen in den Sammelkanal. Fig. 42. Durchschnitt durch die obere Deckflügellamelle von Lina populi. Stark vergrößert. Fig. 43. Sammelkanal von Lina aenea. Vergr. 300. Fig. 44. Tracheenquerschnitt aus dem Deckflügelrandsaum von Lina populi (eben ausgeschlüpfte Imago). Vergr. 450. Fig. 45. Halbschematischer Querschnitt durch den Deckflügelrandsaum von Chrys. cerealis. ch, Streifen von Chitinhaaren. Fig. 46. Einzelner Sammelkanal aus dem Deckflügelrandsaum von Chrys. cerealis. ch, Chitinkanäle der Drüsenzellen. Vergr. 350. Fig. 47. Halsschildrandsaum mit Drüsensammelkanälen von Chrys, cerealis. ve, Vorderecke; hr, Hinterecke des Halsschildes. Vergr. 75. Fig. 48. Drei Drüsensammelkanäle aus dem Deckflügelrandsaum von Chrys. fastuosa. Vergr. 350. Fig. 19. Zwei Drüsensammelkanäle aus dem Deckflügelrandsaum von Chrys. Goettingensis. Vergr. 240. Fig. 20. Nahtquerschnitt aus dem Deckflügel von Chrys. fastuosa. Vergr. 75. Fig. 24, Drüsenpacket mit Sammelkanal aus dem Deckflügelrandsaum von Phratora vitellinae. ch, Chitinhaare; sk, Sekretballen. Vergr. 350. Fig. 22. Drüsensammelkanal desselben Thieres. Vergr. 350. Fig. 23. Drüsen mit Ausführungskanal aus dem Deckflügel von Crioceris Asparagi. Vergr. 420. Fig. 24. Einzelnes Porenfeld der Drüsenausführungskanäle auf dem Deck- flügel von Crioceris 42-punctata. Vergr. 590. Tafel XXVII. Fig. 25. Deckflügel, halbschematisch von Lema melanopa. Vergr. 75. Fig. 26. Längsschnitt durch den Deckflügel von Tetropium luridum. h, abge- schnittene Chitinhaare. Vergr. 350. 44* 630 C. Hoffbauer, Beiträge zur Kenntnis der Insektenflügel. Fig. 27. Ausführungskanäle mit ihren Ausmündungen an der Basis der Chi- tinhaare, Dieselbe Art. Vergr. 450. Fig. 28. Flächenschnitt durch den Deckflügel derselben Art. Vergr. 450. Fig. 29. Schema für den Drüsenbau derselben Art. Die punktirte Linie deutet die untere Grenze der Dicke der oberen Lamelle an. Fig. 30. Schuppen auf dem Deckflügel von Anthrenus srophulariae. Vergr. 450. Fig. 31. Längsschnitt durch den Deckflügel von Asemum striatum mit den Ausführungskanälen der Drüsen (Chitinpräparat). Vergr. 350. Fig. 32, Erweiterungen der Ausführungskanäle derselben Art. Vergr. 800. Fig. 33. Querschnitt durch den unteren Zapfen an der Deckflügelspitze von Malachius pulicarius. s, Ausführungskanal der zusammengesetzten Drüse. Ver- srößerung 800. | Fig. 34. _Deckflügelspitze von Malachius pulicarius. oz, oberer, uz, unterer Zapfen. Vergr. 200, Fig. 35. Schema für die Lagerung der Drüse in der Deckflügelspitze derselben Art. 0z, oberer, «z, unterer Zapfen, Fig. 36. Querschnitt durch die zusammengesetzte Drüse derselben Art (sche- matisch). Fig. 37. Querschnitt durch den Deckflügel (Wurzel) von Halyzia oblongoguttata mit Drüsen und Ausführungskanälen (halbschematisch). Vergr. 1460. Fig. 38. Randsaum von Coccinella 7-punctata (Chitinpräparat). Vergr. 250. Fig. 39. Stück der Deckflügeloberfläche von Cantharis fusca mit Poren an der Basis der langen Chitinhaare (Chitinpräparat). Vergr. 250. Beiträge zur Anatomie der Holothurien. Von Professor Dr. Hubert Ludwig und Philipp Barthels. Mit Tafel XXVI. Unter diesem Titel beabsichtigen wir über die Ergebnisse anato- mischer und histologischer Untersuchungen zu berichten, welche wir . seit längerer Zeit an verschiedenen Seewalzen angestellt haben. Da sich bei dem Einen von uns im Laufe der Jahre eine ziemliche Fülle gut erhaltener außereuropäischer Arten angehäuft hat, unter denen die von der Vettor Pisani-Expedition! gesammelten besonders hervor- gehoben zu werden verdienen, so war der nächste Zweck unserer Stu- dien dieses umfangreiche Material möglichst auszunutzen. Unsere ana- tomischen Kenntnisse der Holothurien beruhen ja vorzugsweise auf der Untersuchung der europäischen Arten und wenn auch Semper mit Er- folg bemüht war, die reiche Holothurienfauna der Tropen zur Ausbrei- tung und Vertiefung unseres Wissens zu verwerthen, so bleibt dennoch auf diesem Gebiete noch sehr viel zu thun. Zu einer Abrundung un- serer Auffassung der Holothurien-Organisation müssen die exotischen Arten mehr als bisher studirt werden. Dass die hier mitzutheilenden Beobachtungen nur an konservirten Thieren angestellt worden sind, ergiebt sich aus dem Gesagten von selbst und erklärt zugleich manche Lücken und Unsicherheiten in unseren Ergebnissen. Eine bestimmte Reihenfolge soll in den folgenden Mit- theilungen nicht innegehalten werden, weil die Untersuchungen selbst sich mehr nach der sehr verschiedenen Gunst der Objekte als nach einem genauen Arbeitsplane richten mussten. Der Antheil, der einem jeden von uns an den folgenden Mittheilungen zufällt, vertheilt sich so, dass Herr Barrarıs die Präparate anfertigte und einer ersten Durch- 1 Vgl. Lupwiıc, Die von G. CHıErcHIA auf der Fahrt der kgl. ital. Korvette »Vettor Pisani« gesammelten Holothurien. Zool, Jahrb. Bd. II. 1886. p. 1—36. Taf. I—Il. 632 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, sicht unterwarf; dann gingen wir die Präparate gemeinschaftlich durch, besprachen die Befunde und verständigten uns über ihre Deutung; die Niederschrift des Textes endlich und die Anfertigung der Tafeln rührt von mir (Lupwie) her. I. Die Cuvier’schen Organe. Den Bau der CGuvier’schen Organe haben wir bei folgenden 11 Arten untersucht: 1) Holothuria poli Delle Chiaje, 2) H. forskalii Delle Chiaje (= ceatanensis Grube), 3) H. lamperti Ludw., 4) H. lagoena Haacke, 5) H. klunzingeri Lamp., 6) H. pervicax Sel., 7) H. marenzelleri Ludw.., 8) H. marmorata (Jäg.), 9) H. fusco-cinerea Jäg., 10) H. köllikeri Semp., 41) Mülleria mauritiana (Quoy & Gaim.). Die neun erstgenannten haben Cuvier'sche Organe von der gewöhnlichen, einfach blinddarmförmigen Gestalt; bei Holothuria köllikeri und Mülleria mauritiana dagegen be- sitzen die Organe die seltenere, verästelte Form. 1. Die blinddarmförmigen Cuvier’schen Organe. Bei allen untersuchten Arten konnten wir den von Semper ! geleug- netenAchsenkanalalseinen bald engen, bald weiten Hohlraum sicher erkennen. Es ist nicht nur, wie Hamann meinte, in den ausgestoßenen, sondern auch in den noch in normaler Lage befindlichen Schläuchen vorhanden, tritt also nicht erst in Folge einer mit dem Herausschleudern verbundenen inneren Zerreißung auf. In den ausgestoßenen und etwas ausgereckten Schläuchen ist allerdings sein Lumen sehr viel größer als früher, so lange der Schlauch noch in der Leibeshöhle lag, und desshalb auch leichter zu erkennen. Cu£tnor? machte unlängst die Bemerkung, dass der Achsenkanal bei der von ihm untersuchten Holothuria impatiens einen spiralgewundenen Verlauf hat. Wir können diese Beobachtung für die von uns untersuchten Arten nur bestätigen. Die Spiralwindung des Achsenkanals ist zwar nicht bei allen Arten und auch nicht bei jedem Kontraktions- oder Dehnungszustande der Schläuche mit gleicher Deut- lichkeit zu sehen, verläuft auch nicht immer mit mathematischer Ge- pauigkeit, ist aber dennoch überall vorhanden. An in toto aufgehellten, nicht ausgereckten Schläuchen der Holothuria lamperti sieht man die korkzieherartigen Windungen des Achsenkanals ganz vortrefflich. An Längsschnittserien durch etwas ausgereckte Schläuche der Holo- 1 Wo hier und in der Folge keine genauen Citate gegeben sind, mögen die- selben in meiner Holothurienbearbeitung in Broxw’s Klassen und Ordnungen nach- gesehen werden. Lupwie. ; 2 L. Cukxor, Etudes morphologiques sur les Echinodermes. Arch. de Biologie. Vol. XI. 4894. p. 369—374. ' Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 633 thuria klunzingeri (Fig. 14) überzeugt man sich mit Leichtigkeit, dass in das geräumige Lumen des Achsenkanals eine mächtig entwickelte Spiralfalte vorspringt, welche von der inneren Bindegewebsschicht des Schlauches gebildet wird und das eigentliche Lumen zu einem spiralen Verlaufe zwingt. Bei weiterer Ausreckung des Schlauches verstreicht die Spiralfalte immer mehr, so dass bei äußerster Dehnung des Schlau- ches der Achsenkanal schließlich ganz gerade verläuft. Das innere Epithel, welches die Wandung des Achsenkanals überkleidet, ließ bei allen untersuchten Arten, wenn auch nicht immer mit gleicher Deutlichkeit, die von Jourpan entdeckten, homogenen, rund- lich-polygonalen, meistens platten Epithelzellen in einschichtiger Lage- rung erkennen, welche nur bei stark kontrahirten Schläuchen den An- schein einer vielschichtigen Anordnung erweckt. Während Journan bei Holothuria impatiens in vielen Fällen einen Kern in diesen Zellen ver- misste, konnten wir einen solchen fast ausnahmslos wahrnehmen, so bei H. poli, forskalii, lagoena, klunzingeri, marenzelleri. Bei den drei zuletzt genannten Arten sind die Zellen des Innenepithels durchweg kleiner, fast nur halb so groß, als bei poli, forskalii und impatiens. Nach Jourpın kommen zwischen den eigentlichen Epithelzellen des Achsenkanals auch jene körnchenreichen Wanderzellen »Schleimzellen«) vor, welchen wir nachher in den Bindegewebsschichten der Schläuche begegnen werden. Nach unseren Beobachtungen können wir dem nicht ganz beistimmen. Wenn wir auch bei allen Arten jene körnchenreichen Wanderzellen dicht unter dem inneren Epithel (z. B. Fig.14) antrafen, so konnten wir uns doch in keinem Falle sicher überzeugen, dass sie zwischen die Epithelzellen eindringen und auf diese Weise frei an das Lumen des Achsenkanals angrenzen; sah es einmal oder das andere Mal so aus, so handelte es sich stets um Schläuche, welche entweder stark ausgereckt waren oder in denen das innere Epithel überhaupt schlecht erhalten war. Die innere Bindegewebsschicht ist stets an den kontrahir- ten Schläuchen viel dieker als an den ausgereckten. Über den Verlauf ihrer Fasern gehen die Angaben der früheren Beobachter aus einander; nach Semrer verlaufen sie in der Längsrichtung der Schläuche, nach GREEFF und Hamann umkreisen sie ringförmig den Achsenkanal, während JoURDAN ihnen einen wellenförmigen Verlauf zuschreibt und Gutxor von einer spiralförmigen Anordnung ihrer Fasern spricht. Man könnte zu- nächst denken, dass diesen verschiedenen Angaben Differenzen der untersuchten Arten zu Grunde liegen. Dem ist aber nicht so. Unter- sucht man. eine größere Anzahl von Arten, so stellt sich heraus, dass der Faserverlauf der inneren Bindegewebsschicht bei allen im Grunde 634 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, der gleiche ist. Die Angaben der früheren Forscher stehen nur schein- bar unter einander in Widerspruch. Je nach dem Grade der Dehnung oder Kontraktion der Schläuche erscheinen die Fasern als Längsfasern oder als quere Ringfasern oder wohl auch als radiäre Querfasern; bei kontrahirten oder mäßig ausgereckten Schläuchen ist ihr Verlauf gleich- zeitig ein wellen- und spiralförmiger. Wie man durch Kombination von Längs- und Querschnitten von kontrahirten Schläuchen erkennt, laufen die Fasern in spiralen Zügen um den Achsenkanal, biegen sich aber zu- gleich wellenförmig in die Spiralfalte, welche den Achsenkanal verengt. Je stärker die Kontraktion des Schlauches ist, um so mehr nähert sich der Faserverlauf theils einem cirkulären, theils einem radiären; je mehr aber der Schlauch ausgereckt wird, um so mehr verstreicht der wellig- spirale Faserverlauf zu einem dem Achsenkanal parallelen. Außer den nachher zu besprechenden großen Wanderzellen bemerkt man in dem Bindegewebe und zwar nicht nur in der inneren, sondern, wie vor- greifend bemerkt sein mag, auch in der äußeren Schicht zahlreiche den Fasern anliegende Bindegewebskörperchen, welche sich bei Holothuria lagoena und lamperti durch ihre verhältnismäßige Größe auszeichnen, meistens aber, z. B. bei klunzingeri (Fig. 15) nicht größer sind, als sie Jourpan bei Holothuria impatiens abgebildet hat. ‘Nach außen wird die innere Bindegewebsschicht durch die Mu s- kelschicht begrenzt. Dieselbe ist niemals eine vollständig geschlos- sene Lage, sondern stellt stets ein eng- oder weitmaschiges Gitterwerk dar, welches von Längs- und Ringfasern gebildet wird, von denen jene ausnahmslos nach außen von diesen gelagert sind. Da dieselbe Anord- nung der Muskulatur von den europäischen Arten auch schon durch JOURDAN, Hamann, H£ROUARD und Cu£nor beschrieben worden ist, so dür- fen wir darin wohl eine ganz allgemeine Einrichtung der Guvier'schen Organe erblicken. Die Ringfasern sind oft, so namentlich bei Holothuria klunzingeri und marmorata, viel feiner als die Längsfasern und schon desshalb weniger leicht zu sehen. Dazu kommt, dass sie in der Regel sich nicht zu Bündeln vereinigen, was die Längsfasern stets thun. Eine dicht geschlossene Lage, Faser an Faser, bilden die Ringfasern bei keiner der von uns untersuchten Arten, so dass wir Cu£nor beipflichten zu müssen glauben, wenn er das auch für Holothuria impatiens im Gegensatz zu Jourpan behauptet. Jourpan scheint das übrigens auch nicht in so strengem Sinne gemeint zu haben, sonst könnte er nicht zugleich von einer Gruppirung der Ringfasern zu Bündeln sprechen. Jedes Ring- faser-Bündel besteht nach ihm aus drei bis vier Fasern, während Cu£nxor nur je zwei Fasern sich zu einem Bündel zusammenlegen lässt. Obschon wir die Holothuria impatiens nicht selbst auf diesen Punkt untersucht Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 635 haben, so müssen wir doch auf Grund unserer Beobachtungen an zahl- reichen anderen Arten die Ansieht aussprechen, dass auch bei dieser Art die Ringfasern in der Regel durch gleiche Abstände (vgl. Fig. 1, 2, 6, 15) von einander getrennt sind und sich nur ausnahmsweise zu Bündeln zusammenlegen. Wie wir an Holothuria poli sehen, hängt es nur von dem Grade der Kontraktion der Schläuche ab, ob die Ringfasern sich vereinzelt oder in Bündeln von zwei bis vier Fasern dem Blicke,dar- bieten. Bei mäßig ausgereckten Schläuchen liegen die Ringfasern, wie das Hamann schon ganz zutreffend abgebildet hat, von der Fläche ge- sehen in annähernd gleichen Abständen von einander; bei kontrahirten Schläuchen aber verringern sich die Abstände und ein Theil der Fasern rückt etwas tiefer in das innere Bindegewebe als die übrigen; alsdann erhält man auf Flächenansichten bei gewisser Einstellung des Mikro- skops den Eindruck als seien die Fasern jetzt bündelweise gruppirt. Eben so verhält sich die Ringmuskulatur in den Schläuchen der Holo- thuria forskalii, bei welcher Hrrovard eine konstante Zusammenlagerung von je zwei Fasern behauptet. Derselbe Forscher hat an der genannten. Art zum ersten Male darauf hingewiesen, dass die Ringfasern eigentlich keinen genau kreisförmigen Verlauf haben, wie Jourpan für Holothuria impatiens behauptete, sondern eine Spirale um den Schlauch beschrei- ben. Dass dem auch bei anderen Arten so ist, davon konnten wir uns am besten an der Spitze eines in toto aufgehellten Schlauches von Ho- lothuria poli überzeugen. — Die Längsmuskelfasern sind, wie ge- sagt, in allen Fällen zu Bündeln vereinigt, welche durch Abstände ge- trennt werden, die je nach der Art und je nach dem Kontraktionszustande des Schlauches verschieden sind. Bei Holothuria impatiens giebt Cu£xor die Zahl der je ein Btindel bildenden Fasern auf 8—45 an. Wir fan- den bei den von uns untersuchten Arten meistens eine geringere Zahl von Fasern in jedem Längsmuskelbündel; so zählten wir bei H. lam- perti deren zwei bis vier, bei poli meistens drei bis vier, manchmal aber auch mehr bis zu sieben, bei klunzingeri und pervicax eben so viele, bei lagoena drei bis fünf, bei fusco-cinerea (Fig. 6) vier bis sechs, bei forskalii sieben bis acht, bei marmorata durchschnittlich acht, bei ma- renzelleri fünf bis zehn. Die Bündel der Längsmuskelfasern zeigen bei allen Arten darin Übereinstimmung, dass sie an den zusammengezoge- nen Schläuchen in deutlichen Lücken des Bindegewebes liegen, welche sich an unseren Präparaten besonders bei Holothuria marmorata (Fig. 7) scharf abgrenzen. Durch die Maschen des Muskelnetzes hindurch setzt sich die innere Bindegewebsschicht unmittelbar fort in das äußere, der Muskulatur aufgelagerte Bindegewebe. Diese äußere Bindegewebsschicht 636 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, ist, wie das von den europäischen Arten bereits bekannt ist, stets er- heblich dünner als die innere Bindegewebsschicht. An kontrahirten Schläuchen von Holothuria poli misst sie etwa 1/, der Dieke der inneren Schicht. Bei H. klunzingeri, pervicax und fusco-einerea (Fig. 2) ist sie in ähnlicher Weise kräftig entwickelt, während sie in anderen Fällen, z.B. bei H. marmorata (Fig. 7), sehr schwach! ausgebildet oder, wie z.B. bei H. lamperti und lagoena, kaum zu unterscheiden ist. Dass die Fasern des äußeren Bindegewebes aus dem inneren Bindegewebe her- kommen, indem sie bündelweise durch die Fenster des Muskelegitters hindurchtreten, sahen wir besonders deutlich an Querschnitten bei H. klunzingeri. In ihrer Richtung verlaufen sie vorzugsweise radiär zur Längsachse des ganzen Schlauches und treten in Form einzelner Fasern oder feiner Faserbüschel in die Falten des Drüsenepithels ein, von denen nachher die Rede sein wird (Fig. 2, 14, 45). Zwischen den Fasern findet man ganz dieselben Bindegewebskörperchen (Fig. 15) und Wanderzellen, wie im inneren Bindegewebe. Irgend eine histologische Differenz zwischen dem äußeren und inneren Bindegewebe ist über- haupt nicht vorhanden. Auf die Wanderzellen des Bindegewebes einzugehen, haben wir bis hierhin verschoben, da sie sowohl in der inneren wie in der äußeren Schicht vorkommen. Bald sind sie in jener, bald in dieser häufiger; jenes ist z. B. der Fall bei H. poli, forskalii, klunzingeri und marmorata, dieses bei H. pervicax und fusco-einerea (Fig. 2). In allen Fällen aber wiederholt sich die Erscheinung, dass die Wanderzellen sich mit Vorliebe dicht unter das innere Epithel des Schlauches (Fig. 1%) lagern, was wohl weniger auf physiologische Beziehungen der Wanderzellen zu den Epithelzellen deutet als es eine ausreichende Erklärung darin findet, dass bei kontrahirten Schläuchen die unmittel- bare Nachbarschaft des Innenepithels einem geringeren Drucke unter- liegt als das Innere der Bindegewebsschichten. Eine besondere An- ordnung zeigen die Wanderzellen in den Schläuchen der Holothuria mar- morata. An kontrahirten Schläuchen dieser Art kann man an der mächtig entwickelten inneren Bindegewebsschicht eine äußere und eine innere Zone unterscheiden; die innere Zone ist dicker als die äußere und be- 1 Zur Berichtigung der in Brons, Klassen und Ordnungen der Echinodermen, p- 179, von mir wiederholten Angaben Seuper’s sei bemerkt, dass die äußere Schicht des Bindegewebes, welche Semper in den Schläuchen der H. marmorata unterscheidet, nicht mit der eigentlichen äußeren, d. h. nach außen von der Muskulatur gelegenen Bindegewebsschicht identisch ist, sondern eine besondere Zone des inneren Bindegewebes darstellt. Lunpwiıc. Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 637 steht fast nur aus feinen Bindegewebsfasern; in der äußeren Zone! aber erscheinen die Fasern etwas gröber und weichen so aus einander, dass große, rundliche, scharf umgrenzte Lücken zwischen ihnen auftreten, welche in annähernd gleichen Abständen eine ziemlich regelmäßige, einschichtige Lage nach innen von der Muskelschicht bilden. Auf dem Querschnitte durch einen Schlauch erblickt man in Folge dessen in der äußeren Zone des inneren Bindegewebes einen von jenen Lücken ge- bildeten, hellen Kranz. Zwischen zwei benachbarten Lücken (Fig. 7) durchkreuzen sich die Faserbündel des Bindegewebes. Die Lücken selbst aber umschließen große Wanderzellen, welche schon Semper von dieser Art beschrieben hat. Er bezeichnet sie als große Schleimblasen, deren jede aus einer sehr feinen Membran bestehe, welche eine große Menge kleinerer, wasserheller Tochterzellen in sich einschließe. Nach unseren Beobachtungen müssen wir die »sehr feine Membran«, von der Semper hier spricht, für die Grenzlinie der großen Bindegewebslücken halten. Die darin gelegenen Wanderzellen erscheinen an unseren Präparaten als vielkernige, fein granulirte Zellen, an denen wir eine etwa der Zahl der Kerne entsprechende Zusammensetzung aus kleineren Zellen (die dann den Semper’schen Tochterzellen entsprechen würden) nicht zu unterscheiden vermögen. Wohl aber sehen wir eine solche Zusammensetzung mitunter an den ähnlichen großen vielkernigen Wanderzellen, welche bei Holothuria fusco-cinerea in großen Lücken der äußeren Bindegewebsschicht vorkommen (Fig. 2). Derartige Wanderzellen wären demnach als Zellenaggregate aufzufassen, in welchen die Zellgrenzen bald erhalten bleiben, bald aber auch ganz verschwinden. Man wird dann auch bei anderen Arten z. B. bei Holo- thuria pervicax, bei denen sehr große, bis 50 u messende, vielkernige Wanderzellen im Bindegewebe der Cuvier’schen Organe liegen, be- rechtigt sein sie als Zellenaggregate anzusehen. Bei manchen Arten aber findet eine Verschmelzung der Wanderzellen in der Regel nicht Statt, so dass sie fast ausnahmslos als einkernige Gebilde erscheinen, so bei Holothuria poli und klunzingeri. Auch das Plasma dieser Wander- zellen verhält sich bei den einzelnen Arten nicht gleich. Während es bei poli grobkörnig, wie aus kugeligen Bläschen zusammengesetzt er- scheint, lässt es bei marmorata, fusco-cinerea und pervicax nur eine feine Granulirung erkennen, deren Granula sich nicht selten zu einem ganz zarten Netzwerk anordnen und verbinden. Kalkkörper schienen in den Guymr’schen Organen des einfach blinddarmförmigen Typus, von denen ja an dieser Stelle allein die Rede ! Diese äußere Zone ist es, welche ich früher (s. die vorige Anmerkung) nach SEMPERS Schilderung irrthümlich für die äußere Bindegewebsschicht hielt. Lupwıs. 638 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, ist, nach unseren bisherigen Kenntnissen nur bei Mülleria maculata (Br.) in der inneren Bindegewebsschicht (nach Semper) vorzukommen. Wir sehen aber, dass auch in dem freien Ende von in toto aufgehellten Schläuchen der Holothuria lamperti einzelne Kalkkörper in der inneren Bindegewebsschicht liegen, welche seltener die Form eines Gitter- plättehens, häufig die Gestalt eines geraden oder schwach gebogenen, mit einigen Spitzchen besetzten Stabes haben. Das Drüsenepithel bereitet unter allen Bestandtheilen der Cuvızr’schen Organe der Untersuchung die größten Schwierigkeiten. Wir untersuchten dasselbe zunächst an den europäischen Arten Holo- thuria poli und forskalii und richteten dabei unser Augenmerk in erster Linie auf die Frage, ob es in Wirklichkeit, wie SEMPER, JOURDAN und Hamann behaupten, aus zwei wesentlich verschiedenen Schichten, dem eigentlichen Drüsenepithel und einem dieses bedeckenden Cölomepithel zusammengesetzt ist. Journdan beschreibt die Elemente des Cölom- epithels, ohne die von SEmPER angegebene Wimperung desselben zu be- stätigen, als abgeplattete, hyaline Zellen, deren Grenzen verschmolzen und deren Kerne schwer wahrzunehmen seien; auch seien diese Zellen in engster Verbindung, ja in Verschmelzung mit den darunter gelegenen eigentlichen Drüsenzellen. Auch wir konnten die helle, schleimige, kernhaltige Schicht, welche Jourpın und Hamann als Cölomepithel deuten, wahrnehmen, finden sie aber nach außen sehr unregelmäßig begrenzt und vermissen sie bald hier bald dort vollständig. Von der Fläche betrachtet erscheint die Schicht fein punktirt und lässt auch auf Schnitten oft durch ihre ganze Dicke eine feinkörnige Beschaffen- heit erkennen. Zellgrenzen vermochten wir nirgends in ihr mit Sicher- heit wahrzunehmen, eben so ist nirgends irgend eine Grenzlinie zwischen ihr und der darunter befindlichen Lage zu bemerken. Wir halten desshalb das angebliche CGölomepithel nicht für eine besondere Zellenlage, sondern für einen Theil der unter ihr befindlichen Drüsen- zellenschicht, gebildet aus Resten des ursprünglichen Epithelüberzuges der Cuvıer’schen Schläuche, welche für die Lieferung der Klebsubstanz nicht verbraucht worden sind. Indem wir die Existenz eines Cölom- epithels in dem von Jourpan und Hamann behaupteten Sinne zunächst für Holothuria poli und forskalii in Abrede stellen, befinden wir uns in Übereinstimmung mit den vor Kurzem veröffentlichten Beobachtungen von Cu£nxor !, welcher sich bei Holothuria impatiens vergeblich von dem Vorhandensein eines derartigen Epithels zu überzeugen versuchte. Cu£nor fasst alle Kerne, welche in der fraglichen Schicht vorkommen, 1 1. c.p. 370, 374. Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 639 als Kerne von Zellen der Leibeshöhlenflüssigkeit auf, welche sich an die äußere Oberfläche der Schläuche angesetzt haben, und wir müssen zugeben, dass, wenn auch nicht alle, so doch ein Theil der von uns gesehenen Kerne eine solche Auslegung gestattet. Auch bei den untersuchten außereuropäischen Arten gelangten wir zu dem gleichen Ergebnis. Bei Holothuria lamperti, pervicax und klunzingeri fehlt jede Spur des angeblichen Gölomepithels. Bei Holo- thuria lagoena finden sich hier und da einige Kerne, welche dem eigent- liehen Drüsenepithel außen anliegen und anscheinend aus demselben herrühren. Bei H. fusco-cinerea liegen die Verhältnisse ähnlich wie bei den europäischen Arten; an den kontrahirten Schläuchen (Fig. 2) treten die Kerne des angeblichen Gölomepithels besonders häufig und deutlich in den tiefen Thälern der Oberflächenfaltung auf; durch ihre ungleiche Größe machen sie manchmal den Eindruck, als wären sie Sekretkugeln oder doch mit solchen untermischt; mitunter sieht man auch um den einen oder anderen der in den tiefen Thälern befind- lichen Kerne einen deutlich abgegrenzten Zellleib, der uns anzudeuten scheint, dass es sich in diesem besonderen Falle um amöboide Inhalts- zellen der Leibeshöhlenflüssigkeit handelt, welche in die Thäler hinein- gerathen sind. Am auffallendsten war uns das Bild, welches die Außenzone des Drüsenepithels bei H. marmorata darbietet. Von dem Wimperepithel, welches Semper bei dieser Art als äußeren Überzug der Schläuche angiebt, ist an unserem vortrefflich konservirten Material gar nichts zu sehen. Dafür aber liegt nach außen von dem eigentlichen Drüsenepithel eine ziemlich dicke Schicht, die aus einer feinkörnigen Sekretmasse besteht, in welche große Vacuolen eingelagert sind (Fig. 7). Das eigentliche Drüsenepithel wurde von Jourpvan, dem sich H£- ROUARD und Cu£xor anschlossen, als eine Lage platter, großer, unregel- mäßig quadratischer bis rechteckiger Zellen beschrieben, welche sich an den kontrahirten Schläuchen in der Weise in quere Falten legt, dass jede Falte einer Querreihe von Zellen entspricht, die sich so ge- bogen haben, dass ihr Umbiegungsrand den Grund der Falte bildet; die beiden Wände einer jeden Falte bestehen also aus einer Reihe von Zellhälften; die Höhe der Falte stimmt überein mit dem halben Längs- durchmesser der ausgebreiteten Zelle; der Kern der Zelle liegt in ihrer Mitte und kommt dadurch bei der rinnenförmigen Zusammenbiegung der Zellen (»cellules en gouttiere« Jourpan) auf den Grund der Falte zu liegen, während auf den Außenkanten der Faltenwände die Zellen zweier benachbarten Falten zusammenstoßen. Wir können dieser Auf- fassung nur zum Theil beistimmen, nämlich in so fern als in Wirklich- keit die von Grerrr als Blinddärmchen, von Hamann als schlauchförmige 640 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, Drüsenzellen beschriebenen Bildungen durch Faltenbildungen eines platten Drüsenepithels zu Stande kommen. Von schlauchförmigen Drüsenzellen im Sinne Hımann’s kann ganz sicher nicht die Rede sein, denn dem widerspricht schon die feine zuerst von Jourpan bemerkte Grenzlinie, welche man auch bei stärkster Kontraktion der Guvier’schen Organe durch die Längsmitte einer jeden »schlauchförmigen Drüsen- zelle« ziehen sieht. Am bestimmtesten aber wird die Hımann’sche Auffassung durch die Beobachtung halb und ganz ausgereckter CuviEr- scher Organe widerlegt, an denen man die mit der stärkeren Streckung des Organs immer größer werdende Verstreichung der Falten mit aller Deutlichkeit feststellen kann. Wir beziehen uns auch hier zu- nächst nur auf die beiden von uns untersuchten europäischen Arten H. poli und forskalii und wollen erst nachher auf die Verhältnisse der anderen Arten eingehen. An Stellen, wie an der in Fig. I von H. fors- kalii abgebildeten (bei H. poli liegen die Dinge ganz eben so), Kann, bei gleichzeitiger Untersuchung von Querschnittserien, gar kein Zweifel daran sein, dass es sich um eine quere Faltenbildung handelt. Die Abbildung zeigt zugleich, dass die kleinen Einfaltungen des Drüsen- epithels sich an der Oberfläche gröberer Querfalten der äußeren Binde- gewebsschicht anordnen, welche das quergerippte Aussehen der kon- trahirten Cuvier’schen Organe bedingen. Das äußere Bindegewebe dringt ferner zwischen die kleinen Einfaltungen des Drüsenepithels ein und bildet so deren Stütze. Man kann demnach zweierlei Quer- falten des Drüsenepithels und eben so zweierlei Querleisten des äußeren Bindegewebes unterscheiden: 1) feinere, primäre und 2) grö- bere, sekundäre. Bei Streckung des Organs verschwinden zuerst die sekundären, dann erst die primären Falten und Leisten. Bei näherer Betrachtung der primären Falten ergiebt sich sofort, dass dieselben eine sehr ungleiche Tiefe haben, was nicht der Fall sein dürfte, wenn die oben erläuterte Ansicht richtig wäre, welche sich Jourpan von der Beziehung der einzelnen Zellen des Drüsenepithels zu der Faltenbildung zurecht gelegt hat. Ferner können wir uns nicht überzeugen, dass die Kerne des Drüsenepithels immer auf dem Grunde der Falten liegen, wie Jourvan will; wir sehen vielmehr diese Kerne bald in der Tiefe, bald aber auch in der halben Höhe oder noch höher in den Falten- wänden liegen. Wir glauben daraus und aus der so beträchtlich schwankenden Tiefe der Falten schließen zu dürfen, dass nicht jede Falte nur einer einzigen in ihrer Mitte quer eingeknickten Zellenreihe entspricht, sondern dass die Faltenbildung ohne jede konstante Be- ziehung zu der Anordnung und Größe der Zellen des Drüsenepithels erfolgt. Leider können wir diese Ansicht nur erschließen, da es uns Beiträge zur Anatoınie der Holothurien. 641 an unserem Material in keinem Falle gelingen wollte, deutliche Zell- grenzen in dem Drüsenepithel wahrzunehmen, was uns um so mehr auffiel, als HtrouArn solche Grenzen mit aller Schärfe zeichnet!. Hier bleibt also für spätere Untersuchungen noch Einiges aufzuklären, wenn wir auch nicht zweifeln, dass die schließliche Entscheidung unsere vorhin begründete Ansicht bestätigen wird. Was den feineren Bau der Zellen des Drüsenepithels anbelangt, so hat Jourpan für H. impa- tiens angegeben, dass dieselben zahlreiche, feine Körnchen einschließen, welche sich zu polygonal umgrenzten Gruppen anordnen. Die Körn- chen sind auch bei H. poli und forskalii leicht zu sehen und zeichnen sich, wie Cu£xor richtig bemerkt, durch ihre leichte Färbbarkeit durch Karmin aus; wir können aber eine Gruppirung derselben in polygonale Felder nicht erkennen, sondern sehen sie ganz gleichmäßig vertheilt. Sie sind offenbar Tröpfchen des klebrigen Sekretes, welches in den Zellen des Epithels gebildet wird und die Klebrigkeit der ausge- stoßenen Organe verursacht; wir wollen sie desshalb als Klebtröpf- chen bezeichnen. Um aber noch einmal auf die Falten des Epithels zurückzukommen, und zugleich zu den Verhältnissen der von uns untersuchten außer- europäischen Arten überzuleiten, sei bemerkt, dass bei H. poli und forskalii eben so wie bei impatiens die Falten ausnahmslos quer zur Längsachse des Guvızr’schen Organs verlaufen. In diesem Punkte stimmt H. marmorata (Fig. 7, 10) mit den europäischen Arten überein. Im Einzelnen freilich weicht sie erheblich ab. Untersucht man Längs- schnitte (Fig. 10), so sieht man sofort, dass hier keine sekundären, sondern nur primäre Einfaltungen des Drüsenepithels vorliegen, dass ferner die Falten so dicht an einander liegen, dass sie nur noch durch eine ganz feine Lamelle des Bindegewebes von einander geschieden werden, und dass endlich die Falten parallel mit einander gerichtet und fast genau von gleicher Tiefe sind. In jeder Falte erblickt man bald in der Tiefe, bald weiter nach außen einzelne Kerne des Drüsen- epithels. Manchmal bemerkt man in einer Falte statt eines Kernes deren zwei, was uns als ein weiterer Beweis erscheint, dass auch hier die von JournDan angenommene Regel, nach welcher jeder Falte eine einzige Querreihe von Zellen entsprechen müsste, nicht zutrifft. In jeder Falte bemerkt man endlich zwei ziemlich regelmäßige Reihen 1 HEROUARD beschreibt diese Grenzlinien bei H, forskalii in seinem Text als die Umrisse der Jourpan’schen cellules en gouttiere; in seiner Figurenerklärung aber nennt er sie »Epithelium peritoneal«, so dass man nicht weiß, ob die von ihm gezeichneten Linien wirklich in dem eigentlichen Drüsenepithel oder in dem von JOURDAN und Hamann nach außen davon angenommenen Epithel liegen. 642 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, von Vacuolen, von denen die eine der einen, die andere der anderen Wand der Falte anzugehören scheint. Dass dem wirklich so ist, geht aus Flächenschnitten (Fig. 8, 9) hervor; hat ein solcher Schnitt die tiefere Zone der Falten getroffen (Fig. 9), so stoßen die beiden Reihen der Vacuo- len überall an einander; liegt aber der Schnitt in der äußeren Zone der Falten (Fig. 8), so sieht man an einzelnen Stellen die Falte sich öffnen, wobei die beiden Vacuolenreihen aus einander weichen. Der Inhalt der Vacuolen ist weder stark lichtbrechend, noch färbt er sich mit Karminlösungen intensiv, unterscheidet sich also in dieser Hinsicht von den Klebtröpfehen der vorhin besprochenen Arten; dennoch wird man annehmen müssen, dass der Inhalt der Vacuolen die eigentliche Klebsubstanz darstellt. Untersucht man endlich auch Querschnitte (Fig. 7) durch die kontrahirten Guvırr’schen Organe der H. marmorata, so sieht man an Stellen, wo der Querschnitt genau der Länge einer Querfalte folgt, von den Falten selbst natürlich nur die innere Grenze; im Übrigen erscheint dann die ganze Schicht des Drüsenepithels als eine fein vacuolisirte Substanz, in welche in verschiedener Entfernung von der inneren Grenzlinie Kerne eingelagert sind; am Außenrande geht das Drüsenepithel ganz allmählich ohne scharfe Grenze in die schon weiter oben beschriebene Sekretlage über. Zellgrenzen konnten wir weder an den Quer- und Längsschnitten, noch auch an den Flächen- schnitten in der Drüsenschicht wahrnehmen. Von besonderem Inter- esse aber erscheint die Beziehung, in welcher bei H. marmorata die Falten der Drüsenschicht zu den Ringmuskelfasern stehen. An Längs- schnitten (Fig. 10) lässt sich mit aller Bestimmtheit feststellen, dass die Zahl der Falten übereinstimmt mit der Zahl der Ringmuskelfasern, und dass die einzelne Ringmuskelfaser genau unter dem Grunde (d. h. dem inneren Umschlagsrande) einer Falte liegt. Wir treffen demnach hier eine ähnliche Beziehung der Ringmuskulatur zu der Faltenbildung, wie sie H£rouarn bei H. forskalii erwähnt. Bei dieser Art entspricht, wie er angiebt, die Zahl der nach ihm aus je zwei Fasern (s. oben) be- stehenden Ringmuskeln der Zahl der Querreihen der »cellules en gouttiere«, d. h. unserer Querfalten. Während wir aber bei H. mar- morata sehen, dass die Muskelfasern genau unter den inneren Umbie- gungsrändern der Falten liegen, behauptet H£rovarp bei H. poli, dass sie sich unter dem äußeren Umbiegungsrande der Falten (d. h. der Grenze zwischen zwei Querreihen der Jourpan’schen cellules en gout- tiere) befinden. | Bei H. lagoena stimmt die Faltenbildung des Drüsenepithels im Ganzen mit den bisher betrachteten Fällen überein. An stark kontra- hirten Schläuchen liegen die Querfalten fast so dicht wie bei marmorata, Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 643 sind aber bedeutend kürzer als bei dieser Art; an etwas ausgereckten Schläuchen aber sehen wir sie weiter aus einander gerückt und dem entsprechend weniger tief. Kerne liegen bald in der Tiefe der Falten, ‚bald aber auch weiter nach außen oder in dem äußeren Umschlage der Falten. Zu der queren Faltenbildung kommt aber bei H. lagoena auch noch eine Bildung von schwachen Längsfalten, welche bei H. pervicax, lamperti und fusco-cinerea zu stärkerer Entwicklung gelangen. Bei H. fusco-cinerea bekommt die ganze Oberfläche des Guvier- schen Organs durch die Ausbildung von Quer- und Längsfalten ein gefeldertes Aussehen (Fig. 5, 4), welches sich auf Flächenansichten des ganzen Schlauches, sowie auf Flächenschnitten deutlich dem Blicke dar- bietet. Mit Zuhilfenahme von Längs- und Querschnitten (Fig. 2, 3) erkennt man, dass die Längsfalten etwas weniger tief in das darunter liegende äußere Bindegewebe eindringen als die Querfalten. In der Tiefe der Falten liegen die beiden Wände einer jeden Falte in den Längsfalten eben so dieht an einander wie in den Querfalten; nach außen aber rücken die Faltenwände in den Längsfalten weiter aus einander als in den Querfalten. In jeder Faltenwand bemerkt man eine ziemlich regel- mäßige, einfache Schicht von kleinen, kugeligen, sich lebhaft färbenden Klebtröpfchen, welche sich nicht in polygonalen Gruppen anordnen, sondern ganz gleichmäßig vertheilt sind. Zwischen den Klebtröpfchen liegen bald in der Tiefe der Falten, bald weiter nach außen einzelne Kerne, um welche sich mitunter ein enger, heller Hof abgrenzt (Fig. 3); dieselben Kerne trifft man (Fig. 3) auch außen auf den nicht eingefalte- ten Stellen des Drüsenepithels, woselbst sie an die Bilder erinnern, welche Jourpan und Hamanx von dem von ihnen angenommenen, äuße- ren Epithel geben. Zeligrenzen konnten wir in dem Drüsenepithel nirgends erblicken. Die eben erwähnten Kerne sind aber so zahlreich, dass man trotz des Mangels deutlicher Zellgrenzen für sicher annehmen kann, dass die Zellen viel kleiner sind, als sie sein müssten, wenn man die Jourpın’sche Vorstellung von den großen Rinnenzellen (cellules en gouttiöre) auf die Cuyırr’schen Organe der H. fusco-cinerea übertragen wollte. Längsschnitte (Fig. 2) lehren ferner, dass das Drüsenepithel _ außer den beschriebenen Quer- und Längsfalten auch noch gröbere sekundäre Querfalten bildet, ähnlich wie bei H. poli und forskalii; die ‚sekundären Querfalten sind aber hier viel breiter und machen auch die quere Runzelung, welche man an der Oberfläche der kontrahirten Schläuche bemerkt, zu einer recht auffälligen und deutlichen. Die Kerne, von welchen vorhin bemerkt wurde, dass sie auch außen auf den nicht in die primären Falten eingetretenen Partien des Drüsenepithels zu sehen sind, findet man besonders zahlreich in den Tbälern der sekun- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LIV. Ba. 42 644 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, E. dären Falten (Fig. 2), was vermuthlich dadurch bedingt ist, dass sie hier in geschützter Lage einer Abscheuerung weniger ausgesetzt sind, als auf den freiliegenden Strecken der Schlauchoberfläche. An den Längsschnitten kann man auch deutlich sehen, dass die primären Quer- falten noch weiter von einander abstehen, als bei poli und forskalii. In die Bindegewebs-Querleisten, welche die Querfalten des Epithels tren- nen, dringen feinste Bündel von Bindegewebsfasern ein, welche von den größeren Faserbündeln der äußeren Bindegewebsschicht abzweigen (Fig. 2). Die Dicke dieser Querleisten des Bindegewebes ist etwas be- trächtlicher, als der Abstand zweier benachbarter Ringmuskelfasern; zählt man aber die Zahl der Querleisten, welche zu einem sekundären Querwulste gehören, so ergiebt sich, dass sie eben so groß ist, wie die Zahl der auf’ denselben Bezirk entfallenden Ringmuskelfasern. Daraus folgt, dass auch bei dieser Art jeder primären Querfalte eine Ringmuskelfaser entspricht. Weiterhin lässt sich an Quer- und Flächen- schnitten feststellen, dass die Längsfalten in gleichem Abstande von einander stehen, wie die Bündel der Längsmuskelfasern und dabei so geordnet sind, dass gerade unter dem Grunde einer jeden Längsfalte ein Längsbündel der Muskulatur seinen Weg nimmt. Es korrespondiren also die Felder, welche durch die primäre Quer- und Längsfaltung des Drüsenepithels entstehen, mit den queren, rechteckigen Maschen des Muskelnetzes. Da durch dieselben Maschen die Faserbündel des Binde- gewebes hindurchtreten, welche sich bis dieht unter das Drüsenepithel verfolgen lassen, so wird man zu der Ansicht gedrängt, dass in der An- ordnung der Muskulatur und des Bindegewebes die ausreichenden Mo- mente gegeben sind um die Form der Faltenbildung des Drüsenepithels an den kontrahirten Schläuchen mechanisch zu erklären. Die Felder der äußeren Oberfläche der kontrahirten Schläuche sind eigentlich nur die Kantenansichten kleiner Läppchen, die breiter als lang sind, von je zwei Querrinnen undzweiLängsrinnen begrenzt werden und im Inneren von so viel Bindegewebe gestützt werden als aus dem inneren Binde- gewebe durch je eine Masche des Muskelnetzes hindurchtritt. H. pervicax stimmt in Anordnung und Bau ihres Drüsenepithels wie überhaupt im ganzen Aufbau ihrer Guvirr’schen Organe vollständig überein mit H. fusco-einerea. Bei H. lamperti gleichen die Verhältnisse des Drüsenepithels eben- falls denen von fusco-cinerea, doch fehlen die sekundären Querfalten, wofür die primären Querfalten viel dichter gedrängt stehen. Die pri- mären Längsfalten sind eben so tief wie die Querfalten. Die Lagebe- ziehung der Quer- und Längsfalten zu den Ring- und Längsmuskelfasern ist dieselbe wie bei H. fusco-einerea. Im Drüsenepithel sieht man auch Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 645 hier deutliche Kerne, welche bald tief, bald hoch in den Falten liegen; auf Querschnitten findet man sie so vertheilt, dass ungefähr auf jedes Läppchen des Drüsenepithels ein bis zwei Kerne kommen. Statt der Klebtröpfehen der H. fusco-cinerea sieht man nur feinste Körnchen, die in den Knotenpunkten eines feinen Netzwerkes liegen, welches die Substanz des Drüsenepithels durchzieht. Zellgrenzen sind auch hier nicht zu erkennen. Ganz anders aber verhält sich das Drüsenepithel bei H. klunzingeri (Fig. 14, 45). Hier sieht man an der äußeren Oberfläche der kontrahir- ten Schläuche weder Quer- noch Längsleisten; die Oberfläche ist eben so wie an den halb oder ganz ausgereckten Schläuchen vollständig glatt. Macht man aber Schnitte durch die Schläuche, so zeigt sich, dass auch hier das Drüsenepithel sich in das darunter gelegene Bindegewebe ein- senkt, aber nicht in Form von Falten, sondern in Gestalt solider Wucherungen. Das äußere Bindegewebe entsendet kräftige Züge, die zwischen die Wucherungen des Drüsenepithels eindringen und sich, bis nahe zur äußeren Oberfläche des Drüsenepithels vordringend, baum- förmig in immer feiner werdende Bindegewebsstränge auflösen. Fig. 14 giebt bei schwacher Vergrößerung eine Vorstellung davon, wie sich auf dem Längsschnitte die Verästelungen des äußeren Bindegewebes und die nach innen drängenden Wucherungen des Drüsenepithels zu ein- ander verhalten. Ganz ähnliche Bilder bekommt man auf den Quer- schnitten, wie Fig. 15 bei stärkerer Vergrößerung zeigt. Die Wuche- rungen des Drüsenepithels füllen in Form von größeren und kleineren Lappen alle Zwischenräume zwischen den verästelten Bindegewebs- strängen aus. In der Tiefe besteht die dicke Masse des Drüsenepithels aus kleinen, sich lebhafter färbenden Kügelchen, zwischen denen sich eine feinkörnige, hellere Substanz befindet; ferner bemerkt man in der tieferen Zone bald hier bald dort, ohne besondere Regelmäßigkeit der Lagerung, größere Kugeln, welche die Karminfärbung noch intensiver angenommen haben als die kleinen Kügelchen. Ob diese größeren, anscheinend ganz homogenen Kugeln etwa aus der Verschmelzung einiger kleinen Kügelchen entstanden sind, vermögen wir einstweilen nicht zu entscheiden. Die kleinen Kügelchen selbst halten wir für die eigentlichen Klebtröpfehen, und zwar desshalb, weil sie sich in der äußeren Zone des Drüsenepithels immer dichter zusammendrängen, so dass die feinkörnige Zwischensubstanz fast ganz verschwindet. Durch den größeren Reichthum an Klebtröpfehen färbt sich überhaupt die ganze äußere Zone des Drüsenepithels viel lebhafter, als die innere; beide Zonen gehen aber ganz allmählich in einander über. Irgend etwas was sich im Sinne von Jourpan und Hamann als eine das ganze Drüsen- 12* 645 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, epithel überkleidende, äußere Epithellage deuten ließe, ist hier nicht vorhanden. Zellgrenzen können wir aber auch in diesem Falle weder in der äußeren noch in der inneren Zone des Drüsenepithels bemerken. Möglicherweise sind die größeren, vorhin als Verschmelzungen von Kleb- tröpfehen gedeuteten Kugeln die Kerne der in die Bildung des klebri- gen Sekretes aufgegangenen Drüsenzellen. Indessen sehen wir auch hier und da noch andere größere Kugeln in der tieferen Zone des Drüsenepithels liegen, welche deutlich umgrenzt sind und im Inneren einen kleineren, kernartigen, kugeligen Körper einschließen; vielleicht haben wir in ihnen Drüsenzellen vor uns, welche noch nicht in die Bildung des Sekretes aufgegangen sind. Überblicken wir schließlich Alles, was wir über die drüsige Schicht der Guvıer’schen Organe bei den verschiedenen Arten wahrnehmen konnten, so kommen wir zu der Auffassung, dass es sich hier in allen Fällen um eine epitheliale Schicht handelt, welche sich genetisch aus einem die Guvier'schen Organe ursprünglich überkleidenden Cölom- epithel abieitet. Dieses Cölomepithel hat durch Produktion einer kleb- rigen Substanz eine drüsige Beschaffenheit angenommen und hat sich an den kontrahirten, nicht ausgestoßenen Schläuchen unter Einwirkung der Muskulatur entweder in Querfalten (H. poli, forskalii, marmorata) oder in Quer- und Längsfalten (H. lagoena, fusco-cinerea, pervicax, lamperti) gelegt oder hat gelappte, solide Wucherungen (H. klunzingeri) in das äußere Bindegewebe getrieben. Bei der Bildung der Klebsub- stanz gehen die Zellen des Epithels nach und nach zu Grunde, ihre Grenzen schwinden, ihr Plasma bildet, so weit es nicht zur Lieferung von Klebsubstanz Verwendung gefunden hat, nur noch ein Bindemittel für die Klebtröpfchen; die Kerne der Zellen bleiben aber erhalten und finden sich bald zwischen den Klebtröpfchen, bald auch werden sie zum Theil an die Oberfläche der Klebschicht gedrängt und bilden hier in Gemeinschaft mit Resten des Plasmas eine unregelmäbßige Schicht, welche irrthümlich als ein besonderes äußeres Epithel aufgefasst werden konnte. Die Verbindung der Guyıer’schen Organe mit dem Stamme der Kiemenbäume haben wir namentlich an H. poli, marmorata und fusco-einerea untersucht. In allen Fällen konnten wir, eben so wie neuerdings Cutsor an H. impatiens, uns an Schnittserien überzeugen, dass der Achsenkanal der Schläuche in offener Verbindung mit dem Innenraum des Kiemenstammes steht. Auch bemerkt man bei der Innenansicht der Wandung des Kiemenstammes kleine, von Musku- latur (H£rouarv’s Schließmuskel) umzogene Löcher, welche die Mün- dungen der Cuvizr’schen Schläuche darstellen und in der von H£rovarn Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 647 geschilderten Weise Athemwasser aus dem Kiemenstamm in die Achsen- kanäle übertreten lassen. Über die Insertionsstelle der Schläuche drückt sich Cu£xor in so fern nicht ganz korrekt aus, als er die Schläuche an der Wand der Kloake ansitzen lässt, während sie in Wirklichkeit dem Kiemenstamme anhängen. Den verschmälerten Stiel der einzelnen Schläuche, der sich dadurch von dem Schlauche selbst unterscheidet, dass seine Oberfläche von einem einfachen Cölomepithel statt desDrüsen- epithels überzogen ist, nennt Gutxor das Basalbläschen (»v6sicule basi- lairec) und ist der Meinung, dass dieses Bläschen bei dem Ausstoßen der Schläuche quer durchreiße, damit durch die so entstandene Wunde der Schlauch nach außen getrieben werde. Diese Vorstellung, die, neben- bei gesagt, auf keiner unmittelbaren Beobachtung beruht, ist aber schon von SEMPER als unrichtig zurückgewiesen worden und lässt sich nament- lich nicht mit der Thatsache vereinbaren, dass auch die ausgestoßenen Schläuche noch vom Kiemenstamm aus durch einströmendes Athem- wasser geschwellt werden können. Der Stiel (= v6sicule basilaire) reißt auch nach unserer Ansicht, aber nicht beim Anfang, sondern erst beim _ Schlusse der Aussioßung des Schlauches. Indessen wollen wir hier nicht weiter auf die Funktion der Guvier’schen Organe eingehen, da der Eine von uns! erst ganz vor Kurzem sich darüber näher geäußert hat. Morphologisch hat unseres Erachtens H£rovarn das Richtige ge- troffen, wenn er die Cuvinr’schen Organe für Umformungen von Ästen der Kiemenbäume erklärt. Am Kiemenstamm der H. poli z. B. sehen wir genau dieselben Schichten in die Zusammensetzung der Wandung eintreten wie am Stiel der Schläuche und an den Schläuchen selbst, nämlich von außen nach innen 1) äußeres Epithel, 2) äußere Binde- gewebsschicht, 3) Längsmuskelfasern, 4) Ringmuskelfasern, 5) innere Bindegewebsschicht, 6) inneres Epithel. Die Schichten des Schlauches gehen unmittelbar über in die des Stieles und diese in diejenigen des Kiemenstammes. Nur dadurch unterscheidet sich der Schlauch von seinem Stiel und vom Kiemenstamme, dass sein Cölomepithel sich zu einer Drüsenschicht (Klebschicht) umbildet, sein Bindegewebe eine stärkere Entwicklung der Fasern erfährt und seine Muskulatur sich regelmäßiger ordnet. 