an ET Tue ee Werne mu -. - Br -.. PR u. 5 ® “ TE nn me 2 > .. at. Lues Kr ee ee na .. . - gan ri e e N = \ er n Im zu “ na . A -- DR il m ze run . en ” „ ev - . n . he sr ut m. er ; 0 .- . = u rw Le *r on - av r an R . Da . — er ru p u u nn ng wm un ee . en dr u u zn r pi “a nen nenne - we en - - : ne Bin . . “ = er - _ ” ET ig “. E 5 zn. a; . ‚ ei - . a a w mu 4 a 4 ir 1 + « 2 Et te te j. a a © aD u DEE EL 2 » te em =. ea u tns, rienge ut her Bere re Fe Zr m. pr . f vo. sn De FE KUN ART, me nu Zeitsehrift für. WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu 7; + Professor a. d. Universität zu Göttingen ı“ f % \ i En . ns \ Achtundsechzigster Band Mit 42 Tafeln und 22 Figuren im Text LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1900. 590,543 4? Inhalt des achtundsechzigsten Bandes. Inn Erstes Heft. Ausgegeben den 14. August 1900. : F 3 Seite Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. Von Adolf Dörler. BI II und 3. Kiguren im Text)... 2:2. 2.20.2008. 1 Untersuchungen über die Bothriocephaliden mit marginalen Car lolnangen WERE Dühe. (Mit Taf IV-NVIL). ..... . »; 43 Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hy Aopiniihns, BenBaul Deesener. (Mit Taf. VII—X,) . ....... ae ll Zweites Heft. Ausgegeben den 16. Oktober 1900. Studien zur Entwicklungsgeschichte der an hyalina Lilli. Von Mit TaE IST RNT. 2 un nern er. 169 Sipuneulus nudus. Von $. Metalnikoff. (Mit Taf. XVII XXI.) 9202 Drittes Heft. Ausgegeben den 2. November 1900. “ © Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln mit besonderer Berück- sichtigung umstrittener Fragen. Von Chr. Sihler. (Mit Taf. XXIII 22, ZEN Ne es N NN 323 Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. VI. Die Augen einiger Mollusken. Von Richard Hesse. (Mit BEER V KRRIT und £ Kio. im Wezt.) >. . . 0... il Nachtrag zu den »Experimentellen Untersuchungen an meroblastischen Bere Von Wi Schimkewitsch . . .. 2.0.2... EN 478 IV ı Seite Viertes Heft. Ausgegeben am 4. December 1900. Beiträge zur Histologie und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. Ver- gleichende Morphologie des feineren Baues. Von K. E. Schreiner. (Mit, Taf: XXXIII-XXXVIN u. 11 Fig. ım Text) 481 Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. VonW.Redikorzew. (Mit "Taf. XXXIX—XL u. 7 Fig. im Text.). . . 22 SS Pr 581 Beobachtungen und Versuche über die Verdauung und Bildung der Kohlen- hydrate bei einem amöbenartisen Organismus, Pelomyxa palustris Greefl. Von Antonin Stole. (Mit Taf. XTI X 625 Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. | Von | Dr. Adolf Dörler Demonstrator am zoolog.-zootomischen Institute in Graz. Mit Tafel I-UI und 3 Figuren im Text. Die sechs im Nachstehenden beschriebenen Turbellarien-Species sind theils neu, theils nur wenig bekannt. Unter ihnen finden sich zwei freilebende Formen Mesostoma cuenoti n. sp. und Schultzia adria- fica n. sp., vier leben parasitisch und vertheilen sich auf die von mir neu aufgestellten Vorticiden-Genera Genostoma, Urastoma und Colla- stoma. Der ersteren Gattung gehören zwei auf Nebalia lebende, zu- erst von REPIACHOFF! beschriebene aber nicht benannte Arten an, die späterhin von CALANDRUCCIO? unter den Namen Hypotrichina tergestina und marsiliensis in das von diesem Autor aufgestellte Ge- nus Aypotrichina einbezogen worden sind. Mit Rücksicht auf die sroßen Unterschiede im anatomischen Bau gegenüber den beiden anderen Angehörigen des Genus Aypotrichina, kann ich mich dem Vorgehen CALANDRUCCIO’s nicht anschließen und habe für sie die oben genannte Gattung Genostoma aufgestellt. Der Gattung Urastoma gehört ein in der Mantelhöhle von Mytr- lus edulis lebender Parasit, dem Genus Collastoma ein im Darme von Phascolosoma vulgare schmarotzendes Turbellar an. Nach den, dem konservirten Materiale beigegebenen Angaben ist dasselbe in Sublimat fixirt und in der gewöhnlichen Weise in Alko- 1 W. REPIACHOFF, Über eine neue an Nebalien lebende Turbellarie. Zool. Anz., 7. Jahrg., Leipzig 1884, p. 717 und derselbe: Noch eine an Nebalien lebende Turbellarie. Zool. Anz. 11. Jahrg. Leipzig 1888. p. 141. 2 S. CALANDRUCCIO, Anatomia e sistematica di due specie nuove di Tur- bellarie. Atti dell’ Accademia Gioenia di Se. nat. in Catania. Vol. X. Catania 1897. p. 16. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 1 > Adolf Dörler, hol weiter behandelt worden. Von mir wurde das Objekt meist in EHRLICH schem Hämatoxylin durchgefärbt, in Paraffin geschnitten -und die Schnitte einer Behandlung mit Eosin unterzogen. Recht schöne Resultate ergab auch die Behandlung nach der VAn GIEson’schen Methode. Weniger günstige Färbungen erzielte ich mit Pikrokarmin: Um bei Schultzia adriatica instruktive Bilder des gesammten Kopulationsapparates zu gewinnen, hellte ich die Thiere in Xylol auf und zerklopfte sie alsdann unter dem Deckglase, wodurch es mög- lich wurde, das Kopulationsorgan zu isoliren. Die Nebalien-Parasiten studirte ich hauptsächlich in lebendem Zustande, doch stand mir auch eine Schnittserie von Genostoma terge- stinum zur Verfügung, mit Hilfe deren die am lebenden Objekte er- haltenen Befunde kontrollirt, bezw. erweitert werden konnten. Übrigens war es mir mit Rücksicht darauf, dass ich nicht von allen Arten eine genügende Zahl von Individuen erlangen konnte, nicht möglich, eine gleichmäßig eingehende Bearbeitung der verschie- denen Formen vorzunehmen, woraus die Lücken, welche sich bei der Besprechung der einzelnen Arten bemerklich machen, zu erklären sind. Bevor ich zur speciellen Beschreibung der einzelnen Thiere über- gehe, erlaube ich mir, meinen hochverehrten Lehrern, Herrn Hofrath Prof. Dr. v. GrRAFF und Herrn Prof. Dr. BÖHmIG, unter deren Lei- tung und Mithilfe ich die nachstehende Arbeit im k. k. zoologischen Institute der Universität zu Graz ausführte, für die gehabte Mühe meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Familie Mesostomida Dug. Genus Mesostoma Dug. Mesostoma euenoti n. Sp. (Taf. I, Fig. 1—6, Textfig. 1.) Die im Nachstehenden beschriebene Form, welehe Herr Prof. Dr. BönmIg in einem Bassin des hiesigen botanischen Gartens vor- sefunden hatte, ähnelt in auffallender Weise dem Mesostoma lanceola Braun!, doch ergaben sich genügende Unterschiede, um die Aufstel- lung einer neuen Art berechtigt erscheinen zu lassen. Da während der Monate Juni und Juli Mesostoma cuenoti an dem 1 M. BrAun, Die rhabdocölen Turbellarien Livlands. Dorpat 1885. p- 59 bis 61. (Separatabdruck aus dem Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands. Ser. 2 Bd. X. Lfe. 8. Nene und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 3 besagten Fundorte in erheblicher Individuenzahl auftrat, konnte eine genauere Untersuchung dieser Form vorgenommen werden. Die Länge der Thiere beträgt in ausgestrecktem Zustande höchstens 3 mm (Mesostoma lanceola nur 1,5—2 mm), die größte Breite 0,4 mm. Diese erreicht es in der Gegend des Pharynx, welcher in der ersten Hälfte des zweiten Körperdrittels, nahe der Körpermitte gelegen ist. Von hier nimmt der Durchmesser nach vorn nur wenig und sehr allmählich in erheblicherem Maße gegen das Hinterende ab. Das Vorderende erscheint daher sehr stumpf, das Hinterende scharf zu- sespitzt (Taf. I, Fig. 1). | Die Farbe des Thieres schwankt zwischen schmutziggrün und srünlichgelb und hängt wenigstens zum Theil von der aufgenomme- nen Nahrung ab. Nur das Vorderende ist stets farblos und durch- scheinend. Augen fehlen wie bei Mesostoma lanceola. Braun! fand in einigen Exemplaren von Mesostoma lanceola Zoochlorellen, die ich bei unserer Form vermisste. Bei manchen Exemplaren waren dagegen an der Grenze zwischen dem Darme und dem durchsichtigen Vorderende unregelmäßig gestaltete, dunkel- rothe Pigmentflecke zu erkennen, bezüglich welcher ich nicht eruiren konnte, ob sie dem Darme oder Mesenchym angehörten. Die Zellen des, wie gewöhnlich einschichtigen Körperepithels weisen ganz ähnliche Verhältnisse auf, wie sie speciell von BönHnıg ? für die alloiocölen Turbellarien beschrieben worden sind. Wir sehen nämlich auch hier eine deutliche Streifung des Plasmas paral- lel der Höhenachse, doch wäre zu bemerken, dass die erwähnte Streifung nicht bis zur Basalmembran reicht, wie dies von BÖHMIG an seinen Objekten konstatirt wurde, sondern ein schmaler, heller Saum an der Basis der Zelle vorhanden ist, welcher durchaus homo- sen zu sein scheint. Die großen, ovalen mit wohlfärbbarem Kerngerüste ausgestatteten Kerne, deren Durchmesser ca. 7,7 bezw. 3,6 ı betragen, enthalten einen kugelisen Nucleolus, welcher fast stets von einem, wahrschein- lich auf eine Schrumpfungserscheinung zurückführbaren hellen Hofe umgeben war, wie er übrigens auf Schnittpräparaten, sehr oft auch bei den anderen von mir untersuchten Turbellarienarten zu er- kennen war. 22.0 p.59: 2 L. BönmigG, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagro- stomina und Cylindrostomina Graff. Diese Zeitschr. Bd. LI. Leipzig 1890. p. 183. 15 4 Adolf Dörler, Nicht selten fand ich Zellen mit zwei Kernen, andere umschlos- sen einen biskuitförmigen Nucleus, welcher zwei Kernkörperehen enthielt. Daraus, sowie aus dem Umstande, dass ich auch bei nicht seschlechtsreifen Individuen karyokinetische Figuren vollkommen ver- misste, dürfte hervorgehen, dass eine amitotische Theilung des Kernes in den Epithelzellen statt hat. An manchen Präparaten fanden sich in der Umgebung der Zell- kerne Körnchen, die sich in Hämatoxylin blau färbten, über deren Bedeutung bezw. Herkunft ich jedoch nichts Näheres eruiren konnte. Der schwache, durch eine dünne Basalmembran vom Epithel getrennte Hauktnnkkelschtiidäh besteht aus einer az Ring- und inneren Längsfaserschicht. Die Hautdrüsen finden wir ausschließlich auf das Vorderende des Körpers beschränkt, es sind deren zwei Arten zu unterscheiden: Stäbehendrüsen und Schleimdrüsen. Die ersteren liegen zu beiden Seiten des Körpers hinter dem Gehirn, der Ventralseite genähert; sie sind von birnförmiger Gestalt und von einem fein granulirten Plasma erfüllt, das sich in Hämatoxylin-Eosin hellviolett tingirt. Nur in der dem Ausführungsgange zugewandten Partie der Drüsen liegen die Rhabditen, während der hintere Theil der Zelle den ovalen ca. 9,3 u langen Kern enthält, aber weder ausgebildete noch in Bildung begriffene Stäbchen führt. Die Ausführungsgänge der Stäbehendrüsen vereinigen sich zu zwei mächtigen, zu beiden Seiten des Gehirns nach dem Vorderende verlaufenden Stäbchenstraßen, welche sich jedoch wieder in eine Anzahl von Ästen auflösen und auf zwei breiten, rechts und links vom vorderen Körperende gelegenen Feldern münden. Die schlanken, spindelförmigen Rhabditen haben eine Länge von durchsehnittlich 14 u, und färben sich in Eosin intensiv roth. Theils zwischen den Stäbehendrüsen, theils dorsal von denselben liegen die etwas unregelmäßig gestalteten, oft gelappten Schleim- drüsen. In der Mitte der Drüsenzellen findet sich der große, etwa 10 u lange und 8,5 u breite Kern, welcher einen kugeligen Nucleolus von ca. 4,8 u Durchmesser enthält. Ihr Sekret färbt sich in Häma- toxylin dunkelblau. Die Ausführungsgänge münden meist genau am vorderen Körperpole nach außen und nur wenige Ausmündungsstellen sind am Kopfabschnitte des Thieres zerstreut. Das ventral gelegene Gehirn ist in Gestalt und Bau demjenigen von Mesostoma ehrenbergi! sehr ähnlich, in so fern die beiden Gehirn- ı L. v. GRAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1882. p. 110. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 5 sanglien in ganzer Breite mit einander verwachsen erscheinen, und sich die Zweitheilung nur darin ausprägt, dass die Hauptmasse der Ganglienzellen in zwei seitlichen Partien gruppirt erscheint. An der Dorsalseite des Gehirns entspringen zwei Nervenpaare, eben so zu beiden Seiten desselben. An der Ventralseite verlassen das Gehirn nur die beiden Längsnervenstämme, welche kurz nach ihrem Austritte aus dem Ganglion durch eine bogenförmige Kommissur mit einander verbunden sind. Ähnliche, jedoch erst hinter dem Pharynx verlaufende Kommissuren fanden sich nach v. GRAFF bei Mesostoma ehrenbergi! und nach BRAUN? bei Mesostoma punctatum. Der Mund (Taf. I, Fig. 2 0) führt in die Pharyngealtasche, welche, wie bei den anderen Mesostomiden, durch eine Falte in zwei über einander liegende Abschnitte, einen kleineren ventralen (ed) und einen srößeren, dorsalen getheilt wird. Der erstere nimmt, so viel ich eruiren konnte, die beiden Exkretionskanäle auf. Das die Pharyngealtasche auskleidende Epithel ist wimperlos, wie ich im Gegensatze zu den durch v. GRAFF bei Mesostoma ehren- bergi? geschilderten Verhältnissen hervorheben möchte. Der Pharynx ist wie gewöhnlich von annähernd kugelförmiger Gestalt, mit einem Durchmesser von 40 bis 50 « und stellt einen typischen Pharynx rosulatus dar (Taf. I, Fig. 2). Die äußere Fläche des Pharynx ist, so weit sie in die Schlundtasche hineinragt, von einem schmalen, kernlosen Wimperepithel (we) bedeckt, wobei jedoch zu bemerken ist, dass die Wimperhärchen, wie auch aus der Figur hervorgeht, nicht ganz bis an den Pharynxmund hinreichen. Das Epithel des Pharynxlumens (ep) ist gleichfalls kernlos, entbehrt der Cilien und erscheint im Allgemeinen sehr schmal. Nahe dem Pharynx- munde sewinnt es jedoch bedeutend an Höhe und bildet eine Art Ringwulst. Möglicherweise liegen hier ähnliche Verhältnisse vor, wie sie JANDER! für den Trieladen-Pharynx beschrieben hat. Die Muskeln sind in fünf Schichten angeordnet: 1) eine äußere Längsmuskelschicht (@«/m), 2) eine äußere Ringmuskelschicht (arm), 3) eine Radiärmuskelschicht (rdm), 4) eine innere Längsmuskelschiecht (Im) und 5) eine innere Ringfaserschicht (vn). Die Radiärmuskeln er- scheinen sehr schwach entwickelt. Am kräftigsten sind die inneren Ringmuskeln nächst dem Pharynxmunde und Darmmunde zur Entwick- SI ep: 111. =2e.p. %: 1. eo. p.se * R. JANDER, Die Epithelverhältnisse des Trieladen-Pharynx. Zool. Jahr- bücher. Abtheil. für Anatomie und Ontogenie. Bd. X. 2. Heft. p. 157— 198. Jena 1897. 6 Adolf Döltler, lung gelangt und bilden hier zwei starke Sphinkteren, deren jeder aus etwa 10 bis 12 von einander getrennten, im Querschnitte elliptischen Fasern besteht. Die innere Längsmuskelschicht trennt sich im unteren Theile des Pharynx, nämlich an der Stelle, wo der untere Sphinkter beginnt, von den Ringmuskeln und verläuft gesondert bis zur Aus- mündung des Pharynxlumens. Die Drüsen (dr) gelangen besonders im obersten Theile des Schlundes zu mächtiger Entfaltung. Ihre Ausführungs- gänge münden, wie bei Mesostoma segne!, vor dem unteren Sphinkter in das Pharynxlumen, während bei Mesostoma ehrenbergi die Mündungs- stellen viel höher liegen? Mit Rücksicht auf die Farbenreaktion, welche das Sekret bei Doppelfärbung mit Hämatoxylin-Eosin ergiebt, können wir schließen, dass die in dem Pharynx vorhandenen Drüsen zum Theil Schleimdrüsen sind, bei welchen sich das Sekret intensiv blau färbt, zum Theil Speicheldrüsen, deren Sekret sich roth färbt. Mittels einer ähnlichen Farbenreaktion führte JANDER? die Unterscheidung der Speichel- und Schleimdrüsen am Trieladen-Pharynx durch. Bezüglich des Darmes habe ich dem, was v. GRAFF? in seiner Monographie sagt, nichts hinzuzufügen. Ich will nur hervorheben, dass bei geschlechtsreifen Thieren theils in Folge der Einengung durch den mächtig entfalteten Geschlechtsapparat, theils auch in Folge der bedeutenden Größe der Darmzellen, verursacht durch reichliche Nah- rungsaufnahme, ein Darmlumen nicht zu erkennen war. In der Umgebung des Darmmundes bemerkte ich einzellige Drüsen, deren Sekret sich bei Hämatoxylin-Eosin-Tinktion leicht violett färbte, ihre Ausführungsgänge münden in den Anfangstheil des Darmes. Die Exkretionsorgane (Textfig. 1) zeigen ungefähr dieselbe Kon- figuration wie bei Mesostoma ehrenbergi>. Die beiden querverlaufenden Endkanäle (e), welche ähnlich wie bei Mesostoma viridatum, productum und Bothromesostoma personatum ® vor ihrer Einmündung in den Wassergefäßbecher (ed) kugelig ange- schwollen sind, gabeln sich in einen vorderen und hinteren Hauptast. Der vordere Hauptast (ev) biegt in der Nähe des vorderen Körper- ‘ 10. FuUHRMAnnN, Die Turbellarien der Umgebung von Basel. Geneve 189. Extrait de la Revue suisse de zoologie. Tome II. 1894. p. 248. ? L. v. GRAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Taf. V, Fig. 6. 3]. ce. p. 109. 21. 2e..p. I: IN: v. GRrAr®, loc. p: 105: 6 E. SEKERA, Einige Bemerkungen über das Wassergefäßsystem der Meso- stomiden. in: Zool. Anz. 15. Jahrg. Leipzig 1892. p. 387—388. Neue und wenig bekannte rhabdoeöle Turbellarien. 7 poles nach hinten um (evx), und theilt sich nach Umschlingung des noch nach vorn verlaufenden Theiles des Hauptastes in zwei dünne Seitenzweige (eva und eva,), von denen der eine (eva) nach vorn, der andere (eva,) in die Pharyngealgegend zieht. Vom hinteren Hauptaste (eh) zweigt nach dem ersten Drittel seines Ver- laufes ein Nebenast (ec) ad, der nach Abgabe eines kleinen, sich nochmals verzweigenden Seitenästchens (eca), etwas in die andere Körper- hälfte überzugreifen scheint. Es ist jedoch auch möglich, dass hier mit dem von der anderen Körperhälfte herüberziehenden Nebenaste eine Anastomose gebildet wird, wie dies in der Textfigur 1 angedeutet ist (ec). Bald nach Ab- zweigung des eben erwähnten Seitenastes theilt sich der Hauptstamm wieder in zwei Äste, wo- von der äußere, dünnere (e4a) in schwacher Biegung nach hinten zieht, der innere (eAz) aber im letzten Theile seines Verlaufes sich nach vorn wendet. Weiter vermochte ich denselben nieht zu verfolgen. Vielleicht endet er hier blind- sackförmig, wie es O. SCHMIDT! für die vor- deren Exkretionsstämme von NMesostoma lingua konstatirt. Der ziemlich dicht hinter dem Pharynx gelegene Geschlechtsporus Taf. I, Fig. 3 p9) führt in das individuell zweifach gestaltete Atrium genitale (a7), in welches sich das Wimperepithel und der Hautmuskelschlauch fortsetzt. Die eine Form des Atriums stimmt mit der von BRAUN bei Mesostoma lanceola? beobachteten fast voll- kommen überein, in so fern auch hier das Atrium durch einen Wulst in zwei über einander ge- legene Räume geschieden ist, von denen jedoch nur der obere die Ausführungsgänge der Ge- schlechtsorgane aufnimmt. Textfig. 1. Exkretionssystem von Mesostoma cu£noti n. sp. (nach Quetschpräparaten gezeich- net). e, querverlaufender End- kanal; eb, Exkretionsbecher; ec, Anastomose; eca, Seiten- ästehen des die Anastomose bildenden Exkretionskanals; eh, hinterer Hauptast; eha, äußerer Ast des hinteren Hauptastes; chi, innerer Ast desselben; er, vorderer Haupt- ast ;evi, Umbiegungsstelle des- selben; eva, nach vorn ver- laufender Zweig des vorderen Hauptastes; er«,, in die Pha- ryngealgegend ziehender Zweig desselben; ph, Lage des Pharynx. An der Mündungsstelle des männlichen Kopulationsapparates erscheint er zipfelfürmig ausgezogen (am). Von den weiblichen Geschlechtsorganen münden die beiden von entgegen- 1 0. SCHMIDT, Die rhabdoeölen Strudelwürmer des süßen Wassers. 1848. p. 41. ren W. Jena 8 Adolf Döfrler, gesetzten Seiten kommenden Uteri ventral, mehr dorsal dagegen die Bursa copulatrix und der Eileiter, in welchen sich das Receptaculum seminis und die Dotterstöcke Öffnen. In dem zweiten Falle hat das Atrium die Gestalt eines nach hinten gerichteten Sackes, welcher die Ausführungsgänge der Ge- schlechtsorgane in eben erwähnter Weise aufnimmt, nur vereinigen sich die beiden Uterusausführungsgänge in diesem Falle unmittelbar vor ihrer Mündung. Die kompakten, keulenförmigen Hoden liegen zu beiden Seiten des Pharynx und erstrecken sich noch ziemlich weit über die Körper- mitte nach vorn. Der männliche Kopulationsapparat (Taf. I, Fig. 3 p) besitzt eine flaschenförmige Gestalt. In den erweiterten Theil (vs) ist die Samen- blase eingeschlossen, während wir den verschmälerten (»,), der an Schnittpräparaten stets fernrohrartig eingezogen war, als Penis im engeren Sinne bezeichnen wollen. Der erweiterte Theil des Kopulationsapparates, welcher das an- gehäufte Sperma und Kornsekret enthält, wird von drei ungleich dicken Muskelschichten umschlossen (Fig. 4). Die äußerste Schicht besteht aus dünnen Längsmuskeln (Zr), auf welche nach innen zwei sich unter schiefem Winkel durchdringende Schichten von starken, schräg ver- laufenden Ringmuskeln folgen (rm}, rm5). Ausgekleidet wird die Samen- blase von einem einschichtigen, kernführenden Epithel (ep), in wel- chem an einigen Präparaten die Grenzen der einzelnen Zellen unschwer zu erkennen waren. Es trägt eine sich in Eosin intensiv roth färbende Cutieula (cu). | Eine eingehendere Besprechung verlangen die Muskeln der innersten Schichten. Auf Querschnitten zeigen die einzelnen Fasern eine ungefähr rechteckige Gestalt. Jede Muskelfaser besitzt ein ver- hältnismäßig sehr diekes Sarkolemma (s/). Die bandartig angeord- neten Fibrillen (62) erfüllen den Sarkolemmschlauch nicht vollständig, sondern lassen an der Innenseite der Muskelfasern einen ansehnlichen Raum frei, welcher von dem Sarkoplasma eingenommen wird. Letz- teres ist fein granulirt und färbte sich mit den angewandten Tinktions- mitteln nur in der Nähe der Kerne (sp/,), während die übrigen Partien (sp!) stets farblos blieben. Die Kerne (x) sind platt, zeigen eine homogene Beschaffenheit und führen zumeist ein excentrisch gelegenes Kernkörperchen (»x). Die Länge des abgebildeten Kernes betrug 13,17, dessen Höhe 3,65 u. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 9) Ähnliche Verhältnisse dürften nach Braun bei Mesostoma lanceola!, sowie nach FUHRMANN bei Mesostoma segne? obwalten. Allerdings sind die Beschreibungen der genannten Autoren nicht sehr eingehend, doch stellen beide das Vorhandensein einer äußeren Längsmuskelschicht und zweier sich kreuzender innerer Muskelschichten fest, während bei anderen Mesostomeen die Dinge einfacher liegen. Bei Mesostoma platycephalum treffen wir nach BRAUN? »außen eine einschichtige Lage von Längsmuskeln, darauf nach innen eine ebenfalls einschichtige Lage. von Ringmuskeln<«, und bei Mesostoma tetragonum konstatirt v. GRAFF!, dass der Penis »wie bei den meisten Verwandten zu äußerst eine schief gekreuzte Faserschicht hat«. Im Lumen der Samenblase liegen die meist länglichen Sperma- ballen und das Sekret der Körnerdrüsen gewöhnlich neben einander. Es kann jedoch auch vorkommen, dass die Körner wie bei Mesostoma lanceola® ausschließlich vor die Spermaanhäufung zu liegen kommen, welch letztere dann eine kugelförmige Gestalt annimmt. In den meisten Fällen findet sich das Kornsekret nicht nur inner- halb der Samenblase, sondern erscheint auch außerhalb derselben in einem gewöhnlich halbkugelförmigen Bläschen angehäuft (Fig. 3 %sr), in welches Reservoir die Körnerdrüsen (As) einmünden. Letztere sind sehr langgestielt und erstrecken sich bis in die Nähe des Pharynx. In das blinde Ende der Samenblase münden auch, wie aus Fig. 3 ‚hervorgeht, die beiden Vasa deferentia (vd, und vd,) getrennt von einander ein. Die Muskulatur des Penis im engeren Sinne (Fig. 3 p,) scheint nur aus einer schwach spiralig verlaufenden Längsmuskelschicht zu bestehen; allerdings erlauben mir meine Präparate nicht, dies mit vollständiger Sicherheit zu behaupten. Die beiden inneren Schichten würden sich demgemäß nur bis zu jener Stelle erstrecken, welche in Fig. 3 mit einem Sternchen gekennzeichnet ist. Zu erwähnen wäre noch, dass von der zipfelförmig ausgezogenen Partie des Atrium ein Verbindungsgang (dco) zu der Bursa copulatrix führt, der vielleicht einen Weg zur Selbstbefruchtung darstellt. Die Spermatozoen sind dünne 76,6 « lange und 1,46 u dicke Fäden, welche an ihrem vorderen Ende mit zwei Geißeln versehen sind. Die letzteren sind etwa !/, so lang wie die Spermatozoen. Braun schildert dagegen die Spermatozoen bei Mesostoma lanceola® als »lange und dieke Fäden« und erwähnt von Geißeln nichts. ze D- 0. 2]. c. p. 249. 31. c. p. 36. 2]. c. p. 2. NZ BRAUN, 1: e. p. 60. cp. 61. 10 Adolf Dörler, Bei der Besprechung des weiblichen Geschlechtsapparates haben wir den Keimstock, die Dotterstöcke, ein Receptaculum seminis, ‘zwei Uteri und eine Bursa copulatrix zu berücksichtigen. Der Keimstock (Fig. 3 ov) ist von ungefähr keulenförmiger Ge- stalt; in dem hinteren blinden Ende liegen die jüngsten Keimzellen, welche sich oft nur schwierig von einander abgrenzen lassen. Die Kerne derselben zeigen karyokinetische Figuren, woraus hervorgeht, dass hier eine rege Bildung der Keimzellen erfolgt. Nach vorn nehmen die Keimzellen an Größe zu und zeigen die schon oft be- schriebene geldrollenförmige Anordnung. Neben dem Keimstocke habe ich in den meisten Fällen ein birn- förmiges Gebilde (ov,) angetroffen, dessen Zellen an Schnitten eine radiäre Anordnung erkennen lassen. Ich bin geneigt, dieses Gebilde als einen zweiten, rudimentären Keimstock aufzufassen, wie er ja unter den Mesostomiden nach v. GRAFF! auch bei Byrsophlebs inter- media vorkommt. Der Ausführungsgang dieses zweiten Keimstockes vereinigt sich mit dem Eileiter des ersten. Das Endstück des Eileiters nimmt die Ausführungsgänge der beiden »papillösen« 2 Dotterstöcke auf, welch letztere sich nach vorn bis in die Gegend des Gehirns, nach hinten bis fast zum hinteren Körperpole erstrecken. Zwischen der Einmündungsstelle der Dotterstöcke und derjenigen des rudimentären Keimstockes mündet, wie bei allen anderen proso- poren Mesostomeen, das Receptaculum seminis in den Ausführungs- sang des Keimstockes. Dasselbe stellt einen langen Schlauch von wechselnder Weite dar, dessen einschichtiges Epithel meist aus ku- bischen, einen deutlichen Kern führenden Zellen besteht. Im Inneren befindet sich eine Spermaanhäufung von ganz bestimmter, bei allen Individuen gleicher Form. Im blinden Ende des Receptaculum bildet nämlich diese Anhäufung stets einen kugelförmigen Knopf (rs), der in einem dünnen halsartigen Stiele seine Fortsetzung findet, um sich bald wieder zu erweitern (rs,) und schließlich in einen fadenförmigen Fortsatz auszulaufen, welcher bis zur Einmündung dieses Organs in den Eileiter reicht. Es sind zwei Uteri vorhanden, von denen der eine vom Atrium genitale nach vorn, der andere nach hinten zieht (Fig. 3 «t, und ut3). Nur bei einem einzigen Exemplare waren beide Uteri nach vorn sekehrt, was bei Mesostoma lanceola nach BRAUN stets der Fall ist®. Sie können eine ziemlich große Zahl von Eiern enthalten. Bei einem 1a] rc pr 276: 2 a. 2 GRARE, 1. ec. p. 139. SH. ICP 00: Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 11 Individuum wiesen beide Uteri zusammen 27 Eier auf und zwar der vordere Uterus 14, der hintere 15. Auch hierin liegt ein Unterschied von Mesostoma lanceola!, da dort nach Braun im günstigsten Falle in beiden Uteri zusammen bloß 4 Eier vorkommen. Die legereifen Eier sind von ovaler Gestalt und gedeckelt. Die Länge derselben schwankt zwischen 0,222 mm und 0,186 mm, die Breite zwischen 0,177 bezw. 0,151 mm. Einen sehr komplieirten Bau weist die langgestielte Bursa copu- latrix auf, und ich muss gestehen, dass es mir trotz großer Mühe nicht gelungen ist, alle Details dieses Organs zu erforschen (Fig. 3 und 5 be). Sie stellt eine ovale oder kugelige Blase von wechselnder, vom Grade der Füllung mit Inhaltsmasse abhängender Größe dar. Ihre auffallendste Eigenthümlichkeit beruht darauf, dass in ihr zwei neben einander liegende Binnenblasen eingeschlossen sind, ein Verhalten, welches meines Wissens bis jetzt noch nicht beobachtet worden ist. Betrachten wir einen Schnitt durch die Bursa (Fig. 3 und 5 de), so finden wir, dass ihre gemeinsame äußere Wandung (dm) aus einer Schicht schräg verlaufender Muskelfasern gebildet wird, auf welche bei einigen Individuen nach innen eine mit häkchenartigen Erhebungen versehene Schicht folgte. An den m Fig. 3 und 5 abgebildeten Präparaten war diese Schicht nicht zu erkennen. Möglicherweise handelt es sich um ein modifieirtes Epithel, doch vermochte ich nie- mals Kerne nachzuweisen. Es machte mir vielmehr den Eindruck, als ob sie eine chitinähnliche Beschaffenheit besäße. Hierfür spricht auch, dass sie direkt in die unzweifelhaft chitinige Auskleidung des Ausführungsganges übergeht. Eingeschlossen in diese Blase finden sich nun die beiden inneren Blasen, deren Wandungen, so viel ich eruiren konnte, nur aus Chitinmembranen bestehen. Die kleinere, von einer starken Chitinlamelle umgebene Binnenblase (dc,) führt aus- schließlich Sperma, die größere (dc,), von einem sehr feinen Chitin- häutehen umhüllte, enthält eine fein granulirte Substanz, in welcher ich jedoch auch hin und wieder einzelne Spermatozoen angetroffen habe. Beide Blasen münden mittels stielartiger Verlängerungen (s/, und si,) in den gemeinsamen Ausführungsgang der Bursa (dbe). Dieser (Fig. 3 und 6 dbe) ist wie bei Mesostoma lanceola? fast winke- lig gebogen und wird außen von starken spiralig verlaufenden Muskel- bündeln umschlungen, die aus der Muskulatur der Bursa hervorzugehen Zr ep: 6W. ® M. Braun, 1. ce. p. 60. 12 Adolf Dörler, scheinen. Die einzelnen Muskelbündel bestehen aus einer Anzahl von bandartigen Muskelfasern (Fig. 6 dm), welche mit der breiten Seite einander angelagert, mit der Schmalseite aber gegen das Lumen des Ausführungsganges gerichtet sind. Die innere eutieuläre Schicht, deren Dieke individuell sehr variirt, zeigt eine feine Längsstreifung, während die ihr aufsitzenden, stets deutlich wahrnehmbaren Chitin- häkchen zumeist in querverlaufenden Reihen angeordnet erscheinen (Fig. 5 dbe). Vor der Einmündung in das Atrium zweigt der schon oben er- wähnte Kanal (dco) ab, der nur von Längsmuskeln umkleidet wird, während sich auf den Hauptausführungsgang der Bursa (dbe,) die Spiralmuskeln fortsetzen. Das Lumen des Stieles weist wenigstens an dieser Theilungsstelle stets eine beträchtliche Erweiterung auf, kann jedoch auch an anderen Stellen in Folge von Anhäufungen des Sperma oder des Drüsensekrets bedeutend ausgedehnt werden. Von der Wandung des Atrium genitale verlaufen starke Muskel- bündel (Fig. 6 m) gegen den Stiel der Bursa und inseriren sich an demselben oberhalb der Theilungsstelle, zwischen die Fasern seiner Muscularis eindringend. Auf diese Weise wird um den ganzen unteren Theil des Aus- führungsganges (Stieles) der Bursa ein förmlicher Muskelsack gebildet, welcher eine schwer definirbare, zarte, körnig-faserige Ausfüllungs- masse enthält, in der ich an Sehnittpräparaten einzelnen durchschnitte- nen Spermatozoen gleichende dunkle Punkte bemerkte. Ob es sich hier wirklich um Spermatozoen handelt, vermag ich nicht mit Sicher- heit zu sagen. Ringförmige Verdickungen um den Stiel der Bursa, wie sie BRAUN bei Mesostoma lanceola! konstatirte, sind hier nicht vorhanden. Zellkerne fehlen in dem ganzen zur Bursa gehörigen Muskel- systeme vollkommen. In der Umgebung der Bursa, sowie des oberen Theiles des Stieles finden sich jedoch einzellige Drüsen mit fein- körnigem Inhalte, deren Ausführungsgänge wahrscheinlich in den an- sehnlichen Spalten, welche die einzelnen Muskelbündel von einander trennen, die Wandung des Srmandele: durchsetzen und in das Lumen desselben einmünden. 1]. c. p. &0. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 13 Familie Vorticida v. Graff. Die durch v. GRAFF! gegebene Diagnose dieser Familie erfährt Änderungen durch die Untersuchung neuer, parasitischer Vortieinen, namentlich der Gattungen Genostoma und Urastoma, deren einzelne Vertreter in ihrer Organisation von den bisher bekannten Vortieinen ziemlich stark abweichen. Sie hätte jetzt zu lauten: Rhabdocoelida mit einer, zuweilen mit dem Munde kom- binirten Geschlechtsöffnung, mit Keimdotterstöcken oder setrennten Keim- und Dotterstöcken, mit oder ohne weib- liche Hilfsapparate, kompakten und (mit einer Ausnahme) paarıgen Hoden. Uterus entweder einfach oder fehlend. Mundöffnung meist bauchständig und in der Regel nahe dem Vorderende. Pharynx (mit einer. einzigen Ausnahme) ein Ph. doliiformis; das chitinöse oder weiche Kopulations- organ sehr mannigfaltig. Subfamilie Euvorticina v. Graf. Genus Schultzia v. Graff. Schultzia adriatica n. sp. (Taf. I, Fig. 7—9; Taf. I, Fig. 1—7, Textfig. 2.) Diese interessante Art verdanke ich gleichfalls der Güte des Herrn Professor Dr. Bönmig, welcher mir zahlreiche gut konservirte Exemplare zur Verfügung stellte. Er selbst hatte vor Jahren dieses marine Turbellar im Hafen von Triest gefischt und nach dem leben-. den Thiere die beigegebenen Farbenskizzen (Taf. I, Fig. Ta—d), sowie Zeichnungen des Penis und der Spermatozoen (Taf. II, Fig. 2, 3 und 7) angefertigt. Nach den Aufzeichnungen des Herrn Prof. Dr. Bönmie betrug die Länge des lebenden Thieres 0,5 mm, dessen Breite nur 0,145 mm. Im konservirten Zustande war das Thier jedoch nur 0,4 mm lang, aber bis 1,24 mm breit. Der drehrunde Körper ist vorn abgestumpft, gegen das Hinterende jedoch verschmälert, um in einer Spitze zu enden und erreicht die größte Breite gegen das Ende des zweiten Körperdrittels (Taf. I, Fig. 7a —7d). Die Farbe des Thieres ist gelblich mit brauner Sprenkelung, wobei bald das gelbe, bald das braune Pigment vorherrscht. Farblos bleiben stets die vor den Augen 21:e D. 342: 14 Adolf Dörler, gelegenen Mesenchympartien, während sich zwischen den Augen in der Medianlinie des Körpers ein farbiger Streifen bis zum vorderen Körperende fortsetzt, wo sich derselbe noch etwas ausbreitet. Bei noch nicht ausgefärbten Individuen (Fig. 7 a und 75) beschränkt sich das Pigment auf kleine, braune und gelbe Punkte, wobei der Körper srößtentheils durchsichtig ist. Das Pigment hat nach einer Notiz des Herrn Prof. Dr. Bönmie die Form hellgelber bis dunkelbrauner Kugeln und Tropfen, häufig auch großer Stäbchen, die wahrscheinlich dem _ Mesenchym, vielleicht auch dem Darme angehören. Die Augen sind schon am lebenden Thiere leicht zu erkennen. Ihre gegenseitige Entfernung beträgt (am konservirten Thiere ge- messen) 14,5 u. Das Epithel besteht aus polygonalen Zellen, deren Grenzen nach Herrn Prof. Dr. Bönmısg am lebenden Thiere deutlich sichtbar sind und leicht gerifft erscheinen. Am Vorder- und Hinterende sind die Zellen von eylindrischer Gestalt und 10 bis 12 .ı hoch, an den übrigen Körperpartien erscheinen sie jedoch platt und ihr Höhendurchmesser erreicht hier nur 9,9 u. Hand in Hand mit der Form der Zellen geht auch die der Kerne, welch’ letztere stets im Basaltheile der Zellen liegen und einen an- sehnlichen, stark färbbaren Nucleolus enthalten. Im distalen Theile der Zellen, knapp unterhalb der Cilien, liegen in einer Lage dicht neben einander die 1,7 « langen, an beiden Enden zugespitzten Stäb- chen . (Taf. I, Fig. 8 und 9, Taf. IL, Fig. 1 rd), welehe sich mit Farbstoffen sehr stark tingiren. Erheblich kleiner sind diese Rhab- diten in den Zellen des vorderen und hinteren Körperpoles.. Da Stäbehendrüsen, wie überhaupt jede Art von Hautdrüsen vollständig fehlen, muss angenommen werden, dass die Stäbehen in den Epithel- zellen selbst gebildet werden, ein Verhältnis, wie es v. GRAFF! für die aus den Kokons isolirten oder neu geborenen Jungen von Mesostoma ehrenbergi und der MÜLLER’schen Dendrocölen-Larve, BÖHNIG ? für Plagiostoma siphonophorum und LANs? für die Polycladen beschreibt. Es ist dies jedenfalls ein sehr ursprüngliches Verhalten und weist entschieden auf die eetodermale Entstehung der Stäbehenbildungszellen bei den übrigen Rhabdoeöliden hin. | Nach einer Notiz des Herrn Prof. Dr. Bönmie ist die Basalmem- bran und der Hautmuskelschlauch am lebenden Thiere stark ent- 171. 3C..D:. 0. 2 Untersuchungen. II. p. 23. 3 A. LanG, Die Polycladen des Golfes von Neapel. Leipzig 1884. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 15 wickelt, am konservirten dagegen erschien die Basalmembran ver- schwindend dünn und der aus Ring- und Längsfasern zusammengesetzte Hautmuskelsehlauch besaß nur eine Dieke von 0,8—0,9 u. Das Mesenchym (Taf. I, Fig. S m) ist schwach entwickelt und findet sich in nennenswerther Ausbildung nur zwischen dem Gehirne und dem vorderen Körperende, sowie in der Umgebung der Bursa seminalis. Das Gehirn (Fig. 5 g) liegt vor dem Pharynx, oberhalb der Pharyngealtasche. Die beiden Ganglien sind durch eine starke Kom- missur verbunden, deren Höhe 20 u bei einer Breite von 15,4 u be- trägt. Der drei- bis vierschichtige Ganglienzellenbelag der Punkt- substanzballen ist von bedeutender Mächtigkeit und geht auch auf die Kommissur über, lässt jedoch deren Dorsalseite größtentheils frei. In der Größe der Ganglienzellenkerne zeigten sich ziemlich große Schwankungen. Als Mittel kann ein Längsdurchmesser von 3,5 und ein Querdurchmesser von etwa 2 u gelten. Die beiden Augen (Fig. 8 a«x) sind in die Ganglienzellenschicht eingebettet. Der braune Pigmentbecher, dessen einzelne Körner eine koncentrische Schiehtung aufweisen und einen Durchmesser von 2 bis 3,6 u besitzen, zeigt eine nur seichte Höhlung, in welcher ein größerer oder an dessen Stelle zwei kleinere, auffallend stark lichtbrechende, ovale Körper liegen. Sie tingiren sich mäßig stark mit Eosin, lassen jedoch keine Struktur und auch keine Beziehungen zu Nervenfasern erkennen. Der Längsdurchmesser eines der größten dieser Körper- chen betrug 6,2 «, der Breitendurchmesser 3,5 u. An günstigen Schnitten lässt sich am Grunde der Pigmentbecher- höhlung eine helle, homogene »Zwischensubstanz« unterscheiden. Die auf der Ventralseite des Thieres befindliche, dem vorderen Körperpole sehr genäherte Mundöffnung führt in die vorn kanalartig enge, nach hinten zu beeherförmig erweiterte Pharyngealtasche, welche von einem relativ hohen, kernführenden, aber wimperlosen Epithel ausgekleidet ist, das an der Mundöffnung direkt in das Körperepithel übergeht. Basalmembran, sowie Hautmuskelschlauch setzen sich eben- falls auf die Pharyngealtasche fort. Der Pharynx (Taf. I, Fig. S und 9 p%) besitzt am konservirten Thiere eine Länge von ca. 53 u und Breite von ca. 57 u, hat also die Form eines Rotationsellipsoides und weist die gewöhnliche Muskel- schichtenfolge des »Pharynx doliiformis« auf. Die Pharynxkappe und das Pharynxlumen werden von einer Cutieula-ähnlichen, kernlosen Schicht (Fig. 9 ce) überkleidet, bezüg- 16 Adolf Dörler, lich welcher ich nicht zu entscheiden vermag, ob sie ein modificirtes Epithel darstellt oder ob hier wieder ähnliche Verhältnisse vorliegen, wie sie JANDER! für den Pharynx der Trieladen geschildert hat. Drüsen fehlen im Pharynxbulbus vollkommen. Auch mit Rücksicht auf diesen Umstand muss der Pharynx, trotz seiner am konservirten Thiere zu Tage tretenden verkürzten Form, als Pharynx doliiformis bezeichnet werden. Hinter dem Pharynx münden jedoch, wie bei dem zweiten Ver- treter dieses Genus, Schultzia pellucida?, welche Form von ihrem Entdecker M. SCHULTZE »Vortez pellucidus< genannt worden war’, zahlreiche, wie es scheint, einzellige Speicheldrüsen (Fig. 8 spd) in den Darm. Am konservirten Thiere sind dieselben in Folge der all- gemeinen Kontraktion zu einem dichten Klumpen zusammengezogen. Sie erscheinen leicht granulirt und führen kugelige Kerne, deren Durchmesser 3 u beträgt. Bei nicht vollkommen geschlechtsreifen Thieren besitzt der Darm eine annähernd sackförmige Gestalt und bildet am Vorderende einen kleinen Blindsack, welcher den Pharynx von oben her deckt. Etwas unregelmäßig ist dagegen die Form bei solchen Individuen, bei denen die Dotterstöcke sehr stark entfaltet sind (Taf. I, Fig. 8 und 9, Taf. II, Fig. 1 d. Eine scharfe Abgrenzung der einzelnen Darmzellen war nicht zu sehen. Der Darm präsentirt sich auf Durchsehnitten fast stets als eine mit Kernen versehene, von zahlreichen Vacuolen durch- setzte Plasmamasse, in der auber verschiedenartig gefärbten Ein- schlüssen auch sehr ansehnliche, mit Hämatoxylin tief blauschwarz färbbare, klumpige Gebilde (42) eingeschlossen sind, über deren Natur ich nicht ins Klare kommen konnte. Die Geschlechtsöffnung (Taf. I, Fig. 8 und Textfigur 2 pg) liegt auf der Ventralseite des Thieres an der Grenze des zweiten und dritten Körperdrittels, also etwas weiter nach vorn als bei Schultzia pellueida*. Sie führt in ein ziemlich geräumiges Atrium (at), in welches von vorn her die Schalendrüsen (schld) und der männliche Geschlechts- apparat (p), von rückwärts die Bursa seminalis (ds) und dorsal von letzterer die Keimdotterstöcke mittels des Duetus communis (dc) ein- münden. Ausgekleidet ist das Atrium von einem hohen Epithel, dessen L°e:p. 2161: 2 L. v. GRAFE, ]. e..p. 344. 3 M. SCHULTZE, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald 1851. p. 49. * M. SCHULTZE, ]. e: Taf. IV, Eig. 9. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 17 längliche oder kugelige Kerne an Schnitten ein deutliches Kerngerüst in Form dunkel gefärbter Punkte aufweisen. Der Durchmesser der Kerne beträgt durchschnittlich 3 «. Unter dem Epithel liegt die vom Hautmuskelsehlauche stammende Muscularis. Die beiden rundlichen Hoden gehören dem zweiten Körperdrittel an, in welchem sie eine ventrale und seitliche Lage einnehmen (Text- fieur 2 Ze). Ihre Größe ist viel bedeutender als bei Sehultzia pellu- Rx dz d | \\ PT Vd schld t Textfig. 2. Schema des Geschlechtsapparates von Schultzia adriatica n. sp. at, Atrium genitale; ds, Bursa seminalis: de, Ductus communis der beiden Keimdotterstöcke; dz, Dotterzellen; Ard, Körnerdrüsen _ kz, Keimzellen; o, Mundöffnung; p, Penis; p99, Geschlechtsöffnung; schld, Schalendrüsen; te, linker Hoden; vd, Vas deferens desselben; »s, Samenblase. cida, während die Lage ungefähr dieselbe ist. Sie erstrecken sich von der Einmündungsstelle des Pharynx in den Darm bis in die Nähe des Geschlechtsatrium, wesshalb die Vasa deferentia (vd), um das blinde Ende der Samenblase zu erreichen, einen kleinen Bogen nach vorn beschreiben müssen. Zu beiden Seiten des Pharynx, also noch vor den Hoden, aber gleichfalls auf der Ventralseite, liegen die mächtigen Körnerdrüsen (Taf. I, Fig. 8 und 9 und Textfigur 2 krd), welche MAx SCHULTZE bei Schultzia pellucida jedoch nicht erwähnt. Es sind sehr ansehn- liche einzellige Drüsen mit großen, ovalen Kernen von 9 bis 12 u Durchmesser. Der kugelige Nucleolus misst durchschnittlich 4,3 u. Nach hinten verjüngen sich die Drüsen allmählich und endigen in lange Ausführungsgänge, welche in das Kopulationsorgan einmünden. Das männliche Kopulationsorgan (Taf. I, Fig. 2) besitzt die Form eines gebogenen Schlauches. Der distale Theil oder Penis im engeren Sinne (Taf. I, Fig. 2 » und Fig. 3) wird von einem spiralig ge- drehten Chitinbande umgeben, welches am oberen Ende eine spatel- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bad. » 2 18 Adolf Dörler, törmige Erweiterung (cd) mit einer scharfen Spitze (spx) aufweist, nach unten dagegen meist in einer schmalen Borste (Fig. 3 5) endigt,: die aber nicht von so bedeutender Länge ist, wie bei Schultzia pellueida'. An dem in Fig. 2 von Herrn Prof. Dr. Böumig abgebildeten Penis scheint die Borste nicht zur Entwicklung gelangt zu sein. Dieser chitinige Theil geht unmittelbar in die davor gelegene, erheblich längere Partie über, in welche die Samenblase und das . Körnerreservoir eingeschlossen sind. Einen genaueren Einblick in die Organisation des Kopulations- apparates können wir uns nur an Schnittserien oder durch Zerklopfen eines in Xylol aufgehellten Exemplares verschaffen. Der in Fig. 2 (Taf. II) mit p, bezeichnete Theil des Kopulations- apparates, in welchem die Samenblase und das Kornsekretreservoir eingeschlossen ist, wird mit Ausnahme der vordersten Partie von kräftigen Ringmuskeln umgeben (Taf. II, Fig. 5 m). Der vorderste, schwach muskulöse Theil (Taf. I, Fig. 8 und Taf. II, Fig. 4 vs) ent- hielt auf meinen Präparaten ausschließlich Sperma (sp). Weiter nach vorn in der Mitte von p, bemerkte ich neben dem Sperma auch Kornsekret (Taf. II, Fig. 5 sp und As), während in der hintersten Partie und im Penis im engeren Sinne nur Kornsekret anzutreffen war. Im mittleren, Sperma und Kornsekret führenden Abschnitte (Taf. II, Fig. 5) liegen die beiden Substanzen neben einander, werden jedoch durch eine Membran (mb) geschieden, durch welche das Lumen in zwei Räume von ungleicher Größe zerfällt. Weiter distalwärts ver- schwindet dann diese Membran, wodurch die seharfe Scheidung auf- gehoben wird. Der chitinige Theil des Penis (Taf. II, Fig. 2 p und Fig. 5) ent- behrt muskulöser Elemente. Seine Wandung wird gebildet von einem sehr zarten, kernführenden Epithel (Taf. II, Fig. 4 ep), auf welches nach außen eine dünne Chitinschicht (el) folgt, die das schon früher erwähnte spiralige Chitinband (cd) trägt. Die Spermatozoen (Taf. II, Fig. 7) sind von peitschenförmiger Gestalt und mit einer äußerst lebhaft schwingenden Geißel versehen. Wie bei Schultzia pellueida sind auch hier stark entwickelte, vornehmlich die Dorsalseite des Thieres einnehmende Keimdotterstöcke (Textfig. 2, Taf. II, Fig. 1 und Fig. 6 %z und dz) vorhanden. Speciell der aus Dotterzellen bestehende Theil jener Organe weist eine sehr bedeutende Entfaltung auf. Es sind zwei mächtige, von der Augen- 1 M. SCHULTZE, 1. ce. Taf. IV, Fig. 5. Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 19 gegend bis fast zum hinteren Körperende ziehende, mit zahlreichen Ausbuchtungen versehene Stränge, von denen jeder noch einen unterhalb des Darmlumens verlaufenden Ast entsendet, der bis über die Körpermitte nach vorn reicht (Taf. I, Fig. S kdst, und Taf. II, Fig. 1 dz,.. Im Schema des Geschlechtsapparates, Textfig. 2, nicht eingezeichnet). Bei manchen Individuen stehen diese ventralen Dotterstockpartien, welche stets mit einander verschmelzen und so Anlass geben künnten, von einem dritten unpaaren Dotterstocke zu sprechen, in breiter Ver- bindung mit den dorsalen Partien, bei anderen beschränkt sich diese Verbindung auf eine verhältnismäßig kleine Stelle in der Umgebung der gemeinsamen Mündung. Die durchschnittlich 77 « langen, die Keime enthaltenden Theile der Keimdotterstücke (Taf. II, Fig. 1 und 6 4z) verhalten sich im Ganzen so wie bei Schultzia pellucida, indem sie »blinde Anhänge darstellen, welehe mit einer breiten Basis, in der sich die größten Eikeime befinden, den Dotterstöcken aufsitzen< 410. Fig. 3. Geschlechtsapparat nach dem lebenden Thiere (die Hoden und Dotterstöcke sind nicht eingezeichnet, von den Uteri nur der Beginn). am, zipfel- förmig ausgezogene Partie des Atrium; at, Atrium genitale; de, Bursa copula- trix; dm, schräg verlaufende Muskelschicht der Bursa; dde, Ausführungsgang der Bursa; dbe,, Hauptast des Bursaausführungsganges; dco, Verbindungsgang zwi- schen Penis und Bursastiel; %s, Körnerdrüsen; sr, Kornsekretreservoir; ov, funk- tionirender Keimstock; ov,, rudimentärer Keimstock; p, Penis im weiteren Sinne; p,, Penis im engeren Sinne; 9g, Geschlechtsöffnung; rs, kugelförmiger Knopf des Receptaculum seminis; rs,, längliche Erweiterung des Ausführungsganges des- selben; sz, Stiel einer Binnenblase der Bursa copulatrix; ut, und ui, die Aus- - führungsgänge der beiden Uteri; vd; und vd, Vasa deferentia; vs, Samenblase; *, Übergang derselben in den Penis (im engeren Sinne). 1 Monographie der Turbellarien. II. p. 210. 40 Adolf Dörler, Fig. 4. Ein Stück aus der Wandung der Samenblase ; eu, Cutieula; ep, Epithel; ‚fbl, Fibrillen; /m, Längsmuskelschicht; n, Nucleus; nu, Nueleolus; »mı, rms, die beiden Ringmuskelschichten; sl, Sarkolemma; spl, ungefärbtes, spl,, gefärbtes Sarko- plasma. Vergr. >< 800. Fig. 5. Längsschnitt durch die Bursa copulatrix (de). de,, Sperma führende, be, granulirte Substanz enthaltende Binnenblase; dm, schräg verlaufende Muskel- schicht; dde, Ausführungsgang der Bursa; dm, Muskulatur derselben; st,, Stiel der Sperma führenden, s£,,, Stiel der gekörnte Substanz führenden Binnenblase. Vergr. >< 580. Fig. 6. Längsschnitt durch den Ausführungsgang der Bursa copulatrix. dm, Muskulatur des Bursastieles; m, Umhüllungsmuskeln seines unteren Theiles. Ubrige Bezeichnung wie in Fig. 3. Vergr. >< 410. Fig. 7—9. Schultzia adriatıca n. Sp. Fig. 7a und 75. Noch nicht ausgefärbte Thiere. Fig. 7c. Ausgefärbtes Thier kontrahirt. Fig. 7d. Ausgefärbtes Thier schwimmend. Alle vier Farben- skizzen von Herrn Prof. Dr. BöHnmIe. Fig. 8. Längsschnitt, nicht genau median getroffen. «at, Atrium genitale; au, Auge; bs, Bursa seminalis; d, Darm; de, Ductus communis; ep, Körperepithel; g, Gehirnganglion,; kdst, dorsaler Theil der Keimdotterstöcke; kdst,, unter dem Darmliumen liegender Theil derselben; Al, klumpige Gebilde im Darmepithel; krd, Körnerdrüsen; m, Mesenchym; p, Penis; »g, Geschlechtsöffnung;; ph, Pha- rynx; rd, Rhabditen; schld, Schalendrüsen; spd, Speicheldrüsen; vs, schwach muskulöser Theil des Penis (Samenblase). Vergr. >< 230. Fig. 9. Querschnitt durch die Pharynxgegend. ec, Pharynxepithel. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 8. Vergr. >< 410. Tafel II. Fig. 1—7. Schultzia adriatica n. Sp. Fig. 1. Querschnitt durch den letzten Theil des zweiten Körperdrittels. dz:, über dem Darmlumen liegende Dotterzellen; dz,, unter demselben liegende Dotterzellen; %z, Keimzellen; rn, ein Kern der Schalendrüsen; Ze, Hoden, nahe dem Beginne des Vas deferens. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 8 auf Taf. L Vergr. >< 410. Fig. 2. Penis nach dem lebenden Thiere von Herrn Prof. Dr. Bönnic. !d, Chitinband; de, Ductus ejaculatorius; p, Kopulationsorgan; p,, Samenblase und Kornsekretbehälter; spe, Spitze des Chitinbandes. Fig. 3. Chitiniger Kopulationsapparat mit Borste, gleichfalls von Herrn Prof. Dr. BönmIg nach dem lebenden Thiere gezeichnet. 5, Borste; cb, spatel- förmige Erweiterung des Chitinbandes; cd’, verschmälerte Partie desselben; de, Duetus ejaculatorius; spe, Spitze des Chitinbandes. Fig. 4 Schnitt durch das ehitinige Kopulationsorgan und die Samenblase. ch, Chitinband; el, chitinige Wandung des Ductus ejaculatorius; ep, Epithelaus- kleidung desselben; %s, das Duetuslumen füllende Kornsekret; schld, Schalen- drüsen; sp, Sperma; vs, Samenblase. Vergr. > 410. Fig. 5. Schnitt durch den Penis nahe der Umbiegungsstelle. m, muskulöse Wandung der Samenblase; md, Sperma und Kornsekret trennende Membran; n, ein Kern der Schalendrüse. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 4. Vergr. >< 580. Fig. 6. Längsschnitt durch den dorsalen Theil des Keimdotterstockes. c, Beginn des Ausführungsganges; dz, Dotterzellen; %2, Keimzellen; sp, Sperma. Vergr. >< 230, Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. 41 Fig. 7. Zwei Spermatozoen, nach lebenden Objekten gezeichnet von Herrn Prof. Dr. Bönnie. Fig. 8-12. Genostoma tergestinum (Calandruceio). | Fig. 8. Quetschpräparat. Nach einer Skizze von Herrn Prof. Dr. Bönnice. d, Darm; d:, Dotterzellen; e, muthmaßlich die Hauptstiämme des Exkretions- sefäßsystems; hdr, Schleimdrüsen; Ard, Körnerdrüsen; kz, Keimzellen; p, Penis; ph, Pharynx; ps, Penisscheide; sd, äußere Samenblasen; st, Penisstachel; Ze, Hoden; vd, Vasa deferentia; vp, verdickte Partie der Wandung des Ductus seminalis; vs, innere Samenblase; x, Organe von räthselhafter Bedeutung. Fig. 9. Längsschnitt. ci, ventrale Cilienbekleidung; gl, Gehirn; Rf, Haut- falte; Az, gemeinsamer Abschnitt der Keimdotterstöcke; m, Mesenchym; o, Mund- öffnung; oe, Ösophagus; pht, Pharyngealtasche. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 8. Vergr. >< 150. Fig. 10. Penis nach einem Längsschnitte. ep, Körperepithel; ph, Pharynx, an- geschnitten ; pht, Pharyngealtasche. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 8. Vergr. ><410. Fig. 11. Mündung des weiblichen Geschlechtsapparates nach einem Längs- schnitte. de, Ductus communis; %kz,, gemeinsamer Abschnitt der Keimdotterstöcke, speciell der Keime bereitenden Theile derselben. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 10. Vergr. x 410. Fig. 12. Organ von räthselhafter Bedeutung nach dem lebenden Thiere gezeichnet von Herrn Prof. Dr. Bönmig. a, Rosette; 5, kürzerer Theil des ge- meinsamen Rohres; ce, kugelförmige Blase; d, längerer S-förmig gebogener Theil des Rohres; e, kreisföürmiges Gebilde am Ende desselben. Fig. 13—15. Genostoma marsiliense (Calandrucecio). Fig: 13. Quetschpräparat, größtentheils nach einer Skizze von Herrn Prof. Dr. Bönmig. m, Mündungen der Pharynxdrüsen (pAd); rh, glänzende Flecken. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 8. Fig. 14. Thier kontrahirt. Fig. 15. Theil des Darmepithels nach dem lebenden Thiere gezeichnet von Herrn Prof. Dr. BöHnit. Tafel III. Fig. 1-8. DUrastoma fausseki n. £. n. Sp. Fig. 1. Querschnitt durch die Augengegend. au, Auge; d, Darm; ep, Körper- epithel; fd, Faserbündel; g/l, Gehirn; Ahdr, Hautdrüsen; 2, Linse; p:b, Pigment- becher. Vergr. >< 410. Fig. 2. Schnitt durch ein Auge. Bezeichnung wie in Fig. 1. Vergr. < 6%. Fig. 3. Halber Querschnitt durch die zweite Körperhälfte. dst, Dotterstock; kst, Keimstock; mz, Mesenchymzellen; n, Kern der Eizelle; »,, Kerne der aufge- nommenen kleinen Eizellen. Übrige Bezeichnung wie in Fig. 1. Vergr. >< 580. Fig. 4 Längsschnitt durch das hintere Körperende. de, Ductus commu- nis; dl, Dilatatormuskel, ep,, Epithel des Pharynxlumens; m/, Diaphragma im Pharynxbulbus; o, Mundöffnung; p, Penis; ph, Pharynx; phd, Pharyngealdrüsen. Übrige Bezeichnung wie oben. Fig. 5. Querschnitt durch die Samenblase. mz und mz’, der Blasenwandung anliesende Mesenchymzellen; sp, Sperma; vs, Samenblase. Vergr. >< 580. Fig. 6. Längsschnitt durch den Penis. ce, trichterförmiger Ausführungs- kanal; de, Kopulationsorgan; dp, Diaphragma am Penis; %, homogener Körper; _ ks,, Kornsekret, feinere Sorte; ks,, Kornsekret, gröbere Sorte; m, Muscularis der Kornsekretpackete; sp, Sperma; vs, Samenblase. Vergr. >< 800. 42 Adolf Dörler, Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. Fig. 7. Querschnitt durch den mittleren Theil des Penis. es wie in Fig. 6. Vergr. 410. Fig. 8A und B. Nucleolen aus den Kernen der Eizellen; bl, großes einen. bläschen; bZ,, kleinere achromatische Bläschen; ns, dunkle Körperchen. Vergr. >< 1800. Fig. 9—13. Collastoma monorchis n. £. n. Sp. Fig. 9. Konservirtes Thier von der Ventralseite gesehen. dst, Dotterstöcke; o, Mundöffnung; pg. Geschlechtsöffnung. Vergr. > 25. Fig. 10 und 11. Längsschnitte durch den Pharynx und Ösophagus. alm, äußere Längsmuskeln; arm, äußere Ringmuskeln; P: Körperepithel; ha, Haft- apparat; örm, innere Ringmuskeln; oe, Ösophagus; oe’, drüsenähnliche Ösophagus- zellen; ph, Pharynx; pte, Epithel der Pharyngealtasche; ram, Radiärmuskeln. Vergr. >< 580. Fig. 12. Querschnitt durch die Körpermitte. d, Darm; dst, Dotterstöcke; ep, Körperepithel; 7, bei der Konservirung entstandene Höhlung; m, Mesen- chym; ie, Hoden. Vergr. >< 0. Fig. 13. Querschnitt durch die Bursa seminalis. 52, Blindsack der Bursa seminalis; ds, Bursa seminalis; de, Lumen des Ducetus communis; dst, Dotter- stöcke; Ard,, Ausführungsgang der accessorischen Drüsen; n.dv, dorsoventrale Muskelfasern; vs, Samenblase (Vesieula seminalis). Vergr. >< 410. Fig. 14. Querschnitt nahe dem hinteren Körperende. dbs, Ausführungsgang der Bursa seminalis; 77, bei der Konservirung entstandene Höhlung; Akst, Keim- stöcke; m, Mesenchym; ov, Ei; p, Penis; schld, Schalendrüsen; «2, Eihälter. Vergr. 150: Untersuchungen über die Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen, Von M. Lühe, Privatdocent und Assistent am zoologischen Museum der Universität Königsberg. Mit Tafel IV—VU. Die Eidechsen-Cestoden, welche ich in Biskra gesammelt habe, gelegentlich meines dortigen Aufenthaltes während meiner mit Unter- stützung der Kgl. preußischen Akademie der Wissenschaften unter- nommenen Studienreise nach Algerien und Tunisien, gaben mir die Anregung zueiner umfassenden Bearbeitung der in Reptilien schmarotzen- den Cestoden. Dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen der Verwaltungen des Museums für Naturkunde zu Berlin, des K. K. naturhistorischen Hofmuseums zu Wien und des Nationalmuseums zu Washington, sowie ferner einer Reihe von Zoologen, welche mir Material aus ihren Privatsammlungen zur Verfügung stellten, habe ich fast sämmtliche bisher beschriebenen Arten selbst untersuchen können. Es stellte sich jedoch bei der Bearbeitung dieses umfang- reichen Materials immer mehr die Nothwendigkeit heraus, auch noch verwandte Schmarotzer anderer Wirbelthierklassen mit in den Kreis meiner Untersuchungen zu ziehen. Am nothwendigsten erschien dies bei den Bothriocephaliden. So ergab meine Untersuchung von Duthiersia fimbriata (Dies.) die Un- richtigkeit der bisherigen Auffassung der beiden Saugorgane des Scolex. Diese irrthümliche Auffassung hatte aber auch gerade die Aufstellung der besonderen Gattung für den genannten Cestoden be- dinst, eben so wie auch die Gattung Piychobothrium Lönnbg. von - LÖNNBERG auf die Form des Scolex basirt war. Nachdem meine Untersuchung von Duthiersia gezeigt hatte, dass die beiden genann- 44 M. Lühe, ten Gattungen auf Grund des Scolex nicht unterschieden werden konnten, erwuchs mir die Aufgabe, entweder diese Gattungen anders zu charakterisiren oder nachzuweisen, dass auch im übrigen Bau keine Unterschiede bestünden, welche eine generische Trennung recht- fertigen könnten. Andererseits hatte ich in einer ersten vorläufigen Mittheilung über die Eidechsen-Tänien auch die Gelegenheit wahrgenommen, zu bemerken, dass Bothriocephalus imbricatus (Dies.) (aus der Karett- Schildkröte) »zu den Bothriotänien gehöre«. Diese Notiz sollte be- sagen, dass die Art randständige Genitalöffnungen besitze und somit zu jenen Bothriocephaliden gehöre, welche von RAILLIET und RIGGEN- BACH in der Gattung Bothriotaenia Raill. zusammengefasst wurden. Ich glaubte damals noch diese zu allgemeiner Anerkennung gelangte Gattung auch meinerseits annehmen zu dürfen. Sehr bald jedoch zeigte sich mir die Unhaltbarkeit dieser Gattung und ich fand mich der Bothriotaenia gegenüber in einer ähnlichen Lage wie der Du- thiersia gegenüber. Wollte ich nicht nur zerstören, sondern auch auf- bauen, so musste ich neue Gattungsbegriffe schaften. Diese Erwägungen haben mich dazu geführt gelegentlich meiner Bearbeitung der in Reptilien schmarotzenden Bothriocephaliden auch noch eine große Zahl anderer Bothriocephaliden-Arten zu untersuchen mit dem ausgesprochenen Zwecke das System dieser Cestoden-Familie einer Revision zu unterziehen. Das System selbst, zu welchem ich auf diese Weise gelangt bin, ist inzwischen in den Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft publizirt worden. Eben so habe ich in Gestalt von »Beiträgen zur Kenntnis der Bothriocepha- liden« im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde kurze Beschreibungen einiger der von mir untersuchten Arten veröffentlicht. Im Folgenden biete ich nun das ausführliche Material, auf welchem mein System beruht, so weit die Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen in Frage kommen. Entsprechend dem Ausgangspunkte meiner ganzen Arbeit beginne ich mit einer Beschreibung des einzigen Bothriocephaliden mit mar- sinalen Genitalöffnungen, welcher bisher aus Reptilien bekannt ge- worden ist. Dann folgt eine vergleichend-anatomische Besprechung der Genitalorgane sämmtlicher Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen und den Schluss bilden einige kurze systematische Bemerkungen. | Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 45 I. Bothriocephalus imbricatus (Dies.). In seinem »Systema helminthum« hat Diesine (1850) die Species Dibothrium imbricatum aufgestellt, auf Grund von Exemplaren, welche GROHMANN in Neapel gesammelt hatte, und mit folgender Diagnose: »Caput subtetragonum apice truncatum, bothriis ovalibus an- tice convergentibus lateralibus. Collum nullum. Articuli breves subaequales. Longit. ultra '/,'; latit. postice ultra 1’”. Habitaculum. Halichelys atra: in intestinis.« Alle späteren Erwähnungen des Bothriocephalus imbricatus (in dieser Form tritt der Name meines Wissens zuerst in v. LINstow’s Kompendium der Helminthologie auf) beruhen ausschließlich auf diesen kurzen Angaben Dissine’s. Zwar findet sich ein (früher im Besitz von ED. GRUBE gewesenes) Exemplar der Art auch in der zoolo- sischen Sammlung des Museums für Naturkunde zu Berlin (Nr. 2755). Aber auch dieses Exemplar ist von GROHMANN gesammelt und ent- stammt daher, obwohl als Fundort Messina angegeben ist, vielleicht demselben Funde wie die beiden Wiener Originalexemplare (Nr. 583). Wenn als Wirth des Berliner Exemplares nur »eine große Meerschild- kröte« angegeben ist, so steht jedenfalls kaum der Annahme etwas im Wege, dass auch dies eine T’halassochelys caretta (L.) (= Halichelys atra Merr.) gewesen sei. Und wenn ferner angegeben ist, das Exemplar sei in der Leber gefunden worden, so dürfte dieser Angabe gegenüber eine gewisse Skepsis doch vielleicht berechtigt erscheinen. Wie dem auch sei, jedenfalls sind alle drei Exemplare in meinen Händen gewesen und auf Grund dieses Materials will ich im Folgen- den die bisher noch so gut wie unbekannte Art näher charakterisiren. Bei dem Alter des Materials wird es allerdings erklärlich erscheinen, wenn meine Schilderung noch manche Lücke aufweist. Der Scolex (cf. Taf. V Fig. 14) ist gegen die Strobila scharf abgesetzt und etwa 1 mm lang. Sein Querdurchmesser ist am Hinter- ende am größesten, etwa 0,66 mm; nach vorn zu wird er allmählich geringer und beträgt nahe dem abgestumpften Vorderende nur noch 0,5 mm. Die beiden flächenständigen Sauggruben besitzen verhältnis- mäßig wenig vorspringende, wulstige Seitenränder, welche dem Sco- lex ein ausgesprochen viereckiges Aussehen verleihen, wie dies ja schon DIESING in seiner Diagnose hervorhebt. In Folge seiner Ver- _ schmächtigung nach vorn zu hat demnach der Scolex ziemlich ge- nau die Form einer vierseitigen abgestutzten Pyramide. 46 M. Lühe, Ein Hals fehlt vollkommen, vielmehr setzt sich die Strobila direkt der Basis des Scolex an, um Anfangs rasch an Breite .zuzu- nehmen. Die einzelnen Proglottiden sind wesentlich breiter als lang: geschlechtsreife Glieder haben eine Breite von 2,5 mm bei einer Länge von nur 1 mm, während der Sagittaldurchmesser kaum !/, mm erreicht (vgl. die in gleichem Maßstabe gezeichneten Fig. 4 und 10 auf Taf. V). Die Gliederung ist auch äußerlich deutlich ausgeprägt (vgl. den Sagittalschnitt Taf. V, Fig. 9); der Habitus der ganzen Dtrobila gleicht in Folge dessen demjenigen von Bothriocephalus latus und verwandten Arten mehr als dem der meisten anderen Bothrio- cephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. Von letzteren verhält sich einzig und allein Bothriocephalus microcephalus Rud. ähnlich, welchem unsere Art auch im gesammten anatomischen Bau außer- ordentlich nahe steht (vgl. Taf. V, Fig. 11). Das Genitalatrium mündet bei Bothriocephalus imbricatus, wie schon soeben angedeutet, am Seitenrande der Proglottis nach außen und zwar ungefähr in der Mitte desselben (vgl. Taf. V, Fig. 4 und 10) und unregelmäßig abwechselnd bald rechts bald links. Die Uterusmündung dagegen liegt auf der Ventralfläche, ganz am Vorderende der Proglottis, dergestalt, dass die Öffnung fast noch be- deckt wird von der das Hinterende der nächstvorhergehenden Pro- glottis bildenden Falte (vgl. Taf. V, Fig. 12). Nie liegt sie, so weit ich gesehen habe, median, sondern immer seitlich verschoben, unge- fähr an der Grenze des mittleren und seitlichen Drittels der Proglottiden- breite (vgl. Taf. V, Fig. 4 und 6 utm) und zwar eben so wie die marginalen Genitalöffnungen unregelmäßig abwechselnd, bald rechts bald links. Eine Beziehung zu der Lage dieser letzteren besteht hierbei nicht: ich habe bei zwei auf einander folgenden Proglottiden mit am gleichen Rande gelegenem Genitalatrium die Uterusmündung das eine Mal rechts, das andere Mal links liegend und eben so auch umgekehrt bei zwei auf einander folgenden Proglottiden mit auf der gleichen Seite gelegener Uterusöffnung Cirrus und Vagina das eine Mal rechts, das andere Mal links ausmünden sehen. Die Hodenbläschen (Taf. V, Fig. 4—9 A) haben vollständig dieselbe Lage wie bei Bothriocephalus microcephalus Rud., sind je- doch etwas größer und dafür etwas weniger zahlreich. Mehrfach fand ich einen Durchmesser von 0,09 mm, während der größte von Marz (1892) bei B. microcephalus gemessene nur 0,073 mm beträgt. Da- segen fand ich niemals die einzelnen Hodenbläschen so dicht an ein- ander gedrängt, wie Marz dies in seiner Fig. 19 zeichnet, vielmehr Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 47 zählte ich auf entsprechenden Querschnitten meistens nur acht bis zehn, höchstens zwölf Hodenbläschen (gegen 18 in der eitirten Figur). Dieselben liegen jederseits im Markparenchym zwischen dem median gelagerten Uterus und den beiden Hauptlängsnerven, welche sie mar- sinalwärts eben so wenig überschreiten wie dies bei Triaenophorus _ nodulosus oder bei Bothriocephalus rugosus, infundibuliformis, fragilis, microcephalus der Fall ist, im Gegensatz zu den Bothriocephaliden mit flächenständiger Ausmündung von Cirrus und Vagina (z. B. Bothriocephalus latus). Wie bei Bothriocephalus microcephalus sind sie, im Gegensatz zu dem Verhalten bei fast allen anderen Cestoden der ventralen Fläche etwas mehr genähert wie der dorsalen, was mit der weiter unten zu besprechenden dorsalen Lage der Dotter- stöcke zusammenhängt. Die beiden seitlichen Hodenfelder sind nicht vollständig von einander getrennt, vielmehr verläuft am Hinterende der Proglottis hinter dem Ovarium eine Reihe von Hodenbläschen quer durch die ganze Proglottis. Das Vas deferens zeigt keine wesentlichen Besonderheiten im Vergleich zu anderen Bothriocephalen mit marginaler Genitalöffnung PBothriotänien« im Sinne RAILLIET's und RIGGENBAcH’s. Es ent- steht aus der Vereinigung der Vasa efferentia in der Nähe des Hinter- endes der Proglottis, seitlich und etwas dorsal von dem median ge- legenen Ovarium und verläuft im Wesentlichen in schräger Richtung nach vorn und zugleich dem nächstgelegenen Seitenrande zu, aller- dings nicht direkt, sondern unter Bildung zahlreicher Schlingen und Windungen, welche in geschlechtsreifen Proglottiden stets prall mit Sperma gefüllt erscheinen. Eine (außerhalb des Cirrusbeutels ge- legene) Vesicula seminalis fehlt eben so gut wie bei allen anderen Bothriocephaliden mit marginaler Genitalöffnung. Der Cirrusbeutel (Taf. V, Fig. 4 und 10 cd, Taf. VII, Fig. 31) zeichnet sich durch seine auffällige Größe aus (Länge 0,500 mm, Querdurchmesser 0,125 mm); auch hierin also gleicht die in Rede stehende Art dem Bothrio- cephalus microcephalus Rud. im Gegensatz zu anderen »Bothriotä- nien«, namentlich zu Boihriocephalus rugosus Rud., infundibuliformis Rud. und dem diesen beiden Arten nahe verwandten fragelis Rud. Und während bei diesen drei Arten der Nerv dorsal von den Geni- talleitungswegen verläuft, liegt er bei Bothriocephalus imbricatus (Dies.) eben so wie bei Bothriocephalus microcephalus Rud. gerade umgekehrt ventral von denselben. Die Vagina mindet an den. von mir daraufhin untersuchten - Proglottiden dorsal und hinter dem Cirrusbeutel aus (vgl. Taf. V, 48 M. Liühe, Fig. 4 und 10 v). Bothriocephalus imbricatus gleicht also hierin dem Bothriocephalus microcephalus Rud. und der Bothriotaenia chilensis Risgenb., während bei den übrigen »Bothriotänien« die Vagina neben und vor dem Cirrusbeutel ausmündet. Ich glaube indessen, dass auf diese Differenz kein allzugroßes Gewicht gelegt werden darf. Das Lageverhältnis der männlichen und weiblichen Genitalöffnung weist bei den Cestoden Variationen auf, auf welche bisher noch nicht genügend geachtet worden zu sein scheint. Wenigstens sind bisher nur vereinzelte Fälle solcher Variationen bekannt geworden. So führt 2. B. MAROTEL an, dass bei Ichthyotaenia Calmettei Barı. (= Ich- thyotaenia LJaillieti Marotel) die Vagina bald vor bald hinter dem Cirrusbeutel ausmünde, eine Beobachtung, die ich auch für mehrere verwandte Arten bestätigen konnte. Die gleiche Variation findet sich allem Anschein nach ferner bei Dipylidium echinorhynchoides (Sons.), während bei anderen Cestoden in ähnlicher Weise die Vagina bald dorsal bald ventral vom Cirrusbeutel ausmündet. Dies gilt nicht nur für Bothriocephalus infundibuliformis, für welchen schon Marz darauf aufmerksam macht, sondern eben so gut auch für Bothrio- cephalus rugosus und dieselbe Variation ist kürzlich von ZSCHOKKE bei Bertia obesa Zsch. gefunden worden. Die gegenseitige Lage der Genitalöffnungen verliert durch diese Beobachtungen entschieden an systematischem Werth; vor Allem aber ist es zur genauen Fest- stellung der diesbezüglichen Verhältnisse nothwendig eine verhält- nismäßig große Zahl von Proglottiden zu untersuchen, was weder immer geschehen noch auch immer möglich ist. Der Keimstock liegt median nahe dem Hinterende der Proglottis, von diesem, wie schon oben angeführt, durch eine einfache Reihe von Hodenbläschen getrennt (vgl. Taf. V, Fig. 9. Er stellt eine verhältnismäßig sehr flache Zellplatte dar: sein Sagittaldurchmesser beträgt nur bis zu ca. 0,05 mm gegenüber einem Transversaldurch- messer von über 0,5 mm und einem Längsdurchmesser von ca. 0,3 mm. Seine Form ist eine außerordentlich unregelmäßige in Folge der star- ken Lappung und, während der Keimstock im Ganzen genommen der ventralen Muskelschicht unmittelbar anliegt, drängen sich die einzel- nen Ovarialschläuche mehr oder weniger tief zwischen die Längs- muskelbündel hinein, derart, dass sie z. Th. sogar zwischen denselben hindurch noch nach außen bis in die Rindenschicht hineinragen (vgl. Taf. V, Fig. 7 ov). In Flächenansicht erinnert der Keimstock an den- jenigen von Bothriocephalus latus. Der Keimgang entspringt an der konkaven hinteren Begrenzung Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 49 des Keimstockes ungefähr in der Medianebene und verläuft nach hinten und gleichzeitig schräg nach dem der Genitalöffnung gegen- überliegenden Rande zu, um sich sehr bald — seine Länge beträgt kaum 0,1 mm — mit der Vagina zu vereinigen, welche das Mark- parenchym von der dorsalen nach der ventralen Fläche zu in schräger Richtung durchsetzt hat und zwar unter Bildung verhältnismäßig recht starker Windungen (vel. Taf. V, Fig. 5). Ein Receptaculum semi- nis, wie wir ein solches beispielsweise bei Bothriocephalus latus und verwandten Arten finden, fehlt bei Bothriocephalus imbricatus eben so vollständig, wie bei den meisten anderen Bothriocephaliden mit marginaler Genitalöffnung. | Der aus der Vereinigung von Keimgang und Vagina hervor- gehende Befruchtungsgang verläuft Anfangs gleichfalls noch eine Strecke weit nach hinten, um jedoch bald (hinter dem weiter unten zu erwähnenden Dotterreservoir) in leicht schräger Richtung auf die Dorsalseite hinüberzutreten und sich hier dann wiederum nach vorn zu wenden, der Schalendrüse zustrebend, welche bei Bothrro- cephalus imbricatus eben so wie bei der Mehrzahl der Bothriocepha- liden dem hinteren Theile des Keimstockes dorsal gegenüber liegt. Taf. V, Fig. 5 zeigt bei dg, den Querschnitt durch den absteigen- den Schenkel des Befruchtungsganges, dicht hinter seiner Entstehung aus Keimgang und Vagina, und bei dg, den Querschnitt durch den ‚aufsteigenden Schenkel desselben, kurz vor seinem Eintritt in den Komplex der Schalendrüse. Die Dotterstöcke, deren Lage bei den verschiedenen Bothrio- cephaliden so erhebliche Differenzen aufweist, sind bei Bothriocepha- lus imbricatus in sehr charakteristischer Weise angeordnet und zwar sehr ähnlich wie bei Bothriocephalus microcephalus. Wie man bei Bothriocephalus latus und Verwandten ein Mittelfeld unterscheidet, in welchem das Ovarium liegt und der Uterus sich entwickelt, und zwei Seitenfelder, welche Hoden und Dotterstöcke enthalten, so kann man in ähnlicher Weise bei Bothriocephalus imbricatus nach der Anordnung der Genitalorgane fünf Längsfelder unterscheiden, die auch alle ungefähr die gleiche Breite besitzen. Das mittelste dieser fünf Felder entspricht vollständig dem Mittelfelde von Bothriocephalus latıs. In ihm liegt die Hauptmasse des Keimstockes und der die Markschicht hier fast ganz ausfüllende Uterus; aber auch einzelne Dotterstocksfollikel finden sich hier und zwar in einer einfachen Schieht an der Dorsalfläche, zwischen inneren Längsmuskeln und - (inneren) Transversalmuskeln (vgl. Taf. V, Fig. 6ds). Nur in der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. ; 4 50 M. Lühe, Nähe des Hinterendes der Proslottis freilich bilden diese Dotterstocks- follikel ein einheitliches Band quer durch das ganze Mittelfeld. hin- durch, weiter nach vorn reichen sie beiderseits nicht bis an die Mittellinie heran (vgl. Taf. V, Fig. 4). Erhält das Mittelfeld sein Gepräge wesentlich durch den sich in ihm entwickelnden Uterus, so geschieht dies bei den beiden ihm benachbarten und marginalwärts durch die Längsnerven begrenzten Seitenfeldern durch die Hoden. Diese liegen, wie schon früher er- wähnt, ventral; dorsal von ihnen finden sich wiederum Dotterstocks- follikel, welche hier jedoch nicht auf eine einfache Schicht zwischen innerer Längs- und (innerer) Transversalmuskulatur beschränkt sind, sondern sich auch noch ventral von den Transversalmuskeln finden, zwischen diesen und den Hoden (vgl. Taf. V, Fig. 6). Marginal vom Nerven finden sich, wie gleichfalls schon oben erwähnt wurde, keine Hodenbläschen mehr; jedoch verläuft der Nerv nicht so dicht am Seitenrande wie bei Z’riaenophorus nodulosus oder bei Dothriocephalus rugosus, infundibuliformis, fragilis, er ist viel- mehr wie bei Dothriocephalus microcephalus etwas weiter nach innen verlagert und der ganze Raum marginal von ihm und zwischen den inneren Längsmuskeln wird von Dotterstocksfollikeln erfüllt, welche so dicht gedrängt sind, dass sie sich vielfach gegenseitig abplatten. Die am oberflächlichsten gelagerten Follikel schieben sich hier auch z. Th. zwischen zwei benachbarte Längsmuskelbündel ein, diese so aus einander drängend (vgl. namentlich Taf. V, Fig. 5 und 6). In der der Genitalöffnung zugewandten Hälfte der Proglottis liegen die Dotterstöcke fast nur vor und hinter dem Cirrusbeutel und Vas deferens (Taf. V, Fig. 10), welche in Folge ihrer vergleichs- weise mächtigen Entwicklung nur wenig Raum zwischen sich und den Längsmuskeln frei lassen. Wenn daher auch dorsal von ihnen die Dotterstocksfollikel nicht gänzlich fehlen, so sind sie doch außer- ordentlich spärlich und auf Schnitten ist nur hier und da einer sicht- bar. Dagegen sind die Dotterstöcke zweier benachbarter Proglottiden eben so wenig von einander getrennt wie die Hoden. Die Dottergänge habe ich an dem von mir untersuchten alten Materiale nieht mit Sicherheit verfolgen können. Ein scharf be- srenztes Dotterreservoir (Taf. V, Fig. 8 dr) ist vorhanden; es ist wie bei Bothriocephalus microcephalus Rud. kugelrund, liest in der Nähe des Hinterendes der. Proglottis in der Medianebene und zwar auch in sagittaler Richtung ungefähr in der Mitte der Markschicht und bedingt den oben geschilderten U-förmigen Verlauf des Befruchtungs- Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 51 gsanges. Die Schalendrüse (Taf. V, Fig. 8 sch) ist stark entwickelt, sie liegt dorsal der (inneren) Transversalmuskelschicht unmittelbar an. An dem Uterus von Bothrriocephalus imbricatus lassen sich zwei scharf gesonderte Abschnitte unterscheiden, welche allerdings hin- sichtlich ihres räumlichen Umfanges sowohl wie hinsiehtlich ihrer physiologischen Bedeutung durchaus ungleichwerthig sind. Der größte Theil des Uterus nämlich bildet einen stark gewundenen Kanal, welcher einen unentwirrbaren im Mittelfelde der Proglottis liegenden Knäuel bildet. Sein Durchmesser ist sehr gering, so dass die gedeckelten Eier (Länge 0,056 mm, Breite 0,055 mm) fast überall nur in einer ein- fachen Reihe hinter einander angeordnet sind; an dem von mir unter- suchten Materiale umschließen sogar die Wände des Uterus die ein- zelnen Eier so eng, dass derselbe ein perlschnurartiges Aussehen gewinnt. Dieser Kanal mündet nun aber wie bei Bothriocephalus microcephalus Rud. nicht direkt nach außen, sondern in einen kleinen spaltförmigen Hohlraum (Taf. V, Fig. 4 und 6 bei aim, Fig. 12 und 15), dessen Tiefe in sagittaler Richtung 0,2 mm beträgt, größter Durch- messer in transversaler Richtung im Mittel 0,04 mm, dessgleichen in der Längsrichtung O,1 mm. Seine 0,02—0,04 mm dicke zellige Wandung lässt nicht die geringste Ähnlichkeit mit derjenigen des eigentlichen Uterus erkennen und erinnert, so weit der histologisch absolut unge- nügende Erhaltungszustand des von mir untersuchten alten Materials ein Urtheil gestattete, durch ihren Reichthum an dicht gedrängten spindelförmigen Zellen mehr an die Subeutieula.. Wenn ich gleich- wohl mich genöthigt sehe, diesen Hohlraum nicht als eine Einstül- pung der äußeren Haut nach Analogie des Genitalatriums, sondern als den atriumähnlich erweiterten Endabschnitt des Uterus aufzu- fassen, so beruht dies darauf, dass erstens die Cuticula der Haut- schicht sich nicht in ihn hinein umschlägt, sondern an seiner äußeren Öffnung endet, wie an der Uterusmündung der anderen Bothriocepha- liden, sowie dass ferner der Endabschnitt des Uterus von Bothrio- cephalus plicatus Rud. eine ähnliche Modifikation seines Baues erfahren hat. Wenn dagegen RıcGsrngacH (1896) im Anschluss an die An- gaben von Marz über Bothriocephalus microcephalus Rud. dieses Organ direkt mit der Uterushöhle von Bothriocephalus rugosus (Gze.) und infundibuliformis Rud. homologisirt, so scheint es mir zum mindesten fraglich, ob dies berechtigt ist. Ist doch die Uterushöhle dieser beiden Arten keineswegs ein erweiterter End-Abschnitt des Uterus, wie RIGGENBACH anzunehmen scheint, sondern der die sich entwickelnden Eier bergende Haupt-Abschnitt desselben. Ich komme 4* 52 M. Lühe, auf diese Frage in dem nächsten, vergleichend-anatomischen Kapitel noch einmal zurück, will jedoch zuvor noch einige ergänzende -An- gaben über die Anatomie der Proglottiden von Bothriocephalus im- bricatus (Dies. nachtragen. (Einen Scolex habe ich nicht geschnitten.) Was zunächst die Cuticula anbetrifft, so ist deren Dieke nicht überall die gleiche. Wie bei allen gegliederten Cestoden ist sie viel- mehr am dünnsten (ca. 0,005 mm) an der freien Hinterfläche der Proglottis, während sie an der Außenfläche in der Richtung von vorn nach hinten zu allmählich dieker wird, um schon wesentlich vor der die Außen- und Hinterfläche von einander trennenden Kante ihre größte Dicke von 0,012—0,016 mm zu erreichen. An dem von mir untersuchten alten Materiale ließ sie sehr deutlich eine Zusammen- setzung aus zwei verschiedenen Schichten erkennen, welche ungefähr gleich diek sind und sich außer durch ihre Struktur auch durch ihr Verhalten Farbstoffen gegenüber unterscheiden. Eine innere, an- scheinend homogene, sich mit Thionin nur schwach färbende Schicht wird von einer äußeren Schicht überkleidet, welche senkrecht zur Oberfläche fibrillär zerfallen ist und sich mit Thionin sehr stark färbt. Ob diese Bilder in der Struktur des lebenden Objektes, in dem Vor- handensein eines Haarbesatzes der Cuticula begründet sind, wie ich ihn z. B. bei Triaenophkorus nodulosus (Pall.) gefunden habe, kann natürlich nur durch die Untersuchung gut konservirten Materials entschieden werden. Von Nerven habe ich nur die beiden Hauptnerven, dagegen keine Nebennerven wahrnehmen können. Die nöthigen Angaben über den Verlauf der ersteren sind schon weiter oben gemacht worden, ge- legentlich der Besprechung der Genitalleitungswege bez. der Lage von Hoden und Dotterstöcken. Über das Wassergefäßsystem kann ich nichts Genaues berichten. Ich muss mich vielmehr auf die Angabe beschränken, dass wie bei fast allen Bothriocephaliden Inselbildung eine große Rolle spielt und wohl auch in Folge hiervon regelmäßige Längsstämme kaum zu unterscheiden sind, während die einzelnen Gefäße sämmtlich nur sehr geringes Kaliber besitzen. Eine eingehendere Besprechung dagegen verdient die Muskulatur, welche manche Besonderheiten aufweist. Abweichend von ihrem Ver- halten bei der Mehrzahl der Bothriocephaliden treten die Fasern der inneren Längsmuskeln in verhältnismäßig großer Zahl zu sehr starken Bündeln zusammen, welche nur in einer einfachen Schieht angeordret sind (Taf. V, Fig. 4—8 m%). Ferner schiebt sich zwischen innerer Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 53 und äußerer Längsmuskulatur eine äußere Transversalmuskelschicht ein, wie sie mir bisher in ähnlicher Anordnung nur von Schistocepha- lus nodosus (Rud.) bekannt war. Diese äußeren Transversalmuskeln sind sogar bei Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcephalus Rud. (dessen Muskulatur mit derjenigen von B. imbricatus vollstän- dis übereinstimmt) stärker entwickelt als die inneren. Bemerkens- werth ist auch, dass beide Transversalmuskelschichten sich an der Grenze zweier Proglottiden nicht unerheblich verstärken (vgl. Taf. V, Fig. 6, 9 und il), da hierdurch der Übergang vermittelt wird zu- dem Verhalten bei manchen Vogeltänien, bei welchen sich gleichfalls an der Grenze zweier Proglottiden zwei (ein inneres und ein äußeres) starke Transversalmuskelbündel finden, ohne dass sonst eine konti- nuirliche äußere Transversalmuskelschicht vorhanden wäre. Jedenfalls hat die Muskulatur von Schistocephalus nicht mehr die Sonderstellung, welche ich ihr noch kürzlich anwies. Ich hoffe auf diese Verhältnisse gelegentlich noch einmal ausführlicher zurückkommen zu können. Il. Die Genitalorgane der Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. In der vorstehenden Schilderung der Genitalorgane von Bothrio- cephalus imbricatus sind wiederholt auch andere Arten zum Vergleich herangezogen worden, namentlich ist häufig auf die große Ähnlichkeit mit Bothriocephalus microcephalus Rud. aufmerksam gemacht worden. Immerhin musste ich mir in dieser Beziehung eine gewisse Beschrän- kung auferlegen, im Interesse einer zusammenhängenden Darstellung des Baues der einen, in erster Linie in Betracht kommenden Art. Es scheint mir desshalb zweckmäßig, das Versäumte nachzuholen und durch eine Vergleichung der Genitalorgane aller bekannten Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen, wenn möglich, eine Grundlage für deren Klassifikation zu gewinnen. Außer den von RIGGENBACH in der Gattung Bothriotaenia Raill. zusammenge- fassten Arten kommt hierbei besonders noch Triaenophorus nodulosus (Pall.) Rud. in Frage. Mehrere Arten habe ich selbst untersucht, und zwar Triaenophorus nodulosus (Pall.) Rud., sowie Bothriocephalus plı- eatus Rud., fragilis Rud. und rugosus Rud.; von Bothriocephalus in- Fundibuliformis Rud. lagen mir nur unreife Exemplare vor; Bothrio- cephalus microcephalus Rud. konnte ich auf Grund der mir von Herrn Prof. SEELIGER gütigst zur Verfügung gestellten Originalpräparate von MATz aus eigener Anschauung kennen lernen. Hinsichtlich aller 54 M. Lühe, übrigen Arten bin ich dagegen allein auf die vorhandenen Litteratur- angaben! angewiesen, welche indessen leider zu einem erschöpfenden Vergleich nicht ausreichen. Verhältnismäßig am genauesten sind noch die Angaben FuHrMmANN’s über Bothriocephalus rectangulum Bud. trotz des Fehlens von Abbildungen, ohne welche doch aber z. B. das gegen- seitige Verhältnis von Vagina, Oviduct, Befruchtungsgang, Dottergang, Schalendrüse und Uteringang kaum anschaulich gemacht werden kann. Betrachten wir zunächst die Lage der Genitalöffnungen, Die Angabe RıGGEnBAcH’s (1896), dass bei allen »Bothriotänien« (d. h. Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen exkl. Triaenopho- rus) sich die Uterusöffnung vor der randständigen Genitalöffnung be- finde, kann ich bestätigen und zugleich noch etwas ergänzen. Bei Triaenophorus nodulosus hat schon STEUDENER (1877) dasselbe Lage- verhältnis beobachtet und bei zwei bisher anatomisch noch unbekann- ten Arten, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte (außer dem vorstehend geschilderten Bothriocephalus imbricatus [Dies.] noch Bothriocephalus fragilis Rud.), findet es sich gleichfalls. Ich glaube aber, man kann noch weiter gehen und sagen, dass die Uterusmün- dung stets in der Nähe’ des Vorderendes der Proglottis liegt, während die marginalen Genitalöffnungen mit einziger Ausnahme von Bothrio- taenia chilensis Riggb., bei welcher sie nach RIGGENBACH (1897) dem Hinterende der Proglottis stark genähert sind, ungefähr in der Mitte des Seitenrandes liegen. Auch für Triaenophorus nodulosus (Pall.), bei welchem man in Folge des Fehlens der äußeren Gliederung eine scharfe Messung nicht vornehmen kann, trifft diese Angabe wenig- stens annähernd zu. | Die randständigen Genitalöffnungen scheinen stets, wie dies gleichfalls schon RIGGENBACH betonte, unregelmäßig abwechselnd zu sein. Indessen ist dieser Wechsel nicht immer ein häufiger. Für Triaenophorus nodulosus (Pall.) giebt schon STEUDENER (1877) an, dass häufig eine Reihe von Genitalöffnungen hinter einander an demsel- ben Seitenrande liegen; auch für Bothriocephalus rugosus Rud. liegen ähnliche Beobachtungen vor: z. B. nennt LÖNNBERG (1889) die Geni- talöffnungen »Vage alternae (saepe aliquot secundae)«.. Wenn LÖnn- BERG (1889) Anfangs glaubte, dass Bothriocephalus suecieus Lönnbe. (= B. infundibuliformis Rud.) einseitige Genitalöffnungen hätte, so hat sieh dies inzwischen als ein Irrthum herausgestellt, der durch die auch hier vorhandene Seltenheit des Wechsels veranlasst war. ! Vgl. das am Schluss der Arbeit folgende, nach Arten geordnete Littera- turverzeichnis. ‚Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 55 Desshalb glaube ich auch kein Gewicht darauf legen zu dürfen, dass ich bei den wenigen von mir untersuchten Proglottiden von Bothrio- cephalus fragilis Rud. die Genitalöffnungen sämmtlich an ein und demselben Seitenrande beobachtete — desshalb glaube ich, dass auch die Angabe ArıoLa’s, bei Dothriocephalus dalmatinus Stoss. seien die Genitalöffnungen einseitig, mit Vorsicht aufzunehmen ist. Bei Bothrio- cephalus plicatus Rud., bei welchem Arıora (1896) gleichfalls ein- seitige Genitalöffnungen angiebt, hatte schon LÖnnBEre (1891) fest- sestellt, dass sie unregelmäßig abwechselnd seien, und ich finde auf meinen Präparaten einen sogar häufigen Wechsel. Eben so giebt Liyron (1897) für Dibothrium hastatum Lint. an, dass die Genital- öffnungen unregelmäßig abwechseln und in der Regel nur je zwei bis drei hinter einander an demselben Rande liegen. Häufig ist auch der Wechsel, welchen Marz (1892) bei Bothrio- cephalus microcephalus Rud. und ich selbst bei Dothriocephalus imbri- catus (Dies.) beobachtet haben, indessen ist bei beiden Arten die Zahl der untersuchten Proglottiden zu gering, um ein sicheres Urtheil zu gestatten. Über die Häufigkeit oder Seltenheit des Wechsels bei Bothriotaenia chrlensis Riggb. und Bothriocephalus rectangulum Rud. liegt eine sichere Angabe nicht vor: wenn für letztere Art ARIOLA (1899) anführt, dass immer je zwei auf einander folgende Proglot- 'tiden die Genitalöffnungen auf derselben Seite zeigten, so steht dem die Angabe Funrumann’s (1896) entgegen, welcher einen unregel- mäßigen Wechsel beobachtete. Bei Bothriocephalus longispieulus Stoss. sollen die Genitalöffnungen regelmäßig alterniren. Für Bothriocepha- Zus palumbi Montic. endlich fehlt jede diesbezügliche Angabe. Wechselvoller ist die Lage der Uterusmündung, welche allerdings stets, wie schon angeführt, in der Nähe des Vorderendes der Pro- glottis liegt. Bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuliformis Rud., fragelis Rud., rectangulum Rud. liegt sie jedoch in der Mittel- linie oder doch wenigstens annähernd median, eben so anscheinend bei Bothriocephalus dalmatinus Stoss. Auch bei Bothriotaemia chi- lensis Riggenb. scheinen die unregelmäßigen Abweichungen von der Medianlinie nicht erheblich zu sein. Bei Bothriocephalus microcepha- Zus Rud. und imbricatus (Dies.) ist sie dagegen meist nicht unbeträcht- lich seitlich verschoben, unregelmäßig abwechselnd, bald rechts, bald links, und zwar ohne dass sich Beziehungen zur Lage der gleichfalls unregelmäßig abwechselnden randständigen Genitalöffnungen erkennen ließen. Bei 7riaenophorus nodulosus Rud. ist sie gleichfalls häufig nicht median, sondern ein wenig seitlich verschoben, hier jedoch dann 56 M. Lühe, stets so, dass sie von dem die Genitalöffnung tragendem Gliedrande etwas weiter entfernt ist, als von dem derselben gegenüberliegenden. Bei Dothriocephalus plicatus Rud. endlich liegt sie niemals median und zeigt sie gleichfalls Beziehungen zur Lage der marginalen Geni- talöffnungen; hier jedoch ist sie dem die Genitalpori tragenden Glied- rande stets genähert, und zwar so stark genähert, dass man sie als submarginal bezeichnen kann (vgl. Taf. IV, Fig. 1). Dass auch bei Bothriocephalus plicatus Rud. trotz der großen Kürze der Proglottiden die Uterusmündung vor der randständigen Genitalöffnung liegt, spricht sich darin aus, dass erstere auf der Vorderfläche des freien Seiten- blattes der Proglottis liegt, und zwar etwas näher nach dessen proxi- maler Basis zu (vgl. Taf. VI, Fig. 18). Für Bothriocephalus palumbi Montie. und Zongispiculus Stoss. fehlt jede Angabe über die Lage der Uterusöffnung. Von den männlichen Genitalorganen zeigen die Hoden eine sehr verschiedene Lage bei verschiedenen Arten. (Für die beiden eben genannten Arten fehlen allerdings auch hierüber wie überhaupt über alle noch zu besprechenden anatomischen Verhältnisse jegliche An- gaben.) Bei Triaenophorus nodulosus Rud. und bei Bothriocephalus pli- catus Rud. ist ein deutliches hodenfreies Mittelfeld nicht vorhanden, wohl aber bei allen anderen Arten. Bei Triaenophorus erfüllen die Hodenbläschen die ganze Markschicht, so weit dieselbe nieht von an- deren Organen eingenommen wird; bei Bothriocephalus plicatus Rud. da- gegen sind sie auf eine, meist einfache dorsale Schicht beschränkt (vgl. Taf. IV, Fig. 1%). Bei Bothriocephalus microcephalus Bud. und imbr:i- catus Dies. sind sie im Gegentheil, wie oben geschildert, der Ventral- fläche etwas genähert, in Folge der im dorsalen Theil der Markschicht liegenden Dotterstöcke. Bei Bothriocephalus chilensis Riggenb., bei welchem gleichfalls die Hoden und die in der Markschicht liegenden Dotterstöcke sich bei Flächenansicht decken, erfahren wir nichts da- von, ob die einen dorsal, die anderen ventral liegen, oder ob etwa Hodenbläschen und Dotterstocksfollikel bunt durch einander gewürfelt sind, wie bei einer von mir untersuchten neuen Bothriocephaliden- Speeies mit dorsalen Genitalöffnungen (Taphrobothrium Japonense m. aus Muraenesoz cinereus). Bei den anderen Species mit zwei seitlichen Hodenfeldern (Bothriocephalus rugosus Rud., infundibuliformis Rud., fragilis Rud.,. dalmatinus Stoss., rectangulum Rud.) erfüllen die Hoden anscheinend die ganze Markschicht dieser Seitenfelder ohne eine aus- gesprochen dorsale oder ventrale Lagerung erkennen zu lassen. Bemerkenswerth sind noch die Lagebeziehungen zwischen den Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 57 Hoden und den Längsnerven. Während bei Bothriocephaliden mit flächenständigen Genitalöffnungen, z. B. bei Bothriocephalus latus Brems., die Längsnerven weit nach innen verlagert erscheinen und die Mehrzahl oder doch wenigstens eine verhältnismäßig große Zahl von Hodenbläschen zwischen den Längsnerven und dem Seitenrande liegen, ist dies bei Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen anscheinend nie der Fall. Meist verläuft der Nerv in der Nähe des Seitenrandes, nur bei Bothriocephalus microcephalus Rud. und imbri- catus (Dies.) ist er in Folge der Lagerung der Dotterstöcke mehr nach innen verdrängt. Aber auch bei diesen beiden Arten bildet eben so wie bei fast allen anderen der Nerv die äußere Grenze des Hodenfeldes. Von den mir bekannten Arten macht einzig und allein Bothriocephalus plicatus Rud. eine Ausnahme, bei welchem einzelne Hodenbläschen auch noch dorsal und marginal vom Längsnerven liegen (vgl. Taf. IV, Fig. 1 links beir). Für Bothriocephalus rectangulum Rud. und dalmatinus Stoss., sowie für Bothriotaenia chilensis Riggenb. fehlen bisher noch entsprechende Angaben. Das Vas deferens ist bei allen Arten stark geschlängelt, indessen nicht bei allen in gleicher Weise. Bei Bothriocephalus microcephalus Rud. und imdricatus (Dies.) erstrecken sich die Schlängelungen un- verändert über den ganzen Verlauf des Vas deferens und bilden so einen Knäuel, welcher sich von dem inneren Ende des Cirrusbeutels ‚schräg nach innen und hinten bis an die Medianlinie und fast an das Hinterende der Progloitis ausdehnt. Bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuliformis Rud. und fragilis Rud. ist der von den Schlingen des Vas deferens gebildete Knäuel gleichfalls sehr lang gestreckt (vgl. Taf. IV, Fig. 3 vd und vd,), er zeigt jedoch einen, wenn auch gering- fügigen Unterschied gegenüber den beiden vorigen Arten in so fern, als er einerseits nicht so stark schräg nach hinten geneigt ist und außerdem nicht als kompakter Knäuel bis an den Cirrusbeutel heran- reicht. Vielmehr ist ein kurzer Endabschnitt des Vas deferens sehr viel schwächer geschlängelt und das allerletzte Ende vor dem Ein- tritt in den Cirrusbeutel verläuft sogar häufig vollständig gestreckt. Dies Letztere gilt, wie mit Rücksicht auf die Querschnittszeichnung von Marz ausdrücklich hervorgehoben werden muss, auch für Bothrro- cephalus rugosus (Gze.). Sehr viel wesentlicher sind die Abweichungen, welche Triaeno- phorus nodulosus (Pall.) und Bothriocephalus plicatus Rud. zeigen. Bei beiden Arten lassen sich zwei scharf von einander gesonderte Theile des Vas deferens unterscheiden: ein proximaler, dorsal und annähernd 58 M. Liühe. median gelegener, aus zahlreichen Schlingen bestehender Knäuel und ein distaler, nur schwach geschlängelter Abschnitt (vgl. DarıV, Fig. 2 vd, und vd5). Der Knäuel erscheint bei Triaenophorus lang sestreckt, ziemlich regelmäßig spindelförmig, bei dem Bothriocepha- lus dagegen hat derselbe eine mehr unregelmäßige Form und ist namentlich, entsprechend der großen Kürze der Proglottiden, in longi- tudinaler Richtung sehr stark abgeflacht (vgl. Taf. VI, Fig. 17). Bei beiden Arten sind die diesen Knäuel bildenden Schlingen äußerst zartwandig. Der distale, sehr viel weniger stark geschlängelte Theil des Vas deferens tritt bei Triaenophorus aus demjenigen Pole der transversal liegenden Spindel aus, welcher von dem die Genitalöffnung tragenden Gliedrande abgewandt ist, um sich nach vorn zu wenden und dann vor dem Knäuel in transversaler Richtung dem Cirrus- beutel zuzustreben (Taf. IV, Fig. 2). Bei Bothriocephalus plicatus Rud. löst dieser distale Theil des Vas deferens sich an der der Genital- öffnung zugewandten Seite des Knäuels aus diesem los um direkt in schwachen Windungen nach dem Gliedrande zu zu verlaufen. Beiden Arten ist aber wiederum gemeinsam, dass dieser Abschnitt des Vas deferens eine dickere, zellreichere Wandung besitzt wie die den Knäuel bildenden Schlingen und speciell bei dem Bothriocephalus zeichnet sich das Epithel noch dadurch aus, dass es verhältnismäßig sehr lange Cilien besitzt. Es erinnert in Folge dessen an das Flimmerepithel in dem »Escarichr’schen Körper« der Bothriocephali- den mit ventraler Genitalöffnung. Ein direkter Vergleich dieses kugel- bis birnförmigen Organs mit dem in Rede stehenden Theil des Vas deferens von Bothriocephalus plicatus Rud. ist jedoch schon desswegen ausgeschlossen, weil letzterer ein verhältnismäßig langer, sewundener Kanal ist, in dessen Wandung Muskelfasern nicht nach- weisbar sind. i Von anderen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen liegen entweder überhaupt keine Angaben über den Verlauf des Vas deferens vor, oder es wird zwar angeführt, dass das Vas deferens sich stark schlängele, ohne dass indessen eine genauere topographische Schilderung gegeben würde. Wenn RıGGENBACH (1896) die starke Schlängelung des Vas deferens als charakteristisch für die »Bothrio- tänien« und als funktionellen Ersatz für die fehlende Vesieula semi- nalis auffasst, so kann ich dem jedoch desswegen nicht beistimmen, weil eine ähnliche Schlängelung des Vas deferens sich auch bei allen anderen Bothriocephaliden findet, speciell auch bei den Bothrio- cephaliden mit ventralen Genitalöffnungen, die doch ausnahmslos eine Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 59 stark muskulöse »Samenblase« in dem »EschricHr’schen Körper« besitzen. | Dieses Organ fehlt nun allerdings den Bothriocephaliden mit mar- sinalen Genitalöffnungen in der That; stets tritt vielmehr das Vas deferens direkt in den Cirrusbeutel ein. Dieser selbst zeigt bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), welchen ich meiner vergleichenden Betrachtung zu Grunde legen will, folgendes Verhalten (vgl. hierzu Taf. VII, Fig. 30): Er ist verhältnismäßig klein (Längsdurchmesser 0,22, Querdurchmesser 0,075—0,09 mm), meist birnförmig, mit dem verschmälerten Pole nach außen gewandt. Seine Wandung wird von einer kompakten Muskelschieht gebildet, welche aus sich durch- fleehtenden Längs- und Ringmuskeln besteht, und welcher außen eine diehte Schicht von zweifellos den Myoblasten angehörenden Kernen anliegt. Auch das den Cirrusbeutel erfüllende Parenchym ist auf- fällig kernreich. Wenn Marz (1892) im Gegensatz zu Von Linstow (1888) anführt, dass er das den Cirrusbeutel durchziehende Vas deferens fast ganz gerade gefunden habe, so ist dies nur zum Theil richtig. Es lassen sich vielmehr (bei zurückgezogenem Cirrus) an demselben zwei Theile deutlich unterscheiden, ein sehr stark gewun- dener Ductus ejaculatorius, welcher von Linstow in erster Linie aufgefallen ist, und ein ganz gerade verlaufender Endabschnitt, der eigentliche Cirrus, welcher nur um ein Weniges kürzer, jedenfalls stets über halb so lang ist als der ganze Cirrusbeutel und daher _ von Marz fast allein gesehen worden zu sein scheint!. Wenn das Vas deferens in den Cirrusbeutel eingetreten ist, bildet es zunächst, ohne eine Veränderung in der Struktur seiner 1 Das Wort »Cirrus« wird von den Autoren in sehr verschiedenem Sinne gebraucht. Um etwaige Missverständnisse zu vermeiden, bemerke ich desshalb ausdrücklich, dass ich mit diesem Namen nur das hervorstülpbare Kopulations- organ bezeichne. Den Kanal, welcher bei hervorgestülptem Cirrus diesen selbst durchzieht und weiter nach innen zu sich in das Innere des Cirrusbeutels hinein fortsetzt, nenne ich dagegen Ductus ejaeulatorius. Ist der Cirrus eingestülpt, so bildet er eine kanalförmige Fortsetzung des Ductus ejaculatorius, welche je- doch, wie aus meiner im Text gegebenen Darstellung ersichtlich, gegen diesen letzteren in der Regel scharf abgegrenzt werden kann. Ich bezweifle wenigstens nicht, dass die Stelle, an welcher der den Cirrusbeutel durchziehende Kanal plötzlich den Charakter seiner Wandung ändert, der Spitze des ausgestülpten Cirrus entspricht, obwohl ich bisher bei keinem Bothriocephaliden den Cirrus vollständig ausgestülpt gesehen habe. Es scheint mir jene Annahme schon allein desshalb berechtigt, weil nur durch sie die histologischen Differenzen im Bau der Wandung des den Cirrusbeutel durchziehenden Kanals eine befriedigende Erklärung finden. 60 M. Lühe, Wandung zu erleiden, zahlreiche Schlingen, welche den Grund des Cirrusbeutels anfüllen und welche es bedingen, dass ungeachtet der durch die wechselnden Kontraktionszustände seiner Wandung be- dingten Formverschiedenheiten des Cirrusbeutels derselbe doch nahe seinem proximalen Pole in der Regel seinen größten Querdurchmesser besitzt. In manchen Proglottiden findet man eine oder mehrere dieser Schlingen etwas erweitert und alsdann prall mit Sperma gefüllt; in anderen Proglottiden desselben Alters fehlen derartige lokale Er- weiterungen vollständig. Dieselben sind also nur vorübergehende Bildungen, entsprechen jedoch gleichwohl dem, was man bei Trema- toden und Täniaden als Vesicula seminalis bezeichnet, sehr viel voll- ständiger als der »EscHricHT'sche Körper« der Bothriocephaliden mit ventralen Genitalöffnungen und verdienen also die Bezeichnung »Samenblase« mit größerem Rechte als jener. Scharf von diesem geschlängelten Ductus ejaeulatorius gesondert ist der Endabschnitt des männlichen Leitungsweges, welcher allein als Cirrus bezeichnet zu werden verdient. Derselbe verläuft bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) im eingestülpten Zustande stets fast vollständig gerade ungefähr in der Achse des Cirrusbeutels, unter- scheidet sich aber außerdem auch noch wesentlich durch die Struktur seiner Wandung. Die den Kanal innen auskleidende Cutieula ist nämlich ganz erheblich dicker wie die dünne euticulare Auskleidung des Ductus ejaculatorius und des Vas deferens und eben so dick wie die Cuticula der äußeren Körperoberfläche, speciell des Genital- atriums. Ihre dem Lumen zugewandte Oberfläche ist aber nicht etwa eben, sondern sehr stark zerklüftet, derart, dass die ganze Cuticula aus zahlreichen ziemlich unregelmäßig geformten papillenähnlichen Erhebungen zusammengesetzt zu sein scheint. In der Struktur der Subeutieula ist dieser Zerfall der Cutieula anscheinend nicht begründet und jedenfalls ist die Grenze zwischen Cutieula und Subeuticula immer durchaus eben, d. h. auf Längsschnitten durch den Cirrus eine gerade Linie, auf Querschnitten ein regelmäßiger Kreis. Während bei dem Aufbau des eigentlichen Vas deferens Muskelfasern keine Rolle spielen, besitzt der Cirrus eine dünne Schicht von subeuti- cularen Längsmuskeln, welche kontinuirlich in die muskulöse Wan- dung des Cirrusbeutels übergehen. Außerdem finden sich noch Retraktoren des Cirrus in Gestalt von Muskelfasern, welche das Parenchym des Cirrusbeutels radiär durchsetzend, von dem Cirrus zu der muskulösen Wandung des Beutels verlaufen. Der Cirrusbeutel von Bothriocephalus fragilis Rud. stimmt in Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 61 seinem Bau vollständig mit demjenigen von Bothriocephalus rugosus (Gze.) überein. Die Unterschiede, welche meine Präparate aufweisen, betreffen nur Details des Baues und lassen den Plan des Ganzen un- verändert: Die Größe des Cirrusbeutels ist ziemlich die gleiche wie bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) (Länge 0,23 mm, größter Quer- durchmesser 0,07 mm), seine muskulöse Wandung ist dagegen etwas dünner wie bei letzterem (vgl. Taf. VII, Fig. 29 und 50). Außen liest dieser Muskelschicht wieder eine einfache Schicht dichtge- drängter Kerne an, welche den Myoblasten angehören dürften. Eine eben solche Kernschicht liegt dem Muskelsacke aber auch an seiner Innenfläche unmittelbar an, während im Inneren des Cirrusbeutels von Bothriocephalus rugosus (Gze.) die Kerne ziemlich gleichmäßig vertheilt sind. Der Cirrus von Bothriocephalus fragilis Rud. verläuft im ein- gestülpten Zustande nicht gestreckt, sondern etwas gewunden (vgl. Taf. VII, Fig. 29), gleicht im Übrigen jedoch völlig demjenigen von Bothriocephalus rugosus (Gze.). Der Ductus ejaculatorius ist wieder sehr stark geschlängelt; seinen Endabschnitt finde ich in den wenigen von mir untersuchten Proglottiden stets mehr oder weniger beträcht- lieh erweitert zu einer mit Sperma erfüllten Vesicula seminalis ‚vgl. die Abbildung). Dieselbe grenzt auf meinen Präparaten stets un- mittelbar an das innere Ende des eingestülpten Cirrus und entspricht also demjenigen Theile des Ductus ejaculatorius, welcher bei hervor- sestülptem Cirrus diesen selbst durchziehen würde. Diese Lage der die Vesicula seminalis bildenden Erweiterung des Ductus ejaculatorius giebt uns wohl das Recht, sie eben so wie die analoge Erweiterung bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) als inkonstant anzusehen. Mit beiden bisher besprochenen Arten stimmt anscheinend auch Bothriocephalus infundibuliformis Rud. überein, sowie Bothriocephalus rectangulum Rud., bei welchem letzteren FuUHRMANN (1896) »sehr oft« eine kleine Vesicula seminalis innerhalb des Cirrusbeutels beob- achtet hat. Bei allen vier Arten hat auch der Cirrusbeutel ungefähr dieselbe Größe. Bei Bothriocephalus microcephalus Rud., sowie bei Bothriocepha- lus imbricatus (Dies.), dagegen ist er, wie schon weiter oben betont wurde, ganz erheblich größer; doch scheint dies die wesentlichste Differenz gegenüber BDothriocephalus rugosus Rud. und den anderen erwähnten Arten zu sein. Feinere Details ließen sich naturgemäß bei dem Alter der von Marz (1892) bez. von mir untersuchten Exem- plare nicht mehr feststellen. Jedenfalls aber ist eine kompakte Mus- 62 M. Lühe, kelschieht der Hauptbestandtheil der Wandung des Cirrusbeutels, dessen Inneres von muskelarmem Parenchym erfüllt wird. Der den Cirrusbeutel durchsetzende Kanal ist auch hier wieder in seinem proximalen Theil als Ductus ejaculatorius stark geschlängelt, während gleichzeitig seine Wandung einen wesentlichen Unterschied gegenüber dem eigentlichen Vas deferens kaum aufweisen dürfte. Eine mit Sperma gefüllte Erweiterung (Vesicula seminalis) habe ich nicht beob- achtet, ohne indessen diesem negativen Befunde irgend welches Ge- wicht beilegen zu können. Die Fortsetzung dieses geschlängelten Kanales bildet wiederum der eingestülpte Cirrus in dem oben defi- nirten Sinne, dessen euticulare Wandung auch in ihrem Bau bez. in ihrer starken Zerklüftung vollständig mit derjenigen von Bothrio- cephalus rugosus Rud. und frag:lis Rud. übereinstimmt. Doch ist der Cirrus von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) noch stärker gewun- den, wie derjenige von Bothriocephalus fragilis Rud. (Taf. VO, Fig. 31 e). Ist demnach der Cirrusbeutel bei den bisher besprochenen Arten im Wesentlichen völlig gleich gebaut, so zeigt derjenige von Bothrio- cephalus plicatus Rud. schon größere Abweichungen von dem bisher beschriebenen Verhalten. Die Wandung des Cirrusbeutels ist bei Bothriocephalus plicatus Rud. außerordentlich mächtig. Ihre Dicke beträgt durchschnittlich 0,07—0,08 mm. Die Muskelfasern sind in ihr nicht so dicht zu- sammengedrängt wie an dem Cirrusbeutel der bisher besprochenen Arten, vielmehr ist das Parenchym, in welches die einzelnen Fasern eingebettet sind, etwas stärker entwickelt, so dass die Muskelmasse im Vergleich zu den anderen Bothriocephaliden mit marginalen Geni- talöffnungen etwas aufgelockert erscheint. Die Anordnung der Muskelfasern ist eine sehr charakteristische. Wie bei so vielen Cestoden lassen sich zwei deutliche Muskelschichten unterscheiden: eine innere von längs verlaufenden und eine äußere von sich stärker durchflechtenden, jedoch der Mehrzahl nach im Wesentlichen eirkulär verlaufenden Muskeln. Das Mächtigkeitsver- hältnis dieser beiden Schichten ist in den verschiedenen Theilen des Cirrusbeutels ein sehr verschiedenes (vgl. Taf. VI, Fig. 21). Am distalen Ende des Muskelsackes, dort wo derselbe in den Cirrus selber übergeht, finden sich so gut wie ausschließlich Längsmuskeln. Proximalwärts nehmen diese jedoch immer mehr an Zahl und Mäch- tigkeit ab, während gleichzeitig die äußeren Ringmuskeln immer zahl- reicher auftreten, bis schließlich (wie in Taf. VI, Fig. 19) die Wan- dung des Cirrusbeutels fast nur aus diesen Ringmuskeln gebildet Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 63 wird und nur noch eine einfache Lage von Längsmuskelfasern die Grenze gegen das das Innere des Sackes erfüllende Parenehym bildet. Andererseits ist jedoch auch der Verlauf der Muskelfasern der äußeren Schicht, je näher dem Grunde des Cirrusbeutels um so weniger ein regel- mäßig eirkulärer. Schließlich durchflechten sich dieselben so stark, dass man sie kaum noch als »Ringmuskeln« bezeichnen kann. Ganz besonders unregelmäßig erscheint das von ihnen gebildete Flechtwerk dort, wo das Vas deferens die Wandung des Cirrusbeutels durchsetzt. Mit diesem etwas unregelmäßigen Verlaufe, sowie mit der schon hervorgehobenen etwas weniger dichten Anordnung der Muskelfasern der äußeren Schicht steht es im Zusammenhange, dass der Cirrusbeutel bei Bothriocephalus plicatus Rud. gegen seine Umgebung nicht so scharf abzugrenzen ist, wie bei den übrigen von mir untersuchten Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. Vielmehr treten hier und da, je näher seinem Grunde um so häufiger Muskelfasern aus dem umgebenden Parenchym in seine Wandung ein. Die Myoblasten, welche bei BotAhriocephalus rugosus und fragilis in dicht gedrängter Lage dem Cirrusbeutel außen anliegen und somit seine Abgrenzung gegen das umgebende Parenchym vermitteln helfen, haben bei Bothriocephalus plicatus Rud. eine wesentlich andere Lage. Eine einheitliche als Myoblasten zu deutende Zellschieht fehlt hier vollkommen, die Myoblasten liegen vielmehr zerstreut zwischen den Muskelfasern selber. War in den von mir untersuchten Proglottiden von Bothriocephalus rugosus (Gze.), fragilis Rud. und imbricatus (Dies.) der Cirrus stets vollkommen eingestülpt, so habe ich ihn im Gegentheil bei Bothrio- cephalus plicatus Rud. niemals gänzlich eingestülpt gesehen. In der Regel war er ungefähr zur Hälfte vorgestreckt, wie dies Taf. VI, Fig. 21 zeigt. Bei diesem mittleren Kontraktionszustande ist die Länge des Cirrusbeutels 0,7 mm, sein größter Durchmesser 0,55 mm. Der Cirrus ist von dem Cirrusbeutel auf meinen Präparaten stets durch eine ringförmige Einschnürung abgesetzt. Von dieser aus steigt sein Durchmesser rasch auf wiederum 0,355 mm, um sich nach dem freien Ende zu je nach dem Kontraktionszustande mehr oder weniger rasch zu verjüngen. Bei stärkerer Ausstülpung erscheint der Cirrus birmn- förmig, wie in Taf. IV, Fig. 1. Die Länge des in dieser Figur zur Darstellung gebrachten Cirrus, des am weitesten hervorgestülpten, welchen ich beobachtet habe, betrug 0,6 mm. Bei vollständiger Aus- stülpung muss dieselbe jedoch noch wesentlich größer sein, anschei- nend mindestens 1,0 mm. 64 M. Lühe, Schon LÖNNBERG (1891) giebt an, dass die äußere Fläche des Cirrus bei Bothriocephalus plicatus Rud. »nicht glatt, sondern dicht mit konischen Papillen besetzt« sei. Das kann ich vollkommen be- stätigen. Aber diese »Papillen« sind keineswegs den im Genital- atıium von Dothriocephalus latus Brems., Bothridium pythonis Blainv., Duthiersia fimbriata (Dies.) und anderen Arten beobachteten Papillen homolog. Sie verdanken ihre Entstehung vielmehr nur einer Zer- klüftung der Cuticula, denn sie werden nur von dieser gebildet, _ während die Grenzlinie zwischen Cutieula und Subeutieula glatt unter ihnen hinwegzieht. Es ist dies also vollständig das gleiche Ver- halten wie bei dem Cirrus der bisher beschriebenen Arten und dass die »Papillen< an der Basis des Cirrus kleiner werden, steht auch damit im Einklang, dass bei diesen anderen Arten, bei welchen ich den Cirrus stets nur vollkommen eingestülpt beobachtet habe, kurz vor der männlichen Genitalöffnung die Zerklüftung der Cutieula gleich- falls geringer wird. Eben so sind die »Papillen« jedoch auch wieder etwas kleiner an der Spitze des Cirrus bez. an dem inneren Ende des eingestülpten Cirrus. Endlich muss noch ausdrücklich hervor- gehoben werden, dass die Form der »Papillen« keineswegs so regel- mäßig konisch sind, wie man dies nach LÖNNBER@’s Schilderung an- nehmen könnte. Ihre Zuspitzung ist weder eine vollkommene noch eine gleichmäßige, meist sind sie vielmehr an ihrer Spitze quer ab- gestutzt. Auf Flächenschnitten durch die Cuticula sieht man, dass ihr Querschnitt unregelmäßig-polygonal ist und dass sie durch netz- förmig angeordnete Furchen von einander geschieden werden. Eben dies veranlasst mich denn auch die ganze Erscheinung als eine Zer- klüftung der Cuticula zu bezeichnen und verhindert mich anderer- seits an einem direkten Vergleich mit dem Stachelbesatz am Cirrus der Täniiden. Dürfte es doch kaum zweifelhaft erscheinen, dass die funktionelle Bedeutung jener unregelmäßigen Zerklüftung der Cutieula dieselbe ist wie diejenige der regelmäßigen Bestachelung und er- scheint es doch wenigstens nicht ausgeschlossen, dass die letztere sich im Laufe der Phylogenese aus der ersteren entwickelt hat. Die Längsmuskelfasern, welche in der muskulösen Wandung des Cirrusbeutels, wie schon oben angeführt, je näher nach dem Seitenrand : der Proglottis zu um so mehr vorherrschen, setzen sich in den Cirrus hinein fort, indem sie z. Th. dieht unter dessen Cutieula hinziehen, z. Th. in das den Cirrus erfüllende Parenchym ausstrahlen (vgl. Taf. VI, Fig. 21). Die Häufung dieser Muskelfasern unter der Cuticula be- dingt es, dass die Kerne der Subeuticeularzellen von der Cuticula Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 65 ziemlich weit abgedrängt sind (vgl. Taf. IV, Fig. 1). Die Subeu- tieularzellen bilden demnach einen wesentlichen Theil der von Lönn- BERG im Inneren des Cirrus beobachteten »reichlichen Zellenmasse«, doch gehören zu dieser letzteren anscheinend auch noch Myoblasten der in den Cirrus hinein ausstrahlenden und als Retraktoren des- selben fungirenden Längsmuskeln. Der im Cirrusbeutel eingeschlossene Ductus ejaculatorius ist wie bei den weiter oben besprochenen Arten ein stark gewundener Kanal, doch ist auch er eben so wie der ganze Cirrusbeutel durch .eine komplieirtere Struktur ausgezeichnet. Wie schon LÖNNBERG (1891) ver- muthet hatte, ist er von einem Wimperepithel ausgekleidet und gleicht also hierin dem Vas deferens.. Während ich jedoch in diesem letzteren Muskelfasern nicht habe nachweisen können, besitzt der Ductus eja- eulatorius eine kräftige Tunica musculosa. Schon LÖNNBERG war die Festigkeit seiner Wandung aufgefallen. Dieselbe wird bedingt durch die unter dem Epithel liegende und gegen das umgebende Parenchym scharf abzugrenzende Schicht dicht verfilzter Muskelfasern, unter welchen Ringmuskeln stark prävaliren. Prostatadrüsen finden sich im Cirrusbeutel von Bothriocephalus plicatus Rud. eben so wenig wie bei den anderen von mir unter- suchten Bothriocephaliden. Während die Differenzen in dem Bau des Cirrusbeutels von Bothriocephalus plicatus Rud. einerseits und den übrigen besprochenen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen im Wesentlichen nur auf einem verschiedenen Komplikationsgrade beruhen und der Bauplan bei den Cirrusbeuteln dieser verschiedenen Arten demnach in der Hauptsache der gleiche ist, finden sich erhebliche größere Ab- weichungen von diesem Bauplane bei dem Cirrusbeutel von Triae- nophorus nodulosus (Pall.), welcher neuerdings von Sapussow (1898) näher untersucht worden ist. Schon bei oberflächlicher Betrachtung fällt derselbe durch seine außerordentliche Länge bei verhältnismäßig sehr geringem Durch- messer auf (vgl. Taf. VII, Fig. 28. STEUDENER (1877) giebt die Länge auf 0,62 mm an, ich selber messe gar bis zu 0,95 mm, d. h. der Cirrusbeutel von Triaenophorus nodulosus (Pall.) ist ungefähr viermal 'so lang als derjenige von Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuliformis Rud., fragılis Rud. und rectangulum (Bloch.) und doppelt so lang wie der doch schon auffällig große Cirrusbeutel von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcephalus Rud. Sein Durchmesser ist dagegen mit nur ca. 0,075 mm ungefähr der gleiche Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bad. - 5 66 M. Lühe, wie bei den zuerst genannten vier Bothriocephaliden; nur an dem kolbig erweiterten inneren Ende des Cirrusbeutels steigt der Durch- messer auf ca. 0,15 mm, d. h. auf das Doppelte des für den weitaus größten Theil des Organs geltenden Maßes. Die Wandung des Cirrusbeutels von Zriaenophorus nodulosus (Pall.) entspricht in ihrem Bau vollständig derjenigen von Bothrio- cephalus rugosus (Gze.) und dessen Verwandten. Sie wird gebildet von einer verhältnismäßig dünnen Muskelschicht, welcher außen eine ‘Schicht dieht gedrängter Kerne, anscheinend der zugehörigen Myo- blasten, aufgelagert erscheint. Diese dicht verfilzte Muskulatur ist am kräftigsten entwickelt am erweiterten Grunde des Organs, um von dort aus distalwärts allmählich immer schwächer zu werden. Der diesen Cirrusbeutel durchziehende Abschnitt des Vas deferens zeichnet sich vor Allem dadurch aus, dass es ohne irgend welche Windung zu machen, vollständig gestreckt verläuft und die kolben- förmige Gestalt des Cirrusbeutels getreu wiederholt. Nachdem näm- lich das Vas deferens die Wandung des Cirrusbeutels in schräger Richtung durchsetzt hat, erweitert es sich plötzlich sehr stark, so dass man auch hier wohl von einer Vesicula seminalis sprechen darf, ob- wohl ich allerdings in diesem Organ niemals Spermatozoen angehäuft gesehen habe. Distalwärts verjüngt sich diese Vesieula zwar nicht plötzlich, aber doch verhältnismäßig rasch, um in eimem in der Achse des Cirrusbeutels verlaufenden dünnen Kanale ihre Fort- setzung zu finden. Die Wandung der Vesicula ist, wie dies schon STEUDENER (1877) betont und Sapussow (1898) bestätigt hat, stark muskulös. Die An- ordnung dieser auffällig grobfaserigen Muskulatur ist eine durchaus unregelmäßige: die mehr oder weniger schräg verlaufenden Muskel- fasern bilden, wie ich im Gegensatze zu SaBßussow betonen muss, ein wirres Geflecht, welches namentlich auf Tangentialschnitten durch die Wandung des Cirrusbeutels sehr schön hervortritt. ‚Diese Muskulatur setzt sich, wie gleichfalls schon bekannt ist, auf den Anfangstheil des den Cirrusbeutel durchziehenden Kanals fort. Dort aber wird ihre Anordnung nun in der That eine sehr regelmäßige. Durchaus in Übereinstimmung mit Sapussow’s Schilde- rung finde ich eine innere Lage einschichtiger Ringmuskeln, umgeben von einer stärker entwickelten äußeren Längsmuskelschicht. Im Ganzen ist es ungefähr die Hälfte des Kanals, welche diese musku- löse Hülle besitzt, doch hört die Ringmuskulatur schon ein wenig früher auf wie die Längsmuskulatur (vgl. Taf. VII, Fig. 28). R Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 67 Der größte Theil des den Cirrusbeutel durchziehenden Kanals ist eben so wie die an seinem proximalen Ende gelegene Vesicula innen von einer sehr dünnen Cuticula ausgekleidet. Etwas vor der Mündung des Kanals in das Genitalatrium ändert sich jedoch ziem- lich plötzlich der Charakter der Kanalwandung. Die Cutieula wird sehr viel dieker und nunmehr erscheint ihre freie Oberfläche auch ‚nicht mehr glatt, sondern durchaus unregelmäßig. Wir finden eine ähnliche Zerklüftung wie bei den bisher besprochenen Arten an der Cutieula des Cirrus. Ich halte mich hiernach für berechtigt, diesen Endabschnitt des männlichen Leitungsweges bei Triaenophorus nodu- losus (Pall.) wiederum als Cirrus aufzufassen und dementsprechend dann auch den dünnwandigen Kanal, welcher zwischen Vesicula seminalis und Cirrus ausgespannt ist, als Ductus ejaculatorius zu bezeichnen. Da dieser letztere hier völlig gestreckt verläuft, ist eine Ausstülpung des Cirrus nur möglich durch eine Verkürzung des langgestreckten Cirrusbeutels. Wahrscheinlich ist jedoch mit der Hervorstülpung des Cirrus auch eine Streckung der Vesicula semi- nalis verbunden. Hierfür spricht wenigstens, dass ich die Wandung derselben mit Ausnahme der medianwärts gewandten Fläche stets sehr stark gefaltet gefunden habe. Eine Ausgleichung dieser Falten durch Muskelwirkung ist jedenfalls möglich und muss eine nicht ganz unbedeutende Streckung zur Folge haben. Übrigens sei hier aus- drücklich betont, dass die Hervorstülpbarkeit des Cirrus von Trigeno- phorus nodulosus (Pall.) nicht etwa nur eine mehr oder weniger be- rechtigte hypothetische Annahme von mir ist. Vielmehr hat ZoGRAFF (1877) in einer seiner Abbildungen (Taf. IV, Fig. 20) einen hervor- gestülpten Cirrus gezeichnet. In dem Parenchym, welches die Wandung des Cirrusbeutels und diejenige des ihn durchziehenden Kanals (Ductus ejaculatorius und Cirrus) von einander trennt, habe ich Muskelfasern nicht mit Sicher- heit nachweisen können. Schließlich seien noch die Angaben RıgGEngachH’s (1897) über. den Cirrusbeutel von Bothriotaenia chilensis Riggb. erwähnt. Dieser schließt sich hiernach durchaus an den Typus von Bothriocephalus rugosus (Gze.) an. RIGGENBACH nennt den ganzen im Cirrusbeutel eingeschlossenen Kanal »Cirrus<, und den von mir als Cirrus be- zeihneten Theil desselben »Penis«e. Die Cutieula des Cirrus soll regelmäßig quer geringelt sein; b es sich hierbei nicht auch vielmehr um eine unregelmäßige Zerklüftung in der Längs- wie in der Quer- richtung handelt? Retraktoren des Cirrus finden sich in derselben 3 5% 68 M. Lühe, Weise wie ich sie bei Dothriocephalus rugosus (Gze.) und fragilis Rud. gesehen habe. Außerdem sollen innerhalb des Cirrusbeutels zahl- reiche Prostatadrüsen vorhanden sein, welche ich bisher noch bei keinem einzigen Bothriocephaliden gefunden habe. Hinsichtlich der Lagebeziehungen zwischen der männlichen und der weiblichen Genitalöffnung und ihrer Variabilität kann auf das früher bei Besprechung der Genitalorgane von Bothriocephalus imbri- catus (Dies.) Gesagte verwiesen werden. Hier sei nur noch betont, dass sich ungeachtet dieser Variabilität doch auch unzweifelhaft Ver- schiedenheiten bei den einzelnen Arten ergeben. So scheint z. B. bei Triaenophorus nodulosus (Pall.), die Mündung der Vagina stets dorsal von derjenigen des Cirrusbeutels zu liegen, bei Bothriocephalus plccatus Rud. umgekehrt stets ventral. Ein Sphincter vaginae findet sich einzig und allein bei Bothrio- cephalus plicatus Rud., bei welchem er jedoch sehr stark entwickelt ist. Der diesen Sphincter durchsetzende Mündungsabschnitt der Vagina ist von einer dünnen Cutieula ausgekleidet und erweitert sich un- mittelbar nach innen von dem Sphincter plötzlich ziemlich stark (vgl. Taf. IV, Fig. 1 bei se). Von dieser Erweiterung aus entspringt dann scharf abgesetzt die eigentliche Vagina, welche in der eben eitirten Abbildung nur durch eine einfache schwarze Linie wieder- gegeben ist, und welche sich von dem Mündungsabschnitt auch durch die Struktur ihrer Wandung scharf unterscheidet. Sie besitzt keine cuticulare Auskleidung, sondern eben so wie das Vas deferens ein Flimmerepithel. Auch ist sie, wenigstens in ihrer distalen Hälfte, von einer kräftigen Tunica musculosa umgeben, welche durchaus der schon besprochenen Muskelschicht des Duetus ejaculatorius derselben Art entspricht. An der Vagina der anderen von mir untersuchten Arten habe ich eine solche Muskelschieht nicht nachweisen können, und auch hinsichtlich des Flimmerepithels steht Bothriocephalus plicatus Rud. anscheinend isolirt da. Bei Dothriocephalus rugosus (Gze.) und fra- gelis Rud. ist die Vagina von einer ziemlich dieken Cuticula ausge- kleidet, und auch die Vagina von Triaenophorus nodulosus (Pall.) ist durch den Besitz einer Cuticula ausgezeichnet, welche hier allerdings nur sehr dünn ist. Schon STEUDENER (1877) hatte angegeben, dass diese cuticulare Auskleidung der Vagina von Triaenophorus einen feinen Härchenbesatz trage. SAaBussow (1898) hat von solchen Här- chen nichts gesehen, gleichwohl ist STEUDENER’s Beobachtung voll- kommen richtig. Ich kann sie durchaus bestätigen. Freilich sind Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 69 diese Härchen sehr klein und unterscheiden sich schon hierdurch wesentlich von den langen Cilien in Vas deferens und Vagina von Bothriocephalus plicatus Rud., deren Länge ungefähr dem Radius des Kanalquerschnittes gleich kommt. Auch steht der Homologisirung beider Gebilde die cutieulare Auskleidung der Vagina bei Triaeno- phorus im Wege, welche es nicht gestattet, hier von einem Wimper- epithel zu sprechen, während andererseits die zellige Auskleidung von Vas deferens und Vagina bei Bothriocephalus plicatus Rud. im gefärbten Schnitt alle histologischen Merkmale eines Wimperepithels besitzt. Bemerkenswerth sind die Lagebeziehungen zwischen den Geni- talleitungswegen und den Längsnerven. Nur bei Bothriocephalus microcephalus Rud. und imbricatus (Dies.) verläuft der Nerv ventral von Cirrusbeutel und Vagina; bei allen anderen mir aus eigener Anschauung bekannten Bothriocephaliden mit marginalen Genital- öffnungen, sowie nach FuHrMmAnN bei Bothriocephalus rectangulum Rud. dagegen dorsal. Für Bothriotaenia chilensis Riggb. und die anderen nur ungenügend bekannten Arten fehlen diesbezügliche An- gaben. Der Verlauf der Vagina weiter nach dem Inneren der Proglot- tis wird unten im Zusammenhange mit dem Verlauf der übrigen weiblichen Genitalleitungswege besprochen werden. Die auffälligsten Verschiedenheiten weisen unter den Bestand- theilen des weiblichen Genitalapparates die Dotterstöcke auf. Bei Triaenophorus nodulosus (Pall.) und bei Bothriocephalus plicatus Rud. Tehlt ein dotterstocksfreies Mittelfeld vollständig, und bei beiden Arten liegen die Dotterstocksfollikel sämmtlich nach außen von der ge- sammten Längsmuskulatur (vgl. Taf. IV, Fig. 1 und 2): bei dem un- gegliederten Triaenophorus in mantelförmiger Anordnung zwischen Längsmuskeln und Subeutieula, ohne dass die den verschiedenen auf einander folgenden Genitalsegmenten zugehörigen Follikel gegen ein- ander abzugrenzen wären — bei dem kurzgliederigen Bothriocephalus in rinsförmiger Anordnung in den freien, sich blattartig deckenden Außentheilen der einzelnen Proglottiden, die Follikel der auf einander folsenden Proglottiden scharf von einander gesondert durch die zwi- schen den letzteren einschneidenden tiefen Ringfurchen (vgl. Taf. VI, Fis, 17—19). Bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuhlformis Rud. und Fragilis Rud. liegen die Dotterstöcke dagegen größtentheils zwischen den Bündeln der Längsmuskulatur, indem sie jedoch ein schmales 70 M. Lühe, median gelegenes Feld, sowohl auf der Dorsal- wie auf der Ventral- fläche frei lassen. Im Einzelnen zeigen sich freilich noch Differenzen zwischen den einzelnen Arten: bei Bothriocephalus infundibulhformis Rud., von welchem mir geschlechtsreife Proglottiden nicht zur Ver- fügung standen, finden sich nach Marz Dotterstocksfollikel nur zwi- schen den Längsmuskelbündeln; bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) dagegen liegen einzelne Follikel auch noch nach innen von den Längsmuskeln in der Markschicht; bei Bothriocephalus fragilis Rud. endlich liegen die Dotterstöcke am oberflächlichsten, indem einzelne Follikel sich auch noch zwischen Längsmuskulatur und Subeutieula finden (vgl. Taf. IV, Fig. 3). Bei Bothriocephalus dalmatinus Stoss. scheinen die Dotterstücke gleichfalls in der Rindenschicht zu liegen (piü vieino alla periferia che al centro), die Lagebeziehung zur Muskulatur ist jedoch nicht angegeben. Bei einer Reihe anderer Arten dagegen liegen dieselben ausschließlich in der Markschicht, wenn sich auch einzelne Follikel noch zwischen die Längsmuskelbündel eindrängen. Bei Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcephalus Rud. erfüllen die Dotterstöcke marginal von den Längsnerven die ganze Markschicht, doch stehen diese beiden seitlichen Felder durch eine dorsal gelegene Schieht von Drüsenfollikeln mit einander in Zu- sammenhang. Betreffs aller weiteren Details kann auf die oben ge- sebene ausführliche Darstellung verwiesen werden. Bei Bothriocephalus rectangulum Rud. liegen die Dotterstöcke nach FUHRMANN gleichfalls »vollkommen im Markparenchym, und zwar nur marginal, die Transversalmuskeln des Parenchyms seitlich, dor- sal und ventral berührend, und so zwei nur wenig breite Bänder zu beiden Seiten der median gelegenen Theile der Geschlechtsorgane bildend. Die Dotterstöcke werden von den seitlich ausmündenden Geschlechtsdrüsen durchbohrt, umschließen diese also an der be- treffenden Stelle vollkommen«. Später spricht FUHRMANN von einer »auffallenden Ähnlichkeit« des Bothriocephalus rectangulum Rud. mit den »Ichthyotänien«. Die Lagebeziehung der Dotterstücke zu den Längsnerven wird nicht angegeben, letztere selbst werden jedoch als »seitlich den Längsfasern anliegend« bezeichnet. Dass die Dotterstöcke marginal vom Nerven liegen, entsprechend dem marginalen Dotter- feld von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcephalus Rud., kann mit Rücksicht auf diesen Ausdruck vielleicht ausgeschlossen werden; ob aber die Längsnerven auf Querschnitten von den Dotter- stocksfollikeln fast vollständig umschlossen erscheinen, wie ich dies Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 7t 2. B. bei Ichthyotaenia osculata (Gze.) gefunden habe, oder ob viel- mehr die Nerven marginal von den Dotterstücken liegen, wie KRÄMER dies für Ichthyotaenia ocellata (Rud.) zeichnet, bleibt in Dunkel gehüllt. Auch bei Bothriotaenia chrlensis Riggenb. liegen die Dotterstücke »seitlich« und >dans le parenchym medullaire<. In der Flächenansicht decken sie sich mit den Hoden, wie aus der von RiGGExzacH (1897) segebenen Abbildung einer reifen Proglottis hervorgeht; Näheres über die gegenseitigen Lagebeziehungen von Dotterstöcken, Hoden und Längsnerv erfahren wir jedoch nicht. Der Keimstock von Dothriocephalus imbricatus (Dies.) erinnert seiner Form nach, wie schon oben betont wurde, an denjenigen von Bothriocephalus latus (L.).. Wie bei dieser Art, stellt er eine ver- hältnismäßig dünne, ventral gelegene Zellplatte dar und ist seine Zweitheilung scharf ausgesprochen; besonders auffällig ist aber die sehr starke Lappung, welche es mit sich bringt, dass einzelne Ovarial- schläuche sich weit zwischen die Längsmuskelbündel hineindrängen. Während nun der Keimstock bei Bothriocephalus microcephalus Rud. sich sehr ähnlich verhält, weist er bei anderen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen wesentlich andere Formverhältnisse auf. Bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibulformis Rud. und fragilis Rud. kann man ihn am besten als nierenförmig bezeichnen: sein sagittaler Durchmesser ist recht beträchtlich, seine Zweitheilung nur sehr wenig ausgesprochen (durch eine leichte Konkavität der vorderen und dorsalen Begrenzung), seine Lappung eine sehr un- bedeutende (vgl. Taf. IV, Fig. 3). Ähnlich scheint nach Funrman’s (1896) Schilderung sich auch der Keimstock von Bothriocephalus rectangulum Bud. zu verhalten. Auch bei Bothriocephalus plicatus xud. ist eine Zweitheilung des Keimstockes kaum ausgesprochen, trotz einer nicht ganz unbeträchtlichen Lappung desselben; hier ist auch im Gegensatz zu den letztgenannten Arten der Sagittaldurch- messer wieder verhältnismäßig unbedeutend. Wenn gleichwohl der der ventralen Muskelschicht unmittelbar anliegende Keimstock nicht in sagittaler Richtung abgeplattet erscheint, wie bei Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcephalus Rud., wenn er vielmehr nur in der transversalen Richtung stark gestreckt ist und der Längsdurch- messer noch wesentlich mehr zurücktritt wie der Sagittaldurchmesser, so hängt dies jedenfalls mit der Kürze der Proglottiden zusammen. Doch ist bei Bothriocephalus plicatus Rud. der ganze Keimstock auf- fällig klein (vgl. Taf. IV, Fig. 1, Taf. VI, Fig. 17 und 20). 72 M. Lühe, Während bei allen diesen Arten der Keimstock median gelegen ist, ist er bei Bothriotaenia chilensis Riggenb. und bei Trigenophorus nodulosus (Pall.) seitlich verschoben und dem die Genitalöffnung tragen- den Gliedrande stark genähert. Bei der erstgenannten Art stellt er »eine länglich-runde kleine Zellgruppe« dar, »une masse cellulaire, de forme ronde, allongee, a limites irregulieres<«, an welcher eine Zweitheilung nicht hervortritt. Bei Triaenophorus nodulosus (Pall.) ist dagegen diese Zweitheilung sehr scharf ausgesprochen. Der Keimstock besteht hier aus zwei stark entwickelten und fast bis an die dorsale Muskelschicht heranreichenden Hälften, welche nur durch eine ver- hältnismäßig schmale Zellbrücke in Zusammenhang stehen. Auch die Lappung ist nicht unbeträchtlich, indessen sind die einzelnen Ovarial- schläuche, aus welchen jede Hälfte des Keimstocks besteht, im Ver- hältnis zu ihrer Länge sehr dick, so dass in Folge dessen der Keim- stock von Triaenophorus einen sehr viel kompakteren Eindruck macht, wie beispielsweise derjenige von Bothriocephalus imbricatus (Dies.). Wenn ich von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) und microcepha- Zus Rud. absehe, da deren Erhaltungszustand feinere Details nicht mehr feststellen ließ, war bei allen von mir untersuchten Arten (bei Bothriocephalus rugosus |Gze.], fragilis Rud. und plicatus Rud. sowohl wie bei Triaenophorus nodulosus Pall.) ein deutlicher Schluckapparat vorhanden. Derselbe ist bei allen Arten im Wesentlichen gleich ge- baut. Gegenüber Pınrner’s Schilderung des Schluckapparates von Callvobothrium corollatum Dies. und Anthobothrium musteli van Bened.! ist als abweichend vor Allem hervorzuheben, dass das Epithel des Oviductes nicht in den Schluckapparat eintritt, sondern vor ihm Halt macht. | Der weitere Verlauf des Oviductes (oder Keimganges) sowie die Art seines Zusammenhanges mit den übrigen weiblichen Genitalorga- nen, d. h. also die Topographie der weiblichen Genitalleitungswege ist dagegen dann bei den verschiedenen Arten wieder äußerst ver- schieden. Verhältnismäßig die größte Konstanz weist noch der Verlauf der Vagina auf, in so fern als dieselbe stets einen nach der Ventralfläche zu konkaven Bogen beschreibt. Bei BDothriocephalus rugosus (Gze.) ! "Tu. PiNTNEr, Neue Beiträge zur Kenntnis des Bandwurmkörpers. III. Eini- ges über die weiblichen Geschlechtsorgane der Tetrabothrien. In: Arb. Zool. Inst. Wien. Bd. IX. 1891. p. 73—82. (17—26.) Taf. II (D, Fig. 6 und Taf. III (U), Fig. 10—18. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 13 und fragelis Rud. liegt dieser Bogen am weitesten medianwärts (vgl. Taf. IV, Fig. 3 o) und weist in so fern die einfachsten Verhältnisse auf, als er fast genau in der Transversalebene liegt und die Vagina sonst keinerlei Windungen oder Schlängelungen macht. Auch bei Triaenophorus nodulosus (Pall.) bildet der ventralwärts konkave Bogen das proximale Ende der Vagina (vgl. Taf. VII, Fig. 23 und 24 e); dass er gleichwohl dem die Genitalöffnung tragenden Gliedrande stärker genähert ist, wird durch die seitlich verschobene Lage des Ovariums bedingt (vgl. Taf. IV, Fig. 2). Die Vagina von Triaenopho- rus nodulosus (Pall.) unterscheidet sich jedoch von derjenigen der beiden eben besprochenen Bothriocephalen auch noch dadurch, dass sie in ihrem letzten Endabschnitt meist etwas mehr nach hinten ver- läuft. In wesentlich höherem Maße ist dieser Verlauf nach dem Hinterende der Proglottis zu naturgemäß bei Dothriocephalus micro- cephalus Rud. und imbricatus (Dies.) ausgeprägt, da bei diesen die Proglottiden eine größere Länge besitzen und in Folge dessen die Vagina schon sehr früh sich nach hinten zu wenden beginnt. Nahe ihrem inneren Ende kann die Vagina in Folge stärkerer Füllung mit Sperma lokal etwas erweitert sein [wie dies z. B. auch FUHRMANN (1896) bei Bothriocephalus rectangulum (Bloch.) gefunden hat), ohne dass man indessen von einem deutlich abgegrenzten Re- ceptaculum seminis sprechen könnte. Ein solches scheint vielmehr allen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen zu fehlen. Die stärkste und auffälligste Abweichung weist der Verlauf der Vagina bei Bothriocephalus plicatus (Rud.) auf. Auch hier findet sich ein ventralwärts offener Bogen, aber derselbe ist in seinem distalen Theil durch eine nicht ganz unbeträchtliche Schlängelung der Vagina ausgezeichnet, und vor Allem hat er eine durchaus abweichende Lage. Während bei allen anderen Arten die Vagina sich nach der Bildung jenes Bogens direkt mit dem Oviduct vereinigt (vgl. Taf. VII, Fig. 23 bis 26), läuft sie bei dem Parasiten des Schwertfisches in transver- saler Richtung vor dem ganzen Ovarium entlang und bildet dann eine große und eigenartige Schleife (vgl. Taf. IV, Fig. 1 und Taf. VII, Fig. 27), indem sie sich nach Überkreuzung der Medianlinie Anfangs dorsalwärts wendet, dann eine Strecke weit wieder nach dem die Genitalöffnung tragenden Gliedrande zu zurückverläuft, um sich nach abermaliger Überkreuzung der Medianlinie wieder ventral zu wenden. Während dieses rückläufigen Bogens hat sie sich gleichzeitig allmäh- lich etwas nach hinten gewandt (vgl. Taf. VI, Fig. 17 und 20 »), ist so hinter denjenigen Flügel des Ovariums gelangt, welcher sich nach dem 74 M. Lühe, die Genitalöffnung tragenden Gliedrande zu erstreckt, ‚und vereinigt sich dann hier mit dem kurzen Oviduct. Der Oviduct selbst verläuft bei Bothriocephalus plicatus Rud. im Wesentlichen in transversaler Richtung (betreffs der Details muss auf Taf. VII, Fig. 27 verwiesen werden, aus welcher dieselben klarer ‚hervorgehen als aus einer langathmigen Beschreibung). Eben so ist die Richtung des aus der Vereinigung von Vagina (v) und Oviduct (od) hervorgehenden leicht S-förmig gebogenen Befruchtungsganges (dg), sowie diejenige des unpaaren Dotterganges (dg) eine im Wesentlichen transversale. Befruchtungsgang und Dottergang führen unmittelbar nach ihrer Vereinigung in einen zwischen ihnen beiden gelegenen spindelförmig erweiterten Hohlraum, in welchen hinein die Schalen- drüsenzellen (sch) münden, d. h. in ein Ootyp, wie es die meisten Trematoden besitzen, wie es jedoch nach der gewöhnlichen An- schauung den Cestoden im Allgemeinen abgehen soll. Der Anfang des Uterus (uig) hat gleichfalls transversale Richtung, derselbe biegt jedoch bald dorsalwärts um. Besonders bemerkenswerth ist bei diesen topographischen Ver- hältnissen von Bothriocephalus plicatus Rud., dass der Schalendrüsen- komplex ventral liegt, was in ähnlicher Weise nach meinen bisherigen Erfahrungen bei keiner einzigen anderen Bothriocephaliden-Art sich wiederfindet. Außerordentlich charakteristisch ist auch der Verlauf des Ovi- duetes bei Bothriocephalus rugosus (Gze.).. In der Mitte des Ovariums, an dessen dorsaler Einbuchtung entspringend, verläuft er Anfangs in fast genau dorsaler Richtung (Taf. VII, Fig. 26), wendet sich dann plötzlich in ziemlich scharfem Knick nach der der Genitalöffnung entgegengesetzten Seite, um bald in einem etwas leichteren Bogen wieder dorsale Richtung einzuschlagen und unmittelbar darauf sich mit der Vagina (vo) zum Befruchtungsgange (bg) zu vereinigen. Ich habe eine größere Anzahl von Proglottiden untersucht und stets diesen, einem Z vergleichbaren Verlauf des Oviductes in genau derselben Weise &efunden. Nicht ganz so konstant ist der Verlauf des Befruchtungs- ganges (bg), welcher indessen stets eine in der Hauptsache sagittale Richtung verfolgt und hierbei in seinem Anfangstheil in der Regel einen kleinen nach der die Genitalöffnung tragenden Seite zu konvexen Bogen beschreibt. Von dieser selben Seite her mündet auch der un- paare Dottergang (dg) in den Befruchtungsgang hinein und bald darauf erweitert sich der letztere zu einem spindelförmigen Ootyp, in welches hinein die Schalendrüsenzellen ihr Sekret ergießen (sch). Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 65) Sehr ähnlich ist auch die Topographie der weiblichen Genital- leitungswege bei Bothriocephalus fragilis Rud. Der Oviduct ist im Verhältnis etwas länger (Taf. VII, Fig. 25) und zwar ist ausschließ- lieh der mittlere Abschnitt verlängert, welcher in transversaler Rich- tung nach der der Genitalöffnung entgegengesetzten Seite verläuft. Der Befruchtungsgang (dg) ist im Gegentheil verhältnismäßig kürzer, doch verläuft er nicht immer so direkt in sagittaler Richtung, wie dies die Abbildung zeigt, bildet vielmehr mitunter, ähnlich wie bei Bothrio- cephalus rugosus (Gze.), einen Bogen, welcher zwischen Vagina (v) und Dottergang (dg) gelegen seine Konvexität der die Genitalöffnung tragenden Seite zukehrt. Eine spindelförmige Erweiterung des Oo- typs findet sich auch bei Bothriocephalus fragilis Rud., doch ist sie weniger deutlich wie bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) und plicatus Rud. Der unpaare Dottergang (dg) ist in seinem Endabschnitt stets prall mit Dotterzellen erfüllt und in Folge dessen unregelmäßig er- weitert, so dass man von einem (allerdings nicht scharf abzugren- zenden) Dotterreservoir sprechen kann, während ein solches bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) kaum kenntlich ist (Taf. VII, Fig. 26) und von Marz (1892) daher vollständig geleugnet wird. Doch hat es LÖNNBERG (1891) auch schon bei dieser letzteren Art gesehen. Bei Bothriocephalus plicatus Rud. stellt übrigens, um dies noch nach- zutragen, das Dotterreservoir eine eben solche unregelmäßige und daher nicht scharf zu begrenzende Erweiterung des unpaaren Dotter- sanges dar, wie bei Bothriocephalus fragilis Rud. Die Topographie der weiblichen Genitalleitungswege von Bothrio- cephalus infundibuliformis Rud. scheint nach den Angaben von MATZz (1892) vollkommen derjenigen von Bothriocephalus fragilis Rud. zu entsprechen. Bei Bothriocephalus rectangulum Rud. entspringt da- segen der Eileiter nach Funrmann (1896) »an’der Ventralseite des Keimstockes« und »verläuft auf der Mittellinie etwas nach vorn, um sich mit der Vagina und den Dottergängen zu vereinigen. Eine deut- liche Schalendrüse ist nicht vorhanden«. Auch bei Bothriotaenia chilensis Riggenb., deren weibliche Genitalleitungswege noch unge- nügender bekannt sind, hat RıiggEenzAacH (1896) eine Schalendrüse nicht wahrnehmen können. Mir erscheint es jedoch wenig wahr- scheinlich, dass diese beiden Arten sich von allen anderen Bothrio- cephaliden durch den Mangel einer Schalendrüse auszeichnen sollen; ich halte es vielmehr für sicher, dass in beiden Fällen nur der Er- haltungszustand des untersuchten Materials Schuld daran ist, dass die Schalendrüsenzellen so wenig deutlich hervortraten. Habe ich an 76 M. Lühe, den in meinen Händen gewesenen Marz’schen Originalpräparaten von Bothriocephalus microcephalus Rud. doch selbst konstatiren können, dass Schalendrüsenzellen überhaupt nicht mehr sichtbar waren und ihre dereinstige Lage nur noch an der Anordnung des Parenchyms kenntlich war. Bei dem von mir untersuchten Bothriocephalus imbricatus (Dies.) waren die zelligen Elemente besser erhalten, aber gleichwohl reichte der Erhaltungszustand nicht aus, um auf einer Serie die sämmtlichen weiblichen Genitalleitungswege zu verfolgen. Die Angaben, welche ich oben über dieselben gemacht habe, sind vielmehr das Resultat der Untersuchung mehrerer, verschieden behandelter Schnittserien. Ich habe desshalb auch darauf verzichtet, eme Kombinationszeich- nung der Genitalleitungswege zu geben, zumal ich die Einmündung des Dotterganges in den Befruchtungsgang auf keinem meiner Prä- parate mit Sicherheit habe erkennen können. Wahrscheinlich erfolgt dieselbe jedoch in der gleichen Weise wie bei Bothriocephalus micro- cephalus Rud., indem aus dem als lokale Erweiterung des unpaaren Dotterganges aufzufassenden kugeligen Dotterreservoir ein kurzer Gang in den an dessen Dorsalseite aufsteigenden Endabschnitt des Befruchtungsganges führt. Wegen aller weiteren Details kann ich, um eine Wiederholung zu vermeiden, auf meine oben gegebene Schil- derung verweisen, die im Wesentlichen auch für BDothriocephalus microcephalus Rud. zutrifft. | Auf eine gewisse Variabilität in der Topographie der weiblichen Genitalleitungswege habe ich schon bei Besprechung von Bothrio- cephalus rugosus (Gze.) und fragelis Rud. aufmerksam gemacht. Sehr viel auffallender ist diese Variabilität bei Triaenophorus nodulosus (Pall.) (vgl. Taf. VII, Fig. 23 und 24). Wenn STEUDENER (1877) sowohl wie ZOGRAFF (1877) angeben, dass Triaenophorus paarige Oviduete besäße, so ist diese Angabe natürlich irrthümlich. Es ist selbstverständlich, wie auch bei allen anderen Cestoden, nur ein einziger, unpaarer Oviduct vorhanden. Derselbe entspringt an der Hinterfläche der die beiden Hälften des Keimstockes mit einander verbindenden Querbrücke, meist in der Nähe der ventralen Muskelplatte, nicht selten jedoch auch etwas mehr dorsal. Sein Verlauf varürt in sehr erheblichem Grade. Der- selbe kann z. B. rein transversal sein, wie in Fig. 24, oder auch fast rein sagittal, wie in Fig. 23. Eben so erheblich ist die Variabilität im Verlaufe des Befruch- tungsganges, dessen Vereinigung mit dem Dottergange jedoch wohl Unters. iiber die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. Tal stets etwas mehr dorsal liegt, wie die Stelle seines Ursprunges aus der Vereinigung von Oviduct und Vagina. Konstant scheint dagegen die Lage der beiden paarigen Dotter- sänge zu sein (Fig. 23 und 24 dg,), welche mit einander einen spitzen Winkel bilden und sich zu dem unpaaren Dottergang (dg) vereinigen. Letzterer ist bald sehr kurz, bald etwas länger; bald verläuft er fast rein sagittal wie in Fig. 23, bald in einem in der Transversalebene selegenen ventralwärts offenen Bogen wie in Fig. 24. In der Regel scheint er in den Befruchtungsgang von der der Genitalöffnung gegen- überliegenden Seite aus einzumünden. Unmittelbar darauf tritt der Befruchtungsgang in den Komplex der Schalendrüse ein. Dieser ist meist der Dorsalfläche genähert, kann sich jedoch auch etwas nach der Ventralfläche zu verschieben, so dass er in einzelnen Proglottiden, in welchen auch der Ursprung des Oviductes in umgekehrter Richtung etwas verlagert erscheint, fast direkt hinter diesem liegt. | Der Uterus der Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöfi- nungen ist nach RıGGENBACH (1896) »ganz wie bei den eigentlichen Bothriocephaliden ein geschlungenes Rohr. Er bildet jedoch nie die ‚unter dem Namen Wappenlilie bekannte Rosettenform, sondern hat eher Ähnlichkeit mit dem sackartig ausgebuchteten Fruchthälter einer Ichthyotänie.. Bevor er sich nach außen öffnet, erweitert er sich stark zu einer sogenannten Uterushöhle«. Auch in seine Diagnose der Gattung Bothriotaenia Raill. hat RiGGENBACH den Satz aufge- nommen: »Uterus mit Uterushöhle, keine Rosettenform bildend.« Dass der Uterus bei keiner einzigen der in Betracht kommen- den Arten die sogenannte Rosettenform bildet, ist richtig, im Übrigen kann ich mich jedoch mit den Angaben RIGGENBACH’s nicht einver- standen erklären. Es ist mir schon unverständlich, wie ein »ge- schlungenes Rohr« Ähnlichkeit haben kann mit dem Uterus der Fisch- tänien, welcher ganz wie derjenige der Cystotänien aus einem medianen Längsstamm mit blind endigenden Seitenästen besteht. Und wenn RIGGENBACH annimmt, dass alle Bothriotänien eine »Uterushöhle« be- sitzen, so ist dies direkt unrichtig: Bothriocephalus plicatus Rud. be- sitzt ganz sicher keine »Uterushöhle«, die derjenigen von Bothrio- cephalus rugosus (Gze.) homologisirt werden könnte, auch habe ich in den Arbeiten von LönngBere (1891) und Arıora (1896), welche RIGGENBACH offenbar zur Zusammenstellung einer anatomischen Dia- snose von » Bothriotaenia plicata (Rud.)« benutzt hat, vergebens nach einer Angabe gesucht, aus welcher das Vorhandensein einer solchen »Uterushöhle« herausgelesen werden könnte. 78 M. Lühe, Unter den genauer untersuchten Bothriocephaliden mit margi- nalen Genitalöffnungen besitzen die am besten entwickelte »Uterus- höhle« Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuliformis Rud. und fragels Rud. Bei allen drei Arten zerfällt der Uterus deutlich in drei Abschnitte: einen engen, gewundenen Kanal, welcher an der Schalendrüse beginnt und in den zweiten Abschnitt einmündet (Taf. IV, Fig. 3 vtg), einen stark erweiterten Raum, die sogenannte »Uterus- ‚ höhle« (ibid. «th) und endlich einen kurzen Kanal, welcher diese »Uterushöhle« mit der Außenwelt in Verbindung setzt (ibid. vim). Wie schon BRAun in Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs aus- geführt hat, entspricht der erste kanalförmige Abschnitt dem bei den Ichthyotänien und anderen sogenannten »Tetrabothriden«, sowie bei den Tänien als »eigentlicher Oviduct« oder »aufsteigender Ovi- duct« bezeichneten Kanal (ich will ihn im Folgenden mit Braun als Uteringang bezeichnen); die »Uterushöhle« dagegen entspricht dem Uterus der Tänien und »Tetrabothriden«, welche den dritten bei den oben genannten Bothriocephalen sich findenden Mündungsabschnitt des Uterus eingebüßt haben. Dieser Vergleich wird dadurch sicher- gestellt, dass bei den in Rede stehenden Bothriocephalen der kanal- förmige Anfangstheil (Uteringang) nicht nur seinen Maßverhältnissen nach sehr zurücktritt gegenüber der »Uterushöhle«, sondern auch stets nur verhältnismäßig wenige, junge Eier enthält: er hat im Vergleich zur »Uterushöhle« nur die Funktion eines zuführenden Kanals. In der »Uterushöhle« dagegen bleiben die Eier ganz wie im Uterus der Täniiden und Ichthyotäniiden lange Zeit liegen und machen sie während dieser Zeit ihre Embryonalentwicklung durch, wie dies namentlich für BDothriocephalus rugosus (Gze.) von SCHAUINSLAND (1886) festgestellt worden ist. Der Vergleich lässt sich also bis in alle Details durchführen, der einzige wesentliche Unterschied ist das Vorhandensein eines dritten Uterusabschnittes bei den genannten Bothriocephalen, welcher die äußere Uterusmündung bildet, das Fehlen eines solchen bei den Tänien und Ichthyotäniiden. Die Form der »Uterushöhle« oder des Uterus s. str. ist bei allen drei Bothriocephalen im Wesentlichen dieselbe: stets ist es ein großer, vor dem Ovarium gelesener einheitlicher Hohlraum, dessen Haupt- achse entsprechend der Kürze der Proglottiden in der Transversal- richtung liegt. Bei Bothriocephalus infundibuliformis Rud. sind die beiden Enden zugespitzt, bei Bothriocephahts rugosus (Gze.) und fra- gelis Rud. (Taf. IV, Fig. 3) dagegen abgerundet. Wenn RIGGENBACH (1896) auch bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) angiebt: »Uterushöhle Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 79 beiderseits spitz endend«, so ist dies vielleicht nur ein Versehen, da es mit der Schilderung und Abbildung von Marz (1892), auf welchem RIGGENBACH im Allgemeinen fußt, in Widerspruch steht. Kann man somit den Uterus (im weiteren Sinne) der genannten drei Bothriocephaliden nicht ohne Weiteres als »ein geschlungenes Rohr« bezeichnen, so gilt dies für den Uterus s. str. (d. h. die »Uterushöhle«) noch weniger. Und wenn auch der letztere dem Uterus der Tänien und Ichthyotäniiden homolog ist, so hat er doch in der Form auch nicht die geringste »Ähnlichkeit mit dem sack- artig ausgebuchteten Fruchtbehälter einer Ichthyotänie.« Bei Bothriotaenia chüensis Riggenb. könnte allerdings, nach RiGGEnBAcH’s Fig. 6 zu urtheilen, eine Ähnlichkeit des Uterus mit demjenigen der Ichthyotänien vorhanden sein. Aber RıiGGENBACH selbst belehrt uns im Text eines Besseren, denn der Uterus ist »un eonduit plusieurs fois recourbe« und in seiner deutschen Arbeit spricht derselbe Verfasser von einem »mehrfach geschlungenen geräumigen Uterus. Wo bleibt da die Ähnlichkeit mit den Ichthyotänien, deren Uterus kein geschlängelter Kanal ist, sondern aus einem medianen Stamm mit transversal verlaufenden und blind endigenden Seiten- ästen besteht? Auch ist es ein Widerspruch in sich selbst, wenn RIGGENBACH den Uterus der »Bothriotänien« mit demjenigen der Ichthyotänien vergleicht und unmittelbar darauf sagt, dass der End- ‚abschnitt dieses Uterus sich stark erweitere zu einer »Uterushöhle«. ‚Ist doch nach meinen obigen Ausführungen der Uterus der Ichthyo- 'tänien als sanzer der »Uterushöhle« von Bothriocephalus rugosus (Gze.) und dessen nächsten Verwandten homolog. Daher kaun aber auch die etwas größere Ausbuchtung am Vorderende des Uterus von Bothriotaenia chilensis (Fig. 6 u), welche RıeGEnBAcH als »cavite uterines bezeichnet, der Uterushöhle von Bothriocephalus rugosus (Gze.) kaum homolog sein. Eine sichere Deutung des Uterus von Botkriotaenia chilensis ist jedoch zur Zeit noch nicht möglich, da die Lage der Schalendrüse noch unbekannt ist und es daher zweifel- haft erscheint, ob der »Oviduet« RıGgEnBAcH’s den Befruchtungs- gang (von der Vereinigungsstelle von Vagina und Keimgang bis zur Schalendrüse bez. bis zur Einmündungsstelle des unpaaren Dotter- ganges) und den Uteringang (von dort bis zur Einmündung in den Uterus) umfasst — oder ob er vielmehr nur dem Befruchtungsgange allein entspricht. Nur im ersteren Falle (welcher mit Rücksicht auf das weiter unten zu besprechende analoge Verhalten bei Triaeno- phorus nodulosus (Pall.) vielleicht wahrscheinlicher ist) würde der 80 M. Lühe, ganze »Uterus<« von Bothriotaenia chilensis Riggb. dem Uterus der Ichthyotänien homolog sein, aber auch eben so gut der »Uterushöhle« von Bothriocephalus rugosus (Gze.). Entspricht dagegen der »Oyviduct« dem Befruchtungsgange allein, so würde der »Uterus« vielmehr allem Anschein nach demjenigen von Bothriocephalus latus und Verwandten homolog sein: er würde wie dieser dem Uteringang plus Uterus der Ichthyotäniiden und Tänien entsprechen. Diese Frage kann nur durch künftige Untersuchungen entschieden werden, sie mag aber zugleich als ein warnendes Beispiel dafür dienen, wie dringend wünschenswerth eine einheitliche Benennung der verschiedenen Be- standtheile des weiblichen Leitungsapparates ist. Es ist ein auf die Dauer unhaltbarer Zustand, dass von verschiedenen Verfassern das- selbe Wort »Oviduct« in ganz verschiedenem Sinne gebraucht wird. Wesentlich anders wie bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), in- Fundibuliformis Rud. und fragelis Rud. verhält sich der Uterus bei Bothriocephalus plicatus Rud. Auch hier beginnt er als ein feiner Kanal (Taf. VII, Fig. 27 xtg), welcher dem Uteringang anderer Cestoden entspricht und demnach auch so bezeichnet werden könnte. Aber dieser »Uteringang« ist gegen den »Uterus s. str.« eben so wenig scharf zu begrenzen wie bei Bothriocephalus latus, denn er führt nicht in eine geräumige einheitliche Uterushöhle, sondern er erwei- tert sich nach kurzem Verlaufe allmählich zu einem bis zu 0,2 mm und darüber im Durchmesser haltenden Kanale, welcher in zahl- reichen Windungen die ganze Markschicht erfüllt (Taf. IV, Fig. 1 2). Diese Windungen sind auf meinen Präparaten nicht selten so ange- ordnet, dass eine deutliche Streckung in sagittaler Richtung hervor- tritt, indem vielfach einzelne Abschnitte des Kanals in dieser Richtung fast ganz gerade verlaufen, um an der Dorsal- bez. Ventralfläche in scharfem Bogen U-förmig umzubiegen. Darüber hinaus habe ich jedoch eine Regelmäßigkeit in der Anordnung der Schlingen nicht wahrnehmen können. Eine besondere Differenzirung zeigt bei Bothriocephalus plicatus Rud. der Endabschnitt des Uterus. Kurz vor seiner Mündung näm- lich verengert sich der Uterus plötzlich, um seine Fortsetzung in einem dünnen, fast gerade verlaufenden Kanal von durchschnittlich 0,008 mm Durchmesser und 0,2 mm Länge zu finden. Dieser Kanal führt dann seinerseits wieder in einen etwas erweiterten Hohlraum, welcher direkt nach außen mündet und welchen ich im Folgenden der Kürze wegen als Uterinatrium bezeichnen will (vgl. Taf. IV, Fig. 1 bei vim und Taf. VI, Fig. 22). Dieser Endabschnitt des Uterus Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. sl ist im Gegensatz zu den übrigen Theilen desselben sehr muskulös. Schon der eben erwähnte feine Kanal, welcher in das Atrium führt, ist rings umgeben von feinen, seiner Wandung unmittelbar anliegen- den Längsmuskeln (Taf. VI, Fig. 22 m,). Sehr viel stärker entwickelt ist diese Muskulatur jedoch in der Umgebung des Atriums, woselbst man auf Schnitten, die ungefähr die Längsachse dieses Atriums ge- troffen haben, die einzelnen Muskelfasern sich anscheinend regellos durchflechten sieht (Taf. IV, Fig. 1 bei vim und utm;, Taf. VI, Fig. 18 bei uim, Fig. 22 m,), ohne dass die ganze Muskelmasse gegen das um- sebende Parenchym scharf abgegrenzt wäre. Auf Tangentialschnitten durch die Wandung des Atriums bez. durch diese Muskulatur tritt dieses regellose Sich-Durchflechten der Muskelfasern noch deutlicher hervor obwohl man auf solchen Schnitten vielfach ein Vorwiegen von Meri- dionalmuskeln erkennen kann. Bemerkenswerth ist die große Feinheit der einzelnen Muskelfasern, welche namentlich gegen den großen Quer- schnitt der Längsmuskeln des Thieres sehr absticht (vgl. Taf. VI, Fig. 22 m, und m, mit ml). Die Form des von mir als Atrium be- zeichneten Hohlraums ist ungefähr birnförmig, indem derselbe sich gegen seine äußere Mündung allmählich verjüngt; doch ist seine Be- grenzung in so fern eine unregelmäßige, als zahlreiche feine Falten, vornehmlich in der Längsrichtung, in das Lumen hinein vorspringen. Der Querdurchmesser des Organs bleibt mit durchschnittlich 0,1 mm erheblich hinter dem Durchmesser der eiergefüllten Uterusschlingen zurück, seine Länge (bez. Tiefe) beträgt durchschnittlich 0,25 mm. Wie haben wir nun diesen Uterus von Bothriocephalus plicatus Rud. vergleichend-anatomisch aufzufassen ? > Im Anschluss an die von BRAun in Broxn’s Klassen und Ord- nungen gegebene Darstellung unterscheide ich, wie schon oben an- gedeutet, am Uterus der Cestoden drei Abschnitte: 1) einen engen, an der Schalendrüse beginnenden Kanal, den Uteringang, 2) einen erweiterten, die Eier bergenden Abschnitt, den Uterus s. str., welcher bei manchen Bothriocephalen, z. B. Bothriec- cephalus latus (L.), von dem Uteringang nicht scharf abzu- grenzen ist, bei anderen dagegen, z. B. bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), seit Langem unter dem Namen »ÜUterushöhle« bekannt ist, endlich | 3) einen Mündungsabschnitt, welcher sich nur bei den Bothrio- cephaliden findet und eines besonderen Namens bisher entbehrt. Bei einem Vergleich des Uterus von Bothriocephalus plicatus Rud. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. - 6 82 M. Lühe, mit demjenigen von Bothriocephalus latus (L.) einerseits, von Bothrio- cephalus rugosus (Gze.) andererseits, ergeben sich dann meines Er- achtens folgende Schlüsse: Eine »Uterushöhle«, wie RIGGENBACH (1896) sie allen »Bothrio- tänien« zuschreibt, fehlt bei Dothriocephalus plicatus Rud. eben so gut wie bei Dothriocephalus latus (L.), der ihr entsprechende Theil des Uterus ist vielmehr wie bei letzterer Art ein langer, vielfach ge- schlängelter Kanal, welcher sich dem dem Uteringang entsprechen- den Anfangstheil gegenüber zwar im Allgemeinen durch ein beträcht- lich weiteres Lumen auszeichnet, aber nicht scharf gegen ihn abgegrenzt werden kann. In diesem Kanale machen die Eier von Bothriocepha- lus plicatus Rud. ihre Embryonalentwicklung durch, ganz wie die- jenigen von Bothriocephalus rugosus (Gze.) in der »Uterushöhle«. Und wie bei letzterer Art aus der »Uterushöhle« der dritte und letzte Absehnitt des Uterus als ein Kanal entspringt, »der wie ein Aus- führungsgang erscheint« (Braun), so entspringt auch bei Bothrio- cephalus plicatus Rud. aus dem die Eier bergenden Hauptabschnitte des Uterus ein scharf abgesetzter, sehr viel engerer Kanal, dessen Ursprung also auch bei dieser Art den Beginn des Mündungsabschnittes bezeichnen muss. Ein wichtiger Unterschied besteht allerdings in so fern, als dieser Kanal bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) direkt nach außen mündet (eben so wie auch bei Bothriocephalus fragilis Rud., vgl. Taf. IV, Fig. 3), bei Bothriocephalus plicatus Rud. dagegen erst vermittels des erweiterten Hohlraums, welchen ich oben als Üterin- atrium bezeichnete. Ich fasse jedoch diese atriumähnliche Erweite- rung als eine sekundäre Erwerbung auf, eben so gut wie auch die starke sie umgebende Muskulatur zweifellos eine solche sekundäre Erwerbung darstellt. Da indessen RIGGENBACH, nach dem oben ge- gebenen Citat und nach seiner Schilderung des Uterus von Bothrio- taenia chilensis Riggb. zu urtheilen, jede endständige Erweiterung des Uterus als »Uterushöhle« bezeichnen zu wollen scheint, so dürfte es nicht überflüssig sein noch einmal ausdrücklich zu betonen, dass ein Vergleich des Uterinatriums von Bothriocephalus plicatus Rud. mit der Uterushöhle von Bothriocephalus rugosus (Gze.) und ähnlichen Arten mir aus morphologischen wie physiologischen Gründen voll- ständig ausgeschlossen zu sein scheint. So stark auch die atrium- ähnliche Erweiterung bei Bothriocephalus plicatus Rud. ist im Vergleich zu dem Durchmesser des in sie einmündenden engen Kanals, so sehr tritt sie in ihren gesammten Maßverhältnissen zurück gegenüber dem die Eier bergenden Hauptabschnitt des Uterus und in diesem Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 83 letzteren machen die Eier ihre Embryonalentwieklung durch, um später durch den muskulösen Endabschnitt des Uterus verhältnismäßig rasch hindurchzupassiren. Der Uterus ist also bei Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundi- buliformis Rud. und fragelis Rud. einerseits, bei Bothriocephalus ph- catus Rud. andererseits in sehr verschiedener Weise ausgebildet. Wie verhalten sich nun im Vergleich zu diesen beiden Typen (wenn ich diesen Ausdruck brauchen darf) die übrigen ainealgen ; mit marginalen Genitalöffnungen ? DBothriotaenia chilensis Riggb. ist schon besprochen worden. Bothriocephalus rectangulum Rud. schließt sich anscheinend an den Typus von Bothriocephalus rugosus (Gze.) an, da bei ihm nach Funr- MANN (1896) eine »Uterushöhle« in reifen Proglottiden »als wenig gebuchteter Sack das ganze Markparenchym erfüllt<; auffällig ist freilich die weitere Angabe, dass diese »Uterushöhle« in jüngeren Proglottiden eine »unregelmäßige Form« hätte. Für Bothriocephalus palumbi Montie. liegt eine Angabe überhaupt nicht vor. Bei Bothrio- cephalus longispiculus Stoss. fand ARIOLA (1896) die reifen Proglottiden »completamente ripiene di uova«, alle weiteren Angaben fehlen auch hier. Auch mit der Schilderung, welche Arıora (1899) für den Uterus von Bothriocephalus dalmatinus Stoss. giebt, lässt sich nichts an- fangen. »Le uova sono contenute nel dotto uterino a parete sottili, le quali, nelle proglottidi completamente mature, scompariono, e le uova, libere, riempiono tutta la parte mediana della proglottide stessa. « Ein derartiges Entstehen eines einheitlichen Hohlraums aus einem seschlängelten Kanal durch Schwund der Kanalwandungen ist zwar nieht unmöglich, aber bei Bothriocephaliden bisher noch nicht beob- achtet worden. Ich trage desshalb Bedenken die Angaben von ARIOLA für zuverlässig zu halten, so lange sie nicht in einwandsfreier Weise bewiesen sind und so lange der angebliche Einschmelzungsprocess nicht auch histologisch genau untersucht ist. Vorläufig möchte ich es beinahe für wahrscheinlicher halten, dass beim Schneiden reifer Proglottiden die Schalen der zahlreichen Eier gesprungen sind und deren Bruchstücke die dünnen Scheidewände zwischen den einzelnen Uterusschlingen zerrissen haben. Andererseits ist aber vielleicht auch die Annahme nicht ausgeschlossen, dass eine »Uterushöhle« in der That vorhanden ist, und dass ArıoLa nur deren Entwicklung nicht richtig erkannt hat. Wenn ich mich nunmehr zu der Besprechung des Uterus der- jenigen noch restirenden Arten wende, welche mir aus eigener An- 6*F 54 M. Lühıe, schauung bekannt sind, so kann ich bezüglich der Details des that- sächlicehen Befundes bei Bothriocephalus imbricatus (Dies.) auf meine weiter oben gegebene Schilderung verweisen. Bothriocephalus miero- cephalus Rud. stimmt, wie dies schon aus den Angaben und Abbil- dungen von Marz (1892) hervorgeht, auch in diesem Punkte voll- kommen mit Bothriocephalus imbricatus (Dies.) überein. Wir haben also bei beiden Arten einen langen stark geschlängelten Kanal, welcher nicht direkt nach außen mündet, sondern in einen kleinen Hohlraum, einen (wie ich mich oben ausdrückte) »atriumähnlich er- weiterten Endabschnitt des Uterus. Von Marz (1892) und RıGGEn- BACH (1896) wird dieser Hohlraum als »Uterushöhle« bezeichnet, darf derselbe aber der »Uterushöhle« von BDothriocephalus rugosus (Gze.) und ähnlichen Arten als homolog angesehen werden? Dies erscheint mir doch recht zweifelhaft; ich bin vielmehr eher geneigt, ihn als Uterinatrium aufzufassen, analog demjenigen von Bothriocephalus plicatus Rud., und zwar nicht nur wegen seiner relativen Kleinheit (vgl. Taf. V, Fig. 4, 6, 12, 13) und einer gewissen Ähnlichkeit in der Form mit dem Uterinatrium der letzteren Art (vgl. Taf. IV, Fig. 1, Taf. VI, Fig. 18, 22), sondern vor Allem aus folgender Erwägung heraus. Bei den Arten mit großer Uterushöhle, außer Dothidrium pytho- nıs Blainv. und manchen Bothriocephaliden mit dorsalen Genital- öffnungen, vor Allem Bothriocephalus rugosus (Gze.), infundibuliformis Rud. und fragilis Rud., ist nach meinen obigen Ausführungen diese Uterushöhle stets der Hauptabschnitt des Uterus, in welchem zahl- reiche Eier gleichzeitig heranreifen. Sie wird desshalb von BRAUN auch mit Recht als »die Eier bergender Raum« bezeichnet. Der kanalförmige Anfangstheil des Uterus (Uteringang) hat nur die Funk- tion eines zuführenden Kanals, tritt demnach räumlich stark gegen- über der mächtig entwickelten Uterushöhle zurück (vgl. Taf. IV, Fig. 3) und enthält stets nur verhältnismäßig wenige, jugendliche Bier. Anders bei Bothriocephalus imbricatus (Dies... Daraus, dass ich bei dieser Art in dem erweiterten Endabschnitte des Uterus nie- mals auch nur ein einziges Ei liegen sah, dürfte ohne Überschätzung dieses negativen Befundes mit Sicherheit immerhin das Eine gefol- gert werden können, dass die Eier in ihm normalerweise nicht lange Zeit liegen bleiben, wie in der typischen Uterushöhle anderer Bothrio- cephaliden. Außerordentlich zahlreich sind dagegen die Eier in dem kanalförmigen Theile des Uterus, und wenn auch der zellige Inhalt dieser Eier zu schlecht erhalten war, um eine genauere Analyse zuzulassen, so ließ sich doch auf Grund des Verhaltens der Eischale Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen S5 mit Sicherheit feststellen, dass nur der Anfangstheil des Kanals jugendliche Eier enthielt, während die überwiegende Mehrzahl sämmt- licher Eier älter war. Der kanalförmige Theil des Uterus von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) — und eben so auch von dem mit diesem vollständig übereinstimmenden Dothriocephalus microcephalus Rud. — erweist sich also nicht nur dem von ihm eingenommenen Raume nach als der Hauptabschnitt des Uterus im Vergleich zu der relativ kleinen endständigen Erweiterung, er entspricht auch hin- sichtlich der in ihm enthaltenen Eier nicht dem Uteringang von Bothriocephalus rugosus (Gze.), sondern dem Uterus von Bothrio- cephalus latus (L.).. Ich sehe mich desshalb zu der Annahme ge- nöthigt, dass er dem Uterinsang plus dem Uterus s. str. (oder der Uterushöhle) anderer Cestoden homolog ist, und dass die Erweiterung des Uterus vor seiner Mündung nur dem dritten der oben unter- schiedenen Uterusabschnitte entspricht, bez. dem Uterinatrium von Bothriocephalus plicatus Rud. Es ist jedoch zur sicheren Entschei- dung dieser Frage vorerst noch die Untersuchung frischen und gut konservirten Materials zur Feststellung des histologischen Baues und der ontogenetischen Entwicklung des Uterus von Bothriocephalus imbri- catus (Dies.) wünschenswerth. Die letzte noch zu besprechende Art, Triaenophorus nodulosus (Pall.), bietet wiederum andere Verhältnisse dar. Wir finden hier wieder einen verhältnismäßig engen Kanal (Taf. IV, Fig. 2 ui), wel- . cher an der Schalendrüse beginnend in wenigen Windungen und im Wesentlichen in transversaler Richtung nach der der Genitalöffnung abgewandten Seite zu verläuft, um verhältnismäßig bald in einen srößeren Hohlraum (Taf. IV, Fig. 2 «t,) einzumünden. Der Kanal ist von STEUDENER (1877) sowohl wie von ZOGRAFF (1877) als »Ei- leiter« bezeichnet worden, der Hohlraum dagegen als »Uterus«. Bei der relativen Kürze des kanalförmigen Theiles des Uterus kann hier in der That der endständige erweiterte Hohlraum räumlich als der Hauptabschnitt des Uterus angesehen werden, ähnlich der Uterushöhle von Bothriocephalus rugosus (Gze.), fragilıs Rud. und ınfundibulifor- mis Rud. Bei dieser Auffassung würde dann der Kanal als Uterin- gang, der einheitliche Hohlraum als Uterushöhle oder Uterus s. str. bezeichnet werden müssen. Es kann jedoch nicht verschwiegen wer- den, dass diese »Uterushöhle« von Triaenophorus nodulosus (Pall.) gegenüber dem Uterus s. str. der drei eben genannten Bothriocephalen auch nicht ganz unwesentliche Differenzen aufweist. Ganz abge- sehen davon, dass der Uterus s. str. dieser Bothriocephalen im Ver- 36 M. Lühe. hältnis zur Größe der Proglottiden sehr viel mächtiger entwickelt ist, als die »Uterushöhle« von Triaenophorus, abgesehen ferner da- von, dass die Eier jener Bothriocephalen im Uterus ihre Embryonal- entwicklung durchmachen, was bei Triaenophorus bekanntlich nicht der Fall ist, bestehen auch Unterschiede im Bau der Wandung der betreffenden Uterusabschnitte. Die Wandung des Uterus s. str. von Bothriocephalus rugosus (Gze.) und Verwandten ist sehr dünn, ihre Zellen sind wenig zahlreich und stark abgeflacht. Die »Uterushöhle« von Triaenophorus nodulosus (Pall.) dagegen ist außerordentlich diek- wandig in Folge der großen Zahl dicht gedrängter, mit ihrer Achse senkrecht zur Oberfläche gestellter spindelförmiger Zellen. Es er- scheint mir sehr wohl möglich, dass die Wandung der endständigen atriumähnlichen Erweiterung am Uterus von BDothriocephalus imbri- catus (Dies.) in ihrem histologischen Bau im Wesentlichen mit der Wandung der »Uterushöhle« von Triaenophorus nodulosus (Pall.) über- einstimmt. Mit Sicherheit kann ich dies jedoch bei dem Erhaltungs- zustand des mir von dem Schildkrötenparasiten zur Verfügung stehenden Materials nicht behaupten. Es sind hierzu neue Unter- suchungen an gut konvervirtem Materiale nothwendig, welche dann auch die Frage zu beantworten haben werden, ob eventuell eine Modifikation des Begriffs der »Uterushöhle« erforderlich ist. Die Eier der Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen sind sehr verschieden gebaut. Bei Triaenophorus nodulosus (Pall.) gleichen sie den Eiern von Bothriocephalus latus. Sie besitzen einen Deckel, und ihre Entwicklung erfolgt erst nach ihrer Ablage im Wasser. Eben so sind die Eier von Bothriocephalus imbricatus (Dies.) gedeckelt, wenn ich auch über ihren zelligen Inhalt sichere Angaben nicht zu machen vermag. Für Bothriocephalus microcephalus Bud. kann ich nicht einmal das Vorhandensein eines Deckels mit Sicher- heit behaupten, da bisher Angaben darüber nicht existiren und in den in meinen Händen gewesenen Marz’schen Originalpräparaten der Art die Eier sehr stark geschrumpft waren. Bei der großen Überein- stimmung, welche sich in jeder anderen Hinsicht zwischen den bei- den zuletzt genannten Arten findet, nehme ich jedoch an, dass auch die Eier von Bothriocephalus microcephalus Rud. gedeckelt sind. Bei anderen Arten (Bothriocephalus rugosus [Gze.], infundibuliformis Rud. und fragilis Rud.) sind sie dagegen ungedeckelt und machen ihre Embryonalentwicklung bis zur Ausbildung der sechshakigen Oneo- sphäre im Uterus des Mutterindividuums durch. Ungedeckelte Eier besitzt ferner nach Arıora (1899) Bothriocephalus rectangulum (Bloch), Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 87 während derselbe Autor die Eier von Bothriocephalus dalmatınus Stoss. als gedeckelt bezeichnet; Angaben über die Embryonalent- wieklung werden für keine von beiden Arten gemacht. Aus der Struktur der Eischale allein lassen sich aber keine Rückschlüsse auf die Embryonalentwicklung machen. Wohl glaubte SCHAUINSLAND (1886), welcher in seiner Arbeit über die Embryonalentwicklung der Bothriocephalen von den uns interessirenden Arten Triaenophorus nodulosus (Pall.) und Bothriocephalus rugosus (Gze.) untersucht hat, dass sich die Bothriocephaliden in Bezug auf ihre Eier und Larven in zwei Gruppen theilen ließen: »Bei den einen beginnt die Entwick- lung erst nach dem Ablegen der Eier in Wasser, bei den anderen gelangen die Embryonen bereits im Bandwurmkörper zur Reife; jene besitzen diekschalige, durch einen Deckel sich öffnende Eier mit sehr vielen, die Eizelle fast völlig verdeckenden Dotterzellen, diese dagegen dünnschalige, ungedeckelte, relativ wenig Nahrungsmaterial einschließende Eier, die im Laufe der Entwicklung bedeutend an Größe zunehmen. Die Larven der ersten Gruppe sind mit dichten Wimpern bekleidet, die der zweiten nackt.« Der hier von SCHAUINSLAND angenommene Zusammenhang zwi- schen dem Fehlen oder Vorhandensein eines Deckels bez. der Dicke der Eischale und der Entwicklung innerhalb oder außerhalb des mütter- lichen Bandwurmkörpers war in der Thatnach den früheren Beobachtun- gen wahrscheinlich. Gleichwohl besteht er nicht. BDothriocephalus plica- Zus Rud. besitzt nicht nur einen Deckel, sondern auch eine auffällig dicke Eischale. Die Zahl der in dem jungen Uterinei enthaltenen Dotterzellen ist sehr beträchtlich (vgl. Taf. VI, Fig. 15), ganz wie bei den gedeckelten Eiern anderer Bothriocephaliden. In der Regel ver- decken diese Dotterzellen die Eizelle sogar fast vollkommen, nur ausnahmsweise liegt die Eizelle so frei an einem Pole, wie in dem von mir gezeichneten Ei. Trotzdem werden die Eier aber nicht auf diesem Stadium abgelest. Vielmehr wird fast die ganze Embryonal- entwicklung in dem mütterlicehen Uterus durchlaufen, ganz wie bei den ungedeckelten Eiern von Bothriocephalus rugosus (Gze.). Hin- sichtlich der Entwieklungsvorgänge selbst besteht dann freilich an- scheinend eine größere Ähnlichkeit mit anderen Arten mit gedeckel- ten Eiern, als mit Bothriocephalus rugosus (Gze.).. Da das mir zur Verfügung stehende Material nicht für embryologische Untersuchungen bestimmt war, ich vielmehr meine Beobachtungen nur angestellt habe an Schnittserien, welche ich angefertigt hatte, um die topographischen Verhältnisse reifer Proglottiden zu studiren, so kann ich allerdings 88 M. Lühe, eine erschöpfende Darstellung der Embryonalentwicklung von Bothrio- cephalus plicatus Rud. nicht geben. Was ich jedoch habe feststellen können, ist Folgendes: Im Gegensatz zu Bothriocephalus rugosus (Gze.) (und anscheinend auch zu D. ınfundibuliformis Rud. und fragelis Rud.) kann man die ganze Embryonalentwicklung von dem jungen Ei, dessen Schale eben erst gebildet worden ist, bis zum reifen, den sechshakigen Embryo enthaltenden Uterinei, in ein und derselben Proglottis verfolgen. Der Anfangstheil des Uterus, d. h. die in der Nähe der Medianlinie und in der hinteren Hälfte der Proglottis gelegenen Uterusschlingen ent- halten ausschließlich Eier mit noch ungefurcehter Eizelle und zahl- reichen Dotterzellen. Letztere liegen verhältnismäßig sehr lose im Inneren der Eischale, sind kugelrund und nicht etwa gegen einander abgeplattet, und besitzen einen mit Kernfarbstoffen sich intensiv färbenden Kern, während der große Kern der Eizelle sehr viel blasser erscheint (Taf. VI, Fig. 15). Die Dotterzellen erhalten sich im Gegen- satz zu Bothriocephalus rugosus (Gze.) ziemlich lange. Allmählich wird jedoch die Tingirbarkeit ihres Kernes geringer und die Zellen selbst legen sich dichter an einander und zerfallen schließlich zu einer körnigen Masse mit eingestreuten größeren Tropfen einer stark licht- brechenden Substanz, welche in Alkohol unlöslich ist. Während dieser Veränderungen der Dotterzellen ist auch schon die Furchung der Embryonalzelle abgelaufen. Diese letztere liest jedoch, wie schon bemerkt, nur ganz ausnahmsweise an einem Pole, und dann verhältnismäßig frei. Meist liegt sie vielmehr mehr in der Mitte und wird dann von den Dotterzellen fast vollkommen verdeckt. In Folge dessen war es mir nicht möglich die ersten Entwieklungsvorgänge an der Eizelle zu verfolgen. Wenn die sie verdeckenden Dotterzellen zu der erwähnten körnigen Masse zerfallen sind und dadurch das Gesichtsfeld wieder freier wird, besteht der Embryo schon aus ziem- lieh zahlreichen Zellen. Die Mehrzahl dieser Zellen ist sehr klein, doch machen sich schon auf diesem Stadium einzelne Zellen durch eine etwas beträchtlichere Größe bemerklich. Diese letzteren liegen an der Oberfläche des rundlichen, in seiner Gestalt einer Maulbeere nicht unähnlichen Zellhaufens und wachsen, wie ein Vergleich mit anderen, nur wenig älteren Eiern lehrt, verhältnismäßig rasch noch weiter heran, während gleichzeitig ihr Protoplasma sich sehr stark vacuolisirt. Sie bilden eine mantelartige Hülle um die kleineren Embryonalzellen, sind jedoch anfänglich nicht auf der ganzen Ober- läche des Embryos gleiehmäßig vertheilt. ou U UUUUU SL Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 89 Bei Bothriocephalus rugosus (Gze.) geht die Bildung des Mantels nach SCHAUINSLAND (1886) aus von einer Zelle, welche der embryo- nalen Zellmasse an einem Pole kapuzenförmig aufsitzt. Bei Bothrio- cephalus plicatus Rud. scheint mir dagegen die Bildung des Mantels von der Äquatorialzone aus zu erfolgen. Jedenfalls bilden die Zellen des Mantels auf den ältesten Stadien, welche noch die kugelige (oder richtiger maulbeerförmige) Gestalt des Embryo zeigen, nur eine Art Gürtel um die central gelegene Masse kleiner Zellen. Diese Zellmasse selbst hat sich in der Längsrichtung des Eies gestreckt, ist also oval und reicht an den beiden Polen bis an die Oberfläche des ganzen embryonalen Zellhaufens heran. Die einzelnen Zellen des Mantels sind auf diesen Stadien noch deutlich gegen einander abgegrenzt. Sie erscheinen im optischen Schnitt halbkreisförmig oder halbmondförmig und bedingen durch die Wölbung ihrer äußeren Fläche die maulbeerähnliche Gestalt des ganzen Embryos. Erst später werden anscheinend auch die Pole der inneren Zellmasse von dem Mantel umhüllt. Die ovale Form dieser inneren Zellmasse bleibt hierbei unverändert, und da dieselbe nunmehr ringsum von dem Mantel umhüllt ist, so hat jetzt auch der ganze Embryo gleichfalls eine in der Längsrichtung des Eies gestreckte ovale Form. Gleich- zeitig aber sind die Zellgrenzen zwischen den Mantelzellen undeut- lich geworden, und in Zusammenhang damit hat sich auch die Ober- fläche des ganzen Embryos mehr geglättet. Wohl erscheint sie immer noch etwas unregelmäßig, aber die Ähnlichkeit mit einer Maulbeere ist verloren gegangen (vgl. Taf. VI, Fig. 16). Die innere und die äußere Oberfläche des Mantels sind zwar nicht völlig, aber annähernd koneentrisch. Ob die Mantelzellen mit einander verschmelzen, wie dies SCHAUINSLAND (1886) für Bothriocephalus rugosus (Gze.) und andere Arten angiebt, oder ob die Zellgrenzen de facto erhalten bleiben, sich aber in Folge der starken Vacuolisirung der Zellen der Beobachtung entziehen, vermag ich nicht anzugeben. Unmöglich er- scheint mir das Letztere jedenfalls nicht, da ich degenerative Ver- änderungen, wie SCHAUINSLAND dieselben schildert, nicht habe kon- statiren können. Auch bei vollentwickelten Embryonen besitzt der Mantel eine schaumig-alveoläre Struktur, welche sehr wohl auf starke Vaeuolisirung des Protoplasmas rückführbar erscheint. Und dass das Protoplasma auch der noch jugendlichen und deutlich abgegrenzten Mantelzellen in der That stark vacuolisirt ist, habe ich ja schon oben angeführt. Die Zahl der Kerne in dem Mantel vollentwickelter Em- bryonen beträgt ca. 25 bis 30 (in der Abbildung sind nur die in 90 M. Liühe, einem optischen Schnitt sichtbaren zur Darstellung gebracht); eine Abnahme derselben, wie nach SCHAUINSLAND bei Bothriocephalüs rugosus (Gze.), hat, so weit ich feststellen konnte, nicht stattgefunden. Dieser Mantel umschließt nun, wie bei den von SCHAUINSLAND untersuchten Bothriocephaliden, einen Haufen zahlreicher kleiner Zellen, welcher die Anlage der Oncosphäre bildet. Zellgrenzen habe ich hier allerdings auf meinen Präparaten nicht gesehen, gleich- wohl lässt die große Zahl dichtgedrängter kleiner Kerne einen Rückschluss auf die Kleinheit der Zellen zu. Indessen sind in älte- ren Embryonen diese Zellen nicht sämmtlich gleichwerthig. Man bemerkt vielmehr im Inneren eine kleine Zahl von Zellen (ca. 6), welche sich anscheinend durch eine etwas beträchtlichere Größe aus- zeichnen und auch einen wesentlich größeren Kern besitzen, als die überwiegende Mehrzahl der Zellen der Oncosphäre. Es ist dies also dasselbe Verhalten, wie es SCHAUINSLAND bei Triaenophorus nodulosus und Bothriocephalus latus, bei Ligula und Schistocephalus fand, während andere Autoren ähnliche Differenzen auch an den Oncosphären der Tänien feststellten. Die nächste nachweisbare Differenzirung ist das Auftreten der sechs Embryonalhaken, welche freilich bei den gewöhn- lichen Färbeverfahren von den dicht gedrängten Kernen so gut wie völlig verdeckt werden. Ihre Lagerung ist in so fern eine charakte- ristische, als die beiden Haken der beiden seitlichen Paare ziemlich dicht neben einander stehen, während die beiden Haken des mittleren Paares von einander ungefähr eben so weit entfernt sind, wie von den benachbarten Haken der seitlichen Paare. Schließlich habe ich noch die »Hüllmembran« zu erwähnen, welche sich bei Bothriocephalus plicatus Rud. ebensowohl findet, wie bei den von SCHAUINSLAND untersuchten Bothriocephaliden-Arten. Es ist eine feine strukturlose Membran, welche in der Regel der Innen- fläche der Eischale unmittelbar anliegt und sich dann dem Auge vollkommen entzieht. Nachweisbar ist sie nur in den Eiern, in wel- chen sie sich von der Eischale etwas abgehoben hat, sei es stellen- weise, sei es im ganzen Umfange des Eies, wie in Fig. 16 auf Taf. VI. Sie bildet dann eine scharfe Grenzlinie für die körnigen Dotter- massen, welche auch die älteren Embryonen noch umgeben, und welche namentlich an den beiden Polen des Eies angehäuft sind. Die Entstehung dieser Membran habe ich nicht feststellen können. Gegen- über Bothriocephalus rugosus (Gze.) finden sich jedenfalls Abwei- chungen, denn so große »Hüllmembranzellen«, wie sie SCHAUINSLAND bei dieser Art gefunden hat, sind bei Bothriocephalus plicatus Rud. | | Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 91 nieht vorhanden. Auch wo ich der Hüllmembran anliegende Kerne nachweisen konnte, waren dieselben im Gegensatz zu den riesigen Kernen der Hüllmembranzellen von Bothriocephalus rugosus ver- hältnismäßig klein (kleiner jedenfalls als die Kerne der Mantelzellen) und etwas abgeflacht. Da dieselben stets nur sehr spärlich waren, dürften sie in den Eiern, in welchen ich ihre Anwesenheit nicht konstatiren konnte, durch den zellreichen Embryo verdeckt worden sein. Auch in reifen Eiern fanden sich stets zwischen der Hüllmem- bran und dem Embryo noch Dotterreste, wie denn iiberhaupt, nach SCHAUINSLAND’s Fig. 5 auf Taf. VIII der Jen. Zeitschr. Bd. XIX zu urtheilen, das reife Uterinei von Bothriocephalus plicatus Rud. eine sehr große Ähnlichkeit besitzt mit dem entsprechend weit entwickel- ten Ei von Triaenophorus nodulosus (Pall.). Sollte diese Ähnlichkeit etwa darauf hinweisen, dass die ältesten von mir beobachteten Em- bryonen noch nicht völlig reif waren, dass vielmehr auch bei Bothrio- cephalus plicatus Rud. (nach Ablage der Eier?) noch ein Wimperkleid zur Ausbildung gelangt? Ill. Systematisches. In der vorstehenden Besprechung der Genitalorgane der Bothrio- cephaliden mit marginaler Genitalöffnung ist eine Art überhaupt noch nicht genannt worden, obwohl gerade sie für die Systematik eine besondere Bedeutung besitzt. Ich meine das Dibothrium longicolle Mol. 1858, welches im Jahre 1892 von RAILLIET zum Typus einer - besonderen Gattung erhoben worden ist — durch den an einige kurze systematische Bemerkungen über Vogeltänien sich anschließenden einzigen Satz: »Par contre, le Bothriocephalus longicollis Molin, 1858, qui a les pores genitaux marginaux, deviendra le type d’un nouveau senre Dothriotaenta.« Ein Merkmal der neuen Gattung soll also offenbar die marginale Lage der Genitalöffnung sein, und in der That ist die Gattung Dothrio- taenia für Bothriocephaliden mit marginaler Genitalöffnung zu fast allgemeiner Anerkennung gelangt. Da indessen diese Lage der Genitalöffnung allein keine ausreichende Gattungsdiagnose zu liefern vermag, so ist zur Beurtheilung des von RAILLIET geschaffenen Gattungsbegriffes eine kritische Besprechung des Dibothrium longicolle Mol. nothwendig. 02 M. Lühe. : Dieser Cestode, von v. Linstow (1878) in seinem Compendium der Helminthologie als Bothriocephalus Tongicollis (Mol.) aufgeführt, ist nur ein einziges Mal in einem Huhn gefunden, und was wir von ihm wissen, ist herzlich wenig. Die erste kurze Beschreibung findet sich in dem »Prospectus helminthum ete.« von MorLı (1858); dieselbe findet sich mit "wenigen Ergänzungen wieder in desselben Autors »Prodromus faunae helminthologicae Venetae« (1861). | »Caput minimum clavaeforme, incrassatum, bothriis duobus marginalibus oblongis; os terminale, centrale parvum; collum gracillimum, longum; corpus taeniaeforme, depressum (ete., folgt eine kurze Beschreibung der Proglottidenform)...; aperturae senitales marginales, secundae, in medio marginis. Longit. 0,018—0,027; lat. 0,004.« In dieser Diagnose ist namentlich auffallend die Angabe über die Mundöffnung, welche Srıres (1896) erklärt durch »a small central depression on the summit«. Eine solche scheitelständige Vertiefung ist indessen von keinem anderen Bothriocephaliden bekannt, auch macht Morıx selbst bei keiner anderen Art eine ähnliche Bemerkung. Gleich- wohl würde diese Angabe eben so wenig mit Sicherheit gegen die Bothriocephaliden- Natur der von Morın beschriebenen Art geltend gemacht werden können, wie der verdiekte, keulenförmige Scolex auf langem, schlankem Halse — wenn nicht in dem italienischen Texte noch eine sehr wichtige Stelle folgte: »Gli articoli perfettamenta maturi sembravano composti di varii pezzi angolari a musaico, ciascuno dei quali perö non era altro che una teca trasparente attraverso la sostanza del corpo, 6 ceonteneva uova im numero indeterminato, nidulate in una sostanza di colore piü oscuro. In ogni uoyo potei distinguere la vescichetta germinativa.« Eine solche Mosaikzeichnung in Folge von gruppenweiser An- häufung von Eiern stünde unter den Bothriocephaliden völlig isolirt da, während sie gerade im Gegentheil sehr charakteristisch ist für eine andere Öestodengruppe, die Gattung Davainea, von welcher auch eine Reihe von Arten gerade aus dem Huhne bekannt sind. Man ver- gleiche z. B. mit dem gegebenen Citate die folgende Beschreibung, welche derselbe Autor in demselben »Prodromus faunae helmintho- logiecae venetae« (p. 255) von Davainea tetragona (Mol.) giebt: »All’ esame mieroscopico di uno qualunque degli articoli posteriori dei due esemplari pienamente sviluppati, sembrava sotto un forte ingrandimento che oguno di essi sia formato da varii FE EL EETETTENTETTEEEENETEERN EFT ee Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 93 pezzi irregolari di varia dimensione connessi insieme a musaico. Estratto uno di questi pezzi dalla sostanza del corpo ed esami- natolo accuratamente coi piü forti ingrandimenti, risultava che esso era una capsula determinata da apposita membrana tras- parente senza struttura, la quale ceonteneva da 5 a 20 uovieini separati l’uno dall’ altro mediante una massa oscura e granulosa. Gli uovieini stessi erano perfettamente trasparenti, ed in eiascuno di essi si poteva distinguere la vescichetta germinativa.« Ich bin hiernach davon überzeugt, dass Dibathrium longicolle Mol. überhaupt kein Bothriocephalide ist, sondern eine Davainea, welche wahrscheinlich, wie dies bei Vogelcestoden so rasch geschieht, schon etwas macerirt war, so dass namentlich der Scolex schlecht erhalten war und Morıy daher irre führen konnte. Damit scheidet dann aber auch die für diese so völlig ungenügend bekannte Art geschaffene Gattung Bothriotaenia Railliet 1592 aus dem Bothriocepha- liden-Systeme aus. Etwas anders steht es mit der Gattung Polyonchobothrium Dies. Im Jahre 1853 hatte Leypıs einen bewaffneten Cestoden aus Polypterus bichir beschrieben unter dem Namen Tetrabothrium po- Iypteri. Dıssine (1854) stellte die Art unter Schaffung des Subgenus Polyonchobothrium und Änderung des Speciesnamens in septicolle zur Gattung Onchohothrium. 1864 jedoch erhob er Polyonchobothrium zum Range einer selbständigen Gattung, reihte die früher einzige Art (Polyonchobothrium septicolle Dies.) jedoch jetzt nur mit einem Fragezeichen ein (»an species hujus generis?«) und basirte die Gat- tung hauptsächlich auf den von WEDL als Acanthobothrium crassicolle beschriebenen Cestoden aus Trygon pastinaca. Trotzdem muss wohl Polyonchobothrium septicolle Dies. unter Wiederherstellung des ur- sprünglichen Speciesnamens als Polyonchobothrium polypteri (Leyd.) als typische Art der Gattung angesehen werden. Dieser Cestode sollte nun unter Anderem dadurch charakterisirt sein, dass er am Halse vier Längsleisten besitze. MoxTIcELLı (1890) hat jedoch darauf hingewiesen, dass diese angeblichen Längsleisten des Halses nichts Anderes sind als die Seitenwände der beiden Saug- gruben an einem typischen Bothriocephaliden-Scolex. Er nennt in Folge dieser Ansicht, welche in der That einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat, den fraglichen Cestoden Bothrio- cephalus polypteri (Leyd.), vereinigt ihn dann aber gleich darauf mit Bothriocephalus microcephalus Rud. zu einer neuen Gattung Ancistro- cephalus. 04 M. Lühe, Diese Vereinigung der beiden Arten in einer Gattung ist indessen auf Grund unserer jetzigen Kenntnisse nicht berechtigt, ganz abgesehen davon, dass, wenn man sie annimmt, kein Grund zur Bildung eines neuen Gattungsnamens vorliegt. Allerdings wird auch heut zu Tage noch von manchen Helmintho- logen das Cestodensystem in erster Linie auf den Scolex begründet. Am krassesten hat das neuerdings wohl ARIOLA ausgesprochen, indem er spricht von den »organi di fissazione, che pure in questi parassiti eostituirono sempre il carattere fondamentale, sul quale elmintologi antichi e moderni poggiarono le prime grandi suddivisioni del gruppo«. Die Haftapparate des Scolex gehören jedoch zu denjenigen Organen der Cestoden, welche für den betreffenden Organismus von aller- größtem Nutzen sind. Ihre Ausbildung steht daher auch in einer vergleichsweise sehr großen Abhängigkeit von den jeweiligen Lebens- bedingungen der einzelnen Arten und ist daher ceteris paribus ein verhältnismäßig minderwerthiges systematisches Merkmal. Die frühere Anschauung, dass ein Organ um so wichtiger für die Systematik sei, je wichtiger es für den betreffenden thierischen Organismus ist, hat längst der umgekehrten Auffassung weichen müssen. Allgemein halten wir heute ein Organ für um so weniger geeignet einer natürlichen Systematik als Grundlage zu dienen, je werthvoller es für den thierischen Orga- nismus, je mehr es daher auch den Einflüssen von dessen Lebens- bedingungen und damit der Abänderung durch natürliche Zuchtwahl unterworfen ist. Wenn gerade bei den Üestoden diese Auffassung noch nicht allgemein hat zum Durchbruch kommen können, so ist dies nur die Folge davon, dass die ungenügend bekannten Cestoden- arten, speciell diejenigen, von welchen man fast nur den Scolex kennt, so zahlreich sind. Diese Lücke in unseren bisherigen Kennt- nissen kann aber nicht geltend gemacht werden gegen den Satz, dass ein natürliches Cestodensystem nur auf anatomischer Basis erreicht werden kann, nicht dagegen auf Grund von Äußerlichkeiten des Seolex. Von diesem Standpunkte aus aber kann der von LEYDIG ent- deckte Cestode in einem natürlichen Cestodensysteme noch keine Stätte finden, da sein anatomischer Bau noch völlig unbekannt ist. Kennt man doch nicht einmal die Lage der Genitalöffnung, wenn auch RIGGENBAcH (1896) es als »wahrscheinlich« ansieht, dass die Art zur Gattung Bothriotaenia Raill., oder mit anderen Worten, zu den Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen gehöre. Mit den beiden vorstehend besprochenen Cestoden, dem Dibo- thrium longicolle Mol. und dem Polyonchobothrium polypteri (Leyd.), \ Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 05 theilt das Schicksal, nur ein einziges Mal gefunden worden zu sein, noch ein dritter hier zu besprechender Cestode, welchen MoxIEz in den Appendices pyloricae eines Lachses (Salmo spec.) entdeekt und ohne Beifügung eines Speciesnamens Leuckartia getauft hat. Es ist. nach den beiden Publikationen von Monızz (1879 und 1881) recht schwer sich ein deutliches Bild von dem Bau dieses Cestoden zu machen, dessen Scolex anscheinend abgerissen war. Sicherlich han- delt es sich um einen Bothriocephaliden mit marginalen Genital- öffnungen, dessen Genitalorgane freilich von MoxIEz nicht in allen Punkten richtig aufgefasst worden sind; und wahrscheinlich handelt es sich um den in Salmoniden sehr häufigen Bothriocephalus infundi- buliformis Rud. Ich habe wenigstens vergebens nach Kennzeichen gesucht, welche die Leuckartia von letztgenannter Art zu unterschei- den gestatteten, obwohl ArıoLa (1599) sie neuerdings sogar zum Typus einer besonderen Familie Zexckartidae erhoben hat. Wenn ich nunmehr dazu übergehe aus meinen Untersuchungen die systematischen Schlussfolgerungen zu ziehen, so kann ich mich mit Rücksicht auf meine Ausführungen in den Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (1899, p. 30—41) kurz fassen, da es mir überflüssig erscheint, das schon dort Gesagte hier noch einmal vollständig abzuschreiben. Bei Aufstellung eines natürlichen Systems der Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen können zur Zeit meines Erachtens nur folgende Arten berücksichtigt werden: Bothriocephalus infundi- buliformis Rud., rugosus (Gze.), fragelis Rud., microcephalus Rud., imbricatus (Dies.) und plicatus Rud., sowie Triaenophorus nodulosus (Pall.). Schon bei BDothriocephalus rectangulum (Bloch) und Bothrio- taenia chilensis Riggb. weist unsere Kenntnis des anatomischen Baues, wie aus meiner obigen Darstellung zur Genüge hervorgehen dürfte, noch empfindliche Lücken auf, und die übrigen Arten sind anato- misch noch völlig unbekannt. Von jenen erstgenannten Arten, deren anatomische Verhältnisse ja vorstehend ausführlich besprochen worden sind, so weit wenigstens die Genitalorgane in Betracht kommen, stimmen Dothriocephalus ru- gosus (Gze.), infundibuliformis Rud. und fragelis Rud. in allen wesent- lichen Punkten überein, und eben so groß ist die. Übereinstimmung zwischen Bothriocephalus microcephalus Rud. und mbricatus (Dies.), während Bothriocephalus plicatus Rud. und Triaenophorus nodulosus Pall., jeder für sich gewisse Besonderheiten aufweisen. Wir können 96 M. Lühe. hiernach diese Arten in vier Gruppen theilen, welchen zweckmäßig der Charakter von Gattungen beigelegt wird. Eine dieser Gattungen würde alsdann den alten RupoLparschen Gattungsnamen Triaenophorus behalten müssen; typische, weil ur- sprüngliche einzige Art: Triaenophorus nodulosus (Pall.) Rud. Als spee. inqu. muss der Gattung vorläufig auch noch der anatomisch völlig unbekannte Triaenophorus robustus Olss. eingereiht werden, während die systematische Stellung von Triaenophorus anguillae Lönnbg. 1559 durchaus ungewiss bleibt. Wie von mir schon in meiner eben erwähnten Arbeit betont wurde, könnte diese ganz ungenügend bekannte Art nur dann in der Gattung Triaenophorus verbleiben, wenn LÖNNBERG’s Angabe von der flächenständigen Lage der Geni- talöffnungen sich als irrthümlich herausstellen sollte. Für die Gattung, welche von Bothriocephalus rugosus {Gze.), infundibulformis Rud. und fragtlis Rud. gebildet wird, stehen zwei Gattungsnamen zur Verfügung: Leuckartia Moniez 1879 (typische, weil ursprünglich einzige Art — Bothriocephalus infundibuliformis Rud. — vgl. meine obigen Ausführungen) und Abdothrium van Bened. 1870 typische, weil ursprünglich einzige Art Abothrium gadi van Bened. 1870 = Bothriocephalus rugosus |Gze. 1152) Rud. 18510 — Abothrium rugosum |Gze. 1782] Lönnbg. 1889). Von diesen beiden Namen ist dann natürlich der prioritätsberechtigte van BENEDEN sche Gattungs- name beizubehalten, während die typische Art selbstverständlich den alten GoEzE’schen Speciesnamen behalten muss. Von den beiden anderen Arten der Gattung ist noch auf Grund des Prioritätsgesetzes umzutaufen Bothriocephalus infundibuliformis Rud. 1810, weil syno- nym zu Taenia crassa Bloch 1779. Für Bothriocephalus microcephalus Rud. und imbricatus (Dies. habe ich den Gattungsnamen Ancistrocephalus Montie. beibehalten, da MOoNTIcELLI diese Gattung augenscheinlich hauptsächlich auf die von ihm selbst untersuchte Art Bothriocephalus microcephalus Rud. begründet hat, wenn er auch nicht ausdrücklich eine der beiden von ihm angeführten Arten als typische bezeichnet. Sollte dereinst sich herausstellen, dass auch Polyonchobothrium polypteri (Leyd.) in die- selbe Gattung gehört, dann würde Anecistrocephalus Montie. 1890 als synonym zu Polyonchobothrium Dies. 1554) 1564 einzuziehen sein. Für Bothriocephalus plicatus Rud. endlich war ein neuer Gat- tungsname zu bilden und habe ich als solchen mit Rücksicht auf die eigenartige Wohnröhre, in welche das Vorderende erwachsener Exem- plare eingeschlossen ist, den Namen Fistulicola vorgeschlagen. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 97 Nach ihren auffälligsten Unterschieden würden sich diese vier Gattungen dann folgendermaßen unterscheiden lassen: A. Eier ungedeckelt. Uterus mit großer, auf einer Reihe von Querschnitten das ganze Markparenchym erfüllender Uterushöhle. 1. Scolex unbewaffnet, äußere Gliederung meist in Folge starker Querrunzelung der Proglottiden undeutlich, Uterusmündung median, Dotterstöcke größtentheils zwischen den Bündeln der Längsmuskulatur, in zwei seitlichen, jedoch bis fast an die Medianlinie heranreichenden Feldern... . Gen. Abothrium. a. Dotterstöcke zum Theil noch nach innen von den Längs- muskeln. Schmarotzt in Gadiden und bildet mitunter einen Ereabsenlewan.) eu 52.02 Abothrium rugosum (Gze.). b. Dotterstöcke ausschließlich zwischen den Längsmuskeln. Pseudoseolexbildung nicht beobachtet. Schmarotzt in Sal- lee Abothrium erassum (Bloch.). e. Dotterstöcke zum Theil noch nach außen von den Längs- muskeln. Pseudoscolexbildung nicht beobachtet. Schmarotzt ns van. ; Abothrium fragile (Rud.). B. Eier gedeckelt, Uterushöhle fehlend oder doch wenigstens stets im Verhältnis zum Gesammtquerschnitt der Markschicht nur schwach entwickelt. 2) Scolex mit kleinen Häkchen bewaffnet oder unbewaffnet, äußere Gliederung vollkommen und sehr deutlich ausgesprochen; Uterusmündung meist seitlich verschoben, unregelmäßig ab- wechselnd; Dotterstöcke in der Markschicht, und zwar haupt- sächlich in zwei seitlichen Feldern, marginal von den Längs- nerven, welche jedoch durch eine dorsal gelegene Schicht von Drüsenfollikeln mit einander in Verbindung stehen. | Gen. Ancistrocephalus. a. Seolex bewaffnet. Schmarotzt in Fischen. Aneistrocephalus mierocephalus (Rud.). b. Scolex unbewaffnet. Schmarotzt in Seeschildkröten. Aneistrocephalus imbrieatus (Dies... Scolex unbewaffnet, an erwachsenen Individuen stets durch einen Pseudoscolex ersetzt, welcher in einer in die Peritoneal- höhle des Wirthes hineinragenden Wohnröhre steckt. Äußere Gliederung vollkommen; Glieder sehr kurz, mit verlängerten und sich blattartig überlagernden freien Seitentheilen. Uterus- mündung dem die Genitalöffnung tragenden Gliedrande stark genähert. Dotterstöcke in gürtelförmiger Anordnung in den Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII."Bd. 7 98 M. Lühe, freien Seitentheilen, nach außen von der gesammten durch- sehenden Längsmuskulafur ......... Gen. Fistulicola. Zur Zeit einzige Art (aus dem Schwertfisch). Fistulicola plieatus (Rud.). ) Scolex mit vier dreispitzigen Häkchen bewaffnet. Pseudo- scolexbildung nicht beobachtet. Äußere Gliederung fehlt völlig. Uterusmündung median oder (häufiger) ein wenig seitlich verschoben nach dem der Genitalöffnung abgewandten Seitenrande zu. Dotterstöcke in mantelförmiger Anordnung zwischen Subeutieula und Längsmuskulatur. Gen. Triaenophorus. a. Einzige gut bekannte Art, aus dem Darmkanale zahlreicher Knochenfische, namentlich des Hechtes, als Larve in sub- peritonealen Cysten (mit besonderer Vorliebe in der Leber) gleichfalls aus zahlreichen Knochenfischen und namentlich wieder aus dem Hechte bekannt. | Triaenophorus nodulosus (Pall.). b. Species incerta, anatomisch nicht untersucht, von Triaeno- phorus nodulosus sich angeblich durch etwas plumpere Haken unterscheidend, anscheinend auch durch etwas diekeren, gegen den Hals schärfer abgesetzten Scolex. Larve nicht subperitoneal, sondern in der Muskulatur (von Coregonus albula und Coregonus lavaretus) eneystirt. Geschlechts- reif im Darmkanal des Hechtes. Triaenophorus robustus Olss. c. Species incerta, angeblich mit ventraler Uterusmündung und dorsaler Mündung von Cirrus und Vagina (falls diese An- gabe nicht etwa irrthümlich sein sollte, sicher nicht hier- her gehörig), aus Anguella vulgaris. Triaenophorus anguillae Lönnbg. Von den Arten mit äußerer Gliederung besitzt keine einzige einen ungegliederten Hals. Eine ausführlichere Charakteristik der vier Gattungen habe ich in den Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft für 1599 zusammengestellt. Ich glaube hier um so mehr auf eine voll- ständige Wiedergabe derselben verzichten zu dürfen, da sie ihrem wesentlichen Inhalte nach und nur in der Form ein wenig verändert in die jedenfalls noch vor dieser Arbeit erscheinende Schlussliefe- rung des die Cestoden behandelnden 'Bheiles von Broxw’s Klassen Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 99 und Ordnungen übernommen worden sind. Ich habe mich desshalb hier darauf beschränkt, nur diejenigen Merkmale zusammenzustellen, welche mir, zur Zeit wenigstens, die geeignetsten zu sein scheinen zur praktischen Bestimmung der Formen. Die Lage der Dotterstocks- follikel ist mit aufgenommen worden, weil sie sich auf einem ein- zigen Querschnitt durch eine reife Proglottis feststellen lässt. Hin- sichtlich aller übrigen anatomischen Details dagegen verweise ich auf die eben erwähnten ausführlicheren Gattungscharakteristiken bez. auf den vergleichend-anatomischen Hauptabschnitt dieser Arbeit. Was nun endlich noch die Unterbringung der vier Gattungen im System der Bothriocephaliden anbetrifft, so habe ich dieselben in meinem mehrfach eitirten Vortrag auf der vorjährigen Jahresver- sammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft zu einer Unter- familie der Bothriocephaliden vereinigt, welche ich nach der am längsten unterschiedenen Gattung Tiriaenophorinae genannt habe. Ich habe jedoch gleichzeitig auch schon darauf hingewiesen, dass es sich vielleicht dereinst als nothwendig herausstellen wird, für die Arten mit ungedeckelten Eiern eine besondere Unterfamilie zu schaffen, während dagegen eine Gegenüberstellung des Triaenophorus einerseits, der übrigen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen (»Bothriotänien< im Sinne RIGGENBACH’s) andererseits zur Zeit durch nichts gerechtfertigt wird. Auch hinsichtlich dieser Fragen kann ich hier auf meine früheren Ausführungen verweisen, welche auf dem in dieser Arbeit ausführlich mitgetheilten vergleichend-anatomischen Material beruhen. Königsberg, im Februar 1900. Verzeichnis der Gattungen und Arten mit Synonymie- und Litteratur-Angaben. Abothrium van Bened. 1870, emend. Lühe 1899. (Typische Art: Abothrium rugosum.) R Litteratur: 1870. P. J. va BENEDEn, Les poissons des cötes de Belgique, leurs parasites etc. - Bruxelles 1870. .p. 56. Taf. V, Fig. 14 und Taf. VI, Fig. 17. 1889. E. LönnBErRG, Bidrag till kännedomen om i Sverige föürekommande Cesto- der. In: Bihang K. Svenska Vet. Akad. Handl. Vol. XIV. Afd. 4. No. 9. 1889. p. 38—39. 189]. —— Anatomische Studien über skandinavische Cestoden. (K. Svenska Vet. Akad. Handl. Vol. XXIV. Nr. 6. Stockholm 1891.) p. 75—84. Taf. I, Fig. 3—5. TF 100 1899. M. Lühe, M. LÜHE, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Ver- handlungen D. Zoolog. Gesellsch. Vol. IX. 1899. p. 38f. und. 55. Abothrium crassum (Bloch 1779) Lihe 1899. 1810. 1889. 1892. 189. 1896. 1897. 1898. 1898. 1899. 1899. Synonym: Taentia crassa Bloch. 1779. Taenia salmonis O. F. Müll. 1780. Taenia tetragonoceps Pall. 1781 e. p. Taenia proboscidea Batsch 1786. Rhytis proboscidea Zed. 1803. Bothriocephalus proboscideus Rud. 1810. Dibothrium proboseideum Dies. 1850. Taenia salvelini Schrank 1790. Rhytis salvelini Zed. 1803. Bothriocephalus infundibuliformis Rud. 1810. Dibothrium infundibuliforme Dies. 1850. Bothriotaenia infundibuliformis R. Bl. 1894. Bothriocephalus suecicus Lönnb. 1889. Bothriotaenia suecica R. Bl. 1894. Leuckartia Moniez 1879 (siehe diese). Litteratur: M. E. BLocH. Beitrag zur Naturgeschichte der Würmer, welche in ande- ren Thieren leben. In: Beschäft. d. Berl. Ges. nat. Freunde. Vol. IV. Berlin 1779. p. 545. Taf. X, Fig. 8—9. C. A. RupoLpHI, Entozoorum historia naturalis. Vol. I. Pars I. Amste- laedami 1810. p. 39—42 und 46—48. E. LönsBERG, Bidrag till kännedomen om i Sverige fürekommande Cesto- der. In: Bihang Svenska Vet. Akad. Handl. Vol. XIV. Afd.4. No.9. p- 35 f. d. Sonderabdr. Fr. Martz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen. In: Archiv für Naturgesch. Jahrg. LVIH. 1892. Bd. I. p. 110—112. Taf. VII, Fig. 17 bis 18. (Mit Verzeichnis der Litteratur seit RUDOLPHI.) R. BLANCHARD, Notices sur les. parasites de !’'homme. (3. serie.) In: €. R. Soc. Biol. Paris 1894. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Genus Bothriotaenia Railliet. In: Centralbl. Bact. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 227£. Epw. LixTox, Notes on Cestode Parasites of Fishes. In: Proe. U. S. Nat. Mus. Vol. XX. 1897. p. 434—435. Taf. XXX, Fig. 3—6. P. Münrıng, Helminthenfauna der Wirbelthiere Ostpreußens. In: Archiv für Naturgesch. Jahrg. LXIV. 18%. p. 35. CONDORELLI. Contributo allo studio della fauna elmintologiea di taluni pesei della provincia di Roma. In: Bollett. Soc. Rom. Studii Zoolog. Vol. VII. Fase. UI. 1898. (Mir nieht zugängig. Citirt nach ARIOLA.)} Vıxc. ARIOLA, Össervazioni sopra alcuni Dibotrii dei pesei. In: Boll. Mus. Zool. Anat. comp. Genova. No. 73. 1899. p. 3-4 und in: Atti Soc. Ligust. Se. Natur. e Geogr. Vol. X. p. 7—8 des Sonderabdr. M. LÜHE, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Ver- handlungen D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 39. Abothrium fragile (Rud. 1802) Liühe 189. Synonym: Taenia fragilis Rud. 1802. Bothriocephalus fragilis Rud. 1810. 1899. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 101 Synonym: Dibothrium fragile Dies. 1850. Bothriotaenia fragilis R. Bl. 189. Litteratur: C. A. RupoLpar, Beobachtungen über die Eingeweidewürmer. In: WIEDE- MANN’s Arch. f. Zool. u. Zootomie. Bd. II. 1. St. p. 108. Entozoorum historia naturalis. Vol. I. P. II. 1810. p. 45—46. v. SIEBOLD, Lehrbuch der vergl. Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 1848. p. 147. Anm. 26. C. M. DıesisG, Systema helminthum. Vol. I. Wien 1850. p. 593 (mit An- gabe der Litteratur seit RUDOLPHI). M. SrossıcH, Brani di elmintologia tergestina. In: Boll. Soc. Adriat. se. nat. Trieste. Vol. IX. -1887. p. 7. F. Marz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen. In: Arch. f. Nature. LVIM. Jahrg. 1882. Bd. I. p. 117. Taf. VII, Fig. 22. R. BLANCHARD, Notices sur les parasites de ’Homme. (3e serie.) In: C.R. Soc. Biol. Paris. 189. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Gen. Bothriotaenia. In: Centralbl. für Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 223 u. 229. Vic. ArıoLA, Sopra alcuni dibotrii e sulla elassificazione del genere Bothriocephalus. In: Atti Soc. Ligust. Se. Natur. e Geogr. Vol. VII. Fasc. 4. 1896. . P. Münrıng, Die Helminthenfauna der Wirbelthiere Ostpreußens. In: Arch. für Naturgesch. LXIV. Jahrg. 1898. Bd. I. p. 35. M. StossicH, Saggio di una fauna elmintologica di Trieste e provineie ceontermini. Trieste 1898. p. 117. M. LÜHE, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. I. In: Centralbl. für Bakt. u. Parasitenkunde. Vol. XXVI. 1899. p. 704—706. Abothrium gadi van Bened. 1870 — Abothrium rugosum (Gze. 1782) Lönnbe. 1889. Abothrium rugosum Gze. 1782) Lönnbg. 1889. 1782. 1810. 1886. 1888. Synonym: Taenia tetragonoceps Pall. 1781 e. p. Taenia rugosa Gze. 1782. Bothriocephalus rugosus Rud. 1810. Dibothrium rugosum Dies. 1850. Bothriotaenia rugosa R. Bl. 189. Rhytis conoceps Zed. 1803. Abothrium gadi van Bened. 1870. Litteratur: J. A. E. GoEZE, Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer thierischer Körper. Blankenburg 1782. p. 410—414. Taf. XXXII, Fig. 1 bis 5. C. A. RuDoLPHI. Entozoorum historia naturalis. Vol. U. P. I. 1810. p- 2-—8. H. SCHAUINSLAND, Die embryonale Entwicklung der Bothriocephalen. In: Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XIX. (N. F. XIL) p. 527—537. Taf. VI, Fig. 1—28. v. Lınstow, Helminthologisches. In: Archiv für Naturgesch. LIV. Jahrg. 1888. Bd. I. p. 242-245. Taf. XVI, Fig. 15—26. 102 Me 1891. E. LönnBERG, Anatomische Studien über skandinavische Cestoden. Stock- . holm 1891. (S. unter Abothrium.) 1891. Epw. Lıntox, Notes on Entozoa of Marine Fishes of New England, with descriptions of several new species. In: U. S. Fish. Comm. Report for 1887. Washington 1891. p. 750—754. Taf. III, Fig. 7—10. 1892. F. MArz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen. In: Arch. f. Naturg. LVII. Jahrg. 1892. Bd. I. p. 113—114. Taf. VIU, Fig. 17—18. (Mit Verzeichnis der hier nicht aufgeführten älteren Litteratur.) 1894. R. BLANCHARD, Notices sur les parasites de ’homme. (3 serie.) In: C. R. Soc. Biol. Paris. 189. 1896. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Genus Bothriotaenia. In: Centralpl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 189. p. 223 u. 228. 1898. P. Münrtıns, Helminthenfauna der Wirbelthiere Ostpreußens. In: Archiv für Naturgesch. LXIV. Jahrg. 189. Bd. I p. 35. 1897. Epw. LiNTon, Notes on Cestode Parasites of Fishes. In: Proe. U. S. Nat. Mus. Vol. XX. 1897. p. 431. Taf. XXVII, Fig. 9—10, Taf. XXIX, Fig. 1—4. Anchistrocephalus Montic. 1890 —= Ancistrocephalus (von To &yzıoroov.. Ancistrocephalus Montic. 1890, emend. Lühe 1899. Litteratur: 1890. Fr. S. MONXTICELLI, Note elmintologiche. In: Boll. Soe. Nat. Napoli. Anno IV. 1890. p. 202. 1899. M. LÜüHe, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 37. 1900. —— Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. XXVI. 1900. p. 209 Anm. Aneistrocephalus imbricatus (Dies. 1850) Lühe 1899. Synonym: Dibothrium imbricatum Dies. 1850. Bothriocephalus imbricatus Linst. 1878. Anchistrocephalus imbricatus Lühe 1899. Litteratur: 1850. C. M. DiesinG, Systema helminthum. Vol. I. Wien 1850. p. 589. 1878. O. v. Liystow, Compendium der Helminthologie. Hannover 1878. p. 180. 1898. M. Lüne, Oochoristica nov. gen. Taeniadarum. In: Zool. Anz. Vol. XXI. 1898. p. 632. 1899. —— Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. I. In: Centralbl. für Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XXVI. 1899. p. 11—12. Ancistrocephalus macracanthus Montic. 1890 = Polyonchobothrium polypteri (Leyd.). Ancistrocephalus microcephalus (Rud. 1819) Montic. 1890. Synonym: Bothriocephalus microcephalus Rud. 1819. Bothriocephalus sagitltatus F. S. Leuck. 1819. Dibothrium mierocephalum Dies. 1850. Anchistrocephalus microcephalus Montie. 189. Bothriotaenia microcephala Rigsb. 189%. Litteratur: 1819. C. A. Rupouenı, Entozoorum synopsis. Berlin 1819. p. 138 u. 473—414. 1890. FR. S. MonTIcELLı, Di una forma teratologica di Bothriocephalus mierocepha- Zus. In: Boll. Soc. Nat. Napoli Anno IV. 18%. p. 1283—130. 3 Fig. im Text. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 103 1891. Epw. Lınron, Notes on Entozoa of New England. In: U. S. Fish Comm. Report for 1887. Washington 1891. p. 736—745. Taf. I, Fig. 5—18. 1892. Fr. Marz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen.. In: Archiv für Naturgesch. LVII. Jahrg. 1892. Bd. I. p. 115—116. Taf. VIIL Fig. 19 bis 21. (Mit Angabe der älteren Litteratur.) 189%. E. RiGGENBACH, Bemerkungen über das Gen. Bothriotaenia. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 223 u. 228. 1896. M. SrossıcH, Eiminti trovati in un Orthagoriscus mola. In: Boll. Soe. Adriat. Se. Nat. Trieste. Vol. XVII. 1896. p. 189. 1898. —— Saggio di una fauna elmintologica di Trieste e provincie contermini. Trieste 1898. p. 115. 1899. M. Lüne, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. I. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XXVI. 1899. p. 712. ry\ Aneistrocephalus polypteri (Leyd. 1853) Montic. 1890 = Typus der Gattung Polyonchobothrium Dies. 1854. Bothriocephalus Rud. 1805—10. Zu dieser Gattung, als deren typische Art Bothrio- cephalus bipunctatus (Zed. 1800, Lühe 1899 (= Bothr. punctatus Rud. 1808—10) angesehen werden muss (vgl. M. LÜHE, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verhandl. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 42f. und M. LüÜHE, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. III. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. XXVIl. 1900. p. 210 Anm) sind zeitweise auch sämmt- liche Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen gerechnet worden, mit Ausnahme von Bothriotaenta chilensis Riggb., Dibothrium hastatum Lint. und den Arten der Gattung Triuenophorus Rud., d. h. also folgende Arten (siehe auch unter Bothriotaenia und Dibothrium!: Bothriocephalus dalmatinus Stoss. 1897 spec. inqu. Synonym: Bothrioetaenia dalmatina Ariola 1899. Litteratur: 1897. M.STossıcH, Note parassitologiche. In: Boll. Soc. Adriat. Se. Natur. Trieste. Vol.-xVIM. ‚1897. p:-9. 1399. V. ARIOLA, Osservazioni sopra alcuni dibotrii dei pesci. In: Atti Soc. Ligust. Se. Natur. e Geogr. Vol. X. p. 5—7 des Sonderabdr. Taf. IV, Fig. 1—4. Bothriocephalus fragilis Rud. = Abothrium fragıle (Rud.) Lühe. Bothriocephalus imbricatus Dies.‘ v. Linst. = Ancistrocephalus imbricatus (Dies.) Lühe. Bothriocephalus infundibuliformis Rud. = Abothrium erassum (Bloch) Lühe. Bothriocephalus longicollis Mol. = Bothriotaenia longicollis (Mol.) Raill. Bothriocephalus longispieulus Stoss. 1895 spec. inqu. (incertae sedis). Synonym: Bothriotaenia longispieula Ariola 1896. Litteratur: 1895. M. StossicHh, Notizie elmintologiche. In: Boll. Soc. Adriat. Sc. Natur. Trieste. Vol. XVI. 1895. p. 40 (10).., 1896. V. ARIOoLA, Sopra aleuni dibotrii ete. In: Atti Soc. Ligust. Se. Natur. e | Geogr. Vol. VII. 1896. p. 13 des Sonderabdr. 1899. M. Lüne, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zoolog. Gesellsch. IX. 1899. p. 40. 104 M. Lühe. Bothriocephalus macracanthus Montic. = Polyonchobothrium polypteri (Leyd.). Bothriocephalus mierocephalus Rud. —= Ancistrocephalus microcephalus (Rud.) Montic. Bothriocephalus palumbi Montic. 1889 spec. inqu. (incertae sedis). Synonym: Bothriotaenia palumbi Ariola 1896. Litteratur: 1889. Fr. Sav. MoNTIcELLI, Elenco degli Elminti raccolti dal Capitano G. CHı- ERCHIA durante il viaggio di circumnavigazione della R. corvetta »Vet- tor Pisani«e. In: Boll. Soc. Natur. Napoli. Anno III. 1889. p. 67—68. 1896. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Gen. Bothriotaenia. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 2223. 1896. V. ArıoLa, Sopra alcuni dibotrii ete. In: Atti Soc. Ligust. Se. Natur. e Geogr. Vol. VII. 1896. p. 22 des Sonderabdr. 1899. M. Lüne, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zoolog. Gesellsch. IX. 1899. p. 40. Bothriocephalus plicatus Rud. = Fistulicola plicatus (Rud.) Lühe. Bothriocephalus polypteri (Leyd.) Montic. = Polyonchobothrium polypteri |Leyd.) Lühe. Bothriocephalus proboseideus Rud. = Abothrium crassum (Bloch. Lühe. Bothriocephalus reetangulum (Bloch 1782) Rud. 1810 spec. inqu. (incertae sedis). Synonym: Taenia rectangulum Bloch 1782. Alyselminthus rectangulum Zed. 1800. Rhytis rectangulum Zed. 1803. Dibothrium rectangulum Dies. 1850. Taenia sagittiformis Schrank 179%. Bothriocephalus rectangulus Matz 1892. Bothriotaenia rectangula Riggb. 1896. Litteratur: 1782. M. E. BLoch, Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweidewürmer und den Mitteln wider dieselben. Berlin 1782. p. 11. Taf. I, Fig. 7—8. 1810. C. A. RUDOLPHI, Entozoorum historia naturalis. Vol. I. P. I. 1810. p. 49—50. (Mit Angabe der älteren Litteratur.) 1850. €. M. DiesisG, Systema helminthum. Vol. I. Wien 1850. p. 592. (Mit An- gabe der älteren Litteratur.) Revision der Cephalocotyleen. Abthlg. Paramecocotyleen. In: Sitzber. Wien. Akad. Math.-naturw. Klasse. Bd. XLVIIH. 1864. p. 240. 1892. Fr. MATz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen. In: Arch. f. Natur- geschichte. LVIH. Jahrg. 1892. Bd. I. p. 117—118. Taf. VII Fig. 27 bis 28. 1896. ©. FUHRMANN, Beitrag zur Kenntnis der Bothriocephalen. IH. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XIX. 1896. p. 605—608. 1896. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Gen. Bothriotaenia. Ibid. Vol. XX. 189. p. 223 und 228—229. 189. V. ArıOLA, Össervazioni sopra alcuni dibotrii dei pesci. In: Atti Soc. Ligust. Sc. Nat. Vol.X. 1899. p. 8—9 des Sonderabdr. Taf. IV, Fig. 6—8. 1899. M. LÜHe, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. oe Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 39. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 105 Bothriocephalus rugosus (Gze.) Rud. = Abothrium rugosum (Gze.) Lönnbg. Bothriocephalus sagittatus F. S. Leuck. = Ancistrocephalus mierocephalus (Rud.) Montic. | Bothriocephalus sueeicus Lönnbg. = Abothrium erassum (Bloch) Lühe. Bothriocephalus truncatus F. S. Leuck. = Fistulicola plicatus (Rud.) Lühe. Bothriotaenia Raill. 1892. Litteratur: 1892. A. RAILLIET, Notices parasitologiques. In: Bull. Soe. Zool. France. Vol.XVI. 1892. p. 116. 1894, R. BLANCHARD, Notices sur les parasites de ’Homme. (3e serie.) Sur le Krabbea grandis, et remarques sur la elassifieation des Bothriocephalines. In: C. R. Soc. Biol. Paris. 1894. 1896. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Genus Bothriotaenia Railliet. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 222—231. 1896. V. ArıoLa, Sopra alcuni dibotrii e sulla classifieazione del genere Bothrio- eephalus. In: Atti Soc. Ligust. Sc. Natur. e Geogr. Vol. VII. Fase. 4. 1896. 1899. M. LüHE, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 40. 1899. —— Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. I. Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasiten- kunde. Vol. XXVI. 189. p. 702 £. NB. Die Gattung umfasst bei RiIGGENBAcH alle Bothriocephaliden mit mar- ginalen Genitalöffnungen, mit Ausnahme der Triaenophorus-Arten, einiger anderer Arten, welche später ARIOLA zu Bothriotaenia gestellt hat, und endlich des damals noch nicht bekannten Dibdothrium hastatum Lint. Hier nicht aufgeführte Arten siehe unter Bothriocephalus. Bothriotaenia chilensis Riggb. 1896. Litteratur: 1896. E. RıIGGENBACH, Bemerkungen etc. (siehe unter Bothriotaenia). p. 229—230. 1897. —— Bothriotaenia chülensis n. sp. In: Act. Soc. cientif. Chile. Vol. VI. 1897. p. 66—72. 1 Taf. 1899. M. LüHeE, Zur Anatomie und Systematik etc. (siehe unter Bothriotaenia). p. 41. Bothriotaenia longicollis (Mol. 1858) Raill. 1892. Synonym: Dibothrium longicolle Molin 1858. Bothriocephalus longicollis v. Linst. 1878. Bothriotaenia longicollis Raill. 1892. Davainea spec. incert. Liihe 1899. Litteratur: 1858. R. MoLın, Prospectus helminthum, quae in prodromo faunae helmintho- logiecae Venetae eontinentur. In: Sitzber. Akad. Wiss. Wien. Math.- naturw. Klasse. Vol. XXX. 1858. p. 153. 1861. —— Prodromus faunae helminthologieae Venetae. In: Denkschr. Akad. Wiss. Wien. Math.-naturw. Klasse. Vol. XIX. 1861. p. 234. 1878. O. v. Linstow, Compendium der Helminthologie. Hannover 1878. p. 123. 1892. A. RAILLIET, Notices parasitologiques (siehe unter Bothrrotaenia). 106 M. Lühe, 1896. CH. WARD. STILES, Tapeworms of Poultry. In: Bulletin No. 12. U. S. Dept. of Agrieulture. Bureau of Animal Industry. Washington 1896. p- 26—27. 1599. M. LÜHE, Zur Anatomie und Systematik etc. (siehe unter Bothriotaenia). p. 40. Dibothrium (Rud. 1819) Dies. 1850. Dieser Gattungsname ist als synonym zu Bothriocephalus Rud. 1808—10 anzusehen und wird von DIESING, MoLIN und Lıxtox auch in demselben Sinne gebraucht wie von anderen Autoren Bothriocephalus. Siehe daher die Arten unter letzterem Gattungsnamen. Nur für eine erst neuerdings aufgestellte Art ist der Speciesname bisher noch nicht in Kombination mit Bothriocephalus gebraucht worden und ich hatte keine Veranlassung, diese Kombination meinerseits zu bilden. da die be- treffende Art in die Gattung Bothriocephalus Rud. 1808—10, emend. Lühe 1899 sicher nicht hineingehört. Um die Synonymie der Art nicht unnöthig zu bereichern. lasse ich sie desshalb hier unter ihrem ursprünglichen Namen folgen: | Dibothrium hastatum Lint. 1897 spec. inqu. (incertae sedis. Litteratur: 1897. Epw. Lıxtox, Notes on cestode parasites of fishes. In: Proe. U. S. Nat. Mus. Vol. XX. 1897. p. 431-433. 1899. M. LüHe, Zur Anatomie und Systematik der Botliriocephaliden. In: Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 40. Fistulicola Lühe 159. Litteratur: 1899. M. LünHe, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 36—37. 1899. —— Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. IL In: Centralbl. für Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XXVI. 1899. p. 706—710. Fistulicola plicatus (Rud. 1819) Lühe 189. Synonym: Bothriocephalus plicatus Rud. 1819. Dibothrium plicatum Dies. 1850. Bothriotaenia plicata Riggb. 1896. Bothriocephalus truncatus F. S. Leuck. 1819. ? Echinorhynchus ziphiae Gmel. 1791. Litteratur: 1819. C. A. RupoLpHı, Entozoorum synopsis. 1819. p. 136 u. 470—472. Taf. III, Fig. 2. 1850. C. M. Dıssıng, Systema helminthum. Wien 1850. Vol. I. p. 591. (Mit Angabe der älteren Litteratur.) 1854. G. R. WAGENER, Die Entwicklung der Cestoden. Breslau und Bonn 1854. (Nov. Act. Nat. Cur. XXIV. Suppl.) p. 71. Taf. VII, Fig. 949. 1869. P. Orssox, Entozoa jaktagna hos Skandinaviska hafsfiskar. (I.) In: Lunds Univ. Ärsskrift. Vol. IV. 1869. p. 11—12. 1891. Epw. Lixtox, Notes on Entozoa of marine fishes. In: U. S. Fish Com- mission, Report of the Commissioner for 1887. Washington 1891. p. 746 — 750. Taf. III, Fig. 1—6. 1891. E. LÖNNBERG, Mittheilungen über einige Helminthen aus dem Zool. Museum der Universität zu Christiania. In: Verhandl. des biol. Vereins Stock- holm. 1891. p. 3—8 des Sonderabdr. Taf. II, Fig. 4-8. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 107 1892. Fr. MarTz, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephalen. In: Archiv für Naturgesch. LVIN. Jahrg. 1892. Bd. 1. p. 117. Taf. VII, Fig. 29-30. 1896. V. Arıora, Sulla Bothriotaenia plicata Rud. e sul suo sviluppo. In: Atti d. Soc. Ligust. Se. Nat. e Geogr. Vol. VII. Fasc. II. 1896 und in: Boll. Mus. Zool. Anat. compar. Genova. No. 47. 11 pag. 2 Fig. im Text. 1896. E. RIGGENBACH, Bemerkungen über das Gen. Bothriotaenia. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 1896. p. 223 und 228. 1898. P. MüHuınG, Helminthenfauna der Wirbelthiere Ostpreußens. In: Archiv f. Naturgesch. LXIV. Jahrg. 189. Bd. I. p. 36. 1899. M. Lüne, (siehe unter Frstulicola). Leuckartia Moniez 1879 (anscheinend gleich Abothrium erassum [Bloch] Lühe). Litteratur: 1879. R. Moxıez, Note preliminaire sur les Bothriocephaliens et sur un type nouveau du groupe des cestodes, les Zeuckartia. In: Bull. seient. Dept. Nord. (2. serie.) 2. Annee. 1879. p. 67—19. 1881. —— Memoires sur les Cestodes. (Trav. de l’Institut Zoologique de Lille et de la Station Maritime di Wimereux. T. III. Fase. IL) Paris 1881. p. 6280. Taf. I, Fig. 6970, Taf. III, Fig. 8-12, Taf. IV, Fig. 1-4, Taf. V, Fig. 1—2, Taf. VI, Fig. 5—6. 1899. V. Arıora, Il Gen. Seyphocephalus Riggb. e proposta di nuova classi- ficazione dei Cestodi. In: Atti Soc. Ligust. Se. Nat. e Geogr. Vol.X. 1899. p. 10 des Sonderabdr. (Fam. Zeuckartidae. Polyonchobothrium Dies. (1854 1864. Litteratur: 1854. C. M. Dıssing, Über eine naturgemäße Vertheilung der Cephalocotyleen. In: Sitzber. Akad. Wiss. Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. XIII. 1854. p.586. 1864. —— Revis. der Cephalocotyleen. Abth. Parameeoeotyleen. Ibid. Bd. XLVIH. 1864. p. 262. Typische Art: Polyonchobothrium polypteri (Leyd. 1853, Liihe 1900. Synonym: TZetrabothrium polypteri Leyd. 1853. Bothriocephalus polypter! Montic. 18%. Anchistrocephalus polypter! Montie. 185%. Onchobothrium (Polyonchobothrium) septicolle Dies. 1854. Polyonchobothrium septicolle Dies. 1864. Anchistrocephalus macracanthus Montic. 18%. » Buthriocephalus macracanthus Montic.« Riggb. 18%. Litteratur: 1853. Leypıc, Ein neuer Bandwurm aus Polypterus bichir. In: Arch. f. Natur- geschichte. 19. Jahrg. 1853. Bd. I. p. 219-222. Taf. XI, Fig. 1—3. 1854 u. 1864. C. M. DissinG (siehe unter dem Gattungsnamen Polyonchobothrium). 1890. FR. Sav. MonricEuuı, Note elmintologiche. II. Intorno ad un Cestode del Polypterus bichir. In: Boll. Soc. Naturalist Napoli. Anno IV. Fasc. U. p- 199—202. | - 1896. E. RiIGGENBACH, Bemerkungen über das Genus Dothriotaenta Railliet. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Vol. XX. 189. p. 223. Triaenophorus Rud. 1793. Synonym: Trieuspidaria Rud. 1793. 108 M. Lühe, Litteratur: 1793. ©. A. RUDOLPHI, Observationes circa Vermes intestinales. Diss. Fasc. I. Gryphiswald. 1793. p. 43—44. 1810. Entozoorum historia naturalis. Vol. II. Pars II. p. 32—-37. 1899. M. LÜnHe, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. In: Verh. D. Zool. Gesellsch. IX. 1899. p. 32—34 und p. 37—38. Triaenophorus anguillae Lönnbg. Litteratur: 1889. E. LÖNnNBERG, Bidrag till kännedomen om i Sverige förekommande Cesto- der. In: Bihang Svenska Vet. Akad. Handl. Vol. XIV. Afd. 4. No. 9. p. 41f. des Sonderabdr. 1899. M. LÜHE, Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden (siehe unter Triaenophorus). p. 31, Anm. 4 und p. 34. Triaenophorus nodulosus (Pall. 1781) Rud. 179. Die umfangreiche Synonymie siehe bei DıesinG (1850), eben so die ältere hier nieht mit aufgeführte Litteratur. Litteratur: 1850. C. M. Diesing, Systema helminthum. Vol. I. Wien 1850. p. 604—603. (Mit ausführlichem Litteraturverzeichnis.) 1864. —— Revision der Cephalocotyleen. Abthlg. Paramecocotyleen. In: Sitzber. Akad. Wiss. Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. XLVIH. p. 246—248. (Mit Verzeichnis der Litteratur seit 1850.) 1870. R. v. WILLEMOES-SUHM, Helminthologische Notizen. II. Die Entwicklungs- geschichte von Ligula und Triaenophorus. In: Diese Zeitschr. Bd. XX. 1870. p. 9—%. Taf. X, Fig. 2—4. 1877. F. STEUDENER, Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden. In: Abh. der naturforsch. Gesellsch. zu Halle. Bd. XII. Halle 1877. p. 302 304. Taf. XXVII, Fig. 4, 15, 17 und Taf. XXXI, Fig. 8. 1877. N. ZOGRAFF, TermuHrtonoruyeckia sambrru. AccucreHta H. 3orpasa. 1 Crpoc- nie Triaenophorus nodulosus Rud. In: Hsztcria Hmmeparopckaro Vömecrsa Jlroöurereh Ecrecrsosuania. T. XXIU. Bin 2. Mocksa 1877. p- 5—20. Taf. I—IV. (Die mich interessirende Stelle hat mir Herr Dr. L. CoHn gütigst übersetzt.) 1884. F. ZSCHOKKE, Recherches sur l’organisation et la distribution zoologique des vers parasites des poissons d’eau douce. In: Arch. d. Biol. T. V. 1884. p. 181—187. Taf. IX, Fig. 4—7. 1886. H. SCHAUINSLAND, Die embryonale Entwicklung der Bothriocephalen. In: Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XIX. (N. F. XIL) p. 546—550. Taf. VII. Fig. 7—19. 1888. F. SCHMIDT, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Geschlechtsorgane einiger Cestoden. In: Diese Zeitschr. Bd. XLVI. p. 155—187. 2 Tat. 18%. N. J. SOGRAFF, Zur Frage über die Existenz ektodermatischer Hüllen bei erwachsenen Cestoden. In: Biol. Centralbl. Bd. X. p. 422. 1892. —— Les cestodes offrent-ils des tissus d’origine eectodermique? In: Arch. Zool. exper. et gen. 2eser. T. X. p. 331—344. Taf. XII, Fig. 2, 4—9. 1895. H. SApussow, Zur Histologie der Geschlechtsorgane von Triaenophorus nodulosus Rud. In: Biol. Centralbl. Bd. XVII. 1898. p. 183—188. 3 Fig. im Text. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 109 1899. M. Lüne, Beiträge zur Kenntnis der Bothriocephaliden. I. In: Centralbl. f. Bakt. und Parasitenkunde. Bd. XXVI. 1899. p. 712—714. Triaenophorus robustus ‚Olss. 1893. Litteratur: 1893. P. Oussox, Bidrag till Skandinaviens Helminthfauna. IL. (K. Svenska Vet.- Akad. Handl. Bd. XXV. Nr. 12. Stockholm 189.) p. 20 £. 1899. M. LüHr, Zur Anatomie und Systematik ete. (siehe unter Triaenophorus). p- 33 £. Erklärung der Abbildungen, In allen Abbildungen bedeutet: ag, Genitalatrium ; dg, Befruchtungsgang: mtre, äußere Transversalmuskeln ; mtri, innere Transversalmuskeln ; e, Cirrus; n, Hauptlängsstrang des Nervensyste- eb, Cirrusbeutel; mes;x de, Ductus ejaculatorius; od, Oviduct (Keimgang) ; dg, Dottergang: ov, Keimstock; dr, Dotterreservoir: sch, Schalendrüse; ds, Dotterstocksfollikel: so, Schluckapparat; ex, Exkretionsgefäß; sv, Sphineter vaginae; h, Hoden; ml, Längsmuskeln; le, äußere Längsmuskeln : mdi, innere Längsmuskeln; ms, Sagittalmuskeln; mtr, Transversalmuskeln ; ut, Uterus; utg. Uteringang; uth, Uterushöhle; utm, Mündung des Uterus; v, Vagina; vd, Vas deferens; vs, Vesicula seminalis. Tafel IV. Fig. 1. Schnitt durch eine reife Gliedstreeke von Fistulicola plicatus (Rud.). Vergr. 25:1. Da der Schnitt nicht ganz genau quer gegangen ist, so sind mehrere Pro- glottiden angeschnitten; doch ist dies zur Veranschaulichung der Lage der Dotterstocksfollikel nur von Vortheil. Die Lage von Keimstock und Schalen- drüse sowie der Verlauf der Vagina und des Endabschnittes des Vas deferens sind nach den benachbarten Schnitten eingetragen. Am Keimstock bezeichnet der dunkler gezeichnete Theil den ungefähren Umriss auf dem Querschnitt, welcher den Schluckapparat, bez. den Oviduct getroffen hat, der heller gezeich- nete dagegen den Theil des Keimstockes, welcher in Gestalt eines in longitudi- naler Richtung stark abgeflachten Lappens vor dem Oviduct liegt (vgl. Taf. VI, Fig. 20 ov). Die mit vd, bezeichnete punktirte Linie bezeichnet den ungefähren Umriss des in dem dargestellten Schnitt nicht selbst getroffenen, von dem proxi- malen Theil des Vas deferens gebildeten Knäuels. Im Übrigen bedeuten: 110 M. Lühe, c;. tangential angeschnittener Cirrus utmj7, Üterusmündung ‚einer vorhergehenden Proglottis; vd,, Theil des Vas deferens ex, die Schnitte durch die beiden dickwandigen Längsgefäße, welche ich im Centralbl. f. Bakt. u. Parasitenkunde Bd. XXVI, 1899, p. 709 erwähnt habe (vgl. hierzu auch meine vorläufigen Mittheilungen über das Wassergefäßsystem von Bothrimonus fallax m., ebendort, Bd. XXVI, 1900, p. 2571.). Fig. 2. Querschnitt durch Triaenophorus nodulosus (Pall.) mit rekonstruirten Genitalorganen. Vergr. 74:1. ut,, proximaler, kanalförmiger Theil des Uterus ‘= Uteringang?); uts, den distalen Endabschnitt des Uterus bildender Hohlraum (= Uterus- höhle?); vcd,, proximaler, knäuelbildender Theil des Vas deferens, nicht rekon- struirt, sondern nur nach einem einzigen Schnitt gezeichnet; vda, distaler, diekwandiger Theil des Vas deferens. Fig. 3. Querschnitt durch eine reife Proglottis von Abothrium fragile (Rud.) mit rekonstruirten Genitalorganen. Vergr. 74:1. vd,, Umriss des von den Schlingen des Vas deferens eingenommenen Raumes. Tafel V. Fig. 4—10 und 12—14 Ancistrocephalus imbricatus (Dies.), Fig. 11 Anecistro- cephalus microcephalus (Rud.). Fig. 4. Etwas schräg gegangener Schnitt durch eine reife Proglottis von Ancistrocephalus imbricatus, welcher sowohl die randständige Genitalöffnung, wie auch die (weiter vorn gelegene) ventrale Uterusmiündung getroffen hat. Vergr. DU. Fig. 5. Theil eines anderen, etwas weiter nach hinten gelegenen Schnittes durch dieselbe Proglottis, stärker vergrößert. Vergr. 87:1. Fig. 6. Theil eines Querschnittes durch eine andere reife Proglottis von Ancistrocephalus imbricatus, in der Nähe der Proglottidengrenze. Vergr. 87:1. Fig. 7. Theil eines anderen, weiter nach hinten gelegenen Schnittes aus derselben Serie wie Fig. 6, in welchem der Keimstock ungefähr in seiner größten Ausdehnung getroffen ist. Vergr. 87:1. Fig. 8. Theil eines dritten, noch etwas weiter nach hinten gelegenen Schnittes aus derselben Serie wie Fig. 6 und 7, mit Schalendrüse und Dotter- reservoir. Vergr. 87:1. Fig. 9. Theil eines Sagittalschnittes durch zwei auf einander folgende reife Proglottiden von Aneistrocephalus imbricatus, in welchem ein Seitenflügel des Keimstockes ungefähr in seiner größten Ausdehnung getroffen ist. Verg. 127: 1. Fig. 10. Sagittalschnitt durch eine reife Proglottis von Aneistrocephalus imbricatus in der Nähe des die Genitalöffnung tragenden Seitenrandes. Vergr.37:1. Fig. 11. Theil eines Sagittalschnittes durch noch unreife Proglottiden von Ancistrocephalus microcephalus, zur Veranschaulichung der Muskulatur. Nach einem Präparat von MArz. Vergr. 37:1. Fig. 12. Theil eines Sagittalschnittes durch eine reife Proglottis von Aneı- strocephalus imbricatus mit dem atriumähnlich erweiterten Endabschnitt, des Uterus. Versrz8.M. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. 111 Fig. 15. Schnitte durch den atriumähnlich erweiterten Endabschnitt des Uterus von Ancistrocephalus imbricatus: a, in der Nähe der äußeren Mündung, b, durch die am stärksten erweiterte Stelle, c, noch weiter nach innen, in der Nähe der Einmündung des kanalförmi- sen Hauptabschnittes des Uterus. Aus einer Flächenschnittserie durch eine reife Proglottis. Vergr. 87:1. Fig. 14. Scolex von Ancistrocephalus imbricatus. Vergr. 37:1. Tafel VI. Sämmtliche Abbildungen (Fig. 15—22) von Fistulicola plicatus Rud. Fig. 15. Junges Uterinei, mit Eizelle und Dotterzellen. Vergr. 425:1. Fig. 16. Fast reifes Uterinei, mit der aus zahlreichen Zellen aufgebauten und von dem stark vacuolisirten Mantel umschlossenen Oncosphäre. Vergr. 425:1. Fig. 17. Medianer Sagittalschnitt durch eine reife Proglottis. Vergr. 37:1. Fig. 18. Sagittalschnitt durch zwei reife Proglottiden, in deren einer die Uterusmündung getroffen ist, während dieselbe in der anderen dem entgegen- gesetzten Gliedrande genähert ist. Vergr. 37:1. Fig. 19. Sagittalschnitt durch den freien Gliedrand einer Proglottis, mit Sphineter vaginae und Querschnitt des Cirrusbeutels. Vergr. 37:1. Fig. 20. Theil eines Sagittalschnittes durch eine reife Proglottis (in der Nähe der Medianlinie und durch den Schluckapparat des Keimstockes). Vergr. Ra Fig. 21. Theil eines Querschnittes durch eine reife Proglottis mit Längs- schnitt des Cirrusbeutels. Vergr. 74:1. msec, subeuticulare Muskulatur. Fig. 22. Theil eines Querschnittes durch eine reife Proglottis mit End- abschnitt des Uterus. Vergr. 195:1. »ı, und ms, Muskulatur des Endabschnittes des Uterus; sc, Kerne der Subeuticularzellen. Tafel VII. Fig. 23—27. Rekonstruktionen der weiblichen Genitalleitungswege bei verschiedenen Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. Sämnt- lich nach Querschnittserien. Fig. 23. Triaenophorus nodulosus (Pall... Vergr. 320:1. Fig. 24. Dessgl. (nach einer anderen Schnittserie). Vergr. 320:1. In beiden Figuren bezeichnet dg, die beiden paarigen Dottergänge, welche sich zu dem unpaaren Dottergange vereinigen. Fig. 25. Abothrium fragile (Rud.). Vergr. 320:1. Fig. 26. Abothrium rugosum (Gze.). Vergr. 320:1. (Der Schluckapparat ist nicht mit gezeichnet.) Fig. 27. Fistulicola plicatus |Rud.). Vergr. 150:1. In Folge eines bedauer- lichen Versehens sind in Fig. 27 die Bezeichnungen dy und «ig mit einander vertauscht worden. Der unpaare Dottergang verläuft zwischen Oviduct bez. Befruchtungsgang einerseits und Anfang des Uterus andererseits (vgl. Tat. VI, Fig. 20, wo dieses Lageverhältnis richtig dargestellt ist). Entsprechend ist dann natürlich auch die Darstellung der Schalendrüsen nicht richtig. Dieselben mün- ER 112 M. Liühe. Unters. über die Bothriocephaliden mit margin. Genitalöffnungen. den in den mit dg bezeichneten Kanal, und zwar ungefähr an der Stelle, wo derselbe von der Vagina überkreuzt wird. Fig. 23—31. Längsschnitte durch den Cirrusbeutel verschiedener nn cephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. Fig. 25. Triaenophorus nodulosus (Pall... Vergr. 150:1. Fig. 29. Abothrium fragile Bud.) Vergr. 215:1 A, Theil eines anderen Schnittes durch denselben Cirrusbeutel mit dem proximalen Abschnitt der Vesicula seminalis. Fig. 30. Abothrium rugosum (Gze.). Vergr. 215:1. Fig. 31. Ancistrocephalus imbricatus (Dies... Vergr. 102:1. ge eg en , ‘ Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. Von Paul Deegener (Berlin). Mit Tafel VIII—X. Einleitung. Seit Savıcny (1816) die Morphologie der Gliedmaßen bei den Arthropoden festgestellt hatte, wurde an seiner Auffassung der Mund- gliedmaßen, wenigstens bei den Insekten mit kauenden Mundtheilen, im Allgemeinen bis heute festgehalten, zumal die neuere embryolo- sische Forschung zu einem Resultat gelangte, das mit den Angaben des genannten Forschers sehr wohl übereinstimmt. Es ist eine der schönsten Errungenschaften der vergleichenden Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte, die mannigfachen Formen der Organe zur Nahrungsaufnahme, die gerade innerhalb der Insekten eine so weit- gehende Verschiedenheit aufweisen, auf eine gemeinsame Grundform zurückgeführt zu haben. Diese Homologie der Mundwerkzeuge wird nun in einer neueren Abhandlung von Meıserr (97) in Abrede ge- stellt. Er ist der Ansicht, dass die Orthopteren einerseits und die Coleopteren, Neuropteren, Hymenopteren und Lepidopteren anderer- seits sich hinsichtlich ihres Mundbaues ganz verschieden verhalten, dass nämlich bei letzteren das erste Metamer mit seinen Appendices sich weiter entwickelt, und das vierte Metamer mit seinem Glied- maßenpaar verschwindet, bei den Orthopteren dagegen das vorderste Metamer stets zurückbleibt in der Entwicklung und nur selten Appen- diees hervorbringt, während das vierte Metamer seine frühzeitig be- sonnene Entwicklung bis zu Ende fortsetzt. MEINERT (97) leugnet somit die Homologie des Labiums der Orthopteren mit dem der ge- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIL Bd. Ss 114 Paul Deegener, nannten vier Ordnungen und setzt sich damit in Widerspruch mit allen in der Litteratur bisher niedergelegten Angaben. Thatsächlich scheint aber MEINERT (97) seinen Untersuchungen selbst nicht das größte Vertrauen entgegen zu bringen; denn er betont ausdrücklich wiederholt, wie wünschenswerth weitere genaue Studien auf diesem Gebiet seien. Zu welchem Resultat meine Nachprüfung der MEINERT- schen Befunde geführt hat, ergiebt sich aus dem ersten Theil der vorliegenden Arbeit. Der zweite Theil beschäftigt sich mit der embryonalen und post- embryonalen Entwicklung des Darmkanals von Hydrophilus. Es sind wohl nur wenige Insekten so eingehend studirt worden, wie das vorliegende Objekt, und es könnte daher gewagt erscheinen, den schon vorhandenen Arbeiten noch eine hinzufügen zu wollen. Aber es ist zu bedenken, dass manche Punkte immer noch nicht klarge- stellt sind, und für die postembryonale Entwicklung des Hydrophilus überhaupt erst fragmentarische Angaben vorliegen. Zunächst würde die Frage nach dem Ursprung des Mitteldarmepithels zu beantworten sein, d. h. die Untersuchung hat festzustellen, ob dieses ein Derivat der Dotterzellen, des Mesoderms oder Ektoderms sei, da eine Eini- gung in dieser Frage trotz zahlreicher Forschungen an verschiedenen Insekten noch nicht erzielt worden ist. Vielmehr hat jede der an- geführten Entstehungsarten eine größere Zahl von Vertheidigern ge- funden, und bevor diese Frage endgültig entschieden werden kann, bedarf es einmal der genauen Nachprüfung der vorliegenden Arbeiten und andererseits neuer Forschungen, die sich auf alle Insektenord- nungen erstrecken. Allerdings lässt sich schon jetzt mit einiger Sicherheit voraussehen, wie das endliche Resultat lauten wird, das Heymons (95) dem Inhalt nach zuerst dahin präcisirte, dass bei allen pterygoten Insekten das gesammte Mitteldarmepithel ektoder- malen Ursprungs ist. In der That wurde die Gültigkeit dieses Satzes durch einige Arbeiten der neuesten Zeit für eine größere Anzahl von Insekten bereits bestätigt. Ferner wird die Entwicklung des Darmes bei der Larve und Puppe bis zu seiner Gestalt bei dem jungen Käfer zu besprechen sein. Ich will aber gleich hier bemerken, dass der Zustand des Mitteldarmes während der Häutung nicht berücksichtigt wurde, da mein Material zu einer erschöpfenden Darstellung dieser Verhältnisse nicht ausreichte. | ra Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 115 Material und Methoden der Konservirung. Mein Material bestand für die embryologischen Untersuchungen in Eiern von Hydrophilus und Dytiscus. Was erstere betrifft, so könnte ich nur das wiederholen, was Hxiper (89) schon ausführlich berichtet hat, und ich verweise daher auf diesen Forscher. Die Eier von Dytiscus gleichen in Form, Farbe und Größe den Hydrophiluseiern sehr. Die Art der Ablage ist indessen ganz an- ders, da das Weibchen die Eier einfach fallen lässt. Sie sinken auf den Grund, wo sie sich in einem Zeitraum, der zwischen 20 und 25 Tagen, je nach den Temperaturverhältnissen, schwankt, entwickeln. Weniger als 20 Tage beträgt die Dauer der Entwicklung, so weit meine Beobachtungen reichen, niemals. Das Weibchen beginnt schon im März mit der Eiablage, die im April ihren numerischen Höhepunkt erreicht, um in den letzten Tagen des Mai allmählich aufzuhören. Einige Thiere produeirten noch den Juni hindurch vereinzelte Eier. Die Zahl der während der Nacht gelegten Eier beträgt nach Beob- achtungen an isolirten Weibchen, sowie nach ungefährer Schätzung bei reichlicher Fleischnahrung fünf bis acht, während des Tages je- doch nur ein, höchstens drei Stück. Da die Thiere auch bei reich- lichster Fütterung die eben gelegten Eier häufig sogleich verzehren, schützte ich diese durch ein nahe dem Grunde des Gefäßes ange- brachtes weitmaschiges Drahtnetz, durch das sie hindurchtielen, ohne von den Käfern erreicht werden zu können. Eine weit größere Schwierigkeit ergab sich dadurch, dass ein ungeheurer Procentsatz der Eier durch Pilze vernichtet wurde. Trotz der verschiedensten Versuche, wie Aufbewahren in fließendem Wasser, auf sterilisirtem Grund, im Freien unter den natürlichsten Bedingungen und dergl. mehr, die in verschiedenster Weise kombinirt wurden, gelang es nur sehr unvollkommen, einen günstigeren Procentsatz an brauchbaren Eiern zu erzielen. Am geeignetsten erwies sich als Unterlage sterili- sirter feiner Sand, auf den in verschiedenen Gefäßen eine geringe Anzahl frisch gelegter Eier gebracht wurde, nachdem frisches reines Wasser von derselben Temperatur, der die Eier beim Verlassen des mütterlichen Körpers ausgesetzt waren, eingefüllt wurde. Die Pilanzen entnahm ich einem Aquarium und spülte sie längere Zeit in reinem (Leitungs-) Wasser, bevor ich sie in die Brutgefäße legte. Das Wasser wurde täglich durch frisches von genau gleicher Temperatur ersetzt, und die verdorbenen Eier mittels Stechhebers sorgfältig entfernt. Die Eier standen in einem hellen ‚warmen Raum der Sonne ausgesetzt. &5 116 Paul Deegener, Während die Versuche im Freien wider alles Erwarten durchaus fehlschlugen, ergab die beschriebene Methode vor allen sonst noch angewendeten das günstigste, wenn auch keineswegs ein vollbe- friedigendes Resultat. Zur Konservirung erwies sich für die jungen Stadien besonders günstig Chromsäure (0,5°%/,) und Pikrinschwefelsäure. Dabei ist es gleichgültig, ob die Eier zuvor in auf SO- 90° erwärmtem Wasser abgetödtet oder sofort in die Konservirungsflüssigkeit von derselben Temperatur gebracht wurden. Nachdem sie in der heißen Flüssigkeit 2—3 Minuten belassen waren, wurden sie in die kalte Fixirungs- flüssigkeit übergeführt und nach 12 Stunden deren Einwirkung aus- gesetzt, dann in Wasser (Öhromsäure) bezw. 63°/,igem Alkohol (Pikrin- schwefelsäure) längere Zeit (2—6 Stunden) ausgewaschen und in 95°/,igem Alkohol aufbewahrt. Vorzügliche Bilder von jugendlichen Stadien erhielt ich auch durch Anwendung von schwach (bis zu 30°) erwärmtem 95°/,igem Alkohol. Doch gilt dies nur für Hydrophilus. Für die älteren Eier ergab Quecksilberchlorid in gesättigter wässe- riger Lösung, auf 80—90° erwärmt, mit 2—3 Minuten währender Einwirkung, sowie kalt angewendete gesättigte Lösung von Queck- silberehlorid in 63°/,igem Alkohol die brauchbarsten Präparate. Auch hier wurde das Material 6—12 Stunden in der Fixirungsflüssigkeit gelassen und mit Jod in 693°/,igem Alkohol ausgewaschen. Die sonst noch üblichen Konservirungsmethoden hatten geringere oder ganz unbefriedigende Erfolge. Ob die Eier vor der Konservirung nach dem Abtödten angestochen oder geschält wurden, oder dies zeit- raubende Verfahren nicht m Anwendung kam, blieb ohne Einfluss auf den Konservirungszustand. Dagegen gelinst eine Totalfärbung nur an geschältem Material. Für die Larven und Puppen von Hydrophilus benutzte ich mit bestem Erfolg eine gesättigte Lösung von Quecksilberchlorid in 63%/,igem Alkohol, die vor dem Gebrauch auf über 52° erwärmt wurde. Hierdurch wird die den Darm umgebende Körperflüssigkeit zum Gerinnen gebracht, was für die Präparation des Darmes, sowie für die Erhaltung der zarten umgebenden Gewebe von großer Be- deutung ist. Nach dem Abtödten wurden Larven und Puppen an einer beliebigen Stelle vorsichtig angeschnitten und 24 Stunden unter mehrfacher Erneuerung der Flüssigkeit deren Einwirkung ausgesetzt, um ihr vollständiges Eindringen in alle Theile der relativ großen Objekte zu sichern. Nach 24stündigem Auswaschen in 63 %/,igem Alkohol mit Jod wurde der. Darm möglichst mit allen umgebenden A 1 1 ee An Me ai a ud So 0 u De A ca ZU au u DE ai; S ’ Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 117 Theilen herausgelöst. Die Schnitte wurden mit Alaunkarmin, Borax- karmin und Hämatoxylin gefärbt. Für die Totalpräparate zum Stu- dium der Mundwerkzeuge wurde Alaunkarmin benutzt. Die Aufhellung geschah durch Nelkenöl. Entwicklung der Mundwerkzeuge. Die Kopfgliedmaßen des Hydrophilus stellen in ihren ersten Anlagen, die schon auf einem relativ frühen Entwicklungsstadium erscheinen, vier kleine Höcker jederseits der ventralen Medianlinie dar, die Anfangs kaum irgend welche Verschiedenheit erkennen lassen. Bald aber ist die Entwicklung so weit vorgeschritten, dass der Unter- schied zwischen den einzelnen Gliedmaßen augenfällig genug wird, um eine schon durch ihre wechselseitige Lage in zwei Längsreihen ausgeschlossene Verwechselung während der ganzen Folge der Ent- wicklung unmöglich zu machen. Auf diesem frühen Stadium liegen die Antennen (Fig. 1a) mit ihrer Basis noch deutlich hinter der kreisförmigen Mundöffnung (Fig. 1 o), die von dem vorderen Pol des embryonalen Körpers, an dem sie später ihre definitive Stellung er- hält, noch ziemlich weit entfernt ist. Die Antennenanlage ist hier einfach und eine Differenzirung in mehrere Glieder noch nicht durch- geführt, wenn auch durch den Unterschied in der Ausbildung der distalen schmalen und proximalen breiten Hälfte schon angedeutet. Was die ursprüngliche Lage der Antennen hinter der Mundöffnung betrifft, so ist sie nicht gleich richtig erkannt worden. KOWALEWSKY (71) verlegt ihren Ursprung vor den Mund, wogegen GRABER (90) Ein- spruch erhebt unter Hinweis auf die Befunde PArTEx’s (85) an Acilius. HEIDER (89) giebt, freilich nicht ganz in Übereinstimmung mit seinen Figuren, auf denen die Antennenanlagen neben dem Munde darge- stellt sind, an, dass die Fühler hinter dem Munde stehen. Unter, d. h. analwärts von den Antennen und gleich diesen schräg nach hinten und der Medianlinie konvergirend, liegen die Mandibeln (Fig. 1 nd), an denen ein kleinerer vorderer und ein größerer hin- terer Lappen unterschieden werden kann. Während ersterer schwach zugespitzt ist, erscheint der größere gerundet. Das auf die Man- dibeln folgende erste Maxillenpaar (Fig. 1 mz,) zeigt drei deutliche Lappen, von denen die beiden vorderen bei nahezu gleicher Größe schräg nach hinten und der Mittellinie weisen, während der dritte, aus dem, wie wir später sehen werden, die Maxillartaster hervor- sehen, schräg nach hinten und außen liegt. Wenn Hiper (89) 118 Paul Deegener, angiebt, dass die zweiten Maxillen (Fig. 1 mz,) das Bild des ersten Paares en miniature wiederholen, so entspricht dies, genau genom- men, den Thatsachen nicht völlig, da schon jetzt die verschiedene Entwicklungsrichtung angedeutet ist, die beide Maxillenpaare ein- schlagen. Einmal ist schon die Richtung zur Längsachse bei dem zweiten Maxillenpaar eine andere, wie bei dem ersten, indem beide - Extremitätenanlagen fast gleichlaufend und nur schwach medianwärts konvergirend erscheinen; ferner liegt ihr Insertionspunkt in gleicher Linie mit den vorderen distalen Zipfeln der ersten Maxille, so dass sie also im Ganzen von vorn herein der Mittellinie schon näher ge- rückt sind, womit ihre spätere Verschmelzung in der Medianlinie zur Bildung des Labiums bereits angedeutet ist; endlich finden wir an der Anlage der zweiten Maxille nur zwei Zipfel, die sich mit solchen der ersten Maxille homologisiren lassen; denn der lange distale Zipfel der zweiten Maxille entspricht nicht, wie man zunächst glauben könnte, dem mittleren, sondern dem hintersten nach außen gerichte- ten Lappen der ersten Maxille, aus dem der Palpus maxillaris her- vorgeht. Dementsprechend liefert das distale Glied der zweiten Maxille den Palpus labialis.. Somit würde der kleine der Mitte zu- sekehrte Lappen der zweiten Maxille den beiden vorderen Lappen der ersten Maxille entsprechen. Wir sehen also schon auf diesem frühen Stadium das zweite Maxillenpaar hinter dem ersten in der Entwicklung zurückbleiben, indem dieser innere Lappen einfach bleibt. Die Antennen, Mandibeln und ersten Maxillen stehen auf diesem Stadium noch etwa in der Mitte zwischen der Mittellinie und den Seitenrändern des Embryos, eine Stellung, die sich mit fortschreiten- der Entwicklung nach zwei Richtungen hin erheblich ändert. Was die schon von HEIDER beschriebene erste Anlage der Ober- lippe (Fig. 1 c2 + Ir) betrifft, so besteht diese in einer unpaaren Verdiekung, die, am vorderen Pol des Embryos gelegen, von der vor ihr befindlichen Anlage des Clypeus durch eine schwache Furche getrennt ist. Der wiederholte Versuch, auch die Oberlippe gleich dem Labium aus zwei ursprünglich getrennten und später verschmol- zenen Gliedmaßen abzuleiten, wie er neuerdings von GIARDINA (99) auf Grund von Untersuchungen an Mantis religiosa gemacht wurde, kann in dem vorliegenden Objekt weder eine Stütze, noch auch eine genügende Widerlegung finden; denn da die Anlage des Labrums von vorn herein unpaar ist, fällt die Hauptvoraussetzung von selbst fort, während diese unpaare Anlage andererseits eben so gut als ein primäres, wie als ein sekundäres Verhalten angesehen werden könnte, Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 119 je nach dem Standpunkt, auf den man sich zu dieser Frage stellt. An einem fünf Stunden älteren Embryo (Fig. 2) ist die Art und Weise der Ortsveränderung, welche die Extremitäten des Kopfes er- fahren, klar ersichtlich. Die Antennen (a) sind einerseits bedeutend nach vorn gerückt, so dass sie jetzt mit ihrer Basis vor der Mund- öffnung liegen, die hier im Übergang von der runden zu der Form eines quersestellten Schlitzes semmelförmig erscheint, und haben sich andererseits dem Seitenrand des Kopfes stark genähert. Zugleich sind die Anfänge einer Gliederung in zwei Theile deutlich zu er- kennen. Die Mandibeln haben dieselbe Bewegung nach vorn und nach der Seite ausgeführt, wenn auch nicht in demselben Maß, wie die Antennen. Bei der Beurtheilung dieses Stellungswechsels kann natürlich nur die Lage ihrer Insertion in Betracht kommen. Wäh- rend diese dem Seitenrand hier mehr genähert erscheint, wie in dem früheren Stadium, sind die distalen Enden durch einen geringeren Zwischenraum medianwärts getrennt, wie es früher der Fall war. Dies hat einmal seinen Grund in dem Wachsthum der Mandibeln und ferner darin, dass sie sich der Querachse des Körpers parallel zu stellen begonnen haben. Statt der beiden Lappen sehen wir jetzt deren drei ausgebildet, da sich der vordere in zwei gespalten hat. Der hintere, der die beiden anderen um mehr als das Doppelte an Länge überragt, geht diesen von nun an im Wachsthum sehr bedeu- tend voraus und liefert das kräftige, sichelförmig gebogene distale Ende der fertigen Mandibel. Vergleichen wir die beiden Maxillenpaare, so finden wir den Unterschied in der Ausbildung hier schon sehr augenfällig geworden. An der ersten Maxille sehen wir bereits alle Theile des ausgebilde- ten Kiefernpaares angelegt. Der basale Theil entspricht der späteren Cardo + Stipes, der distale vordere Lappen dem später als selbstän- diges Glied verloren gehenden Lobus internus. Schräg nach unten und außen gerichtet liegt der dreigliederige Palpus maxillaris, und nach innen und hinten weisend jener mittlere Lappen, der als An- lage des Lobus externus gedeutet werden dürfte, sich aber als solcher bei Hydrophilus nicht erhält, wie später gezeigt werden wird. Die zweiten Maxillen haben außer der angelegten Zweitheilung der Taster und einer geringen Größenzunahme keine nennenswerthen Verände- rungen erlitten. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass sie neben der Bewegung nach vorn auch die nach dem Seitenrand mitgemacht haben, während sie doch im Lauf der Entwicklung in der Median- 120 Paul Deegener, linie mit einander verwachsen. Man gewinnt hierdurch den Eindruck, als folgten sie damit noch der primären Tendenz gemäß ihrer ür- sprünglichen Bestimmung als Kiefern, während erst sekundär die Tendenz zur Vereinigung in der Mittellinie in Kraft tritt. Da vor- läufig eine weitere Differenzirung des proximalen Gliedes der zweiten Maxillen nicht stattfindet, so lässt sich die Homologie mit den ersten Maxillen nur so weit feststellen, dass sich einerseits die Taster ent- sprechen, während andererseits das proximale Ende der zweiten Maxille der ganzen ersten Maxille mit Hinweglassung des Palpus maxillaris gleichwerthig ist. Vergleichen wir das eben beschriebene Stadium mit einem wenige Stunden älteren (Fig. 3), so fallen die Veränderungen an den zweiten Maxillen am meisten ins Auge. Der äußere Lappen des proximalen Stückes der zweiten Maxille hat sich erheblich vergrößert, während der innere nicht im Wachsthum zugenommen hat. Durch dieses zeitweise Stehenbleiben im Wachsthum ist jedoch keineswegs ein sänzlicher Schwund eingeleitet. Vielmehr legen sich bei der Ver- schmelzung der zweiten Maxillen beide Läppchen an einander und ihr Verschmelzungsprodukt liefert diejenige distale Partie des Labiums, durch welche die Basen der Labialtaster breit getrennt sind. Aus ihr geht später ein medianes Zäpfehen hervor, auf das ich an anderer Stelle noch zurückkommen werde. Die Taster der zweiten Maxillen haben sich gegen das frühere Stadium nicht erheblich geändert. Wir sehen jetzt schon die zweiten Maxillen, während sie in der Bewegungsrichtung nach vorn den übrigen Mundtheilen folgen, eine zweite, jenen entgegengesetzte Bewegung ausführen; denn während Mandibeln und erste Maxillen fortfahren, nach vorn und seitwärts zu rücken, wandern die zweiten Maxillen einander in der Richtung nach der Mittellinie entgegen. Neben dem erwähnten Ortswechsel, durch den die Mandibeln den Seitenrand des Embryos schon fast erreicht haben, lassen sich an den Mandibeln und ersten Maxillen nur Wachsthumserseheinungen konstatiren. Der schon auf dem vorhergehenden Stadium drei- sliederige Maxillartaster ist aus der gedrungenen in eine schlankere Form übergegangen und liegt mit seiner distalen Spitze auf der gleichen Querebene mit dem ersten Glied der Labialtaster. Zugleich hebt er sich schärfer von dem Basalstück ab, als es bisher der Fall war. : An den Mandibeln, die mit ihrem vorderen Lappen der nunmehr mondsichelförmigen Mundöffnung schon sehr nahe gerückt sind, und "N en 7 ö Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 121 deren Stellung jetzt fast der Querachse des embryonalen Körpers ent- spricht, hat sich der hintere Lappen stark vergrößert. Die Antennen haben den Vorderrand erreicht. Indem sich die zweiten Maxillen im Fortgang der Entwicklung einander stetig nähern, kommt es schließlich zu einer medianen Ver- einisung beider Glieder (Fig. 4 !d). Zuerst berühren sich ihre am weitesten oralwärts gelegenen Partien, so dass noch kurze Zeit hin- durch eine schwache Trennungslinie von vorn nach hinten verläuft, die sich analwärts wenig verbreitert. Schließlich kommt unter voll- ständigem Verstreichen der Berührungslinie das Labium zu Stande, das, da sich die Taster unverändert erhalten, als Verschmelzungs- produkt der proximalen Hälften der zweiten Maxillen und somit als demselben Theil der ersten Maxillen gleichwerthig angesehen werden muss. Das so entstandene Labium, das, wie wir uns im Folgenden überzeugen werden, als solches, wenn auch in noch weiter veränder- ter Form, sich definitiv erhält, ist zunächst in seiner proximalen Platte noch vollkommen einheitlich, lässt also keine Gliederung erkennen. Das Labium in der eben geschilderten Form wird von MEINERT als das »primäre« bezeichnet, und diese Bezeichnung beruht auf der Voraussetzung, dass das Labium, wie es uns am Ende der Embryonal- entwicklung, also bei der Larve, entgegentritt, mit dem Labium in der früheren Entwicklungsstufe kurz nach seiner Entstehung aus den verschmolzenen zweiten Maxillen nicht identisch sei. Wie wir später noch klar erkennen werden, kann MEMmERT'’s Irrthum nur darin seinen Grund haben, dass in seinem Untersuchungsmaterial eine Lücke war, die eine genaue Beobachtung der Weiterentwicklung des Labiums - nicht zuließ. Alle weiteren Umformungen führen allmählich zu der entwickelten Form des larvalen Labiums und überbrücken die Kluft, die MEINERT zwischen der eben gebildeten und definitiven Unter- lippe erblickte. Auf einem späteren Stadium (Fig. 4) liegt das Labium, beträcht- lich nach vorn gerückt, mit den ersten Maxillen auf etwa gleicher Höhe. Diese zeigen kaum eine nennenswerthe Veränderung, abge- sehen von dem kontinuirlichen Ortswechsel. Die Mandibeln gehen mit ihrem Vorderrand schon direkt in den Seitenrand des Kopfes über. Die Antennen inseriren bereits auf der Dorsalseite und ent- sprechen in ihrer Längsachse der Querachse des Embryos. Wir sehen nun, wie der schon weit vorgeschnittene dorsale Verschluss des Kopfes vollständig wird, und die Mundglieder ihren definitiven Platz allmählich einnehmen mit Ausnahme des Labiums, das bis zum 122 Paul Deegener, Hinterrand der Mundöffnung den weitesten Weg zurückzulegen hat. Auf einem älteren Stadium (Fig. 5) sehen wir das Labium der vom Labrum bedeekten Mundöffnung so nahe gerückt, dass es auf nahezu gleiche Höhe mit den Mandibeln zu liegen kommt. Da der Kopf gewölbt ist, ist der Zwischenraum zwischen der proximalen Kante des Labiums und der Mundöffnung in Wirklichkeit größer, wie es auf der Flächenansicht erscheint. Die Antennen inseriren dorsal, die Mandibeln an dem vorderen Rand des Kopfes, während die Maxillen und das Labium noch der Ventralseite angehören. Die laterale Ein- buchtung der basalen Partie des Labiums hat sich vollständig ver- loren, um einer geringen Vorwölbung Platz zu machen. Dieser Formveränderung liegen rein mechanische Ursachen zu Grunde; denn während das Labium mit seiner basalen Partie den Engpass durch- wandert, der zwischen den inneren Rändern der Maxillen frei bleibt, verkürzt sich seine Querachse so weit, bis der Durchtritt möglich wird, um dann ihre natürliche Ausdehnung wieder zu gewinnen. Da- segen liegt jetzt die distale Partie noch zwischen den Basen der Maxillen und erscheint daher gegen früher erheblich geschmälert. Daher kommt es, dass hier die distale Hälfte des Labiums die proximale an Breite übertrifft, ein den früheren Stadien gegenüber serade umgekehrtes Verhalten. Gleichzeitig tritt oralwärts von der Basis der Labialtaster jederseits eine Einkerbung auf, die eine voll- ständige Gliederung des Labiums in zwei gelenkig verbundene Platten einleiten. | Die Maxillen (Fig. 5 mx,) haben in ihrer proximalen Partie eine wesentlich schlankere Form angenommen, wobei der vordere stumpfe Lappen zu einem konischen Zapfen geworden ist, der als Anlage des Lobus internus gedeutet werden muss, während der neben ihm an der Basis der Taster gelegene Zapfen von gleicher Gestalt der Anlage des Lobus externus entspricht. Nun sehen wir auf einem späteren Stadium (Fig. 6) die bisher dreigliederigen Taster viergliede- rig werden, wobei der letztgenannte Zapfen in die Bildung des basa- len Tastergliedes mit einbezogen wird und als solcher verschwindet. Verfolgen wir die Entwicklung der Maxillen weiter, so sehen wir, wie mit dem Längenwachsthum des proximalen Gliedes auch der als Anlage des Lobus externus gedeutete konische Zapfen mehr und mehr sehwindet, bis er ohne jede Andeutung seiner früheren Existenz verloren geht (Fig. 7): Im dieser Gestalt treten uns die Maxillen zu der Zeit entgegen, wo der Embryo im Begriff steht, das Ei zu ver- lassen. Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 123 Die Mandibeln, die wir am Vorder- und Seitenrand des Kopfes (Fig. 4) angelangt sahen, wachsen in ihrem distalen Theil kontinuir- lich weiter und verschmälern sich gleichzeitig, ohne dass eine Spur von Gliederung bemerkbar wird. In Folge des starken Längen- wachsthums stoßen sie bald in der Mittellinie zusammen, und- nun legst sich die rechte Sichel unter die linke, eine Lage, die bis zum Ausschlüpfen der jungen Larve beibehalten wird. Während sich auch die proximale Partie mehr in die Länge streckt, bleiben die noch relativ großen vorderen Lappen (Fig. 4) im Wachsthum hinter den übrigen Theilen sehr zurück und liefern schließlich die stark ehitinisirten, mehrfach stumpf gezackten Kauflächen (Fig. 8). Die Antennen, die ihre definitive Stellung zuerst erreichen, unter- liegen der geringsten Umformung. Sie sind am Schluss der Embryonal- entwicklung dreigliederig. Wir hatten die Entwicklung des Labiums bis zu dem Zeitpunkt verfolgt, in welchem es dem von MEINERT so genannten primären Labium entspricht, d. h. nur aus einer einheitlichen Platte mit den daran befestigten Labialtastern besteht (Fig. 4 !d). Es erübrigt nun noch, die Umformungen zu besprechen, deren Resultat eine Gestal- tung ist, auf Grund deren MEIErT die Neubildung eines sekundären Labiums unter gleichzeitigem Schwund des primären befürworten zu müssen glaubt. Ich habe schon auf die beginnende Gliederung der das Labium in seiner Hauptmasse darstellenden Platte in zwei hinter einander gelegene Abschnitte hingewiesen. Da nun diese Platte mit Ausnahme der zwischen den Tastern gelegenen Partie der verschmol- zenen gemeinsamen Anlage von Cardo und Stipes entspricht, so haben wir in dem sich abgliedernden basalen Theil (Fig. 6—8 sm) das Ver- schmelzungsprodukt der Cardines zu erblicken und müssen ihn homolog dem gleichen Abschnitt bei den Orthopteren als Submentum bezeichnen. Dass diese Gliederung erst nach stattgehabter Ver- schmelzung der zweiten Maxillen erfolgt, steht der obigen Deutung um so weniger im Wege, als auch bei den freibleibenden ersten Maxillen die Gliederung des basalen Stammes in Cardo und Stipes erst sehr spät stattfindet. Die distale Platte (Fig. 6—-8 m) stellt die verwachsenen Stipites dar und ist demnach dem Mentum der Ortho- pteren homolog. Das Submentum schnürt sich oberhalb der Basis schwach ein und bildet an seinem distalen Ende jederseits einen Vorsprung, der das Mentum umgreift. Indem diese Vorsprünge ein wenig wachsen, zieht sich der zwischen ihnen und der mittleren Partie gelegene Rand basalwärts etwas zurück, und zwischen diesen 124 Paul Deegener, geringen Einbuchtungen liegt die Insertion des an der Basis sich etwas verschmälernden Mentums. Letzteres hat sich nach verschie- denen Richtungen hin ebenfalls verändert. Zugleich mit der Gliede- rung des Labiums in Mentum und Submentum sprosst ein Anfangs nur eine geringe Vorwölbung darstellender Zapfen (Fig. 6—-8) zwi- schen den Labialtastern am distalen Rand des Mentums hervor, der ungegliedert bleibt. Die Labialtaster weichen bald nach dem ersten Auftreten dieses Zäpfehens allmählich immer mehr aus einander, um schließlich ihre definitive Stellung in dem Winkel zu finden, den Seiten- und Hinterrand (beim Embryo), bezw. Seiten- und Vorderrand (bei der Larve) des Mentums bilden. Es fragt sich nun, auf welche Theile der typischen zweiten Maxille sich das distale mediane Zäpf- chen zurückführen lässt. Um dies zu entscheiden, greifen wir auf jenes Stadium (Fig. 3 mx,) zurück, das der Verschmelzung der zwei- ten Maxillen zur Bildung des Labiums. vorausgeht. Ein Vergleich mit den Maxillen des ersten Paares ergiebt, dass sich die einzelnen Theile, wie folgt, entsprechen: Der Taster der zweiten Maxille dem Taster der ersten Maxille; der innere Lappen der zweiten Maxille den beiden inneren Lappen der ersten Maxille, die als Anlagen des Lobus externus und internus angesehen werden müssen. Danach entspricht der innere Lappen der zweiten Maxille entweder der ge- meinsamen Anlage von Lobus externus und internus, die nicht mehr zur Sonderung kommen, oder der des Lobus externus allein unter der Voraussetzung, dass der Lobus internus überhaupt nicht mehr angelegt werde. Eine unbestreitbare Entscheidung beider möglicher Fälle wird kaum zu geben sein. Die übrig bleibende basale Partie der zweiten Maxillen ist homolog derselben Partie der ersten Maxil- len, und also die gemeinsame, noch nicht differenzirte Anlage von Budo und Stipes. Wir haben nun gesehen, dass bei der Verschueae der zwei- ten Maxillen die medianen Zäpfchen diejenige Partie des Labiums darstellen, durch welche die Taster an ihrer Basis breit getrennt werden. Da es nun diese Partie ist, aus der das mediane distale Zäpfchen hervorwächst, so ergiebt sich aus dem oben Gesagten, dass wir in ihm das Verschmelzungsprodukt der gemeinsamen Anlagen von Lobus externus und internus oder auch der beiden Externloben allein wiederfinden. Als solches aber ist er der Glossa der Ortho- pteren durchaus homolog und nicht, wie MEInerr (97) für wahrschein- lich hält, den Spinnwarzen der Lepidopterenlarven und wohl auch dem Hypopharynx der Dipteren. Ba NS Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 125 Damit ist die vollkommene Homologie des Labiums von Hydro- philus als einem Vertreter der Coleopteren mit dem der Orthopteren klar erwiesen. Zugleich wird hiermit Meınerr’s (97) Angabe über die genetische Verschiedenheit des »primären«e und »sekundären« Labiums hinfällig. Gerade zwei der Hauptgründe, mit denen Mer- NERT seine Anschauung zu stützen versucht, dass nämlich das sekun- däre Labium dem primären gegenüber zweitheilig ist und einen mittleren unpaaren Zapfen besitzt, machen es erst möglich, die Homologie des Coleopterenlabiums mit dem der Orthopteren in so hohem Grade deutlich festzustellen, wie es eben darum bei Hydro- philus gelingt. Schließlich ist es noch die definitive Stellung des Labiums gegen- über der Anfangs zu den übrigen Mundgliedmaßen eingenommenen Lage, die MEINERT für seine Anschauung ins Feld führt. Der Wechsel in der Stellung der Kopfgliedmaßen, den wir erst nach dem Freiwerden des Embryos vollendet sehen, beruht auf ziem- lich komplieirten Bewegungserscheinungen, die genauer zu betrachten schon desshalb von Interesse ist, weil mit ihnen andere Bildungen des Kopfes, z. B. die des Hypopharynx, in ursächlichem Zusammen- hang stehen. Wir sehen die Kopfgliedmaßen mit Ausnahme des Labiums vier verschiedene Bewegungen ausführen. Erstens rücken sie nach vorn, zweitens nach der Seite des Kopfes. Aus beiden Bewegungen resul- tirt eine Ortsveränderung in der Richtung nach vorn und dem Seiten- rand. Die dritte Bewegung besteht in einer horizontalen Drehung, in Folge deren sich die Anfangs parallel zur Längsachse gelegenen Gliedmaßen senkrecht zu dieser ursprünglichen Lage stellen. Die vierte Bewegung endlich erfolgt in dem Augenblick, wo der Embryo das Ei verlässt, und besteht darin, dass die Extremitäten unter einer halben Drehung nach vorn umgeklappt werden, wodurch ihr bis- heriger Hinterrand zum Vorderrand wird und umgekehrt. Sehen wir einmal alle Mundtheile oralwärts wandern und die Mundöffnung sich dem vorderen Körperpol nähern, so muss die Zellen- proliferation in der hinter den zweiten Maxillen gelegenen Partie der ventralen Wand am stärksten sein. Hiermit soll natürlich nicht ge- sagt sein, dass die Zellenvermehrung, also das Wachsthum, in allen übrigen Theilen vollkommen aufgehört habe, was allerdings für die älteren Stadien Gültigkeit hat. Indem nun ein Theil des Anfangs ventral gelegenen Zellenstratums allmählich auf die Dorsalseite hin- überrückt, gewissermaßen von hinten her geschoben, und den dorsalen 126 Paul Deegener, Verschluss der Mitte der Kopfwand bildet, folgen alle Mundtheile dieser Bewegung. So lässt sich die Bildung des Labrums mecha- nisch erklären; denn indem das dorsalwärts rückende Zellenmaterial an den in der dorsalen Mittellinie vereinigten Kopflappen einen Widerstand findet, kommt es zur Bildung einer Falte im Bereich der früher erwähnten Anlage des Labrums, welche nun als definitive Oberlippe die Mundöffnung von oben her bedeckt. Gleichzeitig findet ein Wachsthum der ventralen Wand in die Breite statt, das wahr- scheinlich durch den nach vorn gerichteten Druck bedingt wird, der eine Verschmälerung der Sternite unter gleichzeitiger Verlängerung der Querachse zur Folge hat, durch die der schließliche dorsolaterale Verschluss des Kopfes bewirkt wird. Eine von dem sie tragenden Zellenstratum unabhängige Bewegung der Mundtheile nach den genannten beiden Richtungen hin, lässt sich nicht annehmen. Abgesehen davon, dass der Modus einer solchen Bewegung keineswegs klar wäre, spricht auch die gleichmäßige Be- wesung aller Kopfgliedmaßen (auf jüngeren Stadien mit Einschluss der zweiten Maxillen) gegen eine solche Annahme. Die Entfernung aller Mundgliedmaßen von einander ‚bleibt nämlich für eine ideale Längsachse konstant, wenn sie sich auch scheinbar einander nähern. Diese Annäherung ist jedoch nicht stärker, als sich durch die progres- sive Verbreiterung der basalen Partien der Extremitäten erklären lässt. Nun scheint sich aus dem Gesagten die Bewegung der zweiten Maxillen und des Labiums nicht erklären zu lassen. Indessen ist auch hier ein Wandern der Appendices unabhängig von dem Zellen- stratum, dem sie angehören, nicht anzunehmen. Wir sahen früher, wie die zweiten Maxillen auf den jüngsten Stadien dieselbe Bewe- gung nach vorn und lateralwärts ausführen, welche die übrigen Mund- theile bis zu ihrer definitiven Stellung fortsetzen. Es ist nun auf- fällig, dass gleichzeitig mit dem Auftreten der von HEIDER (89) beschriebenen vorderen und hinteren Tentoriumanlage die zweiten Maxillen einander medianwärts nähern. Zugleich sehen wir ihre Basen stark nach vorn rücken. Wenn wir beachten, dass die ekto- dermalen Tentoriumeinstülpungen einen Theil des vorhandenen Zellen- materials in Anspruch nehmen, so resultirt aus dieser Erscheinung ein beschleunigtes Vorrücken der hinteren Zellenpartie, der die zweiten Maxillen mit ihren Basen angehören. Da die Seitwärtsbewegung, durch nichts beschleunigt, mit der vermehrten Vorwärtsbewegung nicht Schritt hält, so müssen die zweiten Maxillen, der intensiveren Bewegung folgend, bald auf die ersten Maxillen stoßen. Weil diese L k E i Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 127 aber in ihrer ganzen Ausdehnung dem Embryo fest aufliegen, setzen sie den vorrückenden zweiten Maxillen einen Widerstand entgegen, und der einzige Weg, der diesen frei bleibt, führt dureh die Mitte, die zwischen den ersten Maxillen frei bleibt. Indem nun der äußere Lappen der zweiten Maxillen um den an der Basis der Maxillartaster selegenen Zapfen (Anlage des Lobus externus) herumrückt, müssen die Basen in der Mittellinie zusammentreffen, und wir sehen, dass in der That die Verwachsung der zweiten Maxillen an deren Basis beginnt, während ihre freien Enden sich erst allmählich an einander legen und verschmelzen. Schließlich ist noch die Bewegung der Antennen zu erklären, die, hinter der Mundöffnung angelegt, später vor diese zu stehen kommen. Sicher hängt dies Verhalten mit der Bildung der Ober- lippe zusammen; denn wenn deren Entstehung als Falte früher aus dem Widerstand abgeleitet wurde, den das nach vorn und dorsal- wärts herüberrückende Zellenstratum mit dem vorderen, bezw. hin- teren Rand des Clypeus an den median vereinigten Kopflappen findet, so ergiebt sich daraus eine frühere Sistirung der Vorwärts- bewegung in der medianen Partie, in der die Mundöffnung liegt, als in den lateralen Theilen, denen die Antennen angehören. Während also die lateralen Partien ungehemmt vorwärts rücken, ist der Weg, den sie in derselben Zeit zurücklegen, weiter als in der medianen Partie. So müssen die Antennen die Mundöffnung überholen, noch bevor letztere ihre definitive Lage erreicht hat, was erst dadurch möglich wird, dass die Oberlippe eine Falte bildet. Diese Falten- bildung eben erfordert einen größeren Aufwand von Druckkraft, die nur unter gleichzeitiger Verlangsamung der Bewegung nach vorn ge- wonnen werden kann. Es fragt sich nun, ob die dritte Bewegung, durch die sich die Längsachsen der Kopfgliedmaßen parallel zu der von rechts nach links laufenden Achse des Kopfes stellen, sich mit den bisher be- sprochenen Bewegungen in Zusammenhang bringen lassen. Wir er- kennen aus der Betrachtung eines ganz jungen Embryos (Fig. 1), dass die Entfernung aller Kopfgliedmaßen vom Vorderrand des Kopfes srößer ist als die vom Seitenrand. Soll nun das Ergebnis beider Bewegungen die Richtung nach den beiden Punkten des Kopfes haben, in denen Vorder- und Seitenrand in einander übergehen, so muss die Vorwärtsbewegung jene nach den Seiten gerichtete etwas über- treffen. Dadurch wird ein überwiegender Zug auf die nach innen gelegenen Punkte der Insertionslinie ausgeübt, die eben die Rich- 128 Paul Deegener, tungsveränderung der Längsachsen in dem genannten Sinn zur Folge haben muss. Dass übrigens die ersten Maxillen hiervon eine Aus- nahme machen, hat darin seinen Grund, dass für sie das zwischen ihnen gelegene Labium eine solche Drehung unmöglich macht. Die letzte Bewegung endlich ergiebt sich daraus, dass am Schluss der Embryonalentwicklung die Mundgliedmaßen am vorderen Körper- pol angelangt sind. Indem dadurch die Insertionsfläche mit der Querebene des Kopfes zusammenfällt, stellt sich das Glied parallel der Frontalebene ein. Die definitive Stellung der Mundgliedmaßen lässt diejenige Reihenfolge erkennen, die SavıenY aufgestellt hat auf Grund morpho- logischer Studien. In derselben Reihenfolge werden sie auch in der Embryonalentwicklung angelegt. Dagegen tritt MEINERT mit folgen- den Gründen auf: Das Labium entspricht nicht den verschmolzenen zweiten Maxillen, sondern wird nach deren Rückbildung am Inter- calarsegment neu angelegt. Da nun das Intercalarsegment vor dem Mandibularsesment liegt, so ist das Labium als erste Mundextremität zu zählen. Diese Einwürfe MEINERT’s sind zum Theil bereits früher widerlegt worden. Ich habe hier nur noch auf die definitive Stel- lung des Labiums näher einzugehen und kann mich dabei auf die Wiederholung dessen beschränken, was ich bereits an anderer Stelle gesagt habe. Nachdem die Mandibeln und Maxillen ihren definitiven Platz neben der Mundöffnung erreicht haben, stehen die Mandibeln etwas auswärts von und vor den Maxillen. Da die Sternite der Kopfmetamere hinter der Mundöffnung dicht gedrängt liegen und nicht weiter vorrücken können, ist auch das hinter ihnen gelegene Labium verhindert, seine Stellung unmittelbar am Hinterrand des Mundes einzunehmen. Nun wird es durch das Wachsthum der hinter ihm gelegenen Partien der ventralen Kopfwand beständig nach vorn sedrängt, wobei die Sternite, dem Druck nachgebend, unter Bildung einer Falte nach unten ausweichen. Durch diese Thatsache wird die von HEymons (95) zuerst nachgewiesene Abstammung des Hypo- pharynx (Fig. 8 7), der mit dieser Falte identisch ist, von den Ster- niten der Metamere der Mundgliedmaßen durchaus bestätigt. Gegen MEINERT nun ergiebt sich daraus, dass dem Labium nicht die erste, sondern die letzte Stelle unter den Mundgliedmaßen angewiesen wer- den muss, eine Stellung, die sich übrigens aus der Betrachtung der Larvenmundtheile schon von selbst ergiebt. Das Beweisendste für MEINERT’s Anschauung wäre die gleichzeitige Existenz zweier Labien gewesen, von der ich nicht die geringste Spur habe auffinden können. Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 129 Vergleichsthiere. Außer der normalen Larvenform von Hydrophilus, deren Ent- wicklung dem vorliegenden Theil meiner Arbeit zu Grunde gelegt ist, fand ich noch eine zweite, von jener verschiedene Larve vor, die sich aus Eiern entwickelte, welche nur die halbe Größe der nor- malen Eier erreichen. Anfangs als ich beide Eiformen in einem Kokon fand, der im Freien gebaut worden war, glaubte ich annehmen zu müssen, dass nicht alle Eier von derselben Mutter stammen könn- ten, um so mehr, als die verschiedenen Eier nicht nur der Größe nach, sondern auch sonst wesentlich verschiedene Larven ergaben. Aber ich konnte an der Fähigkeit eines Hydrophilus-Weibchens, ver- schiedene Formen von Nachkommen zu erzeugen, nicht länger zwei- feln, als ein im Aquarium isolirt gehaltenes Weibchen beide Eiformen produeirte, die in dem Kokon so angeordnet waren, dass sich die sroßen normalen Eier als die zuerst, die kleinen als die zuletzt ge- legten erwiesen. Da es sich um eine Differenz beider Geschlechter nicht handelte, so glaube ich in der kleinen eine Degenerationsform erblicken zu müssen, die vielleicht als Folge einer Erschöpfung des Weibehens oder aus anderen anormalen Verhältnissen zu erklären ist. An eine Kreuzung mit den sehr viel kleineren Verwandten des Hydro- philus kann ich nur schwer glauben. Leider gelang es mir trotz sorgfältiger Pflege nicht, die kleinen Larven groß zu ziehen. Sie nahmen keine Nahrung auf und gingen daher nach wenigen Tagen ein. Das beschränkte Material dieser abnormen Form habe ich ver- gleichsweise zum Studium der Entwicklung der Mundwerkzeuge be- nutzt. Leider erwies es sich als nicht zureichend zur Untersuchung der gesammten Embryonalentwicklung. Die Ergebnisse waren folgende: Alle Kopfsliedmaßen mit Einschluss der Antennen legen sich hinter der Mundöffnung an, um dann, nach vorn und nach der Seite rückend, ihre definitive Stellung einzunehmen. Schon auf einem ziemlich frühen Stadium (Fig. 9), wenn die zweiten Maxillen noch nicht zur Formirung des Labiums zusammen- setreten sind, werden die Unterschiede zwischen den normalen und anormalen Embryonen deutlich. Erstere soll der Kürze halber als Form I, letztere als Form II bezeichnet werden. Wir finden ab- weichend von I bei II die Oberlippe (Fig. 9 Zr) deutlich zweitheilig, was sich durch einen nach hinten gerichteten Kerb ausspricht, der sich ziemlich lange erhält und erst spät verschwindet. Die Antennen und Mandibeln stellen langgestreckte Anlagen dar, die aber durchaus Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bad. 9 130 Paul Deegener, ungegliedert sind. An den ersten Maxillen sind bereits Lobus exter- nus und internus, sowie der Palpus als gesonderte Anlagen deutlich zu erkennen. Während bei I die Anlagen des Lobus externus und internus im Lauf der Entwicklung verschwinden, bleiben sie hier deutlich erhalten und finden sich bei der Larve wieder. Der Stipes nimmt eine stark verbreiterte Form an, und so kommt schließlich die typische Maxille (Fig. 10 mz,) zur Vollendung, die bei I ein ganz anderes, tasterartiges Aussehen gewinnt. Da der Lobus externus hier nicht zur Bildung des basalen Tastergliedes verwendet wird, sondern sich als solcher erhält, ist auch der Palpus maxillaris bei der anor- malen Form im Gegensatz zu I nur dreigliederig. Wir fanden bei der Besprechung der normalen Form, dass die ersten Maxillen eine weitgehende Reduktion ihrer Gliederung erfuhren, während die zwei- ten Maxillen, nachdem sie das Labium gebildet haben, eine weitere Gliederung in höherem Grade erkennen ließen, als sich mit Rück- sicht auf ihre Verschmelzung von vorn herein annehmen ließ. Die kleine Form zeigt nun gerade das umgekehrte Verhalten. Während die ersten Maxillen alle Theile des typischen zweiten Kiefernpaares erkennen lassen, ist dem fertigen Labium seine Abstammung von den zweiten Maxillen nicht mehr ohne Weiteres anzusehen. Die zweiten Maxillen, deren Taster schon zwei Glieder auf- weisen, während der Taster der ersten Maxillen noch eingliederig ist (Fig. 9), stellen in ihrer basalen Partie eine Anlage dar, die eine Beziehung zu weiteren Differenzirungen der Form nach nicht er- kennen lässt. Wenn wir auch der Lage nach ungefähr angeben könnten, wo Cardo, Stipes, Lobus externus und internus sich im ge- sebenen Fall entwickeln würden, so kann man doch von einer An- lage der genannten Glieder im Einzelnen überhaupt nicht mehr sprechen, während dies bei Form I mit geringer Einschränkung sehr gut möglich war. Die Bildung des Labiums erfolgt hier in genau derselben Weise, wie sie für die normale Form beschrieben wurde. Auch hier werden die zweiten Maxillen beim Vorwärtsrücken ge- zwungen, den Engpass zwischen den inneren Rändern der ersten Maxillen zu durchwandern, wobei sie sich in der Medianlinie bis zum Verschmelzen einander nähern. Wenn wir nun auch von einer Anlage des Lobus externus und internus nicht mehr sprechen können, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass der später zwischen den Labialtastern hervorwachsende unpaare Zapfen (Fig. 10 2), der hier eine bedeutende Länge erreicht, in demselben Sinn zu deuten ist, wie das gleiche Gebilde bei den normalen Larven; denn auch hier Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 131 entspricht die Partie zwischen den Tastern, allerdings nur in der Gegend ihrer vor dem Auftreten des Zäpfehens median gelegenen Einkerbung (Fig. 9a, lb), der Stelle, an der wir die Anlage der Loben zu suchen hätten. Es ist merkwürdig, dass das Labium trotz seiner relativ bedeutenden Längenausdehnung keine Gliederung er- fährt. Die Hauptmasse bleibt durchaus einheitlich und ist als solche der Cardo + Stipes der ersten Maxillen homolog. Denkt man sich (in Fig. 10) die ersten Maxillen in derselben Weise zusammengelest, wie die zweiten, so ist aus dem so entstandenen Bild leicht ersicht- lich, wie die definitive Form des Labiums zu Stande gekommen ist, die sich namentlich auch durch die seitliche Insertion der Taster von dem Labium der normalen Form unterscheidet. Obgleich also eine Gliederung des Labiums in Mentum und Submentum hier nicht vor- liest, lässt sich seine Homologie mit den Maxillen zur Genüge fest- stellen. Hieraus und aus dem Umstand, dass sich das zuerst ange- legte Labium allmählich zu der definitiven Form umbildet, ohne dass sich ein neues Labium unter Reduktion des ursprünglichen anlegt, erweist sich auch dies Objekt nicht als Stütze für die MEINErRT’sche Hypothese. Bemerkt sei ferner noch, dass die Mundöffnung ihre ursprüngliche Lage beibehält, und dass es zu einer Abkniekung der Längsachse des Kopfes gegen die Körperlängsachse kommt, wobei der Kopf mit dem Thorax einen spitzen Winkel bildet. Daher ist der Weg der Mundgliedmaßen zum Hinterrand des Mundes sehr viel kürzer als bei der normalen Form, d. h. die Sternite der Kopfgliedmaßen sind schmaler und stoßen beim Vorwärtsrücken unter gleichzeitiger Re- duktion früher auf die Mundöffnung. Daraus erklärt sich die sehr geringe rudimentäre Entwicklung des Hypopharynx gegenüber der normalen Form. Es ist klar, dass bei der abgeknickten Lage des Kopfes dessen Gliedmaßen beim Ausschlüpfen aus dem Ei sich nieht nach vorn umschlagen können, da sie schon beim Embryo in der Frontalebene liegen. Weil aber die Larve orthognath ist, der Embryo jedoch hypognath, klappt sich der ganze Kopf unter halber Drehung nach oben und vorn. Dabei bleibt jedoch, eben so wie wir es bei Dytiscus sehen werden, bei der jungen Larve der Kopf stets etwas nach unten geneigt, während er sich bei der normalen Hydrophilus- Larve derart nach oben wendet, dass er wie verrenkt erscheint. Dytiseus. Bei Dytiseus finden sich ganz ähnliche Verhältnisse hinsichtlich der Stellung des Kopfes, wie bei der eben beschriebenen Form von Hydrophilus, d. h. der. ältere Embryo ist hypognath, wäh- I 132 Paul Deegener, rend die junge Larve orthognath wird durch die oben besprochene halbe Drehung des Kopfes, der stets unter Bildung eines stumpfen Winkels nach unten geneigt bleibt. Wir finden ferner, dass auch hier die Mundöffnung nicht nach vorn im Sinn des Embryos rückt, sondern mehr und mehr sich nach hinten verschiebt, also schließlich am Vorderrand des Kopfes zu liegen kommt, der beim älteren Em- bryo (Fig. 15) nach hinten gerichtet ist. Die Kopfgliedmaßen wer- den hinter der Mundöffnung angelegt, die sehr früh von der Anfangs an ihrem Hinterrand gespaltenen Oberlippe bedeckt wird. Wir sehen, dass der Zwischenraum, der die Mundgliedmaßen von dem Munde trennt, relativ gering ist gegenüber dem Abstand vom Seitenrand des Kopfes. Da nun die einzelnen Glieder dicht hinter einander stehen, sind auch die Sternite, denen sie anhängen, sehr schmal und erfahren, bevor das Labium an seine definitive Stelle rückt, eine zu weitgehende Reduktion, um genügendes Material für den Hypopharynx abzugeben, der daher der Larve vollständig fehlt. Wir sehen auch hier die Mundgliedmaßen ihre ursprüngliche Reihenfolge beibehalten, wenn auch die Mandibeln schließlich nach außen und seitwärts von den ersten Maxillen zu stehen kommen (Fig. 13 u. 14). Die ersten Maxillen zeigen ein ganz ähnliches Verhalten, wie bei Hydrophilus, indem sie tasterförmig werden. Zu der Zeit, wo das Labium noch nicht ge- bildet ist (Fig. 12), finden wir dem Palpus maxillaris an seiner Basis zwei kleine innere Läppchen anhängen, die als Lobus externus und internus gedeutet werden können. Im weiteren Verlauf der Entwick- lung wird der Taster viergliederig, indem die Anlage des Lobus ex- ternus zur Bildung des basalen Tastergliedes verwendet wird. Ein anderes Schicksal hat die Anlage des Lobus internus. Er streckt sich unter Annahme einer schlankeren Gestalt etwas in die Länge und erhält sich bei der Larve (Fig. 13 u. 14 mx,) als ein kleiner An- hang des distalen Endes des Stipes an der Innenseite zwischen diesem und dem ersten Tasterglied. Dieser Anhang ist also als Rudiment des Lobus internus anzusehen. Besonderes Interesse bietet das Labium dar, weil ihm in seinem Bau alle die Charaktere fehlen, die nach Meıserr das definitive oder »sekundäre« Labium von dem primären unterscheiden. Hätte MEINERT dieses Objekt zuerst seinen For- schungen zu Grunde gelegt, so wäre er wohl kaum darauf gekom- men, dass unter Schwund des zuerst gebildeten das defmitive Labium als etwas Neues sich anlege. Indessen spricht er auch für Dytiscus diese Vermuthung aus, wenn auch sein Material in keiner Weise eine sichere Beurtheilung zulässt. Die zweiten Maxillen treten zur Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 133 Bildung des Labiums (Fig. 13 /d) zusammen, das nur ganz unwesent- liche Umformungen zu erleiden hat. Nur die zweigliederigen Taster erreichen eine bedeutende Länge und inseriren an den Seiten des Labiums (Fig. 14 Ib), das an seinem distalen Rand konkav ist, also durchaus keinen Zapfen besitzt, wie ihn Merwerr als Neuerwerbung des sekundären Labiums ansieht. Auch eine Gliederung in Mentum und Submentum erfolgt nicht. Natürlich rückt auch hier das zuerst angeleste Labium an den Hinterrand der Mundöffnung. Danach giebt das Verhalten der Unterlippe auch bei Dytiscus nicht den geringsten Anhalt zu MEInErT’s Gunsten. Wir können also das Resultat vorliegender Untersuchungen dahin zusammenfassen, dass bei den Coleopteren die Reihenfolge der Mund- werkzeuge genau so besteht, wie bei den Orthopteren, und wie sie SAVIGNY zuerst festgestellt hat, dass ferner das Labium der Coleo- pteren dem der Orthopteren vollkommen homolog ist und nicht als Appendix des Intercalarsegments ein neues, dem der Orthopteren nicht homologes Labium angelegt wird. Es ist demnach die Kluft zwischen den heteromorphen und homomorphen Insekten nicht so sroß, wie MEINERT annimmt. Entwicklung des Darmkanals. Wie Eingangs schon erwähnt wurde, liegen bisher hinsichtlich der Genese des Mitteldarmepithels bei den Insekten drei verschiedene Ansichten vor, während die ektodermale Herkunft des Vorder- und Enddarmes von allen Forschern übereinstimmend anerkannt wird. Aus den Dotterschollen entsteht das Mitteldarmepithel nach DouRrN (66), P. Mayer (76), BoBRETZRY (78), BALFOUR (80), HerTwIe (81), PATTEN (84), Ayers (84), WILL (88), TicHoMmIRowA (90, 92). Dagegen nehmen HATScHER (77), Grassı (84), KOROTNEFF (85), HEIDER (89), KowALEwsKYy (71), NusßAum (88), CHOLODKOWwSKY (91), WHEELER (89) und RıTTer (90) für das Darmdrüsenblatt mesodermalen Ursprung an, für dessen ektodermale Herkunft endlich Gantn (74), WıirLAczıu (84), VoELTzkow (89), Heymons (95), LecAILLon (98), RABITo (98) und SCHWARTZE (99) eintreten. TicHoMIRoFF (79, 82) beobachtete die bei- den ersten, GRABER (88, 89, 90, 91) alle drei Entstehungsarten. Da die Ergebnisse der genannten Forscher im Einzelnen schon einer vergleichenden Betrachtung in der Litteratur mehrfach unterzogen worden sind, will ich nur kurz auf die Angaben eingehen, die über die Bildung des Mitteldarmes der Coleopteren gemacht worden sind. 134 Paul Deegener, KowaALEwsky (71), der zuerst bei Hydrophilus die Genese des Mitteldarmes studirte, fand, dass dessen Epithel aus einer dem Dotter dicht anliegenden Schicht von Mesodermzellen entstehe, die als zwei vom End- und Vorderdarm ausgehende Streifen den Dotter umfassen. Ganz ähnliche Verhältnisse konstatirte NusBAUMm (85) bei Melo@ö, wo aus dem »Entoderm«, das die Gestalt zweier mächtiger Seitenstränge besitze, sowohl das Darmmuskelblatt als auch das Darmepithel her- vorgehe. Auch HEIDER (89) schreibt dem Mitteldarm noch mesoder- male Herkunft zu. Das Prokto- und Stomodäum keilen sich der Art in die unterliegende Mesodermmasse ein, dass ein Theil der Meso- dermzellen mit dem Ektoderm fest verschmilzt. In der so entstan- denen vorderen und hinteren uhrglasförmigen Anlage, deren Zellen eine nur schwer erkennbare Differenzirung gegenüber dem Ektoderm aufweisen, findet HEIDER (89) den Ursprung des Mitteldarmepithels. Gegen diese Auffassung HEIDERr’s (89) glaubt GRABER (90) Einspruch erheben zu müssen. Nachdem er die Angaben der übrigen Forscher im Vergleich mit seinen eigenen Ergebnissen einer eingehenden Be- sprechung unterzogen hat, sagt er schließlich: »Bei Berücksichtigung aller dieser fremden und eigenen Beobachtungen ist es nun wohl nicht sehr wahrscheinlich, dass die lateralen Drüsenblattstreifen bei Hydrophilus nach HEIver’s zum Theil allerdings nur vermuthungs- weise hingestellten Anschauungen wenigstens zum Theil aus der inneren Leibeswandschicht, d. i. der paralecithalen Schicht hervor- sehen sollen.«e Später (91) spricht er sich dann positiv dahin aus, dass »die Elemente der beiden Entodermanlagen eine völlige Über- einstimmung sowohl mit den prokto-, als auch den stomodäalen Epithelzellen zeigen, während sie sich ... schon frühzeitig sehr wesentlich von den Mesodermzellen unterscheiden«. Auch ich kann mich mit KowArLewsky’s (71) und HEIDEr’s (89) Darstellung nicht einverstanden erklären und stimme vielmehr mit VOELTZKOW (89) und L&cAILLon (98) überein. Beide Forscher finden, dass bei Melolontha bezw. einer Anzahl untersuchter Chrysomeliden der Ursprung des Mitteldarmepithels in zwei vorderen und zwei hin- teren, vom Vorder- bezw. vom Enddarm auswachsenden ventrolate- ralen ektodermalen Lamellen zu suchen ist, die durch ihre Vereini- gung in der Mitte, sowie in der ventralen und später in der dorsalen Medianlinie das Mitteldarmrohr entstehen lassen. Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 135 Vorderdarm und vordere Mitteldarmanlage. Etwa zu derselben Zeit, in welcher an dem Keimstreif die Ex- tremitätenanlagen hervorzusprossen beginnen, tritt eine Anfangs seichte und allmählich sich vertiefende Einstülpung des Ektoderms (Fig. 15 st) an dem hinteren Ende derjenigen Verdickung auf, die wir mit HEI- DER (89) als gemeinsame Anlage von Clypeus und Labrum (Fig. 15 /br) bezeichnen wollen. Diese erste Anlage des Stomodäums, die durch- aus der Ventralseite angehört, hat die Richtung nach der späteren Rückenseite des Embryos und nach hinten. Da nun das Mesoderm (Fig. 15 mb) mit seinen mehr oder minder lose an einander gereihten Zellen dem Ektoderm dicht aufliegt, ohne jedoch mit diesem eine gemeinsame Zellenmasse zu bilden, so schiebt die Vorderdarmeinstül- pung die in ihren Bereich fallenden Zellen des unteren Blattes eine Zeit lang vor sich her, ohne dass jedoch deren Kontinuität erheblich gestört würde. Durch den Widerstand, den der Dotter dem vor- rückenden Fundus des Stomodäums mit seiner ihm wie eine Kalotte aufsitzenden Mesodermbekleidung entgegenstellt, wird diese dem Ende des Stomodäums fest angedrückt. So ist das wichtige Stadium (Fig. 15) erreicht, von dessen genauer Betrachtung die Entscheidung abhängt, ob das Mitteldarmepithel sich von dem Mesoderm oder dem Ektoderm ableitet. Zu der ersteren Auffassung ist HEIDER, wie ich glaube, dadurch gelangt, dass er sich zu sehr auf das Studium von Quer- schnitten verlegte, die, wie ich mich selbst überzeugen konnte, keine sichere Deutung möglich machen oder sie doch sehr erschweren. Aber auch bei den Sagittalschnitten bedarf es einer gesteigerten Auf- merksamkeit, um die Grenze zu erkennen, die trotz der innigen Anlagerung zwischen Ektodermeinstülpung und Mesodermbekleidung stets noch mit hinreichender Deutlichkeit aufzufinden ist. Der augen- fälligste Unterschied zwischen dem Ektoderm und Mesoderm besteht darin, dass letzteres ein mehr oder minder lockeres Gefüge zeigt, während das erstere, dessen in dicht geschlossenen, deutlich nach außen und innen abgegrenzten Zellenreihen angeordneten Elemente ein einheitliches Band darstellt, auch durch die Form seiner Kerne unschwer zu erkennen ist. Die Ektodermkerne sind ziemlich lang sestreekt und stärker färbbar als die rundlichen Mesodermkerne. Ist nun auf dem beschriebenen Stadium eine Verwechslung beider Zellen- arten nicht möglich, so fragt es sich doch, ob nicht in späterer Zeit die Mesodermzellen am Fundus der Stomodäumeinstülpung sich in ihrer Form durch allmähliche Differenzirung der Gestalt des Ektoderms 136 Paul Deegener, so weit nähern, dass eine Unterscheidung nicht mehr möglich wird. Ich vermochte eine dahin gehende Differenzirung riemals zu beob- achten, vielmehr behalten die Mesodermzellen ihre ursprüngliche Ge- stalt sehr lange unverändert bei, so weit sie in Beziehungen zur Bildung des Darmes stehen. Verfolgen wir nun die Entwicklung des Stomodäums weiter, so sehen wir, wie dessen Mesodermbekleidung in Folge des weiteren Wachsthums der Einstülpung zwischen deren hinterer Wand und dem Dotter nach allen Seiten hin centrifugal ausweicht, bis nur noch die Seitenwände der ektodermalen Einstül- pung von einem Mesodermeylinder bekleidet werden, dessen vordere Wand bedeutend mächtiger entwickelt ist wie die hintere. Zugleich flacht sich durch den Gegendruck des Dotters die hintere Wand des Stomodäums (Fig. 16 sz) immer mehr ab, bis es zum Durchbruch einer Öffnung kommt, gegen die der Dotter frei vorliegt. Eine vor- dere Grenzlamelle, wie sie für viele Insekten beschrieben wurde, fehlt also bei Hydrophilus zunächst. Wir werden später sehen, dass ihre Existenz nicht während der ganzen Embryonalentwicklung ge- leugnet werden kann. Noch bevor es zum Durchbruch der Öffnung kommt, beginnt der Mitteldarm sich anzulegen (Fig. 16 vZ). Wir finden an Sagittalschnitten zwei zunächst noch wenige Zellen um- fassende Lamellen rechts und links von der ventralen Medianlinie direkt aus dem Ektoderm der Proctodäumeinstülpung auswachsen, die eine einschichtige Lage etwas abgeflachter Epithelzellen darstel- len. Eine ganz ähnliche Bildung sehen wir an der Dorsalseite auf- treten; nur handelt es sich hier nicht um zwei Lamellen, sondern um einen halbkreisförmigen Wall (Fig. 16 rw), dessen Kerne parallel zu seiner Oberfläche stehen. Dieser Wall, der gleich den Lamellen dem Dotter eng anliegt, ist nur eine vorübergehende Bildung, die sich aus dem Gegendruck des Dotters erklären lässt. Ganz ähnliche Verhältnisse wurden von SCHWARTZE (99) bei den Lepidopteren ge- funden. Während die Anlagen des Mitteldarmes nun kontinuirlich und ohne Betheiligung von Mesodermzellen weiter nach hinten vor- dringen, nehmen sie zugleich an ihrer Basis an Breite zu und wer- den mehrschichtig, d. h. es treten mehrere über einander zelegene Kerne auf. Schließlich berühren sich die Basen der Lamellen und verschmelzen in der ventralen Medianlinie. Ein Sagittalschnitt in der Mittelebene (Fig. 17 »Z) zeigt die mittlere Wand des so entstan- denen Ringwalls angeschnitten, der sich in seinen Seitentheilen in Gestalt der beiden nach hinten sich immer mehr verschmälernden ektodermalen Lamellen fortsetzt. Den früher beschriebenen dorsalen Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 137 Ringwall sehen wir jetzt nach dem Durchbruch der Öffnung voll- ständig verschwunden. Die gleichsam herausgepressten Zellen, die ihn bildeten, haben sich wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück- sezogen. Nachdem dies geschehen ist, bildet sich an der vorderen (später dorsalen) Wand des Worderdarmex eine Einstülpung, welche die erste Anlage des später sich abschnürenden Ganglion frontale darstellt (Fig. 17 gf). Bevor ich die Art und Weise beschreibe, wie sich schließlich der Mitteldarm zu einem Rohr schließt, soll zunächst die hintere Mitteldarmanlage und die Einstülpung des Proctodäums näher betrachtet werden. Enddarm und hintere Mitteldarmanlage. Die Einstülpung des Enddarmes, die in ganz ähnlicher Weise, jedoch etwas früher stattfindet, wie die des Vorderdarmes, weicht nach Lage und Form von der Anlage des Stomodäums in geringem Grade ab. Ihre Lage entspricht vielmehr dem hinteren Pol des Em- bryos, als die des Vorderdarmes dem vorderen, von dem wir sie durch die Anlage der Oberlippe getrennt sahen. Die Anfangs flache Ein- stülpung schiebt sich sehr schnell unter erheblichem Wachsthum in den Dotter ein, während das darunter liegende mesodermale Zellen- material gegen die Ventralseite zu verschoben wird. Hier lässt sich sehr viel klarer als am Vorderdarm erkennen, dass die von HEIDER (89) beschriebene innige Apposition der dem Fundus der Einstülpung anliegenden Mesodermzellen an das proctodäale Ektoderm in der That nicht stattfindet; denn es kommt kaum zu einer oberflächlichen Be- rührung beider Zellschichten, und das Mesoderm zeigt gerade in dieser hinteren Partie gegenüber der vorderen ein so lockeres Ge- füge, dass von einem zusammenhängenden Zellenstratum kaum die Rede sein kann. Die hintere Wand bleibt zunächst vollkommen frei von Mesodermzellen (Fig. 18).. Der Enddarm verliert sehr bald die Form eines gleichlumigen Rohres und nimmt unter starker Erweite- rung seines schief nach vorn und dorsalwärts gelegenen Endes die Gestalt einer weitbauchigen Kochflasche an, deren Hals dem aus- führenden Abschnitt mit der Afteröffnung entspricht (Fig. 18 pr). Im Umkreis dieses Halses sehen wir die zellige Wand bald stärker ver- diekt unter gleichzeitiger Abplattung und Verdünnung der dem Dotter eng anliegenden Wand. Diese Verdünnung nimmt so lange ihren Fortgang, bis unter gleichzeitigem Diekenzuwachs der distalen Partien eine Öffnung durchbricht (Fig. 19 pr). Obwohl also, wie wir schon beim Stomodäum feststellen kannten, auch hier ie Grenzlamelle 138 Paul Deegener, vollständig fehlt, konnte ich doch nie das Einwandern von Dotter- schollen weder in den Enddarm, noch in den Ösophagus bemerken. Ein dorsaler Ringwall wurde am Enddarm nicht gefunden, wo nur eine geringe vorübergehende Verdickung der für den Vorderdarm beschriebenen Bildung entsprechen dürfte, die auch hier in mecha- nischen Druckverhältnissen ihre Erklärung findet. Nach Durchbruch der Öffnung gegen den Dotter ist keine Spur von ihr mehr zu finden. Noch bevor der Schwund der proximalen Wand des Proctodäums ganz vollendet ist, treten die Anlagen des Mitteldarmepithels in ge- nau derselben Weise auf, wie sie für den Vorderdarm beschrieben wurden. Bei ihrem ersten Auftreten hat sich der Dotter schon mehr von dem Mesoderm des Keimstreifs abgehoben, und ihm legen sich die ektodermalen Lamellen (Fig. 19 72) von unten her an. Ist dies zweifel- los das normale Verhalten, so lässt sich doch gelegentlich beobachten (Fig. 19), dass sich die Lamelle zwischen die Dotterschollen selbst einschiebt und so einen kleinen Theil derselben abspaltet, der in die Leibeshöhle gelangt und dort aufgelöst wird. Da, wo die Lamellen in die ventrale Wand des Enddarmes direkt übergehen, sehen wir auf einem mehr lateral geführten Schnitte (Fig. 20 mp) die Anlagen der Marrisurschen Gefäße, die jedoch nicht alle auf demselben Schnitt angetroffen werden können, da sie in zwei jederseits drei Ausstül- pungen umfassenden, etwas divergirenden Reihen hinter einander stehen, also keinen gemeinsamen Stamm besitzen. Für die Beob- achtung des weiteren Wachsthums der Lamellen sind Querschnitte instruktiver. An einem solchen, der noch den Enddarm im Bereich der Mitteldarmanlagen trifft (Fig. 21 pr), sehen wir, dass die Grenze zwischen Enddarm und Mitteldarmanlage keineswegs scharf ist. Viel- mehr gehen beide Zellschichten kontinuirlich in einander über. Eine histologische Differenzirung ist jedoch nicht zu verkennen. Bei den Lamellen ist der am Enddarm deutlich ausgesprochene epitheliale Charakter stark verwischt. Die Kerne, die eine kugelise Gestalt angenommen haben, liegen unregelmäßig angeordnet in mehreren Lagen über einander. Auf dem erwähnten, noch in den Bereich der Enddarmeinstülpung fallenden Querschnitt stellen die Mitteldarm- anlagen jederseits ein breites Band dar, das sich, je weiter wir es auf den Sehnitten nach hinten verfolgen, immer mehr verschmälert (Fig. 22 72). Daraus gewinnen wir das Bild der U-förmigen Anlage, wie sie HEIDER (89) beschreibt, deren rechter und linker Schenkel nun so lange nach vorn wachsen, bis sie auf die vom Vorderdarm auswachsenden Lamellen stoßen, um mit diesen in der Gegend der Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 139 Körpermitte zu verschmelzen. Die so entstandenen lateralen Bänder, die sich KowALEwsKY (71) als aus einer Abspaltung des dem Dotter anliegenden Mesoderms hervorgegangen dachte, zeigen nun ein Wachs- thum in doppelter Richtung. Indem sie sich an ihrer vorderen und hinteren Basis bis zur Verschmelzung verbreitern, kommt es zu einem von beiden Enden ausgehenden centripetalen ventralen Verschluss des Darmes, der sich nun als eine den Dotter von unten umfassende Halbrinne darstellt. Gleichzeitig findet ein dorsalwärts gerichtetes Wachsthum der Lamellen statt, das in derselben Weise erfolgt, wie eben geschildert wurde. Dabei wird der gesammte Dotter in den Mitteldarm aufgenommen, dessen letzte Reste mit dem Verschluss der letzten längsovalen dorsalen Öffnung, des »Rückennabels«, in sein Lumen gelangen. Das Wachsthum der ektodermalen Lamellen geschieht überall ohne Betheiligung der Zellen des unteren Blattes, so dass an dem ektodermalen Charakter des gesammten Mitteldarm- epithels kein Zweifel herrschen kann. Ich habe den Eindruck ge- wonnen, als ob bei dem dorsalen Verschluss Theilungen der Epithel- zellen kaum noch mitwirkten. Mir scheint vielmehr, als ob der Verschluss dadurch zu Stande komme, dass das mehrschichtige Zellenmaterial in dem Bestreben, sich einschichtig anzuordnen, einen größeren Raum als bisher in Anspruch nimmt, und sich aus diesem Grunde über den Dotter dorsal ausbreitet. Hierdurch erklärt sich zugleich die mit dem Verschluss des Rückennabels eintretende Bil- dung der Epithelmutterzellen oder Regenerationsherde. Es sind dies überschüssige embryonale Zellen, die keine Gelegenheit finden, sich dem epithelialen Verbande der übrigen Zellen einzuordnen aus Mangel an Raum. Sie bleiben daher an der Basis der Mitteldarmepithel- zellen liegen, wo sie kleine Zellhäufchen bilden, deren Schicksal wir später näher kennen lernen werden. Nachdem der Darm in seiner ganzen Länge einen von den Ursegmenten stammenden einschichtigen Belag von Mesodermzellen erhalten hat, ist er auf einem Stadium angelangt, das den Ausgangspunkt für weitere Differenzirungen seiner Abschnitte und deren Elemente abgiebt, die wir im Folgenden bis zur Bildung des fertigen Larvendarmes verfolgen wollen. Vorderdarm. Der Vorderdarm gliedert sich mit Rücksicht auf seinen histo- logischen Bau in drei differente Abschnitte, die sich beim alten Embryo schon deutlich erkennen lassen. Der vordere, der noch der Mund- höhle angehört, besitzt ein aus nahezu kubischen Zellen zusammen- 140 Paul Deegener, sesetztes, einschichtiges Epithel mit blassen centralen Kernen. Dieses Epithel ist nach innen von einer glatten mächtigen Chitinlamelle ausgekleidet, nach außen liegt es einer dunkel erscheinenden, zarten, strukturlosen Membran auf, an welche sich, eben so wie am folgen- den Abschnitt, die mächtig entwickelte Schlingmuskulatur ansetzt. Der zweite Abschnitt differenzirt sich frühzeitig gegen den ersten durch außerordentlich starke Längsfaltenbildung. Die Zellen seines einschichtigen Epithels sind würfelförmig und enthalten runde oder schwach oblonge Kerne. Jede Zelle beginnt schon ziemlich frühzeitig einen nach hinten gerichteten Chitinzahn zu bilden, während später das Chitin sämmtlicher Zellen zu einer einheitlichen starken Lamelle zusammenfließt. Da die Längsfalten an ihrem Ursprung nach hinten liegen, mit ihrem Ende dagegen nach vorn gerichtet sind, so werden beim Zug der Längsmuskulatur, die, in die Falten eindringend, sich an deren basal gelegener strukturloser Membran ansetzen, die Längs- falten mit ihren rückwärts gewendeten Chitinzähnchen nach hinten gezogen, und dadurch erlangt der ganze Apparat die Bedeutung einer Schling- und Zerkleinerungsvorrichtung. Die Anfangs zarten und glashellen Chitinhäkchen erhalten bei der älteren Larve mit zunehmen- der Stärke eine bräunliche Farbe. Die in diesem Abschnitt äußerst mächtige Muskulatur differenzirt sich sehr viel früher, als am Mittel- darm, in Ring- und Längsfasern, wozu noch starke, am Chitin der äußeren Körperbedeckung befestigte Muskelstämme hinzutreten. Der letzte Abschnitt des Vorderdarmes (Fig. 26) erhält wieder eine wesentlich andere Gestalt, als die beiden vorderen. Das Epithel besteht hier aus hohen Cylinderzellen, deren langgestreckte Kerne dem Darmlumen zugewendet sind und an die kräftige glatte Chitin- auskleidung (cAl) angrenzen. Die Epithelzellen ruhen auf einer homo- genen, ziemlich kräftigen Basalmembran (Fig. 26 br), die nicht chiti- nös ist, vielmehr durch Hämatoxylin etwas weniger stark als das Plasma gefärbt wird. Die Muskulatur, die besonders an der Grenze zwischen Vorder- und Enddarm kräftig entwickelt ist, besteht aus einer inneren Ring- und einer mehrfachen äußeren Längsmuskellage. Wir haben früher gesehen, dass eine vordere Grenzlamelle dem jungen Embryo vollständig fehlt. Eine solche tritt aber zugleich mit dem vollständigen Verschluss des Mitteldarmes nachträglich auf, um erst nach vollendeter Resorption des Dotters bei der jungen Larve etwa am dritten Tage nach dem Verlassen des Eies wieder verloren zu gehen. Mittlerweile hat sich am Ende des Vorderdarmes eine Einrichtung gebildet, die diesen gegen den Mitteldarm abzuschließen Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 141 bestimmt ist. Unter den Querfalten, die der Endabschnitt des Vorder- darmes bildet, beginnt bald die an der Grenze gelesene Ringfalte (Fig. 26) sich besonders stark zu entwickeln. Zwischen die Basal- membranen ihrer einander sehr genäherten Wände dringt die Ring- muskulatur (»2) ein, durch deren Kontraktion die Ringfalte fest ver- schlossen werden kann. Dieser Klappenapparat ist besonders noch dadurch von hohem Interesse, dass wir an seiner Basis einige Zellen bemerken, die ihren embryonalen Charakter bewahren (Fig. 26 ez). Diese stellen später bei der Larve einen Ring dar, dessen eine Hälfte an der Basis der Falte dem Mitteldarm zugekehrt liegt, während seine andere Hälfte von der Basis etwas nach vorn gerückt erscheint, so dass er zwischen die Wände der in dieser Hälfte sehr niedrigen Ringfalte eingeschoben ist. Dieser Ring embryonaler Zellen, welche weder Chitin, noch eine Basalmembran ausscheiden und rundliche Kerne enthalten, lassen keine Speeialisirung nach irgend einer Richtung hin erkennen. Sie vermehren sich, Anfangs beim alten Embryo nur in geringer Zahl vorhanden, bei der Larve langsam, bis sie bei der erwachsenen Larve eine ziemlich bedeutende Ausdehnung gewinnen und dann durch den gegenseitigen Druck ihre ursprüngliche Kugelform mehr oder minder einbüßen. Diese embryonalen Zellen sind nun nichts weiter, als die Mutterzellen für das gesammte Vorderdarmepithel, das während der Puppenruhe abgestoßen und neu gebildet wird, wie wir später noch sehen werden. Mitteldarm., Bald nachdem der Mitteldarm sich geschlossen hat, beginnen die- jenigen Differenzirungen seiner Elemente einzutreten, die zu seiner definitiven Form führen. Betrachten wir zunächst die mesodermale Auskleidung, so finden wir, wie die einzelnen Zellen spindelförmig werden und sich nach zwei Richtungen hin zu Muskelfasern um- gestalten. An einem alten Embryo (Fig. 23) erkennen wir schon eine innere Ring- und eine äußere Längsmuskellage, die jedoch noch zu wenig kräftig erscheinen, um eine Peristaltik zu bewirken. Noch bei der 24—48 Stunden alten Larve (Fig. 25) bemerken wir keinen sroßen Fortschritt in der Ausbildung der Muskulatur, die erst bei der fressenden Larve zur vollen Entwicklung kommt (Fig. 27). Hier sieht man eine in ihren einzelnen Elementen zarte, aber aus sehr dicht gelegenen Muskelfasern zusammengesetzte innere Ringmuskel- schicht, eine nach außen vor dieser gelegene lockere, von sehr starken 142 Paul Deegener, Fasern gebildete äußere Ringmuskellage und endlich eine kräftige, am weitesten auswärts gelegene Längsmuskellage, die mit den äußeren Ringmuskeln ein lockeres Maschenwerk bildet. Alle Muskeln sind deutlich quergestreift. Das Epithel gewinnt schon frühzeitig eine hocheylindrische Ge- stalt. Es wurde schon oben erwähnt, dass bei dem Bestreben der Anfangs kubischen Zellen, sich reihenweise zu einem einschichtigen Epithel anzuordnen, eine Anzahl der embryonalen Zellen an die Basis der Epithelzellen gedrängt werden und dort einstweilen unverändert in Häufehen von drei bis vier Zellen liegen bleiben (Fig. 23 und 25 em). Inzwischen nehmen die Epithelzellen eylindrische Gestalt an, wie sich annehmen lässt, in Folge des mechanischen Druckes. Anfangs ist nämlich der Mitteldarm in seiner ganzen Ausdehnung noch prall mit Dotter gefüllt; gleichzeitig sind der End- und Vorder- darm in die Länge gewachsen, und eben so übt das eigene Wachsthum einen Druck auf die Epithelzellen aus, die diesem nicht anders,. als durch Verkürzung ihrer in seiner Richtung gelegenen Querachse aus- weichen können und daher die Gestalt eines hexagonalen Prismas annehmen, nach Art der Bienenwaben. Zugleich übernimmt nun das Mitteldarmepithel die Verdauung des Dotters, der zuerst am vorderen Ende des Mitteldarmes verschwindet. Im Zusammenhang mit der Resorption, die erst drei Tage nach dem Ausschlüpfen der Larve vollendet ist, treten am inneren Rande der Epithelzellen kleine Va- cuolen auf, die besonders da, wo ihnen der Dotter dicht anliegt, zu sroßen Blasen zusammenfließen, welche das Plasma derart aus ein- ander drängen, dass es nur noch ein wabiges Netzwerk in der Um- sebung der Vacuolen bildet (Fig. 25). Nachdem der Dotter im vor- deren Mitteldarmabschnitt resorbirt ist, legt sich das Epithel in Falten und nach und nach schreitet diese Faltenbildung von vorn nach hinten fort. Zu derselben Zeit tritt etwa in der Mitte des Darmes eine Ringfalte auf, welche die erste Bildung einer Windung emleitet, deren der Larvendarm mehrere aufweist. Noch. während der Embryo- nalzeit kommt es an der Basis der Epithelzellen zur Bildung einer äußerst zarten Basalmembran (Fig. 27 dm). Diese folgt den Falten des Epithels nicht, sondern hebt sich mehr und mehr von jenem ab, um über der inneren Ringmuskellage hinzulaufen. Die Regenerations- herde, die noch bei der mehrere Tage alten Larve keine Verände- rungen erlitten haben, beginnen nun an Volumen zuzunehmen. Sie senken sich unter Vermehrung ihrer Zellen zwischen die Maschen der Muskulatur ein und treiben dabei die Basalmembran vor sich her, Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 143 die also den Inhalt der Krypten wie ein zartwandiger Sack umhüllt. Ich werde bei der Besprechung der postembryonalen Entwicklung des Darmes auf diese Krypten zurückzukommen haben. Erwähnt seien noch der Härchensaum des Epithels (Fig. 27 As) und die strukturlose Membran (s2Ö), die den ganzen Mitteldarm umhüllt und die Regenerationsherde an ihrer distalen Wand berührt. Letzere ist eine hyaline strukturlose Haut, die in später embryonaler Zeit gebildet wird und, wie es scheint, nur einer sehr beschränkten Anzahl von Insekten zukommt. Wenigstens glaube ich als ihre ersten Anfänge kleine bindegewebige Zellen ansprechen zu dürfen, die sich zu einem hyalinen Strang ausziehen und unter Schwund ihrer Kerne die Mem- bran liefern. Es gelang mir jedoch nicht, deren Bildung in allen Stadien genau zu verfolgen, und ich enthalte mich aus diesem Grund jedes positiven Urtheils. Der Härchensaum ist in der Litteratur einigermaßen Gegenstand des Streites, da er seiner wahren Natur nach nicht von allen For- schern erkannt wurde. Levpıc (57) fand ihn zuerst bei der Raupe von Noetua (Acronyeta) aceris und hielt ihn für eine von Poren durch- setzte Cuticula, eine Ansicht, der sich u. A. auch SCHIEMENZ (85) anschließt. Erst FREnzEr (86) gelang es, den Härchensaum als solchen bei zahlreichen Insekten in stärkerer oder geringerer Ausbildung nachzuweisen. In der That bestätigen meine Untersuchungen an der Larve von Hydrophilus Frexzer’s Beobachtung vollkommen. Es kann bei dem genannten Objekt gar kein Zweifel darüber herrschen, dass die von VAN GEHUCHTEN (90) bei einigen Dipteren und von B1zzo- ZERO (93) bei der Imago von Hydrophilus, noch nachdem FRENZEL (86) sich ausdrücklich gegen eine dahingehende Deutung ausgesprochen hatte, als Stäbehen, bezw. gestrichelter Saum bezeichnete Bildung, wie auch REnGEL (97) bei Tenebrio konstatirte, aus feinen Härchen be- steht, die allerdings gelegentlich in Folge ihrer Verklebung mit ein- ander eine von Poren durchsetzte Cutieula vortäuschen können. Auch hinsichtlich der Funktion dieser Härchen darf man sich wohl mit Recht Frenzer’s (86) Deutung anschließen, die in jenen eine Vor- richtung sieht, harte und scharfe Nahrungsbestandtbeile von der Oberfläche des Epithels fernzuhalten und es auf diese Weise vor Verletzungen zu schützen. Enddarm. Der Enddarm beginnt sich noch während der Embryonalzeit in zwei differente Abschnitte zu sondern, nachdem er an Länge be- 144 Paul Deegener, trächtlich zugenommen und eine dem Mitteldarmende dorsal aufliegende Schlinge gebildet hat. Hand in Hand mit dem Längenwachsthum des Enddarmes geht zunächst eine immer mehr an Komplikation zu- nehmende Faltenbildung des Epithels, das schließlich bei der jungen Larve eine Form erhält, die uns erst wieder bei dem Käfer entgegen- tritt, der die Puppe soeben verlassen hat. Wie wir bei der Be- trachtung des Vorderdarmes oben konstatirt haben, so bildet sich auch an der Grenze zwischen End- und Mitteldarm erst nachträglich eine Grenzlamelle (Fig. 25 gl) aus, die erst dann verschwindet, wenn die sesammte Dottermasse resorbirt ist, und die junge Larve mit der Nahrungsaufnahme begonnen hat. Diese Grenzlamelle (g7) ist wie ein Trommelfell zwischen einem Ring von Zellen ausgespannt, die ihren embryonalen Charakter bewahren und sich als Imaginalring (ime, Fig. 25) erhalten, um später bei der Histolyse zur Neubildung des Enddarmepithels beizutragen. Es bedarf hier nicht mehr einer senauen Beschreibung dieser Zellen, die wir schon in derselben Ge- stalt am Vorderdarm kennen gelernt haben. In der Nachbarschaft dieser Imaginalscheibe bildet sich ein Klappenapparat aus, der jedoch an Mächtigkeit und feinerer Architektur hinter der Ringklappe des Vorderdarmes bedeutend zurücksteht. Betrachten wir nun zunächst das Epithel des vorderen Enddarmabschnittes etwas genauer. Es ist dies desshalb von Interesse, weil dies Epithel später während der Larvenzeit eine wesentliche Umgestaltung erfährt. Das Epithel der noch nicht fressenden jungen Larve (Fig. 25 eep) ist einmal durch seine reiche Faltenbildung ausgezeichnet und ferner dadurch, dass die einzelnen Zellen außerordentlich lang gezogen sind unter starker Verkürzung ihres Querdurchmessers. Eben so haben die Kerne eine lang ausgezogene Gestalt und stehen dieht gedrängt an der zur Darm- achse proximalen Wand ihrer Zellen. Nach dem Darmlumen zu differenzirt sich eine äußerst zarte Chitinauskleidung (Fig. 24 cAl), während die Epithelzellen basalwärts auf einer haarfeinen stark licht- brechenden Membran ruhen (Fig. 24 dm). Die Muskulatur differen- zivt sich zuerst in eine innere Ring- und äußere Längsmuskellage, die sich während der Larvenzeit weiter entwickelt. Wir finden dann bei einer Larve in mittlerem Alter eine in die Epithelfalten ein- dringende lockere Längsmuskelschicht, die sich nach hinten mehr und mehr verliert und eine eben solche äußere Längsmuskellage (Fig. 24 el, al. Zwischen beiden liegt eine doppelte Ringmuskel- schicht (rm). Untersuchen wir eine fast ausgewachsene Larve, so finden wir das Epithel gegen früher im vorderen Enddarmabschnitt Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 145 erheblich geändert (Fig. 30 eep). Übrigens zeigen die Schnitte durch den Enddarm bei einer jugendlichen Larve den allmählichen Über- gang von dem hohen embryonalen Epithel zu dessen späterer Form (Fig. 24 und 30), der sich von hinten nach vorn vorschreitend voll- zieht, sehr deutlich. Das Larvenepithel (Fig. 31 eep) besteht aus großen Zellen von geringer Höhe, deren Kern central gelegen, also nicht mehr nach dem Lumen zu gedrängt ist, und gegen die früher langgestreckte eine häufig nahezu kugelige Form angenommen hat. Das Plasma der Epithelzellen zeigt ein eigenthümlich streifiges Gefüge. Der größere, d. h. längere und weitere zweite Abschnitt des Enddarmes, der als Afterdarm bezeichnet werden mag, trägt einen durchaus anderen Charakter, als der eben beschriebene vordere Theil, der gegen jenen durch eine ziemlich kräftige Klappe abgegrenzt wird. Während die Struktur des die jederseits drei Vasa Malpighi auf- nehmenden vorderen Enddarmabschnittes darauf schließen lässt, dass ihm noch ein Teil der Verdauung, wahrscheinlich der Resorption zu- fällt, kann der Afterdarm mit Sicherheit nur als Leitungsrohr und Aufspeicherungsraum für die Fäces bis zu deren Entleerung an- gesehen werden. Der Afterdarm beginnt noch während der embryonalen Zeit sich stark umzubilden. Die Chitinmembran erhält eine außerordentlich mächtige Ausbildung, während zugleich das Epithel stark reduzirt wird, Schließlich bildet es nur noch einen schwachen plasmatischen Überzug an der Außenseite des Chitinschlauches, der bei seiner starken Faltung eine weitgehende Erweiterung und Verengerung seines Lumens durch die Muskulatur zulässt. In der plasmatischen Be- kleidung findet man hier und da in ziemlich weiten Abständen kleine Kerne liegen, die ich nicht als Reste von Epithelkernen ansehen möchte. Vielmehr glaube ich aus später zu erörternden Gründen diese Kerne als zu embryonalen Zellen gehörig bezeichnen zu dürfen, die das Afterdarmepithel des Käfers liefern. Die aus inneren Ring- und äußeren Längsmuskeln gebildete Muscularis umgiebt den ge- füllten Afterdarm in Form eines weitmaschigen Netzes mit rectangu- lären Lücken etwa wie das Ballonnetz den Ballon. Die postembryonale Entwicklung. Vorderdarm. Der Umbildungsprocess wird wie beim Mittel- und Enddarm auch bei dem Vorderdarm durch eine energische Kontraktion der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIT. Bd. 10 146 Paul Deegener, Ring- und Längsmuskulatur eingeleitet. Deren Folge ist eine be- deutende Abnahme des Lumens und der Länge des Darmschlauches, die eine geringe Einstülpung des Vorderdarmes in den Mitteldarm bewirkt. Nun beginnt das Epithel sich zu lockern, und durch die Mnskulatur dringen Blutzellen in das Innere des Vorderdarmes ein, durch welche das Epithel allmählich von vorn nach hinten fort- schreitend aufgelöst wird. Dabei wird die Chitinbekleidung und der Hakenapparat frei und rückt langsam der Mundöffnung entgegen. Die Epithelfalten und die Ringklappe an der Grenze zwischen Vorder- und Mitteldarm glätten sich, und letztere verschwindet als solche erst dann, wenn die vordere Partie des Ösophagus bereits vollständig zerstört ist. Etwas später bildet das alte Epithel eine wabig körnige Masse, in der hier und da noch Reste der in Verfall begriffenen Kerne angetroffen werden. Im Umkreis der zusammengeknitterten Chitinlamelle, die noch im Inneren des Ösophagus liegt, treten nach und nach an Zahl zunehmende Körnchenkugeln auf. Noch während ein Rest des Larvenepithels sich am Ende des Vorder- darmes erhalten hat, beginnt innerhalb des oben beschriebenen Ima- ginalringes (Fig. 26 ez) eine lebhafte Zellenvermehrung. Karyokine- tische Figuren in allen Stadien lassen sich mehr oder weniger deut- lich vielfach erkennen. Diese starke Vermehrung seiner Zellen verleiht auf Längsschnitten dem Anfangs nur einen geringen Raum einnehmenden Imaginalring das Aussehen einer mehrschichtigen, ziemlich mächtigen Ringklappe. Nachdem nun das Larvenepithel vollkommen aufgelöst ist, sehen wir, wie sich die Zellen des Ringes progressiv nach vorn schieben, ohne jedoch zunächst eine bestimmte Anordnung erkennen zu lassen. Während dieser Vorgänge bleibt die Muskulatur zunächst vollständig intakt, wenigstens vermochte ich keine Unterschiede gegen ihren normalen Zustand ausfindig zu machen. Aber ihr Verfall wird schon vorbereitet durch die in ihre Maschen überall eindringenden Phagocyten, die alsbald ihre Thätig- keit beginnen. Fast zu derselben Zeit erscheinen in der Umgebung der Muskulatur sehr kleine Zellen, deren helles Plasma sich in der Längsrichtung des wenig gestreckten Kernes jederseits auszieht und so eine echte Spindelzelle darstellt. Es soll besonders hervorgehoben werden, dass ich nur die eben beschriebenen Formelemente als Spindelzellen in der weiteren Darstellung bezeichne, ein Name, unter dem in der Litteratur die verschiedensten Zellen verstanden werden. Leider war es mir gleich den übrigen Forschern, die diese Spindel- zellen sahen, nicht möglich, etwas über ihren Ursprung zu erfahren, Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 147 da sie außerordentlich plötzlich in großer Zahl auftreten, ohne dass sich Theilungen konstatiren lassen. Jedenfalls sind sie. nicht innerhalb der Larvenmuskulatur vorgebildet, denn ich finde sie stets zuerst in größerem Abstand vom Darm, dem sie sich dann allmählich nähern. So viel steht aber jedenfalls fest, dass sie ihrer Bestimmung nach Mutterzellen für die Neubildung der Muskulatur sind. Nach der vollständigen Zerstörung des Vorderdarmepithels zeigen auch die Muskeln die ersten Spuren des Verfalls. Man findet hier und da eine Körnchenkugel, d. h. eine Phagocytenzelle, welche außer deut- lich als solehe erkennbaren Muskelfragmenten zwei bis drei Kerne enthält, die ebenfalls den Muskeln entstammen und sich noch deut- lieh dureh intensive Aufnahme von Farbstoffen markiren. So weit ist die Umwandlung vorgeschritten, noch bevor das Thier die Larvenhaut verlassen hat und zur Puppe geworden ist. Untersucht man den Darm einer Puppe, die sofort nach dem Ausschlüpfen aus der Larvenhaut getödtet und konservirt wurde, so findet man Folgendes: Der Vorderdarm ist gegenüber seiner früheren Ausdehnung sehr eng geworden. Es hängt dies möglicher Weise damit zusammen, dass ein Theil seines Inhalts vor dem Verschluss der Mundöffnung durch diese entfernt worden ist. Von der Chitin- haut und dem Hakengerüst ist nämlich keine Spur mehr vorhanden. Anfangs glaubte ich dies Verschwinden auf Rechnung der Körnchen- kngseln schreiben zu müssen, die zuletzt die Chitinreste in größerer Zahl umgaben. Später aber fand ich, wie schon WEISMANN (64) seiner Zeit bei Musciden, den Hakenapparat in der abgeworfenen Exuvie des Kopfes der Larve. Das neue Epithel hat sich aus den vorrückenden Imaginalzellen zu einem vollständigen Schlauch ge- schlossen, stellt jedoch zunächst noch eine mehrschichtige Lage dar, deren einzelne Zellen keine scharfen Grenzen erkennen lassen. Je weiter man aber in der Betrachtung des Bildes nach vorn geht, um so mehr sieht man die Zellen und deren Kerne sich in die Länge streeken und sich in den Darmradius einstellen, während die zahl- reichen kleinen Kerne ihre kugelige Form noch längere Zeit bei- behalten. Bei einer nur wenig älteren Puppe beginnt das in immer größerer Ausdehnung sich einschiehtig anordnende Epithel bereits kleine Falten zu bilden. Die Reste des Larvenepithels liegen als aufgelöste gewundene Masse im Darmlumen und zeigen nur noch ganz vereinzelte und fast vollständig zerstörte Kernreste. Die Körnehenkugeln haben sich nieht unerheblich vermindert; wahrschein- lich hat sie dasselbe Schicksal ereilt, wie das Epithel. Am zwölften 148 Paul Deegener, Tage der Puppenruhe sieht man den Vorderdarm mit einem überall einschichtigen, mäßig hohen Cylinderepithel versehen, das schon eine starke Chitinauskleidung besitzt, die jedoch gegen das Ende des Vorderdarmes sehr zart wird. An der Grenze zwischen diesem und dem Mitteldarm beginnt nun die Bildung einer Pylorusklappe, wie sie auch die Larve besaß, und gleichzeitig treten sich bald stark in die Länge streckende Falten auf, die der Darmachse parallel stehen. Endlich bei der 20—24 Tage alten Puppe gewinnt der Vorderdarm die Gestalt, die er bei dem jungen Käfer besitzt. Bei ihm finden wir den Vorderdarm in zwei verschiedene Abschnitte zerlegt. Der hintere erweitert sich etwas und ist gegen den vorderen durch eine weniger mächtige Ringfalte abgegrenzt, als gegen den Mitteldarm. Die Pylorusklappe besteht aus einer in ihrem Umkreis überall gleich entwickelten Ringfalte, die sich oralwärts umschlägt, und ziemlich weit in das Lumen des Endabschnittes hineinragt. In diesem er- weiterten Theil, der durch mächtigen Muskelbelag ausgezeichnet ist, aber ein mäßig gefaltetes Epithel aufweist, fand ich bei der Puppe kurz vor dem Ausschlüpfen die verflüssigten Reste des larvalen Epithels, die noch eine geringe Anzahl von degenerirten Körnchen- kugeln enthielten. Der Ösophagus ist sehr eng, die Muskulatur tritt nicht, wie wir es bei der Larve fanden, bis an die distalen Zipfel der Längszotten. Auf diese nur zum Theil übergreifend, bilden sich die von VANGEL (86) beim Käfer beschriebenen Chitinzähnchen als Bekleidung der Mundhöhle und der vorderen Partie des Ösophagus. Die Muskulatur ist bei der ganz jungen Puppe (am ersten Tage) nur noch in Resten vorhanden, zwischen denen die Phagocyten in voller Thätigkeit sind. Hier kann man mit großer Klarheit erkennen, wie die Phagocyten die Muskeln und deren Kerne buchstäblich auf- fressen, ein Verhalten, das KowaLEws&ky (87) zuerst bei den Mus- ciden richtig erkannte und genau beschrieb. Körnchenkugeln, die eine dunkle Farbe angenommen haben und deren Inhalt sich nicht mehr tingirt, sind in relativ geringer Anzahl aufzufinden. Bei einer älteren Puppe haben sie sich erheblich vermehrt. Auf diesem Sta- dium sind die mikroskopischen Bilder ziemlich unklar, in so fern die einzelnen Formelemente in der Umgebung des Ösophagus sich nur schwer ihrer Natur nach erkennen lassen, weil sie zwischen den Resten der zerfallenen Muskulatur, einander zum Theil bedeckend, dicht gedrängt liegen. Außer den vollgefressenen und theilweise degenerirten Phagoeyten trifft man normale Blutzellen und die früher erwähnten Spindelzellen in der ungeordneten Masse an, in welcher Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 149 letztere nur bei günstiger Lage aufgefunden werden können. All- mählich verschwinden nun die Körnchenkugeln ganz, und auch die Blutzellen ziehen sich mehr und mehr vor der sich neubildenden Muskulatur zurück. Diese setzt sich am zwölften Tage aus lang- gestreckten zarten Spindelfasern zusammen, die noch keine bestimmte Anordnung besitzen und keine Streifung erkennen lassen. Etwas später macht die Muscularis den Eindruck einer einheitlichen Masse, in der sich aber hier und da schon in bestimmter Richtung ver- laufende Züge unterscheiden lassen, zu denen die zahlreichen Kerne parallel stehen. Erst relativ spät differenzirt sich aus der Muskel- masse eine doppelte innere Ring- und mehrfache äußere Längs- muskellage, von der einzelne Stränge unter spitzem Winkel von hinten her durch die Ringmuskeln an die Wand des Ösophagus herantreten. In soleher Gestalt treffen wir die nun deutlich quergestreifte Musku- latur noch bei dem jungen Käfer an. Mitteldarm. Die Neubildung des Mitteldarmepithels nimmt ihren Ursprung aus den von älteren Forschern als Drüsen angesehenen Regenerations- krypten, die, wie wir gesehen haben, schon in embryonaler Zeit an- gelegt werden und bei der Larve ihre eigenthümliche flaschenförmige Gestalt annehmen. Nach außen sind die Blindsäcke von einer dünnen homogenen Haut überzogen (Fig. 27 dm), die eine Ausstülpung der Basalmembran des Epithels darstellt und hier und da sich etwas von den Zellen abhebt, die sie umschließt. In dem distalen Fundus des Blindsackes finden sich kleine, gegen einander nicht überall scharf abgegren”te Zellen mit rundlichen Kernen, an denen sich Theilungs- figuren unschwer nachweisen lassen (Fig. 27 em). Sie entsprechen den Zellen des Imaginalringes am Vorderdarm und müssen gleich diesen als Embryonalzellen aufgefasst werden. Als solche bilden sie den wichtigsten Bestandtheil des Blindsackes; denn sie sind die eigent- lichen Mutterzelen für das neue Epithel. Proximal von diesen Zellen treffen wir echte Epithelzellen, die sich von den Darmepithelzellen nur durch das Fehlen des Härchensaumes unterscheiden. Wenigstens gelang es mir nie, diesen Saum aufzufinden und sein Fehlen erklärt sich wohl hinlänglich durch die geschützte Lage dieses Kryptenepi- thels (Fig. 27 cep), das mit der aufgenommenen Nahrung niemals in Berührung kommt. Nach seiner Anordnung lassen sich zwei Formen von Kryptenschläuchen unterscheiden, von denen die eine jedoch häufiger vorkommt und typisch zu sein scheint, wesshalb sie auch 150 Paul Deegener, von BiIzzozErO (95) und RENGEL (95) allein beschrieben werden, deren Untersuchungen sich allerdings nur auf den imaginalen Darm von Hydrophilus erstrecken. Bei dieser Form (Fig. 27 a) steht das Epithel senkrecht zur Oberfläche des Blindsackes, und die proximalen, den Regenerationsherden anliegenden Zellen berühren sich in der Achse des Schlauches, wo sie ohne scharfe Grenze in einander über- sehen. In der Richtung der Darmachse aber wird das Epithel nie- driger, so dass ein mit Sekret gefülltes Lumen zwischen ihm frei bleibt. Das Darmepithel läuft vollkommen geschlossen über die bald sehr enge, bald ziemlich weite proximale Öffnung des Blindsackes dahin, dessen Lumen daher mit dem Darmlumen in durchaus keiner Kommunikation steht. In dem zweiten, weniger oft zur Beobachtung gelangenden Fall setzt das Kryptenepithel sich gleichmäßig über die Epithelmutterzellen fort (Fig. 27 6), so dass die am meisten distal stehenden Zellen der Längsachse des Kryptenschlauches parallel laufen. In diesem Fall ist also der vom Sekret erfüllte Hohlraum zwischen dem Kryptenepithel weiter, als bei der ersterwähnten Form. Die Krypten finden sich am ganzen Mitteldarm in gleicher Menge und stehen in Längs- und Querreihen angeordnet. Der Verfall des Larvenepithels beginnt in seinen ersten Anfängen schon bei der Larve, die noch damit beschäftigt ist, sich die Puppen- höhle in der Erde anzufertigen. Der Darm wird seines gesammten Inhaltes entleert und mit Luft gefüllt, Letzteres wahrscheinlich um zu verhindern, dass bei der Kontraktion der Darmmuskulatur sich die Wände gegen einander pressen. Bevor jedoch diese Kontraktion der Darmmuskulatur eintritt, sehen wir zwischen diese und das ältere Epithel, sowie zwischen die Blindsäcke Blut- und Fettkörperzellen in großer Zahl eindringen. Gegen eine plötzliche Kontraktion der Darmmuskulatur scheint mir Mancherlei zu sprechen. Fände sie statt, so hätte ich kaum alle Phasen der Epithelabhebung in so schöner und allmählich sich abstufender Reihenfolge auffinden können. wie es thatsächlich der Fall war. Ich bin der Ansicht, dass die Zusammenziehung der Darmmuskulatur ungefähr gleichen Schritt hält mit der relativ langsam fortschreitenden Verkürzung des gesammten Larvenkörpers. Nachdem die Fettkörper- und Blutzellen in die Muskulatur ein- gewandert sind, sehen wir das Epithel stellenweise in seiner Kon- tinuität etwas gelockert und die Zellen unregelmäßig gegen einander verschoben. Gleichzeitig hebt es sich immer mehr von der Basal- membran ab, und die Blindsäcke beginnen sich gegen das Darmlumen Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 151 vorzustülpen, wobei ihr Sekret sich unter dem alten Epithel ansam- melt und dies vollends abhebt und nach innen schiebt. Auf diesem Stadium (Fig. 25) sehen wir durch die Lücken, welche zwischen dem als solchem noch nicht gebildeten jungen Epithel bestehen, eine An- zahl von Blutzellen und Fettkörperzellen (Fig. 29 vz) einwandern, die frei oder in Häufchen an die Basis des alten Epithels gelangen. Ihre Hauptmasse wird jedoch durch das schnell sich über die Mus- cularis und das Lager der Bindegewebszellen ausbreitende und lücken- los zusammenschließende junge Epithel (Fig. 28 u. 29 ep) gehindert, in das Darmlumen einzutreten. Die strukturlose Membran ist (Fig. 28 smb) an vielen Stellen zerrissen und hat den Blutzellen (d/z) den Durehtritt gestattet. Die Basalmembran ist nur noch deutlich an den distalen Enden der Blindsäcke, wo sie auch schnell vollkommen ver- schwindet. Die eingewanderten Blutzellen beginnen zunächst damit, das alte Epithel zu zerstören. Auf einem Stadium (Fig. 28), wo das neue Epithel (rep) noch in der Bildung begriffen ist, treten in dem larvalen Epithel (ep) bereits große Körnchenkugeln (4%) auf. Von diesem durch das Sekret der Krypten getrennt, liegt auswärts das junge Epithel (zep), das freilich diesen Namen noch kaum verdient. Die kleinen Regene- rationszellen laufen in Lagen von wechselnder Stärke und in ganz unregelmäßiger Lagerung über die Bindegewebszellen (/sp) dahin, und man kann deutlich erkennen, wie die noch in den Blindschläuchen liegenden Zellen (em) sich gegen das Darmlumen vor- und über die schon herausgelangten herüberschieben. Dabei werden die schon bei der Larve als Kryptenepithel beschriebenen Cylinderzellen unter Ver- lust ihrer bisherigen Form, der zu einer Abrundung führt, fortge- schoben und gelangen z. Th. zwischen das larvale und imaginale Epithel (cep) oder bleiben an letzterem, kleine Häufchen (v2) bildend, haften. Schließlich gleichen sich die durch die Krypten bedingten Vertiefungen vollkommen aus, und das junge Epithel stellt einen all- seitig geschlossenen Schlauch dar, der auf Längsschnitten (Fig. 29 vep) das Aussehen eines breiten len sachen Bandes hat, in das zahlreiche runde Kerne unregelmäßig eingestreut sind. Zellgrenzen lassen sich nicht erkennen, und das Ganze trägt den typischen Cha- rakter embryonalen Ektoderms. Am weitesten nach innen finden wir jetzt das alte Epithel, dessen Kerne sich auffallend schwach färben, aber ihre epitheliale Anordnung meist noch deutlich bewahrt haben (Fig. 29 ep). Die Zahl der Körnchenkugeln in seiner Umgebung hat sich nur wenig gesteigert. Dagegen hat die Zahl der Zellen sich 152 Paul Deegener, vermehrt, die zwischen dem larvalen und imaginalen Epithel liegen (2). Einen Theil derselben hatten wir schon als degenerirendes Krypten- epithel erkannt. Die übrigen können nur von den Regenerations- zellen herrühren, da ein Eindringen von außen durch das junge, schon geschlossene Epithel nicht mehr möglich war. Hier und da findet man auch noch Blutzellen und Fettzellenkerne. Alle diese Elemente zeigen, in das Sekret der Kıypten eingebettet, Spuren des Verfalls und legen sich mehr und mehr dem larvalen Epithel zur Bildung eines wurstförmigen Körpers an, dessen Zerfallprodukt den selben Körper darstellt, der den Puppendarm erfüllt. Die Reste des Epithels sind als Kernfragmente noch bei der alten Puppe und zu- weilen noch bei dem jungen Käfer aufzufinden und liegen in den selben Körper eingeschlossen. Nach außen von dem jungen Epithel liegt ein Konglomerat von Zellen (Zsp), die in der Litteratur unter dem Namen »Spindelzellen« bekannt sind, ohne dieser Bezeichnung irgendwie gerecht zu werden; es müssten denn diese Zellen etwa bei Hydrophilus etwas Anderes sein, als bei den übrigen Insekten, bei denen sie beobachtet wurden. Bei Hydrophilus stellen sie ein mindestens eben so breites Band dar, wie das neugebildete Epithel, zeichnen sich vor diesem aber durch geringeren Kernreichthum und blasse Färbung aus. Ganz geeignet, auf den ersten Blick ein mehrschichtiges in Bildung begriffenes Epi- thel vorzutäuschen, stellen sie doch nichts weiter dar, als die zusammen- sedrängten Mesodermkerne, die wir schon frühzeitig zwischen die Muskulatur eindringen sahen, und deren Zellplasma, durch zarte Grenzen, jedoch keineswegs durchweg deutlich von einander getrennt, dicht gegen einander gelagert erscheint. Diese wirken, wie es scheint, zunächst chemisch zersetzend auf die Muskulatur ein, die bisher in- takt blieb. Wenigstens machen die Streifen und netzförmigen Figuren, die zwischen den einzelnen Kernen deutlich sich abheben, den Ein- druck eines geronnenen Sekrets, dem ähnlich, das wir im Inneren des Darmes unter dem larvalen Epithel antreffen. Möglich bleibt es jedoch, dass diese Figuren von eingedrungener Blutflüssigkeit herrühren, die in den Lücken zwischen den Zellen die eigenthümliche Gestalt anzu- nehmen gezwungen ist, während die im freien Raum befindliche Körperflüssigkeit ein ganz anderes Aussehen hat. Erst nachdem die Krypten durchaus verschwunden sind, sehen wir in der Muskulatur die ersten Körnchenkugeln auftreten, die nicht nur diese, sondern auch die Fettzellenkerne verzehren. So weit vollzieht sich die Um- wandlung noch in der Larve. 1 % Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 153 Während der Puppenruhe hat das Epithel nur noch geringe Veränderungen durchzumachen. Bei der ganz jungen Puppe bildet es eine dünne Lage mit noch ungeordneten Kernen und zeigt eine beginnende, von vorn nach hinten fortschreitende vorübergehende Faltung. Sahen wir bei der fressenden Larve den Darm fünf Win- dungen machen, die sich bis zum Eintritt ins Puppenstadium allmäh- lieh strecken, so finden wir ihn jetzt in seiner geringsten Ausdehnung; denn er hat die Gestalt eines gerade gestreckten, sich hinten erwei- ternden Rohres angenommen. Das Epithel bildet, so lange der Darm durch die noch genügend haltbare Muskulatur gezwungen, seine Ge- stalt beibehalten muss und sich nieht in Windungen legen kann, bei dem Bestreben, sich einschiehtig anzuordnen, provisorische Falten, da eine andere Möglichkeit bei der geringen Oberflächenausdehnung der Darmwand nicht gegeben ist. Zugleich tritt an dem Epithel nach dem Darmlumen zu ein dunkler bräunlicher Saum auf, der mit dem späteren Härchensaum nichts zu thun hat. Er hebt sich gelegent- lieh von den unterliegenden Zellen als homogene Haut ab, die später nicht mehr anzutreffen ist, aber Anfangs mit großer Konstanz auftritt und aus diesem Grund nicht als ein Kunstprodukt angesehen werden kann. Die Muskulatur ist sehr blass geworden und zerfällt unter Zunahme der Körnchenkugeln sehr schnell, die auch die Fettkörper- zellen mehr und mehr verzehren. Auffällig ist die schließlich erreichte, relativ geringe Zahl der Körnchenkugeln im Bereich der Muskulatur. Ein starkes Einwandern derselben in die Körperflüssigkeit war nicht zu konstatiren, während andererseits ihre Menge in gar keinem Ver- hältnis zu der Muskulatur steht, die sie in sich aufnehmen sollen. Es ist darum sehr wahrscheinlich, dass zunächst, wie NÖTZEL (98) scharf unterschieden wissen will, eine chemische Auflösung der Mus- keln statthat, bevor die Reste von den Phagocyten aufgenommen werden. | Was die Neubildung der Muskulatur betrifft, so konnte ich zu einem sicheren Schluss nicht kommen, weil es mir nicht gelang, im Bereich des Mitteldarmes Spindelzellen mit Sicherheit nachzuweisen. Doch scheinen sie auch hier als Muskelbildner in Betracht zu kommen; denn man findet zwischen den sogenannten »Spindelzellen« mancher Autoren nicht selten länger gestreckte Kerne, als sonst angetroffen werden. Die Schwierigkeit des genauen Nachweises besteht nur darin, dass in dem ordnungslosen Durch- und Übereinander dieser Zellenlage bestimmte Formelemente nicht mehr ihrem Wesen nach klar erkannt werden können. 154 Paul Deegener. Nachdem die Muskulatur zerstört ist, beginnt der Darm unter vollständiger Glättung seines Epithels stark in die Länge zu wachsen. Er rollt sich hierbei zu einer Spirale auf, die fast den ganzen Mittel- darm und einen Theil des Enddarmes in sich fasst. Mit dem Schwund der oben erwähnten inneren Haut geht die Bildung einer chitinösen, in ihren ersten Anfängen schon deutlich sichtbaren Basalmembran . Hand in Hand. Zugleich treten die ersten zarten und hyalinen Muskeln auf, die sich unter Vermehrung ihrer Kerne in die Länge strecken. Ring- und Längsmuskeln sind von vorn herein als solche kenntlich. Das Lager bindegewebiger Zellen ist bis auf geringe Reste verschwunden. Nachdem der Darm zu wachsen aufgehört hat, be- sinnt die Faltenbildung des Epithels wieder. Dies zeigt noch durch- aus embryonalen Charakter, wenn es auch bereits überall einschichtig ist. Nun beginnt die Bildung der Regenerationskrypten. Sie voll- zieht sich in etwas anderer Weise, als beim Embryo. Die von der Darmachse distal gelegenen Falten oder Zotten keilen sich zwischen die Muskulatur ein und verlieren an ihrem proximalen Ende den Zusammenhang mit dem Epithel, das sich über ihren Öffnungen schließt. Dabei legen sich einige Bindegewebszellen, die BIZZOZERo (93) bei der Imago beschrieben hat und den Hexte’schen Zellen der schlauchförmigen Magendarmdrüsen der Säugethiere vergleicht, kappen- artig den Kryptenschläuchen an. Auf Längsschnitten trifft man deren sewöhnlich drei, seltener zwei. Nun nimmt das vorher schwach cylindrische Epithel eine kubische Form an; die Falten verschwinden stellenweise vollständig. Der Härchensaum tritt in bedeutender Aus- bildung auf. Bei der Puppe, die die imaginale Färbung schon sehr deutlich erkennen lässt, also kurz vor dem Freiwerden des jungen Käfers, finden wir den Darm schon in der Gestalt, die er bei der Imago auf- weist, d. h. alle Theile sind bereits vorhanden, wenn auch ihrer Form nach noch nicht voll entwickelt. Letzteres bezieht sich namentlich auf das beim Käfer eylindrische Epithel. Es ist nahezu kubisch, und die Falten fehlen fast ganz. Seine Kerne sind wenig gestreckt und liegen dann der Längsachse des Darmes parallel, oder rundlich. Der Kern liegt stets central. Zellgrenzen treten deutlich hervor. Härehensaum und Chitinmembran sind gebildet. Die Krypten reichen noch nicht über die äußere Längsmuskellage hinaus und ihr Inhalt hat sich noch nicht differenzirt. Die Muskulatur besteht aus einer sehr zarten inneren und kräftigen äußeren Längsmuskellage. Zwischen beiden liegt eine doppelte wohlentwickelte Ringmuskelschieht. Eine Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 155 strukturlose Haut, die bei der Larve den ganzen Mitteldarm umhüllt, fehlt ganz. Bindegewebe ist nur schwach entwickelt. In dieser Ge- stalt finden wir den Mitteldarm im Wesentlichen noch bei dem jungen Käfer. Der Darm während der Verdauung und seine weitere Speeiali- sirung fällt nicht mehr in den Rahmen meiner Untersuchungen. Enddarm. Da dem Enddarm gleich dem Vorderdarm ein an der Ringklappe selegener Imaginalring an der Grenze zum Mitteldarm zukommt (Fig. 25 ime), konnte man von vorn herein annehmen, dass die Er- neuerung seines Epithels in derselben Weise von statten ginge, wie bei jenem gezeigt wurde. Thatsächlich aber verhält sich der End- darm in dieser Hinsicht wesentlich anders und in seinen früher als End- und Afterdarm unterschiedenen Abschnitten ebenfalls wieder verschieden. Betrachten wir zunächst den vorderen Abschnitt des Enddarmes, so finden wir während der Abstoßung des Mitteldarmepithels die embryonalen Zellen des Imaginalringes in lebhafter Vermehrung be- griffen, während gleichzeitig das larvale Epithel in der Umgebung der Ringfalte und an dieser deutliche Spuren des Verfalls zeigt. An der Grenze zwischen den larvalen und embryonalen Zellen dringen Phagocyten in geringer Zahl in das alte Epithel ein, mit dessen Ver- fall die Bildung von Körnchenkugeln Hand in Hand geht. Die em- bryonalen Zellen ersetzen nun das alte Epithel in der Weise, dass sie sich unter dieses schieben und ‘dessen Architektur genau wieder- holen. Die Phagocyten ebnen ihnen dabei den Weg, indem sie das alte Epithel zerstören. Man findet stets an der Grenze zwischen neuem und altem Epithel Körnchenkugeln in um so größerer Zahl, je weiter die Zerstörung des Larvenepithels vorgeschritten ist. Diese erfolgt natürlich in der Richtung von vorn nach hinten. Das alte Epithel liest dann dem jungen noch ungeordneten und mehrschichtigen Zellenstratum als ein fast gar nicht gefärbter Saum auf, der eine feinkörnige, dem gelben Körper ähnliche Masse darstellt, die das Lumen des Enddarmes jedoch nicht ausfüllt und die Struktur des alten Epithels in seinen Umrissen noch längere Zeit deutlich erkennen lässt. Kernreste sind in ihm niemals anzutreffen, da das alte Epithel stets erst dann durch das neue ersetzt wird, wenn seine Zellen den Kern verloren haben. So schreitet die Erneuerung unter fortwähren- der Zunahme der Körnchenkugeln, die schließlich in ungewöhnlich großer Zahl im Darmlumen, jedoch immer hinter dem neuen Epithel 156 Paul Deegener, angehäuft liegen, Kontinuirlich bis zur Grenze nach dem Afterdarm hin vor, ohne dass ein Zustand erreicht würde, auf dem der Zusam- menhang des Epithels unterbrochen ist. Die Falte (Fig. 31 /lt), die bei der Larve in den Bereich des Enddarmes fiel, wird vollständig zerstört und nicht ersetzt. Ein solcher Ersatz ist von Seiten dieses Abschnitts auch nicht mehr nöthig, da der Afterdarm ihn bereits ge- liefert hat, noch bevor die Erneuerung des Enddarmes vollendet war. Wenden wir uns nun zunächst zu den Umbildungen, die der Afterdarm während der eben geschilderten Vorgänge erfahren hat. Zu derselben Zeit, wo der Imaginalring seine Zellen gegen das alte Epithel vorzuschieben beginnt, finden wir am Afterdarm kleine Zellennester, deren Ausdehnung nach hinten zu allmählich abnimmt. Über die Herkunft dieser Nester kann kaum ein Zweifel bestehen, da sie ihrer Lage nach genau den Kernen entsprechen, die, wie oben angegeben, dem zarten protoplasmatischen Überzug der starken Chitinlamelle eingelagert sind (Fig. 31 %). Letztere hat sich von dem dünnen Protoplasmaschlauch vollständig abgehoben und liegt zerknit- tert und zerrissen im Darmlumen (cAhl). Hier bildet es später eine dunkle, äußerst harte Masse, die hauptsächlich aus Chitintrümmern besteht und das Schneiden des Darmes außerordentlich erschwert. In der Puppe findet man diese Trümmer nicht mehr vor, aber eine zarte Chitinmembran hat sich erhalten, die die Windungen und Falten der aus dem Körper entfernten genau wiederholt. Zweifellos stammt diese nicht von den Zellnestern (emz) ab, die sie gar nicht berührt. Wahrscheinlich aber bestand die larvale Chitinintima aus einer starken inneren und der genannten zarten äußeren Schicht. Am Larvendarm ließ sich jedoch diese Duplicität bei der festen Apposition beider Lagen nicht erkennen. Diese Chitinhaut der Puppe wird später resorbirt und verschwindet. ig Die Inseln embryonaler Zellen (Fig. 31 emz) springen unter Ver- mehrung ihrer kleinen kugligen Kerne zunächst in das Lumen des Darmes vor, um sich erst später auf dem Wege mit einander in Ver- bindung zu setzen, der durch die protoplasmatische Verbindungsbrücke vorgezeichnet ist. So kommt es zur Bildung eines mehrschichtigen embryonalen Epithels, das zuletzt in der Nähe des Afters perfekt wird. Ich will hier gleich bemerken, dass eine vom After ausgehende Regeneration des Epithels nicht beobachtet wurde. Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass es ein Stadium seben muss, auf dem der vordere Abschnitt in seiner ersten Hälfte gleich dem Afterdarm schon die Anlage des neuen Epithels aufweist, Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 157 während sich in seiner zweiten Hälfte das larvale Epithel noch er- hält, und im entsprechenden Theil des Afterdarmes die Zellinseln erst ohne Kontinuität auftreten. Dieser eigenartige Zustand wird in der jungen Puppe beobachtet und lässt sich am schönsten auf Längs- schnitten nachweisen. Bei der späteren Anordnung des Epithels bildet sich die Klappe (Fig. 32 #2) zwischen den beiden Enddarmabsehnitten am Anfang des Afterdarmes, während sie bei der Larve dem vorderen Abschnitt angehörte. Betrachten wir nun den Enddarm bei einer alten Puppe, wo er schon genau dieselbe Ausbildung zeigt, wie beim jungen Käfer, so finden wir, dass sich die Grenze zwischen den beiden Abschnitten äußerst scharf markirt (Fig. 32). Diese verschiedene Ausbildung des Epithels kann nicht befremden, wenn wir seine verschiedene Ent- stehung berücksichtigen. Das vom Imaginalring stammende Epithel, das dem vorderen Abschnitt angehört (vep), ist durch die ganz enorme Vergrößerung seiner Oberfläche ausgezeichnet, die durch eine weit- gehende Zerschlitzung seiner Falten erreicht ist. Sie lässt sich durch Beschreibung und Abbildung nur unvollkommen wiedergeben, noch am besten mit der komplieirten Lobenlinie gewisser Ammoniten ver- gleichen. Die Kerne dieses Epithels sind sehr groß und haben die Neigung, sich nicht senkrecht zu der Oberfläche, sondern mehr parallel zur Längsachse ihrer Zotten einzustellen. Sehr viel kleiner und blasser sind die Kerne des Epithels, das dem hinteren Abschnitt des Enddarmes angehört (ep). Sie stehen fast durchweg senkrecht zur Oberfläche, die bei Weitem nicht so stark vergrößert ist, wie vorn. Den ganzen Enddarm kleidet eine beim jungen Käfer noch nicht sehr mächtige Chitinlamelle aus. Eine Basalmembran fehlt. Die Muskulatur des Enddarmes verhält sich eben so, wie für den Vorderdarm angegeben wurde. Auch hier treten gegen Ende ihres Zerfalls, der nur relativ wenige Körnchenkugeln hervorbringt, Spindel- zellen auf, die man zuweilen in größerer Anhäufung innerhalb der Körperflüssigkeit antrifft. Auch hier macht es die Lage der Spindel- zellen unwahrscheinlich, dass sie von den Muskelkernen herzuleiten sind, wenn auch eine solche Auffassung mit Sicherheit nicht be- stritten werden kann. Schließlich sei noch über das Verhalten der Vasa Malpighii, die in den vorderen Enddarmabschnitt kurz vor dessen Übergang zum Mitteldarm einmünden, gesagt, dass sie während der Puppenruhe zwar einer Neubildung unterliegen, aber niemals ganz fehlen. Es scheint hier die Neubildung in dem Maße vorzuschreiten, als das 158 Paul Deegener, alte Zellenmaterial aufgelöst wird. Sicher findet die Neubildung nicht vom Epithel des Mitteldarmes aus statt, d. h. dessen Zellen sind nicht daran betheiligt. Die regenerirten Zellen unterscheiden sich von den alten durch höhere Färbbarkeit besonders ihres Kernes und Anfangs geringere Größe. Das regenerirte Gefäß zeigt fast immer mehr als fünf Zellen im Querschnitt, während beim alten selten mehr, sehr häufig aber weniger, als fünf Zellen angetroffen werden. Nach KarAawAIEw (95) haben die neuen MArrIGHTschen Gefäße mit den imaginalen bei Lasius nichts zu thun, sondern bilden sich unter äußerst langsam vorschreitender Degeneration durchaus nen. Zum Schluss sollen die Anschauungen einer kurzen Besprechung unterzogen werden, die sich andere Autoren über gewisse Erschei- nungen während der Metamorphose des Darmes gebildet haben. Der Erste, der sich — abgesehen von älteren Forschern, die einzelne Er- scheinungen, ohne sie näher erklären zu können, schon beobachtet und in Zusammenhang mit den inneren Umwälzungen während der Puppenruhe gebracht haben — mit der postembryonalen Entwicklung der Insekten eingehend und mit Erfolg beschäftigte, war WEISMANN (64). Der Gegenstand seiner Untersuchungen waren die Musciden. Da Weısmann’s (64) Arbeit grundlegend für alle folgenden Untersuchungen geworden ist, die sich mit diesem Gegenstand abgaben, verdient sie auch hier an erster Stelle berücksichtigt zu werden. Die Regeneration des gesammten Darmtractus während der Metamorphose ist dem ge- nannten Forscher bekannt, wenn es ihm auch hinsichtlich der feineren Vorgänge besonders im Bereich des Mitteldarmes nicht gelang, näheren Aufschluss zu geben. So sind auch seine Deutungen manchen Irr- thümern unterworfen und das kann nicht befremden, wenn man die unvollkommenen technischen Hilfsmittel jener Zeit in Betracht zieht. Es ist trotz widersprechender späterer Angaben, wie mir scheint, vollkommen richtig, wenn WEISMANN (64) angiebt, dass der Schlund- kopf und Ösophagus zu einer molekularen Masse zerfallen, wobei nur das Hakengestell erhalten bleibt und mit der Larvenhaut ab- geworfen wird. Wenigstens finde ich dies Verhalten auch bei Hy- drophilus. Der gelbe Körper wurde irrthümlich für den Rest des Ösophagus und Proventrieulus gehalten. Diese Deutung lag sehr nahe, weil WEIsSMANN (64) von der eigenthümlichen Abstoßung des Mitteldarmepithels noch keine Kenntnis hatte. Auch die Körnchen- kugeln sind ihrem Wesen nach von ihm nicht erkannt worden; denn er vermuthete, dass es sich innerhalb derselben um eine freie Kern- Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hyarophilus. 159 bildung handle. KowALEwskY (57) war es vorbehalten, im Anschluss an METSCHNIKOFF’s Entdeckung, dass alle wandernden Mesoderm- zellen Nahrung aufzunehmen und zu verdauen im Stande seien, die Rolle klar zu erkennen, die die Körnchenkugeln bei der Histolyse -übernehmen. Wenn WEISMAnN (64) den Satz aufstellt, dass aus den Trümmern des Nahrungskanals, welche die Gestalt desselben im All- gemeinen beibehalten, sich der neue Darm aufbaut, so ist das, streng genommen, nach dem jetzigen Stande unseres Wissens nicht mehr richtig; denn nicht die Trümmer liefern die wiederaufbauenden Ele- mente, sondern diese überdauern den Zerstörungsprocess, um freilich die Reste der zerfallenen Zellen zum Aufbau ihres eigenen Körpers mit zu verwenden. Das größte Verdienst der WEIsMmAnN’schen Arbeit besteht sicher darin, die Aufmerksamkeit anderer Forscher auf das interessante Gebiet der postembryonalen Entwicklung gelenkt zu haben. Viele Erschei- nungen sind seitdem klar erkannt worden, andere noch Gegenstand des Streites oder in ihrem Wesen noch immer räthselhaft. Der Erste, der auf Grund weitgehender Untersuchungen an Di- pteren, Lepidopteren, Hymenopteren und Coleopteren allgemeine Sätze über die inneren Umgestaltungen bei der Metamorphose aufstellte, war GAnNIN (76), dessen Arbeit im Original, weil russisch verfasst, leider noch nicht genugssam bekannt geworden ist. So viel steht aber fest, dass GAnın (76) die Neubildung des Darmes in allen wesent- lichen Zügen schon richtig erkannt hat, wenn auch im Einzelnen manche seiner Angaben Berichtigungen erfahren haben. Beginnen wir mit dem Vorderdarm, der nach WEISMANN (64) in seiner ganzen Ausdehnung der Zerstörung anheimfällt, wie auch GAnIn (76) angiebt; doch sind letzterem Forscher die Imaginalzellen an der Grenze zum Mitteldarm schon bekannt und werden von ihm mit Recht als Neubildner für das Vorderdarmepithel angesehen. Während aber Ganın (76) diesen Imaginalring erst zu der Zeit sich bilden lässt, wo die Larve sich zur Verpuppung anschickt, findet ihn KowaALEwsky (87) bereits an ganz jungen Larven. Mit seiner Be- schreibung des vorderen und hinteren Imaginalringes stimmen auch meine Befunde an der Larve von Hydrophilus im Wesentlichen über- ein, wenn ich auch den hinteren Ring, den KOWALEWSKY (87) hinter der Einmündung der Vasa Malpighii fand, vor dieser und an der vorderen Enddarmklappe liegen sah. Van Rees (89) bestätigte das Vorhandensein der von KowALkewsky (87) entdeckten Imaginalringe, schrieb ihnen jedoch nicht eine so große Bedeutung bei, wie der 160 Paul Deegener, russische Forscher. Während nämlich KowALEwsky (87) den ganzen Ösophagus aus den imaginalen Zellen hervorgehen lässt, glaubt Van Rees (89), dass dessen Wandung zum größten Theil von dem alten Epi- thel gebildet werde, indem dessen Zellen durch wiederholte Theilungen zum kleinzelligen Theil des Ösophagus umgewandelt werden. Es scheint, als habe Van Rees (89) sich in diesem Punkt geirrt; wenigstens finde ich bei Hydrophilus dasselbe Verhalten, das KowA- LEWSKY (87) bei Musca konstatirt. KARAwAIEwW (98), dem genauere Daten über die Regeneration des Vorderdarmes fehlen, stellt das Vor- handensein eines vorderen Imaginalringes für Lasius flavus in Abrede. Thatsächlich scheinen für dessen Nachweis nicht überall so günstige Bedingungen vorzuliegen, wie für Musca und Hydrophilus: So spricht sich REnGEL (97) für Tenebrio molitor dahin aus, dass ein ring- förmiger Regenerationsherd an der Grenze zwischen Vorder- und Mitteldarm, sowie zwischen diesem und dem Enddarm zwar vorhanden sei, aber morphologisch nicht scharf hervortrete. Von den Auffassungen, die sich die genannten Forscher über die Thätigkeit der Imaginal- zellen gebildet haben, weicht VERsoN (98) etwas ab: er betrachtet den vorderen und hinteren Imaginalring als einfache »Proliferations- stellen«, deren durch Theilung entstandene Zellen sich zu den vor ihnen gelegenen Schwesterzellen gleicher Abstammung gesellen, ohne sie jedoch zu verdrängen. Demnach bleiben also die alten Epithel- zellen erhalten und die Zellen des Imaginalringes dienen nur dazu, Material für das Wachsthum des Ösophagus zu liefern. Folgerichtig hält nun auch VERSON (98) die Bezeichnung »Imaginalring« nicht für berechtigt, da dieser bei der Larve sich schon in derselben Weise thätig erweise, wie während der Metamorphose. Es bleibt dahin- gestellt, ob diese Auffassung VERSoN’S (98), die der von VAn REES (89) noch am nächsten kommt, ihre Bestätigung finden wird. Auch über die Neubildung des Enddarmes lauten die Angaben verschieden. Nach KowALewsky (87) wächst die imaginale Hinter- darmfalte erst dann nach hinten aus, wenn der ganze Enddarm der Zerstörung anheimgefallen ist. Die Vermuthung liegt nahe, dass KOwALEWSsKY (87), in der Erwartung, beim Enddarm denselben Bil- dungsmodus vorzufinden, wie beim Vorderdarm, sich zu einem Irr- thum habe verleiten lassen. Ich neige mich mehr der von VAN Rees (89) ausgesprochenen Anschauung zu, der einen plötzlichen Zerfall in Abrede stellt. Vielmehr halte dieser mit dem Vorwärts- wachsen der vom imaginalen Ring stammenden Zellen vollkommen gleichen Schritt, ohne dass eine Trennung der Kontinuität stattfinde. Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus: 161 Genau so verhält sich der Enddarm auch bei Hydrophilus. Wie sich die Phagocyten dabei verhalten, bleibt zweifelhaft. Während sie sich bei Hydrophilus stets an der Grenze zwischen dem alten und neuen Epithel vorfinden und, wie es scheint, nur die Kerne des alten Epi- thels oder doch nur geringe Bruchstücke derselben in sich aufnehmen, findet KARAwAIEw (95) bei Lasius überhaupt hier keine Phagoeyten. Nach VERSoN (98) behält der Enddarm von Bombyx mori zum größten Theil sein larvales Epithel bei; doch erfährt dies im Lauf der Meta- morphose eine tiefe Umgestaltung. Er hält — und dies dürfte all- semein der Fall sein — die Betheiligung eircumoraler und eireum- analer Imaginalringe an der Regeneration für ausgeschlossen. Wenn Van REES (89) eine solche für das Reetum in Anspruch nimmt, die von hinten nach vorn vorschreite, so wird eine derartige Angabe mit Vorsicht aufgenommen werden müssen. Darin aber muss ihm Recht segeben werden, dass nicht der Imaginalring allein das gesammte Enddarmepithel in allen Fällen liefert. Für die Art der Neubildung des Rectum, wie ich sie an Hydrophilus feststellen konnte, scheint bisher kein Analogon bekannt zu sein. Alles in Allem kann man wohl annehmen, dass sich sowohl im Enddarm, wie im Vorderdarm in allen Fällen embryonale Zellen vorfinden, die als Mutterzellen für das imaginale Epithel fungiren, wenn sie auch nicht immer leicht nachzuweisen sind. Die Annahme, dass larvale Zellen, d. h. Zellen, die schon während der Larvenperiode einer bestimmten Funktion angepasst und dem entsprechend specialisirt waren, ohne vorherige Auflösung, sei es chemisch oder durch Phagocyten, in den Verband der imaginalen Zellen aufgenommen werden, nachdem sie nur eine morphologische Umgestaltung erfahren haben, ist meiner Ansicht nach verfehlt und dem wahren Sachverhalt nicht entsprechend. Die Art der Abstoßung des Mitteldarmepithels während der Metamorphose ist weniger Gegenstand der Kontroverse. Im Einzelnen weichen jedoch die Autoren zuweilen von einander ab. Es wird von Niemand bestritten, dass der Mitteldarm sein Epithel als Ganzes abwirft, und auch über die einleitenden Vorgänge, wie Kontraktion der Muskulatur etc. herrscht kaum eine Meinungsverschiedenheit. Anders liegt die Sache schon hinsichtlich der Epithelmutterzellen. WeEısmanN (64) noch unbekannt und wenigstens da, wo sie die Ge- stalt von Blindsäcken haben, von vielen älteren Forschern für Drüsen sehalten, so noch von FRENZEL (86), wies zuerst GAnIN (76) ihre Be- ziehungen zu dem jungen Epithel nach. Indessen lautet sein Urtheil dahin, dass die Epithelmutterzellen erst beim Beginn der Abstoßung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIT. Bd. al 162 Paul Deegener. des Larvenepithels gebildet werden, dasselbe Verhalten, das er auch für die Imaginalringe der anderen Darmabschnitte konstatirte. KArA- WAIEW (98) fand dagegen bei Lasius, und das Gleiche gilt für Hy- drophilus und wahrscheinlich alle Insekten, diese Imaginalzellen schon bei dem älteren Embryo. So sahen VERSoN (98) und RENGEL (97) die imaginalen Zellen schon bei der Larve vorgebildet, und ich bin sicher, dass sie sich, wenn vielleicht noch nicht beim alten Embryo, doch schon bei der jüngsten Larve nachweisen lassen. ‚An ihrer ektodermalen Natur kann nicht gezweifelt werden, wenn man über- haupt die Abstammung des Mitteldarmepithels von diesem Keimblatt anerkennt. Wenn KOROTNEFF (85) zu einer abweichenden Anschau- ung gelangt, indem er die Kryptenzellen als Mutterzellen der »eigen- artigen Drüsen« ansieht und das neue Epithel von einwandernden amöboiden Zellen herleitet, so kann dies nicht sehr befremden, wenn man die Ansicht dieses Forschers über die Natur des larvalen Darm- epithels als »Dotterschollen« kennt. Weniger verständlich erscheint es und fordert zur Kritik heraus, wenn Ax6ras (95) in neuester Zeit das imaginale Epithel des Mitteldarmes nicht vom embryonalen Ento- derm, sondern vom Mesoderm abstammen lässt. Hinsichtlich jener Zellenmasse, welche nach KowALEwskYy (87), VAN REES (89), RENGEL (97) und meinen Studien an Hydrophilus zuerst zwischen dem alten Epithel und der Muskulatur auftritt und später ganz oder zum Theil ins Lumen des Darmes gelangt und ver- daut wird, lässt sich mit RExGer (97) behaupten, dass sie aus meso- dermalen Zellen besteht, die theils dem Fettkörper, theils dem Blut entstammen. Bei Hydrophilus geräth aber nur ein geringer Theil dieser Zeilen zwischen das alte und neue Epithel. Dass bei Tenebrio molitor hierin ein abweichendes Verhalten vorliegt, erklärt sich zur Genüge aus der verschiedenen Art der Epithelneubildung bei beiden Thieren. Im Übrigen bilden bei Hydrophilus wohl dieselben Elemente die Umhüllung des einer Oystenhülle entbehrenden Bere Körpers, wie bei Tenebrio. Die Zerstörung und der Wiederaufbau der Muskulatur ist ver- schieden beurtheilt worden. KowALEwskr (87, stellt die Zerstörung allein auf Rechnung der Phagoeyten, deren Thätigkeit er sehr genau und richtig beschreibt. van Rees (39) schreibt den Phagoeyten die- selbe Rolle zu. Dagegen findet REenGeEr (97) in der Muskulatur keine typischen Körnchenkugeln, sondern schreibt den Verfall derselben chemischen Processen zu. DE BRUYNxE (98) sieht (nieht für Tene'rio, aber) für Musea, Bombyx, Forficula, Phryganea, Notonecta und Nepa Entwiekl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 163 das Sarkoplasma als Sitz der Hauptthätigkeit an. Erst wenn dies die Fibrillen in sich aufgenommen habe, schafften die Leukocyten die Reste fort. Die erste Erscheinung bezeichnet er als »autophago- eytose museulaire«, während letztere als die gewöhnliche Phagocytose betrachtet werden müsse. Auch Nörzen (98) unterscheidet einen chemischen Process von dem darauf folgenden der Verdauung durch Phagocytosen. Letzterer Process sei bei den Musciden als nebensäch- liehe Erscheinung aufzufassen. Nach VERSON (98) ist vornehmlich die fibrilläre Substanz dem Zerfall ausgesetzt, die von einer trüben sranulösen Plasmamasse mit zahlreichen Kernen umgeben ist. Dies scheint DE BRUYNE (95) bis zu einem gewissen Grade zu bestätigen, um so mehr, als auch er (VErSon) das erst spätere Eingreifen der Phagoeyten beobachtet. Welchen Antheil das Sarkoplasma oder die Leibesflüssigkeit an der Zerstörung der Muskeln haben, muss zunächst dahingestellt bleiben. Dass ein chemischer Vorgang aber die Thätig- keit der Phagocyten vorbereitet oder auch letztere nach REnGEL (97) sanz fortfällt, lässt sich nicht gut im Abrede stellen. Auch bei Hy- drophilus kommt dies Verhalten zur Beobachtung. Die Herkunft der Zellen, aus denen sich die Muskulatur neu bildet, ist noch ein ungelöstes Räthsel. Ganm (76) nimmt an, dass die Kerne des alten Sarkolemmas erhalten bleiben. van Rees (89) slaubt die Muskeln des neuen Mitteldarmes »von Zellen herleiten zu müssen, die zeitweilig den imaginalen Inselchen von außen ange- sehmiegt liegen und sich zu der Zeit von den Epithelzellen nicht oder kaum unterscheiden lassen<«. DE BruYNE (98) schließt sich in so fern an Ganin (76) an, als er von Bombyx angiebt, dass sich die Muskeln, wie er wörtlich sagt, »au depens de residus nuclees< auf- bauen. Auch REnGEL (97) meint, dass die Muskelkerne erhalten bleiben. Ich kann mich dieser Anschauung nicht anschließen; denn bei Hydrophilus werden die Kerne theils, wie sich deutlich nach- weisen lässt, in derselben Weise von Phagocyten verzehrt, wie KowALEewsky (87) angiebt, theils verschwinden sie unter Verlust ihrer Tinktionsfähigkeit allmählich. Verso (98) beobachtete die- selben Spindelzellen, die ich deutlich nur in der Umgebung des Vorder- und Enddarmes nachweisen konnte und die während des Zerfalls der alten Muskulatur erscheinen. Gleich ihm halte ich es für am wahrscheinlichsten, dass ein genetischer Zusammenhang vor- liest zwischen den Kernen der alten und der imaginalen Muskulatur, wenngleich ihr eigenthümliches Auftreten am Vorderdarm dagegen zu sprechen scheint. Dabei handelt es sich aber möglicherweise um 135; 164 Paul Deegener, eine sekundäre Verschiebung, die sich aus den energischen Bewe- gungen während der Abtödtung erklären dürfte. Gegen die Möglich- keit, dass sich zwischen der Muskulatur vereinzelte Embryonalzellen erhalten, lässt sich nichts einwenden, wenn auch der direkte Nach- weis nicht geführt werden konnte. Berlin, im März 1900. Litteraturverzeichnis. J. AnGLAs, Sur lV’histolyse et l’histogönese du tube digestit des Hymenopteres pendant la metamorphose. C. R. Soc. Biol. Paris (10). Tome V. 1898. 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Erklärung der Abbildungen, Zeichenerklärung: a, Antenne; emz, Epithelmutterzellen des -After- al, alm, äußere Längsmuskellage; am, Amnion; arm, äußere Ringmuskellage; a und 5, zwei Formen von Regenera- tionskrypten des Mitteldarmes; blz, Blutzellen, Leukocyten; bm, Basalmembran ; cl + Ir, Anlage von Clypeus und La- braune cep, ana: chl, Chitinlamelle; dk, Dotterkerne; ec, Ektoderm; ed, Enddarm; eep, Enddarmepithel:; em, Epithelmutterzellen: darmes; ep, Epithel; ez, Vorderdarmimaginalring ; ‚fbg, faseriges Bindegewebe; ‚flt, hintere Enddarmklappe: gf, Anlage des Ganglion frontale; gl, Grenzlamelle; h, Hypopharynx; hl, hintere Mitteldarmlamelle; hs, Härchensaum; vep, junges Epithel; il, innere Längsmuskellage ; ime, proctodäaler Imaginalring; irm, innere Ringmuskellage; k, embryonaler Kern des Afterdarmes; kk, Körnchenkugeln; PETE C Entwieckl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. 167 7/, hintere Enddarmklappe: o, Mund; !b, Labium; p!, vordere Klappe des Enddarmes: !br, Ir, Labrum; pr, Anlage des Proctodäums; Im, Längsmuskulatur; rm, Ringmuskulatur: Isp, Lage der eingewanderten Meso- rw, vorübergehende Ringwallbildung: dermzellen; se, Serosa: m, Mentum; smb, strukturlose Membran: mb, Mesoderm: sm, Submentum; md, Mandibel; st, Stomodäum; mda, Mitteldarm; ip, Tunica propria ‘Basalmembran : mep, Mitteldarmepithel; tr, Tracheen; : mp, Vas Malpighii; vl, vordere Mitteldarmlamelle; mzı, Maxille des ersten Paares: vz, Zellen verschiedener Herkunft. mza, Maxille des zweiten Paares: Tafel VIII—X. Fig. 1-10 beziehen sich auf Hydrophilus. Fig. 1—5 auf die normale, Fig.-9 bis 10 auf die Nebenform. Fig. 1—7 stellen auf einander folgende Entwicklungsstadien dar von der Anlage der Mundwerkzeuge bis zu deren Entwicklung beim Embryo vor dem Ausschlüpten. Fig. 8. Kopf einer jungen Larve, die Mundgliedmaßen in ihrer definitiven Ausbildung zeigend. Fig. 9und 9a stellen zwei verschiedene embryonale Köpfe der Nebenform von Hydrophilus dar. Fig. 9 entspricht der Fig. 2 dem Alter nach, Fig. 9a der Fig. 4. Fig. 10. Kopf einer jungen Larve der Nebenform von Hydrophilus. Fig. 11—14 beziehen sich auf Dytiscus. Fig. 11—13. Auf einander folgende Embryonalstadien bis zur Bildung des Labiums. Fig. 14. Junge Larve von Dytiscus. Alle weiteren Figuren beziehen sich auf Hydrophilus. Fig. 15. Sagittalschnitt durch das vordere Ende eines Embryos zur Zeit der ersten Anlage der Vorderdarmeinstülpung (st), die sich in das darunter liegende Mesoderm (mb) einschiebt. Fig. 16. Sagittalschnitt lateral von der Medianen durch den vorderen Theil eines älteren Embryos. An dem vertieften Stomodäum sieht man die aus- wachsende Mitteldarmlamelle (v2) und den mechanisch verursachten Ringwall (rw) angeschnitten. Das Mesoderm hat sich von der hinteren Wand des Stomo- däums (st) zurückgezogen. Fig. 17. Die Öffnung des Vorderdarmes liegt frei ohne Grenzlamelle gegen den Dotter vor. Medianer Sagittalschnitt, auf dem schon die ventrale Vereini- gung der Mitteldarmlamellen getroffen ist. Fig. 18. Sagittalschnitt in der Medianebene eines jugendliehen Embryos. Die Anlage des Proctodäums ist frei von Mesoderm und noch gegen den Dotter geschlossen. Fig. 19. Sagittalschnitt durch das hintere Ende eines älteren Embryos, etwas lateral. Die Mitteldarmlamelle ist bei AZ angeschnitten: eine Grenzlamelle gegen den Dotter fehlt. 168 Paul Deegener, Entwickl. der Mundwerkzeuge und des Darmkanals ete. Fig. 20. Älterer Embryo als Fig. 19. Der Schnitt ist noch mehr lateral seführt, so dass die Vasa Malpighii getroffen sind (mp). Die hintere Mitteldarm- lamelle lässt zwei Reihen von Kernen erkennen. Fig. 21. Querschnitt eines noch mehr vorgeschrittenen Stadiums. Das Proctodäum ist noch getroffen (pr) und zeigt seinen Zusammenhang .mit den beiden Lamellen (Al, Al). Fig. 22. Querschnitt durch dasselbe Stadium, nur weiter nach vorn. Das Proctodäum ist nicht mehr getroffen, nur noch die schmalen Enden der beiden Lamellen (A/, Al). Fig. 23. Längsschnitt durch die Wand des Mitteldarmes eines alten Em- bryos. Die Epithelmutterzellen sind bereits gebildet (em). Fig. 24. Querschnitt durch den vorderen Abschnitt des Enddarmes einer Larve nach der zweiten Häutung. Das Epithel gleicht dem der jungen Larve noch sehr. Fig. 25. Sagittalschnitt durch die Grenze zwischen Mittel- und Enddarm bei einer ganz jungen Larve. Der Dotter (gelb) ist noch nicht resorbirt. Der Imaginalring für den Enddarm ist (bei cıne) deutlich zu erkennen. Fig. 26. Schnitt durch die Ringklappe am Ende des Vorderdarmes einer halb erwachsenen Larve. Der Imaginalring (ez) ist sehr deutlich. Fig. 27. Längsschnitt durch den Mitteldarm einer fressenden Larve in normalem Zustand. Die Epithelmutterzellen haben zur Bildung von Blindsäck- chen (a und 5) Veranlassung gegeben, in deren Tiefe sie liegen. Fig. 28. Längsschnitt durch den Darm einer Larve vor der Verpuppung während der Epithelregeneration. Das junge Epithel (ep) ist in der Bildung begriffen, das alte (ep) ist abgeworfen. Fig. 29. Längsschnitt durch den Darm einer alten Larve kurze Zeit vor dem Eintritt ins Puppenstadium. Das neue Epithel bildet eine Lage dicht ge- drängter Kerne (ep), die keine regelmäßige Anordnung erkennen lassen. Fig. 30. Querschnitt durch den Enddarm desselben Thieres, wie Fig. 24, etwas weiter nach hinten. Das Epithel ist schon erheblich verändert. Fig. 31. Längsschnitt im Bereich der hinteren Klappe an der Grenze zwischen vorderem und hinterem Enddarmabschnitt. Der vordere hat noch sein altes Epithel (eep), der Afterdarm zeigt die Anfänge der Imaginalinseln (emz). Fig. 32. Längsschnitt durch dieselbe Region, wie Fig. 31, nach der Neu- bildung des gesammten Epithels und der Muskulatur bei der Puppe am 20. Tage. cv bedeutet vorn, % hinten. Studien zur Entwicklungsgeschichte der a hluutn hyalina Lillj. Von Max Samter. (Aus dem zoologischen Institut in Berlin.) Mit Tafel XI—-XVI. Die vorliegende Arbeit fügt ein neues Glied jenen Arbeiten hinzu, welche auf dem Wege der ontogenetischen Untersuchung Aufschlüsse für die Genealogie des Oladocerenstammes zu geben bestrebt sind. Sie reiht sich somit jenen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen an, welche GROBBEN (1) mit seiner bekannten Moina-Arbeit begann, und welche, bis in die letzten Jahre fortgesetzt, auch heute kaum als völlig abgeschlossen zu betrachten sind. CLAaus (2) sagt in seinem Werke über das Ürustaceensystem: »Ein Fortschritt ist möglich, sobald wir unsere Spekulation in den engen Grenzen des Erreichbaren von dem reichen Schatze thatsäch- licher Erfahrungen leiten lassen, fern von dem Wahn, in kühnem Fluge der Ideen das Ziel erreichen zu können, dem uns nur aus- dauernde Arbeit langsam und allmählich näher führen kann.« Da nun aus dem in diese vorliegenden stammesgeschichtlichen Fragen sich vertiefenden Arbeitseyklus einige Anschauungen ohne ontogenetische Untersuchung noch der Hauptstütze entbehren, und die Kontroversen daher Kontroversen bleiben, so sei der Ausspruch von Craus Kommentar dieser neuen Arbeit, welche es sich im Speciellen zur Aufgabe stellt, die verwandtschaftlichen Beziehungen der Leptodora hyalina Lillj. zu den übrigen Cladocerengruppen auf ontogenetischem Wege klar zu stellen. In kurzen Andeutungen gebe ich einen Abriss von dem Wege, welchen die Forschung zu den ontogenetischen Cladocerenuntersu- chungen hinleitet. Ausgangspunkt bilden die Erkenntnisse, welche Zeitschrift f.-wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 12 170 Max Samter, in den Arbeiten von Fr. MÜLLER (3) enthalten sind, in so fern sie auf die Entomostraken zunächst das Hauptaugenmerk lenken, von denen genealogische Aufschlüsse über unsere Krebsfauna zu erlangen wären. Vor ihm sind die in großer Anlage unternommenen Ver- suche, das genealogische Gebäude des Crustaceenstammes aufzuführen, spielende Unternehmen, da ohne Erkenntnis der Bedeutung des Nau- plius die gesicherte Basis für die Speculation fehlt, und die unzeit- semäß gestellte Aufgabe daher der Wichtigkeit einer besonderen Be- rücksichtigung der Entomostraken sich noch nicht zur Genüge bewusst ist.” Erst mit der Erkenntnis, dass im Nauplius eine in der Ent- wicklung der Entomostraken sowie der Malakostraken wiederkehrende Entwicklungsform gegeben sei, nahm nach der Eliminirung der Donrn’schen (4) Anschauung, dass die Zo&aform als Entwicklungs- stufe auch auf die Entomostraken zu übertragen sei, die eigentliche Oladocerenforschung ihren Weg. Zunächst werden auf Grund detaillirter, feinster Untersuchungen morphologischer Art, welche theils erst vorgenommen, oder auf welche zurückgegriffen wird (5), die Argumente für die ersten begründeten Thesen gegeben, welche ihre Beweiskraft im Grunde nur aus dem die Zeit beherrschenden Darwinismus herleiten. Sofern diese Arbeiten aber bereits auf die feinsten und genauesten Detailuntersuchungen ihre Deduktionen beziehen, bringen sie für die kommende Forschung auch ohne eingehendere ontogenetische Nachprüfung im besten Sinne exakte und wohl fundirte Thesen und nehmen die allgemeine Er- kenntnis, welche spätere Zeit in ontogenetischer Untersuchungsmethode wiederfindet, vorweg. Zunächst weist CLAus (6) nach, dass das Ab- domen der Daphniden und Lynceiden den Estheriden gegenüber einen vereinfachten und seiner ursprünglichen Gliedmaßenanlage verlustig sesangenen Körpertheil bedeute. Das Fehlen der Abdominalextremi- täten bei den Daphniden und Lynceiden wird als ein sekundärer Verlust erkannt, diejenigen QCladoceren, welche im Mittelleib sechs Beinpaare tragen, eben so wie Eurycercus lamellatus unter den Lynecei- den und wie Sida werden gleichsam als Zwischenformen zwischen die fünf Beinpaare tragenden Daphniden und zwischen die Estheriden gestellt, zumal noch auf die geringere Krümmung der Abdominal- segsmente dieser Formen hingewiesen werden kann, und somit die Estheriden mit ihren zahlreichen Beinpaaren als der am wenigsten differenzirte Typus, gleichsam als Ausgangsform der Cladoceren- organisation, gedeutet; und in der Arbeit über die genealogische Grundlage des Orustaceensystems werden von CLAus die Cladoceren Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 171 von Jugendformen der Estheriden ausdrücklich abgeleitet. In der weiteren Ausführung dieser ersten orientirenden Deutung scheiden sich die Wege, und zwar treten CrAus (6) und WEISMANN (7) in Kontroverse. Es handelt sich um die Stellung der einzelnen Olado- cerengattungen zu einander. Die Extremitätenbildung des Phyllo- podenbeines wird zum Hauptargument. Nach einer monographischen Behandlung der Leptodora hyalina tritt WeISMAnN auf der Wies- badener Naturforscher-Versammlung 1874 mit dem Satze hervor: Die Leptodorinen sind an die unterste Wurzel des Cladocerenstammes zu verweisen! Die Bildung der Schale und die Körpergliederung seien ausschlaggebende Beweismittel, und die mit der Verkürzung des Körpers abnehmende Zahl und Modifikation der Gliedmaßen bilden die Detaillirung dieser Beweise. Die Craus’sche Argumentik, welche zu dem entgegengesetzten Resultate kommt, geht von der Voraussetzung aus, dass das Urbild der Cladocerenextremität in einer zweiästigen Fußanlage zu suchen sei, und aus diesem Grunde alle Modifikationen dieser typischen Form erst sekundär erworben wären. Sofern die phyletische Beziehung der Cladoceren zu den Branchio- podiden zu Recht besteht, ist auch das Postulat der Zweiästigkeit für die primitive Cladocerenextremität ein unumgängliches. Und Craus kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Einästigkeit der Leptodora-Extremität, die bereits bei allen sechs Thorakalbeinen zur Durchbildung gelangt sei, wegen ihres absoluten Mangels irgend einer Andeutung der ursprünglichen Form gegenüber der Zweiästigkeit, wie sie am Daphnidenbein, und zwar am schärfsten an der zweiten Thorakalextremität, sich widerspiegelt, ein Hinweis auf das sekundär Modifizirte der Leptodora bedeute. Wegen der Gleichartigkeit der einzelnen Extremitätenpaare unter einander und wegen der Überein- stimmung derselben mit denen der Estheriden werden die Sidinen als Ausgangspunkt für die Cladoceren genommen und als vermittelnde Brücke zwischen diese und die Branchiopodiden gesetzt. Für die Leptodorinen aber ergiebt sich auf Grund der bis zum äußersten Extrem durchgeführten Umgestaltung der primären zweiästigen Ex- tremitätenform der Phyllopoden nach Cravs die unabweisbare Konse- quenz, dass die von WEIsmAanNn verfochtene Auffassung der Leptodora als einer Art Ur-Daphnide, die als Ausgangspunkt zur Ableitung des Cladocerenorganismus dienen könne, unhaltbar sei. Ich habe die beiden vorliegenden Anschauungen in dem Kern ihrer Kontroverse gegeben, um hieran anschließend in kurzer kriti- scher Gegenüberstellung des Für und Wider in dieser Streitfrage die 12* 172 Max Samter, Nothwendigkeit einer ontogenetischen Beweisführung am schärfsten zum Ausdruck zu bringen, ohne welche weder die eine noch die andere Partei direkt widerlegt werden kann. Sofern speciell bei Leptodora unumgänglich als primitiv zu deutende Charaktere per- sistiren, lässt auch die längsgestreckte Form mit gleichem Rechte, wie sie CLAus bezüglich des langausgezogenen Abdomens als sekun- däre Erscheinung deutet, auf eine ursprünglich überkommene Eigen- schaft schließen. Denn, während bei den Daphniden bereits in den den Metanauplien der Branchiopodiden gleichenden Entwicklungs- stadien die Verkürzung des Abdomens zum Ausdruck kommt, weist der Metanauplius der Leptodora ein dem Metanauplius von Apus äquivalentes abdominales Gebilde auf, dem nur die Extremitäten- anlagen fehlen. Ein fester Stützpunkt aber dafür, dass dieser Metanauplius mit diesen Organisationsverhältnissen sich als typisch und ursprünglich deuten ließe, liegt im Vorhandensein seiner sechs Thorakalextremitäten gegenüber dem gänzlichen Fehlen jeder Anlage für das sechste Thorakalbein bei den Daphniden. Da nun dem nur rudimentär ausgebildeten sechsten Fuß der ausgewachsenen Leptodora kaum eine physiologische Rolle zukommt, so wäre aus dem Vor- handensein dieses Extremitätenrudiments eine direkte Ableitung der Leptodora aus dem typischen Daphnidenbau ohne Weiteres kaum verständlich, jedenfalls eine so enge Beziehung, wie sie nach ULAus zwischen der Leptodora und den Daphniden bestehen müsste, kaum anzunehmen, wenn sich nicht in der Ontogenie der Leptodora ausgesprochen Daphniden-ähnliche Charaktere finden ließen. Am besten dokumentirt die Persistenz alter Charaktere eben der von SARS (5) bei der Wintergeneration nachgewiesene Metanauplius, wel- cher allein der Gattung Leptodora zukommt, indem er als solcher bereits das Ei verlässt. Er besitzt noch den ruderförmigen Tasteran- theil an der Mandibel, der in der Daphnidenentwicklung geschwunden ist, ihm fehlt hingegen in diesem Entwicklungstadium die Schale noch gänzlich, die sich bei den Daphniden bereits entsprechend der ausgebildeten Form zeigt, und schließlich weist er noch das Nauplius- auge auf, welches in der Daphnidenentwicklung gänzlich in Wegfall gekommen ist. Für die Deutung im WEISMAnN’schen (7) Sinne wäre ferner auf den Ursprung des Ruderantennennervs der Leptodora hinzuweisen, der ausgesprochener, als es bei den Daphniden der Fall ist, fast völlig mit den Verhältnissen übereinstimmt, die sich bei der von KLUNZINGER (9) beschriebenen ägyptischen Estherie finden. Bei den Daphniden sind die Ovarien aus dem Abdomen in Folge Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 173 der Verkürzung desselben sekundär in die vorderen Körperpartien verlagert; hinsichtlich der Lage der Ovarien der Leptodora ist es desshalb die natürlichste Deutung, wie dieses auch CLAus zugiebt, ein von ursprünglichen Lagerungsverhältnissen direkt überkommenes Verhalten anzunehmen. Stände nicht bei der Persistenz der erwähn- ten typischen Charaktere zu erwarten, eine den Daphniden ähnliche Lage in den Leptodora-Larven wiederzufinden, wenn Leptodora auf dem Umwege über die Daphniden-Organisation entstanden sei? Wenn aber die Ovariallage bei Leptodora eine ursprünglich vererbte ist, wie verhält es sich alsdann mit der von CLAus angenommenen sekun- dären Streckung des Abdomens bei den Leptodorinen? Zieht man ferner in Erwägung, dass die Vielgestaltiskeit der Extremitätenbil- dung, wie sie einerseits unter den einzelnen Phyllopodengruppen, andererseits unter den verschiedenen Extremitätenpaaren ein und derselben Form zu verzeichnen ist, auf eine bedeutende Variations- fähigkeit zur Zeit der ersten Herausdifferenzirung der einzelnen Phyllopodengattungen schließen lässt, und kommt hierzu in Betracht, dass die Gestaltbildungen der Cladocerenextremitäten mit ihren An- hängen aus der zweiästigen Extremität einen komplieirteren Bildungs- sang und dem zufolge eine längere Entwicklungszeit in Anspruch nehmen mussten als das Rudimentwerden des einen Astes bei der Leptodora-Extremität, welche auch nicht eine Spur einer jener epi- podialen Cladocerenanhänge besitzt, so wird die Argumentik, auf welche die Anschauung von CLAus sich stützt, in ihrem Werthe stark zurückgesetzt, und es erhebt sich die Frage, ob gegenüber der CLAus- schen These die von WEISMANN verfochtene nicht zu Recht besteht. Dann würden wir mit Weısmann (10) nach der Gliederung des Kör- pers und der Bildung der Schale zu systematisiren haben, und die Daphniden zusammen mit den Ostracoden als zwei Endpunkte der Entwieklung, Leptodora aber wegen der scharfen Sonderung des Körpers in Kopf, Brust, Bauch, ihres viergliederigen Abdomens und ihrer flachen, napfförmigen Schale als Ausgangspunkt zu betrachten haben. So stehen sich zwei Deutungen gegenüber, morphologische Vergleiche und Folgerungen haben sie ergeben, das Fehlen einer gesicherten entwicklungsgeschichtlichen Basis ist der Grund der Zwei- heit der Anschauungen. Und eng verknüpft mit dieser auf phylogenetische Speeialerörte- rungen sich zuspitzenden Frage, drängt ein weiterer Komplex von Erwägungen, die erfolgreichen entwieklungsgeschichtlichen Cladoceren- untersuchungen (11—14) der letzten Jahre an Leptodora aufzunehmen. 774 Max Samter, Der Dotterreichthum des Eies giebt die Veranlassung; denn aus dotterreichen Eiern sind bekanntlich die Cladoceren ursprünglich hervorgegangen, die bisher ontogenetisch untersuchten Cladocereneier sind jedoch dotterarm und speciell dieser Eigenschaft halber wegen der mit der Dotterarmuth verbundenen Durchsichtigkeit ausschließ- lich zur Untersuchung herangezogen worden. Es steht zu erwarten, dass die Ontogenie des dotterreichen Leptodora-Eies restirende Auf- schlüsse bringen wird, da der Dotterreichthum des Leptodora-Eies trotz derselben Ernährungsweise, wie sie bei den dotterärmeren Daph- nideneiern durch Blutplasma stattfindet, keineswegs ohne Weiteres als erst nachträglich erworben zu kennzeichnen ist. Denn diese Art der Ernährungsweise ist nicht hervorgerufen worden durch ein ali- mähliches Herabgehen des Dottergehaltes, sondern umgekehrt, sie ist Veranlassung gewesen für das Zurückgehen des Dottergehaltes der ursprünglich dotterreichen Cladocereneier. Bei Leptodora kann da- her der Dotterreichthum, wie jene anderen angeführten Charaktere, trotz der neu auftretenden Ernährungsform des Eies persistent ge- blieben sein. Giebt die ontogenetische Untersuchung hierfür einen Beleg, so schafft sie für Leptodora nicht allein eine andere Auffas- sung und eine andere Stellung im System, sondern löst zugleich in weiterem Sinne für die Art der Cladocerenentwieklung wichtige, noch offene Fragen. Wie hat sich bei den Cladoceren ursprünglich der Mitteldarm gebildet, und welche Rolle hat der Nahrungsdotter hierbei gespielt? Entspricht die Stelle, an welcher der Blastoporus zum Verschluss kommt, der späteren Ösophaguseinstülpung, wie dieses GROBBEN (1) für Moina behauptet, oder liest er in der Gegend des späteren Afters ? Ist der Gastrulationsprocess von GROBBEN für Moina irrthümlich angenommen, so dass bisher kein Beispiel für typische Gastrulation trotz des Dotterverlustes der betreffenden Eier bekannt ist? Giebt es bereits in der Blastosphaera die von GROBBEN für Moina angenommene Sonderung in drei differente Keimblätter, oder sind die Funde, welche Samassa (11) an Daphnia hyalina und Daphnella brachyura gemacht, typisch für die gesammte Cladocerenentwicklung? Wann und in welcher Weise bildet sich die Genitalanlage ? Ein Hinweis auf die Divergenzen und Unklarheiten, welche die neueren Untersuchungen für die Cladocerenentwicklung enthalten, möge die Basis erweitern, auf welche die vorliegende Arbeit ihre Begründung baut. Im Anschluss an die Ergebnisse der eigenen Unter- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lil]j. 675 suchung wird es im Speeiellen Aufgabe der Arbeit selbst sein, jene Differenzen eingehend zu beleuchten. | An dieser Stelle ist es mir Bedürfnis, dem Herrn Geheimrath Prof. Dr. Franz EILHARD SCHULZE meinen Dank auszusprechen für das mir gezeigte Interesse und die liebenswürdige Überweisung der nöthigen Litteratur, eben so dem Herrn Dr. RicHARD HryMmons, sowie dem Herrn Prof. LupwıeG PLATE für die Rathschläge, mit denen sie meine Untersuchungen unterstützt haben. Leptodora ist bekannt geworden durch W. Focke (15), welcher sie 1844 im Bremer Stadtgraben entdeckte und 1846 als Polyphemus Kindtii beschrieb. Nachdem 15 Jahre später der Schwede LiLLsE- BORG (16) in schwedischen Seen dasselbe Thier wiederfand, das auf der Bremer Naturforscher-Versammlung bei seinem ersten Vorweisen wegen seines von allen bisher bekannten Oladoceren abweichenden Körperbaues und wegen seiner besonders schön ausgebildeten hya- linen Beschaffenheit berechtigte Aufmerksamkeit erweckt hatte, wurde es 1860 zum ersten Male unter der Bezeichnung Leptodora hyalina in die Wissenschaft eingeführt. Durch die Untersuchungen von P. E. MüLrer (17), welcher die Leptodora auch im Genfer- und Boden- see fand und die ersten Angaben über einige Entwicklungsstadien der Sommerbrut machte, und durch die Beschreibung von N. WaAc- NER (18), welcher ohne Kenntnis des LILLJEBORG’schen Fundes sie als Hyalosoma Dux aus einem See bei Kasan beschrieb, war, nach- dem Weısmann (10) im Anschluss an seine monographische Bearbei- tung dieser Form 1874 ihr Vorkommen auch im Lago maggiore nach- gewiesen hatte, der Beweis für eine allgemeine Verbreitung der Leptodora gegeben, und sie war aus dem Niveau einer aberranten Lokalform zu allgemeiner Bedeutung erhoben. Es ist heut bekannt, dass ihr Auftreten nur an größere Seen, die einen steten Wasserwechsel haben, geknüpft ist. In der Umgegend von Berlin wurde sie 1876 zum ersten Male von dem Gymnasiallehrer Dr. SCHOEDLER (19) gefunden. . Entwicklungsgeschichtlich ist Lepto- dora außer von P. E. MÜLLER noch von G. O. Sars (8) behandelt, welcher 1873 an den letzten Entwicklungsstadien der Wintereier eine Metamorphose für Leptodora nachwies; 1895 gelang es mir (20), unsere Kenntnisse von der Metamorphose durch den Nachweis zu erweitern, dass bei der Frühlingsgeneration, welche sich aus befruchteten Eiern entwickelt, sich auch die Lage und Form der Schale während des Larvenlebens verändert, so dass sie erst beim ausgebildeten Thiere der Frühlingsgeneration die gleiche Lage und Form erhält, wie bei 176 Max Samter, ” der Sommergeneration. Schließlich sei noch erwähnt, dass Weıs- MANN (21) 1876 die für den ganzen Cladocerenstamm gültige Art der Eibildung zuerst bei der Leptodora nachgewiesen hat. Bei der vorliegenden Arbeit ergab die technische Behandlung der- artige Schwierigkeiten, dass durch sie mehr als die Hälfte der Arbeits- zeit in Anspruch genommen war, und ich mich daher veranlasst sehe, die bisher gefundenen Resultate, welche den weitaus größten Theil der Entwicklung umschließen, als speciell beschreibenden Theil ge- sondert zur Publikation gelangen zu lassen, an welchen anschließend ich später die letzten Entwicklungsstadien und die allgemeinen Er- gebnisse und Schlüsse im allgemeinen Theil zusammenzufassen beab- sichtige. Da die gefangenen Thiere im Aquarium sich nur einige Tage lebend erhalten ließen, zumal in den Wasserbehältern immer ein gut Theil auf dem Transport oder beim Fang zu Grunde gegangener Individuen sich befanden, das Herausnehmen derselben aber, oder das Übertragen der noch Lebenden in reines Wasser für deren Lebensdauer selbstredend Nachtheile brachte, so war im Vergleich zu der Mühe des Transportes die Zahl der gut zu konserviren- den Eier eine zu geringe und es musste dem zufolge die Konservirung des Materials an der Fundstelle selbst, am Wannsee bei Berlin, vorgenommen werden. Für die Konservirung bildet der Wasserreich- thum des Eies und die geringe Durchlässigkeit der Eischale besondere Schwierigkeiten. Die Anwendung alkoholischer Reagentien ruft Schrumpfungen und Deformationen hervor, rein wässerige Fixirungs- mittel schließen wegen der Undurchlässigkeit der Schale brauchbare und gute Konservirungen aus. Heiße Reagentien sind unbrauchbar. Je nach der Zahl der Eier konnten nur zwei, höchstens vier Thiere gleichzeitig technisch behandelt werden. Da der Fixirungs- und Erhärtungsprocess, sowie die folgende technische Behandlung sehr langwierig war, so ergiebt sich schon hieraus das Zeitraubende der technischen Vorarbeiten. Es wurden je zwei oder drei Thiere mit einer auf ungefähr 30° erwärmten Sublimatlösung, welche 5—10°/,igen Alkohol enthielt, über- schüttet, und die schnell vermittels Pipette aus dem Brutraum aus- gespülten Eier möglichst mehrmals punktirt und unmittelbar nach der Punktation in eine alkoholische Sublimatlösung von 15—200/, bei gleichem Wärmesrade gebracht. In kurzen Zeitintervallen von höchstens 10 Minuten wurde die warme alkoholische Sublimatlösung um etwa 10°%/, ihres Alkoholgehaltes erhöht, so dass 50—60 Minuten Duulien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 177 nach der_ ersten Abtödtung das punktirte Ei in einer 50°/,igen alko- holischen Sublimatlösung sich befand. Aus. dieser wurde dann das Ei in reinen 50°/,igen Alkohol übertragen und durch gleichmäßiges Erhöhen des Alkoholgehaltes um 10% allmählich in absoluten Alko- hol übergeführt. Für die weitere Behandlung nach der Erkältung des Fies war der Dyalysator von unersetzlichem Werthe. Mit seiner Hilfe wur- den die Eier in Benzol aufgehell. Zum Zweck der Einbettung brachte ich die Eier zunächst in Paraffin von 30° Schmelzpunkt, da durch höhere Wärmegrade die feineren histologischen Verhältnisse stark beeinträchtigt werden, und dann erst nach der Durchtränkung in Paraffin von 30° in solches von 63° Schmelzpunkt, und zwar in dem Augenblick der Erstarrung desselben. Orientirt habe ich die Eier vor der Einbettung auf die von mir in der Zeitschrift für wiss. Mikroskopie Bd. XII angegebene Weise dadurch, dass ich sie unter Alkohol auf ein rechtwinkelig zugeschnittenes Stück der Eihaut eines Hühnereies aufklebte und dieses Plättehen mitsammt dem darauf orientirten Ei zur Einbettung brachte. I. Das ungefurchte Ei, Das in den Brutraum frisch abgelegte Ei besitzt völlige Kugel- form und erscheint im Leben wie ein farbloser durchsichtiger Glas- körper. Bei erster Betrachtung zeigt das von unten her einfallende Licht im Innern des lebenden Eies eine große Zahl großblasiger Gebilde, welche das ganze Ei ausfüllen, und welche nach erfolgter Fixirung sich als diehtgehäufte, auffallend große, das gesammte Ei- innere lückenlos ausfüllende Dotterkugeln darstellen. Dieser Dotter ist größer als er sonst bei Entomostrakeneiern zu sein pflegt. Ohne Reagentien ist am lebenden Ei außer ihm nichts scharf erkennbar. Die Größe des frisch in den Brutraum übergetretenen Eies bewegt sich im Durchschnitt zwischen 0,204—0,255 mm. Vergleicht man diese Größe mit der Größe anderer Cladocereneier, so muss es auf- fallen, dass im Vergleich zur Größe des Thieres die Eier besonders klein sind. An sich wäre dieser Umstand nicht auffallend, wenn nicht ein Vergleich der Eigröße zur Thiergröße anderer Cladoceren die Thatsache nahe brächte, dass ein bestimmtes Abhängigkeitsver- hältnis zwischen Eigröße und Thiergröße bei den betreffenden Clado- ceren bestünde. Nur zum Belege dieser Thatsache, ohne mich weiter in die daraus entspringenden Fragen einzulassen, gebe ich nach den Angaben der betreffenden Autoren die Größenwerthe der bisher ge- 178 Max Samter, messenen Cladocereneier und füge hierzu die ungefähren Größenver- hältnisse der von mir gemessenen Thiere selbst. Ich drücke die Größe der betreffenden Thiere, zumal eine ganz exakte Volumen- bestimmung unmöglich ist, nur durch ihr Längsmaß aus, da sie in ihrem Diekenvolumen alle ungefähr zwischen 1/,—!/, mm differiren, so dass hauptsächlich die Länge des Thieres das Ausschlaggebende für die Größe des Thieres ist. Die erste Spalte der Tabelle enthält die den betreffenden Arbeiten entnommenen genauen Größenangaben der Eier, die zweite Spalte giebt bei längsovalen Eiern die abge- rundete und auf eine Hauptachse gebrachte Durchmessergröße, und Spalte 3 die Größe des betreffenden Thieres selbst. (GROBBEN) Moma rectirosiuien 2... 0.095_0112 mm | 910 mm 1 mm Moina paradoxa ...... A .0,13 mm Imm' Leptodora hyalina ..... ne u cm 5 mm Daplınıanpulexa.n. 222. en ons 0,22 mm 11/; mm Ceriodaphnia quadrangulata 0.09 s a mm | ‚0,12 mm 1 mm EN er SE 2 em 2 BEER Ceriodaphnia reticulata . . 01 = e2 De a 0,19 mm l mm ET )) ’ „1 25 Bea ERLEBEN ER. Bosmina longirostris ... 