2, Die verästelten Cuvier’schen Organe. Die einzigen Angaben, welche wir bis jetzt über den Bau der ver- ästelten Guvırr’schen Organe besitzen, rühren von Semrer her und be- ziehen sich auf Mülleria lecanora Jäg. Sie lauten so eigenartig und ! Bronn, Klassen und Ordnungen der Echinodermen, p. 404—404. Ba N. 3; TEN De 648 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, geben den verästelten Organen im Gegensatze zu den schlauchförmigen eine solche Sonderstellung, dass es uns besonders erfreulich war, die verästelten Organe aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Wir untersuchten sie zunächst bei einer Mülleria-Art, der M. mauritiana, und fanden das Folgende. Die Schläuche (Fig. 12) haben von ihrer In- sertion am Kiemenstamme bis zur äußersten Spitze ihrer Verästelungen eine durehschnittliche Länge von 2,5 cm und sind in der Nähe des un- verästelten Stieles etwa 0,5 mm dick. : Der kurze Stiel ist glatt, dünn- wandig und umschließt einen weiten Hohlraum, der in den Kiemen- stamm mündet. Sofort am distalen Ende des Stieles gabelt sich das Organ in zwei Schläuche, von denen ein jeder sich, allmählich dünner werdend, noch zwei- bis viermal gabelt. Im Ganzen sitzen. dieser verästelten Schläuche nur wenige an dem Kiemenstamme. Mit Aus- nahme des glatten Stieles sind die Schläuche bis zu ihrer Spitze dicht besetzt mit kleinen, rundlichen, gestielten Bläschen, deren Durchmesser etwa 65 u, und deren Stiellänge etwa 70 « misst. Das Aussehen der Schläuche stimmt also ganz mit der Beschreibung überein, welche Jon. MüLzer von den Schläuchen der Mülleria lecanora gegeben hat, und erinnert zugleich an desselben Forschers Schilderung der »trauben- förmigen« Guviızr’schen Organe seiner Molpadia chilensis. Wir können desshalb, wie der Eine von uns schon an anderer Stelle! geäußert hat, in der »traubenförmigen « Gestalt keinen besonderen Typus der Guvier- schen Schläuche erkennen, sondern rechnen diese Form ebenfalls zu den verästelten. Wir glauben uns dazu um so mehr berechtigt, als streng genommen von einer Traubenform auch bei Molpadia chilensis nicht die Rede sein kann, denn die Stiele der Bläschen geben bei Mol- padia chilensis nicht selbst nochmals Bläschenstiele ab, sondern sitzen alle wie bei Mülleria dem Stamme der ganzen Anordnung unmittelbar auf. Der ganze äußere Unterschied zwischen den Organen der Molpadia und der Mülleria liegt nur darin, dass bei jener die Stiele der Bläschen viel länger sind als bei dieser. Hinsichtlich des feineren Baues betrachten wir zunächst den Stamm der Schläuche, dann die dem Stamme aufsitzenden Bläschen. An dem Stamme folgt wie an den Organen des einfach schlauchförmigen Typus von außen nach innen auf ein äußeres Epithel eine äußere Binde- gewebsschicht, dann eine Längsmuskellage, dann eine Ringmuskel- schicht, dann eine innere Bindegewebslage und endlich 'eine Schicht von Zellen, welche einen Achsenkanal auskleidet. Am auffallendsten'und bemerkenswerthesten ist, dass das äußere Epithel weder drüsige, Be- ! Bronn, Klassen und Ordnungen der Echinodermen. p. 177, Beiträge zur Anatomie der Holothurien, 649 schaffenheit zeigt noch Einfaltungen bildet; es besteht aus ganz platten Zellen des Gölomepithels, welche in einfacher Schicht den Stamm über- ziehen; die Zellen sind unregelmäßig polygonal umgrenzt, zeigen in ihrem Inneren eine sehr feine Granulirung und einen kleinen, rund- lichen Kern. Die beiden Bindegewebsschichten (Fig. 13) sind recht schwach entwickelt, namentlich die innere; die äußere ist fast ganz frei von Fasern, während die innere sehr feine, anscheinend eirkulär oder spiral verlaufende Fasern erkennen lässt. Die Längsmuskelfasern sind wie bei dem einfach schlauchförmigen Typus in Bündel vereinigt; in jedem Bündel zählt man deren etwa sieben bis zehn. Die Ring- muskelfasern bilden keine Bündel, liegen einzeln und sind nur schwach entwickelt. Wir können also Semper nicht beipflichten, wenn er den verästelten Schläuchen die Muskelfasern überhaupt abspricht. Der Achsenkanal ist zwar eng, aber dennoch unverkennbar vorhanden und an seiner Wand mit deutlich umgrenzten, kleinen, ziemlich dicht ge- drängten, mehr oder weniger kugeligen Zellen besetzt. SEempEr dagegen behauptet, es werde die Achse statt von einem Kanal von einem Achsen- Strange eingenommen, der aus dicht gedrängten Längsfasern bestehe. Er scheint also entweder schlecht konservirte oder stark gedehnte Schläuche untersucht und dadurch die Längsmuskelfasern, die er über- dies für Bindegewebsfasern hält, irrthümlich in die Achse verlegt zu haben; wenigstens wissen wir uns den Gegensatz seiner Angabe zu unserem Befunde in keiner anderen Weise zu erklären. Nach SEmpER geben die Fasern des »Achsenstranges« seitliche Äste ab, welche in ein weites, die hyaline Bindesubstanz durchziehendes Fasernetz übergehen, das auch in die gestielten Bläschen eintritt und sich daselbst direkt mit Bindesubstanzzellen in Verbindung setzt. Semper scheint uns hier die Muskelfasern und Bindegewebsfasern nicht aus einander zu halten; denn wir sehen auch an unseren Präparaten wie die Längsmuskel- bündel seitliche Äste in die Stiele der Bläschen entsenden, können uns _ aber nicht überzeugen, dass diese Äste mit den Elementen des Binde- gewebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die von den Längs- muskelbündeln abzweigenden Fasern (Fig. 13) ziehen, allmählich aus _ einander weichend, durch den Stiel der Bläschen, verbleiben dabei in der hyalinen Bindegewebsschicht und endigen fein auslaufend in der Wand der Bläschen selbst. Oberflächlich sind Bläschenstiel und Bläschen von demselben platten Gölomepithel überzogen, wie der Stamm des Schlauches. Das Bindegewebe des Bläschenstieles und Bläschens ist eine Fortsetzung des äußeren Bindegewebes des Stammes. Dagegen betheiligen sich die Ringmuskelfasern, das innere Bindege- webe und namentlich der Achsenkanal mit seinem Epithel nicht an der 650 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, Bildung der Bläschenstiele und Bläschen. Das Bläschen selbst unter- scheidet sich in seinem Aufbau nur dadurch von dem Bläschenstiele, dass sich in sein hyalines Bindegewebe eine große Kugel einlagert, von deren scharf begrenzter Oberfläche hier und dort feine Bindegewebs- fasern abstrahlen, welche bis an den dünnen, epithelialen Überzug des Bläschens herantreten, indem sie sich durch die hyaline Grundsubstanz des Bindegewebes hindurchspannen. Srmper beschreibt die Inhalts- kugel des Bläschens als eine innere Blase des ganzen Gebildes, welche von einem einfachen Cylinderepithel ausgekleidet sei. Von einem solchen Epithel ist bei Mülleria mauritiana ganz sicher nicht die Spur vor- handen und wir glauben, dass dem auch bei der von SemrEr unter- suchten Mülleria lecanora so ist. Die Kugel selbst ist bei M. mauritiana (Fig. 13) aus einem vacuolisirten Plasma gebildet, in dessen ziemlich weitmaschiges Körnchennetz eine Anzahl kleiner Kerne in die Knoten- punkte des Netzes eingeschaltet sind. Wir vermuthen, dass die Kugel aus einer Verschmelzung derselben großen Wanderzellen entstanden ist, welche man bei den einfachen Cuvızr'schen Organen im Binde- gewebe antrifft. Semper hat das kernhaltige Netz im Inneren der von ihm einfach als Schleim bezeichneten Substanz der Kugel auch bei Mülleria lecanora beschrieben; wir können ihm aber nicht darin folgen, dass er dieses Netz mit den von außen an die Kugel herantretenden Bindegewebsfasern vergleicht. Die gelblichen Körnchenhaufen, die Semper bald in der hyalinen Grundsubstanz des Bindegewebes, bald im Inneren der Kugeln antraf, fanden wir in unseren Präparaten nicht, wollen aber desshalb nicht in Frage stellen, dass sie auch bei M. mauri- tiana vorkommen können. Auch Kalkgitter, welche Semper bei der von ihm untersuchten Art hier und da, besonders im Stiel, in den Cuvier- schen Organen antraf, fanden wir bei M. mauritiana nicht. Für den Vergleich der verästelten, mit Bläschen besetzten Schläuche mit den einfach röhrenförmigen des ersten Typus sind die Angaben von besonderer Wichtigkeit, welche Semrrr über den Bau der einfachen, d, h. nicht mit Bläschen besetzten Schläuche einer anderen Mülleria-Art, der M. maculata (Br.) = nobilis Sel., macht. Auch hier bildet statt eines Drüsenepithels ein einfaches Cölomepithel die äußere Begrenzung des Organs. Dicht unter diesem Epithel liegt eine Lage großer, mit zahlreichen Kernen versehener und mit Schleimbläschen erfüllter Schleimzellen. Es kann kein Zweifel sein, dass es sich in diesen großen Schleimzellen um dieselben Gebilde handelt, welche wir weiter oben als große Wanderzellen bei verschiedenen Arten kennen gelernt haben. Unter dieser Voraussetzung sind wir zu der vorhin ge- äußerten Ansicht gelangt, dass die kugeligen Inhaltsmassen der ge- Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 651 stielten Bläschen ebenfalls auf Wanderzellen zurückzuführen sind. Sonach bleibt als einziger durchgreifender Unterschied im feineren Bau der Guvier’schen Organe nur übrig, dass in dem einen Falle das Cölom- epithel sich zu einem Drüsenepithel umgewandelt hat, im anderen Falle nicht. Diesem Unterschiede gegenüber halten wir die äußeren Ver- schiedenheiten, ob die Organe unverästelt oder verästelt sind und ob sie an ihrer Oberfläche gestielte Bläschen tragen oder nicht, für weniger bedeutungsvoll. Wir schlagen desshalb vor, die bisher festgehaltene Eintheilung der Guvier’schen Organe in 1) einfach schlauchförmige, 2) verästelte fallen zu lassen und dafür sie einzutheilen in 1) solche mit Drüsenschicht, 2) solche ohne Drüsenschicht. Drüsige Cuvier’sche Organe sind, so weit wir wissen, stets unverästelt (vielleicht bilden Holothuria languens Sel., rigida Sel. und tenuissima Semp. Aus- nahmen von dieser Regel — wir sind aber augenblicklich nicht in der Lage, die Guvıer’schen Organe dieser Arten darauf prüfen zu können). Die niehtdrüsigen Organe sind entweder unverästelt (Molpadia chilensis J. Müll., Mülleria maculata [Br.]) oder verästelt (Mülleria leca- nora Jäg., mauritiana [Quoy u. Gaim.], vielleicht auch obesa Sel., ferner die nachher zu besprechende Holothuria köllikeri Semp.) und entwickeln entweder gestielte Bläschen auf ihrer Oberfläche (bei allen genannten, mit Ausnahme der Mülleria maculata [Br]) oder entbehren derselben (Mülleria maculata). Aus dem Mangel einer Drüsenschicht erklärt sich, wie schon Srmper angegeben hat, das Fehlen der Klebfähigkeit bei den nichtdrüsigen Schläuchen. Wir haben die nichtdrüsigen Guvıer’schen Organe aber auch noch bei einer Holothuria-Art, der H. köllikeri kennen gelernt, bei welcher ihr Vorkommen bis jetzt unbekannt war. Sie sind ebenfalls verästelt, haben eine Länge von 2,5—3,5 cm, unterscheiden sich aber von den Organen der Mülleria mauritiana schon äußerlich dadurch, dass ihr Stiel verhältnismäßig länger ist und die Schläuche selbst sich nur ein- oder zweimal gabeln. Der Stamm der Schläuche ist im Verhältnis zu den zahlreichen, gestielten Bläschen, die seine Oberfläche dicht be- setzen, viel dicker (bis 0,8 mm) als bei M. mauritiana; die Bläschen selbst sind etwas länglich, ihr 65 u langer Stiel ist kürzer und dicker und man trifft der Bläschen auf einem Querschnitte durch den Schlauch (Fig. 41) sehr viel mehr an als bei M. mauritiana. Die Querschnitte lehren ferner über den feineren Bau, dass die innere Bindegewebsschicht kräftig entwickelt ist, spiral und wellig verlaufende Fasern besitzt und vereinzelte, große, kugelige, gelbe Körnchenhaufen neben zahlreichen, bald einzelnen, bald in kleine Gruppen zusammengedrängten Wander- zellen beherbergt. . Der Achsenkanal ist an unseren Präparaten nur N 652 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, undeutlich zu sehen. Die Ringmuskelfasern sowie die Bündel der Längs- muskelfasern sind kräftig entwickelt. Im Gegensatze zu M. mauritiana geben die Längsmuskelbündel keine Abzweigungen in die Bläschenstiele ab. Der Stamm der Schläuche ist eben so wie die Bläschen und Bläschen- stiele von einem platten Cölomepithel überzogen. An den Bläschen ver- misst man die ziemlich dicke, hyaline Bindegewebsschicht, welche bei M. mauritiana sich zwischen dem Epithelüberzug und derinneren Kugel der Bläschen befindet — oder richtiger, es ist diese Schicht bei H. kölli- keri auf ein Minimum reducirt. Dafür stimmt aber im Übrigen der In- halt der Bläschen bei H. köllikeri vollständig mit der inneren Kugel der Bläschen bei M. mauritiana überein; wir treffen hier dasselbe weitmaschige, vacuolisirte Plasma mit zahlreichen, in den Knoten- punkten gelegenen, kleinen Kernen wie dort und halten desshalb auch hier die Füllmasse der Bläschen für eine Summe mit einander ver- schmolzener Wanderzellen. Während wir bei M. mauritiana Kalk- körperchen in den Guvier’schen Schläuchen vermissten, begegneten wir denselben bei H. köllikeri im inneren Bindegewebe der Schläuche in Gestalt von knorrigen, an den Enden unregelmäßig verästelten Stäben. Die Funktion der nichtdrüsigen Schläuche erfährt durch unsere soeben mitgetheilten Beobachtungen keine Aufklärung; sie bleibt eben so räthselhaft wie vorher!. Bonn, im April 1892. Erklärung der Abbildungen. “ Tafel XXVIII, Fig. A. Aus einem Längsschnitt durch einen Guvier schen Schlauch der Holothuria forskalii. 355/41. De, Drüsenepithel; F!, die primären, F?, die sekundären Einfaltungen desselben; aB, äußere Bindegewebsschicht; Lm, Längs- muskeln; Rm, Ringmuskeln; beide zusammen bilden die Muskelschicht. Fig. 2. Aus einem Längsschnitt durch einen Cuvırr’schen Schlauch der Holothuria fusco-cinerea. 230/4. De, Drüsenepithel; F!, die primären, F?2, die sekundären Einfaltungen desselben; K, Kerne des angeblichen Cölomepi- thels; aB, äußere Bindegewebsschicht; W, Wanderzellen; Lm, Längsmuskeln; Rm, Ringmuskeln; iB, innere Bindegewebsschicht. Fig. 3. Aus einem Querschnitt durch einen Cuvızr’schen Schlauch derselben Art. 230/4. Die Abbildung erstreckt sich nur auf das Drüsenepithel, welches bei 4 Bronn, Klassen und Ordnungen der Echinodermen. p. 402, 403, Beiträge zur Anatomie der Holothurien. 653 De vom Schnitte getroffen ist, im Übrigen von der Fläche zu sehen ist. Del, die innere Grenze der Querfalten des Drüsenepithels; F!?, vom Schnitt getroffene Längsrinne der primären Faltenbildung; Kl, Klebtröpfchen ; Ke, Kerne des Drüsen- epithels; K, Kerne des angeblichen Cölomepithels. Fig. 4. Aus einem Flächenschnitt durch das Drüsenepithel eines Cuvırr’schen Schlauches derselben Art. 230/14. Der Schnitt hat die tiefere Zone des Drüsenepi- thels getroffen. L, Basaltheil eines Läppchens der primären Faltenbildung; F1@, _ eine Querrinne, F!P, eine Längsrinne der primären Faltenbildung, beide in ihrer Tiefe getroffen; Kl, Klebtröpfehen. Der Schnitt liegt nicht in allen Theilen der Figur gleich tief, wesshalb an manchen Stellen die weniger tiefen Längsrinnen gar nicht oder nur theilweise getroffen sind. Fig. 5. Aus einem ebensolchen Schnitte, der aber das Drüsenepithel dicht unter der äußeren Oberfläche getroffen hat. 230/4. L, ein Läppchen der primären Faltenbildung, gebildet von äußerem Bindegewebe und überzogen von dem Drüsen- epithel; Fi“, Querrinnen, F1P, Längsrinnen der primären Faltenbildung; Kl, Kleb- tröpfchen. Fig. 6, Stück des Muskelnetzes in den Guvier’schen Organen der Holothuria fusco-cinerea, von der Außenfläche gesehen. 355/41. Lm, Längsmuskelbündel; Rm, Ringmuskeln. Fig. 7. Aus einem Querschnitt durch einen Cuvier'schen Schlauch der Holo- thuriamarmorata. 355/41. $8, die das Drüsenepithel überdeckende Sekretlage; V, Vacuolen in dieser Sekretlage; De, Drüsenepithel; K, Kerne des Drüsenepithels; aB, äußere Bindegewebsschicht; L, Lücken darin, in welchen die Längsmuskel- fasern Lm liegen; Rm, Ringmuskelfaser; :B, innere Bindegewebsschicht; L’, Lücken darin, in welchen große Wanderzellen W liegen. Fig. 8. Aus einem Flächenschnitte durch das Drüsenepithel derselben Art, nahe der äußeren Oberfläche. 355/14. aB, die dünnen Lamellen der äußeren Binde- gewebsschicht, durch welche die queren Einfaltungen des Drüsenepithels von ein- ander getrennt werden; u, die beiden Vacuolenreihen der Einfaltungen, bei 5b sind die beiden Vacuolenreihen aus einander gerückt. Fig. 9. Aus einem eben solchen, aber etwas tiefer gelegenen Schnitte. 355/14. aB, wie in Fig. 8; K, die Kerne des Drüsenepithels. Fig. 10. Aus einem Längsschnitte durch einen Cuvier’schen Schlauch der Holo- thuria marmorata. 355/4. aB wie in Fig. 8und 9; K, die Kerne des Drüsenepithels ; a, das innere Ende der Falten des Drüsenepithels; db, die beiden Vacuolenreihen der Falten des Drüsenepithels; aB’, das unter den Falten gelegene äußere Bindege- webe; Lm, Längsmuskelfaser,; Rm, Ringmuskelfasern. Fig. 14. Querschnitt durch einen Cuvier'schen Schlauch der Holothuria köllikeri. 95/4. A, Achsenkanal; iB, innere Bindegewebsschicht; Rm, Ring- muskulatur; Lm, Bündel der Längsmuskelfasern; Bl, die gestielten Bläschen der Oberfläche. Fig. 12. Ein verästeltes, mit Bläschen besetztes Cuvirr'sches Organ von Mül- leria mauritiana bei schwacher Lupenvergrößerung. a, Stiel. Fig. 13. Querschnitt durch einen Ast eines solchen Organs. 230/41. Sta, Stamm des Schlauches; A, Achsenkanal; öE, inneres Epithel ; öB, innere Bindege- websschicht; Rm, Ringmuskelfaser; Lm, Bündel der Längsmuskelfasern ; aB, äußere Bindegewebsschicht; Bl, Bläschen; St, Stiel des Bläschens; Blm, Muskelfasern des 654 Hubert Ludwig und Philipp Barthels, Beiträge zur Anatomie der Holothurien. Bläschenstieles und Bläschens; I, Inhaltskugel des Bläschens; hyB, hyalines Binde- gewebe des Bläschens. Fig. 14. Aus einem Längsschnitt durch einen etwas ausgereckten Guvisr’schen Schlauch von Holothuria klunzingeri. 95/4. A, Achsenkanal; Sp, Spiral- falte; W, Wanderzellen; iB, innere Bindegewebsschicht; M, Muskelschicht; aB, äußere Bindegewebsschicht; De, Drüsenepithel. Re Fig. 15. Stück eines solchen Längsschnittes bei stärkerer Vergrößerung. 230/4. De, Drüsenepithel; aB, äußere Bindegewebsschicht; Bi, Bindegewebs- körperchen; Lm, Längsmuskelfaser; Rm, Ringmuskelfasern; Kl, Klebtröpfchen ; a, größere Kugeln im Drüsenepithel (? Kerne der Drüsenzellen); db, derartige Kugeln mit Kern (? Drüsenzellen). - Bradynema rigidum v. Sieb. Von Dr. ©. zur Strassen. Mit Tafel XXIX— XXX. Einleitung. Der Parasit, dessen Bau und Lebensgeschichte in den nachfolgenden Blättern geschildert werden sollen, wurde durch v. Sırsoıp! als Filarıa rigida in die Wissenschaft eingeführt. v. Sızsorn fand in der Leibes- höhle des Aphodius fimetarius einen Nematoden, den er »vor der Hand, seinem äußeren Habitus nach«, zum Genus Filaria stellte, und dem er, »da derselbe nie eine Bewegung äußerte, sondern stets starr und steif dalag«, den Artnamen rigida ertheilte. »Weder von einem Munde«, so wird die neue Art beschrieben, »noch After, noch von einem Darm- kanale war irgend eine Spur an diesem Thiere zu finden. Beide Enden des Wurmes sind stumpf abgerundet, nach dem einen Ende hin ver- diekt er sich allmählich, und nicht weit von der Spitze des anderen dünnen Endes ragt eine Papille hervor, die die Stelle der Vulva an- deutet, welche zu einem einfachen Schlauche, dem Uterus führt. Die- ser Uterus liegt mit einem mäßig langen Ovarium wenig gewunden, als das einzig deutliche Organ im Leibe des Wurmes, dessen Parenchym aus einer feinkörnigen Masse besteht. In dem Fruchthälter sieht man zwischen den Eiern schon lebende Junge; merkwürdig bleibt es mir, dass ich unter 70 Individuen nur trächtige Weibchen und nie ein Männchen angetroffen habe.« Durch fünfzig Jahre hindurch blieb diese kurze aber treffende Beschreibung die einzige Nachricht über unseren Wurm, bis endlich Levckart ? die Aufmerksamkeit der Zoologen von Neuem auf ihn lenkte, In seiner Allantonema-Arbeit hatte LEuckArr einen Nematoden kennen gelehrt, der von der bis dahin vielfach an- 1 Mürzer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1836. p. 33 Anm. 2 LEUCKART, Neue Beiträge zur Kenntnis der Nematoden, p. 613. 656 0. zur Strassen, genommenen Einförmigkeit im Bau der Rundwürmer eine gründliche Ausnahme machte. Ohne Mund, ohne Darm und After, kaum mehr als eine lebende Umhüllung des Geschlechtsapparates, zeigte das selt- same Geschöpf eine plumpe, von der gewöhnlichen Nematodenform weit verschiedene Gestalt und im Einklang damit den völligen Mangel jeder Bewegungsfähigkeit. Nun war die einzige Form, bei welcher diese unter dem lebhaften Nematodenvolk so auffallende Eigenschaft der Unbeweglichkeit bereits früher beschrieben worden war, eben jene SızsoLv’sche Filaria rigida, eine Übereinstimmung, die um so mehr auf- fallen musste, als sie sich auch auf andere wesentliche Charaktere erstreckte. Beide Thiere lebten ja in der Leibeshöhle von Käfern, beiden fehlte Mund, Darm und After, und, was besonders ins Gewicht fallen musste, die erwachsenen Schmarotzer waren in beiden Fällen ausschließlich weiblichen Geschlechts. So sah sich Leuckarr mit Recht zu dem Schlusse gedrängt, dass zwischen den zwei Arten eine nahe Verwandtschaft bestehen müsse. Ihm selbst war es, wie er hinzu- fügte, nicht geglückt, die Filaria rigida in der Umgebung Leipzigs auf- zufinden; die dortigen Aphodien waren zwar nicht frei von Parasiten, aber sie enthielten nur geschlechtslose junge Nematoden, die offenbar in keinerlei Zusammenhang mit dem gesuchten Parasiten standen. Drei Jahre darauf beschrieb v. Linstow! eine weitere Art des Genus Allan- tonema, wiederum aus der Leibeshöhle eines Käfers, und zwar diesmal des Tomicus typographus. Über den Bau des Wurmes erfahren wir nichts; hingegen gelang es v. Linstow, aus den Larven eine freilebende Geschlechtsgeneration zu züchten, die anatomisch in so überraschen- der Weise mit der Rhabditidengattung Diplogaster übereinstimmte, dass v. Linstow sich veranlasst fühlte, die neue Art Allantonema diplogaster zu taufen. Inzwischen hatte Lruckart, dessen Aufmerksamkeit unaus- gesetzt auf diesen Punkt gerichtet blieb, aus anderen Gegenden Deutsch- lands infieirte Aphodien erhalten und die Angaben des Entdeckers bestätigt gefunden. Neben dem erwachsenen Wurme aber fand er in der Leibeshöhle der Käfer ein zahlloses Gewimmel junger Nematoden, von denen v. Sızsorpd auffallenderweise nichts erwähnt, deren Bau sich jedoch als höchst überraschend herausstellte. Es zeigte sich nämlich, dass ein Theil der Larven geschlechtslos war, oder doch nur die bei Nema- todenlarven übliche indifferente Genitalanlage besaß, während gleich- zeitig die andere Hälfte der Thiere aus — wenigstens in Bezug auf die keimbereitenden Geschlechtsorgane — wohl entwickelten Männchen bestand. i v. Linstow, Über Allantonema und Diplogaster. Centralbl. f. Bakteriologie u. Parasitenkunde. VIII. Nr. 46. f A er Bradynema rigidum v. Sieb. 657 Herr Geheimrath LeruckArr war zu jener Zeit anderweitig zu sehr beschäftigt, um selbst an die Lösung des Räthsels herantreten zu kön- nen, so beauftragte er mich, es war im Sommer 4890, den Bau und die Lebensgeschichte der Filaria rigida zum Gegenstand einer eingehen- den Untersuchung zu machen, deren Resultate ich hiermit der Öffent- lichkeit übergebe. Meine Arbeiten waren ihrem Abschluss nahe, als ich, leider etwas spät, einen bereits zu Beginn des Jahres 1891 erschienenen Aufsatz von R. Monızz ! über » Allantonema rigida« erhielt. Die Ansichten, die der französische Forscher darin äußerte, standen in so schroffem Wider- spruch zu meinen eigenen Erfahrungen, dass ich mich veranlasst fühlte, einen Theil derselben in Form einer kurzen vorläufigen Mittheilung ? zu veröffentlichen. Wie aus jener Mittheilung hervorging — und meine Ansichten haben sich außer in einem unwesentlichen Punkte seither nicht geändert — enthielt die Monırz’sche Arbeit kaum einen Fort- schritt in der Erkenntnis des Thieres. Nachdem schon v. SızsoLp den Uterus und seine Ausmündung richtig beschrieben hatte, giebt MonıEz an, der ganze Wurm sei nichts, als ein mit Embryonen gefüllter Sack, und die letzteren erlangen nach ihm ihre Freiheit »par rompre le corps de leur mere«. Nicht viel glücklicher war Monızz in seinen Untersu- chungen über die Entwicklungsgeschichte des Wurmes. Zwar erkannte er richtig, dass die ausgewanderten Larven sich in dem subelytralen Raume des Käfers aufhalten, ihre merkwürdige geschlechtliche Ver- schiedenheit jedoch übersah er vollkommen und beging ferner noch den verhängnisvollen Irrthum, fremde Rhabditiden, die sich zufällig unter den Flügeldecken und im Inneren der Käfer fanden, die aber mit Filaria rigida gar nichts zu thun haben, mit den Nachkommen unseres Wurmes zu verwechseln. So gelangte er schließlich zu der Annahme, dass die Anguillula brevispina Bütschli von außen in den Leib des Aphodius eindringe, um sich hier in eine geschlechtsreife Filaria rigida zu verwandeln, ein Irrthum, der in der Entwicklungsgeschichte des oben erwähnten Allantonema diplogaster v. Linstow eine scheinbare Unterstützung fand. Die Abschnitte, in die meine Arbeit sich gliedern wird, sowie ihre Reihenfolge ergeben sich aus dem Stoffe von selbst. Dem die Anatomie des erwachsenen Wurmes enthaltenden Theile wird die Beschreibung der Embryonalentwicklung folgen, und dieser die fernere Lebensgeschichte, so weitich sie zu enthüllen im Stande war. Mancherlei Betrachtungen all- gemeineren Inhalts, besonders in Bezug aufden Bau der Nematoden über- ! R. Monızz, Sur l’Allantonema rigida. Comptes rendus. CXII. No. A, ? Zoologischer Anzeiger. XIV. Nr. 379, 4894. 658 0. zur 'Strassen, ' haupt, finden sich im Texte zerstreut, wie ich es auch nicht für geboten hielt, den angewandten Methoden ein eigenes Kapitel zu widmen; wo immer ich einer besonderen Methode besondere Resultate verdankte, wird ihre Beschreibung an der betreffenden Stelle zu finden sein. Und nun sei es mir gestattet, meinem theuren und so hoch verehr- ten Lehrer, Herrn Geheimrath Professor Dr. LEuckART, hier noch einmal für all Das, was ich ihm seit Beginn meiner Studienzeit verdanke, für die mir stets bewiesene freundliche Theilnahme und insbesondere für die unschätzbaren Rathschläge, deren ich mich während meiner Unter- suchung erfreuen durfte, meinen tiefgefühltesten Dank auszusprechen. Beschreibung des erwachsenen Weibchens. In der Leibeshöhle des Aphodius fimetarius, eines kleinen Käfers aus der Familie der Scarabaeiden, findet sich nicht eben selten der Rundwurm, den v. Sırsorv, sein Entdecker, als Filaria rigida bezeich- nete, und den dann später Moniez, doch, wie es scheint, ohne eingehende Kenntnis des Baues, zur Gattung Allantonema stellte. Wir werden zwar im Laufe dieser Abhandlung sehen, dass eine Verwandtschaft des Thieres mit Allantonema unverkennbar vorhanden ist, aber die Unter- schiede zwischen beiden sind immerhin bedeutend genug, um die Auf- stellung einer besonderen Gattung für unseren Wurm unbedingt nöthig erscheinen zu lassen. Wegen der auffallenden Langsamkeit seiner Be- wegungen, v. SızsoLn erklärte ihn ja sogar für bewegungslos, mag der Wurm Bradynema und weiter, unter Beibehaltung des allerdings nicht mehr ganz zutreffenden Sızrsorv’schen Artnamens, Bradynema rigidum heißen. Die Nothwendigkeit, dies neue Genus zu schaffen, werde ich später zu begründen haben. Die geographische Verbreitung des Bradynema scheint eine recht bedeutende zu sein. Sein Träger wenigstens, der Aphodius fimetarius — und nur in diesem findet er sich, nicht auch in anderen Dungkäfern, wie Monxızz meint — hat naturgemäß ein äußerst großes Verbreitungs- gebiet. Mit jederlei Dung zufrieden, ist er in dieser Hinsicht so gün- stig gestellt, wie vielleicht wenige andere Insekten, so dass es uns kaum Wunder nehmen kann, wenn unser Aphodius nicht nur in ganz Europa zu den gewöhnlichsten Insekten zählt, sondern auch in Algier, im Himalaya und selbst in Amerika eine Heimstätte gefunden hat. In wie weit allerdings der Käfer auf diese vorgeschobenen Posten von seinem Parasiten begleitet wird, darüber fehlen mir vorläufig noch alle Erfah- rungen. Doch scheint derselbe in Deutschland fast allerorten vorzukom- men, und wie wir durch Monızz wissen, feblt er auch den französischen Aphodien nicht. Recht auffallend ist es dem gegenüber, dass die in Bradynema rigidum v. Sieb. 659 Leipzigs unmittelbarer Umgebung gesammelten Aphodien stets para- sitenfrei sind, während schon in einer Entfernung von wenigen Meilen reiche Fundstätten auftreten. ‘ Infieirte Aphodien standen mir das ganze Jahr hindurch zur Ver- fügung. Zwar tritt eigentlich nur zweimal jährlich, im Frühling und im Herbste, eine allgemeine Fortpflanzungsperiode ein, aber es scheint nicht, dass die Käfer sich mit besonderer Genauigkeit an diese Termine halten. Denn wenn aus der Brut bereits junge Aphodien hervorge- gangen sind, so findet man noch wochenlang gemeinsam mit ihnen Käfer, die, wie sich aus dem Zustande ihrer Bradynemen und deren Larven mit Bestimmtheit erschließen lässt, der vorhergehenden Gene- ration angehören. Überhaupt ist die Lebensdauer der Thiere eine durchaus nicht unbeträchtliche. In meinen Terrarien hielt ich sie monatelang lebendig, und diejenigen der Herbstgeneration fliegen, nachdem sie den Winter überdauert haben, noch bis in den Mai des folgenden Jahres hinein. Bradynema rigidum lebt frei in der Leibeshöhle seines Wir- thes, unterscheidet sich also in dieser Hinsicht wesentlich von dem in eine bindegewebige Kapsel eingeschlossenen Allantonema. In Folge dessen ist auch der Aufenthalt unserer Würmer an keine bestimmte Körpergegend gebunden, obwohl sie naturgemäß in der geräumigen Höhle des Abdomen am häufigsten anzutreffen sind. Die Anzahl der in demselben Käfer vorgefundenen Würmer schwankt innerhalb wei- ter Grenzen; 2: bis 3 ist die gewöhnliche Zahl, doch fand ich oft genug Käfer, die 10 bis 20 enthielten, und v. SmwsoLD berichtet von einem Falle, in welchem er nicht weniger als 30 Stück vereinigt ange- troffen hat. Trotz solcher Summen und trotz der verhältnismäßig be- deutenden Größe der Würmer, zu denen noch die unschätzbare Menge ihrer Embryonen und Larven hinzukommt, scheinen die Käfer unter der Anwesenheit der Schmarotzer nicht allzuviel zu leiden. Wie schon oben erwähnt, hielt ich in geeigneten Zuchtgefäßen die Aphodien mo- natelang am Leben, ohne dass die Verhältniszahl der infiecirten Exem- plare geringer geworden wäre. v. Sırsorp fand bei Danzig drei Viertel der untersuchten Käfer von Bradynema bewohnt, ein Verhalten, wel- ches gleichfalls dafür spricht, dass der Parasitismus auf Wohlbefin- den und Zeugungsfähigkeit der Aphodien einen nur geringen Einfluss ausübt. Während das nah verwandte Allanionema eine Leibesform zeigt, die jedenfalls in dem Thiere alles Andere eher vermuthen lässt, als einen Rundwurm, ist unser Bradynema ein auf den ersten Blick un- verkennbarer Nematod. Sein Leib ist nichts weniger als plump,adenn Zeitschrifft. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 43 » 660 0. zur Strassen, einer Gesammtlänge von 3 bis 5'/, mm entspricht eine Körperbreite von nur 0,15 resp. 0,27 mm. Doch ist die Dicke des Leibes keine gleichmäßige, vielmehr verjüngt sich der Körper nach dem einen Ende zu in allerdings wenig auffallendem Grade, und dieses schlankere Ende trägt in geringer Entfernung von der Spitze eine rundliche kegel- förmige Erhebung, in welcher schon v. SızsoLp die Ausmündung des Uterus erkannte. Da weder ein Mund, noch ein After oder Porus ex- eretorius, die uns über das Vorn und Hinten des Wurmleibes orien- tiren könnten, vorhanden sind, so würde man vielleicht geneigt sein, das schlankere Ende als das vordere in Anspruch zu nehmen, wenn nicht die Lage der Vulva das Gegentheil wahrscheinlich machte. Die Entwicklungsgeschichte wird uns beweisen, dass diese schlanke, die Vulva tragende Leibeshälfte thatsächlich die hintere ist. Jedenfalls aber sind wir durch die Lage der Vulva in den Stand gesetzt, Rücken und Bauch unseres Thieres mit Sicherheit zu unterscheiden, was bei Allan- ionema. wegen der total endständigen Lage der Geschlechtsöffnung be- kanntlich nicht so ohne Weiteres möglich ist. Bringt man den Wurm aus der Leibeshöhle des Käfers in reines Wasser, so streckt er sich allerdings augenblicklich und liegt steif und regungslos da, eine Erscheinung, welche v. SırsoLn veranlasste, dem Thiere überhaupt jede Bewegungsfähigkeit abzusprechen. In einer 3/, procentigen Kochsalzlösung jedoch ist unser Bradynema, wie schon LeuckArr beobachtete, durchaus nicht regungslos, vielmehr biegt und schlängelt es seinen weichen Leib in einer eigenthümlich kraftlosen Weise. Nun giebt es jaNematoden genug, die sich nur langsam be- wegen, aber bei Bradynema beruht diese Bewegungsschwäche, wie wir später sehen werden, auf einer anatomischen Besonderheit, auf der weitgehendsten Reduktion der Muskulatur, so dass es nicht unberechtigt erscheinen dürfte, wenn ich bei der Bildung des Gattungsnamens ge- rade auf jene Eigenschaft Bezug genommen habe. Während der Wurm dem bloßen Auge weiß und besonders im schlankeren Hinterende fast durchsichtig erscheint, hat er unter dem Mikroskop in Folge zahlreicher in die Leibeswand eingelagerter Fett- kügelchen ein ziemlich dunkles Aussehen. Doch kann man durch die Körperhüllen hindurch immerhin einen allgemeinen Überblick über die Organisation des Thieres gewinnen. Fast der ganze Innenraum wird von dem breit schlauchförmigen Fruchthälter eingenommen, der ein Stück hinter dem vorderen Körperende beginnt und, Anfangs dunkel von den dotterreichen Eiern, die er enthält, dann immer heller und # Ein sehr bezeichnendes Analogon ist Boadvxivntos, langsam beweglich. # Bradynema rigidum v. Sieb. 661 durchsichtiger, je weiter die Embryonen entwickelt sind, an der papillenartigen Vulva ausmündet. Ovarium und Oviduct schlingen sich als zwei parallele, dicht neben einander gelagerte Schläuche um den Uterus herum, und da, wo der Oviduct in den Uterus übergeht, findet sich eine durch ihre besondere Helligkeit auffallende Stelle, das Re- ceptaculum seminis. Die Leibeswand lässt einen maschigen Bau erkennen, man sieht sie als schmalen hellen Streifen an den Seiten des Leibes hinlaufen, im Vorder- und Hinterende jedoch den ganzen Raum, der hier nicht von den Geschlechtsorganen beansprucht wird, mit ihrem lockeren Gewebe erfüllen. Hautschicht. Die Cuticula (Taf. XXIX, Fig. 3) unseres Wurmes besitzt die ver- hältnismäßig geringe Dicke von 2 bis 3 u. und umgiebt, da Mund, After und Exkretionsporus fehlen, als ein nur an der Ausmündungsstelle des Uterus durchbohrter Schlauch den Leib. Papillen oder irgend welche andere äußere Anhänge der Haut fehlen vollkommen, eben so ist eine echte Ringelung nicht vorhanden, obschon die Würmer oft genug, be- sonders in der ungünstigen Jahreszeit, derartig kontrahirt sind, dass zahllose feine Querfältchen über den Leib verlaufen. Schon am lebenden Thiere kann man erkennen, dass die Haut aus mehreren, ihrer Stärke wie ihrer sonstigen Beschaffenheit nach verschiedenen Schichten zusammengesetzt wird. Die äußerste der- selben, die sich beim lebenden Thiere durch ihre leicht gelbliche Färbung von den übrigen abhebt, ist gewöhnlich — an den Körper- enden immer — die dickste der Hautschichten. Was sie aber be- sonders vor den anderen Theilen der Haut auszeichnet, ist ihre eigenthümliche Struktur. Senkrecht zu ihrer Fläche zeigt sie eine äußerst feine Faserung, die allem Anscheine nach von zahllosen, dicht stehenden, die Schicht quer durchsetzenden Porengängen herrühren dürfte. Wie leicht erklärlich unter solchen Umständen, besitzt die Schicht eine nur geringe Festigkeit; oft findet man die Haut auf be- trächtliche Strecken völlig von ihr entblößt, sehr häufig auch kann man beobachten, wie die Schicht in lauter einzelne Stäbchen zerfallen ist, die unordentlich durch einander liegen. Die Dicke der Stäbchenschicht ist am ganzen Leibe eine ziemlich gleichmäßige, nur an den beiden Körperenden, und besonders am vorderen, zeigt sie sich stets beträcht- lich erhöht, manchmal bis auf 4 u und darüber. In Folge dessen und durch die stärkere Krümmung der Fläche tritt hier die Radialfaserung wesentlich schärfer hervor, als am übrigen Leibe, ohne dass ich jedoch im Stande gewesen wäre, über den feineren Bau des Porensystems 13* Ei EN 662 0. zur Strassen, eine Beobachtung zu machen. Meines Wissens ist eine solche Auf- lösung der äußersten Körperbedeckung in Stäbchen bisher bei keinem Nematoden beschrieben worden; wohl aber kennt man seit lange einen völlig analogen Bau an der inneren chitinigen Auskleidung des Darmes zahlreicher Nematoden, besonders aus der Gruppe der Sirongyliden. Es liegt auf der Hand, dass diese Darmintima in genau demselben physiologischen Verhältnisse zum Körper steht, wie die äußerste Hautschicht des Bradynema : beide haben die Aufsaugung der Nahrungssäfte zu besorgen. Dass in der That die Endosmose durch die zahllosen Kapillaren der Außenschicht und durch die ganze für einen Nematoden so auffallend dünne Haut mit Lebhaftigkeit vor sich geht, das beweisen die häufig, besonders wenn der Aphodius wohl genährt war, in Menge und in der verschiedensten Größe der Cuticula an- hängenden Tröpfchen einer farblosen, schwach lichtbrechenden Flüssig- keit, die ihren chemischen Reaktionen nach viel Fett zu enthalten scheint. Ganz besonders ist auf die Saugkraft der Stäbchenschicht auch die ungewöhnliche Empfindlichkeit des Wurmes dem reinen Wasser gegenüber zurückzuführen. Sobald er mit demselben in Berührung kommt, streckt er sich, wie schon erwähnt, sofort steif und lang aus und in kürzester Frist wird auch der Inhalt des Körpers verschwommen, bis er endlich zerfließt. Es muss auffallen, dass trotz ihrer hohen Auf- saugungsfähigkeit die Stäbchenschicht von Färbungsmitteln kaum irgendwie beeinflusst wird, während die unterliegenden Zonen meist intensiv gefärbt erscheinen. Vermuthlich liegt die Ursache in einer Sehr starken Verdichtung des Chitins der Stäbchenschicht, welche dasselbe undurchdringlich für Farblösungen macht und zugleich die Zerklüftung in Stäbchen bedingt. Die nach innen zunächst folgende Schicht ist homogen und ge- wöhnlich dünner und wird von Farbstoffen aller Art intensiv durch- tränkt, während sie im Leben einen schwachen grünlichen Schimmer erkennen lässt. Sie liegt der Außenschicht überall dicht an, macht alle Faltungen derselben mit, zeigt aber im Gegensatz zu jener am ganzen Körper überall dieselbe Dicke. - Während nun diese beiden äußeren Lagen der Cutieula, wenn auch im Dickenverhältnis einigermaßen schwankend, doch ausnahmslos bei den jüngsten Bradynemen wie bei den ältesten sich unterscheiden lassen, folgt nach innen noch eine weitere Zone, welche je nach dem Alter und der Ausbildungsstufe eine verschiedene Beschaffenheit zeigt. Oft gleicht sie der vorhergehenden homogenen Schicht vollkommen, in der Dicke sowohl wie in der Farbe und im Lichtbrechungsvermögen; doch betheiligt sie sich an schärferen Faltungen der beiden Außen- Bradynema rigidum v, Sieb. 663 schichten gewöhnlich nicht, sondern zieht gerade darunter hinweg, und an solchen Stellen findet man in dem entstandenen Spaltraume eine große Anzahl feiner, welliger Häutchen (Taf. XXIX, Fig. 3). Manchmal aber, und besonders bei sehr jugendlichen Würmern, sieht die innere Schicht wesentlich anders aus. Es findet sich dann unter der Mittel- schicht ein heller, mehr oder weniger breiter Streifen, dessen innere Begrenzung von einer nicht starken, aber dichten Membran gebildet wird. In dem hellen Zwischenraume nun verläuft ein feines Häutchen in regelmäßigen, kurzen Bogenlinien, und in der Mitte jedes der kleinen Bogen steht ein dunkler Punkt, so dass man eine dicht stehende Reihe kleiner Kerne von etwa 2 u Länge zu sehen glaubt. In der That wird die Entwicklungsgeschichte zeigen, dass das Gebilde nichts Anderes ist, als das in Chitinisirung begriffene Ektoderm mit seinen Kernen, und die innere Grenzhaut ist die Basalmembran des ektodermalen Epithels (Taf. XXIX, Fig. 4). Leibesschlauch. Die Dünne und Durchsichtigkeit der Guticula gestattet schon am lebenden Wurme eine Untersuchung des Leibesschlauches. Man er- _ kennt zwischen der Haut und den inneren Organen einen gleichmäßig breiten Saum von lockerem, mit stark lichtbrechenden Fettkugeln mehr oder weniger dicht erfülltem Gewebe, welches das Hinterende jenseits des Porus genitalis und einen guten Theil des Vorderendes völlig aus- zufüllen scheint. Übt man vermittels des Deckgläschens einen leichten Druck auf das Präparat aus, so lassen sich bei aufmerksamer Betrach- tung durch ein starkes Objektiv noch einige weitere Einzelheiten des Baues der Leibeswand erkennen. Vom Vorderende beginnend bis zum äußersten Hinterende sieht man dann vier breite Bänder verlaufen, die, wie es scheint, fast ganz aus lauter dichtstehenden großen und hellen Kernen zusammengesetzt sind (Taf. XXIX, Fig. 5 ml). In ihrem Auf- bau gleichen sich also die vier Felder vollkommen, nicht aber in ihrer Ausdehnung, denn wir erkennen, dass immer nur zwei einander dia- metral gegenüberstehende Felder von gleicher Breite sind. Dasjenige, in welchem die Geschlechtsöffnung liegt, also das Bauchfeld, und das gegenüberliegende sind nämlich kaum halb so breit als die beiden seit- lichen Felder. Im Gegensatz hierzu besitzen die Zwischenräume, von denen jeder auf der einen Seite von einem schmalen und auf der anderen Seite von einem breiten Längsfelde eingefasst wird, alle vier unter einander völlig übereinstimmende Dimensionen. Diese Zwischen- räume lassen eine sehr feine, zarte Längsstreifung erkennen. Niemand