0.07 a en 0,085 mm | 1%—3/, mm Ceriodaphnia mucronata . en 0,14 mm ilmm (SAMASSA) Daphnella brachyura en 0,21 mm lmm 0,17 auf 0,50 mm | 0,24 mm Sida erystallmarıı 2 eu un) an verschiedenen Fund- se au non a “ 0,30 mm 2 mm stellen 0,25 > 0,45 mm Simocephalus vetulus ... ee, 0,20 mm 2 mm Camptocercus macrurus. . en 0,14 mm 1 mm Polyphemus oeculus N 0,05 mm | 3/4 mm Ein Vergleich der Thier- und Eigröße der in der Tabelle auf- . geführten Formen ergiebt den Beleg für die Thatsache, dass das Leptodora-Ei im Verhältnis zur Körpergröße des Mutterthieres auf- fallend klein ist. Da bei allen Cladoceren die Embryonen der Sommer- bruten in gleicher Ausbildung den Mutterorganismus verlassen, so Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 179 wächst die Ernährungsfähigkeit des Mutterthieres, mag es sich um die Versorgung des Eies oder der sich bildenden Embryonen handeln, proportional ihrer Körpergröße. Da bei Leptodora diese Proportio- nalität im Gegensatz zu den in der Tabelle aufgeführten übrigen Cladoceren in der Größe ihrer Eier nicht zum Ausdruck kommt, so muss der Verbrauch der Leistungsfähigkeit nach einer anderen Seite hin gerichtet sein. | So weit nun unsere Kenntnisse von den physiologischen Vor- gängen bei der Bildung von Nachkommen reichen, und wie dieses auch WEISMANnN bei seinen grundlegenden Untersuchungen über die Bildung der Sommereier bei den Daphniden angenommen hat, geht die Bildung von Sommereiern bei günstiger Ernährung den ganzen Sommer ohne Unterbrechung vor sich, so “dass nach Ablage der einen Bıut wiederum eine neue Serie von Eiern für den Übertritt in den Brutraum sich vorbereitet. Bei Leptodora habe ich in den Sommer- monaten verhältnismäßig wenig Thiere gefunden, die keine Embryo- nen im Brutraum hatten, und deren Ovarialeier dennoch erst in den ersten Perioden ihrer Entstehung sich befanden. Der Mutterorganis- mus bildet daher bereits neue Eier zu einer Zeit, in welcher er die Aufzucht seiner Embryonen besorgt. Berücksichtigen wir, bevor wir zu den ersten aus dieser That- sache hervorgehenden Erwägungen kommen, die Zahl der bei Leptodora gleichzeitis zur Bildung gelangenden Eier, so stoßen wir auf keine ausnahmsweise hohen Zahlen. Die Maximalzahl der von Cladoceren überhaupt gleichzeitig gebildeten Eier, die ungefähr 20 beträgt, wird auch von Leptodora nur in ganz extremen Fällen und dann natürlich nur um ein Geringes überschritten. Nie bildet sich eine doppelt hohe Zahl von Eiern, deren Ausbildung schon in Anbetracht der Raum- ‘verhältnisse des Brutbehälters, zumal er kleiner ist als bei den übri- gen Cladocerenfamilien, nicht möglich wäre. Nachdem somit erwiesen ist, dass die Nährzufuhr des Mutterthieres nicht für eine gleichzeitig sich entwiekelnde doppelte Embryonenzahl in. Anspruch genommen wird, so wäre es möglich, dass bei Leptodora die Ausbildung der für die Cladoceren als normal geltenden Eigröße in die Embryonal- entwieklung verlegt wird und auf Kosten des Blutplasmas des Mutterthieres vor sich ginge, ohne eine Verschiebung in der Ent- wieklungsdauer der Eier auf der einen oder der Embryonen auf der anderen Seite herbeizuführen. Eine kurze Erwägung und der Vergleich der Größenverhältnisse zwischen den Wintereiern von Leptodora und denen von anderen 180 Max Samter, Cladoceren verwirft diese Möglichkeit, setzt wenigstens ihre Bedeutung für die Ergänzung der fehlenden Eigröße stark herab. Zunächst muss es auffallen, dass der Dotterreichthum des Leptodora-Eies gegen- über den weit dotterärmeren Cladocereneiern sich nicht in einer ent- sprechenden Eigröße geltend macht. Da sich aber bei allen Clado- ceren alle Sommereier auf gleiche Art aus vier Keimzellen bilden, ob sie mehr oder weniger oder überhaupt keine Dotterelemente in ihrem Inneren abscheiden, — auf Daphnella, welche eine Ausnahmestellung in Bezug auf die Bildung ihrer Sommereier einnimmt, komme ich später zu sprechen — so würde jede Erklärung für das Überwiegen von Protoplasma bei den einen, von Deutoplasma bei den anderen Eiern, ermangeln, wollte man nicht in dem Deutoplasma eine Kon- centration der aus den drei Nährzellen bestehenden Nährsubstanz sehen. Dem zufolge müsste bei gleicher Zahl der Eier und gleicher Ernäh- rungsweise das Volumen der in gleicher Zeit gebildeten nährdotter- reichen Eier kleiner sein als das Volumen dotterarmer, weil das Material, welches für das Deutoplasma verbraucht wird, im Deuto- plasma in koncentrirter Form erscheint. Den besten Beleg für die Koncentration des Nährmaterials als Deutoplasma giebt ein Vergleich der Sommer- und Wintereier von Moina paradoxa. Das aus nur einer Eikammer gebildete dotterarme Sommerei von Moina misst im Durchschnitt 0,13 mm, das dotterreiche Winterei, welches aus 11 Ei- kammern entsteht, müsste demnach 1,45 mm ohne die in der Bildung von Deutoplasma liegende Koncentration messen; da es nur 0,29 mm misst, ist die Konzentration im Deutoplasma bewiesen. Bei Leptodora seht das besondere Kapacitätsvermögen aus dem Umstande hervor, dass aus nur zwei Nährkammern im Winterei das Material für die Bildung des hochentwickelten Metanauplius genommen wird, und diese koncentrirte Nährmasse einem Eivolumen entspricht, das in Anbetracht des Abhängigkeitsverhältnisses, wie es bei anderen Clado- ceren zwischen den dotterarmen Sommereiern und der Größe der entsprechenden Thiere zum Ausdruck kommt, der Eigröße der Sommer- eier dieser Cladoceren entsprechen würde. Diese Kompressionsfähigkeit aber, ohne welche bei gleicher Bildungsart der Eier das Auftreten des Deutoplasmas unverständlich bliebe, ist es, welche das Leptodora-Ei kleiner erscheinen lässt, als es ohne diese Kompression wäre. Ohne Weiteres zeigt schon die Kleinheit des Leptodora-Eies, dass mit dem Dottergehalt, welcher es vor allen anderen Cladocereneiern auszeichnet, nicht eine besonders reiche Ausstattung des Eies erzielt werden soll, in so fern im gün- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 181 stigen Falle bei Aufhebung der Kompression das Leptodora-Ei die gleiche Größe erlangen würde, als sie die dotterarmen Cladocereneier entsprechend der Körpergröße ihrer Mutterthiere besitzen. Das Vorhandensein des Dotterreichthums der Leptodora-Eier spricht in Folge dessen nothgedrungen für das Bedürfnis einer Volumenverkleinerung der Ovarialeier. Der Dotterreichthum ist dem- nach hier nichts Ursprüngliches, sondern durch nachträglich einge- tretene Änderungen in den Raumverhältnissen der Ovarien hervor- gerufen worden. Ein Vergleich der in der Tabelle aufgeführten Eigrößen Eh der entsprechenden Thiergrößen giebt die nicht zu übersehende That- sache, dass mit der Größenzunahme des Thieres eine Größenzunahme des zugehörigen Eies Hand in Hand geht. Die kleinsten Arten pro- duziren die kleinsten, die größten Arten die größten Eier, und zwar scheint, was beachtenswerth ist, einer Thiergröße von 1 mm ein Minimalmaß von ungefähr 0,10 mm Eidurchmesser zu entsprechen. Nur Daphnella und Leptodora bilden eine Ausnahme, Daphnella zeigt einen zu hohen, Leptodora einen zu niederen Werth. Bei Daphnella löst sich der scheinbare Widerspruch, sobald erwogen wird, dass das Sommerei von Daphnella nicht aus vier Keimzellen, sondern nach den WEISMANN’schen Untersuchungen aus der doppelten Zahl, also aus acht Keimzellen sich bildet. So erhält Daphnella auf Grund des doppelten Materialverbrauches das doppelte Eivolumen. Nun produeiren die meisten Cladoceren bei günstiger Ernährung 12—20 Sommereier, Daphnella jedoch gleichzeitig nur drei. Dieser Umstand legt die Vermuthung nahe, dass bei allen Cladoceren entsprechend der be- treffenden Thiergröße in gleichen Zeitintervallen die für die Bildung der Sommereier aufgewandte Nährfähigkeit entsprechend groß ist. Jedenfalls zeigt ein Vergleich der in der Tabelle enthaltenen Zahlen- werthe, dass die Größe des mütterlichen Organismus für die Größe seines Eies in so fern bestimmend ist, als das Ei vor Übertritt in den Brutraum eine Minimalgröße erlangt haben muss, welche durch nachträgliche Ernährung vermittels Blutplasmas nicht ersetzt werden kann. Ist diese Ansicht aber richtig, muss in der That das Sommerei der Cladoceren entsprechnd der Größe des Mutterthieres ein bestimmtes Minimalvolumen besitzen, so ist dieses noch ein weiterer Grund, in dem Sommerei der Leptodora ejn durch Kompression nur scheinbar ver- kleinertes Ei zu sehen. Der Process der Kompression des Dotter- materials in der Eizelle wird sich direkt dadurch verfolgen lassen, 182 Max Samter, dass trotz des Beginns der Dotterabscheidung in der Eizelle, also trotz des beginnenden Zerfalles der drei Nährzellen, diese dennoch für einige Zeit auf ihrer gleichen Größe bleiben, eventuell sogar an Volumen noch zunehmen, so dass daraus erwiesen wäre, dass die Er- nährung von Seiten des Mutterthieres trotz des Beginnes der Eibildung ununterbrochen fortbesteht. In doppelter Beziehung habe ich die Kompression nachweisen können. Durch Größenvergleiche der Övarialeier und der in den Brutraum entleerten Eier zeigt sich, dass nach Übertritt in den Brutraum die Kompression noch um ein Geringes zunimmt. Das Maximalmaß der im Brutraum befindlichen Eier beträgt 0,25 mm. Von so geringem Eidurchmesser finden sich ausgebildete Eier im Ovarium höchst selten, im Ovarium schwankt der Durchmesser der Ovarialeier zwischen 0,25 mm und 0,33 mm. Einen Durchmesser von 0,485 mm, wie ihn WEISMANN für die Ovarial- eier der Sommerbruten angiebt, habe ich nie gefunden und glaube daher, dass hier ein Irrthum vorliegt. Das in’ den Brutraum ausge- stoßene Ei zeigt somit eine durch Zahlen zu belegende, noch weiter durehgeführte Kompression, welche in diesem Maße durch die Ver- hältnisse des Brutraumes herbeigeführt ist. Punktirt man nun ein frisch entleertes Ei, so zeigt sich am besten, unter welch hohem Drucke dasselbe steht. Bei gut 50 % aller Eier schießt bei der Punktation der zusammengepresste Dotter in momentanem Impuls aus dem Eiinnern hervor. Dem zufolge findet sich der Nährdotter, welcher den wesentlichsten Bestandtheil des Eies bildet, auch niemals in lockerem Zusammenhange, wie bei den bisher untersuchten Cladoceren- eiern oder in Gestalt vereinzelter Fetitropfen, sondern dicht gedrängt, eine Dotterkugel fest auf die andere gefügt, ist er komprimirt in das Ei als eine feste Masse eingelagert. Von der ernährungsphysiologischen Seite betrachtet, spielt diese Kompression eine große Rolle. Allseitig drängt der Nährdotter gegen die im Inneren des Eies liegende Hauptmasse des Bildungsdotters an, so dass die angrenzenden Dotterkugeln sich mit ihren rundlichen Flächen in die Oberfläche des Bildungsdotters hineindrängen und auf diese Weise die Energie der Nahrungsaufnahme vermehren müssen. Ob die Lage der Hauptmasse des Bildungsdotters eine Folge der Druckwirkung der Nährmassen ist, will ich hier nieht erörtern. Die einzelnen Dotterkugeln haben wohl gleichen qualitativen Werth, die völlige Schwärzung derselben durch Osmiumsäure beweist ihren Fett- gehalt, die starke Aufnahmefähigkeit von Farbstoffen ihren Eiweiß- gehalt. Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 183 Die Hauptmasse des Bildungsdotters selbst liegt mitten im Ei, rings von den Nährballen umschlossen und in ihr central gelegen der erste Furchungskern (Fig. 1). Von allen Seiten ist der Bildungsdotter durch die herandrängenden Dotterkugeln eingebuchtet, und sein Aus- sehen gewinnt auf diese Weise die Gestalt einer amöboiden Zelle. Allseitig gehen von dieser Hauptmasse des Bildungsdotters diekere oder feinere Ausläufer aus, welche mehr oder weniger weit sich durch den Dotter hindurchziehen und zum Theil bis zur Eiperipherie hinauflaufen. An der Berührungsstelle mit der peripheren Plasma- haut ziehen sie sich zu einem breiten Plasmabündel aus einander, so dass am gefärbten Ei kreisrunde Scheiben einer granulirten Plasma- masse an der Oberfläche erscheinen. Schnittfigur 63 zeigt diese an der Peripherie sich erweiternden Plasmazüge. Da von diesen pseudo- podienartigen Hauptplasmastraßen feinere Verzweigungen abgehen, so zieht ein ganzes Fachwerk feinster Plasmazüge durch das Ei, in welchem die Dotterkugeln eingebettet liegen. WEISMANN (22), welcher in seinen Untersuchungen über das Zahlenverhältnis der Richtungskörper bei parthenogenetisch sich ent- wickelnden Eiern die ersten Entwicklungsstadien der Leptodora-Eier wiedergiebt, zeichnet in seinen Totalbildern statt des ruhenden Kernes eine ungefärbte lichte Stelle. Auch mir gelang es trotz anderer Fixirungs- und Färbemethode niemals, an diesem ungefurchten Ei sowie in den folgenden beiden ersten Furchungsstadien eine intensive Kernfärbung zu erhalten, so dass ich annehmen möchte, dass wir auch hier ein Beispiel von den bekannten von HENKING beschriebenen, unfärbbaren Kernen vor uns haben. Hierzu kommt noch, dass die Vertheilung des Protoplasmas in dieser Hauptmasse des Bildungs- dotters eine ungleiche ist, und zwar nach der Oberfläche hin an Dichte zunimmt. Möglichenfalls kommen in dieser Vertheilung des Proto- plasmas die Processe der Assimilirung zum Ausdruck. In späteren Theilungsstadien schwindet das Auffällige in der Plasmavertheilung innerhalb der einzelnen Zellen gänzlich. Außer dieser bisher berücksichtigten Hauptmasse des Proto- plasmas breitet sich über die Peripherie ein feiner plasmatischer Überzug, das Weısuanw’sche Keimhautblastem. In dieses Keimhaut- blastem münden die Ausläufer des Innenplasmas. Alle protoplas- matischen Wachsthumserscheinungen spielen sich ausschließlich in der Hauptmasse des Innenplasmas selbst ab, dem Keimhautblastem kommt daher allein die Aufgabe des Gasaustausches zu. Die Lage des Innenplasmas ist eine excentrische, so dass nach 184 Max Samter, der Lage desselben das Ei sich in eine animale und eine vegetative Eihälfte zerlegen lässt. Die Excentrieität ist in der Mehrzahl der Fälle gleich, meist nur gering, nur vereinzelt erreicht sie einen auffallend hohen Grad. In der Regel wird man, wie dieses die schematische Fig. 1a wiedergiebt, durch das Ei eine äquatoriale Ebene in der Weise legen können, dass die eine Eihälfte, die vegetative, gänzlich frei ist vom Innenplasma, in der anderen aber, der animalen, in größerem oder geringerem senkrechten Abstand vom Miltelpankt dieser Äquatorebene das Innenplasma zu liegen kommt. In dem geringsten Grade der Excentrieität berührt das Innenplasma die Äqua- torebene oder geht in den extremsten Fällen noch um ein Geringes über dieselbe in die vegetative Eihälfte hinaus; in ihrem höchsten Grade liegt das Innenplasma in gleichem Abstande von dem Mittel- punkte der Äquatorebene und der Eiperipherie. Noch deutlicher wird die Excentricität der Lage des Innenplasmas dadurch, dass es nach der animalen Eihälfte eine größere Zahl stärkerer Plasmafort- sätze entsendet. Nach den WEISMANnN schen Untersuchungen bildet das Keim- bläschen sich bereits im Ovarium zur Richtungsspindel um, und un- mittelbar nach der Entleerung des Eies in den Brutraum wird die Riehtungsspindel an der Oberfläche des Eies im Rindenplasma sicht- bar. Das Richtungskörperchen, welches wie bei allen parthenogenetisch sich entwickelnden Entomostrakeneiern nicht über die Oberfläche des Eies hinaustritt, ist nur kurze Zeit in der Rinde des ungefurchten Eies anzutreffen. Für die Orientirung des ersten Furchungskernes zur Richtungsspindel bietet dieser Umstand große Schwierigkeiten. Es ist aus diesem Grunde auch nicht gelungen den Richtungskörper mit Bestimmtheit nachzuweisen, ich glaube jedoch annehmen zu sollen, dass die breite Plasmastraße in Fig. 1 und Fig. 63, welche sich konstant bei ungefurchten Eiern und noch zu Beginn der ersten Furchung und dann in schräger Stellung zu dem sich längs aus- ziehenden Innenplasma wiederfindet, auf die ursprüngliche Lage des Richtungskörpers hinweist. Um so mehr werde ich in dieser Ansicht bestärkt, als nach der WEIsmann’schen Untersuchung die Richtungs- spindel schräg zur Eioberfläche steht, und dem zufolge auch wahr- scheinlich das die Richtungsspindel bildende Keimbläschen nicht auf dem kürzesten Wege, das heißt im Eiradius, zur Eioberfläche empor- gestiegen ist. Da durch die Excentrieität des ersten Furchungkernes die Lage der Äquatorebene annähernd bestimmt ist, und die Nei- gung, in welcher dieselbe durch das Eicentrum gelegt werden muss, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 185 nur nach einer- Seite hin, und zwar nur um einen sehr kleinen Winkel schwankt, so.habe ich die Lage des Richtungskörpers nicht genauer zu bestimmen versucht, zumal mir ausreichend ungefärbtes Material nicht zu Gebote stand, und die Aussichtslosigkeit so gut wie auf der Hand lag, da das ungefärbte Innenplasma durch die Dotterkugeln nicht zu erkennen ist, an gefärbten Eiern aber die Plasmastrahlung des Innenplasmas ein sicheres Unterscheiden unge- mein erschwert. Zweizelliges Stadium. Für das zweizellige Stadium bieten die beobachteten Eier ver- schiedene Bilder, welche ihre Entstehung der verschieden stark ausge- bildeten Excentrieität der ersten Furchungszelle verdanken. Übergänge zur ersten Theilung, wie sie mir in verschiedener Gestalt zu Gesicht kamen, zeigen unschwer das Typische. Im Allgemeinen weichen die beiden ersten Furchungszellen fast parallel zur Äquatorebene aus einander (Fig. 2). In der Regel wird sich daher noch die animale mit den beiden Theilprodukten von der vegetativen Eihälfte sondern lassen. Ist die Excentrieität des ersten Furchungskernes eine sehr starke, so ist die erste Theilung schräg zur Äquatorebene erfolgt, so dass die Verbindungslinie der Mitten beider Theilprodukte unter einem spitzen Winkel die Äquatorebene schneidet. Dieser Winkel kann dann 30° erreichen. In der Mehrzahl der Fälle aber wird in Folge der geringeren Excentrieität der Neigungswinkel beträchtlich spitzer sein, ungefähr 10° nicht übersteigen, so dass die beiden ersten Theil- produkte am rotirenden Ei scheinbar in der Mitte desselben zu liegen kommen. So hängt von der Excentrieität der ersten Furchungszelle die erste Theilungsrichtung ab, und zwar sehe ich mich veranlasst, ein Variiren der Theilungsriehtung anzunehmen, weil in den folgenden Theilungsstadien das Bestreben, zu variiren, deutlich zu Tage tritt. Dass es aber eine Parallelstellung zur Äquatorialebene ist und keine Senkrechtstellung, welche durch die erste Theilung annähernd erzielt wird, geht aus dem Umstande hervor, dass in einigen Fällen im viertheiligen Stadium die Theilprodukte mit dem größeren Theil ihrer Plasmamasse in die animale Eihälfte zu liegen kommen. In Bezug auf das Variiren aber in der Lage der ersten Furchungszelle und der ersten Theilungsrichtung sehe ich, in so fern konstant wiederkehrende Verhältnisse noch nicht vorhanden sind, in dem Dotterreichthum des Eies den Grund für dieses Variiren und möchte desshalb den Dotter- reichthum des Leptodora-Eies auch aus. diesem Grunde als eine Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 13 186 Max Samter, sekundäre Erwerbung betrachten. Das Unfertige in Bezug auf eine bestimmte Theilungsform schwindet erst dann, wenn durch die fort- gesetzten Theilungen eine annähernd gleiche Vertheilung der Fur- chungszellen in dem Ei erreicht ist. Vierzelliges Stadium. Nachdem die beiden ersten Furchungszellen ungefähr so weit aus einander gerückt sind, dass sie in dem zweiten und vierten Fünftel des in fünf gleiche Theile getheilten Eidurchmessers zu liegen kommen, schicken sich beide gleichzeitig wiederum zu einer neuen Theilung an. Vor der zweiten Theilung wachsen also die Theilprodukte der ersten Theilung annähernd zu der Größe der ersten Mutterzelle heran. Verbindet man nach erfolgter zweiter Theilung dann die aus einan- der weichenden Theilprodukte, so erhält man für die Theilungsrichtung eine Kreuzstellung. Die Theilung erfolgt also in beiden Furchungs- zellen für die erste Betrachtung in entgegengesetztem Sinne. Eine Projektion der mit einander zu je zwei verbundenen Theilzellen auf eine zwischen beide gelegte Mittelebene ergiebt eine Neigung von ungefähr 45° der beiden entgegengesetzten Theilungsrichtungen. Varia- tionen kommen vor. Die Neigung wird bisweilen so gering, dass die Verbindungslinien beinahe parallel zu einander verlaufen. Für das Typische der Theilung sind dieses jedoch nur Ausnahmen. Das Maximum der Neigung beider Kreuzlinien ist in einem Winkel von 60° gegeben. Es entsteht nun die Frage, wie das Vierersystem über die animale und vegetative Eihälfte vertheilt ist. Über die Lage des Vierersystems zur Äquatorebene ist zunächst eine Orientirung nöthig. Nach der Mehrzahl der Fälle, deren Typus in Fig. 3 wiedergegeben ist, wäre es möglich, dass die Neigung der beiden Theilungsrich- tungen mehr einer Senkrechten, eben so gut aber auch einer Parallelen zur Äquatorebene nahe käme. Trotz dieser anfangs nicht löslich scheinenden Schwierigkeit geben die bereits erwähnten, nur selten auftretenden Neigungsextreme einen Aufschluss in dem Falle, wenn mit einer annähernden Parallelität der beiden Verbindungslinien von je zwei der vier Furchungszellen eine besonders excentrische Lage der einen ersten Furchungszelle verbunden ist. Alsdann kommen vegetative und animale Eihälfte noch deutlich zum Ausdruck, und es zeigt sich dann, dass, eben so wie in dem angedeuteten extremen Falle, die Theilung zum Äquator parallel verläuft, in allen übrigen Fällen die Neigung auf eine Abweichung von der Parallelen zurück- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 187 zuführen ist. Eine besondere Berücksichtigung verdient für die Art der zweiten Theilung alsdann der Umstand, dass ein Variiren in der Segenseitigen Theilungsrichtung zu verzeichnen ist," durch welches eine verschiedene Neigungsrichtung zur Äquatorebene hervorgerufen und zugleich die Kreuz- oder Malstellung der vier Furchungskugeln im Ei bedingt wird. | Aus der Betrachtung der Lagebeziehungen der vier Furchungs- zellen zu einander und zum Äquator des Eies ergiebt sich also die Thatsache, dass beide Theilungsrichtungen sich zum Äquator nach der vegetativen Eihälfte hinneigen, und dass diese Neigung in der einen Theilungsrichtung stärker zum Ausdruck kommt, als in der anderen, so dass auf der einen Seite ein Theilprodukt tiefer in .die vegetative Eihälfte rückt, als auf der anderen. Das Hinzutreten des Umstandes, dass diese Neigung außerdem noch stark bei den ver- schiedenen Eiern variirt, so dass, wie bereits erwähnt, sich alle nur möglichen Übergänge von völliger Parallelität bis zu einer Neigung von 60° zwischen den vier Furchungszellen finden, möchte besonders dafür sprechen, dass das Leptodora-Ei sich bis zu dieser Phase seiner Entwicklung in der Neugestaltung einer neuen Furchungsrichtung befindet. Und zwar lässt sich die Parallelität der beiden Theilungs- richtungen zur Äquatorebene als das Ursprüngliche, die Modifikationen hiervon als Neubildungen in Anspruch nehmen. Die neu eintretende Umgestaltung im ersten und zweiten Furchungsprocess meine ich aber auf eine erst sekundär gesteigerte Anhäufung von Nährdotter in der vegetativen Eihälfte mit einigem Rechte zurückführen zu können, zumal in den nun folgenden Theilungen eine bestimmt fixirte Gesetz- mäßigkeit zu konstatiren ist, und innere physikalische Unterschiede in den verschiedenen Eiern als die Ursache für die Variationen über- haupt nicht in Frage kommen. Ich meine, dass je nach dem Ver- lauf der beiden ersten Furchungen sich ein Ei mehr als das andere den veränderten Verhältnissen anpasst. Aus einer parallel zur Äquatorebene verlaufenden Theilung wäre eine zu ihr senkrecht verlaufende in Bildung begriffen, veranlasst durch die auf der vege- tativen Seite aufgespeicherten Nährmassen. Um so mehr wird diese Annahme gestützt, als ein Vergleich des Furchungsverlaufes der ersten beiden Theilungen an dotterarmen und dotterreicheren Cladocereneiern zeigt, dass derselbe von dem Nährdotter beeinflusst wird. Einen Übergang in der Art der ersten beiden Furchungen im Leptodora-Ei sehe ich aber aus dem Grunde, dass das dotterarme Moina-Ei sein vierzelliges Theilungsstadium durch doppelte Theilung der Theilkerne 1is= 188 Max Samter, in der Äquatorebene oder doch in einer Parallelen zur Äquatorebene entstehen lässt, das dotterreichere Daphnella-Ei dagegen wegen seines Dotterreichthums und wegen der Art der Vertheilung desselben die erste Furchung parallel zur Äquatorebene richtet, so dass die beiden ersten Theilprodukte senkrecht über und unter derselben zu liegen kommen, und die vier Theilprodukte der folgenden Theilung, ähnlich wie im Leptodora-Ei, im Gegensatz aber zum Moina-Ei, zu je zwei über und unter der Äquatorebene gelegen sind. Nach der Vertheilung des Innenplasmas mit seinem Furchungs- kern lässt sich das äußerlich völlig ungefurchte Ei in zwei asymme- trische Eihälften zerlegen, die je zwei Quadranten der animalen und je zwei der vegetativen Eihälfte umfassen. Die vegetative Ei- hälfte ist als solche noch in so fern markirt, als in ihr nur eine der vier Furchungszellen zu liegen kommt, die zweite fast ausschließ- lich dem Grenzgebiet, wenn nicht, was ich häufiger fand. der animalen Eihälfte angehört. | | Auch jetzt ziehen noch von den vier Furchungszellen Plasma- straßen nach den verschiedenen Richtungen und vereinigen sich an der Peripherie mit dem Keimhautblastem, doch haben sie an Zahl und Dicke abgenommen. Die resorbirende Bedeutung, welche ihnen wohl zukommt, tritt mit der erhöhten Zahl der Furchungszellen zu- rück, da durch die Vertheilung der Furchungszellen von mehreren Punkten her eine gesteigerte Resorption des Dotters von den Ober- flächen der Furchungszellen stattfinden kann. Mit der Viertheilung nähern sich die vier Theilzellen der Eioberfläche, so dass sie, wie Schnitte zeigen, ungefähr in dem zweiten Siebentel des Eidurchmessers zu treffen sind. Ihre Größe variirt bei annähernd gleich großen Eiern. Achtzelliges Stadium. Nach der nächstfolgenden, der dritten Theilung, erreichen die Theil- produkte alsdann ganz die Eioberfläche und fließen mit dem Keimhaut- blastem zusammen (Fig. 4). Die Theilung erfolgt in jeder der vier Mutterzellen gleichzeitig, und zwar verläuft die Theilung selbst gleich- mäßig in jeder der vier Zellen. Die Theilungsebene liegt parallel zur Theilungsrichtung des vorhergehenden Stadiums, so dass in den vier Furchungszellen die Furchungsspindeln senkrecht zu den kreuz- weise sich schneidenden Theilungsrichtungen des vorhergehenden Stadiums stehen. So kommt nach erfolgter Theilung, indem die Furchungszellen aus einander rücken, in so fern eine Schiefstellung Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 189 der Theilprodukte zu Stande, als dieselben, auf beiden asymmetrischen Eihälften unter sich zu je vier quadratisch verbunden, eine Schief- stellung dieser Quadrate zu einander ergeben. Der leichteren Orien- tirung halber füge ich zu der Totalansicht Fig. 4 noch eine schema- tische Darstellung des dritten Theilungsprocesses in Fig. 4a hinzu und gebe die beiden asymmetrischen Eihälften neben einander in ihrer ungefähren gegenseitigen Lagebeziehung wieder. Die Ziffer innerhalb der Kreise giebt an, in welcher Furchung die einzelnen Theilprodukte entstanden sind, und der Buchstabe A die der einen, der Buchstabe DB die der anderen asymmetrischen Eihälfte angehören- den Theilprodukte. Wie aus dieser schematischen Figur ersichtlich ist, richtet sich die Schiefstellung nach dem Neigungswinkel, unter dem die Theilungsrichtungen des vorhergehenden Viererstadiums standen, so dass bei der dritten Theilung selbst alle Übergänge von annähernder Parallelität bis zur Senkrechtstellung der Theilungsrichtungen in beiden asymmetrischen Eihälften vorkommen. In der Regel aber liegt, nachdem nach erfolgter Theilung die Theilprodukte die Ober- fläche erreicht haben, auf der einen Eihälfte in Folge der stärkeren Neigung der beiden Mutterzellen zur Äquatorebene je eines ihrer Theilprodukte fast ganz auf dem Äquator, je eines auf den durch den animalen und vegetativen Eipol gehenden Meridian, auf der anderen Eihälfte aber kommen die vier Theilprodukte in Folge der geringeren Neigung ihrer Mutterzellen mehr zwischen Äquator und Meridian, also mehr in die vier Eiquadranten selbst zu liegen. Ge- mäß der geringeren Neigung der beiden Mutterzellen in der einen der asymmetrischen Eihälften zur Äquatorebene ist dieselbe auch noch in ihren Theilprodukten nachweisbar, so dass in diesem dritten Furehungsstadium noch animale und vegetative Eihälfte durch die Art der Vertheilung der acht Furchungszellen deutlich zum Ausdruck kommen. Zum animalen Pol hin neigen sich die Furchungszellen in kleineren Abständen als zum vegetativen Pol, und in der Mehrzahl der Fälle liegen auf der animalen Eihälfte daher fünf, auf der vege- tativen nur drei Furchungszellen. Im Übrigen ist der Abstand zwischen den einzelnen Furchungs- zellen ungefähr so groß, als der doppelte Durchmesser einer jeden von ihnen beträgt, so dass noch ein breiter Dotterstreif zwischen den einzelnen peripher gelegenen Theilzellen sich vorfindet. Ihre Trennung durch den Dotter ist keine absolute, sondern durch starke Anastomose sind sie amöbenartig kontinuirlich verbunden und in 190 Max Samter, diesem Stadium repräsentiren sie daher schon dasselbe Bild, wie es von WEISMANN erst für ein viel älteres Stadium gegeben wurde. ° Sechzehnzelliges Stadium. Indem sich die acht Zellen des vorhergehenden Stadiums zu gleicher Zeit theilen, entstehen sechzehn Theilprodukte, welche sich in annähernd gleichmäßigen Abständen über die Eioberfläche ver- theilen. Eine Orientirung über die Art der erfolgten Theilung ist daher nur an einem Zwischenstadium möglich, in welchem die vor- handenen acht Zellen sich eben zur Theilung anschicken (Fig. 5). In einem solchen Stadium lassen sich je vier Furchungszellen, von ' denen je zwei noch in Zusammenhang stehen, leicht zu einer Gruppe vereinigt zusammenfassen, so dass vier Gruppen von je vier Zellen die Bildung des sechzehnzelligen Stadiums repräsentiren. In der Mitte einer jeden der vier Gruppen muss die Zelllage des vierzelligen Stadiums zu suchen sein. Nach der Art der Lagerichtung, welche die Theilprodukte in den vier Gruppen einnehmen, lassen sich diese ohne Weiteres wiederum in zwei durch ihre differente Theilungs- richtung verschiedene Hauptgruppen von je acht Zellen sondern, von denen jede einzelne Gruppe ihre acht Theilzellen in gleicher Rich- tung aus einander weichen lässt, so dass in beiden Gruppen zwei Parallele durch je vier Furchungszellen sich legen lassen, und diese beiden Parallelsysteme in beiden Gruppen schiefwinkelig zu einander geneigt sind. Da also die Neigung des achtzelligen Stadiums ge- wahrt ist, bleibt die Asymmetrie der beiden Eihälften und ergiebt als Hauptmoment neben der Gleichzeitigkeit auch eine Gleichartigkeit der Theilung auf beiden asymmetrischen Eihälften. Und zwar erfolst die Theilung in allen acht Zellen des vorhergehenden Stadiums senk- recht zur Theilungsrichtung des achtzelligen Stadiums, so dass in allen acht sich theilenden Zellen die Furchungsspindeln senkrecht zu den Furchungsspindeln des vorherigen Theilungsstadiums stehen. Dass die Theilung senkrecht zur vorhergehenden Theilung erfolgt, seht daraus hervor, dass immer zwei und zwei in Theilung begriffene Zellen einander näher stehen. In Fig. 5 stehen die Zellen «a, und a,, und die Zellen 5, und d,, einander genähert, so dass wir a, und a,, und ebenso 5, und 5,, von einem Ursprung entstanden und desshalb als zusammengehörig betrachten müssen. Durch die senkreehte Theilung entstehen aber ferner, wenn die sechzehn Zellen nicht mehr nach ihrer Entstehung in die beiden be- sprochenen Hauptgruppen zusammengefügt werden, und daher die Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 191 Asymmetrie der beiden Eihälften unberücksichtigt bleibt, als beachtens- werthe Lagebeziehung durch Zusammenfügung je einer Gruppe von je vier Zellen aus jeder der beiden asymmetrischen Eihälften zu einer neuen Hauptgruppe zwei Zellbänder, aus je zwei parallelen Zellreihen sebildet, deren acht Zellen einen Kreisbogen von ungefähr 2/, der Eiperipherie darstellen. Durch die freibleibende Stelle der Eiperipherie tritt der zweite Kreisbogen ein, und sein erstes Zellenpaar liegt zwischen dem zweiten und dritten Zellenpaar des ersten Kreisbogens. Beide Kreisbögen zeigen ihre Öffnungen einander zugewandt. Zur schnelleren Auffindung der beiden Kreisbögen sei noch bemerkt, dass dieselben dadurch zu Stande kommen, dass die erste Gruppe von vier Zellen der einen mit der zweiten Gruppe der anderen asymme- trischen Eihälfte verbunden, den einen Kreisbogen, die beiden resti- renden Zellgruppen den anderen Kreisbogen ergeben. Eine Orientirung nach dem animalen und vegetativen Eipol er- giebt, dass derselbe zwischen dem zweiten und dritten Zellpaar der beiden Kreisbögen gelegen ist. Es kommen daher nach erfolgter vierter Theilung acht Zellen auf die animale und acht auf die vege- tative Eihälfte zu liegen. Als Resume dieser Thatsache ergiebt sich der Umstand, dass auf Grund der Schiefstellung der Theilungsrichtung des vierzelligen Sta- diums eine gleichmäßige Vertheilung der sechzehn Furchungszellen über die animale und vegetative Eihälfte nach gleichmäßiger auf ein- ander folgender Senkrechttheilung der beiden letzten Furchungen her- beigeführt werden konnte. Hätten sich bei der zweiten Furchung die beiden excentrisch in der animalen Eihälfte gelegenen Furchungs- zellen gleichmäßig: mit meridionaler Furchungsebene getheilt, dann wäre auch im sechzehnzelligen Stadium die Vertheilung auf animaler und vegetativer Eihälfte noch eine ungleichmäßige geblieben. Aus der weiteren Erwägung, dass eine Theilung mit äquatorialer Theilungs- ebene für das vierzellige Stadium ohne Weiteres denselben Erfolg für das sechzehnzellige Stadium ergeben hätte, geht noch deutlicher hervor, dass die schiefe Art der Theilung im Viererstadium nur einen Übergang zu einer Theilung darstellen kann, in welcher die Fur- chungsspindeln genau senkrecht zur Äquatorebene gelegen sind. Dass die auf. Schiefstellung beruhende Asymmetrie der beiden Ei- hälften selbst, welche bis zum sechzehnzelligen Stadium deutlich zu Tage tritt, ohne Bedeutung für die Gestalt- und Lagebeziehung des späteren Embryos ist, geht aus der neu auftauchenden asymmetrischen Stellung in den sechzehn Furchungszellen hervor, welche den Beginn 192 Max Samter, für eine neue Gruppirung der peripheren Furchungszellen markirt. So steht die Schiefstellung selbst in keinem Causalzusammenhang mit den späteren Gestaltungsvorgängen am Ei und kann ihre Bedeutung allein in der gleichmäßigen Vertheilung der Furehungszellen über die Ei- peripherie finden. In dem quer über den animalen Eipol gehenden Zellband ist der Abstand zwischen dem zweiten und dritten Zellenpaar größer als zwischen allen übrigen Zellenpaaren. In diesem Stadium ist der Entfernungsunterschied noch unbedeutend, tritt jedoch in: Folge der weiteren Theilungen bald scharf hervor, zumal diese Zellen im späteren Verlaufe in den Theilungen zurückbleiben. Ich werde später zeigen können, dass die Partie der Eioberfläche, welche die größeren Abstände aufweist, zur Ventralseite wird; die animale Eihälfte ent- spricht somit der späteren Ventralseite des Embryos, und die Längs- achse des Embryos steht senkrecht auf der durch den animalen und vegetativen Eipol gelegten Achse. | Vergleichen wir nun die ersten beiden Furchungsrichtungen und das Resultat der vierten mit denen von Moina und Daphnella bra- chyura, so zeigt es sich, dass trotz der Verschiedenartigkeit der beiden ersten Furehungsrichtungen zu der durch animalen und vege- tativen Eipol gelegten Hauptachse bei allen drei Formen in Bezug auf die Längsachse des Embryos das Resultat der vierten Furchung übereinstimmend das gleiche ist. Eben so wie bei Moina und Daph- nella finden wir auf der dorsalen wie auf der ventralen Seite je acht Zellen vor, wobei hervorgehoben sei, dass bei Daphnella im Gegensatz zu Moina und Leptodora die Hauptachse des Eies zugleich Längsachse des Embryos ist. Während aber bei Moina sowohl wie bei Daphnella in der dorsalen wie der ventralen Eihälfte die acht Furchungszellen in gleicher Richtung zur Längsachse liegen, sind bei Leptodora die acht Furchungszellen mehr oder weniger schief zu der Längsachse geneigt. — Bis auf die unbedeutenden Entfernungsdifferenzen zwi- schen den Furchungszellen auf der ventralen Seite ist im sechzehn- zelligen Stadium eine Differenzirung der einzelnen Blastomeren selbst noch nicht eingetreten. Sie sind in übereinstimmender Größe durch Anastomose zu je zwei mit einander verbunden, im Ganzen durch den bis zur Peripherie reichenden Dotter getrennt. Derselbe bleibt in diesem Stadium von der Furchung noch vollständig un- berührt. Studien zur Entwicklungsgeschiehte der Leptodora hyalina Lillj. 193 Zweiunddreißigzelliges Stadium. Mit dem nächstfolgenden Stadium finden sich zweiunddreißig Zellen auf der Oberfläche des Eies in gleicher Größe und in ungefähr gleichen Abständen von einander. Das Zwischenstadium Fig. 6 zeigt alle sechzehn Zellen in Theilung begriffen, so dass nach der Größe der Theilprodukte oder der Zeit ihrer Theilung ein äußerer Unter- schied unter den einzelnen Blastomeren nicht zu verzeichnen ist. Hier tritt der erste Unterschied in der Entwicklungsweise der Lepto- dora zu der der bisher beschriebenen Cladocerenentwicklungen zu Tage; im allgemeinen Theile werde ich auf diesen Punkt eingehen. Die Vertheilung der zweiunddreißig Zellen ist folgende. Es lassen sich zwei Zellbänder aus je sechzehn Zellen gebildet am rotirenden Ei auf der Oberfläche deutlich abzählen. Jedes Zellband besteht aus zwei parallelen Zellschnüren, jede Parallele aus acht auf einander folgenden Zellen. Jedes der beiden Bänder umspannt ähnlich wie im vorhergehenden Stadium ungefähr °/, der Eioberfläche, und durch das freibleibende Drittel legt sich das zweite Zellenband, so dass dessen erstes Zellenpaar zwischen die vierte und fünfte Zelle des ersten Zellenbandes zu liegen kommt. So ergiebt das Resultat der Theilung eine annähernd gleichmäßige Vertheilung der einzelnen anastomosirenden und noch durch Dotter getrennten Furchungszellen über die Eioberfläche. Zur genauen Feststellung der Lageverhältnisse fixirte ich auf einer Glaskugel nach einem schwach rotirenden Ei die Lage der einzelnen Furchungszellen, indem ich dünne Scheiben von Modellirwachs auf die Glaskugel klebte und zur Orientirung zweierlei Farben benutzte. Fig. 6 stellt das betreffende Stadium dar, ihrer Lage nach sind die Zellen nach dem Präparate selbst ein- gezeichnet, die verschiedene Färbung der Furchungszellen in der Zeichnung ist nach dem Glasmodell gegeben. Die sechzehn rothen Furchungszellen repräsentiren das eine Band, die sechzehn grünen das zweite. Auf beiden asymmetrischen Eihälften ist demnach die Theilung senkrecht zur vorhergehenden Theilung erfolgt, so dass die Furchungsspindeln des zweiunddreißigzelligen Stadiums zur Theilungs- richtung der vorhergehenden Theilung senkrecht stehen. So erhalten wir in Folge der asymmetrischen Lage der vier Urzellen vom Vierer- stadium in beiden asymmetrischen Eihälften eine Schiefstellung der beiden Theilungsrichtungen zu einander. Die Schiefstellung ist je- doch nur noch so lange erkennbar, als sich, eben so wie im vorher- sehenden Stadium, Gruppen von je vier Zellen, von denen immer 194 | Max Samter, zwei Zellen eben erst ihre Theilung beenden, zusammenfassen lassen. Ist erst die völlige Lösung der einzelnen Zellen von einander erfoist, so dass zweiunddreißig Zellen sich gleichmäßig über die Eioberfläche vertheilen, dann schwindet die Asymmetrie der beiden Eihälften fast gänzlich. Es treten alsdann die beiden erwähnten Zellbänder scharf hervor. So ergiebt sich, dass jedes der Zellbänder aus der Hälfte der Zellen jeder der asymmetrischen Eihälften gebildet ist. Aut Grund ihrer Entstehung verlaufen beide Zellbänder nicht geradlinig, sind jedoch in Folge der gleichen Theilungsrichtung der sie bildenden Furchungszellen deutlich aus einander zu halten, zumal noch die zu- sammengehörigen Tochterzellen stets einander etwas genähert sind. Ihrer Lage zu den beiden Eipolen nach geht das eine Band quer über den animalen, das zweite in gleicher Weise über den vegetativen Eipol hinweg, so dass die Hälfte eines jeden Zellbandes je zwei kreuzweise zu einander stehende Quadranten der beiden ursprünglich asymmetrischen Eihälften inne hat. Da somit in beiden asymmetri- schen Eihälften je sechzehn Furchungszellen zu liegen kommen, so ist demnach mit dem zweiunddreißigzelligen Stadium die ursprüng- liche Asymmetrie aufgegeben. Auf der Dorsalseite des Eies aber liegen von dem einen Zellbande die beiden Mittelsruppen von je vier Zellen von dem zweiten Zellbande die beiden Endgsruppen und eben so auf der Ventralseite .die beiden Mittelgruppen des einen und die beiden Endgruppen des-anderen Zellbandes, so dass auch dorsal und ventral je sechzehn Zellen gelegen sind. Trotz dieser scheinbar völlig gleich- artigen Vertheilung der Zellen über die Eioberfläche wird, was ich schon im sechzehnzelligen Stadium erwähnte, der Eindruck erweckt, als ob auf der Ventralseite die beiden Mittelgruppen unter sich und von den umgrenzenden Gruppen einen etwas größeren Ab- stand aufwiesen. Es hat den Anschein, als ob sich die beiden End- gruppen des einen Zellbandes sich vom ventralen Pol entfernend um ein Geringes der Äquatorlinie nähern wollten. Da diese Verhältnisse speciell für dieses Stadium nicht von der maßgebenden Bedeutung sind, und am rotirenden Ei genaue Messungen unmöglich sind, so gehe ich auf die gemachte Beobachtung hier nicht weiter ein. Der Verlauf der weiteren Theilungen wird ergeben, dass an dieser Stelle eine allmähliche Lageverschiebung der Furchungszellen zu der Äquatorlinie hin stattfindet, und es ist von geringem Belang, ob sich dieselbe schon in diesem oder erst in späteren Stadien nach- weisen lässt. Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 19 [2 Vierundsechzigzelliges Stadium. "Auf der folgenden Entwicklungsstufe weist das Ei vierundsechzig Zellen auf. Alle zweiunddreißig Zellen des vorhergehenden Stadiums theilen sich also gleichzeitig. Die Abzählung geschah auf die an- gegebene Art. Die Theilung ist in Fig. 7 noch nicht völlig beendet, je zwei und zwei Zellen stehen noch in Zusammenhang; so ist die Zusammengehörigkeit, und die Art der Theilung in Folge dessen leichter zu ermitteln. Das Bild ist folgendes: Zwei Hauptgruppen von je sechzehn Zellen liegen einander gegenüber, die übrigen zwei- unddreißis Zellen bilden ein Zellband, welches in zwei Parallelen von je sechzehn Zellen zwischen diesen beiden Hauptgruppen in einer Wellenlinie mit zwei Wellenbergen verläuft. In den beiden Haupt- gruppen bilden die zechzehn Zellen je vier Gruppen aus vier Zellen, welche insgesammt die gleiche Theilungsrichtung inne halten. — Die Theilungsrichtung der einen Hauptgruppe schneidet die Theilungs- richtung der anderen in einem Winkel von etwa 45°. Eben so lassen sich in dem wellig verlaufenden Zellbande von zweiunddreißig Zellen Gruppen von je vier vereinigen. Vier von diesen aus vier Zellen gebildeten Gruppen bilden dann ihrerseits wieder eine Hauptgruppe, jede dieser Hauptgruppen repräsentirt ein halbes Wellenthal und einen halben Wellenbergs in dem einheitlichen Zellbande. Beide Haupt- gruppen dieses Zellbandes beschreiben daher auf einander projizirt eine geschlossene Achterschleife: Fig. 7 (äquatoriales Zellband). Werden nun zu den sechzehn Zellen der beiden einander unter einem Winkel von 45° gegenüberstehenden Hauptgruppen, welche in Fig. 7 über und unter dem Zellbande liegen, mit je sechzehn Zellen des Zellbandes mit entsprechend gleicher Theilungsrichtung verbunden, dann entstehen zwei neue Zellgruppen, welche sich aus dem zweiunddreißigzelligen Stadium ohne Weiteres herleiten lassen und dem zufolge auch die Art der erfolgten neuen Theilung ergeben. Theilen sich im zweiunddreißigzelligen Stadium jede der vor- handenen Mutterzellen senkrecht zur vorangegangenen Theilung, so müssen die beiden sechzehnzelligen Zellbänder des zweiunddreißig- zelligen Stadiums jedes nicht nur zweiunddreißig Zellen aufweisen, sondern auch für das neue Stadium dieselben gegenseitigen Lage- beziehungen beibehalten. So sind zwei Zellbänder von vier Parallelen, jede Parallele aus acht Zellen entstanden, jedes der beiden Zellbänder umfasst wie im vorhergehenden Stadium ungefähr °/, der Eioberfläche, so dass in 196 Max Samter, dem freibleibenden Viertel die vier Parallelen des zweiten Zellbandes hindurchgehen. Der animale sowie der vegetative Eipol liest zwischen der zweiten und dritten Parallele und der vierten und fünften Zelle der betreffenden Parallelen. Die beiden Zellbänder verlaufen also quer über die beiden Eipole und von der ursprünglichen Asymmetrie ist nichts mehr vorhanden. Nachdem die Theilung vollständig er- folgt ist, ist das Ei von vierundsechzig Zellen gleichsam wie übersät. Aus der ersten Betrachtung, wie ich sie an den Anfang der Darstellung dieser Furchung gesetzt habe, zeigt sich, dass im vier- undsechzigzelligen Stadium das Zellmaterial, welches bestimmt ist in späteren Stadien die Ventralseite und die Dorsalseite zu bilden, sich bereits deutlich von der übrigen Masse der Zellen zu sondern beginnt. Und zwar liefern die sich kreuzweise zezenüberstehenden Hauptgruppen von je sechzehn Zellen Rücken und Bauch des späteren Embryos, das wellig verlaufende Zellband von zweiunddreißig Zellen, welches, wie nunmehr ersichtlich, im Äquator liegt, die Seiten des- selben. In so fern aber im Verlauf der folgenden Furchungsvorgänge diese Lagebeziehungen zur Gewissheit werden, so fällt auf dieses Stadium das Hauptgewicht, da es den Übergang von der ersten An- deutung der Ventralseite, wie sie sich im zweiunddreißigzelligen Stadium in den acht auf dem animalen Pol gelegenen Furchungs- zellen in ihrem ersten schwachen Anfang bemerkbar macht, zu der in späteren Stadien scharf als Ventralseite sich markirenden Zell- komplex vermittelt. Und aus diesem Grunde, um eine genaue Orientirung der Ventral- und Dorsalseite nach den beiden Eipolen vornehmen zu können, habe ich mich der Aufgabe unterzogen, im vorhergehenden Stadium sowie in dem vorliegenden eine genaue Ab- zählung und Feststellung der gegenseitigen Lagebeziehung der ein- zelnen Furchungszellen vorzunehmen. Die Identität der Lagebeziehung der Bauch- und Rückenseite zu den beiden Eipolen bei den ver- schiedenen Cladoceren nachzuweisen, wird Aufgabe des theoretischen Theiles sein. Hier sei hervorgehoben, dass sie bei Moina reetirostris und Leptodora hyalina vorhanden ist, da die Längsachse der Thiere senkrecht zu der Hauptachse der beiden Eier steht. Als eine weitere Erscheinung, die sich in diesem Stadium noch bemerkbar macht, ist zu erwähnen, dass sieh um je vier Zellen eine seichte Einschnürung des Dotters bildet, so dass der Dotter von der Oberfläche betrachtet in polygonale Felder zerlegt wird. Die Einkerbung selbst ist eine nur auf die äußerste Schicht sich er- streckende, an Schnitten sind nur minimale Spuren dieser Furchung Studien ‚zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lil. 197 vorhanden, der ‘größere Theil des Dotters bleibt von ihr völlig un- berührt. Da kurz vor der Theilung die einzelnen Zellen im Total- präparat eine intensivere Färbung zeigen als nach erfolgter Theilung, so dürfte wohl anzunehmen sein, dass sie ihr Plasma auf der Ober- fläche des Eies ausbreiten, um in möglichst nahe Berührung mit ein- ander zu kommen. Diese Berührung, das heißt der Schluss zur Blastosphaera wird mit diesem Stadium jedoch noch nicht erreicht; die einzelnen Furchungszellen sind noch durch dazwischenliegende Dotterelemente getrennt. Der Dotter selbst füllt das Eiinnere noch vollständig aus, und ist eine Veränderung in ihm oder in seiner Form noch nicht zu konstatiren; immer sind es noch dieselben rundlichen Ballen wie zu Beginn der Furchungen. Charakteristisch für die Art der Entwicklung ist die Gleich- fürmigkeit, mit welcher die Theilungen verlaufen, und der späte Be- ginn irgend weleher Differenzirung in den durch die Furchung ent- standenen Theilzellen. Noch mit dem vierundsechzigzelligen Stadium ist von einem ’Beginn irgend welcher Werthdifferenz zwischen den vierundsechzig Zellen nicht die Rede. Im Gegensatz zu diesem Ver- halten stehen alle bekannten Cladocerenentwicklungen. Ich möchte dieses Verhalten mit dem Dotterreichthum des Eies in Zusammen- hang bringen. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung fällt es zunächst auf, dass die Zellen vom vierundsechzigzelligen Stadium nicht mehr zu der ursprünglichen Dicke der Mutterzellen heranwachsen. Die Zellen der folgenden Stadien sind flacher und daher am Totalpräparat durch- scheinender, bis schließlich der Dotter des Eies nur von einem feinen Plasmaüberzug anastomosirender, durch kleine Zwischenräume ge- trennter Zellen überzogen ist. Bisweilen sind, da der Dotter sich mit Farbstoffen stark tingirt, und in Folge dessen eine starke Ent- färbung desselben nöthig ist, um die dünnen Zellüberzüge heraus zu differenziren, nur noch die Kerne derselben gefärbt, während das Zellplasma selbst wie der Dotter des Eies gänzlich farblos erscheint und daher am Totalpräparat kaum noch zu erkennen ist. Die ein- zelnen Furchungen, wie sie in den weiteren Stadien auf einander folgen, habe ich nun übergangen. Die Zeit und Mühe, welche das immer schwerer werdende Abzählen macht, scheint mir nach den gewonnenen Resultaten mit dem noch weiter zu erhoffenden Erfolge nicht in Einklang zu stehen, so dass ich nunmehr zur Keimblätter- bildung selbst übergehe. 198 | Max Samter, ’ Il. Keimblätterbildung. Der Umstand, dass mit dem weiteren Verlaufe der Furchungen die dem Dotter aufliegenden Blastodermzellen mehr und mehr an Dieke abnehmen, wird für die Orientirung über die Reihenfolge der nächsten Stadien und das wesentliche Entwicklungsmoment in dieser Reihe von Wichtigkeit. Während die erste gröbere Sonderung des für die Untersuchung vorbereiteten Materials zunächst scheinbar ein sänzliches Fehlen aller derjenigen Stadien ergiebt, in welcher die ersten embryonalen Körperformen in Bildung begriffen sind, dagegen eine übergroße Fülle scheinbarer Blastulastadien repräsentirt, führt nach der erfolgten Untersuchung der Furchungen der erwähnte Um- stand dazu, durch geeignete Färbung und Differenzirung in den ver- meintlichen Blastulastadien alle jene scheinbar fehlenden Zwischen- glieder der Entwicklungsreihe zu suchen. Nach und nach entstehen dann als Repräsentanten der auf einander folgenden Entwicklungs- phasen ähnliche Schattenbilder in der Leptodora-Entwicklung, wie sie REICHENBACH (23) für Astacus gefunden hat, oder wie sie für Mysis von NUSSBAUM reprodueirt sind (Figg. S—18). Als das wesentliche Moment in der Art der Entwicklung ergiebt sich also zunächst, dass sie abweichend von der Entwicklungsweise der bisher beschriebenen Cladocerenentwicklungen verläuft, bedingt durch den Dotterreichthum des Eies, und dass sie sich im Prinzip ihrer Entwicklung dotterreichen Malakostrakeneiern oder auch Eiern von Insekten anschließt. Es ist möglich, dass bei Daphnella, wenn auch nieht in so ausgeprägter Weise, ähnliche Verhältnisse zu Tage treten, zumal SamAssa angiebt, dass alle Extremitätenanlagen gleich- zeitig auftreten. Um von den betreffenden Stadien bei Leptodora möglichst klare Bilder zu erhalten, ist es nothwendig, die Eier vierund- zwanzig Stunden in Boraxkarmin zu lassen und unter mikroskopi- scher Kontrolle so lange zu entfärben, bis der Dotter jede Spur einer Färbung verloren hat. War das Ei an mehreren Stellen punktirt, so war allseitig in das Zellplasma und dessen Kerne so viel Farb- stoff eingedrungen, dass nach vollständiger Entfärbung des Dotters eine Spur desselben noch im Zellplasma vorhanden war, und die dünne Zelle von dem farblosen Dotter abhob, die Kerne selbst aber deutlicher in ihrer intensiveren Färbung hervortreten ließ. Nach der Differenzirung ist alsdann, da wegen der Kleinheit der einzelnen Partien auf der Eioberfläche die Form des Eies unversehrt bleiben muss, wegen der Zartheit des ganzen Gebildes eine sehr gründliche Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina LiHj. 199 Erhärtung, welche für die spätere Behandlung größere Widerstands- fähigkeit giebt, durchaus nöthig. Ich habe desshalb Eier dieser Stadien meist vier Wochen in 93°/,sigem Alkohol gehärtet. Da nun die amöboiden Zellen der Eioberfläche sich vom acht- zelligen bis zum vierundsechzigzelligen Stadium in gleichmäßiger Weise fortlaufend getheilt haben, und der bloße Theilungsprocess als solcher noch über das vierundsechzigzellige Stadium hinaus deutlich zu verfolgen ist, so durfte wohl auch angenommen werden, dass durch allmähliches Fortschreiten des Theilungsprocesses schließlich eine all- seitig geschlossene, einschichtige Zellenblase, eben so wie sie in der Entwicklung von Astacus vorhanden ist, zu Stande kommen würde. Diese geschlossene Zellenblase fehlt in der Leptodora-Entwick- lung. Noch bevor dieselbe zur Ausbildung gelangen kann, treten bereits im Inneren des Eies in mehrschichtiger Lage Zellmassen auf. Die Gastrulation schreitet also der Ausbildung der Blastosphaera voraus. Bevor ich nun die in Frage kommenden Verhältnisse beschreibe, will ich versuchen, eine Erklärung für diese abweichende Form der Gastrulation, die meines Wissens in der Orustaceenentwicklung noch nicht beschrieben ist, zu geben. Zunächst steht auf Grund der ge- wonnenen Thatsachen die Annahme fest, dass außer rein mechanischen Gesetzen vor Allem phyletische Momente ausschlaggebende Bedeutung für den Modus der Gastrulation bei Eiern von gleichem Dottergehalt gewinnen. Wäre diese Grundanschauung falsch, dann müsste beispiels- weise wie bei Astacus, das Leptodora-Ei vor der Gastrulation erst eine allseitig geschlossene Zellenblase entstehen lassen, da ein mechanischer Grund für das Ausbleiben derselben schlechterdings unauffindbar wäre. Eine phyletische Erklärung meine ich daher für das Fehlen des Blastulastadiums in der Leptodora-Entwicklung an- nehmen zu müssen. Noch deutlicher tritt die Nothwendigkeit dieser Annahme zu Tage, wenn wir erwägen, dass der Dottergehalt einen größeren oder geringeren Einfluss auf die Zahl der Blastodermzellen und der aus der Blastosphaera sich absondernden Entodermzellen mehr oder minder ausüben wird, was im Allgemeinen sich auch in den verschiedenen Crustaceenentwicklungen bestätigt findet. So würde auch aus rein ernährungsphysiologischen Gründen, zumal das Leptodora- Ei sich im Brutsaft der Mutter bis zur völligen Ausbildung entwickelt, eine Veranlassung für das auffällig vorzeitige Eindringen des Ento- derms nicht vorliegen. Da nun trotzdem die Thatsache besteht, so nehme ich auch aus diesem Grunde an, dass der Dotterreichthum 200 k Max Samter, des Leptodora-Eies eine Erwerbung aus neuerer Zeit bedeutet, und die Einwanderung zu einer Zeit geschieht, in welcher die für die Stammformen typische Zahl der Blastodermzellen ungefähr erreicht ist... Da phyletische Charaktere nicht sofort ohne Spur überwunden werden, 'so,dürfte von diesem Gesichtspunkte aus das Fehlen der Blastosphaera oder das frühe Eindringen der Entodermanlage noch von einem Ei mit ursprünglich geringerem Dottergehalt übernommen sein, und zwar muss auf eine besonders nahe Beziehung zu Clado- ceren mit dotterarmen Eiern geschlossen werden. Die Art der ersten Furchung, das Schwanken der Theilungsrichtung in der zweiten und das frühzeitige Eindringen der Entodermanlage mit Umgehung eines eigentlichen Blastosphaerastadiums sind die Gründe, die bis zu diesem Punkte der Entwicklung mich zu der Annahme von der sekundären Dottervermehrung im Leptodora-Ei veranlassen, andere kommen noch in dem Entwicklungsverlaufe hinzu, welche dieselbe weiter bestärken werden. Das Stadium, welches den Beginn für die ersten Differenzi- rungen unter den Blastodermzellen aufweist, und mit welchem die Bildung der Ento-Mesodermanlage ihren Anfang nimmt, stellt sich folgendermaßen dar: Stadium A. Die Eioberfläche wird von einer zunächst unbestimmbaren Zahl kleiner, sehr dünner Blastodermzellen, die jedoch, wie bereits be- kannt, noch nicht zu einem festen Verbande zusammengeschlossen sind, überdeckt. Zwischen den einzelnen Blastodermzellen sind überall noch Spalten und Zwischenräume vorhanden, und die diehtgedrängte Masse der Dotterkugeln tritt an diesen Stellen noch deutlich bei oberllächlicher mikroskopischer Einstellung hervor. Das ganze Ei überspannt außerdem noch die dünne Schicht des ursprünglichen Rindenplasmas, und in dieses als Verdickungen eingelagert finden sich die einzelnen Blastodermzellen, welche sich ihrerseits zwischen die Dotterkugeln einnisten. Unter einander ist zwischen den ein- zelnen Blastodermzellen durch feinste amöboide Verästelungen eine Anastomose hergestellt. Wie bereits hervorgehoben, werden diese Details erst nach gründlicher Entfärbung des Dotters deutlich. Als- dann zeigt sich auch (Fig. 9), dass sich ein Theil der Oberfläche zunächst durch seine zartere Färbung von der übrigen Eioberfläche abhebt. In ihm ragen aus dem Eiinnern die Dotterkugeln bis dicht an die Oberfläche hervor, während sie im Übrigen zu ihrem weitaus größten Theile wenigstens von den kleineren Blastodermzellen bedeckt Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lil. 201 bleiben. Auch in dieser zarter sich färbenden Stelle der Eioberfläche beweist eine feine Granulation die Existenz des äußerst zarten Plasma- überzuges über die hervorragenden Dottermassen. Der Plasmaüber- zug hat von seiner ursprünglichen Dicke am ungefurchten Ei’ bedeu- tend eingebüßt. Die physiologische Rolle, welche ihm während der ersten Furchungsstadien zufiel, ist mit der Vermehrung der Zellen auf der Oberfläche des Eies beendet. Es gelingt dann ferner auch für diesen Bereich der Eioberfläche sleichfalls amöboide Zellen mit ihren Kernen nachzuweisen. Sie sind jedoch um ?/, dünner als die übrigen Blastodermzellen und entgehen daher bei den ersten tech- nischen Versuchen leicht der Beobachtung. Diese weitaus dünnere Art der Blastodermzellen zeichnet sich dann noch vor Allem durch. ihre Größe aus. Das Zellplasma dieser Zellen ist also an Menge ungefähr gleich dem des übrigen Blastoderms, aber in anderer Lage- rung befindlich, ausgespannt gleichsam einen größeren Theil der Dotterkugeln bedeckend. Es ist ungefähr der doppelte Theil, den jede von ihnen gegenüber den übrigen Blastodermzellen auf der Ei- oberfläche einnimmt. Die erste vom Blastoderm herausdifferenzirte Anlage des Ento-Mesoderms ist in ihnen gegeben. Ento- und Meso- derm ist also von Anfang an noch nicht getrennt, sondern in einer Anlage vereinigt. Die Seite der Eioberfläche, welche die Anlage trägt, ist in Fig. 9 dem Auge zugekehrt. Als Oberflächenbild zeigt sie die großen, dünnen, amöboid verästelten Zellen in besonders feinem röthlichen Hauch. Bei durchscheinendem Licht treten un- mittelbar unter jenem Entodermüberzug unter einander in unregel- mäßiger Anordnung liegend die Dotterkugeln in Gestalt eines Maschen- werkes markant hervor. Im Inneren des Eies ist in diesem Stadium keine Zelle vorhanden. Die kleinen indifferenten Blastodermzellen verursachen in Folge ihrer Dieke und dichteren Stellung auf den Oberflächenbildern die intensivere Färbung. Kurze Zeit nach der ersten Sonderung des Entoderms von dem übrigen indifferenten Blasto- derm bilden sich einige der Entodermzellen zu gesonderten Mesoderm- zellen um. Auf das Verwandtschaftliche dieser Erscheinung mit bestimmten Crustaceengruppen werde ich im allgemeinen Theile zurückkommen. Zunächst sind diese größeren Zellen einander gleichwerthig, und ich bezeichne die ganze Anlage desshalb kurz als Entoderm. Dieses Entoderm umfasst ungefähr !/, der ganzen Eioberfläche. Somit steht die Ausdehnung des Entoderms unter den Crustaceeneiern, bei denen die Entodermanlage einen verhältnismäßig großen Theil der Eioberfläche Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Ba. 14 202 Max Samter, einnimmt, in erster Reihe. In ihrer Lage bestimmt sie zugleich die Lage des Gastrulamundes, der, was die spätere Entwicklung dann noch bestimmter hervortreten lässt, die ganze Ventralseite des Em- bryos von der künftigen endgültigen Mundöffnung bis zur Afteröffnung einnimmt. Entsprechend der Ausdehnung der Entodermanlage auf der Eioberfläche ist auch die Zahl der Entodermzellen, wie bereits erwähnt, eine entsprechend hohe. Es lässt sich nicht bestimmt fest- stellen, ob die Zahl der Entodermzellen konstant ist. Nur äußerst kurze Zeit steht das Ei in dieser Phase seiner Entwicklung still, und unmittelbar nach Entstehung derselben treten an den Rändern dieser Entodermscheibe Veränderungen auf, welche es alsdann sofort zweifel- haft erscheinen lassen, ob die betreffenden randständigen Zellen zur Entodermscheibe zu rechnen sind oder schon dem übrigen indifferen- ten Blastoderm angehören. Dass aber nicht unter 40 Entodermzellen vorhanden sind, darf als feststehend angesehen werden. Hinsicht- lich ihrer Lage auf dem Dotter ist noch nachzutragen, dass ihre Kerne und mit diesen der Haupttheil des Plasmas in den Lücken- räumen zwischen den Dotterkugeln gelegen ist. Ihrer Lage nach lassen sich die Entodermzellen in Längsreihen und Querreihen mit Leichtigkeit gruppiren, ein Beweis für die Ursprünglichkeit ihrer Lage. Ein ungefährer Schluss auf die Zahl der Blastodermzellen ist auf Grund der Zahl der Entodermzellen möglich, eben so auf den Zeitpunkt der ersten Differenzirung der Entodermanlage als solcher. Vergegenwärtigen wir uns, dass im vierundsechzigzelligen Stadium bereits eine merkliche Sonderung in Dorsal- und Ventralseite ein- getreten war, und nehmen wir dann eine erneute gleichmäßige, d.h. gleichzeitige Theilung für ein folgendes Stadium an, so würden wir 128 Zellen erhalten, welche entsprechend der verschiedenen Ver- theilung im vorhergehenden Stadium dieselbe auch jetzt noch als Dorsal- und Ventralseite zum Ausdruck bringen müssten. Natur- semäß wird der dorsale und ventrale Bezirk bei der erneuten Thei- lung einen engeren Umkreis erhalten als er vordem besaß, das heißt ein Theil der 16 ventral und dorsal gelegenen Randzellen wird mit seinen Theilprodukten mit den Theilprodukten des ursprünglich äquatorialen Zellbandes vereint lateral eine breitere Zone um die Eiperipherie bilden, so dass nicht die doppelte Zahl von 16 Zellen in den dorsalen und ventralen Bezirk zu liegen kommen. Wir wür- den alsdann von diesem Stadium Bilder zu erwarten haben, welche außer einer deutlichen Vermehrung der Blastodermzellen zugleich Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 203 dorsal und ventral eine gegenüber dem vierundsechzigzelligen Stadium erhöhte, jedoch nicht verdoppelte Zahl von Zellen aufweisen, welche im Vergleich zu den übrigen Blastodermzellen in größeren Abstän- den von einander liegen und im Vergleich zum vierundsechzigzelligen Stadium einen kleineren Bezirk auf der Eioberfläche umschreiben. Dem ist in der That so. In einem Stadium, welches ich als Zwischen- stadium der Kürze halber als Z-Stadium (Fig. 8) bezeichne, ist im Vergleich zum Stadium A (Fig. 9) in der Größe der Zellen. eine kaum merkliche Differenz vorhanden. Da nun ferner auf der Dorsal- und Ventralseite des vorliegenden Z-Stadiums nunmehr in ungefähr 1/, der Eioberfläche ungefähr 20 Zellen liegen, so dass bei einer gleichzeitig erfolgten Theilung aller 64 Furchungszellen des vorher- gehenden Stadiums für die restirende Gürtelzone von ungefähr 4/, Eioberfläche 88 Zellen übrig bleiben, und da ferner dieser Art der Zellvertheilung entsprechend in der That die Distanzdifferenz zwischen dorsal und ventral auf der einen Seite und lateral auf der anderen Seite nicht mehr so scharf zu Tage tritt, wie im vierund- sechzigzelligen Stadium, so ist die Art der Zellvertheilung im Z-Sta- dium fast beweisend für die gleichzeitig und gleichartig erfolgte Theilung aller vierundsechzig Zellen des vorhergehenden Furchungs- stadiums. Da nun die differente Entodermanlage im vorliegenden Stadium 1/; der Eioberfläche einnimmt, und nunmehr aus etwa 40 Zellen be- steht, auf der übrigen Eioberfläche aber die Zahl der Zellen ver- mehrt erscheint, so haben wahrscheinlich unter allen Zellen des Z-Stadiums nochmals Theilungen stattgefunden, und während dieser Processe müssen die im Stadium A zu Tage tretenden Wachsthums- modifikationen zu suchen sein. In diesen Processen ist also das Entoderm entstanden, und an der Hand von Totalbildern und Schnit- ten gelingt es, den Moment des ersten Auftretens der differenten Entoderm-Urzellen genauer festzustellen. Während im Z-Stadium die Eioberfläche der Totalbilder auf !/,; noch mit ungefähr 20 Zellen bedeckt ist, zeigen die Schnitte, welche durch ein um weniges älte- res Eistadium gelegt sind, dass die ventral gelegenen Zellen in der Zelltheilung dem übrigen Blastoderm nachfolgt. In der Schnittfig. 64 treffen wir an der Oberfläche fünf große Zellen in großen Zwischen- räumen, während auf der übrigen Eiperipherie die Zellen dichter stehen und ungefähr um die Hälfte kleiner sind. Da sich nun diese großen Zellen auf dem größeren Theile der ganzen Schnittserie verfolgen lassen, so identifieire ich dieselben als die in Längsreihen 14* 204 Max Samter, gestellten Entoderm-Urzellen des Z-Stadiums, zumal sie ebenfalls !/, der Eiperipherie einnehmen, so dass sie an Zahl unverändert die 20 Entoderm-Urzellen des Z-Stadiums darstellen. Somit macht sich unmittelbar nach dem Z-Stadium dureh eine verlangsamte Theilung von ungefähr 20 Zellen die erste Entodermdifferenzirung bemerk- bar. Dieselbe ist zugleich aller Wahrscheinlichkeit nach die erste Theilungsdifferenz seit der ersten Furchung. Der Ursprung der Entodermzellen ist mithin gegeben. Ich führe denselben auf das vierundsechzigzellige Stadium zurück und nehme an, dass ein Theil der ventral gelegenen 16 Furchungszellen zum Ento- derm geworden ist. Da nun feststeht, dass die differente Entoderm- scheibe nie die zweifach verdoppelte Zahl von 64 Zellen aufweist, so nehme ich mit Bestimmtheit an, dass im vierundsechzigzelligen Stadium ein Theil der Theilprodukte der 16 ventral gelegenen Furchungszellen zu dem späteren Ektoderm, ein Theil, und zwar der central gelesene, zu dem Entoderm erst nach erfolgter Theilung sich herausdifferenzirt. Während die 20 Entoderm-Urzellen des Z-Stadiums sich theilen, nehmen die indifferenten Blastodermzellen zugleich wie- der an Größe zu, und es ergiebt sich dann dem zufolge ein Totalbild mit ungefähr gleich großen Zellen und weniger scharfen Grenzen an der Entodermscheibe Erst mit dem nächsten Entwicklungsbilde Stadium A tritt die verschiedene Wachsthumsenergie zwischen Ento- derm und indifferentem Blastoderm wieder zu Tage. In dem Stadium, welches für diese Betrachtung als Ausgangspunkt diente, und welches ich dem folgenden Abschnitt als A-Stadium voransetze, hebt sich dann, wie im Eingang dieser Entwicklungsepoche bereits eingehend geschildert war, die Entodermscheibe mit mindestens 40 Entoderm- zellen deutlich ab. Die wiederum und.nunmehr konstant verlaufen- den Theilungen in dem randständigen Blastoderm sind die Ursache für die auffälligen Größenunterschiede in demselben Maße, wie das seit dem Z-Stadium sich bemerkbar machende Bestreben der Ento- dermzellen, eine möglichst hohe Flächenausdehnung ihres Zellplasmas herbeizuführen. Erwähnen will ich noch, dass diese Erscheinung mit der Zellvermehrung in dem randständigen Blastoderm zunimmt, so dass sie als eine Folge dieser regen Zelltheilung, wie ich sie im folgenden Abschnitt eingehend behandeln werde, angesehen werden darf. In so fern nun mit dem Vorhandensein einer deutlich sich abhebenden Entodermscheibe wesentliche Wachsthums- und Ver- mehrungsunterschiede in den einzelnen Blastodermpartien auf der Eioberfläche Hand in Hand gehen, welche das bis zu dieser Ent- Studien zur Entwieklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 205 wieklungsetappe einigermaßen durchgeführte Prineip der Gleichmäßig- keit aller Theilungsvorgänge am Ei aufheben, und in so fern sie die nunmehr auftretenden Zellgruppirungen und Gestaltungen auf der Eioberfläche einleiten, bilden sie den Markstein zwischen dem bis- her durchlaufenen Entwicklungsweg und dem nun folgenden °Ab- schnitt in der Embryologie des Thieres. Die ersten Anzeichen für die Neugestaltungen, wie sie in der Weiterentwicklung. des A-Sta- diums sich geltend machen, werden daher in einem neuen Abschnitt zusammen mit den aus ihnen folgenden Entwicklungsbildern zur Dar- stellung kommen. Mit der schärferen Ausbildung der differenten Entodermscheibe werden die Wachsthumsunterschiede unter den die Eioberfläche be- deckenden Blastodermzellen immer größer. Das Entoderm bleibt zunächst auf dem Stande seines Zellmaterials stehen, statt dessen aber macht sich eine bedeutende Steigerung der Wachsthumsenergie der randständigen Ektodermzellen bemerkbar, wie das indifferente Blastoderm nunmehr im Gegensatz zu der Entodermscheibe bezeichnet werden darf. Die folgenden Entwicklungsstadien zerfallen in drei Hauptphasen und anschließend an das zuletzt dargestellte bezeichne ich sie als Stadien 3, C und D. Stadium B. Zunächst kommt es, und damit charakterisirt sich das erste Sta- dium, in dem Ektoderm, welches unmittelbar der Entodermscheibe angrenzt, allmählich zu einer schnelleren Zelltheilung, welcher ein Zellwachsthum vorausgeht. Schon im Stadium A waren die ersten Andeutungen hierfür vorhanden. So kommt in der ersten Phase dieser Erscheinung ein Bild zu Stande (Fig. 10), in welchem zunächst nach der Anordnung und der Größe der Zellen auf der Eioberfläche drei Gebiete unterschieden werden: 1) die Entodermscheibe, 2) die sich lebhaft theilenden Randzellen um die Entodermscheibe und 3) auf der dieser entgegengesetzten Eihälfte von der Theilung noch nicht berührte größere Zellen mit größeren Zwischenräumen unter einander, das indifferente Ektoderm. Hier entsteht der Rücken, in den sich theilenden Randzellen die Seiten des Thieres und in der Entoderm- scheibe, wie schon erwähnt, die Ventralseite. Die Hauptaufmerksam- keit beanspruchen die Theilungsvorgänge um die Entodermscheibe, 206 at Max Samter, welche das ursprüngliche Bild vollständig verwischen und eine Klar- legung der sich abwickelnden Processe stark erschweren. i Es stellt sieh nämlich aus dem weiteren Verlauf dieser Vorgänge heraus, dass unter den Entodermzellen, welche zunächst jedes Größen- wachsthum suspendirt haben, die ersten Andeutungen und Folgen eines vom Üentrum radiär nach dem Rande der Entodermscheibe gerichteten Auseinanderweichens sich bemerkbar machen. Durch die in den Randpartien gesteigerten Theilungsvorgänge nun einerseits und die Lageverschiebung der Entodermzellen nach dem Rande hin andererseits findet da, wo die Entodermzellen mit den sich vermehrenden Ektodermzellen in Kontakt kommen, eine Zusammenziehung der Entodermzellen und somit eine Verdiekung derselben statt, so dass sich an der Grenzpartie die Unterschiede zwischen dem Entoderm und dem Ektoderm fast ganz aufheben. In diesen Stadien erscheint es alsdann zunächst, als ob die Zahl der Ento- dermzellen zurückgegangen wäre. Wenn alsdann die sich vermehren- den Ektodermzellen einen immer größeren Raum in Anspruch nehmen, dann füllen sie am Rande der Entodermscheibe die Zwischenräume zwischen den einzelnen Entodermzellen aus und gelangen auf diese Weise allmählich in die Entodermscheibe hinein, so dass die rand- ständigen Entodermzellen alsdann zwischen das specifische Ektoderm zu liegen kommen. Nur die Größe und mehr ovale Gestalt der Kerne kann dann noch den Ausschlag geben für die Natur der Zellen; die Ektodermzellen haben etwas kleinere runde Kerne. Die Wanderung der Entodermzellen geschieht, wie dies schon jetzt scheinen will, nicht gleich stark nach allen Riehtungen, sondern der Hauptstoß ist nach dem Hinterrande der Entodermscheibe ge- richtet. Der Hinterrand der Entodermscheibe ist zugleich die hintere Partie des werdenden Embryos. Spätere Stadien zeigen, dass hier die Bildungsstätte für den Thoracoabdominaltheil gelegen ist, während am gegenüberliegenden Rande sich der Kopf herausgestaltet, und die beiden Seiten der Entodermscheibe dann zunächst hauptsächlich von der Bildung der Ruderantenne in Anspruch genommen werden. — Da an gut konservirten Eiern eine Auflösung der Entodermzellen nicht nachweisbar war, so musste die fehlende Zahl der Entodermzellen, welche mit der Ausdehnung der in wachsender Vermehrung begrifienen Ektodermzellen immer höher stieg, innerhalb dieser Ektodermzellen selbst zu suchen sein, zumal sich in späteren Stadien herausstellte, dass keine einzige der. Entodermzellen schließlich in Folge ihrer Wanderung in der ursprünglichen Entodermscheibe zurückgeblieben Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 207 war. Die zur Eruirung dieser ziemlich komplieirten Verhältnisse vorgenommenen Messungen an verschiedenen Eistadien von gleicher Eigröße ergaben folgende Zahlen für die Größe der Entodermscheibe in den auf einander folgenden Überwachsungsstadien: Stadium B! —= 0,160 mm Sr 0156 mm za 22: 0.085,-,mm. Mit dieser Größenabnahme "geht innerhalb der Entodermscheibe eine Abnahme der Entodermzellen Hand in Hand. Und dass nicht etwa die als Entoderm in Anspruch genommenen Zellen sich von den Rändern der Scheibe her selbst successive theilen, ergiebt das fol- sende Stadium, in welchem zugleich auch die weiteren Unterschiede in der Art der Energie der Zelltheilungen des Ektoderms auftreten. Stadium C. Da, wo im vorhergehenden Stadium die vereinzelten Entoderm- zellen der äußersten Randpartie bereits stellenweis zwischen sich Ektoderm aufwiesen, sind dieselben durch die weitere Vermehrung im Ektoderm ganz von diesen überwachsen, in eine untere Zellschicht also hinabgedrängt und hier in diesem Stadium gerade sind sie dann, da die ektodermalen Zellvermehrungen sich fortwährend in schneller Folge fortsetzen, in den Entodermzellen aber bisher jedes Wachsthum aufgehört hat, in Folge dessen durch ihre ursprüngliche Größe namentlich aber durch die ovale Form ihrer Kerne von dem sie be- deckenden Ektoderm deutlicher als bisher gekennzeichnet. Nun wird es auch so recht erwiesen, dass es die in Wanderung begriffenen Entodermzellen der ursprünglichen Entodermscheibe sind; denn deren Schwesterzellen, welehe mehr der Mitte der Entodermscheibe ent- stammen und dem Hinterrande der Entodermscheibe zuwandern, drängen sich hier in gleicher Weise wie die randständigen Zellen der Entodermscheibe in Fig. 10, unmittelbar vor dem immer weiter vor- wachsenden Ektoderm zusammen. Und da es zwischen den nach vorn sich lebhaft vermehrenden Ektodermzellen und dem nach hinten drängenden Entoderm eine Zeit lang gleichsam zum Kampfe kommt, findet eine Ruhepause in der Entwicklung scheinbar statt, so dass die Zahl der gerade in diesem Stadium gefundenen Eier eine ver- ö A ; 1 Gemessen mit ZEISS z vom Vorderrande zum Hinterrande der Entoderm- scheibe. 208 Max Samter, hältnismäßig hohe ist, und auf diese Weise für das aus dem vorher- gehenden und dem nächstfolgenden Stadium schwer verständliche der Entwicklungserscheinungen die genügende Deutung ermöglicht wird. Rings um die Entodermscheibe geben in diesem Stadium zahl- reiche Kerntheilungsfiguren in gleicher Weise wie in Fig. 10 Zeug- nis von der Lebhaftigkeit der Vermehrungsvorgänge, doch da am Vorderrande wie zu den Seiten der Keimscheibe nur vereinzelt die Entodermzellen nach außen wandern und in Folge dessen hier der gegenseitige Widerstand nur gering ist, und das Entoderm, erst ein- mal aufgenommen von den es mehr und mehr umgebenden Ekto- dermzellen, leicht von diesen durch Überwachsung in ein tieferes Niveau gedrängt wird, so bleibt am Hinterrande, wo die größere Zahl der Kerntheilungsfiguren das weitaus größte Wachsthum am Ei zeigt und wohin der weitaus größte Theil der Entodermzellen drängt, der größere Widerstand. Und schon jetzt geben diese zahlreichen Theilungsfiguren am Hinterrande der Entodermscheibe die erste An- deutung, dass die mehr und mehr von Zellen sich entblößende Ento- dermscheibe in der Hauptsache von hinten her nach vorn über- wachsen wird. Wie in Fig. 10 finden sich in !/, der Entodermscheibe am Hinterrande derselben und schon etwas über denselben nach außen hinausgerückt die größere Zahl der Entodermzellen eng zu- sammengedrängt, rings von den kleinen Ektodermzellen umgeben, in denen Kerntheilungsfiguren überaus häufig sind und von denen schon vereinzelt einige Zellen über die größeren Entodermzellen hinüber- gedrängt sind. In der lichteren Stelle der Entodermscheibe tritt unter dem feinen Plasmaüberzug das Maschenwerk der Dotterkugeln immer deutlicher hervor. Das mit diesem Stadium besonders deutlich zur Geltung kommende gegensätzliche Verhalten der Produkte des Entoderms und Ektoderms zeigt als das Ursächliche der ersten Differenzirung beider Keimblätter, sofern dieselbe, wie sich nunmehr mit aller Bestimmtheit verfolgen lässt, auf Wachsthumsdifferenzen basirt, ein rein entwicklungsgeschicht- liches Moment. Die Furchungszellen waren bis zum Beginn der zweiten Entwicklungsepoche einander gleich, die Vertheilung derselben war ebenfalls noch nach dem vierundsechzigzelligen Stadium fast eine gleichmäßige, das Eiinnere war gleichmäßig von Dotterkugeln erfüllt, ein äußeres Moment war für ein nothwendiger Weise ver- schiedenartig verlaufendes Wachsthum nicht gegeben, und doch kam es noch vor der gieichmäßigen Ausbildung der Blastosphaera zur ersten Wachsthumsdifferenz, welehe in sich das erste Zeichen einer Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 209 auftretenden Zelldifferenzirung bedeutete. Von diesem Zeitpunkte an stand sich Ektoderm und Entoderm verschieden einander gegen- über. Die Deutung dieser Erscheinung habe ich bereits im Anfange des zweiten Abschnittes in der sekundären Dottervermehrung zu geben gesucht, durch welche das Entoderm sich schneller schon. vor der Blastosphaera in größerer Zellzahl herausbildet, um dann in An- lehnung an den ursprünglichen Entwicklungsgang, so lange die eigenen Vermehrungsprocesse zu suspendiren, als wie das Ektoderm den Be- stand von Zellmaterial erlangt hat, um eine einheitlich geschlossene Zellenblase zu ergeben. Einen weiteren Stützpunkt aber für das Sekundäre der in Er- wägung gezogenen Vorgänge scheint die Entwicklungsart, wie sie die beiden letzten Bilder ergeben, zu enthalten. Dieses unregelmäßige sich Ineinanderschieben der Entoderm- und Ektodermzellen macht durchaus den Eindruck, als wenn ursprüngliche Verhältnisse gestört und stark variirt wären. Wenn das Auseinanderweichen der Entoderm- zellen, durch welches das Sichineinanderschieben zu Stande kommt, mit der späteren Bildung des Mitteldarmrohres in konstruktiver Hin- sicht in Zusammenhang stände, dann ließe sich das Auseinander- weichen der Entodermzellen als nothwendiges erstes Glied für die Konstruirung des Mitteldarmrohres in Anspruch nehmen und mit Recht als etwas Ursprüngliches deuten. Es müsste dann aber auf das erste Auseinanderweichen eine allmähliche, gleichmäßige Um- wachsung des Dotters bis über die Dorsalseite hin erfolgen, wie dieses bei Mysideen und Arthrostraken auch der Fall ist, wo dann in der That das erste Auseinanderweichen der Entodermzellen das für die Konstruktion des Mitteldarmrohres unentbehrliche Anfangs- slied darstellt. Bei der Leptodora ist, wie die folgenden Stadien sehr bald ergeben, die Art der Bildung des Mitteldarmes eine durch- aus andere. Wie schon aus dem zuletzt beschriebenen Stadium her- vorgeht, kommt es schon kurz nach dem ersten Auftreten der Er- scheinung bei Leptodora nicht zu einem gleichmäßigen Auseinander- weichen des Entoderms nach allen Seiten, sondern der größere Bestandtheil des Entoderms drängt nach hinten und bildet auf diese Weise eine geschlossene Zellenlage, welche dann, wie die folgenden Stadien zeigen werden, nach ihrer ektodermalen Überwachsung ihre Lage auf der Ventralseite bewahrt und nicht peripher um die Dorsal- seite gleichmäßig herüber wächst. Dieser fundamentale Gegensatz in der Bildung des Mitteldarm- rohres zeigt, dass auch in dem ersten Auseinanderweichen bei Lepto- 210 Max .Samter, dora und bei den erwähnten Crustaceen ein fundamentaler Unter- schied besteht, und dass den gleichscheinenden Anfangsgliedern eine verschiedene Ursache für ihre Bildung innewohnt. Und der Umstand, dass die Entodermscheibe, da sie später als einschichtige Lage auf der Ventralseite liegen bleibt, nicht als geschlossene Platte versinkt, und dass das Ektoderm sich nicht in gleichmäßiger Überwachsung über dieselbe hinwegzieht, spricht für das sekundär Abgeänderte der ganzen Enwicklungsweise. Die Folgen, welche diese Entwicklungs- form mit sich bringt, sind augenscheinlich. Das stark entwickelte Entoderm bleibt in seiner Weiterentwicklung eine Zeit lang zurück, statt dessen werden im Ektoderm die Theilungsvorgänge stark angeregt. Es ist nicht anzunehmen, dass beide Thatsachen beziehungslos nur gleichzeitig neben einander eintreten, sondern zwischen beiden be- steht ein Causalzusammenhang. Aus der über den Dotter sich aus- breitenden Lage der Entodermzellen dieses und der vorhergehenden Stadien und aus der Funktion eines Theiles der Entodermzellen als typische Dotterzellen oder Vitellophagen möchte ich annehmen, dass sich in den vorliegenden Stadien auf Grund der abgeänderten Er- nährungsweise des Eies eine Art Arbeitstheilung bemerkbar macht. Die Entodermzellen ernähren die randständigen Ektodermzellen. Diese Art der Arbeitstheilung ist jedoch nicht auf Grund eines ur- sprünglichen Dotterbesitzes als Ursache für die frühzeitige Heraus- differenzirung des Entoderms anzusehen. Dagegen spricht nicht allein das Fehlen einer ähnlichen Erscheinung bei ursprünglich dotterreichen Eiern, sondern auch die ungleichmäßige Einzeleinwanderung der Ento- dermzellen trotz der einheitlichen Anlage derselben. Es wird durch- aus der Eindruck erweckt, als wenn es ähnlich wie bei dotterarmen Eiern zu einer einheitlichen Einstülpung eines im Blastosphaerasta- diums vorgebildeten Entoderms kommen sollte, und dass es der Dotterreichthum ist, welcher diese phylogenetische Bildungsweise auflöst und einen neuen Einwanderungstypus erzwingt. Die Kompres- sion des Eidotters würde diese Annahme wesentlich unterstützen. Bevor ich die in Frage kommenden Verhältnisse weiter verfolge, möchte ieh noch auf die Schnittfiguren 19 und 20 verweisen. Beide sind Längsschnitte, ungefähr durch die Mitte der Entodermscheibe ge- legt. Fig. 19, welche einen Schnitt durch das Stadium 2 darstellt, zeigt neben den flachgezogenen großen Entodermzellen am Hinter- rande der Scheibe in Folge der stärkeren Ektodermvermehrung eine Zusammenziehung und Anschwellung der Entodermzellen; auf diesem Schnitt liegen vier dieser großen Entodermzellen neben einander, und Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 211 dieser Kreisbogen der Eiperipherie ist daher mit dem in der Fig. 10 als Ent bezeichneten Theil der Entodermscheibe zu identifieiren. Die folgenden und vorangehenden Schnitte zeigen dieselben Bilder. An diesem Stadium vorgenommene Messungen ergaben im Vergleich mit den Messungen an Totalbildern und an Schnitten des vorhergehenden und des folgenden Stadiums nochmals mit völliger Bestimmtheit die Identität der zusammengezogenen Zellen mit den ursprünglich flach ausgezogenen Zellen aus dem hinteren Abschnitt der Entodermscheibe. Fig. 20, ebenfalls ein Längsschnitt durch die Mitte der Entoderm- scheibe, welcher der Zeit nach mit'einem durch das Stadium C''ge- legten Längsschnitt zu identifieiren ist, zeigt die Ursache für das Zusammenziehen der Entodermzellen in den sich über die äußersten derselben hinüberdrängenden Ektodermzellen. Die Ektodermzellen sind schon merklich kleiner geworden. Weder in der vorhergehenden noch in .dieser Schnittserie sind Dotterzellen im Inneren des Dotters, welcher nach wie vor das Ei- innere dieht erfüllt, und dessen Elemente auch noch denselben Cha- rakter beibehalten haben, vorhanden. Wenn daher in der nächsten Folge sieh Dotterzellen herausbilden, so sind es Umbildungsprodukte des Entoderms. Mit der Entstehung dieser Dotterzellen leitet die Entwicklung zum Stadium D hinüber. Stadium D. In diesem Stadium ist die Überwachsung der Entodermscheibe noch stärker vorgeschritten, so dass von den zusammengepressten Entoderm- zellen aus dem hinteren Abschnitt der Scheibe keine derselben mehr auf der Eioberfläche sich befindet, vielmehr (Fig. 11) von einer größeren, in lockerem Zusammenhange stehenden Zahl von kleinen Ektodermzellen überdeckt ist. In der Abbildung scheinen unter diesem lockeren Zellüberzuge stellenweis die großen Entodermzellen aus dem Inneren hervor, und diese Stellen scheinen in Folge ihrer Mehrschichtig- keit im Totalbild intensiver gefärbt. Nur bisweilen zeigen, nament- lich in den Seiten der ursprünglichen Entodermscheibe, die unter den kleinen, zerstreut liegenden Ektodermzellen durchscheinenden Dotter- maschen die ursprüngliche Größe der Entodermscheibe. In dem noch auf der Oberfläche selbst befindlichen Stück der ursprünglichen Entodermscheibe ist in Folge des Wanderns der Entodermzellen der Zusammenhang zwischen ihnen noch mehr gelockert. Die in den Zwischenräumen der Dotterkugeln eingenisteten Entodermzellen er- scheinen jedoch nunmehr im Gegensatz zu dem vorhergehenden Sta- 212 Max Samter, dium zusammengezogen und daher in mehr kompakter Gestalt. Als neue Erscheinung treten dann am Totalpräparat zunächst an dem Vorder- rande und an den Seiten der Entodermscheibe am deutlichsten einige unter den entodermalen Wanderzellen als Dotterzellen hervor. Ihre Größe und die längsovale Gestalt ihrer Kerne charakterisirt sie als differente Produkte des Entoderms. Zunächst noch unbedeutend in ihren differenten Charakteren, wachsen sie in den nächstfolgenden Stadien über das Doppelte an Größe an, und ihre Kerne erlangen dann spindelförmige Gestalt. Auf ihre Entstehung zurückgeführt, sind es die dem Entoderm in der Wanderung vorausgehenden Zellen der Randpartie der Entodermscheibe, so dass die meisten der nach vorn und nach den Seiten wandernden Zellen zu Dotterzellen werden, die nach hinten wandernden aber nur in ihrer Randschicht Dotter- zellen zur Ausbildung bringen. Offenbart sich auf diese Weise in den randständigen wandernden Entodermzellen ihre ernährungsphysio- logische Funktion, so scheint die Beziehung in dem Stillstande der Wachsthumserscheinungen im Entoderm, welcher ungefähr bis zum Stadium C deutlich zu verfolgen war, zu der im Verlauf dieser Sta- dien lebhaft angeregten Wachsthumsenergie in dem angrenzenden Ektoderm gegeben. Das augenfällige Zurückbleiben der Entoderm- entwicklung, die Ausbreitung des Zellplasmas über einen möglichst großen Theil der Dotterkugeln von Seiten der Entodermzellen selbst während eines kurzen Abschnittes innerhalb dieser Entwicklungs- phase, die Erscheinung der Ausbildung der randständigen Zellen in der Entodermscheibe zu typischen Dotterzellen, diese drei Momente erscheinen in ihrem Zusammentreffen, sobald sie in Beziehung ge- bracht werden zu den Wucherungserscheinungen in den ektodermalen Randpartien als Anhalt dafür, dass diese entodermalen Zellelemente schon im Embryonalleben im Interesse des in Bildung begriffenen Embryos sich in Funktion befinden. Das Äußerliche der ganzen Er- scheinungen spricht wenigstens für diese Deutung, obwohl ein direkter Beweis nicht zu erbringen ist. Erst wenn die ektodermalen Wuche- rungen namentlich am Hinterrande der Entodermscheibe ungefähr über 1/, der Entodermscheibe sich ausgebreitet haben, sind wiederum geringe Vermehrungsvorgänge im Entoderm zu konstatiren. Mit der Zellvermehrung geht in gleichem Schritt die Zellwanderung des Entoderms nach hinten, so dass in diesem Stadium bald mehr bald weniger Entodermzellen in der noch unbedeckten Entodermscheibe angetroffen werden. Im Stadium D ist es alsdann am Hinterrande der Entodermscheibe zu einer deutlichen dem aboralen Eipole zu- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodor hyalina Lilj. 213 gekehrten Ausbauchtung des Entoderms gekommen, welches durch seine Färbung unter dem Ektoderm schon bei schwacher mikroskopi- scher Vergrößerung am Ei hervortritt. In diesem Stadium erstreckt sich die nach hinten geschobene Masse des Entoderms auf ungefähr ein Drittel des Eidurchmessers in die Breite, und ist nur ein’ halb mal so lang als breit. Über die in der Mitte der Keimscheibe ge- legenen Entodermzellen sind bereits vereinzelte Ektodermzellen hinüber- getreten, welche durch ihre besondere Kleinheit leicht übersehen werden. Eben so ist die ektodermale Zellmasse zu beiden Seiten des ursprünglichen Entodermherdes in Folge der fortgesetzten Thei- lungen erheblich in ihren Elementen kleiner geworden, so dass der Kontrast dieser Zellen im Gegensatz zu den dorsal gelegenen schon in diesem Stadium recht deutlich hervortritt. Der Zusammenhang der Entodermzellen lockert sich in der Folge mehr und mehr. Die erste Anlage des unteren Blattes liegt zum. weitaus größten Theile im Bereich der Entodermscheibe, so dass sich schon aus den Total- bildern herausstellt, dass das Wandern der Entodermzellen zunächst auf eine Koncentration der Zellen von vorn und von den Seiten der Entodermscheibe nach der Mitte ihres Hinterrandes hinausläuft. Figg. 21 und 22 stellen Längsschnitte durch dieses Stadium dar. Namentlich in den durch die Mitte des Embryos gelegten Längs- schnitten dieser Schnittserie, welcher die beiden Figuren entnommen sind, liegen die Entodermzellen gleichsam durch einander gedrängt in verschiedenen Lagen. Theilungsfiguren habe ich nicht gefunden, eine Entodermvermehrung findet daher in diesem Stadium höchstens nur erst ganz vereinzelt statt. Da ferner, wie dieses auch bereits das Totalpräparat zeigte, auch aus der vergleichenden Zusammenstellung der Schnittserien des Stadiums C und des vorliegenden Stadiums er- giebt, dass im Vergleich zu der ursprünglichen Entodermscheibe die ganze Anlage bereits an Breitenausdehnung abgenommen hat, so ist wohl anzunehmen, dass auch von den Seiten der hinteren Hälfte der Entodermscheibe her ein Theil der Entodermzellen nach der Mitte des Hinterrandes der Scheibe zusammendrängen. Zunächst bilden nach den Längsschnitten die im Eiinnern als unteres Blatt sich aus- breitenden Entodermzellen ein verästeltes mit kleineren oder größeren Zwischenräumen versehenes Zellenwerk, so dass die Zellen den Ein- druck von amöboiden Wanderzellen hervorrufen. Die Kerne dieser Entodermzellen sind bereits deutlich oval und einige derselben, an Schnitten tritt dieses am besten am Vorderrande der Entodermanlage hervor, durch die Größe und die etwas länger gezogene Form ihrer 214 Mäx Samter, Kerne bereits als Dotterzellen gekennzeichnet. In der Entoderm- scheibe selbst, welche im Vergleich zum Schnitt 19 fast um die Hälfte kleiner geworden ist, liegen sie von einander getrennt und nur drei Entodermzellen sind in dem vorliegenden Schnitt 21 noch an der Oberfläche anzutreffen, an den übrigen Schnitten, welche durch die ursprüngliche Entodermscheibe gehen, ist das Verhältnis ein ähnliches. Über den im Inneren liegenden Entodermzellen breiten sich die kleine- ren, viel dichter stehenden Ektodermzellen in mehrschichtiger Lage aus. Aus den Schnitten gewinnt man den Eindruck, als ob durch die lebhafte Vermehrung im Ektoderm unter den Zellen ein Drängen zu Stande käme. Meist habe ich im Ektoderm tangentiale Theilungs- figuren gefunden. Unmittelbar hinter den letzten Entodermzellen stehen in den Schnitten die Ektodermzellen in größeren Zwischen- räumen. Für die Art, in welcher die Keimblätterbildung vor sich geht, ist somit festgestellt, dass es bereits in einem frühen Stadium wäh- rend der Bildung der Blastomeren zu einer differenzirten Urentoderm- anlage von einer größeren Zahl von Entodermzellen kommt, und dass diese Anlage durch Überwachsung von Seiten des Ektoderms und eine nur in geringer Ausdehnung stattfindenden Immigration das untere Keimblatt liefert. Trotz der einheitlichen Anlage des Ento- derms kommt es also nicht zu einer Invagination derselben, verhindert durch den Widerstand des Dotters, es findet auch keine vereinzelte Einwanderung einzelner Zellen aus dem in Frage kommenden Ver- bande statt, was schon die Charakterisirung desselben als gleichmäßig differente, einheitliche Anlage ausschließt, sondern die ganze Anlage wird zum Versinken gebracht, aktiv in geringerem Umfange durch Wanderung der betheiligten Zellen und passiv durch Überwachsung der Ektodermzellen vom aboralen Pole aus. Die Keimblätterbildung steht also zwischen der eigentlichen Invagination und der Immigration als Zwischenglied. Die Beziehung dieser Art der Keimblätterbildung zu der verwandter Formen, und die Schlüsse, welche sich aus der- selben für die phyletische Stellung der Leptodora ergeben, behandle ich im zweiten Theile der Untersuchungen eingehender. IV. Stadium E. Mit dem Auftreten der folgenden Erscheinungen gelangt das Ei in eine neue Periode seines Embryonallebens, welche von der eben % Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lil. 215 durchlaufenen sich dadurch abhebt, dass mit ihr die ersten Differen- zirungen der einzelnen Körperregionen am Ei beginnen, und welche in ihrem Verlaufe vor der Herausbildung der ersten körperlichen Embryonalform ihr Ende erreicht. Während demnach das Wesent- liehe der letztbesprochenen Entwicklungsperiode darin bestand, dass auf der einen Seite ein Überwuchern des Ektoderms über das ur- sprüngliche Bereich der Entodermanlage und auf der anderen Seite eine Koncentrirung der Entodermzellen um die Mitte des Hinterrandes der ursprünglichen Entodermscheibe das Resultat aller Wachsthums- und Wanderungserscheinungen war, so besteht das Wesentliche der neuen Erscheinungen nicht so sehr in Wachsthumsvorgängen, als vielmehr in Gruppirungsprocessen des sich weiter vermehrenden Zell- materials. Dadurch, dass die Zellen der Eioberfläche sich um ge- wisse Centren in bestimmter Anordnung gruppiren, kommen für die Embryonalstadien dieser Periode Bilder zu Stande, welche sich am besten als embryonale Schattenbilder- bezeichnen lassen, und welche, wie bereits erwähnt, mit den entsprechenden Entwicklungsstadien von Astacus und Mysis unter den Crustaceen ihrem Wesen nach eine auffällige Verwandtschaft haben. Die Reihe dieser Stadien ist eine große. Zunächst beginnt von allen Seiten in den lateral zur Ento- dermscheibe gelegenen Ektodermzellen ein Wandern nach einem etwas seitwärts von dem im letzten Stadium sich markirenden Rande der Entodermscheibe gelegenem Centrum. In Fig. 12 finden sich daher die gesammten Zellmassen zu beiden Seiten des Gastrulamundes bereits in Kurvenstellung in der Weise, dass sie je näher dem Cen- trum in desto engeren, je weiter nach außen in desto weiteren Kurven stehen. Noch ist das Centrum selbst nicht deutlich ausge- prägt, doch lässt die Lagebeziehung der einzelnen Kurven die spätere Lage desselben bereits vermuthen. So repräsentirt dieses Stadium den Beginn der Zellkoncentration und ist ein Beweis für die Richtig- keit der ReicnenpAch’schen Anschauung. Es findet in der That ein Wandern der Zellen nach einem Centrum hin statt und nicht, wie vielleicht anzunehmen wäre, ein von einem Centrum ausgehender successiver Theilungsprocess. Die weitaus größte Zahl der Theilungs- figuren finden sich in den äußeren Kurvenlinien, und mit zunehmender Koncentrirung lässt sich trotz lebhafter Theilungen in den peripheren Zellenkreisen doch eine Entblößung der äußersten Gebiete der von der Koncentrirung betroffenen Partie der Eioberfläche nachweisen. Zur Ergänzung der REICHEnBAcH’schen Beobachtungen über die kon- centrische Anordnung der Epithelzellen in den Bezirken erster Organ- 216 - Max Samter, bildungen ist zu erwähnen, dass in Folge der ungleichen Wanderung nur gelegentlich koneentrisch geschlossene Kreise sich finden, dass vielmehr in der Regel von einem Punkte einer geschlossenen Kreis- linie eine kurze koncentrisch gebogene Kreislinie abzweigt, die dann nur aus einigen wenigen Zellen besteht und sich zwischen zwei kon- centrische Kreise einschiebt. Im letztbeschriebenen Stadium fanden sich durch große Zwischen- räume von einander getrennt die über den ursprünglichen Entoderm- rand hinübergewucherten Ektodermzellen in annähernd gleicher Vertheilung. Im vorliegenden Stadium ist die Zahl dieser den Gastrulamund überdeekenden Zellen zwar größer geworden, trotzdem aber ist es bisher weder zu einem völligen Verschluss des Gastrula- mundes noch überhaupt zu einem epithelialen Ektodermverbande auf der ursprünglichen Entodermscheibe gekommen. In der Mitte des Gastrulamundes befinden sich die Ektodermzellen in lichterer Stel- lung, und bevor noch ein völliger Verschluss des Gastrulamundes eintritt, wandern die Ektodermzellen nach den Randpartien zu bei- den Seiten wieder aus einander, um sich an den Kurvenbildungen zu beiden Seiten des Gastrulamundes zu betheiligen. Wie bereits er- wähnt, entsteht aus diesen ersten Kurvenbildungen zu den Seiten des Gastrulamundes die Ruderantenne, sie ist somit dasjenige Extremi- tätenpaar, welches vor allen anderen zur Bildung gelangt. Die ersten Erscheinungen, welche die Bildung der Ruderantenne wie der wei- teren Organe einleiten, bestehen außer den Koncentrirungsvorgängen noch im Wesentlichen aus Wucherungserscheinungen im epithelialen Zellverbande nach innen. Und da die Wucherungserscheinungen im Bereich einer Anlage nur stellenweise auftreten, so erhält der Em- bryo im Präparat ein fleckiges Aussehen. Dass dieser Wachsthums- modus nur eine Folge der Ernährungsweise des Eies ist, ergiebt am deutlichsten die Abbildung in Fig. 12, denn mit dem stärkeren Auf- treten von Wucherungen ist stets ein Vorhandensein von einer größeren Zahl von Dotterzellen verbunden. In diesem Stadium sind die Dotter- zellen auf beiden Seiten bereits über die Ruderantennenanlagen hinaus vorgedrungen, eben so sind sie über die Thoracoabdominalanlage bis sesen die Dorsalseite und vorn bis in das Bereich der sich nun- mehr herausdifferenzirenden Scheitelplatten gewandert, je weiter vom Gastrulamunde entfernt, in desto weiteren Zwischenräumen. So weist ihre Lage zurück auf-ihren Ursprung, auf die randständigen Zellen der Entodermscheibe. Ihre Zahl ist in Zunahme begriffen, ihre Kerne haben das Vierfache ihrer ursprünglichen Größe erreicht und treten Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lil]. 217 unter dem ektodermalen Verbande deutlich durch die Intensität ihrer Färbung hervor. Die zweite Differenzirung, welche sich zugleich mit den Ruder- antennenanlagen bemerkbar macht, ist die Bildung der beiden Scheitel- platten. Vorn am Gastrulamunde differenziren sich im Ektoderm einzelne auffallend große Zellen mit großen leicht färbbaren Kernen heraus. Sie entstehen nicht von einem Centrum aus nach einander oder gleichzeitig, sondern zerstreut bildet sich eine oder die andere der Ektodermzellen, während dazwischenliegende indifferent bleiben, zum Ektoderm der Scheitelplatten um. In Fig. 12 sind auf diese Weise ungefähr 15 Zellen auf jeder Seite entstanden. Diese beiden pri- mären Anlagen sind von einander weit entfernt ganz in die Ecken des Vorderrandes des Gastrulamundes gerückt. Während diese Zellen jetzt noch zerstreut sind, liegen sie kurze Zeit später eng zusammen in koncentrischer Anordnung, und der Umstand, dass ihre Zahl sich dabei nicht weiter erhöht, spricht deutlich für die Wanderung der differenten Zellen nach einem Centrum hin. Trotz der großen Zahl der in diesem Stadium vorhandenen Dotterzellen sind außer den eigentlichen unter dem Thoracoabdominal- theil befindliehen Entodermzellen im Bereich der ursprünglichen Ento- dermscheibe am Totalpräparat noch vereinzelte Entodermzellen unter dem Ektoderm nachweisbar. Die Größe ihrer Kerne hebt sie von - dem Ektoderm ab. In den seitlichen Partien der ursprünglichen Entodermscheibe im Bereich der Ruderantennenanlagen liegen meh- rere dieser restirenden Entodermzellen zusammen bereits ganz von Ektodermzellen überwachsen. Dass dieselben aber zu beiden Seiten der Mitte des Gastrulamundes als eine einheitliche Anlage aufzu- fassen sind, ist nach den zahlreich untersuchten Eiern zu bestreiten. Sie gewähren in diesem Stadium durchaus den Eindruck, als ob sie von der Mitte her nach den Seiten des Gastrulamundes in Wande- rung begriffen wären. Diese unter dem Ektoderm noch in dem Be- reich des Gastrulamundes befindlichen Entodermzellen sind für die weiteren Entwicklungsvorgänge im Auge zu behalten, da sie die- jenigen Zellelemente sind, aus denen in späteren Stadien aller Wahrscheinlichkeit nach die Genitalanlage entsteht. Über die Lage- verhältnisse dieser Zellen geben die Schnittserien durch dieses Sta- dium bessere Auskunft als die Totalpräparate. Schnittfig. 23. stellt einen Längsschnitt durch die Seite der Keimscheibe dar, der un- mittelbar seitwärts von der Scheitelplatte durch den Embryo geführt ist. Zwar ist er einem etwas späteren Stadium entnommen, doch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 15 218 Max Samter, sind die Beziehungen aus ihm zu dem in Betracht kommenden Sta- dium noch ersichtlich. In den auffallend kleinen und sich in einander drängenden Ektodermzellen ungefähr in der Mitte der Keimscheibe zeigt sich die Bildung der Ruderantenne. Unter dieser und noch weiter nach vorn finden sich einige wenige Entodermzellen in einem dicken Blutplasma. Auf dem folgenden Schnitte Fig. 24, dem ersten, welcher durch die Scheitelplatte geht, und eben so auf allen weiteren, welche zwischen beide Scheitelplatten durch die Mitte des Gastrulamundes geführt sind, findet sich keine Entodermzelle mehr am Vorderrande des Gastrulamundes vor. Nur noch einige Dotterzellen treten hin und wieder in den Schnitten durch diese Partie des Embryos auf. Nur in den mehr seitwärts gelegenen Schnitten finden sich in der in Betracht kommenden Partie noch Entodermzellen vor. Zwischen Ektoderm und Dotter breitet sich also von der Ruderantenne an sich unter dieser hinziehend seit- wärts bis hinauf zur Scheitelplatte auf beiden Seiten des Gastrula- mundes eine in einem dicken Blutplasma eingebettete Schicht einiger zerstreut liegender Entodermzellen aus. Die Breitenausdehnung dieses Zellstranges ist durch die Breite der Ruderantenne bestimmt, über dieselbe nach innen geht er also nicht hinaus. Diese Entodermzellen unterscheiden sich im vorliegenden Stadium in nichts von denen, welche unter dem Ektoderm des Thoracoabdominaltheiles gelegen sind, und wie diese sind es Theilprodukte der in den vorhergehen- den Stadien aus der Entodermscheibe nach allen Seiten hinaus- sewanderten gleichwerthigen Entodermzellen. Wenn aus diesen seitlich gelegenen Entodermzellen die Genital- . anlage entsteht, so ist dieselbe ihrer Lage nach auf einige in den Seiten der Entodermscheibe des Stadiums D gelegenen Entoderm- zellen zurückzuführen, ihrem Wesen nach, da es nicht bestimmte Entodermzellen sind, welche zu Dotterzellen werden, oder welche zur Bildung des Mitteldarmrohres zusammentreten, mit allen Zellen der Entodermscheibe gleichwerthig. Der Embryo der Leptodora würde also in seiner ersten Bildung keine einheitliche Genitalanlage be- sitzen, welche nach erfolgter Theilung nach beiden Körperseiten aus einander rückt. Von vorn herein sind es vielmehr zwei gesonderte Zellterritorien, welche die beiden Ovarien des Thieres ergeben. Würde es sich in der Bildung der Genitalanlage um eine Er- scheinung handeln, welche von der Stammesentwicklung abwiche, und würde eine frühzeitige Herausdifferenzirung einer einheitlichen Genitalanlage ein entwicklungsgeschichtliches Moment sein, welches Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 219 dem ganzen Stamme in dem Sinne angehörte, als es auf Qualitäts- unterschieden basirte, dann dürfte die Hineinziehung der Genitalzellen in die entodermalen Zellen, von denen die Randzellen Dotterzellen, die übrigen das Mitteldarmrohr und seine Anhänge liefern, bei der Leptodora kaum zu deuten sein. Würde die Genitalanlage schon in den vorhergehenden Stadien different vor allen anderen Zellen vor- handen sein, und würde mit Umgehung der ersten sichtbar einheit- lichen Anlage sofort eine Zweitheilung der Geschlechtsanlage zu Stande kommen, dann wäre die Gleichzeitigkeit der Herausdifferen- zirung dieser Genitalzellen zusammen mit der Herausdifferenzirung der Entodermzellen und obenein noch die Gleichartigkeit der äußeren Erscheinung aller dieser Zellen in der Entodermplatte ein auffälliges Zusammentreffen. Es darf desshalb vielleicht angenommen werden, dass Entodermzellen und Genitalzellen ihrem Wesen nach in diesem Stadium noch völlig gleichwertig sind, und ‘dass dem zufolge das frühzeitige Auftreten des Genitalorgans in der Entwicklungsgeschichte anderer Cladoceren nicht auf einer wirklichen Differenz des für die verschiedenen Organe in Anspruch genommenen Zellmaterials beruht, sondern dass die Absonderung. für ein bestimmtes Organ als reine Folge der Entwicklungsbedingungen bald früher bald später in der Entwicklung der verschiedenen Cladoceren eintritt. Es könnte viel- leicht angenommen werden, dass in erster Linie der Dottergehalt die erste Anlage der Genitalzellen bestimmt, so dass bei dotterärmeren Eiern nur eine beschränkte Zahl von Zellen in einheitlicher Anlage, bei dotterreicheren eine größere Zahl nach Maßstab des Dotterreich- thums dann sogar in getrennter Lage das Genitalorgan in seinem ersten Auftreten repräsentirt. Da im Verlauf der folgenden Stadien sich die Genitalanlage aus dem Entoderm als gesondertes Organ herausdifferenzirt, so bildet das vorliegende Stadium E das Bindeglied, welches den Ursprung des Genitalorgans verständlich macht. Nicht das späte Auftreten der Genitalanlage in der Leptodora-Entwicklung ist also das Wesentliche, als vielmehr die Art der Entstehung selbst, welche sich weder an bestimmte Zellen knüpft, — wenigstens giebt es hierfür keinen augenscheinlichen Gegenbeweis — noch aus einer einheitlichen Anlage herzuleiten ist. Als Folge dieser Erscheinung ist die Vorstellung wohl nicht ganz unberechtigt, dass noch in der Stammreihe der Cladoceren nicht mit Nothwendigkeit das Genital- organ als eine einheitliche qualitative differente Zellanlage vor allen anderen Zellen im Organismus vorhanden war, sondern dass die Stelle, an welcher sich Genitalzellen absonderten, dieselben Zellen 13 320 Max Samter, besaß, wie sie der übrige Zellorganismus aufwies. Die Leptodora- Entwicklung würde dann in dem Stadium E jene Verhältnisse aus der Stammesgeschichte repräsentiren, in der es gleichgültig war, welche von den in einem bestimmt umgrenzten Bereich des Körpers gelegenen Zellen Genitalzellen wurden, und da im weiteren Verlaufe der Stammesgeschichte eine paarige Anlage zur Ausbildung gelangte, so tritt bei Leptodora dieser Stammescharakter von vorn herein in der Entwicklung auf. Da das Stadium Z die einleitende Phase der Naupliusperiode darstellt, so kommt es bei der Leptodora erst im Verlaufe der Naupliusperiode selbst zur wirklichen Abscheidung des Genitalorgans. Erwähnt sei noch, dass die ursprünglich indifferenten Ektoderm- zellen, welche der Dorsalseite genähert waren, bereits regeren An- theil an der Ausbildung der Keimscheibe nehmen. Unmittelbar hinter der Thoracoabdominalanlage stehen die Zellkerne des Ektoderms dicht neben einander. Zwar ist auf der Dorsalseite selbst ebenfalls ein geschlossener Verband unter den Zellen erreicht, bereits berühren sich die Zellen mit ihren polygonalen Rändern, die Kerne stehen aber in weiteren Zwischenräumen und die Zellkörper sind flach aus einander gezogen. Im Übrigen besitzt der Embryo in diesem Stadium noch völlige Kugelform, alle Vorgänge sind also Zellvermehrungs- und Zell- gruppirungsvorgänge im Bereich der Eioberfläche selbst. Der Embryo ist von der ursprünglichen Eihaut umgeben. Wenn ich kurz das ‘ Entwicklungsresultat, welches in diesem Stadium erreicht ist, zu- sammenfasse, so sei zunächst hervorgehoben, dass es zu einem Ver- schluss des Gastrulamundes nicht kommt. Derselbe geht vielmehr direkt in seinem vorderen Theile in die spätere Mundöffnung über. Indem er die ganze Ventralseite des Embryos umfasste, bricht hinter ihm mit der Anlage des sechsten Segmentes die Afteröffnung durch. Bisher war der Urmund bis gegen die Mitte hin annähernd über- wachsen, und besonders in dem letzten Stadium war die Überwachsung, deren erste Anfänge sich in den Stadien O und D bemerkbar machten, stark fortgeschritten. So wird, wenn auch nicht eine völlig ge- schlossene, so doch eine diehtere Gruppirung der Ektodermzellen auf dem Gastrulamunde mit dem Stadium FE erreicht. Es wird also vom Stadium D des vorhergehenden bis zum Stadium Z der vorliegenden Entwicklungsperiode die Schließung des Gastrulamundes im Prineip festgehalten. Dass es in Wirklichkeit nicht zum definitiven Schlusse des Gastrulamundes kommt, sondern dass das auf dem Gastrula- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 22] munde befindliche Zellmaterial, wie bereits erwähnt, zur Bildung der Ruderantennenanlagen herangezogen wird, und es dann nochmals zu einer sekundären Überwachsung kommen muss, zeigt, dass die in dem Stadium Z ihrem Abschluss nahe primäre Überwachsung in der Leptodora-Entwicklung ein Moment ist, welches einen phyletischen Entwicklungscharakter respräsentirt. Das Entoderm, welches nach seiner Versenkung bereits eine augenscheinliche starke Zellvermehrung aufweist, erstreckt sich als eine gleichmäßig starke Plasmamasse, in welcher die einzelnen Zellen unregelmäßig zerstreut liegen, zwischen den beiden Ruderantennen- anlagen über den hinteren Theil und die beiden Seiten des Gastrula- mundes unter den Antennen und geht nach vorn zu beiden Seiten der Scheitelplatten über die ersten ektodermalen Koncentrationen der Ruderantennen hinaus. Die amöbenartig wandernden Dotterzellen sind bereits im ganzen Bereich der’ Eiperipherie, vereinzelt bereits auf der Dorsalseite, anzutreffen. Stadium F. In dem Weiterverlauf werden die ersten schattenhaften Anlagen auf der Eioberfläche deutlicher. Die Keimscheibe wird dunkler gegenüber der übrigen Eioberfläche, die Koncentrirung der Zellmassen nach der Keimscheibe hin schreitet fort. Aber nicht allein, dass die Zellmassen der Keimscheibe vermehrt erscheinen, so finden zugleich in den einzelnen Theilen derselben noch wesentliche Umgestaltungs- und Neubildungsvorgänge statt. Von hinten her drängen gegen die Mitte der Scheitelplatten die schon im vorhergehenden Stadium in Wucherung begriffenen kleinen Zellen und haben sich im vorliegenden Stadium bereits zwischen die großen Zellen hineingeschoben, so dass ein Ausschnitt in die ursprünglich rundlichen Anlagen entsteht, und dieselben nach vorn gedrängt werden (Fig. 13). Auf diese Weise gewinnt auf beiden Seiten die Anlage Kegelform mit abgerundeter Spitze. Außerdem hat sich die Anlage von den Ecken des Gastrula- mundes etwas nach der Mitte zusammengezogen, so dass Umlagerungs- processe bereits herausdifferenzirter Zellen auf der Eioberlläche zu konstatiren sind. Mit der Wanderung der Scheitelplatten nach der Mittellinie des Eies hat auch der Wucherungsherd unterhalb der Scheitel- platten an Ausdehnung zugenommen, so dass die Antennenanlage nach hinten zurückgedrängt erscheint. Während im Stadium E wegen des ersten Beginnes der Zellkoncentrirung eine Eruirung der Centren nicht sanz leicht war, zeigen sich nunmehr neben den Neubildungen der 229 Max Samter ersten Antenne und der Mandibel deutlich zwei gesonderte Centren mit den dazu gehörigen Zellkurven. Wenn aus dem späteren Verlauf der Extremitätenbildung der Ruderantennen sich ergiebt, dass dieselbe aus drei in gesonderter Anlage sich bildenden Zellkomplexen von kon- centrischer Zellstellung zusammenwächst, so ist die obere Zellkoncen- tration des vorliegenden Stadiums F als der Exopodit, die untere, seitwärts geneigte als Endopodit für die Ruderantenne des ausgebildeten Thieres in Anspruch zu nehmen. Sobald aber in Betracht kommt, dass der Haupttheil dieser Extremität, der Stamm erst am Embryo mit vier Thorakalextremitäten als dritter Zellkomplex zur ersten An- lage kommt, und dass, wie die Stadien #, G und A zeigen, eine sekundäre Umlagerung der beiden Zellkoncentrationen vor sich geht, so dass die obere sich auf der Eioberfläche seitwärts nach außen, die untere medianwärts nach innen schiebt, so wird, zumal die Lage- beziehung und die auffällig schnelle Bildungsweise der ersten An- tenne und der Mandibel etwas von der Erwartung Abweichendes enthalten, die Vorstellung erweckt, als ob den beiden ersten Zell- koncentrationen des Stadiums Z und F von vorn herein nicht ihre definitive Bestimmung innewohnte. In ihrer Lage unter einander und unmittelbar unter der ersten Anlage der Scheitelplatten rufen sie, so lange uns die folgenden Stadien nicht bekannt sind, den Eindruck von zwei gleichwerthigen, auf einander folgenden Ex- tremitätenpaaren hervor. Neben diesen beiden Zellkoncentrationen zeigt im Bereich des Gastrulamundes die Fig. 13 die in Bildung be- sriffene erste Antenne und Mandibel; die Kleinheit der Zellen und ihre dichte Koncentration zeigt die Schnelligkeit der Bildungsweise. In Parallelstellung zu den äußeren Zellkoncentrationen liegen sie un- mittelbar hinter den Scheitelplatten, neben den beiden Koncentrationen der Ruderantenne sich berührend, unmittelbar hinter einander. Auf diese Weise wird der Gastrulamund an seinen Rändern verengt, und da von vorn her zwischen die beiden Scheitelplatten eine immer intensivere Zelleinwanderung sich bemerkbar macht und den Vorder- rand des Gastrulamundes um die beiden Innenschenkel der Scheitel- platten zu umwachsen beginnt, so erscheint derselbe in diesem Sta- dium deutlich breiter als lang und zwar hinter der Mandibelanlage nach dem Thoracoabdominaltheil hin stark erweitert. Auf dem Gastrulamunde finden sich weniger Zellen als im vorhergehenden Stadium. Unter ihnen scheinen die noch in diesem Bereich befind- lichen Dotterzellen mit ihren großen Kernen deutlich durch. Die Überwachsung ist daher wieder zurückgegangen, und die zurück- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalına Lillj. 2923 wandernden Zellen haben an den Seitenrändern das Material für die Anlage der ersten Antenne und der Mandibel geliefert. Die Thoraco- abdominalanlage hat an Ausdehnung nur unwesentlich zugenommen, zeigt dagegen aber eine diehtere Zellgruppirung. Im Gegensatz hierzu ist der Zusammenhang der außerhalb der Keimscheibe gelegenen Zellen ein lockerer geworden, und namentlich auf der Dorsalseite erscheinen die Zellen desshalb stark abgeflacht. Längsschnitt 25 seht seitwärts von der Mediane durch die Scheitelplatte hindurch, so dass er den Gastrulamund noch trifft. Der Gastrulamund kenn- zeichnet sich durch die Dünnschichtigskeit seines Plasmaüberzuges. Unter ihm liegt am Vorderrande eine der großen amöboiden Dotter- zellen. Die Zahl der Entodermzellen unter der Thoracoabdominal- anlage ist eben so wie an diesem Schnitt so auch durch die ganze Sehnittserie hindurch nicht vermehrt. Die Zellen unterscheiden sich aber bereits deutlicher vom Ektoderm als im vorhergehenden Stadium durch die Größe und rundliche Gestalt ihrer Kerne, welche nach wie vor in einem dieken Blutplasma eingebettet sind. Es ist demnach eine Zellvermehrung im Ektoderm des Thorakaltheiles ein- setreten, welche die Zellkleinheit des Ektoderms zur Folge hat. Unter der Scheitelplatte findet sich gemäß dem vorhergehenden Stadium keine Entodermzelle vor. Zwischen den großen Zellen der Scheitel- platte und dem Gastrulamund finden sich, wie der Schnitt 25 zeigt, die zwischen die Ektodermzellen der Scheitelplatte hineingewanderten kleinen Ektodermzellen. Auch am Hinterrande des Gastrulamundes finden sich kleinere Ektodermzellen als im Endabschnitt der ektoder- malen Thoracoabdominalplatte, so dass wohl auch an dieser Stelle eine Zellvermehrung vom Rande des Gastrulamundes aus stattfindet, welche eine Ausdehnung der Thorakalplatte über den Gastrulamund zur Folge hat. Erwähnt sei im Anschluss an den Längsschnitt 25, dass sich unter den Entodermzellen der Thoracoabdominalanlage be- reits das Bestreben bemerkbar macht, eine einheitliche Entodermplatte zu bilden, während noch im vorhergehenden Stadium die Mitteldarm- zellen im Anschluss an die erste Einwanderung eine ungleichmäßige Vertheilung aufwiesen. Auf dem Schnitt liegen die Entodermzellen srößtentheils bereits perlschnurförmig neben einander gereiht, und nur vereinzelt liegen noch Entodermzellen außerhalb dieser Zellreihe. Sehnitt 26, welcher etwas seitwärts vom Schnitt 25 durch dasselbe Ei gelegt ist, geht durch die Anlage der ersten Antenne und der Mandibel. In der Mitte des Schnittes ist da, wo die große amö- boide Dotterzelle dem Ektoderm anliegt, noch der letzte Theil des 394 Max Samter, Gastrulamundes getroffen. Unmittelbar davor liegen die kleinen Ektodermzellen der sich bildenden Extremitäten am Rande des Ga- strulamundes. ‘ Unterhalb dieser Anlagen nun zeigt der Schnitt 26 und der Schnitt 27, welcher einem etwas jüngeren Stadium entnommen ist und nur ein Weniges der Mediane genähert ist, so dass er noch den Außenschenkel der Scheitelplatte getroffen hat, vier flach gezogene Entodermzellen. Verfolgt man die beiden Schnittserien nach den beiden Seiten, nach den Anlagen der Ruderantenne hin, so treten, wie Fig. 28, welche der ersten Schnittserie entnommen ist, zeigt, immer wieder vereinzelte Entodermzellen mit ihren längsovalen Kernen und ihrer flachen spindelförmigen Gestalt‘ auf. In weiten Zwischenräumen sind sie durch eine dünne Plasmaschicht mit ein- ander verbunden. In der Lage dieser entodermalen Zellschicht zu den ektodermalen Theilen ist keine wesentliche Veränderung im Ver- gleich zum vorhergehenden Stadium eingetreten, das Blutplasma aber, in welches diese Zellen im vorhergehenden Stadium eingebettet waren, ist fast völlig geschwunden, und die einzelnen flachgezogenen Zellen haben sich zu einer einheitlichen Lage im Bereich der ersten An- tenne, der Mandibel und der Ruderantenne dicht unter dem Ektoderm ausgebreitet. In ihrer Mitte steht diese entodermale Zelllage nach hinten mit dem Entoderm der Darmanlage noch in Verbindung. In den Schnitten 26, 27 und 28 zeigt sich dann ferner die bereits eingetretene Differenzirung der in Frage kommenden Entodermzellen. Die Kerne der im Thorakaltheil liegenden entodermalen Zellen sind im Gegensatz zu diesen rund, die Dotterzellen aber haben auffallend srößere Kerne und sind außerdem meist amöbenartig verästelt. Da im Thorakaltheil noch keine Segmentation vorhanden ist, und der Embryo außer der Kopfanlage in seinen Zellkoncentrationen auf der Eioberfläche drei Paare von Extremitätenbildungen aufweist, so spiegelt er in diesem Stadium den Nauplius des Crustaceenstammes wieder. Wie dieser Nauplius sich aber zeigt, ist er weit von irgend welcher selbständigen Form entfernt und stellt sich als durchaus - embryonale Entwicklungsstufe der Leptodora-Entwicklung selbst dar. Um so mehr ist dieses der Fall, als die erste Antenne und die Man- dibel gemäß ihrer späteren Einästigkeit als einfache Zellkoncentra- tion auftreten, die zweite Antenne aber schon die Modalität ihrer Entwicklungsweise in ‘der doppelten Zellkoncentration von Beginn ihrer Bildung zur Schau trägt. Indem hierzu die gegenseitige Lage- verschiebung der drei vorhandenen Extremitätenanlagen hinzukommt, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 225 zeigt es sich, dass die stattgehabten Umbildungserscheinungen wäh- rend der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Leptodora selbst diesem Stadium ihren Stempel aufgedrückt haben, so dass in der Leptodora-Entwicklung selbst in embryonaler Weise der Nauplius in seiner Ursprünglichkeit geschwunden ist. Sofern aber, wie bereits erwähnt, keine definitiven Lagerungsverhältnisse der einzelnen em- bryonalen Anlagen in diesem Stadium zu Tage treten, sondern außer der bereits erfolgten sekundären Umlagerung der Scheitelplatten in den folgenden Stadien noch weitere in ausgedehnter Weise stattfinden werden, so ist möglichenfalls die ursprüngliche gegenseitige Lage- beziehung auf ursprüngliche Verhältnisse zurückzuführen. Und um so mehr möchte ich dieses annehmen, als die Art des Auftretens der ersten Antenne und der Mandibel gleichsam einer Ersatzbildung sleichzukommen scheint. Dass nun trotz des Dotterreichthums des Eies, welcher, wie die späteren Stadien ergeben, eine möglichst gleich- zeitige Ausbildung der definitiven Organisationsverhältnisse ergiebt, die ersten Bildungsvorgänge der Extremitätenanlagen nicht nur nach einander, sondern in weit höherem Maße in anderer Form, als sie der ausgebildete Zustand vorschreibt, entstehen lässt, legt die An- nahme nahe, dass wir es mit dem Dotterreichthum des Leptodora-Eies als mit einer jungen Erwerbung zu thun haben. Stadium G. Die Zellvermehrung in allen Theilen der Keimscheibe ist in stetem Fortgange begriffen, und der Embryo ist nunmehr als !