wird zweifelhaft sein, dass die Streifenbänder den 'Muskelfeldern, die , 664 0. zur Strassen, zwischen ihnen liegenden Kernbänder den sog. Längslinien der Nema- toden an die Seite zu stellen seien. Scheint es bei oberflächlicher Untersuchung demnach, als ent- spräche der Bau der Leibeswand unseres Bradynema dem gewöhnlichen Verhalten der Nematoden, so erscheint der Anblick, welchen das Thier auf dem Querschnitte bietet, um so ungewöhnlicher und unverständ- licher. Man weiß, dass bei typisch gebauten Rundwürmern unter der Haut eine körnige Schicht, die sog. Subeuticula, folgt, dass diese in den vier Längslinien, und zwar oft sehr bedeutend, in das Leibesinnere hinein vorspringt, und der zwischenliegende Raum von Muskelzellen mit ihren Fibrillenschichten ausgefüllt ist. Ganz anders bei Bradynema (Taf. XXIX, Fig. 2). Eine dieke, aus lockerem, maschigem Gewebe bestehende Schicht, in welcher große, besonders in den vier Längs- feldern gehäufte Kerne zerstreut liegen, schmiegt sich innen an die Cuticula an. Aber wenn man zunächst auch geneigt sein sollte, diese Masse für eine enorm mächtige Subeuticula zu erklären, so ergiebt sich doch alsbald die Unhaltbarkeit einer solchen Deutung. Denn die Muskulatur liegt nicht nach innen von jenem fraglichen Gewebe, wie man erwarten müsste, sondern zwischen ihm und der äußeren Haut. Hier nämlich erkennt man die Querschnitte (Taf. XXIX, Fig. 2 msk) der schon von außen sichtbaren vier Streifenbänder als vier direkt der Guti- cula anliegende, mit feinen, dichtstehenden Strichelchen besetzte Linien. Nur bei geeigneter und sehr sorgfältiger Fixirung gestattet diese dicke parenchymatöse Leibeswand des Wurmes eine weitere Analyse. Sublimat ist nicht geeignet, eben so wenig reine Chromsäure, dagegen liefert eine lange, mindestens zwölf Stunden anhaltende Fixation in starker Chrom-Osmium-Essigsäure Bilder, welche, ohne einer Färbung zu bedürfen, die feinsten Einzelheiten erkennen lassen. Ich hatte be- reits mehrfach Gelegenheit zu erwähnen, dass das Parenchym nur im Bereiche des mächtigen Geschlechtsapparates auf eine wandständige Zone beschränkt ist, in den beiden Enden des Wurmes dagegen den ganzen, hier von keinerlei anderen Organen beengten Raum erfüllt. Betrachten wir nun zunächst einen Querschnitt durch diese solide Parenchymmasse, und zwar am besten des Vorderendes, da hier die Strukturverhältnisse am klarsten hervorzutreten pflegen (Taf. XXIX, Fig. 3). War das Präparat richtig konservirt, so erkennen wir, dass das Parenchym nicht auf dem ganzen Querschnitt dieselbe Be- schaffenheit zeigt. Vielmehr treten uns zwei verschiedene Gewebs- formen entgegen, die ich der Bequemlichkeit halber, ohne irgend eine morphologische Verschiedenheit damit ausdrücken zu wollen, als Mesenchym und Parenchym bezeichnen möchte. | Bradynema rigidum v. Sieb. 665 Im Centrum findet sich das Mesenchym (Taf. XXIX, Fig. 3 msch) als ein sehr lockeres, weitmaschiges Gewebe mit unregelmäßig kreuz und quer durch einander ziehenden derben Häuten und zerstreut liegenden, nicht zahlreichen Kernen von 3,4 u Durchmesser. Oft scheint es, als umschlössen die Häute an einzelnen Stellen große, mit einer körnigen Masse erfüllte Zellen. Doch enthalten diese Gebilde keine eigenen Kerne und treten auch viel zu wenig konstant auf, als dass man ihnen eine wesentlichere Bedeutung unterlegen könnte. Ein dem centralen Maschenwerke ganz ähnliches Gewebe findet sich nun auch in der Peripherie und zwar über den vier Feldern, in welchen die Muskelbänder sich im Querschnitte als knapp der Haut anliegende ge- strichelte Leisten darstellen. Zwischen den Muskelfeldern, in den Längslinien also, liegen die breiten Massen des Parenchyms (Taf. XXIX, Fig. 3 pch), eines wenn auch maschigen, so doch viel dichteren, durch das Osmium bräunlich gefärbten Gewebes, welches weit in das Innere hinein vorspringt und sich im Umkreis des centralen Mesenchyms zu einem Ringe ver- einigt, durch welchen jenes von dem ähnlichen Gewebe der Muskel- felder getrennt wird. Die großen dichtstehenden Kerne, die ja schon von außen am lebenden Thiere breite Längsbänder erscheinen lassen, enthalten bei einem Durchmesser von 7,5 u einen centralen, verhält- nismäßig kleinen Nucleolus und liegen der Guticula meist dicht genä- hert. Dabei existirt aber nirgends eine scharfe Grenze zwischen dem großkernigen dichten Parenchym und dem kleinkernigen maschigen Mesenchym, vielmehr greifen beide in der mannigfachsten Weise in ein- ander über, und oft sieht man, wie Fasern aus dem einen in das andere unverändert hinübertreten. Genau so, wie wir sie im Vorderende ken- nen lernten, erscheint die Bildung der Leibesmasse im Hinterende jenseits der Geschlechtsöffnung, und eben so auch in der Mitte des Lei- bes, wenngleich sie hier in Folge der Kompression durch den Genital- tractus nicht so deutlich zur Erscheinung kommt. Dass übrigens thatsächlich die Gestaltung des Parenchyms von der Lage der inneren Organe direkt abhängig ist, erhellt besonders daraus, dass die Länge des massiven Vorderendes, je nachdem sich der Uterus mehr oder weniger weit nach vorn erstreckt, den mannigfachsten, aus naheliegenden Gründen besonders durch das Alter des Wurmes beein- flussten Schwankungen unterworfen ist. Im Bereich der Geschlechts- organe selbst tritt diese Abhängigkeit noch deutlicher hervor (Taf. XXIX, Fig. 2). Manchmal umgiebt hier die Leibeswand als ein gleichbreiter Saum die inneren Organe, meist aber ist das eine Ovarialrohr oder beide tief in das Parenchym hineingedrückt, zuweilen bis zur Berührung der 666 0. zur Strassen, Cuticula, und zu beiden Seiten quillt dann das elastische Parenchymge- webe in Gestalt zweier den Geschlechtskanal der Länge nach begleiten- den Wülste hervor. Auch am lebenden Thiere kann man sich leicht von der sehr geringen Festigkeit des Parenchyms überzeugen; dem Zerzupfen mit Nadeln setzt es kaum irgend welchen Widerstand entgegen, und oft habe ich, wenn unter dem Drucke des Deckglases der Uterus eines Wurms zerriss, gesehen, wie die Embryonen anscheinend ohne Schwie- rigkeit in das lockere Gewebe des Hinterendes hineinglitten. Das mesenchymatische Gewebe, welches in beiden Leibesenden den centralen Hohlraum erfüllt, tritt natürlich da, wo die Geschlechts- organe auftreten und den mittleren Raum des Leibes für sich bean- spruchen, zurück. Allein es verschwindet nicht; als ein feines, kleine dunkle Körnchen enthaltendes Netzwerk erfüllt es alle die großen und kleinen Spalträume zwischen den Schläuchen des Geschlechtsapparates und zwischen diesen und dem Parenchym der eigentlichen Leibeswand (Taf, XXIX, Fig. 2 msch). Anfangs hielt ich diese körnige Ausfüllungsmasse für Gerinnsel, für coagulirte Leibesflüssigkeit des Wurmes, bis es mir, besonders auf Längsschnitten gelang, den direkten Zusammenhang des Gentralgewebes der Körperenden mit jenem Füllsel nachzuweisen. Und meine letzten Bedenken schwanden, als ich hin und wieder in dem sonst kernlosen Gewebe Kerne von ca. 3 u. Durchmesser auffand, die sich in nichts von denen des centralen Mesenchyms unterscheiden. Übrigens fand ich mitunter Thiere mit so bedeutend entwickeltem Mesenchym, dass es auch in der Körpermitte eine zusammenhängende, gewöhnlich auch zahlreichere Kerne enthaltende Gewebsmasse bildete, in welche die einzelnen Theile des Geschlechtsapparates eingebettet lagen. Die Grenze zwischen den beiderlei Gewebsformen der Leibes- masse, die im Vorder- und Hinterende ja fast unmerklich in einander übergehen, ist in der Mitte des Wurmkörpers in der Regel ganz deut- lich; eine feine Membran umkleidet hier nach innen die parenchy- matische Leibeswand, während das Mittelgewebe keinerlei eigene Umgrenzungen zeigt. Ich erwähnte vorhin, dass die vier über den Leib hinlaufenden Muskelfelder unter einander eine gleiche Breite besitzen und sich da- durch von den Längsfeldern unterscheiden. Unterwirft man jedoch die Breitenverhältnisse der letzteren am äußersten, zugespitzten Vorder- ende einer Betrachtung, so zeigt sich, dass in dieser Gegend des Körpers auch die Längsfelder unter einander übereinstimmen. Da nun aber die Medianlinien ihre Breite auch dann noch unverändert oder fast un- verändert beibehalten, wenn nach hinten zu der Umfang des Körpers beträchtlicher wird, so sind es natürlich fast ausschließlich die Seiten- ee. Bradynema rigidum v. Sieb. 667 felder, die von der Erweiterung des Körpers betroffen werden. In der Mitte des Leibes (Taf. XXIX, Fig. 2) beanspruchen sie in Folge dessen rechts und links ziemlich genau ein Viertel des Gesammtumfanges, während auf jede der Medianlinien zusammen mit den beiden ihr an- liegenden Muskelfeldern ebenfalls je ein Viertel entfällt. Ich lege auf diese Breitenverhältnisse desshalb ein besonderes Gewicht, weil sie, wie wir später sehen werden, mit denen der Larve in auffallendem Grade übereinstimmen und dadurch für das Verständnis gewisser biologischer Verhältnisse von einiger Bedeutung sind. Über den Bau der, wie Jeder auf den ersten Blick erkennen muss, sehr stark verkümmerten Muskulatur vermochte ich trotz aller dar- auf verwendeten Mühe nur wenig in Erfahrung zu bringen, und dies Wenige habe ich der Hauptsache nach bereits mitgetheilt. Die Zahl der auf einem Muskelquerschnitt bei einander stehenden Strichel beträgt etwa 30 bis 40. Oft sind dieselben niedrig und kaum zu erkennen, zuweilen aber erheben sie sich zu einer Länge von fast 2 u und er- scheinen dann im Querschnitte als kurze, dünne, nach innen gerichtete Fädchen. Vermuthlich haben wir in diesen Fädchen die Überreste der Fibrillen vor uns, doch ist es auch nicht völlig ausgeschlossen, dass die Strichel nur die Zwischenräume zwischen denselben darstellen, die Fibrillen also jedes Mal dem Zwischenraume zwischen zwei Stricheln entsprächen; ich vermochte mir darüber keine Klarheit zu verschaffen, denn weder durch Zerzupfen, noch durch chemische Mitiel gelang es mir jemals, die Fibrillen zu isoliren. Die Streifen eines Muskelfeldes scheinen alle einander parallel zu verlaufen (Taf. XXIX, Fig. 5), doch ist nicht etwa daran zu denken, dass die Länge einer jeden Fibrille der des ganzen Thieres gleichkäme; dass dies nicht der Fall ist, be- weisen die Auskeilungen, die man überall zwischen den Fibrillen beobachten kann, aufs deutlichste. Gleichwohl ist es bei der Klein- heit und Undeutlichkeit des ganzen Gebildes so gut wie unmöglich, eine Faser über eine längere Strecke zu verfolgen und so ihre absolute Länge zu bestimmen. Der »Marksubstanz« anderer Nematoden ist das lockere, dem centralen Mesenchym ähnliche Gewebe homolog, welches über den Muskelfeldern liegt, ohne indess von den benachbarten dichteren Parenchymmassen scharf geschieden zu sein. Nur in einigen seltenen Fällen, und dann immer nur in der Leibesmitte, beobachtete ich, dass das lockere den Muskelfeldern auflagernde Gewebe durch eine äußerst dünne Membran gegen die übrige Leibeswand abgegrenzt er- schien. Die Scheidelinie (Taf. XXIX, Fig. 5), welche ein Muskelfeld von dem anstoßenden Längsfelde trennt, nimmt keinen geraden Ver- lauf, sondern zeigt mannigfache Schlängelungen und gegen das Längs- 668. 0. zur Strassen, feld vorspringende Zacken, wie man sich an Flächenpräparaten leicht überzeugen kann. Welches die Bedeutung dieser zuweilen sehr scharf hervortretenden Grenzlinie sei, ist mir verborgen geblieben. Ich habe mich bei der Schilderung der eigenthümlichen und in allen ihren Theilen so auffällig variabeln Leibeswand unseres Bradynema darauf beschränkt, lediglich die anatomischen Verhältnisse der ver- schiedenen Gewebsformen darzustellen. Die eingehendere Deutung der- selben, den Vergleich mit den entsprechenden Gebilden anderer Nema- toden muss ich noch aufschieben, bis wir den Bau und die Entwicklung der Leibeswand bei Embryonen und Larvenformen kennen gelernt haben werden. Außer dem Geschlechtsapparate enthält der Leibesschlauch keiner- lei Organe. Das Entoderm des Darmes scheint, ohne eine Spur hinter- lassen zu haben, verschwunden zu sein, eben so findet sich nirgends, die leiseste Andeutung eines Exkretionssystems, oder der für Mund und After bestimmten Öffnungen der Haut. Dass sogar das Nervensystem fehlt, erscheint bei einem doch immerhin bewegungsfähigen Thiere recht auffallend. Nie enthält die Leibeswand unserer Würmer deut- liche, mit einem eigenen Kerne versehene Zellen, die man mit den Ganglienzellen anderer Nematoden vergleichen könnte. Dabei besitzt Bradynema außer der Fähigkeit, sich zu bewegen, noch die, auf äußere Reize zu reagiren; denn kaum erwärmt man die den Wurm ent- haltende Flüssigkeit ein wenig, so antwortet er alsbald durch ganz wesentlich erhöhte Lebhaftigkeit seiner Bewegungen. Es ist klar, dass die geringfügigen Reste einer Muskulatur, die dem Wurme geblieben sind, keinerlei Bewegungen zu veranlassen vermögen: das kontraktile Parenchym hat die Funktion der Muskeln übernommen. So scheint es, dass auch die nervösen Funktionen auf das Parenchym übergegangen sind. Leurirr! hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Bewegungen der Nematoden fast ausschließlich in der Richtung der Medianebene er- folgen, und zwar mit solcher Präcision, dass kleine Nematoden unter dem Deckglas fast immer genau die Profillage einhalten. Nun dürfen wir als sicher annehmen, dass je zwei Muskelfelder von der zwischen ihnen lie- genden Medianlinie aus, vermittels der Querfortsätze oder sonst irgend- wie innervirt werden, und es ist leicht zu verstehen, dass dann durch gleichzeitige Kontraktion entweder nur des oberen oder nur des unteren Muskelpaares jedes Mal eine dorsoventrale Bewegung erfolgen wird. Es stimmt demnach gut zu meiner Annahme des Überganges nervöser und kontraktiler Funktionen an das allgemeine Körperparenchym, wenn wir sehen, dass die Bewegungen des Bradynema niemals im geringsten 1 LEUCKART, Parasiten des Menschen. II, p. 13, Bradynema rigidum v. Sieb. 669 nach irgend einer Ebene orientirt sind und gerade dadurch auf den ersten Blick so wenig nematoden-ähnlich erscheinen. Genitalapparat. Der Geschlechtsapparat ist wie bei allen Parasiten, deren animale Organe stark zurückgebildet sind, mächtig entwickelt. Zwar ist, wie bei Allantonema, nur ein einziger Genitalschlauch vorhanden, aber allein schon der Uterus nimmt zur Zeit der höchsten Geschlechtsentwicklung weit mehr als die Hälfte des Gesammtvolumens in Anspruch, während das Ovarium mit seinem Oviducte ihm gegenüber eine geringere Rolle spielt. Die Spitze des Ovariums liegt beim erwachsenen Thiere sehr regelmäßig nahe am Vorderende, etwa auf der Grenze des ersten Fünftels der Leibeslänge. Von hier aus läuft es in welligem Verlaufe, aber ohne den Uterus öfter als höchstens einmal zu umschlingen, bis kurz vor die Genitalöffnung. Hier biegt es scharf nach vorn um und ver- folgt denselben Weg, den es vorher nahm, zum zweiten Male, so dass der erste und der zurücklaufende Theil der ganzen Länge nach parallel und meist dicht an einander geschmiegt verlaufen. Am Vorderende angelangt, biegt die Röhre wieder nach hinten um, erweitert sich jetzt aber rasch und wird zum Eier und Embryonen enthaltenden Uterus, der ohne irgend eine Biegung als ein mächtiger, überall gleich breiter Schlauch nach hinten zieht und an der kegelförmig erhabenen Genitalöffnung ausmündet. Der feinere Bau des Geschlechtsapparates unterscheidet sich in nichts von dem anderer Rundwürmer. Die äußere Umhüllung wird von einer kontinuirlichen glashellen Membran gebildet, welche gegen das Ende des Uterus hin sich allmählich verdickt und endlich unter Bildung einer kreisförmigen, ziemlich scharfen Grenzlinie in die dünne, das Parenchym von innen auskleidende Haut übergeht. Die Innenfläche dieser Membrana propria des Genitalapparates ist mit einer hellen, fein- körnigen Plasmaschicht belegt, welche Kerne, aber nirgends deutliche Zellgrenzen erkennen lässt und je nach den verschiedenen Regionen mancherlei abweichende Ausbildung erfährt. Wie bei allen Nematoden, so bildet auch bei unserem Wurme die Körnerschicht im äußersten blinden Ende des Ovariums eine nicht unbeträchtliche, polsterförmige Verdiekung, welche genau terminal einen einzigen großen Kern von 9 »ı Durchmesser enthält (Taf. XXIX, Fig. 6 1%). Gegen den Inhalt des Ovariuımms, dem sie wie eine Kappe aulfsitzt, ist die Terminalverdiekung stets sehr scharf abgegrenzt, während sie mit dem Plasmabelage ringsum in kontinuirlicher Verbindung steht. Eben so wenig unterscheidet sich der Terminalkern selbst von den übrigen, in ziemlich großen Abständen 670 0. zur Strassen, im Körnerbelag eingebetteten Kernen, wenn auch die letzteren in Folge des auf sie wirkenden bedeutenderen Druckes in der Regel stark ab- geplattet sind und desshalb den Terminalkern an Größe zu übertreffen scheinen. Denn alle diese Kerne besitzen eine nicht unbeträchtliche Elastieität: völlig abgeplattet, wo der Raum knapp ist, nehmen sie Kugelgestalt an, sobald eine Änderung in den Druckverhältnissen es ihnen gestattet. An zwei Stellen der Geschlechtsröhre erfährt die Plasmaschicht eine ganz besonders mächtige Entwicklung, am Eingange in den Uterus und an seiner Ausmündung nach außen. Da wo der Oviduct in den weiten Fruchthälter übergeht, befindet sich das Becep- taculum seminis (Taf. XXIX, Fig. 9) als eine etwas verengte Stelle von ca. 0,25 mm Länge, die schon an lebenden Thieren in Folge ihrer Hellig- keit gewöhnlich leicht aufzufinden ist. Schon eine Strecke vorher sieht man, wie der innere Belag der Oviduetwandung sich allmählich ver- dickt, wobei die Kerne zahlreicher werden und in Folge des vermin- derten Druckes eine immer rundlichere Gestalt annehmen. Den Ein- gang in das Receptaculum selbst bilden drei auf gleichem Querschnitt stehende mächtige Erhebungen des Belages, die sich in der Mitte be- rühren und sackförmig in den Raum des Receptaculums überhängen. Hinter diesem dreifachen Zellenthore kehrt das Epithel völlig unver- mittelt zu seiner früheren Dicke zurück und schwillt erst am Ende des Receptaculums wieder an, um gegen den Uterus ein zweites Ventil zu bilden. Diesmal stehen die Zotten weniger regelmäßig angeordnet, ihre Zahl scheint zu wechseln, auch sind sie länger und hängen oft noch ein gutes Stück in den Uterus hinein. Das Gewebe der Zotten, der hinteren sowohl als der vorderen, ist fast homogen und viel heller als der übrige Körnerbelag. Gegen die Membrana propria zu wird es ohne scharfe Grenze dichter und dunkler und enthält runde Kerne von 7 u Durchmesser. Auch erkennt man an der Innenfläche einen feinen aber deutlichen Guticularsaum, der vermuthlich auch dem Plasma- belage des Oviductes nicht fehlt und nur in Folge der ungünstigeren Verhältnisse sich dort nicht nachweisen lässt. Der von den beiden Sperrvorrichtungen eingeschlossene Raum ist, besonders zu Beginn der Geschlechtsproduktion, dicht von einer hellbräunlichen, aus lauter glänzenden Pünktchen zusammengesetzten Masse erfifllt, in der wir später das Sperma unseres Wurmes kennen lernen werden. Die Be- deutung des doppelten Zottenapparates ist leicht zu verstehen; in zweckmäßiger Weise macht er es unmöglich, dass Eier, welche einmal aus dem Oviduct in das Receptaculum, oder aus diesem in den Uterus übergetreten sind, durch die wechselnden Druckverhältnisse des be- weglichen Wurmleibes wieder zurückgedrängt würden. Bradynema rigidum v. Sieb. 671 Ähnlich sind Bau und Wirkung desjenigen Ventils, welches, ganz wie bei Allantonema, den Austritt der Embryonen aus der Uterusmündung zu regeln hat (Taf. XXIX, Fig. 10). Hier besteht der Apparat aus einer wechselnden Anzahl mächtiger Zotten, deren Gewebe sehr deutlich in einen dichteren Basaltheil und einen hellen, gewöhnlich den Kern ent- haltenden, distalen Abschnitt zerfällt, eine Trennung, die besonders nach Behandlung mit Boraxkarmin sehr klar hervortritt. Wie im Re- ceptaculum, so sind auch hier die Zotten an ihrer freien Fläche von einer chitinigen Cuticularbildung überzogen, die hier allerdings wesent- lich deutlicher ins Auge fällt, und besonders gegen die Ausmündung hin eine nicht ganz unbeträchtliche Dicke erreicht. Der Uterus macht an dieser Stelle eine kurze, rechtwinkelige Wendung gegen die Bauch- seite zu. Nun durchbricht er aber nicht etwa die Leibeswand in der Weise, dass seine Membrana propria mit der Cuticula des Wurmes in Verbindung tritt, sondern er legt sich nur an die Bauchwand an, und die Membrana propria verschmilzt vielmehr mit der dünnen, das Paren- chym innen überziehenden Chitinlamelle. Die Zotten verwachsen ihrer- seits an ihren Basaltheilen mit dem Parenchym, ihre freien Flächen jedoch bilden einen engen, die Leibeswand durchbohrenden und auf der Spitze des Vulvakegels ausmündenden Kanal. Die chitinige Wan- dung dieses Kanals, der sich in der Mitte seines Verlaufes kragenförmig nach hinten umschlägt, ist nichts Anderes, als der etwas verdickte Cuticularsaum der Uteruszotten. Er ist es auch, nicht die Propria, der an der Mündung ohne sichtbare Grenze in die mittlere Schicht der Körperhaut übergeht. Die Stäbchenschicht der letzteren nämlich zieht sich unter allmählicher Verdünnung nur bis auf die Spitze des Vulva- kegels hinauf, um hier zu verschwinden. In dem langen Genitalschlauche geht die Entwicklung der Eier nur langsam vor sich. Der schmale Anfangstheil des Ovariums scheint aus einer hellen, durchsichtigen Plasmamasse (Taf. XXIX, Fig. 6 kl) zu bestehen, in welche zahlreiche, ziemlich gedrängt stehende Kerne von %,2 u Durchmesser eingebettet liegen. Ich drücke mich absichtlich so vorsichtig aus, denn ganz klar vermochte ich über diesen Punkt nicht zu werden. Sicherlich sind die Zellgrenzen, wenn solche überhaupt vorhanden sind, sehr undeutlich, und am lebenden Objekte sowohl wie am konservirten kaum nachzuweisen. Aber die sehr regelmäßigen Abstände der Kerne, sowie der ganz unmerkliehe Übergang zu dem Theile des Ovariums, dessen Masse in unverkennbare Zellen geschieden ist, lassen die Annahme, dass jeder Kern von Anfang an von einem eigenen Plasmahofe umgeben sei, als durchaus nicht unmöglich er- scheinen. Auf der anderen Seite macht das spätere Auftreten einer 672 0. zur Strassen, Rhachis in der Längsachse des Ovariums wiederum das Gegentheil wahrscheinlicher. Der Inhalt des Ovariums steht in keinerlei fester Verbindung mit dem Körnerbelage des Organs, denn durch vorsichtiges Zerreißen gelingt es nicht selten, größere Portionen der Keimsäule aus ihrem Futterale herauszubekommen. Bevor es zur Bildung der Rhachis kommt, erfahren die Kerne eine Reihe von Umwandlungen. Im Anfangstheile des Ovariums enthält jeder Kern außer einem centralen Nucleolus eine beträchtliche Menge kleiner an der Kernmembran zerstreut liegender Chromatinkörnchen. Allein schon in geringer Entfernung von der Spitze ändert sich dies Verhalten. Wir sehen dann den ganzen Kernraum von Chromatin- pünktchen erfüllt, die sich im weiteren Verlaufe zu mitotischen Figuren ordnen und nach erfolgter Durchschnürung wiederum zur Vertheilung während der Bläschenform zurückkehren. Nach kurzer Ruhe erfolgt eine zweite Theilung der Kerne, und nun beginnen die Eizellen sich in einer einschichtigen Zone um die auftretende Rhachis zu gruppiren. Anfangs liegen viele von ihnen, acht bis zehn, auf einem einzigen Quer- schnitte (Taf. XXIX, Fig. 7) und zwar in ziemlich regelmäßigen Längs- reihen, wie die Körner eines Maiskolbens. Da aber ihrer Größen- zunahme durchaus keine Erweiterung des Ovariallumens entspricht, müssen sie sich späterhin in anderer Weise arrangiren; die Ordnung der Längsreihen geht verloren, immer weniger Zellen finden auf demselben Querschnitte Platz, und ungefähr am ersten Umschlage des Ovariums enthält dasselbe nur noch zwei Reihen ziekzackförmig, wie die Zellen eines Rhabditidendarmes, alternirender Eier. Kurz danach verschwindet die Rhachis, deren Dicke wesentlich abgenommen hatte, vollkommen, und die frei gewordenen Eier ziehen ihre Stiele ein, um sich in einer einfachen Reihe hinter einander zu ordnen. Zu dieser Zeit haben die Kerne bereits die beträchtliche Größe von 40 u erreicht, und die Eier sind in Folge zahlreicher in das Plasma eingelagerter Dotterkugeln dunkel und undurchsichtiggeworden. Als verschwindend feine Pünktchen treten die Dotterelemente zuerst in der Plasmamasse des Keimfaches auf, wachsen aber rasch an Zahl wie an Größe und erfüllen gleichmäßig Eizellen und Rhachis. In chemischer Hinsicht gleicht der Dotter den Fettkugeln, die im Parenchym des Wurmes zerstreut liegen. Wie jene erleidet er durch Überosmiumsäure eine intensive Bräunung, ist löslich in Äther und Terpentin, weniger leicht in Benzol, und wird durch starke Kalilauge in nur geringem Grade angegriffen. Während die Eizellen nun langsam im Oviducte vorwärts geschoben werden, erleiden sie noch einige weitere Veränderungen. Ihre Größe nimmt zu, so dass sie zuletzt eine Länge von etwa 40 u besitzen, und x Bradynema rigidum v. Sieb. 673 da die Dotterelemente sich vermehren und dichter an einander rücken, so ist zuletzt der Kern, der einen Durchmesser von 12 u erreicht hat, kaum noch als ein heller Fleck erkennbar. Kurz bevor die Eier das Receptaculum erreicht haben, beginnen dann an ihnen die letzten Reifeerscheinungen einzutreten, deren Verlauf zugleich mit der ferne- ren Entwicklungsgeschichte im folgenden Abschnitt behandelt werden wird. Embryonalentwicklung. Bradynema gehört zu denjenigen Nematoden, deren Eier in Folge der verdunkelnden Dottermassen und ihrer Kleinheit zu Studien über die Reifung, Befruchtung und Theilung ihres Kernes wenig geeignet er- scheinen. Die Untersuchung am lebenden Ei bietet nur geringe Auf- klärung, und nimmt man das Studium von Schnittserien zu Hilfe, so sind es wiederum die Dottermassen, die durch ihr Gerinnen und In- einanderfließen die Klarheit der Schnittbilder beeinträchtigen. Ferner ist bei der Langsamkeit der Geschlechtsproduktion einerseits und der Kürze derjenigen Zeit andererseits, in welcher sich die Veränderungen des Eikernes abspielen, verständlich, dass man nur selten Kerntheilungs- figuren zu sehen bekommt und dann noch über ihre Aufeinanderfolge im Unklaren ist. So ist es mir nicht geglückt, die ganze Folge der Er- scheinungen mit Sicherheit festzustellen; immerhin dürfte das Wenige, das meine Untersuchung mir ergab, von einigem Interesse sein. Lebende Eier konnte ich in ?/,°/iger Kochsalzlösung lange Zeit am Leben er- halten, doch musste ich, um nur einigermaßen deutliche Bilder zu be- kommen, bei der Untersuchung jedes Mal einen nicht allzu gelinden Druck auf das Ei ausüben, und davon gingen sie dann erklärlicher- weise rasch zu Grunde. Zur Konservirung verwendete ich heißes Subli- mat mit nachfolgender Boraxkarminfärbung, und besonders die stär- kere Formel von Fremming’s CGhrom-Osmium-Essigsäure, welche mit verschiedenen Anilinfarben schöne Kernbilder lieferte. Dem gegenüber hatte Sublimat den Vortheil, die Dotterelemente weniger zusammen- fließen zu lassen, und war desshalb für das Studium von Furchungs- stadien im Allgemeinen geeigneter. Reifung und Befruchtung des Eies. Das ausgewachsene Ei im Oviducte hat einen großen, 10-—12 u messenden Kern mit starker Membran, welche die ärgsten Pressungen erträgt, ohne zu zerreißen, und mit einem centralen Kernkörperchen von etwa % u Durchmesser. Schon an der lebenden Eizelle, beson- ders scharf aber an Osmium-Safranin-Präparaten, erkennt man, dass in 674 0. zur Strassen, dem kugelrunden Nucleolus eine große, randständige Vacuole und eine Anzahl kleinerer derartig angeordnet sind, dass die zwischen ihnen liegende, intensiv färbbare Chromatinsubstanz eine schleifenähnliche Figur zu bilden scheint. Außerdem liegen noch viele kleine Chromatin- körner, ob frei oder an einem Fadengerüst, vermochte ich nicht zu entscheiden, im Kerne zerstreut. In der Nähe des Receptaculums nun ändert sich dies Verhalten. Das Chromatin des Kernkörperchens näm- lich ordnet sich hier in der Weise an, dass es als eine peripherische Schicht einen inneren Hohlraum umgiebt, während das vorher im Kern- raume zerstreute Chromatin sich nun dicht um den Nucleolus gruppirt. Gleich darauf verschwindet die Kernmembran und für längere Zeit bleibt der Kern völlig unsichtbar, so dass sich im Oviducte vor dem Receptaculum fünf bis zehn anscheinend kernlose Eier befinden. Es ist mir auffallenderweise nicht gelungen, den unsichtbar gewordenen Kern solcher Eier auf Schnittserien aufzufinden; doch kann es nicht zweifelhaft sein, dass zu dieser Zeit die Bildung des ersten Richtungs- körperchens erfolgt. Nunmehr ist das Ei bis an das Receptaculum selbst herangerückt, in dessen mittlerer Abtheilung die dichte, feinpunktirte Masse der win- zigen Samenelemente liegt. Jedes einzelne derselben ist, so weit sich das bei der geringen Größe von 0,6 u entscheiden lässt, kugelrund und scheint fast ausschließlich aus Chromatin zu bestehen. Durch diese Spermamasse und die beiden stark verengten Zugänge des Receptaculum zwängt sich das Ei hindurch, wobei es sich oft auf das Doppelte seiner ursprünglichen Länge ausdehnt; ohne Frage wird es während des Durch- schlüpfens befruchtet. Indess dürfte es bei der Kleinheit des Samen- elementes fast unmöglich sein, das Eindringen desselben genauer zu verfolgen. Nachdem das Ei in den Uterus übergetreten ist und seine ovoide Form wieder angenommen hat, erhält es zunächst eine zweifache Um- hüllung (Taf. XXIX, Fig. 11). Eine sehr dünne, durchsichtige Membran hebt sich — vielleicht sofort nach der Befruchtung, um das Eindringen weiterer Spermatozoen zu verhindern — vom Plasma des Eies ab, und eine zweite, weit derbere, aber ebenfalls durchsichtige und struktur- lose Eihaut wird vom Plasmabelag des Uterus geliefert. Zwischen den beiden Häuten kann man jetzt unter günstigen Umständen das erste Richtungskörperchen erkennen, welches als rundliches helles Bläschen von 4,3 u dem einen Eipole aufsitzt, bis dahin aber der Beobachtung sich entzogen hatte. Wie es kommt, dass das Richtungskörperchen, so lange es durch die vom Uterus gebildete Eischale noch nicht einge- sperrt ist, niemals verloren geht, trotz all des Drückens und Schiebens, Bradynema rigidum v. Sieb. 675 dem das Ei beim Passiren des Receptaculum. ausgesetzt ist, vermag ich nicht zu sagen. Möglicherweise bestand schon vor seiner Ausstoßung eine unmessbar feine äußere Verdichtung des Eiplasmas, welche das abgeschnürte Bläschen festhält, vermöge seiner außerordentlichen Fein- heit jedoch dem Eindringen des Spermatozoon keinen Widerstand ent- gegenzusetzen vermag. Dieselbe Membran würde dann im Uterus als Basis für die Abscheidung der äußeren Eischale dienen und so deren Entstehung bei der geringen und nicht allseitigen Berührung des Eies mit den Uteruswänden verständlicher machen. Nach dem Übertritt des Eies in den Uterus ist von kernartigen Ge- bilden zunächst immer noch nichts zu sehen. Bald aber tritt in der Nähe der Peripherie ein radial gestellter, heller Streifen auf, und kom- primirt man jetzt das Ei vermittels des Deckgläschens ein wenig, so erkennt man hier eine kurze, aus drei hinter einander liegenden Kugeln gebildete Säule, welche mit dem distalen Ende die Oberfläche des Eies berührt (Taf. XXIX, Fig. 11). Auf Schnittserien lässt sich ein noch früheres Stadium beobachten (Taf. XXIX, Eig. 16). An derselben Stelle findet man dann zwei sich berührende Kerne, deren äußerer im wei- teren Verlaufe Spindelform annimmt und eine Äquatorialplatte zeigt, welche aus zwei parallelen Reihen kleiner Chromatinkügelchen ge- bildet wird. Durch Theilung entsteht daraus die dreikernige Säule, die man auch am lebenden Ei aufzufinden im Stande ist. Wie nun aber der äußerste der drei Kerne als zweiter Richtungskörper nach außen hervortritt, — denn darum handelt es sich offenbar bei dem geschilder- ten Vorgange, — hatte ich keine Gelegenheit zu beobachten. Gleichwohl ist an der Thatsache nicht zu zweifeln, denn von dieser Zeit ab trägt jedes Ei an dem einen Pole zwei neben einander liegende Richtungs- körper, zwischen denen, wie man bei günstiger Lage konstatiren kann, die dünne, jetzt abgestoßene innere Eihaut hindurchzieht (Taf. XXIX, Fig. 12). Die beiden übrig bleibenden Kerne rücken nun unter fortwähren- der beträchtlicher Vergrößerung ihres Volumens in die Mitte des Eies nd liegen hier endlich als zwei dicht an einander gedrängte, helle Kugeln von genau gleicher Größe und Beschaffenheit, bald der Längs- achse parallel, bald quer zu derselben, oder auch in schiefer Richtung gelagert (Taf. XXIX, Fig. 12). Beide Kerne lassen jetzt an Klarheit nichts zu wünschen übrig, ihre Membranen treten sehr scharf hervor, und jeder Kern enthält im Centrum einen nicht weniger deutlichen Nucleo- lus. Es kann nach den Untersuchungen zahlreicher Forscher, die uns die eingehendste Kenntnis der Befruchtungsvorgänge im Ascaris-Eie verschafft haben, keinem Zweifel unterliegen, welche Bedeutung diesen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LIV, Bd, AR 676 0. zur Strassen, beiden Kernen zukommt: es sind der männliche und der weibliche Pronucleus. Wir sehen also, dass das winzige Samenkörperchen nach seinem Eindringen in das Ei eine Gestalt und Größe gewonnen hat, welche sich von seinem ursprünglichen Verhalten in außerordentlich hohem Grade unterscheidet. Schon allein der Durchmesser ist von 0,6 wauf fast 7 u gestiegen, hat sich also um mehr als das Zehnfache vergrößert. Während der nun folgenden Verschmelzung 7 beiden Kerne, deren Kontouren durch Auflösung der Membranen rasch wieder un- deutlich werden, so dass man nur einen länglichen, unregelmäßig begrenzten Fleck an ihrer Stelle im Mittelpunkte des Eies beobachtet (Taf. XXIX, Fig. 13), betheiligt sich auch das Eiplasma selbst an den Bewegungserscheinungen. Unter mannigfachen langsamen Gestaltver- änderungen des Eies rücken die Dotterkugeln, die bis dahin ganz gleichmäßig durch das Eiplasma vertheilt waren, in die peripherische Schicht, so dass im Centrum nur feinkörniges, durchscheinendes Proto- plasma von hellgraulicher Färbung zurückbleibt. Der Anfangs biskuit- förmige helle Kernfleck rundet sich nun zu einer länglichen, genau in der Längsachse des Eies orientirten Spindel, an deren beiden Polen die Gentrosomen als helle, runde, von einer scharfen Strahlensonne umgebene Kreise sichtbar werden (Taf. XXIX, Fig. 14). Die Gentro- somen rücken nun, indem sie die Kernspindel in die Länge ziehen, weit von einander, und unter ihrem Einflusse theilt sich das Ei in die zwei ersten Furchungskugeln. Eine kurze Zeit lang berühren sich diese nur an einer beschränkten Stelle, bald aber rücken sie wieder so weit zu- sammen, dass ihre Kontouren fast zu einem gemeinsamen Oval ver- schmelzen. Nun werden auch die beiden neu entstandenen Kerne allmählich klar, und jeder von ihnen lässt in seinem Inneren zwei gleich große, kugelrunde, quer zur Längsachse gestellte chromatische Körper erkennen (Taf. XXIX, Fig. 15). Anfangs liegt neben jedem Kerne noch das zugehörige Gentrosoma mit seiner Strahlenfigur, die allerdings an Deutlichkeit stark verloren hat, und sammt dem CGentrosoma allmäh- lich ganz verschwindet, während der Kern die typische Bläschenform mit einem einzigen Nucleolus wieder annimmt. Der ganze Theilungs- vorgang von der Zeit an, in welcher die beiden einander berührenden Vorkerne undeutlich zu werden beginnen, bis zur fertigen Ausbildung der neuen Kerne, nimmt einen Zeitraum von etwa zwei Stunden in Anspruch. Die Resultate, die ich über das feinere Verhalten der Kerne, be-$ sonders der Schicksale der chromatischen Substanz, durch das Studium von Schnittserien erhielt, sind leider weniger lückenlos, so dass ich Bradynema rigidum v. Sieh, 677 ‚ picht einmal im Stande bin, die Zahl der Idanten anzugeben. Die bei- den Vorkerne enthalten, wieauch am lebenden Ei mit aller Sicherheit zu erkennen ist, je einen großen, runden chromatischen Nucleolus, welcher nach seinem Aussehen und seinem Verhalten den Farbstoffen gegen- über dem Nucleolus des unreifen Eies sehr ähnlich ist, auch wie jener helle, runde Vacuolen enthält. Diese Nucleoli zerfallen nach der Ver- schmelzung der beiden Vorkerne in eine Anzahl, wie ich gefunden zu haben glaube, zusammen vier kleinere Kügelchen, die durch den Kern- raum zerstreut liegen. Ein wandständiges chromatisches Gerüst, wie Boverı! es in den Kernen der Ascaris megalocephala beschreibt, konnte ich niemals auffinden, obwohl meine mit Frenmine’scher Mischung kon- servirten und in alkoholischem Safranin gefärbten Schnitte an scharfer Differenzirung nichts zu wünschen übrig ließen. Aus den zerstreuten Chromatinbrocken bildet sich eine dicke Äquatorialplatte, deren weitere Analyse mir nicht gelang, und aus dieser in der typischen Weise zwei bogenförmig gekrümmte Tochterplatten. Die letzteren müssen dann wohl durch Zerfall die beiden quer zur Längsachse gestellten Körner entstehen lassen, die wir schon am lebenden Ei gleich nach der Theilung erkennen konnten. Dieses Stadium mit zwei Nucleolis spielt überhaupt bei den Kerntheilungen unseres Bradynema eine große Rolle. Nicht nur in den Eiern selbst ist es weitaus am häufigsten von allen Theilungs- bildern anzutreffen, auch in den Kernen aller älteren Furchungsstadien, wie später in den wachsenden Geweben, sehen wir sein Bild in Menge wiederkehren. Ob freilich, wie man denken möchte, durch die beiden Nucleoli die in Zweizahl vorhandenen Idanten repräsentirt werden, kann ich nicht entscheiden. Gebilde, welche sich den Kernschleifen des Ascaris-Eies vergleichen ließen, habe ich niemals angetroffen. Dass übrigens dasselbe Theilungsstadium, wie es bei unserem Bradynema die Kerntheilung einleitet und schließt, auch bei anderen Nematoden vorkommt, beweist eine Bemerkung Bürscurr’s?, der an den Furchungs- kugeln der Rhabditis dolichura »vor der Theilung in den Kernen zwei Kernkörperchen beobachtete« und eine Abbildung giebt, welche eben so gut auf ein in Dreitheilung begriffenes Ei von Bradynema Bezug haben könnte. Noch auf eine Eigenthümlichkeit des Eies unseres Parasiten möchte ich hinweisen, welche mir nicht ohne Interesse zu sein scheint. In Sublimat gehärtete und mit Boraxkarmin gefärbte Eier nämlich zeigen auf dem Stadium der Kernspindel mit Äquatorialplatte eine auffallende 1 Boverı, Zellenstudien. Il. Befruchtung und Theilung des Eies von Ascaris megalocephala. 2 BürscaLı, Freilebende Nematoden. Nova Acta. XXXVI. p. 104. 44% 678 0. zur Strassen, Scheidung des Eiplasmas in zwei koncentrische Schichten (Taf. XXIX, Fig. 19, 20). Der innere Theil, der die Kernspindel enthält, ist hell und wenig gefärbt, während die äußere Zone des Eies als ein breiter Saum von dunkelrothem Plasma erscheint. Am schärfsten tritt diese Differenzirung der beiden Plasmen während der Bildung der beiden Tochterplatten auf, etwas schwächer erscheint sie zur Zeit der Äquato- rialplatte, noch früher und nach der Theilung des Kernes ist nichts davon zu bemerken. Das ganze Ei ist dann gleichmäßig roth gefärbt, in einer Nuance, welche zwischen jenen beiden ungefähr die Mitte hält. Die beschriebene Reaktion ist so auffallend, dass sie mich in den Stand setzte, bei schwacher Vergrößerung die Eier jener Stadien mit Leichtigkeit und absolut sicher auf meinen Präparaten herauszufinden. Boverı! hat in jüngster Zeit überzeugend nachgewiesen, dass im Plasma der Eizelle eine von ihm als Archoplasma bezeichnete Substanz enthalten ist, welche, Anfangs gleichmäßig durch die Zellmasse ver- theilt, sich während der Kerntheilung im Umkreis der Centrosomen sammelt, und die Strahlenfiguren sowie die achromatischen Theile der Spindel aus sich hervorgehen lässt. Ganz dasselbe ist bei Bradynema der Fall; die helle, feinkörnige Masse, die sich schon frühzeitig im Mittelpunkte des Eies zusammenzog, so dass die Dotterkugeln an die Peripherie zu wandern schienen, eben so wie der auf Karminpräparaten und zwar nur während der höchsten Thätigkeit der Centrosomen her- vortretende helle Innenraum sind offenbar nichts Anderes, als das Archoplasma des Bradynema-Eies. Eifurchung. Die Eifurchung der Nematoden, die gerade hier in den Anfangs- stadien so hübsch zu verfolgen ist, wurde mehrfach eingehenden Unter- suchungen unterzogen. Allein die Ansichten der Autoren gehen einiger- maßen aus einander, nicht sowohl in Bezug auf den Furchungsmodus selbst, denn dieser kann bei verschiedenen Species natürlich verschieden sein, als vielmehr darüber, in wie weit bei jeder Art die Theilungen und ihre Reihenfolge durch bestimmte Gesetze geregelt sind. Harızrz? fand nach seinen Beobachtungen an 11 Nematodenspecies die strengste Ge- setzmäßigkeit im Verlaufe der Furchung, so dass er bei Ascaris megalo- cephala noch auf einem Stadium von 24 Zellen jede einzelne zu num- meriren und auf das ungetheilte Ei zurückzuführen vermochte. GoETTE ?, der einige Jahre vorher die Entwicklung des Rhabdonema nigrovenosum ! Bovsrı, Zellenstudien. II. p. 62. ? Haurez, Recherches sur ’Embryog6nie de quelques N&matodes. % GoETTE, Entwicklung d. Rhabditis nigrovenosa. p. 60. Bradynema rigidum v, Sieb. 679 . studirt hatte, »beobachtete eine bemerkenswerthe Regelmäßigkeit in den Lagebeziehungen der Blastomeren«, während er angiebt, dass die Reihenfolge der Theilungen eine schwankende sei. SrruseLL! endlich verwirft in seiner Arbeit über Heterodera Schachtiüi die schematischen Entwicklungstabellen, nach denen Hırırz die Furchungskugeln sich theilen und gruppiren lässt, und erklärt, von den allerersten Stadien abgesehen, Reihenfolge wie Orientirung der Furchungen des Heterodera- Eies für schwankend und fast regellos, so dass es schon bei der Sechs-, Acht- und Zehntheilung zu weit führen würde, alle Modifikationen zu schildern. Ich meine, es wäre doch recht überraschend, wenn innerhalb einer so eng umschriebenen Thiergruppe die fundamentalen Vorgänge der Eifurchung in so verschiedenem Maße geregelt wären. Berücksichtigt man ferner, dass jede der 11 Arten, die Hııırz’ sorgfältigen Unter- suchungen zu Grunde lagen, in ihrer Furchung die strengste Gesetz- mäßigkeit erkennen ließ, so wird man vielleicht die Richtigkeit der StrugeLL'schen Ansicht in Zweifel ziehen müssen. Meine eigenen Er- fahrungen schließen sich denen des französischen Forschers voll- kommen an. Bei Bradynema findet sich im Verlaufe der Furchung, so lange wenigstens überhaupt eine Kontrolle möglich ist, niemals die geringste Abweichung weder in der zeitlichen Auf- einanderfolge noch in der Richtung der Furchungen, und die Verschiedenheit in der Anordnung der Blastomeren, die zu einer gewissen Zeit auftreten kann, ist stets eine vorübergehende und nur durch mechanische Ursachen bedingte. Schon die erste Furchungsebene theilt das Ei in zwei ungleiche Hälften (Taf. XXX, Fig. 23). Die hintere Kugel ist größer und plumper als die vordere, und zwar in einem ziemlich auffallenden Grade, denn ihre Längen verhalten sich sehr regelmäßig wie 4:5. Gewöhnlich trägt die kleinere Hälfte am vordersten Ende die beiden Richtungskörper, die zuweilen bis in späte Entwicklungsstadien diese Lage beibehalten. Oft genug aber werden sie beide, oder das eine von ihnen durch die wechselnden Bewegungen des Eiplasmas während der Gopulation der Pronuclei aus ihrer Stellung gedrängt, und dann gerathen sie gewöhn- lich in die sich bildende Ringfurche hinein, ohne jedoch die Berührung mit der vorderen Kugel aufzugeben. Aus einem ähnlichen Vorgange er- klärt es sich vermuthlich, wenn SrrussıL angiebt, bei Heierodera liege das Richtungskörperchen nie an einem der beiden Pole, sondern stets an der einen, konkaven Seite des Eies, »da, wo nunmehr die erste 1 SıruseLı, Heterodera Schachtii. p. 34. 680 5.0. zur Strassen, Furche sich zeigt«. Trotzdem wird man vermuthen dürfen, dass auch bei Heterodera, wie bei allen anderen bisher untersuchten Nematoden, die Bildung der Richtungskörper am vorderen Eipole erfolgt. Wie Gorrre, Harızz und StruseLL übereinstimmend angeben — und Bradynema macht darin keine Ausnahme — ist mit der ersten Furchung des Nematodeneies bereits die Scheidung in das Ektoderm, die vordere, und das primäre Entoderm, die hintere Kugel eingetreten. Bei unserem Wurme ist es nun stets die voluminösere Entodermkugel, welche sich nach längerer Ruhepause zuerst zu neuer Theilung an- schickt. Der Kern der Ektodermkugel liegt noch völlig ruhig; erst wenn jene bis zur Bildung der Ringfurche vorgeschritten ist, beginnt auch er das Spiel, er wird undeutlich, Spindel- und Strahlenfiguren treten auf, und wenn die hintere Kugel sich eben durchgeschnürt hat, so ist es auch bei ihm zur Anlage der Ringfurche gekommen. Es ent- stehen dergestalt kurze Zeit nach einander zwei vordere und zwei hin- tere Kugeln, ohne dass jemals ein eigentliches Stadium III vorhanden wäre, so genau ist die zeitliche Folge der beiden Theilungen bestimmt. Die Lage, welche die vier neuen Kugeln gegen einander einnehmen, kann eine wechselnde sein (Taf. XXX, Fig. 26—30). Da beide Thei- lungen der ersten parallel gerichtet waren, ist der typische und weitaus häufigste Fall, dass alle vier Kugeln wieder in einer Reihe hinter einander liegen. Bisweilen aber finden die Kugeln während der Durchschnürung nicht hinreichend Platz in der Eischale, und die Folge davon ist, dass die beiden mittleren an einander vorbeigleiten, so dass dann die zweite Ektoderm- und die erste Entodermzelle mehr oder weniger horizontal neben einander in den Äquator des Eies zu liegen kommen. Dieser Vorgang, durch welchen bei den betreffenden Eiern eine frühzeitige Differenzirung von Rücken- und Bauchseite herbeige- führt wird, hat gleichwohl nur eine sehr untergeordnete Bedeutung für die fernere Entwicklung. Denn wir werden sehen, dass auf einem späteren Stadium, wie immer auch je nach den individuellen Raum- verhältnissen die anfänglichen Verschiebungen stattgefunden haben mögen; unabänderlich für alle Eier die gleiche Lagerung der Furchungs- elemente zu Stande kommt. Die vordere Ektodermzelle, die in den meisten Fällen noch immer an ihrer Spitze die beiden Richtungskörper trägt, theilt sich nun allein, und zwar wiederum parallel allen vorhergegangenen Theilungsebenen (Taf. XXX, Fig. 31). Es kann geschehen, dass jetzt fünf Kugeln in einer Reihe liegen, aber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird jetzt doch der Raum zu knapp, die vorderste Zelle legt sich um und markirt nunmehr die spätere Dorsalseite, während die andere ventralwärts an Bradynema rigidum v. Sieb. 681. der zweiten, noch ungetheilten Ektodermkugel hinabgleitet. Auf diesem Stadium pflegt auch die vordere Kugel des Entomesoderms nach der Bauchseite zu herauszutreten, so dass jetzt solche Eier von denen, bei welchen jene Dislokation schon zu allererst stattfand, bereits nicht mehr zu unterscheiden sind. Alle Differenzen aber werden überwun- den, nachdem durch abermals parallele Theilung der allervordersten Ektodermkugel ein Stadium von sechs Zellen erreicht ist (Taf. XXX, Fig. 37,38). AlleEier ohne Ausnahme bestehen dann aus sechs in einer Ebene, der Medianebene des Thieres, liegenden Zellen, die alternirend in einander greifen und nach dem animalen Pole zu rasch an Größe abnehmen, eine Gruppirung, welche mit den Ähren mancher Gräser eine unverkennbare Ähnlichkeit hat. Es erfolgt nunmehr zum ersten Male eine von der bisher innege- haltenen Richtung abweichende Theilung. Die beiden Hälften der primären Entodermkugel nämlich schnüren sich jetzt genau gleichzeitig, und zwar in der Medianebene durch, so dass also die vier neu ent- stehenden Kugeln paarweis rechts und links neben dieselbe zu liegen kommen (Taf. XXX, Fig. 39—41). Natürlich erfahren durch diese erste aus der Ebene heraustretende Theilung die Gleichgewichtsverhältnisse des Zellkomplexes eine Änderung. Wir sehen, dass die noch immer ungetheilte hintere Hälfte der ersten Ektodermkugel sich wie eine breite Kappe dorsal über die vier Entodermzellen hinüberschiebt, und auch die drei kleinen Ektodermzellen am Vorderende richten sich nach den neuen Platzverhältnissen ein. Wir haben also gesehen, dass die Mannigfaltigkeit der Furchungs- stadien des Bradynema-Eies eine scheinbare ist; jede einzelne Kugel theilt sich zu vorgeschriebener Zeit und in vorgeschriebener Richtung, nur die vorläufige Anordnung ist eine wechselnde. Aber jede Kugel kennt den ihr zukommenden Platz und gelangt endlich doch an die richtige Stelle. Vergleichen wir nun mit dem beschriebenen Furchungsmodus die von den verschiedenen Forschern mitgetheilten Entwicklungsweisen anderer Nematoden, so sehen wir, dass bald diese, bald jene Hälfte des Eies sich zuerst weiter theilt, dass bald die Zellen des Ektoderms im Vor- sprung sind, bald die des Entomesoderms. In allen bisher genau be- schriebenen Fällen aber, und darauf möchte ich besonders aufmerksam machen, wird wie bei Bradynema das Stadium VIII durch vier ekto- dermale und vier entomesodermale Zellen repräsentirt. Ja noch mehr, es scheint, dass in allen diesen Fällen die vier entodermalen Zellen durch Mediantheilung aus den beiden ersten Entodermkugeln entstehen, während sämmtliche Ektodermkugeln aus Transversaltheilungen her- 682 0. zur Strassen, vorgegangen sind. Möglicherweise wird sich demnach das beschrie- bene Stadium VIN als für alle Nematoden typisch herausstellen. Wie SrrusELL mit Recht hervorhob, wird das Arrangement der Blastomeren durch die bei verschiedenen Species verschiedene Form der Eischalen beeinflusst, so dass bei langgestreckten Eiern eine mehr lineare, bei rundlichen eine mehr massige Anordnung vorherrscht. Vielleicht spielt also bei der Eifurchung der Nematoden im Allgemeinen die Schalen- form eine ähnliche Rolle, wie bei Bradynema die individuelle Größe der Schale und die wechselnden Druckverhältnisse im mütterlichen Uterus. Harızz lässt bei Ascaris megalocephala aus den beiden hinter ein- ander liegenden primären Entodermkugeln E und E’ durch die Medi- antheilung die bekannten vier Zellen entstehen, die er auf der einen Seite wiederum als E und E', auf der anderen aber entsprechend als M und M’ bezeichnet, und behauptet nun, dass M und M’ die Urmeso- dermzellen seien. Eine derartig einseitige Entstehung des Mesoderms kommt mir sehr unwahrscheinlich vor; scheiden die Urmesoblasten über- haupt schon auf diesem Stadium aus dem primären Entoderm aus, so dürfte es wohl viel ungezwungener sein, die zwei vorderen Kugeln für das Entoderm, die zwei hinteren aber für das Mesoderm zu erklären. Und in der That scheinen meine Beobachtungen an Bradynema für eine solche Auffassung zu sprechen. Während nämlich das hintere Paar seine Stellung zunächst nicht verändert, beginnen die beiden vorderen sich in der Längsrichtung zu verschieben, so dass sie schräg hinter ein- ander zu liegen kommen, wie Darmzellen (Taf. XXX, Fig. 43). Leider gelang es mir nicht, den weiteren Verlauf mit voller Sicherheit zu ver- folgen, denn die Zellkontouren werden zu dieser Zeit sehr undeutlich, andererseits tritt auch ein Unterschied in der Farbe, der bei anderen Nematoden das Auseinanderhalten der verschiedenen Zellarten erleich- tert, bei Bradynema erst viel später hervor. Ist meine Auffassung aber richtig, so würde damit die Trennung des primären Entoderms in seine beiden Bestandmassen auf eine noch frühere Zeit verlegt werden, als Hırızz angiebt, auf die Zeit nämlich, zu welcher die hintere Furchungs- kugel durch Quertheilung in zwei Hälften zerfällt. Es würde dann bei manchen Nematoden, z. B. auch bei Bradynema der Fall eintreten, dass ein Furchungsstadium von drei Zellen aus einer Ektoderm-, einer Ento- derm- und einer Mesodermzelle bestände!. Nachstehendes Schema soll dazu dienen, die Abstammung der acht Zellen des zuletzt beschriebenen Stadiums, insbesondere auch das un- ! Da ich die berührten Verhältnisse nicht völlig sicher zu stellen vermochte, so trägt natürlich die auf den Tafeln und in dem Schema gebrauchte Bezeichnung Mes einen etwas provisorischen Charakter, Bradynema rigidum v. Sieb. 683 gleiche Altersverhältnis der Ektodermkugeln besser zu veranschau- liehen, als mir dies im Texte vielleicht möglich war. I Ei BE wu, 11 Ent Ekt e—6—ö7ön III Mes Ent IV | | Ekt Ekt V | ist FenER 7 Ekk VI | Ekt kn oil; düge,ne ade ae en an VIII |Mes4 Mes2 Enti Ent2 Ekt1 Ekt2 Ekt3 Ekt4 Aus dem Stadium VIII des Bradynema-Eies geht ein Stadium IX dadurch hervor, dass die dorsal gelegene zweite Ektodermkugel (Ekt 4), jetzt von allen’Zellen die älteste und größte, durch eine Quertheilung in zwei hinter einander in der Medianlinie gelegene Zellen zerfällt (Taf. XXX, Fig. 43, 44). Damit ist der erste Schritt zu dem Vorgange gethan, der für die nächste Zeit ausschließlich den Veränderungen des Zellhaufens zu Grunde liegt, der Umwachsung des Entomesoderms durch das äußere Keimblatt. Keimblätterbildung. Ganz wie Bürscuuı!, GOETTE, HaLLez und StruseLı beschrieben, bleibt bei der Umwachsung das Vorderende, das ja schon von Anfang an aus ektodermalen Zellen bestand, zurück, die Umfassung erfolgt besonders seitlich und hinten, und endlich schließt sich das spaltförmige Proto- stom von hinten nach vorn zu in der Medianlinie des Bauches. Bürscnauı und Goertz, die diesen Vorgang bei Cucullanus und Rhabdonema zuerst beobachteten, geben an, dass der endliche Verschluss ganz am Vorder- ende erfolge, da, wo später die definitive Mundöffnung sich bildet. Auch Srruserı beschreibt von Heterodera ähnliche Verhältnisse. Hauızz aber kam auf Grund seiner Untersuchungen an zahlreichen Nematoden zu der Überzeugung, dass die spätere Mundöffnung durchaus nichts mit der Verschlussstelle des Protostom zu thun habe, nicht einmal in der- selben Körpergegend stattfinde. Hingegen erkannte er eine andere höchst merkwürdige Lagebeziehung. Die Embryonen aller Nematoden ‚ nämlich besitzen zu dieser Zeit eine Gestalt, die entfernt an die der Trochophora erinnert, d. h., das dicke Kopfende ist gegen das schwächere Hinterende durch eine etwa im ersten Drittel der Länge gelegene ! BürscauLı, Entwicklung d, Cucullanus elegans. Diese Zeitschr, Bd. XXVI. Be; > { Q A 5 2 " 684 0. zur Strassen, wulstige Verdickung ringsum, und oft ziemlich scharf, abgesetzt. Am Grunde dieses Ringwulstes nun, weit vom Vorderende entfernt, schließt sich der letzte Rest des Protostomaspaltes, genau an derselben Stelle also, an welcher der gleichfalls aus dem Protostom entstandene Mund der Trochophora liegt. Aber Harızzhebt, wenn auch nur andeutungsweise, noch eine andere nicht weniger bemerkenswerthe Bedeutung der Verschlussstelle hervor. Während der starken Längsstreckung, die der Nematodenembryo er- fährt, vermindert sich zwar die Deutlichkeit der Kopfwulst ganz erheb- lich, aber sie verschwindet doch erst spät, so spät, dass man sie noch bei älteren Embryonen und selbst jungen Larven mit Leichtigkeit als eine spindelförmige Verdickung des vordersten Körperabschnittes erkennen kann. Ist nun zu dieser Zeit der Porus excretorius, resp. der letzte Ausführungsgang des Gefäßsystems überhaupt schon sichtbar, so findet man ihn unabänderlich in derselben Körpergegend, nämlich knapp hinter der Stelle, wo das verdickte Vorderende seinen größten Umfang erreicht. Die Analogie, welche zwischen den Lageverhältnissen des Protostomverschlusses einerseits und des Porus excretorius andererseits zu den entsprechenden Embryonalformen besteht, ist eine so unver- kennbare, dass Harızz, ohne irgend eine thatsächliche, morphologische Beziehung zwischen beiden Organen nachweisen zu können, sich gleich- wohl berechtigt glaubte, den Satz aufzustellen: »Le pore aquifere se trouve preeisement au lieu oü se ferme le protostome.« Es ist mir ge- lungen, den Beweis für diese Behauptung zu erbringen; zwischen der Stelle des Protostomverschlusses und der späteren Exkretionsöffnung besteht ein thatsächlicher, ununterbrochener Zusammenhang. Wie ich oben bereits bemerkte, ist es an lebenden Bradynema- Embryonen um die Zeit des Protostomverschlusses kaum mehr möglich, feinere Bauverhältnisse zu unterscheiden. Zwar werden Ektoderm und Mesoderm, die in lebhafter Zelltheilung ihre Dottermassen verbrauchen, immer heller und homogener und heben sich dadurch bald von den nach wie vor dunklen und körnigen Zellen des inneren Keimblattes ab, aber Ektoderm und Mesoderm sind dafür um so weniger aus einander zu halten. Wir werden sehen, dass diese auch bei anderen Nematoden auftretende Gleichheit der beiden Keimblätter die Veranlassung zahl- reicher Verwechslungen und Missverständnisse gewesen ist. Haben sich im Verlauf der fortschreitenden Entwicklung die Zellmassen erst zu deutlichen Epithelien geordnet, so gelangtman mit Hilfe dünner Schnitte zu gutem Verständnis des Baues. Den allerersten Embryonalstadien jedoch, bei denen die einzelnen Zellen noch ziemlich bunt durch einander liegen, ist auch mit Reagentien schwer beizukommen. Weder Chrom- Bradynema rigidum v. Sieb. 685 säure, noch dünne Essigsäure liefern klare Bilder, auch die Schnitt- methode erweist sich hier wegen des kaum zu verhindernden Zusam- menfließens der Zellgrenzen als unzulänglich, und so ist es leider ge- rade diese wichtige Periode der ersten Mesodermdifferenzirungen, die mir am wenigsten klar verständlich geworden ist. Zum Glück wird diese Lücke durch die sicheren Angaben anderer Beobachter, deren Ob- jekte die Bildung der Urmesoblasten und der Geschlechtsanlage besser erkennen ließen, in befriedigender Weise ausgefüllt. Das Ektoderm hat also, um dabei wieder anzuknüpfen, als eine einfache Epithelschicht die geringe Anzahl entomesodermaler Blasto- meren umschlossen, und das Protostom, zuletzt nur noch eine enge runde Öffnung auf der Grenze des ersten Körperdritttheils, ist zum Ver- schluss gekommen. Die wenigen Zellen nun, welche es zuletzt ring- förmig umgaben, bewirken den Verschluss nicht einfach dadurch, dass sie gegen einander vorrücken, sondern sie krempeln sich nach innen um und treten so mit ihren Stirnflächen an das Entoderm heran (Taf. XXXI, Fig. 54), eine Verbindung, die auch erhalten bleibt, wenn später das eindringende Mesoderm an der ganzen Bauchfläche das äußere vom inneren Keimblatte abhebt. Schon frühzeitig beginnen nämlich die beiden im Hinterende des Leibes gelegenen Urmesoblasten die Bildung des mesodermalen Gewebes einzuleiten. Sie wuchern, und zwar An- fangs in Folge wiederholter Quertheilungen in Gestalt zweier bauch- ständiger, rechts und links von der Medianebene liegender Zellreihen nach vorn (Taf. XXXI, Fig. 61), bald jedoch füllt sich auch der zwischen ihnen gelegene Raum, so dass sich jetzt eine ventrale Mesodermplatte in‘ der Richtung gegen das Kopfende zu vorschiebt und eine völlige Trennung der bis dahin sich berührenden Zellschichten bewirkt. Aber, wie zu jener Zeit das gesammte Ektoderm in ununterbrochener Vermeh- rung und Verkleinerung seiner Elemente begriffen ist, so haben sich auch die wenigen am Protostom nach innen umgestülpten Zellen getheilt und bilden nunmehr ein kurzes, schräg nach hinten gerichtetes Rohr, welches den entstandenen Spaltraum überbrückt und an dieser Stelle den Zusammenhang zwischen Haut und Darm nach wie vor aufrecht er- hält (Taf. XXXI, Fig. 55, 63). Das Mesoderm zeigt von jetzt an unter allen Keimblättern weitaus die lebhafteste Entwicklung. Es beginnt von der Ventralplatte aus seitlich an den Körperwänden emporzusteigen, so dass eine oben offene, in ihrer Höhlung das Entoderm enthaltende Rinne entsteht (Taf. XXXI, Fig. 62, 64). Am intensivsten aber ist das Wachsthum des Mittelblattes im Kopfende. Nicht nur, dass hier das Mesodermrohr auch dorsal zum Verschluss kommt, die Zellen verlassen hier selbst die einfache epithe- 686 0. zur Strassen, liale Anordnung und bilden eine massive, hell durchscheinende Zellen- masse, welche endlich den ganzen Kopftheil ausfüllt, und zwischen Entoderm und Ektoderm, die sich auch hier anfänglich berührt hatten, einen weiten, trennenden Zwischenraum bringt (Taf. XXXI, Fig. 19, 56, 65 km). Auch im Schwanztheile des Embryo, also an der Ursprungs- stelle des Mesoderms, ist eine beträchtliche, massive Verdickung des Keimblattes entstanden, der Kopfzellenmasse nicht unähnlich, mit der sie durch die Mesodermplatte des Bauches in Verbindung steht. Unterdessen hat sich aus dem Entoderm durch Theilung in eine geringe Anzahl großer, ziemlich unregelmäßig hinter einander gelagerter Zellen ein primitiver Darm entwickelt, der sich von der Schwanz- verdickung an bis zu der ektodermalen Protostomröhre erstreckt, und durch die dunkle, körnige Beschaffenheit seiner dotterreichen Zellen scharf von den hellen Mesodermmassen der beiden Leibesenden ge- schieden ist. Irgend welche weitere Umgestaltungen von einiger Be- deutung, abgesehen von der Vermehrung seiner Zellen, erfährt der Darm unserer Bradynema-Embryonen auch in späteren Entwicklungs- stadien nicht. Weder ordnen sich die Zellen zu zwei über einander liegenden Reihen, wie das sonst die Regel ist, noch auch bildet sich ein Darmlumen aus, Beides natürlich im Zusammenhang mit den Bedürf- nissen der jungen Würmer. Die mesodermale Kopfmasse unterliegt, kaum dass sie sich gebildet hat, schon einer weiteren Differenzirung. Anfangs schien es, als lägen hier die Zellen regellos zusammengehäuft, nun aber macht sich ein koncentrisch schaliges Arrangement der einzelnen Elemente bemerk- lich, und die Folge davon ist, dass in der Längsachse ein aus einer ein- fachen Zellschicht bestehendes Rohr auftritt, die Anlage des späteren Stomadaeum (Taf. XXXI, Fig. 58 sid). Vorn berührt dasselbe die ektodermale Körperbedeckung, und hier sieht man es so allmählich in die das Ektoderm von innen auskleidende Mesodermlage übergehen, dass ich eine Zeit lang zu der Annahme geneigt war, das Stomadaeum entstände durch eine Einstülpung eben jener inneren Mesodermschicht. Auch jetzt noch möchte ich einen derartigen Vorgang nicht als absolut undenkbar hinstellen, wenn auch mancherlei andere Beobachtungen, vor Allem diekompakte Anlage der ganzen Kopfzellenmasse, mir das Gegen- theil wahrscheinlicher gemacht haben. An seinem Hinterende ver- schmilzt das Stomadaeum mit der Darmzellenreihe, während es ringsum von einem schmalen Spaltraum umgeben wird, der allerdings am lebenden Embryo durchaus nicht zu sehen ist, vielmehr erst nach Ein- wirkung wasserentziehender Reagentien deutlich in Erscheinung tritt. Nachdem sich so die axiale Partie der Kopfzellenmasse als Stoma- Bradynema rigidum v. Sieb. 687 daeum abgesondert hat, verbleibt in der Peripherie eine immer noch ansehnliche, etwa doppelt geschichtete Mesodermlage, deren mächtiger Entfaltung der Embryo hauptsächlich die Gestalt seines aufgeblasenen Vorderleibes verdankt. Denn weder das Entoderm, das, wie wir sahen, diesem Theile des Körpers überhaupt vollkommen fehlt, noch auch das Ektoderm betheiligen sich an der Bildung der Kopfwulst. Das letztere zeigt sich an keiner Stelle des Leibes irgend wie verdickt, umhüllt viel- mehr den ganzen Embryo als eine gleichmäßig dünne Epithelschicht. Freilich ist diese nur am Rücken ohne Weiteres zu erkennen, während sie sonst mit dem dicht angeschmiegten mittleren Keimblatte überall zu einer scheinbar zusammenhängenden und nur schwer in ihre Be- standtheile zu trennenden hellen Masse verschmilzt. Es ist nun an der Zeit, einen Blick auf zwei weitere Organsysteme zu werfen, welche sich unterdessen entwickelt haben, deren erste Ent- stehung aber in Folge der Ungunst des Objektes mir nicht völlig klar geworden ist, das Nervensystem und die Geschlechtsanlage. Was das Nervensystem betrifft, so findet man es auf Längs- schnitten schon früh als eine, das Stomadaeum ungefähr da, wo es mit dem Darme in Verbindung tritt, ringförmig umfassende Zellenmasse (Taf. XXXI, Fig. 58, 59 n). Zwar ist dieselbe auch nach außen durch zwischengelagertes Mesoderm von der Haut getrennt, doch kann seine Ablösung vom äußeren Keimblatte ja wohl nicht zweifelhaft sein. Wie und wann dies geschieht, ist mir freilich nicht klar geworden. Ich halte es für möglich, dass ursprünglich eine zusammenhängende ektodermale Platte zwischen der Kopfzellenmasse und dem übrigen Körper bestand, die dann erst sekundär vom Stomadaeum durchbrochen wird. Jene Nervenplatte könnte durch das eindringende Mesoderm von einer Ver- dickung der Ektodermwand des äußersten Vorderendes abgespalten worden sein; doch das sind Vermuthungen, die erst bewiesen werden wollen, und auf die ich selbst nicht allzuviel Werth legen möchte. Das Heraustreten der Genitalzellen äus den anfänglichen beiden Mesodermstreifen ist von GoETTE und besonders von STRUBELL sehr deutlich beobachtet worden. Ich habe den Vorgang niemals zu Gesicht bekommen, doch finde ich eine große Genitalzelle — und zwar immer nur eine, worauf ich später zurückkommen werde — auch bei Bradynema sehr. früh, schon zu einer Zeit, in welcher der Verschluss des spaltförmigen Protostoms noch lange nicht beendigt ist. Der runde, bläschenförmige Kern der Genitalzelle ist aber ganz bedeutend größer, als die Kerne der Mesodermstreifen, und, wollen wir aus seiner rela- tiven Größe einen Schluss auf die Zeit seiner Entstehung ziehen, so müssen wir, glaube ich, annehmen, dass schon die erste Theilung der 688 0. zur Strassen, | Urmesoblasten die Geschlechtsanlage und das eigentliche Mesoderm von einander scheidet. Denn die Größe der Genitalzelle und ihres Kernes entspricht derjenigen, die sich an den Zellen der späteren Furchungsstadien findet, und es lässt sich nicht wohl annehmen, dass dieser bedeutende Umfang durch Wachsthum erreicht worden sei. Kern wie Zellleib derGesehlechtsanlage behalten nachher lange Zeit hindurch ihre Größe unverändert bei, muss es da nicht sehr unwahrscheinlich sein, dass sie zu Beginn ihres Bestehens plötzlich aus einer kleinen Mesodermzelle herangewachsen wären? SrtruserL allerdings scheint eine derartige Entstehung angenommen zu haben, aber schon GoETTE erkannte, wenn anders ich die von ihm gegebene Schilderung richtig verstehe, den wahren Sachverhalt: Die Genitalanlage zeigt in ihren Dimensionen sehr ursprüngliche Verhältnisse, nur das umgebende Me- soderm hat sich verkleinert. Dann ist es auch verständlicher, warum ich die Bildung der Genitalzellen trotz aller darauf verwendeten Mühe nicht zu beobachten vermochte; Anfangs sieht die Anlage eben so aus, wie die übrigen mesodermalen Blastomeren, erst wenn jene kleiner und kleiner werden, wird sie überhaupt erkennbar. Nun ist Folgendes auffallend. Bei der Entstehung der Geschlechts- anlage aus dem bilateralen Mesoderm war von vorn herein zu erwarten, dass ‚die Anlage überall aus zwei Zellen bestehen müsse. Dem scheinen die Angaben der ersten Beobachter jedoch nicht zu entsprechen. Craus!, der Entdecker des Organs, hat die allerersten Zustände nicht vor Augen gehabt, Scuweiwer? aber spricht von einer einfachen Genital- zelle, und Leuckarr ? giebt wenigstens an, dass die bohnenförmige An- lage »einen oder wenige Kerne« enthalte. Da an eine Verschmelzung zweier Kerne nicht zu denken ist, andererseits die asymmetrische Entstehung des gesammten Sexualapparates aus nur einem Mesoderm- streifen gleichfalls nicht recht glaublich erscheinen will, so mussten die Aussagen neuerer Forscher, die von einer beiderseitigen Entstehung und einer zweikernigen Anlage reden, wie eine Berichtigung der früheren Angaben erscheinen. Besonders Struseir beschreibt sehr klar, wie die Genitalzellen der Heterodera beiderseits aus dem Verbande der Me- sodermstreifen heraustreten, in der Mittellinie sich an einander legen und zu einer großen, zwei getrennte Kerne enthaltenden Zelle zu- sammenfließen. Um so überraschender war es mir daher, als ich bei Bradynema ! Craus, Über einige im Humus lebende Anguillulinen. Diese Zeitschrift. Bd. XU. ? ScHnEider, Monographie. p. 963. % LEUCKART, Parasiten des Menschen. p. 65. SWL. BE Bradynema rigidum v. Sieb. 689 trotz aufmerksamster Untersuchung, und auf allen Stadien vom ersten Hervortreten des Organs an stets nur eine einzige Geschlechtszelle, mit einem einzigen großen Kerne versehen, aufzufinden vermochte. An der Thatsache war nicht zu zweifeln. Aber auch die Möglichkeit eines solchen Verhaltens wurde mir, wenigstens einigermaßen, ver- ständlich, als ich mit Hilfe verschiedener Reagentien die Struktur der Geschlechtsanlage einer eingehenderen Beobachtung unterwarf. Ich er- kannte, dass die ungefähr in der Leibesmitte in der Mittellinie des Bauches gelegene Anlage schon von den ersten Zeiten an eine eigen- thümliche Zusammensetzung zeigt (Taf. XXXI, Fig. 73). Die Gestalt ist nicht einfach bohnenförmig, wie von anderen Nematoden allgemein an- gegeben wird, sondern sie ist am vorderen, wie am hinteren Ende in einen kleinen, rundlichen Zipfel ausgezogen, so dass ungefähr das Bild einer länglichen, an einer Seite ein wenig abgeplatteten Citrone entsteht. Genau in der Mitte liegt der große, fast die ganze Breite einnehmende Kern von 5 u Durchmesser mit einem centralen Nucleolus von 1,7 u und außerdem zahlreichen durch die Kernvacuole zerstreuten Chroma- tinkörnchen, sehr ähnlich den Kernen, die wir früher im Ovarium der Mutter kennen lernten. Der Zellleib, welcher zu diesem Kerne gehört, nimmt aber nicht den ganzen Raum der eitronenförmigen Anlage für sich in Anspruch; er hat vielmehr eine länglich ovale Gestalt und ist durch einen, besonders nach Anwendung verdünnter Säuren sehr scharf hervortretenden Kontour gegen das übrige Plasma der Anlage abgegrenzt. Die beiden auf diese Weise abgesperrten Endzipfel enthalten je einen eigenen Kern, der allerdings von dem großen Genitalkerne nicht nur durch die geringere Größe, sondern auch den verhältnismäßig viel kleineren Nucleolus auffallend genug unterschieden ist. Alle drei Kerne mit ihren Zellplasmen werden von einer gemeinsamen, ziemlich starken Membran umschlossen, die sich in der Mitte der Citrone unter Bildung eines Doppelkontour knapp an die ovale Mittelzelle anlegt. Welches die Bedeutung der auffallenden beiden Endkerne sei, ist nicht schwer zu begreifen. Man weiß, dass bei allen Nematoden die blinden Enden der Geschlechtsröhren, sei es des Hodens, sei es des Ovariums, eine große, vorspringende, der inneren Plasmaschicht ange- hörende Zelle tragen, deren Kern von Scunsiper als Terminalkern be- zeichnet wurde. Offenbar sind die beiden Endkerne unserer eitronen- förmigen Geschlechtsanlage echte Terminalkerne, auch die Tunica propria des Genitalapparates ist als äußere Membran bereits vorhanden, und innerhalb dieser primitiven Umhüllung liegt als Repräsentant der späteren keimbereitenden Organe die einfache mittlere Zelle. Die Art und Weise, wie die Genitalanlage zu Stande kommt, denke 690 0. zur Strassen, ich mir nun folgendermaßen. Die beiden Geschlechtszellen, die sich — sehr frühzeitig — von den symmetrischen Mesodermanlagen gesondert haben, rücken in der Mitte des Bauches zusammen. Während nun die eine der beiden Zellen, bestimmt, die Geschlechtsprodukte zu liefern, sich nicht verändert, theilt sich die andere, und ihre Hälften legen sich vorn und hinten kappenförmig an jene Zelle an, um sich über ihr bis zur völligen Einschließung entgegen zu wachsen. Ich gebe gern zu, dass diese Erklärung nicht gerade sehr ungezwungen klingt, aber sie scheint mir gleichwohl die einzig mögliche zu sein, denn es ist nicht zu be- greifen, wie auf andere Weise die Mittelzelle in die von den beiden anderen Zellen gebildete Kapsel hineingelangt sein sollte. Ausgedehnte vergleichende Studien über diesen Punkt stehen mir allerdings noch nicht zuGebote, aber doch glaube ich nicht vorschnell zu sein, wenn ich die beschriebene Bildung der Genitalanlage als wahr- scheinlich für alle Nematoden gültig hinstelle. Das stete Vorhandensein der Terminalkerne des Geschlechtsapparates scheint mir allein schon für diese Ansicht zu sprechen. Außerdem hat Sc#nEiper in seiner Mono- graphie schon an sehr wenig ausgebildeten Geschlechtsorganen die Terminalzellen beschrieben. Ganz besonders aber werde ich in meiner Ansicht durch eine Beobachtung an den Larven eines Diplogaster bestärkt, die gelegentlich in den von mir zur Zucht der Aphodien be- nutzten Terrarien massenhaft auftraten. Zwar zeigten die meisten derselben, nachdem sie in Glycerin übergeführt worden waren, eine Geschlechtsanlage, die bereits aus 10 bis 15 Zellen bestand, einige aber waren darunter, die nicht mehr als zwei oder drei Geschlechtszellen enthielten, und diese letzteren sowohl wie die anderen zeigten an beiden Enden ihrer Genitalanlage deutliche, scharf abgesetzte Ter- minalkerne. In Fällen, wie der von StruseLL bei Heterodera beschriebene, würde die Bildung der Terminalzellen vermuthlich erst später ein- treten, nachdem die beiden Geschlechtszellen längere Zeit ungetheilt neben einander lagen. Ich will übrigens erwähnen, dass ich auch bei Bradynema, allerdings nur in einem einzigen und nicht sicheren Falle, auf sehr frühem Stadium zwei gleiche, neben einander liegende Ge- nitalkerne beobachtet zu haben glaube. Kehren wir nun zu den allgemeinen Bauverhältnissen des Bradynema-Embryo zurück. Um die Zeit, von der wir zuletzt sprachen, ist sein plumper, vorn verdickter Leib noch immer gerade ausgestreckt, doch hat sich seine Gestalt bereits ein wenig geändert. Anfangs umfasste die Ringwulst des Vorderleibes den ganzen Körper des Embryo, jetzt aber sehen wir die Verdieckung mehr und mehr auf Bradynema rigidum v, Sieb. 691 die Bauchfläche allein beschränkt, während die Rückenlinie einen mehr geraden oder sanft gebogenen Verlauf angenommen hat und sich ihrer ganzen Länge nach dicht an die Eischale anschmiegt (Taf. XXXI, Fig. 49). Natürlich wird in Folge dessen der Bauch hinter der Auftreibung um so rascher nach.dem Schwanzende zu eingezogen, so dass in dieser Gegend der Eischale weit mehr Platz vorhanden ist, als am Rücken. In den so gebildeten Raum biegt sich das Schwanzende des immer mehr sich in die Länge streckenden Embryo um, aus rein mechanischen Gründen also, wie auch daraus hervorgeht, dass Embryonen, die durch zufälliges Zerreißen der Eischale frei geworden sind, das gebogene Schwanzende ohne Weiteres ausstrecken. GortrE meint allerdings, dass _ die ventrale Krümmung desshalb erfolge, weil das Rückenektoderm rascher gewachsen sei, als das des Bauches, und desshalb der Rücken sich auch stärker vorwölben müsse. Aber aus dem, was ich oben über das Verhältnis des äußeren zum mittleren Keimblatte gesagt habe, dürfte hervorgehen, dass Goertz das ventrale Mesoderm für ein ver- dicktes Ektoderm gehalten hat, wie das freilich ohne Anwendung tech- nischer Methoden fast unvermeidlich ist. Ungefähr um jene Zeit beginnt in der Mitte des noch immer quer abgestutzten Vorderendes eine Anfangs sehr seichte Vertiefung aufzu- treten, die natürlich von Ektoderm ausgekleidet wird (Taf. XXXL Fig. 50, 56 mh). Ob diese Vertiefung nun aber durch wirkliche Ein- stülpung des äußeren Keimblattes, oder dadurch entsteht, dass die Kopfmasse sich in der Umgebung derselben lippenartig hervorwölbt, wird sich kaum entscheiden lassen. Bei Bradynema währt die Existenz der kleinen Mundhöhle überhaupt nicht lange. Ihr Lumen, welches bei Nematoden mit funktionsfähigem Stomadaeum vermuthlich in das des letzteren durchbricht, wird bei unserem Wurme durch Zusammen- rücken der Ränder so rasch zum Verschwinden gebracht, dass die Em- - bryonen schon lange vor dem Ausschlüpfen aus der Eischale keine Spur mehr davon erkennen lassen. Zu einer noch früheren Zeit, bei Embryonen nämlich, welche eben ihr Schwanzende hakenförmig umschlagen, gelangt die andere ektoder- male Einstülpung, das Protostomrohr, zur Verödung. Während dasselbe in jüngeren Stadien auf feinen Längsschnitten oft sehr deutlich zu er- kennen war, will mir seine Auffindung um die angegebene Zeit nicht mehr gelingen. Statt seiner sind jetzt vor und hinter der Protostom- stelle polsterförmige Verdiekungen des Bauchmesoderms aufgetreten, von denen besonders die hintere noch lange Zeit ihre charakteristische Form und Lage beibehält und endlich zur Bildung des Exkretionsporus in enge Beziehung tritt (Taf. XXXI, Fig. 57, 58 zp). Jedenfalls aber scheint Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIV. Bd. 45 692 0. zur Strassen, mir dieses Verschwinden des Protostomrohres einen eindringlichen Be- weis für dessen ektodermale Natur zu enthalten. Denn wäre dasselbe nichts weiter, als eine frühzeitige mesodermale Anlage des Exkretions- gefäßes, so würde sein Verschwinden wohl kaum zu verstehen sein. Wesentliche Veränderungen hat während der Streckung und Um- biegung des Embryo das Mesoderm erlitten, besonders in dem hinter der Verdickung gelegenen Theile des Körpers. Die Anfangs hier vor- handene Rinne mit epithelartiger Zellanordnung hat sich in drei starke Längsbänder mesodermalen Gewebes aufgelöst, zwei seitliche und ein ventrales (Taf. XXXI, Fig. 67, 68, 69). Das Bauchband, welches aus einer einfachen Zellschicht besteht, und nicht mehr als etwa zwei bis . drei Zellen auf einem Querschnitte neben einander enthält, liegt in der Medianlinie des Bauches und lässt diesen in der Profillage verdickt er- scheinen, wie dies früher in gleicher Weise durch den optischen Längsschnitt der Rinne bewirkt wurde. An seinem Hinterende geht das Bauchband kontinuirlich in die mesodermale Schwanzzellenmasse über, vorn dagegen endigt es knapp hinter der Stelle des Proto- stomverschlusses mit der beschriebenen polsterförmigen Verdickung (Taf. XXXI, Fig. 58). Beiderseits durch einen schmalen Zwischenraum vom Bauchband getrennt, verlaufen die beiden Seitenbänder, Gebilde, welche an Mächtigkeit der Entfaltung schon zu dieser Zeit das Bauchband erheb- lich übertreffen. Auf Querschnitten erkennt man, dass ihr innerer Kontour, wenigstens im mittleren Theile des Körpers, eine eigenthüm- lich geschwungene Form besitzt. Nahe ihrem unteren Rande treten sie nämlich bauchig gegen das Leibesinnere vor und schließen dann mit steiler Fläche nach unten ab, während sie nach dem Rücken zu ganz allmählich verlaufen. Ihre obere Grenze lässt sich in Folge dessen schwer angeben, jedenfalls aber erreichen sie die Dorsallinie nicht: Hier steht der Darm nach wie vor in direkter Berührung mit dem Ektoderm, oder ist höchstens durch einen schmalen Spaltraum, die primäre Leibeshöhle, von jenem geschieden. Rückwärts vereinigen sich auch die Seitenbänder mit der caudalen Mesodermverdickung; vorn gehen sie direkt in die Seitenwände des Kopftheils übgr. Vorher aber, in der Gegend der Vereinigung des Darmes mit dem Stomadaeum, schwillt ihr ohnehin nicht unbedeutender Umfang so gewaltig an, dass zu beiden Seiten des Leibes langgestreckte mächtige Polster entstehen, die weit nach innen, fast bis zur gegenseitigen Berührung vorspringen, und den vordersten Theil des Darmes zu einer schmalen Lamelle komprimiren (Taf. XXXI, Fig. 68, 70). In diese Zeit fällt auch die Anlage des Proctodaeums Bradynema rigidum v. Sieb. 693 (Taf. XXXI, Fig. 58, 72). Die Bauchlinie bildet nämlich nahe dem Hinter- ende eine Verdickung, ähnlich dem hinter dem Protostom gelegenen Zell- polster, und. der Endabschnitt des Darmes, der gerade über dieser Ver- diekung liegt, verlöthet sich mit ihr. Die Verbindungsstelle hebt sich im weiteren Verlaufe immer mehr von der verdickten Bauchlinie ab und bildet so eine kurze, stabförmige, die letzten Darmzellen mit der ventralen Leibeswand verbindende Zellenmasse. . Werfen wir jetzt, nachdem der Embryo die Anlagen aller wich- tigeren Organsysteme entwickelt hat, einen kurzen Rückblick auf ihre Entstehung. Ich habe den Verlauf derselben so dargestellt, wie er mir nach langen und eingehenden Studien am lebenden Objekte, wie an Präparaten aller Art zur Überzeugung geworden ist. Dennoch verkenne ich nicht, dass einige Punkte, vor Allem die Entstehung des Nervensy- stems, ferner die Bildung der dreikernigen Geschlechtsanlage, und auch das Verhalten des eingestülpten Protostomrohres noch wenig sicher be- gründet sind. Doch gedenke ich alles Dies an der Hand eines größeren Vergleichsmaterials später einer nochmaligen eingehenden Prüfung zu unterwerfen, und hoffe dann die Fragen, die ich jetzt wider meinen Willen offen lassen muss, beantworten zu können. Als völlig sicher gestellt möchte ich aber die folgenden Punkte hervorheben: 1) Das Protostom bleibt bestehen, wenigstens ist seine Stelle inner- lich immer nachweisbar. An genau derselben Stelle bildet sich der Porus excretorius. 2) Das Ektoderm umhüllt als eine einfache, nirgends verdickte Schicht den Leib. Am Vorderende bildet sich ziemlich spät die Mundhöhle als seichte Vertiefung. 3) Das Mesoderm bildet zwei seitliche und ein ventrales Längs- band, die sich vorn und hinten zu mächtigen Mesodermmassen vereinigen. k) Stomadaeum und Proctodaeum bilden sich aus mesodermalem Gewebe. | 5) Die Geschlechtsanlage besteht aus einer Keim- und zwei Ter- minalzellen. Alle diese Punkte, der die Genitalanlage betreffende vielleicht aus- genommen, sind so fundamentaler Natur, dass eine auf Brradynema be- schränkte Gültigkeit derselben ausgeschlossen erscheint. Vielmehr müssen sie sich, so sehr sie auch mit den Angaben fast aller meiner Vorgänger in Widerspruch stehen, auf die Gesammtheit der Nematoden beziehen. So erwächst mir die Nothwendigkeit, die von früheren Be- obachtern veröffentlichten Angaben mit meinen eigenen Ergebnissen zu vergleichen. 45* 694 0. zur Strassen, Die erste eingehendere Beschreibung ‘der Entwicklung eines Nematoden lieferte Bürscatı! in seiner Arbeit über die Entwicklung des Cucullanus elegans. Wie der After, so entsteht nach ihm auch der gesammte Ösophagus aus dem Entoderm, ohne dass das äußere Keim- blatt sich an seiner Bildung irgendwie betheiligte. Betrachtet man aber die von BürscnLı gegebene Abbildung des Embryo, so zeigt sich, dass er den Schlund in derselben Schattirung und in engster Verbin- dung mit dem Mesoderm darstellt, von dem er sogar glaubt, dass es von hier aus seinen Ursprung nehme. Die beiden russischen Forscher Ganin ? und Naranson ?, deren Arbeiten ich nur aus dem v. Hovzr’schen Referate kenne, beschreiben übereinstimmend für Schlund und End- darm eine Entstehung durch Einstülpung des Ektoderms, wobei aller- dings ein Theil des Ösophagus dem Darmblatte entstammen soll. Dass Ganın Ektoderm und Mesoderm vielfach mit einander verwechselt, be- weist er selbst, wenn er von einer Bauchverdiekung, Kopf- und Schwanzverdickung des äußeren Keimblattes spricht, während es am Rücken dünn bleiben soll. So begeht er denn auch den Irrthum, zu behaupten, dass der After durch eine trichterförmige Einsenkung der ektodermalen Bauchverdickung entstände. Dem gegenüber lässt GortrE? in seiner bahnbrechenden Unter- suchung über die Entwicklung der Rhabditis nigrovenosa das Procto- daeum sich wiederum aus den letzten Zellen das Darmes bilden, während der vordere Theil des Entoderms sich in den gesammten Ösophagus umwandeln soll. Auch GorttE unterschied also das Meso- dermgewebe nicht vom Darme, dagegen stellt er die geringe Be- theiligung des Ektoderms an der Schlundbildung ganz so dar, wie ich sie bei Bradynema nachweisen konnte. Denn wenn er es auch nicht ausspricht, so geht doch aus seiner Abbildung der fertigen Larve deut- lich genug hervor, dass nur die Mundkapsel des jungen Wurmes dem Ektoderm entstammt. Was GoETTE, wie auch schon Ganın, als wulstige Anlagen des Nervensystems beschreibt, dürfte nichts Anderes sein, als die vordersten, den Raum zwischen Schlund und Ektoderm erfüllenden Theile der Kopfmesodermmasse. So darf es uns nicht überraschen, wenn er Bürscaur's unzweifelhaft richtige Beschreibung des Mesoderm- streifens im Kopfende für eine Verwechslung mit der Nervenanlage erklärt. Hırızz geht in seiner Arbeit über die Entwicklung einiger Nema- Bürscauı, Entwickl. d. Cucullanus elegans. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 2 Ganın, Entwickl. d. Pelodera teres. Ebendas. Bd. XXVII. 3 NAranson, Entwickl,. d. drei Oxyuris aus Blatta germanica etc. Ebendas. * GoETTE, Entwickl. d. Rhabditis nigrovenosa. Bradynema rigidum v. Sieb. 695 toden wenig auf ältere Stadien ein. Seine Angaben decken sich so ziemlich mit denen Gortte’s; eine Einstülpung des Ektoderms vereinigt sich mit dem Vorderabschnitt des Darmes zur Bildung des Stomadaeum, der Afterdarm ist auch nach ihm entodermaler Natur. Srruserr endlich lässt den letzten Theil des Ösophagus aus dem inneren Keimblatte, die beiden vorderen Abschnitte jedoch und das Proctodaeum durch ekto- dermale Einstülpung entstehen, eine Auffassung, die auch hier in der Verwechslung mit dem Mesoderm ihre Erklärung finden dürfte. Denn wenn er sagt: »die einzelnen Elemente der Mittelschicht entziehen sich mit deren größeren Entfaltung fortan einer weiteren Beobachtung«, so scheint mir daraus mit hinreichender Deutlichkeit hervorzugehen, dass er die auch auf älteren Stadien nicht zu übersehende Mesodermmasse des Bauches für das Ektoderm genommen hat. Man kann bei dem jetzigen Stande zoologischer Erkenntnis nicht wohl über die Entwicklungsgeschichte einer Thiergruppe arbeiten, ohne sich zugleich mit der Frage zu beschäftigen, in wie weit durch die gefundenen Thatsachen ein Licht auf phylogenetische Beziehungen geworfen werde. So sei es mir gestattet, auch diesen Theil meines Gegenstandes einer kurzen Betrachtung zu unterziehen. Schon oben habe ich erwähnt, dass Harızrz es war, der zuerst die wahre Verschluss- stelle des Protostoms erkannte, und daraus, wie aus der allgemeinen Körperform des Nematodenembryo den Schluss zog, man habe es hier mit einer der hypothetischen Trochophora nahestehenden Larvenform zu thun. In der That, berücksichtigt man noch den von hinten nach vorn vorschreitenden Verschluss des spaltförmigen Gastrulamundes und die Entstehung des Mesoderms eben von jener Stelle aus, wo zu- erst der Verschluss begann, so wird man sich der Deutung des franzö- sischen Forschers kaum entziehen können. Wenn freilich Harızz auf Grund einiger untergeordneter Charaktere so weit geht, die Nematoden von ‘den rüsseltragenden Rhabdocölen abzuleiten, so ist das ein Stand- punkt, der sich wohl schwerlich für die Zukunft wird aufrecht erhalten lassen. Aber die Zurückführung der Nematodenlarve auf die Trochophora bleibt bestehen und bedeutet, wie mir scheint, den wesentlichsten Fortschritt in der Erkenntnis verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Nematoden und anderen niederen Thieren. Ich glaube nun der Harızz’schen Auffassung durch meine Unter- suchung einige nicht unwesentliche Stützen hinzugefügt zu haben. Dass die röhrenförmige Einstülpung am Protostom und die von der Kopfabplattung herstammende und erst sekundär vom Stomadaeum durchbohrte Nervenplatte sich ohne Weiteres dem ektodermalen Schlundrohr und der Scheitelplatte der Trochophora an die Seite stellen 696 0. zur Strassen, würden, will ich nicht eingehend erörtern. Wie ich des öftern er- wähnte, sind mir beide Gebilde ihrem Wesen und Entstehen nach zu wenig klar geworden, als dass ich es wagen dürfte, weittragende Schlüsse darauf aufzubauen. Habe ich mich doch selbst ein wenig im Verdacht, bei ihrer Deutung von phylogenetischen Vorurtheilen nicht ganz unbeeinflusst geblieben zu sein. Dem gegenüber scheint mir die sicher erkannte mesodermale Natur des Stomadaeum für die Trocho- phoratheorie einigermaßen ins Gewicht zu fallen. Wie immer auch der Übergang der Funktion des uralten ektodermalen Schlundrohres auf das Stomadaeum stattgefunden haben mag — jedenfalls kann nichts unwahrscheinlicher sein, als dass das Ektoderm durch die Massen des mittleren Keimblattes hindurch zum zweiten Male mit dem Darme in Verbindung getreten wäre. Viel näher liegend, denke ich, ist die An- nahme, dass irgend ein mesodermales Organ, ein Rüssel oder Bohr- apparat, vielleicht ein am Vorderende gelegener Saugnapf, die neue Kommunikation des Darmes mit der Außenwelt hergestellt habe. Die Mündung des Exkretionsgefäßsystems der Nematodenstamm- form muss sich am Protostom befunden haben, denn wir haben ge- sehen, dass der spätere Porus excretorius mit der Stelle des Protostoms genau zusammenfällt. Eine völlig gleiche Lagerung findet sich z. B. bei Mesosioma und Harırz zieht daraus den oben erwähnten gewagten Schluss, dass zwischen Nematoden und Rhabdocölen eine Verwandt- schaft bestände. Immerhin beweist das Verhalten des Mesostoma, dass eine solche Lagebeziehung zwischen Protostom und Exkretionsgefäß nicht völlig isolirt in der Wurmreihe dasteht. Endlich noch ein Wort über die Afterbildung der Nematoden. Be- kanntlich führt der Darm der Trochophora durch einen vom Ektoderm ausgekleideten After nach außen. Diejenigen Würmer nun, deren Darm blind geschlossen ist, also die Platoden, leitet Harschrk von einer afterlosen, phylogenetisch der Trochophora vorausgehenden Larven- form, der Protrochula, ab. Vielleicht würde die späte, mesodermale Bildung des Nematodenafters ein Fingerzeig sein, dass wir die Rund- würmer nicht auf die eigentliche Trochophora, sondern zusammen mit den Platoden auf die Protrochula zurückzuführen hätten. Wachsthum des Embryo im Ei. Die Veränderungen, die am Bradynema-Embryo nach dem zuletzt beschriebenen Stadium zunächst vor sich gehen, beziehen sich fast aus- schließlich auf sein Längenwachsthum. Zu der Zeit, in welcher die erste Umbiegung des Schwanzendes nöthig wurde, besaß der Embryo eine Länge von 50, und eine größte Breite von 23 u. Es wachsen nun Bradynema rigidum v. Sieb. 697 elle Theile des Körpers in ungefähr gleichem Verhältnisse, so dass die Geschlechtsanlage immer die gleiche Situation etwa in der Mitte des Leibes inne hält. Das Vorderende, das ja von allen Theilen des Körpers das kompakteste und festeste ist, biegt sich auch während des wei- teren Wachsthums niemals um, stemmt sich vielmehr fest gegen die vordere Eihaut und zwingt so das bewegliche, dünne Schwanzende, an der Innenseite der Eischale sich entlang zu schieben, bis es das Vorderende erreicht hat, und darauf nach abermaliger Umbiegung zum entgegengesetzten Pole wieder hinabzuwachsen (Taf. XXXI, Fig. 52). Diese Lagerung, in welcher also drei parallele Portionen des Embryo neben einander liegen, wird trotz der längst eingetretenen Beweglich- ‚keit desselben kaum jemals verändert und bezeichnet zugleich das Ende seines Wachsthums innerhalb der Eischale. Während so die Länge des Thieres von 50 auf 140 u, also fast um das Dreifache ge- wachsen ist, ist dem gegenüber die Dicke, die Anfangs am Porus excre- torius 23 u betrug, auf etwa 15 u zurückgegangen. Nimmt man im ersteren Falle eine mittlere Körperdicke von 21 u, im anderen von 14 u an, und berechnet dann den Rauminhalt der beiden Altersstufen als Cylinder von kreisförmigem Querschnitt, so erhält man in beiden Fällen ziemlich genau dasselbe Resultat, nämlich ca. 21 000 cbu. Der Raum- inhalt des Embryo hat sich demnach nicht geändert. Goertz hat darauf hingewiesen, dass dem entsprechend auch der in der Eischale frei bleibende Raum während der Entwicklung des Embryo sich durchaus nicht verringert, und daraus den berechtigten Schluss gezogen, das sog. Wachsthum des Embryo sei überhaupt kein eigentliches Wachsthum, sondern lediglich eine Längsstreckung aller Gewebe. Wir sehen also, dass die Anfangs so reichlich vorhandenen und jetzt sogar aus dem Darme fast völlig verschwundenen Dottermassen nirgends für das Wachsthum der Zellen, sondern nur für die Arbeitsleistung der Zelltheilung ver- wendet worden sind. Nach solchen Erwägungen erscheint auch eine früher von mir aufgestellte Behauptung jetzt wesentlich sicherer be- gründet. Die Genitalanlage, deren Größe von ihrem ersten Hervortreten an die der umgebenden Zellen so beträchtlich überragt, wird schwerlich eine Ausnahme von der allgemeinen Regel machen und etwa durch rasches Heranwachsen dieses Übergewicht erlangt haben; vielmehr haben wir, wie ich bereits früher hervorhob, in ihrer Größe einen Hin- weis auf ihre frühe Loslösung vom übrigen Mesoderm zu erblicken. In der letzten Zeit des Aufenthaltes innerhalb der Eischale scheint das allerdings anders zu sein. Ob nun die das Ei erfüllende Flüssig- keit zu jener Zeit Nahrungsstoffe enthält, oder wie es sonst möglich gemacht wird, genug, wir sehen, dass bei der einen Hälfte der 698 0. zur Strassen, Embryonen die Geschlechtsanlage nicht unwesentlich zu wachsen be- ginnt (Taf. XXXI, Fig. 72). Aus der ursprünglich vorhandenen einfachen Keimzelle sind durch Theilung zwei oder selbst drei geworden, und damit ist die erste geschlechtliche Differenzirung eingetreten, denn wie die weitere Entwicklung zeigen wird, sind diese Embryonen bestimmt, zu Männchen zu werden, während bei den übrigen die Geschlechts- anlage ihren einfachen, indifferenten Charakter jetzt und lange noch beibehält (Taf. XXXI, Fig. 75). Natürlich wird man sich stark versucht fühlen, bei so klar ausgeprägtem geschlechtlichen Dimorphismus die der männlichen Form entgegengesetzte als weibliche anzusprechen, und der Einfachheit wegen will ich mich dieser Bezeichnung im Folgenden auch bedienen. Doch sei schon jetzt bemerkt, dass ich niemals unzweideu-'‘ tige Weibchen aus unserer indifferenten Form hervorgehen sah, und dass es, wie wir später sehen werden, nicht absolut ausgeschlossen ist, den geschlechtlichen Charakter unserer sogenannten Weibchen auch in anderer Weise aufzufassen. | Aufenthalt im Uterus. Die Embryonen sind nun reif zum Verlassen der Eischale. Bevor sie dieselbe durchbrechen, stoßen sie die äußerste Lage der vom Ekto- derm gebildeten dünnen Cuticula ab, so dass man dieselbe als feines, zusammengekrümeltes Häutchen außer der Dotterhaut im Inneren der verlassenen Eischale antrifft, Dass die letztere nicht etwa resorbirt wird, sondern unverändert im Leibe des Wurmes verbleibt, kann man daran erkennen, dass die Fruchthälter der Bradynemen gegen das Ende der Fortpflanzungsperiode eine ganz ‘außerordentlich große Menge solcher leere Eischalen enthalten. Beim Auskriechen aus dem Ei haben beide Geschlechter bei einer Länge von 140 weine ziemlich plumpe, am Kopfende immer noch verdickte Gestalt und sind von Runzeln und unregelmäßigen Querfalten bedeckt. Aber die Runzeln glätten sich in kurzer Zeit, der Leib streckt sich immer mehr in die Länge und die Unterschiede zwischen einem verdickten Vordertheil und einem schlanken Schwanzende beginnen zu verstreichen. Auch jetzt noch, nachdem die Embryonen in den Raum des Uterus über- getreten sind, scheint ihnen wenig oder gar keine Nahrung zugeführt zu werden. Wir sehen sie zwar erheblich in die Länge wachsen — bis auf 230 u — aber dem Längenwachsthum entspricht jetzt so wenig, wie früher in der Eischale ein Diekenwachsthum, im Gegentheil ver- ringert sich die Leibesdicke noch fortgesetzt um ein Beträchtliches, von 15 auf 12 u, so dass durch die vereinigte Wirkung beider Erscheinungen Bradynema rigidum v. Sieb. 699 aus dem plumpen Embryo in kurzer Zeit ein schlankes Würmchen entsteht. _ Die Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern, die im Ei lediglich auf der verschiedenen Ausbildung der Geschlechtsanlage be- ruhten, treten während des Aufenthaltes im Uterus alsbald auch in der allgemeinen Körperform deutlich hervor. Schon nach kurzer Zeit übertreffen die Weibchen mit unveränderter Geschlechtszelle an Länge sowohl, wie an Schlankheit die Männchen, deren Genitalanlage eine rasche Weiterentwicklung erfährt und zu diesem Zwecke nicht nur die zu Gebote stehenden Nährstoffe verbraucht, sondern auch durch den eigenen wachsenden Umfang den Wurm ein wenig plumper erscheinen lässt. Die Keimzellen des primitiven Hodens vermehren sich ununter- brochen. Anfangs liegen sie in einer einfachen Längsreihe hinter einander, bald aber ordnen sich die immer zahlreicher werdenden Zellen zu zwei alternirend gestellten Reihen und bewirken so auch in die Breite ein nicht unbeträchtliches Wachsthum (Taf. XXXI, Fig. 7%). Ist das junge Männchen endlich zum Auskriechen aus dem Uterus reif, so ist aus seiner Anlage ein aus fünfzehn bis zwanzig Zellen bestehendes wurst- förmiges Gebilde geworden, welches mit einer Länge von 45 u etwa ein Fünftel der Gesammtlänge — 230 u — des Thieres ausmacht. Die Weibchen sind zu der gleichen Zeit um mindestens 10 u länger, von beiden Geschlechtern aber wird der für sie bestimmte Termin des Ausschlüpfens mit ziemlicher Regelmäßigkeit eingehalten, so dass Thiere von größerer Länge, oder, was das Männchen betrifft, weiter ent- wickelter Geschlechtsanlage für gewöhnlich im Uterus nicht anzu- treffen sind. Gleichwohl sind mir in einigen seltenen Fällen sehr auf- fallende Ausnahmen vorgekommen; ohne irgend welche erkennbare Ursache enthielt hin und wieder ein Bradynema in seinem Uterus einzelne Larven von einer Länge bis zu 450 u und einer Ausbildung der Organe, wie sie sonst in gleicher Weise von den in der Leibeshöhle des Aphodius lebenden Larven erreicht wird. Ob solche Larven etwa aus der Leibeshöhle des Käfers stammten und von außen her durch die Geschlechtsöffnung in den Uterus eingedrungen waren, oder ob sie irgend wie am rechtzeitigen Auskriechen aus demselben verhindert wurden, vermag ich nicht zu entscheiden. Immerhin halte ich das Erstere für wahrscheinlicher, denn ich glaube nicht, dass die Thiere im Uterus die für ein so bedeutendes Wachsthum nöthige Nahrungsmenge gefunden haben würden. Mit dem Verlassen des mütterlichen Fruchthälters treten die Embryonen in die Leibeshöhle des Aphodius über und beginnen damit einen neuen Abschnitt ihres Lebens, das Larvenleben. 