/; seiner letzten Längsausdehnung um die Eioberfläche herumgewachsen. Die fortgesetzt stattfindenden Zellvermehrungen haben nicht allein eine Größenzunahme herbeigeführt, sondern zugleich das Zellmaterial der einzelnen Theile vermehrt, und es treten dadurch dichtere, den Eindruck von kompakteren Bildungen hervorrufende Anlagen uns entgegen. Immer wieder machen sich im Verlauf der Zelltheilungen die gleichen Formationsgesetze geltend, welche die Kurvenstellung bedingen. Das Wachsthum der Keimscheibe beruht nicht ausschließ- lich auf Zellwucherung im Bereich der vorgebildeten Anlagen, son- dern, indem von außen her noch aus den indifferenten Zellen der Dorsalseite neues Material zu den Wucherungsherden hinzukommt, wird die Größenzunahme der einzelnen Theile noch erhöht. So finden sich um die ursprünglich vorgebildeten Anlagen auf der Eioberfläche in deren näheren Umgebung in kleineren, in deren weiteren Um- gebung in größeren Abständen die indifferenten dorsalen Ektoderm- - 226 Max Samter, zellen vor. Sie befinden sich vom Rücken her auf Wanderung zur Keimscheibe, und diese Wanderung setzt sich ununterbrochen fort. Die Zellen der Dorsalseite erscheinen daher namentlich in den mittle- ren Bezirken des Rückens trotz der stattfindenden Theilungen nicht vermehrt und breiten sich im Gegentheil, um über dem Dotter in Kontakt zu bleiben, immer mehr zu flachen Überzügen aus. Im Wesentlichen liegen hier somit wahrscheinlich dieselben Entwieklungs- phänomene vor, wie sie sich in der Entwicklung von Astacus zeigen. Und mit REICHENBACH ist wohl anzunehmen, dass diese Wanderungen der indifferenten Dorsalzellen in Zusammenhang mit der Koncentrici- tät, welche sie bei der Wanderung alsbald einnehmen durch Zug- kräfte, welche von bestimmten Punkten der 06 nach außen hin wirken, veranlasst sind. Nur auf diese Weise wird die gesammte Neugestaltung der Lage- beziehungen der einzelnen Organanlagen der Keimscheibe zu einan- der, welehe schon im vorhergehenden Stadium sich in der Zusammen- ziehung der beiden Scheitelplatten andeutete, in diesem Stadium aber auch in der Lageveränderung der übrigen Organanlagen schärfer hervortritt, verständlich. Eine Wanderung derselben findet nach der Medianlinie hin statt, und aus doppelten Gründen erscheint daher bei der ersten Betrachtung des Totalbildes Fig. 14 die Keimscheibe im Vergleich zu dem vorhergehenden Bilde in die Länge gezogen. Am stärksten wird von diesem Zuge zunächst die Mandibel betroffen. Während sie im vorhergehenden Stadium hinter der Anlage der ersten Antenne schräg nach außen gerichtet war, hat sie sich jetzt nach der Mitte des Embryos in ihrem Centrum verschoben und bildet mit der Anlage der ersten Antenne eine nach der Mediane geneigte schräge Linie. Der Gastrulamund wird auf diese Weise im Gegen- satz zu seiner ursprünglichen Gestalt umgekehrt nach hinten zu ver- schmälert, und es leiten sich in Folge dessen mit dieser Umlagerung der Mandibel die Verhältnisse ein, die zur definitiven Mundbildung führen. Dieser Wechsel in dem Lagerungsverhältnis der beiden Ex- tremitätenanlagen zu einander zeigt noch deutlicher als die Zusammen- schiebung der Organanlagen nach der Mitte der Keimscheibe die Ursprünglichkeit der ersten Lagerungsverhältnisse. Die Wanderung der Mandibel, welche sich also als eine Drehung um die erste An- tenne darstellt, ist dann mit einer Wanderung der ersten Antenne selbst verbunden, so dass als Wirkung der stattgehabten Zusammen- ziehung das Bereich des ursprünglichen Gastrulamundes auch in seinem Vordertheil gegenüber dem Stadium F etwas verengt er- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. DON scheint. Im Vergleich zur Wanderung der Mandibel ist die der ersten Antenne jedoch von nur geringer Bedeutung. Der Haupt- attraktionspunkt liegt ungefähr in der Mitte des ursprünglichen Gastrulamundes. Die geringste Einwirkung auf ihre Lage erleiden daher die beiden Scheitelplatten. Während sie im vorhergehenden Stadium mit ihren Spitzen noch eine geringe Neigung nach der Medianlinie zeigten, sind sie jetzt (Fig. 14) umgekehrt mit ihrem Basaltheil einander genähert, während ihre äußeren Enden divergi- ren. Durch diese Neigungsänderung ist den unterhalb derselben zwischen Scheitelplatte und erster Antenne hereindrängenden indiffe- renten Entodermzellen der Zutritt zur Keimscheibe geöffnet, und der geschaffene Zwischenraum zwischen Scheitelplatte und erster Antenne wird von den indifferenten Ektodermzellen sogleich ausgefüllt (Fig. 14). Im Übrigen weisen die Anlagen der Mandibelbildung und der ersten Antenne keine Größenausdehnung auf, nur ihr Zellmaterial hat sich vermehrt. Die Wucherung der kleinen Zellen zwischen den großen Zellen der beiden Scheitelplatten ist ebenfalls stark vorgeschritten, in diesem Bezirk der Keimscheibe finden sich äußerst zahlreiche Theilungs- figuren mit auffallend kleinen Zellen. Die großen Zellen werden in Folge dieser Wucherung noch weiter nach vorn gedrängt, als wie im Stadium F, und im Totalpräparat macht sich bereits der Beginn einer Überwucherung über die großen Zellen, welche zu ihrem weit- aus größtem Theile noch der Eioberfläche angehören, bemerkbar. Mit der bisher besprochenen Umlagerung der einzelnen Organ- bildungen macht sich im Stadium F im Allgemeinen eine völlige Neugruppirung der einzelnen Extremitätenanlagen zu einander be- merkbar. Es bilden sich die Lagerungsverhältnisse heraus, welche für definitive Gestaltung gültig sind. Aus dem Nebeneinander der beiden Ruderantennenäste und der ersten Antenne und der Mandibel entwickelt sich ein Nacheinander, die erste Antenne zusammen mit der Mandibel beginnt sich zu den Ästen der Ruderantenne zu ver- schieben, und auch die Äste dieser Antenne selbst drehen sich hier- bei gegenseitig mehr und mehr nach außen. Die erste Lagebeziehung der beiden Äste der Ruderantenne war demnach nur eine provi- sorische, ihre Bedeutung wahrscheinlich ursprünglich eine andere, und in ihrer Entstehungsweise sind die erste Antenne und die Man- dibel scheinbar sekundäre Neubildungen. Im Gastrulamund, wie er sich nach der Neulagerung der Ex- tremitäten darstellt, ist der Zusammenhang des Ektoderms immer 398 € Max Samter, noch ein lockerer, und in seiner Mitte treten am Totalpräparat bis- weilen noch entodermale Zellen deutlich hervor. Bessere Auskunft über die Ausdehnung des Entoderms in diesem Bezirk ergeben die Sehnitte. Eben so wie die einzelnen Organbildungen am Totalpräpa- rat in Folge ihrer koncentrirten Zellstellung durch ihr intensiveres Roth mehr als im Stadium 7 hervortreten, so markirt sich auch die Thoracoabdominalplatte ausschließlich durch ihren dunkleren Farben- ton. Mit diesem Stadium aber theilen bereits zwei abwechselnd auf- tretende Farbennuancen in den seitlichen Partien die Thorakalplatte in drei Segmente. Längs der Mediane beginnen sich kaum merklich aus dem indifferenten Ektoderm der Thorakalplatte die Neuroblasten allmählich herauszubilden Im Entoderm haben, wie die Schnittserien ergeben, ebenfalls lebhafte Theilungsvorgänge stattgefunden, so dass sie mit dem Ekto- derm des Thorakaltheiles gleichen Schritt halten. Da aber zu den Entodermzellen von außen keine neuen Zellen hinzutreten, wie dies an den Rändern der ektodermalen Thorakalplatte geschieht, so ist nach dem äußeren Eindruck die Zellvermehrung im Entoderm nicht gleich intensiv der im Ektoderm, und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zellen des Ektoderms sind daher auffallend kleiner. Außer dem vorhandenen Längswachsthum der entodermalen Zelllage, welche durch Zellvermehrung innerhalb derselben, wie Theilungs- figuren zeigen, vor sich geht, hat sich das Entoderm gemäß der Neigung, die es bereits im vorhergehenden Stadium 7 zeigte, in der Medianlinie zu einer einschichtigen Lage angeordnet. Da in den Seiten der Entodermscheibe die Zellen mehrschichtig auftreten, und wohl kaum anzunehmen ist, dass die Randpartien der Entodermscheibe srößere Wachsthumsintensität entfalten als die mediane Partie, so möchte ich annehmen, dass ein Drängen der Entodermzellen aus der Mediane nach den beiden Seiten der Entodermscheibe die Ursache für die Zellansammlung in der Entodermscheibe zu beiden Seiten der Mediane ist. Es treten somit dieselben Processe in dem ento- dermalen Zellblatt ein, die bereits Samassa bei anderen Cladoceren beschrieben hat. Das Entoderm wölbt sich zu beiden Seiten der einschichtigen Mediane mehrschichtig auf, so dass längs der ein- schichtigen Medianplatte durch die ganze Thorakalanlage zu beiden Seiten zwei Längswülste hinziehen. Zugleich mit diesen Processen macht sich der Beginn einer Segmentation der Entodermmassen be- merkbar, und zwar kommt sie zunächst in den beiden Längswülsten zum Ausdruck, wodurch im Totalpräparat die Farbennuancirung be- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodoräa hyalina Lil. 229 dingt ist. Die einschichtige mediane Partie des thorakalen Entoderms bleibt von der Segmentation völlig unberührt. In Fig. 23—34 bilde ich sechs Längsschnitte ab, welche ein und demselben Embryo entnommen sind und den Embryo in ungefähr der gleichen Entwicklungshöhe darstellen als das Flächenbild Fig. 14. Schnitt 29 ist seitwärts von der Scheitelplatte durch das Ei gelegt. Das Ektoderm befindet sich auf der ganzen Eioberfläche noch in dem Einiveau selbst, und nirgends ist eine Spur einer Hervorwölbung, sei es einer der drei am Totalbild bereits deutlich markirten Extremi- täten, sei es der drei Segmente der Thorakalregion vorhanden. Links ist bis zur entodermalen Aufbauchung in der Mitte des Schnittes die vordere Hälfte der Keimscheibe getroffen, rechts die Thorakalanlage. Im vorderen Theile finden sich die Ektodermzellen in einander ge- schoben, theils in demselben, theils in verschiedenem Niveau, während sie kurz davor und in dem ganzen hinteren Theile nur in einer Lage angetroffen werden; wenn auch unbedeutend, so sind diese Zellen auch merklich kleiner als in der zweiten Hälfte der Keimscheibe. Dieser Schnitt hat also im Vordertheil des Embryos einen Wuche- rungsherd angeschnitten, welcher dem unter der Scheitelplatte zur Ausbreitung gelangten Wucherungsherde der ersten Antenne entspricht. Vor demselben liegt das Ektoderm in ähnlich gedrängter einschichtiger Lage, wie im zweiten Abschnitt der Keimscheibe, und zeigt, dass ein beträchtlicher Theil der indifferenten Dorsalzellen bereits an den Seiten der Scheitelplatten in das Bereich der Keimscheibe hineingezogen ist. Die Schnitte 30 und 31 treffen im Bezirk A, nochmals die erste An- tenne und liegen ebenfalls gleich dem Schnitt 29 noch seitwärts der großen Zellen der Scheitelplatte. Im Ektoderm dieser Schnitte finden sich gelegentlich Theilungsfiguren, welche auf eine weitere Zellverdich- tung schließen lassen. Auch in den beiden letzten Schnitten ist in dem hinteren Theile der Keimscheibe das Ektoderm durchgängig ein- schiehtig. Schon im Schnitt 30 und 31 waren in dem Bezirk A, die Zellen gedrängter und kleiner als in dem hinteren Theile des Ekto- derms, in dem folgenden Schnitt 32 zeigt sich dann in dem Zell- lager des Bezirkes A, das Ektoderm wieder einschichtig, während es unmittelbar hinter diesem Bezirk in der Zone Md alsdann mehr- sehichtig auftritt und dann auf einigen weiteren medianwärts ge- führten Schnitten denselben in einander geschobenen Eindruck her- vorruft, wie das Ektoderm des Bezirks A, in den Schnitten 29—31. - Es ist der Wucherungsherd der Mandibel. Auf den folgenden Schnitten hört diese Wucherung allmählich wieder auf und in den stark der 230 “ Max Samter, Mediane genäherten Schnitten, von denen ich in Fig. 33 einen ab- bilde, werden die Ektodermzellen hinter der im Vordertheil der Keimscheibe getroffenen Scheitelplatte größer und stehen in weiteren Zwischenräumen als in den Schnitten, welche durch die Seitentheile der Keimscheibe geführt sind. Indem in den mehr seitlich gelegenen Schnitten durch die Keimscheibe zuerst die erste Antenne und dann erst der Mitte der Keimscheibe genähert, die Mandibel auftritt, ist auch aus den Schnitten ein Wechsel in den Lagebeziehungen dieser beiden Extremitäten erwiesen, in so fern in den Schnittfiguren des vorhergehenden Stadiums die Lagebeziehung eine umgekehrte war. Eine Einsenkung in der Medianlinie ist nicht vorhanden. Schnitt 32 und 33 zeigt in S die großen Zellen der Scheitelplatten. Ein Ver- gleich dieser Schnitte mit Schnitt 30 und 31 beweist, dass sich zwi- schen Scheitelplatte und erster Antenne eine Schicht neuer Ekto- dermzellen aus den seitlichen indifferenten Partien der Eioberfläche eingeschoben hat. Auf Schnitt 33 ist der Wucherungsherd der kleinen, in ihrem ersten Auftreten hinter der Augenanlage befindlichen Zellen in diese selbst weit hineingetreten, und am Schnitt 33 treffen wir zwei der großen Zellen der Scheitelplatte bereits ganz vorn am Rande der Anlage an. Während ferner im vorhergehenden Stadium F zwi- schen den beiden die Innenränder beider Scheitelplatten treffenden Längsschnitten noch eine Reihe von Schnitten dazwischen lag, tritt in diesem Stadium nach dem letzten medianwärts gerichteten Schnitt durch die eine Scheitelplatte gleich auf dem zweiten oder dritten der folgenden Schnitte die zweite Scheitelplatte hervor. Die beiden Scheitelplatten sind also eng an einander gerückt und schicken sich an, mit einander zu verschmelzen. Nach der Art der vom Flächenbild bereits bekannten und aus den Schnitten deutlich wahrnehmbaren Lageveränderung in den ektodermalen Bildungen dürfte die Ursache dieser Lageverschiebungen in einer Zugwirkung bestehen, welche vom Gastrulamund her unter- halb der Mandibel ungefähr von ihrer Mitte her ausgeht und nach den Seiten und nach vorn hin ihren Einfluss übt. Auch im Entoderm lassen Lageveränderungen zu den Seiten des Gastrulamundes gleiche Vorgänge vermuthen. Ich komme auf dieselben, nachdem ich im vorhergehenden Stadium nachgewiesen habe, dass das Entoderm zu beiden Seiten des Gastrulamundes bereits eine differente Zellgestalt angenommen und sich in einer Zelllage im Gegensatz zu dem Ento- derm der Thoracoabdominalanlage ausgebreitet hatte, im Folgenden ausführlicher zu sprechen. Im Schnitt 29 zeigt sich das Entoderm Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 231 - im Thorakaltheil wie im Vorderabschnitt des Embryos in mehr oder minder einschichtiger Lage. Unmittelbar hinter dem Wucherungs- gebiet der ersten Antenne weist es dann eine Lücke auf, welche in dem Präparate, dem diese Schnitte entnommen sind, schon auf dem vorhergehenden und dann noch auf dem folgenden vorhanden ist und erst auf dem dritten, welchen ich in Fig. 30 abbilde, zu schwinden ‚beginnt. Hinter dieser Lücke aber, da, wo im Ektoderm die dichtere Lage der Kerne die Wucherungszone der Mandibel darstellt, finden sich über der einschichtigen Lage des Entoderms (Fig. 29) zwei etwas srößere Zellen hinüber gewandert. Auf dem Schnitt 30, da, wo die Lücke im Schwinden begriffen ist, finden wir dann drei weitere dieser Entodermzellen und in Schnitt 31 und 32 hat sich dann ein ganzer Ballen von Entodermzellen unterhalb des Centrums der eigent- lichen Mandibelbildung zusammengelagert. Mit Beziehung auf die seitwärts befindliche Lücke im Entoderm ist daher wohl nicht mit Unrecht anzunehmen, dass die den Zellballen zusammensetzenden Entodermzellen von den seitwärts gelegenen Partien des zwischen Ruderantenne und Mandibel gelegenen Entoderms stammen und nach der Mitte und nach hinten gewandert sind. Die in späteren Stadien auf das deutlichste nachweisbare Wanderung dieses Zellballens nach hinten mag als weiterer Beweis dienen, dass auch die Lage, welche diese Zellen im vorliegenden Stadium einnehmen, nicht ihre ursprüng- liche, sondern auf Wanderung zurückzuführen ist. Die Lücke im Entoderm vorn und zur Seite dieses Ballens weist auf ihren Ursprung hin. In diesem Ballen markirt sich die erste Absonderung der Genitalzellen. Zunächst sind sie also auf eine Zusammenziehung der zu den Seiten des Gastrulamundes des Stadiums 7 gelegenen bereits differenzirten Entodermzellen zurückzuführen und in Bezug auf ihren ersten Ursprung stammen sie von dem in der Entodermscheibe des Stadiums B seitlich gelegenen Entodermzellen, von denen die äußersten Randzellen zu Dotterzellen wurden, während die mehr in der Mitte gelegenen mit den am Hinterrande der Scheibe befindlichen nach hinten unier die spätere Thorakalplatte hinunterwanderten, so dass im Stadium 2 die Genitalzellen in keiner Weise von dem übrigen Entoderm zu sondern waren. Da sie dann ferner bis zum Stadium F'noch keine Differenzirung erfahren hatten, so gelangt die Genitalanlage bei der Leptodora erst im Verlaufe des Nauplius ähn- lichen Entwicklungsstadiums zur ersten Anlage. | Da das Entoderm unter der ersten Antenne, der Mandibel und der zweiten Antenne von der Scheitelplatte an bis zur Thorakalplatte 232 Max Samter, DD bis zum vorhergehenden Stadium F gleichwerthig erschien, und nichts darauf hinwies, dass gerade in den im vorderen Theile dieses frag- lichen Bezirks gelegenen Entodermzellen schon vor ihrer Wanderung eine qualitative Differenz seit längerer Zeit vorhanden war, so ist auch kein innerer Grund für eine Absonderung von Genitalzellen im hintersten Theile dieses Bezirkes selbst, an der Stelle, an welcher das erste Auftreten der Genitalanlage zu verzeichnen ist, wenn nicht ent- wieklungsgeschichtliche Ursachen derselben hindernd entgegenständen. So meine ich, dass das erste Auftauchen der Genitalzellen in dem vorderen Abschnitt der Mittelregion des Embryos in Verbindung mit dem Wandern derselben nach hinten ein entwicklungsgeschichtliches Moment aus der Entwicklung der Stammreihe darstellt, das zunächst darauf hinweist, dass das ganze Umlagerungsphänomen ein erst in neuerer Zeit auftretender Vorgang ist. Ursprüngliche Verhältnisse würden in der ersten Lage der Genitalzellen zum Ausdruck gebracht. Da in dem ausgebildeten Thiere das Genitalorgan im dritten und vierten Abdominalsegment liegt, und da, wie ich annehmen zu müssen glaube, kein Unterschied zwischen den Zellelementen des Entoderms der Mittelregion des Embryos bis zum Stadium F bestand und da ferner keine mechanischen Gründe einwirken, welche das erste Diffe- renziren unmittelbar vor der Thorakalplatte also im hinteren Theile der mittleren Embryonalregion verhindern, so ist das erste Auftreten dieser Genitalzellen zusammen mit ihrer späteren Wanderung der reine Ausdruck eines phylogenetischen Zustandes. Bei jenen Clado- ceren aber, bei denen von vorn herein das Genitalorgan im hinteren Theile des Embryos zur Absonderung gelangt, dürfte daher eine Ab- weichung von dem ursprünglichen Entwicklungsgange zu Tage treten. Daraus aber, dass die Genitalanlage auf Grund ihrer Wanderung kein konstantes Lagerungsverhältnis zu den übrigen Organen im Ver- laufe der Stammesentwicklung aufweist, ist möglichenfalls der Um- stand herzuleiten, dass bei den verschiedenen Cladocerengruppen der Oviduet am Ovarium eine verschiedene Ansatzstelle aufweist. Indem mit dem Auftreten neuer Segmente am Embryo die Genital- anlage nach hinten wandert, müssten, sobald irgend welche Raum- verhältnisse die wandernde noch nicht zum völligen Organ ausgebildete Genitalanlage aus ihrer definitiven, in der Entwicklung ursprüng- lich vorgesehenen Lage nachträglich noch weiter nach hinten ver- drängt, die Oviducte am entgegengesetzten Ende des Ovariums zum Durchbruch gelangen, als dies bei anderen der Fall ist. Weitere Veränderungen im Entoderm beziehen sich auf die Aus- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 233 dehnung desselben. Gegenüber dem vorhergehenden Stadium 7 lässt sich in erster Reihe in der seitlich vom Gastrulamunde gelegenen Entodermlage, der auch die Genitalzellen entstammen, eine starke Zellvermehrung nachweisen. Dieselbe besteht ununterbrochen fort. Zahlreiche Theilungsfiguren, von denen in Figg. 29, 30 und 31 im Vordertheile der Keimscheibe einige getroffen sind, geben hiervon Zeugnis. Bei dieser Vermehrung hat die Entodermlage nach vorn und nach beiden Seiten an Raumausdehnung gewonnen. Zwar reicht sie auch jetzt nur bis zur Scheitelplatte nach vorn, doch wie aus Figg. 31 und 32 ersichtlich, und wie die Lageveränderung der Scheitel- platten nach der Mediane hin ergiebt, ist eine Längsausdehnung im Vordertheil der Keimscheibe dennoch vorhanden. Die seitliche Aus- dehnung der Entodermlage am Rande des ursprünglichen Gastrula- mundes, namentlich nach der Mitte der Keimscheibe, wird aus Schnitt 33 und 34 evident. Im vorhergehenden Stadium hatte schon hinter dem noch etwas seitlicher befindlichen Centrum der Augenanlage die ein- heitliche Lage des Entoderms aufgehört, jetzt, wo die Scheitelplatten in der Mediane zusammengerückt sind, findet sich das Entoderm auf allen Schnitten hinter der Scheitelplatte. Über dieselbe nach vorn geht es aber nicht hinaus. Nach der Mitte der Keimscheibe, im Mittelbereich des ursprünglichen Gastrulamundes, wird es dann seltener. Auf allen Schnitten lässt sich ferner von den Seiten des Embryos aus nach der Mediane hin unter der Ruderantenne, der Mandibel und der ersten Antenne eine einheitliche Verbindung mit dem Ento- derm der Thorakalplatte nachweisen. Das Entoderm, welches ur- sprünglich aus der Entodermscheibe nach den Seiten hin aus ein- ander wich, hat sich also sekundär mit dem nach vorn sich aus- breitenden thorakalen Entoderm zu einem einheitlichen Zellenlager wieder vereinigt (Figg. 31—34). Im Stadium 7 waren, wie die Schnitte 26— 28 ergeben, die zu den Seiten des Gastrulamundes ge- legenen Entodermzellen von den im Thorakaltheil gelegenen noch durch einen geringen Abstand von einander getrennt. Das erste Aus- einanderweichen des Entoderms aus der Entodermscheibe beruht da- her auf rein ernährungsphysiologischen Gründen, in so fern es der schnelleren Dotterresorption dient und hiermit in Zusammenhang mar- kirt es phylogenetische Vorgänge. Denn von vorn herein darf die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass gerade in Bezug auf den ursprünglich einheitlichen Zusammenhang der Entodermscheibe eine einheitliche Einsenkung ähnlich dem Einsenkungsprocess der Astacus- Entwicklung ursprünglich bestanden hat, durch stärkere Dotterver- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. - 16 234 Max Samter, mehrung aber unmöglich geworden und zu dem Auseinanderweichen geführt hat. Die sekundäre Wiedervereinigung der gesammten Ento- dermmasse giebt einen neuen Beleg für das Sekundäre des Dotter- erwerbes. Im Schnitt 29, dem am weitesten seitwärts geführten Schnitt, ist das im Thorakaltheil gelegene Entoderm einschichtig, im Schnitt 30 mehrschichtig und in Schnitt 32 treten die ersten Spuren von Segmentation innerhalb des Entoderms auf. Die abwechselnde Farbennuaneirung im Flächenbilde hängt ausschließlich von dieser Segmentation des Entoderms ab. Nach der Mitte hin schwindet die- selbe, und bereits in Fig. 33 macht sich das Bestreben nach Ein- schichtigkeit bemerkbar. In Schnitt 34 ist dieselbe dann erreicht und auf den folgenden in unmittelbarer Nähe der Medianlinie bei- behalten, um auf der anderen’ Seite wiederum zu den drei Segmenten im Thorakaltheil anzuschwellen. Da nun nach der Medianlinie das im Thorax gelegene Entoderm immer lockerer gelagert ist, und in den mehrschichtigen Seitenpartien keine Theilungsfiguren auftreten, so findet die bereits ausgesprochene Auffassung ihre Bestätigung, dass im Thorakaltheil von der Medianlinie aus das Entoderm nach beiden Seiten aus einander drängt und sich zu beiden Seiten des Embryos zu zwei Längswülsten anordnet. Was die Segmentation betrifft, so schiebt sich das Entoderm nicht segmentweise von vorn nach hinten vor, indem am Ende des Segmentes der Hauptwucherungsherd für das neue Segment liegt, sondern gleichmäßig finden in der ganzen Entodermlage des Thorakal- theiles Vermehrungsprocesse statt, welche ein gleichmäßiges Wachs- thum des Entoderms bedingen, so dass aus dem vorhandenen Ento- derm sich sogleich drei Segmente gleichzeitig herausbilden. Ich habe kein Stadium in der Entwicklung gefunden, in welchem nur zwei Segmente im Entoderm zur Sonderung gelangt wären, so dass ich eine gleichzeitige Herausbildung von drei Segmenten annehme. Die folgenden Segmente bilden sich alsdann am Rande des dritten Seg- mentes. Die Processe der Segmentbildung im Entoderm deuten dem- nach darauf hin, dass sie im Stadium des Überganges zu einer neuen Art der Segmentbildung sich befinden. Denn während als ursprüng- licher Zustand eine successive Anlage der Segmente nach einander gelten muss, giebt der vorliegende Fall ein Stadium, welches in der äußerst schwachen Andeutung der ersten drei ‘Segmente zum Aus- druck bringt, dass die eigentliche Segmentation mit der Zellvermeh- rung des Entoderms noch weiter in der Entwicklung sich hinaus- schiebt, um dann bei ausreichendem Entodermmaterial wirklich scharf Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 235 innerhalb des ganzen Entodermlagers gleichzeitig eine Segmentation in eine größere Zahl von Segmenten erfolgen zu lassen. Auch in diesem Punkte verräth sich die sekundäre Dottererwerbung. Stadium H und I. Die folgende Entwicklungsphase habe ich in zwei Unterstadien gesondert, die ich als Stadium 7 und Stadium 7 bezeichne, von denen ich jedoch nur eine Flächendarstellung in Fig. 15 gebe. Im Stadium 77 ist bereits ein Theil der kleinen Ektodermzellen über den Innenast der beiden Scheitelplatten hinübergetreten. Zwischen den Scheitelplatten selbst deutet eine Zellkoncentration den Beginn der Bildung der Oberlippe an. Da das Attraktionscentrum genau in der Mitte unter beiden Scheitelplatten gelegen ist, so werden die seitlichen Theile unterhalb der Scheitelplatten, über die im vorhergehenden Sta- dium die Zellen noch gleichmäßig vertheilt waren, immer stärker von Zellen entblößt, was im Totalpräparat durch die mattere Färbung der seitlichen Theile schon bei schwacher Vergrößerung zum Ausdruck kommt. Ihre dichteste Stellung zeigen die Kerne im Attraktionscen- trum. Die erste Antenne hat sich’ in ihrer Größe nicht verändert, die koncentrische Kurvenbildung der Mandibel hat dagegen an Ausdehnung zugenommen. Sie ist in gleicher Weise wie im vorhergehenden Sta- dium zusammen mit der ersten Antenne schräg gegen die Median- linie geneigt, vielleicht gemäß der vorhandenen Neigung um ein Weniges der Mediane weiter genähert. Während jedoch im vorher- gehenden Stadium G die koncentrischen Kurvenlinien der ersten Antenne und der Mandibel sieh noch berührten, ist mit diesem Stadium eine Trennung beider Extremitätenanlagen erfolgt. Da die Anlagen nicht kleiner geworden sind, so ist die Trennung auf ein Längswachsthum zwischen den beiden Extremitäten zurückzuführen. Der Nachweis dieses Längswachsthums an dieser Stelle der Eioberfläche ist dess- halb von Werth, da es die Schnittserie leichter verständlich macht. Außer diesem aus dem Flächenbilde sich ergebenden Längswachs- thum ist die Sonderung der beiden Extremitätenanlagen von ein- ander außerdem mit Zellkoneentrationen im Eiinnern unterhalb der ektodermalen Zellkoncentrationen verbunden, wie dieses die Schnitt- serien ergeben und im weiteren Verlaufe immer entschiedener zu Tage treten lassen. Am stärksten wachsen die Anlagen der Ruder- antennen; die koncentrischen Kreisfiguren des Innenastes weisen in der Kleinheit und der dichten Stellung ihrer Zellkerne auf lebhafte Theilungsvorgänge zurück. Der Außenast hat sich ebenfalls als selbst- : 16* 236 Max Samter, ständige Zellkoncentration von dem Innenast abgehoben, die ganze Anlage liegt jedoch noch vollkommen im Einiveau Der Raum zwischen Ruderantenne und Scheitelplatte ist stark von Zellen ent- blößt, nur an den seitlichen Rändern der Scheitelplatten koncentriren sich die Ektodermzellen wieder. Das Ektoderm, welches den von der ersten Antenne und der Mandibel umgebenen Gastrulamund be- deckt, ist in seinem der Thorakalanlage genäherten Theile ein wenig dichter als unmittelbar unter der Oberlippenbildung. Vom Thorakal- theil findet daher in weiterer Folge die Herbeischaffung neuen Zell- materials zum völligen Schlusse des ursprünglichen Gastrulamundes statt. Im Thorakaltheil heben sich nunmehr die drei Segmente durch ihre intensivere Färbung deutlich ab, die Segmentation erstreckt sich nach wie vor nur auf die seitlichen Theile der Thorakalplatte. Am deut- lichsten tritt das erste Segment hervor, die Schnittserie ergiebt, dass die nach innen gerichtete Aufwölbung am ersten Segment am stärksten ist. Auch auf das Ektoderm übt bereits die Segmentation der inneren Zellmassen ihre erste Wirkung, die Ektodermzellen wandern in den seitlichen Theilen der Thorakalplatte zu den Segmenten hin. Immer handelt es sich um die gleichen Gesetze, welche in der Wanderung die Kurvenstellung hervorrufen. So sondern sich auf dem Thorakal- theile im Ektoderm Segmentalzonen mit dichterer und Intersegmental- zonen mit lockerer Zellstellung. Das dritte Segment scheint nach hinten am weitesten ausgedehnt. Naturgemäß bedingt der Umstand, dass permanent von außen her durch Zellapposition die ganze Keim- scheibe und insbesondere die Thorakalplatte vergrößert wird, ein starkes Zurückdrängen der suecessiven Folge in der Bildung der fol- senden Segmente, denn bevor noch das nächste Segment zur eigent- lichen markanten Darstellung gelangt,. ist das folgende bereits in seiner Bildung begriffen. Dennoch geht aus der dicehteren Stellung der Zellen in dem vorderen Theile des dritten Segmentes hervor, dass die Zellbildung eine successiv auf einander folgende ist. Von den Processen der Segmentbildung unberührt bleibt nur der mediane Theil der Keimscheibe. Hier findet im Ektoderm vom letzt- besprochenen Stadium G an weder eine Wanderung noch eine Zell- vermehrung statt. Irgend welche gesetzmäßige Stellung dieser Zellen lässt sich daher zunächst nicht nachweisen, und scheinen sie vor den mehr seitwärts gelegenen Zellen größer und etwas intensiver roth. Es tritt mit größerer Deutlichkeit als im Stadium G@ erst jetzt die Herausdifferenzirung der Neuroblasten im Thorakaltheil hervor, aus denen dann in späteren Stadien die Neuralrinne sich aufbaut. Nur Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 2371 im letzten Theile des dritten Segmentes ist unter den Ektodermzellen noch keine Differenz nachzuweisen. Die Verlängerung der späteren Neuralrinne beruht auf Vermehrung der bereits vorhandenen Neuro- blasten. Neue Neuroblasten bilden sich aus indifferentem Ektoderm auf der Mediane der folgenden Segmente also nicht mehr. Die Ovarien markiren sich am Totalpräparat bereits deutlich als zwei kugelförmige Gebilde zu beiden Seiten der Keimscheibe. Ihre Lage beweist, dass sie aus dem Vorderabschnitt des Körpers aus der Region der späteren Maxillen nach hinten in den Thorakal- theil auf Wanderung begriffen sind. Der Wichtigkeit wegen, welche dieser Wanderung beizumessen ist, stelle ich die beiden Unterstadien 7 und / in ihrem Thorakaltheil gesondert dar (Fig. 16a und Fig. 162). In 4 (Fig. 16«) befindet sich die Genitalanlage mit ihrer hinteren Hälfte genau auf dem ersten Segment, in / (Fig. 165) ist sie in das Bereich der Intersegmentzone gelangt und deckt nur noch mit ihrer vorderen Hälfte das erste Segment. In der vergrößerten Darstellung der beiden Thorakalanlagen kommt die Wanderung der Ektoderm- zellen zu den Segmentalzonen und die Herausdifferenzirung der Neuroblasten scharf zum Ausdruck. Während im Stadium G und auch noch im Stadium 7 die ekto- dermale Zellvermehrung auf der Eioberfläche innerhalb der einzelnen Organe und Körperbildungen im Niveau der ursprünglichen Blasto- meren vor sich ging, indem aus den dazwischen liegenden Partien immer neue Zellen zu den Organbildungen hinzutraten, kommt es vom Stadium 7 zu I in Folge des Überschusses von Zellen in den Organanlagen bei weiterer Vermehrung derselben zu einer leichten zunächst noch fast verschwindenden Aufwölbung der einzelnen Organe um den Gastrulamund. Die seichten Einfaltungen zwischen den einzelnen Körpertheilen sind stark von Zellen entblößt und erscheinen daher am Totalpräparat nur matt gefärbt. Das Prineip, welches sich in dem ganzen Entwieklungsverlaufe vom Abschnitte III und IV gel- tend macht, ohne Rücksicht auf den vorhandenen Zellbestand, das Zellmaterial nach verschiedenen Punkten der Eioberfläche hinzuziehen, um auf diese Weise die Zellvermehrung an bestimmten Punkten möglichst intensiv zu gestalten und eine schnelle Anlage der Organe zu erzielen, ist bis zum Stadium / gewahrt und findet gerade in diesem Stadium seinen markantesten Ausdruck. Mit den verhältnis- ‚mäßig wenigen Zellen zwischen den einzelnen Körperbildungen machen diese den Eindruck, als wenn sie vereinzelt ohne jeden Zu- sammenhang entstanden wären. Am deutlichsten heben sich die 238 Max Samter, Mandibel und die erste Antenne ab, und es beginnt bereits der vor- dere Theil des Thorax sich aus dem umgebenden Niveau herauszu- heben. Es tritt somit in diesem Stadium des Embryonallebens, trotzdem die Körperwandung des Embryos gegenüber den einzelnen Anlagen im und am Organismus in ihrer Entwicklung nachsteht, das Bedürfnis hervor, trotz des für die Größenverhältnisse noch nicht hinreichenden Zellmaterials körperliehe Gestaltung anzunehmen. Dieses frühzeitige Auftreten der ersten körperlichen Bildungen dürfte ebenfalls zu den ursprünglichen Entwicklungserscheinungen, wie sie die Leptodora- Entwicklung schon an mehreren Punkten gezeigt hat, zu rechnen sein. Der Embryo bleibt, wie spätere Stadien zeigen, längere Zeit ungefähr auf dem gleichen Niveau der körperlichen Ausgestaltung stehen; in dem ersten Auftreten der körperlichen Ausbildung wird also der Beginn einer successiven Herausbildung der Körperformen, was vielleicht als Entgegnung gelten könnte, nicht erbliekt werden können. Vereinigen wir dann ferner die Thatsache des Fehlens einer genügenden Zellzahl zwischen den Organanlagen zusammen mit dem frühen Auftreten und dem längeren Stillstande in der weiteren Ausbildung der körperlichen Gestalt des Embryos mit der verschie- denen Art der Segmentbildung, sofern die ersten drei Segmente gleichzeitig entstehen, die folgenden successive sich anlegen, und findet die Bildungsweise der Neuralrinne ihre Berücksichtigung, so ist eine weitere Stütze für die Annahme gegeben, dass der Leptodora- Embryo unter anderen Bedingungen in früherer Zeit schon in diesem Stadium eine körperliche Ausbildung besessen hat. Da nun Dotter- reichthum und Entwicklungshöhe, in welcher der Embryo das Ei verlässt, in Causalzusammenhang steht, und da in Folge dessen in dotterarmen Eiern der Embryo sich auf Kosten seiner definitiven Aus- bildung früher zum selbständigen Organismus ausbildet als in dotter- reichen Eiern, so ist das frühe Auftreten von körperlichen Formen mit einem ursprünglich geringeren Dottergehalt des Eies in Zu- sammenhang zu bringen. Im Eiinnern sind die Veränderungen nur geringfügiger Natur. Zunächst zeigt ein Vergleich mit der Schnittserie des Stadiums G in den Figg. 29—34, dass das Entoderm in den Figg. 35—38 zwar an Zellzahl aber nicht an Ausdehnung wesentlich zugenommen hat. Die Entodermzellen stehen dichter, ihre Kerne sind kleiner, und nament- lich auf Schnittfigur 35, welche einen am weitesten seitwärts ge- führten Längsschnitt durch die Keimscheibe darstellt, zeigen zahl- Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 239 reiche Theilungsfiguren im Entoderm, wie dieses sich an seinem Rande im Thorakaltheile nach den Seiten und nach hinten auszu- dehnen beginnt. Auch in den Längsschnitten Figg. 36 und 37, welehe derselben Schnittserie entnommen sind, weisen noch die vereinzelten Theilungsfiguren auf die Vermehrung des Entoderm in seiner Rand- zone. Die Segmentation, welche eben so wie im Stadium G in den Figg. 29—51 auf den ersten Schnitten durch die Seiten des Embryos im Entoderm noch nicht vorhanden ist (Fig. 35), wird in Fig. 36, welche einen Schnitt längs durch die Scheitelplatte, die erste An- tenne und die Mandibel darstellt, erst deutlich. In S ist die Scheitel- platte mit ihren großen Zellen, in A, die erste Antenne, in Md die Mandibel getroffen, die drei folgenden Aufwölbungen stellen die drei ersten Segmente dar. Es zeigt sich, dass die Aufwölbungen nicht wesentlich fortgeschritten sind, das. dritte Segment hat sich aber mehr in die Länge gestreckt, so wie dieses bereits aus dem Flächen- bilde Fig. 15 ersichtlich ist. Die in Schnittfigur 35 getroffene Genitalanlage, welche über dem einschichtigen nicht segmentirten Entoderm liegt, ist daher seitwärts den Thorakalsegmenten anliegend anzutreffen. Während sie im Sta- dium G in Schnittfigur 32 im Bereich der Mandibelbildung lag, ist sie, wie die Schnitte der Fig. 35 und der Fig. 36 ergeben, nach hinten sewandert. Und zwar zeigt der Vergleich des Schnittes in Fig. 32 des vorhergehenden Stadiums und der Schnitte im Fig. 35 und 36 des vorliegenden Stadiums, dass diese Wanderung nach hinten eine bedeutende ist, und dass sie daher, da der Embryo in dieser Zeit nur geringfügige Entwicklungsprocesse erkennen lässt, mit beson- derer Schnelligkeit vor sich geht. Möglicherweise ist die schnelle Wanderung nach hinten in Zusammenhang zu bringen mit dem hohen Alter der Lage des Genitalorgans im hinteren Körpertheil. Am deutlichsten zeigt Schnitt 36, dass in dem zu den einzelnen Extremitätenanlagen gehörenden Entoderm sich eine Sonderung ein- leitet, so dass sich das zu einer Anlage gehörige Ento- und Ekto- derm von dem angrenzenden Theile durch eine mit einer Aufwölbung verbundene Einschnürung sondert. So tritt schon in Fig. 35 die nach innen gerichtete Aufwölbung der Ruderantenne in A, und in Fig. 36 in A, die erste Antenne und in Md die Mandibel, in Fig. 37 in Zb die Oberlippe deutlich abgegrenzt hervor. In dieser Gliede- rung des Entoderms üben die ursprünglichen Entwicklungsprocesse ihre Wirkung. Würde der Embryo unter gleichen Bedingungen im sanzen Verlaufe der Stammesgeschichte sich entwickelt haben, dann 340 Max Samter, würde eine gleichzeitige Segmentation aller Wahrscheinlichkeit nach zu erwarten sein. Die zwischen den einzelnen Anlagen gelegenen Ektodermzellen sind eylindrisch schmal und hoch mit spindelförmigen Kernen und weisen bereits in dieser Gestalt den Charakter auf, den erst in spä- teren Stadien alle die äußere Körperhaut bildenden Ektodermzellen annehmen. In Schnitt 36 liegen derartige Zellen zwischen Scheitel- platte ($) und erster Antenne (A,), und zwischen erster Antenne und Mandibel (Md), in Schnitt 37 und 38 zwischen Mandibel und Oberlippe (ZB). Die Dotterzellen, welche noch dieselbe typische Ge- stalt besitzen, wie in den vorhergehenden Stadien, liegen niemals im Dotter selbst, sondern stets zwischen Dotter und Keimstreif. Der weitere Verlauf der Entwicklung bis zur ersten körperlichen Larvenform spielt sich mit besonderer Lebhaftigkeit ab, und die nun- mehr folgenden Stadien, welche gegen das Ende des vorliegenden Entwieklungsabschnittes fallen, präsentiren sich in stets abweichen- den Bildern, so dass genau der gleiche Entwicklungszustand sich kaum in mehreren Eiexemplaren zeigt, dafür aber der kontinuirliche Verlauf der Entwicklung mit größerer Leichtigkeit sich lückenlos zur Darstellung bringen lässt. Dasselbe Prineip, welches, basirend auf der Nährfülle des Dotters, die Art des Entwicklungsganges bis zu dem letztbeschriebenen Stadium 7 bedingt, bleibt auch fernerhin maß- gebend, und der Embryo bringt in schneller Folge immer neue An- lagen hervor, ohne dass die bereits vorhandenen eine derartige Ausbildung erführen, die man mit Recht als körperliche in Anspruch nehmen könnte. Im weiteren Verlaufe macht der Embryo daher, nachdem bereits schon zehn Segmente zur Anlage gelangt sind, durch- aus noch den Eindruck des Schattenhaften, wie es die ersten Dar- stellungen aus diesem Abschnitt wiederzugeben suchen, nur dass natürlich die Umrisse der einzelnen Theile immer. schärfer werden. Erst mit der Loslösung des Kopftheiles von dem Einiveau, welcher der Schwanztheil unmittelbar folgt, so dass der Dottersack als rund- liche Aufwölbung nunmehr in der Mitte des Rückens dem Embryo aufsitzt, ist das erste körperliche Embryonalgebilde erreicht. Wäh- rend der Entwicklung, die der Embryo bis dahin in vier oder fünf Stadien in kürzester Zeit durchläuft, richten sich die Entwicklungs- processe auf die drei Momente der Ausbildung der bereits vorhandenen vorderen zum Kopftheile gehörigen Anlagen, der Entstehung von Thorakalextremitäten, der Anlage von neuen Segmenten am Embryo. Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 241 Es eilt somit, indem diese drei Entwicklungsmomente sich gleichzeitig abspielen, bedingt durch die günstigen Ernährungsverhältnisse, die Anlage neuer Körpersegmente der Ausbildung der bereits vorhandenen Körperanlagen voraus. So kommt es zu einer Verschiebung des Ent- wicklungsganges, zumal die ersten stammesgeschichtlichen Stadien ganz fehlen, und gleich drei Segmente sich bilden; immerhin findet sich in der zeitlichen Folge aller weiteren Anlagen ein Anklang an die Verhältnisse der Stammesentwicklung. Dieses Nacheinander in der Segmentbildung, wie es auf der einen Seite, wenn auch in be- schränkter Weise zum Ausdruck kommt, in Verbindung mit dem ersten gleichzeitigen Auftreten der ersten drei Thorakalsegmente, dann die außergewöhnlich schnelle Folge der Segmentbildung der folgenden Segmente bis zum zehnten Segment, welche bei der un- bedeutenden Weiterentwicklung der vorderen bereits angelegten Theile das Schwergewicht der Entwicklungsintensität zum mindesten als gleichmäßig über die ganze Keimscheibe vertheilt erkennen lässt, spiegelt den Kampf, in welchem der Embryo mit seiner Entwick- lungsweise sich befindet. Auf der einen Seite lässt sich der Zug somit nachweisen, eine möglichst gleichzeitige Anlage von möglichst vielen Segmenten eintreten zu lassen, auf der anderen Seite aber spricht der Umstand, dass dieser unverkennbar vorhandene Zug in der That nicht erreicht wird, neben den zahlreichen Gründen aus dem ersten Theile der Embryologie für das Sekundäre der Dottererwerbung. Von einem ursprünglichen Besitz würde eine gleichzeitige Ausbildung der einzelnen Körpertheile die Folge sein. Für die Mechanik dieser Entwicklung zeigt sich, wie eine sekun- däre Dottererwerbung nicht ohne Weiteres den ursprünglichen Ent- wicklungsgang völlig umzustoßen im Stande ist; für die Phylogenie ergiebt sich aus dieser Art der Segmententwicklung mit dem sie begründenden Momente, dass der Ursprung der Cladocerengruppe in einem dotterarmen Ei zu suchen ist. Leptodora würde alsdann auch von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet eine durchaus sekundär modifieirte und desshalb vom Cladocerentypus aberrant entwickelte Form darstellen, wie dies bereits auf morphologischem Wege von CLaus gegen WEISMANN behauptet worden ist. Die Entwicklung innerhalb der vorliegenden Periode ergiebt dann im Speeiellen den vollgültigen Beweis, so weit er sich in erster Hinsicht auf die erste Gestalt der Thorakalextremitäten bezieht, von denen WEISMANN an- nimmt, dass sie als einästiger Greiffuß im ausgebildeten Zustande von vorn herein der Urform des Cladocerenfußes entspräche. Wie 242 Max Samter, die Entwieklung am Ende dieses Abschnittes aber zeigt, legt sich die Leptodora-Extremität zweiästig an, rekapitulirt also die typische Cladoceren-Extremität, und weist auf diese in Folge dessen als auf ihren Ursprung hin. Ohne an dieser Stelle auf die weiteren Beziehun- sen, welche sich in diesem Theile der Entwicklung zu den übrigen Cladoceren ergeben, näher einzugehen, kommt die Darstellung von . dem letztbeschriebenen Stadium 7 Fig. 15, mit dessen drei Thorakal- segmenten zu dem in Fig. 17 in Totalansicht in abgerolltem, aus- sebreitetem Zustande dargestellten Stadium X. Stadium K. Zwar liegt zwischen diesem und dem letztbeschriebenen Sta- dium / ein Stadium X, dazwischen, von diesem aber gebe ich in Anbetracht der Geringfügigkeit der sich bemerkbar machenden Ver- änderungen aus Raumrücksichten keine Totaldarstellung. Dieses Stadium A,, sowie das zur Abbildung gelangende Stadium X, als auch noch in verstärktem Maße die weiteren zwei folgenden Stadien repräsentiren einen Cyklus von vier Entwicklungsbildern, welche bei der ersten Betrachtung hauptsächlich durch Änderungen am Kopf- theil, und zwar besonders der Partie des ursprünglichen Gastrula- mundes, also des Stückes der Oberfläche auffallen, die zwischen Oberlippe, Mandibel und erstem Thorakalsegment gelegen ist. Diese Partie bietet für die erste Betrachtung ein besonders günstiges Merk- zeichen für die Altersunterscheidung des Embryos, weil die Haupt- änderungen, die er an der Segmentzahl erfährt, in Folge der starken Umwachsung der Eioberfläche erst durch Abrollung, welche in diesem Stadium bereits eine bedeutende ist, eruirt werden kann. Während im letztbeschriebenen Stadium 7 der Theil zwischen Ober- lippe, erster Antenne und Mandibel sich noch als eine gleichmäßig helle Partie mit einem dünnen Zellüberzuge von den sie umgebenden dunkleren Zellkoncentrationen der Oberlippe, der ersten Antenne und der Mandibel in Gestalt eines Römers (Fig. 15) abhob, macht sich im Stadium A, in dem Fußtheile dieses Römers zwischen den bei- den Mandibelanlagen eine stärkere Zellvermehrung bemerkbar, welche im Stadium A bereits so weit angewachsen ist, dass der untere Theil von einem dichten ektodermalen Zellblatt zwischen den Mandibel- anlagen bedeckt ist und dem ursprünglich römerförmigen Gastrula- munde nunmehr sichelförmige Gestalt giebt. Im Stadium X ist diese Sichel noch ziemlich breit und an beiden Seiten stumpf endigend. Eben so wie in diesem Theile des Embryos, in welchem sich Studien zur Entwieklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lili. 245 nunmehr der vollständige Verschluss des Gastrulamundes, und damit gleichzeitig die Bildung der definitiven Mundöffnung einleitet, lassen sich dann im Allgemeinen die Processe, welche sich zwischen dem Stadium / und dem Stadium X abspielen, auf stärkere Zellvermeh- rungen zurückführen, welche nunmehr ihrerseits, während aus den Zellvermehrungen bis zum Stadium / nur die ersten Anlagen der einzelnen Organe herbeigeführt wurden, die Bildung der festeren ektodermalen Körperwand einzuleiten beginnen. Es wird auf diese Weise das scharf präeisirte Bild des Stadiums / mit den sich scharf markirenden Organanlagen von dem Zwischenstadium X, an immer stärker beeinträchtigt und verwischt. Die Zellvermehrung in den Scheitelplatten des Embryos führt zur vollständigen Überwachsung des Innenschenkels der großen Neuroblasten beider Kopflappen. Dieses, sowie der beginnende Verschluss des -Gastrulamundes und eine deutliche Zellkoncentration des Entoderms der Oberlippe, welche sich in dieser Zeit dadurch an der Oberlippe bemerkbar macht, dass am Totalpräparat ein helleres etwa dreieckiges Feld, gleichsam eine Lücke, mitten zwischen der Basis der nahe an einander gewachsenen Kopflappen und der ektodermalen Koncentration der Oberlippe ent- steht, sind die wesentlichen Processe, welche seit der letzten Phase der Entwicklung im vorderen Theile der Keimscheibe eine Änderung bedingt haben. Im Gegensatz hierzu ist am Ende der Keimscheibe ein neues Segment zur Bildung gelangt, so dass vier Segmentzonen und eine in Bildung begriffene Zellkoncentration hinter der letzten Zone sich herausgebildet haben. Da nicht anzunehmen ist, dass die Entwicklung in größeren Zeitintervallen vom Stadium / über X, zum Stadium X schreitet, ein direkter Gegenbeweis ist die geringe Zahl der gerade in diesen Stadien sich befindenden Embryonen, so steht die Wachsthumsintensität im hinteren Theile auf einer höheren Stufe, als im Vordertheile, die vorderen Theile werden vom Stadium / an die ganze weitere Reihe hindurch bis zur ersten körperlichen Aus- gestaltung des Embryos gleichsam überholt, und es bestätigt sich der Schluss, dass eine Neigung vorhanden ist, möglichst gleichzeitig eine möglichst hohe Zahl von Segmenten zur Anlage zu bringen. Auch in dem folgenden Stadium, in Ar), sind die vorderen bereits seit dem Stadium / vorhandenen Partien wenig weiter entwickelt, wäh- rend am Ende der Keimscheibe bereits fünf Segmente vorhanden sind und das sechste der Vollendung entgegengeht. Demnach hat die Annahme Berechtigung, dass die im Stadium / zunächst an- geleste, dann aber suspendirte und fast unterdrücke körperliche Aus- 244 Max Samter, bildung auf einen Metanauplius von drei Thorakalsegmenten gerichtet war, dass aber durch neue Ernährungszustände die Bildung neuer Segmente gleichzeitig mit der Weiterbildung der bis zum Stadium 7 angelegten Theile ermöglicht war. Die weiteren Veränderungen beziehen sich auf die Segment- bildung selbst. Während die Segmente im Stadium 7 noch von ein- ander durch weite Spalträume getrennt waren, haben sich diese Spalträume zunächst dadurch, dass das Entoderm der einzelnen Seg- mente gleichmäßig an Ausdehnung zugenommen hat, stark ver- schmälert, so dass an den Oberflächenbildern die helleren Zonen zwischen den Segmenten beträchtlich schmäler geworden sind. Die Segmente markiren sich im Ektoderm durch die scharf her- vortretende Centrenstellung dieser Zellen. In dem Zwischenstadium X, macht sich alsdann auch bereits im Bereich der großen Neuroblasten, welche von vorn nach hinten bis zum vierten Segment die Mediane einnehmen, eine Segmentation, die im Stadium Z/ noch fehlte, bemerk- bar, dadurch, dass sich zwischen den Segmenten die Neuroblasten in zwei parallele Zellschnüre anordnen. In dem Stadium X kommen all diese in dem Übergangsstadium X, nur erst angedeuteten Veränderungen stärker zum Ausdruck. Die Kopflappen sind in diesem Stadium in der Mitte nahezu verwachsen, vorn und zu den Seiten sind sie von mehreren Reihen in Kurven- stellung befindlicher kleiner Zellen umlagert. Die Außenschenkel der in Hufeisenform gestellten großen Neuroblasten in den Kopflappen bleibt mit ungefähr zwölf bis vierzehn Zellen auf der Eioberfläche im Zusammenhang erhalten, während der Innenschenkel, welcher schon in dem Übergangsstadium von den zwischen den beiden Kopf- lappen sich stark ausbreitenden kleinen Ektodermzellen überwachsen war, unter dem Ektodermüberzuge sich aufzulösen beginnt und seine Wanderung nach hinten antrit. Der Rest der Kopflappen selbst liegt eben so wie die an ihrem Endtheile in Kurvenstellung befind- liche Oberlippe noch durchaus im Einiveau selbst. Während die Kopflappen durch die Mehrschichtigkeit ihres Zellmaterials im Total- präparat intensiv gefärbt erscheinen, und auch die Oberlippe aus dem gleichen Umstande sich dunkel auf der Keimscheibe abhebt, markirt sich zwischen Kopflappen und Oberlippe das dreieckige Feld in seiner Einschichtigkeit immer schärfer. Die Oberlippe, welche eine be- sonders dichte Zellstellung aufweist, hat bereits die Form erlangt, welche sie in der ersten körperlich ausgebildeten Larvenform besitzt. Nach hinten verschmälert sie sich in einem stumpfen Kreisbogen, Studien zur Entwieklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 245 während sie an der Basis der Kopflappen erweitert ist. Eine Öentren- stellung ist nur noch in ihrer Mitte nachzuweisen, dafür umgrenzen die Ektodermzellen in der angegebenen Weise die äußeren Umrisse der Oberlippe, die Gestalt derselben auf diese Weise spiegelnd, ohne dass es hierbei jedoch zu einer Erhebung der Oberlippe aus dem Einiveau käme. Der noch sichelförmige Gastrulamund ist noch von Zellen bedeckt, die jedoch nur äußerst spärlich gesäet sind und durch die längliche Gestalt ihrer Kerne auffallen. Von den um den Ga- strulamund gelegenen Extremitätenanlagen neigt zunächst die erste Antenne dazu, eine nach hinten etwas zugespitzte Gestalt anzunehmen, ohne sich merklich aus dem Einiveau zu erheben. Nur bei der zweiten Antenne ist diese Hebung bereits deutlich zum Ausdruck ge- bracht. Während im Übergangsstadium Z, nur zwei große besonders dichte Zellkoncentrationen, die unter einander lagen, und eine kleinere erst in Bildung begriffene Zellkoncentration, die zwischen Kopflappen und den ersterwähnten beiden Koncentrationen lag, die Bildung der zweiästigen Ruderantenne einleiteten, haben sich nunmehr die beiden am längsten vorgebildeten großen Zellkoncentrationen als die beiden Äste der Ruderantenne an ihren seitwärts gerichteten Rändern aus dem Einiveau erhoben, während sie nach der Mitte zu in die dritte bereits vergrößerte Zellkoncentration des späteren Schaftes der Ruder- antenne, welcher noch ganz im Niveau des Eies liegt, übergehen. Aus der Lagebeziehung der Mandibel zum ersten Thorakalsegment lässt sich erkennen, dass die drei Extremitätenanlagen nach vorn sich zu verschieben beginuen, um der Bildung der Maxillarsegmente Platz zu machen. In die beiden Zellkoncentrationen der ersten Bil- dungen für die Ruderantenne waren also ursprünglich die beiden Maxillensesmente aufgegangen, um so mehr als die untere Zell- koncentration des Innenastes der Ruderantenne unmittelbar an das erste Thorakalsesment anschloss. In der ersten Anlage der Segment- bildung im Cephalothorax fehlt ursprünglich jede Andeutung der beiden Maxillarsesmente, erst sekundär schieben sich dieselben zwischen Kopf und Thorax ein. Die Entwicklungsmechanik der Leptodora-Entwicklung ist Ursache hierfür. Die zu besonderer Be- deutung gelangte Ruderantenne nimmt für ihren Aufbau zunächst das gesammte, zu beiden Seiten des Gastrulamundes gelegene Zell- material in Anspruch. In der Umgebung der ersten Anlage der beiden Maxillensesmente und der sekundären Einschiebung derselben liegt der schärfste Ausdruck für das Moditieirte des ganzen Ent- wieklungsganges. Die dem gesammten Cladocerenstamme tief ein- 246 Max Samter, geprägte Tendenz, der Ruderantenne an Größe und Schnelligkeit der Anlage die erste Stelle unter allen Extremitäten einzuräumen und die ursprünglich gleichwerthigen Segmente der Maxillenpaare ver- kümmern zu lassen, wird in der Entwicklung einer erst in jüngerer Zeit aus dem ursprünglichen Cladocerenkörper abzweigenden Form noch schärfer als bei diesem selbst zur Geltung kommen, um so mehr, wenn dieselbe auf Grund einer besonders günstigen Ernährung zu den definitiven Verhältnissen sich schnell herausbilden kann. Von diesem Gesichtspunkte aus darf wohl die Deutung der vorliegenden Frage unternommen werden. Es wird sich verstehen lassen, dass unter dem Einfluss der Fülle des Nährdotters die schon in der Ahnen- reihe prävalirende Bedeutung der Ruderantenne in der Entwicklung durchbrechen muss, und dass bei der bereits in der Ahnenreihe deut- lich sichtbare Neigung einer Verkümmerung der Maxillarsegmente diese in der abgeleiteten Form noch stärker vorhanden sein wird und wahrscheinlich nur in Folge des Dotterreiehthums nicht so weit geht, dass es zu einem völligen Schwinden dieser Segmente kommt. Be- rücksichtigt man die Art, wie die einzelnen Organanlagen sich in einer Zellkoncentration in der Eioberfiäche nur erst andeuten, wie dann zugleich die ersten Entwicklungsstadien schon zu der Bildung möglichst aller der Verhältnisse drängen, die das ausgebildete Thier besitzt, so wird es noch deutlicher, wie die von der Ahnenreihe über- kommene Neigung sich bei dieser Art der Entwicklungsprineipien stärker äußern muss. Unter dieser Argumentation repräsentirt sich Leptodora auch hinsichtlich dieses Punktes in dem Entwicklungs- sange als ein von dem Hauptstamme der Cladoceren abgehender Seitenzweig. Die Veränderungen in der Mandibelbildung sind dahin zu resumiren, dass in der bis zu diesem Stadium als einheitlich zu fassenden Zellkoncentration sich eine Sonderung in drei getrennte Kurvencentren geltend zu machen scheint. Ob durch dieselbe sich eine Dreitheilung der Extremität aussprechen soll, so dass die diehtere untere Zellkoncentration das Basalglied, die beiden anderen die beiden Äste markiren, vermag ich an dem mir für dieses Stadium zu Ge- bote stehenden Material nicht mit Sicherheit zu entscheiden. So viel aber steht fest, dass in dem kurz folgenden Stadium der Basaltheil der bereits körperliche Form gewinnenden Extremität eine geringe nach innen gerichtete Erweiterung besitzt, welche ihrer Entstehung nach auf die Dreitheilung in der Centrenbildung zurückzuführen ist. Ob sich hieraus aber eine ursprüngliche Zweiästigkeit der Mandibel her- leiten lässt, ist erst dann in Frage zu stellen, wenn aus späteren Studien zur Entwieklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 247 Stadien sich ergeben sollte, dass diese Erweiterung wirklich zu einer deutlichen Ausbuchtung führt. Ohne dieses möchte ich in Anbetracht der Unsicherheit des ersten Fundes diese Frage nicht entscheiden. Während der vordere und hintere Theil der Keimscheibe zwischen Mandibel und erstem Thorakalsegment im vorhergehenden Stadium nur durch einen schmalen Streifen getrennt war, bilden sich nunmehr im Stadium X zwischen Mandibel und erstem Thorakalsegment in den Seitentheilen Zellbrücken als erste Anzeichen der bald auftreten- den Maxillensegmente. Die Fortschritte in der Thorakalregion selbst sind bedeutender als in dem vorderen Theile der Keimscheibe. Zunächst ist, wie bereits angeführt wurde, das fünfte Thorakalsegment entstanden und das sechste in Bildung begriffen. Die Art der Segmentbildung selbst zeigt sich in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche die auf einander folgenden Segmente in diesem Stadium einnehmen. Während im vorhergehenden die vorhandenen vier Thorakalsegmente im Ektoderm sich dadurch deutlich machten, dass auf den Segmenten die Zellen eine dichtere Kurvenstellung annahmen, und die Inter- segmente immer stärker von Zellen entblößt wurden, haben sich in dem ersten, zweiten und dritten Segment die in Kurvenstellung be- findlichen Zellen immer dichter zusammengeschlossen, durch weitere Zellvermehrung größere Ausdehnung erlangt, und die urprünglich in Kreisform angelegte Kurve hat in ihnen schon stark elliptische Form erlangt, um so die erste Anlage der Thorakalextremität zu verkörpern. Die Segmente bieten in diesem Stadium daher im Totalpräparat nur erst schattenhafte Zeichnungen, die nach dem dritten Segment immer undeutlicher werden. Doch scheint jetzt die Zellwucherung im Ei- niveau in den ersten Segmenten ihren Höhepunkt erreicht zu haben, denn die ersten Anzeichen sind vorhanden, dass es mit einem der nächstfolgenden Stadien zu einer Hebung dieser Segmente aus dem Einiveau kommen dürfte. Das erste Segment lässt bereits in dem Fortsatz, den eszwischen beide Mandibelanlagen vorschiebt, die Spuren der Aufwölbung erkennen. Bei sehr genauer Betrachtung ergiebt sich, dass die Randzellen dieser Spitze, die sich ungefähr auf zwölf beziffern, um ein Geringes aus dem Einiveau gehoben sind, so dass die zwischen beiden Rändern befindliche Partie des ersten Segmentes sich als eine äußerst seichte Rinne darstellt, und der Theil zwischen erstem Segment und Mandibelanlage ebenfalls um ein Geringes eingesenkt erscheint. Zur Seite nach außen hin verliert sich diese Aufwölbung vollständig. Die- selbe Beobachtung lässt sich am Hinterrande des ersten Segmentes . 248 Max Samter, machen. Auch hier ist in den Seitentheilen der Keimscheibe ein ununterbrochener Übergang von den in Kurvenstellung befindlichen Zellen des ersten Segmentes über das Intersegment zum zweiten Segment vorhanden, ohne dass es zu einer Einfaltung zwischen den Segmenten käme, nach den mittleren Theilen der Keimscheibe aber, der Mediane genähert, sinkt die hellere Intersegmentzone zwischen dem ersten und zweiten Segment um ein nur geringes Maß in ein tieferes Niveau, so dass auch der Hinterrand des ersten Segmentes sich zu heben beginnt. Es erfolgt hieraus die Thatsache, dass die Loslösung vom Einiveau successive und zwar von innen nach außen erfolgt. Auffällig ist diese Erscheinung, in so fern als bei der Bil- dung der Ruderantenne das Verhältnis ein umgekehrtes ist. Der Beginn dieser Aufwölbung von der Mediane aus dokumentirt sich ferner besonders scharf in der Zellstellung um die Einsenkungsfalte, welche die Segmentränder markirt. Indem auch die mehr median- wärts gelegenen Zellen demselben Zuge folgen, kommt es zu einer Kurvenstellung um die Einsenkungsfalte, welche in ihrem Verlauf dem Innenrande der Falte entspricht. Nur zwischen dem ersten und zweiten Segmente kann in diesem Stadium von dem Beginn einer Einsenkung die Rede sein, alle folgenden Segmentbildungen liegen im gleichen Einiveau. Beachtenswerth ist die Art der Loslösung der Extremitäten von der Keimscheibe, in so fern dieselben in Wachs- thumsvorgängen, die sich von der Mediane successive nach außen hin abspielen, begründet ist. Möglicherweise ist diese Art der Anlage, weil sie nicht aus einem gegebenen Bedürfnis entspringt, ein Hin- weis darauf, dass die erste Extremitätenbildung der ganzen Stamm- gruppe in einem in der Mediane entspringenden Stummelfuß zu suchen ist. ’ Fast die ganze Breite zwischen den beiden Genitalanlagen ein- nehmend finden sich die großen Neuroblasten, welche im Stadium 7 sich aus dem gleichwerthigen Ektoderm herausdifferenzirt hatten. Da die Genitalanlagen sich der Mediane nicht genähert haben, ist ein Breitenwachsthum in den mittleren Theilen der Keimscheibe be- reits eingetreten. Die Ganglienkette beginnt sich auf der Bauchseite auf diese Weise zu bilden. In der Mediane selbst beginnt unter den Neuroblasten sich eine Parallelstellung von vier Parallelen herauszu- bilden, die mit einer zunächst in nur geringem Maße sich geltend machenden Einsenkung .der beiden mittleren Parallelreihen verbunden , ist. Diese sich bildende Neuralrinne, deren Ränder von den etwas größer scheinenden Zellen der äußeren Parallelen gebildet werden, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 249 reicht nach vorn bis zwischen beide Mandibeln und bildet hier den bereits erwähnten Fortsatz des ersten Thorakalsegmentes, nach hinten aber endet sie blind vor dem in Bildung befindlichen After. Um das blinde Ende der Neuralrinne stehen in weit nach vorn geöffnetem Bogen fünf Reihen von großen Neuroblasten. | Die Afteröffnung ist durch einen Zellring bereits vorgebildet, doch in diesem Stadium noch geschlossen, sie liegt ventralwärts, jedoch nicht unmittelbar am Ende der Keimscheibe und dicht- gedrängte Zellkurven verlaufen in weitem Bogen um den Afterrine nach hinten. . Die Ventralseite abschließend, finden sich der Kurven- stellung der um den Afterringe dicht zusammengedrängten Zellen folgend einige Reihen auffallend langgestreckter Zellen mit lang- gezogenen, spindelförmigen Kernen, von denen sich im vorliegenden Präparat ein Theil in Theilung befindet. Zu beiden Seiten der Afterbildung liegen etwas weiter nach vorn zwei weniger dichte Koncentrationen, welche die ektodermalen Bil- dungen des sechsten Segmentes darstellen. Indem sich also zunächst eine große aber lockere Zellkoncentration bildet, in der fortgesetzte Zelltheilungen stattfinden, entsteht die erste Anlage eines neuen Seg- mentes, in welches, wie die Kreisbogen der Neuroblasten am Ende der Neuralrinne beweisen, diese successive hineinwächst. Mit der stärkeren Vermehrung in den Zellen der Kurvenbildung sondern sich alsdann zwei getrennte hinter einander liegende Kurvencentren, so dass für die erste Anlage eines neuen Segmentes gleich zwei neue Seg- mente entstehen. Indem dann während der erörterten Vorgänge anal- wärts eine neue noch lockere Koncentration sich bildet, werden in kürzestem Intervall drei Segmente zur Anlage gebracht und bei weniger zahlreichem Material entsteht die Vorstellung einer gleich- zeitigen Entstehung mehrerer Segmente. Nachdem die Genitalanlage in die Thorakalregion gelangt ist, was im Verlauf der Stadien 7 und 7 geschah, geht die Wanderung nach hinten nicht in demselben Schnelligkeitsverhältnis vor sich. Es rückt die Genitalanlage mit der Bildung eines neuen Segmentes nicht um ein Segment weiter, sondern ist, nachdem bereits das fünfte Seg- ment in Bildung begriffen ist, und schon die ersten Zellkoncentrationen für das sechste Segment sich am Flächenbilde nachweisen lassen, auf der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Segment, vereinzelt auf dem zweiten Segment selbst anzutreffen, und zwar liegt sie stets an der äußeren Grenze des Segmentes selbst in einer Linie mit dem in Bildung begriffenen Basaltheil der Ruderantenne. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. %7 250 Max Samter, Die Längsschnitte durch das Stadium X,, welche in Figg. 39 bis 42 dargestellt sind, stammen aus ein und derselben Hälfte der Keimscheibe und zeigen, dass das Entoderm seit dem letztbeschriebenen Stadium / mit dem ektodermalen Zellwachsthum sowohl in lateraler wie longitudinaler Ausdehnung gleichen Schritt hält. Es nimmt von den Kopflappen bis zum letzten Segment die ganze Ventralseite ein . und umfasst die ganze Keimscheibe von der einen bis zur anderen Genitalanlage. Und zwar ist nach Schnitt 39 und 40 zu den Seiten des künftigen Mundes ein ununterbrochener Zusammenhang zwischen dem Cephalothorax und dem Thorakaltheil vorhanden, wie sich dieser bereits in dem vorher beschriebenen Stadium Z/ konstatiren ließ. Auch über den letzten Rest des ursprünglichen Gastrulamundes be- sinnt sich das Entoderm hinüberzuziehen. Die geringe Aufwölbung in den seitlichen Theilen des Entoderms ist nicht vorgeschritten, die einzelnen Segmente haben sich vielmehr in Folge der Vermehrung ihres Zellmaterials in die Länge gestreckt, so dass zwischen ihnen kleinere Zwischenräume zu Stande kommen. Eine Andeutung, dass in der Mediane sich das Entoderm zur Bildung des Mitteldarmrohres ab- sondert, ist in diesem Stadium, wie der gleichmäßige Verlauf des Entoderms durch die Schnittserie der Figuren 39—42 zeigt, noch nicht vorhanden. Eben so wie im letztbeschriebenen Stadium in der Fig. 56, so schließt sich auch noch im vorliegenden Stadium in Fig. 40 das erste Thorakalsegment unmittelbar an das Segment der Mandibel an. Der Schnitt Fig. 42 macht es zur Gewissheit, dass der mit 7As? be- zeichnete Theil der Thorakalpartie in der That das erste Thorakal- segment darstellt. Demnach hat das Stadium X, bereits fünf Thora- kalsegmente, das fünfte in seinem ersten Entstehen und Fig. 39 ergiebt alsdann, dass die Genitalanlage zwischen dem ersten. und zweiten Segment zu liegen kommt. Die gleiche Lagebeziehung tritt in der Schnittserie eines älteren Stadiums A, zu Tage, welches in den Längsschnitten Figg. 43—49 wiedergegeben ist. Auch in diesem Stadium lässt sich, wie Fig. 46 zeigt, die erste entodermale Aufwölbung im Thorakaltheil unmittelbar hinter der noch vorhandenen Spaltöffnung im Entoderm, welche den restirenden Gastrulamund noch erkennen lässt, als das erste Thora- kalsegment in Anspruch nehmen. Demnach liegt auch noch in diesem Stadium, welches alsdann nach Figg. 47 und 48 sechs Segmente auf- weist, die Genitalanlage, wie sich aus Figg. 43 und 44 eırgiebt, zwi- schen dem ersten und zweiten Thorakalsegment. Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 251 Verfolgen wir ferner von Schnitt 46 die Schnittserie nach außen, so erscheint das erste Thorakalsesment nach vorn hin stark ver- längert, wie dieses aus den Figg. 44 und 45 ersichtlich ist. Auf diese Weise hebt sich die Anlage der Mandibel auf den Schnitten durch dieses Stadium weniger ab, als in den vorhergehenden Stadien. - So- mit ergiebt auch die Schnittserie, dass sich zwischen das erste Thorakalsesment und das Mandibelsesment das Segment der Maxille eingeschoben hat. Fig. 50, ein Längsschnitt durch ein noch älteres Stadium, zeigt die Genitalanlage zwischen dem ersten und zweiten Thorakalsegment, Fig. 51, welche einen durch die Oberlippe ZB und die Mandibel Md gelegten Schnitt darstellt, zeigt in Mxs ein neues Segment zwischen Mandibel und erstem Thorakalsegment eingescho- ben. Die folgenden Stadien ergeben also, dass dasjenige Segment, auf welchem, oder vor welchem die Genitalanlage in der Fig. 43 und 44 liest, das zweite ist und nicht das dritte. Das neue Seg- ment hinter der Mandibel ist daher nicht mit dem ersten Thorakal- segment des Stadiums X, in Fig. 40 zu’identifieiren, sondern als das vom Stadium X sich herausbildende neue Maxillarsegment in An- spruch zu nehmen. Die Neuroblasten des Innenschenkels beider Scheitelplatten, welche nach dem Totalbilde der Fig. 15 bereits von kleinen Ekto- dermzellen überwachsen waren, haben sich im Embryo mit sechs Thorakalsegmenten (Fig. 49) in die Oberlippenbildung ZD hinein- gezogen, in welcher sie die Geschmackszellen liefern. Im folgenden Stadium Z, in Fig. 50, zeigt der Außenschenkel noch eine größere Zahl der Neuroblasten auf der Eioberfläche, während der Innen- schenkel bereits in verstärktem Maße in die Oberlippenanlage ein- gedrungen ist. Die Zahl der Neuroblasten selbst ist vermehrt und vereinzelte Theilungsfiguren im Verlaufe der Schnittserie weisen auf die Vermehrungsprocesse hin. Das übrige Ektoderm nimmt in den Anlagen der Kopfextremitäten und der Thorakalsegmente immer ent- schiedener den Charakter von hohen Epithelzellen mit spindelförmigen Kernen an, während die Ganglienzellen der Neuralrinne ihren diffe- renten Charakter mit ihren großen rundlichen Kurven bewahren (Figg. 46—49). Während im Stadium X, in dem Embryo mit fünf Thorakal- sesmenten der ursprüngliche Gastrulamund Gsirm (Figg. 41—42) noch gleichmäßig vom Ektoderm bedeckt war, macht sich im Stadium A, mit sechs Segmenten in den Figg. 46—49 theilweise bereits eine etwas lichtere Stellung der Ektodermzellen auf dem Gastrulamunde be- ; 17* 952 Max Samter, merkbar. Mit dem folgenden Stadium Z, dem Embryo mit sieben Thoracoabdominalsegmenten, wird diese erste Erscheinung in der Bildung der Mundöffnung deutlicher. Fig. 52 zeigt in M die Stelle, an welcher derselbe zum Durchbruch gelangt. Wie aus dieser Abbil- dung ersichtlich ist, schreitet die Bildung des Proctodaeums der Ein- stülpung des Ösophagus voraus. In Bezug auf die Lagerung des . Ektoderms in den Thorakalsegmenten ist in den Stadien X und X, keine Änderung nachweisbar, eine gleichmäßig durchgehende Auf- wölbung innerhalb der Segmente ist noch nicht vorhanden, die Ekto- dermzellen liegen annähernd in gleichem Niveau. Im Verlauf der Stadien A, und % hat sich das Entoderm durch den Thorakaltheil zu einer gleichmäßig einschichtigen Lage ausgebreitet. Die Entodermzellen, welche in den Stadien 7 und 7 in den Seitentheilen in den drei Segmenten noch in weiteren Zwischen- räumen unregelmäßig über einander lagen, haben sich lebhaft ver- mehrt, was sich durch Theilungsfiguren innerhalb der bereits vor- handenen entodermalen Segmentaufwölbungen belegen lässt, und perlschnurartig auf dem äußeren Ektoderm dicht aufgelagert. In der Randzone zu den beiden Seiten und am aboralen Rande der Keim- scheibe spielen sich die Theilungsprocesse im Entoderm am inten- sivsten ab. Stadium L, Mit den folgenden Entwicklungsvorgängen, aus deren Reihe ich das Stadium Z in Fig. 15 in Totalansicht gebe, ist der erste Theil der gesammten Embryonalentwicklung zum Abschluss gelangt. Wäh- rend der Embryo bis zu diesem Stadium seiner Ausbildung die Ent- wicklung in der ursprünglichen Eihaut durchläuft, und in seinen Haupttheilen noch keine eigentliche körperliche Ausbildung besitzt, sprengt er in der Folge die Eihaut und tritt uns alsdann zum ersten Male als ein körperliches Gebilde mit körperlicher Ausbildung der einzelnen Theile entgegen. Ich trenne desshalb diese Stadien von den vorangehenden und beschließe den ersten Haupttheil der Ent- wicklung mit einer kurzen Darstellung der letzten Entwicklungs- vorgänge, welche sich an dem Embryo innerhalb der ursprünglichen Eihaut abspielen. Und in so fern einige noch unerwähnte Verände- rungen der beiden Stadien X, und %, im Stadium Z deutlicher zum Ausdruck kommen, ziehe ich deren Besprechung in die Dar- stellung des letzten Stadiums Z hinein. Im Verlaufe der Entwicklung vom Totalbilde 17 zum Totalbilde 18 Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 253 haben sich die Einzeltheile am Embryo, welche ursprünglich zu- sammenhangslos auf der Keimscheibe neben einander lagen, zu einem geschlossenen Ganzen vereinigt. Die Kopflappen und die beiden ersten Antennen sind verschmolzen, die beiden Ruderantennen sind im Begriff mit dem Kopftheil zu verwachsen, die Mandibeln sind un- mittelbar an die Oberlippe in der Mediane eng an einander gerückt, es tritt auf diese Weise schon jetzt ihre Bedeutung als Kaufuß her- vor. So dokumentirt sich aus dem Totalbilde eine Verschiebung der einzelnen Extremitätenbildungen am Kopftheil zu den Segmenten, was bei Identifieirung der einzelnen Theile an Schnitten von Be- deutung ist. Es haben sich ferner die drei isolirten Anlagen der Ruderantennen zu einer einheitlichen zweiästigen Extremität verbunden und die erste Maxille will sich hinter der Mandibel zu einer drei- eckig erscheinenden Aufwulstung herausbilden. Hand in Hand mit diesen Verwachsungen und Verschiebungen der Kopfextremitäten zu einander einerseits und zum Thoraco- abdominaltheil andererseits macht sich bereits in diesem Stadium eine Zusammenziehung der ganzen Embryonalanlage bemerkbar, so dass der Embryo in gestreckter Form erscheint. Einen deutlichen Beweis für die erfolgte Streckung bieten namentlich die Schnittserien. Während im Stadium /% die Genitalanlage, wie Schnitt 43 zeigt, ungefähr in der gleichen Längslinie mit den beiden Ruderästen lag, so dass sie nach innen ungefähr mit dem Ende derselben abschloss, findet sich dieselbe in den folgenden Stadien Figg. 50, 54 und 59 wenigstens in gleicher Linie mit dem Basaltheile der Ruderantenne. In einzelnen Fällen, zu denen auch das Ei, welchem der Schnitt in Fig. 50 entnommen ist, gehört, ist die Genitalanlage noch weiter der Mediane genähert, so dass sie noch in einem Längsschnitt durch die erste Antenne getroffen ist. Ich nehme an, dass wir es in Zusammen- hang mit der nachweisbaren Zusammenziehung der Theile im Cephalo- thorax auch im Thorax mit einer Zusammenziehung zu thun haben. Aus dem Grunde aber, dass die Zusammenziehung oder Streckung des Thorakaltheiles, wie sie sekundär durch die verschiedene Lage der Genitalanlage zur Mediane gegeben ist, nicht mit Wachsthums- processen in Zusammenhang zu bringen ist, möchte ich diesen Streckungsprocess des Embryos in diesem Stadium als einen Beweis für das Sekundäre der gestreckten Form des ausgebildeten Thieres in Anspruch nehmen. | Aus Raummangel, und um noch von den beiden folgenden Ent- wicklungsphasen einige Schnitte geben zu können, habe ich von dem 254 Max Samter, vorliegenden Stadium Z nur drei Schnitte zur Darstellung gebracht; Fig. 50, einen Längsschnitt durch die erste Antenne, Fig. 51, einen Längsschnitt durch das Labrum und die Mandibel, Fig. 52, einen Längsschnitt durch das Labrum und die Afterbildung. Die ersten Anzeichen für eine Loslösung der Kopfextremitäten von dem Einiveau sind bereits vorhanden; die erste Antenne in ' Fig. 50 A,, die, eben so wie die Mandibel in Fig. 51 Md, eine äußerst dichte Zellstellung im Ektoderm erreicht hat, beginnt das- selbe in ihrem unteren Abschnitte nach innen umzuschlagen, eben so wächst die Mandibel mit ihrem ektodermalen Endtheil nach innen, um sich im folgenden Stadium von dem Einivean zu lösen. Im Thorakaltheil steht die Aufwölbkung des Ektoderms in den ersten Anfängen, so dass sie nur gelegentlich einmal an einem oder dem anderen Schnitt erkennbar ist. Erst mit dem folgenden Stadium, wie die Längsschnitte 553—55 ergeben, wird sie auch im Thoraco- abdominaltheil deutlich und zwar an allen Segmenten annähernd gleichzeitig. In Anbetracht der Art der Bildung der Extremitäten sowohl wie der Segmente, die nicht von innen nach außen, sondern umgekehrt, von außen nach innen erfolgt, bringe ich diese Wachs- thumsvorgänge im Ektoderm im Verlaufe dieser Stadien in Erwäh- nung. Nach den Aufwölbungen im Entoderm in Fig. 51 sind sieben oder acht Segmente in der Anlage vorhanden, und, wie Fig. 52 zeigt, das Proctodaeum mit einer geringen Einsenkung bereits in Bildung durch ektodermale Einwucherung begriffen. Zu den Einwucherungen dieses Stadiums gehört außerdem noch die Einwucherung jener kleinen Ektodermzellen, welehe die Innenschenkel beider Scheitelplatten im Verlaufe der vorhergehenden Stadien überwachsen hatten, welche ich in etwas vorgeschrittenem Stadium in dem Längsspalt der Total- darstellung Fig. 18 wiedergegeben habe, und welche sich auch in der Schnittserie des vorliegenden Stadiums Fig. 51 bereits bemerk- bar macht. Die gleichmäßige Ausbreitung des Entoderms zu einer einschich- tigen Lage im Thoracoabdominaltheil hat in diesem Stadium ihren Höhepunkt erreicht, und es ist bereits in der Mediane in Folge er- höhter Vermehrungsintensität, welche sich besonders in dem oralen und aboralen Theile der Mittellinie bemerkbar macht, zu einer Zell- anhäufung gekommen, welche das Mitteldarmrohr in seinem Bestand- theile charakterisirt. Fig. 52 zeigt diese Zellvermehrung in der Mediane, während die seitwärts geführten Schnitte Figg. 50 und 51 das Entoderm noch einschichtig darstellen. ‘ Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lilj. 255 Mit der Weiterentwicklung des Embryos vermehrt sich das Ento- derm successive von der Mediane nach außen, wobei die erste Son- derung des für das Mitteldarmrohr bestimmten Entoderms sich ein- leitet. Während zu den Seiten des Embryos das Entoderm bereits mehrschichtig ist (Fig. 95), ist es im Schnitt 56, der den Seitentheil der Oberlippe trifft, im vorderen Theile wieder ein dünner Zellstrang, der dann in Fig. 57 in die Masse des Mitteldarmrohres übergeht. So bleibt der Dotter außerhalb des Mitteldarmrohres in der Urleibes- höhle, in der er noch in viel späteren Stadien anzutreffen ist, wäh- rend deren sich das Mitteldarmrohr als ein solider Zellstrang isolirt und durch sekundäres Auseinanderweichen. der radiär gestellten Zellen in seinem Inneren das Darmlumen entstehen lässt. In den beiden letzten Stadien dieses Entwicklungsabschnittes, welche in den Schnittfiguren 53—57 und 58—62 wiedergegeben sind, ist in so fern eine wesentliche Weiterentwicklung zu verzeichnen, als sich die Extremitäten der Kopfsegmente von dem Embryo los- gelöst haben. Wie dieses bereits im letztbeschriebenen Stadium Z sich andeutete, ist die Loslösung durch ektodermales Wachsthum nach innen zu Stande gekommen, wobei die zugehörigen entoder- malen Zellen in die Extremitätenbildung einbezogen wurden, so dass die Körperwand des Embryos gleichsam gegen den Dotter hin- geschoben wurde. Schnitt 54, welcher durch die Basis der los- gelösten Ruderantenne gelegt ist, giebt von diesem Vorgange ein klares Bild, sobald man es mit der Bildung der ersten Antenne in Figg. 50 und 55 vergleicht. Außer der ersten Antenne A,, ist in dem Schnitt 55 noch die Mandibel Md in ihrem freien Ende getroffen, welches schräg nach außen gerichtet ist. Schnitt 56 durch die Ober- lippe L5 und die Maxille Mx zeigt, dass auch unterhalb der Ober- lippe eine Einsenkung des Körpers eingetreten ist, welche, wie Schnitt 57 zeigt, in der Mitte der Oberlippe durch eine vertiefte Einstülpung des Ektoderms bereits zur Bildung des Ösophagus ge- führt hat. Ein Durchbruch desselben zum Mitteldarmrohr ist noch nicht vorhanden; eben so wenig eine Verbindung zwischen Enddarm und Mitteldarm. Die in Figg. 53 und 54 durch Aufwölbung des Thorax sich einleitende Trennung desselben vom Kopftheil wird in der Folge, wie die Schnitte 58—62 durch ein etwas älteres Stadium zeigen, noch vertieft. Nach der Mitte zu lässt die Einsenkung durch Hervor- springen des ersten Segmentes gegen die Mandibel hin nach, Fig. 60, um im Bereich der Maxillle Mx Fig. 62 wieder deutlicher hervor- zutreten. 256 Max Samter, Nachdem ich somit die Entwicklung der Leptodora bis zum Beginn der körperlichen Ausgestaltung mit der ersten Anlage der hauptsächlichen Organe geführt habe, will ich noch das Verhalten der Dotterzellen erwähnen, welche im Verlaufe der letzten Stadien sich zu langen Spindelzellen mit langausgezogenem Plasmakörper umgebildet und in annähernd gleicher Vertheilung in gegenseitigem Kontakt auf der ganzen Ventralseite zwischen Dotter und entoder- malem Zellmaterial in einer Schicht ausgebreitet liegen, und es ent- steht schon jetzt der Eindruck, als ob dieselben sich zu einem einheitlichen Zellenlager verbinden wollten, um den Dotter vollstän- die gegen die übrigen Organbildungen in eine geschlossene Höhle abzuschließen. Auf die Bedeutung dieses Vorganges werde ich im zweiten Theile bei der eingehenderen Darstellung der Organbildung zurückkommen. Berlin, im März 1900. Litteraturverzeichnis, 1. €. GROBBENn, Die Entwicklung der Moina rectirostris. Arbeiten aus dem zool. Institut der Universität Wien. Bd. IL. 1879. 2. CARL CLAUS, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grund- lage des Crustaceensystems. Wien 1876. Fr. MÜLLER, Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturgesch, 1863. 4. A. Dourn, Die Überreste des Zodastadiums in der ontogenetischen Ent- wicklung der verschiedenen Crustaceenfamilien. Jen. nat. Zeitschr. Bd. V. 1870. \ LeypiG, Naturgeschichte der Daphniden. Tübingen 1860. 6. CArL CLAaus, Zur Kenntnis der Organisation und des feineren Baues der Daphniden. Diese Zeitschr. Bd. XXVIL 1876. 7. A. WEISsMmAnN, Beiträge zur Naturgeschichte der Daphniden. Diese Zeitschr. Bd. XXVII 187. 8. @. O0. Sars, Om en dimorph Udvikling samt Generationsvexel hos Lepto- dora. 1873. 9. KLUNZINGER, Beiträge zur Kenntnis der Limnadiden. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 1864. 10. A. WeısmAanN, Über Bau und Lebenserscheinungen von Leptodora hyalina. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 184. 11. P. Samassa, Keimblätterbildung beiden Cladoceren. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XLI. Bonn. 12. P. Samassa, Wintereier der Cladoceren. Zool. Anzeiger. Bd. XX. 13. LEBEDINSKY, Die Entwieklung der Daphnia aus dem Sommerei. Zool. Anz. 14. Jahrg. 1891. e> oO - Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 257 14. VALENTIN HÄCKER, Die Entwicklung der Wintereier. Bericht der naturforsch. Gesellschaft Freiburg. Bd. VIH. 15. G. W. Focke, Der Bremer Stadtgraben. Sonntagsblatt der Weserzeitung. 1846. Nr. 34. 16. W. LILLJEBORG, Beskrifning öfver tvenne markling Crustaceer af ordningen Cladocera. 1860. 17. P. E. MÜLLER, Bidrag til Cladocerernes Fortplantnings historie. Tidskrift. Bd. V. 1868. Naturhist. 18. N. WAGNER, Arbeiten der ersten Sitzung russ. Naturforscher in St. Peters- burg 1868. 19. SCHOEDLER, Sitzungsbericht der Gesellschaft naturforsch. Freunde Berlin 1876. Mittheilungen über Leptodora Kindtii. 20. SAMTER, Die Veränderung der Form und Lage der Schale von Leptodora hyalina während der Entwicklung. Zool. Anz. 1895. Nr. 483 u. 484. 21. A. Weısmann, Zur Naturgeschichte der Daphniden. Über die Bildung von Wintereiern bei Leptodora hyalina. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 18%6. 22. WEISMANN u. ISCHIKAWA, Über die Bildung der Richtungskörperchen bei thierischen Eiern. Bericht der naturf. Gesellschaft Freiburg. Bd. II. 1887. 23. REICHENBACH, Studien zur Entwicklungsgeschichte des Flusskrebses. Ab- handlung SENCKENBERG. naturf. Gesellschaft Frankfurt. Bd. XIV. 1886. Erklärung der Abbildungen. Durchgehende Bezeichnungen: A,, erste Antenne; As, Basalstück der Ruderantenne; Abds, Abdominalsegment; AsEn, Endopodit der zweiten Antenne; AsEx, Exopodit der zweiten Antenne; Aft, After; C, Kopf; D, Darm; Dp, Deutoplasma; Dz, Dotterzellen; Ect, Ektoderm; Ent, Entoderm; G, Genitalanlage; Gstrm, Gastrulamund; Gz, Geschlechtszellen ; Llo, Oberlippe; M, Mundbildung; Md, Mandibel; Mx,, erste Maxille; Mxs, zweite Maxille; Mxb, Maxillarbildung; Nr, Neuroblasten; Oe, Ösophagus; Ov, Ovarium; S, Scheitelplatte; St, Innenschenkel der Scheitelplatte; Thrabd, Thoracoabdominalplatte; Thrs, Thorakalsegment. Tafel XI. Fig. 1. Totaldarstellung des ungefurchten Eies. Im Inneren desselben liegt die erste Furchungszelle A. Von ihr aus gehen Plasmastraßen zur Eioberfläche. Die eingetragenen Kreise geben das Deutoplasma im optischen Durchschnitt, die Punktation das Keimhautblastem. Fig. 2. Totaldarstellung des Eies nach erfolgter erster Zellfurchung. Im 358 Max Samter, Eiinnern liegen die beiden Furchungszellen zu beiden Seiten des durch animalen und vegetativen Eipol gelegten Meridians. Fig. 3. Totaldarstellung des Eies nach erfolgter zweiter Zellfurchung. Die mit gleichen Buchstaben bezeichneten Furchungszellen entstammen ein und der- selben Mutterzelle. Die beiden dunkel schattirten Furchungszellen liegen im Vordergrunde. Die asymmetrischen Eihälften liegen rechts und links neben einander. Fig. 4 Totaldarstellung des Eies nach erfolgter dritter Zellfurchung. Das Ei ist im Vergleich zur Fig. 3 von rechts nach links um 90° gedreht zur Dar- stellung gebracht, so dass die asymmetrischen Eihälften nieht mehr neben einan- der, sondern unter einander zu liegen kommen. Fig. 5. Totaldarstellung des Eies mit sechzehn Furchungszellen auf der Eioberfläche. Das Ei ist in gleicher Lage wie das der Fig. 4 dargestellt. Die von gleichem Ursprung stammenden Furchungszellen sind mit gleichen Buch- staben bezeichnet. Die weniger scharf schattirten Furchungszellen, welche zu den dunkleren in schräger Richtung verlaufen, liegen auf der Eioberfläche der entgegengesetzten Eihälfte. Tafel XII. Fig. 6. Totaldarstellung des Eies mit 32 Furchungszellen auf der Eiober- fläche. Die roth dargestellten verlaufen schräg über den animalen, die grün dargestellten schräg über den vegetativen Eipol. Das Ei befindet sich in gleicher Stellung wie das der Fig. 4 und 5. Die einander genäherten Zellen sind eines Ursprungs. Fig. 7. Totaldarstellung des Eies mit 64 Furchungszellen auf der Eiober- tläche. Das Ei befindet sich in der Stellung der Fig. 6. Um die beiden Eipole liegen je 16, um den Äquator 32 zusammengehörige Furchungszellen, die Tochter- zellen sind in der entsprechenden Farbe der vorhergehenden Darstellung wieder- gegeben. Fig. 8. Das Ei ist um seinen Äquator um 90° gedreht, so dass der ani- male Eipol in der Mitte der zugekehrten Kugelfläche liegt. In derselben Lage sind alle folgenden Totaldarstellungen wiedergegeben. In der zugekehrten Kugel- fläche ist die erste Differenzirung des Urentoderms bemerkbar. Fig. 9. Totaldarstellung der differenten Entodermscheibe. Fig. 10. Totaldarstellung der Immigration des Entoderms. Fig. 11. Totaldarstellung des Überwachsungsprocesses über die Entoderm- scheibe. Der größte Theil der Entodermzellen befindet sich bereits unter dem Ektoderm. Tafel XIII. Fig. 12. Totaldarstellung des Stadiums 2. Am Vorderrande der Ento- dermscheibe liegen die großen Zellen der Scheitelplatten (S), zu den beiden Seiten entstehen die Zellkoncentrationen der Ruderantennenäste AsE&x, AsEn. Der Hinterrand bildet den Thoracoabdominaltheil. Fig. 13. Totaldarstellung des Stadiums F. Die Scheitelplatten ($) sind in zwei Schenkel aus einander getrieben. Im Bereich des Gastrulamundes liest die Kurvenbildung der ersten. Antenne (A,) und der Mandibel (Md) zu beiden Seiten der Aste der Ruderantenne AoEx, AsEn. In der Mitte der Keimscheibe liegen einige Dotterzellen (Dz) unter dem Ektoderm. Fig. 14. Totaldarstelung des Stadiums @. Embryo mit den Thorakal- - Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. 259 segmenten. Die Scheitelplatten und die Extremitätenanlagen haben ihre gegen- seitige Lage verändert. Die Genitalanlage tritt an den Seiten der Keimscheibe auf. Fig. 15. Totaldarstellung des Stadiums 7 (7). Embryo mit drei Thorakal- segmenten und dem in Bildung begriffenen vierten Thorakalsegment. Die Ober- lippe (Zb) tritt als Neubildung hervor. Fig. 16a. Totaldarstellung des Thorakaltheiles des Stadiums 7. Zellkon- eentration auf den drei Thorakalsegsmenten (Taf. XV]). Fig. 165. Totaldarstellung des Thorakaltheiles des Stadiums 17. ZEUEon centration auf den vier Thorakalsegmenten (Taf. XV]). Fig. 17. Totaldarstellung des Stadiums X. Embryo mit fünf Thorakal- segmenten. Der Innenschenkel der Scheitelplatten ist vollständig überwachsen. Die erste Antenne und die Mandibel sind dem Kopftheil genähert. Der Basal- theil der Ruderantenne tritt hervor. Die Thorakalsegmente heben sich durch ihre Zellstellung scharf von einander ab, die Neuralrinne ist in Bildung be- griffen. Fig. 18. Totaldarstellung des Stadiums Z. Embryo mit sieben Thoraco- abdominalsesmenten. Die Maxillarsegmente sind in Bildung begriffen. Tafel XIV. Fig. 19. Längsschnitt durch die Mitte der Entodermscheibe aus einem Stadium zwischen Z und €. Fig. 20. Längsschnitt durch die Mediane aus dem Stadium C. Figg. 21 u. 22. Längsschnitte durch die Mitte der Entodermscheibe aus dem Stadium D. Fig. 21. Dotterzelle Dz hat sich aus dem Epithel losgelöst. Am Hinterrande der Entodermscheibe schieben sich die Ektodermzellen in einander. Figg. 23 u. 24. Längsschnitte durch das Stadium Z. Schnitt 23 geht seit- wärts von der Scheitelplatte, Schnitt 24 trifft in S die Scheitelplatte. Figg. 25—28. Längsschnitt durch das Stadium 7. Die Schnitte 25, 26, 28 entstammen derselben Schnitiserie. Schnitt 25 geht seitwärts von der Mediane durch die Scheitelplatte (S). In Gsirm ist der Gastrulamund getroffen. Zwischen ihm und den Zellen der Scheitelplatte liegen die kleinen in die Scheitelplatte hineinwandernden Ektodermzellen. Schnitt 26 geht durch die erste Antenne (Aı) und die Mandibel (Mad). Schnitt 27 trifft den Außenschenkel der Scheitel- platte. Figg. 293—34. Längsschnitte durch das Stadium €. Fig. 29. Schnitt seitwärts von der Scheitelplatte durch die erste Antenne. Fig. 30. Schnitt durch die erste Antenne, ein wenig der Mediane genähert. Beide Schnitte treffen die Genitalzellen. Fig. 31. Längsschnitt durch dasselbe Stadium @ noch etwas weiter der Mediane genähert. Die erste Anhäufung der Genitalzellen ist durchschnitten. Fig. 32. Längsschnitt durch die Mandibel, die Genitalzellen in der Mitte der Keimscheibe. Figg. 33 u. 34. Schnitte durch die Scheitelplatten, zeigen unmittelbar hinter den großen Zellen der Scheitelplatten die kleinen in Wucherung befindlichen Ektodermzellen; in Gsirm ist der. Gastrulamund angeschnitten. Figg. 35—38. Längsschnitte durch das Stadium 4 (7). Schnitt 35 geht durch die Seite der Keımscheibe und trifft in As die Ruderantenne und die mit 7’hs 1-3 bezeichneten Abschnitte der Thhorakalplatte. Schnitt 36 geht durch die Scheitel- platte, die erste Antenne und die Mandibel. - 260 Max Samter, Studien zur Entwicklungsgesch. der Leptodora hyalina Lillj. Tafel XV. Fig. 37. Schnitt durch den Innenschenkel der Scheitelplatte und. die Seite der Oberlippe. Fig. 38. Schnitt zwischen beiden Scheitelplatten durch die Mitte der Ober- lippe. Figg. 39—42. Längsschnitte durch das Stadium X,. Schnitt 39 geht durch die Ovarialanlage. Schnitt 40 geht durch den Außenschenkel der Scheitelplatte, ‘ die erste Antenne und die Mandibel. Schnitt 41 geht durch die Mediane zwi- schen beiden Scheitelplatten. Schnitt 42 geht durch den Innenschenkel der Scheitelplatte der zweiten Embryonalseite. Figg. 43—49. Längsschnitte durch das Stadium As. Der Embryo besitzt sechs in Bildung begriffene Thorakalsegmente. Schnitt 43 geht durch die Ruder- antenne und die Genitalanlage. In Folge der seitlichen Krümmung des Embryos ist die Ruderantenne schief durchschnitten. Fig. 44 geht durch die erste An- tenne und trifft vor dem ersten Thorakalsegment die in Bildung begriffenen Maxillarsegmente. Schnitt 45 geht durch den Außenschenkel der Scheitelplatte. Schnitt 46 geht durch den Innenschenkel der Scheitelplatte Si, die Oberlippe und die Mandibel. Schnitt 47 schneidet den Embryo im Bereich der Mediane. Ein Theil der Neuroblasten des Innenschenkels ist in die Oberlippenbildung eingezogen. Schnitt 48 schneidet den Embryo unmittelbar vor der Mediane. Schnitt 49 geht durch die Mediane selbst. Tafel XVI. Figg. 50—52. Längsschnitte durch das Stadium Z. Schnitt 50 geht durch die Scheitelplatte, die erste Antenne und die Genitalanlage. Schnitt 51 geht durch die Oberlippe, die Mandibel und die Maxillen. Schnitt 52 geht durch die Ober- lippe und die Afterbildung. Figg. 53—57. Längsschnitte durch ein weiter entwickeltes Stadium. Schnitt 53 geht durch die Äste der Ruderantenne. Schnitt 54 geht durch die Basis derselben. Schnitt 55 geht durch die Mandibel. Schnitt 56 geht durch die Oberlippe und die Maxillen. Schnitt 57 geht durch die Mediane und schneidet das Lumen des Ösophagus und die Aftereinstülpung. Figg. 58—62. Längsschnitte durch das letzte der in der Eischale befind- lichen Stadien. Schnitt 58 geht durch die Äste der Ruderantenne. Schnitt 59 geht durch die Basis derselben und durch die Genitalanlage. Schnitt 60 geht durch die erste Antenne und die Mandibel. Schnitt 61 geht durch die Seite der Oberlippe. Schnitt 62 geht durch das Stomatodäum und das Proctodäum. Schnitt 63 giebt einen Schnitt durch die erste Furchungszelle mit ihren proto- plasmatischen Ausläufern. Fig. 64 giebt einen Querschnitt durch cas Sn Z Fig. 3). Fig. 16a u. 165 siehe p. 259. Sipunculus nudus. Von S. Metalnikoff (St. Petersburg). Mit Tafel XVU—XXL. Sipuneulus nudus hat das Aussehen eines großen runden Wurmes von Fingerdicke und 22—27 em Länge. Die starke Kontraktilität der Körperwandung hindert die Untersuchung im frischen Zustande. Bei der geringsten Verletzung der Haut kontrahirt sich der Körper und der Darm wird nach außen gestülpt. In Folge dessen muss das Thier vor der Untersuchung betäubt werden. Die Betäubung wird folgendermaßen vorgenommen: das Thier wird in ein nicht großes mit Meerwasser gefülltes Gefäß untergebracht, in welches allmählich Alkohol hinzugefügt wird (auf 100 Theile Wasser 5 Theile Alkohol); nach S—12 Stunden streckt der Sipunculus den Rüssel vollkommen heraus und reagirt nicht auf Reize. Der Körper des Sipunculus ist von cylindrischer Form, vorn schmäler, hinten verbreitert. Am vorderen Ende ist die Mundöffnung gelegen, welche von kranzförmig angeordneten Tentakeln umgeben ist. Auf die Tentakel folst der Rüssel, der bei der geringsten Reizung in den Körper eingezogen wird. Der Rüssel ist mit kleinen zugespitzten Papillen bedeckt, die demselben ein unebenes Aussehen gewähren. Die Papillen bedecken nicht den ganzen Rüssel, sie fehlen vollkommen an der Basis desselben. Der Rüssel stellt die unmittel- bare Fortsetzung des Körpers dar; letzterer ist von einer sehr dicken Cutieula bedeckt, die durch regelmäßige Längs- und Querfalten in kleine Quadrate getheilt wird. Das hintere Ende des Körpers läuft in einen stumpfen Kegel aus, hier ist die Cutieula zwei- oder dreimal dieker als auf dem übrigen Körper und entbehrt der Quer- und Längsfalten, die für den mittleren Theil des Körpers charakteristisch 262 8. Metalnikoff, sind. Auf der Grenze zwischen Rüssel und Körper lässt sich leicht eine kleine spaltförmige Öffnung konstatiren, welche den Anus darstellt. Auf der entgegengesetzten Seite verläuft längs des ganzen Körpers ein Nervenstamm; diese Seite pflegt man mit Bauchseite, diejenige, auf der der Anus gelegen ist, mit Rückenseite zu bezeichnen. In der Nähe der Analöffnung finden sich auf der Bauchseite noch zwei kleine, mit unbewaffnetem Auge kaum wahrnehmbare Öffnungen, welche in die sog. Segmentalorgane führen. Um den inneren Bau des Thieres kennen zu lernen ist es er- forderlich die Wandungen längs des ganzen Körpers aufzuschneiden und die Ränder zur Seite zu ziehen; dabei erhält man ein Bild, wie es Fig. 1 darstellt. Vorn ist der Mund mit den Teentakeln gelegen, von der Basis der letzteren entspringen vier Musculi retraectores, welche den Rüssel ins Innere des Körpers zurückziehen. Zwischen den Retraktoren ist der Schlund mit zwei Gefäßen wahrnehmbar, der bis zur Basis der Muskeln herunterzieht. Weiterhin geht der Schlund in den Mitteldarm über, welcher eine lange spiralförmig ge- wundene Röhre darstellt. Um die Lageverhältnisse des Darmes zu verstehen ist es er- forderlich die Windungen desselben zu lösen. Ein derartig selöster Darm ist auf Fig. 2 dargestellt. Von der Basis der Retraktoren zieht der Darm ungefähr 5—4 cm weit nach unten, biegt alsdann um und zieht nach oben fast bis zur Basis der Retraktoren, worauf er wieder- um umbiegt und sich bis zum Schwanzende hinabsenkt, wo er aufs - Neue eine Schleife bildet und nach oben bis zur Analöffnung hinauf- zieht, alle diese Theile des Darmes sind zu einer Spirale aufge- wunden. Nahe bei der Analöffnung befinden sich zu Seiten des Darmes zwei kleine Drüsen, die sog. Analdrüsen; um ein Weniges tiefer liest der Blindfortsatz. Dicht bei der Analöffnung inserirt ein kleiner fadendicker Muskel, der dem Darme dicht anliegt und stellenweise mit der Wandung des Darmes verwächst; derselbe verläuft in der Mitte der, vom Darm gebildeten, Spirale. Die Innenseite der Körperwand ist von dicken Muskelbündeln bedeckt, welche den ganzen Körper entlang ziehen; ihre Zahl be- trägt 30—32; in den Zwischenräumen zwischen den Längsmuskel- bündeln lassen sich leicht ringförmige Muskelbiündel nachweisen. Der Analöffnung genau gegenüber zieht den ganzen Körper ent- lang der Nervenstamm in Gestalt eines langen regelmäßigen Fadens, Sipunculus nudus. 265 der in dem Zwischenraum zwischen zwei Längsmuskelbündeln ge- lagert ist. Von dem Nervenstamm gehen feine kaum wahrnehmbare Seitenäste ab, die zunächst nach unten verlaufen und darauf senk- recht vom Stamme abbiegen. Unten endigt der Nervenstamm mit einer Verdickung, wie es Fig. 1 zeigt (gr). Im vorderen Theil des Körpers, an der Ursprungsstelle des Rüssels, sondert sich der Nervenstamm von der Körperwand ab und verläuft frei in der Leibeshöhle zum Kopfende hin in Begleitung zweier kleiner Muskelbündel, welche zu beiden Seiten des Nerven- stammes gelagert, demselben als Stütze dienen. Von diesem Ab- schnitt des Nervenstammes entspringen sechs bis‘acht Paar Äste, die den Rüssel innerviren und dessgleichen frei in der Leibeshöhle auf- gehängt sind. Bevor dieselben die Muskulatur erreichen zerfallen sie in mehrere feine Zweige. An der Basis der Tentakel zerfällt der Nervenstamm in zwei Äste, die den Schlund umfassen und zum Gehirn ziehen, indem sie dabei einen Ring bilden. Auf der Grenze zwischen Körper und Rüssel münden zwei sog. Segmentalorgane nach außen; dieselben stellen zwei große in die Länge gezogene Säcke von gelbbrauner Farbe vor. Ihre Größe hängt von der Größe des Thieres ab. Bei großen Sipunculi erreichen sie eine Länge von 3—5 cm. Es bleibt noch übrig die kleine Geschlechtsdrüse zu erwähnen, die an der Basis der Bauchretraktoren in Form eines dünnen kaum bemerkbaren Bandes gelegen ist. I. Die Körperwand. Die Körperwand des Sipuneulus stellt eine dicke, elastische mit einer Cuticula und einer starken Muskulatur versehene Hülle dar, in welcher folgende Theile unterschieden werden können: 1) Cuticula, 2) Hypodermis, 3) Cutis, 4) Ringmuskeln, 5) schräge Muskeln, 6) Längs- muskeln. 1) Die Cutieula besteht aus mehreren Schichten, die auf Quer- schnitten gut wahrnehmbar sind und nach Maceration sich von ein- ander ablösen lassen. Die Cutieula ist sehr dick im Schwanzende und im Rumpfe und bedeutend dünner auf dem Rüssel und den Tentakeln. Auf dem Rüssel bildet dieselbe kleine Papillen, durch welche derselbe ein rauhes Aussehen erhält. Im Rumpf ist die Cutieula mit einer Menge Quer- und Längsfalten besetzt, die sich bei 964 8. Metalnikoff, der Kontraktion des Thieres stark vertiefen und bei der Ausdehnung fast vollkommen verschwinden. Diese Falten sind unzweifelhaft‘ das Resultat der starken Kontraktilität der Körperwände. Bei der Behandlung mit schwacher Salpetersäure hebt sich die Cutieula leicht ab, sehr häufig mitsammt der Hypodermis und den in derselben eingeschlossenen Drüsen. Beim Studium einer derartig losgelösten Cuticula kann man sich mit der Vertheilung der Drüsen und der Sinnesorgane bekannt machen. Alle diese Organe sind in Längsreihen an den Seiten der Längsfalten angeordnet. Daselbst lässt sich auch leicht eine große Anzahl: kleiner Öffnungen wahr- nehmen, die als Ausführungsgänge der Drüsen fungiren. 2) Die Hypodermis stellt eine Schicht von Epithelzellen dar, die unmittelbar unterhalb der Cuticula gelegen ist. Nach einer Methylenblauinjektion färben sich die Zellen intensiv und treten bei der Betrachtung im Mikroskop sehr deutlich in Erscheinung. Dabei färbt sich eigentlich nicht die Zelle, sondern vielmehr die in der- selben vorhandenen Körner; der Kern und die Zellgrenzen bleiben ungefärbt. | Zwischen den Hypodermiszellen liegen zerstreut zwei- und mehr- zellige Drüsen und Sinnesorgane in großer Zahl. Schon lange haben diese Organe die Aufmerksamkeit der Beob- achter auf sich gelenkt. Es existiren mehrere genaue Beschreibungen, die sich jedoch mehr oder weniger gegenseitig widersprechen. KEFERSTEIN und EHLERS hielten diese Organe für Drüsen, LEYDIG für Sinnesorgane; ANDREAE beschreibt drei Arten von Organen in der Haut des Sipunculus: einzellige Drüsen, mehrzellige Drüsen und Sinnesorgane; WARD unterscheidet zwei Arten von Drüsen. Vogt und Yung bestreiten die Richtigkeit der Beobachtungen ihrer Vor- sänger. »Nous croyons au contraire de montrer que toutes les glandes cutanees du Siponcle sont monocellulaires et que les aspects differents qu’elles presentent en effet ne resultent que des modifications succes- sives que subit leur contenu. Pour arriver A cette conelusion, il faut aussi examiner des animaux frais et confronter les observations faites sur des coupes avec les observations de la surface interne du tissu hypodermique« (p. 381). | Diese Widersprüche in den Ansichten der Beobachter über den Bau und die Bedeutung der Hautorgane erklären sich durch die Schwierigkeiten der Untersuchung. Der Körper von Sipuneulus ist, wie bekannt, von einer dieken Cutieula bedeckt, die das Eindringen der Fixirungsflüssigkeiten hindert. Andererseits schrumpfen heraus- - Sipuneulus nudus. 265 geschnittene Stücke und verändern sich derart im Folge der Kon- traktion, dass alle Organe bis zur Unkenntnis entstellt erscheinen. Aus diesen Gründen ist es nothwendig das Thier zunächst zu be- täuben, wenn das Thier alsdann seinen -Rüssel ausgestreckt hat und aufgehört hat auf Reize zu reagiren, dann muss die Fixirungsflüssig- keit in die Leibeshöhle injieirt werden und das Thier in toto in ein mit der Fixirungsflüssigkeit gefülltes Gefäß gebracht werden. Nach Verlauf einiger Zeit, wenn die dicken Muskelbündel ab- setödtet sind, wird das Thier in mehrere Stücke zerschnitten, die zur Untersuchung erforderlichen Organe ausgesehnitten und die Fixi- rung die erforderliche Zeit fortgesetzt. Auf diese Weise wird ein zweifaches Ziel erreicht: erstens dringt bei der Injektion die Fixi- rungsflüssigkeit leichter ein, und zweitens werden die Körperwände stark ausgedehnt. Zur Fixirung wandte ich folgende Flüssigkeiten an: 1) Die GIL- sox’sche Flüssigkeit; 2) ein Gemisch von gesättigter Sublimatlösung und Osmiumsäure, wie es ArarHay in seinen Arbeiten empfiehlt; 3) die HERRMANN sche und Freummne’sche Mischung. Zur Färbung benutzte ich Gold nach ArArny’s Verfahren, sowie Hämalaun, Pikro- karmin und Mueinkarmin. Mit Hilfe dieser Methoden der Fixirung und Färbung gelang es mir, die Struktur der Drüsen und Sinnesorgane recht genau zu stu- diren. Besonders zweckentsprechend erwies sich die von ArArny sefundene Färbemethode mit Gold, die er selbst Nachvergoldung nennt. Die Methode eignet sich nicht nur zum Studium der Nerven, sondern auch anderer zelliger Elemente und Fasern. Dank diesem Verfahren gelang es mir, Einzelheiten der Struktur der Drüsen und Sinnesorgane wahrzunehmen, die bei Anwendung anderer Methoden durchaus nicht in die Erscheinung treten. Ich gehe nun zur Beschreibung der verschiedenen Organe über, die sich in der Haut von Sipuneulus vorfinden. Vor allen Dingen ist jedoch hervorzuheben, dass die Struktur dieser Organe stark variiıt, je nachdem, ob sie im Rüssel, im Rumpfe oder im Schwanz gelegen sind. Aus diesem Grunde ist es gerathen zwecks bequemerer Be- schreibung den Körper des Sipunculus in mehrere Zonen einzutheilen, je nach der Struktur und Anordnung der Drüsen und Sinnesorgane: 1) die Zone der Tentakel, 2) die Zone des Rüssels, 3) die Zone des Rumpfes, 4) die Zone des Schwanzes. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bad. 18 - 266 S. Metalnikoff, 1) Die Drüsen und Sinnesorgane in den Tentakeln. Die Innenseite der Tentakel ist mit großen Flimmerzellen bedeckt, auf deren Bau ich weiter unten ausführlicher eingehen werde. Zwischen diesen Zellen sind kleine einzellige Drüsen zerstreut, deren Anwesen- heit es mir nur nach Fixirung in HERRMANN’scher Mischung und Fär- bung mit Methylenblau und Eosin zu konstatiren gelang. Diese Drüschen haben die Form eines ausgezogenen Kegels, dessen Basis zur Peripherie gerichtet ist. In seltenen Fällen gelingt es auf Schnitten die ganze Drüse wahrzunehmen, wie es auf Fig. 10 {gl dargestellt ist. In der Regel ist entweder nur der periphere erweiterte Theil oder der innere zugespitzte sichtbar. Die Drüschen unterscheiden sich von dem sie umgebenden Flimmerepithel durch eine Menge kleiner kugelförmiger Vacuolen. Irgend welche Sinneszellen, wie sie WArD auf der Innenfläche der Tentakel des Sipunculus beschreibt, habe ich nicht gefunden. Die Außenfläche der Tentakel unterscheidet sich scharf von der Innenfläche. Statt der großen, für die Innenseite charakteristischen Flimmerepithelzellen, findet sich hier unterhalb der dünnen Cuticula eine Schicht kleiner Zellen, welche den oben beschriebenen Hypo- dermiszellen ähneln. Auf dieser Seite der Tentakel sind besondere Sinnesorgane in Form kleiner Höcker gelagert. Vo@r und Yun@ be- schreiben sie unter der Bezeichnung »les glandes vibrantes<, WArD als Sinnespapillen. Bereits aus diesen Bezeichnungen ist es ersicht- lich, dass die genannten Autoren die Bedeutung dieser Organe ver- schieden auffassen: die einen halten sie für Drüsen, die anderen für Sinnesorgane. Diese Organe erscheinen in Form kleiner von Flimmerepithel bedeckten Erhebungen. In der Mitte der Erhebung ist eine kleine Öffnung, die in eine kleine, dessgleichen von Flimmerepithel aus- gekleidete Höhle führt. Die Höhle ist dermaßen klein, dass die Flimmern der gegenüberliegenden Zellen sich berühren. Fig. 14 stellt einen Durchschnitt durch ein derartiges Organ dar; aus derselben ist klar ersichtlich, dass das ganze Organ aus hohen, mit langen Flimmern besetzten, Epithelzellen besteht. Diese Zellen stellen eine Modifikation der epithelialen Hypodermiszellen dar, wovon man sich leicht auf Schnitten überzeugen kann, auf denen der allmähliche Übergang der Hypodermiszellen in die hohen Flimmerzellen des ge- nannten Organs wahrnehmbar ist. Jede Zelle hat einen großen, in die Länge gezogenen, ungefähr in der Mitte der Zelle gelegenen Kern. Irgend welche andere Zellen drüsiger Natur ähnlich denen, Sipuneulus nudus. 267 die ich an der Innenseite der Tentakel beschrieben habe, habe ich hier nicht gefunden. Nach Behandlung der Schnitte mit Goldehlorid und Ameisensäure nach Araruy’s Verfahren treten im Inneren des eben beschriebenen Organs eine Reihe feiner Fibrillen hervor, wie sie auf Fig. 35 dargestellt sind. Alle diese Fibrillen sind vollkommen schwarz gefärbt und sondern sich scharf von den anderen Gewebs- elementen ab, welche eine röthliche Farbe annehmen. Jede Flimmer- zelle des Organs besitzt offenbar eine eigene durch sie hindurch- ziehende Fibrille.. In den Fällen, wenn auf den Schnitten eine Reihe von Zellen eng bei einander gelagert ist, fällt es schwer, die Lage der Fibrillen zu bestimmen: ob sie durch die Zellen oder zwischen den Zellen hindurchziehen. Auf einem Präparate ist es mir jedoch gelungen, einige, wahrscheinlich in Folge der Maceration, von ein- ander losgelöster Flimmerzellen zu finden; eine derselben ist auf Fig. 35 dargestellt. In allen ähnlichen Fällen fand ich die Fibrille nicht neben der Zelle, sondern in ihr. Dessgleichen habe ich nicht selten beobachtet, dass die Fibrille um den Kern herum biegt, wobei sie demselben dicht angelagert war; dieses Verhalten weist, meiner Ansicht nach, dessgleichen darauf hin, dass die Fibrille in der Zelle und nicht außerhalb derselben verläuft. Um Einiges oberhalb des Kernes zerfällt jede Fibrille in ein Bündel noch feinerer Fibrillen, die kegelförmig aus einander weichen und zur Basis der Flimmer hinziehen, wo sie in kaum wahrnehmbaren Verdiekungen endigen, welche zwischen den Flimmern gelegen sind. Die Flimmern der Zellen stellen in Folge dessen keine unmittelbare Fortsetzung der oben er- wähnten Fibrillen dar. Ähnliche Fibrillen in den Flimmerzellen beschreibt auch Apkruy in seiner bemerkenswerthen Arbeit (Das leitende Element der Nerven- faser).. Er findet dieselben im Darm und den Exkretionsorganen von Lumbrieus sowie Anodonta und Unio. Genannter Autor hat auch den Zerfall der Fibrillen in ein Bündel feinerer Fibrillen beobachtet, welche zur Basis der Flimmern heran- treten und in Verdiekungen endigen. Er beschreibt genau die Be- schaffenheit dieser Fibrillen und ihre Beziehungen zu den Flimmern und kommt zum Schluss, dass dieselben den Nervenfibrillen, den sog. Neurofibrillen, gleichen, welche er in jedem Nervenelement beobachtet hat. Er schreibt: »Die aufgezählte Reihe von Eigenschaften, durch welche sich der Fibrilleneonus von den Cilien derselben Zellen unter- scheidet und in welchen seine Strahlen mit den Neurofibrillen über- einstimmen, wird meine Annahme, dass wir es im Fibrillenconus mit 18* > 268 S. Metalnikoff, dem .Innervirungsmodus der Flimmerzelle zu thun haben, wohl recht- fertigen. Der Mangel eines Neurofibrillengitters, die mit den kon- traktilen Elementen wahrscheinlich doch alternirende Anordnung der Äste der innervirenden Primitivfibrille, welehe sich in der Zelle ver- zweigt; das Fehlen einer innigeren topographischen Beziehung zwi- schen Kern und Neurofibrillen: Alles sind Verhältnisse, welche die ‘Innervirung der Flimmerzelle auf denselben Typus wie die der Muskelzelle zurückführen lassen« (p. 707. Mir ist es nicht gelungen, den Bau dieser Nervenfibrillen und ihre Beziehungen zu den Flimmern so genau zu studiren, da ich nicht die bemerkenswerthe Fixirung und Färbung erreichen konnte. die die Präparate ApArHny’s auszeichnen, nichtsdestoweniger trat auch auf meinen Präparaten die Neurofibrille selber und ihr Zerfall in die feinsten Fibrillen mit wunderbarer Klarheit, die keinen Zweifel aufkommen lässt, hervor. 2) Die Drüsen und Sinnesorgane des Rüssels. Wie ich bereits oben erwähnt habe, ist die Haut des Rüssels durch besondere zugespitzte Zähnchen oder Papillen ausgezeichnet. Auf Schnitten er- scheinen diese Zähnchen in Form breiter kegelförmiger auf eine Seite geneigter Erhebungen der Haut. Zwei derartige Zähnchen sind auf Fig. 9 abgebildet. Wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, sind alle Drüsen und Sinnesorgane nur auf einer Seite des Zähnchens und zwar auf der äußeren gelagert. Sie stellen große kegelförmige Gebilde dar, die sich tief ins Bindegewebe der Papille hineinsenken. Als die charakteristischen Drüsen des Rüssels müssen die zweizelligen angesehen werden. Aufjedem Schnitt durch eine Papille findet man vier und mehr derartiger Drüsen auf verschiedenen Stadien der Entwicklung. Auf dem Gipfel der Papille sind gewöhnlich die jungen Drüsen anzutreffen. Die Drüse hat die Form einer regelmäßigen Kugel, deren untere zur QOutieula gerichtete Seite in einen kleinen Hals ausgezogen ist, derselbe stellt den Ausführungsgang der Drüse dar, durch welchen der Inhalt nach außen geleitet wird. Außen ist die Drüse von einer derben Hülle umgeben, deren Bau nur nach Behandlung der Prä- parate mit Gold und Ameisensäure studirt werden kann. In derartigen Präparaten treten auf der Hülle der Drüse eine Reihe feiner Fi- brillen mit großer Deutlichkeit hervor, die derselben ein streifiges Aussehen verleihen; diese Fibrillen ziehen um die Drüse herum, wobei sie jedoch einander nicht parallel gerichtet bleiben, sondern sich fächerförmig ausbreiten, wie es Fig. 18 gZ zeigt. Sipuneulus nudus. 269 Die Drüse selber besteht aus zwei großen Zellen, die von ein- ander durch eine stets deutlich sichtbare Scheidewand getrennt sind. Die Scheidewand erstreckt sich vom oberen Ende der Drüse bis zum unteren bis dicht an den Ausführungsgang. Jede Zelle enthält in der Mitte einen Kern (Fig. 5). Über dem Ausführungsgang ist eine kleine, ovale Höhle gelegen, die dessgleichen von der oben erwähnten Scheidewand getheilt wird. Sehr häufig lassen sich auch in dieser Höhle eine Menge. feiner Fasern beobachten, die sich in verschiedenen Richtungen durchkreuzen und eine Art Netz bilden (Fig. 5). Auf dem Gipfel der Papille finden sich, wie erwähnt, gewöhn- lich jüngere Drüsen. Sie haben das Aussehen kleiner Kugeln, die auf dünnen Stielen sitzen, letztere stellen die Ausführungsgänge dar. Derartige junge Drüsen sind auf Fig. 9 ;gl und bei stärkerer Ver- srößerung auf Fig. 12 dargestellt. Häufig sind sie dermaßen klein, dass sie sich der Beobachtung entziehen. Ein jedes dieser kugel- förmigen Gebilde hat eine kleine Höhlung, die unter dem Ausfüh- rungsgang gelegen ist. Ihr Bau unterscheidet sich vom Bau der sroßen Drüsen einmal darin, dass die Kerne eine andere Lagerung haben als bei den letzteren; während bei diesen die Kerne über der Höhle symmetrisch zu Seiten der Scheidewand angeordnet sind, ist bei den kleinen Drüsen ein Kern oben, der andere unten dicht beim Ausführungsgang. Ein zweiter Unterschied besteht darin, dass sie keine, sie in zwei Hälften theilende Scheidewand besitzen, die für die großen Drüsen charakteristisch ist. Diese Unterschiede sind der- maßen bedeutend, dass ich die kleinen Drüsen für besondere Organe hielt, die mit den großen Drüsen nichts gemein haben. Unlängst nun fand ich auf einem meiner Präparate ein Gebilde, welches, wie mir scheint, ein Übergangsstadium von den kleinen Drüsen zu den großen darstellt und eine Erklärung für die Entwicklung dieser ori- sinellen Organe giebt; dieses Gebilde ist auf Fig. 12 mZ abgebildet. Es stellt zwei kleine dicht an einander gepresste Drüschen dar, die dermaßen an einander gepresst sind, dass ihre Höhlungen und Aus- führunssgänge mit einander fast verschmelzen. Diese vereinigten kleinen Drüsen erinnern ungemein an eine große Drüse mit ihrer Scheidewand, die den ganzen Körper der Drüse in zwei Hälften theilt. Die höher gelegenen Kerne der kleinen Drüsen werden bei der Ver- einigung zur Seite gedrängt und nehmen genau die Lagerung ein, die dieselben bei den großen Drüsen haben. Da jede kleine Drüse zwei Kerne enthält, so müssten bei den > 270 S. Metalnikoff, großen aus zwei kleinen zusammengesetzten Drüsen vier Kerne vorhanden sein. Ich fand jedoch überall nur zwei Kerne. Es ist möglich, dass die übrigen zwei Kerne bei der Verwachsung der Drüsen dermaßen an die Wand gepresst werden, dass sie auf Schnitten wenig wahrnehmbar sind. Auf diese Weise ist eine große Drüse aller Wahrscheinlichkeit nach das Resultat einer Verwachsung zweier kleiner Drüsen; die Scheidewand, welche den Körper und die Höhle der großen Drüse trennt, stellt den Rest zweier mit einander ver- schmolzener Hüllen dar. Sinnesorgane. Außer den oben beschriebenen Drüsen finden sich auf jeder Papille des Rüssels einige Sinnesorgane. Auf Fig. 9 os sind zwei derartige Organe dargestellt. An eines von diesen Organen tritt eine dicke markhaltige Nervenfaser heran, welche, nach ihrem Eintritt in das Organ einen kleinen Ast abgiebt (sd), der ein zweites benachbartes Organ innervirt. Die Untersuchung dieser Organe ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft; es müssen Hunderte von Schnitten durchmustert werden um eine richtige Vorstellung vom Bau derselben zu erhalten. Auf einigen Präparaten sind die peripheren Theile besser konservirt, auf den anderen die ventralen. Als Färbemittel benutzte ich Goldehlorid nach Ararny’s Verfahren. Auf Fig. 21 sind zwei Sinnesorgane bei sehr starker Vergrößerung dargestellt. Jedes dieser Organe hat Birnenform, zum erweiterten Ende desselben tritt eine Nervenfaser, welche einen Kern wahrnehmen lässt, wahrscheinlich ein Kern der Scuwann’schen Scheide. In der Nerven- faser verlaufen feine fadenförmige Fibrillen oder Neurofibrillen, die sich in Goldehlorid schwarz färben. Die Neurofibrillen dringen ins Innere des Organs ein und treten an die großen, stark in die Länge ausgezogenen Zellen heran, welche die Hauptmasse des Organs dar- stellen. Die Zahl dieser Zellen im Organ konnte ich nicht fest- stellen (Fig. 21 «z). | Jede Zelle hat die Form einer stark ausgezogenen Spindel; der obere Theil der Zelle ist erweitert, hier ist der kleine längliche Kern gelagert. Unterhalb des Kerns verengt sich die Zelle in einen dünnen fadenförmigen Fortsatz, der durch das Organ hindurchzieht und sich zur Öffnung begiebt, mit welcher sich das Organ nach außen er- öffnet. Die beschriebenen Zellen gleichen sehr den epithelialen Sinnes- zelien der Blutegel, die ArAray beschrieben hat. Wie bekannt, hat ArAruy den Eintritt der Neurofibrillen in die Sinneszellen und die Bildung eines zarten Netzes um den Kern beobachtet: »In dieser Sipuneulus nudus. 271 Weise wird der Kern in ein zierliches Neurofibrillengitter eng ein- geschlossen, indessen ohne dass die Drähte des Gitters mit den Be- standtheilen des Kernes in irgend eine anatomische Verbindung treten würden« (p. 665). Auch ich habe den Eintritt der Neurofibrille in die spindelförmige Zelle gesehen, konnte jedoch ihr weiteres Schicksal nicht verfolgen, da der ganze Leib der Zelle und der Kern sich zu intensiv in Gold- chlorid färben. Im fadenförmigen Ende der Zelle wird die Neurofibrilie wieder siehtbar; hier gelingt es, sie bis an die Außenöffnung des Organs zu verfolgen. ArArHy beobachtete, dass eine derartige Neurofibrille einer Sinneszelle an der Peripherie des Organs sich in mehrere Äste theilt. Er spricht: »Wir sehen also, dass in den geschilderten Fällen bloß ein kleiner Theil der zu einer stärkeren Primitivfibrille vereinigt eingetretenen und das perinucleare Neurofibrillengitter bildenden leiten- den Elementarfibrillen in der Sinneszelle bleibt; der weitaus größte Theil tritt aus der Sinneszelle heraus und erscheint in Form von sich verzweigenden Neurofibrillen zwischen den Epithelzellen, wo er wahr- scheinlich an der Bildung eines intraepithelialen Neurofibrillengitters Theil nimmt. « Es ist mir nicht gelungen, auf meinen Präparaten etwas Der- artiges wahrzunehmen. Außer den spindelförmigen Zellen enthält das Sinnesorgan auch andere Zellen, die im erweiterten Theil des Organs an der Eintrittsstelle der Nervenfaser gelegen sind; ihr Kern ist größer und runder; ihr Plasma wird bei den von mir angewandten Fixirungsverfahren dermaßen schlecht erhalten, dass ich nicht be- stimmen konnte, ob sie Ganglienzellen oder sog. Stützzellen vorstellen. 3) Die Drüsen und Sinnesorgane der Körperwände. Bei der Betrachtung eines Stückes der gefärbten und in Glycerin auf- gehellten Haut von Sipunculus nudus unter dem Mikroskop kann man sich leicht davon überzeugen, dass die Mehrzahl der Drüsen und Sinnesorgane in Längsreihen angeordnet sind zu Seiten breiter Längskanäle, welche in der Körperwand unterhalb der Cutieula ver- laufen. Auf Fig. 3 ist ein Querschnitt durch die Körperwand dar- gestellt; aus derselben ist klar ersichtlich, dass die Mehrzahl der Drüsen an den Seiten der Hautkanäle angeordnet ist. Eine kleine Gruppe von Drüsen ist außerdem häufig an der Berührungsstelle des Hautkanals mit der Cuticula zu erkennen, sie bildet daselbst eine kleine Vorwölbung in die Höhle des Kanals (Fig. 3 f). 22 S. Metalnikoff, Wie für den Rüssel die zweizelligen Drüsen, so stellen für die Leibeswände die mehrzelligen Drüsen die am meisten charakteristi- schen Gebilde dar. Es lässt sich jedoch nicht behaupten, dass eine derartige Vertheilung der Drüsen im Körper von Sipuneulus die all- gemeine Regel darstellt. So wie im Rüssel zwischen der Menge zweizelliger Drüsen bisweilen mehrzellige angetroffen werden, so . werden auch in der Körperwand zweizellige Drüsen gefunden. Be- sonders zahlreich sind sie um die Analöffnung angeordnet. Die vielzelligen Drüsen unterscheiden sich dermaßen in ihrem Bau von den zweizelligen, dass eine Verwechslung dieser beiden Gebilde selbst bei einer oberflächlichen Beobachtung unmög- lich erscheint. Oben habe ich jedoch die Meinung von Vogt und Yung angeführt, die behaupten, dass alle Drüsen von Sipuneulus ein- ander gleich seien und dass alle beobachteten Unterschiede in all- mählichen Veränderungen des Drüseninhaltes beständen. Wenn die sichtbaren Unterschiede der Drüsen in der That Modifikationen einer und derselben Drüse darstellten, so müssten in allen Körperabschnitten von Sipunculus dieselben Drüsen gefunden werden. In Wirklichkeit ist es jedoch nicht der Fall. In Fig. 11 sind vielzellige Drüsen bei starker Vergrößerung dar- gestellt. Die Drüse hat das Aussehen einer großen Kugel; an der Be- rührungsstelle derselben mit der Cuticula ist ein kleiner Ausführungs- sang vorhanden, vermittels dessen die Drüse sich nach außen er- öffnet. Der Inhalt der Kugel besteht aus mehreren ausgezogenen Zellen, deren Zahl sehr verschieden ist und von der Größe der Drüse abhängt; einige Drüsen enthalten drei, andere fünf, sechs bis zehn und mehr Zellen. Eine jede Zelle ist nach dem Umfang der Kugel gebogen und hat das Aussehen eines großen Komma; das innere, zur Muskelschicht gerichtete Ende ist stets erweitert und abgerundet, das periphere Ende verengt sich allmählich zum Ausführungsgange hin. Der Zellinhalt besteht aus großen abgerundeten Körnern, die sich gut in Pikrinsäure und Mueinkarmin färben. Der recht große Kern ist stets in dem peripheren Ende der Zelle gelagert, nicht weit vom Ausführungsgang (Fig. 11 %). Es bleibt noch hinzuzufügen, dass der Zellinhalt seiner Struktur nach sich bisweilen in zwei Abschnitte sondert: das erweiterte Ende der Zelle bis zum Kern besteht aus großen Körnern, der periphere enge Theil weist eine feine Körnelung auf; der Kern erscheint auf der Grenze beider Abschnitte gelagert; eine derartige Struktur weist die Mehrzahl der Zellen der vielzelligen Sipuneulus nudus. 273 Drüsen auf; in den Zwischenräumen zwischen denselben sind andere Zellen gelagert, die den ganzen Zwischenraum ausfüllen und gleich- sam eine Hülle um die Drüsenzellen bilden. Diese Zellen unter- scheiden sich von den letzteren durch den Mangel der oben erwähnten Körnelung im Plasma, so wie durch den bedeutend kleineren Kern (An). Das Verhalten dieser Zellen zu einander ist besonders deutlich auf Querschnitten durch die Drüsen zu erkennen. In Fig. 13 a ist ein Querschnitt durch eine Drüse dargestellt, die nur aus drei Zellen besteht, auf Fig. 15 5 durch eine Drüse, die aus mehr Zellen zu- sammengesetzt ist. Eine vielzellige Drüse erscheint in Form eines sroßen kugeligen Gebildes, welches durch mehrere Scheidewände in einzelne Nester, die ihrerseits körnige Drüsenzellen enthalten, ge- theilt wird. Auf vielen Präparaten ist es mir gelungen, den direkten Zu- sammenhang der vielzellisen Drüsen mit dem Nervensystem festzu- stellen; besonders deutlich tritt dieser Zusammenhang auf Fig. 18 ngl, Taf. XVIH, hervor; es dringen Neurofibrillen ins Innere der Drüse ein, deren weiteren Verlauf ich jedoch nicht habe verfolgen können, da die Drüsenzellen sich zu intensiv färben. Anfangs war ich der Meinung, dass die vielzelligen Drüsen eine Vereinigung eines Sinnesorgans mit einer Drüse darstellten, nachher änderte ich jedoch meine Ansicht, da es mir nicht gelang in den Drüsen irgend welche Sinneszellen zu finden. Es ist möglich, dass die Nervenfasern bloß der Innervation der Drüse dienen. Sinnesorgane. Die Beziehungen der Sinnesorgane zu den viel- zellisen Drüsen ist aus Fig. 18 ersichtlich, auf welcher auch die relative Größe aller Hautorgane zu ersehen ist. Neben einer unge- heuer großen vielzelligen Drüse liegt seitwärts ein kleines Sinnes- organ; dasselbe ist dermaßen klein, dass es leicht übersehen wird, besonders wenn bei der Kontraktion der Leibeswände alle Hautorgane an einander gerückt werden; in solchen Fällen ist es schwer ein Sinnesorgan von gewöhnlichen Hypodermiszellen zu unterscheiden. In Folge dieses Umstandes beschreibt AnDREAE (1) dieses Organ als ein becherförmiges Gebilde aus Hypodermiszellen. Seinem Bau nach erinnert das Sinnesorgan an dieselben Organe des Rüssels, wie sie oben beschrieben worden sind; es hat die gleiche Birnenform und ist aus spindelförmigen Zellen zusammengesetzt. 4) Drüsen und Sinnesorgane des Schwanzendes. Das Schwanzende des Sipunculus zeichnet sich durch die ungewöhnliche 274 S. Metalnikoff, Dicke seiner Cuticula aus, die vier- bis fünfmal dicker ist als auf dem Körper und auf dem Rüssel; das Schwanzende zeichnet sich außerdem durch die Struktur und die Vertheilung der Sinnesorgane und Drüsen aus, deren Zahl bedeutend geringer ist als im Rüssel und in der Körperwand (Fig. 6, Taf. XVII). Die Drüsen des Schwanzes sind kleiner als die vielzellisen Drüsen des Körpers, sie erscheinen von getrennter Form, ihr peri- pheres Ende ist in eine lange schmale Röhre ausgezogen, welche die Cutieula durchbohrt und als Ausführungsgang dient; dieselbe ist an der Basis der Drüse breiter und verengt sich zur Peripherie hin; die Wände der Röhre weisen ein streifiges Aussehen auf, wahrschein- lich bedingt durch die Schichtung der Cuticula. Fig. 4 d«, Taf. XVII, stellt einige Drüsen des Schwanzes dar, die sich alle mehr oder weniger durch ihre Struktur von einander unterscheiden. Der Inhalt einer auf Fig. 7 dargestellten Drüse besteht aus einer Menge größe- rer und kleinerer in Farbstoffen sich gut färbender Körner, zwischen denselben fand ich mehrere Kerne. Einzelne, gut abgegrenzte Zellen, wie in den vielzelligen Drüsen des Rumpfes, habe ich nicht wahr- nehmen können; oberhalb des Ausführungsgsanges ist eine kleine Höhle gelegen, die ich jedoch nur in seltenen Fällen finden konnte. In anderen Drüsen des Schwanzes konnte ich mehrere einzelne Zellen unterscheiden, wie solche auf Fig. 4 und 8 dargestellt sind. Ihrer Struktur nach erinnern diese Zellen an die oben beschriebenen Drüsenzellen vielzelliger Drüsen, ihre Lagerung ist bloß eine andere; sie sind nicht der ganzen Drüse entlang, sondern in zwei Schichten angeordnet. Wie in den vielzelligen Drüsen des Rumpfes, so lassen sich auch hier zwei Arten von Kernen unterscheiden; die einen sind in den körnigen Zellen gelagert, die anderen in den Zwischenräumen zwischen diesen oder auf den die Drüsenzellen bedeckenden Hüllen. Die Sinnesorgane passen sich der dieken Cuticula an und verändern etwas ihre Gestalt, sie erscheinen enger und länger, er- halten Spindelform. Fig. 4 stellt ein derartiges Sinnesorgan dar. Der Struktur nach unterscheiden sie sich durchaus nieht von den Sinnesorganen des Rüssels und des Rumpfes; die spindelförmigen Zellen erscheinen nur dichter an einander gelagert. Interessant ist die Beziehung dieser Organe zu den Drüsen. Während in der Körper- wand das direkte Eindringen einer Nervenfaser in die vielzellige Drüse konstatirt werden konnte, dringt in dem Schwanztheil die Nervenfaser in der Mehrzahl der Fälle bloß in die Sinnesorgane ein, von denselben gehen alsdann ein oder zwei kleine Zweige zu den Sipuneulus nudus. 275 nahegelegenen Drüsen. In Fig. 36, Taf. XIX, ist der Eintritt der Nervenfaser in ein Sinnesorgan und die Innervation der Drüsen dar- gestellt. Die in Fig. 36 dargestellten Präparate waren nach der Ver- goldungsmethode von RANVIER angefertigt worden. Cutis. Zwischen der Schicht der Hypodermiszellen mit einer großen Anzahl von Drüsen und Sinnesorganen und den Ringmuskeln ist in der Haut von Sipunculus eine beträchtlich dieke Schicht binde- gewebigen Charakters vorhanden; dieselbe ist in allen Körpertheilen gleichmäßig entwickelt, eine besondere Dicke erreicht sie im Schwanz- ende, woselbst sie mehrere Male dicker ist als im Rüssel und in den Körperwänden (Fig. 6, Taf. XVII. Charakteristisch für diese Schicht ist die große Anzahl feinster Fibrillen, welche dieselbe in radiärer Richtung durchziehen; diese Fibrillen verdanken ihre Ent- stehung den überall in diesem Gewebe zerstreuten Bindegewebszellen. Die Fibrillen ziehen von den Ringmuskeln zur Peripherie und dringen zwischen den Hypodermiszellen bis fast zur Cuticula vor. VoGT und Yung schrieben aus diesem Anlass: »Cette combinaison des cellules hypodermiques avec des filaments penetrant dans la masse gelatineuse eonjonctive a encore une autre consequence. Lorsque la euticule est fortement courbee, comme dans les verrues de la coupole terminale ou de la trompe, et lorsque en m&me temps les glandes sans-cutandes sont serrees les unes contre les autres les cellules de la couche sous-eutieulaire s’allongent, deviennent presque coniques et constituent A la fin avec leurs filaments multiples, parsemes de noyaux nombreux, des faisceaux que l’on a decrits, suivant nous bien & tort, comme des organes nerveux particuliers.« Eine Verwechslung der Bindegewebsfibrillen mit Nerven ist un- möglich. Die Nervenfasern von Sipunculus zeichnen sich durch ihre ungewöhnliche Dicke aus und verlaufen nicht nur radiär wie die Bindegewebsfibrillen, sondern bisweilen auch senkrecht zu denselben. Die Beziehungen der Nervenfasern zu den Bindegewebsfibrillen sind deutlich auf Fig. 18, Taf. XVII zu sehen. Außer Nerven sind in der Bindegewebsschicht der Haut des Sipunenlus stets eine große Zahl Leukocyten und Pigmentzellen anzu- treffen. Die Pigmentzellen verleihen der Haut des Sipunculus und vielen Organen eine gelbbraune Farbe, die abhängig von der Ernäh- rung wechseln kann. Exemplare von Sipunculus, welche in ein mit 276 S. Metalnikoff, reinem Wasser ohne Sand gefülltes Aquarium gebracht worden sind, fangen nach einigen Tagen an abzublassen, während die Zahl der Pigmentzellen rasch abzunehmen beginnt. Die Pigmentzellen werden nicht nur in der Cutis angetroffen, sondern auch in allen Geweben mit Ausnahme der Muskeln; man beobachtet sie häufig innerhalb des Gehirns, der Nervenstämme und der Darmwände. Sehr häufig habe ich den Übertritt dieser Zellen in das Flimmerepithel der Tentakel und des Darmes beobachtet. Ein derartiger Übertritt ist auf Fig. 34, Taf. XIX dargestellt. In diesen Fällen ist ein Theil der Epithelzellen zerstört und von großen dunkel- braunen Zellen besetzt. Die Größe dieser Zellen ist sehr verschieden: neben Pigment- zellen von der Größe gewöhnlicher Leukocyten sind solche um das 10- bis 20fache größere anzutreffen. Ihre Farbe ist gelbbraun; sie rührt von einer großen Zahl großer und kleiner Körner her, welche die Zelle ausfüllen. Ihrer Form nach erinnern sie an Amöben oder vielmehr Plasmodien. Auf ihre Loko- motionsfähigkeit weist nicht nur ihre Form hin, sondern auch der Durchtritt durch das Epithel. In vielen Fällen habe ich beobachtet, dass ein Theil der Pigmentzelle bereits in das Epithel übergetreten war, während der übrige Theil noch im Bindegewebe unterhalb des Epithels sich befand. Der Inhalt der Pigmentzellen besteht aus Körnern von gelbbrauner Farbe, neben diesen sind nicht selten große Vacuolen anzutreffen. Die Zahl der Kerne ist unbestimmt: es finden sich Zellen mit zwei, drei bis zehn Kernen. Irgend welche Grenzen einzelner Zellen habe ich nieht unterscheiden können. Ich kann mich nicht mit der Ansicht ANDREAE’s einverstanden erklären, welcher berichtet: »... zeigte sich im Innern der Balien ein bindegewebiges Gerüst, gebildet aus einer großen Anzahl dünner Fasern, welche von der umgebenden Tunica propria ihren Ursprung nehmend, den Innenraum nach allen Richtungen durchkreuzen und dadurch eine Menge einzelner Maschen erzeugen. In diesen Maschen nun schienen die kleinen dunkeln Pigmentkörner eingelagert zu sein.« Welche Bedeutung kommt nun diesen den Ort wechselnden Pig- mentzellen zu? Sind es Elemente des Organismus selber, d. h. Zellen, die die Nahrungsmittel aufbewahren, oder aber parasitirende Orga- nismen? Gegen die erstere Annahme spricht ihr Durchtritt durch das Flimmerepithel nach außen. Würden sie in der That Nahrungs- material aufsammeln, so wäre ihr Austritt aus dem Organismus un- verständlich. Dagegen spricht auch der Umstand, dass ihre Anwesen- “ Sipuneulus nudus. ZT heit in den verschiedenen Geweben, in den Epithelien oder im Nervensystem mit einer Vernichtung der benachbarten Zellen ver- bunden ist. Es bleibt auf diese Weise nur die Vermuthung, dass wir es hier mit einer Amöbe oder einem Plasmodium zu thun haben, welche in verschiedenen Organen von Sipunculus parasitirt. Wenn sich das Thier gut nährt, vermehrt sich der Parasit und füllt alle Gewebe an, wenn das Thier jedoch in Gefangenschaft seräth und hungert, verlassen dasselbe die parasitirenden Zellen durch die Wände der Tentakel und des Darmes, das Resultat davon ist eine Entfärbung der Gewebe; zu Gunsten der Annahme eines Parasiten spricht auch der Umstand, dass die Pigmentzellen durchaus keine beständigen Gebilde im Körper des Sipunculus darstellen. Ich habe nicht selten Thiere untersucht, in denen ich durchaus keine Pig- mentzellen habe finden können. Leukocyten. Außer Pigmentzellen trifft man zwischen den Bindegewebsfibrillen freie Zellen zweierlei Art an: erstens kleine Leukoeyten mit feinkörnigem Plasma, die sich gut in Pikrinsäure färben; sie sind sehr klein und haben die Form kleiner Amöben; zweitens runde Zellen, zwei- bis dreimal größer als die obenerwähn- ten Leukocyten; dieselben enthalten stets in ihrem Plasma Körner verschiedener Größe. Bei Injektionen von Ammoniakkarmin in die Leibeshöhle eines lebenden Sipunculus fand ich nicht seiten die Farbe in kleinen Vacuo- len dieser Zellen, wie es die Fig. 18 a/, Taf. XVII, darstellt. Die Hautkanäle stellen lange breite Kanäle dar, die längs dem sanzen Körper vom Rüssel bis zum Schwanzende ziehen. Mit einer Seite berühren sie die Cuticula mit ihren Hypodermiszellen, von allen anderen Seiten sind sie von dem Bindegewebe der Cutis um- &eben. Diese Kanäle haben keine besonderen Wandungen mit Aus- nahme eines flachen Epithels, das sie auskleidet, eben so wie die ganze Leibeshöhle von Sipunculus. Alle Kanäle kommuniciren mit einander sowie mit der Leibeshöhle vermittels kleiner Querkanäle. In den Kanälen sind dieselben Blutelemente wie in der Leibeshöhle: rothe und weiße Blutkörperchen und Geschlechtszellen. Fig. 3 v, Taf. XVII, stellt einen Querschnitt durch die Leibes- wand dar; auf ihr ist die Lagerung der Hautkanäle und ihre Be- ziehungen zu anderen Organen ersichtlich. Die Hautkanäle sind stets in den Zwischenräumen zwischen den großen Längsmuskelbün- deln gelagert, daraus ergiebt sich, dass ihre Zahl der Zahl der Längsmuskelbündel entspricht. 978 S. Metalnikoff, Im Schwanze ändert sich die Lagerung der Hautkanäle, sie werden enger und verlaufen nicht an der Cuticula, sondern an den Ringsmuskeln, wie es die Fig. 6 v, Taf. XVII, zeigt. Mnskeln. Die Innenseite der Leibeswände von Sipunculus ist von einer dicken Muskellage bedeckt, die aus Ring-, Schräg- und Längsmuskeln besteht. Auf die Cutis folgen Ringmuskeln; dieselben stellen dicke breite Bündel dar, welche nicht in einer kontinuirlichen Lage angeordnet sind, sondern in Abständen von ungefähr 1 mm; auf diese folgen Bündel von Schrägmuskeln. Über den schrägen Muskeln sind dicke, starke Bündel von Längsmuskeln angeordnet, die ebenfalls von ein- ander durch kleine Zwischenräume getrennt sind; in der Mitte des Rumpfes sind gewöhnlich 32 derartiger Bündel. Ein jedes Bündel erstreckt sich längs des ganzen Körpers vom Rüssel bis zum Schwanze hin. Im Rüssel und im Schwanze vereini- gen sich alle Bündel und bilden eine kompakte Lage. Auf Querschnitten erscheinen die Längsbündel in Form großer Erhebungen, die sich weit in die Leibeshöhle hinein erstrecken (s. Fig. 3 pm, Taf. XVII). Die Tentakeln haben dessgleichen eine Schicht Muskelfasern, die an der Basis derselben einen dieken Muskelring bilden; derselbe ist auf Fig. 48 co, Taf. XXI, dargestellt. Von diesem Ringe entspringen vier große, dicke Retraktoren, die zum Einziehen der Tentakel und des Rüssels in den Körper bestimmt sind (s. Fig. 1 mr). Mit ihren unteren Enden setzen sich die Retraktoren an die Leibeswand um Einiges unterhalb des Rüssels an. Die Länge eines jeden Retraktors hängt von der Größe des Thieres ab. Bei großen Exemplaren erreicht derselbe eine Länge von 5-6 cm. Die Retrak- toren setzen sich in ihrem ganzen Verlauf vermittels einer dünnen durchsichtigen Membran an den Schlund an. Alle Muskeln von Sipunculus bestehen aus glatten Muskelzellen, wovon man sich bei der Maceration überzeugen kann. Jede Zelle erscheint in Form einer sehr langen Faser, die sich zu den Enden hin allmählich verjüngt, in der Mitte hat jede Zelle eine kleine Er- weiterung für den Kern; im Darm und in den Körperwänden färben sich derartige Zellen leicht in Methylenblau. Bei Injektionen von Methylenblau in die Leibeshöhle färbt sich Sipuneulus nudus. 279 ein Netz von Muskelfasern, sowohl Ringfasern als auch Längsfasern Fekie. 25, Taf. XIX). . Die Tentakel. Die Tentakel sind in Form eines Trichters um die Mundöffnung angeordnet; der Rand des Trichters ist in mehrere große Lappen ge- theilt. Auf Fig. 44, Taf. XX, ist ein Längsschnitt durch die Ten- takel, die Mundöffnung mit dem Schlunde, die Gefäße und das Gehirn abgebildet; sehr deutlich treten auf derselben die Beziehungen dieser Theile zu einander hervor. Die Tentakel enthalten eine große spaltförmige Höhle, die in unmittelbarer Kommunikation mit den Ge- fäßen (v) steht; die Höhle ist von Querbrücken-Fasern (?) durchzogen; innerhalb derselben sind stets Blutelemente zu finden. Bei der Beob- achtung der Tentakel des lebenden Sipunculus lässt sich in ihnen leicht die Bluteirkulation wahrnehmen. Die Innenseite der Tentakel ist von großen, mit Wimpern ver- sehenen Epithelzellen bekleidet; dieselben sind auf Fig. 10, Taf. XVII, dargestellt. Die Zellen verschmelzen mit ihren peripheren Enden, während ihre inneren Enden sich verjüngen und durch kleine Zwischenräume von einander getrennt werden; in diesen Zwischenräumen sind zu- weilen Kerne anderer Zellen wahrnehmbar. Ungefähr in der Mitte einer jeden Flimmerzelle befindet sich ein großer ovaler Kern. Bei der Behandlung mit Gold und Ameisensäure nach ApArHy’s Verfahren tritt in jeder Zelle eine schwarze Fibrille hervor; dieselbe gleicht vollkommen derjenigen, welche ich in den Flimmerzellen der oben beschriebenen Sinnesorgane beobachtet habe. Das periphere Ende der Fibrille spaltet sich in eine große Anzahl noch feinerer Fibrillen, welche ihrerseits in kleinen Verdickungen zwischen den Flimmern endigen; das andere Ende der Fibrille zieht zur Basis der Zelle. Es gelang mir lange Zeit nicht, die Verbindung dieser feinen Nervenfibrillen mit dem Nervensystem zu finden. Es schien, als endigste jede Fibrille an der Basis der Zelle; in seltenen Fällen er- streckte sich dieselbe in das unter dem Epithel gelegene Bindegewebe. Vor Kurzem endlich beobachtete ich auf ziemlich dieken Schnitten durch die Tentakel ein Bild, welches auf Fig. 32, Taf. XIX, dar- stellt ist. Im Bindegewebe verläuft eine Nervenfaser; welche an die Basis der Epithelzellen herantritt, und in einige Äste zerfällt. Diese 280 S. Metalnikoff. Äste nun stehen in unmittelbarer Verbindung mit den ‚Neurofibrillen des Flimmerepithels. Unterhalb des Epithels findet sich eine beträchtlich dieke Hegel sewebige Schicht mit eingelagerten Bündeln von Muskelfasern zur Kontraktion der Tentakel. In der Mehrzahl der Fälle sind im. Bindegewebe eine große Zahl großer, ovaler Zellen anzutreffen, die bisweilen in dermaßen großen Mengen vorhanden sind, dass das unter dem Epithel gelegene Gewebe von ihnen vollkommen. ein- senommen erscheint. Jede Zelle hat eine regelmäßige ovale Gestalt, enthält im Centrum einen Kern, das feinkörnige Protoplasma färbt sich gut in Eosin; während alle Gewebe durch das Eosin blassrosa sefärbt werden, erscheinen diese Zellen vollkommen roth. In dieser . Eigenschaft erinnern sie an die eosinophilen Zellen (Fig. 10 Bz, Taf. XVII). | Derartige Zellen beobachtete ich nicht selten m den Wandungen des Darmes; aller Wahrscheinlichkeit nach besitzen sie Lokomotions- fähigkeit und gehören zu den sog. Wanderzellen. Einmal beobachtete ich den Durchtritt einer derartigen Zelle durch das Endothel; niemals habe ich sie jedoch zwischen den Zellen des Außenepithels gesehen. Auf der Rückenseite der Tentakel findet sich eine kleine, kaum wahrnehmbare Öffnung, die in einen engen Kanal (Fig. 44 K, Taf. XX) — den Kanal des Sinnesorgans — führt. Der Kanal endigt blind am Gehirn; daselbst ist ein besonderes Sinnesorgan gelegen, welches ich im Kapitel vom Bau des Nerven- systems beschreiben werde. Auf dem Querschnitt hat der Kanal das Aussehen einer engen Spalte, an derem Rande zwei kleine Höcker hervortreten (07), in denselben verlaufen die Nervenstämme (s. Fig. 48). Die Wände des Kanals sind von einer Schicht kleiner Epithel- zellen bedeckt. Zwischen den Epithelzellen fand ich stets in großer Zahl die großen, gelben, vielkernigen Zellen, die ich oben beschrieben habe. Auf jedem Schnitt werden gewöhnlich fünf bis zehn derartige Zellen angetroffen. In den Fällen, wenn in den anderen Geweben ihre Zahl gering ist, sind sie hier stets in großen Mengen vorhanden. Gefäße. Die Höhle der Tentakel steht in Kommunikation mit zwei großen, breiten Gefäßen, die den Tentakeln von der Bauch- und der Rücken- seite angelagert sind: Die Gefäße stellen zwei weite Röhren dar mit durchsichtigen Wandungen; sie ziehen längs der Därme von den Tentakeln bis zur Basis der Retraktoren. Hier endigen sie blind; Sipuneulus nudus. 281 ihre Länge beträgt bei großen 20—25 cm langen Exemplaren 5—6 cm, d. h. beträgt ungefähr ein Viertel der Länge des ganzen Körpers. Besonders breit ist das blinde Ende, nämlich bis 3—4 mm. Die Kommunikation der Gefäße mit‘dem Hohlraum der Tentakel lässt sich leicht durch Injektion nachweisen; bei Injektion einer Färbesubstanz in das Gefäß dringt die Farbe in die Tentakel, wo- bei man sich leicht davon überzeugen kann, dass die Gefäße sich zunächst in einen Sinus oder Hohlraum eröffnen, der die Mundöffnung von allen Seiten umgiebt und seinerseits mit den Tentakeln in Ver- bindung steht. Fig. 48 sv, Taf. XXI, stellt einen Querschnitt durch die Mundöffnung und den dieselbe umgebenden Sinus dar. Die Wan- dungen der Mundöffnung befinden sich jedoch nicht in der Mitte des Sinus, sondern sind der Bauchseite des Muskelringes 'angelagert. In dieser Lage wird er durch fünf oder sechs Querbalken (») fixirt, die einerseits sich an die Wandungen der Mundöffnung ansetzen, anderer- seits an den Muskelring; letzterer bildet die Basis der Tentakel und gleichzeitig den Anfang der Retraktoren. Durch den Mund und die Querbalken wird auf diese Weise der ganze Sinus in mehrere un- gleiche Abschnitte getheilt. Der größte von ihnen, der Rückenabschnitt, bildet den Ursprung des Rückengefäßes, die übrigen fünf des Bauch- sefäßes. Beide Gefäße sind in ihrem ganzen Verlauf durch eine dünne _ Membran an den Darm befestigt. Fig. 16, Taf. XVII, stellt einen Querschnitt dar durch den Schlund und die beiden zu Seiten der- selben gelegenen Gefäße. Jedes Gefäß erscheint in Form eines großen, von einer dünnen Wand umgebenen Hohlraumes. Bei stärkerer Vergrößerung lassen sich in der Wand der Gefäße feine Muskelfasern unterscheiden, so wie eine große Zahl, längs der Innenfläche zerstreuter Flimmerzellen (Fig. 60 rz, Taf. XXI. In Folge der Anwesenheit dieser Zellen befindet sich der Inhalt der Gefäße in beständiger Bewegung. Da die Gefäßwände vollkommen durchsichtig sind, so ist es äußerst leicht und bequem dieselben frisch oder fixirt direkt unter dem Mikro- skop zu untersuchen, ohne Schnitte anfertigen zu müssen. Vor Allem fällt die große Zahl Quer- und Längsmuskelfasern auf. Die Längsfasern sind gewöhnlich dieker als die Querfasern, welche als feine Fäden erscheinen. Sehr gut sind auch die Flimmer- zellen zu sehen. ' An der Stelle, wo die Gefäße sich mit dem Schlunde verbinden, sind gewöhnlich zwischen den Flimmerzellen eine große Anzahl runder Gebilde wahrnehmbar, die aus dem Niveau der Flimmerzellen heraus- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 19 282 S. Metalnikoff, ragen. Auf diese Gebilde werde ich bei Besprechung der Töpfchen und ihrer Entwicklung näher eingehen. Den Bau der flachen Epithelzellen, die die Gefäßwandungen aus- kleiden, kann man gut an mit Silber bearbeiteten Präparaten studiren. Zu dem Zweck wird ein Theil der Gefäßwand 20 Minuten lang in einer 5° ,igen Salpeterlösung ausgewaschen und darauf für 24 Stunden in eine Silberlösung (1 auf 800) gebracht, zu welcher einige Tropfen Osmiumsäure und Salpetersäure hinzugefügt worden sind. Alsdann werden die Stücke in destillirtem Wasser aus- gewaschen und dem Licht ausgesetzt, bis sie sich bräunen. Nach dieser Behandlung treten die Zellgrenzen der Epithelien mit großer Schärfe hervor. Man erhält ein Bild, wie es in Fig 27, Taf. XIX, dargestellt ist. Zwischen den Epithelzellen zerstreut sind vollkommen runde, um das Mehrfache kleinere Zellen eingelagert (rz), welche dessgleichen im Oentrum einen, vom Kern der Epithelzellen sich unterscheidenden Kern besitzen. Die runden Zellen lassen außerdem eine Anzahl feiner Punkte erkennen, die augenscheinlich die Spuren der Flimmern dar- stellen. Die runden Zellen stellen in Folge dessen aller Wahrschein- lichkeit nach die Flimmerzellen dar, welche auf Schnitten deutlich sichtbar sind. Zwischen den Zellen sind kleine Öffnungen zu erkennen, die in der Mehrzahl der Fälle als dunkle Punkte in Erscheinung treten. Vermittels dieser Öffnungen kommunieirt wahrscheinlich der Hohl- raum der Gefäße mit der Leibeshöhle. Nach der Ansicht vieler Autoren, welche sich mit der Anatomie des Sipunculus beschäftigt haben, kommunieiren die Gefäße durchaus nicht mit der Leibeshöhle. In der That sind weder auf Schnitten irgend welche Öffnungen wahr- nehmbar noch bei Betrachtung der Leibeswände in frischem oder fixirtem Zustande. Bei Farbstoffinjektionen in die Leibeshöhle des lebenden Sipunculus dringt die Farbe nicht in das Gefäß. Neben diesen gegen die Möglichkeit eines Vorhandenseins irgend welcher Kommunikation der Gefäße mit der Leibeshöle sprechenden Beobach- tungen lassen sich auch solche anführen, die zu Gunsten einer Kom- munikation sprechen: in der Leibeshöhle sind in der That dieselben Elemente, wie in den Gefäßen, anzutreffen. Es ist schwer anzu- nehmen, dass im Gefäßsystem sich dieselben Formelemente bildeten, welche in der Leibeshöhle zu finden sind, und dass es seine beson- deren blutbildenden Organe besäße. Bei physiologischen Injektionen der Leibeshöhle mit Methylen- Sipuneulus nudus. 285 blau und Neutralroth, die die Vacuolen der rothen Blutkörperchen entsprechend färben, fand ich rothe Blutkörperchen mit gefärbten Vaeuolen nicht nur in der Leibeshöhle, sondern auch in den Gefäßen. Es ist klar, dass die Blutkörperchen aus der Leibeshöhle ins Gefäß hindurchgetreten sind. Wie ich oben erwähnt habe, so finden sich in den Gefäßen eben solche Blutkörperchen, wie in der Leibeshöhle. In Betreff dieses Umstandes widersprechen sich die Angaben der Autoren: die Einen berichten, dass die, in den Gefäßen wahrnehmbaren Blutkörperchen srößer sind als die in der Leibeshöhle, die Anderen behaupten, dass sie gleich groß sind, wieder Andere finden, dass sie kleiner sind und jüngere Stadien darstellen. So schreibt CuEnoT: »Les hematies de Yappareil vasculaire offrent par rapport aux h&maties de la carvite generale des caracteres de jeunesse, qui forcent absolument ä consi- derer ledit apparail comme une glande Iymphatique.« Die Größe der Blutkörperchen, sowohl in der Leibeshöhle als auch in den Gefäßen, variirt dermaßen stark, dass man, meiner An- sicht nach, unmöglich den Unterschied nur auf der Größe basiren kann. Was jedoch die anderen Eigenschaften, wie den Bau des Plasmas, den Kern, die Form anbetrifft, so sind diese vollkommen dieselben sowohl in den Blutkörperchen der Leibeshöhle als auch der Gefäße. Es bleibt mir noch übrig besonderer Drüsen zu erwähnen, die ich stets in der Wand eines der Gefäße fand. Die Drüse ist deut- lich bei makroskopischer Betrachtung sichtbar, und bildet eine dunkel- braune Verdiekung am blinden Ende des Gefäßes. Ihre Größe ist sehr unbeständig: bei einigen Exemplaren erreicht sie in der Länge 5—10 mm und 1-2 mm in der Breite, bei anderen ist sie bedeutend kleiner. Auf Querschnitten erscheint sie in Form einer mehr oder weniger breiten Verdickung der Gefäßwand (Fig. 16 /y, Taf. XVII). Von der Leibeshöhle und dem Gefäßinhalt ist sie durch eine dünne Membran getrennt (Fig. 31, Taf. XIX). Im Inneren der Drüse ist sehr häufig ein Netz von Fibrillen und Scheidewänden wahrnehmbar, welche dieselbe in einzelne Kammern theilen. Dieses Netz ist jedoch nicht immer auf Schnitten zu sehen, in welchem Fall der Inhalt der Drüse aus einer kompakten Masse verschiedener Zellen zusammengesetzt erscheint. Ich habe drei Arten von Zellen beobachtet: erstens Zellen, welche die Hauptmasse der Drüse darstellen, von geringer Größe sind, an Leukoeyten erinnern, einen Kern und geringe Menge Protoplasma enthalten, zweitens, 19 284 S. Metalnikoff, Zellen mit reichlichem Protoplasma, welche rothen Blutkörperchen ähneln und endlich drittens Pigmentzellen, die den Drüsen eine gelb- braune Farbe verleihen. Ein Ausführungsgang ist nicht vorhanden. Die Drüsenthätigkeit verläuft aller Wahrscheinlichkeit nach folgendermaßen: wenn die die Drüse ausfüllenden Zellen die be- stimmte Größe und Reife erreicht haben, zerreißt die Membran und der Drüseninhalt entleert sich entweder in die Leibeshöhle oder in das Gefäß in Gestalt eines großen Klumpens. Derartige Zellklumpen von gelbbrauner Farbe fand ich nicht selten innerhalb der Gefäße; ganz kurz erwähnen dieselben einige Autoren. Diese Drüse stellt aller Wahrscheinlichkeit nach ein blutbildendes Organ dar. Es bleibt nun noch übrig, die Frage zu lösen, welche Bedeutung den mit den Tentakeln verbundenen Gefäßen zukommt, ob sie der Vorstellung entsprechen, welche wir uns vom Gefäßsystem anderer Thiere machen? Unter dem Gefäßsystem verstehen wir ein Kanalsystem, welches das Blut zu allen Körpertheilen leitet und in direkter Beziehung zur Athmung steht. Wie verhält es sich nun bei Sipunculus? Das ganze Gefäßsystem von Sipunculus besteht aus zwei nicht großen Gefäßen, die keine Beziehungen zu anderen Organen mit Ausnahme der Tentakel besitzen. Die Tentakel selber haben zu dicke Wandungen, als dass hier ein Gasaustausch stattfinden könnte mit der Außenwelt. Würden außerdem die Tentakel in der That Athmungs- organe darstellen, so würde wohl Sipunculus kaum im Stande sein, stundenlang mit eingezogenem Rüssel und verborgenen Tentakeln zu verharren, wie es häufig der Fall ist. Dem Begriff von Gefäßen kommen die oben beschriebenen Haut- kanäle viel näher; sie verlaufen in der Körperwand und sind von der Außenwelt nur durch eine dünne Schicht von Hypodermiszellen und Cuticula getrennt, durch welche leicht ein Gasaustausch statt- finden kann. | Aller Wahrscheinlichkeit nach dienen die Tentakel zum Erfassen der Speise und als Sinnesorgane, die zwei Gefäße mit ihrer starken Muskulatur dienen zur Erektion der Tentakel. Betreffs der Bedeutung des Gefäßsystems und der Tentakel des Sipuneulus wurden von jeher verschiedene Ansichten angegeben; die Einen halten dasselbe für ein echtes Gefäßsystem, das in Beziehung zur Athmung steht und die Tentakel für Kiemen. Andere halten die Tentakel für Greiforgane und Sinnesorgane und vergleichen das Gefäßsystem mit dem Wassersystem von Synapta; Cuexor endlich - Sipuneulus nudus. 