700 0. zur Strassen, Beschreibung der Larvenformen. Ganz wie die Larven anderer in Insekten schmarotzender Nema- toden, wie Allantonema, Sphaerularia u. A., sind auch die Larven unseres Bradynema darauf angepasst, längere Zeit in der nahrungs- reichen Blutflüssigkeit ihres Wohnthieres ein parasitisches Leben zu führen. Die Dauer dieses Aufenthaltes ist bei Bradynema eine außer- ordentlich lange. Ein junges Bradynema-Weibchen producirt etwa im Mai oder Juni die ersten Larven; der Zeitpunkt aber, zu welchem zum ersten Male ausgewachsene Larven den Leib des Käfers verlassen, fällt etwa in den Oktober. Man wird desshalb annehmen dürfen, dass jedes einzelne Würmchen sich ungefähr fünf Monate in der Leibeshöhle des Aphodius aufhält. Natürlich unter solchen Umständen, dass sich im Laufe der Larvenproduktion, besonders wenn mehrere Bradynemen vor- handen sind, eine ganz ungeheure Masse von Thieren ansammeln muss. Der Leib ist dann buchstäblich von ihnen erfüllt, wo sie Raum finden zwischen den Organen, da dringen sie ein, im Bauche sowohl, wie im Thorax und selbst im Kopfe, und wenn man einen so infieirten Käfer unter Wasser zerreißt, so sieht man die wimmelnde Masse wie eine dicke, milchige Flüssigkeit hervorquellen. Im Frühjahr sind es nur die jüngsten Entwicklungsformen, die man in der Leibeshöhle antrifft, allmählich mehren sich dann die älteren Stadien, und gegen das Ende des Jahres findet man hauptsächlich alte, zum Auswandern reife Würmer. Aber auch dann fehlen die jüngeren und jüngsten Stadien nicht völlig, wenn sie auch unter der Masse großer und dunkler Würmer nur wenig ins Auge fallen; denn die Larven- produktion dauert ja, wenn auch in stark verringertem Maße, immer noch fort. Nur wenn das Mutterthier abstirbt, was sich in der ungünstigen Jahreszeit öfters ereignet, verschwinden die jüngsten Stadien natürlich ganz. Aus dem mehr oder weniger weit vorgeschrittenen Ausfall der Anfangsstufen kann man dann einen Schluss auf den Zeitpunkt des Todes der Mutter ziehen und findet gewöhnlich, dass ihre Überreste in kurzer Frist einer völligen, spurlosen Auflösung entgegengehen. Ihre Massenhaftigkeit und die Möglichkeit, jederzeit beliebig große Mengen aller Altersstufen sehr rein und völlig frei von fremden Sub- stanzen mit Reagentien behandeln zu können, machen diese Bradynema- Larven, wie alle unter ähnlichen Umständen auftretenden, für die Untersuchung ihres feineren Baues sehr geeignet. In Folge der gleich- föormigen Lichtbrechungsverhältnisse der einzelnen Gewebe und ihrer Kerne lassen allerdings die lebenden Würmer nur die groben anato- mischen Verhältnisse erkennen; um sie näher zu studiren, verwendete Bradynema rigidum v. Sieb. 701 ich mit verschiedenem Erfolge Essigsäure, Chromsäure, Osmiumdämpfe, oder ließ sie auch manchmal langsam in Wasser absterben, wobei durch eindringende Flüssigkeit die verschiedenen Gewebstheile von einander gesondert werden, und vorher unklare Bildungen oft eine überraschende Deutlichkeit annehmen. Für die jüngsten, durchschei- nenden Stadien, auch die noch im Uterus befindlichen, fand ich die Untersuchung in kaltem Sublimat-Essigsäure-Alkohol besonders zweck- mäßig. Das Reagens lässt nicht nur dieKerne der verschiedenen Gewebs- arten so scharf und klar hervortreten, dass man sie zählen könnte, sondern hat auch den weiteren Vorzug, das Präparat auf längere Zeit zu konserviren. Als Fixationsmittel verwendete ich entweder heißes Sublimat, das aber wegen der großen Schwierigkeit, die Würmer mit Karmin oder Hämatoxylin zu färben, sich weniger empfahl, oder Chromosmiumessigsäure. Die intensiv schwarze Färbung aller Fett ent- haltenden Theile, welche das letztere Reagens verursacht, ist durch längere Einwirkung von Terpentin leicht zu entfernen, So behandelte Würmer wurden in Menge in Glycerin oder besser Kanadabalsam ge- bracht, oder zum Schneiden vorbereitet. Zu diesem Zwecke führte ich eine möglichst große Masse von ihnen in Benzol über, dem ein wenig Paraffıin von 58° Schmelzpunkt zugesetzt wurde, und ließ dann in einem Uhrschälchen das Benzol bei einer Temperatur von etwa 60° all- mählich verdampfen. Die geringe zurückbleibende Paraffinmenge wurde dann in der bekannten Weise in ein warmes, mit Glycerin ausge- strichenes Schälchen gegossen und rasch abgekühlt. So erhielt ich endlich einen kleinen, Tausende von Würmern enthaltenden Paraffin- klumpen, der sich bei seiner beträchtlichen Härte mit quergestelltem Messer leicht in Schnittserien von !/75, bis !//000u mm Dicke zerlegen ließ. Das jüngste Larvenstadium. Unterwerfen wir die Organisation einer eben in die Leibeshöhle eingewanderten Larve einer genaueren Betrachtung (Taf. XXXII, Fig. 75). Der Leib ist drehrund und, besonders beim Weibchen, ziemlich schlank. Von dem stumpf abgerundeten Vorderende an nimmt die Dicke bis etwa zum ersten Viertel der Leibeslänge, da, wo der Exkretionsporus liegt, ein wenig zu, von da ab verjüngt sich der Leib eben so allmählich und endigt hinten mit einem abgestutzten, meist ganz schwach knopf- förmig aufgetriebenen Schwanzende. Diese eigenthümliche Bildung des Schwanzes lässt sich schon zu einer noch früheren Zeit an den Embryonen beobachten, wie wir auch sehen werden, dass dieselbe knopfförmige Verdickung später für Larven beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen äußerst bezeichnend ist, 702 0. zur Strassen, Die äußere Umhüllung wird von einer kaum messbaren, schwach lichtbrechenden Chitinhaut gebildet, die über die Stellen, wo After und Exkretionsporus liegen, ohne Durchbohrung hinwegzieht, und nur am Vorderende, der seichten Ektodermeinstülpung entsprechend, die wir am Embryo kennen lernten, einen kurzen stiftförmigen Fortsatz in den Körper hinein entsendet. Unter dieser dünnen Membran, als deren Matrix es fungirt, ke das zu dieser Zeit bereits schwer nachzuweisende Ektoderm. Von einer Zellenschicht ist überhaupt nichts mehr wahrzunehmen. Das Einzige, woran man die Existenz des ganzen Keimblattes noch erkennen kann, sind seine Kerne, die nach Einwirkung von Sublimatessigsäure als plattgedrückte, der Guticula dicht anliegende Scheibchen von 3,4 u Länge sehr deutlich sichtbar werden. Sie enthalten je einen verhältnis- mäßig sehr kleinen Nucleolus und springen ein wenig gegen die meso- dermale Leibeswand vor, während zwischen ihnen die innere Be- grenzung des Ektoderms nach der Cuticula zu eingezogen ist, und nur da einigermaßen deutlich in Erscheinung tritt, wo zwei Ektodermkerne nahe bei einander liegen. Am klarsten treten die Kerne im Vorderende hervor, eben so auch in der Rückenlinie des übrigen Leibes. Auf dem Bauche dagegen ist das Ektoderm derartig durch die wuchernden Zell- massen des mittleren Keimblattes an die Guticula herangedrängt, dass selbst seine Kerne mit Mühe und oft überhaupt gar nicht herauszu- finden sind. Vom Entoderm ist nicht viel zu sagen. Es ist bei Bradynema- Larven viel weniger differenzirt, als bei den meisten jungen Nematoden gleichen Alters. Vor Allem fehlt die oft so deutliche zweireihige An- ordnung der Darmzellen hier vollkommen und selbst die Zellgrenzen sind nicht nachzuweisen, oder überhaupt nicht vorhanden. Eben so wenig lässt der Darm unserer Würmer ein Lumen erkennen, das ganze Organ ist eben nichts Anderes, als eine langgestreckte, zusammen- hängende Plasmamasse, in welcher eine Reihe von 15 bis 20 runden Kernen von 5 u Durchmesser mit ziemlich großem Nucleolus in unregel- mäßigen Abständen eingebettet liegen. Am Vorderende vereinigt sich der Darm kurz hinter dem Porus exeretorius mit der mesodermalen Zellenmasse des Stomadaeum und hinten mit der kurzen, den After- darm bildenden Zellengruppe. Lebende Würmer dieser Stufe sind fast vollkommen durchsichtig, da das ursprünglich im Darme enthaltene Dottermaterial während der letzten Zeit des Aufenthaltes im Uterus aufgebraucht wurde. Während so das äußere und das innere Keimblatt am Aufbau unserer jungen Larve wenig betheiligt sind, treten die dem Mesoderm Bradynema rigidum v. Sieb. 703 entstammenden Gewebe und Organe immer mehr in den Vordergrund. Die allgemeine Anordnung des Mesoderms ist noch dieselbe, die bei den älteren Embryonen in der Eischale angelegt wurde, d. h. Kopf- und Schwanzende sind völlig von ihm erfüllt, und im übrigen Leibe vertheilt es sich auf eine ventrale und zwei laterale Verdickungen der Leibes- wand. Wo immer seine Gewebe auftreten sind sie durch die besondere Bildung ihrer Kerne von denen der anderen Keimblätter stets leicht zu unterscheiden. Während nämlich die Darmkerne wie die des Ekto- derms je ein rundes, von der hellen Kernvacuole scharf gesondertes Kernkörperchen enthalten, zeichnen sich die Mesodermkerne durch den Besitz zahlreicher kleiner Nucleoli aus, so dass sie gleichsam grob punktirt erscheinen. Das erste Viertel des Leibes von der Kopfspitze bis zum Beginn des Darmes durchspannt als ein nach hinten zu etwas erweitertes, walzenförmiges Gebilde ohne deutliches Lumen das Stoma- daeum. Weder nach außen, noch nach innen zu ist es durch besonders scharfe und klar hervortretende Kontouren begrenzt, wie ja solche bei unserem Wurme im Zusammenhange mit der rudimentären Beschaffen- heit des gesammten Darmapparates auch auf späteren Altersstufen nie- mals zur Erscheinung kommen. Die meisten anderen Nematodenlarven entwickeln dagegen, wie bekannt, bereits frühe in ihrem Ösophagus ein System kräftiger Radiärmuskeln, die nach innen sowohl wie nach außen von starken Chitinwänden überzogen sind. Derjenige Theil des Stomadaeum, der mit dem Darme in Verbindung tritt, und hinter dem Porus excretorius und dem Nervenring gelegen ist, also dem bei vielen Nematoden entwickelten Bulbus entsprechen würde, unter- scheidet sich seinem Gewebe nach durchaus nicht von dem vorderen Theile des Organs; die echt mesodermalen Kerne liegen nur ein wenig dichter und die ganze Stelle ist undeutlich bulbusartig erweitert, so dass an der morphologischen Einheit des gesammten Stomadaeum nicht gezweifelt werden kann. Dem gegenüber behaupten die meisten früheren Beobachter — abgesehen von ihren Ansichten über die Ab- stammung des übrigen Ösophagus — jedenfalls für diesen letzten Ab- schnitt eine Entstehung aus dem Entoderm. Besonders Hauzzz legt im Zusammenhang mit seinen phylogenetischen Darlegungen einen be- sonderen Nachdruck auf seine Angabe, das Nervensystem liege genau an der Stelle, wo der ektodermale mit dem entodermalen Theile des Stomadaeum sich vereinigt. Die Forscher bedenken dabei nicht, wie außerordentlich groß bei fast allen Nematoden die Übereinstimmung ist, welche im Bau der verschiedenen Abschnitte des Ösophagus, besonders in Bezug auf die radialen, in einer körnigen Grundsubstanz eingelagerten Muskelfibrillen hervortritt, eine Übereinstimmung, die 704 0. zur Strassen, sich mit der Annahme einer Entstehung aus verschiedenen Keimblättern meines Erachtens nicht vereinigen lässt. Überhaupt scheint es mir, dass die muskuläre Natur des Ösophagus auch ohne alle entwieklungs- geschichtlichen Studien von vorn herein auf eine mesodermale Ent- stehung desselben hätte hinweisen sollen. Der Nervenring umfasst den hinteren Theil des Schlundes und stellt sich in der Seitenansicht als ein schinkenförmiges, schräg von vorn nach hinten herabziehendes Gebilde dar, an welchem feinere Strukturverhältnisse kaum zu beobachten sind. Bürscai! machte darauf aufmerksam, dass eine gleiche schräge Lagerung des Nervenringes bei allen oder den meisten freilebenden Nematoden auftritt, und bringt dieselbe damit in Zusammenhang, dass der Nervenring auf der Bauch- seite direkt in einen nach hinten laufenden Strang ausgehe. In der That sehen wir ein solches Verhalten auch bei unseren Bradynema- Larven, nur vereinigen sich hier die beiden Ausläufer erst zu einem dicht vor dem Porus gelegenen Bauchganglion (Taf. XXXII, Fig. 86), von dem aus dann, wie es scheint, der ventrale Längsnerv entspringt. Vielleicht ist die auffallende Schrägstellung auch nur in Folge von Ver- schiebungen eingetreten, welche durch ungleiche Wachsthumsverhält- nisse der anliegenden Körpertheile verursacht werden. Haben wir doch: bei einer früheren Gelegenheit gesehen, dass das Nervensystem ursprünglich an der Vereinigungsstelle von Darm und Ösophagus ge- legen war, bevor es durch die Streckung des letzteren aus jener Lage verschoben wurde. Auch jetzt noch markirt die Lage des Nervensystems ungefähr die Grenze zwischen den beiden verschiedenen, uns von früher her be- kannten Ausbildungsformen der mesodermalen Leibeswand. Wie früher im Bereich der Kopfzellenmasse, so ist jetzt vor dem Nervenringe der zwischen Haut und Stomadaeum befindliche Raum ringsum gleichmäßig von Mesodermgewebe erfüllt, dessen Kerne die des Ösophagus an Größe ein wenig übertreffen, sonst aber von ihnen nicht verschieden sind. | Hinter dem Schlundringe nun ändert sich die Anordnung. In der Bauchlinie liegt hier, wie wir wissen, knapp hinter dem ventralen Ganglion die Stelle des späteren Porus exeretorius, ein Punkt, der ja von Anfang an die hintere Grenze der Kopfmesodermmasse bezeichnet hat. Freilich ist auch jetzt noch immer kein eigentlicher Porus vor- handen, denn Cuticula und Ektoderm gehen glatt darüber hinweg. Statt dessen sehen wir einen niedrigen mit der Leibeshöhle in direkter 1 BürscaLı, Beiträge zur Kenntnis freil, Nematoden, insbesondere des Kieler Hafens. Bradynema rigidum v. Sieb. 705 Verbindung stehenden Spalt von innen her an die Haut herantreten, dessen vordere und obere Grenze vom Darm und den seitlichen Meso- dermmassen gebildet werden, während hinter ihm jene polsterförmige Verdiekung der Bauchlinie liegt, die wir schon so früh an dieser Stelle entstehen sahen. Es ist aber wohl zu beachten, dass die ganze Bildung nichts weiter darstellt, als einen breiten, flachen Spalt im Mesoderm- gewebe, dem selbst eine chitinige Auskleidung vorläufig noch fehlt. Der eigentliche chitinige Ausführungsgang bildet sich, wie wir sehen werden, erst zu einer bedeutend späteren Zeit. Von jenem Zellpolster aus verläuft das mesodermale Bauchband in der alten Weise als eine einfache Zellschicht mit dicht an einander liegenden Kernen von 2,5 u Durchmesser, die in der Regel die Cuticula direkt zu berühren scheinen, da das Ektoderm hier bis auf das äußerste Maß zurückgedrängt worden ist und nur vereinzelte flache Kerne er- kennen lässt. Dorsal spielt das Mesoderm in dem hinter dem Nervensysteme ge- legenen Körperabschnitte immer noch keine Rolle, vielmehr besteht die ganze Rückenwand nach wie vor fast ausschließlich aus einer dünnen Ektodermlage. Um so mächtiger ist die Entwicklung der seitlichen Mesoderm- massen, die hier, direkt hinter dem Nervenringe, so stark nach innen vorgewölbte Polster bilden, dass sie nur durch eine schmale Platte des zusammengedrückten Darmes und Ösophagus von einander getrennt bleiben, eine Bildung, die ja gleichfalls schon bei sehr jungen Embry- onen zur Entwicklung kam. Auf dem Rücken verwachsen die beiden Polster und gehen so in das allgemeine Kopfmesoderm über, während auf der Bauchseite das um Vieles kleinere Bauchpolster sich zwischen sie einschiebt, und mit ihnen zusammen den niederen Spaltraum des Porus excretorius entstehen lässt. Im Schwanzende finden sich Verhältnisse, welche mit den eben beschriebenen eine gewisse Ähnlichkeit besitzen. Hier erhebt sich von der Bauchlinie aus das Proctodaeum als eine kurze, wurstförmige Zellen- masse, deren Elemente sich zu dieser Zeit bereits röhrenförmig zu arrangiren beginnen, und die an ihrem distalen Ende mit dem Darme verwachsen ist. Vor und hinter dieser Zellenmasse zeigt sich die Bauch- linie wiederum, wenn auch in geringerem Maße, polsterförmig verdickt, und verläuft dann bis in das äußerste Schwanzende. Hier hat sich die Anfangs vorhandene solide Mesodermmasse durch einen schmalen, die Spitze jedoch nicht erreichenden Spaltraum in eine obere und eine untere Partie gesondert. Die untere hängt mit der Bauchlinie kon- 706 0. zur Strassen, tinuirlich zusammen, die obere aber spaltet sich nach vorn zu, um in die letzten Ausläufer der Seitenbänder überzugehen. Die Leibeshöhle unserer Würmer hat eine nur geringe Aus- dehnung und ist überhaupt in der Regel erst nach Einwirkung von wasserentziehenden Reagentien deutlich erkennbar. Außer am Porus excretorius zeigt sie sich für gewöhnlich nur noch im Schwanzende und da, wo die Geschlechtsanlage zwischen Darm und Bauchwand sich ein- schiebt, als schmaler, von einer Flüssigkeit erfüllter Spaltraum. In allen diesen Räumen nun, aber auch am Rücken und an anderen Stellen zwischen Darm und Leibeswand finden sich oft vereinzelte oder in kleinen Gruppen bei einander liegende Mesodermzellen mit den charak- teristischen Kernen. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass solche Zellen sich an irgend einer Stelle vom Mesodermgewebe losgelöst haben und in die Räume der Leibeshöhle eingewandert sind, und wir werden später sehen, dass eine derartige Wanderung von Mesodermzellen im ferneren Verlaufe der histologischen Differenzirung noch eine wesent- liche Rolle zu spielen hat. Über die beiderlei Geschlechtsanlagen der jungen, eben in die Leibeshöhle eingewanderten Larven brauche ich nach dem, was ich über ihre Entwicklung im mütterlichen Uterus gesagt habe, nichts Weiteres hinzuzufügen. Die weitere larvale Entwicklung. Ich will nun, um Wiederholungen zu vermeiden, die fernere Ent- wicklung der Würmer während ihres Lebens in der Leibeshöhle des Aphodius in der Weise darstellen, dass ich zunächst die Umwandlungen der Körperform, dann die weiteren Schicksale der Leibeswand und die Entstehung der Muskulatur, und endlich die Ausbildung der Geschlechts- apparate im Zusammenhange bespreche. Die Larven unseres Bradynema besitzen jetzt so wenig, wie zu irgend einer Zeit ihres Lebens eine mit dem Darme verbundene Mund- öffnung. Die gesammte Nahrungsaufnahme muss also durch die Körper- decken hindurch auf osmotischem Wege erfolgen, eine Nahrungsquelle, die für die jungen Würmer nichts weniger als unzureichend ist; denn mit ihrer Hilfe wachsen sie nicht nur auf das Doppelte ihrer ursprüng- lichen Größe heran, sondern füllen auch noch ihren Darm, der im Uterus zuletzt ganz durchsichtig geworden war, in immer steigendem Maße wieder mit Dotterkugeln, bis sie zuletzt dunkel und undurch- sichtig erscheinen. Dabei ändert sich im Verlaufe des Wachsthums die Körperform bedeutend und zwar in einer Weise, die in beiden Ge- schlechtern nicht unerheblich verschieden ist. Hauptsächlich wird sich Bradynema rigidum v. Sieb. 707 diese Differenz auf die geschlechtlichen Besonderheiten zurückführen lassen, denn wir werden sehen, dass der sich mächtig entwickelnde Hoden der Männchen einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des Leibes gewinnt, während beim Weibchen mit seiner unbedeutenden Genitalanlage davon nicht die Rede sein kann. Anfangs lag die Stelle der größten Körperdicke in der Höhe des Porus exeretorius. Diese größte Breite, die im Uterus immer geringer wurde und zuletzt von 23 auf 12,5 u herabgestiegen war, beginnt jetzt nach dem Übertritt in die Blutflüssigkeit des Käfers im Einklang mit dem allgemeinen Körperwachsthum wieder zuzunehmen. Da aber die Dicke des übrigen Leibes in noch stärkerem Maße wächst, so kommt es, dass bei einer Gesammtlänge von 340 u der Wurm eine gleichmäßig eylindrische Gestalt mit einer Breite von 18 u erreicht hat, und nur am Kopf- und Schwanzende eine Verjüngung aufweist. Beobachten wir nun zunächst die Entwicklung der Leibesform im männlichen Ge- schlechte (Taf. XXXII, Fig. 76—79), so sehen wir, dass hier mit der . Ausbildung der eylindrischen Gestalt die Ungleichheit des Dickenwachs- thums noch nicht ihr Ende gefunden hat. Der Hoden ist nämlich zu dieser Zeit nach beiden Seiten beträchtlich in die Länge gewachsen, ohne allerdings den Enddarm bereits völlig erreicht zu haben, und be- ginnt durch die fortgesetzte intensive Vermehrung seiner Zellen den Leib des Wurmes zu erweitern. Thiere von 380 u Länge sind in Folge dessen am Porus excretorius 20, in der Leibesmitte aber bereits 21,5 u breit, ein Verhältnis, welches im weiteren Verlaufe immer stärker her- vortritt und dadurch zu einer für die Männchen höchst charakteristischen Leibesform hinleitet. Wenn diese letztere ihre volle Ausbildung erlangt hat, was etwa bei einer Körperlänge von 420—440 u der Fall ist, so nimmt der leicht ventral gekrümmte Leib des Thieres bis etwa hinter die Mitte gleichmäßig bis auf 30 u zu, verjüngt sich von da bis zum After sehr schwach und geht dann ziemlich plötzlich in das schlanke, am Ende wie immer leicht verdickte Schwanzende über. Der Hoden, dessen mächtiger Entfaltung der Körper diese seine Form verdankt, be- sitzt zu dieser Zeit bei beträchtlicher Breite eine Länge von 230 u, die größte, die er überhaupt erreicht, und ist an seinem hinteren Ende mit dem Afterdarm in Verbindung getreten. Schon wenn der Wurm auf 390 u herangewachsen ist, beginnt im hinteren Ende des Hodens die Bildung von feinpunktirtem Sperma, das sich durch seine hellbräun- liche Färbung von den weißen, durchscheinenden Zellmassen des übrigen Hodens abhebt. Die Samenbildung schreitet von hinten nach vorn zu fort, und wenn sich endlich der ganze Inhalt des Hodens in die dichte, feinkörnige Spermamasse verwandelt hat, so ist es natürlich, dass Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 46 708 0. zur Strassen, der von ihm beanspruchte Raum gegen früher erheblich geringer ge- worden ist. So kommt es dass, während das Wachsthum des Wurmes fortschreitet, die Länge des Hodens nicht nur relativ, sondern auch ab- solut zurückgeht, und endlich, wenn alles Material zu Sperma geworden ist, nicht mehr beträgt, als nur noch 150 u. Die charakteristische Ge- stalt der Männchen verschwindet mit der Reduktion des Hodens rasch. Unter günstigen Verhältnissen wachsen sie im Aphodius noch bis auf 490 uheran und besitzen dann wieder einen gleichmäßig eylindrischen Leib von 24 u Breite. Der Darm ist dann seiner ganzen Länge nach dicht mit Fettkugeln gefüllt, und da auch der Hoden jetzt nicht mehr so hell ist, wie früher, so ist das Aussehen der Thiere ein recht dunkles und undurchsichtiges. Die Entwicklung der Leibesform bei den Weibchen (Taf. XXXIH, Fig. 80—83) ist abweichend, aber nicht weniger eigenthümlich. Auch hier macht das anfängliche Überwiegen des Kopfendes bald einer gleich- mäßigen Leibesdicke Platz, ohne dass es jedoch wie beim Männchen zu einer Auftreibung der Körpermitte käme. Die Geschlechtsanlage bleibt noch längere Zeit nach dem Auswandern aus dem Uterus unverändert und beginnt überhaupt erst zu wachsen, wenn der Wurm bereits eine Länge von 320 u erreicht hat. Es scheint, dass dieses Wachsthum aus- schließlich in der Richtung gegen das Schwanzende erfolgt, denn bei älteren Thieren liegt die Geschlechtsanlage, die vorher fast genau die Mitte einnahm, dem Schwanzende immer bedeutend genähert. So wächst der Wurm, ohne seine Gestalt wesentlich zu verändern, bis zu einer Länge von 430 u und einer größten Breite von 26 « heran, worauf ziemlich unvermittelt knapp hinter der Körpermitte eine breite, gürtelförmige Anschwellung auftritt, die einen Durchmesser von 36 u erlangt. Die mesodermale Leibeswand ist im Bereiche des Gürtels ein wenig verdickt, ohne aber dadurch die ganze Anschwellung zu ver- ursachen, denn auch der Darm zeigt in dieser Gegend eine beträcht- liche Erweiterung. Eben so wenig ist es etwa eine mächtige Entwicklung des Geschlechtsapparates, dem die sonderbare Bildung zuzuschreiben wäre, denn die Genitalanlage, die jetzt eine Länge von 90 u besitzt und in ihrer Mitte eine Einschnürung aufweist, liegt erst hinter der Anschwellung und ragt höchstens mit ihrem vordersten Theile in dieselbe hinein. Eben so rasch, wie sie gekommen, verliert sich die Gürtelanschwellung wieder, denn schon bei einer Länge von 450 u ist sie in der Regel spurlos verschwunden. Die Thiere ähneln dann in ihrer äußeren Form den Männchen gleicher Größe, die ja ebenfalls wieder eine einförmig eylindrische Gestalt besitzen. Nur erreichen sie eine nicht unbeträchtlich größere Länge als jene; die Bradynema rigidum v. Sieb, 709 längsten, die mir im Leibe des Käfers aufgestoßen sind, maßen 530 u. Die Körperwandungen erfahren während des Lebens im Käfer- leibe weitgehende Differenzirungen. Das Ektoderm, welches noch - immer den ganzen Leib gleichmäßig umhüllt, ist durch das fortgesetzte Wachsthum und die damit verbundene Theilung seiner Elemente immer dünner geworden und am Ende der Periode überaus schwer nachweisbar. Nur an Ösmiumpräparaten, die mit Safranin gefärbt und sehr sorgfältig mit saurem Alkohol ausgewaschen wurden, so dass alles Gewebe völlig entfärbt wird mit Ausnahme der chromatischen Bestandtheile der Kerne, gelang es mir die Kerne des Ektoderms aufzufinden (Taf. XXXII, Fig. 86). Es zeigen sich dann, direkt unter der Cuticula liegend, kleine, längliche Bläschen von 1,5 bis 2 «, die sich durch ihre helle Farbe von dem umliegenden, osmiumgebräunten Gewebe abheben, und in ihrer Mitte ein winziges rothes Pünktchen enthalten, den durch das Safranin gefärbten Nucleolus. Trotz seiner geringen Mächtigkeit ist das Ektoderm aber immer noch thätig und bildet ganz allein die gesammte Gutieula. Dieselbe wächst Anfangs zu einer homogenen Schicht von 0,9 u heran, von da ab jedoch bleiben die jüngeren Theile durch eine allmählich immer schärfer hervortretende Grenzlinie von der ersten Schicht ge- trennt. Zuletzt sind beide Schichten nicht unwesentlich von einander verschieden. Nicht nur dass die innere, die nun bis auf 1,7 u zugenommen hat, ein geringeres Lichtbrechungsvermögen zeigt, als die äußere; sie ist an einer beschränkten Stelle, am Porus excretorius, sogar durch einen deutlichen Zwischenraum von der Außenschicht getrennt. Letz- _ tere geht nämlich immer noch glatt über den Porus hinweg, die innere Cutieularschicht jedoch zeigt sich an dieser Stelle deutlich, und ziem- lich tief nach innen eingezogen. Der Zusammenhang zwischen den beiden Schichten ist für gewöhnlich ein ziemlich fester. Lässt man je- doch die Würmer in Wasser langsam absterben, so zeigt sich schon am - folgenden Tage, dass bei den meisten eine künstliche Häutung eingetreten ist, indem die beiden QCutieularschichten sich ihrer ganzen Fläche nach _ von einander gelöst haben, und die abgestoßene Haut trägt an ihrer Vorderspitze ein kurzes, nach innen gerichtetes, der Mundhöhle ent- sprechendes Chitinstäbchen. Zur freiwilligen Häutung schreiten die Würmer, wie es scheint, erst wenn sie das parasitische Leben mit dem Aufenthalt im Freien vertauscht haben. Die Entwicklung der Muskulatur und des übrigen Theiles der mesodermalen Leibeswand zu verfolgen, bot beträchtliche Schwierigkeiten. Zwar gehört Bradynema wegen der Möglichkeit, alle Stadien in beliebiger Menge zu erhalten, immerhin noch zu den günsti- 4,6% Se ee .., 710 0. zur Strassen, geren Objekten. Dem standen jedoch die außerordentliche Kleinheit der zu beobachtenden Gebilde und die schwammige, nicht in deutliche Zellen geschiedene Struktur des mesodermalen Gewebes gegenüber, sowie endlich auch der Umstand, dass ich mich nirgends auf die Unter- suchungen früherer Autoren zu stützen vermochte. Ich verwendete für meinen Zweck als Konservirungsmittel aus- schließlich GChromosmiumessigsäure und studirte so behandelte Würmer sowohl in toto, als auch auf sehr dünnen Längs- und Querschnitten, die nach der früher angegebenen Methode hergestellt wurden. Die besten "Resultate jedoch erhielt ich dadurch, dass ich die eben in den noch flüssigen Balsam gebrachten Würmer durch fortgesetztes Klopfen auf das Deckgläschen zertrümmerte, eine Methode, durch welche es mir in einigen besonders glücklichen Fällen gelang, den ganzen Umfang der Leibeswand zu einer Fläche ausgebreitet zu erhalten, die dann ein Studium ihrer Zusammensetzung mit ausgezeichneter Klarheit gestattete. Als wir den Entwicklungszustand des Mesoderms zum letzten Male einer Betrachtung unterzogen, also zur Zeit des Auskriechens aus dem Uterus, waren seine Elemente noch alle unter einander gleich, besonders die Kerne zeigten an allen Stellen eine übereinstimmende, charak- teristische Bildung. Auch sahen wir, dass der Zusammenhang des Meso- derms sich zu lockern begann, und einzelne Zellen wandernd in die verschiedenen Spalträume der Leibeshöhle eingedrungen waren. Durch derartige wandernde Mesodermzellen wird nun im weiteren Ver- laufe in nicht allzu langer Zeit die ganze Leibeshöhle mit allen ihren Theilen zum Verschwinden gebracht. Vor Allem ist es das dorsale Mittelfeld, das jetzt, nachdem es so lange Zeit hindurch fast ausschließ- lich vom Ektoderm gebildet wurde, endlich eine, wenn auch nicht be- sonders mächtige, mesodermale Wandung erhält. Es verlaufen demnach unter der Hautschicht unserer Würmer nunmehr vier in das Innere des Leibes vorspringende Längsbänder von mesodermalem Gewebe, zwei schwächere mediane und zwei stärkere und breitere in den Lateralfel- dern (Taf. XXXII, Fig. 88). Alle vier Bänder berühren mit ihrer inneren Begrenzung den Darm, so dass derselbe von den Seiten her zusammen- gedrückt erscheint, ein Verhalten, welches im Vordertheile des Leibes, wie wir wissen, schon seit lange und in viel stärkerem Maße bestanden hat. Aber auch die Zwischenräume zwischen den vier Längswülsten sind nicht leer, vielmehr findet sich in ihnen ein sehr lockeres maschiges Gewebe, welches gleichfalls bis dicht an den Darm herantritt und wohl zweifellos ebenfalls mesodermaler Natur ist. Im Leben dienen diese mit lockerem Gewebe erfüllten Räume in gleicher Weise wie der Darm zur Aufspeicherung stark lichtbrechender, auch in chemischer Hinsicht mit t Bradynema rigidum v. Sieb. 711 denen des Darmes völlig übereinstimmender Fettkugeln, wie LEUCKART in ganz analoger Weise auch für die parasitirenden Larven von Allanto- nema und Sphaerularia beschrieben hat. Während so diese lockeren, hellen Gewebsmassen ihrer Entstehung wie ihrer Bedeutung nach die Rolle eines Mesenchyms versehen, haben wir in den vier Längswülsten des Leibes dasjenige Material zu erblicken, aus welchem nicht nur die gesammte Muskulatur hervorgeht, sondern auch jene Bildungen ihren Ursprung nehmen, die man seit langer Zeit als die Längslinien der Nematoden bezeichnet hat. Untersucht man eine ganz junge, noch durchsichtige Larve in der Profillage bei sehr starker Vergrößerung, und stellt dann den Tubus scharf auf die Oberfläche des Wurmes ein, so findet man in der Mittellinie des Leibes vereinzelte große Zellen mit scharf hervortreten- den Kernen. Von denen des übrigen Mesoderms unterscheiden sich diese Kerne nicht nur durch ihre auffallende Größe, — sie erreichen einen Durchmesser von 5 u —, sondern auch durch ihre scharf kon- tourirte Kernmembran und den kompakten, central gelegenen Nucleo- - lus; gleichwohl kann es nicht zweifelhaft sein, dass sie aus gewöhn- lichen Mesodermkernen hervorgegangen sind. Waren die auffallend großen Zellen Anfangs nur in geringer Anzahl vorhanden, so vermehren sie sich während des fortschreitenden Wachsthums in ziemlich rascher Folge. Aus dem häufigen Auftreten des Stadiums mit zwei Nucleolis geht einerseits hervor, dass die Kerne selbst in lebhafter Theilung be- griffen sind, vermuthlich kommen auch neu aus dem Mesoderm ent- standene hinzu, und so bildet sich allmählich eine genau in der Mittel- linie der Seite vom Kopf bis zum Schwanz verlaufende Zellreihe (Taf. XXXII, Fig. 84 Izr). Wie die Kerne derselben von denen des übrigen Mesoderms erheblich verschieden sind, so lassen auch die zu- gehörigen Zellkörper eine besondere Bildung erkennen. Einerseits ist ihr Plasma ein wenig, aber ganz deutlich dichter und körniger, als das der umgebenden Gewebe, und andererseits ist im Gegensatz zu der schwammigen Struktur der übrigen Mesodermmassen eine jede Zelle von einem hinreichend scharfen Kontour ringsum abgegrenzt. Gewöhn- lich sind die Umrisse dieser sich dicht berührenden und gegen einander abgeplatteten Zellen rundlich, öfters aber, und besonders in älteren Zuständen des Gebildes, zeigen einzelne von ihnen unregelmäßige, zackige Fortsätze, welche in dieser oder jener Richtung vom Zellkörper ausstrahlen und auf eine amöboide Beweglichkeit hinzudeuten scheinen. Selbstverständlich verläuft auf der anderen Seite des Thieres eine genau eben solche Zellenreihe, wie man durch vorsichtiges Senken des Tubus auf die gegentiberliegende Körperwand mit Leichtigkeit konstatiren 712 0. zur Strassen, kann. Hingegen vermochte ich nicht darüber ins Klare zu kommen, ob dasselbe Gebilde auch in der Rücken- und Bauchlinie wiederkehre, so naheliegend auch eine solche Annahme nach den späteren Befunden erscheinen muss. Es gelingt kaum jemals, die Würmer in eine andere als die Seitenlage zu bringen, und in dieser verhindern die darüber liegenden, ähnlichen Mesodermkerne das Zustandekommen eines klaren Bildes. Immerhin habe ich oft genug große, denen der Seitenreihen ganz ähnliche Kerne in den Medianlinien gesehen, so dass ich das Vor- handensein analoger Zellreihen in denselben für gesichert halten darf, wenn auch vielleicht zeitlich ein Unterschied in ihrer Bildung bestehen mag. Zu einer etwas späteren Zeit, wenn die Larven beiderlei Ge- schlechts eine Länge von etwa 420 u erreicht haben, sind jedenfalls vier, unter einander völlig ähnlich gebaute und den vier ursprünglichen Längswülsten des Mesöderms entsprechende Zellreihen vorhanden. Ihr Aussehen hat sich gegen früher allerdings einigermaßen verändert. Die Zellen, die sich Anfangs dicht berührten, bis zur gegenseitigen Abplattung, sind in der Längsrichtung aus einander gewichen, so dass zwischen ihnen kurze, von lockerem Mesenchymgewebe erfüllte Inter- valle aufgetreten sind. Nur da, wo beim Weibchen die Leibesmitte zu einem breiten Gürtel angeschwollen ist, hat sich auffallenderweise der innige Zusammenhang der Zellen erhalten, während man doch eigent- lich das Gegentheil vermuthen sollte (Taf, XXXIH, Fig. 85 lzr). Die Zellen berühren sich hier mit breiter Fläche und zeigen überhaupt gerade, äußerst scharf gezogene Kontoure, nicht wenig dadurch von denen des übrigen Leibes verschieden, die ausnahmslos eine zackige, rhizopodenähnliche Gestalt angenommen haben. Zu dieser Zeit sind auch die charakteristischen Mesodermkerne mit zerstreutem Chromatın, wie ich sie für die jungen Larven beschrieb, überall verschwunden; offenbar sind sie insgesammt in die beträchtlich größeren der Längs- reihen übergegangen. Nur in den beiden Körperenden finden sich noch kleine, den früheren ähnliche Kerne, aber auch deren Chromatin hat sich jetzt zu runden Kernkörperchen zusammengeballt. Die wichtigsten und bedeutungsvollsten Veränderungen aber sind mit den beiden Medianreihen vor sich gegangen. Sie bestehen nämlich nicht mehr aus je einer einfachen Reihe hinter einander liegender Zellen, wie dies bei den Lateralreihen noch jetzt der Fall ist, sondern einzelne ihrer Zellen haben sich quer zur Längserstreckung getheilt und dadurch eine völlig neue Konfiguration des ganzen Organs ent- stehen lassen (Taf. XXXIII, Fig. 85). Symmetrisch rechts und links, wie die Zähne am Rostrum eines Sägefisches, sitzen jetzt der geraden Mittelreihe' im regelmäßigen Abständen ‚kurze Querfortsätze an, die an Pa Bradynema rigidum v. Sieb, 713 ihrem Ende jedes Mal einen Kern tragen, während die Verbindungs- brücke durch das zugehörige Zellplasma gebildet wird. Nach außen sind die neuen Kerne, die in Bau und Größe übrigens mit denen der Mittelreihe völlig übereinstimmen, nur von einem schmalen Plasma- saum umgeben, und dieser ist noch dazu von einer nichts weniger als regelmäßigen Form. Denn gleich den anderen Zellen besitzen auch die neuentstandenen eine wechselnde, amöboide Gestalt mit unregel- mäßigen, breiten oder schmalen Fortsätzen, welche in mannigfacher _ Weise die Zellen unter einander verbinden und sogar ein feines Netz von Plasmafäden nach den Lateralfeldern hinüber zu spannen ver- mögen. Einen ganz ähnlichen Umbildungsprocess, wie wir ihn soeben an den Medianreihen verfolgen konnten, machen nach einiger Zeit die Lateralreihen durch. Derselbe führt auch hier zur Bildung einer mitt- leren Reihe und zweier seitlich davon gelegenen, aber der Zusammen- hang der einzelnen Reihen ist hier von Anfang an ein weit loserer, als es bei den Medianreihen der Fall war. Denn an Stelle der verhältnis- mäßig breiten Plasmabrücken, durch welche dort die Nebenkerne mit der Stammreihe verbunden wurden, findet sich zwischen den ent- sprechenden Gebilden des Lateralfeldes nur ein dünnes Netz unregel- mäßiger Pseudopodien. Bald nachdem das zuletzt beschriebene Entwicklungsstadium erreicht wurde, kommt es zur Anlage der ersten fibrillären Muskel- bildungen. Bei dem Interesse, welches gerade dieser Moment in der Entwicklungsgeschichte unserer Würmer einflößen muss, halte ich es für geboten, den Bau der ganzen Leibeswand des betreffenden Stadiums, wie er sich an Zertrümmerungspräparaten oft so hübsch beobachten lässt, einer eingehenderen Schilderung zu unterwerfen (Taf. XXXIH, Fig. 87). Wir sehen, dass die Leibeswand durch scharf hervortretende Grenzen der Länge nach in vier parallele, genau gleich breite Portionen abgetheilt wird, von denen je zwei gegenüberliegende eine überein- stimmende Bildung erkennen lassen. Jedes der beiden Seitenfelder hat eine Breite von 17 u und besteht aus drei, ziemlich deutlich von einander geschiedenen Kernreihen, von denen die mittlere etwa doppelt so viel Kerne enthält, als jede der beiden äußeren. Die Kerne haben einen Durchmesser von 3,5 u, ent- halten außer einem runden Nucleolus (0,9 u) eine Menge fein vertheil- ten Chromatins und sind von unregelmäßig gestalteten, zackigen Plasmamassen‘ umgeben. Zellkontoure fehlen durchaus, vielmehr stehen die sämmtlichen Plasmaleiber, die übrigens um die randstän- digen Kerne gewöhnlich beträchtlicher entwickelt sind, als um die der 714 0. zur Strassen, Mittelreihe, durch schmale oder breite Pseudopodien der wechselndsten Gestalt mit einander in Verbindung. In den dadurch gebildeten Lücken- räumen gewahrt man ein noch viel feineres, helles Maschengewebe, aber ohne Kerne, wie es in gleicher Weise alle Lücken und Spalten des Wurmleibes erfüllt. Die Grenze, welche das Seitenfeld beiderseits gegen die anliegen- den Medianfelder scheidet, ist, wie bereits erwähnt, von auffallender Schärfe. Es kommt überhaupt nicht zu einer Berührung zwischen den beiderlei Gebilden, vielmehr bleiben diese durch einen schmalen Spaltraum von einander getrennt, der nur von vereinzelten und ganz schwachen Fäserchen überbrückt wird. So ist es denn die Guticula allein, auf der der Zusammenhang zwischen den Theilen beruht, eine Verbindungsweise, welche bei der geringen Stärke der Haut selbstver- ständlich an Festigkeit viel zu wünschen übrig lässt. Besonders daran kann man die Schwäche dieser Verbindung recht deutlich erkennen, dass bei Zertrümmerungspräparaten die Leibeswand fast ausnahmslos längs jener dünnen Grenze zerrissen ist. Die Medianfelder, die sich dorsal wie ventral in keiner Weise von einander unterscheiden, haben genau dieselbe Breite wie das Seiten- feld, nämlich 17 u. Aber die Differenzirung zwischen den drei Kern- reihen ist hier wesentlich weiter vorgeschritten, so weit, dass es Anfangs schwer hält, die Züge der früheren Gruppirung in der jetzigen Bil- dungsweise des Medianfeldes wiederzufinden. Zunächst sehen wir von den früheren Kernreihen überhaupt nur die beiden äußeren. Die- selben laufen jetzt rechts und links dicht am Rande des Medianfeldes entlang und enthalten in Abständen von ca. 15 u große, denen des Seitenfeldes sehr ähnliche Kerne, deren Anordnung in so fern von der früheren abweicht, als sie jetzt nicht mehr beiderseits symmetrisch, sondern alternirend stehen, so das jedes Mal ein Kern der einen Seite mit einem Zwischenraum der anderen Seite zusammenfällt. So zeigen sich die Kerne unserer Längsreihen im Ganzen wenig verändert. Dem gegenüber sind die zackigen rhizopodenähnlichen Zellkörper, die früher eine so bedeutende Rolle spielten, jetzt anscheinend verschwunden und der ganze Streifen hat ein gleichartiges, helles Aussehen ange- nommen. Statt dessen erkennen wir jetzt an seiner Außenfläche ein feines, je nach dem Entwicklungsgrade mehr oder weniger deutlich hervortretendes System von parallelen Längslinien. Diese zarten Striche, etwa 10 bis 12 an der Zahl, sind der optische Ausdruck eines Bündels schmaler, der Guticula dicht anliegender Fibrillen, welche das grob- maschige Gewebe des Medianfeldes nur schwach durchschimmern Bradynema rigidum v. Sieb. 715 lassen und, wie ich nicht näher zu begründen brauche, nichts Anderes sind, als die Muskelfibrillen unserer Würmer. Da jedes dieser Muskelbänder eine Breite von 6 u besitzt, so bleibt zwischen ihnen ein Raum von etwas geringerer Breite, in welchem wir nach unseren früheren Erfahrungen die zuerst angelegte Stammreihe des Medianfeldes vermuthen müssen. In der That erkennen wir zwischen den Muskelbändern in ziemlich regelmäßigen, kurzen Inter- vallen breite Plasmabrücken von unregelmäßiger Gestalt, aber die früher so auffälligen großen Kerne sind daraus verschwunden. Erst bei genauer Betrachtung entdeckt man in der Substanz der Brücken eine ziemliche Menge kleiner, wenig hervortretender Kerne von 2 u Durchmesser, deren Chromatin in lauter Bröckchen aufgelöst ist, wie bei den Mesodermkernen der jungen Larven. Niemand wird daran zweifeln, dass diese kleinen Kerne durch Theilung aus den Kernen der früheren medianen Längsreihe hervorgegangen sind. Nach der besonderen Stellung, die Kopf- und Schwanzende in Be- zug auf das Verhalten ihres mesodermalen Gewebes von jeher einge- nommen haben, kann es uns nicht befremden, hier auch jetzt ein etwas abweichendes Verhältnis vorzufinden. Wie im Inneren der beiden Leibesenden die Längswülste unter einander zu kompakten Meso- dermmassen verschmelzen, so sehen wir hier auch oberflächlich statt einer deutlichen Reihenbildung der Kerne unregelmäßige, zusammen- geflossene Zellkomplexe auftreten (Taf. XXXIU, Fig. 85). Nur die Zellen der Medianlinien behalten im Vorderende ihre reihenförmige Anordnung bei und werden dorsal wie ventral durch drei oder vier große, den ganzen Raum zwischen Schlund und Cuticula erfüllende Plasmamassen repräsentirt (Taf. XXXII, Fig. 86). Selbstverständlich aber bilden sich hier sowohl, wie im Schwanzende die Fibrillenbänder der Muskulatur in ganz derselben Weise aus, wie dies in den mittleren Körperabschnitten geschieht. Es erübrigt noch, im Zusammenhange mit der Leibeswand die Bildung eines weiteren mesodermalen Organs, des Exkretionsgefäßes zu besprechen. Der spaltförmige Fortsatz der Leibeshöhle, den wir bei der jungen Larve an der Stelle des Porus excretorius fanden, schließt sich allmählich, indem die umgebenden Gewebsmassen von den Seiten her wie auch in dorsoventraler Richtung zusammenrücken (Taf. XXXI, Fig. 86 pe). Endlich scheiden sie ein dünnes Chitinrohr an ihrer Innen- fläche aus, den definitiven Exkretionsgang, dessen Mündung, wie wir oben gesehen haben, vorläufig noch durch die äußere Cuticularschicht verschlossen und erst nach der Abstoßung derselben völlig geöffnet wird. 716 0. zur Strassen, Ich gehe nunmehr zur Beschreibung der männlichen und weib- lichen Geschlechtsorgane über. Die Hodenanlage des Männ- chens zeigt schon beim Übertritt in die Leibeshöhle eine gewisse Ent- wicklung. Aus der ursprünglichen dreikernigen Anlage ist eine wurst- förmige, aus 10 bis 20 Zellen bestehende Masse entstanden, die an beiden Enden je einen Terminalkern aufweist und ungefähr in der Leibesmitte ihres Trägers liegt (Taf. XXXI, Fig. 74). Das ganze Gebilde wird von derselben Tunica propria umhüllt, die auch die erste Anlage umschloss, nur dass sie jetzt natürlich bedeutend an Ausdehnung ge- wonnen hat, und in der ihre Innenfläche auskleidenden dünnen Plasma- schicht in großen Zwischenräumen einzelne Epithelkerne enthält. Diese letzteren gleichen den Terminalkernen, abgesehen von ihrem größeren Durchmesser, der sich durch den auf sie wirkenden Druck leicht erklärt, vollkommen; und dass sie thatsächlich von den beiden Terminalkernen abstammen, kann um so weniger zweifelhaft sein, als man dieselben öfters in Theilung antrifit. Auch hier, wie bei fast allen im Bradynema-Leibe stattfindenden Kerntheilungen, spielt das bekannte Stadium mit zwei Nucleolis, wie aus seiner relativen Häufigkeit hervor- geht, die Hauptrolle. Sehr viel seltener kommen Terminalkerne mit Äquatorialplatte oder solche mit zwei Tochterplatten zur Beobachtung. Dem gegenüber scheint bei der Vermehrung der Keimzellen das viel genannte charakteristische Theilungsstadium nicht aufzutreten, wie es ja auch im Ovarium des alten Bradynema-Weibchen fehlt. Hier ist es ein Zerfall des Nucleolus in zahlreiche kleine Ghromatinkörnchen, welcher die Bildung der karyokinetischen Figuren einleitet und schließt. Nach der Theilung wachsen die beiden neu entstandenen Keimzellen im Hoden der jungen Männchen rasch und fast wieder zur Größe der Mutterzelle heran, so dass zu einer Zeit, in welcher der Hoden schon 25 bis 30 Zellen enthält, nicht nur alle Kerne von übereinstimmender Größe sind, sondern auch mit einem Durchmesser von 3,5 u nicht allzu weit hinter dem des ersten Keimkernes zurückbleiben. Nun aber ändert sich das Verhältnis. Es beginnen nämlich jetzt am hinteren Ende des Hodens gleichzeitig eine größere Anzahl von Zellen sich zu theilen, wachsen aber, nachdem der Vorgang beendet und die Bläschenform der Kerne wiederhergestellt ist, nicht wieder zur ursprünglichen Größe heran, sondern erfüllen nunmehr als kleinere Zellen mit Kernen von nur 2,3 u Durchmesser den hinteren Theil des Hodens (Taf. XXXII, Fig. 93). Nach einer Ruhepause beginnt das Spiel von Neuem, und es theilen sich nun, wiederum gleichzeitig, die hinteren Portionen sowohl der neugebildeten kleinzelligen Hoden- hälfte, als auch der vorderen. Es findet sich also während dieses KA en Bradynema rigidum v. Sieb. 717 Vorganges im Vordertheile des Hodens eine Anzahl Zellen erster Größe, dann folgt eine Zone mit karyokinetischen Figuren, darauf ruhende Zellen zweiter Größe und wieder Karyokinesen. Ist auch dieser Vorgang beendigt, so enthält der Hoden natürlich dreierlei Kerne, von denen die zuletzt entstandenen Kerne dritter Größe einen Durchmesser von 1,7 u besitzen. Die Anzahl der Kerne zweiter Größe ist jetzt ungefähr dieselbe wie auch vor der Theilung; zwar wurde ein beträchtlicher Theil des ursprünglichen Bestandes in die dritte Größe verwandelt, aber wir haben ja gesehen, dass zum Ersatz des Verlustes der vorderste Theil des Hodens neue Kerne der zweiten Größe geliefert hat. Während der Pause vermehren sich auch die Kerne der ersten Größe wieder, und so folgt Theilungsperiode auf Theilungsperiode, bis endlich im Hinterende des Organs das Sperma zu Stande gekommen ist, und gleichzeitig die fernere Vermehrung des Ausgangsmaterials, der Kerne erster Größe, ihr Ende erreicht hat. Nicht immer allerdings folgen sich die einzelnen Theilungsperioden so genau, wie ich es eben geschildert habe, sondern häufig genug findet man Hoden, von denen einzelne Abschnitte in lebhafter Theilung begriffen sind, während in anderen Kerne verschiedener Größe in Ruhe neben einander liegen. Zuweilen aber, wenn der ganze Vorgang sich sehr regelmäßig abge- spielt hat, kann’man noch die ruhenden Kerngruppen vierter und fünfter Größe mit Sicherheit von den dazwischen liegenden Theilungs- zonen unterscheiden Taf. XXXII, Fig. 94). Weiterhin jedoch ver- wischen sich die Grenzen in Folge der sehr geringen Größe der Kerne. So ist es mir auch nicht gelungen, die Anzahl der Theilungen festzu- stellen; mehr als fünf sind es auf jeden Fall, und ich vermuthe, dass sich ihre Zahl auf neun oder zehn belaufen möge. Eben so wenig ver- mochte ich zu entscheiden, ob auch hier der Bildung des definitiven Sperma eine Viertheilung vorhergeht, was ja nach den neuerlichen Darlegungen O. Herrwig’s über die fundamentale Bedeutung dieser Viertheilung kaum zweifelhaft erscheinen kann. An konservirten Prä- paraten ist wegen der übermäßigen Kleinheit der Objekte und der gleichmäßig intensiven Färbung aller Chromatingebilde, der ruhenden sowohl wie der mitotischen, kein Aufschluss über die letzten Vorgänge zu erhalten. Dagegen dürften die am lebenden Thiere zu beobachten- den Verhältnisse einigermaßen für eine Viertheilung sprechen. Während nämlich im Leben der ganze übrige Hoden gleichmäßig hell durch- scheinend aussieht, indem bei der gleichen Lichtbrechungsstärke seiner Elemente kaum Kerne, geschweige denn Zellgrenzen sichtbar werden, hebt sich der hintere, spermaführende Theil des Hodens durch seine bräunliche Färbung und feine, äußerst dichte Punktirung sehr deutlich 718 0. zur Strassen, ab. Die Grenze zwischen beiden Regionen tritt meist ziemlich scharf hervor, inanderen Fällen aber, vermuthlich während der Viertheilungs- periode selbst, befindet sich zwischen beiden noch eine schmale, in Färbung und Lichtbrechung etwa die Mitte haltende Zone. Die Sperma- elemente selbst gleichen den Samenkörperchen, die wir im Recepta- culum des Mutterthieres fanden, vollkommen. Wie jene besitzen sie die geringe Größe von 0,6 u und bestehen, nach ihrem Verhalten den Farbstoffen gegenüber zu schließen, fast ausschließlich aus chroma- tischer Substanz. Von der Zeit an, zu welcher im hintersten Abschnitte zuerst Sperma gebildet wird, hört der ganze’ Hoden zu wachsen auf. Die Kerne erster Größe vermehren sich nicht mehr und werden rasch auf- gebraucht; ihnen folgen die Kerne zweiter Größe, und so fort, bis end- lich der ganze Inhalt des Hodens aus reinem Sperma besteht. Derjenige Theil des männlichen Genitalsystems, der aus der Keim- zelle der primären Geschlechtsanlage entstammt, hat somit sein Schick- sal vollendet; sehen wir nun, was aus den beiden Terminalzellen geworden ist. Dass dieselben sich mehrfach theilen, um Kerne an die Innenschicht der Tunica propria abzugeben, wurde bereits erwähnt. Mit dem Aufhören des Hodenwachsthums findet diese Funktion der Terminalkerne natürlich von selbst ihr Ende, und wir sehen den vorderen der Beiden lange Zeit hindurch unthätig an der Spitze des Organs liegen. Erst.gegen das Ende des parasitischen Lebens beginnt er in der Regel sich von Neuem zu theilen und bildet dann oft eine kleine Gruppe an der Hodenspitze angehäufter Zellen von wechselnder Anordnung (Taf. XXXII, Fig. 95 igr). Weit wesentlicher für die Entwickiung des Geschlechtsapparates ist die Bedeutung des hinteren Terminalkernes. Dieser hat schon lange, bevor der Hoden seine größte Ausdehnung gewann, durch wieder- holte Theilungen eine kleine Anzahl dicht bei einander liegender Zellen aus sich entstehen lassen, die zusammen eine kurze, walzenförmige, gegen das Hinterende des Hodens scharf abgesetzte Masse bilden (Taf. XXXI, Fig. 84; Taf. XXXIN, Fig. 93). Es ist leicht zu errathen, dass dieser kurze Zellenstab zur Entstehung des ausführenden Theiles der männlichen Geschlechtsorgane in enger Beziehung steht. Aber nieht ausschließlich aus ihm nehmen jene Organe ihren Ursprung, vielmehr tragen, wie Leuckarr! entdeckte, noch andere Gewebs- elemente zu ihrer Bildung bei. Zu der Zeit nämlich, zu welcher der Hoden in Folge seines Längenwachsthums sich dem After immer 4 LEucKkART, Allantonema. p. 599. Bradynema rigidum v. Sieb. 719 mehr genähert hat und nur noch durch einen kurzen Zwischenraum von ihm getrennt ist, erhebt sich an der ventralen Wandung des Afterdarmes eine Zellenwucherung, die an Länge und Umfang zunimmt und endlich eine kurze, dicke Säule aus sich hervorgehen lässt. Die- selbe wächst dem Hoden entgegen und vereinigt sich mit der seine Spitze bildenden Zellgruppe, die, wie wir sahen, durch Theilung aus der Terminalzelle entstanden war (Taf. XXXIN, Fig. 94). Der Vorgang, wie er sich hier bei Bradynema abspielt, gleicht also der Beschreibung, die LevcrArr von Allantonema und Rhabdonema nigrovenosum liefert, in jeder Hinsicht und dürfte demnach für die Nematoden insgemein Geltung haben. Vermuthlich theilen sich die beiden Bestandtheile in der Weise in die Bildung des Ausführungsganges, dass der von der Geschlechtsanlage herrührende Theil das Vas deferens, der andere, vom Proctodaeum ausgegangene, den muskulösen Ductus ejaculatorius zu liefern hat. Diese theilweise Entstehung des männlichen: Aus- führungsganges aus dem Zellmateriale des Afterdarmes kann uns nicht befremden, denn wir wissen ja, dass das Proctodaeum selbst von der mesodermalen Leibeswand aus gebildet wurde. Wären dagegen die Zellen des Afterdarmes ektodermaler oder gar entodermaler Natur, so ließe sich für eine solche Antheilnahme an der Bildung des Geschlechts- apparates wohl schwerlich eine Erklärung finden. Übrigens entsteht nach LevcrArr die gleichfalls Muskeln enthaltende Vagina in ganz ähn- licher Weise durch eine Wucherung der ventralen Leibeswand. Bei unseren Bradynema-Larven allerdings kommt es, so weit ich ihre Lebens- geschichte zu verfolgen vermochte, weder jemals zur Bildung einer Vagina, noch zu der von Vas deferens und Ductus ejaculatorius. Noch ein anderes Gebilde nimmt nach Lruckarr's Beobachtung seine Entstehung aus der Zellenmasse des Proctodaeum, nämlich der Spieularapparat. In der That findet sich bei den Männchen des Brady- nema eine nicht unbeträchtliche Wucherung der dorsalen Zellenmasse des Afterdarmes, obwohl, wie ich glaube, der Spicularapparat unserer Würmer nie zur Ausbildung gelangt. In auffallendem Gegensatze zu der bisher geschilderten mächtigen und früh begonnenen Entwicklung des männlichen Geschlechtsappa- rates steht die der weiblichen Organe. Nachdem aus der primitiven Anlage durch Theilung eine einfache Reihe von vielleicht zehn Zellen ent- standen ist, sehen wir, dass genau in der Mitte derselben die Zellthei- lungen sich in rascherem Tempo wiederholen. In Folge dieses Um- standes entsteht eine Gruppe kleiner, kugliger Zellen, die nur lose mit einander verbunden sind (Taf. XXXII, Fig. 96). Vermuthlich — wenn es nämlich überhaupt Weibchen sind, um die es sich hier handelt — sind 720 0. zur Strassen, es diese kleinen Zellen, denen der Aufbau der weiblichen Leitungs- wege zufällt, während die symmetrisch vor und hinter jener Stelle ge- legenen größeren Zellkomplexe den späteren Ovarien entsprechen. Jedes derselben trägt an seinem Ende den deutlich abgesetzten Termi- nalkern, den ja auch die Ovarien geschlechtsreifer Nematoden an der- selben Stelle nie vermissen lassen. Das hier beschriebene, ziemlich unvollkommene Ausbildungs- stadium des Geschlechtsapparates ist gleichwohl das höchste, bis zu welchem ich die nichtmännliche Form unserer Bradynema-Larven ge- langen sah. Es fragt sich nun, ob der Bau des Organs uns berechtigt, die Würmer für junge Weibchen zu erklären. Ich möchte diese Frage bejahen; die Theilung des Zellkomplexes in zwei durch eine dünne Brücke zusammenhängende Portionen, die Terminalkerne an beiden Enden, die Lage des ganzen Organs im Körper scheinen die Verhält- nisse, die wir an den sog. symmetrischen weiblichen Geschlechtsorganen vieler, besonders kleiner Nematoden finden, getreulich zu wiederholen. In der That habe ich bei jungen Rhabditiden-Weibchen, die als solche den zugehörigen Männchen gegenüber bereits unverkennbar charak- terisirt waren, eine genau gleiche Bildung der Geschlechtsanlage ge- troffen. Bedenken wir ferner noch, dass unsere fragliche Form parallel einer männlich differenzirten besteht, von der sie sich anatomisch nicht anders unterscheidet, als dies zwischen den zwei Geschlechtern der Nematoden üblich ist, so muss uns die Weibchennatur der jungen Würmer fast zur Gewissheit werden. Gleichwohl fehlt uns der strikte Beweis, und wir werden später von einem anderen, biologischen Ge- sichtspunkte aus auf die Frage zurückzukommen haben. Es ist nicht ohne Interesse zu sehen, dass bei dem einen Geschlechte aus der primären Keimzelle ausschließlich wiederum Keimzellen ent- stehen, die Bildung des Ausführungsganges aber einer Terminalzelle überlassen bleibt, während im anderen Geschlechte beide Terminal- kerne ihre ursprüngliche Lage beibehalten, und die Ausführungsgänge von Derivaten der Keimzelle gebildet werden. Mir scheint, dass diese Leichtigkeit des Funktionswechsels zwischen den zweierlei Bestand- theilen der ursprünglichen Genitalanlage einigermaßen für meine oben entwickelte Ansicht spricht, nach welcher sowohl die Keimzelle, als die beiden Terminalzellen gleicherweise aus den beiden Urgeschlechtszellen hervorgegangen sind. Nur nebenher möchte ich an dieser Stelle auf die von LeucrArr ! gegebene Beschreibung einer Y-förmigen weiblichen Geschlechtsanlage bei Ascaris mystax hinweisen, aus deren beiden 1 LEUCKART, Parasiten. 4. Aufl. II. p. 66. Bradynema rigidum v. Sieb. 721 - Ästen die Ovarien entstehen, während der Stamm den Ausführungsgang zu liefern hat. Es liegt nahe, anzunehmen, dass in solchen Fällen der vordere Terminalkern und mit ihm der ganze Vorderabschnitt der An- lage sich gespalten habe, so dass dann die beiden Terminalkerne der reifen Ovarien von dem vorderen primären Terminalkerne abstammen. Der hintere würde dann hier, wie sonst nur beim Männchen, zur Bil- dung der Leitungswege in Beziehung getreten sein. Die fernere Lebensgeschichte. Nachdem die Larven unseres Bradynema die auf den letzten Seiten beschriebene Entwicklungsstufe, die also einer Länge von 490 « im männlichen und ca. 510 im weiblichen Geschlechte entspricht, erreicht haben, ist für sie der Zeitpunkt gekommen, in welchem sie das para- sitische Leben mit dem Aufenthalt außerhalb ihres bisherigen Trägers vertauschen. Sie durchbohren zu diesem Zwecke die Wandungen des Darmes und gelangen dann durch den Enddarm nach außen. Man kann in der Zeit vom Oktober an, zu welcher Zeit die meisten Larven ihre Entwicklung beendigt haben, kaum den Enddarm eines infieirten Aphodius untersuchen, ohne ihn mit einer Anzahl in Auswanderung be- griffener Würmer besetzt zu finden. Über das Ziel ihrer Wanderung war ich Anfangs im Unklaren. In meiner vorläufigen Mittheilung legte ich im Gegensatze zu den Monizz’schen Ansichten einen besonderen Nachdruck auf die Angabe, »die Larven wanderten nicht in den Raum unter den Flügeldecken, sondern direkt in das umgebende Medium«. Das ist nun nicht der Fall, wie ich, noch ehe meine Mittheilung im Druck erschienen war, erkannte. Die Larven können zwar direkt in die Erde oder den Mist übergehen, denn ich fand freie Larven in der Erde meiner Terrarien, eben so gut und vielleicht öfter gelangen sie aber bei ihren Wanderungen auch unter die Flügeldecken des Aphodius, wo sie unter die dünne, die Innenfläche der Flügeldecken bekleidende Zellhaut eindringen und desshalb, wie auch in Folge ihrer geringen Be- wegliehkeit, leicht übersehen werden können. Es wäre auch wirklich gar nicht einzusehen, wesswegen gerade unsere Würmer den geschützten und bei Nematoden der mannigfaltigsten Art sehr beliebten Aufenthalt unter den Käferflügeln vermeiden sollten. Durch diese nachträgliche Richtigstellung verliert natürlich von dem, was ich sonst in jenem Auf- satze Monızz gegenüber vorgebracht habe, nichts seine Geltung. Ich glaube durch meine Beschreibung hinreichend bewiesen zu haben, dass Nematoden mit nadelförmig zugespitziem Schwanzende, wenn sie auch zufällig im Inneren und unter den Flügeln des Aphodius und — wohl- 722 0. zur Strassen, verstanden — anderer Dungkäfer vorkommen, nicht in den Entwick- lungskreis des Bradynema gehören. Über die ferneren Lebensschicksale der Würmer bin ich leider jetzt so wenig, wie bei der Abfassung jener Mittheilung in der Lage, positive Angaben zu machen. Da zwei getrennte Geschlechter vor- handen sind, so musste trotz der enormen Verschiedenheit ihrer Aus- bildung die Annahme einer im Freien sich entwickelnden und fort- pflanzenden Geschlechtsgeneration am nächsten liegen, besonders da wir ein derartiges Verhalten auch bei dem nahe verwandten Allanto- nema kennen. Ich versuchte also, diese Generation in kleinen mit feuchter Erde und Mist bestellten Terrarien zu erziehen. Allein alle meine Bemühungen erwiesen sich als vergeblich. Zwar erhielt ich die Würmer wochen- und selbst monatelang am Leben, aber sie machten kei- nerlei Anstalten, sich zu geschlechtsreifen Thieren herauszubilden. Nur eine einzige Beobachtung machte ich in dieser Hinsicht, und zwar ganz zu Anfang meiner Untersuchungen, so dass ich sie nicht als besonders sicher hinstellen möchte. Ich fand nämlich bei einem 14 Tage lang im Terrarium gehaltenen Männchen in der Aftergegend Gebilde, die ich damals für die Anlage von Spiculis hielt, und die nach der mir vor- liegenden Zeichnung thatsächlich diese Bedeutung zu haben scheinen. Aber diese Beobachtung würde, selbst wenn sie auf Thatsachen beruht, derartig vereinzelt dastehen, dass die Ausbildung von Spiculis auf keinen Fall als eine normale Bildung betrachtet werden könnte. Auch die weiblichen Larven brachten ihre Geschlechtsanlage nicht zur Entwicklung. Dagegen beobachtete ich in zahlreichen Fällen eine höchst merkwürdige Veränderung ihrer Körperform, die übrigens schon LevcrArt bei seinen vor Jahren angestellten Züchtungsversuchen auf- gefallen war. Es bildete sich nämlich an ganz derselben Stelle, wo zu einer früheren Zeit der Leib des Thieres die uns bekannte Verdickung zeigte, ein neuer, ganz ähnlicher Gürtel, nur dass er diesmal wesent- lich bedeutendere Dimensionen annahm. Einige schleppten sich mit einem derartigen Gebilde, dessen Durchmesser den ihres Leibes um das Dreifache übertraf, dabei eine walzenförmige Gestalt zeigte und hinten wie vorn ziemlich plötzlich in den schlankeren Leib überging. Ich fand nun, dass die Körpertheile in wechselnder Weise an der Bil- dung der Verdickung betheiligt sein können. Manchmal nämlich scheint ‘ der Darm allein die Auftreibung zu veranlassen, oder die Leibeswand ist mächtig verdickt, oder endlich auch liegt die Ursache in einer An- sammlung von Flüssigkeit zwischen den Schichten der Guticula. Es dürfte danach zweifellos sein, dass die ganze auffallende Bildung nichts weiter ist, als der Ausdruck eines krankhaften Zustandes, keinesfalls Bradynema rigidum v. Sieb. 723 aber mit der geschlechtlichen Ausbildung des Wurmes in Zusammen- hang steht. Vielleicht sind die Körperwandungen an der betreffenden Stelle von der ersten — normalen — Gürtelbildung her noch beson- ders dehnbar und werden in Folge dessen durch die eindringende Flüssigkeit so absonderlich aufgetrieben. Abgesehen von diesen Besonderheiten war das Schicksal meiner Zuchten immer das gleiche. Die Würmer, die ja nach wie vor eines funktionsfähigen Verdauungsapparates entbehren, verbrauchten die in ihrem Darme angesammelten Reservestofle, wurden blasser und blasser, und starben endlich, nachdem sie zuletzt kaum mehr im Stande gewesen waren, sich zu bewegen. Da ich mit der Einrichtung meiner Terrarien in der mannigfachsten Weise gewechselt hatte, und doch immer das gleiche negative Resultat erzielte, glaubte ich nunmehr von der Annahme, dass die Larven unseres Wurmes sich zu einer freien Geschlechtsgeneration ausbilden möchten, absehen zu müssen. Dagegen brachte mich eingehende Überlegung aller Verhältnisse zu einer anderen Anschauung, der ich auch in meiner vorläufigen Mittheilung Ausdruck verlieh, zu der An- sicht nämlich, dassdiemännlichenLarvenalsprotandrische Hermaphroditen zum schmarotzenden Bradynema würden, die weiblichen Larven dagegen für die Arterhaltung nicht weiter in Betracht kämen. Es sei mir gestattet, meine Gründe für diese Auffassung kurz aus einander zu setzen. Es ist so gut wie sicher, dass die beiden Geschlechter der Brady- nema-Larven in einer früheren Zeit zusammen eine echte Geschlechts- generation repräsentirt haben, zu annähernd gleicher Zeit ihre Ge- schlechtsprodukte zur Reifung brachten und die Begattung im Freien vollzogen. Das schreiende Missverhältnis, welches wir heut zu Tage zwischen dem Weibchen mit fast noch indifferenter Genitalanlage und dem strotzend mit reifen Geschlechtsprodukten gefüllten Männchen konstatiren, kann nun auf zweierlei Weise entstanden sein: entweder eilte das Männchen dem Weibchen voraus, indem es seine Geschlechts- reife in immer frühere Zeit verlegte, oder aber das Männchen behielt seine Termine bei, und das Weibchen blieb zurück, indem es die Aus- bildung seiner Anlage vernachlässigte. Offenbar ist das Erstere hier der Fall. Es wäre schon an sich unwahrscheinlich, dass das zurück- gebliebene Weibchen in der Entwicklung aller seiner übrigen Organe, der Muskulatur, des Exkretionsporus ete. mit dem Männchen völlig gleichen Schritt halten sollte. Aber wie wir leicht einsehen, weist auch die ganze Entwicklungsstufe, die von den Larven im Aphodius erreicht wird, mit Bestimmtheit auf unsere Annahme hin. Das junge Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 47 724 0. zur Strassen, Weibchen besitzt einen seiner geschlechtlichen Ausbildung völlig ent- sprechenden Bau: sein Muskelsystem, sein Exkretionsgefäß haben sich eben gebildet, und die zweite Häutung, die sehr allgemein bei Nema- toden den Übergang zur Geschlechtsreife vermittelt, steht ihm noch be- vor. Genau dieselbe Entwicklungsstufe nun repräsentirt das Männchen, ist also so gut wie das Weibchen in allen seinen Merkmalen eine echte Larve, wenn auch die Ausbildung seiner Geschlechtsanlage zu dieser Zeit bereits völlig beendigt ist. Schon im Ei begann, wie ich an einer früheren Stelle hervorhob, die Differenzirung des männlichen Ge- schlechtsorgans, beim Verlassen des mütterlichen Uterus nahm das- selbe bereits einen beträchtlichen Theil des Leibes in Anspruch, und jetzt, am Ende des Larvenlebens, ist die Reife des Hodens eine so voll- ständige, dass das gesammte Material verbraucht und bis auf den letzten Kern in Sperma umgewandelt worden ist. Was wir hier vor uns haben, ist also ein Fall ausgeprägtester Pädogenesis. Fragen wir uns nun, welche Möglichkeiten der männlichen Larve offen stehen, die angesammelten Samenmassen im Dienste der Art- erhaltung zu verwenden. Da eine direkte Entstehung neuer Indivi- duen aus Spermaelementen selbstversändlich ausgeschlossen ist, so bleiben nur zwei Möglichkeiten; die eine lautet: das Männchen be- fruchtet ein Weibchen seiner Art, die andere: es wird nachträglich selbst zum Weibchen und befruchtet dann die im eigenen Leibe pro- dueirten Eier. Unzweifelhaft kämen im ersteren Falle nur diejenigen Weibchen in Betracht, die von Anfang an mit dem Männchen aufge- wachsen sind; aber da stehen wir vor unlösbaren Widersprüchen. Es wäre schlechterdings nicht zu verstehen, warum so riesige Anstren- gungen gemacht würden, die Geschlechtsreife des Männchens so früh als möglich zu vollenden, wenn im entscheidenden Momente die zuge- hörigen Weibchen noch weit von der Copulationsfähigkeit entfernt sind. Ferner hätte es durchaus keinen Sinn, wenn in einem solchen Falle nur der keimbereitende Theil des männlichen Geschlechtsapparates mit solcher Eile ausgebildet würde und nicht zugleich der ausführende Theil desselben; denn zur Begattung eines Weibchens ist der Aus- führungsgang genau so unentbehrlich, wie der Same selbst. Und doch sehen wir bei der ausgewachsenen männlichen Bradynema-Larve den Hoden so überreif, dass er thatsächlich nicht ein einziges neues Sperma- tozoon mehr zu bilden vermag — und dem gegenüber als Andeutung eines Leitungsapparates nichts weiter als einen kurzen, soliden, aus wenig Zellen zusammengesetzten Strang. Solche Verhältnisse reden eine deutliche Sprache: hier kommt es offenbar überhaupt nicht darauf an, die erzeugten Spermamassen jemals nach außen zu leiten. Bradynema rigidum v. Sieb. 725 Vorübergehend kam wir wohl der Gedanke, dass die Lösung des Räthsels in der Unfähigkeit der Würmer liegen könne, im Freien selbständig Nahrung aufzunehmen. Die Männchen würden dann während des Aufenthaltes in der Blutflüssigkeit des Käfers in aller Eile ihr Sperma produciren und dann während eines nur kurz bemessenen Freilebens den Begattungsakt an den noch wenig ausgebildeten Weib- chen vollziehen. Diese fänden dann, nachdem sie wiederum in einen Käfer oder eine Larve eingewandert wären, Gelegenheit, das Versäumte | nachzuholen und ihre Geschlechtsorgane zu voller Entfaltung zu bringen. Doch auch diese Deutung erscheint verfehlt, wenn wir be- rücksichtigen, dass das Weibchen die reichliche, wie dem Männchen so auch ihm zu Gebote stehende Nahrungsquelle nicht benutzt, um seine Organe wenigstens zur alsbaldigen Aufnahme des Sperma in Stand zu Setzen. Jede Annahme einer Gopulation zwischen den beiden so verschie- denen Geschlechtern scheint mir jedoch durch die Thatsache umge- stoßen zu werden, dass die Würmer sich im Freien nicht weiter ent- wickeln. Wochenlang bleiben sie in günstigen Terrarien völlig gesund und munter, so lange ihr Reservematerial vorhält, ohne dass sich an den Geschlechtsorganen eine wesentliche Veränderung bemerken ließe, während doch unsere Thiere bei ihrer Unfähigkeit, sich selbst zu er- nähren, alle Ursache hätten, sich nicht zu lange damit aufzuhalten. Ich glaube, durch die vorstehenden Ausführungen den Beweis er- bracht zu haben, dass der eine der beiden von uns als denkbar ange- nommenen Fälle — die Copulation der beiden Geschlechter — auszu- schließen sei; so sehen wir uns in die Nothwendigkeit versetzt, den zweiten Fall zu acceptiren, d. h. Bradynema für einen protan- drischen Hermaphroditen ohne Heterogonie zu erklären. Alle jene Besonderheiten in der Entwicklung unseres Wurmes, die der Copulationstheorie unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen- stellten, lassen sich von unserem jetzigen Standpunkte aus leicht und zwanglos verstehen. Wir erkennen jetzt, warum die jungen Männchen schon beim Eintritt in das freie Leben geschlechtsreif geworden sind. Ungefähr in dieselbe Zeit, zu welcher die Würmer mit der Auswan- derung beginnen, im Herbste sowohl wie im Frühjahr, fällt ja auch die Eiablage der Aphodien, so dass Käferlarven und freie Bradynemen gleichzeitig vorhanden sind. In Folge dessen sind die Würmer ohne Weiteres bereit, von der nächsten sich bietenden Gelegenheit Gebrauch zu machen und in die neuen Träger einzuwandern, um den zweiten Theil ihres Geschlechtslebens zu beginnen. Eben so erscheint es jetzt selbstverständlich, dass die jungen Weibchen sich um so viel langsamer 471% 726 0. zur Strassen, geschlechtlich entwickeln, als die Männchen, sie haben ja, als für die weitere Fortpflanzung belanglos, keinerlei Interesse daran, die Reifung ihrer Organe zu beschleunigen. Auch kann es uns nun nicht mehr überraschen, wenn wir sehen, dass bei dem Männchen die frühzeitige Ausbildung nur auf den Hoden selbst Bezug hat, nicht zugleich auf die Leitungswege. Natürlich versuchte ich nun, die Berechtigung der gewonnenen Überzeugung auf experimentellem Wege nachzuweisen. Ich legte wieder Terrarien an, füllte sie mit Würmern und setzte Aphodien- larven verschiedenen Alters zu ihnen, und zwar nahm ich den Versuch sowohl mit der Herbstgeneration, als auch mit der Frühjahrsgeneration der Käfer vor. Wenn es mir bis jetzt nicht gelang, auf diesem Wege eine Infektion zu erzielen, so spricht das noch nicht gegen meine Ansicht von der Entwicklung des Bradynema, wie Jeder zugeben wird, der die Schwierigkeit solcher künstlichen Infektionen kennt. In beiden Fällen standen mir zu wenig Käferlarven zur Verfügung, als dass ich hätte annehmen können, meinen Würmern alle Bedingungen zur Einwan- derung geboten zu haben. Auf der anderen Seite verhinderte mich die sehr ungünstige Witterung des Frühjahrs 1891, die infieirten Käfer- larven, wie ich gehofft hatte, im Freien aufzufinden. So musste ich diesen Theil meiner Untersuchungen auf eine spätere Zeit verschieben. Über die fernere anatomische Umwandlung des eben ein- gewanderten Wurmes und den Übergang seines Geschlechtsapparates in den des erwachsenen Weibchens kann ich natürlich, da es mir bis- her nicht geglückt ist, die betreffenden Stadien zu erhalten, nur Ver- muthungen hegen. Wahrscheinlich ist es die vorderste Terminalzelle des Hodens, von der wir sahen, dass sie sich in vielen Fällen zuletzt in eine kleine Gruppe gleicher Zellen verwandelt hatte, — welche die Ausbildung des Ovariums übernimmt, indem sie zu einem Zellen- schlauche auswächst. Die am Schwanzende des Hodens gelegene und mit der vom After aus entgegenwachsenden Masse verschmolzene Zell- gruppe würde vielleicht den Uterus liefern, und wir hätten dann ohne Weiteres den Genitalschlauch des erwachsenen Weibchen in seinen Grundzügen vor uns. Jedes der von dem neugebildeten Ovarium aus- gehenden Eier müsste, um in den Uterus zu gelangen, den jetzt als Re- ceptaculum seminis fungirenden Hoden passiren und dabei befruchtet werden. Unsere Annahme, dass aus der Terminalzelle der ganze weibliche Apparat hervorgehe, ist wohl nicht so gewagt, als sie auf den ersten Blick scheinen mag. Denn ich habe an einer anderen Stelle darauf hingewiesen, dass Keim- und Terminalzellen ihrer Funktion, wie Bradynema rigidum v, Sieb. 727 wahrscheinlich auch ihrer Entstehung nach durchaus nicht prineipiell verschiedene Gebilde sind, vielmehr in mannigfacher Weise einander vertreten können. Beschreibung einer Zwischenform. Ich würde es kaum für nöthig gehalten haben, diesen meinen Ver- muthungen über einen Vorgang, den ich später völlig aufzuklären hoffe, schon an dieser Stelle Ausdruck zu verleihen, wäre mir nicht durch einen glücklichen Zufall eine Zwischenform in die Hände gefallen, welche für meine Vorstellungen eine hübsche Bestätigung zu liefern schien. Ich fand nämlich an einem der ersten Tage des September in der Leibeshöhle eines Käfers außer vier normalen und ganz in der üblichen Weise ausgebildeten Bradynemen ein kleines, bewegliches Würmcehen von nur 0,75 mm Länge. Dass es ein Bradynema war, konnte nicht in Frage gezogen werden, das ging aus der völligen Übereinstimmung seiner Körperform mit der der erwachsenen Würmer unzweifelhaft hervor. Kopf und Schwanzende waren stumpf abgerundet, das letztere wie üblich etwas schlanker, und trug auch an der richtigen Stelle die papillenartig hervortretende Geschlechtsöffnung. Selbstver- ständlich verwandte ich auf die Untersuchung des kleinen Unicum die höchste Sorgfalt. Nachdem es mit Sublimat konservirt und mit Borax- karmin gefärbt worden war, und darauf in Balsam zur Untersuchung gelangte, zeigte es sich, dass der Geschlechtsapparat des Thieres von dem der erwachsenen Bradynemen nicht unwesentlich verschieden war (Taf. XXXIlI, Fig. 97). Das Receptaculum, das beim ausge- wachsenen Wurme dem Vorderende genähert liegt, befand sich hier, durch die Karminfärbung scharf hervortretend, gar nicht weit von der Geschlechtsöffnung entfernt. Ein Vergleich der Abbildungen (vgl. Taf. XXXII, Fig. 79) zeigt auf den ersten Blick, dass diese Situation des Receptaculum in ihrem Verhalten zur Gesammtheit des Körpers dem Verhalten des Hodens zum Leibe der geschlechtsreifen männlichen Larve völlig entspricht; und es ist klar, dass, wenn meine Ansicht von der Herkunft der Bradynema-Weibchen richtig ist, das Receptaculum Anfangs die beschriebene Lage einnehmen muss. Aber auch seinem sonstigen Verhalten nach lässt sich das Receptaculum unserer Jugend- form als direkt aus dem Hoden hervorgegangen auffassen. Zwar ist es etwas kürzer als jener, aber dafür in entsprechendem Verhältnis dicker, so dass die in beiden enthaltenen Spermamengen sich an- nähernd gleichen dürften. Die einzelnen Spermaelemente stimmen in ihrer Größe sowohl — 0,6 u — als in ihren Farbreaktionen so absolut überein, dass an ihrer Identität nicht zu zweifeln ist, wie ich ja auch 728 0. zur Strassen, schon früher eine gleiche Übereinstimmung zwischen den im Recepta- culum des erwachsenen Bradynema befindlichen Sperma und dem aus dem Hoden der männlichen Larve hervorhob. Die innere plasmatische Auskleidung des Organs zeigte sich am Vorderende und besonders auch in der weniger dicht mit Sperma ge- füllten hinteren Hälfte verdickt und ging hier direkt in die des Uterus über. Dieser selbst war noch ganz kurz, kaum so lang als das Recep- taculum, besaß auffällig verdickte Wandungen, auf deren Innenseite vereinzelte Spermaelemente umherlagen, und öffnete sich nach einer rechtwinkeligen Umbiegung durch den Porus genitalis nach außen. Dem gegenüber besaß der vor dem Receptaculum gelegene Theil des Genitalschlauches eine etwas weiter vorgeschrittene Entwicklung. An derselben Stelle, an welcher beim Männchen die vordere Terminal- zelle des Hodens liegt, setzte ein schmales, schlauchförmiges Gebilde an, welches schon nach kurzem Verlaufe rückwärts umwendete, dar- auf neben dem Receptaculum eine zweite Biegung machte, um endlich etwa in der Leibesmitte blind zu endigen. Eine Differenzirung in Ovariıum und Oviduct war noch nicht eingetreten, der ganze Schlauch bestand gleichmäßig aus einer einfachen oder doppelten Reihe großer, heller Zellen mit Kernen von 3,5 « Durchmesser. Am Vorderende befand sich ein deutlicher, von seinem Plasmahofe umgebener Ter- minalkern. Aus der Form des Geschlechtsapparates, wie ihn meine Zwischen- form aufwies, kann der Apparat der ausgebildeten Bradynemen durch wenige einfache Verschiebungen entstanden gedacht werden. Es brauchte nur der Uterus in die Länge zu wachsen, so dass das an seinem Ende befestigte Receptaculum bis in die Nähe des Vorderendes hinaufgeschoben würde, und streckte sich dann noch das Ovarium derartig in die Länge, dass seine beiden Umbiegungen in die Körper- enden verlegt würden, so hätten wir genau dieselbe Lagerung des Ge- schlechtsapparates vor uns, die wir beim alten Bradynemaweibchen vorgefunden haben. Ich konnte nach meinen früheren Erfahrungen nicht hoffen, ein gleiches Exemplar noch einmal aufzufinden, so löste ich denn das Präparat vorsichtig vom Objektträger ab, um esin Paraffin überzuführen, und an Schnittserien auch die übrigen Theile des Thieres einer Prüfung zu unterwerfen. Wenn mir auch dabei der Bau des Leibeswand nicht völlig ver- ständlich wurde, was bei der Untersuchung eines einzigen und nach so verschiedenartiger Behandlung natürlich nicht mehr sehr brauchbaren Objektes kaum verwundern kann, so kennzeichnete doch das, was ich Bradynema rigidum v, Sieb. 729 fand, den Wurm deutlich genug als eine Zwischenform zwischen der Larve und dem Bradynema-Weibchen (Taf. XXXIN, Fig. 98). Die Guti- cula zeigte bereits die beiden äußeren Schichten des letzteren, also eine radialgestreifte und eine homogene Schicht, die innerste Zone je- doch war noch nicht völlig in Chitin übergegangen; sie hatte ein helles, lockeres Aussehen und enthielt dicht bei einander deutliche Spuren von kleinen Ektodermkernen, ein Verhalten, welches sich ja auch bei älteren Weibchen zuweilen noch konstatiren lässt (vgl. Taf. XXIX, Fig. 4). An den Seiten des Leibes verliefen breite kernreiche Seiten- felder, von denen jedes ein Viertel des gesammten Umfanges in Anspruch nahm, genau so, wie es sich sowohl beim alten Weibchen, als auch bei der Larve findet. Den Lateralfeldern gegenüber traten die Medianlinien sehr zurück, und in den Zwischenräumen zwischen beiden verliefen vier Längsbänder der durch ihre dünnen Fibrillen angedeuteten Muskulatur. Während nun das Parenchym der Längs- felder sich als ziemlich dicht und intensiv gefärbt erwies, war das lockere den Muskelfeldern auflagernde Gewebe bedeutend heller, und eine ganz ähnliche Masse erfüllte in der vorderen Leibeshälfte, die keine Geschlechtsorgane enthielt, das Centrum des Körperraumes. Der Augenschein lehrte also, dass das Darmgewebe, das sich ja schon in der Larve locker und wenig ausgebildet zeigte, hier sammt allen seinen Kernen resorbirt und an seine Stelle jenes maschige, lose Mesenchym getreten war, welches wir vom Weibchen sowohl, wie auch von der Larve her kennen, und das auch bei jenen alle Lücken und Spalten des Leibes erfüllte. Wir erinnern uns, dass im Vorderende des Weibchens das dichtere Gewebe der Längsfelder im Inneren zu einem Ringe sich vereinigt, der das lockere Gentralgewebe von dem der Muskelfelder scheidet. .Ein ganz ähnliches Verhalten fand ich nun auch im Vorderleibe meiner Zwischenform ; auch hier waren die Längsfelder durch einen allerdings viel schärfer als dort hervortretenden Ring im Umkreis des centralen Mesenchyms verbunden und zwar derartig, dass man noch deutlich er- kennen konnte, wie die Längsfelder nach innen wuchernd sich bis zur gegenseitigen Vereinigung entgegengewachsen waren. Von einem Exkretionsporus, wie von einem Nervensysteme, oder von Mund und After habe ich keine Spur an dem Thiere zu entdecken vermocht. Welchen Umständen ich die Auffindung der beschriebenen Zwischenform in der Leibeshöhle des Käfers eigentlich verdanke, ist mir noch heute unverständlich. Wie schon die Analogie mit dem nah- verwandten Allantonema erwarten lässt, kann die Infektion der Apho- dien auf keinen Fall im Zustande des Imago erfolgen, ich müsste sonst ° 730 0. zur Strassen, unter den gewiss mehr als 1000 Käfern, die ich untersuchte, hin und wieder auf Jugendformen gestoßen sein. Die jüngsten Bradynemen jedoch, die ich im Frühjahre fand, und die ich oft aus eben aus- geschlüpften, noch weichhäutigen Aphodien hervorzog, unterschieden sich höchstens durch ihre größere Schlankheit von den alten Thieren, sowie dadurch, dass ihr Uterus nur Furchungsstadien, noch keine Em- bryonen enthielt. Auch in meinem einzigen Falle fand sich ja die Jugendform, wie ich erwähnte, in Gesellschaft mehrerer ausgewachsenen Bradynemen. So scheint mir nur die Annahme übrig zu bleiben, dass dieser eine Wurm durch irgend welche äußerlich nicht erkennbare Organisationsstörungen an der völligen Ausbildung seines Geschlechts- Apparates und seiner Leibeswände verhindert worden war. Jedenfalls glaube ich, dass dieser glückliche Fund als ein letztes und überzeu- gendstes Glied die Kette von Beobachtungen schließt, durch die wir uns veranlasst sahen, die direkte Umwandlung der männlichen Larve in das weibliche Bradynema auszusprechen. Wir kennen noch eine ganze Anzahl von Nematoden mit protan- drischem Hermaphroditismus, bei allen aber wechselt die Zwitter- generation mit einer frei lebenden, getrennt geschlechtlichen Generation ab. In dieser Hinsicht steht also Bradynema mit seinem Hermaphro- ditismus ohne Heterogonie einzig da. Aber viel interessanter noch wird‘ uns die Fortpflanzung unseres Wurmes desshalb, weil wir im Stande sind, gewissermaßen zuzusehen, wie solch ein Hermaphroditis- mus entsteht, weil wir hier einen Blick in die Werkstätte der schöpfe- rischen Natur werfen dürfen, wie er hübscher kaum gedacht werden kann. Bei der nahen Verwandtschaft, die doch unverkennbar zwischen dem heterogonen Allanlonema und Bradynema besteht, können wir mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit annehmen, dass auch bei Bradynema ursprünglich aus der Begattung der getrennt geschlecht- lichen freilebenden Generation ausschließlich männliche Nachkommen hervorgegangen sind, die dann erst als Parasiten weibliche Organe er- hielten. Aus irgend einem Grunde, vielleicht eben weil infieirte Apho- dien und ihre Larvenzustände zur selben Zeit in Menge neben einander vorkommen, wurde die eingeschaltete Geschlechtsgeneration überflüssig und desshalb abgeschaflt. Eine solehe Umwandlung der Lebensgeschichte konnte nun auf mancherlei Weise bewerkstelligt werden. In der Entwicklung einer heterogonen Art kommen zweierlei Eier vor, solche, aus denen Herma- phroditen und solche, aus denen getrennte Geschlechter hervorgehen. Diese zweierlei Eiformen können äußerlich, in Gestalt und Größe, von Bradynema rigidum v. Sieb. 731 einander verschieden sein, aber das ist doch klar: das Wesentliche in ihnen, das Keimplasma, ist in beiden Fällen identisch. Niemand wird behaupten wollen, dass das Keimplasma eines Eies, welches ein Männ- chen liefern wird, von dem eines weiblichen Eies verschieden sei; es ist eben nur eine durch Anpassung erworbene, allgemeine Eigenschaft des betreffenden Keimplasma, Männchen und Weibchen in einem für die Art bestimmten Zahlenverhältnisse entstehen zu lassen. Und was für den Dimeorphismus der Geschlechter zutrifft, gilt offenbar auch für den Dimorphismus der Generationen. Innerhalb einer und derselben Species muss alles Keimplasma — von der Variation natürlich abge- sehen — identisch sein. Wenn also zwei Generationen einer Art äußer- lich noch so verschieden sein mögen, so ist gleichwohl die Möglichkeit gegeben, dass die eine Generation aus den Eiern der anderen hervor- gehe, und umgekehrt. In dem Falle unseres Bradynema konnte dem- zufolge die Ausmerzung der Geschlechtsgeneration einfach dadurch erfolgen, dass die Eier des Hermaphroditen ohne Weiteres wieder junge Hermaphroditen lieferten, diejenigen Formen also, welche früher immer erst aus den Eiern einer dazwischen liegenden Geschlechtsgeneration hervorgegangen waren. Die Thatsachen lehren uns aber, dass nicht dieser Weg es ist, welcher befolgt wurde, denn wir sehen aus den Eiern des Hermaphroditen offenbar zusammengehörige Männchen und Weibchen entstehen. Der Ausfall muss an einer anderen Stelle ein- getreten Sein. Nun könnte man denken, die Männchen der Geschlechtsgeneration wären direkt in die hermaphroditische Form übergegangen, indem sie die Rolle derjenigen jungen Männchen übernahmen, die früher erst durch die Begattung der Geschlechtsgeneration erzeugt worden waren. Es würde also, wie ich dies in der zweiten Reihe des beigegebenen Schema angedeutet habe, in diesem Falle nur eine Zeugung ausge- fallen sein. Zweitens wäre aber auch die Annahme zulässig, dass die Männchen der freien Generation auf eigene Faust weibliche Organe ausgebildet und dann diejenigen Eier erzeugt hätten, deren Produktion früher die Sache des Hermaphroditen gewesen war. Diesmal wäre also (s. dritte Reihe des Schema) die ganze hermaphroditische Generation unterdrückt worden, und von der alten hermaphroditischen Form wäre uns keine Spur mehr überliefert. Der Unterschied zwischen den beiden Modifi- kationen kommt also darauf hinaus, dass im ersteren Falle der heutige Hermaphrodit von dem früheren anatomisch nicht verschieden wäre, während wir in demselben nach der zweiten Auffassung eine ganz neue Form zu erblicken hätten. 