285 hält die beiden Gefäße von Sipunculus für Iymphatische Organe: »La glande Iymphatique et ses annexes forment ce qu’on appelle com- munement l’appareil vasculaire« (p. 606). Aller Wahrscheinlichkeit nach können diese Organe bei ver- schiedenen Sipunculiden eine verschiedene Bedeutung haben. WARD schreibt in Betreff dieses: »The probable lack of respiratory funetion in the vascular system cannot be extended to all Sipunculids. In this connection it is of great interest to notice that various species are provided (SELENKA, p. XIX) rith several or many branched lateral appendages attached to the blind sac. Such organs are found in Phascolosoma Semperi, P. maniceps, Phymosoma asser, Dendrostoma signifer et al. All of these forms possess, according to the same author, long thin filamentous tentacles. This peculiarity suggests at once the probability of a respiratory nature for the tentacles; and its oceurrence in single species of various genera would indicate that it is a secondarily acquired function« (p. 163). Der Darmkanal. Wird ein Thier längs des ganzen Körpers aufgeschnitten und die Wände mit Hilfe von Nadeln zur Seite gezogen, so fällt vor Allem der große Darmkanal auf. Von der Mundöffnung bis zur Basis der Retraktoren wird der Darm von zwei Gefäßen begleitet; hier- selbst ist er vermittels dünner Membranen an die Retraktoren an- geheftet; unterhalb derselben bildet der Darm eine Spirale, die sich bis zum Schwanzende herabsenkt. Auf seinem ganzen Verlauf befestigt er sich an die Leibeswand mit Hilfe feiner, durchsichtiger Fäden, die erst beim Abziehen des Darmes von der Leibeswand sichtbar werden. Um sich mit allen Feinheiten des Baues desselben bekannt zu machen, ist es erforderlich den Darm von der Leibeswand abzu- lösen und die Spirale zu entrollen. Ein derartig entrollter Darm ist auf Fig. 2, Taf. XVII dargestellt. Aus derselben ist ersichtlich, dass in der Mitte des Körpers die Spirale von vier, mit einander ver- schlungenen, Darmabsehnitten gebildet wird, im unteren Theil da- gegen aus zwei. Die Länge des Darmes beträgt das Doppelte der Körperlänge. Bei einem frisch gefangenen Sipunculus ist der Darm stets mit einer Menge Sand angefüllt. Wird der Sipunculus jedoch einige Tage in einem reinen Aquarium gelassen, so entleert sich der Darm rasch und wird dadurch tauglich zur Untersuchung. In seinem ganzen Verlauf vom Munde bis zur Afteröffnung hat der Darm denselben Bau, in Folge dessen es schwer ist einzelne 286 S. Metalnikoff, Abschnitte zu unterscheiden. Nach genauerer Untersuchung, haupt- sächlich jedoch auf Grundlage des Studiums von Querschnitten, Kann man am Darm vier Abschnitte unterscheiden: erstens den Schlund, d.h. den vorderen Abschnitt des Darmes vom Munde bis zur Basis der Re- traktoren; auf diesem Abschnitt wird er von den Gefäßen begleitet; zweitens den Mitteldarm, von der Basis der Retraktoren bis zum Blindfortsatz, der ungefähr 2 cm unterhalb der Afteröffnung gelegen ist; drittens den Hinterdarm, vom Blindfortsatz bis zu den Analdrüsen und endlich viertens das Rectum, von den Analdrüsen bis zu der Afteröffnung. ANDREWS unterscheidet bei Sipunculus Gouldii sechs Darmab- schnitte: 1) Pharynx, 2) Ösophagus, 3) Magen, 4) absteigenden Darm, 9, aufsteigenden Darm, 6) Rectum. Bei Sipuneulus nudus konnte ich alle diese Abschnitte nicht finden. Der Mitteldarm besteht bei Sipunculus Gouldii aus drei Ab- schnitten, während er bei Sipunculus nudus durchweg denselben Bau hat. Bei Betrachtung des Darmes mit der Lupe oder gar mit unbe- waffnetem Auge fällt auf einer Seite desselben eine rothe Linie auf, welche beim Munde beginnt und längs dem Darme bis zum Blind- fortsatz herunterzieht. Diese von außen sichtbare Linie ist bedingt durch eine längs der Innenwand des Darmes verlaufende Rinne, welche durch zwei im Inneren des Darmes gelegene Auswüchse ge- bildet wird. In Folge der Durchsichtigkeit des Darmes scheint die Rinne mit den zwei sie bildenden Wülsten durch und tritt als rothe Linie von außen in Erscheinung. Bevor ich zur genaueren Beschreibung dieses Gebildes übergehe, muss ich noch zweier Besonderheiten im Bau des Darmes erwähnen, welche dem unbewaffneten Auge sichtbar sind. Auf der Grenze zwischen Mittel- und Hinterdarm ist der Blindfort- satz gelesen, welcher genau dort in den Darm einmündet, wo die Rinne endigt. Der Hohlraum dieses Fortsatzes kommunieirt auf diese Weise unmittelbar mit dem Hohlraum der Rinne, die der aus dem Blindfortsatz ausfließenden Flüssigkeit gleichsam als Ausflusskanal dient. Die Größe des Blindfortsatzes variirt in ungewöhnlichem Maße. Bei einigen Exemplaren erreicht er eine Länge von ca.9 cm, bei anderen wiederum erscheint er als kaum wahrnehmbarer Höcker. Ich suchte lange nach dem Grunde dieser Verschiedenheiten. Un- zweifelhaft unterliegt dieses Organ einer starken Degeneration. Nicht selten fand ich das untere Ende desselben im Anfangsstadium der Degeneration; dasselbe erschien bedeutend dünner und zerfiel sogar in mehrere Theile. Ich habe mehr als 300 Sipuneuli untersucht, und Sipuneulus nudus. 287 es ist mir gelungen folgendes Gesetz zu eruiren: Bei jungen Exem- plaren und kleinen ist der Blindfortsatz stark entwickelt, und um- sekehrt bei großen Exemplaren ist er in der Mehrzahl der Fälle auf dem Wege zur Degeneration. Meiner Ansicht nach lassen diese Erscheinungen folgende Er- klärung zu. Es ist unzweifelhaft, dass der Darm junger Thiere bedeutend kleiner ist als bei alien. die Schwierigkeiten der Ver- dauung sind jedoch dieselben. Wie bekannt nimmt Sipunculus eine Menge Sand zu sich; um nun die mit dem Sande eingenommenen Nahrungstheilehen aufzulösen, ist es erforderlich diesen Sand mit einer großen Menge von Verdauungssäften zu bearbeiten. Ist nun die Drüsenoberfläche des Darmes nicht genügend groß, wie es bei kleinen Exemplaren der Fall ist, so ist zur Bereitung der erforder- lichen Menge Verdauungssäfte eine Nebendrüse nothwendig — eine derartige stellt der Blindfortsatz dar; er sondert Verdauungssaft aus, der sich in die kleine Rinne ergießt, längs derselben bis zum Schlunde aufsteigen und die Nahrungsprodukte im Verlauf des ganzen Darmes durchfeuchten kann. Vergrößert sich die Darmoberfläche, so ver- mehrt sich damit auch die Menge der einzelnen, in den Darmwan- dungen zerstreuten Drüsen, die Nebendrüse erscheint überflüssig und degenerirt. Um Einiges über dem Blindfortsatz, beinahe dicht bei der After- öffnung, sind zu Seiten des Darmes zwei Analdrüsen gelagert, die das Aussehen kleiner verzweigter Bäumchen haben. Es bleibt noch übrig eines äußerst feinen längs dem Hinterdarm ziehenden Muskels zu erwähnen, der Spiralmuskel (muscle de la spire) benannt worden ist. Derselbe entspringt in den Längsmuskelbündeln der Körperwände, zieht nach unten bis zum Blindfortsatz, verwächst mit dessen hinterem Ende und verläuft weiter bis zum Schwanze. Der Schlund. Wie bereits erwähnt, so wird mit Schlund der Abschnitt des Darmes von der Mundöffnung bis zur Basis der Retrak- toren bezeichnet. Der Bau der Wandungen lässt sich nur auf Schnitten erkennen. Fig. 16, Taf. XVII, stellt einen Querschnitt des Schlundes und die beiden Gefäße dar. Vor Allem fallen zwei hohe Erhebungen im Darme auf, welche die Rinne bilden, die, wie ich bereits erwähnte, sehr gut bei der äußerlichen Betrachtung der Darmwände sichtbar ist. | Die Außenfläche des Schlundes ist von Hachem Epithel ausge- " kleidet, zwischen welehem in geringer Anzahl Flimmerzellen ein- gestreut sind. Darauf folgt eine Zellschicht, welche die Hauptmasse 288 S. Metalnikoff, der Wände darstellt. Sie besteht zunächst aus großen lang ausge- zogenen Zellen, die radiär angeordnet sind und daher Radiärzellen genannt werden. Ganz besonders groß sind die Zellen in den, die Rinne begrenzenden, Erhebungen; hierselbst sind sie stark in die Länge ausgezogen und fächerförmig angeordnet. Das Protoplasma der Radiärzellen ist feinkörnig und im natürlichen Zustande blassrosa . gefärbt. In der Mitte der Zelle liegt ein großer Kern. Auf Fig. 28, Taf. XIX, ist ein Längsschnitt dargestellt durch eine Erhebung, wo- selbst die Radiärzellen besonders stark entwickelt sind. In den Zwischenräumen zwischen den Radiärzellen sind Binde- sewebszellen gelagert; dieselben lassen sich leicht von den großen Radiärzellen unterscheiden, sowohl durch den Bau des Protoplasmas als auch durch die bedeutend kleineren und sich viel intensiver färbenden Kerne. Bei der Färbung mit Pikrokarmin färben sich die Radiärzellen mit Pikrinsäure schwach gelb, während die Bindegewebs- zellen röthlich erscheinen. Außer den Bindegewebs- und Radiärzellen verlaufen hier noch Ring- und Längsmuskelfasern sowie Nerven. Die Innenfläche des Schlundes ist mit hohem Flimmerepithel be- kleidet. In der Rinne sind die Epithelzellen bedeutend größer und mit längeren Flimmern besetzt. Der Mitteldarm nimmt den Theil des Darmes zwischen Schlund und Blindfortsatz ein; auch er ist durch die Anwesenheit der Rinne charakterisirt. Sein histologischer Bau gleicht im Allgemeinen dem Bau des Schlundes: von außen ist er von flachem Epithel bedeckt, auf welches eine bindegewebige Schicht mit großen Radiärzellen und Muskelbündeln folgt, von innen ist er von Flimmerepithel ausge- kleidet. Der Hauptunterschied des Mitteldarmes besteht darin, dass zwi- schen den, die Innenwand auskleidenden Flimmerzellen besondere Drüsenzellen eingelagert sind, die ich im Schlunde nicht gefunden habe. Diese Zellen sind sehr gut auf Querschnitten (Fig. 19, Taf. XVIIT) von Präparaten sichtbar, welche in HERMANN’scher oder FLEMMING- scher Mischung fixirt worden sind. Die Drüschen haben das Aussehen kolbenförmiger Verdickungen; der verdickte Theil der Drüsenzelle ist an der Peripherie gelagert; zur Basis hin verjüngt sich die Zelle kegelförmig. Da der untere Theil der Zeile ungleich dünner ist als die obere Verdickung, so fallen auf Schnitten vor Allem diese runden Verdickungen auf. Das Protoplasma der Drüsenzellen unterscheidet sich scharf von dem des Flimmerepithels: es erscheint netzförmig - Sipuneulus nudus. 289 oder vielmehr schaumig. Das obere Ende der Zelle öffnet sich in das Darmlumen. Es bilden sich auf diese Weise zwischen den Flimmerepithelzellen kleine Öffnungen, die als Ausführungsgänge der Drüschen fungiren. | Jede Drüsenzelle besitzt einen Kern im verjüngten Theil,. in Folge dessen er nicht immer auf Schnitten zu sehen ist; derselbe ist kleiner als der Kern der Flimmerzellen. Die Zahl der Drüsenzellen ist bedeutend geringer als die der Epithelzellen. Dergleichen Drüsenzellen im Mitteldarm des Regenwurms haben vor Kurzem Vıcror WirLem und A. Minwe beschrieben (p- 6): >L’epithelium qui tapisse la surface interne de lintestin moyen com- prend surtout le typhlosolis, des tres nombreuses cellules glandulaires qui secretent un liquide degerant la fibrine et agissant surtout en milieu alcalin (p. 22). | Apres l’action des liquides de FLemumng et de HERMANN, par exemple, le contenu des ces cellules presente presque toujours une apparence spumeuse due ä des vacuoles plus ou moins volumineuses.« Die zweite Eigenthümlichkeit des Mitteldarmes bildet der große Sinus, der in der Wand des Darmes eingelagert ist und einen engen, spaltförmigen Hohlraum in der mittleren bindegewebigen Schicht dar- stellt. Er beginnt unmittelbar hinter dem Schlunde und zieht sich längs des ganzen Mitteldarmes. Sind die Wandungen des Darmes ‚sehr ausgedehnt, so ist der Sinus kaum wahrnehmbar, sind sie im Gegentheil kontrahirt, so erscheint der Sinus als recht bedeutender Hohlraum. Derselbe ist von feinen queren Fibrillen durchzogen, wie es auf Figg. 24, 26, Taf. XIX, wiedergegeben ist. Es erübrigt noch der Wanderzellen zu erwähnen, welche stets in den Wandungen des Mitteldarmes und des Schlundes beobachtet werden. Die Zahl der Wanderzellen im Darme ist bei Weitem nicht so sroß wie in den Tentakeln oder in dem Kanal des Sinnesorgans, dafür jedoch ist der Darm durch die große Verschiedenheit in der Form der Wanderzellen ausgezeichnet. Am häufigsten werden ver- schiedene Leukocyten angetroffen, welche ich nicht selten in das, die Innenwand des Darmes auskleidende Flimmerepithel hindurch- treten sah. Alsdann fand ich dieselben ovalen, sich in Eosin intensiv färben- den Zellen, die ich bei den Tentakeln beschrieben habe; sie treten jedoch hier durchaus nicht in der Menge und dermaßen konstant auf mu dort (s. Fig. 16 dz, Taf. XVII). Bedeutend seltener fand ich die vielzelligen gelben Zellen (Plas- 990 "8. Metalnikoff, modien), die überaus häufig in den Körperwänden, dem } Nervensy stem und den Tentakeln anzutreffen sind. In sehr seltenen Fällen fand ich in den Wandungen des Schlun- des und gar im Flimmerepithel große runde Zellen, die aus schwar- zen Körnern und Stäbchen zusammengesetzt erscheinen, wie es die Kie, 15, Par XVII Zeiler Der Blindfortsatz. Auf der Grenze zwischen Mittel- und Hinterdarm ist der Blind- fortsatz gelagert, der genau auf der Stelle in den Darm einmündet, wo die innere Rinne endigt, welche auf diese Weise gleichsam die Fortsetzung des Hohlraums des Blindfortsatzes bildet (Fig. 1 und 2 div, Taf. XVM. Oben bereits habe ich erwähnt, dass der Blindfortsatz bei ver- schiedenen Exemplaren in verschiedenem Zustande angetroffen wird; bei den einen ist er sehr groß und funktionirt, während er bei an- deren einen kaum wahrnehmbaren Auswuchs darstellt und degenerirt ist. In diesen Fällen ist sein Bau durchaus verschieden. Fig. 20, Taf. XVII, stellt einen Querschnitt durch einen funktio- nirenden Blindfortsatz vor. Sein Hohlraum ist gewöhnlich mit einer Flüssigkeit angefüllt, in welcher zuweilen Zellelemente wahrnehmbar sind, die an einzelne Theile der den Blindfortsatz auskleidenden Zellen erinnern. Von außen ist die Wand des Blindfortsatzes von flachem Epithel bedeckt, auf welches eine Bindegewebsschicht und Muskeln folgen. Von innen ist der Blindfortsatz mit großen, breiten Zellen drüsigen Charakters bedeckt; jede Zelle enthält einen an der Basis derselben gelegenen Kern (Fig. 22, Taf. XVII). Im Protoplasma lassen sich große runde Bläschen und Vacuolen beobachten, die offenbar die Zellmembran durchbrechen und in den Hohlraum des Blindfortsatzes übertreten, da ich dieselben Bläschen auch in der, den Fortsatz ausfüllenden, Flüssigkeit fand. Auf diese Weise ver- läuft augenscheinlich die Sekretionsthätigkeit der Drüsenzellen. Auf der Fig. 35, Taf. XIX, habe ich einen Querschnitt durch einen degene- rirten Blindfortsatz abgebildet. Sein Bau unterscheidet sich scharf von dem eben beschriebenen funktionirenden Fortsatz: statt von Drüsenzellen mit Vacuolen ist seine Innenfläche von kleinen, durch- sichtigen, dicht an einander gepressten Zellen bekleidet. Diese Zellschicht bildet einige in den Hohlraum des Blindfortsatzes hinein- Sipuneulus nudus. 291 ragende Falten. Eben so sind auch die u eu und die Binde- gewebsschicht bedeutend dieker geworden. Das obere Ende des Blindfortsatzes mündet in den Hohlraum des Darmes vermittels eines kleinen schmalen Ganges (pro), wovon man sich leicht auf Querschnitten überzeugen kann (Fig. 26, Taf. XIX). Der Hinterdarm ist vor Allem durch die Abwesenheit der inneren Rinne charakterisirt, sowie durch die Dieke der an Musku- latur reichen Wandungen. Die Wand des Hinterdarmes ist dessgleichen aus drei Schichten zusammengesetzt: einer äußeren flachen Epithelschicht, einer mittleren Bindegewebsschicht und einer inneren Schicht von Flimmerepithel; die letztere entbehrt der im Mitteldarm vorhandenen Radiärzellen sowie der zahlreichen Wanderzellen. Um Einiges oberhalb des Blindfortsatzes Hess: zu Seiten des Hinterdarmes zwei kleine Drüsen, die sog. Analdrüsen. Ihre Größe beträgt selbst bei den größten Thieren kaum mehr als 2—3 mm, in Folge dessen sie leicht übersehen werden können. Sie stellen kleine baumförmige Gebilde dar, die mit ihrer Basis der Wand des Darmes aufsitzen. Jede Fixirungsflüssigkeit verändert das zarte Drüsengewebe bis zur Unkenntlichkeit, so dass es sich empfiehlt dieselben im fri- schen Zustande zu untersuchen, was um so leichter ist, als sie voll- kommen durchsichtig sind. Die Untersuchung eines kleinen Drüsen- Stückes unter dem Mikroskop lässt leicht ihren Bau erkennen. Sie bestehen aus einer großen Anzahl sich verästelnder und sich ver- flechtender Schläuche; beim Verfolgen eines Schlauches lässt sich leicht feststellen, dass derselbe in einem vollkommen geschlossenen finger- förmigem Auswuchs endigt. Mehrere dieser Auswüchse vereinigen sich und münden in einen gemeinsamen Ausführungsgang (Fig. 29, Taf. XIX), der sich seinerseits wieder mit anderen Ausführungsgängen vereinigt. Das ganze System der Schläuche und Ausführungsgänge vereinigt sich schließlich in einem gemeinsamen Hauptausführungs- gang, der nun in den Darm einmündet. Die Wandungen der fingerförmigen Auswüchse, sowie der Schläuche selber, bestehen aus durchsichtigen Zellen mit Kernen; bei der Fixi- rung treten diese Kerne aus den Zellen heraus und scheinen außer- halb der Zellen gelagert zu sein. In der Voraussetzung, dass diese Drüsen den Analdrüsen von Bonellia analog seien, bemühte ich mich, das Gemeinsame beider, sowohl in histologischer als auch in physiologischer Beziehung zu finden. Wie bekannt, erscheinen die Analdrüsen von Bonellia in 292 S. Metalnikoff, Form großer verzweigter Auswüchse des Hinterdarmes, auf denen große Wimpertrichter aufsitzen. Es gelang mir einige lebende Exem- plare von Bonellia zu erhalten, denen ich physiologische Injek- tionen machte. Ich konnte mich äußerst leicht davon überzeugen, dass das Ammoniakkarmin in die Trichter und in den Hohlraum der Analdrüsen gelangt. Die Analdrüsen von Bonellia sind in Folge dessen als Exkretionsorgane anzusehen, worauf auch die Trichter hin- weisen, welche ein Charakteristikum der Exkretionsorgane darstellen. Nichts Derartiges habe ich nun in den Analdrüsen von Sipunculus finden können. Dieselben haben weder Wimpertrichter, noch irgend welche Öffnungen, vermittels derer sie mit der Leibeshöhle kom- munieirten. Nach physiologischen Injektionen, die ich viele Male an Sipunculi vornahm, wurde von diesen Organen nichts abgesondert. Noch in einer Eigenthümlichkeit unterscheiden sich diese Organe von den Analdrüsen von Bonellia und anderen Gephyreen, darin nämlich, dass die Ausführungsgänge der Analdrüsen von Sipunculus nicht in’den Darm einmünden. sondern in den oben beschriebenen Sinus des Darmes. Fig. 17, Taf. XVII, stellt einen Querschnitt des Hinterdarmes dar, genau an der Stelle, wo der Ausführungsgang der Analdrüsen in den Sinus einmündet. Das Sekret der Analdrüsen gelangt auf diese Weise nicht in das Darmlumen, sondern in dessen Sinus. Bereits oben erwähnte ich des Sinus in der Darmwand; der- selbe erscheint in Form eines großen spaltförmigen Hohlraumes in der Wand des Mittel- und Hinterdarmes; er beginnt unmittelbar hinter dem Schlunde und erstreckt sich bis an die Analdrüsen. In seinem ganzen Verlauf wird der Sinus von einer großen Zahl querer Fasern durchzogen, wie es auf Fig. 24 und 26, Taf. XIX, abgebildet ist. Ein derartiger Sinus ist eine ziemlich verbreitete Erscheinung im Darme der Würmer. Denselben erwähnt CLAPAREDE in seiner Monographie: »le sinus intestinal des Serpuliens, est loge entre les deux couches musculaires de la paroi intestinale; il est traverse par une multitude des brides conjonctives qui s’etendent en se ramifiant et s’anastomo- sant d’une paroi & l’autre«. Marıon sah denselben Sinus bei den Sabelliden, Ep. MAYEr fand ihn bei verschiedenen Terebelliden. EısıG bei Capitelliden; VICTOR WILLEM und AcHILLE MınnE berichten in Betreff dieses Sinus Fol- gendes: »Chez les Annelides eites ci-dessus, le sinus periintestinal s’etend d’ordinaire sur toute la longueur des intestin moyen et pos- terieur souvent aussi sur les regions qui precedent. Il recoit les Sipuneulus nudus. 295 vaisseaux qui reviennent des parapodes et se continue en avant par le coeur d’ou partent un nombre variable de vaisseaux branchiaux«. Weiter erwähnen sie: »Une consideration qui nous avait frapp6 des Yabord, e’est qu’un röle purement respiratoire n’expliquerait pas le developpement considerable que presente le systeme hematique dans la paroi de liintestin moyen.« Beide Autoren vermuthen, dass dieses System den Weg darstellt, auf welchem die Nahrungsmittel durch den Körper geleitet werden. Außerdem ist es noch exkretorisch thätig. | Der Darmsinus von Sipunculus nudus stellt ein vollkommen geschlossenes System dar, das weder mit der Leibeshöhle noch mit den Gefäßen kommunieirt. Im Sinus habe ich stets viele Leuko- cyten gefunden, niemals habe ich jedoch das Eindringen rother Blut- ‚ körperchen oder anderer Blutelemente beobachtet. Dessgleichen dringt auch bei physiologischen Injektionen die Farbe niemals in ihn ein. Rectum. Der letzte Abschnitt des Darmes ist zwischen den Analdrüsen und der Afteröffnung gelagert. Auf Fig. 39, Taf. XX, habe ich einen Längsschnitt durch das Rectum abgebildet; wie aus der Figur hervorgeht, wird das Reetum vom Hinterdarm durch kleine Erhebungen der Darmwand geschieden, die eine Art Sphinkter bilden; der Sphinkter ist unmittelbar hinter den Analdrüsen gelegen. | Die Wände des Rectums zeichnen sich durch ungewöhnliche Dicke aus im Vergleich mit den anderen Abschnitten des Darmes. Be- sonders entwickelt ist die mittlere bindegewebige Schicht, in welcher jedoch keine Radiärzellen angetroffen werden. Die Schicht besteht ausschließlich aus Bindegewebe und Muskelbündeln. Während in den übrigen Abschitten des Darmes die Ring- und Längsmuskeln des Darmes ein Netz sich verflechtender und anastomosirender Fasern bilden, sind sie hier zu großen, dieken Bündeln vereinigt. Besonders mächtig sind die Ringmuskeln, welche eine Reihe einzelner Muskel- ringe bilden (Fig. 39 cm, Taf. XX). Die Ringmuskeln sind in den inneren Schichten der Wand angeordnet, die Längsmuskeln in den peripheren. Das Gehirn. Das Gehirn ist auf der Rückenseite an der Basis der Tentakel gelagert (Fig. 1, Taf. XVII). Dasselbe stellt einen sphäroidalen kom- pakten Körper von 2 mm Breite und 1!), mm Länge dar, welcher durch eine quere Rinne in zwei symmetrische Lappen oder Hemi- sphären getheilt wird. Der vordere, zur Mundöffnung gerichtete Rand 294 S. Metalnikoff, ist mit einer Reihe fingerförmiger Auswüchse versehen, welche eigen- artige Sinnesorgane darstellen. Diese Auswüchse sind so wie das sesammte Gehirn in der Leibeshöhle gelagert und werden allseitig vom Blute bespült. Unmittelbar hinter den fingerförmigen Auswüchsen befindet sich ein zweites Sinnesorgan und der Kanal desselben, über deren Bau und Lagerung weiter unten ausführlich berichtet werden soll. An vielen Exemplaren ist das Gehirn und der Bauchnerven- strang gelb gefärbt. Bereits bei schwacher Vergrößerung ist es zu erkennen, dass diese Färbung von kleinen gelben Einschlüssen her- rührt, welche in großen Mengen überall zerstreut sind. Besonders zahlreich sind diese Einschlüsse in den fingerförmigen Auswüchsen. Der innere Bau. Das Gehirn ist von einer beträchtlich dicken Hülle umgeben, auf welche eine Schicht besonderer sternförmiger Zellen folgt, sowie eine Menge Neurogliafasern; letztere durchziehen das Gehirn in allen Richtungen. Zwischen diesen Neurogliafasern und -zellen, über deren Struktur ich weiter unten berichten werde, sind verschiedenartige Nervenzellen eingelagert. Der centrale Theil des Gehirns wird von der Fasermasse der Kommissuren eingenommen. Bevor ich zu dem Bericht über die Vertheilung der verschiedenen Elemente des Gehirns übergehe, muss ich noch Einiges über die Struktur der Nervenzellen und der Neuroglia aussagen. Nervenzellen. Ich konnte vier Typen von Nervenzellen unter- scheiden. 1) Am zahlreichsten finden sich kleine 5 oder 4 «u große Nerven- zellen, die auf den ersten Blick nur aus einem Kern zu bestehen scheinen (Fig. 59, Taf. XXI. Nur auf gut gefärbten Präparaten lässt sich eine feine Protoplasmaschicht erkennen, welche auf einer Seite der Zelle sich in einen kleinen Ausläufer auszieht. Der Kern ist gewöhnlich rund. Die sich färbende Substanz ist gewöhnlich in Form kleiner Punkte angeordnet. 2) Die zweite Art von Nervenzellen unterscheidet sich von der ersteren durch die große Menge Protoplasma und durch ihre Größe; die Zellen sind 18 — 20 u lang (Fig. 54, Taf. XXJ. Sie haben das Aussehen großer birnförmiger Körper, deren schmales Ende sich in einen langen Fortsatz auszieht. Diese Zellen, sowie die ersteren sind multipolar. Im Protoplasma werden nicht selten große Vaeuolen beobachtet, die in der Mehrzahl der Fälle von einer Körnelung an- gefüllt sind. In einigen Fällen waren diese Vacuolen augenschein- lich leer. Im Centrum, häufiger jedoch im schmalen Ende der Zelle, ist der Kern gelagert, der um Einiges größer ist, als der Kern der - Sipuneulus nudus. 295 kleinen Zellen des ersten Typus; im Centrum des Kernes ist ge- wöhnlich ein Chromatinklumpen wahrnehmbar, der alle anderen Chromatinkörner an Größe übertrifft. 3) Der dritte Typus der Zellen stellt große Riesenzellen dar (Fig. 53. Sie erreichen eine Länge von 50—55 u. Ihrer Gestalt nach erinnern sie an die Zellen des zweiten Typus. Der Zellleib hat dessgleichen Birnenform, sein verjüngtes Ende ist in einen langen und ziemlich dieken Fortsatz verlängert. Das Protoplasma schließt dessgleichen eine große und mehrere kleinere Vacuolen ein, die von einer Körnelung angefüllt sind. Der Kern fällt durch seine Größe auf. Das gesammte Chromatin des Kernes ist an einer Stelle angehäuft und bildet im Centrum des Kernes ein großes rundes Kernkörperchen. Zum Studium der Struktur dieser Zellen wandte ich die Ver- soldung nach ArpAray’s Angaben an; dieser Autor fand, wie bekannt, in den Ganglienzellen ein Netz feinster Neurofibrillen, welches den Kern umgiebt. Ungeachtet der großen Anzahl angefertigter Präpa- rate ist es mir nicht gelungen, dieses Netz zu konstatiren. Nicht selten fand ich Neurofibrillen innerhalb der Nervenfasern, in denen sie sich deutlich färben, niemals konnte ich jedoch das Eindringen der Neurofibrillen in die tiefen Schichten des Zellleibes wahrnehmen. Es ist möglich, dass die Nervenelemente von Sipuneulus nudus in ‚dieser Beziehung einige Besonderheiten darstellen, wahrscheinlicher ist es jedoch, dass ein jedes nach dem genannten Verfahren zu unter- suchende Thier einige Veränderungen und Anpassungen der vor- handenen Methoden verlangt; mir fehlte die Zeit und die Möglich- keit mich damit zu beschäftigen. 4) Während alle oben erwähnten Nervenelemente multipolare Zellen darstellen, sind die Zellen des vierten Typus bipolar (Fig. 56). Diese Zellen nehmen einen dermaßen geringen Theil des Gehirns ein, und sind in dermaßen geringer Anzahl vorhanden, dass es durchaus nicht zu verwundern ist, dass dieselben bisher im Gehirn des Sipun- eulus nicht beobachtet worden sind. Jede Zelle erscheint in Form einer breiten Spindel, deren Enden sich in zwei Fortsätze verlängern. Ihrer Größe nach sind diese Zellen den Zellen des zweiten Typus gleich. Im Centrum ist ein recht großer Kern gelagert, dessen Chromatin in Form kleiner Körner erscheint. Neurogliazellen. Alle oben beschriebenen Zellen sind inner- halb einer Masse Neurogliafasern und -zellen eingelagert. Diese Zellen und ihre Fasern bilden ein dichtes Netz, in dessen Maschen die einzelnen Nervenelemente gelagert sind; auf diese Weise erscheint 296 S. Metalnikoff, jede Nervenzelle wie von einer Hülle umgeben. Die Neurogliazellen sind gewöhnlich an der Peripherie des Gehirns angeordnet, wobei sie eine große Anzahl Fasern ins Innere des Gehirns entsenden; einige Neurogliazellen schieben sich jedoch auch zwischen die Nerven- zellen ein. Fig. 55, Taf. XXI, stellt eine Neurogliazelle dar, die ihre Fortsätze nach vier verschiedenen Richtungen entsendet; die Fortsätze anastomosiren und bilden große Hohlräume, in welche die Nerven- zellen eingelagert sind. Auf Figg. 57 und 58 sind sternförmige Neu- rogliazellen abgebildet; diese sternförmigen Zellen haben gewöhnlich eine längliche Form; im Centrum liegst der Kern; von dem Proto- plasma gehen nach allen Richtungen eine große Anzahl feinster Fibrillen aus. Bisweilen ist das Protoplasma nur in sehr geringen Mengen vorhanden, so dass es das Aussehen hat, als gingen die Plasmafortsätze unmittelbar vom Kern aus (Fig. 58). Liegen einige sternförmige Zellen neben einander, wie es auf Fig. 58 a dargestellt ist, so verschmelzen die Ausläufer und bilden Scheidewände. Zwi- schen dem Zellleibe und der Hülle erscheint ein schmaler Hohl- raum, welcher von den Fortsätzen in radiäre Hohlräume oder Vacu- olen getheilt wird. Warp hält diese Zellen für besondere Nerven- zellen und die radiären Hohlräume oder Vacuolen für das Paramitom. Er schreibt: »One or more vacuoles of non-colored matter, the parami- tome of recent writers may always be found, and in favorable cases there can be seen such a distribution of these as is shown in Fig. 32. The paramitome exists im the form of numerous peripheral vacuoles subjacent to the enveloping connective fibres and possibly (?) surrounded by them« (p. 167). Wie ich bereits erwähnt habe, nehmen die Neurogliazellen die pheripheren Schichten des Gehirns ein, von wo aus sie Fasern nach allen Richtungen aussenden. Die Ganglienzellen haben dessgleichen eine mehr oder weniger bestimmte Lagerung innerhalb des Gehirns. Ihre Lagerung und ihre Beziehungen zu einander können nur auf Schnitten studirt werden. Auf Fig. 52, Taf. XXI, ist ein Querschnitt durch den centralen Theil des Gehirns dargestellt. Vorn befindet sich das Sinnesorgan und sein Kanal (ka und so). In der Mitte des Gehirns ist der Faserantheil oder die Kommissur gelagert. Rings um die Kommissur sind die Ganglienzellen angeordnet. Zu beiden Seiten sind symmetrisch zwei große Gruppen von Zellen des ersten Typus zu erkennen (9/7). Die Zellen des zweiten Typus sind unregelmäßig sowohl oberhalb als unterhalb der Kommissur zerstreut (91T). - Sipuneulus nudus. 297 Die großen Riesenzellen sind stets an einer bestimmten Stelle angeordnet; sie liegen unterhalb der Kommissur (g/IT). Besser noch als auf Querschnitten kann man auf sagittalen Längssehnitten die Vertheilung der Nervenzellen kennen lernen. Em derartiger Schnitt ist auf Fig. 49, Taf. XXI, dargestellt. Im Centrum befindet sich die Kommissur, die die Gestalt eines \ hat. Um die Kommissur sind die Ganglienzellen angeordnet. Die Zellen des ersten Typus sind überall zertreut zwischen den Zellen des zweiten Typus. Die Zellen des zweiten Typus bilden einige Gruppen; eine Gruppe ist oberhalb der Kommissur angeordnet, zwei weitere Gruppen sind seitlich gelagert (9/7). Die Zellen des dritten Typus liegen im hinteren Abschnitt des Gehirns. Ihre großen Fortsätze biegen um und dringen in die kleine runde Kommissur 5 ein, von der weiter unten die Rede sein wird. Die Zellen des vierten Typus. deren Lagerung auf Querschnitten nicht zu erkennen war, treten hier deutlich in Erscheinung; sie sind an der Basis der fingerförmigen Auswüchse gelagert (9/V); ihre Zahl ist dessgleichen nicht groß. Kommissuren des Gehirns. Um die Lagerung sowie den Bau der Kommissuren kennen zu lernen, ist es erforderlich, eine vollständige Serie von,Sagittalschnitten durch das Gehirn anzufertigen. Einige derartige Schnitte sind auf Taf. XXII, Fig. I-VIH > in ihrer Reihenfolge abgebildet. Schnitt VIII ist durch die centralen Theile des Gehirns gefallen, die Schnitte VII, VH A, VI und V durch die Seitentheile oder die Hemisphären des Gehirns. Wie bekannt, treten jederseits in das Gehirn fünf Nerven- stämme ein. In Folge dessen sind auf den ersten Schnitten (I, II, III) die fünf Nervenstämme sichtbar. Bei ihrer Annäherung an das Ge- hirn vereinigen sich die Nervenstämme mit einander. Zunächst ver- einigen sich die Nerven, die bei mir mit 2, 3, 4, 5 bezeichnet sind. Auf dem folgenden Schnitt V erfolgt die Vereinigung des letzten Nervenstammes Nr. 1. Es geht auf diese Weise aus der Vereinigung der fünf Nervenstämme die Hauptmasse der Kommissur hervor. Je näher zum Centrum, desto kompakter wird diese Masse, so dass die Spuren der Vereinigung allmählich verschwinden (ef. Schnitt V und VI). Gleichzeitig sondern sich bereits im Gehirn selber von der Hauptkom- missur eine kleine Gruppe von Fasern ab, die die kleine Kommissur @ bilden. Vor der Mitte des Gehirns senkt sich die Kommissur «@ wieder- um in die Hauptkommissur ein, wie es auf Schnitt VII zu erkennen ist. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 20 298 S. Metalnikoff, “ In demselben Präparat ist die Absonderung zweier weiterer kleinerer Kommissuren 5 und ce wahrnehmbar, welche in entgegen- sesetzter Richtung verlaufen. Die Kommissur 5 verläuft zum hinteren Abschnitt des Gehims in der Richtung zu den Riesenzellen, mit welchen sie, wie wir wissen, in unmittelbarer Verbindung steht. Die andere Kommissur ce verläuft in der Richtung zum Sinnesorgan os. Ich habe bisher noch nicht einer weiteren Kommissur erwähnt, welche auf allen Abbildungen mit kom bezeichnet ist. Dieselbe be- steht aus zehn bis elf Stämmchen, die sich berühren aber nicht ver- binden; diese Stämmcehen sind von einander durch Neurogliazellen und -fasern getrennt. Diese eigenthümliche Kommissur verläuft auf der Rückseite um Einiges unterhalb der bipolaren Zellen, wobei sie sich bogenförmig der Peripherie des Gehirns entsprechend windet. Auf Querschnitten erscheint sie in Form zweier symmetrischer zu beiden Seiten der centralen Kommissur angeordneter Gruppen (Fig. 52 kon). Es ist mir nicht gelungen, auf dem ganzen Verlauf der Kommissur eine Verbindung derselben mit der Hauptkommissur zu finden. Augen- scheinlich steht sie nur mit dem ersten Paar der vorderen, bei mir mit der Zahl 1 bezeichneten Nervenstämme in direkter Verbindung (ef. Fig. V und 52, Taf. XXI). Auf den durch den centralen Theil des Gehirns gefallenen Sagittalschnitten (Schnitt VII und 52, Taf. XXI) lässt sich leicht das Vorhandensein von vier einzelnen Kommissuren erkennen. Erstens die Hauptkommissur in Gestalt eines >, alsdann die Kommissur 5 und c, die Abzweigungen der Hauptkommissur darstellen und end- lich die Kommissur kom, welche aus elf Bündeln besteht. Das Sinnesorgan des Gehirns. Das Sinnesorgan des Gehirns befindet sich im vorderen Theil und besteht aus zwei Theilen: aus einem kleinen, schmalen, an der Basis der Tentakel ausmündenden Kanal und aus dem Sinnesorgan selber. Vom Bau des Kanals habe ich Einiges bereits bei der Beschrei- bung der Tentakel erwähnt. Er erscheint gewöhnlich als eine schmale Spalte (Fig. 48 ka, Taf. XXI); in einigen Fällen jedoch, wenn die Tentakeln stark kontrahirt sind, sind die Wände des Kanals gewunden und derselbe nimmt die Form eines Rhombus an (Fig. 50, Taf. XXI). Dabei sind jedoch stets zwei kleine Auswüchse wahrnehmbar (or), in welchen Nerven verlaufen. Diese Auswüchse sind auf der Bauchseite des Kanals gelagert und verlaufen längs dem ganzen Kanal. Sipuneulus nudus. 299 Die Wände des Kanals sind von Epithelzellen ausgekleidet, zwischen denen in großer Zahl gelbe, vielkernige Zellen angetroffen werden. Der Kanal senkt sich bis zur vorderen Fläche des Gehirns herunter und endigt hier in einem eigenthümlichen Sinnesorgan. Auf einem Längsschnitt durch den Kanal lassen sich leicht am Boden desselben zwei große Erhebungen (7) erkennen, welche sym- metrisch über dem Sinnesorgan gelagert sind und dasselbe gleichsam schützen. Ein derartiger Schnitt ist auf Fig. 52 abgebildet. Die auf meiner Zeichnung mit / bezeichneten Erhebungen haben ein blattförmiges Aussehen. Von außen werden sie von denselben Epithel- zellen ausgekleidet wie der gesammte Kanal, innen bestehen sie aus Bindegewebe und einer Menge sich durchflechtender Fasern, welche augenscheinlich unmittelbar aus dem Gehirn herkommen und die für die Innervation der Erhebungen bestimmten Nervenfasern darstellen. Eine recht genaue Beschreibung dieses Kanals giebt WARD, er erwähnt jedoch gar nicht der oben erwähnten blattförmigen Erhebungen, welche sich am Boden des Kanals befinden. In Betreff der den Kanal auskleidenden Zellen schreibt er: »The cells of the ventral wall of the canal have the appearence of ordinary hypodermal cells except that they bear eilia. The dorsal wall is made up of similian cells ‚near the mouth of the canal but these become higher as the brain is neared until at the middle of the canal the have assumed the form of a high eolumnar epithelium with large nuclei« (p. 175). Mir ist es nicht gelungen, diese Besonderheiten der Zellen wahrzunehmen. Den Kanal erwähnen auch KEFERSTEIN und EHLERS: »Außer- dem sieht man vom Hirn zum Tentakelkranz einen aus zwei Hälften bestehenden, dicken Strang verlaufen, der dort endet, und an dem Endpunkte, wie man bei der Betrachtung von außen her wahrnimmt, in der Haut von einer Gruppe kleiner Fälten umgeben ist, als wenn er eine Röhre wäre und hier nach außen mündete.« Am Boden des Kanals unmittelbar unterhalb der blattförmigen Erhebungen liegt das Sinnesorgan. Der Bau desselben lässt sich am besten auf Längsschnitten durch das Gehirn kennen lernen, wie solche auf Fig. 51 und Fig. 49 dargestellt sind. Das Organ selber erscheint in Form einer kleinen halbkreisförmigen Vorwölbung, welche in das Innere des Kanals hineinragt. Von außen ist die Vorwölbung von - einer recht dieken Cuticula bedeckt, die an den Rändern verdickt ist. Wimpern habe ich nie beobachten können, WARD vermuthet jedoch das Vorhandensein von Wimpern; er schreibt: »For in pre- 20* 300 S. Metalnikoff, served specimens the entire lower portion of this canal is filled with a granular coagulum, wich might easily enclose any obliterate cilia, if indeed any were preserved in this deep and narrow canal, where fluids evidently could not readily penetrate.« Unterhalb der Cutieula findet sich eine Reihe von Zellen, welche das Aussehen kleiner Hypodermiszellen haben, wie solche bei der Haut beschrieben worden sind. Die inneren Enden der Zellen sind verjüngt und in die Länge gezogen. An den Rändern des Kanals sind die Zellen dichter an einander gelagert, mehr ausgezogen und sehen allmählich in die den Kanal von innen auskleidenden Zellen über. Das Studium der übrigen unterhalb der Cuticula gelegenen Zellen stößt auf große Schwierigkeiten: gewöhnlich sind nur die Zell- kerne erhalten; doch bereits an den Kernen kann man wahrnehmen, dass die unter den Epithelzellen gelegenen Zellen sich von jenen unter- scheiden. Auf einigen Präparaten ist es mir jedoch gelungen, ihren Bau kennen zu lernen. Auf Fig. 51, Taf. XXI sind einige derartige Zellen abgebildet. Jede Zelle erscheint in Gestalt einer langen, schmalen Spindel, welche Zellform im Allgemeinen charakteristisch für die Sinnesorgane ist. Bei der Färbung mit Gold nach ArAray’s Verfahren erscheinen sewöhnlich in diesem Organ eine große Anzahl feinster Fibrillen ge- färbt, die aus der oben beschriebenen Kommissur ce heraustreten. Diese Nervenfasern treten augenscheinlich in die spindelförmigen Zellen, obgleich es mir nicht gelungen ist, dieses festzustellen. Nach- dem die Fasern in die Nähe der Cutieula gelangt sind, zerfallen sie in einige Fibrillen und verlieren sich unterhalb der Cutieula. Die unmittelbare Verbindung des Organs mit dem Centralnerven- system, seine Lagerung sowie sein histologischer Bau weisen darauf hin, dass wir in ihm ein Sinnesorgan vor uns haben. Das zweite Sinnesorgan des Gehirns. Wie ich bereits oben hingewiesen habe, ist der vordere Rand des Gehirns mit einer Reihe fingerförmiger eirca 0,5 mm langer Auswüchse versehen (Fig. 41, Taf. XX). Das Studium dieser Organe ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft, da sie von den fixirenden Flüssigkeiten äußerst rasch zum Schrumpfen gebracht werden und sich verändern. Am besten werden sie im frischen Zustande unter- sucht. Zu dem Zweck wird das Gehirn des lebenden Thieres rasch herausgeschnitten und auf einen Objektträger in einen Tropfen physio- logischer Lösung oder Blut gebracht. Wird das Gehirn alsdann mit Sipuneulus nudus. 301 einem Deckgläschen zugedeckt, so ist es leicht, die fingerförmigen Auswüchse nicht nur bei schwacher Vergrößerung, sondern auch mit Immersionssystemen zu untersuchen. Die fingerförmigen Auswüchse haben eine recht mannigfaltige Gestalt und Größe. Der mittlere Theil ist von dunklen, runden Zellen, sowie von großen gelben Einschlüssen eingenommen, die den- selben undurchsichtig machen. An der Basis sind gewöhnlich leicht einige feine Fibrillen wahrnehmbar, die augenscheinlich aus dem Ge- hirn hervorkommen; sie stellen Nervenfasern dar, welche das Organ innerviren. An der Peripherie des Organs lässt sich leicht eine Hülle mit Kernen und Flimmerzellen erkennen, welche sich augenscheinlich durchaus nicht von anderen derartigen Zellen, die überall im Körper des Sipunculus anzutreffen sind, unterscheiden. Vosr und Yun@ schreiben ihnen jedoch einen besonderen Bau zu: »Chacune de ces eupules a un bord £paissi, qui entoure un large orifice crateriforme, par lequel sortent des cils vibratiles assez longs, qui se courbent volontiers sans bout en hamecon et continuent leur’ jeu encore pendant des heures entieres, si l’on a soin de faire la preparation dans l’eau de mer. Dans quelques cas nous avons constate un fin filament sans doute nerveux, qui part du fond de la cupule et se rend dans la substance interieure ou l’on ne peut plus le suivre.« Auf Fig. 49 ist ein Längsschnitt durch das Gehirn und die fingerförmigen Auswüchse abgebildet; auf demselben kann man wahr- nehmen, dass der fingerförmige Auswuchs vom Gehirn durch eine feine bindegewebige Hülle («) getrennt ist, die jedoch nicht voll- ständig ist; im Centrum lässt sich leicht ein kleines Bündel von Nervenfasern erkennen, welches durch die bindegewebige Hülle des Gehirns hindurch in die fingerförmigen Auswüchse sich erstreckt und sich daselbst ausbreitet. Diese Nervenfasern entstammen unmittelbar den bipolaren, wie bereits erwähnt, an der Basis der fingerförmigen Auswüchse gelegenen Zellen. Die fingerförmigen Auswüchse werden von Zellen ausgefüllt, deren Struktur ich nicht ausfindig machen konnte, da sämmtliche von mir ausversuchten Fixirungsmittel dieselben schlecht konser- virten. Nichtsdestoweniger lassen sich zwei Arten von Kernen unter- scheiden, die offenbar zweierlei, das Organ zusammensetzenden Zellen angehören. Die einen Kerne sind klein und färben sich mit Häma- toxylin dermaßen intensiv, dass das Ohromatin des Kernes nicht zu 302 S. Metalnikoff, unterscheiden ist, die anderen Kerne sind bedeutend größer und färben sich weniger intensiv. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die fingerförmigen Auswüchse irgend welche Sinnesorgane darstellen, welche jedoch in keiner Be- ziehung zur Außenwelt stehen, woraus zu folgern ist, dass ihre Funktion sich auf die Leibeshöhle und deren Inhalt bezieht. Kopfnerven. Von dem Kopfganglion entspringen sechs Paar Nerven (Fig. 41, Taf. XX). Das erste Paar (in der Abbildung mit 7 bezeichnet) tritt aus dem vorderen Ende des Gehirns hervor, alle übrigen Nerven entspringen aus dem hinteren Ende. Die vier ersten Paare begeben sich nach vorn in der Richtung zu den Tentakeln und innerviren dieselben; in der Nähe des Muskelringes, welcher, wie bekannt, an der Basis der Tentakel gelegen ist, verzweigt sich jeder Nerv und tritt alsdann durch den Muskelring durch und begiebt sich in die Tentakel (Fig. 48, Taf. XXJ,. Das fünfte Nervenpaar verläuft um den Schlund und bildet einen geschlossenen Ring oder Kommissur, welche auf der Bauchseite einem sich längs des ganzen Körpers hinziehendem Nervenstamm den Ur- sprung giebt. Auf der Stelle, wo die Kommissur sich mit dem Gehirn vereinigt, entspringt von letzterem ein kleiner Nervenzweig, welcher rings um den Schlund einen geschlossenen Ring bildet; derselbe ist von WARD unter der Bezeichnung »splanchnic nerve« beschrieben worden (Fig.41sp). Von diesem Ringe entspringen Nervenstämme zum Darm und seinen Plexus. Es entspringen auf diese Weise aus dem Gehirn sechs Paar Ner- ven. Die vier ersten ziehen zu den Tentakeln, das fünfte Paar bildet die Kommissur, und das sechste. zieht zum Scehlundring. Auf dem Kopfganglion liegen außerdem zwei Sinnesorgane. Es ist klar, dass das Kopfganglion vor Allem Beziehungen zu den Sinnesorganen hat. UEXKÜLL, welcher Sipuneulus in physio- logischer Hinsicht studirte,. gelangt zu folgendem Schluss: »Doch mag dem sein wie ihm wolle, sicher ist, dass das Hirn seine relative Größe der Verbindung mit den zahlreichen sensiblen Tentakelnerven verdankt. Daraus leite ich mir die Berechtigung ab, dasselbe als sensibles Ganglion zu bezeichnen gegenüber den gemischten Ganglien des Bauchstranges.« Sipuneulus nudus. 805 Von der Kommissur entspringen zwei Nervenpaare nm und mm zu den Retraktoren. | Der Bauchnervenstrang. Der Bauchstrang erstreckt sich längs des ganzen Körpers vom Schlunde bis zum Schwanze, woselbst er eine Verdickug (gr, Fig. 1, Taf. XVII) bildet. Im vorderen Körpertheil, im Rüssel, sondert sich der Bauchstrang von der Leibeswand und verläuft zum Kopfende hin frei in .der Leibeshöhle in Begleitung zweier Muskeln (Fig. 41 dm, Taf. XX). Hier entspringen von ihm sieben bis acht Nerven zur Innervation des Rüssels; bevor sie die Muskulatur erreichen, zerfallen sie in mehrere Zweige. Hinter dem Rüssel in der Leibeshöhle liest der Bauchstrang der Muskulatur dicht an in einer von zwei Längsmuskeln gebildeten Rinne (Fig. 1). Jederseits gehen von ihm symmetrisch Seitenzweige ab; jedes Seitenästehen begiebt sich nach unten und verläuft zwischen den Ring- und Schrägmuskeln. Offenbar bilden sie keinen geschlos- senen Kreis, wie es früher beschrieben wurde, sondern verlaufen nur bis zur entgegengesetzten Seite. Das geht vor Allem klar aus den Versuchen UExkÜLL’s hervor. Derselbe reizte Sipunculus nudus längs dem ganzen Körper, neben dem Nervenstrang und tetanisirte alsdann mit dem Induktionsstrom. Dabei stellte sich heraus, dass sich nur die Hälfte des Körpers kontrahirte, genau bis zur Mittellinie; dieselbe verläuft auf der Rückenseite gegenüber dem Bauchstrang und stellt die Stelle dar, bis wohin die Seitenäste gelangen. Von außen wird der Bauchnervenstrang von einer beträchtlich dieken Hülle bedeckt, dem sog. äußeren Neurilemm; außer diesem ist noch ein zweites, inneres Neurilemm vorhanden (Fig. 47 nn, Taf. XX). Der Zwischenraum zwischen beiden Hüllen ist von be- sonderen Zellen erfüllt, welche den bei dem Kopfganglion beschrie- benen Neurogliazellen gleichen. Dort waren sie jedoch isolirt, wäh- rend sie hier ein zusammenhängendes Gewebe bilden (Fig. 46, Taf. XX). Dieses zwischen dem äußeren und dem inneren Neurilemm eingeschlos- sene Gewebe erreicht eine besondere Mächtigkeit im Schwanzende des Bauchstranges, wo dieser, wie bekannt, eine Verdiekung (gr) bildet (Fig. 1). | Nur nach Bearbeitung mit Gold und Ameisensäure lässt sich der Bau der zwischen den beiden Neurilemmhüllen eingeschlossenen Zellen erkennen. Jede Zelle erscheint lang ausgezogen, im Centrum einer 804 S. Metalnikoft, jeden liegt der Kern vom Protoplasma umgeben. Vom Protoplasma ziehen nach allen Richtungen feinste Fibrillen aus, bis zu der die Zelle allseitig umgebenden Hülle. Zum inneren Neurilemm hin nimmt die Größe der Zellen stetig ab. Damit erklärt sich möglicherweise der Umstand, dass das Kopfganglion mechanischen und elektrischen Reizen gegenüber überaus reizbar ist, während der Bauchstrang auf mechanische Reize gar nicht, und auf elektrische sehr schwach reagirt. Im Bauchstrange selber liegen Ganglienzellen und Nervenfasern; die ersteren sind stets unten, d. h. auf der Bauchseite gelagert; die Hauptmasse der Zellen besteht aus kleinen Zellen, die den beim Kopfganglion beschriebenen Zellen der ersten Art ähneln (Fig. 59, Taf. XXI). Recht häufig werden auch größere Zellen, ähnlich denen der zweiten Art, angetroffen (Fig. 54); diese sind gewöhnlich an den Rändern angeordnet. In äußerst seltenen Fällen sah ich einzelne, aus dem Bereich des inneren Neurilemms herausgetretene Ganglien- zellen. Der centrale und obere Theil des Bauchstranges wird von der Masse sich in Gold gut färbender Nervenfasern eingenommen. Es erübrigt nun noch von den Geflechten innerhalb der Haut zu berichten. Die von beiden Seiten des Bauchstranges abgehenden Seitenäste liegen unmittelbar über den Ringmuskeln, wie es deutlich auf Querschnitten durch die Haut zu sehen ist (», Figg. 3 und 6. Taf. XVII. Von ihnen ziehen feine Zweige nach unten, durchziehen die Ringmuskelschicht und treten an die Cutis heran. Hier bilden sie ein Geflecht, welches im Rüssel stärker entwickelt ist als im Körper. Fig. 40, Taf. XX stellt das Nervengeflecht im Rüssel dar. Mit » sind zwei Seitenstämme bezeichnet; von denselben gehen kleine Zweige (ns) ab, welche durch die Ringmuskeln hindurchziehen und dem Geflecht den Ursprung geben. Von letzterem gehen feine Nervenfibrillen ab (st), in der Richtung zu den Sinnesorganen und den Drüsen. Auf Fig. 43, Taf. XX ist ein Schnitt durch ein Stück des Rüssels abgebildet; von einem kleinen Nervenstamm, welcher durch die Ringmuskulatur hindurchtritt, gehen feine Äste ab, die in Verdickungen endigen (20); dieselben stellen Nervenendapparate für die Innervation der Muskeln dar. Die Längsmuskeln werden von einer Reihe feinster Nervenfibrillen innervirt, die unmittelbar vom Seitenstamm (r) abgehen (Fig. 3 in, Taf. XVII. In jedem Muskelbündel treten eine Menge dieser Fibrillen ein; sie verlaufen einander parallel zwischen den Muskelfasern. Irgend welches innere Geflecht, von welchem ANDREWS berichtet, habe ich bei Sipuneulus nudus nicht finden können. Sipuneulus nudus. 805 Die erwähnten Präparate habe ich meistentheils nach der Gold- methode von RAnVIEr erhalten; das Gocr’sche Verfahren sowie die Methylenblaumethode gaben mir ungeachtet zahlreicher Versuche keine günstigen Resultate. In dieser Hinsicht habe ich günstigere Erfolge beim Darm zu verzeichnen. Bei Injektion einer schwachen Methylenblaulösung in die Leibeshöhle eines lebenden Sipuneulus färben sich zunächst Fasern der Ring- und Längsmuskeln; es erscheint ein Netz von Fasern, die in regelmäßigen Reihen angeordnet sind (Fig. 25, Taf. XIX). Dabei ist sehr gut der Körper der Muskelzelle mit dem Kerm sichtbar. Nachher färben sich die Nerven, die ein Netz bilden. Dieses Netz hat AnprEws bei Sipuneulus Gouldii beschrieben, in Folge dessen ich weiter keine Abbildung desselben gebe. Außerdem fand ich sehr häufig in den Wandungen des Darmes noch andere, sich mit Methylenblau gut färbende Zellen. Sie unter- scheiden sich von den Muskelzellen durch ihre Varicositäten und da- durch, dass sie nicht in Längsreihen parallel den Ring- und Längs- muskelfasern angeordnet sind, sondern sich unter verschiedenen Winkeln durehkreuzen (Fig. 76, Taf. XXII. Offenbar sind es auch Nervenzellen. In einigen Fällen fand ich Doppelzellen, die, wie es schien, mit ihren Fortsätzen vollkommen mit einander verwachsen waren (Fig. 75, Taf. XXM). | Sehr häufig färben sich nach physiologischen Methylenblauinjek- tionen in den Gefäßwänden eigenthümliche, an die eben beschriebenen erinnernde Zellen. Der Zellkörper liegt gewöhnlich an der Stelle, wo das Gefäß sich an den Darm befestigt. Die Fortsätze der Zelle verlaufen in der Gefäßwand von beiden Seiten (Fig. 23, Taf. XVII). Im Hinterdarm und im Reetum färbt sich in Methylenblau eine große Menge Nervenfibrillen, welche ein noch dichteres Netz als im Mitteldarm bilden. Die Fasern zeichnen sich durch starke Krüm- mungen aus. Nicht selten fand ich eigenthümliche Nervenendigungen, wie solche auf Figg. 42 und 45, Taf. XX, abgebildet sind. Eine jede Endigung erscheint in Form einer in zwei feine Äste getheilten Fibrille, welehe _ eine Reihe kleiner Verdickungen aufweist. Exkretionsorgane. Die Exkretionsorgane von Sipunculus stellen zwei große dunkel- braune Säcke dar, die im vorderen Körpertheil etwas oberhalb der Retraktoren gelagert sind (Fig. 1 ex, Taf. XVII). Die Säcke sind - 306 $. Metalnikoff, stark ausgezogen, ihr vorderes Ende ist zugespitzt, das hintere bildet eine Verdiekung; mit dem vorderen Ende sind sie am Körper des Thieres befestigt; hier befindet sich auch eine Öffnung, durch welche das Organ mit der Außenwelt kommuniecirt. Die Größe der Exkretionsorgane hängt von der Größe des Thieres ab; bei großen Exemplaren erreichen sie eine Länge von 4-5 cm; die Größe hängt außerdem von dem Grad der Ausdehnung ab, da die Wandungen stark dehnbar sind; das ausgedehnte Organ ist um das Doppelte länger als das kontrahirte. Bei der Eröffnung des Thieres präsentirt sich das Organ gewöhnlich in kontrahirtem Zustande. In einigen Fällen, besonders nach Betäubung des Thieres, gelang es mir das Exkretionsorgan in ausgedehntem Zustande zu beobachten. In diesen Fällen ist das Organ von einer Flüssigkeit erfüllt; unter dem Mikroskop fand ich in derselben kleine braun gefärbte Kügel- chen, von denen ich weiter unten ausführlicher berichten werde. Zur Zeit der Reifung der Geschlechtsprodukte, im April und Mai, er- scheinen die Exkretionsorgane vollkommen angefüllt mit reifen Ge- schlechtsprodukten. In diesen Fällen sind diese Organe sehr in die Länge ausgezogen und von milchweißer Farbe. Bei der geringsten Ver- letzung reißen die Wände durch, und aus dem Organ fließen Spermato- zoen heraus. Behufs genaueren Studiums des Organs ist es erforderlich, dasselbe an seiner Befestigungsstelle von der Körperwand abzuschneiden, auf einem Objektträger auszubreiten und unter dem Mikroskop zu unter- suchen. Wie ich bereits erwähnt habe, bildet das vordere Ende eine kapuzenartige Verdickung, dieht hinter derselben, an der Stelle, wo das Exkretionsorgan sich an die Körperwand befestigt, findet sich ein schmaler Kanal, durch welchen das Organ mit der Außenwelt kommuniecirt. In der Wand des Exkretionsorgans lassen sich dess- gleichen leicht dieke Ring- und Längsmuskelfasern wahrnehmen, welche ein vollkommenes Netz bilden. Das Vorhandensein von Geschlechtsprodukten und Blutkörper- chen innerhalb des Organs weist darauf hin, dass das Organ mit der Leibeshöhle in Verbindung steht. Die zweite Öffnung zu finden ist jedoch sehr schwer, da die Wandungen des Organs durch braune Einschlüsse stark gefärbt erscheinen, wodurch die Beobachtung stark gehindert wird. Dadurch erklärt es sich, warum einige Beobachter, wie BRANDT und CLAPAREDE, die Anwesenheit irgend welcher Kom- munikation mit der Leibeshöhle leugneten; BRAnpT stützt sich unter Anderem auf den Umstand, dass bei Injektionen irgend einer Sipuneulus nudus. 807 Färbesubstanz in das Organ, dieselbe in demselben verbleibt und nicht ausfließt. »Die beiden auf der Bauchfläche des Thieres nach außen mündenden braunen Schläuche besitzen keine innere in die Leibeshöhle führende Öffnnng und können daher bei unserer Species keine Ableitungsorgane für die Geschlechtsprodukte sein; sie sind vielmehr als Exkretionsdrüsen zu betrachten.« Dass die injieirte Flüssigkeit nicht ausfließt, liegt jedoch, wie wir weiter unten sehen werden, nicht an der Abwesenheit einer Öffnung, sondern daran, dass dieselbe mit einer besonderen Klappe versehen ist. Andererseits halten viele Beobachter die Mrdnan ereehihe dass die Segmentalorgane mit der Leibeshöhle kommuniciren; zu diesen sehören: PETERS, SEMPRR, JOURDAIN, THEEL, SLUITER u. A. Von der Anwesenheit beider Kanäle kann man sich am leichte- sten auf Längsschnitten durch den vorderen verdickten Theil des Organs überzeugen. Ein derartiger Schnitt ist auf Fig. 37, Taf. XX, abgebildet. Beide Kanäle sind hier gut wahrnehmbar; der eine (z) stellt die Kommunikation mit der Außenwelt dar, er dient zur Ab- fuhr der Exkretionsprodukte sowie der Eier und Spermatozoen nach außen. Dieser Kanal erscheint in Gestalt eines schmalen, runden Rohres, welches die Haut des Sipuneulus in ihrer ganzen Dicke durchbohrt; er verläuft nicht senkrecht, sondern etwas schräg in der Riehtung zum vorderen Körperende. Die Wände des Kanals sind von Epithelzellen ausgekleidet, auf die eine Menge Muskelfasern folgt. Das obere, in den Hohlraum des Exkretionsorgans einmündende, Ende ist trichterförmig erweitert. Das Epithel des Kanals geht auf die Wandungen des Exkretionsorgans über, wobei die Zellen sich allmählich in die das Organ von innen auskleidenden Exkretions- zellen umwandeln. Der zweite Kanal (Ar), durch welchen das Exkretionsorgan mit der Leibeshöhle kommunieirt, ist neben dem ersteren gelagert, wie aus der Fig. 37 ersichtlich. Er ist spaltförmig und wird von der einen Seite von der Leibeswand, von der anderen von einer langen, muskulösen Platte (ro) gebildet; sein inneres Ende wird von zwei Wülsten (fr und g:) gebildet. Der ganze Kanal ist stark gebogen und bildet mehrere knieförmige Biegungen. Ungefähr in der Mitte des Kanals geht von einer Wand eine kleine schmale Platte (47) ab, welche augenscheinlich als Klappe fungirt und den Austritt des In- haltes des Organs in die Leibeshöhle verhindert. Auf diese Weise kann nichts von dem, was in das Innere des Exkretionsorgans gelangt ist, zurück in die Leibeshöhle hindurchtreten, 308 S. Metalnikoff, in Folge des Vorhandenseins der eben beschriebenen Vorrichtung, und wird vermittels des Kanals (z) nach außen geleitet. Die Wände des Kanals sind durchweg von Epithelzellen aus- gekleidet. Die Form des Kanals, seine Biegung, seine Lagerung und die Größe der Klappe ist überaus verschieden bei verschiedenen Thieren; bei den einen ist die Klappe in der Mitte, bei den anderen näher zum inneren Ende gelagert; bei einigen Exemplaren macht der Kanal zwei Biegungen, bei anderen drei und vier. Am auffallendsten ist es jedoch, dass bei einigen Exemplaren es mir durchaus nicht gelang den Kanal zu finden; dieses war vorwiegend bei recht kleinen und jungen Exemplaren der Fall. In Folge dessen ist es möglich, dass der Kanal sich nur zur Zeit der Reifung der Geschlechtsprodukte bildet und nur als Ausführungskanal für die Geschlechtsprodukte dient. | Auf Fig. 38, Taf. XX, ist ein Querschnitt durch die Wand des Exkretionsorgans abgebildet. Von außen ist das Organ von einem flachen Epithel mit Flimmerzellen ausgekleidet, auf welches Ring- muskeln (cm) folgen. Dieselben bilden keine zusammenhängende Muskelschicht, sondern verbinden sich zu einzelnen Bündeln, die in Abständen von einander angeordnet sind. Die Längsmuskeln bilden dessgleichen einzelne Bündel (pm) und liegen unter den Ringmuskeln, wobei sie weit ins Innere des Organs hineinragen. Es resultirt auf diese Weise ein Netz von Muskelbündeln. Die Innenseite des Exkretionsorgans ist von besonderen Exkretions- zellen ausgekleidet, die ihrem Aussehen nach an die chlorogenen Zellen der Würmer erinnern. Jede Zelle hat eine unregelmäßige Gestalt; ihr inneres, zum Hohlraum des Organs gerichtetes Ende ist sackförmig abgerundet. Das Plasma der Zelle ist von einer großen Menge gelbbrauner Körner erfüllt; der kleine Kern liegt an der Basis der Zelle. An den Stellen, an welchen die Längs- und Ringmuskeln angeordnet sind, liegen die Exkretionszellen unmittelbar den Muskeln an, wie es deut- lich aus der Fig. 38 hervorgeht. In den Zwischenräumen zwischen den Muskelbündeln liegen die Exkretionszellen dagegen einem flachen Epithel auf; von der Leibeshöhle sind sie in diesen Stellen nur durch die dünne Schicht der flachen Zellen getrennt und können leicht die Ausscheidungsprodukte aus dem Blut aufsaugen. Wird von dem frischen Exkretionsorgan ein kleines Stück auf einen Öbjektträger gebracht und das Deckglas leicht aufgedrückt, so Sipuneulus nudus. 809 lässt sich leicht feststellen, dass die sackförmig abgerundeten Theile der Zellen sich vom Zellkörper ablösen und frei herumschwimmen in Gestalt kleiner Kugeln. Sie bewegen sich langsam fort und drehen sich mit Hilfe von Wimpern. Dergleichen Kügelchen habe ich in der das Exkretionsorgan ausfüllenden Flüssigkeit sowie auf Schnitten beobachtet (e Fig. 38). Es ist möglich, dass auf diese Weise der Absonderungsprocess vor sich geht. Die soeben beschriebenen Exkretionszellen ähneln den chlorogenen Zellen der Würmer nicht nur in der äußeren Form, sondern auch in ihren physiologischen Eigenschaften. Wie bekannt, nehmen die chlorogenen Zellen vieler Würmer nach physiologischen Injektionen von Indigokarmin diese Substanz auf, wie es vielmals von vielen Beobachtern nachgewiesen worden ist. Dasselbe lässt sich auch bei Sipunculus nudus beobachten. Nach einer Injektion von Indigokarmin in die Leibeshöhle wird die ge- sammte Farbe rasch von den Exkretionsorganen absorbirt. Bereits einige Stunden nach der Injektion erscheinen die Exkretionszellen vollkommen von Indigokarmin erfüllt. Daraus geht hervor, dass die Exkretionsorgane von Sipunculus mit ihren den chlorogenen Zellen ähnelnden Elementen wenig Gemeinsames mit den Segmentalorganen der Würmer haben. Es erübrigt uns nun noch die Frage zu lösen, welche Bedeutung der, das Exkretionsorgan mit der Leibeshöhle verbindende Kanal hat. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass ihm irgend welche Bedeutung bei Absonderungsprocessen unnöthiger Substanzen aus dem Organis- mus zugesprochen werden kann. In diesem Falle würden mitsammt den unnützen Produkten auch die nützlichen Formelemente des Blutes abgeführt werden. Es müsste denn die unmögliche Voraussetzung ge- macht werden, dass der Kanal selber fähig sei, die Absonderungsprodukte zu scheiden. Dagegen spricht auch folgende Beobachtung: wird ein Gemisch von Indigokarmin mit anderen Farben, z. B. mit Ammoniak- karmin oder Tusche injieirt, so gelangt in den Hohlraum des Exkretions- organs nur Indigokarmin, welches nicht durch die Öffnung: hinein- gelangt, sondern durch die Thätigkeit der Exkretionszellen. Würde das Indigokarmin durch den Kanal hindurchtreten, so müssten mit ihm auch die anderen Farbstoffe hineingelangen. Wenn in Folge dessen der Innenkanal keine Beziehungen zu den Absonderungsprocessen hat, so dient er unzweifelhaft als Ab- führunssgang für die Geschlechtsprodukte. Nur durch ihn können die Geschlechtsprodukte aus der Leibeshöhle in das Exkretionsorgan > 310 S. Metalnikoff, gelangen, woselbst sie zur Reifezeit in ungeheueren Mengen angetroffen werden. Wie ist jedoch die eigenthümliche Thatsache zu erklären, dass nur zur Reifezeit die Geschlechtsprodukte in das Exkretionsorgan hineingelangen, während zu anderer Zeit, wenn sie in geringer Zahl vorhanden sind und leichter durch den inneren Kanal hindurchtreten könnten, dieselben in jenem durchaus nicht beobachtet werden? Auf diese Frage lässt sich meiner Meinung nach die Antwort mur fol- sendermaßen geben: Bis zur Geschlechtsreife funktionirt der Innen- kanal des Exkretionsorgans gar nicht, er bildet sich allmählich. Nur zur Zeit der Geschlechtsreife erreicht er seine vollkommene Entwick- lung und beginnt zu funktioniren; aus diesem Grunde finden wir nur zu dieser Zeit das Exkretionsorgan angefüllt mit Geschlechtsprodukten. Blut. Vor einem Jahr veröffentlichte ich eine kleine Abhandlung über den Bau der Blutelemente von Sipuneulus nudus; die Abhandlung war jedoch ohne Abbildungen und zudem sehr kurz, so dass Manches unklar und unverständlich bleiben konnte. In demselben Jahre erschien eine kurze Bemerkung von KUNSTLER und GRUVEL in den Comptes rendus und darauf in dem neuen Buch von DELAGE (Mesozoaires- Spongiaires T. IH, 1*® Partie) ein ausführlicher Bericht nebst Ab- bildungen von den Beobachtungen KuNsTLEr’s und GruvEr’s. Beide Autoren kommen zu Schlüssen, die den meinigen vollkommen wider- sprechen. Um so mehr ist es erforderlich, einige Nachträge und Erklärungen zu geben. | Das Blut von Sipunculus nudus ist ungemein reich an allerhand Formelementen. Neben weißen Blutkörperchen finden sich rothe Körperchen, welche, wie bei den Wirbelthieren, Beziehungen zur Athmung haben. Ihre Gestalt ist, bei der Ansicht von der Fläche, ge- wöhnlich vollkommen rund, auf Durchschnitten biskuitförmig (Fig. 64, Taf. XXI). In äußerst seltenen Fällen gelang es mir jedoch wahr- zunehmen, dass die in der Regel runden Körperchen die allerver- schiedensten Formen annahmen (Fig 64d, d,). Sie bestehen aus vollkommen durchsichtigem, von einer Hülle umgebenen, Protoplasma, mit einem Kern in der Mitte. Im Protoplasma lassen sich einige Vacuolen von verschiedener Größe beobachten; bisweilen fand ich statt der Vacuolen kleine rhombische Krystalle (Fig. 64 e,),. Nach Injektionen von Methylenblau oder Neutralroth in die Leibeshöhle eines lebenden Sipunculus vergrößerten sich die Vacuolen und füllten Sipuneulus nudus. 314 sich mit Farbe an, während der Kern vollkommen ungefärbt blieb. Die Größe der rothen Blutkörperchen ist dessgleichen sehr veränder- lich. Neben gewöhnlichen auf Fig. 64 e, c,, abgebildeten Körperchen werden nicht selten um das Mehrfache größere angetroffen (Fig. 64 a, @,, @,). Der Kern dieser großen Blutkörperchen ist gewöhnlich stark verändert; er erscheint auf mehreren Stellen eingeschnürt (Fig. 64 2). Die eingeschnürten Stellen verdünnen sich und der Kern theilt sich in mehrere Stücke, welche neuen jungen Zellen den Ursprung geben. Den interessantesten Theil des Blutes stellen die sog. Töpfchen dar, die seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gelenkt haben. Bis in die allerletzte Zeit hinein werden die widersprechendsten Schlüsse und Ansichten über den Bau und die Bedeutung derselben ausgesagt. Sie sind 1851 von Kromnw entdeckt worden, der sie für parasitirende Infusorien hielt. KEFERSTEIN und EHLERS äußerten als- dann die Ansicht, dass die Töpfehen nicht Parasiten, sondern Ele- mente des Organismus seien. Ihre Ansicht wurde von BRANDT, RAY- LANKESTER und UUENOT angenommen. Gleichzeitig fuhren andere Autoren, wie VoGr und Yung, FABRE-DOMERGUE, WAGNER, fort zu behaupten, dass die Töpfchen parasitirende Infusorien seien. FABRE- DoMERGTE zählte sie den echten Peritrichen zu und nannte sie Pompko- lyxia Sipuneuli. So stand die Frage über die Töpfchen, als ich meine Untersuchungen begann. Ich wandte meine Aufmerksamkeit zunächst dem Bau zu. Gleich zu Anfang gelang es mir, mich davon zu überzeugen, dass ein Töpfehen aus zwei Zellen zusammengesetzt ist, in Folge dessen kein Infusorium sein kann. . Der äußeren Gestalt nach er- innert es in der That an ein Töpfchen (Fig. 72, Taf. XXIII. Der Körper desselben ist vollkommen durchsichtig und vermittels keines Fixirungsmittels und keiner Farbe gelang es mir innerhalb desselben eine Struktur zu eruiren. Die Öffnung des Töpfchen wird von einer Scheibe verdeckt, die sich mit Anilinfarben färbt. Am Rande der Scheibe liegen mehrere Reihen Wimpern, mit Hilfe derer sich das Töpfehen schnell bewegt. Der centrale Theil der Scheibe ist nach innen eingedrückt; an dieser Stelle liegt gewöhnlich ein. ziemlich sroßer Kern mit gut färbbaren Chromatinkörnern. Dieser Kern ist sehr schwer wahrzunehmen, da die Wimpern und die ganze Scheibe sich stark kontrahiren und etwas färben. Am besten lässt sich die Struktur und die Lagerung dieses Kernes folgendermaßen stu- diren. Auf ein Objektglas wird ein Tropfen frischen Blutes von Sipuneulus gebracht und demselben eine geringe Menge Methylgrün- lösung mit 1%/,iger Essigsäure zugefügt. Mit dieser Flüssigkeit wird 312 S. Metalnikoff, nicht nur eine gute Färbung, sondern auch eine leichte Fixirung er- zielt, was die Möglichkeit giebt, den Bau dieser zarten Organismen in allen Einzelheiten zu studiren. Der zweite Kern ist seitwärts gelagert und von vielen Beobachtern beschrieben worden (Fig. 72, Taf. XXI). Er ist kleiner als der erstere und färbt sich intensiver mit Kermfärbemitteln. Unterhalb der Scheibe von dem centralen, eingebogenen Theil derselben geht eine mehr.oder weniger große Menge protoplasmatischer Masse ab; dieselbe stellt offenbar den aktiven Theil des Organismus dar. Von diesem Protoplasma ziehen feinste, kaum wahrnehmbare protoplasmatische Fortsätze, an welchen verschiedene Nahrungstheil- chen, welche das Töpfehen in der Leibeshöhle findet, haften bleiben. Nach einer Injektion von Karmin oder Tusche oder einfacher noch nach Hinzufügung einer geringen Menge dieser Farbstoffe zu einem Tropfen frischen Blutes, bleiben die Farbstoffkörnchen äußerst bald an den Protoplasmafortsätzen des Töpfchens haften, wie es auf der Fig. 72 abgebildet ist. Es bildet sich auf diese Weise hinter dem Töpfehen ein vollkommener Schweif von Farbstoffkörnchen, der bis- weilen zweimal länger ist als das Töpfehen selber. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass diese Fangfähiskeit der Töpfchen sich stark verstärkt unter dem Einfluss von Injektionen verschiedener Fremd- körper. Bei Injektionen von gepulvertem Eiweiß oder von Bakterien, wurden dieselben eben so von dem Töpfchen aufgefressen und auf- selöst. Selbst bei normalen Verhältnissen, wenn keine Fremdkörper in die Leibeshöhle eingeführt sind, lässt sich fast stets wahrnehmen, dass eine größere oder geringere Anzahl Blutkörperchen, rother und weißer, des Sipunculus selber von den Töpfehen aufgefangen und verzehrt werden. Bei der Beobachtung eines lebenden Töpfehens unter dem Mikroskop im Verlauf einer halben bis ganzen Stunde kann man wahrnehmen, wie das Blutkörperchen aufgefangen und allmählich verdaut wird. Es nährt sich also offenbar das Töpf- chen von den Blutkörperchen des Sipunculus selber. Diese That- sache spricht, wie es scheint, am meisten zu Gunsten der Ansicht, dass wir es hier mit Parasiten zu thun haben. Ich habe das Blut von einigen anderen Gephyreenarten unter- sucht, welche in der Bucht von Neapel anzutreffen sind, so bei em culus tesselatus und Phymosoma granulatum. Sipuneulus tesselatus besitzt dieselben Töpfehen wie Sipuneulus nudus; der ganze Unterschied besteht darin, dass bei dem Töpfchen des ersteren der zweite kleine Kern nicht seitwärts, sondern oben gelagert ist. Sipunculus nudus. SR) Phymosoma granulatum besitzt im Blut entsprechende Gebilde. Ihrer äußeren Form und ihrem Bau nach ähneln sie kaum den Töpfehen, uichtsdestoweniger unterliegt ‘es keinem Zweifel, dass es vollkommen analoge Gebilde sind. Dieselben stellen kleine, mit Wimpern versehene, Organismen dar, die sich sehr schnell im Blut bewegen. Von der Fläche betrachtet erscheint das Gebilde in Form eines unregelmäßigen Kreises (Fig. 68 a, Taf. XXID). Das Centrum nimmt eine, mit Wimpern versehene, Centralzelle ein, die der Scheibe des Töpfehens entspricht. Diese Zelle ist mit einem großen Kern ver- sehen und besitzt in der Mitte eine Vertiefung; aus dieser treten Protoplasmafortsätze aus, an denen Karminkörnchen und Blutkörper haften bleiben, genau so, wie an den Töpfehen. Um die Ceniral- zelle liegen kreisförmig kleine Zellen herum, mit körmigem Proto- plasma und gut färbbaren Kernen, welche um das Zweifache kleiner sind, als der Kern der großen Zelle. Die Zahl dieser Zellen ist verschieden: bei einigen beträgt sie vier, bei anderen fünf, sechs sieben und mehr. In der Seitenansicht haben diese Organismen die Form einer kegelförmigen Mütze (Fig. 68 a). Es stellen also die Töpfehen und die entsprechenden Elemente von Phymosoma vielzellige Gebilde dar, die nichts mit Infusorien semein haben. Es erübrigt nun, die wichtige Frage zu lösen, ob diese Gebilde Parasiten oder Blutelemente darstellen. Zu dem Zweck ist es er- forderlich, ihre Entwicklungsgeschichte zu kennen. Vor langer Zeit bereits haben RAy-LANKESTER und UUENOT diese Töpfehen an der Außenseite der Gefäßwandungen angeheftet ge- sehen und die Ansicht ausgesprochen, dass dieselben sich hier bildeten. Auch ich richtete meine Aufmerksamkeit zunächst auf diese Stelle. Ich fand in der That eine große Anzahl an der Wand der Gefäße sitzender Töpfehen, jedoch nicht von außen, sondern von innen; davon kann man sich leicht sowohl auf Schnitten durch das Gefäß als auch durch die direkte Beobachtung überzeugen. Da die Gefäh- wandungen vollkommen durchsichtig sind, so sind die Töpfchen be- reits auf den frischen Präparaten gut sichtbar. Wird die Gefäßwand in kleine Stücke zerrissen, so dass die Innenseite hervortritt, so sind die Töpfechen gut wahrnehmbar; dieselben sind hier an die Wand vermittels kleiner Füße angeheftet, wobei jedoch sämmtliche der Gefäßwand ansitzende Töpfchen ungleich entwickelt sind. Auf Fig. 65 sind verschiedene Stadien der Entwicklung der Töpfehen abgebildet. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIL Bad. 21 > 814 S. Metalnikoff, Zunächst erscheint ein kleiner aus zwei Zellen bestehender Auswuchs, wobei jedoch bloß die eine Zelle den Auswuchs bildet, während die andere eine seitwärts angelagerte Flimmerzelle ist. Im folgenden Stadium nimmt der Auswuchs die Form einer Schale an, die Flimmer- zelle umwächst ihren Rand und bildet die Scheibe der ausgebildeten Töpfehen. Darauf vergrößert sich die Schale, ihr Fuß verdünnt sich und das ganze Organ nimmt die Form eines Töpfchens an. Auf Fig. 67 habe ich mehrere an der Gefäßwand angeheftete Töpfchen in den allerjüngsten Entwicklungsstadien abgebildet; es ist hier gut sichtbar, wie die seitliche Flimmerzelle den Rand des runden Aus- wuchses umwächst. Sehr häufig kann man beobachten, dass auf dem Fuß an der Basis des Töpfehens sich eine Knospe bildet, aus welcher ein neues Töpfchen hervorgeht. Auf diese Weise bilden sich auf einem Fuß nicht selten mehrere Töpfehen, die sich auf ver- ‚schiedenen Entwicklungsstadien befinden (Figg. 66 und 69, Taf. XXIJ). Diese angehefteten Töpfehen sind durchaus gleich den frei in der Leibeshöhle schwimmenden, sowohl der Struktur nach als auch desswegen, dass sie Blutkörperchen und verschiedene Farbstoffe auf- zehren. Injieirt man in das Gefäß eines präparirten lebenden Sipun- culus eine kleine Menge Karmin, so wird dasselbe rasch von den angehefteten Töpfehen verzehrt, die dadurch selbst unter der Lupe gut sichtbar werden. Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, dass die Töpfehen sich aus Gefäßzellen und nicht aus irgend welchen fremden Keimen bil- den. Da ich die Töpfehen Anfangs für Parasiten hielt, so bemühte ich mich vergebens, irgend welche Sporen aufzufinden, welche zwi- schen den Zellen der Gefäße eindringen könnten. Besonders klar ist die Herkunft der Töpfehen aus Gefäßzellen auf Querschnitten durch ein Gefäß (Taf. XXI, Fig. 60); hier ist es klar ersichtlich, dass die Füße der Töpfehen eine direkte Fortsetzung der Gefäß- zellen darstellen. Auf Grund der Entwicklung des Töpfehens lässt sich der Schluss ziehen, dass dieselben nicht fremde Organismen im Körper des Sipun- culus sind, keine Parasiten, sondern echte Formelemente des Blutes. Von der Bedeutung derselben für Sipunculus, sowie von ihren Funk- tionen, habe ich bereits in meiner ersten Abhandlung berichtet. Wenn nun das Töpfehen kein Parasit, sondern ein Formelement ist, wie lässt sich denn die Thatsache erklären, dass er die Blut- körper von Sipuneulus verzehrt? In letzter Zeit verbreitet sich immer mehr die Ansicht, dass der Organismus ein großer und sehr kompli- Sipuneulus nudus. old eirter Zellstaat sei. Wie nun im Menschenstaat ein Stand sehr häufig auf Kosten Anderer lebt, so wie in der menschlichen Gesellschaft sehr häufig ein erbitterter Kampf ums Dasein geführt wird, wobei der Stärkere den Schwächeren zu vernichten sucht, so wird es auch im Zellenstaat beobachtet. Dieses ist vor Allem klar geworden nach den bemerkenswerthen Entdeckungen von METSCHNIKOFF und seinen Schülern, die uns die Rolle der Phagocyten bei Altersatrophien, bei Degenerationen und anderen im Organismus verlaufenden Pro- cessen gezeigt haben. Es erübrigt nun noch die Gründe zu analysiren, auf welche sich KunsTLEer und GRUVEL stützten bei der Behauptung, die Töpfchen seien Parasiten. Sie behaupten, dass die Töpfchen- sich nicht bei allen Exemplaren von Sipunculus nudus vorfinden, in Folge dessen sie nicht für Blutelemente gehalten werden können; dasselbe führen Vogr und Yun an: »Les urnes se trouvant en nombre tres variable chez les differents individus (nous en avons m&me trouve deux sur plus d’une centaine, ou elles faisaient entierement defaut) nous pensons que ce sont en effet des infusoires parasites, qui se logent et se developpent dans la cavite generale.« Ich habe mehr als dreihundert Exemplare untersucht, bei zwei oder drei fand ich Anfangs keine Töpfchen; als ich jedoch genauer untersuchte und das Blut aus verschiedenen Theilen des Körpers ent- nahm, fand ich mehrere abgestorbene, sich nicht bewegende Töpfchen und einzelne zerstörte Theile. Offenbar sind die Töpfehen vorhanden gewesen, doch in Folge irgend welcher Krankheitsprocesse ver- nichtet worden. Die Thatsache des Nichtauffindens der Töpfehen bei einem oder zwei Exemplaren auf Hunderte, bei denen dieselben be- obachtet werden, kann nicht als Beweis für ihre parasitäre Natur gelten. Dessgleichen kann auch der Umstand nicht gelten, dass ihre Zahl nicht stets die nämliche ist. Wir wissen, dass die Zahl der weißen Blutkörper sich unter dem Einfluss verschiedener Bedingungen ändern kann und sie werden doch nicht für Parasiten gehalten. Als weiteren Beweis für die parasitische Natur der Töpfchen führen KunsTLEer und GRUVEL an, dass bei der Auferziehung der- selben im Uhrglas sie sich rascher entwickeln als im Körper. An und für sich kann diese Beobachtung nicht als Beweis für die para- sitische Natur der Töpfchen gelten. Würden die Töpfehen von Sipunculus nudus in der That Parasiten sein, so müssten sie sich in natürlichen Verhältnissen, d. h. im Körper rascher entwickeln als außerhalb desselben. Ich selbst habe dessgleichen versucht, die 21* 216 S. Metalnikofi. Töpfehen im Uhrglas aufzuzichen, hatte jedoch stets Misserfolge zu verzeichnen. Die Töpfehen lebten in der That recht lange (2 bis 3 Tage), doch konnte ich keine Vermehrung konstatiren. Im Gegen- theil, die Töpfehen erschienen sehr bald geschwächt und starben ab. Dessgleichen kann ich mich mit KUNSTLER und GRUVEL nicht einverstanden erklären hinsichtlich der Fortpflanzungsverfahren der ‘ Töpfehen. Die genannten Autoren berichten, dass unter der Scheibe besondere Geschlechtszellen auftreten, aus denen neue junge Töpfchen hervorgehen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass unter der Scheibe sich stets eine große Zahl vielerlei Zellen vorfindet, welche von dem Töpfehen aufgefangen und verzehrt werden. Hier sind Leukoeyten und rothe Blutkörperchen und sogar reife und unreife Spermatozoen anzutreffen. Wie ist es nun möglich, die Geschlechts- zellen des Töpfchens von dieser Menge der allerverschiedensten Zellen zu unterscheiden, welche dem Töpfchen anhaften und einen kom- pakten Klumpen bilden ? Nicht alle Sipuneuliden haben, wie bekannt, diese Töpfehen im Blute, oder diesen entsprechende freischwimmende Gebilde; es besitzt Sipuneulus Gouldii, der von ANDREWS beschrieben worden ist, durch- aus keine Töpfehen. AnpREws beschreibt jedoch besondere Flimmer- sebilde in dem aufsteigenden Darmtheil von Sipunculus Gouldii; die- selben fehlen vollkommen dem Sipunculus nudus und entsprechen offenbar den Töpfehen: ANDREWS nennt diese Gebilde »pseudostoma«: »The pseudostoma form conspieuous objects over the outer surface of the ascending intestine appearing when alive as minute ciliated funnels imbedded amongst the chloragogen cells and suggesting opening into the digestive tract from the body cavity.« Weiterhin schreibt er: »>each pseudostoma is merely a depression of the peritoneum, forming a blind funnel, partly filled by chloragogen cells and guarded along its protuberant lip by a peculiar ciliated cell«. Am bemerkenswerthesten ist jedoch der Umstand, dass diese Pseudostoma nach Karmininjektionen in die Leibeshöhle dasselbe genau eben so aufzehren, wie die Töpfehen (p. 408). Auf diese Analogie der Töpfehen mit den peritonealen Flimmer- zellen weist auch SELENKA in seiner Monographie hin: »Die bei manchen Arten in dem Coelom schwimmenden -einzelligen Töpfehen sind wimpernde Peritonealzellen, welche bei Aspidosiphon Mülleri vereinzelt dem Darm aufsitzen (SELENKA), bei Aspidosiphon Steen- strupii am Enddarm vorkommen (StuITER) und von ihrer Ursprungs- stelle gelegentlich abreißen. « Sipuneulus nudus. 817 CVENOT drückt sich in Betreff derselben Frage folgendermaßen aus: »Mais, objeetera-t-on, il y a des Phascolosomes (Phascolosoma elongatum et vulgare) qui sont totalement depourvus de ces organites. C’est tres vrai, mais j’y trouve une confirmation remarquable de la fonetion; en effet, chez ces especes, les ceils vibratils, formant de petits groupes isoles, sont incomparablement plus nombreux que chez les Phascolosoma varians et granulatum« (p. 603). Diese Beziehungen im Vorhandensein der Töpfchen in der Leibes- höhle und der Anzahl verschiedener Flimmergebilde im Peritoneum, wie sie von vielen Beobachtern bezeugt worden sind, bekräftigen die Ansicht, dass die Töpfehen keine Parasiten, sondern Elemente des Organismus sind. Neben den gewöhnlichen, oben beschriebenen Töpfehen fin let man sehr häufig im Blut von Sipuneulus nudus Gebilde, wie sie auf Fig. 70 abgebildet sind. Sie ähneln sehr den Töpfehen, sind jedoch zwei bis dreimal größer als dieselben. Der obere Theil ist etwas abgeflacht und hat die Form einer Mütze. An den Rändern sind Flimmer angeordnet, welche das gesammte Organ in langsame Be- wegung versetzen. Im Centrum lässt sich deutlich ein großer Kern wahrnehmen. In anderen Fällen fand ich ähnliche, jedoch etwas veränderte Gebilde (Fig. 71, Der Rand, dem die Flimmer aufsitzen, ist stark verdickt. Unten findet sich eine Menge von Zellen. Bei Injektionen von Karmin oder Tusche werden die Farbstoffe rasch von diesen Gebilden aufgezehrt. Ob sie nun weitere Entwicklungsstadien der Töpfchen darstellen oder selbständige Gebilde, konnte ich nicht feststellen. Ihre Zahl ist im Vergleich zur Zahl der Töpfchen sehr gering; in einem Tropfen Blut fand ich ihrer eins oder zwei; in einigen Fällen fehlten sie vollkommen. Außer den Töpfehen fand ich im Blute von Sipunculus nudus große Scheiben, welche von den französischen Autoren »vesicules enismatiques« genannt werden (Figg. 62 und 63). Jede Scheibe be- steht aus einer mehr oder weniger großen Anzahl einzelner Zellen, deren Grenzen besonders nach Behandlung mit Osmiumsäure gut sichtbar sind. Jede Zelle hat im Centrum einen in einer Vertiefung selesenen Kern. In einigen Fällen fand ich in der Vertiefung keinen Kern, als wäre er im Stande auszufallen (Fig. 63 Ap). Neben großen, aus zwanzig bis dreißig Zellen bestehenden Scheiben, fand ich Scheiben, die aus vier, zwei und einer Zelle be- standen (Fig. 62). Aus letzteren entwickeln sich offenbar durch Theilung die großen vielzelligen Scheiben. 818 S. Metalnikoff, In sehr seltenen Fällen beobachtete ich im Blute von Sipuneulus nudus kleine Infusorien (Fig. 61, Taf. XXI). Sie haben eine ovale Form, ihr Körper ist mit Wimperreihen besetzt; in der Mitte des Körpers liegt die Mundöffnung, unter derselben eine große pulsirende Vacuole. Im Centrum liegt der Makronucleus und der Mikronucleus. Geschlechtsdrüse. Die Geschlechtsprodukte entwickeln sich in einer kleinen, kaum wahrnehmbaren Drüse, welche an der Basis der Bauchretraktoren gelegen ist (Fig. 1 og). Diese Drüschen bilden einen kleinen Höcker, längs der Basis der genannten Muskeln; ihren Bau kann man nur auf Schnitten kennen lernen. Bei großen Exemplaren hat die Drüse die Form eines Bäumchens, welches mit der Basis den Muskeln an- sitzt (Fig. (4, Taf. XXI). In der Drüse lassen sich leicht drei Typen verschiedener Zellen unterscheiden: an der Basis liegt eine Gruppe kleiner, runder Zellen, die sich durch ihre starke Färbung auszeichnen. Darauf folgt eine Gruppe von Zellen mit großen unregelmäßigen Kernen. Das Chromatin ist hauptsächlich am Rande des Kernes ge- jagert. Auf dem Gipfel des Bäumchens liegt die dritte Zellgruppe, die sich durch ihre regelmäßige runde Form unterscheidet. Derartige Zellen werden freischwimmend im Blute angetroffen. Aus ihnen ent- wickeln sich Spermatozoen und Eier, welche, wie bekannt, im Blute ausreifen. Bei jüngeren Sipunculi sind die Drüschen viel kleiner, ihrem Bau nach unterscheiden sie sich dessgleichen von den ersteren (Fig. 73, Taf. XXI). Statt dreier Zellgruppen sind hier nur zwei nachweisbar. Am meisten entwickelt ist die erste Zellgruppe, die aus runden Zellen besteht. Auf sie folgt die zweite Zellgruppe, welche nur aus einigen Zellen besteht. Zum Schlusse möchte ich meinen tiefgefühlten Dank meinem Lehrer, Herrn Prof. ALEXANDER KOWALEWSKY ausdrücken, für seine beständige rege Theilnahme und die Aufmerksamkeit, welche er meiner Arbeit stets entgegenbrachte, sowie für die zahlreichen er- theilten Rathschläge. Diese Untersuchung wurde an der Zool. Station von Prof. A. DOHRN ausgeführt, und ich halte es für eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. DoHrw meinen innigsten Dank auszusprechen. Herrn Prof. H. Eısıs und auch Herın Dr. Losranco bin ich herzlich verbunden. St. Petersburg, im März 1900. Sipuneulus nudus. 3:9 Litteraturverzeichnis, ANDREAE, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipuneulus nudus. Diese Zeitschr. Bd. XXXV]I. 1882. E. Anprews, Note of the Anatomy of Sipunceulus Gouldii. Studies Biol. Lab. Johns Hopkins Univ. Vol. IV. Nr. 7. p. 389. APATHY, Das leitende Element des Nervensystems und seine topographischen Beziehungen zu den Zellen. 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SLUITER, Über die Segmentalorgane und Geschlechtsdrüsen einiger Sipun- euliden. Zool. Anz. IV. 1881. 320 ae Metalnikofi. 27: WARD, On some Points in the Anatomy and Histology of Sipuneulus nudus. Bull. of the Mus. of Comp. Zool. at Harv. College. Vol. XXT. 28. VICTOR WILLEM et A. Mınxe, Recherches sur la digestion et l’absorption intestinale. Livre Jubilaire dedie ä CHARLES VAN BAMBERE. 1899. 29. UEXKÜLL, Zur Muskel- und Nervenphysiologie von Sipunculus nudus. Zeit- schrift f. Biol. Bd. XV. 30. 8. METALNIKOFF, Das Blut und die Exkretionsorgane von Sipunculus nudus. Mitth. aus der Zool. Stat. zu Neapel. Bd. XIII. Erklärung der Abbildungen, Allgemein gültige Figurenbezeichnungen: ag, Analdrüsen; al, Zellen, die Ammoniakkarmin auf- nehmen; ba, Vorwölbungen des Darmes auf der Grenze zwischen Hinterdarm und Rectum; bi, Bindegewebe; bm, Muskeln; bn, Bauchnervenstrang; bz, Wanderzellen; c, Auswüchse des Hinterdarmes; cag, Ausführungsgang der Analdrüse; ch, Zellen des Exkretionsorgans; cm, Ringmuskeln; cn, Nerven des Rüssels; co, Muskelring; cu, Cutieula; de Damm; di, fingerförmige Auswüchse des Ge- hirns: div, Blindfortsatz; dı, Ausführungsgang einer Drüse; - en, äußeres Neurilemm ; ep, Epidermiszellen; ex, Exkretionsorgan ; f, Drüsengruppe, welche in den Haut- kanal hineinragt; 9, Ganglienzellen; ge, Rinne im Darm; gl, Drüsen; gr, Verdickung des Bauchnervenstran- ges, gz, Drüsenzelle; h, Hohlraum des Sinnesorgans in den Tentakeln; k, Kern; 7:a, Kanal des Sinnesorgans; 71, Klappe des inneren Kanals; 7%o, Neurofibrillenkegel; ir, der innere Kanal des Exkretions- organs, welches dasselbe mit der Leibeshöhle verbindet; le, Leukoecyt; !y, Drüse; »n, Mundöffnung; mak, Makronucleus; mgl, vielzellige Drüse; mk, Mikronucleus; mm, zweites Nervenpaar, welches die Retraktoren innervirt; mo, Kopfganglion; mr, Retraktor; n, Nervenstrang; nf, Neurofibrille; nm, erstes Nervenpaar, welches die Re- traktoren innervirt; nn. inneres Neurilemm; no, Nervenendigung in den Muskeln; ns, Nervenfaser; og, Geschlechtsdrüse; om, Schrägmuskeln; os, Sinnesorgan; p, Darmepithel; plz, lache Epithelzellen; pm, Längsmuskeln; po, Sinus in den Tentakeln; pr, Faserscheidewand in der Drüse; pre, Ausführungsgang des Blindfort- satzes; pca, pulsirende Vacuole; Sipunenlus nudus. 321 pz, gelbe vielkernige Zelle; t, Tentakel; rz, runde Flimmerzelle; igl, Drüsenzelle aus den Teentakeln; rze, Radiärzellen; in, Nervenfaser; .sd, Nerven, welche den Darm inner- to, Töpfchen; viren; st, Sinus; v, Hautkanäle; va, Vacuolen; sp, Muskel der Spirale; wz, spindelförmige Zellen; sr, Gefäße; =, Ausführungsgang des Exkretions- st, Nervenfaser; organs; ste, Gefäßwand; ze, Zellen des Blindfortsatzes; su, Zähnchen des Riüssels; z/, Zwischenzellen. Fig. Fig. Fig. 16. Fig. 17. Analdrüsen. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. 23. Gefäß und Nervenzellen, die sich in Methylenblau färben. Fig. 2 Fig. 24. 25. Muskelfasern des Darmes in Methylenblau gefärbt. Fig. 26. Fig. : fortsatzes. Fig. 27. Tafel XVII. Sipuneulus nudus. Der Darm von Sipunculus nudus. Querschnitt durch die Körperwand von Sipunenlus nudus. Sinnesorgan und Drüse aus dem Schwanze. Zweizellige Drüse. Quersehnitt durch die Körperwand des hinteren Körperendes. 7 u. 8. Drüse aus dem hinteren Körperende. Längsschnitt durch den Rüssel. . Das Epithel der Tentakel. . Vielzellige Drüse. . Junge Drüse. 3. Querschnitt durch eine vielzellige Drüse. . Sinnesorgan aus den Tentakeln. . Wanderzelle aus den Darmwandungen. Tafel X VIII. Querschnitt durch den Schlund und die Gefäße. Querschnitt durch den Hinterdarm an der Einmündungsstelle der Querschnitt durch die Körperwand. Darmepithel und Drüsenzellen. Querschnitt durch den Blindfortsatz. Sinnesorgan. Zellen des Blindfortsatzes. Tafel XIX. Querschnitt durch den Mitteldarm. Querschnitt durch den Darm an der Einmündungsstelle des Blind- Epithelzellen und runde Flimmerzellen aus der Gefäßwand nach Silberbehandlung. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. Fig. 31. Längsschnitt durch den Darm. Stück einer Analdrüse. Endabschnitt des Ausführungskanals der Analdrüse. Drüse aus der Gefäßwand. > 339 S. Metalnikoff, Sipuneulus nudus. Fig. 32. Querschnitt des Epithels der Tentakel. Fig. 33. Epithel der Tentakel. Fig. 34. Epithel aus dem Kanal des Sinnesorgans. | Fig. 55. Querschnitt durch den degenerirenden Blindfortsatz. Fig. 56. Sinnesorgane und Drüsen des Schwanzes nach der Goldmethode von RANVIER. Tafel XX. Fig. 57. Querschnitt durch das Exkretionsorgan. Fig. 38. Querschnitt durch die Wand des Exkretionsorgans. Fig. 39. Längsschnitt durch das Rectum. Fig. 40. Nervengeflecht im Rüssel. Fig. 41. Gehirn und dessen Nerven. Fig. 42. Nervenendigung aus dem Rectum. Färbung mit Metlıylenblau. Fig. 43. Querschnitt durch den Rüssel. Nervenendigung im Muskel. Fig. 44. @Qnerschnitt durch die Tentakel und das Kopfende von Sipun- cufus nudus. Fig. 45. Nervenendigung im Rectum. Fig. 46. Neurogliazellen aus der Verdickung des Bauchnervenstranges. Fig. 47. Querschnitt durch die Verdickung des Bauchnervenstranges. Tafel XXI. Fig. 48. Querschnitt durch das Kopfende von Sipunculus nudus. Fig. 49. Längsschnitt durch das Gehirn. Fig. 50. Querschnitt durch den Kanal des Sinnesorgans. Fig. 51. Querschnitt durch das Sinnesorgan des Gehirns. Fig. 52. Querschnitt durch das Gehirn. Fig. 53. Ganglienzellen vom dritten Typus. Fig. 54. Ganglienzellen vom zweiten Typus. Fig. 55. Neurogliazelle. Fig. 56. Bipolare Zelle. Figg. 57 u. 58. Neurogliazellen.. Fig. 59. Ganglienzelle des ersten Typus. Fig. 60. Querschnitt durch die Gefäßwand. Fig. 61. Infusor aus der Leibeshöhle von Sipunculus nudus. Figg. 62 u. 63. Scheiben aus der Leibeshöhle. Tafel XXII. Ibis VITA, Längsschnitte durch das Gehirn. Mit den Zahlen sind die aus- tretenden Kopfnerven bezeichnet. a, db, ce und kom die verschiedenen Kommissuren. Fig. 64. Rothe Blutkörperchen. Fig. 65. Entwicklung der Töpfchen auf den Gefäßwandungen. Fig. 66. Weitere Entwicklungsstadien. Fig. 67. Töpfehen in der Vorderansicht. Fig. 68. Flimmergebilde im Blute von Phymosoma granulatum. Fig. 69. Töpfchen auf den Gefäßwänden. Figg. 70 u. 71. Große Töpfchen. Fig. 72. Ein Töpfehen von Sipunculus nudus. Fig. 73. Junge Geschlechtsdrüse. Fig. 74. Reife Geschlechtsdrüse. Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln mit besonderer Berücksichtigung umstrittener Fragen, Von Chr. Sihler, M. D. Ph. D. (John Hopkins) (Cleveland, Ohio). Mit Tafel XXIII und XXIV. I. Aufgabe und Methode. Obschon über die Struktur des Muskelgewebes und die Endigungen der Muskelnerven Untersuchungen von den bedeutendsten Histologen vorliegen, so giebt es doch noch viele Fragen, über welche noch keine Einigkeit erzielt worden ist. Ich nenne z. B. die Frage über die Lage der motorischen Nervenendigung, ob diese über oder unter dem Sarkolemm liege. Sehen wir in die neuesten Lehrbücher, so sagt SCHIEFFERDECKER, dass er und wohl die Mehrzahl der Forscher die Ansicht von KÜHnE vertreten, nach welcher die Endigungen unter dem Sarkelemm liegen, während KÖLLIKER in der letzten Auflage seines Lehrbuches bei seiner alten Auffassung bleibt, nach welcher beim Frosche und den Säugern die Nervenendigungen auf dem Sarkolemm liegen. Ferner, was die sensorischen und die Ge- fäßnerven der Muskeln betrifft, so ist das, was die Bücher über diese Punkte bringen, sehr unbefriedigend. Endlich vermisst man in einem der verbreitetsten Lehrbücher der Histologie sogar den Namen »Muskelspindel« überhaupt, obgleich diese Organe von so großer Ver- breitung und physiologischer Wichtigkeit sein dürften, als die Pacını- schen Körperchen in der Haut. Hieraus dürfte hervorgehen, dass die Methoden, die bei solchen Untersuchungen bisher angewandt worden sind, Thatsachen oder Präparate liefern, die eine aus einander- gehende Interpretation zulassen, und mit so viel Schwierigkeiten verknüpft sind, dass die Demonstration der hierher gehörenden Struk- turelemente nicht leicht und häufig ausgeführt werden kann, und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. DD) 294 Chr. Sihler, die eingehende Kenntnis dieser Organe nicht das Gemeingut Aller werden konnte. Ob die Methode, die hier besprochen werden soll, zu der Lösung irgend einer streitigen Frage beitragen wird, muss dem Urtheile Anderer überlassen werden, sicher aber scheint es mir, dass die De- monstration vieler mehr oder weniger bekannter Strukturverhältnisse weniger schwierig, aber sicherer ist, als bei den bisher verwandten Methoden, und es scheint mir nicht unwichtig, dass histologische Theorien aus Anschauungen aus erster Hand gewonnen werden können, dass man sich möglichst wenig auf die Beobachtungen Anderer ver- lassen muss und je größer die Zahl der Beobachter auf einem Gebiet, um so größer wird die Zahl derer sein, die für die richtige Ansicht auftreten können, nachdem sie sich alle selber überzeugt haben. Die Methode, die bei unseren Untersuchungen angewandt wurde, habe ich der physiologischen Gesellschaft von Berlin im Jahre 1894 mitgetheilt (Verhandl. d. physiol. Gesellschaft zu Berlin, 28. Juli 1894, p- —13, Fig. 1—5) und wurde dieselbe im Archiv für Anatomie und Physiologie (Phys. Abth. 1895, p. 202) veröffentlicht. Da ich seitdem weitere Erfahrungen mit derselben gemacht habe, erlaube ich mir noch emige Bemerkungen über sie. Die Methode besteht aus zwei, resp. drei Theilen: Der Mace- ration und der Färbung, resp. der Entfärbung. Die Maceration, welche der Schwerpunkt der Methode ge- nannt werden kann, hat den Zweck, einmal die Muskelfasern aufzu- lockern und dann die leimartigen Zwischensubstanzen, mögen sie ge- formt oder ungeformt sein, aufzulösen und also der Färbeflüssigkeit den Weg zu bahnen. Schon vor Jahren war es mir klar, dass man im Hämatoxylin ein treffliches Färbemittel für Nerven haben würde, wenn es gelänge, frische Gewebe damit zu färben. Legt man aber frische Muskelstückehen in’ eine Färbeflüssigkeit von Hämatoxylin, so kann die Flüssigkeit nicht eindringen, sondern setzt sich als eine schmierige Masse auf der Oberfläche der Gewebestücke fest. Nach- dem ich durch Behandlung mit Borax gesehen hatte, dass ich auf dem rechten Wege war, kam ich endlich darauf, die verdünnte Essig- säure zu verwenden und erzielte über Erwartung gute Resultate. Die Formel, die ich mitgetheilt hatte, bestand aus einem Theil gewöhnlicher Essigsäure, einem Theil Glycerin und sechs Theilen einer 1°/,igen wässerigen Chloral-Lösung, und das Thier, das ich bei meinen Untersuchungen verwandt hatte, war die Species des Frosches, die den populären Namen »bull-frog« hat. Dieses Thier scheint sehr Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 325 zähe und resistente Gewebe zu haben, denn ich fand, als ich den zarteren spitzschnauzigen, gefleckten Frosch zu meinen Untersuchungen verwandte, dass die angegebene Flüssigkeit bei Weitem zu stark war, auch dass ich die Gewebe der Flüssigkeit nicht so lange aussetzen durfte, kurz, dass hier ein milderes Macerationsverfahren am Platze gewesen wäre. Andererseits schrieb mir Dr. BATTEn aus London, dass er bei den Untersuchungen von menschlichem Muskelgewebe die Maceration auf mehrere Tage ausgedehnt habe. . Aus diesem geht hervor, dass bei verschiedenen Thieren und verschiedenen Gewebs- theilen das Macerationsverfahren, sowohl was Stärke der Flüssigkeit als Zeit der Anwendung betrifft, zu variiren ist und wird Jeder, der versteht, worauf es hier ankommt, leicht die nöthigen Modifikationen _ bei diesem Verfahren vornehmen können. Anstatt der Chlorallösung habe ich auch natürlich schwächere Sublimatlösungen verwandt. Muskelgewebe, welches ich mit Subli- matlösung behandelt und dann nach der Färbung drei Jahre in Glycerin aufgehoben hatte, zeichnete sich dadurch aus, dass die Muskelfasern angenehm fest waren, und beim Zerzupfen in der schönsten Ordnung blieben. Das Sublimat hat den Vortheil, dass es die Muskeln etwas härtet, dagegen den Nachtheil, dass die Nerven- endfasern ein wenig schrumpfen. Was die Färbung betrifft, so sind meine Erfahrungen noch nicht ausgedehnt genug, dass ich sagen könnte, ob eine stärkere Flüssig- keit auf kürzere Zeit angewandt, oder eine schwächere auf längere Zeit, die besten Resultate giebt. Es kann sein, dass verschiedene Gewebe auch verschieden behandelt sein wollen. Sicher ist, dass es nicht wie bei der Goldmethode auf Minuten ankommt. Man wird gute Resultate erlangen sowohl bei kürzerer, als bei längerer Dauer des Verfahrens. Passt man den Zeitpunkt ab, wo die Gewebe noch nicht überfärbt sind, so ist eine Entfärbung nicht nöthig. In der That habe ich meine schönsten Präparate so erlangt, dass ich nicht über- färbt habe, sondern nachdem die Muskelstücke aus der Farbe ge- nommen waren, dieselben in Glycerin legte, dem Borax reichlich zu- gesetzt war. Hierdurch erlangten sie eine mehr entschieden blaue Farbe, und alle Binde- und Kittsubstanzen waren vollends aufgelöst. Bei längerem Verweilen in dieser Flüssigkeit wird die Muskel- substanz selbst aufgelöst und kann man so Nervenendigungen auf mehr oder weniger leeren Sarkolemmschläuchen erzielen. Die gefärbten Muskelbündel kann man auf unbestimmte Zeit in Glycerin aufbewahren und nach Belieben die weitere Untersuchung 22* 326 f Chr. Sihler, vornehmen. Am besten entfärbt man bloß so viel von dem Muskel- gewebe, als man zur Zeit verarbeiten will und kann dabei Essig- säure mit mehr oder weniger Glycerin verdünnt anwenden. Ich habe auf meinem Tische mit Borax gesättigtes Glycerin, mit welchem ich dann jeder Zeit die Wirkung der Essigsäure unterbrechen kann. Bei der Anwendung der Methode ist also im Auge zu behalten, dass alle Leim enthaltenden Bindesubstanzen mehr oder weniger ge- löst und aufgeklärt werden, und dadurch die protoplasmatischen Ge- webselemente um so schärfer und deutlicher hervortreten. Wer in dieser Eigenthümlichkeit einen Nachtheil sieht, wird der Methode nicht freundlich gesinnt sein, und immerhin ist zu bedenken, dass durch das Aufquellen kleine mechanische Veränderungen erzeugt werden können; freilich lange nicht so bedeutende als in umgekehrter Richtung etwa durch Alkohol hervorgebracht werden, doch glaube ich KÖLLIRER so zu verstehen, dass er der Ansicht ist, dass durch seine verdünnte Essigsäure die feinere Struktur der Gewebe durchaus nicht leidet, welche Methode mit der hier angewandten ziemlich identisch ist. Zudem wirkt der Zusatz von Glycerin so, dass alle Veränderungen sehr langsam und allmählich vor sich gehen. Dass meine Methode neben dem Gold und dem Methylen ihre Berechtigung hat, glaube ich behaupten zu dürfen und hebe ich zur Stütze dieses Satzes zwei Punkte hervor: Einmal ist die Methode leicht auszuführen und giebt, ich möchte sagen, fast ganz sichere Resultate. Um die Methode in dieser Beziehung auf die Probe zu stellen, bat ich einen meiner Schüler, der mit dem Mikro- skop nur vom September bis Weihnachten etwa sechs Stunden die Woche gearbeitet hatte, nach geschriebener Anweisung ohne irgend welche andere Beihilfe nach dieser Methode Nervenendigungen auf- zusuchen. Er brachte mir nach den Weihnachtsferien vollkommen gelungene Präparate, die sogar Formen von Nervenendigungen ent- hielten, die ich noch nie gesehen hatte. Und doch ist dieses ein Gebiet, von dem KÜHnE sagt, dass es zu den schwierigsten im Be- reiche der histologischen Forschung gehöre. Dann schrieb mir Dr. BATTEn aus London, dass er im Archiv für Laryngologie gelesen habe, dass dort in einer Arbeit mitgetheilt sei, dass, nachdem der Autor vergeblich alle anderen Methoden durchprobirt hatte, er vermittels der »sehr empfehlenswerthen Methode« von SIHLER befriedigende Resultate über die motorischen Nerven des Kehlkopfes erlangt habe. Hier haben wir somit Beweise für die Leichtigkeit und Sicher- heit meiner Methode. Dr. Barrkn selbst hat dieselbe schon seit Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 327 mehreren Jahren bei der Untersuchung der Muskelspindeln mit Er- folg verwandt und ist dieselbe für diese Organe besonders geeignet. Ferner hat die Methode den Vortheil, dass man größere Gewebs- massen in Arbeit nehmen kann, z. B. wenn man die Muskeln eines sanzen Frosches färben wollte, und dass auch die Gewebe nicht absolut frisch sein müssen, wie das z. B. bei der Gold- und Methylen- methode nöthig ist. So habe ich z. B. erfolgreiehe Färbungen von Muskelspindeln erhalten, die in Schlangenmuskeln 'enthalten waren, welche einige Monate lang in einer Flüssigkeit, bestehend aus Chloral- lösung, Glycerin und etwas Alkohol, aufbewahrt worden waren. Sie dürfte daher für pathologische Zwecke besonders geeignet sein, wie Dr. Brauer das in seiner Habilitationsschrift über die toxischen Wirkungen des Quecksilbers auf die Nervencentren des Kaninchens erwähnt und da das gefärbte Material lange aufbewahrt werden kann, können solche Untersuchungen über längere Zeiträume aus- sedehnt werden. Eine Modifikation des Verfahrens zur Untersuchung der Spindeln wird bei der Besprechung dieser erwähnt werden. Bei der Untersuchung der quergestreiften Muskeln stößt man auf dreierlei Nerven: 1) die motorischen, 2) die Nerven, die zuden Muskelspindeln gehen, 3) die Nerven, die zu den Gefäßen gehen, deren Funktion weiter unten besprochen werden soll. Il. Die motorischen Nervenendigungen und deren Lage. Bei der Beschreibung der motorischen Nervenendigungen, die ich an der Hand der Zeiehnungen vornehme, beginne ich mit einer Art von Nerven, die in den Lehrbüchern kaum erwähnt und, so viel ich weiß, nicht beschrieben worden sind, den sogenannten atypischen. Gegen diesen Namen möchte ich von vorn herein Protest einlegen, da die Form von Endigungen, die so bezeichnet wird, in ausgedehntem Maße beim Frosche vorkommt. Betrachten wir Fig. 1 auf Taf. XXIII, so sehen wir, wie die Nervenfaser, die die Hente’sche Scheide in einer ziemlichen Ent- fernung von der Muskelfaser verlässt, sich theilt und dann links und rechts von der Theilungsstelle sich an die Muskelfaser anlegt. Rechts von einem Kern, der entschieden neben der Muskelfaser liegt, ent- fernt sich der rechte Zweig von der Muskelfaser, setzt sich dann wieder an die Muskelfaser an, wendet sich wieder ab, einen Bogen bildend, setzt sich dann wieder an die Muskelfaser an und bildet dann wieder einen Bogen, setzt sich noch einmal an, bildet einen 328 Chr. Sihler, dritten Bogen, nach welchem, was von der Nervenfaser übrig bleibt, sich mit der Muskelfaser verbindet. . Im Anschlusse an diese Figur möchte ich auf folgende Punkte aufmerksam machen, nämlich dass Endfaser und Nervenendigung nicht identifieirt werden dürfen. Denn wir erkennen an dieser Endfaser eben Strecken, die mit der Muskelfaser nicht verbunden sind, und solche, die mit der Muskelfaser Kontaktstellen bilden. Nach meiner Meinung sollten nur die Theile der Nervenfaser den Namen Nervenendigung erhalten, die auch wirklich mit der Muskelsubstanz in anatomische und physiologische Verbindung treten. Die genaue Besichtigung einer solchen Endfaser zeigt auch, dass die Stellen, die mit der Muskelfaser in Berührung kommen, modifieirt sind, indem sie breiter und dieker werden, sich tiefer färben und sich der Oberfläche der Muskelfaser anpassen, also Kontaktstellen bilden. Und wie ich noch öfters wiederholen werde, scheint es mir bei diesem Problem — nämlich wie das Muskelgewebe mit Nerven versorgt wird — darauf anzukommen, nicht Nervenendigungen zu finden, sondern Kontaktstellen nachzuweisen, die ja gar nicht nothwendigerweise immer am Ende einer Nervenfaser zu suchen sein möchten. Dann möchte ich noch betonen, dass der Kern ent- schieden neben der Muskelfaser liegt, und auch von einer Verknüpfung von Henxte’scher Scheide mit dem Sarkolemm nicht die Rede sein kann. Fig. 2 und 3, Taf. XXII zeigt uns einen anderen Habitus der Nervenversorgung. Hier sehen wir von dem, was man eine Endfaser nennen kann, feine seitliche Zweige abgehen, die an ihren Enden kleine Füße oder Platten tragen, und diese Platten bilden also hier die Kontaktstellen des Nerven. Ich konnte an den Präparaten durchaus nichts sehen, was einem erlauben würde, diese Endplättchen unter das Sarkolemm zu ver- legen. Interessant ist Fig. 4 auf Taf. XXIH. Während in der vorigen Figur die seitlichen Endfäserchen von einer myelinfreien Nervenfaser abgehen, stammen dieselben hier direkt von einer myelinhaltigen, allerdings nicht sehr dicken Nervenfaser ab und sind noch auf kurze Strecken mit der HexLe’schen Scheide umkleidet. Wenigstens gilt dieses für einen Theil der Fasern von a bis d, während von 5 bis c die seitlichen Endfäserchen nicht mehr mit der Hexte’schen Scheide bekleidet sind und der Nerv auch immer dünner wird und zuletzt auch selbst auslaufend der Muskelfaser ansitzt. Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 329 Was die Lage des Kernes der Endfaser betrifft, so zeigt Fig. 17 auf Taf. XXIII noch viel deutlicher, als z. B. Fig. 1 auf Taf. XXIIL, dass derselbe nicht mit der Muskelfaser in Berührung zu kommen braucht, geschweige dass er unter dem Sarkolemm liegt. Wir sehen, dass derselbe mit einem solchen Theil der Nerven- faser verknüpft ist, die sich von der Muskelfaser abwendet, so dass eben ein ganz deutlicher Zwischenraum zwischen Muskelfaser und Nervenfaserkern zu sehen ist, ein Beweis, dass diese Kerne nichts mit der Funktion der Nervenendigung zu thun haben. Wäre das nämlich der Fall, so würde man gewiss die Kerne gerade an den Theilen der Nervenfasern finden, wo dieselben Kontaktstellen mit der Muskelfaser bilden. Dass die Kontaktstellen der. Nervenfasern frei von Kernen sind, haben wir also gesehen und werden wir wiederholt sehen. Sehr schön entwickelt sind diejenigen Theile der Nervenendfaser, welche die Kontaktstellen in Fig. 6, Taf. XXIH, bilden und bei der Dünne dieser Muskelfaser kann man besonders deutlich sehen, dass diese Endfäserchen oder Endplatten sowohl wie die Endkerne neben der Muskelfaser liegen. Ich behaupte, dass ein von keiner Theorie beherrschtes Auge an diesem Endapparate nichts sehen wird, was für eine Lage desselben unter dem Sarkolemm spricht. Dieselben sind gar zu deutlich auf der Oberfläche der Muskelfaser und ragen weit über dieselbe hervor, während doch das Sarkolemm eine eng anliesende Haut ist, die die Endfaser in das Niveau der Muskelfaser herabziehen würde. In Fig. 5, Taf. XXIII, sehen wir an derselben Endfaser erstens eine längere Strecke von a bis d, die in ihrem ganzen Verlaufe wohl an ihrer Unterfläche mit der Muskelfaser in Berührung ist, was ich aus ihrer Breite erschließe, indem freie Nervenfasern dünner und runder sind. Von 5 bis d aber sind es nur gewisse kurze Strecken der Faser, die punktförmige Kontaktstellen bilden, zwischen welchen die Nerven- faser frei liegt. Von d an nehme ich wieder Verlöthung zwischen Nerv- und Muskelfaser an. Während die bisher beschriebenen Endigungen dem »Typischen« wenig ähnlich sehen, schon wegen des Mangels an Gabelung, so er- innern die beiden folgenden Bilder schon mehr an die Abbildungen der Lehrbücher, die sie bei der Beschreibung der Nervenendigungen beim Frosche bringen. In Fig. 7, Taf. XXIII, sehen wir, wie die Nervenfaser, indem 330 | Chr. Sihler, sie mit der Muskelfaser in Berührung kommt, sich in zwei Theile spaltet. Die linke Endfaser setzt sich in toto der Muskelfaser an, aber an der rechten Endfaser sehen wir ganz andere Verhältnisse. Während die dem Muskel abgewandte Seite der Nervenfaser ganz gleichmäßig und glatt erscheint, sehen wir auf der der Muskelfaser zugekehrten Seite eine ganze Anzahl raupenfußartiger Vorsprünge, deren dem Muskel zugekehrtes Ende wieder dunkler gefärbt und mit der Muskelfaser verklebt ist, während die Zwischenräume zwischen diesen Füßen deutlich vom Rande der Muskelfaser abstehen, so dass hier freie Räume zwischen der Oberfläche des Sarkolemms und der Nervenfaser vorhanden sind. Wir hätten also prineipiell dasselbe, was die Fig. 1, Taf. XXI, zeigt, bloß dass hier die abstehenden Bögen viel kleiner sind als dort der Fall war. Diese kleinen Bögen sind bisher übersehen worden, scheinen mir aber sehr wichtig, denn sie beweisen, dass ein Theil der Nerven- faser bestimmt ganz frei oberhalb und außerhalb des Sarkolemms ist, und dass darum auch der übrige Theil der Nervenfaser dieselbe Lage hat. Fig. 8 auf Taf. XXIII erinnert sehr in ihrem äußeren Habitus an die Nervenendigungen der Lehrbücher, indem eine diekere myelin- haltige Nervenfaser an die Muskelfaser tritt, und hier anscheinend ein typisches Endgeweih bildet und vier Endfasern a, b, c, d abgiebt. Die Endfaser « belehrt über die wahren Verhältnisse der übrigen Fasern, indem hier wieder nicht die ganze Endfaser mit der Muskel- faser verklebt ist, sondern wie auf dem vorhergehenden Bilde kleine seitliche Füßchen die Verbindung von Nerv und Muskel vermitteln. Da die drei anderen Endfasern auf der Muskelfaser liegen, so haben wir natürlich ein anderes Bild, indem die Füßchen sich hier als Ver- diekungen der Nervenfaser präsentiren, wie bei ce in Endfaser 5 und c zu sehen ist. Endfaser d dagegen dürfte wegen ihrer Breite in ihrem ganzen Verlaufe als mit der Muskelfaser verklebt anzusehen sein, während bei 5 und ec dieses nur der Fall ist an den sogenann- ten Verdiekungen, die in -Wirklichkeit umgelegte oder von oben ge- sehene kurze Ausläufer sind. Die beiden eben beschriebenen Abbildungen scheinen mir beson- ders wichtig, weil sie so deutlich zeigen, was die »perlschnurartigen« Nervenendfasern für eine Bedeutung haben, und werfen eben hier die Endfasern, die man seitlich den Muskelfasern anliegend sieht, wiederum Licht auf die auf der Oberfläche der Muskelfaser be- findlichen. Dieselben zeigen uns, dass die Verdiekungen nur die Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 331 Kontaktstellen sind, indem zwischen denselben kürzere oder längere Strecken der Nervenfaser frei und außer Berührung mit der Muskel- faser sich befinden, so dass man es hier keineswegs mit Kunstpro- dukten zu thun hat. | Fig. 9, Taf. XXIII, zeigt uns wiederum eine reichliche Gabelung und nähert sich sehr dem Habitus der typischen Endigungen. Wenn wir sie aber genauer betrachten, so sehen wir, dass einige der End- fasern, wie a, b und c, breit sind, die übrigen aber einen geringeren Durchmesser haben, und wenn man sie genau betrachtet, auch kleine Bögen aufweisen, welche zeigen, dass die Nervenfasern auch hier nicht in ihrer ganzen Ausdehnung mit der Muskelfaser verklebt sind, sondern dass Kontaktstellen und freie Streeken mit - einander ab- wechseln. Endlich Fig. 10, Taf. XXIIL, zeigt uns eine Nervenfaser, die in ihrer ganzen Ausdehnung Nervenendigung ist; also auf ihrer ganzen Unterfläche ohne Unterbrechung Kontakt bildet. Im Großen und Ganzen dürfte es zutreffen, wenn ich behaupte, dass die Nervenendigungen, die aus feineren Fasern bestehen, bei ge- nauer Besichtigung ebenfalls meine freien Stellen aufweisen, auch wenn sie in der Weise der Verzweigung der Fasern den Formen, die breitere Fasern haben, ähnlich sind. Es liegen eben hier verschiedene Typen vor, und es ist nicht daran zu denken, dass irgend eine Methode an dem Vorkommen dieser Formen Schuld ist. Jedenfalls hat Nie- mand vor mir auf diese Formen von Endigungen aufmerksam gemacht. Wie ich schon erwähnt habe, besteht immer noch ein Streit über die Lage der Nervenendigungen und ist diese Frage hier zu be- sprechen. Ich glaube nicht anmaßend zu sein, wenn ich annehme, dass Jeder nach Untersuchung der Präparate, nach denen die Zeich- nungen 1—10 gemacht sind, einfach sagen wird, dass die Nerven- fasern auf den Muskelfasern, und nicht unter dem Sarkolemm liegen. Auf den ersten Blick scheint die Frage von großer physiolo- gischer Bedeutung, ob die Nervenendfasern unter oder über dem Sarkolemm liegen, und doch ist dieses bei genauer Überlegung nicht der Fall. Denn geben wir auch z. B. zu, dass die Nervenendfasern mit ihren Kernen vom Sarkolemm umschlossen werden, so ist zu bedenken, dass dadurch doch noch keine Berührung zwischen Nerven- und Muskelsubstanz zu Stande kommt, denn die Kerne an den End- fasern beweisen, dass deren Achseneylinder noch von einer Hülle, der Scuwann’schen Scheide (die man auch sonst nachweisen kann), umhüllt sind und dass diese Haut ein recht zähes und eher derbes 332 Chr. Sihler, Gewebe ist, weiß Jeder, der sich eingehend mit diesem Gewebe be- schäftigt hat. Auch haben die Verfechter dieser Theorie keine be- stimmten Kontaktflächen nachgewiesen, wie ich versucht habe es zu thun. | Umgekehrt ist, wenn man auch die Nervenendfaser auf das Sarkolemm verlegt, damit ein absoluter Kontakt von Muskel- und Nervensubstanz ja gar nicht ausgeschlossen, denn man könnte an- nehmen, dass unterhalb der Kontaktstellen der Nervenfasern feine Durchlöcherungen sowohl im Sarkolemm als in der Schwann’schen Scheide bestehen oder es könnten hier auch beide Membranen fehlen. KÖLLIKER sagt in dieser Sache Folgendes: »Die große Mehrzahl der Untersucher hat sich für die Lage der motorischen Endfasern unter dem Sarkolemm ausgesprochen uud ist nicht zu leugnen, dass die Annahme einer unmittelbaren Berührung zwischen der kontrak- tilen Muskelsubstanz und den Nervenenden vom physiologischen Ge- sichtspunkte aus zusagender erscheint, als die einer Trennung beider durch das wenn auch noch so zarte Sarkolemm. « Hier, meine ich, macht KÖLLIKER der widerstreitenden Ansicht eine Koncession, die nicht gemacht zu werden braucht, noch gemacht werden darf, da ja die erwähnte Möglichkeit des Kontaktes von Muskel- und Nervensubstanz, bei den morphologischen Verhältnissen von KÖLLIKER’s Ansicht durchaus nicht ausgeschlossen bleibt. Andererseits hat KÖLLIKER vergessen, den Gegnern entgegen- zuhalten, dass auch bei ihrer Theorie noch eine sehr entschiedene Scheidewand zwischen Nerven- und Muskelsubstanz bestehen bleibt, nämlich die Schwanx’sche Scheide, für deren Existenz die Kerne sanz bestimmt sprechen, und die, wie noch gezeigt werden wird, sehr derb und zähe ist. Ich trete also in dieser Arbeit für die Ansicht von KÖLLIKER ein, dass die motorischen Endfasern der Nerven auf dem Sarkolemm liegen und habe versucht, durch eine vergleichende Betrachtung der verschiedenen Formen von‘ Nervenendigungen beim Frosche diese Meinung zu erhärten, und hoffe, dass Jeder, der nach meiner Methode arbeitet, Präparate erlangen wird, die in ihm dieselbe Überzeugung erwecken. Ich habe versucht zu zeigen, dass Strecken von Nervenfasern deutlich in Bögen von der Muskelfaser abstehen und dass kein Grund vorliegt, den Theil der Endfaser, der mit der Muskelfaser verklebt ist, unter das Sarkolemm zu verlegen. Dann habe ich an Präparaten mit kleineren Bögen und kürzeren freien Strecken gezeigt, dass auch - Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 333 hier die freien Stellen beweisen, dass die Endfasern auf dem Sarkolemm liegen, und dass kein Grund vorhanden ist, diejenigen Formen von Endigungen, die ganz und gar Kontaktstellen sind, anders zu deuten, als die zuerst beschriebenen. Dann kommen noch die Kerne in Betracht. Ich halte dafür, dass zur Lösung dieser morphologischen Frage, die Lage der Kerne von größter Wichtigkeit, wenn nicht entscheidend ist. Ich kann nicht annehmen, dass diese in den einen Fällen unterhalb des Sarkolemms liegen sollten, in dem andern auf demselben. Es zeigen nämlich verschiedene Formen von Endigungen, dass die Kerne der Endfasern in einiger Entfernung von den Muskelfasern liegen, was beweist, dass auch in den Fällen, wo die Nervenendfasern mit den Muskelfasern eng ununterbrochen verklebt sind, ihre Kerne außerhalb des Sarkolemms liegen. Betrachtet man eine Endigung auf einer Muskelfaser, so ist es unmöglich, etwas Entscheidendes zu sehen und kann ich meinerseits, nachdem ich jahrelang und Tausende von Nervenendigungen angesehen habe, nicht verstehen, wie man sagen kann, man könne sehen, dass die Schwann’sche Scheide in das Sarkolemm übergehe. Beide Ge- webselemente kann man ja als solche nicht unterscheiden, man muss sich ihr Dasein erst indirekt beweisen. Sehen thut man doch nur die Umrisse der Muskelfaser und der Nervenfaser. Da aber gewisse Formen von Endigungen bewiesen, dass gewisse Theile der Endappa- rate in bestimmten Fällen sicher außerhalb des Sarkolemms liegen, würde ich es für einen logischen Fehler halten, diese Endigungen in anderen Fällen unterhalb des Sarkolemms zu verlegen, ohne durch Thatsachen dazu getrieben zu sein. Vor mehreren Jahren veröffentlichte ich eine kleine Arbeit in den »Studies from the Biol. Laboratory of the Johns Hopkin’s University« über die Lage der motorischen Endigungen, in der ich an mit Karmin gefärbtem Material die Ansicht von KÖLLIKER zu stützen suchte. Vor kurzer Zeit aber hatte ich erst Gelegenheit die Arbeit von KÖLLiKER aus dem Jahre 1863 über denselben Gegen- stand zu lesen, in welcher er die Belege für seine Ansicht veröffent- lieht und auf welche er sich in seiner letzten Publikation bezieht. Zu meiner Genugthuung fand ich, dass er die identischen Punkte hervorhebt, auf welche auch ich in meiner Arbeit Gewicht gelegt hatte, nämlich die drei folgenden: Wir Beide, obschon wir nach verschiedenen Methoden gearbeitet hatten, wiesen darauf hin, dass wenn man leere Sarkolemmschläuche 994 Chr. Sihler, erhält, und der Muskelinhalt aufgeweicht oder sonstwie entfernt ist, die Nervenendigungen doch unversehrt mit dem Sarkolemm verknüpft bleiben, was doch nicht leicht der Fall sein könnte, wenn nackte protoplasmatische Nervenfasern mit der Muskelsubstanz in intimen Kontakt gewesen wären. Dann machen wir Beide darauf aufmerk- sam, dass es Nervenendfasern giebt, die von einer Muskelfaser auf eine andere übergehen. | Endlich weisen wir Beide auf deutlich von der Muskelfaser ab- stehende Endfasern hin. Freilich war mir damals noch nicht ganz klar, dass die Endfaser in ihrer Ausdehnung auch Nervenendigung sein müsse. — Alle Autoren, die mir zu Gesicht gekommen sind, schließen sich der Ansicht von KÜHNE an, ohne weitere Beweise für dieselbe zu bringen. Wenn man aber bedenkt, dass diese Theorie schon aufgestellt wurde zu einer Zeit, in der die Methoden so un- genügend waren, dass Hexte’sche und Schwann’sche Scheide ver- wechselt werden konnten, so glaube ich, dass man den dargebotenen Beweisen mit Misstrauen begegnen darf. Querschnitte von Eidechsenmuskeln nach meiner Methode gefärbt gelangen mir auf den ersten Versuch, während Kühne berichtet, dass ihm diese mit der Goldmethode nur nach großen Schwierig- keiten gelungen seien. Die Muskelbündel, die zu den Querschnitten verwandt. waren, waren allerdings tief gefärbt und nachher nicht durch Essigsäure entfärbt; der Querschnitt der Endplatte war also schwarzblau. Ich könnte aber nicht sagen, dass mir solche Quer- schnitte irgend welche Beweise für die hypolemmale Theorie gebracht hätten, sie schienen mir für diese Frage indifferent. Hätte ich nicht aus anderen Gründen vom Sarkolemm und der Hülle der Endplatte gewusst, solche Querschnitte würden mir die Existenz solcher Struktur- elemente nicht bewiesen haben. Ich glaube, dass Querschnitte von sehr schwach gefärbtem oder nur mit Karmin durchgefärbtem Material interessante Thatsachen demonstriren würden; leider fehlte mir die Zeit in dieser Richtung zu arbeiten. Außerdem giebt es noch einen Beweis für die epilemmale Lage der Endigungen, der mir vollkommen gut erscheint, der es aber für Andere nicht ist, weil ich die Thatsachen, auf die es ankommt, nicht nach Belieben reprodueiren kann. Ich sagte mir, wenn die Endigungen auf dem Sarkolemm liegen, sollte es gelingen können, dieselben durch Hin- und Herschieben des Deckglases abzustreifen. In der That ist das mir auch geglückt und zeigt Fig. 27, Taf. XXIV, eine solche Endigung, welche theilweise Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 335 von der Muskelfaser abgestreift ist. Besonders schwerwiegend ist der Umstand, dass es eine Endfaser ist, die so weit aus ihrer ur- sprünglichen Lage gebracht wurde, dass dieselbe in rechtem Winkel über den Rand der Muskelfaser hervorragt. Endfasern so abzuziehen, wie das Präparat Fig. 27 es zeigt, halte ich für unmöglich, wenn dieselben unter dem Sarkolemm ihre Lage hätten. Ich hatte in diesem Falle die Muskelfasern ziemlich stark mit Essigsäure behandelt und dann das Deckglas über. die Endigung hin- und hergeschoben, doch kann ich nicht nach Belieben solche Präparate erzielen. Ferner zerzupfte ich eine Masse Muskelgewebe, das ich anstatt mit Chlorallösung (siehe die Formel) mit verdünnter Sublimatlösung behandelt und mehrere Jahre aufbewahrt hatte, und fand, dass gar nicht selten die Endigungen in toto von den Muskelfasern abgezogen zwischen denselben lagen. Doch mag es immerhin sein, dass den Nervenendfasern Sarkolemmtheile angeheftet waren (siehe Fig. 26, Taf. XXIV). Aber auch das würde für die epilemmale Theorie sprechen. Wären die Endfasern nackt und mit dem Muskelinhalt verklebt, so hätte ein Zug am myelinhaltigen Nerven ein leeres Stück Sarkolemm mit abheben sollen, die nackte protoplasmatische Nervenfaser wäre . gewiss abgerissen und hätte ihre Lage auf dem Muskelfaserinhalt bei- behalten. Lag aber die Endfaser auf dem Sarkolemm mit diesem verklebt, so müssten die Endfasern dem Zuge der myelinhaltigen Nerven folgen mit oder ohne Sarkolemmtheile, wie denn die Abbildung das zeigt. Hier bietet sich auch die Gelegenheit, die Ergebnisse von KÜHnE zu besprechen, zu welchen er bei der Untersuchung der sogenannten atypischen Endigungen gelangt ist. Da es sich hier um kontroverse Punkte handelt, so erlaube ich mir auf diesen Punkt etwas ausführlicher einzugehen. Nachdem Kühne auf p. 27 erwähnt hat, dass diese atypischen Geweihe beim Frosche in der Zunge, den Kiefern, dem Kropfe ete. vorkommen und von BREMER beschrieben worden seien, fährt er fort: »Betrachtet man dieselben mit hinreichend starken Vergrö- Berungen, so findet man darunter zahlreiche Fäden, in denen die vom Golde tief gefärbte Substanz wirklich unterbrochen ist und nur durch schwach gefärbte Stromabrücken zusammengehalten ist. Diese Formen sind es, die zu den beim Salamander, den Tritonen, den Schildkröten und auch bei den Vögeln häufigen Perlschnüren überleiten, die, wie 336 “ Chr. Sihler, ich nicht zweifle, lauter Kunstprodukte sind, an die so- genannten trauben- und beerenförmigen Nervenenden erinnernd, aber doch von großem Interesse, weil sie zeigen, wie leicht die Axial- .krumme bei manchen Thieren zerfällt. Der Beweis für diese Auffassung liegt auch hier darin, dass es nicht eben selten glückt, das Auftreten ganz zusammenhangloser Beerchen zu vermeiden und dafür durch feine dunkle Striche verbundene Ketten derselben zu erhalten.« »Unter diesen perlschnurartigen hypolemmalen Fasern giebt es eine besonders merkwürdige, u. A. schon von BREMER abgebildete Form, die ich außer bei den Amphibien auch noch bei manchen anderen Thieren fand. Hier waren die Beeren auf große Strecken sämmtlich nach der Muskelsubstanz gerichtet und durch Fädchen ver- bunden, welche wie geschwungene Ranken in zierlichen Bögen nach außen ragen, so dass die Bögen aus dem Sarkolemm herauszuspringen scheinen.« | »Was das sei, erkennt man bei der Unke gut (vgl. Fig. 48 und 50), wo diese Gebilde besonders groß sind: es sind hypolemmale Fasern, mit ziemlich dicken, zu unvollkommenen Abschnürungen ge- neistem Stroma, welche letztere das Sarkolemm völlig aufbrauchen und je einen Klumpen der axialen Substanz in den zwischen zwei von unten her einschneidenden Kerben enthalten. Über den Kerben erhebt sich der Axialfaden zum Bogen ganz dicht an den oberen hervorgewölbten Rand des Stroma, um zwischen den Kerben jedes Mal wieder zu einer Beere herabzusinken. Dass dieses Alles in Wahrheit unter dem Sarkolemm liegt, lehren solche Fälle, wie der von Fig. 51, wo man den ganzen geschlängelten Geweihast der Muskel- substanz anliegend und tief unter dem in diesem Falle abgehobenen Sarkolemm sieht. « Auch auf p. 23 spricht Künse sich dahin aus, dass es sich hier um Kunstprodukte handelt. Seine Worte lauten nämlich folgender- maßen (p. 23): »Bei den Reptilien haben mehrere Beobachter geglaubt, eine besondere Art der Nervenendigung mit Beeren annehmen zu müssen, obgleich schon RANVIER vor Täuschungen durch künstliche, der Goldbehandlung zuzuschreibende Formänderung bei dieser Ge- _ legenheit gewarnt hatte. Die beerenförmigen Nervenenden sind in der That Kunstprodukte. Denn wenn es auch in den frischen Mus- keln der Schlangen und Blindschleichen viele Geweihe mit lappigen und blattförmigen Enden giebt, so kommen doch keine mit so dünnen Stielen und so dieken Beeren vor, wie in den Goldpräparaten etc. ete.