732 0. zur Strassen, Welche dieser beiden Umwandlungsarten die thatsächliche ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Ähnlichkeit des alten Bradynema- Weibchen mit der entsprechenden Form von Allanionema dürfte es wahrscheinlich machen, dass uns die ursprüngliche Gestalt des Herma- phroditen erhalten geblieben ist. Andererseits aber ist bei Bradynema die anatomische Ähnlichkeit der Larve und des alten Weibchens eine so bedeutende, und der Übergang der einen Form in die andere so kontinuirlich und allmählich, dass ich mich fast versucht fühlte, der zweiten Methode den Vorzug zu geben. Ich halte es sogar für denkbar, dass das erwachsene Bradynema-Weibchen in der äußeren, radiärge- streiften Schicht seiner Cuticula noch immer die alte Larvenhaut trägt, Geschlechts - Generaiion, Hermaphrodit. Geschlechts - Generation; deren definitive, freiwillige Abstoßung von mir, wie erwähnt, nicht direkt beobachtet wurde. Sowohl die Dicke, als auch die Schichtungs- verhältnisse der Haut gleichen sich in beiden Altersstufen in hohem Grade. Besonders aber möchte ieh darauf hinweisen, dass die von mir aufgefundene sehr junge Zwischenform bereits eine völlig ausgebildete Radialfaserschicht aufwies, und ferner darauf, dass beim alten Brady- nema-Weibchen die innere Chitinhaut des Uterus mit der mittleren Hautschicht, und nicht mit der Stäbchenschicht in Verbindung tritt. Wie dem aber auch sei, jedenfalls konnte eine solche Umwandlung offenbar viel leichter an eine wenig entwickelte Larvenform, als an ein ausdifferenzirtes, mit sekundären Sexualcharakteren versehenes Männ- chen anknüpfen; so verstehen wir nun auch, warum gleichzeitig die Bradynema rigidum v. Sieb. 733 Verlegung der männlichen Reife in das Larvenleben zu Stande kommen musste. Eine solche Maßregel schloss zugleich noch die weiteren Vor- züge in sich, dass einmal die sonst vom Männchen zur Ausbildung seiner Organe im Freien benöthigte Zeit nunmehr gleichfalls erspart, und ferner, dass die jetzt schädliche CGopulation der Geschlechter wirksam verhindert wurde. Nach der hier entwickelten Auffassung der Lebensgeschichte un- seres Wurmes sind es also die männlichen Larven allein, denen die Arterhaltung obliegt, die Weibchen stehen unthätig und unnütz außer- halb des Entwicklungskreises. Ich möchte nun nicht versäumen, wenigstens auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass aus den als Weibchen bezeichneten Larven unter irgend welchen bisher noch unbekannt ge- bliebenen Verhältnissen eine besondere, von der anderen unabhängig und ihr parallel gerichtete Generation hervorgehen könnte, in ähnlicher Weise also, wie man dies durch Dreyrus’ Untersuchungen von Phyllose- rinen kennt. Wären nämlich die Geschlechtsanlagen der jungen Wür- mer bei der Auswanderung ins Freie noch indifferent, — nicht, wie ich bestimmt glaube, bereits weiblich differenzirt — so wäre es denkbar, dass aus den Thieren eine getrennt geschlechtliche Generation heran- wüchse, deren Nachkommen sich an irgend einem Punkte mit der parallelen Generation vereinigten. Damit wäre die geschlechtliche Kreuzung, die wir in der That in den Entwicklungskreis aller übrigen hermaphroditischen Nematoden eingeschaltet sehen, auch für Bradynema erreicht. Es ist klar, dass es niemals möglich sein wird, das Nicht- vorhandensein einer solchen Parallelgeneration direkt zu beweisen; doch wird die an sich geringe Wahrscheinlichkeit der Annahme eben durch die beschriebene Gestalt der Geschlechtsanlage unserer nicht männlichen Larvenform auf ein Minimum herabgedrückt. Bleiben wir aber bei unserer ursprünglichen Auffassung der Brady- nema-Entwicklung, so sehen wir also, dass die außer Kurs gesetzten Weibchen gegenwärtig noch erhalten geblieben sind, wenn sie auch in der erreichten Organisationsstufe, wie vermuthlich auch in der Zahl — denn bei fast allen Nematoden überwiegt die Zahl der Weibchen, und hier ist in geringem Maße das Umgekehrte der Fall — bereits eine Rück- bildung erlitten haben. Wie lange es noch bis zur völligen Unter- drückung der Weibchen dauern wird, ob Jahrhunderte, ob Jahrtausende bis dahin vergehen werden, darüber vermögen wir uns kaum eine Vor- stellung zu machen. Wenn wir aber bedenken, dass ein Bradıynema, welches z. B. statt 50 75 %/, Männchen erzeugte, diese seine Eigenthüm- lichkeit direkt in einem um die Hälfte höheren Grade vererben würde, als ein Thier mit dem heut zu Tage normalen Procentsatze, so begreifen 734 .. 0. zur Strassen, wir, dass der Widerstand, den derartige rudimentäre Generationen dem Einflusse der Selektion entgegensetzen, wohl in allen Fällen von nur geringer Energie sein kann. In der That finden wir im Thierreiche, gegenüber einer zahllosen Menge rudimentärer Organe, kaum jemals in der Lebensgeschichte der Arten rudimentäre Verhältnisse, die ch mit den bei Bradynema beschriebenen vergleichen ließen. Über die Leibeswand bei Bradynema und anderen Nematoden. Ich habe an einer früheren Stelle, als ich die Leibeswandungen des erwachsenen Bradynema schilderte, die Deutung der anatomischen Befunde verschoben, bis wir die entsprechenden Gewebe der Embryo- nen und Larven kennen gelernt haben würden. Zunächst ist offenbar, dass eine Subcuticula in dem bisher ge- brauchten Sinne, also eine ektodermale, die Haut von innen ausklei- dende Gewebslage, beim erwachsenen Bradynema nichtvor- handenist. Wir sahen vielmehr, dass das Ektoderm gegen das Ende der Entwicklung immer dichter und homogener wurde, um endlich unter Auflösung aller seiner Kerne in die innerste Guticularschicht selbst überzugehen. Und hätten wir diesen Nachweis nicht auf ent- wicklungsgeschichtlichem Wege zu führen vermocht, so würde allein schon die Lage der Muskulatur direkt unter der chitinigen Haut das Fehlen einer Subeuticula beweisen. Alles übrige Gewebe der Leibes- wand entstammt somit dem Mesoderm, und zwar unterscheiden sich ziemlich scharf zwei verschiedene Ausbildungsarten desselben, die ich oben als Parenchym und Mesenchym einander gegenüberstellte. Das dichtere Parenchym sammelt sich schon frühzeitig in den drei, später vier Längswülsten des Körpers, während die Zwischenräume zwischen denselben und bei älteren Stadien die ganze centrale Leibeshöhlung von hellerem, locker maschigem Mesenchym ausgefüllt werden. Wenn wir versuchen, zu einem Verständnisse der Muskulatur un- seres Wurmes zu gelangen, so kann dabei das erwachsene Weibchen mit seinen rudimentären Fibrillenzügen natürlich nicht in Betracht kommen. Aber auch die Larve zeigt Verhältnisse, die sich, wie mir scheint, schwer in die bekannten Schemata einfügen lassen. Die Fibrillen der Muskelfelder erscheinen der ganzen Körperlänge nach als ein zusammenhängendes Ganzes, und so wären wir eigentlich ge- zwungen, den Wurm für einen Holomyarier zu erklären, damit will aber wieder die deutlich reihenweise Entstehung der Muskelkerne, wie ich sie oben beschrieben habe, nicht recht übereinstimmen. Wir wollen nun sehen, ob wir an der Hand der gewonnenen Resultate zu einer richtigeren Auffassung der Leibeswandungen bei den - Bradynema rigidum v. Sieb. 135 Nematoden gelangen können, als dies meiner Ansicht nach bisher der Fall war. Freilich wäre es übereilt, von den Bauverhältnissen des Bradynema aus ohne Weiteres die ganze Nematodenanatomie erklären zu wollen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass gerade unser Wurm in Folge seiner eigenthümlichen Lebensgeschichte den Verdacht gegen sich haben muss, auch in anatomischer Hinsicht vielfach seine beson- deren Wege zu gehen. Vor Allem scheint mir das erwachsene Bradynema für Vergleichungen fast werthlos zu sein; der ganze Bau des Thieres ist ja möglicherweise nichts Anderes, als eine ins Große übersetzte Larven- organisation, in jedem Falle aber so zurückgebildet und modificirt, dass ich von ihm aus keinerlei Schlüsse zu ziehen wagen möchte. Dagegen dürfen wir bei den jungen Larven ursprünglichere Organisationsver- hältnisse schon aus dem Grunde voraussetzen, weil das junge Weib- chen, das ja von der Umgestaltung kaum irgendwie betroffen wurde, im Bau seiner Leibeswandungen mit dem Männchen fast in allen Punk- ten übereinstimmt. In erster Linie ist es das als Subceuticula bezeichnete Gewebe der Rundwürmer, welches meines Erachtens von jeher missverstanden worden ist. Wegen seiner peripherischen Lage und seiner vermuthlichen Beziehungen zur Ausscheidung der Cuticula wurde von allen Autoren als selbstverständlich angenommen, dass die Subeuticula ungefähr gleichbedeutend mit Ektoderm sei. Nun unterschied sich aber bei den großen Nematoden, die man Anfangs fast ausschließlich unter- suchte, das Gewebe der Längslinien in nichts von dem der Subeu- ticula, ein Umstand, den Basrıan zuerst hervorhob, und dem zufolge konsequenterweise auch die Längslinien dem ektodermalen Gewebe zugerechnet werden mussten. Als man dann, vor Allem durch Bürscaırs Verdienste, tiefer in die Kenntnis des Baues freilebender Ne- matoden eindrang, musste sich alsbald herausstellen, dass es nicht länger möglich war, die Längslinien als einfache Wucherungen der dünnen » ektodermalen« Subeuticularschicht aufzufassen. Bürscaı! er- kannte nämlich, dass bei den meisten freilebenden Nematoden die Seitenlinien aus großen, deutlichen Zellen zusammengesetzt werden, die »schwerlich nur als Wucherungen der Hypodermis betrachtet werden konnten«, und sprach die Vermuthung aus, dass »die die Seitenlinien aufbauenden Zellen nicht von dem Ektoderm, sondern wahrscheinlich vom Mesoderm abstammen dürften«e. Durch meine Untersuchungen an Bradynema glaube ich die mesodermale Natur der Längslinien unzweifelhaft erwiesen zu haben, aber ich möchte noch 1 BürscauLı, Freilebende Nematoden und Chaetonotus. Diese Zeitschrift. Bd. XXVI. 736 0. zur Strassen, weiter gehen und tiberhaupt die ganze sogenannte Subeutiecula der Nematoden für mesodermales Gewebe erklären. Der Zusammenhang der Subeuticula z. B. einer Ascaris mit den Längslinien, der schon so früh die Forscher veranlasste, beides für verwandte Bildungen zu halten, ist in der That ein äußerst inniger. Nicht nur stimmen beide im Aussehen ihres lockeren, maschigen Ge- webes und in ihrem Verhalten gegenüber den Farbstoffen völlig überein, man sieht sogar die Fasern und Häutchen des einen Gebildes ohne die geringste Grenze in die des anderen übergehen, eine Eigenthümlichkeit, die in hohem Grade befremden müsste, wenn die beiden Gebilde verschiedenen Keimblättern entstammen würden. Viel auffallender aber noch tritt ihre Zusammengehörigkeit zu Tage, wenn man ihre gegenseitigen Beziehungen im Schwanzende der Nematoden unter- sucht. Subcuticula und Längslinien sind hier viel mächtiger ent- wickelt als im übrigen Körper, und endlich fließen sie zu einer einzigen, den Leib erfüllenden Gewebsmasse zusammen, so dass von einer Unter- scheidung zwischen ihnen gar nicht mehr die Rede sein kann. Sind aber die Längslinien mesodermal, so müssen wir bei so weitgehender Übereinstimmung auch für die Subcuticula eine Entstehung aus dem mittleren Keimblatte annehmen. Dazu kommt die Rolle, welche die Subcuticula dem Nervensystem gegenüber spielt, denn wir wissen, dass die Nerven unserer Würmer wie in den Längslinien, so an vielen Stellen auch in der Subeuticula verlaufen. Der vollgültigste Beweis aber scheint mir durch die Beobachtungen Lzuckarr’s und besonders Ronune’s ! erbracht worden zu sein, die Beide in der Subcuticula der großen Ascariden Fasern auffanden. welche direkt in quere, den Leib durch- setzende Muskeln übergingen. Dieselben Fasern setzten sich aus der Subeutieula auch in die Seitenlinien fort, so dass RokDe sich sogar ver- anlasst fühlte, die Subeutieula und in beschränkterem Maße auch die Seitenlinien für muskulöse Bildungen zu erklären. Damit ist aber natürlich nicht gesagt, dass die Subcuticula mit der Entstehung der chitinigen Körperhaut überhaupt nichts zu thun hätte; schon aus ihrer ganzen Lagerung scheint vielmehr eine gewisse Be- ziehung zur Cuticula hervorzugehen. Möglicherweise macht sie der- selben die im Leibe eirkulirenden Nahrungssäfte leichter zugänglich und trägt somit zu ihrem Wachsthum bei. Man könnte selbst daran denken, dass bei großen Nematoden ein Theil der Cuticula, nämlich die inneren, aus allerhand Fasersystemen bestehenden Schichten, von der mesodermalen Hypodermis aus gebildet worden seien, und wir werden i E. Roupe, Beiträge etc. Zoologische Beiträge von A. SCHNEIDER. I. Bd. 1. Bradynema rigidum v. Sieb. 13% nachher bei Ascaris mystax Verhältnisse kennen lernen, welche eine solche Annahme in der That in hohem Grade wahrscheinlich machen. Fragen wir uns nun, was unter solchen Umständen aus dem Ekto- derm geworden sei, so kann die Beantwortung nicht schwer fallen. Wir haben gesehen, dass bei Bradynema das Ektoderm chitinisirt und in die inneren Schichten der Cuticula umgewandelt wird, und es läge durchaus kein Grund zu der Ansicht vor, unser Wurm mache hierin eine Ausnahme unter allen Nematoden. Es gelang mir aber auch, bei anderen Rundwürmern ein gleiches oder doch sehr ähnliches Verhalten nachzuweisen. So fand ich bei der bereits früher erwähnten Jugend- form eines Diplogasier unter der äußeren Epidermis eine etwas dickere Schicht, die ich nach ihrem homogenen Aussehen, wie ihrem nicht un- bedeutenden Lichtbrechungsvermögen entschieden zur Cuticula rechnen musste. Auf dünnen mit Hämatoxylin gefärbten Querschnitten jedoch unterschied sich diese innere Zone durch ihre außerordentlich intensive Tinktionsfähigkeit sehr lebhaft von der fast farblos gebliebenen Epi- dermis und bewies dadurch, dass sie noch nicht aus reinem Chitin be- stand. Direkt unter ihr aber lagen die Muskelfibrillen und Längsfelder, gerade wie bei Bradynema, so dass uns offenbar nichts Anderes übrig bleibt, als in jener inneren Schicht der Guticula das halb chitinisirte Ektoderm zu erblicken. Diese Beobachtung gewinnt noch in so fern ein besonderes Interesse, als sie uns zugleich eine zweite Larvenform vorführt, bei welcher von einer mesodermalen Hypodermis, wie wir sie bei erwachsenen Nematoden in so allgemeiner Verbreitung an- treffen, durchaus keine Spur vorhanden ist. Noch überzeugender sind die Verhältnisse, die ich bei einer jungen Ascaris mystax beobachtete. Hier fand sich nämlich in der hellen, von LeuckArt als Gorium bezeichneten Zone zwischen der Epidermis und den gekreuzten Faserschichten eine Lage kleiner, mit Karmin intensiv gefärbter Kerne, deren regelmäßige Abstände zu der Anordnung der Hautringel in unverkennbarer Beziehung standen. Die gleichen Kerne, sogar noch viel deutlicher und schärfer hervortretend, fand ich auch in den seitlichen Kopfflügeln, und hier war die Abhängigkeit ihrer Zahl und Lage von der Hautringelung noch auffälliger und zugleich ver- ständlicher. Es betheiligen sich nämlich an der Bildung der Kopfflügel! ausschließlich Epidermis und Corium, während die dicken Schichten der gekreuzten Fasersysteme sammt der Subeuticula unverändert darunter hinwegziehen; da nun aber die Epidermis sich im Bereiche der Flügel nicht wesentlich verdickt zeigt, so entsteht die ganze Auftreibung 1 LEUCKART, Parasiten. II. p. 266. 738 0. zur Strassen, lediglich in Folge einer mächtigen Entfaltung des Corium. Natürlich sieht das letztere unter solehen Umständen hier ganz anders aus, als am übrigem Leibe; es enthält jetzt in einer hellen Grundsubstanz zahl- reiche feine Fasern, die im Basaltheile kreuz und quer verlaufen, an der Peripherie jedoch, und besonders in der Firste, zu parallelen, senk- recht gegen die Epidermis gerichteten Zügen geordnet sind. So ent- steht ein eigenthümliches Fachwerk, einem hohen Cylinderepithel nicht unähnlich, und am Ende eines jeden Faches, da, wo es die Epidermis berührt, findet sich ein deutlicher, scharf umschriebener Kern. Ich will erwähnen, dass ich von dem einen Exemplare, welches die be- schriebenen Strukturverhältnisse in so ausgezeichneter Klarheit er- kennen ließ, leider nur Längsschnitte angefertigt hatte, so dass die Möglichkeit eines Irrthums gegenwärtig noch nicht völlig ausgeschlossen erscheint. Ist meine Deutung aber richtig, handelt es sich hier wirklich um Kerne, so können es offenbar nur die des äußeren Keimblattes sein, und ihre Lage außerhalb der gekreuzten Faserschichten würde zu- gleich die mesodermale Natur der letzteren unwiderleglich beweisen. Man könnte meinen Ansichten über die Bedeutung der Nematoden- cuticula vielleicht den Umstand entgegenhalten, dass jeder einzelne Wurm im Laufe seines Lebens mehrmals die ganze Haut abwirft und dann natürlich zu ihrer Wiedererzeugung einer besonderen Hypodermis be- darf. Es will mir aber scheinen, als ob gerade die Häutungsverhältnisse unserer Würmer recht deutlich auf die Richtigkeit des von mir ver- tretenen Standpunktes hinwiesen. Wir sehen nämlich, dass es in allen Fällen ausschließlich nur die Jugendformen sind, die ihre äußere Be- deckung, oft mehrmals und rasch nach einander, zur Abstoßung bringen, Thiere also, bei denen das Ektoderm noch als funktionsfähige, wenn auch dünne Zellenschicht persistirt. Beim Übergang in die Ge- schlechtsreife wird dann — als letzte Häutung — die zuletzt vom Ektoderm gebildete Chitinlage abgeworfen, und damit haben die Häutungen unter allen Umständen ihr Ende erreicht. Niemals stößt ein geschlechtsreifer Rundwurm seine Cuticula ab, obgleich das Wachs- thum noch immer ein sehr bedeutendes ist, bedeutender vielleicht, als dies während des Larvenlebens der Fall war. Das Ektoderm unserer Würmer, oder vielmehr die aus ihm hervorgegangene Chitinlage, bleibt ihnen also bis an das Ende ihres Lebens erhalten. Das fortgesetzte Wachsthum der Nematodenhaut könnte gleichfalls gegen meine Annahme ins Feld geführt werden. Aber einmal haben wir gesehen, dass sehr wahrscheinlich die mesodermale Hypodermis, wo eine solche vorhanden ist, die Weiterbildung der Cuticula über- nimmt, und zweitens ist es überhaupt mehr als fraglich, ob die Haut Bradynema rigidum v. Sieb. 739 der Nematoden zum Wachsthum einer besonderen Matrix bedarf. Wir sahen ja bei Bradynema die Haut auch ohne Subeuticula wachsen, und vor Allem dürfen wir nicht vergessen, dass bei einer Ascaris z. B. die äußersten, völlig chitinisirten Schichten in genau demselben Verhältnisse zum Körperwachsthum zunehmen, wie die inneren, ohne dass sie jedoch mit der Subeuticula in Berührung ständen. In gleicher Weise wachsen, wie ScHneiper! mit Recht hervorgehoben hat, die komplieirtesten Hautgebilde proportional dem allgemeinen Dieken- und Längenwachs- thum, so dass wir Schneider Recht geben müssen, wenn er behauptet, die Cutieula dürfe nicht als ein von der subeutanen Schicht abgelöstes Sekret betrachtet werden, sondern alle ihre Schichten ständen noch in lebendigem Zusammenhang. In wie weit meine Auffassung der Nematodenhaut und ihrer Sub- euticula auch auf Gordius Bezug haben möge, wage ich nicht zu ent- scheiden, doch scheinen hier die Verhältnisse eine geringe Ähnlich- keit mit denen des Bradynema zu haben. Durch Vırror? wissen wir, dass die aus deutlichen Zellen zusammengesetzte und unzweifelhaft ektodermale Hypodermis der Gordius-Larve nach einander zwei Haut- schichten abscheidet, zuerst die dünne »Embryonalhaut«, darauf eine dickere Schicht von fibrillärer Struktur; zuletzt verliert die Hypodermis ihren epithelialen Charakter, indem die Kerne degeneriren und das Ge- webe faserig wird. Weder die erste noch die zweite Guticularschicht werden durch eine Häutung abgestoßen, verbleiben dem Wurme viel- mehr bis ans Lebensende. Muskulatur. Weniger fruchtbar, als dies bei der Cuticula der Fall war, dürfte ein Vergleich der Muskulatur des Bradynema und ihrer Entstehung mit den Verhältnissen der übrigen Nematoden ausfallen. Über die Muskel- bildung anderer Rundwürmer wissen wir überhaupt noch gar nichts, und auch die anatomischen Befunde am Bradynema weichen so sehr von dem Bekannten ab, dass in dieser Hinsicht die größte Vorsicht ge- boten scheint. Ich würde desshalb auf eine Besprechung an dieser Stelle ganz verzichten, hätte nicht Bürscauı? bei einer freilebenden Art, Tylenchus fungorum, Verhältnisse beschrieben, die denen unserer Larven in einem ganz überraschenden Grade gleichen. »Ich sehe hier,« schreibt Bürscauı, »in jedem Muskelfeld eine Reihe hinter einan- der stehender großer Kerne mit deutlichem Kernkörper. Die Kerne der 1 ScCHNEIDER, Monographie. p. 216. 2 Vırror, L’Evolution des Gordiens. Annales des Scienc. Nat. XI. No. 6. 189. 3 Bürscauı, Freilebende Nematoden. Nova Acta. p. 33. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 48 749 0. zur Strassen, beiden der Bauchlinie anliegenden Muskelfelder sind alternirend gestellt, im Übrigen ist jedes Muskelfeld deutlich fibrillär.« Eine derartige Über- einstimmung giebt in der That zu denken. Sie kann nicht zufällig sein, erstreckt sie sich doch sogar auf die alternirende Stellung der Kerne, und sie wird noch auffallender durch die gleichzeitige bedeutende Ent- faltung der Seitenfelder, welche bei einer Körperbreite von 0,144 mm eine Breite von nicht weniger als 0,108 mm erreichen. Wir werden uns unter solchen Umständen, besonders da die in Betracht kommenden Genera systematisch ziemlich entfernt stehen, der Überzeugung nicht verschließen können, dass wir hier thatsächlich ursprüngliche, dem Ausgangspunkte der Nematoden-Muskulatur nahe- kommende Verhältnisse vor uns haben. Möglicherweise wird sich der Holomyariertypus als ein phylogenetisches und ontogenetisches Anfangs- stadium herausstellen, und es wird sich vielleicht zeigen, dass das eigentliche Muskelelement der Nematoden nicht die Zelle, sondern die Fibrille ist; die Marksubstanz der Muskelzellen sänke dann zur Be- deutung von abgesonderten Partien der parenchymatösen Leibesmasse herab. Dass ührigens wie bei Bradynema, so auch bei allen anderen Nematoden je zwei Muskelbänder ihrer Entstehung nach zu der zwischenliegenden Medianlinie gehören, erlangt schon durch den Um- stand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass bei den meisten Gattungen auch später noch vermittels der sogenannten Querfortsätze ein direkter Zusammenhang der Muskeln mit den Medianfeldern aufrecht erhalten bleibt. Leibeshöhle. Noch auf einen letzten Punkt in der Nematodenanatomie möchte ich mit wenigen Worten eingehen; er betrifft die Leibeshöhle unserer Würmer. Bei Bradynema ist eine solche nur bei ganz jungen Embryo- nen als schmaler Spaltraum vorhanden, später wird sie von wandern- den Mesenchymzellen völlig ausgefüllt, ein Zustand, der auch während des übrigen Lebens immer beibehalten bleibt. Durch LeuckArr’s Unter- suchungen wissen wir ferner, dass auch die jungen Allantonemen einer Leibeshöhle entbehren, dass hier vielmehr der ganze weite Innenraum von einem zelligen, Kerne enthaltenden Maschengewebe erfüllt ist, welches LeucrArr mit Recht dem Zellenkörper von Gordius an die Seite stellt. Wenn ich noch darauf hinweise, dass v. Linstow ! bei den Larven der Nematoxys longicauda gleichfalls ein parenchymatöses, den Leibes- raum erfüllendes Zellengewebe beschreibt, und dass ich schließlich auch ! v. Linstow, Nematoxys longicauda. Diese Zeitschr. Bd. XLII. Bradynema rigidum v. Sieb. 741 bei der öfters erwähnten jungen Rhabditide den völligen Mangel einer Leibeshöhle feststellen konnte, so möchte uns eine solche Reihe von Beobachtungen wohl auf den Gedanken bringen, für alle jungen Rund- würmer den Mangel der Leibeshöhle anzunehmen. Freilich scheint es, als ob in späterem Alter die Leibeshöhle dennoch zur Aushildung käme, denn bei den meisten geschlechtsreifen Nematoden liegen die inneren Organe frei in einem hohlen Raume von beträchtlicher Ausdehnung. Diese Leibeshöhle wäre dann aber offenbar im Grunde nichts Anderes, als eine große Lücke im Mesenchym, ein Pseudocoel, keinesfalls aber eine »deutliche primäre Leibeshöhle«!. Das beste Beispiel für einen derartigen Vorgang liefert Gordius, bei dem Vırror den Zer- fall bestimmter Partien des Zellkörpers und die dadurch bedingte Ent- stehung der verschiedenen Hohlräume aufs deutlichste verfolgen konnte. Es finden sich aber auch bei zahlreichen echten Nematoden Verhält- nisse, welche einen ursprünglichen Mangel der Leibeshöhle wahrschein- lich machen. Lruckart? beschrieb zuerst bei Nematoden ein lockeres intermuskuläres Bindegewebe. BürscuLı? entdeckte in der Bindesub- stanz von Ascariden sogar Kerne und wies darauf hin, dass es einer » verhältnismäßig gar nicht so sehr bedeutenden Vermehrung des Binde- gewebes mancher Nematoden bedürfe, um die bei Gordius vorliegenden Verhältnisse zu erreichen«. Derselbe Forscher? beobachtete an frei- lebenden Würmern in vielen Fällen ganz ähnliche Gebilde. Z. B. sagt er von Rhabditis pellio, man sehe hier »von den Medianlinien viele Fortsätze auslaufen, die sich zu mehrfach verästelten Zellen begeben, oder sich an innere Organe anheften«; es würde also in diesem Falle ein wenn auch sehr lockeres Mesenchym vorhanden sein. Betrachtet man jedoch Querschnitte von Nematoden aus solchen Körpergegenden, in welchen keine Geschlechtsorgane liegen, also besonders im Schwanz- und Kopfende, so wird man vielleicht in allen Fällen eine Leibeshöhle vermissen. Entweder sind es die Muskelzellen selbst, die bis dicht an den Darm herantreten und durch das intermuskuläre Bindegewebe mit ihm verwachsen, oder die Längsfelder sind so mächtig entwickelt, dass sie die Leibeshöhle zum Verse..winden bringen, oder endlich, z. B. im Bereiche des Ösophagus, der Raum ist von hellen, anscheinend struk- turlosen Häuten durchzogen und ausgefüllt. Die Frage nach der Leibeshöhle unserer Würmer wird sich erst nach weiteren Untersuchungen, besonders über junge Nematodenlarven, 1 Hatschek, Lehrbuch der Zoologie. 2 LEUCKART, Parasiten. II. p. 38. 3 Bürschuı, Giebt es Holomyarier. Diese Zeitschr. Bd. XXIII. 4873. p. 406. 4 BürschLı, Freilebende Nematoden. Nova Acta. 48* 742 0. zur Strassen, definitiv entscheiden lassen. Vermuthlich aber wird man sich genöthigt sehen, die althergebrachte Meinung zu verlassen, dass die Nematoden eine primäre Leibeshöhle besäßen, und sie vielmehr den parenchyma- tösen Würmern zuzuzählen. Systematische Stellung. Bereits am Eingang dieser Abhandlung betonte ich die Nothwen- digkeit, für unseren Wurm ein besonderes Genus aufzustellen. Es ist ja nicht zu verkennen, dass sowohl in der Lebensweise, als auch im Bau der Schmarotzerform eine nicht geringe Ähnlichkeit mit Allan- ionema hervortritt; sie spiegelt sich besonders in der Zusammensetzung der Leibeswand, in der Bildung der Geschlechtsorgane mit ihren eigen- thümlichen Verschlussapparaten, und in dem Fehlen aller anderen Organsysteme wieder. Dem gegenüber finden sich in der Bildung der Cuticula, in der Körperform und in der Art und Weise des Vorkommens im Käfer wesentliche Differenzen, und wir dürfen außerdem nicht ver- gessen, dass ein Theil der übereinstimmenden Charaktere auf Konver- genzerscheinungen beruhen mag. So wird man z. B. die Einfachheit der Geschlechtsröhre nicht als systematisches Merkmal benutzen dürfen, denn es ist leicht zu verstehen, dass ein gleiches Verhalten bei allen oder. fast allen protandrisch-hermaphroditischen Nematoden wieder- kehren muss. Zieht man aber die Entwicklungsgeschichte und die Jugendformen zum Vergleich heran, so treten die Unterschiede zwischen den beiden Gattungen noch weit schärfer hervor. Wenn sich auch darüber streiten ließe, ob eine Abweichung in der Lebensgeschichte, wie wir sie bei Bradynema vorfinden, zur Begründung einer neuen Gattung ausreiche, besonders wenn die Abweichung noch nicht einmal völlig durchgeführt worden ist, so kann doch darüber kein Zweifel bestehen, dass die frei- lebenden Formen beider Gattungen weit von einander verschieden sind. Denn wir kennen durch v. Linstow eine Allantonema-Art, deren freie Generation zum Genus Diplogaster in den engsten Beziehungen steht, also zur Gruppe der Meromyarier zu rechnen ist, während die Bradynema-Larven sich in der Bildung ihrer Muskulatur den Holo- myariern anschließen. Leipzig, im April 1899. Zu spät, um im entwicklungsgeschichtlichen Theile noch berück- sichtigt werden zu können, erschien eine Abhandlung von WAnDOoLLER # ga RN RE PER, Bradynema rigidum v. Sieb. 743 über die Embryonalentwicklung des Strongylus paradoxus (in: Arch. f. Naturgesch. 58. Jahrg. I. Bd., 2. Heft). Die Ergebnisse dieser Arbeit ' decken sich in den meisten Punkten mit den Angaben früherer Autoren. 2. Litteraturnachweis. . Bastıan, On the Anatomy and Physiology of the Nematoids, Parasitic and Free. 1865. Boverı, Zellenstudien. 2. Heft. Die Befruchtung und Theilung des Eies von Ascaris megalocephala. 1888. 3. BürscuLı, Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta orien- talis. 1874. 4. —— Beiträge zur Kenntnis der freilebenden Nematoden. Nova Acta d. kgl. Leop. Carol. Akademie der Naturforscher. XXXVLI, 5. 1873. 5. —— Giebt es Holomyarier? Diese Zeitschr. Bd. XXI. 4873, 6. —— Zur Kenntnis der freilebenden Nematoden, insbesondere des Kieler Hafens. 4874. 7. —— Entwicklung des Cucullanus elegans. Diese Zeitschr. Bd. XXVI, 1876. 8. Freilebende Nematoden u. Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 1876. 9. Craus, Über einige im Humus lebende Anguilluliden. Diese Zeitschr. Bd. XII. 1862. 48. 29: 20, 21. 22. 23. 24. . Ganin, Entwicklung von Pelodera teres. Diese Zeitschr. Bd. XXVIII. 4877. Referat von v. Hoyer über die V. Versammlung russ. Naturforscher. 4876. . GOETTE, Entwicklungsgeschichte der Rhabditis nigrovenosa. Abhandlungen zur Entwicklungsgesch. der Thiere. 4. Heft. 1882. . Harıez, Recherches sur l’Embryogenie de quelques Nematodes. 1885. . Herrwig, Vergleichung der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXVI. 1890. , LEUCKART, Die menschlichen Parasiten, 4. Aufl. Bd. Il. 1876. Allantonema mirabile. Neue Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Lebensgeschichte der Nematoden. 4887. . v. Linstow, Über einen neuen Entwicklungsmodus bei den Nematoden (Nema- toxys longicauda). Diese Zeitschr. Bd. XLII. 1885. . —— Allantonema und Diplogaster. Centralblatt für Bakteriologie u. Parasiten- kunde, Bd. VIII. p. 46. 4890, | Monıez, Sur l’Allantonema rigida v. Siebold, parasite de differents CGol&opteres coprophages, Extrait de la Revue Biologique du Nord de la France 1891. (Comptes rendus. CXII. No. 4.) Naranson, Entwicklung dreier Oxyuris aus Blatta germanica und Periplaneta orientalis. Diese Zeitschr. Bd. XXVIII. Referat von GAnın. 1877. SCHNEIDER, Monographie der Nematoden. 4866. v. SIEBOLD, MÜLLER’S Archiv für Anatomie und Physiologie. 41856. p. 33 Anm. ZUR STRASSEN, Über Filaria rigida. Vorläufige Mittheilung. Zool. Anzeiger. XIV. Nr. 379. 4894. STRUBELL, Heterodera Schachtii. Bibliotheca Zoologica. Heft 2. 1888. Vırror, L’Evolution des Gordiens. Annales des Sciences Naturelles. Tome XI. No. 6. 1894, 44 0. zur Strassen, Erklärung der Abbildungen. Allgemein gültige Bezeichnungen. bm, Bauchmesoderm ; ovd, Oviduct; c.hg’ und c.hg", äußere und innere homo- ovr, Ovarium; gene Schicht der Cuticula; p, Plasmabelag des Geschlechtsapparates; c.sb, Stäbchenschicht der Cuticula; pch, Parenchym; d, Darm; p.e, Porus excretorius; ekt, Ektoderm ; 2.9, Porus genitalis; ent, Entoderm; prd, Proctodaeum; ga, Genitalanlage; prst, Protostom, resp. die Stelle, an wel- km, Kopfmesodermmasse ; cher es sich geschlossen hat; Im, seitliche Mesodermmasse; sf, Seitenfeld ; mes, Mesoderm; sm, Schwanzmesodermmasse; mf, Medianfeld; std, Stomadaeum ; mh, Mundhöhle; ik, Terminalkerne; ml.d, dorsale Medianlinie; ip, Tunica propria des Geschlechtsappa- mi.v, ventrale Medianlinie; rates; msch, Mesenchym; u, Uterus; msk, Muskulatur; zp, Zellpolster hinter der Stelle des Porus n, Nervenring; excretorius resp. des Protostoms. Tafel XXIX. Fig. 4. Das parasitische, geschlechtseife Weibchen. Nach dem Leben. rs, Re- ceptaculum seminis. Fig. 2. Querschnitt durch die Leibesmitte. Sublimat, Boraxkarmin. Fig. 3. Querschnitt durch das Vorderende. Chromosmiumessigsäure, Safranin. Fig. 4. Cuticula mit Spuren des Ektoderms. Längsschnitt. Sublimat, Anilin- blue-black. bsm, Basalmembran. Fig. 5. Stück einer Medianlinie und der anliegenden Muskelfelder. Flächen- ansicht. Fig. 6. Das blinde Ende des Ovariums. kl, Keimlager; ncl, Kerne des Plasma- belags. Fig. 7. Ein Stück der Keimsäule, aus seiner Röhre hervorgezogen. rh, Rhachis. Fig. 8. Dessgleichen aus einem späteren Theile des Ovariums. Fig. 9. Receptaculum seminis. Optischer Schnitt. ov, Ei, im Begriff in das Receptaculum einzutreten. 2’, Zotten der ersten, 2”, der zweiten Ventilvorrichtung;; cs, innerer Cuticularsaum der Zotten; sp, Sperma. Fig. 40. Geschlechtsöffnung. Medianschnitt. Sublimat, Boraxkarmin. z, Ute- ruszotten; cs, Cuticularsaum derselben. Fig. 14—15 nach dem Leben. Fig. 41. Bildung des zweiten Richtungskörpers. rk’, der erste Richtungskörper; eih, Eihaut; dh, Dotterhaut. Die drei Abschnitte der hellen Säule sind der Reihe nach: zweiter Richtungskörper, weiblicher Pronucleus, männlicher Pronucleus. Vgl. Fig. 46. Fig. 42. Ei mit den beiden Pronuclei. dh, Dotterhaut, jetzt abgestoßen. Fig. 13. Verschmelzung der Pronuclei. Vgl. Fig. 17. Fig. 44. Kernspindel und Centrosomen. Vgl. Fig. 19 und 20. Fig. 15. Ei kurz nach der Durchschnürung. Vgl. Fig. 21. Fig. 46—22 Kerntheilung und Furchung nach Schnittpräparaten, und zwar m — | [a | | Bradynema rigidum v. Sieb. 745 Fig. 16—48, 24, 22 nach Chromosmiumessigsäure-Safranin-, Fig. 49 und 20 nach Sublimat-Boraxkarminbehandlung. Fig. 16. Bildung des zweiten Richtungskörpers. m.pn, männlicher Pronucleus. Fig. 47, 48. Copulation der Pronuclei. Fig. 19, 20. Kernspindel mit Äquatorial- resp. zwei Tochterplatten ; Außen- wand der Eier dunkel gefärbt. apl, Archoplasma. Fig. 24. Ei kurz nach der Durchschnürung. Die Kerne enthalten noch je zwei quergestellte Nucleoli. Fig. 22. Stadiunı mit vier Furchungskugeln. Die vorderste, die sich zunächst allein theilen wird, zeigt im Kern zwei Nucleoli. Vgl. Fig. 34. Tafel XXX. Fig. 23>—47 sind Kontourzeichnungen nach dem Leben. Die beiden Richtungs- körper sowie die Dotterhaut sind weggelassen. Bei allen Profilzeichnungen ist die Rückenseite des Eies nach links, die Bauchseite nach rechts gewendet. Fig. 23, Stadium II. enimes, die hintere, dem primären Entoderm ent- sprechende Furchungskugel. Fig. 24, 25. Übergang zu Stadium IV. Fig. 26. Das reguläre Stadium IV. Fig. 27. Verschiebung während der Theilung der Ektodermkugel. Fig. 28—30. Drei auf diese Weise entstandene Modifikationen des Stadium IV. Fig. 34. Theilung der vordersten Kugel (ekt2) des regulären Stadium IV. Fig. 32 —36. Fünf verschiedene Formen des Stadium V. Am häufigsten finden sich die in Fig. 33 und 36 dargestellten. Fig, 37. Theilung der vordersten Ektodermkugel (ekt3) eines Stadium V, und zwar des in Fig. 33 dargestellten. Fig. 38. Das Stadium VI. Wird von sämmtlichen Eiern durchlaufen. Fig. 39. Mediantheilung der beiden von der Entomesodermkugel abstammen- den und bisher als ent und mes bezeichneten Blastomeren. Fig, 40. Dasselbe Ei von vorn gesehen. Fig. 41. Das vollendete Stadium VIII von vorn gesehen. Die Anordnung der drei vorderen Ektodermkugeln wird von jetzt an unregelmäßig. Fig, 43. Stadium VIII von hinten (vom Rücken) gesehen. Fig. 43. Dessgleichen die unterste Ektodermzelle (ekt!) theilt sich. Fig. 44, Stadium IX von vorn gesehen. Fig. 45. Gastrula von hinten gesehen. Fig. 46 u. 47 (auf Taf. XX XI), fernere Umwachsungsstadien. Profilansichten, Tafel XXXI. Fig. 47. Siehe Fig. 46 auf Taf. XXX. Fig. 48—52. Wachsthum und Gestaltveränderungen des Embryo innerhalb der Eischale. Nach dem Leben. Fig. 48. Entspricht ungefähr Fig. 47. Fig. 49. Das Mesoderm beginnt an Kopf und Bauch durchscheinende, helle Partien zu bilden, Die Mundhöhle senkt sich ein. Die Genitalanlage wird sichtbar. Fig. 50, 54. Krümmung des Schwanzendes. An der Stelle des Protostomver- schlusses beginnt der Exkretionsporus sich zu bilden. Fig. 52. Der zum Ausschlüpfen bereite Embryo. Fig, 53—70, Längs- und Querschnitte durch Embryonen nach Sublimat- Boraxkarminpräparaten. Alle sind schematisirt, besonders sind die Zellgrenzen in 746 0, zur Strassen, Wirklichkeit nicht oder doch viel weniger deutlich erkennbar als hier dargestellt wurde. Gr Fig. 53—58 Medianschnitte. Rücken links, Bauch rechts. Fig. 53. Gastrula, entspricht Fig. 46. Fig. 54. Entspricht etwa Fig. 47 u. 48. Beginnende Einstülpung am Protostom. Fig. 55. Mesoderm an der Bauchwand. pr, eingestülptes Protostomrohr. Fig. 56. Siehe Fig. 49. Bildung der Kopfzellenmasse. Die Mundhöhle beginnt sich einzusenken, Genitalanlage sichtbar. Fig. 57. Siehe Fig. 50. n? Nervenzellen? Das Protostomrohr ist verschwun- den, Anlage des ventralen Zellpolsters hinter dem Protostomverschluss. y} Fig. 58. Vgl. Fig. 51. Das Stomadaeum hat sich von der übrigen Kopfmeso- dermmasse gesondert. Der Nervenring (n) ist jetzt deutlich erkennbar. Bildung der Schwanzmesodermmasse. Fig. 59. Frontalschnitt durch dieselbe Entwicklungsstufe wie Fig. 58. Fig. 60—69. Querschnitte, Rücken oben, Bauch unten. Fig. 60. Entspricht Fig. 46 und 53. Fig. 61. Vgl. Fig. 55. Fig. 62. Vgl. Fig. 56. Leibesmitte. Fig. 63. Das gleiche Stadium. Schnitt durch das Protostom. Fig. 64. Vgl. Fig. 57. Leibesmitte. Fig. 65. Dasselbe Stadium. Kopfende. Fig. 66. Vgl. Fig. 58. Mitte. Fig. 67. Vgl. Fig. 52. Mitte. Fig. 68. Dessgleichen. Schnitt durch das Vorderende des Darmes. Die seit- lichen Mesodermmassen (lm) sehr stark verdickt. Fig. 69. Schnitt durch die Leibesmitte eines ausgeschlüpften Embryo. Fig. 70. Dessgleichen. Frontalschnitt durch den Vorderleib. Fig. 74. Etwas plattgedrückter Embryo nach Einwirkung verdünnter Essig- säure. Vom Rücken gesehen. Man erkennt die Lage des Mesoderms, vorn bereits geschlossen, hinten (Urmesoblasten) noch offen. In der Mitte schimmert der Geni- talkern durch. Fig. 72. Eben ausgeschlüpfter männlicher Embryo. Nach dem Leben. An der Stelle des Protostoms findet sich die Anlage des Ausführungsganges des Exkretions- systems. Fig. 73. Geschlechtsanlage mit Keimzelle (kz), zwei Terminalzellen und einer gemeinsamen Tunica propria. Nach Essigsäurebehandlung. Fig. 74. Hoden eines Männchens zur Zeit des Ausschlüpfens aus dem Uterus. Dessgleichen. Tafel XXXILI. Fig. 75. Junge, eben in die Leibeshöhle des Aphodius eingewanderte Larve. Länge 250 «. Nach Einwirkung von Sublimat-Essigsäure-Alkohol. Kerne des Ekto- derms leicht von den punktirten, runden Mesodermkernen zu unterscheiden. Stoma- daeum und Proctodaeum mit Mesodermkernen. Einzelne Mesodermzellen sind in die Leibeshöhle eingewandert zur Anlage des Mesenchyms. Fig. 76—83. Larven aus der Leibeshöhle des Aphodius. Nach dem Leben ge- zeichnet. Fig. 76—79 Männchen. Fig, 76. Länge 320 u. Bradynema rigidum v. Sieb. 747 Fig. 77. Länge 367 u. Fig. 78. Länge 415 u. Die charakteristische Männchenform. Beginn der Sperma- bildung. Fig. 79. Länge 450 u. Ausgewachsene Form mit reifem Hoden. Fig. 80—83. Indifferente Form resp. Weibchen. Fig. 80. Länge 350 u. Fig. 81. Länge 380 u. Fig. 82. Länge 415 «. Gürtelform. Fig. 83. Länge 480 u. Ausgewachsene Form. Fig. 84. Entspricht ungefähr Fig. 77. Männchen, dessen Hodenende den Mast- darm noch nicht völlig erreicht hat. Seitlich die mesodermale Zellreihe (lzr). h, Hoden. Fig. 85. Siehe auf Tafel XXXII. Fig. 86. Vorderende eines Wurmes von 370 u Länge. Osmium, Safranin. Fig. 87. Seitenfeld und das anliegende, aus Medianlinie und zwei Muskelbän- dern bestehende Medianfeld eines Männchens von 420 u Länge. Durch Zertrümme- rung zu einer Fläche ausgebreitetes Osmium-Safraninpräparat. sp, die scharfe Spalte zwischen Median- und Seitenfeld. ncl, Muskelkern. Fig. 88—92. Querschnitte durch Larven aus der Leibeshöhle des Aphodius. “ Chromosmiumessigsäure, Safranin. Sehr wenig schematisirt. Fig. 88. Entspricht ungefähr Fig. 76 und 80. Leibesmitte. Man sieht die Meso- dermmassen des Bauches und der Seiten, sowie die schwächere der Rückenwand, ferner das Mesenchym in der Leibeshöhle. Fig. 89. Entspricht Fig. 77. Mitte. Die Muskelzellen haben sich am Bauche von der Medianlinie losgelöst. Tafel XXXIL. Fig. 85. Weibchen, Gürtelform. Oberflächenansicht eines Osmiumpräparates Es sind nur die Zellen der Längsreihen mit ihren Querfortsätzen dargestellt. dzr, dorsale Zellenreihe ; vzr, ventrale Zellenreihe; /zr, die im Bereiche des Gürtels er- weiterten und schärfer kontourirten Zellen der rechten Lateralreihe. Fig. 90. Querschnitt durch eine der Fig. 81 entsprechende Larve. Fig. 94. Schnitt durch den Hoden (Ah) eines ausgewachsenen Männchens. Die Muskelbänder haben an der Peripherie die fibrilläre Substanz entwickelt. Fig. 92, Schnitt durch das Vorderende des Darmes bei derselben Form. Die stark verdickten seitlichen Mesodermmassen verschmelzen mit dem Mesoderm des Rückenfeldes. Fig. 93. Hoden eines Männchens von 325 u Länge. Während der Ruheperiode. Osmium-Safranin. zgr, die terminale Zellgruppe. Fig. 94. Hoden eines Thieres von 390 «. Kurz vor der Spermabildung. Wäh- rend der Kerntheilungsperiode. Osmium-Safranin. Am Hinterende Afterdarm und die Anlagen der Ausführungsorgane. Die Cuticula zeigt unter der dunkleren Außen- schicht die halbchitinige Ektodermlage. a, die Stelle des Afters. Fig. 95. Vorderende eines reifen Hodens. Die vordere Terminalzelle hat sich hier in einen Zellhaufen verwandelt, tgr. Fig. 96. Geschlechtsanlage des Weibchens am Ende des parasitischen Lebens. Fig. 97. Eine Jugendform des schmarotzenden Bradynema-Weibchens. Es ist nur der Genitalapparat eingezeichnet. Sublimat-Boraxkarmin. Fig. 98. Querschnitt durch das Vorderende desselben Thieres. Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. Von Ludwig Schmidt, Cand. rer. nat., Hilfsassistent am zoologischen Institute zu Straßburg i/E. Mit Tafel XXXIV und 5 Textfiguren. In den zahlreichen Arbeiten über das Skelettsystem von Amia calva, dem einzigen recenten Vertreter einer in früheren geologischen Epochen sehr zahlreichen Familie der Knochenganoiden, vermisst man überall ein genaueres Eingehen auf den eigenartigen Bau der Wirbel-: säule. Die Autoren lassen es entweder lediglich bei einer Beschreibung der äußeren Verhältnisse bewenden, oder erklären sie in Anlehnung an die Definitionen, welche die Paläontologen für die fossilen Amiaden aufgestellt haben (Bam). Dies erklärt sich aber daraus, dass eine Untersuchung mit Hilfe der neuen Schnittmethode bisher noch von keiner Seite unternommen worden ist. Ich bin desshalb meinem verehrten Lehrer und Chef, Herrn Professor GOETTE, zu Danke verpflichtet, dass er mich zu dieser Unter- suchung veranlasst und durch Überlassung des im hiesigen zoo- logischen Institute vorhandenen Materials von Amia calva die vor- liegende Arbeit ermöglicht hat. Auch sei es mir an dieser Stelle ge- stattet, demselben für das rege Interesse, welches er meiner Arbeit jederzeit entgegenbrachte, sowie für die durch Rath und That ertheilte Unterstützung hiermit öffentlich zu danken. Das Material, welches meiner Bearbeitung zur Vertigune stand, war eine macerirte, getrocknete Wirbelsäule und ein in Alkohol Kon servirtes Exemplar von Amia calva. Die Befunde an dem erstgenannten Objekt waren folgende: die Wirbelsäule zählt 86! diskrete Wirbel; von welchen 39 der Rumpf- und 47 der Caudalregion angehören. ! Es sind dabei die zwei mit der hinteren Schädelpartie verwachsenen Wirbel nicht mit eingerechnet. Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 749 Die beiden vordersten Rumpfwirbel sind schmale Scheiben. Sie lassen sich wegen dieser Modifikation eben so wenig, wie die mit dem Schädel verschmolzenen Wirbel, in einen durchgreifenden Vergleich mit den übrigen Wirbeln setzen. Im Übrigen kennzeichnen sich die Rumpfwirbel durch ihre Länge und durch den Besitz oberer und unterer Bögen. Die oberen Bögen sitzen auf der hinteren Hälfte der Wirbelkörper auf und greifen mit einem kleinen Fortsatz über den folgenden Wirbel hinüber. FraxouE und nach ihm SuurzLor weisen ihnen eine völlig intervertebrale Lage an; nach ihren Abbildungen ruht die Basis eines oberen Bogens zur einen Hälfte auf dem einen ihm eigentlich zugehörigen Wirbelkörper, zur anderen aber auf dem zunächst folgenden, so dass die hintere Kante der Basis mit der vorderen des je folgenden Bogens zusammenstößt. Dies habe ich bei meinem Exemplar nicht finden können; es besteht vielmehr hier ein unverkennbarer Zwischenraum zwischen den ein- zelnen Bogenbasen. Bei der Besprechung des in Alkohol konservirten Stückes werde ich noch Gelegenheit nehmen, Franqur’s Darstellungen einer näheren Kritik zu unterziehen. Obere Dornfortsätze existiren in der Rumpfregion nicht; die beiden Bogenenden verlaufen neben einander her, ohne eine Verschmelzung einzugehen. i Die unteren Bögen sitzen seitlich und etwas nach unten an den Wirbelkörpern an und bestehen aus einem Basalstumpf und einem freien daran artikulirenden Pleuralbogen. Ich schließe mich mit dieser Bezeichnung an die Untersuchungen Gosrrre’s an, wonach die unteren _Wirbelanhänge, welche nach innen von der Leibesmuskulatur liegen, nicht, wie von anderen Autoren geschieht, als Rippen zu bezeichnen sind, sondern als untere Bögen. Die Basalstümpfe sind an dem dritten Rumpfwirbel noch ziemlich kurz, nehmen aber von da bis etwas hinter die Mitte des Rumpfes all- mählich an Länge zu und werden dann wieder stetig kleiner, so dass man dieselben an dem letzten Rumpfwirbel auf einen kleinen Fortsatz redueirt findet. In den Zwischenräumen je zweier auf einander folgender Bogen- basen liegt bei unserem trockenen Skelett jederseits je eine kleine Ver- tiefung des Wirbelkörpers. Es sind schmale mit Geweberesten erfüllte Löcher, welche in ihrer Ausdehnung ungefähr der einer Bogenbasis gleichkommen. Dieselben scheinen, da keiner der Autoren sie auch nur erwähnt, vollständig übersehen worden zu sein. Gerade aber hierin ist mir für die späterhin zu schildernden Ergebnisse ein wichtiger Auf- schluss geworden. 750 Ludwig Schmidt, Die Schwanzwirbelsäule (Fig. 1) setzt sich aus 47 Wirbeln zu- sammen, welche sich vor Allem durch den von den unteren Bögen ge- bildeten Hämalkanal charakterisiren. Abgesehen von dieser charak- teristischen Eigenthümlichkeit, welche sämmtlichen bogentragenden Schwanzwirbeln zukommt, besteht aber sonst eine wesentliche Ver- schiedenheit unter den einzelnen Wirbeln. Nur die vier ersten Schwanzwirbel sind den Rumpfwirbeln mit Ausnahme der Bildung eines unteren Wirbelkanals gleich. Sie tragen ebenfalls obere und untere Bögen und besitzen auch jene dort vorhandenen Vertiefungen jederseits vor den oberen Bogenbasen. Die unteren Bögen zerfallen bei den sieben ersten bogentragenden Wirbeln in zwei Stücke; die Ab- gliederung erfolgt dicht vor der Vereinigung zum unteren Dornfortsatz. Hinter diesen soeben geschilderten Anfangswirbeln der Schwanz- wirbelsäule alterniren 16 bogenlose mit 16 bogentragenden Wirbel- scheiben; zur besseren Unterscheidung dieser beiden Wirbelformen will ich die bei den Paläontologen dafür gebräuchliche Bezeichnung be- nutzen und nenne demgemäß den Wirbel ohne Bogen Centrum, den bogentragenden Intercentrum. Von diesen beiden Stücken ist das Centrum stets das vordere, das Intercentrum das hintere. Äußerlich fallen beide Theile durch ihre sehr geringe Länge auf; zwei nehmen ungefähr den Raum eines der ersten Schwanzwirbel oder eines Rumpf- wirbels ein. Das Centrum entbehrt, wie erwähnt, oberer und unterer Bögen, zeigt indessen sonst eine durchaus wirbelähnliche Gestalt. Genau an den Stellen, wo man die Bögen vermisst, bemerkt man Vertiefungen | (Fig. 10 v), ihrem Aussehen nach mit jenen bei der Besprechung dur Dorsalwirbel geschilderten Gebilden völlig übereinstimmend. Die Intercentren tragen obere und untere Bögen, deren Basen sich über die ganze Fläche des Körpers erstrecken und dokumentiren sich in allen Stücken als echte Wirbel. Im Schwanzende finden sich zahlreiche Unregelmäßigkeiten; so besitzt der 37. Wirbel nur obere, der 38. nur untere Bögen. Der 39. ist auffallend länger als die übrigen und trägt obere Bögen auf seiner vorderen, untere auf seiner hinteren Hälfte. Während fernerhin der 40. Wirbel nur obere Bögen aufweist, sehen wir den 41. ungewöhnlich lang und im Besitze von zwei oberen und zwei unteren Bogenpaaren. Der 42. Wirbel hat hinwiederum nur untere Bögen. Die sechs letzten Schwanzwirbel bieten nichts Bemerkenswerthes. Eine genauere Unter- suchung der geschilderten Wirbel ergab, dass bei dem 37. Wirbel an der Stelle, wo die unteren Bögen fehlen, zwei Vertiefungen vorhanden sind, und eben so bei dem 38. an der Stelle der fehlenden oberen Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 751 Bögen. Der auf diesen folgende, durch seine Länge imponirende Wirbel trägt hinter den oberen Bögen gleichfalls derartige Vertiefungen. Auch am 40. und 42. Wirbel sind an Stelle der je fehlenden Bögen jene Gruben zu konstatiren. Es lässt sich somit für das Schwanzende die Thatsache aussprechen, dass an trockenen Skeletten bei dem jeweiligen Mangel von Bogenelementen stets an deren Stelle jene Vertiefungen anzutreffen sind. So weit die Betrachtung der macerirten Wirbelsäule. Die Unter- suchung des Spiritusexemplars sollte mir, da bei dem erstbeschrie- benen Objekt durch die Maceration und nachherige Trocknung eine Verlagerung der Elemente und in Folge dessen eine falsche Deutung nicht ausgeschlossen war, nicht nur zur Kontrolle jener äußeren Be- funde dienen, sondern mir auch durch mikroskopische Untersuchung eine Erklärung speciell der Wirbelelemente des Schwanzes ermöglichen. In der Rumpfregion dieses zweiten Untersuchungsobjektes ent- fällt normal auf ein Muskelsegment auch ein einziger Wirbelkörper; dagegen kommen in einer bestimmten Region des Schwanzes immer zwei der Wirbelscheiben, welche ich oben als Gentrum und Inter- centrum unterschieden habe, auf ein Myomer; und zwar in der Weise, dass das bogenlose Centrum der vordere, das Intercentrum der hintere Theil ist. Die Wirbel des Rumpfes stimmen in ihrer Gestalt, im Ansitzen der Pleuralbögen, überhaupt in allen wesentlichen Punkten mit den- jenigen des vorher geschilderten Skelettes überein. Hervorzuheben ist jedoch, dass vor der Basis der oberen Bögen beiderseits ein kleiner mäßig vorragender Knorpel sitzt. Derselbe ist mit ziemlich breiter Basis in den Wirbelkörper eingelassen und läuft nach oben in eine stumpfe Spitze aus. Die macerirte Wirbelsäule trug an dieser Stelle jene kleinen Vertiefungen, in welchen als vertrocknete Gewebereste noch Spuren des Knorpels vorhanden waren. Der Knorpel sitzt gerade in der Lücke zwischen den beiden Bogenbasen; er erscheint demnach wie eine Fortsetzung der hinteren Kante des vorhergehenden Bogens. Da man die Trennungsfläche zwischen diesem Knorpel und den Bogen- basen erst an Schnitten deutlich erkennt, so mag FrAngQuz, welcher derartige Untersuchungsmethoden nicht anwendete, und in Folge dessen die vorliegenden Verhältnisse nicht erkennen konnte, zu der fälsch- lichen Vermuthung gekommen sein, dass die Bogenbasen je zweier hinter einander stehender oberer Bögen mit einander zusammenstoßen. Die Annahme einer intervertebralen Stellung der oberen Bögen, wie sie Franogur für Amia angiebt, erscheint also nach meinen Befunden völlig ungerechtfertigt. Ich will 792 | Lndwig Schmidt, hier gleich vorwegnehmend bemerken, dass das kleine Knorpelstück im Verlaufe meiner Untersuchung sich als ein Bogenrudiment heraus- gestellt hat. Bei der Beschreibung des trockenen Skelettes habe ich be- reits hervorgehoben, dass von der hinteren Kante eines Bogens ein kleiner Fortsatz entspringt. Dieser schiebt sich nun zwar über das Knorpelrudiment etwas hinaus; man dürfte aber in diesem Falle höchstens von einem gegenseitigen Überlagern von Bogentheilen reden. Die Schwanzwirbelsäule (Fig. 3) zeigt dem erstbetrachteten Amia- skelett gegenüber einige Verschiedenheiten. So ist die Zahl der den Rumpfwirbeln ähnlichen Wirbel hier größer als dort; es finden sich im Anfange des Schwanzes sechs breite mit oberen und unteren Bögen versehene Wirbel. Jeder derselben trägt, wie die Rumpfwirbel, von den oberen Bogenbasen kleine Knorpelstückchen; sie differiren über- haupt nur durch die für die Schwanzwirbel typische Bildung des unteren Wirbelkanals. Mit dem siebenten Wirbel beginnt das Alterniren von Centrum und Intercentrum. Dieselben zeichnen sich auch in diesem Falle im Verhältnis zu den Rumpfwirbeln durch ihre geringe Länge aus; ihre Zahl ist aber etwas geringer, sie beträgt nur je 14. Während die Inter- centren keine Besonderheiten bieten, so dass ich bloß auf die obigen Schilderungen verweise, zeigen die Gentren ihrerseits die interessante Eigenthümlichkeit, dass an Stelle der fachen Gruben, welche ich am ersten. Skelett vorfand, hier ebenfalls Knorpelstückchen liegen, also genau an der Stelle, wo man die Bögen vermisst. Besondere Erwähnung verdient folgende Eigenthümlichkeit. Bald nach Beginn des Alternirens von Centrum und Intercentrum liegt ein längerer, seiner Eigenschaften wegen als normal zu bezeichnender Wirbel. Derselbe hat alle wesentlichen Befunde mit den ersten Caudal- wirbeln gemeinsam und entspricht auch einem Muskelsegment. Da diesem Wirbel ein Gentrum nachfolgt, so nimmt er gerade den Platz eines Gentrums und Intercentrums ein. Wie bei dem macerirten Stück sind auch hier die Verhältnisse in der hinteren Schwanzpartie ziemlich verwickelt. Einige der Wirbel tragen nur obere, andere nur untere Bögen, manche wieder beides; einer besitzt sogar zwei obere Bogenpaare und ein unteres. Es mag genügen auf diese Besonderheiten nur hinzuweisen, nachdem ich früher bei dem anderen Objekte genauer darauf eingegangen bin. In allen Fällen aber, wo wir einen Mangel von Bögen zu ver- zeichnen haben, findet sich statt dessen ein kleiner Knorpel, welcher an der Insertionsstelle der fehlenden Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 753 Bögen in den Wirbel eingelassen nur unbedeutend über das Niveau des Wirbelkörpers hinausragt. Dies sind die makroskopischen Befunde beider Untersuchungs- stücke. Es erübrigte nun, mit Hilfe der Schnittmethode diese eigenthtim- lichen Verhältnisse näher zu studiren. Zunächst kam es darauf an, über das Centrum und Intercentrum der Schwanzwirbelsäule Klarheit zu gewinnen. Zu diesem Zwecke wurden etwa aus der Mitte der Caudal- region, wo das Alterniren der zwei Wirbelscheiben ganz regelmäßig vor sich geht, ein Centrum und ein Intercentrum im Zusammenhange entnommen, beide einem und demselben Myomer angehörig, um nach Entkalkung! dieselben in Schnitte zu zerlegen. Die mittels Paraffineinbettung verfertigten Medianschnitte zeigten, dass Centrum wie Intercentrum (Fig. %) die gewöhnliche, sanduhrför- mige (amphicöle) Wirbelgestalt besitzen, mit vertebral eingeschnürter, intervertebral persistirender Chorda. Auf den Sagittalschnitten trugen beide an ihren oberen und unteren Enden Knorpelstücke, von denen dasjenige am Intercentrum das größere war. Die Knorpel des Inter- centrums waren offenbar die knorpeligen Bogenbasen, während die- jenigen des Centrums jene bei der makroskopischen Beschreibung be- reits hervorgehobenen Gewebereste resp. Knorpelrudimente darstellten, welche stets an Stelle der oberen und unteren Bogenbasen sich nach- weisen ließen. Die Querschnitte durch die Mitte der zwei Wirbel- körper lieferten folgende Resultate. Den Mittelpunkt nimmt die Chorda ein, welche von einer gleichmäßig starken Cuticularscheide umgeben wird. Der übrige Theil des Wirbelkörpers ist verknöchert; und zwar besteht er aus mehr oder weniger unregelmäßig verlaufenden Knochen- lamellen, während die Höhlungen zwischen denselben mit einer Fett- masse erfüllt sind. In diesem knöchernen Maschenwerk lassen sich die Basen der oberen und unteren Bögen an der Art der Verknöcherung deutlich erkennen. Sie reichen bis in die Nähe der Cuticularscheide der Chorda hinab, bleiben aber von dieser durch eine besondere knöcherne Zone getrennt, welche die Cuticularscheide ringförmig um- zieht. Amia calva besitzt somit denselben Wirbelaufbau, wie wir ihn von manchen Teleostiern kennen. Der sekundäre Wirbelkörper wird auch hier gebildet durch die Verknöcherung der Bogenbasen und des zwischen diesen liegenden Bindegewebes. Jene besondere knöcherne 1 Die Entkalkung geschah nach SEILER mit einer Mischung von 70 Raumtheilen A0/oiger Chromsäure, drei Raumtheilen Salpetersäure und 200 Raumtheilen Wasser. Das verhältnismäßig große Objekt war damit in drei bis vier Tagen genügend ent- kalkt. 754 Ludwig Schmidt, Zone, welche oben als unmittelbarer äußerer Belag der Guticularscheide erwähnt wurde, dürfte vielleicht als die selbständig verknöcherte äußere zellige Chordascheide aufzufassen sein. Für die Teleostier (Esox) hat GorrtE unzweifelhaft das Vorhandensein einer äußeren zelligen Scheide nachgewiesen. Es ist aber wegen der nahen Verwandtschaft von Amia zu den Teleostiern zu vermuthen, dass auch hier ähnliche Verhältnisse vorliegen. Diesen soeben geschilderten Wirbelbau zeigen Cenirum und Intercentrum in vollständig gleicher Weise; es ergiebt sich daraus der Schluss, dass sie beide echte Wirbel sind. Der Unter- schied zwischen ihnen besteht einzig und allein in der Ausbildung der Bögen, welche am Gentrum rudimentär bleiben und äußerlich nur als jene geringen knorpeligen Erhebungen zu erkennen sind. Wie ich oben aus einander gesetzt habe, fehlen einer Reihe von Wirbeln des Schwanzendes theils die oberen, theils die unteren Bögen, theils auch beide. Es ist aber der Nachweis gelungen, dass die an ihrer Stelle stets vorhandenen Knorpel ebenfalls Bogenrudimente sind; man kann füglich für dieSchwanzwirbel von Amia calva, abge- sehen vondeninihrer Zahlschwankenden Vollwirbeln am Anfange desSchwanzes, keineswegs von einem Fehlen, sondern nur von einem Unentwickeltbleiben der Bögen reden. An der macerirten Wirbelsäule stellten sich die rudimentären Bögen als mit Geweberesten erfüllte Vertiefungen dar; es kommt dies daher, dass die im Wirbelkörper steckende Bogenbasis nicht ganz bis zur Peripherie des Körpers verknöchert, sondern zum Theil noch knor- pelig bleibt. Die Vertiefungen erklären sich durch eine Schrumpfung des Knorpels, welche in Folge des Trocknens des Skelettes eintrat. Ich habe oben bereits eines Wirbels des Schwanzes besondere Er- wähnung gethan; es ist dies, von vorn gezählt, der neunte Wirbel von Fig. 3. Seiner Lage nach ersetzt er, wie gesagt, gerade ein Gentrum und ein Intercentrum, und gleicht äußerlich vollkommen den ersten Caudalwirbeln. Aus den Frontalschnitten dieses Wirbels (Fig. 8) geht nun hervor, dass er ein Verwachsungsprodukt von zwei Wirbeln ist. Denn intravertebral liegen noch deutliche Reste der früheren inter- vertebralen Höhle zwischen den beiden Theilstücken, in diesem Falle unzweifelhaft eines Gentrums und eines Intercentrums. Ferner sind auf einigen durch die Region der oberen Bogenbasen gegangenen Schnitten (Fig. 9) die Anlagen von zwei oberen Bogenpaaren zu er- kennen, von welchen nur das hintere zur Entwicklung gelangt ist, während das Rudiment des vorderen aus zwei kleinen, mäßig vor- springenden Knorpeln besteht. Der erhaltene obere Bogen ist also der ursprüngliche Bogen des hinteren der zwei verwachsenen Wirbel, Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 755 während der vordere Wirbel nur noch in jenem oberen Bogenrudiment kenntlich geblieben ist. Von den unteren Bögen ist keine Spur er- halten. Dieser Verwachsungswirbel ist aber weiterhin eine überaus gün- stige Grundlage zu einer Erklärung der Rumpfwirbel und Anfangs- wirbel des Schwanzes. Insbesondere ist die an Wirbel 9 festgestellte Thatsache, wonach der kleine Knorpel vor den oberen Bogenbasen als Rudiment eines oberen Bogens anzusehen ist, geeignet, auf die genannten Wirbel angewendet zu werden. Wenn wir äußerlich den Doppelwirbel mit den Rumpfwirbeln und ersten Schwanzwirbeln ver- gleichen, so vermögen wir schon eine völlige Übereinstimmung in allen Einzelheiten festzustellen. Gestalt des Wirbelkörpers, der Wirbelan- hänge, und ferner die Lage jenes rudimentären Knorpels ist in beiden Fällen eine durchaus gleiche. Diese fast schon entscheidenden Gründe für eine Homologisirung der einzelnen Stücke der beiden Vergleichs- objekte fanden ihre volle Bestätigung an Schnitten von Rumpfwirbeln. Auch hier lassen die Frontalschnitte stets die Anlage zweier oberen Bogenpaare klar erkennen; es ergiebt sich in allen Fällen das in Fig. 9 dargestellte Bild. Von irgend einem Rest einer intervertebralen Höhle im Inneren der Dorsalwirbel und auch der ersten Gaudalwirbel war allerdings nichts zu entdecken; doch scheint mir dies nicht von Belang zu sein, da, wie späterhin erörtert werden soll, es mit dem ganzen Ent- wicklungsgang der Wirbelsäule von Amia calva gut übereinstimmt, dass die Zeichen der Verwachsung gerade im Rumpfe früher schwinden. Ich stehe also nicht an, in Bezug auf die Rumpfwirbel und auch die normalen Wirbel im Anfange der Gaudalregion zu behaupten, dass auch hier das kleine Knorpelstück vor den oberen Bogenbasen das Rudiment eines oberen Bogens ist, und dass hieraus wie für Wirbel 9 der Schwanzwirbelsäule alle weiteren Konsequenzen gezogen werden können. Das besagt: Sämmtliche Wirbel vor den konstant alternirenden Gentren und Intercentren sind als Ver- sehmelzung zweier Wirbel aufzufassen. Ursprünglich hat Amia in jedem Segment eine doppelte Wirbelanlage be- sessen; diesehat sichabernurim Schwanze, und auch da nur in einer beschränkten Region erhalten; sie istsogar im Rückgange begriffen, wie das Rudimentärwerden der Bögen beweist. Diese Reduktion des je vorderen segmentalen Theilwirbels stimmt andererseits durchaus mit der Erhaltung eines Rudimentes eines vorderen oberen Bogens bei den Rumpfwirbeln un. Wirbeln des Schwanzanfanges überein. Das starke Variiren in der Zahl der »Vollwirbel« des Schwanzes, wie ich die fertigen Verwach- Zeitschrift t. wissensch. Zoologie. LIV. Bd. 49 756 Ludwig Schmidt, sungsprodukte nennen möchte, sowie jene gelegentlich vorkommende Verschmelzung wie im Wirbel 9 von Fig. 3, machen es zum mindesten. wahrscheinlich, dass die Verschmelzung der Theilwirbel (Centrum und Intercentrum) zur einheitlichen Wirbelbil- dunginfortschreitender Entwicklung begriffen ist. Fassen wir diese allmähliche Wandlung im Bau der Amia-Wirbelsäule ins Auge, so erscheint es gewissermaßen als verständliches Ergebnis des Entwicklungsganges, dass bei den Dorsalwirbeln und bereits ver- schmolzenen Schwanzwirbeln als letzte Spur der Verschmelzung das Rudiment eines oberen Bogens angetroffen wird, während von einem Rest einer intervertebralen Höhle keine Spur mehr vorhanden ist. Die Verschmelzung im Wirbel 9 (Fig. 3) geschah außerhalb der Entwick- lungsreihe, welche von vorn nach hinten zu in der Wirbelsäule fort- schreitet. Die Vereinigung war zu jung, als dass älle Spuren der früheren Trennung’im Inneren des Wirbels hätten unterdrückt bleiben können. An den übrigen Vollwirbeln haben sich im Laufe der phylo- genetischen Entwicklung die Spuren der früheren Doppelwirbelanlage. bis auf.die Erhaltung eines oberen Bogenrudimentes verwischt,. was um so verständlicher wird, als den paläontologischen Befunden zufolge der Beginn der Umbildung der Amiadenwirbelsäule sehr weit zeitlich zurückzuliegen scheint. Diese Wirbelverdöppelung steht nicht ver-. einzelt da. So.bietet Scyllium ganz ähnliche Verhältnisse wie Amia calva. Goertz schreibt hierüber!: »Ich finde dagegen im Schwanze von Seyllium doppelt so viele vollständige Wirbel als Ganglien und Muskel- segmente. Dass diese merkwürdige Erscheinung aus einer nachträg- lieben Theilung hervorgehe, muss ich bezweifeln, weil alsdann die: Bögen, Intercalarknorpel und diskreten Dornfortsatzanlagen sich nicht einfach neben einander verdoppeln, sondern auf unbegreifliche Weise alternirend stehen müssten.« Es:liegt bei Scyllium eine echte Wirbel- verdoppelung vor, welche sich wesentlich auf den Sehwanz und den hinteren Abschnitt des Rumpfes beschränkt. Jeder der zwei Wirbel besitzt Bogentheile und Intercalaria. Ob aber hier von einer Homo- logisirung mit. Amia die Rede sein kann, ist bis jetzt noch nicht zu. entscheiden. Einerseits ist in der vorderen Körperregion von Seyllium nichts von einer Verschmelzung zu sehen; andererseits liegen noch keine ‚Beobachtungen über das Verhalten der Spinalganglien zu den’ Wirbelkörpern von Amia vor. An meinem Objekte war der schlechten Konservirung wegen eine dahingehende Untersuchung nicht durch- führbar. Chimaera monstrosa besitzt ebenfalls eigenthümliche Ver- I. Goertte, Entwicklungsgeschichte der Unke. p. 418. Leipzig 1875. Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 11T hältnisse in seiner Wirbelsäule, welche vielleicht auch als Verdoppe- lungen zu deuten sind. Die Wirbelkörper sind hier derartig reducirt, dass sie nur schwache Inkrustationen des die Chorda umgebenden Bindegewebes bilden, während die Bögen intakt geblieben sind. Von diesen Knochenringen kommen drei bis vier auf einen Bogen. Es ist indess sehr fraglich, ob auch thatsächlich jeder der Knochenringe einem Wirbelkörperrudiment entspricht. Hassz! äußert sich im Allgemeinen über diese Wirbelverdoppelungen folgendermaßen: »Dieser Zustand wird demnach als der primäre anzusehen sein, und es würde sich dann der Entwicklungsgang dieser festen Skeletttheile dahin ausdrücken lassen, dass man sagt, dass ursprünglich auf ein Segment der Wirbel- säule mehrere feste Skeletttheile (Wirbelbogen, Intercalaria, Wirbel- körper) fielen, und man wird diesen Zustand passend mit Poly- und ‚Diplospondylie bezeichnen können. Allmählich macht dann dieser dem Verhalten Platz, wobei auf ein Segment der Wirbelsäule ein Bogen und ein Wirbelkörper kommt (Monospondylie).«e Es fehlt uns aber jede Vorstellung, wie die Doppelwirbel der Selachier in einfache über- singen; Amia calva dagegen zeigt diesen Übergang vermittels fort- schreitender Verschmelzung in unver kennbarer Weise. Es erübrigt noch, auf Eigenthümlichkeiten einzugehen, welche beide von mir untersuchte Wirbelsäulen aufweisen. Dieselben zeigen nämlich beide gegen ihr Ende zu je eine abnorme Verschmelzung, in- dem ein Intereentrum mit dem im folgenden Segment gelegenen Gen- trum zu einem Einheitswirbel verschmolzen ist. Ich betrachte dies als eine Unregelmäßigkeit, welche im Übrigen das Ergebnis meiner ‚Untersuchung keineswegs beeinflusst. Solche Verwachsungen von Wirbeln sind bei Teleostiern und auch bei Amphibien gelegentlich ‚beobachtet worden. Auch ein mir erst beim Abschluss meiner Arbeit von Herrn Professor Dr. Döperrein, dem Direktor des hiesigen Museums, freundlichst zur Verfügung gestelltes Amiaskelett besitzt im Anfange des Schwanzes einen auffallend langen Wirbel mit zwei oberen und zwei unteren Bogenpaaren, welcher offenbar aus der Verschmelzung zweier Vollwirbel hervorgegangen ist. | | Die an der Wirbelsäule von Amia calva gewonnenen neuen Be- funde lassen sich jetzt dazu verwerthen, um die Wirbelsäule einiger fossiler Ganoiden zu erläutern. Es ist zwar nicht gelungen, einen all- gemeinen Gesichtspunkt zu finden, nach welchem man die höchst ver- wickelten Verhältnisse verstehen könnte. Indess dürften diese Unter- suchungen geeignet sein, wenigstens für eine Reihe von Formen den ; 1 Hasse, Das natürliche System der Elasmobranchier. p. 21. Jena 1879. 49* 758 Ludwig Schmidt, Ausgangspunkt einer von der bisherigen Deutung verschiedenen Er- klärung abzugeben. Die Wirbel der fossilen Wirbelthiere überhaupt bieten eine drei- fache Form der Ausbildung dar: 1) Es können die einzelnen Wirbel vollständig normal und ein- heitlich entwickelt sein und einem Myomer entsprechen. 2) Der Wirbel eines Segmentes ist nicht einheitlich, sondern be- steht aus einer Anzahl besonders ossifieirender Stücke, deren Zugehörig- keit nicht klar ist. 3) Jedes Segment enthält zwei Wirbelscheiben, deren hintere allein Bögen trägt. Es interessiren in unserem Falle nur die zwei letzten Formen. Der Wirbeltypus unter Nr. 3 ist derjenige, welchen wir in der Schwanz- region von Amia kennen gelernt haben. Zwei Wirbelscheiben fallen stets auf ein Segment; die hintere fungirt allein als Bogenträger. Man spricht in diesem Falle von einem embolomeren Typus. Der unter Nr. 2 gekennzeichnete Wirbel setzt sich aus 3 — 5 Knochenstücken zusammen. Ventral liegt ein unpaares, seitlich aufgebogenes Stück, das Intercen- trum (Cops), oder Hypocentrum (Gaupry); ferner liegen jederseits je ein oder je zwei keilförmig nach unten zugespitzte Seitenplatten (Pleuro- centren), welche Träger der oberen Bögen sind. Diese Wirbelform, welche die rhachitome genannt wird, findet sich bei zahlreichen Stego- cephalen (Archegosaurus), sowie bei gewissen Ganoiden, und wird von den Paläontologen so aufgefasst, dass die Verknöcherung der einzelnen Theile des Wirbelkörpers selbständig geschieht, und eine Verschmel- zung derselben unterbleibt. Das ventrale Intercentrum soll das proxi- male Ende der unteren Bögen sein. Man kennt ferner noch andere Formen, welche sich dureh weiteres Auswachsen der Wirbelelemente des rhachitomen Typus entstanden denken lassen. Dadurch nämlich, dass beide Keile nach unten ‚resp. oben sich ausdehnen, resultiren schließlich abgestumpft kegelförmige Gebilde; und derartige Zustände sind es, welche als Zwischenglieder vom rhachitomen zum embolomeren Typus hinüberleiten sollen. Es wäre also eine Umbildung in der Weise anzunehmen, dass die abge- stumpft kegelförmigen Stücke durch fortschreitendes Auswachsen an den schmäleren Enden endlich in zwei plane, völlig gleich gebildete Scheiben übergehen. Die hintere Scheibe wird dabei alleiniger Bogen- träger. Dass beide Knochenringe amphicöle Gestalt annehmen, sieht man dabei als Besonderheit der Ossifikation an und bezeichnet sie nach Verrer als »falsche Hohlwirbel« (Zırıeı, Handb. d. Paläont.). Diese Anschauungsweise überträgt man nun auch auf die recente Amia calva. Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 759 Gentrum und Intercentrum sind dieser Anschauung zufolge Theilstücke eines und desselben Wirbels. Baur!, welcher die Wirbelsäule von Amia calva einer näheren Untersuchung unterzogen hat, hält sich bei seinen Erklärungsversuchen vollständig an die Definitionen der Paläon- tologen. Er geht davon aus, dass das Intercentrum die Basis der unte- ren Bögen ist, und schließt hieraus bezüglich der Rumpfwirbel, dass der seitliche, untere Fortsatz des Wirbelkörpers, d. h. der Basalstumpf, als Intercentrum anzusehen ist. Im Verlaufe der Wirbelsäule nach dem Schwanze zu wird dieser Fortsatz stetig kleiner und ist an den ersten Gaudalwirbeln nicht mehr sichtbar. Die Basis der unteren Bögen rückt demnach in den Wirbelkörper selbst hinein und bildet gewisser- maßen die hintere, untere Hälfte eines Wirbelkörpers. Dann findet nach einer Reihe von ganzen Schwanzwirbeln eine plötzliche Ablösung dieser Basaltheile statt und es resultirt das sogenannte embolomere Verhalten. Nach Baur ist also das Intercentrum der Schwanzwirbelsäule das Homologon des Basalstumpfes der unteren Bögen. Baur lässt dabei die Eigenthümlichkeit ganz unberücksichtigt, dass die Trennungsnaht zwischen Wirbelkörper und Intercentrum senkrecht von oben nach unten zieht, und dass sogar die oberen Bögen ausschließlich dem Inter- centrum aufsitzen. Dieser Umstand dürfte aber an und für sich schon genügen, die Annahme Baur’'s mindestens als fraglich erscheinen zu lassen, dass das getrennte Intercentrum der Schwanzwirbelsäule ledig- lich die Basis der unteren Bögen ist. Nach meinen Befunden an Amia sind Gentrum und Intercen- ! Baur lässt sich über die Wirbelsäule von Amia folgendermaßen aus: »If we carefully examine the skeleton of Amia, one of the living Ganoids of this con- tinent, we observe the following: All the centra of the dorsal vertebrae consist of one piece, the posterior part of which shows on each side a process where the ribs are articulated. The same condition is to be seen in the first caudals. From the forty-fourth vertebra a change is beginning. This and the following vertebra con- sists of two parts, — an anterior disk and a posterior one. The anterior represents the centrum proper, the posterior the so-called intercentrum. Palaeontology has shown that in some fishes allied to Amia all the vertebrae show the characters of the caudals of that form; and I do not doubt, that we will find in young specimens of Amia the dorsal vertebrae divided by a suture separating a vertebra in the an- terior centrum proper and the posterior intercentrum. In all the dorsal vertebrae the rib is connected with a process of the posterior parts of the centrum, — that is the intercentrum. In the posterior dorsals these processes become smaller, but the ribs are always connected with them. From the thirty-sixth vertebra the ribs unite below. The processes begin to dissappear and the ribs are now articulated with the free intercentrum.« G. Baur, On the Morphology of ribs. The American Naturaliste and illustrated Magazine of Natural History. Vol. XXI. 1887, e 760 Ye Ludwig Schmidt, trum nicht als bloße Theilstücke eines und desselben Wir- belkörpers anzusehen, sondern wirhaben es thatsächlich mit zwei echten, bis auf die Modifikation der Bögen des Centrums durchaus gleichwerthigen Wirbeln zu thun. Die Rumpfwirbelund ferner noch eine unbestimmte An- zahl von Wirbeln im Anfange der Schwanzregion sind durch Verschmelzung je zweier ebensolcher Wirbel, wie Gentrum und Intercentrum, gebildet. Wenn wir daher, wie Baur vermuthet, bei jungen Exemplaren von Amia die Dorsal- wirbel durch eine Naht getrennt finden sollten, so würden wir darin keineswegs eine Trennung in Wirbelkörperelemente, Centrum und Basis der unteren Bögen, zu erblicken haben. Wir hätten vielmehr darin eine worübergehende, nur embryonal bestehende Doppelwirbelanlagein jedem Segment zu erkennen. Die Wirbelsäule der fossilen Amiaden ist theils ähnlich der von Amia calva gebaut, theils aber auch aus Centren und Intercentren oder rhachitomen Wirbeln zusammengesetzt. Über das letztere Verhalten dürfte man zwar in nur wenigen Fällen nach den Thatsachen an Amia zu einer wahrscheinlichen Deutung gelangen können; den embolomeren Wirbelbau wird man aber wohl gewiss als Wirbelverdoppelung anzu- sehen haben. Von den Paläontologen wird die Wirbelsäule der fossilen Ganoiden im Anschluss an die Befunde des Stegocephalen- wirbels erklärt, es dürfte aber wohl mit größerer Berechtigung von dem recenten Ganoiden, Amia calva, auszugehen sein. Der im Folgen- den unternommene Versuch, die Entstehung und das Verhalten der Wirbelsäule bei den fossilen Ganoiden verständlich zu machen, kann naturgemäß lediglich in Form einer hypothetischen Aufstellung erfolgen, deren Werth und Tragweite erst künftige Erfahrungen endgültig ent- scheiden können. Die älteste Form, welche ich hier nenne, ist Eurycormus speciosus, ein Amiade aus dem unteren Lias. Dieser Fisch zeigt in seinem Schwanze (Fig. II) ein typisches embolomeres Verhalten der Wirbel. In seinem Rumpfe (Fig. I) liegt aber der rhachitome Bau vor und zwar in der Weise, dass das größere Intercentrum die oberen und unteren Bögen trägt, während das kleinere Pleurocentrum sich keilförmig zwischen die Intercentren einschiebt. Es erreicht die ventrale Peri- pherie des Wirbelkörpers nicht, sondern bleibt von ihr um ungefähr '/, der ganzen Höhe des Wirbelkörpers entfernt. Eine zweite Species, die hier in Betracht kommen könnte, ist Euthynotus, dem oberen Lias angehörend. Auch hier ist der Bau der Schwanzwirbelsäule ein embolomerer, .der. der Rumpfwirbelsäule Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 761 (Fig. Il) ein rhachitomer. Das Pleurocentrum beschränkt sich aber auf ein sehr kleines dorsales Knochenstückchen, welches an der dorsalen Spitze des Intercentrums liegt und sich unter die oberen Bögen des- selben hineindrängt, so dass beide zusammengenommen ungefähr das Aussehen eines scheibenförmigen Wirbelkörpers haben. Zuletzt führe ich Megalurus an, eine im oberen Jura vorkommende Art. Die Wirbelsäule dieses Thieres ist ähnlich gebaut wie diejenige Fig. I. Fig. II. Eurycormus speciosus. Euthynotus. Fig. 1. Rumpfwirbel, Fig. II. Schwanzwirbel, Fig. III. Rumpfwirbel. plc, Pleurocentrum; ic, Intercentrum (nach Zirrer). von Amia calva. Im Schwanze aber ist sie durchweg embolomer, im Rumpfe dagegen haben wir lange vollkommen verknöcherte Wirbel. Diese drei Formen dürften einen allmählichen Entwicklungsgang bis zu‘ der recenten Amia calva herstellen. Betrachten wir zunächst Megalurus, so lässt sich wohl mit ziemlicher Bestimmtheit sagen, dass dieser Fisch, einer der nächsten Verwandten von Amia, im Schwanze ebenfalls eine Wirbelverdoppelung, im Rumpfe eine Verwachsung be- sitzt. Der Unterschied zwischen Megalurus und Amia besteht darin, dass die Verwachsung der Wirbel sich bei Megalurus ausschließlich auf den Rumpf beschränkt, während man bei Amia stets eine wechselnde Anzahl von Vollwirbeln auch im Anfange des Schwanzes antriflt. Dürfen wir noch weiterhin von Amia aus auf den Bau der Rumpfwirbel« von Megalurus schließen, so wäre wohl auch bei diesem ein Rudiment des redueirten Centrums in Gestalt rudimentärer vorderer oberer Bögen anzunehmen. Megalurus würde aber als früheres Entwicklungs- stadium zu betrachten sein, da wir bei Amia eine theilweise Ausbildung der Vollwirbel auch im Schwanze konstatiren können. ‘ Diezwei anderen Species, Euthynotus und Eurycormus, lassen sich bezüglich ihrer embolomeren Schwanzwirbelsäule mit Amia sehr wohl vergleichen; auch hier dürften Centrum und Intercentrum echte Wirbel sein, welche sich aber wie bei Amia durch das Verhalten ihrer; ' Bögen auszeichnen. Im: Rumpfe findet man in jedem Segment zwei Stücke, ein keilförmiges Pleurocentrum und ein Intereentrum, welches 762 Ludwig Schmidt, jenem gegenüber kräftiger entwickelt ist und auch als eigentlicher Träger der oberen und unteren Bögen fungirt. Aus diesem Grunde scheint die Vermuthung nicht ungerechtfertigt, dass das Intercentrum des Rumpfes demjenigen des Schwanzes homolog ist, dass das erstere demnach als die etwas veränderte hintere Wirbelscheibe eines Seg- mentes anzusehen wäre. Die Pleurocentren aber könnten nach ihrer Lage Reste des Gentrums darstellen. Euthynotus würde nach seinem weitaus stärker reducirten Pleurocentrum (Centrum. im Rumpfe un- mittelbar an Megalurus anschließen, während Eurycormus als Vorstufe zu Euthynotus gedeutet werden müsste. Die geologische Folge wäre eine Bestätigung dieser Auffassung. Der Entwicklungsgang wäre demnach vielleicht folgendermaßen zu verstehen. Aus einer Urform, deren Wirbelsäule durchweg eımnbo- lomer war, gingen weitere Formen aus, bei denen das Centrum des Rumpfes sich zurückbildete, während das Intercentrum sich auf Kosten desselben vergrößerte (Eurycormus, unterer Lias). Im weiteren Verlaufe der Entwicklung reducirte sich das Pleurocentrum so außerordentlich, dass ein verschwindend kleines Rudiment in Gestalt eines konisch nach unten zugespitzten Knochenkörperchens davon übrig blieb; derselbe keilt sich fest in das Intercentrum unter dessen obere Bögen hinein, so dass Intercentrum und Pleurocentrum zusammengenommen einer voll- kommenen Wirbelscheibe gleichen (Euthynotus, oberer Lias). Zuletzt wird die Verschmelzung bei Megalurus (oberer Malm) durchaus voll- zogen. Die Wirbel des Rumpfes bestehen alsdann aus einem einheit- lichen Wirbelkörper, in welchem aber nach Analogie von Amia rudi- mentäre obere Bögen als Rest des Centrums zu vermuthen sind. Der rhachitome Bau dieser Formen dürfte also aus einem embolomeren her- vorgegangen sein: er bildet den Übergang von einer doppelten Wirbel- anlage zu einer einheitlichen, indem die hintere Scheibe sich auf Kosten der vorderen ausdehnt, bis zuletzt vor dem vorderen Centrum nur die in den Einheitswirbel eingeschlossenen rudimentären oberen Bögen er- halten bleiben. Anders dürfte es sich aber mit zwei anderen Species verhalten, welche ebenfalls der Gruppe der fossilen Amiaden angehören, Callopte- rus Agassizi und Caturus furcatus. Der Bau der Wirbel von Callopterus (Fig. IV) ist im ganzen Körper durchweg rhachitom. Pleurocentrum und Intercentrum sind voll- kommen gleich entwickelt und bestehen aus keilförmigen Stücken, deren Spitzen nach unten resp. oben gerichtet sind. Eigenthümlich aber ist hier, dass die oberen Bögen ausschließlich dem Pleurocentrum, die unteren Bögen dem Intercentrum aufsitzen. Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva. 763 Dieselbe Entwicklung finden wir im Schwanze von Gaturus; im Rumpfe (Fig. V) aber ist eine Ausbildung erreicht, welche dem Bau der Rumpfwirbel von Eurycormus sehr gleicht. Die Intercentren sind auch hier die Träger der unteren Bögen; die oberen stehen ohne einen direkten Zusammenhang über ihren dorsalen Spitzen. Zwischen die Fig. IV. Callopterus Agassizi. Fig. V. Caturus furcatus Fig. IV. Rumpfwirbel. Fig. V. Rumpfwirbel. plc, Pleurocentrum; ic, Intercentrum (nach ZırrEL). oberen Bögen schieben sich die Pleurocentren ein und erreichen seit lich ungefähr die Mitte der Höhe eines Wirbelkörpers. Ob diese rhachi- tome Form des Rumpfwirbels sich von der des Schwanzwirbels ab- leitet, bleibt dahingestellt, zumal bei anderen Exemplaren derselben Species nicht selten gerade das umgekehrte Verhältnis besteht. Es dürfte bislang noch nicht möglich sein, die rhachitome Form von Eury- cormus mit derjenigen von Callopterus und Caturus in einen genetischen Zusammenhang zu bringen. ae Die definitive Lösung der Frage, ob wirklich eine solche Erklärung zulässig ist, bleibt erst einem genauen Studium unserer fossilen Amia- den vorbehalten. Jedenfalls wäre es sehr erwünscht, wenn man auf Grund dieser Untersuchung an Amia, welche doch gewiss ganz neue Gesichtspunkte ergiebt, die fossilen Ganoiden hauptsächlich auf ihren verschiedenen Altersstufen mit einander vergleichen wollte. Straßburg i/E., im Juni 1892. Litteratur. G. Baur, On the Morphology ofribs. The American Naturaliste and illustrated Maga- zine of Natural History. Vol. XXI. 1887. CAFAUREK, Skelett der jetzt lebenden Knochenganoiden. CopeE, On the Intercentrum of terrestrial Vertebrata. Transactions of the American Philosophical Society. Held at Philadelphia, For Promoting useful Know-- ledge. Vol. XVI. New Series. Part II. is in ni 764 Ludwig Schmidt, Untersuchungen zur Kenntnis des Wirbelbaues von Amia calva, 5 CREDNER, Stegocephalen und Saurier aus dem Rothliegenden des Plauenschen Grun- des bei Dresden. Zeitschr. der deutschen geol. Gesellsch. Bd. al. 1890. FRANQUE, Amia calva. Berlin 1847. : Fritsch, Fauna der Gaskohle der permischen Formation Böhmens. GorrrE, Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelettsystems der Wirbel- thiere. Archiv für mikr. Anat. Bd. XV. II. Die Wirbelsäule. und ihre An- hänge. 2. Die Ganoiden. GoETTE, Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. Hasse, Das natürliche System der Elasmobranchier. 4879. SuurELDT, The Osteology of Amia calva. STEINMANN U. DÖDERLEIN, Elemente der Paläontologie. Leipzig 4890. Zırreu, Handbuch der Paläontologie. München 1887/90. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnungen: bb, en bs, Basalstumpf; c, Centrum; ie, Intercentrum: ob, obere Bögen; R, Rest der intervertebralen Höhle von Centrum und Intercentrum bei Wir- bel 9 (Fig. 3); rob, rudimentärer oberer Bogen; rub, rudimentärer unterer Bogen; ub, untere Bögen; v, Vertiefungen auf dem Centrum, den Doersal- und ersten Schwanzwirbeln der macerirten Wirbelsäule (Fig. 4 und 2). | \ Tafel XXXIV. - -(Sämmtliche Abbildungen betreffen Amia calva.) - Fig. 4..Schwanzwirbelsäule des macerirten Exemplares. Fig. 2. Rumpfwirbelsäule von demselben. Fig. 3. Schwanzwirbelsäule des Spiritusexemplares. ists Fig. 4. Medianschnitt durch Centrum und Intercentrum (Wirbel 28 und 29, Fig. 3). er REN Fig. 5. Sagittalschnitte derselben Stücke. Se Fig. 6. Querschnitt durch die Mitte eines Centrums (Wirbel 24, Fig. 3); Fig. 7, Querschnitt durch die Mitte eines Intercentrums (Wirbel 25, Fig. a. Fig. 8. Horizontalschnitt durch die Mitte von Wirbel 9 (Fig. 3). Fig. 9. Horizontalschnitt durch die oberen Bögen desselben Wirbels. Fig. 40. Centrum und Intercentrum von Fig. 4 von vorn und oben gesehen. Fig. 44. Wirbel der Dorsalregion oder der ersten Schwanzgegend, von vorn und oben gesehen. Fig. 12. Schematische Darstellung dreier Dorsalwirbel, von der Seite. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. _ Henkıng se 2: Zeitschrift S wıss. Zoologie Bd. LIV. —— —— 53, bi 3. FE 54 au < a ur r | oo ne inne = 05; Rkı .e® ze 72 Mn eo: nd KAT en EN TE Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd.L1V. ES Wie S "be N ® | : | © PTR = Ss s Zeitschrift f wiss. Zoologie Ba.L1W: a er a 3 B IS] Sa Ric Eik Thu Nine: un del Wahr nr re ig eniking ), d oO Be 3 Being, [4 Verlag wWilk. Engelmanz, Leipzig. | Lk. Anst.vWarner äWhinter Frankfert®M, Fig.144-200 f ’ e 7: Pisa et em Fran er N et Zeitschrift. wiss. Zoologie. Ba. 11V. Fi RE m l H Eik Ay 206. nn N ane® 212 [2 2P 72} 007 Et eo DIE 225 - Mi --Rkım WB RKI (2) = B= RRU \ Egg eo —_ > — 0. —— Be st vWerner AWinten Frankfurt®M, Fig. 201-253. | { | N Terre E HR - J y x Ze: 7 25 - r £ r v 7 B . J i 5 : Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bd. LIW Verlag: wHÄIk Engelman. Lee: Fig), ———— — nn ——>280. r Taf EX Zeitschrift £ m ey Zeitschrift I wiss: Zoolog1e Ba.LI Mn 282. yet RB RITONT NN rg Sun e IN! I N == | > tt f a) Prsrranmerumen; 2 | In ls ' | E -- I BE Rkıa Dir 7 At 287. Wucy “= Rkıa) - 285. ‚Rkır > ) “. Verlag wIillN Engebmanz, leipzig, Rn ‚Fıq.281 nu ee A re ne a 1] 329. & isn 9334. DIL | de H enking d era m UNAL 4 Ar TE 1 Zeitschrift Fiss. Zoologie Bd. LIV. Verlag w Milk Engelnann, Leipzig Va ——1)347 ji : 0773 Abt ullırner Ahr. Frankfurt 7 m Fig.325-354. 1 E# - = ba 3 Zeitschrift Knzss. Zoologie. Be Es C 300. \ \ f DMH7 » L3 Bd DE > “+ n 7 “es räsen RspH 1] Verlag vWilh. Engelmann, leipzig. Fig.370 — Z m — 379 Zük. Anst vWerner AWinten Frankfurt IM. Fig. 355-392. EEE ENDETE Taf Xu. Lk Anst. vldorner Winter Frankfurt. Fig,3595 7430. Fig. 424 —_ 2480. u: Zeitschr G u d A D R\ 2 4 N E \ H De N FE Be 0°, SL. ER 7 N 5 r en N Fe 2 2 enraen felk 7 R vl = a N E Russe, }| \ Bu ee, ee ME x Nun Verlag yWilk. Engelmann Keıpzız, a ER. SIDEDEEN 1 distal. tm. ze proxim, Nseh, PER lee en, > ZE 777 Vöagy Wilh.Engehnann n Länzig hinten. -- (rast. ei KR ; en SE RE EEE ans N.von / Zeitschrift Kwiss.Zool.BdLIE N EIN (nm. FAR we =. e R En er 9 0.08, le. van Addlaıg ar Zeitschrift [ wiss. Zoologte. Ba. LIV. 4 5) = Eee i hudurig del. Verlag vMilh. Ergehnann, lepzig. ih. Anst.vWerner &Winter Framkfurt Rn = x a 2 . ’ Br Y N) 4 ‚ \ Y \ u L chruft f} wissZool.Bl an En! 2: En”_.78 TE a8 EN @&H: I: ee Zith Anst:vE.A Funke Zeipzig. En. NK TERN Verlag Wilh.Engelmann in Leipzig. Taf. XUl. E4 Zeitschrift Fwiss.Zool Bd. „th. Anst.v.B.A.Burde, Leipzig. N es t.v.E.A.Funk ih.Ansi Li Zool. 1SS. rılt£w J sch L w.Jhering del. Ze Ti Anst.v.B.A.Farde Ligen. Verlag v.Wilh. Engelmann in Lapzig. er Taf IK ® fart #M. Lıth,. Anst.v.Werz . . Zeitschrift Swiss. Zoologie. Ba.LINZ Mane DOOR, AUCIDE RS) ei. chrı z er} ano, er h erlag wHk Engelmann, Ieipzig: - 5 chrıft ts Zei Zeitschrift Swiss. Zoologie badLIW. bir © ua NO, 7 = ® mes „hns Verlag schitb. Eugelmarz, Zeipalg. schritt 5 Fr Zool.Ba.Ll! Taf XXI. Lith.Anstv.E. A. Funke, Leipzig. Üschrilt 1 swiss. Zool. Bd.Ll“ Big.I0. I . Soc pe, £ © 9 000 ®9 DE SHE) De ns SpeRoaasLe © ©9880 oO 00® I SL NIEREN MN Hoffoaxerdel, a nn rn en i | i ö j ! yeık Te Te: AXVDT. ; | Rm Jith. Anst. Werner & Winzer, Frankfurt®M. Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. LIE De Fa J1a {N era RT HER Di PIE Verlag vWlh Engelmann, Zeipzig. Tan Ant rWienar Int ’ oe i Sorsmezngeien EEE ORETERNETNERT: Zeitschritt riss. Zool..Bd.LIV. ersehen en Sen 5 ee 5 Zeilshrift Kniss.Zool.BdJÄAN- Fiy.23: Ag. ed REIS Ge fo‘ Pe Kertschrilt Kyoiss.Zool.BdLAN: 187722 nn : ET DE EL IE nen TUE 5 a ET ET ARSSSIRTFATTT 3 ne Re N 22 o “ ea sans nalen = 3 ser Rey: on 2 Tith.Anstv.EA Funke, leipai En rn Kl [23 WTEBEZT BL RT BET. SL x = ar SE 2 DEN RT - Le Be 54),> apepiaslitenen zen Rogner > — LEARN oo 0m, ed Tr 3 Be” Er DI IB ne N a x) x Ban DD @) D> Sl a8. ROOMS Strassen del. Ozur N Ku ® EN u 2 N n Zeulschrit Rniss.Zool. BdıLIV: Ts sr! 7 22 Se ine ar Verlag Wil I.Engelmann in. Leipzig Tat . hrıft Lwiss. Zoot. 1S6 For 1; 5 ns Zn EN SS Zeitschnft Kniss. Zool.BdLIE SIR LOI®Y OlOleIaR“ ovd - - - Taf: XXXIV. Zeitschrt "SQ S „ob Iuth. Inst. Werner @Winter, Frankfurt M. Zeitschrift S. wiss. Zoologie Bd. LIV. Taf! XXXIV Inter, Frankfüurd®M Lin Ansty Wernar &Wi = Will Enjelmann - Di 2 u at er EEE TR 1 » J e u « m A) ) ” b ' A n ' N N { - . nenn 3 9088 01316