« Dann bespricht KüHxE diesen Gegenstand abermals unter der Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 337 Überschrift: »Atypische Geweihe« auf p. 65 und dürfte von dem, was Künne dort sagt, uns Folgendes interessiren: »Beim Frosche sind die atypischen Geweihe zuerst W. Krause als eine Gabe der COHNHEIM- schen Goldmethode zugefallen, später in ihrer ganzen Mannigfaltig- keit unter WALDEYER’s Leitung von BREMER wiedergefunden. « Der Letztere fand auch die von ihm als doldenförmig bezeichne- ten Formen und belegte dieselben mit zahlreichen Abbildungen, deren Richtigkeit ich durchaus bestätigen kann. In diese Mannigfaltigkeit wird die Zukunft erst Ordnung zu bringen haben, der auch die Auf- klärung des merkwürdigen Umstandes vorbehalten bleibt, wesshalb die atypischen Geweihe vorwiegend an den Zungen-, Kie- fer- und Brustmuskeln (mit Ausnahme des Brusthautmuskels) und ziemlich selten in den übrigen Muskeln, namentlich in den größeren der unteren Extremität vorkommen. Wir sehen aus den angeführten Sätzen, dass KÜHNE eine ganz andere Auffassung dieser Gewebsformen hat, als die ist, die in dieser Mittheilung vertreten wird. Künne erklärt dieselben als Kunstprodukte und betrachtet sie als gewöhnliche Endigungen, die durch das Gold starke Veränderungen erlitten haben. Er behauptet auch speciell, dass dieselben unter dem Sarkolemm liegen, welche Behauptung nicht gut zu verstehen ist, da für den unbefangenen Beobachter die hier sich bildenden durchaus über dem Sarkolemm liegen. Sollte aber wirklich das Gold solche intensive Veränderungen hervorbringen, so wären ja doch wohl die Leistungen desselben mit Misstrauen anzusehen. Während also KüHne in diesen atypischen Geweihen eine Art Misserfolg seiner Methode sieht, habe ich immer in diesen hier in Betracht kommenden Formationen die glänzendsten und am meisten befriedigenden Leistungen meiner Methode gesehen und ieh konnte nicht anders, als mit Dankbarkeit der Methode gedenken, die solche scharfe, ja geradezu elegante Bilder mir darbot, welche nicht im entferntesten an Kunstprodukte erinnerten, und nie hatte ich als Histologe einen größeren Genuss, als bei der Betrachtung dieser Präparate. Es scheint mir aber, dass Künne in der Behandlung dieser Frage nicht konsequent ist, und dass seine Auffassung, dass es sich hier um Kunstprodukte handelt, durch seine eigenen Worte entkräftet werden kann. KÜHNE sagt nämlich, dass diese atypischen Geweihe besonders am Kopfe, der Zunge, den Brustmuskeln etc. gefunden werden. Nun ist aber doch kein Grund vorhanden, um anzunehmen, dass die Goldmethode gerade auf diese Muskeln es abgesehen und 338 Chr. Sihler, hier solche Verwüstungen angerichtet habe. Viel wahrscheinlicher ist es doch, dass es sich wirklich hier um andere Gewebsformen handelt. KÜHNE sollte, meine ich, die Theorie aufgeben, dass das Gold Kunstprodukte erzeugt und nicht eine besondere Klasse von Nervenendigungen zu Kunstprodukten oder misslungenen Präparaten machen. Ferner giebt KÜHnE an, dass bei der Formation von Beeren, die, wie ich Künne verstehe, durch Gerinnungen seines Axoplasmas entstanden zu denken sind, diese immer nach den Muskelfasern ge- richtet sind, was doch nicht wohl der Fall wäre, wenn es sich um Kunstprodukte handelte, und warum sollten wir die Bögen, die sich dem Auge gar zu deutlich als über dem Sarkolemm liegend dar- bieten, nicht auch wirklich in Gedanken dorthin verlegen? KÜHNE giebt das ja auch zu. Dann ist noch zu erwähnen, dass diese »atypischen« Nerven- endigungen in vielen, ja den meisten Fällen nicht direkt von myelin- haltigen Nervenfasern abgehen, sondern oft von nackten Nerven, welche die Muskelbündel epheuartig durchziehen, ja oft bestehen schon die Nervenbündel, aus denen sie schließlich hervorgehen, aus Nervenfasern, die keine RAnvIEr’schen Einschnürungen mehr zeigen, also ganz oder fast ganz myelinfrei sind, und wird KÜHNE gewiss nicht so weit gehen, dem Golde auch solche Einflüsse auf Nerven- fasern und Nervenbündel zuzuschreiben. Während also unsere Ansichten über diese Gewebsformen durch- aus aus einander gehen, so treten auch in den belegenden Präpara- ten einige Differenzen hervor. So zeichnet in Fig. 50 KünHne die Vorsprünge an den Nervenendfasern, die er Endbeeren nennt, so dass dieselben beerenförmig, und an der gegen die Muskelfasern zu- gewandten Seite abgerundet erscheinen, während in meinen Zeich- nungen die dem Muskel zugekehrte Seite (Kontaktstelle) immer ab- seflacht erscheint. Ob nun die Gold- oder die Essigsäure- Hämatoxylin-Methode mehr naturgetreue Präparate liefert, muss ich die Zukunft entschei- den lassen. Ich glaube, dass Jeder, der, wie er es mit Hilfe unserer Methode mit leichter Mühe thun kann, sich aus der Froschzunge oder anderen Muskeln vom Hals und Arm diese Gewebsformen zur An- schauung bringt, zu der Überzeugung kommen wird, dass es sich hier nicht um Kunstprodukte handelt, und dass die Bögen, die sich hier bilden, über dem Sarkolemm liegen, und dass es ihm unmöglich Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 339 sein wird, nachzuweisen, dass an den Kontaktstellen das Sarkolemm über die Nervenfaser gezogen ist. Leider war ich gezwungen, meine Abbildungen in reducirtem Maßstabe wiederzugeben. Hätte ich mir so viel Raum zu meinen Figuren gönnen können, wie KüHnz in seiner großen Arbeit, so würden meine Bilder mehr als es jetzt der Fall ist, für die Richtig- keit meiner Ansicht auftreten. In Fragen dieser Art müssen eben schließlich . Präparate ent- scheiden. Wäre es mir nur vergönnt gewesen, den Lesern dieses Aufsatzes etwa Fig. 17, Taf. XXIII zu demonstriren! Diese Abbildung lässt der Schönheit des Präparates keine Gerechtigkeit widerfahren, da ich sie selbst, obschon kein geübter Zeichner, fertigen musste. Man sieht hier Endfasern auf den Muskelfasern liegen mit Verdickungen, die durch feine Fasern verbunden sind; was aber diese Verdickungen zu bedeuten haben, zeigen die Endfasern, die seitlich an die Muskel- fasern sich ansetzen, mit ihren Gruppen von Füßchen oder Plättchen. Dass die Nervenendfasern nicht unter dem Sarkolemm liegen, dürfte deutlich sein, würde aber in einer Abbildung, die der wirklichen Vergrößerung entspräche, noch deutlicher werden. Ich sehe freilich auch alle »Verdiekungen« auf der Muskelfaser als eben solche Füß- chen an, die sich seitlich an die Muskelfaser ansetzen. Dann mache ich noch aufmerksam auf die Thatsache, dass die Endfasern von myelinfreien Nervenfasern abgehen. Ich kann durch- aus nicht einsehen, warum man es hier mit Kunstprodukten zu thun haben soll. Ehe ich zu einem neuen Gegenstande übergehe, erlaube ich mir auf einige Punkte in der Arbeit von BREMER einzugehen, der wir hauptsächlich die Kenntnisse über die epheuartigen (atypischen) Nerven der Muskeln verdanken. Gezwungen, abgeschlossen von der histologischen Litteratur, zu arbeiten, war ich der Meinung, etwas Neues entdeckt zu haben, als ich diese epheuartigen Nerven selb- ständig in der Zunge und in anderen Muskeln des Frosches auf- sefunden hatte. Ich wurde aber eines Besseren belehrt, als ich die Arbeit von BREMER in die Hände bekam. Erstaunt war ich jedoch, als ich nach Durchmusterung der natur- setreuen Abbildungen die Arbeit selber las und auf folgenden Passus kam: Auf p. 194 stellt nämlich Bremer nach Beschreibung dieser Nerven die folgende Frage auf: Sind die markhaltigen Nerven der zweiten Ordnung und die blassen Fasern an den Skelettmuskeln sensible Nerven? } Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LAVII. Bd. 23 340 Chr. Sihler, BREMER ist also im Unklaren darüber, ob er hier sensible oder motorische Nerven vor sich hat, obgleich er in der Arbeit selber weder unbewusst noch bewusst Gründe für die sensible Natur dieser Nerven aufbringt. Die folgende Überlegung beweist, dass diese Ner- ven motorische sind. Einmal wären ganze Muskelsruppen, wie z.B. Theile der Zunge, die Muskeln des Auges, viele Bündel oder Theile von solchen in der vorderen Extremität gar nicht mit motorischen Nerven versorgt, da an sie, wie man mit Hilfe unserer Methode leicht nachweisen kann, gar keine anderen Nerven herantreten als eben die besprochenen. Zweitens habe ich hoffentlich weiter oben in diesem Aufsatze nachgewiesen, dass wir Übergänge von den dolden- förmigen Endigungen bis zu den typischen Endigungen der Lehr- bücher nachweisen können und bei der Untersuchung von manchen Muskelbündeln finden wir eine Anzahl von Fasern mit allerdings meist kleinen Geweihen versorgt, während andere dieht daneben liegende durch die epheuartigen myelinfreien Nervenverzweigungen versorgt werden. Kurz, es ist kein Grund vorhanden, die motorische Natur dieser Nerven eher zu bezweifeln als die der gewöhnlichen, in den Büchern beschriebenen motorischen Endigungen. Ich vermuthe, dass auch Sachs bei der Nachforschung nach sensorischen Muskelnerven auf solche myelinfreie motorische Nerven gestoßen ist, die er eben einfach wegen ihres von den typischen Nerven abweichenden Charak- ters als sensorische angesprochen hat. Immerhin könnten es auch Gefäßnerven gewesen sein, da sich diese beiden Arten, wenn sie nicht auf ihr Auslaufen verfolgt werden, nicht unterscheiden lassen. Dann hätte ich auszusetzen, dass BREMER keinen Unterschied macht zwischen den verschiedenen Formen von Endgeweihen, son- dern sie alle gleichmäßig unter dem Sarkolemm endigen lässt. Es ist ihm mit seiner Methode nicht gelungen, diejenigen Formen richtig zu deuten, die nach KüHnEe Kunstprodukte sind, wo die Endfaser eine Abwechslung von diekeren Partien (Kontaktstellen) und dünnen Fäserchen darbietet. Während BREMER nicht umhin kann, die großen Bögen an Terminalfasern, die von einer Kontaktstelle zu der anderen sich be- geben, außerhalb des Sarkolemms zu verlegen, ist es ihm entgangen, dass es auch solche Terminalfasern giebt, wo eben diese Bögen nur sehr klein sind und eben so wenig unter das Sarkolemm gehören als die größeren Bögen. Zwar meint er, wo die Bögen wohl zu widerspenstig waren, um unter das Sarkolemm gesteckt zu werden, dass in manchen Fällen das Sarkolemm zerrissen gewesen sei, und Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 341 die Faser so ins Freie habe treten können — sie hätte ja aber doch mit dem Muskelfaserinhalt verklebt gewesen sein sollen). Ich muss dieses aber durchaus in Abrede stellen, da ich bei ganz unver- sehrten Muskelfasern, bei einer Profilansicht der Endigungen, d. h. wo der Nerv seitlich an der Muskelfaser, nicht auf derselben lie- send, sich dem Auge darbot, unzählige Male ganz minimale Bögen frei über dem Sarkolemm hervorragend gesehen habe. Würde ich dieselbe Endfaser auf der Muskelfaser haben liegen sehen, so hätte ich nur diekere und dünnere Stellen der Endfaser vor mir ge- sehen. BREMER hat sich somit das Wesen der Kontaktstellen nicht klar gemacht. Vielleicht sind mir diese Thatsachen desswegen be- sonders klar vor Augen getreten, weil durch meine- Methode alle Kittsubstanzen aufgelöst werden und so die Nervenfasern klar und scharf dem Auge sich darbieten und möchte ich die Vermuthung aufstellen, dass das Gold eben so wie die epitheliale Zwischen- substanz, auch die Kittsubstanzen dunkel färbt. So erkläre ich die breiten Bilder von Nervenendfasern in den Abbildungen von KüÜHnE und den Umstand, dass diese kleinen und zarten Bögen BREMER ent- sangen sind. Ich bin somit der Meinung, dass, wenn auch BREMER diese atypischen Nerven dem histoiogischen Wissensschatze einverleibt hat, doch meine Methode den Anspruch erheben darf, die richtige Deu- tung der varieösen Endfasern nachgewiesen und das richtige Ver- ständnis für das, was wirklich Nervenendigung (resp. Kontaktstellen) sind, angebahnt zu haben. BREMER verlegt auch mit KüHsE die Endigungen der Nerven unter das Sarkolemm. Mit folgendem Satze jedoch zieht er Allem, was er zu Gunsten dieser Hypothese angiebt, jede Beweiskraft unter den Füßen weg. Er sagt nämlich: »Wie sich letztere (die SCHWANN- sche Scheide) zum Sarkolemm verhält, darüber fehlen mir sichere Erfahrungen. < Wer über die Lage der Endfasern ins Klare kommen will, muss vor allen Dingen über das Schicksal der HENLE’schen und SCHWANN- schen Methode aufs genaueste unterrichtet, und darüber ins Klare gekommen sein. BREMER behauptet auch, dass eine besonders intime Verbindung der Zwischensubstanz der Muskelfaser und der Nervenendfaser be- stehe. Freilich kann man für diese Ansicht oft genug Präparate bringen, die zu zeigen scheinen, dass eine-solche Verbindung besteht, in denen 23* 342 | Chr. Sihler, die Nervenfaser in eine grobe Faser der GErRLAcH’schen intramusku- lären Substanz übergeht, aber viele andere Präparate, die zeigen, wie die ganze Kontaktfläche des Nerven sich indifferent, sowohl an kontraktile Substanz und Zwischensubstanz (das Sarkoplasma) anlegt und beweisen, dass die anscheinende Fortsetzung von Nery in Muskel- substanz (Sarkoplasma) eben eine nur scheirbare ist. Würde die Ansicht von BREMER, die sich so ziemlich (wenigstens was histologische Thatsachen betrifft) mit der von GERLACH deckt, die richtige sein, so würde man gewiss an der Stelle, wo Nerv und Muskel zusammentreffen, eine so deutliche, gewiss charakteristische Modifikation des Muskelgewebes finden, dass über solche Verhältnisse keine Zweifel aufsteigen könnten. Anstatt dessen sehen wir, dass der Nerv die Muskelfaser an irgend einer beliebigen Stelle trifft, und oft ganz unscheinbare und geringfügige Berührungsflächen in An- wendung kommen. Während z. B. bei mehreren benachbarten Muskel- fasern die einen in ihrer Mitte vom Nerven getroffen werden, wird eine dritte Muskelfaser nahe am Ende berührt. | Während der Abfassung dieser Arbeit kam mir die Arbeit von HUBER und DEwITT über Muskelspindeln und motorische Nerven der Muskeln zu Gesicht (Journal of Comp. Neurology, Vol. V, No. 3, 4), in welcher die Verfasser auch für die Ansicht von KÜHNE eintreten, und eine Mittheilung machen, die sehr entschieden für die KüHxeE- sche Theorie hätte verwandt werden können, doch scheint ihnen die Wichtigkeit ihrer Entdeckung nicht recht zum Bewusstsein gekom- men zu sein. Die allerdings sehr auffallende Entdeckung, die diese Forscher gemacht haben, ist die, dass die >hypolemmalen< Fasern der motorischen Nervenendigung des Frosches frei von Kernen sind. Um diesen Forschern nicht Unrecht zu thun, führe ich ihre eigenen Worte an. Sie lauten (p. 185): »In our sections we have recognized the nuclei described by KÖLLIKER, RANVIER and others, which form part of what is regarded as the hypolemmal portion of the axiseylinder. The nuclei in question are described by KÖLLIKER as the nuclei of the sheath of SCHwANXN accompanying the ramification of the axis- cylinder. That the terminal branches of the axiscylinder are not invested with a continuation of the sheath of ScawAann we have already tried to show, such nuclei if present could not therefore be regarded as nuclei of this sheath. In our sections nuclei are sometimes found very near one or the other of the hypolemmal branches of the axiscylinder as Fig. 12 may show. The differential staining used by us and the use of the mierometer screw of the mieroscope enable Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskein ete. 343 us to state, that such nuclei are not a part of the terminal branches, but are always more or less distinetly separated from them. Such nuclei have no doubt been interpreted as nuclei of the hypolemmal branches in gold preparations, where such differentiation is not always possible. « In früheren Zeiten machten diese Kerne der hypolemmalen Theorie keine größeren Schwierigkeiten. Man konnte sie ja als zum Achseneylinder gehörig ansehen. Wenn aber die neuere Lehre richtig ist, dass die Nervenfaser ein Spross einer Nervenzelle im Ge- hirn oder Rückenmark oder sonst wo liegend ist, und vom Zellen- kern her beeinflusst wird, so können die Kerne an den Terminal- fasern doch wohl nur der Hülle des Nerven, ‘der Schwann’schen Scheide, zugeschrieben werden, und da diese Kerne an den Termi- nalfasern durchaus den Kernen an den feinen sensorischen und motorischen Nerven, die man z. B. in der Froschzunge findet, gleichen, so ist kein Grund vorhanden, warum nicht die Endfasern ihre SCHWANN- sche Membran mit den zugehörigen Kernen haben sollten. Diese Kerne aber werden gewiss der hypolemmalen Theorie den Todesstoß versetzen, denn die Kerne beweisen die Existenz der ScHwann’schen Scheide Umhüllt die Scuwann’sche Scheide den Achseneylinder, so ist sie nicht mit dem Sarkolemm verschmolzen, von nackten Achseneylindern kann nicht die Rede sein; dass der Nerv unter das Sarkolemm geschlüpft ist, genügt den Forderungen der Physiologen immer noch nicht, denn die SchwAnN’sche Membran, die von einer sehr respektablen Dichtigkeit ist, trennt immer noch Nerv- und Muskelsubstanz. Die Vertreter der hypolemmalen Theorie sollten also den Angaben von HuBER und DewITT zujubeln, die ihnen da einen kernlosen, membranlosen Achseneylinder demonstriren. Wenn aber Kerne und Membran zugegeben sind, so müssten die stärksten Beweise für jene Theorie gebracht werden. Wie ist aber nun die Angabe von HUBER und DEWwITT zu entkräften. Es handelt sich, was die Kerne (und wohl auch die SchwAnn’sche Membran) betrifft, um die einfache Anschauung, d. h. um gute, klare Prä- parate. ö Es müssten sich also KÖLLIKER und KÜHNE und wohl alle Forscher auf diesem Gebiete getäuscht haben, dazu in einer Beob- achtung, die mit schwachen Vergrößerungen so gut wie mit starken gemacht werden kann. Mich selber werden die Angaben von HUBER und Dewirr wohl nicht in meinen. Anschauungen stören. Ein Zweifel 344 Chr. Sihler, an dieser Thatsache, dass die Endfasern Kerne tragen, ist mir denn auch noch nie aufgestiegen, und ich habe doch gewiss Tausende von Präparaten durchmustert. Die Kerne sind ja ganz charakteristisch, unterscheiden sich von den Muskelkernen, und besonders an End- seweihen, die etwa auf leerem Sarkolemmschlauch betrachtet werden können, präsentiren sich diese Kerne und ihre Verbindung mit den Fasern über allem Zweifel erhaben. Ich würde eben so gut an den Kernen der Kapillaren, ja an was nicht zweifeln, als an diesen Kernen und deren Verbindung mit den Nerven. Eben so gut könnte man die Kerne allen myelinfreien Nerven absprechen; die Kerne im Verlaufe der Nervenfasern und an deren Enden sind identisch. Was KüHnE und KÖLLIkER und andere Histologen zu dieser Entdeckung wohl sagen werden? Was die Existenz der Schwann’schen Membran an den feinen nackten Nervenfasern (ob Terminalfasern oder nicht) betrifft, so hatte ich früher auch meine Zweifel, aber meine so dankbare Methode hat mir auch hier ausgeholfen. Beim Zerzupfen und Zerdrücken von Muskelbündeln werden die feinen myelinfreien Nerven energisch gedrückt und gezerrt, es kommt daher oft genug vor, dass man eine feine Nervenfaser ganz zerklüftet sieht, d. h. man hat den Anblick von einem länglichen Fragmente hinter dem andern liegend. Man kann sich aber durch Druck und Schieben (des Deckglases) über- zeugen, dass die Kontinuität auch der feinsten Nerven, wie an den Kapillaren z. B., nicht gestört ist; die Fragmente werden in Reihe und Glied gehalten durch Partikelchen, die an der Membran hän- sen bleiben; auch durch Anilinfarben kann man sich optisch von der Existenz einer Membran überzeugen. Dieselbe Zerklüftung etc. kommt auch an den Endfasern vor, und ich bin also auch aus anderen Gründen, als der Existenz der Kerne, von dem Vorhanden- sein der SCHwAnN schen Membran auch hier überzeugt. Wie man sich durch leer gemachte Stellen des Sarkolemmschlauches von dessen Existenz überzeugt, so kann man also nach demselben Prineip sich auch von der Anwesenheit der Scuwann’schen Scheide über- zeugen. Er | Ich habe somit bei der Besprechung der Lage der Nervenenden nur Beweise für die epilemmale Theorie zu bringen gesucht. Es dürfte nun aber auch am Platze sein, sich die Begründung für die hypolemmale Theorie einmal anzusehen. Ich kenne nur die Arbeit von KÜHne über diesen Punkt, da die anderen Histologen sich ihm einfach »anschließen«. - Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 345 In Srrıcker’s Handbuch bringt Kühne nun Folgendes zu Gunsten seiner Anschauung. Nach Beschreibung der Methode, sich die Nervenendigungen zu verschaffen, fährt er fort: »An denselben Präparaten ist der Übergang der Schwann’schen Nervenscheide in das Sarkolemm in der Profillage ohne Weiteres zu beobachten. « Es handelt sich hier nur um die Formen der Endigung, wo die Endfasern in ihrer ganzen Ausdehnung mit der Muskelfaser ver- klebt sind. Wenn Jeder das »ohne Weiteres« sehen könnte, so würde man ja keine Beweise für die hypolemmale Theorie zu bringen brauchen. Rerzıus hätte die Sache nicht unentschieden gelassen, und die Frage würde wohl kaum besprochen werden. Ich habe Tausende von guten Präparaten untersucht und kann dieses Übergehen des Neu- rılemms in das Sarkolemm durchaus nicht sehen — weil man ja diese beiden Membranen gar nicht unterscheiden und sich nur indi- rekt von ihrem Vorhandensein überzeugen kann. Im Gegentheil sieht man in Profillagen oft so deutlich die Kerne neben der Muskelfaser, dass ich bei meiner Ansicht über die physikalischen Eigenthümlich- keiten des Sarkolemms, die ich für eine ihren Inhalt stramm um- schließende Membran halte, diese Kerne nur sehr schwer unter das Sarkolemm verlegen könnte. Wären die Endfasern unter dem Sarko- lemm, so käme es nicht zu Nervenhügeln, die Nervenfasern lägen in Vertiefungen unter dem glatten, ebenen Sarkolemm, und beim Zerren an der Nervenfaser würde etwa das Sarkolemm mit abgehoben, und die nackten Achseneylinder würden abreißen. Im Gegensatze hierzu habe ich etwas ganz Anderes gefunden. Bei einem Zuge an der Nervenfaser folgt das Endgeweih mit den Fasern, ohne zu zerreißen. Sieht man sich ferner die Abbildung des Geweihes beim Frosche (KünnE, p. 154) an, so werden dort gewisse Kerne als »Kerne der SCHWANN’schen Scheide« beschrieben. Dieses sind nun aber nicht Kerne der Schuwann’schen Scheide, sondern es gehören dieselben der Hente’schen Scheide an, wie dies aus ihrer Zahl und ihrer Lage hervorgeht, und hat Künne die Hexte’sche Scheide mit der SCHWANN’schen verwechselt. Während ich, besser wie viele Andere, die Schwierigkeiten, die es hier giebt, kenne und den Leistungen von KÜHNE, die er mit Hilfe von sehr mangelhaften Methoden zuwege gebracht hat, die höchste Achtung schenke und mich fast schäme, Kritik zu üben, muss 346 Chr. Sihler, ich doch darauf aufmerksam machen, dass die hypolemmale Theorie damals entstanden ist, als noch solche Verwechslungen möglich waren, dass man also die Angaben aus jener Zeit nicht als unfehlbar ansehen sollte. Ferner bringst Künne das als Beweis für seine Theorie, dass Silbernitrat einen schwarzen Mantel unter dem Sarkolemm hervor- bringe, in dem die »intermuskuläre Nervenvertheilung als eine weiße Silhouette sichtbar« sei. Nur fehlt eben wieder der Beweis, dass jener Mantel auch wirklich unter dem Sarkolemm liegt. Endlich führt Künne die Beobachtung an, dass man durch ver- dünnte Salzsäure fast den ganzen Sarkolemminhalt in eine fließende Flüssigkeit verwandeln könne. An solchen Präparaten lösten sich die intermuskulären Achseneylinder erst mit den Spitzen, dann in sanzer Ausdehnung vom Sarkolemm ab, sanken in die Tiefe des Rohres und flottirten beim Bewegen der Flüssigkeit pendelnd in derselben. Woran man erkennen soll, dass diese gelösten Fasern in dem Sarkolemmaschlauche flottiren, wird nicht gesagt. Mir scheint aber dieser Versuch mehr für die Ansicht von KÖLLIKER zu sprechen. Denn wenn die Säure die Muskelsubstanz zu einer flüssigen Masse auflöst, wie sollte da ein nackter Achsencylinder unversehrt bleiben ? Ich denke mir, dass die Endfasern, durch die ScHwAnn’sche Mem- bran geschützt, allerdings abgelöst werden und auch flottiren — aber nicht innerhalb des Sarkolemmschlauches. Es muss nun dem Leser und künftigen Untersuchungen über- lassen bleiben, ob für Künne’s oder KÖLLIKER’S Ansicht die besten Beweise gebracht sind. Ill. Die Nervenendigung in der glatten Muskulatur. Um meine Ansicht über die Art und Weise, wie die glatten Muskeln mit Nerven versorgt werden, zu erklären und zu beweisen, will ich noch einige sogenannte Nervenendigungen in den quer- sestreiften Muskeln vorführen. Wenn auch in der Mehrzahl der Fälle in den letztgenannten Muskeln die Nervenversorgung derart ist, dass die motorischen Nervenfasern sich verzweigen und End- geweihe und Endbüschel von myelinhaltigen Nerven direkt an die Muskelfaser herantreten und sich mit derselben verbinden, so giebt es doch viele Muskeln in den vorderen Extremitäten, am Hals, der Zunge, den Augen des Frosches, in denen die mötorischen Nerven einen ganz anderen Habitus annehmen. Wir sehen hier, dass die Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 347 Nervenfasern, nachdem sie das Nervenbündel verlassen haben, sich in nackte Fasern zertheilen, Verzweigungen (auch mit Anastomosen) bilden, welche epheuartig die Muskelfasern durchdringen und in mannigfaltiger Weise mit dem Muskel Verknüpfungen bilden. Einen Fall, der uns besonders interessirt, zeigt uns Fig. 22, Taf. XXIV. Hier sehen wir von einem Nervenbündel abgehen einmal eine Nervenfaser, welche die Kapillaren versorgt, sodann eine andere, die ein einfaches Geweih (G) abgiebt und dann als eine lange, dünne myelinfreie Faser ihren Weg weiter geht, um über die Muskelfasern hinziehend mit mehreren derselben Kontakte zu bilden, und zwar mit Hilfe einer Reihe von kurzen Wärzcehen, wie wir diese in « und b genannter Figur sehen. Während wir diese Art Nervenversorgung meist in Bündeln von dünnen Muskelfasern, die ein gleichmäßiges Kaliber haben, finden, so habe ich eine solche doch auch an Muskel- fasern, die eine bedeutende Dicke haben, wahrgenommen, und Fig. 15, Taf. XXIH zeigt uns eine solche Kontaktstelle in mittelstarker Ver- srößerung. Die Muskelfaser war von mittlerer Dicke. Als ich zum ersten Male derartige Nerven zu Gesicht bekam, untersuchte ich gerade Muskelbündel, die aus Fasern von sehr geringem Durchmesser, aber von sehr gleichartigem Kaliber (beim Frosche findet man bekanntlich oft Muskelbündel, in denen dünne und dieke Fasern gemischt vor- kommen) bestanden, und konnte da in mehreren Präparaten von einer typischen Endigung gar nichts finden. Doch schienen die Nervenfasern an gewissen Stellen, wo sie über die Muskelfaser hin- liefen, etwas verbreitert zu sein, und kam mir der Gedanke, dass hier Nervenfaser und Muskelfaser verknüpft sein könnten. Eine einfache Betrachtung wird natürlich eine solche Frage nicht lösen. So versuchte ich denn durch Hin- und Herschieben des Deckglases einen Zug auf die Nervenfaser auszuüben und mich zu überzeugen, ob vielleicht eine Verbindung von Nervenfaser und Muskelfaser hier stattfinde. Dieses gelang mir auch, und die unscheinbare Fig. 12 auf Taf. XXIII zeigt uns die bestehenden Verhältnisse; man sieht also hier eine Verbindung von Nerv und Muskel ohne Endigung, es sei denn, dass man die kleine Verbreiterung an der Nervenfaser eine Endigung nennen will. Es befindet sich hier gerade ein Kern an der Verbindungsstelle, doch ist dessen Anwesenheit nicht nothwendig. Wenn wir nun solche Kontaktstellen, wie sie in Fig. 13 auf Taf. XXIII und in Fig. 22 auf Taf. XXIV gezeichnet sind, in Gedanken um so viel verkleinern, als wie eine .glatte Muskelfaser kleiner ist als 348 Chr. Sihler, eine quergestreifte, so würden wir dann anstatt der mit kleinen War- zen versehenen Stellen kaum von etwas verdickten oder verbreiterten Stellen der Nervenfasern reden können und dann eben nur sehen, ‘dass der Nerv über die Muskelfaser hinzieht, unter welchen Um- ständen aber ja ein vollkommener Kontakt von Nerv und Muskel möglich ist. Und so denke ich mir dann auch die Versorgung der glatten Muskeln mit Nerven, dass nämlich Nervenfasern, Netze bildend und über die Muskelfasern hinziehend, diese versorgen. Zur Untersuchung der Nervenendigungen in der glatten Musku- latur wählte ich kleine Arterien mit einfacher Muskellage und die Blase des Frosches. Fig. 26 auf Taf. XXIV zeist uns die Nerven einer Arterie von der Zunge, und was wir hier sehen sind einmal die gröberen Fasern, die deutlich neben dem Gefäße herlaufen und viel feinere Fasern, die kleine Verdiekungen oder wenigstens dunkler gefärbte Stellen auf- weisen und mit dem Muskelgewebe in direktem Kontakte sind. Die herrschende Theorie würde nun verlangen, dass von diesen letzgenannten feinen Fasern noch Eindfasern zu jeder einzelnen Mus- kelfaser abgehen, ich habe jedoch etwas Derartiges nicht entdecken können, obgleich ich viele Zeit und Mühe auf diesen Gegenstand verwendet habe. Es war mir nämlich sehr daran gelegen, aufzufinden, ob nicht die dunkel gefärbten Fäserchen, die zwei bis drei an Zahl an jeder Mus- kelfaser der Arterien, und zwar den Kanten derselben entlang verlau- fend, sich finden, etwa besonders intime Verbindungen mit den feinsten Nervenfasern eingingen, und vielleicht als die eigentlichen Nervenendigungen aufzufassen wären. Da nämlich die feinsten Nervenfasern ganz ähnlich aussehen, wie Doppelfasern jener an den Muskelfasern verlaufenden Fäserehen, so kann man sehr leicht in Irrthümer verfallen und dieselben als eine Fortsetzung von Nerven- fasern ansehen, und habe ich mich oft gefragt, ob nicht am Ende von anderen Beobachtern diese feinen, aber zum Muskel gehörigen Fasern als Nervenendigungen angesehen worden sind. Dieselben färben sich gerade wie Nerven und haben auch Varicositäten. Diese feinen Fasern, die sich an den glatten Muskelfasern befinden, werden weiter unten eingehender besprochen. — Eben so wenig, wie an den Arterien, konnte ich an den Muskelbündeln in der Blase von »Nerven- endigungen« etwas finden. Es glückte mir nicht, die Nerven weiter zu verfolgen, als es BREMER gelungen war. Ich finde hier gröbere, wenig Myelin enthaltende und myelinfreie Nervenfasern den Muskel- Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 349 bündeln entlang verlaufen und von diesen gehen sehr feine, schwache, mit Kernen versorgte Fasern ab, welche die kleinsten Bündel von Muskeln umspinnen und durchflechten, immer aber Anastomosen oder ein Netzwerk bilden und nicht frei auslaufen. | Die folgenden Überlegungen bestimmen mich, die beschriebenen Nervennetze als die Endorgane der motorischen Nerven der glatten Muskeln aufzufassen. Ich habe in dem ersten Theil dieser Arbeit nachzuweisen versucht und viele Beweise dafür gebracht, dass es bei der Versorgung der. Muskeln mit Nerven nicht auf Endfasern, sondern auf Kontaktstellen ankommt, und durch das von mir beschriebene Netz ist, wie sich leicht Jeder überzeugen kann, reichlich Gelegenheit gegeben, dass jede Muskelfaser mit einer Nervenfaser in Berührung kommt. Was würden hier specielle Endfasern mehr bieten? Kommt es doch immer bei den mit glatten Muskeln versehenen Hohlorganen darauf an, dass dieselben sich als ganze kontrahiren, und ziehen sich hier nie einzelne Muskelfasern zusammen ohne die anderen. Im Systeme der quergestreiften Muskeln ist dies anders, und können hier kleine Gruppen von Fasern, ja selbst (Gesichts-, Zungenmuskeln) die ein- zelnen Muskelfasern sich zusammenziehen. Ein zweiter Grund, warum ich die beschriebenen Endnetze in der Slatten Muskulatur für die Endorgane halte, ist der, dass diese End- netze durchaus dem Endgeweihe in den quergestreiften Muskeln ent- sprechen, was Aussehen und Strukturverhältnisse betrifft. Denn auch in den quergestreiften Muskeln sehen wir, dass mit ScHwann’scher Scheide und mit Kernen versehene Fasern die Übertragung von Nerven- auf Muskelgewebe vornehmen und dass hierzu keine feineren, verwickelteren Apparate nothwendig sind. Abgesehen hiervon ist die Versorgung der glatten Muskulatur durch die beschriebenen Nerven- netze eine ungleich reichere, als die der quergestreiften Muskeln. Das Niehtfinden von einem histologischen Gebilde ist allerdings noch kein Beweis, dass dasselbe wirklich nicht da ist. Da es aber, wie noch gezeigt werden soll, mit meiner Methode ganz gut gelingt, die feinen Nerven, welche die Kapillaren versorgen, d. h. ganz mit denselben verbunden sind, zu beobachten, so glaube ich, dass, wenn die glatten Muskelfasern noch mit anderen Nervenfasern versehen wären, als den eben beschriebenen, ich dieselben auch hätte finden müssen, da ja diese Muskelfasern doch bedeutend größere Elemente darstellen, als die Zellen, die die Kapillaren aufbauen. In Fig. 16 auf Taf. XXIL sehen wir einen kleinen Theil des ein 350 | Chr. Sihler, Muskelbündel der Froschblase versehenden Nervennetzes. Da die Nervenfasern sehr oft nicht den Muskelfasern parallel, sondern auch schief und quer über dieselben hinziehen, so ist reichlich Gelegen- heit gegeben, dass die Muskelfaser irgend wo mit einer Nervenfaser in Berührung kommt. Wenn ich mit meinen Anschauungen nicht Recht hätte, wenn es so viele Nervenendigungen gäbe, als Kerne und glatte Muskelfasern vorkommen, so wäre es mir unmöglich, zu sehen, woher große Par- tien, z. B. der Froschblase, ihre Nervenversorgung haben sollten. Wenn man eine Froschblase untersucht, sieht man doch häufig von einem diekeren Muskelbündel ein dünnes, drei bis sechs kernhaltige Muskel- fasern enthaltendes zu einem anderen dieckeren hinübergehen. Hätte die Theorie, die Endigungen an jeder Faserzelle verlangt, recht, so müssten an diesen kleinen Bündeln auch Nervenendigungen zu sehen sein. Aber oft genug sind an solchen anastomosirenden Bündelchen keine Nerven, weder gröbere noch feinere, zu sehen. Meiner Auf- fassung macht das keine Schwierigkeit, da dieselbe annimmt, dass jedes kleine Muskelbündel in den dickeren mit dem Nervennetze in Berührung kommt. IV. Die Nervenscheiden, die Kerne der Nervenendigungen. Verknüpfung von Muskei und Nerv. Wie über die Lage der Terminalfasern, so besteht auch über die Deutung der an den Terminalorganen zu findenden Kerne keine Übereinstimmung unter den Autoritäten. Nehmen wir z. B. eine der neuesten Arbeiten über diesen Gegen- stand zur Hand, den schon erwähnten Aufsatz von HUBER und DEWITT im Journal of Comparative Neurology, Vol. V, Nr. 3 and 4, a con- tribution on the Motor nerveendings and on the Nerveendings in the Muscle Spindle, so sehen wir, dass dieselben die hier schon bestehende Verwirrung noch vermehrt haben, indem in derselben behauptet wird, dass die Endfasern der motorischen Nerven gar keine Kerne haben, so dass also Künnxe’s Endknospen gar keine Existenz hätten und KÖLLIKER umsonst für dieselben als der SCcHwANnN- schen Scheide angehörig eingetreten wäre. Da ich diesen Punkt schon besprochen habe, will ich nur noch mittheilen, dass.es mir an Muskeln, die ich gefärbt eimige Jahre in Glycerin aufbewahrt hatte, und die im besten Zustande waren, wiederholt gelungen ist, beim Zerzupfen das ganze Endgeweih von der Muskelfaser abzuziehen. Mag nun das Geweih einfach vom Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 351 Sarkolemm abgelöst worden sein oder mag der anklebende Theil desselben mit abgezogen worden sein, immer konnte ich das Geweih, ohne die Muskelfaser zum Hintergrund gehabt zu haben, und die Endfasern aufs klarste sehen. Aufs deutlichste waren da nun die sroßen Kerne, die an den Endfasern haften, zu erkennen, und nie ist es mir überhaupt auch nur eingefallen, daran zu zweifeln, dass diese Endfasern Kerne tragen. HUBER und Dewirtt sagen, dass sie in ihren Schnitten manchmal Kerne in der Nähe der Endfasern gefunden hätten, aber ihr »diffe- rential staining« und die Anwendung der Mikrometerschraube gaben ihnen guten Grund zur Behauptung, dass diese Kerne den Terminal- fasern nicht angehörten. Nun ja, Kerne, die sie zufällig in einem Schnitte in der Nähe der Endfasern gesehen haben, mögen freilich nur in der Nähe derselben gelegen haben. Wie wollen sie aber beweisen, dass das die Kerne waren, auf die es uns hier ankommt? Hier gilt es doch, die Endfaser der Länge nach abzusuchen, und wenn Einem dabei die Kerne entgehen, muss er mit sehr schlechten Methoden gearbeitet haben. Indem ich also Kühne, KÖLLIKER und andere Forscher auf diese wichtige Entdeckung von HUBER und Dewırt aufmerksam mache, muss ich selbst bei der alten Ansicht, dass die betreffenden Kerne der Schwann’schen Scheide angehören, stehen bleiben, und gehe nun zu der Besprechung der Kerne der Endfasern und Endplatten, der Sohle und es der HENLE- und ScHwann’schen Scheide über. Nach meinen Untersuchungen halte ich es für wichtig, die ge- nannten Gegenstände mit einander zu besprechen, da einer derselben auf den anderen Licht wirft. Was nun die HEnLE’sche Scheide betrifft, welche HuBER und DewITT gar nicht oder sehr oberflächlich beschreiben, so hat mir hier meine Methode etwas gezeigt, was mir eben so unerwartet als interessant war, dass nämlich beim Frosche die HEnLe’sche Scheide keine Verwachsungen eingeht, indem der Nerv an die Muskelfaser herantritt, weder mit der ScHhwann’'chen Scheide, noch mit dem Sarkolemm, sondern dass dieselbe offen ausläuft, so dass der Nerv daraus hervortritt, wie der Arm aus dem Ärmel. Und wie es ver- schieden zugeschnittene Ärmel giebt, solche wie am Rock, wo viel Platz für den Arm ist, und solche wie beim Hemde, wo das Kleidungs- stück sich eng dem Arme anschmiegt, so finden wir auch verschieden geformte Endstücke der Hente’schen Scheide. Besonders in der Zunge sind die weit offenen HEnLE’schen Scheiden sehr leicht nach- 352 Chr. Sihler, zuweisen, und sind sie hier so weit, dass vier bis sechs Nervenfasern darinnen Platz hätten. In anderen Fällen freilich läuft die Scheide konisch zu, und gäbe es nur solche, so wäre die Thatsache, dass ‘die Hexte’sche Scheide offen endet, nicht so leicht zu sehen. Ist man aber einmal auf dieses Verhältnis aufmerksam geworden, so ist fast immer die Stelle, wo die HExte’sche Scheide abschließt, leicht zu erkennen. Fig. 14 auf Taf. XXIII zeigt einige solche Nervenfasern mit Hexrte’schen Scheiden, bei denen bei a, 5, d, e ihr offenes Aus- laufen so deutlich als möglich zu sehen ist; leider kann ich seiner Größe halber nicht das ganze Präparat vorlegen, welches auch mehrere motorische Fasern mit konisch auslaufenden Scheiden zeigen würde. Die dünnere Faser (f) ist eine solche, die die Kapillargefäße resp. Arterien und Venen versorgt. In mehrere HExLE’sche Scheiden sieht man von oben hinein (g); den Einwand, dass es sich hier um mecha- nische Störungen handle, kann ich zurückweisen. Ich besitze noch die Abbildung von dem Präparate, an dem mir dieses Verhältnis zum ersten Male klar wurde. Fig. 25 auf Taf. XXIV zeigt eine Nervenfaser mit ihrer offenen Scheide, und sehen wir, dass hier die Nervenfaser, von der HENLE- schen Scheide umgeben, der Länge nach noch ein wenig auf der Muskelfaser hinzieht und so allen groben mechanischen Einwirkungen entzogen ist. Nicht ohne physiologisches Interesse ist die auf den ersten Blick so geringfügige Thatsache, dass die HExLeE’sche Scheide an ihrem Ende offen ist. Es lässt sich gestützt hierauf sagen, dass dies die Stellen sind, wo die Cerebrospinalflüssigkeit Gelegenheit hat abzufließen, und könnte, wenn dem so wäre, die Muskelthätig- keit durch die intermittirende Kompression der Endröhrchen eine Entleerung dieser Flüssigkeit befördern. Für die Richtigkeit meiner Ansicht über die HexLe’sche und SCHWANN sche Scheide spricht dann auch die Thatsache, dass man an den Endfasern der motorischen Nerven beim Frosche nur eine Sorte von Kernen findet, und da diese durchaus den Kernen der SCHwANN- schen Scheide entsprechen, wie man sie an Gefäßnerven und feinen motorischen Nervenfasern sonst findet, so ist kein Grund vorhanden, sie anders als der Schwann’schen Scheide angehörig aufzufassen. Dass die SchwAanNx’sche Scheide übrigens hier an den Endfasern noch vorhanden ist, kann man auch beweisen. Direkt sehen kann ich sie eben so wenig, wie HuBER und DEwITT; wenn man aber diese Fasern mit meiner Methode behandelt, einem Drucke aussetzt Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 353 und den Inhalt der Scheide zerklüftet, kann man, wie ich oben besprochen, sich von der Anwesenheit dieser Membran doch über- zeugen. Komplicirter sind die Verhältnisse bei den meisten anderen Thie- ren. KÜHNE spricht hier von einer Sohle und Sohlenkernen nebst den Kernen, die denjenigen entsprechen, die wir eben besprochen und der Scahwann’sehen Scheide zugesprochen haben. Hier scheinen mir die Muskeln der Schlangen von besonderer Wichtigkeit, weil sie sehr dazu beitragen, Klarheit über die hier bestehenden Schwierigkeiten zu bringen. Es giebt nämlich bei den Schlangen zweierlei Muskelfasern, die sich auch in ihrer Nerven- versorgung unterscheiden. Auber den gewöhnlicheren breiten Fasern kommen feinere Fasern vor, an welche myelinfreie oder wenigstens myelinarme Nervenfasern herantreten und sich mit den Muskelfasern verbinden. Diese feinen Nervenendfasern sind häufig mit Plättchen, Knötchen oder Beeren versehen, verzweigen sich öfters noch weiter, sind aber auch noch, wie die Endfasern beim Frosche, mit Kernen versehen, die ich als die Kerne der Schwann’schen Scheide auffasse. Ferner bieten sich diese Endfasern und ihre Kerne und Plättehen dem Auge ganz scharf und klar dar, was ja bei den Endfasern der &ewöhnlichen Endplatten nicht der Fall ist. Verfolgen wir diese feinen Fasern centralwärts, so sehen wir, dass sie in einiger Ent- fernung von der Muskelfaser ihre Hente’sche Scheide verloren haben; wir sehen also, dass wir da, wo die Hente’sche Scheide fehlt, auch die Endfasern scharf und deutlich sehen, ohne irgend einen proto- plasmatischen Hals oder etwas, was an die »Sohle« der Autoren erinnern könnte; kurz wir haben hier dieselben Verhältnisse wie beim Frosche. i Anders verhält es sich mit der großen Mehrzahl der Nerven- endigungen bei der Schlange, die denen der Eidechse ganz ähn- lich sind. Betrachten wir eine gewöhnliche Nervenendigung bei der Ei- dechse, so sehen wir, dass die Nervenfaser ganz nahe an der Muskel- faser eine wohlentwickelte Hrnue’sche Scheide hat, und hier kann man deutlich beobachten, besonders an Präparaten, in denen der Nerv von der Seite in die Endplatte übergeht (nicht in deren Mitte), dass die Hente’sche Scheide nicht wie beim Frosche und den eben be- schriebenen kleinen Endigungen der Schlange aufhört, sondern sich _ in die Endplatte fortsetzt, und während wir an den genannten kleinen Endigungen der Schlange die eigentliche Nervenfaser deutlich und 354 Chr. Sihler, scharf zu sehen bekommen, so sehen wir sie hier wie von einem Halo umringt, und wie durch eine feinkörnige protoplasmatische Sub- stanz verschleiert. Hier will ich einen der schwachen Punkte meiner Methode erwähnen. Da durch dieselbe alles Protoplasma gefärbt wird, so bekommen wir die Nervenendfasern nicht so scharf und deutlich zu sehen, als es wohl zu wünschen wäre. Wenn man aber stark überfärbt und dann entfärbt — etwa mit verdünnter Salzsäure, wobei das Nervenprotoplasma seinen Farbstoff später abgiebt, als die einhüllende Substanz — kann man sich doch über den wahren Sach- verhalt Klarheit verschaffen. Betrachten wir in diesem Falle eine Endplatte von oben, so sehen wir, dass sie einen scharfen Rand und Umrisse von meist ovaler Form hat, und von der Seite betrach- tet finden wir, dass sie eine Erhabenheit von schalenartiger Form bildet, so dass wir mit KüHnnE wohl von einem Nervenhügel reden können. Wenn ich solche Endplatten mit der Immersionslinse unter- suche, so finde ich dieselben Verhältnisse, wie man sie in KünHne’s Abbildungen von den Nervenendigungen der Eidechse findet; nur würde ich die Nervenendfasern nicht so breit zeichnen, als es bei Kühne der Fall ist, und habe ich den Verdacht, dass das Gold auch etwas von den Kittsubstanzen färbt. Mit KüHnneE sehe ich also außer den Nervenendigungen auch zweierlei Kerne und eine Substanz, welche die Nervenfaser umhüllt, und fragt es sich nun, wie man. diese verschiedenen Dinge zu deuten hat. Einmal sehe ich hier flache, ovale Kerne, die durchaus den Kernen von Endothelzellen entsprechen, und welche oft die Nerven- fasern kreuzen, also auf oder unter denselben liegen müssen. Außer diesen ovalen Kernen sehe ich noch mehr runde, diekere oder dunk- ler gefärbte Kerne, die den Nervenfasern anliegen. Die erstgenannten Kerne bieten allerdings dem Beobachter meist die Fläche dar, doch habe ich auch solche gesehen, die ihre Kante zeigten, oder die eine schiefe Stellung einnahmen, besonders am Rande der Platte, wo sich der Nervenhügel gegen den Muskel abdacht, und scheint mir die Deutung aller dieser Sachen ganz einfach, d. h. wenn man eben die Nervenendigung nicht unter das Sarkolemm verlegt. Die diekeren runden Kerne halte ich für die Kerne der SCHWANN- schen Scheide, wie man sie beim Frosche und den kleinen Endigungen der Schlange findet, die flachen Kerne hingegen deute ich als die Kerne der Endothelzellen, welche die Endausbreitung der HENLE- schen Membran auskleiden, die das Nervenendbüschel wie eine Kappe bedeckt, und die feinkörnige Substanz, welche die Endigungen der Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 355 Nerven umhüllt, stellt das Protoplasma der Endothelzellen dar, zu denen die flachen Kerne gehören. Man sieht, dass, während ich, was Thatsachen betrifft, die sich dem Auge bieten, mit Künne fast vollkommen übereinstimme, ich seine Auffassung derselben gewissermaßen herumdrehe — wie ich glaube, auf die Füße stelle, indem ich das, was er Sohlenkern nennt, Kappenkerne nenne, und das, was er als Sohlensubstanz betrachtet, als Kappensubstanz auffasse. Legen wir die Sohle mit ihren, .die Nervenfasern kreuzenden Kernen unter die Nervenausbreitungen, so müssen wir wieder nach einer Erklärung suchen, die den Kontakt von Nerv und Muskel möglich macht, etwas, was bei unserer Auf- fassung der Sachen durchaus nicht nothwendig ist, wenn man näm- lich die Nervenendigungen auf dem Sarkolemm lässt. Ferner, wenn etwa eine Ansammlung von Sarkoplasma als Sohle vorhanden wäre, so, meine ich, sollte diese sich doch auf dem Quer- schnitte einer Endplatte sehen lassen. Nun lassen sich nach unserer Methode leicht Querschnitte der Muskelfasern und Nervenendplatten machen, und muss ich behaupten, dass die Muskelstruktur unterhalb des Nervenhügels nichts Eigenthümliches zeigt und von einer An- sammlung von Sarkoplasma, das sich sehr schön färbt, absolut nichts zu sehen ist; kurz, dass unter der Endplatte ‘der Muskelquerschnitt serade so aussieht, wie irgend wo anders. Ich bleibe also bei der Ansicht — auch die Betrachtung der Endplatten führt mich dahin —, dass die Nervenendigung auf dem Sarkolemm liegt. Wohin geht denn die Hente’sche Scheide, möchte ich fragen, und wo sind ihre Kerne, wenn die sog. Sohlenkerne es nicht sind? Rerzıus sagt: »An den Methylenblau-Präparaten konnte ich fer- ner nicht sicher sehen, ob die Endplatten auf oder unter dem Sarko- lemm liegen.« Dieses Wort möchte ich durchaus unterschreiben. Da man ja ohne besondere Hilfsmittel das Sarkolemm gar nicht sehen kann, wie kann man da sagen, dass man sieht, dass sich das Neurilemm, das man ja auch nicht sehen kann, mit dem Sarkolemm verschmilzt. Würden nicht theoretische Rücksichten zu der hypolemmalen Ansicht gedrängt haben, die einfache Anschauung leistet dieser Theorie keine Stütze. Auch der Nervenhügel bei Schlangen und Eidechsen sieht aus wie ein angeheftetes Organ, und der scharfe Rand des Endhügels spricht dafür, dass eine Membran die End- verzweisgungen des Nerven umhüllt.- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVLII. Ba. 4 356 Chr. Sihler, Die Ansicht, die KÖLLIKER vertritt, erklärt auf. das einfachste die verschiedenen Kerne, während die Ansicht von KüHxeE in der Sohle und deren Kernen ein Hindernis findet, das beseitigt werden muss, und keine Auskunft über die Hexte’sche Scheide und deren Kerne bietet. | Ich möchte hier noch einmal hervorheben, dass es eine der Vor- züge meiner Methode ist, gerade die Nervenscheiden deutlich zu zeigen, und ich glaube, dass, wer die Hexte’sche Scheide deutlich verfolgt, auch zur Überzeugung kommen wird, dass es keine Sohlen- substanz giebt, sondern dass wir es hier bloß mit einer Endaus- breitung der Hexte’schen Scheide zu thun haben. Die Kerne, die man auf der Kante sieht, erkläre ich mir so, dass die Kappe Scheide- wände auf die Muskelfaser treten lässt, und die Endothelzellen mit ihren Kernen dieselbe Richtung einnehmen; und die sich dem Auge scharf zeigenden Kerne gehören der Randzone der Kappe an, wo sie sich gegen den Muskel abdacht. Dass Verwirrung geherrscht hat betreffs der Nervenscheiden, dass man HEnLE’sche und ScHhwann’sche Scheiden verwechselt hat, habe ich schon bemerkt und bin überzeugt, dass dies auch heut zu Tage der Fall ist. Denn ich bin sicher, dass, was HuBER und Dewırtt als Schwann’sche Scheide und deren Übergehen in das Sarkolemm Fig. 7, 4, darstellen und beschreiben, nichts Anderes ist, als die Hexre’sche Scheide. Denselben Fehler hat DoGIEL bei seiner Be- schreibung der Muskelspindeln begangen. V. Die Gefäßnerven. Außer den motorischen und Spindelnerven, welche letzteren ich im Archiv f. mikr. Anat., Bd. XLVI, p. 709, Taf. XXXVI besprochen habe, giebt es in den Muskelfasern noch eine dritte Art von Nerven, die wie die Muskelspindeln in den Lehrbüchern noch nicht recht Fuß gefasst haben. KÖLLIKER allerdings beschreibt nach meiner Meinung diese Nerven $ 113 seiner Gewebelehre, VI. Auflage, wo er von den sensiblen und Gefäßnerven der Muskeln handelt. Diese Nerven, aus denen KÖLLIKER zwei verschiedene Arten macht, bilden aber nach meinen Untersuchungen ein einziges, großes, peripheres Nervengeflecht, so ausgedehnt sicherlich, wie die Kapil- laren und kleineren Arterien und Venen des Muskelsystems, wahr- scheinlich des ganzen Körpers, und bin ich, was die physiologische Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 357 Bedeutung dieser Nerven betrifft, zu Ansichten gedrängt worden, die auf den ersten Blick etwas unorthodox aussehen. Während wir seit der GoLgr’schen Methode im ganzen Nerven- system ein Aggregat unabhängiger Neuren sehen sollen, kann ich hier nur ein durch das ganze Muskelsystem ausgedehntes Netzwerk finden, welches nirgends eigentlich Endigungen hat, und während wir seit CHARLES BELL jede Nervenfaser als eine entweder motorische oder sensorische ansehen, möchte ich diesem Nervengeflecht die Funk- tion zuschreiben, an jedem Ort Reize aufnehmen zu können und dar- auf in der Art zu reagiren, dass durch diese Reize die benachbarten Blutgefäße so beeinflusst werden, dass die gereizte Gegend mit mehr Blut versorgt, mit einem verstärkten Lymphstrom begossen wird, — kurz, dass diejenigen Processe angeregt werden, die, wenn sie die physiologischen Grenzen überschritten haben, mit dem Namen der Entzündung bezeichnet werden. Diese Nerven wären also sensorisch und motorisch zur selben Zeit. Eine eingehende Beschreibung dieser Nerven, die dem Gegen- stande entsprechen würde, würde ausgedehnte Abbildungen, welche viel Zeit und Geld erfordern, in Anspruch nehmen, und muss ich mich daher mit einer kurzen Beschreibung derselben begnügen. KÖLLIKER sagt p. 390: »Im Hautmuskel des Frosches fand ich auch Gefäßnerven, deren Verlauf und Ursprung mir jedoch nicht voll- kommen klar wurde.« Dieser Satz dürfte auf den Stand der Kenntnisse über diese Nerven und die Schwierigkeit ihrer Untersuchung genügendes Licht werfen. Denn wenn KÖLLIKER diesen Ausspruch thut, was dürften wohl Andere über diesen Gegenstand mitzutheilen haben? In der That wird die Sache in den Lehrbüchern kaum oder auch gar nicht berührt. Ich glaube nun ohne Anmaßung sagen zu können, dass mit Hilfe meiner Methode die Kenntnisse dieser so interessanten Nerven er- weitert werden können, da man Muskelbündel, welche nach dieser Methode behandelt worden sind, einem gehörigen Drucke aussetzen kann, wodurch die Muskelfasern getrennt, die Nervenfasern aber zum sroßen Theile doch nicht zerrissen werden. Zu gleicher Zeit erscheinen dieselben sehr scharf und deutlich wesen der Auflösung und Klärung der Bindesubstanzen. Eine der ersten Autoritäten auf diesem Gebiete schrieb mir, dass diese Methode bessere Resultate liefere, als die besten Goldmethoden (so weit es auf Gefäßnerven ankommt). Man kann also die Nerven weithin verfolgen 24* 358 Chr. Sihler, und die übrigen Gewebe auch klar und scharf sehen, und dieses ist bei der Lösung von solchen Fragen, die den Ursprung und Verlauf peripherer Nerven betreffen, durchaus nöthig. Untersucht man die Nervenbündel der Froschmuskeln, so findet man, dass außer den motorischen Fasern, welche an die Muskelfasern treten, noch feine myelinfreie Nervenfasern aus denselben hervor- kommen. Diese verzweigen sich und verfolgt man die Äste, so wird man sie bald an ein Kapillargefäß (auch Vene oder Arterie) treten und sich dort mit Nervenfasern vereinigen sehen, die den Gefäßen entlang verlaufen. Wir können hier an den Gefäßen eine oder mehrere solcher Nervenfasern antreffen. Im letzteren Falle sind die- selben durch Zweige und Querfasern mit einander verbunden. An- statt also die Nervenbündel zum Ausgang der Beobachtung zu machen, kann man auch die Kapillargefäße aufsuchen, in deren Verlauf man unsere Nerven immer findet. Diese Nervenfasern haben Kerne und sind also mit der Schwann’schen Scheide umkleidet. Dass sie nicht nackte Protoplasmafäden sind, kann man durch Zerklüftung des Protoplasmas in kürzere oder längere Stäbehen beweisen, wobei die Kontinuität der Faser nicht unterbrochen wird. Die Figg. 23, 25, 27, Taf. XXIV zeigen uns Kapillargefäße mit den begleitenden Nerven, und dürfte eine Beschreibung überflüssig sein. Ich besitze auch mehrere Zeichnungen, auf denen eine Nerven- faser vom Nervenbündel bis an ein Kapillargefäß verfolgt werden kann. Während mittlere und schwache Vergrößerungen genügen, dieses Nervennetz aufzuweisen, sind starke Vergrößerungen noth- wendig, Licht auf die Bestimmung dieser Nerven zu werfen. Mit der Immersionslinse kann man an günstigen Präparaten er- kennen, dass an der Wand der Kapillargefäße feine Nervenfasern verlaufen, die mit der Gefäßwand intim verbunden sind, und die von den eben beschriebenen Nervenfasern ausgehen. Diese, die eigent- lichen terminalen Fasern, unterscheiden sich von den erstgenannten, neben den Gefäßen verlaufenden dadurch, dass sie noch feiner und mit kleinen Varicositäten oder verbreiterten Stellen versehen sind, und werde ich in der Beschreibung derselben durchaus von BREMER unterstützt, indem er sagt: »Meinen Präparaten nach liegen sie (die Nervenfasern) den letzteren (Kapillaren) auf und treten, wie oben be- merkt, durch kleine knopfförmige Verdickungen in direkten Zusammen- hang mit dem Protoplasma der Kapillarzellen. « Fig. 23 auf Taf. XXIV zeigt uns ein Kapillargefäß mit den ihm anhaftenden Nerven; die verdickten Stellen möchte ich als etwas - Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 359 den Kontaktstellen der motorischen Nerven Entsprechendes ansehen. Wie die gröberen Fasern haben auch diese feinsten ihre Kerne und darum auch ihre Scuwann’sche Scheide beibehalten, so dass also durch kleine Perforationen oder nackte Stellen die Funktion aus- geübt wird, d. h. wenn Kontakt von Muskel- und Nervensubstanz absolut nöthig ist. Diese Abbildung Fig. 23 auf Taf. XXIV stammt von Muskeln, die gefärbt längere Zeit in mit Borax gesättigtem Glycerin gelegen hatten; der Borax hatte wohl Alles, was .von Kittsubsubstanz vorhanden war, aufgelöst und erlaubte so sehr häufig, diese Nerven auf größere Strecken zu verfolgen. Nur günstige Präpa- rate erlauben das zu sehen, was Fig. 24 uns zeigt. Meistens kann man nur kürzere Partien der den Kapillaren anhaftenden Nerven verfolgen, wenn aber physiologische Beziehungen zwischen diesen Nerven und den Kapillargefäßen bestehen, so muss man sich vor- stellen, dass auch die anatomische Verbindung eine sehr intime sei, und dass in den Fällen, in denen eine solche nicht nachzuweisen ist, die Nervenfaser, die sich ähnlich färbt, wie das Kapillarrohr, nur schwer sich unterscheiden lässt. Da sind dann die Kerne sehr wich- tig, indem sie uns den sicheren Beweis liefern, dass auch die Nerven- fasern da vorhanden sind, wo man sie gar nicht oder schwer zu Gesicht bekommen kann. | Ich habe an günstigen Präparaten so häufig gesehen, dass zwei Nervenfasern mit der Kapillarwand verklebt derselben entlang laufen, dass ich diese Anordnung fast als Regel aufstellen möchte, und die folgende Beobachtung macht diesen Satz noch wahrscheinlicher. In Präparaten, die einem ziemlichen Drucke ausgesetzt worden sind, findet man oft Kapillargefäße in eine Reihe von Fragmenten zerlegt, durch Querrisse oder Querräume getrennt, welche doch, auch wenn man das Deckglas hin- und herschiebt, in Reih und Glied bleiben, so dass die Kontinuität des Rohres nicht ganz gestört erscheint. Bei genauer Besichtigung zeigt sich nun, dass die Fragmente der Kapil- laren von den zuletzt beschriebenen Nervenfasern, die in intimem Kontakt mit der Gefäßwand stehen, zusammengehalten werden, ein weiterer Beweis für das Vorhandensein der Schwann’schen Scheide an diesen Nerven und deren relativer Festigkeit; denn hätte man es nur mit nackten Protoplasmafäden zu thun, so würden diese eben so gut in Stücke zerfallen sein, als die Substanz der Kapillargefäße. Fragen wir nun nach der Herkunft dieser Kapillarnerven, so sagt BREMER darüber Folgendes: »Dass eine markhaltige Faser sich theilt, der eine Zweig an eine Muskelfaser tritt, um hier einen Endapparat 360 Chr. Sihler, zu bilden, während der andere Gefäßnerv wird, kommt hier .noch öfters vor als im Hyoglossus.« Diesen Satz von BREMER kann ich nun durchaus nicht unter- stützen. Mit einer einzigen Ausnahme, wo von einem Plexus sowohl ein Gefäßnerv als eine motorische Endfaser abging, konnte ich nie finden, dass die Gefäßnerven von motorischen Nerven abstammten. Häufig genug freilich hatte ich Präparate vorliegen, in denen das stattzufinden schien, was BREMER behauptet, wo es aussah, als ob die Gefäßnerven von motorischen Nerven abgingen; aber ich fand immer, dass in einem Nervenbündel, aus dem die feinen myelinfreien Gefäßnerven hervortraten, auch solche feine myelinfreie Fasern zwi- schen den motorischen Fasern versteckt waren. Man kann sich ja leicht zurecht legen, wie BREMER zu Seiner Ansicht kam. Man denke sich eine motorische Faser in einer HENLE- schen Scheide, unter derselben und verdeckt durch dieselbe läge der Gefäßnerv. Es wäre, wenn der letztere aus der Scheide träte, schwer zu entscheiden, ob es sich um einen Zweig jenes motorischen Nerven handle oder nicht. Woher diese feinen Nerven stammen, ob sie von sympathischen Ganglien herkommen, oder ob es vasomotorische Nerven sind, die vom Rückenmark ausgehen, diese Frage konnte ich leider nicht zum Gegenstand meiner Arbeit machen, doch scheint mir dieselbe aller- dings von der größten Wichtigkeit, um Licht auf die Funktion des Nervenplexus, in den diese Fasern auslaufen, zu werfen. Aus der Zunge des Frosches hatte ich einmal ein Präparat ge- fertist, in dem in der Hente’schen Scheide eine myelinhaltige und eine marklose Faser enthalten war. In der Zunge des Frosches findet man diese feinen Nervenfasern sowohl aus Zweigen der motorischen Nerven abstammen, als auch aus den sensorischen Zweigen, die die Papillen versorgen. Was nun die weiteren Verbindungen dieser die Kapillaren ver- sorgenden Nerven betrifft, so ist die Froschzunge besonders geeignet, hierauf Antwort zu geben. In der Froschzunge haben wir ein für den Histologen außerordentlich anziehendes Organ. Es verlaufen dort zweierlei Nervenstämme; außer den verschiedenen Epithelzellen, die die Oberfläche bedecken, finden wir ferner eigenthümliche Muskel- fasern, Papillen von verschiedener Form, Kapillaren, Venen und Arterien ungemein reichlich mit Nerven versorgt; außer dem Binde- gewebe finden wir dann noch die oberflächlichen Lagen von Drüsen durchsetzt, kurz, ein Schnitt mit der Schere, den man sich durch Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 361 wiederholten und allmählichen Druck möglichst ausbreitet und ver- dünnt, gewährt Material zu stundenlangen Untersuchungen. Fig. 27 auf Taf. XXIV zeigt uns nun. ein Fleckchen aus einem solchen Schnitte, und wir sehen hier eine konische Papille mit ihrem Nerven und nehmen die Thatsache wahr, dass die Nervenfaser, die von der Papille herkommt, in das Nervengeflecht übergeht, das die Kapillargefäße umspinnt. Nicht immer findet man die Vereinigung - von Papillennerven mit den Kapillarnerven in solcher Nähe der Papille; verfolgt man aber die Nerven, die von den Papillen herab- steigen, so kann man sie stets in das die Kapillaren umspinnende Nervennetz verfolgen, und ausgedehnte Untersuchungen haben mich überzeugt, dass die Nerven der Papillen mit den Kapillarnerven ein einziges System darstellen, das ein Kontinuum durch die ganze Zunge bildet, und da wir die Papillennerven doch wohl als sensorische Nerven auffassen dürfen, hätten wir Beweise für den sensorischen Charakter der Kapillarnerven gefunden. Für diese Auffassung spricht auch die Thatsache, dass die Ka- pillarnerven mit den Nerven, die an der Unterfläche der Zunge im Bindegewebe verlaufen, ein System bilden. In diesem Punkte finde ich mich ebenfalls nicht in Ünbenedeinn- mung mit BREMER. BREMER kritisirt KLEIN, dass seine Abbildungen Nerven zeigen, welche von dem die Gefäße begleitenden Plexus in die benachbarten Gewebe abgingen und dann eine andere Richtung einschlügen. »Ein solches Verhalten« fährt er fort, »existirt aber in Wirklichkeit nicht mehr, mit Ausnahme der oben erwähnten Fälle, in denen Kapillarnerven in Endapparate der quergestreiften Muskel- fasern gehen.« BREMER weist also von der Hand, dass zwischen den Kapillar- nerven und sensorischen Nerven Verbindungen bestehen, will aber solche mit motorischen Endfasern gesehen haben. »Hin und wieder, «< sagt er, »anastomosiren die Nerven benachbarter Kapillaren, sie treten jedoch mit den Nerven der Nachbargewebe in keine Ver- bindung, sondern bilden ein in sich abgeschlossenes System. « Dieser letzte Satz würde aber nicht gelten, wenn diese Nerven, wie BREMER will, von den motorischen Nerven abstammen. Und doch ist diese Angelegenheit nicht so einfacher Art, dass man diese Nerven einfach etwa als sensorische auffassen dürfte. Verfolgt man nämlich die Nerven, die die Kapillargefäße ver- sorgen, centralwärts, so sehen wir, dass dieselben ununterbrochen in das Netz übergehen, also Theile desselben sind, welches die Arterien 362 | Chr. Sihler, und Venen umspinnt; nun aber stammen von diesem Netze auch die Fasern, welche die Gefäßmuskulatur versorgen und also motorischer Art sind. KÖLLIKER sagt in seiner Besprechung dieser Nerven: »An Ge- fäßen von entschiedenem arteriellen Bau sah ich sie in einzelnen Fällen, vermisste sie jedoch häufig ohne in dieser Beziehung ganz Sicheres vorbringen zu können.« KÖLLIKER beschreibt allerdings nur diese Nerven im Brusthaut- muskel. Im Allgemeinen trifft aber diese Beschreibung nicht zu. Im Gegentheil habe ich die Arterien besonders reichlich mit Nerven ver- sorgt gesehen und habe ich, um dieses Verhältnis und den Zusammen- hang zwischen den Kapillarnerven und vasomotorischen der Arterien recht zutreffend zu erläutern, Fig. 25 auf Taf. XXIV entworfen, worin eine Arterie mit Übergängen in Kapillargefäße dargestellt ist. Eine größere Arterie aus der Zunge des Frosches hätte ein noch reicheres Netz dargeboten. Doch herrschen für die verschiedenen Körpertheile hier gewiss große Unterschiede. So z. B. sind in der Blase im Vergleich zur Zunge diese Nerven sehr sparsam ent- wickelt. Um noch einmal meine Ansicht zusammenzufassen, so trete ich für die Ansicht auf, dass es ein terminales Netzwerk giebt, ohne eigentliche Endigungen, das die Kapillaren versorgt, und sich in die Papillen fortsetzt und im Bindegewebe sich verzweigt, das sowohl mit motorischen als sensorischen Nervenfasern in Verbindung steht. Das ist keine Hypothese, sondern Thatsache. | Was die Verzweigungen dieser feinen Nerven im Bindegewebe in Fascien etc. betrifft, so tritt KÖLLIKER mit für die Ansicht auf, dass dieselben frei auslaufen, und SacHs vertritt eine ähnliche Idee, will auch die Endfasern, die Muskelfasern umspinnen, sehen. KÖLLI- KER hat mit seiner verdünnten Essigsäure gearbeitet. Ich sollte den- ken, die Verfolgung feiner Nerven müsste sehr schwierig sein nach dieser Methode. Mit meiner Methode arbeitend konnte ich nie frei auslaufende Enden sehen, und stehe ich hier auf der Seite von BEALE. Indem ich den streng histologischen Theil der Arbeit abschließe, erlaube ich mir, meinen Dank auszusprechen an EHRLICH für das essigsaure Hämatoxylin, an KÖLLIKER für seine verdünnte Essig- säure, die eine so vorzügliche Fixirung der feineren Strukturverhält- nisse erlaubt, die Anwendung des Hämatoxylins möglich macht und Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. : 363 die Gewebe zum Zerzupfen in den geeigneten Zustand bringt, und endlich an BEALE, dessen Methode ich seit dem Beginn meiner histo- logischen Arbeiten verwandt habe, und von dessen Methode die meinise abstammt. BEALE, der immer für ein peripheres Nerven- seflecht aufgetreten ist, hat wahrscheinlich die epheuartigen Nerven gesehen und hätte in einem gewissen Grade doch recht. Ich bin überzeugt, dass sich manche Probleme wohl nach der BEALE’schen Methode, nicht aber durch das Mikroskop lösen lassen. Hätte ich nicht diese drei Vorarbeiten gehabt, so wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. VI. Über die Funktion der Kapillargefäßnerven. Wenn ich selber auch keine Versuche anstellen konnte, um die Funktion dieser Nerven an den Kapillargefäßen aufzuklären, so glaube ich doch, dass, wenn man zusammenstellt, was die histologischen Untersuchungen, die klinischen Erfahrungen und die Experimente, die an diesen Nerven gemacht worden sind, über den vorliegenden Ge- senstand aufzuweisen haben, man eine wohlbegründete Theorie über die Thätigkeit dieser Nerven aufstellen darf. Die Experimente, die an diesen Nerven gemacht worden sind, sind allerdings ohne bestimmte Vorstellungen und Kentnisse über dieselben gemacht, außer solchen, die Jeder über vasomotorische Nerven hat, die aber, so weit histologische Fragen hier ins Spiel kommen, sehr mangelhaft sein mussten, da weder die Goldmethode noch die verdünnte Essigsäure noch das Methylenblau, wie es angewandt worden ist, diese Struk- - turverhältnisse aufklären konnten. Daher denn auch BrEMmERrR’s Mit- theilungen über diesen Punkt theils lückenhaft, theils verkehrt sind. Aber eben desswegen, weil man keine bestimmte Theorie über diese Nerven aufstellen wollte, sind die betreffenden Versuche desto werth- voller. Die Theorie nun, zu der ich so zu sagen gedrängt worden bin, und die oben schon kurz erwähnt wurde, ist folgende: die Nerven an den Kapillargefäßen beeinflussen diese so, dass, wenn sie einen Reiz auf sie ausüben, dieselben den Geweben, die sie versorgen, srößere Quantitäten von Lymphe liefern; sie sind aber auch befähigt, lokale Reize mechanischer oder chemischer Art aufzuneh- men und darauf entsprechend zu reagiren, wobei sie in der Gegend der gereizten Stelle den Irrigationsstrom erhöhen; ferner, da diese Nerven aber auch mit sensorischen Fasern verbunden sind, benach- richtigen sie die höheren Nervencentren von den lokalen Verhältnissen 864 ‚Chr. Sihler, und Störungen. Da thatsächlich mit einer erhöhten. Transsudation von Lymphe eine Gefäßerweiterung eintritt, dürfte vielleicht auch angenommen werden, dass von ihnen auch inhibitorische Einflüsse auf die Vasoconstrietoren ausgeübt werden. Ich bemerke hier aber noch speciell, dass man bei dieser Thätigkeit der Kapillarwandungen nicht etwa an eine Erweiterung derselben zu denken, sondern dass man eine specifische Leistung dieser Organe anzunehmen hat, wie die Kontraktion beim Muskelgewebe, die chemische Arbeit der Drüsen, dass man sich also ähnliche Vorstellungen mit den Kapillar- sefäßzellen und ihren Nerven verknüpfen soll, als die Lehrbücher sie von den Drüsenzellen und deren (problematischen) Nerven ver- langen. Ob nun die Wandungen der Kapillargefäße im Stande sind, auf Nervenreiz hin einfach größere Poren hervorzubringen, durch die der Blutdruck die Lymphflüssigkeit drängt, oder ob sie mehr in der Art der Drüsenzellen fungiren — diese Fragen können wir hier unentschieden lassen. Als ich vor 19 Jahren die Jouns HoPkIns University verlassen hatte, stellte ich mir die Aufgabe, die Endausbreitungen der Chorda tympani in der Submaxillardrüse aufzufinden, wegen des hohen phy- siologischen Interesses, das mit der Submaxillardrüse und ihren Nerven verknüpft ist, da ja bekannterweise diese Organe für das physiolo- gische Experiment so günstig gelegen sind. Die Untersuchungen der Muskelnerven sollten mir Licht auf jene Frage werfen. 1) Da die Resultate an den Nerven der Submaxillardrüsen uns hier interessiren, so erwähne ich, dass ich an den Drüsenzellen selber, eben so wenig wie KÖLLIKER, Nerven auffinden konnte, hingegen zum Schlusse kam, dass die Terminalfasern der Chorda sich den Kapillar- sefäßen anheften, wie ich das oben betreffs der Nerven der Muskel- kapillaren beschrieben habe. An dieser Stelle ist uns nun besonders wichtig die Thatsache, dass die Chorda ohne allen Zweifel ein moto- rischer Nerv ist, und sollte ich also Recht mit meiner Anschauung haben, so würde damit die motorische Natur der Kapillarnerven be- wiesen sein, da ja diese Nerven bei den Muskeln auch von Fasern des sympathischen Systems versorgt werden. Dass aber ferner diese Nerven an den Kapillargefäßen für moto- rische angesehen werden dürfen, dafür spricht die Struktur derselben, die bei den glatten Muskelfasern sowohl als bei den quergestreiften als mit Schwann’scher Scheide und Kernen versehen von mir beschrieben worden sind, und wir auch gezeigt haben, dass es hier nicht auf Endigungen, sondern auf Kontaktstellen ankommt. Wer an Nene Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 365 dem Problem arbeitet, ob die Nervenendigungen auf oder unter dem Sarkolemm liegen, wird wohl mit mitleidigem Lächeln angesehen wegen der unwichtigen Arbeit. Aber während es an und für sich ziemlich gleichgültig sein mag, wie diese Frage beantwortet wird, so ist desswegen eine solche Antwort nicht gleichgültig, weil andere Untersuchungen dadurch beeinflusst werden können. So werden Die- jenigen, die beim Muskelgewebe »nackte Endfasern sehen, auch in der Speicheldrüse nach ähnlichen Einrichtungen suchen. Mich jedoch haben meine Untersuchungen anders belehrt und ich finde eben an den Nervenendigungen des Muskels eine Stütze für die Annahme, die Nerven- fasern an den Kapillargefäßen auch als »Nervenendigungen« anzusehen. 2) Muskelgewebe kann sich zusammenziehen und wieder erschlaf- fen; wir sehen das mit bloßen Augen. Dass dieses Gewebe solche große innere Veränderungen erfahren kann, das hätte uns die Betrachtung des todten Gewebes mit dem Mikroskop nicht geoffenbart. Was die physiologischen Schwankungen des molekularen Zu- standes der Kapillarwandungen eigentlich sind, darüber werden wir in den physiologischen Lehrbüchern noch nicht belehrt. Mir scheint es, als ob man bisher die Kapillarzellen sich als mehr passiv vor- stellte und bei vasomotorischen Vorgängen hauptsächlich an Erweite- rung der Gefäße dachte. Es giebt aber zwei Vorgänge, die uns zeigen, dass die Differenz zwischen verschiedenen vitalen Zuständen der Kapil- larzellen eben so bedeutend sein müssen, als es beim Muskelgewebe die Kontraktion und die Ruhe ist. Ich erinnere an die Vorgänge bei der Entzündung und bei der Bildung von Drüsensekreten. Mag man sich die Ursache für die Veränderungen in den Wän- den der Gefäße denken, wie man will, Thatsache bleibt es, dass bei der Entzündung nicht nur größere Lymphmengen geliefert wer- den, sondern dass auch diese Veränderung so bedeutend sein kann, dass körperliche Elemente die Wände durchdringen. Und doch kehren die Kapillarwandungen in den normalen Zustand zurück. Ferner, wenn die Verdauungsdrüsen, die Milchdrüse, zur Thätig- keit angespornt werden, so werden in kurzer Zeit hier sehr bedeu- tende Quantitäten von Flüssigkeit geliefert, welche die bei der Ruhe dieser Organe abgesonderten um das Vielfache übertreffen. Hier müssen die vitalen Zustände der Kapillarwand auch bedeutende Um- stimmungen durchmachen, da durch einfache Erweiterung der Arterien es nicht zu erheblich stärkerer Lymphtranssudation kommt. 3) Wird der Zweig der Chorda, der in die Submaxillardrüse 366 | - Chr. Sihler, geht, elektrisch gereizt, so steigt bald der Speichel in dem Rohre, das in den Wnrarron’schen Gang eingebunden ist, und zwar kann er höher steigen als es das Blut in der Carotis thun würde. Da ‚nun aber bei Anwendung des Atropins, trotz Erweiterung der größe- ‚ren Gefäße die Speichelformation aufhört, so müssen andere Faktoren vorhanden sein, die außer der reicheren Blutzufuhr nöthig sind, um die erhöhte Sekretion zu erklären. Die Physiologen haben nun, so viel ich weiß, ohne Ausnahme die Drüsenzellen zur Aushilfe herbeigezogen, und diesen die nöthigen Nervenendigungen zugeschrieben. PFLÜGER hat diese Nerven ja auch abgebildet, aber KÖLLIKER und Andere haben nichts Derartiges finden können. Wären solche Nerven vorhanden, so würde man gewiss die Stellen finden, wo ein kleines Nervenbündel oder auch einzelne Nervenfasern die Kapseln der Alveolen oder der Gänge durchbrechen, und den Übergang der Hexze’schen Scheide in die Membrana pro- pria der Drüse würde man sicher mit Leichtigkeit sehen können, auch wenn die weiteren Verzweigungen der Fasern schwer aufzu- finden wären. Aber ich habe eben so wenig wie Andere hier etwas Derartiges entdecken können. Die Nervenbündel werden kleiner und kleiner, bis man ihre Reste nur noch an den Gefäßen findet. Zerdrückt man vorsichtig ein Stückchen Drüse, das alle Elemente enthalten muss, so sieht man, von den Gängen abgesehen, wenn man z. B. mit BzAne’schem Karmin durchgefärbt hat, vielerlei Kerne, ein- mal die zu den Drüsenzellen gehörenden, dann diejenigen der Endo- thelialzellen, die die Membrana propria bekleiden, dann die Kerne, die den Kapillargefäßen angehören, und endlich noch Kerne, die den Kapillargefäßen außen anhaften. Mit Hilfe von Anilinfarben über- zeugte ich mich noch, dass diese Kerne feinen Nervenfasern ange- hören, die den Kapillargetäßen eng anliegen. Nachdem ich meine neue Methode aufgefunden u konnte ich mich mit dieser ebenfalls von der Existenz jener Nerven über- zeugen und zugleich sehen, dass hier ein solcher Reichthum von Nervenfasern sich vorfindet, dass man dieses Geflecht für die Aus- läufer der Chordafasern ansprechen darf. Haben nun die Kapillar- sefäße kernhaltige Nervenfasern, warum sollten die Drüsenzellen nicht auch solche haben, sind sie doch wichtigere Gebilde als jene? Nebenbei gesagt halte ich die sogenannten Gıanuzzr'schen Zellen für Kunstprodukte, die durch Falten und Umrollen der Membrana propria entstanden sind, und wodurch jene genannten Endothelial- zellen oft eine halbmondförmige Gestalt annehmen. Ich habe genug Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 367 halbmondförmige Kerne durch Druck aufs Deckglas in die gewöhn- lichen flachen, ovalen Kerne von Endothelialzellen verwandelt, wobei dann ihre dunkelrothe Farbe in eine blassrothe überging. Drücken und Umherschieben des Deckglases ist oft ein probates Mittel, um uns vor Betrug, den uns unsere Augen im Verein mit unseren Theo- rien nur zu gern aufspielen, gründlich zu bewahren. Ich meinerseits würde schon desswegen a priori keine Nerven an den Drüsenzellen erwarten, weil bei den Drüsensekreten Wasser ein sehr wichtiger Bestandtheil ist, weil ferner etwaige chemische Leistungen der Drüsenzellen, analog der Kontraktion der Muskeln, für den Organismus gar keinen Sinn hätte, wenn nicht auch zu gleicher Zeit die Produkte der Drüsenzelle gelöst würden. Ist aber sonstwie dafür gesorgt, dass bei Anforderungen an die Drüse den Zellen plötzlich große Mengen von Lymphe zugeführt werden können, so ist ja eine solche Überfluthung mit Nährmaterial vollkommen genügend, zu gleicher Zeit als Stimulus für die Zellen zu dienen, sollte ein solcher nothwendig sein. Um aber Flüssigkeits- mengen schnell in großen Quantitäten zu liefern, scheinen mir die Kapillarwandungen, die sich obendrein des Blutdruckes bedienen können, bei Weitem besser geeignet als die Drüsenzellen. Ange- nommen, wir gäben den Drüsenzellen Nerven: ich kann verstehen, wie etwa Nervenreiz sie anregen könnte, ihre Reservestoffe in lös- liche Produkte umzuwandeln. Wie aber sollen sie zu den großen Flüssigkeitsmengen kommen, die hier nöthig sind. Die Kapillar- wände sind vitale Protoplasmagebildee Kaum sind da physische Poren zu erwarten, durch welche die Drüsenzellen kräftig Flüssig- keit aufsaugen könnten. Es würde ja sonst der Blutdruck die Lymphräume bald überfüllt haben. Sind: aber keine solchen vor- handen, und können keine Nerven von den Drüsenzellen an die Kapillarzellen gehend gefunden werden, so könnte nur die Eintrock- nung der Lymphräume einen Reiz auf die Kapillarwandungen aus- üben, ein Vorgang, der bei der Schnelligkeit der Sekretbildung mir unwahrscheinlich ist. Nach unseren Untersuchungen würden also nicht die motorischen Nerven der Muskeln, sondern die zu den Kapillargefäßen gehenden es sein, die für die Drüsennerven die analogen Gebilde sind. 4) Aber warum soll man denn Nerven für die Drüsenzellen selbst fordern, da ja sogar Versuche vorliegen, die beweisen, dass ohne Drüsenzellen auch Lymphvermehrung möglich ist. Von der Chorda tympani geht nämlich ein Zweig in.die Submaxillardrüse, ein anderer 368 | Chr. Sihler, Zweig mit dem N. lingualis in die Zunge. Wird nun dieser letzt- genannte Zweig der Chorda gereizt, so findet in der Zunge eine bedeutende Ansammlung von Lymphe statt. Der Versuch, der diese - Thatsache beweist, ist von OSHOUMOFF schon vor Jahren beschrieben worden, aber erst kürzlich leider kam er mir in CoHNHEIM’s all- gsemeiner Pathologie zu Gesicht. Hätte ich früher davon gewusst, so hätte ich auch Untersuchungen an der Chorda der Zunge ange- stellt. Nach OsHOoUMoFF wird 10 Minuten nach Beginn der elek- trischen Reizung des Lingualis, resp. der Zungenchorda, ein Ödem der Zunge dem Auge bemerkbar, das in den nächsten 10 Minuten kontinuirlich bis zu einer sehr ansehnlichen Stärke anwächst. ÜOHNHEIM bemerkt hierzu, dass dieser bemerkenswerthe Ver- such, sowie auch das rasche Aufschießen von Urticariaquaddeln dar- auf hinweisen, dass innige Beziehungen zwischen Lymphbildung und Gefäßinnervation bestehen müssen. Wenn nun die beiden Zweige der Chorda, elektrisch gereizt, die Transsudation von Lymphe erhöhen, warum sollen nicht in beiden Fällen dieselben physiologischen Vorgänge obwalten, warum nicht in beiden Fällen dieselben histologischen Gebilde diesem Processe dienen? Warum zieht man bei der Drüse die hypothetischen Drüsen- nerven herbei, wenn man doch in der Zunge ohne dieselben fertig werden muss und kann. 5) Rocowıcz hat nun den Versuch von OSHOUMOFF noch er- weitet. Um einen Einblick zu erlangen, wie schnell die Lymph- bildung auf Nervenreiz erfolgt, spritzte er einem Hunde indigoschwefel- saures Natron ins Blut und stimulirte dann die Zungenchorda. »Die Beobachtung der Zunge ,« sagt Rogowıcz, »gewährt unter diesen Umständen einen überraschenden Anblick, wenn der Blutlauf auf der nicht gereizten Seite sich in normalem Zustande befindet. Die dem gereizten N. lingualis entsprechende Zungenhälfte wird in kurzer Zeit tief blau, und zwar zu einer Zeit, in welcher die andere Hälfte nur einen schwachen blauen Schimmer zeigt. Bricht man in diesem Momente die Injektion ab, so bleibt die Differenz längere Zeit be- stehen. Sie, die blaue Färbung, besteht auf schneller Filtration blauer Lymphe in das Gewebe der gereizten Zungenhälfte. Rogowıcz bringt auch die Beweise, dass die Färbung nicht etwa von dem im Blute befindlichen Farbstoffe herrührt, sondern dass in solchen Fällen der Farbstoff in den Lymphräumen zu finden ist, und sogar, bei einem ähnlichen Versuch am Kaninchen, den Ohrknorpel färbt. 0GOWICZ hatte diese Arbeit, aus der diese Mittheilung stammt, Neue Untersuchurgen über die Nerven der Muskeln etc. 369 unternommen, um mit Rücksicht auf Deutung der pseudomotorischen Erscheinungen den Nachweis für eine Steigerung der Lymphbildung dureh Steigerung der Blutzufuhr zu liefern. Seine Versuche zeigten nicht nur, dass dies der Fall sei, sondern dass, wenn gewöhnlich die Lymphbildung von erhöhter Blutzufuhr begleitet ist, man aber auch den Lymphstrom vermehren kann, ohne diesen Faktor. »Es kann,« sagt RoGowIcz, »eine Verdreifachung oder Vervierfachung der Lymphmenge ohne merkliche Zunahme der Blutzufuhr stattfinden, ein Beweis, dass der Blutstrom, obschon eine der wirksamen Be- dingungen, so doch nicht die einzige in Betracht kommende Be- dingsung für die Lymphbildung bildet.« Eine solche vermehrte Lymphabsonderung ohne gesteigerten Blut- druck wird z. B. durch die Einwirkung des Curare hervorgebracht. Wir haben also hier wieder einen Beweis dafür, dass Vermeh- rung der Lymphabsonderung und Erhöhung der Blutzufuhr keineswegs identisch sind. Während die Experimente an der Submaxillaris ge- zeigt haben, dass trotz starker Blutzufuhr es doch nicht zu ver- mehrter Transsudation von Lymphe kommen kann, wenn Atropin hindernd entgegentritt, so zeigt RoGowIcz an Experimenten an der Zunge, dass bei sich gleichbleibender Blutzufuhr die Lymphabsonde- rung erhöht werden kann. 6) Endlich erwähne ich noch mehrere Beobachtungen aus der Arbeit von HEIDENHAIN über die pseudomotorische Wirkung der Chorda auf die Muskelfasern der Zunge, die durch Durchschneidung des Hypoglossus gelähmt und für die mildesten Reize empfindlich gemacht worden waren. HEIDENHAIN fand nämlich, dass die Muskelkoncentrationen der Zunge auf Reizung der Chorda hin immer von einer Erweiterung der Gefäße begleitet wurden, dass schon Einspritzung von normaler Salzlösung die Kontraktionen hervorrief, dass auch die erhöhte Blut- zufuhr von verstärkter Lymphaussonderung gefolgt wurde, und sagt, dass man sich den Zusammenhang der Thatsachen so denken könne, dass der durch den vasodilatatorischen Einfluss vermehrte Lymph- strom auf die überempfindlichen Muskelfasern reizend einwirke. Nun fand aber HEIDENHAIN auch, dass bei der Abklemmung der Arterien die Reizung der Chorda auch noch Zusammenziehungen der Zunge hervorrief, die jedoch bald schwach wurden und ganz aufhörten, während zur selben Zeit die andere Zungenhälfte auf Hypoglossusreizung noch reagirte. HEIDENHAIN sagt nun also: »Nach diesen Beobachtungen er- 370 | ı Chr. Sihler, scheint es zwar nicht unwahrscheinlich, dass schnell eintretende Steigerung der Flüssigkeitsmenge, welche das Zungenparenchym tränkt, als Reizursache auf die gelähmten Muskeln zu wirken im Stande ist. Aber ich muss doch ausdrücklich betonen, dass ich einen strengen Beweis dafür nicht erbracht habe, in dem Mitgetheil- ten vielmehr nur Gesichtspunkte für die weitere Untersuchung sehe. Vor Allem fehlt der Beweis dafür, dass auch noch an der eirku- lationslosen Zunge durch Chordareizung Lymphbildung hervorgebracht werden kann.« Die letzten Worte von HEIDENHAIN sind mir in zweifacher Be- ziehung wichtig. Sie sprechen so deutlich als möglich für die Richtig- keit der aufgestellten Theorie. Ich habe oben betont, dass man die Gefäßerweiterung (besonders der Arterien) und die aktive Thätig- keit der Kapillarwandungen streng aus einander zu halten habe, dass, wenn auch beide Processe nothwendigerweise Hand in Hand gehen, da ja nicht größere Quantitäten von Lymphe auf die Dauer geliefert werden können, wenn nicht die Blutzufuhr erhöht wird — so sollten eben beide unterschieden werden. Da ich mir nun keinen anderen Reiz denken kann bei diesem Versuche von HEIDENHAIN an der Zunge, der die Blutzufuhr durch Arterienabklemmung abgeschnitten war, so ist für mich die Beobachtung, dass trotz Blutabsperrung Kontraktionen eintreten, eben ein Beweis, dass diese aktive Lymph- absonderung der Kapillarwandungen wirklich besteht und von größter Bedeutung für die Deutung vieler pathologischen und physiologischen Vorgänge ist. | Die Zunge, von der HEIDENHAIN hier spricht, war ja noch nicht blutleer. HeımenHAaIn bespricht das Aussehen derselben, das auf Füllung der Venen mit mehr oder weniger (je nach der Hälfte) sauer- stoffarmen Blutes beruhte; für die hier sehr geringe Thätigkeit unserer Kapillarwandung und Nerven war also noch Gelegenheit. Die Worte sind für mich persönlich aber auch von Interesse, weil daraus hervorgeht, dass HEIDENHAIN keine klare Theorie über die Leistungsfähigkeit von Kapillarwandungen und ihren Nerven aufstellt. Hätte er es gethan, so hätte er ja die Erklärung bieten können für die pseudomotorischen Kontraktionen. Er hätte aber freilich damit auch sehr bedenklich an Vielem von seiner Theorie der Drüsenphysiologie gerüttelt. Ich wüsste nicht, dass ich irgendwo die von mir aufgestellte Theorie erwähnt gesehen hätte. Da die histologischen Thatsachen fehlten, konnte das nicht gut anders sein. Vor mehr als 15 Jahren habe ich in der Cleveland Mediecinal Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 371 Gazette eine Arbeit veröffentlicht, in der ich nachzuweisen versuchte, dass in der Submaxillardrüse das Ziel der Chorda nicht die Drüsen- zellen, sondern die Kapillargefäße seien, und dass man mit diesen Nerven alle mir bekannten Thatsachen besser erklären könne, als mit den noch zu findenden Nerven der Drüsenzellen. Nachdem ich mich nun mit den Gefäßnerven der Muskeln bekannt gemacht habe und die Experimente von OSHOUMOFF, HEIDENHAIN, ROGOWICZ ge- lesen habe, bin ich in dieser Ansicht noch bestärkt und meine, dass die aufgestellte Theorie so gut bewiesen ist, als zu erwarten war. Wenn man die vitalen Eigenthümlichkeiten der Kapillargefäße überlegt, ferner ihren großen Nervenreichthum, dass diese Nerven von Fasern motorischer Art abstammen, dass Versuche vorliegen, die aufs deutlichste zeigen, dass bei ihrer Erregung die Lymph- transsudation verstärkt wird, dass durch vasodilatatorische Wirkung hingegen Lymphvermehrung nicht erklärt werden kann, und die letz- tere unabhängig von der ersteren beeinflusst werden kann, sehe ich nicht ein, was dieser Theorie im Wege stehen könnte. In der That verlangt sie auch keine neuen Anschauungen, son- dern sie sagt nur, eben so gut als angenommen werden soll, dass Stimulation der problematischen Drüsenzellennerven die Drüsenzellen zur Sekretion wasserreicher Produkte anregen können, eben so gut kann man annehmen, dass die demonstrirten Nerven die Kapillar- wandungen zur Absonderung von größeren Quantitäten von Lymphe anregen. Hierbei lasse ich den Drüsenzellen ihre Rechte als protoplas- matische Entitäten im vollsten Maße. Ich will sie nicht als todte Ansammlung von chemischen Produkten ansehen. Die Wirkung von Nervengiften mag für die Lösung von histo- logischen Fragen nöthig sein, denn während mir wenigstens alle Nerven gleich aussehen, muss doch ein großer Unterschied in ihrer feineren Struktur bestehen, da ja verschiedene Gifte so eigenthiüm- lich auf gewisse Nerven wirken. Andererseits wird aber auch eine genauere histologische Kenntnis der Nerven nöthig sein, um Klarheit in die Giftwirkungen zu bringen. Und auch die Theorie der Inhi- bition würde einen Fortschritt machen, wenn noch einige histologische Verhältnisse klar aufgedeckt wären. Dann will ich noch bemerken, dass, wenn ich die oben ange- führten Funktionen diesem ganzen peripheren Nervengeflecht zu- schreibe, ich nicht gesagt haben will, dass hier nicht vielleicht auch verschiedene Fasern verschiedenen Funktionen dienen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. DD oe 372 ‘ Chr. Sihler, Sollten meine Anschauungen der Wahrheit gemäß sein, so wür- den einige Änderungen in der jetzt herrschenden Theorie der Drüsen- physiologie nöthig werden. Da ich nun, so viel ich weiß, mit meinen Ansichten über diese Nerven ganz allein stehe, andererseits aber auch der Meinung bin, dass wir es hier mit wichtigen Verhältnissen zu thun haben, so er- laube ich mir, einen Gewährsmann zu nennen, der nicht mehr unter den Lebenden ist, aber doch wohl für einen scharfsinnigen und sorg- fältigen Forscher gegolten hat. COHNHEIM nämlich bringt in seiner Pathologie, die mich aufs äußerste interessirte, da ich nämlich in derselben meine Kapillar- nerven in ÜOHNHEIM’sS Geist vorausgesehen finde, Thatsachen. Ex- perimente, die er beobachtet hatte, führten ihn dazu, anzunehmen, dass eben solche Nerven, wie ich beschrieben, mit eben den Funk- tionen, die ich ihnen beigelegt, existiren müssten. Sollte aber nicht eine solche Übereinstimmung von einiger Bedeutung sein? Ich erlaube mir, die betreffenden Stellen mitzutheilen und, was mir besonders wichtig zu sein scheint, zu unterstreichen. »Lassen wir indess diesen Punkt selbst völlig bei Seite, so ver- kenne ich keineswegs, dass jene von mir gewählte Bezeichnung einer ‚Veränderung chemischer Natur‘ ein sehr unbestimmter Ausdruck ist; aber wenn es bis heute unmöglich ist, eine schärfere Definition dieser Alteration zu geben, so darf uns Pathologen daraus wahrhaftig kein Vorwurf gemacht werden, Angesichts des Dunkels, in welches bis jetzt selbst der physiologische Vorgang der normalen Transsudation sehüllt ist. Niemand vermag bislang die Ursache anzugeben, wess- halb die Transsudate der verschiedenen Regionen des Körpers ver- schiedene chemische Zusammensetzung haben, Niemand weiß mit Sicherheit, worauf es beruht, dass die Pleura- oder Perikardialgefäße ein so viel koncentrirteres Transsudat abscheiden, als diejenigen, denen die Cerebrospinalflüssigkeit entstammt. Jeder Tag giebt irgend ein neues überraschendes Zeugnis davon ab, wie bedeutsam einer- seits die Gefäßwände in den Ablauf der Lebenserschei- nungen eingreifen und wie lebhaft sie andererseits auf allerlei Eingriffe reagiren. Dass durch ihre Aktion das Gefäß- lumen sich verengern oder erweitern kann, mit dieser Thatsache haben wir längst uns vertraut gemacht, und mit ihr haben wir in Pathologie und Physiologie zu rechnen gelernt. Seit aber in Lupwıc’s Laboratorium gezeigt ist, dass euraresirte Thiere eine koncentrirtere Lymphe bilden, werden wir da nicht auf eine ganz andere Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 373 Seite der Beziehungen zwischen Gefäßwandung und Blut- strom hingewiesen? »Wenn wir die Haut eines Hundes unmittelbar nach der Ein- spritzung einer Curarelösung in eine Vene sich röthen sehen, so wundert das uns nicht sonderlich; denn wir haben uns gewöhnt, dem Curare eine lähmende oder auch erregende Wirkung auf die Gefäßnerven zuzuschreiben. Durch diese uns bekannte Fähigkeit kann freilich das Pfeilgift die Transsudation nicht beeinfiussen; ‚aber warum sollte es nicht auf andere Bestandtheile der Gefäßwand ein- wirken können, als bloß die Nerven der Muskulatur? Warum nicht direkt auf diejenigen, welche die Transsudation vermit- teln, wenn sie uns auch noch unbekannt sind? Möglich, dass auch hier Nerven im Spiele sind, oder dass Nerven wenig- stens in den Vorgang der Transsudation eingreifen kön- nen, wie das bei einer Anzahl Sekretionen längst, und durch den OsHoumorr’schen Versuch (p. 135) neuerdings auch für die Gefäße der Zunge festgestellt ist. Auch spricht die öfters bei akuter Mye- litis beobachtete rasche Entwicklung von Ödemen in den gelähmten Gliedern, sowie die von GERGEN’s gefundene Thatsache, dass die Blutgefäße von Fröschen, denen das Rückenmark zerstört ist, viel mehr Flüssigkeit und selbst Partikeln eines körnigen Farbstoffs durchlassen, als solche bei unversehrter Medulla, recht evident dafür, dass das Nervensystem auch andere Qualitäten der Gefäß- wand, als ihr Kontraktionsvermögen zu beeinflussen ver- mag. Ob nicht derartige, in der Gefäßwand selbst ver- laufende specifische nervöse Einrichtungen auch selbst bei der Entzündung konkurriren, wer möchte das schon heute zu entscheiden wagen?« So weit ÜOHNHEIM. COHNHEIM also, der doch wohl als vorsichtiger und kenntnis- reicher Forscher nicht ganz vergessen sein dürfte, wird durch seine Erfahrungen und Experimente zu den Sätzen gedrängt, dass 1) die Gefäßwandungen die Lymphbildung beeinflussen, 2) dass die Er- weiterung und Verengerung der größeren Gefäße nicht genügt, die Thatsachen zu erklären, 3) dass möglicherweise Nerven in den Ge- fäßwänden vorhanden sind, da solch innige Beziehungen zwischen Lymphbildung und Gefäßinnervation bestehen. Endlich führe ich noch eine experimentelle Beobachtung an, die sehr zu Ungunsten der herrschenden Theorie über den Sekretions- vorgang der Drüsen spricht, hingegen sehr beweiskräftig ist für die speeifische Thätigkeit der Kapillargefäße und deren Nerven, nämlich 25* BYE: 2 17° PaChr. Sıkler, die, dass, wenn man während der Reizung der Chorda tympani den Ausführungsgang der Unterkieferdrüse schließt, die letztere schnell ödematös wird, weil das durch die Zellen der Acini abgesonderte Wasser in den Drüsengängen nach außen filtrirt, sobald die Span- nung des Sekrets innerhalb der Gänge eine gewisse Höhe erreicht hat. HEIDENHAIN selber beschreibt und bespricht dieses Phänomen, p- “7, HERMANN’s Handbuch der Physiologie, Bd. V, Abth. I und sagt folgendes Weitere darüber: »Diese Erscheinung schien mir jeder irgendwie gearteten Anziehungshypothese zu spotten und der An- nahme einer von den Sekretionszellen unabhängigen, durch die Nervenerregung gesetzten Triebkraft für den Wasserstrom das Wort zu reden. Allein es bleibt doch ein Weg zur Erklärung jenes Ödems, der mir früherhin trotz allen Suchens entgangen ist. Sobald sich das Ödem zu entwickeln beginnt, steigt die Spannung der die ganze Drüse umgebenden Bindegewebskapsel in hohem Maße; in Folge dessen müssen die Drüsenvenen, welche die Kapsel durchbohren, an ihrer Durchtrittsstelle durch dieselbe komprimirt werden. So setzt das künstliche Filtrationsöodem Erschwerung des Blutabflusses aus der Drüse und damit ein Stauungsödem, welches sich um so stärker entwickelt, als ja bei der Chordareizung der kapillare Blutdruck er- heblich steigt. Diese einfache Deutung des fort und fort steigenden Ödems enthebt uns der Schwierigkeit, nach Triebkräften für den Wasserstrom zu suchen, welche, außerhalb der Zellen entspringend, das Wasser aus den Blutgefäßen heraus und sofort bis in die Drüsen- räume treiben müssten.«< Ich würde mir nun betreffend die Erklärung dieses Ödems fol- sende Fragen erlauben: 1) Wie kommt der Grad des Ödems zu Stande, bei dem es noch nicht zur Kompression der Venen gekommen ist? Man sollte doch denken, dass, sobald genug Speichel in den Drüsengängen abge- sondert ist, diese zu füllen, dann die Drüsenzellen und ihre hypo- thetischen Nerven in demselben Zustande sein müssten — was Lieferung von Flüssigkeiten betrifft — als sie unter Einwirkung von Atropin sein würden. Da aber nach Atropineinwirkung kein Ödem eintritt, trotz vasodilatatorischer Einflüsse, so kann ich der einfachen Blutanhäufung hier auch keine solche Wirkung zuschreiben. 2) Es wäre übrigens zu beweisen, dass die Venen wirklich in so hohem Grade komprimirt sind, um ein Ödem von solchen »kolossalen Dimensionen«, wie HEIDENHAIN es beschreibt, zu erzeugen. 3) Wäre es nicht einfacher, das Ödem in der Submaxillardrüse - Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. 375 nach Chordareizung gerade so zu erklären, wie das Ödem in der Zunge nach Chordareizung zu erklären ist. Hier entsteht ein sol- ches Ödem ohne Drüsenzellen und ohne. komprimirte Venen. Dies Ödem wird nicht nur auf das einfachste erklärt durch die in dieser Arbeit vorgeschlagene Theorie, sondern es würde sogar von der- selben gefordert worden sein. Wie gesagt, diese Theorie unterscheidet streng die Erweiterung der Gefäße und die dadurch bedingte erhöhte Blutzufuhr zu den Geweben und die specifische Thätigkeit der Kapil- larwandungen, welche die Gewebe auf Erregung der Nerven hin mit erhöhtem Lymphstrom übergießt. Sollten die hier vertretenen Ansichten über die sensorisch-moto- rische Natur dieses Nervengeflechts die richtigen sein, so wären endlich die trophischen Nerven aufgefunden, die wegen der vagen Vorstellungen, die mit diesem Namen verknüpft waren, nie rechten Fuß fassen konnten, die aber besonders wegen gewisser pathologi- scher Vorgänge doch immer wieder ein Existenzrecht verlangten. Zusammenfassung der Resultate. 1) Die Endfasern der motorischen Nerven liegen auf dem Sarko- lemm und sind mit Schwannv’scher Scheide bis an ihr Ende nebst Kernen versehen. 2) Ob an den Kontaktstellen von Muskel- und Nervenfasern für absolute Berührung von Muskel- und Nervensubstanz gesorgt ist, oder ob da die genannten Membranen vorhanden sind, ist eine noch unentschiedene Frage. 3) Die epheuartigen, motorischen Nervenfasern sind von großer Wichtigkeit für die richtige Auffassung der obwaltenden Verhältnisse und zeigen u. A. auch, dass es nicht auf Nervenendigungen, sondern auf Kontaktstellen ankommt. 4) Die Hrxte’sche Scheide ist offen und verwächst beim Frosche und gewissen Muskelfasern der Schlange mit nichts, während bei der typischen Endplatte sie die Endfasern wie eine Kappe bedeckt. 5) Da man beim Frosche keine »Sohle« findet, eben so wenig als bei manchen Fasern der Schlangen, kann das, was als Sohle aufgefasst wird, nichts für den Erregungsprocess des Muskels Noth- wendiges sein; das Protoplasma, das den Endothelialzellen der terminalen Ausweitung der Hrxte’schen Scheide angehört, fassen wir als die Sohlensubstanz auf; die Kerne der Endplatten gehören also theils diesen Zellen, theils der Schuwanv’schen Scheide der End- fasern zu. 376 "2=Chr. 'Sihler, 6) Die glatten Muskeln haben keine »Nervenendigungen«, son- dern ein terminales Netzwerk giebt zu Kontakt von Muskel und Nerv reichlich Gelegenheit. () Reichlicher als Muskelgewebe sind die Kapillargefäße mit Nervenfasern versehen, die denselben Bau besitzen, wie diejenigen der glatten Muskeln und identisch sind mit den Nerven der Drüsen- kapillaren. 8) Dieses terminale Netz wird von vasodilatatorischen Fasern versorgt und steht mit sensorischen Nerven sowohl als mit dem Nervengeflecht, das die Arterien und Venen umspinnt, in Verbindung. Experimente haben gezeigt, dass diese Nerven einen Einfluss auf die Wandungen der Kapillaren ausüben können, in Folge dessen es zu vermehrter Transsudation von Lymphe kommt, und, da dies auch bei geringer Blutzufuhr in den größeren Gefäßen geschehen kann, sowie aus anderen Gründen hat man hier nicht an ein einfaches Weiterwerden der Kapillaren zu denken, sondern an eine aktive Funktion der Kapillarwandungen, ähnlich den Kontraktionen des Muskelgewebes. Cleveland, Ohio, im März 1900. Erklärung der Abbildungen. Vergrößerung: 1) LEiTz, Obj: V, Oc. 4 um die Hälfte redueirt: Fig. 1—12, 18, 20, 23. 2) Leitz, Obj. V, Oe. 4: Fig. 13, 14, 16, 19, 21, 22, 26, 27, 28, 29. 3) LEITZ, Immersion !;a: Fig. 15, 20, 25. M, Muskelfaser; N, Nervenfaser; Z#S, HEenLE’sche Scheide; ce.c, Kontakt- stellen. Tafel XXIII. Fig. 1-10. Eine Reihe von motorischen Endigungen an den Muskeln des Frosches, die Kontaktstellen in verschiedenen Formen und Graden zeigen. Fig. 1 zeigt Kontaktstellen ce abwechselnd mit weit abstehenden Bögen. Fig. 2, 3, 4. Nervenendfasern mit kleinen Platten. Fig. 5. Von a bis 5 kontinuirliche Kontaktstelle, zwischen 5 und d wech- seln Kontaktpunkte eee mit kleinen Bögen. Fig. 6 u. 7. Verbindung von Muskel und Nerv durch kurze raupenfuß- artige Füße, mit kleinen Bögen, wo der Nerv frei ist. Fig. 8. Nervenendigung mit dem Habitus der typischen Geweihe. Die Endfasern a, 5, ce sind nur theilweise mit der Muskelfaser verknüpft an den Kon- Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln ete. 377 taktpunkten. Die seitliche Faser (a) erklärt die anscheinenden Verdickungen an den Fasern 5 und ce. Fig. 9. Endigung mit Geweih, wo aber auch die Endfasern nur strecken- weise Kontakt bilden. Die Bögen 2 sind desshalb so deutlich, weil der Sarko- lemmschlauch theilweise entleert war durch Aufweichung der Muskelsubstanz vermittels Borax und Glycerin. Für unsere Zwecke wäre die Zeichnung in größerem Maßstabe besser gewesen. Nur ein Theil der Kontaktstellen ist mit ecc bezeichnet. Fig. 10. Hier fallen Endigung und Kontaktstelle zusammen. Die Endfasern sind in ihrer ganzen Ausdehnung mit der Muskelfaser verklebt. Fig. 11 u. 12. Nervenfasern, die Kontakte. bilden, ohne Endigungen zu besitzen. Fig. 13. Nervenfaser mit kurzen Wärzchen, mit der Muskelfaser ver- knüpft. Fig. 14. Nervenbündel mit Fasern, um die offenen Henue’schen Scheiden a, b, c, d, e zu zeigen; f zeigt eine der Fasern, die sich an die Kapillargefäße wendet. Fig. 15. Muskelfaser mit Nervenendfasern im Sprungbein der Heuschrecke. Von dem DoyErE’schen Hügel gehen noch feine Nervenfasern ab. Fig. 16. Muskelbündel der Froschblase nebst Nervenfasern vom termi- nalen Plexus. Fig. 17. Muskelfasern des Frosches, diekeren Kalibers, mit epheuartigen Nerven. Die Kontaktstellen, die sich an der Seite der beiden Muskelfasern be- finden, erklären die Beeren oder Verdickungen, die auf der Faser liegen. Fig. 18. Nervenendigung des Frosches, die beim Zerzupfen von der Muskel- faser hd abgestreift wurde und ganz frei in dem Zwischenraume kd—.ab liegt, zum Beweis, dass Kerne vorhanden sind und die Endfasern nicht nackt sein können und mit dem Sarkolemm verbunden sind. Tafel XXIV. Fig. 19. Nervenendigung des Frosches. Durch Essigsäure und Hin- und Herschieben des Deckglases ist die Endfaser 5 abgestreift, was unmöglich wäre bei hypolemmaler Lage derselben. Fig. 20. Muskelfaser von einer Spindel, um die abstehenden Bögen der Endfasern zu zeigen, und dass der zugehörige Kern auch in einiger Entfernung von der Muskelfaser liegen kann. Fig. 21. Muskelfasern der Froschblase. Die dickeren Längslinien sollen nicht die Grenzen der Fasern, sondern die dem GERLACH’schen Fasersysteme angehörigen Fasern zeigen. Die Nervenfasern sind Theile des peripheren Nerven- geflechts, entsprechen den Nervenendigungen der quergestreiften Muskeln. Fig. 22. Nervenbündel des Frosches, das feine Nerven an die Kapillaren (G) abgiebt und motorische Fasern, die einige typische Endigungen zeigen, um dann als lange myelinfreie Faser weiter zu gehen mit vier weiteren Kontakt- stellen eeee. die mit Wärzchen versehen sind. Fig. 23. Kapillargefäß (Froschmuskel), mit den zugehörigen stärkeren zu- leitenden und terminalen, dem Gefäß direkt anliegenden Nervenfasern. Man beachte die Kerne und Verdickungen der letzteren. Fig. 24. Kapillargefäiß vom Froschmuskel, durch Druck in Fragmente > 378 Chr. Sihler, Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln etc. zerlegt, die durch die feinen, terminalen Nervenfasern, die den Mi zulnagen auf- liegen, zusammengehalten werden. Fig. 25. Arterie mit Kapillargefäß. Das Nervengeflecht der Arterie geht auf das des Kapillargefäßes über. Fig. 26. Arterie von der Froschzunge, um das terminale Nervengeflecht der glatten Muskeln zu zeigen. Fig. 27. Schnitt aus der Zunge des Frosches, um den Zusammenhang der Nerven der Papillen mit den Nerven der Kapillargefäße zu zeigen. Fig. 28. Muskelfaser des Frosches, um die offene HEntLe’sche Scheide zu zeigen. Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. VI. Die Augen einiger Mollusken. Von Dr. Richard Hesse, Privatdocenten der Zoologie und Assistenten am Zoolog. Institut zu Tübingen. Mit Tafel XXV—XXXII und einer Figur im Text. Die folgenden Untersuchungen können nicht den Anspruch er- heben, ein zusammenhängendes Ganzes zu bilden; es sind Einzel- forschungen, aufgenommen, wie es Material und Neigung gab, und lediglich verbunden durch die Einheit der Thiergruppe, auf die sie sich beziehen und die Fragestellung, von der sie ausgehen. Über - den morphologischen Zusammenhang der behandelten, recht ver- schiedenartigen Sehorgane mich zu äußern, habe ich unterlassen — und eben so habe ich keinen zusammenfassenden Überblick mit Folgerungen allgemeiner Natur gegeben. Da, wo sich morphologische Fragen aufdrängen, habe ich sie in möglichster Knappheit erledigt. All das hat seinen Grund in dem Zweck, den ich bei der Vornahme dieser Untersuchungen verfolge: sie sollen, wie ihre Vorgänger, nur Materialien sein; sie sollen den Stoff liefern für eine vergleichende Übersicht über die Sehorgane bei den niederen Thieren besonders mit Rücksicht auf das Wesen der lichtrecipirenden Elemente. In dieser Beziehung glaube ich allerdings wieder einen Schritt voran gethan zu haben, und ich hoffe, vom Abschluss nicht mehr allzufern zu sein. Die Abhandlung zerfällt in drei Theile: der erste beschäftigt sich mit einigen Muschelaugen (Arca, Lima, Pecten); der zweite hat die Augen der Heteropoden zum Gegenstand; der dritte bespricht einige Fragen über die Retina der Cephalopoden. Gern wäre ich vollständi- ger gewesen: auch die Gastropoden-Augen bedürften einer erneuten Untersuchung, und bei den behandelten Materien bleiben noch genug 380 . »* Richard Hesse, Lücken auszufüllen; so wäre es wohl von Vortheil gewesen, die Augen von Cardium edule und womöglich auch die von Cardium muticum her- einzuziehen. Aber der Abschluss dieser Arbeit, die mich nun bereits mehrere Jahre beschäftigt, hat sich schon länger hingezogen als mir lieb ist — und schließlich musste ich mir sagen, dass es an Lücken auch nach weiteren Jahren nicht fehlen würde. So konnte ich mich nicht entschließen, die Veröffentlichung noch länger hinauszuschieben. 1. Die Augen einiger Muscheln. A. Die Augen von Arca Noae. Diese Augen sind schon wiederholt der Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen, so dass ihr äußeres Verhalten zur Genüge bekannt ist. Das Ziel meiner Nachforschungen konnte es daher nur sein, den feineren Bau der Einzelaugen, vor Allem die recipirenden Elemente zu erkennen; denn darüber gehen die Ergebnisse der bis- herigen Untersucher sehr aus einander. Kurze Angaben über Lage und Zahlenverhältnisse der Arca-Augen nach den früheren Unter- suchern will ich der Vollständigkeit wegen einfügen. Die Augen von Arca Noae liegen auf der Mittelfalte des Mantelrandes, an deren innerer, den Kiemen zugekehrter Seite sich die Ursprungsstätte des Peri- ostracums befindet; dieses überdeckt die Augen (Rawırz). Bei der festsitzenden Muschel ist der mittlere Theil des Mantelrandes der Unterlage zugekehrt, kann also vom Licht nicht oder nur wenig getroffen werden; dem entsprechend sitzen die Augen nur vorn und hinten. ParrEn zählte bei einer Arca Noue von 8,5 em Länge im linken Mantelrand 133 Augen, und zwar vorn %, hinten 35; im rechten fand er 102. Die Augen sind verschieden groß und können aus 10—80 Einzelaugen bestehen. Das Material, das mir zur Untersuchung diente, war theils in Pikrinschwefel- säure, theils in Sublimat mit 5 Procent Essigsäure konservirt. Um die Sehzellen möglichst von Pigmentzellen freizulegen, wurden Schnitte von 3 « Dicke ange- fertigt. Zur Färbung diente vor Allem die Heıpennaiv’sche Eisenalaun-Häma- toxylinmethode; daneben wurden Doppelfärbungen mit Eosin und DELAFIELD- schem Hämatoxylin angewendet. Das sehr widerstandsfähige Pigment wurde in der von JANDER (Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. Bd. XV, 1898, p. 165) angegebenen Weise durch Chromsalpetersäure entfernt. Es war dazu eine viertägige Einwir- kung des Gemisches nöthig; doch blieb die histologische Beschaffenheit der Präparate völlig unverändert, wie Vergleiche mit ungebleichtem Material zeigten. Die Augen von Arca wurden von Wırr entdeckt und als »aggregirte< Augen erkannt. CARRIERE (6) beschreibt sie zuerst näher, als zusammengesetzt aus kegelförmigen Zellen, deren jede nach außen eine Cornealinse abgesondert habe und in ihrer Peripherie Pigmentkörnchen enthalte. Die letztere Angabe wurde von PATTEN (30) als irrthümlich nachgewiesen. Er zeigte, dass das Pig- ment in besonderen Zellen enthalten sei, die in zwei Lagen die unpigmentirten Sehzellen umgeben sollen; die Sehzellen (»retinophorae«) schildert er als ver- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 581 schmolzen aus zwei Zellen, mit einem wohlerhaltenen und einem abortiven Kern versehen; eben so zeigt die sie nach außen deekende eutieuläre Kappe Spuren solcher Zweitheiligkeit. Außer der Nervenfaser, die an die pigmentlose Zelle herantritt, findet er noch solche, die an der ganzen Oberfläche derselben und zwischen den Pigmentzellen verlaufen. Diese sollen die cuticuläre Kappe der pigmentlosen Zelle mit einem Nervennetz eng umspinnen und in diese selbst Fäserchen senden; eben so soll in der Achse der Zelle, in Fortsetzung der an ihr Ende herantretenden Nervenfaser eine Faser bis in die cutieuläre Kappe verlaufen. In dieser Kappe (Stäbchen, »rod«), sieht er das pereipirende Element. Der Kritik, welche CARRIERE (7) an dieser phantasiereichen Schilderung übt, kann ich fast völlig beistimmen. CARRIERE selbst kann nach erneuter Unter- suchung manche von PATTEN’s Angaben bestätigen. Er erkennt das Vorhanden- sein besonderer Pigmentzellen an, die theils die Sehzelle als Pigmentscheide eng umgeben und mit ihr ein »Ommatidium« bilden, theils ein Gerüst aufbauen, in dessen »Tüten« die Ommatidien stecken; er schildert jetzt die euticuläre Kappe der Sehzelle genauer, und findet den nach innen vom Kern gelegenen Theil dieser Zelle fast ganz ausgefüllt durch einen kegelförmigen Körper von wahr- scheinlich gallertiger, nicht fester Beschaffenheit. — Ganz ähnlich sind die Er- gebnisse von RAWITZ (32), der nur über die Anordnung der Pigmentzellen mit CARRIERE verschiedener Meinung ist und zwischen den Ommatidien einzelne pigmentlose Stützzellen abbildet. Seine Hauptzeichnung des Auges (Fig. 10) er- scheint sehr schematisirt; allerdings bezeichnet er sie selbst als »leicht schema- tisch gehalten«. Das Komplexauge! von Arca Noae besteht, wie schon erwähnt, aus einer Anzahl von Einzelaugen oder Ommen, die wie beim In- sektenauge angeordnet sind. Jedes Omma setzt sich zusammen aus einer Sehzelle und den sie umscheidenden Pigmentzellen. Alle Zellen tragen durchaus den Charakter verlängerter Epithelzellen und reichen von der Cuticula bis zur Basalmembran hinab. An den schlank kegelförmigen, mit ihrem dieken Ende distal gerichteten Sehzellen kann man drei Theile unterscheiden: zu äußerst die Cuticula, dann den angeschwollenen kernhaltigen Theil, und end- lich als proximalsten Abschnitt den schlanken, reizaufnehmenden Theil, der etwa die Hälfte von der Höhe der Zelle ausmacht. Die Cuticula ist von CARRIERE (() sehr zutreffend beschrieben als konvex-konkave Kappe, die der Zelle aufsitzt und mit ihrer Konvexität ein wenig über die benachbarte Cuticularfläche vorrast (Fig. 1 und 2); sie hat etwa die Form einer Popenmütze. Mit der Cutieula der Pigmentzellen, die viel dünner ist, steht sie in ununter- 1 Gemäß einem Vorschlag, den mir Herr Dr. Tu. BEER machte, gebrauche ich für »zusammengesetztes Auge« den bequemen Ausdruck »Komplexauge«< — unter diesen Oberbegriff würden auch die Facetten-Augen der Arthropoden fallen. Als Synonym mit Einzelauge empfiehlt sich das kurze Wort »Omma«, nach dem gleichen Vorschlag. | 982 x Richard Hesse, brochenem Zusammenhange. Proximalwärts ist sie scharf abgesetzt gegen den Rest der Zelle, auf Schnitten sieht man sie jedoch sich seitlich in zwei Zipfeln zu beiden Seiten des Kerns heraberstrecken; das würde, ins Körperliche übersetzt, auf eine Membran in Form eines Cylindermantels deuten, die diesen Theil der Zelle überzieht und sich proximad verliert. Die Cutieula erscheint völlig homogen; eine besondere Struktur konnte ich an ihr nicht wahrnehmen, eben so wenig wie eine Zweitheiligkeit, oder Fasern, die in ihr verliefen, wie dies PATTEn in Text und Abbildungen schildert. Der nun folgende Theil der Zelle enthält zunächst den Kern. Sowohl auf den mit Sublimat wie an den mit Pikrinschwefelsäure fixirten Präparaten liest er der Konkavität der Outicula dicht an; auf CARRIERE’S Zeichnungen finde ich aber einen Zwischenraum zwi- schen beiden angegeben; Rawırz giebt gar keine proximale Grenze der Cuticula an — ich bin unsicher, ob ich das in meinem Sinne deuten darf, dass diese bis dicht an den Kern reicht. Der Kern ist von außen nach innen etwas abgeflacht; auf dem Querschnitt durch die Zelle (Fig. 4) erscheint er rund; im Ganzen ist er also dick linsenförmig. Gewöhnlich liegt er in der Mitte der Zelle; doch fand ich ihn zuweilen auch seitlich verschoben (PATTEN), und zwar auf medianen Längsschnitten, wo eine Täuschung durch schräge Schnitt- richtung ausgeschlossen ist. Proximal vom Kern schwillt der Kör- per der Sehzelle eine Strecke weit an; dieser Theil ist an meinen mit Sublimat fixirten Präparaten von einer schwach blau färbbaren homogenen Masse erfüllt, in welcher am proximalen Ende der An- schwellung grobkörnige Massen liegen. Gegen den verschmälerten Basaltheil der Zelle finde ich diesen Abschnitt deutlich abgesetzt; besonders an Präparaten, die mit Eosin vor- und dann mit Häma- toxylin nachgefärbt wurden, hebt sich das homogene, basalwärts dunklere Blau des angeschwollenen Theils gegen den mehr röthlichen Ton des Basaltheils gut ab (Fig. 2). Vor dieser Grenze liegen die erwähnten körnigen Massen: mit Eisen-Hämatoxylin färben sie sich dunkel schwarzblau, bei Eosin-Hämatoxylinfärbung erscheinen sie leuchtend roth in der bläulichen Grundmasse. An mit Pikrinschwefel- säure fixirten Objekten vermisse ich diese Massen und finde sie nur in Sublimatpräparaten; man könnte sie daher für Niederschläge er- klären wollen — aber dagegen sprechen zwei Gründe: einmal finden sie sich stets an der gleichen Stelle, und zwar nur hier, nicht auch an anderen Wandpartien dieses Zelltheiles, und dann lässt sich an ihnen immerhin eine gewisse Anordnung erkennen (Fig. 2): es liegen Unters. über die Organe der Liehtempfind. bei niederen Thieren. VI. 383 die kleinsten Kügelchen stets proximal, distal nehmen sie an Größe zu, häufig erscheint auf Schnitten die Anordnung zweireihig. CARRIERE (7) und mit ihm Rawıtz (32) geben an, dass basal vom Kern eine gleichmäßige, durch Osmium gebräunte und mit Hämatoxylin dunkel färb- bare homogene Masse liege, die, in Gestalt eines kegelförmigen Körpers nahezu den ganzen Rest der Zelle einnehmen soll. Zuweilen finden sie die Beschaffen- heit dieser Masse axial dichter, gegen die Peripherie heller. Von grobkörnigen Granulationen haben sie nichts beobachtet. Um die Grenze des angeschwollenen mittleren Zellabschnittes gegen den schlankeren basalen erkennen zu können, bedarf es sehr dünner Schnitte, die genau durch die Achse der betreffenden Sehzelle gehen, und distinkter Färbungen; es ist mir daher leicht erklärlich, dass sie übersehen wurde. ÜARRIERE bemerkt und zeichnet (Fig. 3) den Unterschied in der Gestalt und auch in der Färbung, erklärt aber die hellere Färbung des basalen Theiles aus dessen geringerer Dicke; wie aber schon bemerkt, beschränkt sich der Färbungsunterschied nicht auf die Intensität der Farbe, es ist auch bei Doppelfärbungen eine gegensätzliche Färbung vorhanden. Aus der völlig sche- matischen Zeichnung von RAWITz ist lediglich nichts zu entnehmen. — Es lässt sich nicht leicht entscheiden, ob wir in den groben Körnern in der Basis des mittleren Abschnittes der Sehzelle präformirte Bildungen vor uns haben, die bei Osmiumbehandlung durch Quellung verschwinden und daher CARRIERE entgan- gen sind, oder ob durch Sublimat eine Fällung eintritt, die bei Osmiumeinwir- kung nicht stattfindet; ich möchte aus den oben angegebenen Gründen das Erstere annehmen. Parren’s Beobachtungen scheinen nach seiner Schilderung den meinen ähnlich zu sein, er sagt: »the broad outer end of the retinophorae ... is filled with a clear, finely granular protoplasm, a narrow area of structureless and refractive fluid surrounding the larger nucleus. The remaining portion of the cell is occupied by celosely packed, transparent and refractive globules, - divided into two groups, an outer one composed of larger globules, and an inner one of smaller ones<. Die äußere Gruppe der »globules« wäre ich geneigt mit den körnigen Massen im mittleren Zelltheil, die innere mit dem inneren Zelltheil gleichzusetzen. Leider geben mir Parrex’s Abbildungen keinen An- halt dafür, ob diese Auslegung richtig ist. Was die physiologische Bedeutung dieses mittleren Ab- schnittes der Sehzelle betrifft, so glaube ich, dass er besonders durchsichtig ist, um dem Licht das Vordringen bis zu dem dritten Zelltheil zu gestatten, in dem ich die recipirenden Elemente der Zelle zu finden meine. Vielleicht wirkt er als Linseneylinder im Sinne Exner’s wie der Kıystallkegel der Insekten, vielleicht auch ist er nur ein Schaltstück, durch welches die receptorischen Theile der Zelle möglichst weit proximad verschoben werden. Es wird da- durch für die optische Isolirung derselben ein augenfälliger Vortheil erreicht; denn in die distalen Theile der Pigmentröhre gelangen auch viele Strahlen von Punkten, die seitlich von der verlängerten Achse der Sehzelle liegen, und deren Strahlen hauptsächlich in die benachbarten Pismentröhren fallen; in die Tiefe der Pigmentröhre 384 - Richard Hesse. aber dringen nur Strahlen von Punkten, die ganz oder nahezu in der verlängerten Achse der Sehzelle liegen. Würden also die recepto- rischen Elemente in den äußeren Theilen der Pigmentröhre liegen, ‘so müssten sich die von benachbarten Sehzellen »bestrichenen« Be- zirke großentheils decken: dagegen reihen sie sich mosaikartig an einander, wenn die Reception der Reize erst in der Tiefe der Pig- mentröhren stattfindet. So sind denn auch in den Ommen anderer Komplexaugen, sowohl bei Arthropoden wie bei Branchiomma, die recipirenden Theile weit von der Oberfläche des Auges entfernt. Schon diese Erwägung wäre hinreichend, PATTEN’s Annahme, dass die Cutieularkappe der Sehzelle von Arca als Stäbchen fungire, un- wahrscheinlich zu machen; denn dann wäre der ganze Aufwand von Pigmentzellen zur optischen Isolirung der Sehzelle unnütz. Der dritte Abschnitt der Sehzelle schließlich, der ihre basale Hälfte bildet, wird dadurch gekennzeichnet, dass in seiner Achse ein vielfach zeschlängelter Strang verläuft, der im proximalen Ende in einen etwas dünneren geraden Faden übergeht (Fig. 1 und 2). Der axiale Strang ist auf Quer- und auf Längsschnitten, die diesen Theil der Zelle bloßlezen, stets deutlich zu sehen, besonders bei Anwen- dung der HEIDENXHAIN schen Färbung, etwas weniger bei einfacher Hämatoxylinfärbung. Bei stärkerer Vergrößerung sieht man von ihm quer zur Richtung der Zellachse feine Fäserchen ausstrahlen, beson- ders auf Querschnitten (Fig. 3). Das erinnert außerordentlich an das Verhalten des recipirenden Theiles in den Sehzellen von Brenchiomma 15, V). Diese Bildungen sind klein und schwierig wahrzunehmen, und ich verhehle mir nicht, dass gerade der Vergleich mit dem Branchiomma-Auge, der ja schon durch den ganzen Aufbau des Auges von Arce nahe gelegt wird, dazu verführen könnte, dergleichen in die Präparate >hineinzusehen<. Ich habe mit Rücksicht darauf wiederholt geprüft und glaube, bei allem Skeptieismus meinerseits, obige Angabe machen zu können. Dann wäre die Deutung der vor- liegenden Verhältnisse gegeben: der axiale Strang besteht aus Neuro- fibrillen, deren feinste Enden senkrecht zur Zellachse von ihm aus-_ strahlen und die eigentlichen wahrnehmenden Elemente bilden; der Strang würde dann in den Nervenfaden am Ende der Sehzelle über- gehen. Verdiekungen am Ende der vom Strang ausstrahlenden Fibrillen habe ich nicht bemerkt. ’ Die Anordnung der Pigmentzellen scheint mir wenig interessant; ich habe jedoch mein Augenmerk darauf gerichtet und will hier meine Befunde mittheilen, weil die Ansichten meiner Vorgänger in der Untersuchung darüber Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 385 aus einander gehen. Eine so regelmäßige Anordnung in zwei Kreisen zu je vier Zellen, wie sie PATTEN schildert, konnte ich nirgends wahrnehmen; nach der Lage der Kerne dieser Zellen zu urtheilen, die oft zu dreien dicht neben einander liegen und dann etwa nur ein Drittel vom Umfang der Pigmentscheide einnehmen, müssen mehr Zellen in diese Scheide eingehen ‘Fig. 4). Die Zellen dürften wohl sehr schlank sein: ich habe häufig recht kleine Querschnitte ge- sehen; und die Form der Kerne, deren Länge den Durchmesser des etwa runden Querschnitts vielmals übertrifft, weist ebenfalls auf eine gestreekte Gestalt der Zellen hin. Zuweilen bemerkt man auch, dass zwischen zwei Sehzellen sich an einer Stelle nur eine Pigmentzelle einschiebt (Fig. 4 bei z), was ja.auch den Zweck der optischen Isolirung der Zellen vollkommen erfüllt, dagegen nicht dazu stimmt, dass jede Sehzelle durchweg ihren gesonderten Pigmentmantel hat, wie es aller- dings meist der Fall ist. Dazwischen finden sich dann Pigmentzellen, die keiner Sehzelle unmittelbar benachbart sind, an einer Stelle sah ich eine ziemliche An- zahl solcher Zellen bei einander: aber ein zusammenhängendes Gerüst, in dem die Ommen (Sehzellen + Pigmentmantel) stecken, sah ich sie nicht bilden; auch fand ich keinen Unterschied in der Pigmentfarbe zwischen diesen eingeschalteten Zellen und denen des ‘Pigmentmantels, wie CARRIERE (7) angiebt und abbildet. Pig- mentlose Stützzellen, die nach RawıTz zwischen den Ommen regelmäßig vor- kommen sollen, sah ich bei Arca Noae nirgends; bisweilen zeigen die Präparate eine Lücke zwischen den Ommen; diese halte ich aber für ein Kunstprodukt; jedenfalls fand ich nie einen Kern darin, der die Anwesenheit einer pigment- josen Zelle an dieser Stelle beweisen könnte. Zwischen Sehzellen und Pigmentzellen einerseits und dann auch zwischen den Pigmentzellen unter einander sieht man an entpigmen- tirten Präparaten, die nach HEIDENHAIN gefärbt sind, feine dunkel gefärbte Fasern verlaufen. Sie gehen oft den Zellen parallel, biegen auch in verschiedenster Weise um, können einen geschlängelten Ver- lauf nehmen und selbst oft ganze Strecken weit der Oberfläche parallel laufen (Fig. 5). In der nächsten Umgebung einer Sehzelle können drei oder vier verlaufen, und an entsprechenden Schnitten erkennt man ihre Querschnitte als feine dunkle Punkte außen am Zellrande (Fig. 3). Nirgends konnte ich eine Andeutung dafür finden, dass diese Fasern in die Zelle eintreten; auch in die cuticulare Kappe dringen sie nicht ein, wie PATTEN schildert und zeichnet; bei der scharfen Deutlichkeit der Fasern in meinen Präparaten lässt sich das mit Sicherheit behaupten. Ob sie mit Fasern unterhalb der Epi- dermis zusammenhängen, kann ich nicht bestimmt angeben, halte es aber für wahrscheinlich. Eben so wenig vermag ich anzugeben, ob sie Nervenfasern sind oder nicht: knopfförmige Endigungen unter der Cutieula vermochte ich jedenfalls nicht wahrzunehmen; dagegen sehe ich an einer Faser deutlich, dass sie schleifenförmig umbiegt und wieder proximad verläuft (Fig. 1, links oben). In der Nachbarschaft des Auges konnte ich in der Epidermis ähnliche Fasern erkennen; > 386 » Richard Hesse, sie sind somit nichts für das Auge Specifisches, und falls sie wirk- lich Nervenfasern sein sollten, was ich nicht glaube, so hätten sie doch dann mit der Aufnahme von Lichtreizen nichts zu schaffen — wenigstens würden sie nicht, wie PATTEN meint, die eigentlichen Nervenendigungen des Sehorgans sein. Die Einstülpungen der Epidermis, die mit einem Sekretkörper ausgefüllt sind und von PATTEN als »invaginated eyes« bezeichnet werden, habe ich zwar gesehen, gehe hier aber nicht näher auf sie ein, da ich an ihnen nichts fand, was sie als Organe des öptischen Sinnes erscheinen lassen könnte. Das Auge von Arca (und das nahe verwandte von Pectunculus) kann mit keinem anderen der bisher bekannten Mollusken-Augen verglichen werden. Vielleicht kommen ähnliche Zellen, wie seine Sehzellen, hier und da verstreut vor bei Muscheln, die gegen Licht- reize reagiren, ohne dass man bei ihnen Augen kennt — eben so wie Einzelaugen, die denen von Dranchiomma entsprechen, bei an- deren Würmern über die Haut verstreut gefunden werden. Den Vergleich mit dem Branchiomma-Auge haben wir oben schon berührt; die Ähnlichkeit geht sehr weit: beide haben außen eine Cutieularverdiekung, welcher der Kern eng anliegt; dann folgt ein durchsichtiges Schaltstück, und schließlich im basalen Theil der Zelle der reizaufnehmende Apparat, wie wir ihn oben schon des Genaue- ren in Parallele gesetzt haben. Es bringt uns nicht voran, wenn wir diese Organe als konvergente Bildungen bezeichnen. Außerdem ist unsere Kenntnis von der Verbreitung einzelner Sehzellen, wie sie in beiden Fällen zu Komplexaugen zusammentreten, zu gering, um eine Homologie und gemeinsame Abstammung wenigstens der Elemente dieser Organe auszuschließen. B. Die Augen von Lima squamosa. Schon länger waren bei Lima excavata schwarze Punkte am Mantelrande bekannt und als Augen angesehen. SCHREINER (34) hat dieselben in neuerer Zeit untersucht und ist zu dem Ergebnis ge- kommen, dass wir es hier wirklich mit Sehorganen zu thun haben, mit Grubenaugen, die denen von Patella nahe stehen. Ganz ähnliche Bildungen fand ich bei Lima sgquamosa, und auch mich führte die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sie als lichtreeipirende Organe fungiren. Doch weicht meine Auffassung vom Bau dieser Organe im Einzelnen nicht wenig ab von dem, was SCHREINER über dieselben mittheilt. Desshalb mögen sie hier kurz besprochen werden. - Unters. über die Organe der Liehtempfind. bei niederen Thieren. VI. 387 Am Mantelrande von Lima sguamosa stehen zwischen den bei- den äußeren Tentakelreihen in Abständen von etwa 2 mm eine An- zahl länglicher dunkler Punkte, mit ihrer Längserstreckung senkrecht zur Richtung des Mantelrandes (Fig. 7); bei einer Länge von etwa 300 u sind sie 150 u breit (Fig. 8); bei Betrachtung der Punkte in ihrer natürlichen Lage erscheint die rothbraune Pigmentirung im Inneren dunkler als am Rande, wo man auch klar die Grenzen der pigmentirten Zellen unterscheiden kann. In der Nachbarschaft des Schlosses fehlen die Punkte jederseits auf eine Strecke von 1—1!/, em, sonst sind sie um den ganzen Rand des Mantels verbreitet; ich zählte bei einem Exemplar von 5 em dorsoventralem Durchmesser auf der linken Seite 18, auf der rechten 15 Augen. In den seitlichen Thei- len des Mantelrandes, wo die Tentakel weniger dicht bei einander stehen, sind die Augenflecke leichter zu finden. Da die Furche, in der das Periostracum entspringt, nach innen (branchialwärts) von den Augen liegt, so werden sie außen von diesem dünnen Häutchen über- deckt, wie das auch bei den Augen von Arca der Fall ist. Das Material, welches ich zur Schnittuntersuchung verarbeitete, stammt theils aus Rovigno, theils aus Neapel, wo Zima squamosa häufig vorkommt. Die Mantelränder wurden in Pikrinschwefelsäure nach KLEINENBERG, in Sublimat mit 5 Procent Essigsäure und in Formol konservirt; zur Färbung verwandte ich theils Hämalaun, ev. mit Eosin kombinirt, theils Hämatoxylinfärbung nach Vor- behandlung der Schnitte mit Eisenalaun. Auch Totalfärbung der Mantelränder mit Hämatein IA nach ArıArny (1) gab mir gute Präparate. Herrn Prof. Dr. SEELIGER in Rostock verdanke ich’s, dass ich auch die von SCHREINER bear- beiteten Augen von Zima excavata nachuntersuchen konnte: er überließ mir gütigst ein Stück vom Mantelrand dieser Muschel, die Prof. BLOCHMANN aus Norwegen mitgebracht hatte. Wenn auch die Alkoholkonservirung die Fein- heiten im Bau des Auges verwischt hatte, so konnte ich doch zweifellos fest- stellen, dass die Augen bei Zima squamosa die gleichen Gebilde sind wie sie bei jener Art vorkommen, und dass ein Vergleich meiner Ergebnisse mit denen SCHREINER’sS völlig gerechtfertigt ist. Die Augen von Lima sguamosa sind sackförmige Einsenkungen der Epidermis, wie das SCHREINER von Lima excavata beschreibt. Sie liegen mit ihrer Mündung dicht nach außen neben der Peri- ostracumfurche (Fig. 9). Der Hohlraum der Einstülpungen ist von wechselnder Größe; in der Tiefe schwankt er zwischen 200 und 340 u, in der Länge misst er zwischen 107 und 132 u, in der Breite 27 bis 53 u; alle diese Messungen wurden an konservirtem Material ausgeführt. Die Einstülpungsöffnung ist etwas verengert. Die Wände der Einstülpung bilden eine Fortsetzung des Körper- epithels; gegen das unterliegende Gewebe ist das Epithel der augen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIL Bd. 26 388 > Richard Hesse, srube scharf abgegrenzt durch eine Basalmembran. Das Epithel besteht aus zweierlei Zellen, wie dies SCHREINER beschreibt: die einen enthalten in ihrem freien Theil bis zu der Stelle, wo der Kern liegt, ein körniges rothbraunes Pigment; gegen die Oberfläche des Epithels sind sie breit, gegen die Basalmembran laufen sie spitz zu; der schlanke Kern färbt sich mit Hämatoxylin gleichmäßig dunkel. Die anderen Zellen entbehren des Pigments, sind größer, hell, distal von den Enden der pigmentirten Zellen etwas eingeschnürt, sonst aber breiter als diese; da wo sie dicht stehen, sind sie schlank (Fig. 11a), wo sie weniger dicht stehen sind sie breit, fast birn- förmig; ihr Kern liegt etwa am Beginn des basalen Drittels und ist rund; er färbt sich nicht so gleichmäßig wie derjenige der Pigment- zellen, sondern zeigt auf hellem Grunde zahlreiche Chromatinkörner vertheilt. Diese Zellen setzen sich gegen den Hohlraum der Augen- grube in einen Kolben fort, der dem Zellkörper im Aussehen gleicht, und dessen Form am besten die Abbildung (Fig. 11) zeigt; auf dem Querschnitt sind die Kolben rund; überall zeigen sie scharfe Kon- touren. Am basalen Ende ziehen sich die hellen Zellen, wie man bei günstiger Schnittrichtung sehen kann, in eine Faser aus; die Fasern verlaufen nach innen von der Basalmembran gegen den Grund der Augengrube und treten dort, zu einem Strang vereinigt, durch die Basalmembran; der Faserstrang geht zum Ringnerven des Man- tels und tritt in diesen ein (Fig. 9). Aus dieser Schilderung geht hervor, dass die hellen Zellen von nervöser Beschaffenheit sind — ich nenne sie Sehzellen — und ihre basalen Fortsätze als Nervenfasern angesehen werden müssen; der zum Ringnerven führende Faserstrang wäre der Sehnerv des Auges, die Fortsätze, die den freien Enden der Zellen aufsitzen, wären Stäbehen. Die mit den Sehzellen alternirenden pigmentirten Zellen dagegen zeigen nichts, was für eine nervöse Natur sprechen könnte. Vielmehr gehen von ihnen gegen das Lumen des Auges hin Fäden aus, die sich dort mit einer homogenen Füllmasse ohne irgend welche Grenze verbinden; Fäden wie Füllmasse färben sich mit Hämatoxylin dunkelblau. Ich halte desshalb die pigmentirten Zellen für Sekret- zellen. Wir haben also ähnliche Verhältnisse wie im Auge der litto- ralen Raubanneliden (15, V), pigmentlose, stäbchentragende Sehzellen, und pigmentirte Sekretzellen. Auch in ihrem histologischen Charak- ter stimmen die Zellen mit den entsprechenden Zellen der Anneliden- Retina überein. In der äußeren schmalen Wand des Auges fehlen in der Nähe - Unters. über die Organe der Liehtempfind. bei niederen Thieren. VI. 389 der Einstülpungsöffnung die Sehzellen ganz (Fig. 104); die pigmen- tirten Sekretzellen stehen daher dort eng neben einander (Fig. 12), und von ihnen geht eine Menge von Sekretfäden aus, die mit ihrem anderen Ende in die Füllmasse der Augengrube übergehen. Hier ist die Drüsennatur dieser Zellen besonders deutlich. ’ SCHREINER’s Ansicht über die Bedeutung der beiderlei Zellen ist von der eben begründeten abweichend. Er betrachtet die pigmentirten Zellen als Seh- zellen und sagt, dass sie einen dünnen Ausläufer in das ‘Mesodermgewebe schicken; es gelang ihm aber nicht, die Ausläufer derselben bis zum Ringnerven zu verfolgen, und von einem Faserstrang, wie der oben geschilderte Sehnerv, weiß er nichts. Die Beziehungen der pigmentirten Zellen zur Füllmasse (»Gallert- masse«) hat er nicht erkannt; er wäre sonst wohl vor der falschen Deutung bewahrt geblieben. Dagegen glaubte er, dass die Fortsätze der hellen Zellen, die er sehr wohl gesehen hat, an einzelnen Stellen in die Gallertmasse über- gehen — in meinen Präparaten sind aber diese Fortsätze überall, wo sie nicht schräg getroffen sind, von einer scharfen Linie begrenzt. Außer diesem angeb- lichen Übergange der Zellfortsätze in die Gallertmasse macht er für die Drüsen- natur der hellen Zellen noch geltend, dass man in den Schleimzellen des Meso- dermgewebes eben so große runde Kerne findet, wie jene sie haben; daher vermuthet er auch eine mesodermale Herkunft dieser Zellen, die wahrscheinlich ins Epithel eingewandert seien. Meine Auffassung ist genugsam schon dadurch gestützt, dass ich Nervenfasern von diesen Zellen abgehen sehe. Die als »Stäbehen« aufgefassten Fortsätze der Sehzellen habe ich näher untersucht, um ihren feineren Bau zu ergründen. Sie sind 8,6—12 u lang und haben in ihrem distalen Theile einen Durchmesser von 5,3 u. Sie bestehen aus einer fein granulirten Masse, die dem Plasma der Sehzellen gleicht und an manchen Präpa- raten ganz fein längsgestreift zu sein scheint. Bisweilen sah ich in ihnen eine dünne, etwas stärker hervortretende Fibrille verlaufen (Fig. 11a), ohne zunächst deren Bestand zweifellos darthun zu kön- nen; erst an Formolpräparaten, die ich nach ArAray’s (1) Vorschrift mit dessen Hämatein IA färbte, konnte ich in den meisten Stäbchen diese Fibrille mit Sicherheit erkennen (Fig. 11). Sie verläuft der Länge nach durch das Stäbchen, häufig ein wenig gebogen, und erscheint am Ende zu einem kleinen Knöpfehen verdickt. Nicht selten konnte ich die Fibrille in den Körper der Sehzelle hinein verfolgen (Fig. 115) und bisweilen durch die ganze Zelle verlaufen sehen; es ist mir höchst wahrscheinlich, dass sie in die Nervenfaser eintritt. Somit haben wir hier eine ganz ähnliche Einrichtung der Stäbchen wie bei den littoralen Raubanneliden und den Aleiopiden. Ich habe die Organe von vorn herein als Augen bezeichnet; ich muss das kurz begründen. Als Sinnesorgane erweist sie die Ver- 26* > 390 - Richard Hesse, bindung ihrer Zellen mit dem Mantelnerven. Dass es Organe des Lichtsinnes sind, dafür spricht die bei so vielen Augen wieder- kehrende Pigmentirung, und die eigenartige Beschaffenheit der Sinnes- zellen, die ein stäbchenartiges Gebilde tragen. Dieser Ansicht dürften vielleicht die Ergebnisse folgender Ver- suche zur Stütze dienen, wenn sie auch für sich allein nur beweisen, dass bei Lima sguamosa Organe vorhanden sein müssen, die Licht- reizen zugänglich sind. Das Thier erweist sich nämlich außerordent- lich empfindlich gegen Beschattung: hält man ein graues Blatt Papier zwischen das Becken mit Muscheln und das (nach Norden gelegene) Fenster, so ziehen die Thiere sofort ihre Tentakeln ein — bei Lampenlicht war allerdings solche Abblendung nicht wirksam. Da- gegen zeigt die verwandte Zima inflata, der solche Augenpunkte fehlen, weder bei plötzlicher Belichtung noch bei Beschattung irgend welche Reaktion. Allerdings reagirt die ebenfalls augenlose Lima hians, wie NAGEL (28) berichtet, lebhaft auf Belichtung. SCHREINER vergleicht die Augen von Zima mit denen von Pa- tella, und gewiss mit Recht: in beiden Fällen haben wir gruben- förmig versenkte epitheliale Augen. Wenn er aber für diesen Ver- gleich geltend macht, dass diesen beiden Augen die Stäbchen fehlen, so ist er in einem doppelten Irrthum: bei Zrma habe ich hier das Vorhandensein von Stäbchen nachgewiesen, bei Patella zeigt sie ein einfaches mit Eosin und Hämatoxylin gefärbtes Präparat leicht. Da- mit fällt auch der Gegensatz dieser beiden gegen Halotis, wo Stäb- chen auch von SCHREINER angegeben werden. Ins Einzelne vermag ich diesen Vergleich nicht zu verfolgen, da ich über den feineren Bau der Stäbchen bei Patella und Haliotis keine Erfahrungen habe. C. Die Augen von Pecten und Spondylus. Außer den Augen der Insekten und denen der Cephalopoden hat in der Reihe der Wirbellosen wohl kaum ein Auge die Unter- sucher so gereizt wie das von Pecten. Wir besitzen eine ganze Reihe zum Theil recht eingehender Untersuchungen über diese Or- gane. Aber immer noch gilt Hexsex’s Ausspruch: »wie viel Mühe wird erforderlich, bis man wirklich den ganzen Bau dieses Kubik- millimeters erfasst hat«, immer noch bleibt mancherlei Räthselhaftes, das spätere Untersucher zur Anspannung ihres Scharfblicks und Scharfsinnes auffordert. Wenn ich hier auch mancherlei Neues über den Bau dieser Organe beizubringen vermag, so harrt doch die Haupt- frage, die nach dem Verlauf des distalen Nerven im Auge, nach wie Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 391 vor ihrer endgültigen Lösung; was ich darüber bieten kann, ist am Ende unvollkommen und nur hypothetischer Natur. Vielleicht hilft es einem Nachfolger auf den rechten Weg! Allen Stellen nachzugehen, wo ein paar Bemerkungen, vielleicht sanz unzutreffender Art, über das Peeten-Auge gemacht wurden, habe ich hier um so weniger Veranlassung, als ja für den, der hieran Interesse findet, die ältere Litteratur von RAwITz (31) auf acht Seiten und die älteren Angaben englischer Sprache von PATTEN (30) be- sprochen sind, und überdies noch von CARRIERE (7) eine eingehende Vergleichung der Ergebnisse vorliegt, zu denen er selbst (6), PATTEN (30) und Rawrırz (31) gelangt waren. Ich will. also von früheren Untersuchungen nur diejenigen hervorheben, welchen wir besondere Fortschritte in der Kenntnis der Sehorgane von Pecten zu verdanken haben; damit wird zugleich in großen Umrissen eine Beschreibung des Auges gegeben sein. Porı, der die Augen von Pecten zuerst bemerkte, hat keine genauere ana- tomische Beschreibung von ihnen geliefert. Die vollkommenste unter den älteren Schilderungen dieser Organe ist die von KroHn (24). Er beschreibt das Auge als eine in einen besonderen Stiel eingesenkte Kapsel, die dicht unter dem äußeren Hautüberzuge gelegen, in ihrem Inneren zwei transpa- rente Substanzen enthalte, welche durch ein membranöses feines Septum ge. schieden sind und in deren äußerer er eine Linse, in deren innerer er »das die Liehteindrücke aufnehmende Nervengebilde« vermuthet. Hinter dem letzteren findet er noch ein Tapetum und eine Pigmentschicht. Der äußere Hautüberzug ist bis auf eine vordere runde Wölbung, die der Cornea des Menschenauges vergleichbar ist, undurchsichtig gemacht durch eine Pigmentschicht (welche nach des Verfassers irrthümlicher Annahme unter, nicht in dem Hautüberzug liest. Vom Ringnerven des Mantelrandes entspringt der Augennerv, der sich im Augenstiel in zwei Äste spaltet, deren einer gegen den Boden der Kapsel stößt und dort in einige feine Reiser zerfährt, während der andere um die Außenfläche der Kapsel bis in die Gegend der Linse geht und von dort bis in die Mitte des Septums verfolgt werden kann. Den Zusammenhang der Nerven mit dem »die Lichteindrücke aufnehmenden Nervengebilde« zu beleuchten, muss er künftigen Untersuchungen überlassen. Alle diese Angaben (mit der bezeich- neten Ausnahme) haben sich bestätigt; sehr vortheilhaft zeichnet sich KroHn’s Untersuchung auch durch vorsichtige Nomenklatur aus — offenbar ein Ausfluss der dazumal noch wenig verbreiteten Einsicht, dass nicht alle Augen nach dem Schema des Wirbelthierauges gebaut zu sein brauchen. — Den nächsten be- deutenden Fortschritt machte unsere Kenntnis der Pecien-Augen durch HENSEN’s (14) vortreffliche Untersuchungen. Ihm verdanken wir eine genaue Analyse der Retina; er findet sie aus drei Schichten zusammengesetzt, zwei Zellschichten und der Stäbcehenschicht, die sich von außen nach innen folgen. Die erste Zell- schicht sind spindelförmige Zellen, die theils mit abgeflachten, theils mit zuge- spitzten Enden am Septum hängen und gegen die Stäbchen bezw. in die Seiten- wülste der Retina Fäden nach abwärts senden. Die Zellen der zweiten Schicht S399u NY Richard Hesse, sind eylindrisch, wenden ihre abgeflachten Enden den Stäbchen.zu, die spitzen Enden verlaufen, von der Mitte aus divergirend, nach außen und gehen dort kontinvirlieh in die Fasern des hinteren Nerven über, die das Auge von hinten her becherartig umfassen. Die Fasern des vorderen Nerven durchbohren das Septum und treten mit den Zellen der ersten Zellenlage in Verbindung. Viele Einzelheiten des feineren Baues, die HENSEN ermittelte und spätere Untersucher großentheils bestätigt haben, werden wir im Laufe dieser Abhandlung noch zu berücksichtigen haben. — Der Befund PATTEN’s (30), dass die Kerne von Hrx- sEN’s zweiter Zellschicht, den Stäbchenzellen, nicht nahe der Stäbchenschicht, sondern in den Randtheilen der Retina liegen, ist ein weiterer Fortschritt. Was sonst die neueren Untersucher, besonders über die Beschaffenkeit der Retina, im Einzelnen beigebracht haben, ist noch nicht außer Diskussion; ich werde es Jedes Mal mit den Ergebnissen meiner eigenen Untersuchung vergleichen und dort meine Stellung dazu erörtern. Es sind die Angaben von CARRIERE (6, 7), PATTEN (30), RawıTz (31) und SCHREINER (34). Viele, mehr statistische Angaben über die Farbe des Tapetums und des Pigmentes, über die Zahl und Vertheilung der Augen bei den verschiedenen Arten finden wir besonders bei CARRIERE und RAWITZ. Das Auge von Spondylus ist weit weniger untersucht als das von Pecten, aus verschiedenen naheliegenden Gründen: das Material ist weniger leicht zu haben, die Augen sind ziemlich klein, und die Untersuchung ergab eine weitgehende Ähnlichkeit mit den Peecten- Augen, so dass es bequemer und lohnender erschien, feine anato- -mische Verhältnisse an diesen letzteren zu studiren. Wir werden unten sehen, dass allerdings die Ähnlichkeit eine große ist, dass aber in einem Punkte eine entschiedene Abweichung besteht, und dass ferner die Untersuchung des Spondylus-Auges sich desshalb lohnt, weil das Erkennen mancher Verhältnisse bei ihm leichter ist als bei dem von Peecten. Hıckson (16), der das Spondylus-Auge zum Gegenstand einer besonderen Mittheilung machte, fand als einzige Unterschiede gegen Pecten die Kürze des Augenstiels, die weit gegen die Linse gerückte Lage der Retina, wodurch eine geringe Entwicklung des »Glaskörpers« bedingt werde, und die geringe Ein- buchtung der Membrana limitans der Retina. ÜARRIERE (6) sagt: »die inneren Theile des Auges sind die nämlichen wie bei Peeien, aber kleiner; die vorkom- menden Abweichungen erscheinen mir zu unbedeutend, um hier näher darauf einzugehen«. Das Material, welches ich untersuchte, ist ein ziemlich großes — wenn ich es auch leicht noch hätte vermehren können: es umfasst sieben Arten von Pecten (P. jacobaeus L., maximus L., opercularis L., inflexus Poli, pusto L., tgri- nus Müll. und aratus Gm. var. crebricostata O. Sars) und Spondylus gaederopus L. P. maximus und die beiden letztgenannten Peeten-Arten verdanke ich der Güte des Herrn Professor BLOCHMANN, der dieselben von Norwegen mitgebracht hat; die beiden kleineren Arten waren mir von besonderem Nutzen, da die Retina ihrer kleinen Augen durch die geringe Zahl der eingehenden Elemente leichter für die Untersuchung zugänglich ist. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 393 An den großen Augen von Pecten jacobaeus hoffte ich dadurch günstige Ergebnisse zu bekommen, dass ich recht viele verschiedene Arten der Konser- virung anwandte, von denen die einen diese, die anderen jene Struktureigen- thümlichkeiten vorzugsweise gut erhalten könnten. Ich verwandte Sublimat in koncentrirter Lösung, einfach, mit 5 Procent Essigsäure, oder mit Zusatz von gleichen Theilen 95%/yigen Alkohols; ferner ZENKER’s Sublimatgemisch und von Osmiumgemischen die HERMANnN’sche Flüssigkeit. Nach dem Rathe von Dr. List in Neapel, der damit gute Erfahrungen gemacht hatte, fixirte ich eine Anzahl Augen in Sublimat oder in Pikrinsalpetersäure, nachdem sie zuvor für 5 Minu- ten in 100/,iges Formol gelegt waren. Endlich wandte ich die von W.H. Cox (Anat. Hefte, 1. Abth., Bd. X, p. 75—1035) angegebenen Gemische von 30 Theilen Sublimat mit 10 Theilen Formol (bezw. eben so viel 1%),iger Osmiumsäure) und 5 Theilen Essigsäure an, die Cox für die Fixirung von fibrillären Elementen in Ganglienzellen besonders vortheilhaft gefunden hatte. Es zeigte sich vor Allem ein auffallender Unterschied zwischen den Präparaten, die mit Sublimat- und denen, die mit Osmiumsäure-haltigen Mitteln fixirt waren; die ersteren erschienen etwas geschrumpft gegenüber letzteren, die wiederum Spuren von Quellung (z. B. in Formveränderungen der Linse) zeigten; ersteren muss ich den Vorzug geben für meine Zwecke. — Zur Färbung verwandte ich besonders die HEIDEN- HAın’sche Hämatoxylinmethode, und daneben Hämalaun und DELAFIELD’s Häma- toxylin, zuweilen nach Vorfärbung mit Orange G. Die Nachvergoldung nach ArArny’s Vorschrift hatte nicht den gewünschten Erfolg, eben so die GOLGI- sche und die Methylenblaufärbung. Außerdem konnte ich eine Anzahl ganz junger Pecten von 1—1!/, mm Durchmesser untersuchen, die ich bei einem Aufenthalte in Rovigno sammelte; die Artzugehörigkeit konnte ich nicht bestimmen. Sie wurden in schwacher FLemming’scher Lösung konservirt und mit Safranin gefärbt. Die Zellen des Cornea-Epithels nehmen bei Pecten jacobaeus und bei den meisten anderen nach der Mitte mäßig an Höhe zu, bei P. tigrinus nähert sich die Gestalt der Cornea schon mehr derjenigen von P. pusio, wie sie von PATTEN und Rawırz dargestellt ist. An den seitlichen Wänden der Zellen konnte ich Zacken von der Größe, wie sie PATTEN abbildet, nicht erkennen, stimme vielmehr mit CAr- RIERE (7) darin überein, dass dichtstehende feine Intercellularbrücken von Zelle zu Zelle gehen, wie Flächenschnitte durch die Cornea deutlich zeigen. Im bindegewebigen Theil der Cornea konnte ich keine Fasern finden, die, von den Epithelzellen ausgehend, diesen durchsetzen; eben so lauten die Angaben von RAwırTz und CARRIERE gegen PATTEN’s gegentheilisen Befund. Was die Linse angeht, so ist ihre Gestalt von PATTEN richtig seschildert und gut abgebildet. In CArRIERE’sS (6) Abbildungen er- scheint sie breitgedrückt, wie ich es in meinen Osmiumpräparaten finde, wohl in Folge von Quellung. Sie besteht, wie schon lange bekannt, aus zahlreichen, dicht neben einander gepackten Zellen, .deren Körper sich an einander abplatten und bisweilen eigenthümliche 394 .. 2 Richard Hesse, Formen auf den Durchschnitten zeigen. Die Zellen enthalten ein fein granulirtes Protoplasma und einen nicht gerade großen, oft ex- centrisch gelegenen und der Peripherie genäherten Kern, der sich mit Eisenhämatoxylin gleichmäßig dunkel färbt. Sie sind durch scharfe, dunkel gefärbte Linien im Schnittpräparate gegen einander abgegrenzt: die Linien sind das Schnittbild der Zellmembran. An Schnitten, wo die Linse Risse bekommen hat, sieht man zuweilen die dünne Membran von der Zelle abgehoben (Fig. 17d). Der An- sabe von RawItz, die Zellen seien membranlos, kann ich eben so wenig wie ÜARRIERE (() zustimmen. In den Zellen der Linse erkannte ich an Präparaten von P. jJacobaeus, die mit Sublimat fixirt und theils nach HEIDENHAIN’s, theils nach BEnnpa’s Eisenhämatoxylin-Methode gefärbt sind, ein bemerkens- werthes Strukturverhältnis (Fig. 17). Außer dem Kerne ist in dem fein granulirten Plasma der Zelle ein dunkel gefärbter Punkt sicht- bar, von dem aus nach der Peripherie zahlreiche feine, aber sehr deutliche Fäden ausstrahlen; man kann sie schon mit den gewöhn- lichen starken Trockensystemen (SEIBERT V, Oec. I) sehen. Sie ver- laufen in der überwiegenden Mehrzahl ganz gestreckt; nur einzelne erscheinen etwas gebogen. Alle Fäden gehen von dem einen Punkte aus, und alle, so weit ihre Enden nicht außerhalb des Schnittes liegen, sind bis zur Zellmembran zu verfolgen. Dass sie sich dort fest inseriren, erhellt daraus, dass an Präparaten, wo ein schmaler Riss die Zellmembran vom Protoplasma trennt, die Fäden über die Lücke hinweg zur Membran zu verfolgen sind (Fig. 17d@). Es liegt ohne Weiteres nahe, dieses System von Strahlen, die von einem Punkte in der Zelle ausgehen, mit den centrirten Radien- systemen zu vergleichen, die bei der mitotischen Kerntheilung überall auftreten und jetzt auch in vielen ruhenden Zellen nachgewiesen sind. Zum Beweise, dass es mit jenen identisch ist, müssten wir allerdings erst zeigen, dass es wirklich bei der Theilung dieser Zel- len eine Rolle spielt. Das ist mir freilich nicht möglich: aber da die Anordnung völlig die gleiche ist wie in jenen anderen Fällen, darf ich wohl die Strahlen als organische Radien, und ihren Ausgangs- punkt, den Insertionsmittelpunkt des Systems, als Centralkörperchen der Zelle ansehen. An wenigen Objekten dürften sich die Radien so deutlich bis an die Zellmembran verfolgen lassen, wie gerade hier. Die einzelnen Strahlen sind völlig glatt, ohne die Anschwel- lungen, welche sie z. B. bei den Leukocyten zeigen. Im Inneren des Centralkörperchens vermag ich keine besondere Struktur zu erkennen. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 395 Die Lage des Centralkörperchens auf den Schnitten ist eine sehr verschiedene: in einzelnen Fällen liegt es von dem Kern gegen die Zellmitte (Fig. 175, d), in anderen gegen die Peripherie (Fig. 17e); ich fand es nicht selten ganz nahe der Peripherie gelegen (Fig. 17a, ec). Da jedoch diese Zellen in ihrer Gestalt sehr wenig Regelmäßigkeit zeigen und mannigfach verschieden sind, je nach ihrer Zusammen- lagerung, und da man ferner aus einem Durchschnitt auf die Ge- sammtgestalt der Zelle nicht schließen kann, so ist es nicht möglich hier einen Zusammenhang zwischen Lage des Centralkörperchens und Gestalt der Zelle festzustellen; eben so wenig aber lässt sich behaupten, dass ein solcher Zusammenhang nicht existire. Wichtig ist, dass wir es hier offenbar mit einem dauernden Bestand der organischen Radien und einer dauernden Insertion derselben am Centralkörperchen und an der Zelloberfläche zu thun haben. Alle Zellen der Linse zeigen das gleiche Verhalten. Es ist also die Annahme ausgeschlossen, dass hier nur eine Vorbereitung zur Mitose vorliege; ja ich habe überhaupt nie eine solche gefunden, bin aber weit entfernt desshalb ihr zeitweiliges Vorkommen für un- wahrscheinlich zu halten. Dasselbe Verhalten der Linsenzellen fand ich auch bei Pecten mazimus, opercularis, tigrinus und aratus, wenn auch nicht in solcher. Auffälligkeit wie bei Jacodbaeus. Ich vermuthe, dass es sich mit ge- eigneten Mitteln bei allen Arten nachweisen lässt. Bei Spondylus konnte ich an meinen Präparaten die Radien nicht auffinden. Was hat nun dieses Strahlensystem für eine Bedeutung für die Linsenzellen? Ich glaube nicht fehl zu gehen mit der Vermuthung, dass wir hierin eine Einrichtung vor uns haben, die bestimmt ist, die Elastieität der Zellen zu erhöhen. Die Thatsache, dass die Radien, gleichviel in welcher Richtung sie verlaufen, fast ausnahmslos ganz gestreckt sind, lässt auf das Vorhandensein einer gewissen Spannung in der Zelle, eines Überdrucks, schließen. Ich finde nun in Bezug hierauf die Ausführung HEIDENHAIN’s (15) sehr ein- leuchtend, dass, cellulären Überdruck vorausgesetzt, »die Widerstands- fähigkeit der Grenzschicht dadurch erhöht wird, dass sie von innen her durch die in Spannung befindlichen Zellenfäiden an Hunderten und Tausenden von Punkten gleichsam festgehalten wird«. Das Protoplasma allein würde zu wenig konsistent sein, um nach Defor- mirung durch äußere Ursachen wieder zur früheren Gestalt zurück- zukehren. Dagegen wird ein solches System gespannter Fäden, wenn es aus seinem Gleichgewicht gebracht wird, leicht den alten - 396 - Richard Hesse, Zustand wieder herstellen, und so die Zelle in ihre frühere Gestalt zwingen. | Die Linsen anderer Thiere bestehen meist aus Substanzen von einer Widerstandskraft und Elastieität, die größer ist als bei einer gewöhnlichen Zelle mit plasmatischem Inhalt, noch dazu wenn deren Wände nicht durch Verdiekung besonders gefestigt sind; ich brauche nur an die Linsen der Wirbelthiere oder Cephalopoden, ja selbst an die von .Aleiope oder Helix zu erinnern. In der cellulären Linse von Pecten wird diese Konsistenz der Linsensubstanz durch die be- sprochene Einrichtung ersetzt: es wird dadurch verhindert, dass durch irgend welche mechanische Einwirkung eine dauernde Veränderung in der Gestalt der Linse hervorgerufen wird. Es ist naheliegend zu glauben, dass auch für physiologische Veränderungen der Linsenform, die durch die Wirkung eines Accommodationsmuskels eintreten, hier die antagonistische Vorrichtung gegeben sei. In der That finde ich bei Peefen eine Einrichtung, die dazu seeignet scheint, die Form der Linse zu verändern. An Schnitten, die bei P. jacobaeus oder maxımus senkrecht zur Augen- achse geführt werden, sieht man an dem ersten Schnitt, der die Linse trifft, eine große Anzahl in verschiedener Richtung gekreuzter Fasern (Fig. 18a); an den folgenden Schnitten nehmen die Fasern nur den Rand des Linsenquerschnittes ein und können bei ober- flächlicher Einstellung noch eine Strecke weit nach innen verfolgt werden; Fig. 185 zeigt ein Stück einer solchen Randpartie. In dieser Weise lassen sie sich verfolgen bis an die Kante, welche die äußere Linsenfläche umrandet. Es geht daraus hervor, dass die Fasern der äußeren Linsenfläche aufliegen, also zwischen Linse und Cornea ge- legen sind. Sie sind mit einer gewissen Regelmäßigkeit vertheilt, und die kranzförmigen Bezirke, in denen sie den runden Linsen- querschnitt rings umgeben, weisen nach allen Seiten eine gleich dichte Vertheilung der Fasern auf. Die einzelnen Fasern verlaufen gestreckt oder in leichtem Bogen, oft mehrere einander parallel, nie geschlängelt wie die Bindegewebsfasern im Grundgewebe des Augen- stiels. Verstreut dicht unter dem Faserbelage der vorderen Linsen- fläche, besonders zahlreich in der Mitte der Vorderfläche, finden sich Kerne (Fig. 18a, mbk), die sich von den Kernen der Linsenzellen durch ihr Aussehen leicht unterscheiden lassen; sie sind meist oval, zuweilen rund, und enthalten stets ein großes Kernkörperchen, außer- dem eine Anzahl Chromatinkörner in lichter Vertheilung (Fig. 184) — während die Kerne der Linsenzellen dicht mit färbbarer Substanz - Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 397 erfüllt sind und daher in Eisenhämatoxylin-Präparaten gleichmäßig schwarzblau aussehen. Die Kerne sind von einer geringen Menge von fein granulirtem Plasma umgeben, und dieses steht in Zusammen- hang mit einer Anzahl parallel verlaufender Fasern (Fig. 18d). Ich halte die Fasern für Muskelfasern, die Kerne mit dem umgebenden Plasma für die zugehörigen Myoblasten. Schon die Art, wie die Fasern mit Zellen zusammenhängen, spricht da- segen, dass es Bindegewebsfasern sein möchten; im gleichen Sinne ‚deute ich ihr Aussehen und ihre Anordnung. Vollends entscheidend für mich betreffs ihrer Deutung war das Ergebnis einer Färbung mit Pikrinsäure und Säurefuchsin: während die Grundsubstanz des Binde- gewebes sich überall hellroth färbte und die darin gelegenen Binde- gewebsfasern sich dunkelroth davon abhoben, hatte keine der in Rede stehenden Fasern auch nur eine Spur Säurefuchsin angenommen; sie waren gelb wie die Muskelfasern im Augenstiel. — Auch an Median- schnitten durch das Auge kann man diese Muskelfasern nachweisen, besonders da, wo sie quergeschnitten sind: sie sitzen dann als kleine, dunkel gefärbte Punkte oder Striche dieht unter der bindegewebigen Corneaschicht (Fig. 14 und 15). Auch die Myoblastenkerne findet man an solchen Schnitten, besonders in der Mitte der Linsenvorder- fläche (Fig. 18c, mb), wo sie als schmale Gebilde unter der Faser- lage liegen und durch ihr helles Innere sowie durch das Kernkörper- chen vor den Kernen der Linsenzellen sich auszeichnen. Die Muskelfasern habe ich auf Schnitten, die senkrecht zur Augenachse geführt waren, bei P. maximus und Jacobaeus nach- gewiesen; an Medianschnitten kann man sich überzeugen, dass sie auch bei allen übrigen von mir untersuchten Pecten- Arten vorkom- men. Bei Spondylus habe ich vergeblich nach ihnen gesucht, eben so wie nach dem Radıensystem in den Linsenzellen. Diese Fasern erstrecken sich bis zum Rand der Linse und nicht weiter; dort scheinen sie mit aufgesplitterten Enden in den benach- barten Theilen der Augenkapsel sich festzuankern. Wenn in den Präparaten sich die Linse durch Reagentienwirkung von der Cornea abgelöst hat, haften sie bisweilen der Linse, bisweilen der Cornea an. Da jedoch beim lebenden Thier die Linse mit der Cornea fest verbunden ist — wie man auch in Präparaten bei abgelöster Linse stets Trümmer der Linsenzellen an der Cornea haften sieht — so hat das auf die Art ihrer Wirkung keinen Einfluss; diese wird in beiden Fällen die gleiche sein: eine Verkleinerung des Umfanges des Linsenrandes. Damit dies eintreten kann, müssen die Linsenzellen, 398 - Richard Hesse, die der Außenfläche benachbart sind, zusammengepresst werden und ihre Masse wird nach außen oder innen ausweichen. Ein Ausweichen nach außen ist aber nicht möglich, da eine stärkere Wölbung der - Außenfläche verhindert wird durch den Druck, den die hier auf- liegenden kontrahirten Fasern ausüben. Die Zellen weichen somit nach innen aus, und dadurch wird eine stärkere Wölbung des zuvor etwa halbkugeligen inneren Linsentheils eintreten: er wird jetzt einen größeren Kugelabschnitt bilden, aber von einer Kugel mit kleinerem Radius als zuvor. Dadurch wird der Focus näher an die Linse her- angerückt, die Linse wird von näheren Objekten als vorher ein deut- liches Bild auf der Retina entwerfen. Es wäre also in dieser Weise eine aktive Accommodation des Pecten-Auges für die Nähe denkbar. Tritt Erschlaffung der Muskelfasern ein, so wer- den die Zellen der Linse in Folge ihrer Elastieität, die sie dem be- schriebenen Radiensystem verdanken, zu ihrer früheren Gestalt zurückkehren, die ganze Linse wird also wieder ihre frühere, mehr abgeflachte Form gewinnen, wird wieder für fernere Gegenstände eingestellt sein. So. wäre auch für die Art der Accommodation durch Veränderung der Linsengestalt ein Beispiel in der Reihe der Wirbellosen vorhan- den. In den bisher bekannten Fällen von Accommodation bei Wirbel- losen geschieht diese durch Veränderung der Entfernung zwischen Linse und Retina, wie BEER (4) für die Cephalopoden nachgewiesen hat, und wie ich (15, V) für die Alciopiden aus den vorliegenden anatomischen Verhältnissen erschließen zu können glaube. Dort aber ist es, wie auch bei den Fischen, eine Accommodation für die Ferne, während das ruhende Auge für die Nähe eingestellt ist; die anato- mischen Einrichtungen bei Pecten lassen umgekehrt auf eine aktive Accommodation für größere Nähe schließen. Das Alles sind nur Schlüsse, zu denen mich die anatomischen Befunde veranlasst haben. HENSEN meint zwar, wegen der Dicke der Stäbehenschicht sei eine Accommodation bei Peceten unnöthig; aber ich vermag den vorhandenen Mechanismus nicht anders zu deuten. Die Probe auf die Richtigkeit meiner Schlüsse kann freilich nur der physiologische Versuch liefern — wenn diese kleinen Objekte über- haupt einem solehen zugänglich sind! PATTEN untersuchte die isolirte Linse von P. opereularis und schreibt da- von: »here one may see .... a special accumulation of eircular fibres to form two contractile rings elose together on the inner and outer surface of the lens«<. Er nimmt an, dass es bei P. jacobaeus eben so sein möchte. Vielleicht entspricht 4 Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 399 der »>kontraktile Faserring«, den er am Rande der äußeren Linsenoberfläche beobachtet und abbildet, dem oben von mir geschilderten Muskelbelag. Aber ich sah freilich keine ringförmig angeordneten, sondern nur wie Sehnen im Kreis verlaufende Fasern; auch ist nach meiner Beobachtung die ganze äußere Fläche von ihnen bedeckt, nicht bloß der Rand. Dafür, dass diese Fasern kon- traktil seien, bringt PATTEN keinen Grund bei. Einen Faserring an der inneren Linsenoberfläche konnte ich bei ?. jacobaeus nicht finden; an PATTEN’s Fig. 19, wo er die Querschnitte der Fasern zwischen Linse und Cornea bei P. jacobaens im Allgemeinen so einzeichnet, wie auch ich sie finde, ist nichts von einem zweiten Faserring angegeben, dessen Faserquerschnitte man doch eben so sehen müsste. Auch bei P. opereularis, an der PATTEN auf einem Totalpräparat der Linse den Faserring beobachtete, sehe ich wohl die Querschnitte der äußeren Fasern, aber nichts, was auf einen solchen inneren Ring deutete. Die übrigen Fasersysteme, die er auf der Außenfläche der Linse bemerkte, konnte ich an meinen Schnitt- präparaten nicht wahrnehmen, eben so wenig wie eine Linsenmembran. RAWITZ (31) und CARRIERE (7) konnten keine dieser Angaben PATTEN’s bestätigen. Die Retina hat, nach dem treffenden Vergleich SCHREINER’S (34), etwa die Form eines gefüllten Tellers, dessen Konkavität nach außen gekehrt ist. HENsEN lehrte zunächst zwei Zellschichten in ihr kennen, eine distale, dem Septum zugekehrte (erste Zellschicht HEssev’s, Spindelzellenschicht CARRIERE’s, äußere Ganglienzellschicht PArTEn’s, Schicht der Ganglienzellen Rawırz’s) und eine proximale, deren Zeilen jede ein Stäbchen trägt. PATTEN fügte dazu noch eine dritte Art zelliger Elemente, die er als innere Ganglienzellen, RAwITz als sekundäre Ganglienzellen bezeichnet, und deren Kerne zwischen den stäbehentragenden Enden der Stäbehenzellen gelegen sind, dem Übergang in die Stäbchen mehr oder weniger nahe. Die Stäbchenzellen sind am besten bekannt. Ihre freien Enden sind nach innen gekehrt und setzen sich dort in die Stäbchen fort; die entgegengesetzten Enden strahlen von der Mitte aus gegen den Rand der Retina, enthalten dort den Kern und gehen dann in eine Nervenfaser über, die außen um die Augenkapsel herum gegen den Boden derselben läuft, wo sich alle diese Fasern zum proximalen Aste des Sehnerven vereinigen. Das Plasma der Zelle geht am inne- ren Ende direkt in das Stäbehen über, ohne dass etwa durch eine Einschnürung äußerlich die Grenze zwischen beiden angedeutet wäre. Zwischen den Enden der Stäbchenzellen breitet sich eine feine Haut ‚aus, welche Löcher für den Durchtritt der Stäbchen hat, eine »Sieb- membran«; ich komme unten noch auf sie zu reden. Die einzelnen Stäbchen sind schlank kegelförmig und gleichen ihrem hellen Aussehen nach ganz den Stäbehenzellen; an ihrem An- satz an die Zelle sind sie viel breiter als an ihrem freien Ende (vgl. Fig. 31a und 5). Sie sind umgeben von einer gleichmäßigen, zu- 400 "Richard Hesse, sammenhängenden Masse, wie das CARRIERE beschrieben hat, die sich mit Eisenhämatoxylin dunkel färbt und im Inneren zahlreiche dunklere Körnchen von verschiedener Gestalt enthält (Fig. 31 zxs). . Schnitte durch die Stäbchenregion senkrecht zur Sehachse zeigen, dass wir es hier nicht mit einzelnen Stäbehenmänteln zu thun haben, wie PATTENn, RAWITZ und SCHREINER gegen CARRIERE (7) behaupten. Alle meine Präparate, Quer- sowohl wie Medianschnitte, zeigen dies zur Genüge. Der Stäbehenmantel scheint mir wohl desshalb immer wieder aufgefunden, weil man ihn für ein rechtschaffenes Stäbchen für nothwendig erachtete. Auch CARRIERE (7) will auf dem kreis- förmigen Querschnitt des Stäbchens wieder einen Unterschied zwi- schen einem inneren und äußeren Theil bemerken. Ein rein plas- matisches Stäbchen erschien als ein Unding. Gerade in der euticularen Substanz der Hülle glaubte man früher das Wesentliche zu sehen, da man bei den meisten Stäbchen eine Neurofibrille im Inneren nicht kannte. Ich habe schon bei der Besprechung der Stäbchen des Alciopiden-Auges (15, V) darauf hingewiesen, dass diese Ansicht un- begründet sei. Bei dem Auge von Lima sgquamosa kommt man gar nicht in Versuchung, einen cuticularen Theil des Stäbchens heraus- deuten zu wollen, und die Verhältnisse bei Peeten bieten vollends eine Stütze meiner Ansicht, auf die.ich auch unten bei der Umdeu- tung der GRENACHER’schen Auffassung der Cephalopoden-Stäbchen noch zurückkommen muss. Dass die Masse, in der die Stäbchen stecken, sich mit Osmiumsäure stark dunkel färbt, kann ich bestä- tigen; fettig möchte ich sie desshalb noch nicht nennen, wie es CARRIERE thut. An frischen Zupfpräparaten gerinnt sie sehr leicht und tritt in großen Tropfen zwischen den Stäbchen hervor; auch an ungenügend konservirten Präparaten fand ich einmal den Raum zwi- schen Retina und Tapetum von solchen Tropfen erfüllt, die den An- schein dort aufgehäufter Iymphoider Zellen hervorzurufen geeignet waren. Die Stäbehen sowohl wie die Stäbchenzellen werden ihrer ganzen Länge nach von einer Nervenfibrille durchzogen. Im Stäbchen hat sie oft einen etwas geschlängelten Verlauf; in der Zelle verläuft sie mehr gestreckt; sie zieht seitlich am Kern vorbei und geht schließ- lich in die Nervenfaser ein, welche die Fortsetzung der Zelle bildet. Im Stäbchen ist die Faser sehr leicht nachzuweisen, viel leichter als in ihrem weiteren Verlauf; auch in frischen Zupfpräparaten ist sie dort deutlich zu erkennen. Auf Schnitten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt sind, sticht sie durch ihre dunkle Färbung hervor, aber nicht Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 401 bei allen Augen in gleicher Weise; bei völlig gleich konservirtem Material kann ihre Deutlichkeit verschieden sein, -ohne dass ich irgend einen Grund dafür anzugeben wüsste. In den Zellen ist die Faser fast immer weniger deutlich. Das hat zunächst seinen Grund wohl darin, dass sie meist in diesem Theil dünner ist. Bei ?. aratus (Fig. 21 und 22) scheint dies nicht der Fall zu sein — hier konnte ich sie besonders an den kurzen Zellen aus den Seitentheilen der Retina mühelos durch die ganze Zelle verfolgen. Vielleicht aber ist auch die Konsistenz der Fibrillen innerhalb der Zelle eine andere als im Stäbehen. In manchen Fällen konnte ich mehrere Fibrillen in einem Stäbchen bezw. einer Zelle erkennen; die Abbildungen Fig. 15 und 21 bei * zeigen das in Stäbehen von P. aratus und tigri- nus, una in Fig. 23 bei * ist solche Duplieität der Fibrille auf dem Querschnitte durch eine Stäbcehenzelle von P. aratus zu erkennen. Die Nervenfibrillen in Stäbchen und Zelle wurden schon von HENSEN (14) erkannt, wenn er auch ihren Zusammenhang nicht nachzuweisen vermochte: er schildert und zeichnet die Fibrille im Stäbchen, und am Ende der Zelle, wo diese in die Nervenfaser übergeht, fand er, dass der Nerv hier durch die Zelle hindurchgeht, »ohne darin aufzugehen«. Dann wurde die Fibrille genau ver- folgt von PATTEN; er glaubte auch noch reichliche Verästelungen der Fibrille im Stäbchen zu erkennen und Verbindungen mit den Fibrillen der Nachbar- stäbehen; aber keiner der Nachuntersucher konnte dies bestätigen. Auch BürscHLı (5) zeichnet die Fibrille, jedoch nur in der Zelle, nicht im Stäbchen; im Texte darauf einzugehen lag nicht im Bereiche seines Themas. Rawırz (31) glaubt im Stäbchen einen Kanal annehmen zu sollen, in welchem die Fibrille verlaufe; davon konnte ich weder in Längs- noch in Querschnitten etwas ent- decken, und auch SCHREINER (34) stellt fest, dass der »Achsenfaden« ein völlig gleichartiges, solides Gebilde sei. Letzterer kann die Fibrille nicht über das Stäbchen hinaus in die Zelle verfolgen; dass sie dort oft undeutlicher ist, habe ich schon gesagt; ich glaube aber auch, dass aus meiner Fig. 22, die völlig natur- getreu ist, zweifellos ihre Anwesenheit hervorgeht. CARRIERE (7) konnte es mit den damaligen histologischen Anschauungen nicht vereinigen, dass eine Nervenfaser »in eine lebende Zelle hinein und durch sie hindurch wachsen könnte«, und meint daher, die Parren’sche Hypothese von der Zweizelligkeit der Stäbchenzelle (Retinophora) sei völlig logisch, da eine Faser nur dadurch scheinbar in das Innere einer Zelle gelangen könne, dass zwei Zellen, zwischen denen eine Faser liegt, verschmelzen unter gleich- zeitiger Reduktion einer der beiden Zellen. Auch v. LENHOSSER (25) ist in neuerer Zeit von ähnlichen Skrupeln geplagt und bekämpft die Angabe GRE- NACHER’s, dass die Retinazelle der Cephalopoden und deren Stäbchen von einer »Nervenfaser« durchzogen seien, weil man sich nicht denken könne, dass eine solche Faser in eine Zelle »hineinwachse«. Nach den neueren Errungenschaften der Histologie, insbesondere nach ApAruy’s (1) bahnbrechenden Untersuchungen, können wir solchen Befunden gegenüber keine Bedenken mehr haben. Es ist nicht eine Nervenfaser, die innerhalb der Zelle verläuft, sondern eine Neuro- fibrille, die in Ganglien- und Sinneszellen eben so wie in Nervenfasern gefunden 402 2 Richard Hesse, wird und nur einen Bestandtheil der letzteren ausmacht. Die Sinneszelle geht hier ununterbrochen in die Nervenfaser über und ihre Neurofibrille in die Neuro- fibrille der Faser. Gerade bei Sehzellen kennen wir jetzt eine reiche Menge .von Beispielen für ein solches Verhalten: bei den Cephalopoden entdeckte sie "GRENACHER, bei den Nereiden und Alciopiden ließen sie sich nachweisen, oben haben wir einen neuen Beleg dafür bei Zima sguamosa gefunden, und auch bei den Pectiniden ist es so. Um die Zahl der Stäbchen zu ermitteln, habe ich mit Hilfe . eines Ocular-Netzmikrometers bei ?. jacobaeus an Flächenschnitten durch die Retina einige Zählungen ausgeführt und gefunden, dass auf einen Quadratmillimeter zwischen 24000 und 27500 Stäbchen kommen. Es wurden dabei OÖ Quadrate des Mikrometers ausgezählt an zwei Objekten. Die Zahlen werden nicht viel von der Wirklich- keit abweichen; denn bei der regelmäßigen Stellung der Stäbchen war die Stäbchenzahl in den verschiedenen ausgewählten Quadraten nur wenig verschieden. Nimmt man den Durchmesser der stäbchen- tragenden Retinafläche von P. jJacobaeus !/; mm groß an, — es sind das durchaus nicht die größten Augen — so ist der Inhalt dieser Fläche, wenn man sie vollkommen kreisförmig denkt, etwa 0,088 qmm, und es würden darauf zwischen 2100 und 2400 Stäbehen stehen. Da jedes Stäbehen einem besonderen Reize zugänglich ist, können von einem solchen Auge eben so viele Einzelreize aufgenommen wer- den, wie etwa von dem Komplexauge einer Heuschrecke, das 2000 Facetten besitzt. Nur ist der Gesichtskreis des Pecien-Auges wohl viel kleiner. RAwıTtz folgert aus der Thatsache, dass die Stäbehen nur im Centrum des Auges liegen und die Pectiniden daher kein peripheres Gesichtsfeld haben, dass »ein Gegenstand, wenn er wahrgenommen werden soll, größer sein muss als der Durchmesser eines Auges beträgt, und mehrere Augen auf einmal oder schnell hinter einander decken muss« — mit welchem Rechte, ist mir nicht er- sichtlich. Die Versuche, die er damit in Übereinstimmung zu bringen sucht, könnte man der Mehrzahl nach mit ganz ähnlichen Ergebnissen an einer hoch- gradig skioptischen augenlosen Muschel, wie Venus verrucosa wiederholen, deren Verhalten gegen Beschattung NAGEL (28) genauer schildert. Wenn, was ja wahrscheinlich ist, ein ausgedehnter Gegenstand nicht von mehreren Augen der Muschel zugleich in seiner ganzen Ausdehnung übersehen werden kann, sondern von ihm — wenigstens wenn er nahe ist — jedes Auge nur einen Theil zu sehen vermag, so braucht es dafür nicht eine Bezeichnung wie »lineares musi- visches Sehen< — noch dazu unter solchem Missbrauch des für ganz ungleich- artige Verhältnisse üblichen Ausdrucks »musivisches Sehen«. Wie die Stäbchenzellen mit den proximalen Nerven, so sollen die Zellen der ersten Zellschieht Hexsen’s mit dem distalen Nerven in Verbindung stehen. Der distale Nerv tritt um die äußere, der = Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 403 Schale zugekehrte Augenwand herum, biegt dann auf die Außenseite des Septums über, das sich zwischen Retina und Linse quer durch das Auge zieht, und tritt in der Mitte der Außenfläche in dieses Septum ein, dergestalt, dass er außen, innen und seitlich von seiner Substanz umgeben wird (Fig. 28); so verläuft er noch eine Strecke weit innerhalb des Septums. Während dieses Verlaufes löst er sich in einzelne Fasern auf, die das Septum vollends durchbohren und nach innen gehen. Das Septum des Pecten-Auges besteht aus einer homogenen Masse, die sich mit Eisenhämatoxylin dunkelblau färbt. Kerne konnte ich in seinem Inneren nicht finden; nur da, wo der Nerv sich in das Septum einbohrt, liegen ihm von außen eine Anzahl Kerne an. In der Mitte erscheint es am dicksten, nach den Seiten zu nimmt es an Dicke ab; es lässt sich aber trotzdem bei der inten- siven Färbung, die es in Eisenhämatoxylinpräparaten annimmt, bis ganz an den Rand der Retina verfolgen. — Bei Spondylus ist ein Septum von gleicher Beschaffenheit nicht vorhanden: der distale Nerv verläuft ähnlich wie bei Peeten und zieht, in einigem Abstand von der Retina bis vor deren Mitte; dort biegt er gegen die Retina um. Zwischen Nerv und Retina, also da wo bei Pecten das Septum liegt, schiebt sich hier eine Lage von Zellen ein, die einen großen Theil der äußeren Retinafläche bedecken; sie stehen epithelartig neben einander, kehren ihre breiten proximalen Enden der Retina zu und konvergiren mit den distalen, spitz zulaufenden Enden gegen die Mitte, dahin, wo der Nerv nach innen umbiegt; diese spitzen Enden enthalten den kleinen, dunkel gefärbten Kern (Fig. 16). Sie bilden so eine fiache Zellenpyramide. Zwischen den einzelnen Zellen bleiben kanalartige Lückenräume; der Nerv spaltet sich in einzelne Fasern auf, und diese verlaufen durch jene Intercellularlücken gegen die Retina. Seitliche Schnitte durch dieses celluläre Septum treffen die Lücken schräg und lassen die in ihnen verlaufenden Neryenfasern deutlich erkennen (Fig. 19). Das proximale Ende der Septumzellen ist durch eine feine Linie, die parallel der Basis geht, sesen die übrige Zelle abgegrenzt, und zeichnet sich durch etwas hellere Färbung aus; es läuft also ein heller Saum die ganze Basis der Zellpyramide entlang (Fig. 16). Es scheint hier eine substan- tielle Veränderung der Zellen vorzuliegen — welcher Art vermag ich nicht zu sagen. ! Das celluläre Septum vertritt also bei Spondylus genau die Stelle des homogenen Septums von JPeeten. Da die Augen im. ganzen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Ba. ° 27 > 404 » Richard Hesse, übrigen Bau so auffallend übereinstimmen, muss man diese beiden Theile wohl einander homologisiren. Zweifellos sind dann die Ver- hältnisse bei Spondylus ursprünglichere — denn aus einem zelligen Septum könnte sich wohl durch Verschmelzung der Zellen und Unter- sang ihrer Kerne ein homogenes Septum bilden, aber nicht umge- kehrt. Da aber das Septum von Pecten im ausgebildeten Zustande keine Spur mehr von ursprünglicher zelliger Zusammensetzung zeigt, so bleibt es der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung vorbehal- ten, hierin das letzte Wort zu sprechen. PATTEN lässt allerdings das Septum aus Zellen entstehen; doch bedürfen seine Untersuchungen wohl noch der Bestätigung. Den Verlauf des distalen Nerven an der nach außen (der Schale zu) ge- kehrten Seite des Auges stellte Rawırz fest. Nach seiner Angabe soll der Nerv auf der Außenfläche der Retina nach innen vom Septum verlaufen; alle anderen Untersucher stimmen darin überein, dass er auf dessen Außenseite liegt. Im Septum sah PATTEN nur bei jungen Thieren deutliche Kerne, CAr- RIERE giebt an, dass solche vorhanden seien, RAwırz konnte keine erkennen. Die distale Zellschieht”der Retina, von HENnsEN als erste Zellschicht, von CARRIERE als Schicht der spindelförmigen Zellen, von allen Späteren seit PATTEn als Schicht der (äußeren) Ganglien- zellen bezeichnet, ist nach meiner Ansicht von allen bisherigen Unter- suchern verkannt worden. Alle seit HEnsen sind darüber einig, dass die Zellen dieser Schicht mit den Fasern des distalen Nerven sich verbinden. Ich kann das nicht bestätigen; vielmehr sehe ich, dass die Nervenfasern zwischen diesen Zellen hindurchtreten. Was zunächst die Beschaffenheit dieser Zellschicht selbst an- geht, so haben wir es mit einer einzigen Zellenlage zu thun, die sich epithelartig auf der äußeren Seite der Retina ausbreitet; dabei sind die Zellen in der Mitte der Außenfläche parallel der Augenachse gerichtet, nach den Seiten hin nehmen sie mehr und mehr eine Neigung gegen die Augenachse an. Die Einschichtigkeit der Zellenlage ist am besten zu erkennen an kleinen Augen, in denen die Zahl der zelligen Elemente eine geringe ist, so bei den kleinen Pecten-Arten, P. aratus (Fig. 20) und P. tigrinus (Fig. 15), und bei Spondylus (Fig. 16). Dort schließen sich die Zellen mit ihren breiten Leibern an einander, ihre großen runden, mit reich- lichen Chromatinkörnern angefüllten Kerne liegen auf den Schnitten in einer etwas gebogenen Linie, und an den abgerundeten inneren Enden ist die Abwesenheit von Fortsätzen und Ausläufern vollkommen deut- lich. An den großen Augen von P. jJacobaeus und mazimus sind Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 405 diese Verhältnisse naturgemäß viel schwerer zu erkennen; die Zahl der Zellen ist eine viel größere, sie sind schlank und schmal, liegen dieht gedrängt und ihre Kerne vertheilen sich auf verschiedene Höhen. Dazu kommt noch, dass zwischen den epithelartig angeord- neten noch zahlreiche andere Zellen eingeschaltet sind, die wir wei- ter unten näher besprechen werden. Wenn man aber erst bei an- deren Formen die Einschichtigkeit der Zelllage erkannt hat, so kann man auch hier für ihr Vorhandensein zahlreiche Anhaltspunkte finden (Figg. 24 und 25). Natürlich können diese Fragen nur an genau median geführten Schnitten erledigt werden; da die Zellen sich segen die Mitte zu neigen, so werden seitliche Schnitte die Zellen nicht längs, sondern schräg treffen, und es wird den Anschein haben, als ob mehrere Zellen über einander lägen. Das epithelartige Aussehen dieser Zellenlage wird noch dadurch erhöht, dass ihre äußeren Enden breit abgestutzt sind und dicht an einander schließen in einer etwas konkaven Fläche. Zwar ragen die Ränder einer Zelle bisweilen um ein Geringes über die der Nachbarzelle außen hervor, und die Außenfläche der Einzelzelle ist nicht selten wenig ausgehöblt; trotzdem darf man die Lage wohl als epithelartig bezeichnen. Die Zellenden besitzen an Eisenhämatoxylin- präparaten einen dunkelblau gefärbten Saum, der aus einzelnen kleinen, dicht neben einander stehenden Punkten oder Strichen be- steht, wie etwa der Saum an der Oberfläche der Flimmerzellen. Über diesen Saum hinaus erhebt sich von jeder Zelle ein bürstenartiges Bündel feiner plasmatischer Härchen; diese erreichen nirgends das Septum, welches der Zellenlage nach außen benachbart ist (Figg. 15, 16, 20, 24, 25, 27, 28). In Folge des dunkeln Zellsaumes und des Bürstenfortsatzes er- innern diese Zellen an Flimmerzellen, um so mehr als es mir bei einzelnen Präparaten, besonders von P. jacobaeus und mazimus so schien, als ob die Enden der Zellen einwärts vom dunkeln Saum eine feine Streifung zeigten, gleichsam eine Fortsetzung der Flim- mern in das Zellplasma, wie man sie bei jener Zellart findet (Figg. 24 und 25). Den Zweck einer solchen Einrichtung konnte ich zwar nicht absehen — das ist aber kein Grund, die Möglichkeit nicht in Erwägung zu ziehen; habe ich doch auch im Inneren des: Auges von Loligo vulgaris in der präretinalen Zone (zwischen Retina und Corpus epitheliale) ein Flimmerepithel gefunden, und am überlebenden Objekt die Flimmerbewegung beobachtet. Daher habe ich zahlreiche frische Retinae von P. jJacobaeus in dieser Hinsicht untersucht, aber 27* 406 - Richard Hesse, nie Flimmerung bemerkt, auch wenn ich die Härchen deutlich er- kannte. ; Zwischen den Bürstchen der einzelnen Zellen ist immer ein kleiner Abstand. Hier sieht man eine Faser verlaufen, die durch ihre größere Dicke, ihre dunklere Färbung und scharfe Kontourirung sich von den Härchen der Zellen deutlich unterscheidet; der Haupt- unterschied aber ist der: sie reicht bis an das Septum heran, und gelegentlich kann man sie durch dasselbe hindurch bis in den Ner- ven verfolgen (Figg. 24 und 28): es ist eine Nervenfaser des distalen Nerven. Sie trifft, entsprechend ihrer Lage zwischen zwei benach- barten Bürstchen, stets auf die Zellgrenze zwischen zwei Nachbar- zellen: zwischen diesen verläuft sie nach innen, wie man an kleineren Augen oft sehr gut verfolgen kann (Figg. 15, 16, 20, 21, 27). Dass diese Verhältnisse früheren Untersuchern entgangen sind, liegt wohl zum guten Theil-an der Beschaffenheit der Präparate, die denselben vorlagen. HENSEN zeichnet gar keinen Zwischenraum zwischen Septum und erster Zellen- schicht, und sagt, dass die Zellen »theils mit abgeflachten, meistens aber mit zugespitzten Enden am Septum« hängen; auf eine mangelhafte Erhaltung des Materials weist auch seine Bemerkung, dass diese Zellen ziemlich vergänglich zu sein scheinen: »wenigstens sahen sie stets etwas gequollen und zum Theil verletzt aus«. — ÜARRIERE (6) hatte zuerst die Faserbürstchen der distalen Zellen- lage für eine besondere Zellschicht gehalten, ein Irrthum, den PATTEN als sol- chen nachwies und der Forscher selbst (7) später anerkannte; er fügt gegen PATTEN hinzu, dass keine der Fasern das Septum durchbohrt. Dass im Übri- gen ÜARRIERE’S Schnitte der Erkenntnis des Thatbestandes nicht besonders günstig waren, schließe ich aus seiner Bemerkung: »das Septum ist nur an etwas geschrumpften oder durch den Schnitt gezerrten Präparaten, wo es sich von der Retina abhebt, deutlich; an absolut fehlerfreien Präparaten, vor Allem an unzerrissenen Schnitten von Osmiumpräparaten, ist es nicht zu erkennen, muss also der Retina ganz dicht anliegen«. Im Übrigen sieht er nicht genügend Grund, die Zellen als Ganglienzellen bestimmt zu bezeichnen. — PATTEN hat auch hier am besten gesehen unter den neueren Untersuchern, aber seine Phantasie treibt mit den Beobachtungen ihr Spiel und lässt ihn wohl noch dies und jenes in die Präparate hineinsehen. Er schildert die Zellen mit ihrem Faserbesatz, aber die Fasern sollen das Septum durchsetzen; er zeichnet die diekeren Nervenfasern zwischen den Bürstchen, verbindet sie aber mit einer der Zellen der distalen Lage — so in Fig. 38, wo doch der Schnitt offenbar nicht genau median ist: denn wie das innere Ende bei der mittleren der drei isolirt gezeichneten Zellen mitsammt dem -Kern außerhalb der Schnittebene fällt, wird offenbar auch das äußere Ende der linken Zelle in der gleichen Lage sein: er verbindet aber diesen kernhaltigen Zelltorso in der Zeichnung mit einer Nerven- faser und sieht darin eine tiefer gelegene Ganglienzelle! An dem Isolations- präparat Fig. 33 ist eine distale Zelle gezeichnet, mit ihrem Faserbürstchen, ohne innere Ausläufer; eine Zelle, wie die nebenliegende, werden wir später noch kennen lernen. Es lassen sich also seine Bilder wohl mit dem in Über- einstimmung bringen, was ich zu bekräftigen suche — wenn man annimmt, dass Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 407 er nicht kritisch genug an seine Präparate herantrat, und hier und da mit dem Stift etwas nachhalf. — Rawırz (31) will von dem Faserbesatz der Zellen, von PATTEN’s »fibrous layer«, gar nichts wissen; »was PATTEN in seinen hierher gehörigen Figuren darstellt, ist darauf zurückzuführen, dass das Septum und der Nerv etwas von den darunter liegenden Zellen abgezogen sind, und dass in Folge dessen die sonst verdeckt zu den Zellen tretenden Nervenfibrillen sicht- bar geworden sind. — SCHREINER (34) hat die feinen Ausläufer an den distalen Enden der Zellen gesehen, hat auch erkannt, dass in Abständen von einer Zell- breite jedes Mal eine dickere Faser vorhanden ist, die sich, das Septum durch- bohrend, in den äußeren Nerven fortsetzt«; aber er meint, dass diese Faser gerade die Mitte des Faserbürstehens einnimmt und zur Zelle geht. Ein: rich- tiger Gedanke hat ihn dabei wohl geleitet: der, dass wir keine Ganglienzellen kennen, die mit so vielen Fortsätzen in den Nerven übergehen, wie es nach PATTEN’s Deutung sein müsste! Aber die Beobachtung war falsch. — Alle Untersucher nehmen an, dass die distale Zellschicht aus mehreren Lagen be- stehe; nach PATTEN sollen zwei, an den diekeren Stellen drei bis vier Lagen, nach Rawırz bei einigen Arten zwei, bei anderen vier Lagen solcher Zellen vorhanden sein. PATTEn’s elegante Zeichnungen geben dabei Bilder wieder, wie man sie in den Präparaten etwa trifft. Nach was für Präparaten aber die Fig. 41 bei RawıTz gezeichnet ist, kann ich nach meinen Erfahrungen nicht ent- scheiden! Wenn wir die distale Zellschicht als epithelartig angesprochen und mit Flimmerzellen in Vergleich gesetzt haben, so würde daraus folgen, dass die dem Septum zugekehrten Enden die freien, die der Retina zugekehrten die basalen Theile dieser Zellen wären. Nun bilden aber die Stäbchenzellen eine epitheliale Lage, in der die freien Enden der Zellen proximad, die basalen distad gerichtet sind. Wir hätten dann hier zwei Epithellagen, die sich ihre basalen Flächen zukehren, in engster Verschmelzung. Das erscheint ungewöhnlich, und dazu kommt, dass ein von Nervenfasern durchbohrtes Epithel ebenfalls nirgends sonst gefunden wird. Wir dürfen desshalb in der distalen Zellenlage der Retina kein echtes primäres Epithel sehen, sondern nur in sekundärer Weise epithelartig angeordnete Zellen. Dass wir durch entwieklungsgeschichtliche Untersuchungen über diesen Punkt viel Aufklärung zu erwarten haben, glaube ich nicht, nach dem, was PATTEN ermittelt hat und was ich selbst von jungen Entwicklungsstadien der Pecten-Augen gesehen habe. Viel eher dürften vergleichend-anatomische Stu- dien hierin und in viele andere Punkte Licht bringen. Die Augen von Car- dium edule nach PATTEN’s Angaben und die von Curdium muticum nach KısHI- NOUYE (21) bieten manche Vergleichspunkte mit dem Pecten-Auge, und zeigen dabei doch viel einfachere Verhältnisse; vielleicht wird man noch Zwischen- stufen finden, welche die noch vorhandene Kluft überbrücken. Leider ist KıstHı- nouyE’s Arbeit nur von ganz schematischen Figuren begleitet, die es unmöglich machen, über seine Deutung der Verhältnisse ein Urtheil zu bekommen. In der Retina findet sich noch eine dritte Art von Zellen, die > 408 > Richard Hesse, sich von den distalen und den Stäbchenzellen durch die schlanke Gestalt ihres Zellkörpers und vor Allem durch die Beschaffenheit ihres Kernes unterscheiden. Bei den Stäbchenzellen ist ja der Kern schon durch seine periphere Lage vor den anderen in der Retina vorkommenden Zellkernen ausgezeichnet, weiter auch durch seine bläschenförmige Gestalt und die Vertheilung des Chromatins, das in zahlreichen Körnern in ihm verstreut liegt; eben so verhält sich das Chromatin in den runden Kernen der distalen Zellen. Außerdem aber finden sich schlankere Kerne in der Retina, die sich meist gleichmäßig dunkel färben, also wohl mit Chromatin vollgestopft sind: so treffe ich es bei größeren Pecten-Arten, P. jJacobaeus, mazi- mus, opercularis, und bei Spondylus. Diese gehören zu den erwähn- ten Zellen dritter Art, und zeigen deutlich deren Verbreitung an: sie liegen zwischen den inneren Enden der Stäbchenzellen, an der proximalen Grenze der distalen Zellschicht, und endlich in wechseln- der Menge zwischen den Zellen dieser Schicht (Figg. 21, 24, 27, 28 zıc).). Die Lage dieser Kerne zwischen den Stäbehenzellen wechselt bei den einzelnen Arten: bei ?. jJacobaeus und mazimus liegen sie in einiger Entfernung’ von der Siebmembran, die sich am Übergang der Stäbchenzellen in die Stäbchen ausspannt, bei Spondylus rücken sie schon ziemlich nahe an diese Membran heran, bei P. opercularıs und den kleinen Arten liegen sie dicht an der Membran. Die Ver- theilung über die Fläche der Retina ist keine gleichmäßige: in den seitlichen Theilen liegen sie so dicht, dass fast zwischen je zwei Stäbchenzellen ein solcher Kern zu liegen kommt; in der Mitte da- gegen finden wir sie nur spärlich (Figg. 14, 16, 28). In der distalen Zellenlage kommen sie in jeder Höhe zwischen den Zellen vor, oft ganz bis an die äußere Fläche der Zellenlage heran (Figg. 24, 29). Auch in den peripheren Theilen der Retina, den sog. Randwülsten, finden wir solche Kerne. Der Zellkörper, der zu dem Kern gehört, ist dünn, fadenförmig, und schiebt sich zwischen die umgebenden Zellen ein, so dass er nicht immer leicht zu verfolgen ist; nur um den Kern herum er- scheint er angeschwollen, als heller Hof. Diese Zellen müssen, der leichteren Bezeichnung wegen, einen Namen bekommen; ich will sie Zwischenzellen nennen, ganz unverfänglich, um nichts über ihre Bedeutung von vorn herein auszusagen. In der Mitte der Retina ver- läuft ihr schlanker Zellleib in gleicher Richtung wie die Grenzen der Stäbchenzellen und entgeht daher leicht der Beobachtung; in den seitlichen Theilen dagegen bildet er mit der Richtung jener Zellen Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 409 einen beträchtlichen Winkel und wird dadurch leichter kenntlich (Figg. 27, 28). Auch der Kern liegt hier oft mit seiner Längsachse nicht den Stäbchenzellen parallel, sondern biegt um wie der Zellkörper. Die fadenförmigen Zellkörper konvergiren nach außen zu gegen die distale Zellsehicht und haben etwa die Richtung wie die Achsen der näch- sten distalen Zellen; sie dringen zwischen diese Zellen ein und gehen über in die Fasern des distalen Nerven, die wir früher von außen her an die gleichen Stellen verfolgen konnten. Bei den Zwischenzellen, deren Kerne sich zwischen die distalen Zellen einschieben, ist zuweilen die Verbindung mit der Nervenfaser sehr deutlich (Fig. 29). Besonders oft aber kann man an den zell- armen Retinae von P. tigrinus und aratus die Fasern des distalen Nerven deutlich zu den Zwischenzellen verfolgen (Figg. 15, 20, 21). Weiter verweise ich auf Fig. 30. Nun muss ich gestehen, dass die Zellen gar nicht das Aussehen haben, wie man es in der Regel bei nervösen Zellen findet, vor Allem nicht den großen Kern solcher Zellen. Es wäre mir viel einleuchten- der gewesen, hätte ich eine Verbindung des distalen Nerven mit den distalen Zellen herausbekommen können. Aber meine Präparate lassen keine andere Deutung zu: die Fasern des distalen Augen- nerven stammen von Zellen, deren Kerne theils zwischen den distalen Zellen, theils zwischen den Stäbchenzellen verstreut liegen und die ich als Zwischenzellen bezeichne. Und wie ist der weitere Verlauf dieser Zwischenzellen nach innen? Den Weg weisen uns hier die Zellen, die ihren Kern dicht an der Siebmembran haben. Bei den Zellen von P. jacobaeus und mazımus kann man häufig den Zellleib vom Kerne aus bis an die Siebmembran heran verfolgen, zwischen den inneren Enden der Stäbchenzellen (Fig. 28). An der Membran verbreitert er sich etwas, so dass er die ganze Breite des Zwischenraumes einnimmt; das ist das Ende der Zwischenzellen. Es erscheint mir sehr möglich, dass die Siebmembran ein Produkt dieser Zellen ist; ob die Masse, die den Raum zwischen den Stäbehen erfüllt, auch von ihnen stammt oder von den Stäbchenzellen, kann ich in keiner Weise beurtheilen. Innerhalb des verbreiterten Endes der Zelle sehe ich sehr oft eine Faser verlaufen in der Richtung des Zellkörpers bis an die Sieb- membran heran (Figg. 30, 32). Hier hört das auf, was ich mit Sicher- heit ermitteln konnte. Dass jene Faser durch die Siebmembran hin- durchtritt und in der Zwischensubstanz zwischen den Stäbchen weiter verläuft, scheint wir sehr wahrscheinlich. An Präparaten, wo sich 410 > Richard Hesse, diese Zwischensubstanz von der Siebmembran abgehoben hat, sehe ich nieht selten noch eine dünne Verbindung mit der Membran bezw. der Zwischenzelle, so bei P. pusio (Fig. 27). An einem anderen Präparat, das mit Toluidinblau nach vorhergegangener Durchtränkung mit molybdänsaurem Ammon gefärbt war, wollte mir es scheinen, als ob ein länglicher dunkel gefärbter Strich, der im proximalen Theile der Zwischenmasse zwischen den Stäbchen mit großer Regel- mäßigkeit auftritt, nach außen in eine feine Fibrille sich fortsetzt, die in das Ende der Zwischenzelle eintritt, oder anders gesagt, dass eine feine Nervenfibrille von der Zelle in die Zwischenmasse einträte, dort proximad verliefe und mit einer Anschwellung endigte (Fig. 32); meine Bilder sind aber nicht derart, dass ich dies verbürgen könnte. Jedenfalls fasse ich die Zwischenzellen als Sinneszellen auf, und zwar als Zellen des optischen Sinnes; sie würden vielleicht eine andere Seite dieses Sinnes vertreten, wie das ja auch bei Stäb- chen und Zapfen der Wirbelthierretina der Fall ist. — Von den Zellen, deren Kerne noch weiter von der inneren Grenze der Retina abliegen, ist wohl anzunehmen, dass ihr Zellkörper in gleicher Weise bis an die Siebmembran herantritt; wenigstens konnte ich von hier aus zuweilen solche fadenförmige Zellkörper bis an die innere Fläche der distalen Zelllage verfolgen, ohne einen Kern in ihnen zu sehen (Fig. 30); der lag wohl zwischen den distalen Zellen. Somit komme ich zu einem Ergebnis, das zwar an sich ein- leuchtend ist, dem aber genügend überzeugende Beweise nicht durch- weg zur Seite stehen: dass auch die Fasern des distalen Nerven von Sinneszellen der Retina stammen, deren reizaufnehmende Enden zwischen den Stäbchen liegen. Ganglienzellen kann ich in den Zwischenzellen jedenfalls nicht sehen. Vor Allem muss ich gegen die bisherigen Darstellungen seit PATTEn Folgendes betonen: eine Zwischenzelle gehört nicht nothwendig zu je einer Stäbchenzelle; denn in der Mitte der Retina sind sie so spärlich, dass je auf vier oder fünf Stäbchenzellen eine derselben kommt, und in den Seitentheilen liegen ihre langgestreckten Kerne oft quer über eine oder mehrere Stäbchenzellen herüber, womit es sich nicht verträgt, dass der Zell- körper der Zwischenzelle sich diesen anschmiegen soll. Auch die inneren Enden der Zwischenzellen konnte ich bei P. jacobaeus und mazimus oft deutlich verfolgen und sah sie dann stets zwischen zwei Stäbehenzellen liegen und genau bis an die Siebmembran gehen. Die schlanken, dunkeln Kerne, wie sie den Zwischenzellen eigen sind, überwiegen in der Retina die Zahl der Stäbchenzellen nicht Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 411 wenig; es würde sich damit gut vereinigen, dass der distale Nerv nicht unbedeutend dicker ist als der proximale — weil ihm eben von den Zwischenzellen zahlreichere Nervenfasern zukommen als diesem von den Stäbehenzellen; ich habe durch Messung bei P. Jaco- baeus festgestellt, dass die Durchmesser der auf dem Durchschnitt nahezu kreisrunden Nerven sich etwa verhalten wie 9:7, ihre Quer- schnitte also wie 8:5; im gleichen Verhältnis wie der Inhalt der Querschnitte würden wohl die Zahlen der in den Nerven verlaufen- den Fasern stehen. Es ist bei alledem möelich, dass nicht alle Kerne von dem beschriebenen Aussehen zu Zwischenzellen gehören; einzelne, die ich dicht hinter der distalen Zellenlage, mit ihrer Längs- erstreckung in querer Richtung (senkrecht zur Medianebene) fand, sehören wahrscheinlich zu Zellen anderer Art; vielleicht gilt das Gleiche von solchen Kernen, die in den Seitenwülsten liegen. Doch darüber vermag ich nichts zu entscheiden. GoLsT’'sche Silberimpräg- nirung und Methylenblaufärbung nach Eurricn sind mir fehlge- schlagen. Wem sie glücken, der wird die endgültige Lösung geben können. HENSEN (14) hat die Zellkörper der Zwischenzellen zuerst beschrieben und abgebildet als Fäden, welche von der ersten Zellschicht nach abwärts theils in die Seitenwülste, theils an die breiten Enden der Zellen der zweiten Schicht (Stäbehenzellen) verlaufen und vermuthet, dass »auch sie, vereint mit den Fäden ‚der zweiten Zellenschicht, in die Stäbchen gehen«. Er sucht diese Einrichtung im Sinne der YounG-HELMHOoLTzZ’schen Theorie des Farbensehens zu deuten. Die Kerne der Zwischenzellen hielt er noch für Kerne der Stäbchenzellen. PATTEN (30), der letztere Annahme als irrthümlich nachwies, sieht in den faden- förmigen Zellkörpern der Zwischenzellen Ausläufer der äußeren Ganglienzellen, die nach der inneren Seite der Retina gegen die Stäbchen hin verlaufen; die Kerne der Zwischenzellen gehören nach PATTEN zu »inneren Ganglienzellen«, deren Ausläufer die Retinophoren (Stäbchenzellen) dicht umspinnen und sich bis auf die inneren Enden der Stäbehen erstrecken, während ein distaler Aus- läufer die Verbindung mit dem distalen Nerven herstellt. Dazu kommen noch andere nervöse Elemente, die nicht aus den Ganglienzellen der Retina hervor- sehen. All das vereinigt sich zu einem die Stäbchen umspinnenden Nerven- netz, zu dem auch die im Inneren des Stäbchens verlaufende Faser durch Äst- chen in Beziehung tritt. Rawırz (31) nimmt wie PATTEN zweierlei Ganglienzellen an; das Nervengewimmel um die Stäbchen vermag er nicht zu sehen. Auch bei SCHREINER (34) begegnen wir den PArren’schen Ganglienzellen wieder. — Die Endigung des distalen Sehnerven in Ganglienzellen, die ihrerseits zu den mit eisener Nervenverbindung ausgestatteten Stäbchenzellen durch umspinnende Fasern in Beziehung treten, ist jedenfalls von vorn herein etwas ganz Ungewöhn- liches. Die Verhältnisse der Wirbelthierretina können nicht zum Vergleich her- angezogen werden; denn hier stehen ja die Sehzellen nicht selbständig mit dem Centralorgan in Verbindung, wie bei Pecten, sondern erst durch Vermittelung der eingeschobenen Ganglienzellen, die ein intraretinales Sehganglion bilden. 412 Richard Hesse, Vielleicht nicht ohne Bedeutung für die Auffassung der Zwischenzellen dürften die Augen von Cardium edule sein. PATTEN (30) bildet an ihnen sowohl »Retinophoren< wie »Ganglienzellen< ab, und bezeichnet die letzteren als homo- log mit den inneren Ganglienzellen von Peeten; nach meiner Bezeichnung hätten wir also hier Stäbehenzellen und Zwischenzellen. In Fig. 112 bei PATTEN ist von den Kernen der »Ganglienzellen< ausgehend ein Faden gezeichnet, der zwischen den stäbchenartigen Enden der Retinophoren eben so weit wie diese verläuft, ohne an sie heranzutreten; das würde ganz zu meiner Auffassung der Zwischenzellen bei Pecten stimmen. Da jedoch PATTEn’s Angaben nicht immer zuverlässig sind, um so weniger als hier Text und Abbildung in einem gewissen Gegensatz stehen, so kann ich Mangels eigener Erfahrungen hierauf keine Schlüsse bauen. Nach innen liegt der Retina bei P. jacobaeus und mazimus unter den Stäbchen eine dünne Membran aus homogener Substanz auf, die sich mit Eisenhämatoxylin tief schwarzblau färbt und besonders an Schnitten senkrecht zur Sehachse auffällt, aber auch an Median- schnitten deutlich ist. Ich nenne sie »Deckmembran« (Fig. 29 dm). Das was PATTEN als »vitreous network« bezeichnet, würde der Lage nach dieser Membran gleichzusetzen sein; seine Beschreibung von großen Löchern, in welche die Enden der Stäbchen passen, stimmt jedoch nicht zu dem was ich sehe, eben so wenig wie seine Zeich- nung. Auf Median- wie auf Querschnitten erscheint mir die Mem- hran völlig zusammenhängend, ohne Durchbrechungen. Die Randzone der Retina, welche innen nicht mit Stäbchen besetzt ist, hat HENsEN als Retinawülste bezeichnet, weil an seinen Präparaten diese Theile wulstförmig vorsprangen und damit die stäbchentragende Fläche in eine schüsselförmige Vertiefung mit ein- springenden Rändern verwandelten. Diese Vorwölbung der Rand- zone (Fig. 15) halte ich für eine Schrumpfungserscheinung, da ich sie an den Augen der gleichen Species bald traf, bald nicht; bei den sorgfältig konservirten Augen von P. jacobaeus begegnete ich ihnen nie. Die Randzone enthält, wie PATTEx zuerst genauer an- giebt, sehr zahlreiche Fasern, die etwa parallel. mit den inneren Enden der Stäbchenzellen verlaufen, und die peripheren Enden der- selben kreuzen (Fig. 29). Zwischen den Fasern liegen Kerne, die denjenigen der Zwischenzellen sehr ähnlich sind; aber sie erreichen bei Weitem nicht die Zahl der Fasern; es ist mir daher fraglich, ob sie zu diesen gehören, oder ob sich nicht Zwischenzellen bis hierher erstrecken. — Die inneren Enden der Fasern durchbohren eine Membran, die eine Fortsetzung der Siebmembran der Retina darstellt, und reichen ein wenig über dieselbe hinaus bis zu einer zweiten Membran, die in der Verlängerung der Deckmembran der Stäbchen = Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 413 liest. Jede Faser scheint an ihrem Ende mit einer kleinen An- schwellung an die Deckmembran anzusetzen. Die äußeren Enden der Fasern scheinen an den peripheren Theilen des Septums zu endigen; ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass sie sich mit einer Nerven- faser des distalen Nerven verbinden — das müsste einen Nervenzug geben, der sich nicht leicht der Beobachtung entziehen könnte. Die Fasern dienen wohl als Stütze für die Randzone. Innen von der Retina finde ich in den meisten Präparaten einen klaffenden Spalt, der aber offenbar nur auf Schrumpfung des innen vom Auge gelegenen Bindegewebes des Stieles zurückzuführen ist. Das Tapetum und die Pigmentschicht sind dabei häufig jenseits des Spaltes gelegen, nicht selten sind sie getrennt, so dass das Tapetum ganz oder theilweise der Retina anliegt, die Pigmentschicht dem Binde- gewebe; zuweilen finde ich schließlich beide der Retina anliegend, und der Spalt liegt zwischen Pigmentschicht und Bindegewebe. Dar- aus geht hervor, dass im lebenden Auge Tapetum und Pigmentepithel der Retina eng anliegen, wie es PATTEn auch darstellt und ich in meinem Schema Fig. 14 gezeichnet habe, und dass jener Spalt ein Kunstprodukt ist. Bei allen Peeten-Arten, die ich untersuchte, und bei Spondylus finde ich in der Mitte des Tapetums an dessen proximaler Seite einen einzigen großen Kern. Er ist auf Medianschnitten bei Pecten ganz flach gedrückt (Figg. 15 u. 32 ta%), bei Spondylus mehr oval (Fig. 16 ta), und erscheint von der Fläche gesehen vollkommen rund (Fig. 33), so dass er also die Gestalt einer flacheren oder gewölbteren Linse be- sitzt. Stets enthält er ein großes, dunkel gefärbtes Kernkörperchen und daneben noch kleine ehromatische Körnchen in größerer Zahl. In seiner Umgebung färbt sich die Substanz des Tapetums ein wenig blau; es scheint also hier ein Rest unveränderten oder doch weniger veränderten Protoplasmas übrig zu sein, das sich von dem geschichtet aussehenden, ungefärbten Rest des Tapetums deutlich abhebt. Ich habe diesen einen Kern, niemals mehrere, an allen lückenlosen Serien im Tapetum stets an der gleichen Stelle gefunden, bei kleine- ren Arten natürlich leichter als bei größeren. Auch an den noch sehr kleinen Augen junger, etwa 1 mm im Durchmesser haltender Pecten konnte ich ihn schon nachweisen, hier von einer größeren Menge unveränderten Plasmas umgeben. Das Tapetum ist dem- nach als eine einzige große napfförmige Zelle zu deuten, in deren Boden der Kern liegt und deren konkave Seite zu einer das Lieht reflektirenden Substanz umgewandelt ist. 414 | 0... Richard Hesse, HENSEn glaubte am Tapetum eine Zusammensetzung aus kleinen polyedri- schen Zellen zu bemerken, konnte aber auf eine nähere Untersuchung nicht ein- sehen. Nach PATTEN besteht das fertige Tapetum (er nennt es Argentea) aus zwei Lagen, einer äußeren, mehr differenzirten, und einer inneren, weniger differenzirten; die äußere enthält nie Kerne, in der inneren Lage findet man gelegentlich einen oder zwei Kerne. Die Angabe von der Duplieität des Tape- tum beruht wohl darauf, dass dieses sich nicht selten an Schnitten spaltet. Auch die Bemerkung über die Kerne hat ihren thatsächlichen Hintergrund: die »innere Lage« enthält einen Kern, aber nur einen und stets. Entwicklungsgeschicht- lich sollen beide Lagen mehrzellig sein, und so zeichnet PATTEN in seiner Fig. 10 ein fast fertiges Auge von P. pusio, wo in jeder der beiden Lagen mehrere Kerne zu finden sind, deren übrigens keiner central liegt. Zuletzt sollen es zwei Zellen sein, aus denen die beiden Tapetumlagen sich entwickeln; doch dem widerspricht die dauernde Einzelliskeit des Tapetums, die ich schon in recht frühen Stadien nachweisen konnte. — Rawırz (31) trifft »zuweilen, aber außerordentlich selten ... hier und da einen Zellkern« im Tapetum. — SCHREINER (34) lässt es unentschieden, ob im Tapetum Zellbestandtheile zu finden sind. Die Pigmenthaut, die den Augenhintergrund bildet, besteht aus völlig mit Pigment gefüllten Zellen, die mehr oder weniger deutlich epithelial in einer Lage angeordnet sind. Mit PaArren, BürscHLiı und Rawırz kann ich darin übereinstimmen, dass sie außen unter Verlust ihres Pigments direkt in die Retina übergeht. Das Pigment ist meist wenig dunkel, von rother oder bräunlicher Farbe; die weit herunterreichende Pigmentirung im Epithel des Stieles hilft dann die Blendung vervollkommnen. Bei ?. tigrinus (Fig. 15) aber, wo das Pigment im Augenhintergrunde tief dunkelbraun ist, reicht die Pigmentirung des Epithels im Augenstiel nur bis dahin, wo die Pigsmenthaut beginnt. BürscaLı (5) hat die Vermuthung ausgesprochen, das Auge von Pecten sei auf eine von der Epidermis her eingestülpte Epithelblase zurückzuführen, deren äußere Wand lichtempfindlich geworden sei, indess die innere sich zum Pigmentepithel umgebildet habe. Die morphologische Grundlage für diese Ableitung bot ihm der ununter- brochene Zusammenhang des Pigmentepithels mit der Retina. Auch die neuen Momente im Bau des Peeten-Auges, die diese Unter- suchung aufgedeckt hat, geben keine Veranlassung, von BÜTSCHLI’S einleuchtender Herleitung abzugehen; ja im Gegentheil: die eine sroße Tapetumzelle im Inneren der Blase lässt sich leichter erklären, etwa durch Einwanderung einer Zelle, als eine Lage epithelial an- geordneter Zellen, aus denen bisher das Tapetum hervorgegangen gedacht wurde. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 415 2. Die Augen der Heteropoden. Geschichtliches: Die erste genauere Beschreibung des Heteropoden- Auses giebt KrRoHN (23); es lagen ihm Pferosrachea und Carinaria vor. Er schildert die Gestalt des Auges, die Linse und den Glaskörper und erwähnt die seltsamen Pigmentlücken in der sChorioidea<; er giebt an, dass »der Sehnerv an der kielartig verschmälerten Basis des Auges eine leistenförmige Anschwel- lung bilde<; später (25) fügt er hinzu, dass aus letzterer Fasern entspringen, die sich im Bereiche der hintersten Abtheilung des Auges verbreiten und bis an die Pigmentlücken zu reichen scheinen; dieser »äußeren Retinaschicht« ent- spricht eine innere, welche »aus dicht neben einander stehenden und aufrecht gesen den Glaskörper gestellten< Fasern besteht, »wie im Auge von Aleiopa«e — von dem feineren Bau der Retina hat er nichts erkannt. — LEYDicG (27) macht dann die Angabe, dass bei Carinaria »die Chorioidea aus den schönsten polygonalen Zellen besteht«, in denen da, wo KROHN die Pigmentlücken gesehen hat, jede Spur von Pigment fehlt. — Huxrey (17) beschreibt nur die äußere Form des Auses von Firoloides; die Cornea, weiche nach hinten in die »Selerotica« über- gehen soll, ist von der Linse nur durch einen sehr geringen Zwischenraum ge- trennt, so dass man kaum von einer vorderen Augenkammer reden kann. An den Augapfel setzen eine Anzahl unregelmäßiger Muskeln an, die ihn in seiner Lage erhalten und bewegen. | Ausführlicher werden die Augen von LEUCKART (26) und GEGENBAUR ($) behandelt. LEUCKART schildert die Verschiedenheiten der äußeren Form des Auges bei Atlanta, Firola (= Pterotrachea), Firoloides und Carinaria, und be- spricht den Muskelapparat des Firola-Auges genauer. Was er über den feineren Bau angiebt, stimmt in vielen Punkten nicht mit dem überein, was sich bei Untersuchung von Schnittpräparaten nach den jetzigen Methoden mit Leichtig- keit ermitteln lässt: Zwischen Linse und Cornea findet er einen zelligen konvex- konkaven Sammelkörper, den ich mit dem epithelialen Antheil der Cornea gleich- stellen möchte, wenn mich nicht die Angabe bedenklich machte, dass die Zellen statt der Kerne einen stabförmigen soliden Körper von beträchtlicher Resi- stenz gegen koncentrirte Kalilauge enthalten sollen. Begreift LEUCKART unter Cornea wirklich nur den bindegewebigen Theil der vor der Linse gelegenen Augenwand, so stimmt seine Angabe, dass dieselbe in die Sclerotica übergehe. Die Annahme eines zelligen Baues der Sclerotica in ihrem vorderen Theile ist wohl auf die dort eingelagerten zahlreichen Ganglienzellen zu beziehen. Von der aus polygonalen Zellen bestehenden Pigmenthaut vermuthet er, dass die Pigmentzellen in ihr eine doppelte Lage bilden. Er erkennt richtig, dass die Retina auf den Augengrund beschränkt ist: die Fasern der Sehnerven gehen dort in eine äußere Retinaschicht mit senkrecht stehenden Elementen über, weicher eine innere Schicht von schärfer kontourirten, faserartigen Bildungen auf- sitzt, die den Stäbehen der höheren Thiere vergleichbar sind. — GEGENBAUR (ö) bespricht die Augen von Atlanta, Carinaria und Pierotrachea. Als Theile der Augen findet er überall eine dünne, leicht gefaserte, membranartige Selerotica, die sich am vorderen Abschnitt zur Cornea umbildet; bei einigen Formen ist diese oberflächlich von einem Pflasterepithel überkleidet, lässt aber im Übrigen keinen zellisen Bau erkennen; bei Pterotrachea liegt hinter ihr, die vordere Linsenfläche überziehend, ein Epithel, das GEGENBAUR der Linse zurechnet: es ist offenbar das vordere Epithel der Augenblase, der epitheliale Theil der Cornea. 416 - Richard Hesse, Bei Firoloides und Pterotwachea liegt eine vordere, mit glasheller Substanz ge- füllte Augenkammer zwischen Cornea und Linse. Der pereipirende Theil des Auges macht dem Forscher Schwierigkeiten: am hinteren Rande des Augapfels breitet sich auf einer bedeutenden ganglionären Anschwellung von kahnförmiger Gestalt der Sehnerv aus; darauf folgt ein Körnerstratum und dann eine Lage mannigfach ramificirter Zellen; dieser den hinteren Augenrand leistenartig umfassende Schichtenkomplex ist das einzige mit einer Netzhaut vergleichbare Gewebe bei Carinaria und Atlanta, er »liegt aber hinter und außerhalb der schwarzen Pig- mentschicht, und durch diese Lage wird scheinbar das wieder aufgehoben, was durch den Bau dieser Ansicht zu Gute kommt«. Bei Pferotrachea glückte es ihm besser, eine innerhalb des Pigmentmantels am hinteren Augenrande gelegene »Stäbehenschicht« nachzuweisen; es sind wohl die auch von LEUCKART als stäbehenartige Bildungen bezeichneten Elemente, die GRENACHER später als Stäbchensockel bezeichnete; ihre Beziehungen zu den darunter liegenden Ge- webstheilen erkannte er nicht. — Die Untersuchungen zweier so bedeutender For- scher haben uns zwar über die äußere Beschaffenheit der Augen genügend unter- richtet; über ihre Stellung vom vergleichend-anatomischen Gesichtspunkte und vor Allem über den Bau des lichtempfindenden Apparates konnten sie keine Klarheit schaffen. Auch KEFERSTEIN (20), der eine sehr klare zusammenfassende Schilderung des Heteropoden-Auges und eine Originalabbildung des Auges von Firoloides giebt, ist darüber im Unklaren geblieben. Einen großen Fortschritt bedeuten, wie für die Augen der übrigen Mollus- ken, so auch hier die grundlegenden Untersuchungen HENSEN’s (14). Auf seine umfangreichen vergleichenden Studien gestützt, erkannte er, dass auch das Heteropoden-Auge im Grunde eine Epithelblase ist, dass seine »typischen Ele- mente« Epithelien sind; damit machte er sich frei von der Vorstellung einer Analogie mit dem Wirbelthierauge, welche die früheren Forscher mindestens in den Deutungen ihrer Befunde so oft irre geleitet hatte. Von den Epithelien in den verschiedenen Theilen der Augenwand giebt er eine genaue Beschrei- bung. Zwischen Glaskörper und Stäbchen findet er die Deckmembran einge- schaltet; um die Linse sieht er eine zarte körnige Haut, vielleicht ein Linsen- epithel, sich ausbreiten. Seiner ganzen Beschreibung verleiht er durch eine sehr geschickte Benennung der einzelnen Theile eine vorzügliche Durchsichtigkeit In der Retina im Augengrunde unterscheidet er, abgesehen von der Nerven- ausbreitung im Kiel, fünf Schichten: das von ihm selbst erkannte Prineip vom epithelialen Bau der Augenwandung bei den Mollusken vermag er hier noch nicht anzuwenden. Es blieb den ausgezeichneten Forschungen GRENACHER’s (11) vorbehalten, diesen Schlussstein dem von HENSEN begründeten Bau zuzufügen, indem er auch für die Retina den Aufbau aus einer einzigen Zellenlage nachwies und sie als modifieirtes einschichtiges Epithel erkannte. Die einzelnen Zellen dieses Epithels sind danach in kernführende Abschnitte, Stäbehensockel und Stäbchen gegliedert, wobei zwischen die ersteren und zweiten sich eine Grenzmembran einschiebt. Die Retinazelle geht an ihrer Basis direkt in eine Nervenfaser über; neben dieser entspringen am basalen Theil wurzelartige Ausläufer, zwischen denen die Nervenfasern zum Kiel hin laufen. Die Stäbchensockel setzen sich an die senkrecht zur Grenzmembran stehenden Stäbehen an und sind um so länger, je weiter die zugehörige Retinazelle von der Basis des Stäbchens ent- feınt ist. Die Stäbchen bestehen aus so vielen Einzeltheilen, als sich Sockel mit ihne verbinden; sie sind zusammengesetzte Bildungen, wie die Rhabdome Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 417 des Arthropoden-ÄAuges; nur sind die Komponenten über, und nicht, wie bei diesem, neben einander gelagert; die Querstreifung der Stäbchen ist auf eine blätterige Textur zurückzuführen. Die Stäbchen stehen in Längsreihen (bei Pterotrachea 6), die sich, unter einander parallel, über die ganze Retina er- streeken. Längs durch die Retina verläuft eine Spalte derart, dass bei Piero- trachea dorsal von ihr zwei, ventral vier Reihen von Stäbchen stehen, die alle ihren freien, d. i. nicht mit den Sockeln verbundenen Rand gegen die Spalte wenden. Die Membrana limitans wird sehr wahrscheinlich gebildet durch die absondernde Thätigkeit zelliger Elemente (Limitanszellen), die zwischen den kern- führenden Abschnitten der Retinazellen liegen. Die Nervenlage der Retina zieht noch über diese hinaus in das benachbarte Pigmentepithel, und dort lassen sich, wenigstens auf der Ventralseite, große Zellen nachweisen, in welche die Nerven- fasern übergehen. — Das sind in kurzen Zügen GRENACHER’s Ergebnisse. Den hervorragenden Untersuchungen der beiden letztgenannten Forscher ist es zu danken, wenn unsere Kenntnis des Heteropoden-Auges zu einem be- friedigenden Abschluss gekommen ist. Es wurden daher auch in den 15 Jahren, die seit dem Erscheinen von GRENACHER’S Arbeit verflossen sind, keine wei- teren Beiträge zur Erforschung dieser Organe geliefert mit einziger Ausnahme einer kurzen Notiz von KALIDE (19); dieser bestätigt GRENACHER’s Befunde und geht über dieselben nur hinaus in der Annahme eines »bindegewebigen Gerüstes« der Retina, dem die wurzelartigen Ausläufer der Retinazellen zugehören sollen, von dem das streifige Aussehen dieser Zellen und der Sockel sowie die Plättchen- struktur der Stäbehen bedingt sei, zu dem schließlich die Limitanszellen und zahlreiche sternförmige Zellen in verschiedenen Theilen der Retina zu rechnen seien. Von allen diesen Entdeckungen KALıDeE’s vermag ich nur sehr Weniges zu bestätigen. Meine eigenen Untersuchungen schließen sich völlig an die- jenigen GRENACHER’sS an. Es ist nicht viel mehr als eine Nachlese, die ich halten konnte. Dass diese möglich war, verdanke ich zu- nächst der Gelegenheit, frisches Material von verschiedenen Arten untersuchen zu können, dann aber den Fortschritten, welche unsere histologische Technik in Bezug auf Konservirung, Anfertigung von Sehnittserien und vor Allem in Bezug auf Färbung derselben, in dem Zeitraum seit dem Erscheinen jener Forschungen gemacht hat. Von vorn herein erschien es nothwendig die Untersuchung auf eine breite Basis zu stellen durch Herbeiziehung möglichst vieler Formen. Denn schon die äußere Gestalt des Auges wechselt nicht nur von Gattung zu Gattung, sondern selbst bei den einzelnen Arten derselben Gattung nicht unbeträchtlich, und dass das Verhalten des feineren Baues der Retina nicht minder wechselnd sei, hat schon GRENACHER einleitend bemerkt, wenn er sich auch schließlich auf eine einzige Art (Pierotrachea coronata) beschränken musste. So konnte ich denn meine Untersuchungen auf drei Gattungen mit vier Arten ausdehnen: Oxygyrus keraudreinü Lsr., Carinaria mediterranea Per. Lsr., Pterotrachea coronata Forsk. und Pt. mutica Lsr. 418 | > Richard Hesse, Von allen diesen Arten konnte ich in Neapel die Augen frisch untersuchen, und ein reichliches konservirtes Material diente mir zum Studium des feineren Baues an Schnittpräparaten. Die meisten Kon- - servirungsmittel bewirken eine beträchtliche Schrumpfung dieser Augen und damit eine Schädigung der histologischen Elemente; dies gilt besonders auch von Sublimatlösungen in den verschiedenen Modi- fikationen, mit und ohne Zusatz von Essigsäure oder Alkohol, eben so fand ich es bei Pikrinsäuregemischen. Schwache FLEemmin@’sche Lösung bewährt sich besser, auch MüLer’sche Flüssigkeit. Die besten Erfolge aber erhielt ich bei Anwendung von Formol in ver- schiedener Koncentration, meist in Mischung mit vier Theilen Wasser: das Auge behält dann seine Gestalt fast ganz unverändert und schrumpft nur ganz wenig bei vorsichtiger Überführung zunächst in eine Mischung der betreffenden Formolverdünnung mit 30%, Alkohol, dann in 300/,, 50°/, ete. Alkohol. Auch die histologische Erhaltung war bei dieser Behandlung eine vorzügliche, und wenn für andere Objekte das Formol oft als unzuträglich geschildert wird, so kann ich nur rühmend hervorheben, dass es mir beim Auge der Hetero- poden ausgezeichnete Dienste geleistet hat. — Eine andere Schwierig- keit bietet die Eigenschaft des Glaskörpers, bei Behandlung mit Wasser aufzuquellen; dadurch wird das so bequeme und praktische Strecken und Aufkleben der Präparate mit warmem Wasser fast un- möglich gemacht, denn durch die aufquellende Masse wird das ganze Präparat verschmiert. Durch Formol jedoch wird die Substanz des Glaskörpers derart verändert, dass dieses Aufquellen nicht mehr ein- tritt. Im Übrigen giebt gerade diese Eigenschaft ein bequemes Ver- fahren an die Hand, den Glaskörper aus Augen, die mit anderen Mitteln als Formol konservirt waren, zu entfernen: legt man die gehärteten Objekte ins Wasser, so wird durch das Aufquellen des Glaskörpers die dünne vordere Augenwandung gesprengt, und man kann leicht Linse und Glaskörper herausziehen, ohne dass die Retina, ihre Deckmembran und die übrige Augenwandung eine Schädigung erfahren. — Zur Färbung habe ich fast ausschließlich Hämatoxylin in verschiedenen Anwendungen benutzt, so Hämalaun nach P. MAYER, Hämatoxylin nach DELAFIELD, besonders nach Vorfärbung mit Orange G; vor Allem aber ist mir die HEIDENHAIN’sche Methode der Hämatoxylinfärbung nach vorausgegangener Behandlung der Schnitte mit Eisenalaun von großem Nutzen gewesen. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 419 A. Das Auge von Carinaria mediterranea. Die Besprechung dieses Auges stelle ich nicht etwa desshalb voran, weil es die einfachsten Verhältnisse unter den von mir unter- suchten Formen aufwiese; wir werden vielmehr später sehen, dass sich diese bei Oxygyrus finden. Aber in diesem großen Auge — bei Thieren von 15 bezw. 15 und 21 cm Länge maß die Längsachse des Auges 3,8 bezw. 4,2 und 4,9 mm, und ich bin überzeugt, dass noch größere Augen vorkommen — sind auch die histologischen Elemente größere als in den Augen der übrigen Formen, und daher kann man gerade an ihnen die besten Aufschlüsse vor Allem über den wichtigsten Punkt, die Beschaffenheit der Retina, bekommen. Außerdem ist mir dabei auch der Gesichtspunkt maßgebend, dass bei .Carinaria die Verhältnisse der Nebensehzellen, die wir später kennen lernen werden, besonders durchsichtig sind. Die Augen liegen so im Kopfe, dass ihre Längsachsen (Seh- achsen) mit der Längsachse des Körpers im Allgemeinen parallel laufen (Fig. 34): das Linsenende liegt also vorn, der Sehnerv tritt an das hintere Ende; die scharfe hintere Kante des Auges steht nahezu senkrecht zur Medianebene des Körpers, so dass die beiden breiten Flächen des Bulbus dorsal und ventral gerichtet sind. Sie sind in einer Kapsel, die nach GEGENBAUR mit der Leibeshöhle kommunieirt, gelegen und zwar derart, dass ihre Wandung überall _ frei ist; nur der Sehnerv und die Muskeln, die in größerer Zahl an sie ansetzen, halten sie in ihrer Lage. Damit ist natürlich eine sehr freie Beweglichkeit der Augen bedingt, und weiter beruht hierauf auch die Möglichkeit, das Auge leicht mit Hilfe zweier Präparir- nadeln zu isoliren — was bei der Untersuchung sehr zu statten kommt. Die Muskeln entspringen hauptsächlich am Cornearand und an der hinteren Kante; bei der Besprechung des Auges von Ptero- trachea mutica werde ich sie zusammen mit den Muskeln dieser Species näher behandeln, da auch die Angaben von LEUCKART, GEGENBAUR und HENSEN sich auf Arten dieser Gattung beziehen. Das Auge zeigt beim äußeren Anblick zwei Abschnitte, einen vorderen, durchsichtigen, kugelig gewölbten, der den größten Theil der Linse in sich birgt und etwas mehr als drei Viertel einer Kugel ausmacht — die Augenwandung wird hier hergebrachter Weise als Cornea bezeichnet — und einen hinteren größtentheils pigmentirten Absehnitt. Von oben gesehen hat dieser die Gestalt eines Trapezes, bei dem die kürzere der parallelen Seiten nach vorn gekehrt ist Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 28 420 Richard Hesse, (Fig. 35). Wir können ihn wieder in zwei Abtheilungen scheiden: den Boden oder Grundtheil (LEUCKART) des Auges, der die unpis- mentirte Hinterkante und die ihr nach vorn aufsitzende Retina um- fasst, und das Mittelstück (von LEUCKArT als Verbindungstheil be- zeichnet). Da, wo das Mittelstüick an den Corneatheil ansetzt, ist sein Querschnitt rund, wird jedoch nach hinten mehr und mehr ab- geplattet (vgl. Querschnitte Fig. 37 und 38); der Boden hat hinten eine abgerundete schmale Kante, an die der Sehnerv ansetzt. Die ventrale Seite des Auges ist konvex gewölbt (KROHN, LEUCKART), die dorsale ausgehöhlt, ihre seitlichen Ränder von der Mitte an nach hinten dorsalwärts eingeschlagen, wie es die nz Fig. 36 und der Querschnitt Fig. 35 zeigen. Auf der dorsalen Fläche ist in der pigmentirten Augenwandung ein größerer Bezirk, in dem das Pigment fehlt; wir wollen ihn mit HENnsENn Fenster nennen. Schon KroHn kannte diese »Pigmentlücke« bei Carinaria, dreieckig aber, wie er angiebt, ist sie nicht; vielmehr ist ihr vorderer Rand der vorderen Pigmentgrenze, der hintere dem Hinterrand parallel, an den Seitenrändern springt die pigmentirte Fläche gegen die Mitte vor, wie Fig. 35 zeigt. Dies Fenster tritt bei allen Individuen und stets in gleicher Form auf. Wenn LEUCKART schreibt: »ich habe solche pigmentlose Stellen bei allen untersuchten Arten beobachtet, indessen auch zugleich die Überzeugung gewon- nen, dass sie in Form und Ausdehnung die größten Verschiedenheiten zeigen und einzelnen Individuen selbst vollständig abgehen«, so lässt sich das nur auf individuelle Schwankungen deuten. Wenn jedoch solche wirklich vorkommen, so können sie nur ganz unbedeutend sein; ich habe zahlreiche Augen von Carinaria und Pterotrachea mutica gerade in Bezug auf das Verhalten der Fenster untersucht, und nie ist mir eine Abweichung in der Form des Fensters aufge- fallen, geschweige denn ein völliges Fehlen desselben begegnet. Bei Betrachtung von der ventralen Fläche sieht man in der pig- mentirten Augenwandung eine große Anzahl kleiner pigmentfreier Punkte auf einer länglichen Zone, die quer über den pigmentirten Abschnitt etwas vor dessen Mitte sich hinstreekt; die Pigmentwan- dung sieht hier geradezu siebartig durchbrochen aus (Fig. 36): es schieben sich zwischen die pigmentirten Zellen der epithelialen Augen- wand andere, pigmentlose Zellen von besonderer Bedeutung ein, von denen wir unten noch zu reden haben. Auch diese durchbrochene Zone ist in ihrem Auftreten und in ihrer Lage vollkommen konstant. An der hinteren Kante des Auges setzt sich nur dort, wo der Sehnery seinen Ursprung nimmt, ein eigentlicher, aus Nervenmasse Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 421 bestehender Kiel ab, wie ihn die anderen Formen zeigen (vgl. Fig. 39 mit Fig. 68). | | Die gesammte Augenwandung setzt sich aus zwei Schichten zu- sammen, einer äußeren, bindegewebigen und einer inneren epithe- lialen. Die bindegewebige Lage überzieht das ganze Auge von außen; sie wurde von früheren Autoren bis auf HENsENn vorn als Cormnea, im hinteren Augenabschnitt als Selerotica bezeichnet; wir wollen sie mit Hessen Augenhülle nennen. Sie hat an den. ver- schiedenen Theilen des Auges eine wechselnde Dicke. So weit sie den durchsichtigen Theil der Augenwand, die Cornea, bilden hilft, ist sie sehr dünn; sie enthält hier nur spärliche Kerne, und zwar hauptsächlich in den Theilen, die an das Mittelstück. grenzen, im distalen Theile der Cornea konnte ich keine finden. Am Mittelstück setzt sich jene dünne Haut, die wir an der Cornea treffen, weiter fort, wird aber hier noch verstärkt durch lockere faserige Schichten von verschiedener Dicke .(vgl. Fig. 41 mit Fig. 56), die sich zwischen jene und das Epithel einschieben; in ihnen finde ich längliche Kerne verstreut, die wohl zu den Bindegewebsfasern gehören. Ob auch Muskelfasern in der Augenhülle liegen, wie ich sie bei Pierotrachea coronata durch Methylenblaufärbung des überlebenden Auges dar- stellen konnte, weiß ich nicht. An der hinteren Kante wird die Hülle besonders diek (Fig. 39 und 43); hier verlaufen in der binde- sewebigen Grundlage die von der Retina und den Augenwandungen kommenden Nervenfasern zu der Abgangsstelle des Sehnerven und finden sich Anhäufungen von nervösen Zellen. | Die innere Schicht der Augenwandung wird durch ein zusam- menhängendes, einschichtiges Epithel gebildet, das in den einzelnen Abschnitten des Auges in verschiedener Weise modificirt ist. Am Vorderende, wo in der Augenwand kein Pigment vorhanden ist, kann man es als Corneaepithel bezeichnen; auf einem langen schmalen Streifen, der den Hintergrund des Auges einnimmt, haben die Zellen besondere Fortsätze, die in das Augeninnere hineinragen und die Endorgane für die Reizaufnahme tragen: diesen Abschnitt bezeichnet man als Retina. Die zwischen Cornea und Retina sich ausdehnende Epithelauskleidung nennen frühere Autoren Pigmenthaut; wenn sich dieser Name auch durch seine Kürze empfiehlt, so ist es doch viel- leicht besser, sie »präretinale Zone« zu benennen, mit Rücksicht darauf, dass sie in einem weiten Bezirk (dem Fenster) der Pigmen- tirung ganz entbehrt. HENsEn hat bei Pterotrachea die »Pigmenthaut« wiederum in 28* 422 | Richard Hesse, einzelne Abtheilungen gesondert, welche durch die pigsmentlosen Fenster getrennt werden: der Cornea benachbart die Pigmenthaut im engeren Sinne, neben der Retina die Costae und so fort; diese Benennungen lassen sich bei Carinaria höchstens für die dorsale Seite anwenden; auf der ventralen Seite ist ja das trennende Fenster gar nicht vorhanden. Jedenfalls ist die präretinale Zone nicht überall gleich gebaut: die verschiedene Dicke des Epithels sowie das Vor- handensein oder Fehlen intraepithelialer und epithelialer Nervenzellen bewirkt mannigfache Unterschiede zwischen den einzelnen Theilen. Das Corneaepithel dehnt sich kuppelförmig, und ist nach außen von der hier sehr dünnen Augenhülle überzogen. Es besteht aus säulenförmigen Zellen, die von der Pigmentwand gegen den Scheitel der Kuppel um mehr als das Doppelte an Höhe zunehmen. Die Zellen enthalten ein feinkörniges Protoplasma, das sich an dem der Linse zugekehrten Ende dunkler färbt als am basalen; der große Kern liest ganz im basalen Theil der Zelle. An das Corneaepithel schließen sich in einer scharf markirten Linie die Zellen der Pigmenthaut an. Sie unterscheiden sich von ihnen durch die weniger granulirte Beschaffenheit des Zellkörpers; der Kern liegt mehr gegen die Mitte der Zelle, und schließlich ent- halten sie meist Pigment. So weit die Augenwand dunkel ist, liegt in diesen Zellen ein dunkelbrauner Farbstoff angehäuft, und zwar stets in dem Theil, der gegen das Augeninnere sieht. In der Nähe der Cornea sitzt das Pigment nur in der freien Kuppe der Zelle (Fig. 40\, weiter hinten dagegen nimmt es die ganze distale Hälfte derselben bis zu dem Kern ein, der selbst davon frei bleibt (Fig. 41); ja es kann selbst den gesammten Zellkörper erfüllen, wie das in nächster Nähe der Retina (Fig. 44) der Fall ist. Die wechselnde Höhe der Zellen in diesem Abschnitt erkennt man am besten aus den beigefügten Zeichnungen von Längs- und Querschnitten durch das Auge (Figg. 57—59). Ich weise nur auf Einiges hin: an den Seitenrändern des Fensters sind die Zellen durch besondere Höhe ausgezeichnet; es ist ein Zellenwulst gebildet, der vielleicht eine statische Bedeutung hat als Stützbalken in der Augenwand. Im All- gemeinen nimmt das Epithel der Pigmenthaut von vorn nach hinten an Dicke ab; erst ganz in der Nachbarschaft der Retina ist es wieder dieker. Gründe für diese Verschiedenheiten zu finden ist schwierig; vielleicht kommt Folgendes in Betracht: Da wo das Epithel diek ist, sind die einzelnen Zellen schlanker, es stehen also auf dem gleichen kaum mehr Zellen; wo es dagegen dünn ist, sind die Zellen niedriger Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 423 und breiter und nehmen mehr Platz in der Fläche ein; da nun den Zellen der Pismenthaut die Absonderung des Glaskörpers obliegt, so werden in dem vorderen Theil des Auges, wo der Querschnitt im Verhältnis zum Umfang größer, also der Glaskörper relativ massiger ist, mehr Zellen zu seiner Absonderung nöthig sein als im hinteren, wo bei der plattgedrückten Augenform die Fläche des Querschnitts im Verhältnis zum Umfang viel geringer ist; die Felge davon ist, dass im vorderen Theil das Epithel höher, im hinteren niedriger sein muss. Neben der Retina sind die Zellen des Pigmentepithels gelegen, welche die Membrana limitans abscheiden: sie sind daher hoch und schlank, so dass auf einem schmalen Bezirk viele vereinigt sind (Fig. 46). Einiges wird sich auf diese Weise erklären lassen; wahr- scheinlich kommen aber noch andere Gesichtspunkte in Betracht. In der ventralen Wandung des Carinaria-Auges ist das Epithel der Pigmenthaut in der hinteren Hälfte eigenthümlich modifieirt: es finden sich nämlich im basalen Theil desselben, welcher der Augen- hülle zugekehrt ist, eine große Menge von Zellen eingelagert. Hier sind die Epithelzellen in ihrer basalen Hälfte von der Stelle ab, wo der Kern liegt, sehr verdünnt. Diese verschmälerten Zellenden schließen sich bündelweise eng an einander und bilden gleichsam Säulen, die den zusammenhängenden pigmentirten Theil des Epithels wie eine Decke tragen, zwischen sich aber ausgedehnte Zwischenräume lassen. In diesen Räumen, also innerhalb des Epithels liegen die erwähnten Zellen (Fig. 41 »2;).. Schon an Längsschnitten senkrecht zur Augen- wand sieht man außer diesen Zellen dünne faserige Stränge, einzeln oder zu mehreren, durch die Epithellücken verlaufen, und nicht selten kann man den direkten Zusammenhang dieser Fasern mit den Zellen wahrnehmen. Die Gestalt der Zellen selbst kann man jedoch am besten auf Flächenschnitten durch die Augenwand erkennen (Fig. 42): es sind umfangreiche Zellen mit großem, meist länglichen Kern, der ein ansehnliches Kernkörperchen enthält; sie senden eine Anzahl Fortsätze nach verschiedenen Richtungen aus, von denen einer, der mehr oder weniger direkt gegen die Hinterkante zustrebt, oft auf weite Strecken zu verfolgen ist. Dort verlaufen dann die faserför- migen Fortsätze, zu Bündeln vereinigt (Fig. 46), zwischen den basalen Theilen der Retinazellen hindurch zu der Nervenmasse, die in den Sehnerven übergeht. Noch deutlicher fand ich das bei Pierotrachea mutica, wo ich ähnliche Zellen mitsammt ihren Fasern mit Methylen- blau gesondert darstellen konnte (siehe unten). Das Verhalten der Fasern macht es wahrscheinlich, dass es Nervenfasern sind; die 494 Richard Hesse, Zellen, von denen sie ausgehen, wären daher als multipolare Nerven- zellen anzusehen. Im hintersten Theile der ventralen Augenwand, dicht vor den Zellen, welche die Membrana limitans ausscheiden, ist eine zweite Art intraepithelialer Zellen zu erkennen (Fig. 41 »2,); sie liegen dicht bei einander, sind kleiner als die vorigen, birnförmig, und haben nur einen Fortsatz, der nach hinten läuft und sich jenen Nervenbündeln zugesellt. Wir müssen also auch diese unipolaren Zellen für ner- vös halten. Ähnliche unipolare Zellen, jedoch nur in geringer Menge, finden sich im hinteren Abschnitt der dorsalen Augenwand; die von ihnen ausgehenden Nervenfasern laufen zunächst in der Basis des Epithels nach hinten und treten vor der Stelle, wo die Limitanszellen liegen, in das Bindegewebe des hinteren Augenrandes ein (Fig. 45 *,**). Dort verlaufen sie dieht unter dem obersten Häutchen der hier sehr verdickten Augenhülle, so dass man sie bei Betrachtung des frischen Auges erkennen kann. Indem die Fasern sich trennen und mit anderen vereinigen, entsteht der Anschein eines Flechtwerks von Bün- deln (Fig. 44). Ein körniger Streif, dessen Zusammensetzung aus Zellen auf Schnitten deutlich wird, zieht sich an der ganzen dorsalen Fläche des Hinterrandes entlang: man könnte glauben, die Fasern träten hier in ein bandförmiges Ganglion ein, aus dem auf der Hinter- seite wieder Fasern austräten; Schnitte jedoch zeigen, dass die Fasern an dieser Zellanhäufung vorbeilaufen. Noch deutlicher wird das an Methylenblaupräparaten, an denen einzelne dieser Nervenfasern sich gefärbt haben (Fig. 45); man erkennt hier zugleich am unregelmäßigen Verlauf dieser Fasern, wie der Anschein eines Flechtwerks zu Stande kommt. Auf der ventralen Seite des Hinterrandes ist von einem solchen Nervenflechtwerk nichts zu bemerken. GEGENBAUR bildet Taf. VII, Fig. 2 dies Nervenflechtwerk getreu ab; er bezeichnet es als Nervenendausbreitung am hinteren Rande des Auges; die er- wähnte Zellenleiste ist die Körnerschicht GEGENBAUR’S. Jener Zellstreif, den man bei Betrachtung des unverletzten Auges durehschimmern sieht, besteht aus zahlreichen birnförmigen Zellen, die den unipolaren Nervenzellen der Augenwandung durchaus ähn- lich sehen (Fig. 43 n2,); jede der Zellen setzt sich ebenfalls in eine Faser fort, und diese ziehen vereint mit den Fasern, die von den intraepithelialen Nervenzellen der dorsalen Wand kommen, gegen den Hinterrand des Auges, um sich dort mit der zum Sehnerven gehen- den Nervenmasse zu vereinigen bezw. direkt in den Kiel überzu- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 425 gehen, wie an der abgebildeten Stelle. Die Zellanhäufung hat ein sanglionartiges Aussehen; aber man sieht in sie keine Fasern ein-, nur welche austreten; die von vorn kommenden Fasern laufen sicher daran vorbei. Ich kann daher für die Zellen keine Funktion cen- traler, verknüpfender Zellen annehmen; sie sind meiner Ansicht nach vielmehr den unipolaren Zellen innerhalb des Epithels gleichwerthig. Was die Funktion all dieser höchst wahrscheinlich nervösen Zellen ist, lässt sich schwer sagen. Sie haben eine ähnliche Lage wie die Costalzellen, die GRENACHER bei Pferotrachea coronata beschreibt; aber ich konnte in ihrem Plasma nie eine solche lichtbrechende, rundliche Masse von sekretartigem Aussehen bemerken, wie sie für die Costalzellen charakteristisch ist und die ich bei ganz demselben Konservirungs- und Färbungsverfahren an meinen Pterotrachea-Prä- paraten stets deutlich wahrnehmen konnte; dazu kommt, dass ich bei Pterotrachea außer den Costalzellen auch noch ähnliche intra- epitheliale Nervenzellen gefunden habe, wie hier bei Oarinaria, sowohl uni- wie multipolare. An ein Ganglion optieum in der Augenwandung kann nicht gedacht werden, da sich leicht verfolgen lässt, dass die Retinazellen ihre Fasern keinenfalls hierher, sondern direkt zum Seh- nerven senden. Bei der peripheren Lage der Zellen wäre es wohl naheliegend, sie als Sinneszellen aufzufassen; aber welchem Sinne sollen sie dienen? Ich wüsste nicht, wie man das etwa experimen- tell feststellen könnte. Theoretisch kann man von vorn herein den chemischen Sinn ausschließen; auch an eine Reaktion auf mechanische Reize ist schwer zu denken bei den in einem Hohlraum frei aufge- hängten Augen. Am naheliesendsten wäre es, sie auch für licht- empfindliche Zellen zu halten. Aber in ihrem Bau findet sich kein Anhalt dafür, weder Stäbchen, noch Stiftchen, noch auch Binnenkör- per, wie sie etwa bei den Costalzellen von Pierotrachea vorhanden sind, finden sich hier. Ich muss mich also leider begnügen, ihr Vor- handensein konstatirt zu haben, und muss die Frage nach ihrer funktionellen Bedeutung offen lassen. Im Anschluss an die besprochenen Teile der Augenwand möchte ich gleich die Linse und den »Glaskörper« betrachten, bevor ich auf die Retina eingehe. Beide sind offenbar nicht aus Zellen zu- sammengesetzt, sondern Sekretionsprodukte. Die Linse ist kugelig und verhältnismäßig sehr groß; in einem Auge von 4,5 mm Länge hatte sie 2 mm Durchmesser. Sie besteht aus homogener Masse, die jedoch eine deutliche koncentrische Streifung zeigt, wie bereits HENsEN beschreibt. Ihre Substanz ist im Inneren härter als außen (GEGEN- 426 Richard Hesse, BAUR); das äußert sich auch darin, dass die äußeren Schichten sich stärker färben (in der Zeichnung Fig. 39 habe ich das nicht ange- geben). Irgend welche Linsenhülle konnte ich nicht finden. Zwischen Cornea und Linse scheint bei Oarinaria ein Zwischen- raum. vorhanden zu sein, eine »vordere Augenkammer« oder all- semeiner ein »prälenticularer Raum«. Auf Schnitten tritt derselbe sehr deutlich auf, könnte aber hier als Produkt einer Schrumpfung des Glaskörpers betrachtet werden, wodurch die Linse von der Cornea abgezogen würde. Aber auch an frischen Präparaten nehme ich diese Lücke wahr (Figg. 35 und 36). Das Einzige, was mich stutzig macht, ist das Fehlen irgend welchen Niederschlags, der als letzte Spur von einer serösen Flüssigkeit, die den Raum ausfüllte, übrig geblieben wäre, wie ein solcher bei Ozygyrus vorhanden ist. KroHn (23) giebt an, dass im prälenticularen Raum eine dem Glaskörper an Konsistenz ähnliche Masse sich befinde; LEUCKART (26) widerspricht dem und findet vielmehr einen Sammelkörper in Form einer konvex-konkaven Linse mit kurzem Radius, der aus einer Anhäufung von Zellen besteht, welche durch Größe und Einbettung in eine strukturlose Grundsubstanz an die Zellen der Selerotica erinnern, aber anstatt des Kernes einen stäbehenförmigen Körper enthalten; dieser ist so fest, dass er der Einwirkung von Kalilauge längere Zeit widersteht. Von einem solchen Gebilde konnte ich bei keiner der mir vor- liegenden Formen etwas finden, obgleich die Cornea unverletzt blieb, also an ein Ausfallen desselben nicht gedacht werden kann. Auch GRENACHER konnte bei Pt. coronata LEUCKART’s Befund nicht bestätigen. Sollte LEUCKART das Cornea- epithel bei dieser Beschreibung im Auge gehabt haben? Der Vergleich mit den Verhältnissen im menschlichen Auge, der noch LEUCKART und GEGENBAUR stets vorschwebte, lässt an der Cornea kein hohes inneres Epithel erwarten: als Cor- nea wurde nur der betreffende Theil der Augenhülle angesehen, daher die wiederkehrende Angabe, dass die Cornea die Fortsetzung der Sclerotica sei; desshalb wurde die nach innen von dem bindegewebigen Cornea-Antheil ge- legene Masse als nicht zur Augenwand gehörig betrachtet. Daher beschreibt denn auch GEGENBAUR sowohl bei Carinaria als bei Pierotrachea auf der der Cornea zugewandten Linsenfläche ein Epithel, das trotz der Angabe des For- schers, dass es platt sei, doch wohl nichts Anderes sein kann als das Cornea- epithel. Über die Entstehung und das Wachsthum der Linse bin ich völlig im Unklaren: sie ist zweifellos ein Sekretionsprodukt, und es erscheint mir wahrscheinlich, dass sie von den Zellen des Cornea- epithels gebildet wird; das Aussehen derselben mit ihrem granulirten Plasma und dem ganz basal gelagerten Kern würde auch mit einer Funktion als Sekretzellen wohl zu vereinigen sein. Die zunächst gelegenen Zellen der pigmentirten Augenwandung scheinen schon an der Absonderung des Glaskörpers betheiligt zu sein; wenigstens sah Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 427 ich bei einem mit Herwann’scher Flüssigkeit fixirten Präparat diesen Zellen bürstenartige Bündel von Sekretfäden anhängen (Fig. 40), wie den Zellen der übrigen Pigmenthaut, so dass sie fast das Aussehen von Flimmerzellen hatten: ‚bei den Zellen des Corneaepithels war nichts Derartiges zu bemerken. Woher aber der koncentrische Bau der Linse? Setzen sich die neuen Schichten an wie bei dem Kıystall, der aus einer Mutterlauge heraus sich bildet? Eine plasmatische Matrix, wie etwa bei den Stärkekörnern, ist ja bei der Linse nicht vorhanden. Der »Glaskörper« wird zweifellos von den Zellen der Pig- menthaut abgesondert, mögen sie Pigment enthalten oder davon frei sein. Man erkennt an günstigen Präparaten die Sekretfäden, die von ihnen ausgehen (z. B. Fig. 40) und sieht auch innerhalb des »Glaskörpers« eine bestimmte Schichtung etwa senkrecht zur Augen- achse (GRENACHER), die ebenfalls mit einer solchen Entstehungsweise zusammenhängen dürfte. Der langgestreckte Boden der Augenblase wird eingenommen von der schmalen Retina. Da an der inneren und äußeren Seite des Auges der Augengrund dorsalwärts eingebogen ist, macht auch die Retina diese Biegung mit. Die Einbiegungen der äußersten Augen- zipfel liegen mit ihrer Basis etwas weiter nach vorn als der übrige Augengrund. Die gesammte Retina liegt also nicht in einer senk- recht zur Augenachse stehenden Ebene, sondern ist so gebogen, dass man auf Schnitten in gewisser Höhe nur die Enden trifft, nicht den mittleren Theil. In Fig. 38 habe ich in einem solchen Querschnitt den Verlauf des mittleren Retinatheils, auf die Schnittebene projicirt, eingezeichnet; man erkennt daran zugleich auf das deutlichste, dass die Längsrichtung der Retina einen Bogen mit stark eingeschlagenen Enden bildet. In den Grundzügen ihres Baues stimmt die Retina von Corinaria (Fig. 46) völlig mit dem überein, was GRENACHER bei Pferotrachea coronata ermittelt hat. Nur liegen die Verhältnisse in unserem Falle einfacher, wegen der geringeren Menge von Elementen, die in die Retina eingehen. Der Boden der Augenblase ist ausgekleidet von einem schmalen Streifen großer eylindrischer Zellen, die sich durch große runde Kerne auszeichnen: es sind die Retinazellen. Die dünne Cutieula, welche die benachbarten Zellen der pigmentirten Augen- wand bedeckt, setzt sich auch auf diese großen Zellen fort, aber sie überzieht nicht ihr inneres, der Augenhöhlung zugewandtes Ende, sondern sie durchschneidet sie geradezu und theilt sie in zwei Theile, 428 | Richard Hesse, einen, der nach vorn und innen und einen, der nach hinten und außen gelegen ist; so weit sie die Retinazellen durchsetzt, nennen wir sie mit GRENACHER Grenzmembran. Vergleichen wir die Retinazellen mit den Nachbarzellen, so liegt die Annahme nahe, dass ihre ur- sprüngliche Ausdehnung nur bis zur Grenzmembran reichte und dass der innere Theil der Retinazellen einen Auswuchs oder Fortsatz der- selben vorstellt, der den Nachbarzellen fehlt. GRENACHER nennt ihn Stäbchensockel oder kurz Sockel. Nach außen von der Grenzmembran enthalten die Retinazellen Pigment, das sich auch in einzelnen Fällen auf die inneren Theile derselben ausdehnt. Die Cutieula bezw. ihre Fortsetzung, die Grenzmembran, beschreibt hier auf Querschnitten durch die Retina einen tiefen Bogen, der körperlich als eine tiefe, den Augengrund der Länge nach durchziehende Grube sich darstellt. Die dorsale Wand dieser Grube wird von Pigmentzellen gebildet, die sich von den übrigen Pigmentzellen der Augenwand durch ihre breite Form und die basale Lage des Kernes unterscheiden, sowie dadurch, dass sie ganz von Pigment erfüllt sind, so dass man ihre Kerne nur hier und da zu sehen bekommt (Fig. 46 p%). Die ventrale Wand und der Boden der Grube werden. von den großen Retinazellen einge- nommen, deren Körper etwa senkrecht zur Grenzmembran gerichtet ist. Nach der verschiedenen Länge und der Zusammenordnung ihrer Fort- sätze, die über die Grenzmembran hinausragen, werden die Retina- zellen in zwei Gruppen getheilt, deren eine den Boden der Grube einnimmt, während die andere am: ventralen Rande derselben steht. Von den ersteren haben die am meisten dorsal stehenden Zellen den kürzesten Fortsatz, die am weitesten ventral stehenden den längsten, und die Fortsätze legen sich derart an einander, dass ihre Enden auf Schnitten in einer Linie liegen, die dem dorsalen Rande der Grube etwa parallel läuft, dass sie also, wenn wir uns das körper- liche Bild der Retina rekonstruiren, in einer Ebene liegen, die der Länge nach durch den Augengrund verläuft und der dorsalen Gruben- wand parallel ist. Bei den Retinazellen, welche die ventrale Gruben- wand bilden, sind die Fortsätze nur wenig in ihrer Länge verschieden, nur die nach vorn zu gelegenen werden zunehmend ein wenig länger als die hinteren; die Ebene, in der ihre Enden liegen, ist daher nahezu parallel der ventralen Grubenwandung, aber auch fast parallel der Ebene, in welcher die Zellfortsätze der ersten Zellgruppe endigen. Die Fortsätze der Retinazellen liegen also in zwei Gruppen: die dor- salen bilden eine Leiste, die im Grunde der Retinagrube entspringend diese der Länge nach durchläuft und im Querschnitt ein rechtwink- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 429 lises Dreieck vorstellt, dessen Hypotenuse ventral gekehrt ist; die Richtung der Zellfortsätze ist der Hypotenuse parallel. Die ventrale Gruppe der Fortsätze bekleidet die ventrale Wand der Retinagrube. An ihren Enden sind diese Fortsätze der Retinazellen, die Sockel, in eigenthümlicher Weise umgebildet. Auf Schnitten, die senkrecht zum Längsverlauf der Retina gehen, sieht man an jedem Sockel ein Bündel bürstenartig neben einander stehender Fädchen, welche an die Stiftchen im Planaria-Auge erinnern (Figg. 46 u. 4’« u. b). An.Prä- paraten, die mit Sublimat fixirt und nach der BexpA’schen Eisenhäma- toxylinmethode gefärbt waren, erkennt man an der Stelle, wo die »Fädchen« aus dem Sockel entspringen, feine dunkle Punkte oder kurze Striche, die in gleicher Zahl wie die »Fädchen« vorhanden sind; ich konnte nicht genau unterscheiden, ob sie stärker färbbare Ver- diekungen der »Fädchen« vorstellen, oder ob sie in den Zwischenräu- men zwischen ihnen liegen, wie ähnliche Gebilde an der Basis der Flimmern in Flimmerzellen; die in Fig. 475 abgebildete Stelle, wo ein Fädehen sich von den übrigen losgelöst hat und mit ihm einer der dunklen Punkte, lässt mich zu der ersten Annahme neigen, spricht aber durchaus nicht eindeutig für diese. An Formolmaterial erscheint bei der gleichen Färbung die Punktreihe an der Basis der »Fädchen« nicht; dagegen färben sich die freien Enden der »Fädchen« bis zur Hälfte ihrer Länge dunkler und bilden damit eine gegen die inneren, heller gefärbten Enden scharf abgesetzte Zone. Mit jedem solchen »Fädchen« scheint sich eine der Fibrillen zu verknüpfen, die sich im Sockel und von da weiter in die Zelle verfolgen lassen und in beiden eine deutliche fibrilläre Längsstreifung hervorrufen. Führen wir dagegen den Schnitt senkrecht zur vorigen Schnittrichtung, parallel mit der Richtung der »Fädchen« (Fig. 48), so sehen wir, dass jedem »Fäd- chen« ein schmales Plättchen entspricht, das bei der vorigen Schnitt- richtung eben nur in seinem fadenförmigen Längsschnitt sichtbar war. Es trägt also das Ende jeden Sockels eine Anzahl von vorn nach hinten über einander stehender Plättehen. Diese Plättchenstruktur würde zuerst von GRENACHER bei Pterotrachea coronata nachgewie- sen. Die Plättchen verschmälern sich gegen ihr freies Ende zu, wie Fig. 48 zeigt; an ihrer Basis und in ihrer Mitte erkennt man einen querlaufenden, stärker gefärbten Streifen; ersterer entspricht wohl der basalen Punktreihe bei der vorigen Ansicht, letzterer der Grenze der dunkler gefärbten freien Hälften der »Fädchen«. Das Plättchen ist gegen den Sockel nicht scharf abgesetzt, wie etwa eine Cutieula gegen ihre Matrixzelle; vielmehr scheinen von dem basalen dunkeln 430 | Richard Hesse, Streifen zahlreiche kleine Spitzchen dicht neben einander vorzurägen und in die Fibrillen der Sockelsubstanz überzugehen, so dass das Plättehen mit einer ganzen Reihe solcher Fibrillen in Verbindung stände. Am Plättchen selbst erscheint eine feine Streifung in seiner Längsrichtung. Das Alles führt mich zu der Vermuthung, dass es durch Verschmelzung einzelner Fäserchen entstanden sei, deren jedes das Ende einer Fibrille des Sockelplasmas darstellt. Diese Plättchen an einem Sockel bilden offenbar das recipi- rende Endorgan der betreffenden Retinazelle, wie die Stiftehen in der Sehzelle bei den Planarien. Wenn die Plättchen durch Verschmel- zung einzelner faserförmiger Bestandtheile gebildet sind, wie ich es oben vermuthet habe und weiter unten noch näher zu begründen Gelegenheit haben werde, so wären die recipirenden Endigungen an der Sehzelle von Carinaria direkt mit denen der Stiftchenzellen im Becherauge von Planaria torva zu vergleichen. Schneidet man parallel der Grenzmembran durch eine der Sockel- gruppen, so sieht man eine eigenartige Anordnung der Sockel in Reihen, die senkrecht zur Längserstreckung der Sockelgruppe ver- laufen (Fig. 49); dadurch wird bewirkt, dass die Plättchen der in einer Reihe stehenden (fünf bis sechs) Sockel ebenfalls in einer Reihe liegen, die der Augenachse und somit der Richtung des einfallenden Lichtstrahls etwa parallel sind. Dabei schließen sich die einzelnen Sockel und ihre Plättehensätze bald dicht an einander, bald sind sie durch kleine Abstände von einander getrennt — ich finde beides im sleichen Präparate neben einander, letzteres an der ersten (ventralen), dieses in der zweiten (dorsalen) Sockelgruppe der Retina (Fig. 46); man darf also jenes kaum als Kunstprodukt in Folge von Schrum- pfung auffassen. An der zweiten Sockelgruppe hätten wir also bei Carinaria Plättchensäulen, die, wie eine Säule aus einzelnen Säulen- trommeln, so aus einzelnen Plättchensätzen aufgebaut wären, und zwar aus so vielen, als zugehörige Sockel bezw. Retinazellen vor- handen sind. GRENACHER (11) hat diese Plättchensäulen als Stäbchen bezeich- net und mit einem Rhabdom der Arthropoden verglichen, >und zwar in dem Sinne, dass jedes Einzelstäbchen seine Entstehung einer An- zahl von Retinazellen verdankt. Während aber die Komponenten eines Rhabdoms neben einander gelagert sind, sind sie hier über einander gelagert, und mit einem Längsrande frei, mit dem andern mit den zugehörigen Sockelenden verwachsen«. Ich kann mich dieser Auffassung des vortrefflichen Forschers nicht anschließen. Morpho- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 431 logisch vermag ich die Plättehensäulen desshalb nicht als eine Ein- heit aufzufassen, weil sich dicht neben diesen verwachsenen Plättchen- sätzen regelmäßig solche finden (an der ersten Sockelgruppe), bei denen die Wurzeln der Plättchensätze in einer Vertikalreihe durch einen Zwischenraum getrennt sind und ihre Enden sich nur eben berühren. Als funktionelle Einheit kann ich die GRENACHER’Schen »Stäbehen« auch nicht ansehen, wie ich in der folgenden Betrachtung begründen will. Wenn von einem in einer gewissen Entfernung vor dem Auge befindlichen leuchtenden Punkte ein Bild in einem Punkte der Retina entsteht, so wird ein anderer leuchtender Punkt, der in der gleichen Richtung etwas weiter von dem Auge entfernt ist, sein Bild weiter hinten an der gleichen Stelle des Augenhintergrundes haben. Ein accommodations- fähiges Auge, etwa eines Wirbelthieres, wird beide Punkte, so weit sie sich nicht verdecken, nach einander scharf sehen können. Beim Arthropoden- Auge, wo sich das Rhabdom durch den größten Theil oder die ganze Retinula hindurch erstreckt, wird der nähere Lichtpunkt im distalen, der fernere im proximalen Theile des Rhabdoms sein scharfes Bild haben und die beiden Stellen werden durch die betreffenden Lichtwirkungen afficirt werden; aber es bekommen alle Retinulazellen, die an dem Aufbau des Rhabdoms betheiligt sind, genau den gleichen Eindruck, und es ist fraglich, ob für eine einzige Retinula eine Unterscheidung möglich ist, welcher Punkt der nähere, welcher der fernere sei; die Vielheit der Zellen dient nur zur Ver- stärkung des vom Reize hervorgerufenen Ein- drucks. Anders bei den Heteropoden. Hier wird ein näherer Lichtpunkt sein Bild in einem der vorderen (distalsten) Plättchensätze haben, ein fer- nerer vielleicht im nächst hinteren, ein noch ferne- rer noch weiter hinten; so wird in der beigedruck- ten Textfigur die Spitze des Pfeiles A B ihr Bild bei By ‚D AN an Dame mn am as Mb Tamm | um, mom | mi re ca dan muy ABA Lil) Ce ABO der = 4 it ! l l i 1 ı { ı ‘ {1 ‘ a haben, das Federbüschel 3 desselben aber bei 5 abgebildet werden. Es wird durch den so bewirkten Reiz in jedem Falle nur eine 432 Richard Hesse, Retinazelle, jedes Mal aber eine andere betroffen: es bekommen nicht alle Retinazellen, die mit einem »Stäbcehen« im Sinne GRENACHER’S verbunden sind, den gleichen Eindruck, son- dern jede einen anderen. Ein solches »Stäbehen« ist also nicht eine physiologische Einheit wie das Rhabdom der Arthropoden, es besteht physiologisch aus eben so vielen Theilen wie morphologisch; es vermag gleichzeitig so viele verschiedene Reize aufzunehmen als Zellen zu seiner Zusammensetzung beitragen. Wenn daher auch die einzelnen Plättehensätze vielfach dicht auf einander liegen, so ist doch kein Grund vorhanden, sie zu einer Einheit zusammenzu- fassen und zusammen als Stäbchen zu bezeichnen. Ganz seltsam, und von allem Anderen, was wir in der Thier- reihe kennen, abweichend ist jedoch das Bild, welches von solch einem Carinaria-Auge wahrgenommen wird. Die Endorgane der Zellen liegen in zwei langen schmalen Ebenen, die mit ihrem kurzen Durchmesser, ad und cd in der Textfigur, so gerichtet sind, dass sie mit den einfallenden Lichtstrahlen nur einen kleinen Winkel bilden. Die Endorgane (Plättchensätze), die am distalen Rand dieser Ebene liegen, erhalten zusammen ein Bild von allen Punkten, die vor dem Auge liegen in einer Linie, deren Richtung senkrecht zur Sehachse liegt — in dem beigegebenen Schema würden also die der Stelle « entsprechenden Plättchensätze das Bild einer Linie erhalten, die im Punkte A auf der Papierebene senkrecht steht; die proximalsten Plättehensätze erhalten ebenfalls ein Bild von einer Linie, die der vorigen parallel, aber vom Auge ferner ist — im Schema erhalten die Plättchensätze 5 das Bild der Linie, die in 3 auf der Papierebene senkrecht steht. Die Gesammtheit der zu einer Gruppe vereinig- ten Plättchensätze »übersieht« also die Ebene zwischen jenen beiden Linien, also nicht eine Ebene, die senkrecht zur Sehachse steht, wie in anderen Retina-Augen, sondern eine solche, die mit der Sehachse parallel läuft — im Schema eine Ebene, die in der Linie AB senk- recht auf der Papierebene steht. Es werden also so viele solche Ebenen »überblickt«, als Gruppen von Plättchensätzen in der Retina vorhanden sind: bei Carinaria also zwei (im Schema die Ebene, welche senkrecht zum Pfeil A steht, für die ventrale Gruppe, die senkrecht zum Florett CD für die dorsale Gruppe von Piättchensätzen), bei Pterotrachea coronata sechs. Der optische Hilfsapparat, speciell die Linse, hat hier weniger den Zweck, zur Wahrnehmung eines scharfen zusammenhängenden Bildes der Gegenstände, als vielmehr zu einer Wahrnehmung der verschiedenen Entfernungen zu verhelfen, Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 433 indem die näheren Gegenstände andere Retinazellen reizen als die ferneren. Eine Accommodation ist damit unnöthig geworden; und in der That finden wir in dem so hoch entwickelten Auge von Carinaria keine Einrichtung, die eine solche bewirken könnte: weder vermag die Linse ihre Gestalt zu verändern, noch sind Mittel vorlanden, um den Abstand von Linse und Retina zu verändern — die wenigen Muskeln, die sich in der Augenwand finden, dürften hierzu kaum genügen. Im Übrigen bietet die große Beweglichkeit des Auges einen Ersatz für die geringe Breite der Bilder: es wird die Umge- bung geradezu optisch abgetastet, wenn die »überblickten« Ebenen verschoben werden. Kehren wir zur Beschreibung der Retina zurück! Was den An- satz der Nervenfasern an die Sehzellen betrifft, so muss ich mich Sanz dem anschließen, was GRENACHER für das Auge von Piero- trachea coronata ermittelt hat: die Nervenfortsätze entspringen aus den Zellen nicht von deren unterstem Ende, sondern etwas weiter vorn, und von dieser Stelle aus gehen noch gegen die Basis hin wurzelartige Ausläufer der Zelle, zwischen denen die Nervenbündel durchlaufen, die von den periphereren Theilen der Retina und von der Augsenwand her kommen. Die Retina wird gegen den »Glaskörper« zu überdeckt von einer dicken Sekretmasse, die membranartig ausgebreitet erscheint und von GRENACHER als Limitans bezeichnet ist. Diese ist bei Carinarıia nicht zusammenhängend wie bei Pferotrachea und Oxygyrus, sondern besteht aus zwei Hälften, die einander nahezu parallel verlaufen und den beiden Gruppen von Sehzellen der Lage nach entsprechen (Fig. 46). Die Membran ist von homogener Beschaffenheit; sie ist, wie GRE- NACHER gezeigt hat, ein Sekretionsprodukt. Ihre Matrixzellen sind bei Carinaria in der Hauptsache die der Retinagrube zunächst be- nachbarten Epithelzellen der Augenwandung; sie sind pigmentirt wie die übrigen Zellen der Pigmenthaut und unterscheiden sich von ihnen nur durch größere Schlankheit (Fig. 46 Zimz,); mit ihnen sieht man die Limitans direkt zusammenhängen durch Fäden, die sich einer- seits am freien Ende der Zellen anheften, andererseits ohne Grenze in die Substanz der Membran übergehen. Außerdem sind noch an- dere Zellen am Aufbau der Limitans betheiligt: sie liegen zwischen den Retinazellen und sind dort leicht an ihren länglichen schlanken Kernen zu erkennen, die etwa in der Mitte zwischen der Grenz- membran und den runden großen Kernen der Retinazellen liegen 434 | Richard Hesse, (Fig. 46 im). Hier und da kann man bei den angewandten Fär- bungen selbst ihre dünnen Zellleiber deutlich erkennen, besonders wenn diese, wie es zuweilen der Fall ist, nicht genau parallel mit den Retinazellen verlaufen. Diese Zellen entsprechen ganz den von (GRENACHER bei Pterotrachea coronata nachgewiesenen Limitanszellen. Ihre Sekretfasern kann man ohne Schwierigkeit zwischen den Sockeln hindurch verfolgen zur Limitans, mit der sie verschmelzen. Von der Stelle, wo die beiden Gruppen von Retinazellen an einander stoßen, gehen regelmäßig Sekretfäden aus gegen die freien Enden der beiden Limitanshälften; auf Fig. 46 sind die Limitanszellen, die diese ab- sondern, nicht getroffen. Diese intraretinalen Limitanszellen wird man mit den zuerst erwähnten (vielleicht als »präretinale« zu be- zeichnenden) morphologisch gleichstellen und als echte Epithelzellen ansehen müssen; dass sie zuweilen nicht genau den Retinazellen parallel laufen, lässt sich wohl nicht gegen diese Ansicht geltend machen. Kauıpe (19) hält sie allerdings für bindegewebige Elemente, doch führt er keinen plausiblen Grund dafür an. Dagegen ist die Zusammensetzung einer epithelialen Retina aus Seh- und Sekretzellen eine so weit verbreitete Erscheinung, dass wir darin nur eine Stütze unserer Annahme sehen können. Allerdings dringen bindegewebige Elemente zwischen die Epithel- zellen der Retina ein. Während in allen übrigen Theilen der Augen- wandung das Epithel gegen das Bindegewebe der Augenhülle durch eine Basalmembran scharf abgegrenzt ist, fehlt im Bereich der Retina eine solche scharfe Grenze: wir haben hier ein basalwärts offenes Epithel, wenn ich so sagen darf. Wie so oft bei Sinneszellen — ich brauche nur an die Faserzellen des Schneckenfühlers zu erinnern und auch bei der Cephalopodenretina werden wir Ähnliches finden — sind hier in der Retina die Zellen in das unterliegende Bindegewebe eingewachsen. So sind denn die basalen Theile der Retinazellen, etwa bis in die Gegend des Kernes, von einem feinen Netz von Bindegewebsfibrillen umsponnen, die sich bei gewissen Färbungen in meinen Präparaten tiefblau gegen die violetten Zellkörper der Retina- zellen abhoben; hier und da bemerkt man in diesem Faserwerk einen Kern. Außerdem finde ich bei Carinarıa jene feinen wahrscheinlich bindegewebigen Faserzüge, etwa in der Höhe der Kerne der intra- retinalen Limitanszellen, welche der Grenzmembran nahezu parallel verlaufen und von GRENACHER bei Pterotrachea als Cirkulärfasern bezeichnet wurden. Genaueres weiß ich nicht über sie anzugeben. An ihrem nach außen gerichteten Ende hat die Retina ein etwas Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 435 verändertes Aussehen: zu den zwei Gruppen von Retinazellen kom- men hier noch zwei weitere hinzu (Fig. 50). Die eine liegt dorsal von den beiden anderen, und ist in so fern anders als diese ange- ordnet, als die zugehörigen Sockel mit den plättchentragenden Enden schräg ventralwärts schauen (Fig. 50, 2. Zwischen sie und die beiden ursprünglichen Gruppen von Retinazellen schaltet sich eine Binde- sewebsmasse ein, die gegen den Augenraum zu von einem pigmen- tirten Epithel überzogen ist; wir können sie vielleicht mit der Masse des »Retinaspaltes<« im Pterotrachea-Auge (GRENACHER) gleichstellen, wenn auch diese letztere nicht wallartig zwischen die durch sie ge- trennten Retinatheile vorspringt. — Außerdem tritt auf der dorsalen Seite der beiden ursprünglichen Gruppen von Retinazellen noch eine Reihe von Zellen auf (Fig. 50, 3), die zu einer oder zweien auf Querschnitten durch die Retina erscheinen und in ihrem Aussehen von den übrigen Retinazellen etwas abweichen (Fig. 51 und 52). Die nach außen von der Grenzmembran gelegenen Zellkörper sind den übrigen gleich; dagegen ist der Fortsatz ins Innere des Auges etwa so beschaffen, wie die niedrigsten Sockel, nur dass er höher ist: er trägt auf seiner dorsalen Seite bis ganz an die Grenzmembran heran einen Saum von »Fädchen«, die dunkel gefärbt sind und an denen man stellenweise deutlich den Zusammenhang mit den im Fort- satz verlaufenden Fibrillen sieht. Auf Schnitten, die senkrecht zu der Schnittebene der Fig. 50 parallel den Pfeilen z und y geführt sind, trifft man Stellen, wo dieser Saum flächenhaft geschnitten ist (Fig. 52 rechts); dann sieht man nicht die Querschnitte einzelner Plättchen, sondern viele feine, neben einander liegende Punkte: jedes Fädchen hat einen punktförmigen Querschnitt, ist also ein Stiftchen, wie wir sie beim Auge der Planarien kennen lernten. An der Stelle wo die Stiftehen an den Zellfortsatz (Sockel) ansetzen, finden wir nicht wie bei den Plättehen der übrigen Retinazellen eine Reihe dunkler Punkte, auch verhalten sich die Stiftchen darin von jenen Plättehen verschieden, dass sie in ihrer ganzen Ausdehnung gleich dunkel gefärbt sind. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass wir es hier mit lichtempfindlichen Zellen zu thun haben, da sie einmal in der Reihe der übrigen Retinazellen stehen und diesen in vielen Punkten ähnlich sind, und da sie in den Momenten, wo sie von diesen abweichen, nämlich in der Beschaffenheit des reizaufnehmen- den Endapparates, volle Übereinstimmung zeigen mit anderen, sehr weit verbreiteten Sehzellen. Ja ihre Lage in der Reihe der übrigen Retinazellen ist wichtig für die Vergleichung derselben mit einfacheren Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 29 456 Richard Hesse, Bildungen. Ich will daher die Reihe dieser Sehzellen als dritte, .die oben besprochene Gruppe als vierte Gruppe der Retinazellen bezeich- nen. — Der dorsale Theil der Limitans setzt sich dorsal von der vierten Gruppe an und deckt diese, während die zweite Gruppe hier unbedeckt bleibt. Die intraretinalen Limitanszellen, welehe zur Absonderung dieses Limitansabschnittes beitragen, liegen sowohl zwischen den Zellen der vierten, wie zwischen denen der zweiten Gruppe. In dem äußeren Zipfel des Augenblasengrundes fallen zahlreiche zapfenförmige Erhebungen auf, die über die Grenze des Epithels in den Augenraum hineinragen. Sie finden sich regelmäßig zu beiden Seiten der Retina, am dichtesten in deren unmittelbarer Nachbar- schaft, weiterhin spärlicher; Fig. 38 nsz zeigt, dass sie sich bis an den Rand des Fensters ausbreiten. Sie sind von wenig wechselnder Gestalt, an ihrem inneren Ende zumeist abgerundet, zuweilen auch ausgerandet; schneller und besser als jede Beschreibung verdeutlichen sie die Figg. 50 und 53. Ohne Weiteres ist zu erkennen, dass sie Fortsätze großer, zwischen den Epithelzellen stehender Zellen sind. Diese zeichnen sich durch die Größe und runde Gestalt der Kerne, durch deutliches Kernkörperchen und durch bedeutenden Umfang ihres Plasmaleibes aus; sie ähneln darin den Retinazellen. Stellen- weise kann man erkennen, dass sie sich mit ihrem basalen Ende in eine Faser ausziehen. Der Fortsatz, der von ihrem freien Ende in das Augeninnere hineinragt und den ich Sockel nennen will, zeigt einen dunkelgefärbten Saum, und bei starker Vergrößerung lässt sich aufs deutlichste eine Zusammensetzung dieses Saumes aus feinen Stiftehen wahrnehmen (Fig. 53 st). Der Sockel selbst zeigt einen fibril- lären Bau derart, dass die feinen Fäserchen gegen den Stiftehensaum etwa senkrecht stehen und in den Zellkörper hineinstrahlen. Auch letzterer besitzt eine fibrilläre Streifung, die ihn der Länge nach durchzieht; nur auf einer dreieckigen Zone basal vom Kern fehlt diese Streifung, dort erscheint das Plasma körnig (Fig. 53 bei +): es scheinen also die Fibrillen geradezu den Kern zu umspannen und erst eine Strecke weit hinter demselben sich wieder zu einem ein- heitlichen Bündel zusammenzuschließen. Das Pigment der Wandung erscheint an den Stellen, wo diese Zellfortsätze liegen, spärlicher, streckenweise fehlt es ganz. Es dünkt mich, dass diese Zellen selbst ganz frei von Pigment sind, dass aber der »Hals« der Sockel ver- dünnt ist und sich die benachbarten pigmentirten Epithelzellen dicht an jenen anschmiegen, so dass nur eine schmale pigmentfreie Lücke ) Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 437 bleibt, die nur zuweilen auf Schnitten günstig getroffen wird, wie links in Fig. 53. Diese Zellen halte ich für Sehzellen, ihre faserartige Ver- längerung für den zugehörigen Nerven, den dunkel gefärbten Saum des Zellfortsatzes für einen Stiftehensaum in dem schon öfters ge- brauchten Sinne, und die Fibrillen des Zellplasmas für Neurofibrillen, die mit den Stiftehen verbunden sind und in den Nerven eingehen. Die Ähnlichkeit im Verhalten der’ Stiftehen mit denen in den Augen der Planarien und anderer Würmer ist eine so auffällige, dass meine Deutung wohlbegründet erscheint, wenn man hinzunimmt, dass alle übrigen Momente in Bau und Lage der betreffenden Zellen geeignet sind, sie zu unterstützen. Vor Allem aber ist es wichtig, dass sie der dritten Gruppe der Retinazellen, die wir in dem äußeren Zipfel der Retina kennen lernten, außerordentlich ähnlich sind; sie weichen von ihnen hauptsächlich darin ab, dass die Form des Sockels eine andere ist und dass bei ihnen die Stiftehen auf der ganzen Ober- fläche des Sockels stehen, während sie dort die ventrale Seite des- selben freilassen. Ich bezeichne diese Zellen als Nebensehzellen. Ähnliche Nebensehzellen finden sich noch an einer anderen Stelle im Carinaria-Auge mit größter Regelmäßigkeit: an jenem oben er- wähnten Bezirk der ventralen Wandung, wo die Pigmenthaut durch eine Menge neben einander stehender kleiner Spalten siebartig durch- brochen aussieht. Diese Spalten erscheinen als sternförmige Lücken; die Oberfläche der Pigmentzellen ist hier keilförmig gestaltet, derart, dass die Keile nach einem Centrum konvergiren, wobei einmal dieses Centrum, dann aber auch noch schmale radiäre Streifen zwischen den Keilen frei von Pigment bleiben (Fig. 54). Diese Gestalt hatten die Lücken bei allen daraufhin untersuchten Exemplaren. Aufmerk- same Beobachtung zeigt ferner noch einen etwas helleren, nach hinten gerichteten Streifen (Fig. 54 bei *) in der Pigmentwandung, auf dem das Pigment dünner ist als in der Umgebung. Längsschnitte durch das Auge, welche die ventrale Wandung in diesem Gebiet treffen, lassen erkennen, dass jeder von diesen Lücken eine Zelle entspricht, die den oben beschriebenen Nebensehzellen außerordentlich ähnlich ist (Fig. 55 nsz): sie ragen in das Innere der Augenblase hinein mit einem Fortsatz, der jedoch hier weniger zapfenartig, sondern fach kuchenförmig erscheint. Der Fortsatz trägt einen deutlichen Stiftehen- besatz, der sich, bei Färbung mit Eisen-Hämatoxylin nach HEIDEN- HAIN, dunkel tingirt; ein ganz schmaler Verbindungsstrang durchsetzt die Pigmentlage und führt zu einem umfangreichen, den großen Kern 29% 438 Richard Hesse, (nszk) enthaltenden Zellleib, der hier bei der geringen Höhe des Epithels eine Strecke weit intraepithelial zwischen den Basaltheilen der Epithel- zellen nach hinten verläuft; der nach hinten gerichtete Streifen dün- neren Pigments, der sich an die Pigmentlücke, wie geschildert, an- schließt, entspricht offenbar der Lage des Zellleibes. Die hier zahlreich in der Basis des Epithels von vorn nach hinten verlaufenden Ner- venfasern sind höchst wahrscheinlich die Nervenfortsätze solcher Nebensehzellen. Ich würde auf diese Nebensehzellen in der ventralen Augenwand wohl kaum aufmerksam geworden sein, wenn ich nicht an entsprechend durchbrochenen Stellen der Augenwand bei den Pterotracheen, beson- ders bei Pt. mutica, solche Zellen in viel auffälligerer Entfaltung ge- funden hätte (s. u... Doch die Vergleichung mit diesen, sowie mit den der Retina benachbarten Nebensehzellen zeigt auf das unzwei- deutigste, dass sie den beiden gleich zu stellen sind. Nebensehzellen von völlig der gleichen Beschaffenheit liegen auch vereinzelt in der dorsalen Wand des Auges, am unteren Rand des Fensters (Fig. 56 nsz); ich fand diese erst, als mir kein frisches Material mehr zur Untersuchung zu Gebote stand, und konnte daher nicht konstatiren, ob sich hier eben solche Lücken in der Pigment- haut finden, wie in der ventralen Wand; ich halte das aber für sehr wahrscheinlich — nur sind diese Lücken nicht auffällig bei Betrach- tung des ganzen Auges, da ihnen gegenüber nicht ein Fenster, son- dern die undurchsichtige Pigmentwand liegt. i Das auf der Ventralseite gelegene Feld der Nebensehzellen liegt, wie ein Vergleich der Figuren 35 und 36 zeigt (vgl. auch »sz in Fig. 37), gerade dem dorsalen, pigmentlosen Fenster in der Augen- wand gegenüber. Durch dieses erhalten die Sehzellen dort ihr Licht. Es ist wohl kaum zweifelhaft, dass bei der Abwesenheit aller optischen Hilfsapparate von einer Bildwahrnehmung durch diese Nebenseh- zellen nicht die Rede sein kann. Da die Carinarien wie die übrigen Heteropoden mit der Bauchseite nach oben schwimmen, so ist die ventrale Augenfläche der Meeresoberfläche zugekehrt; durch das nach unten gekehrte Fenster kann also nur das Licht eindringen, welches von den unter dem Thiere schwimmenden Objekten reflektirt wird, und so ist es wohl denkbar, dass die Bewegung von Beutethieren so den Carinarien zum Bewusstsein gebracht wird. Durch die engen Spalten in der ventralen Pigmentwandung dürfte wohl kaum so viel Licht ein- dringen, dass dadurch die Nebensehzelle unempfänglich wird für die Reize, welche die von unten her kommenden Strahlen bewirken. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 439 Das Vorhandensein von lichtempfindlichen Zellen gegen- über dem Fenster der Augenwand giebt uns eine Erklärung für die Existenz dieses Fensters. Es kann wohl kaum zweifel- haft sein, dass das seitliche Eindringen von Licht m die Dunkel- kammer des Auges beeinträchtigend wirkt auf die Helligkeit - des Bildes, das die Linse auf dem Augenhintergrunde entwirft. Diesem Nachtheil gegenüber bietet das Fenster den Vortheil einer bedeuten- den Vergrößerung des Sehfeldes. Dr. BEER, dem ich diesen Gesichts- punkt verdanke, nimmt Ähnliches an für den asphakischen Raum, den er an der Pupille der meisten Teleostier und einer Schlange nachweisen konnte (3a u. b). Eine ähnliche Erklärung des Fensters ist schon von‘ KALıpr (19) für terotrachea versucht, der dabei jedoch von der falschen Annahme ausging, die Costalzellen seien stäbchentragend, der fettglänzende »Tropfen über den inner- virten Zellen sei der Uberrest des Stäbchens, welches durch Chromsäurebehand- lung gelitten hat<; die Fenster, die bei Pierotrachea dorsal und ventral liegen, betrachtet er demgemäß als »die Pellueidae für die Costae«. Alle Nervenfasern des Auges, sowohl die von der Retina und den Nebensehzellen, wie auch die von den intraepithelialen Nerven- zellen kommenden, laufen nach dem Hinterrand zusammen. Dort verlaufen sie, in reichlichem Bindegewebe hinziehend, gegen die Stelle, wo der Sehnerv abgeht, nahe der äußeren Kante; hier liegt dem Hinterrande ein kurzer, meist von Nervenfasern gebildeter Kiel an (Fig. 50), wie er bei anderen Heteropoden die ganze Länge des Hinterrandes einnimmt, und von diesem entspringt der Sehnerv, der zum Gehirn läuft. B. Das Auge von Pterotrachsa mutica. Dieses Auge zeigt im Allgemeinen die gleichen äußeren Ab- schnitte wie das von Carinaria, weicht aber in seiner Form nicht unbedeutend von ihm ab. Bei seiner Beschreibung verwende ich die Ausdrücke vorn und hinten, dorsal und ventral genau sc wie beim Carinaria-Auge, obgleich hier die breiten Flächen des Auges nicht so direkt dorsad und ventrad schauen, sondern vielmehr die eine schräg dorsad und nach außen, die andere schräg ventrad und nach innen. Betrachtet man das Auge von der breiten Fläche her (Figg. 57 und 58), so sieht man, dass die äußere Seitenkante etwa dreimal so lang ist als die innere, und gegen jene nahezu unter einem rechten Winkel geneigt ist; die hintere Kante geht in leicht geschwungenem, nach hinten konvexem Bogen von außen nach vorn und innen und biegt dort kurz um. \ 440 | Richard Hesse, Die pigmentirte Wandung ist sowohl dorsal wie ventral von einem »Fenster« durchbrochen. Beide Fenster liegen dem Cornea- rande sehr nahe und sind von ihm nur durch einen schmalen Pigment- streif getrennt. Das dorsale Fenster ist nahezu viereckig (Fig. 57), seine hintere Seite ist sanft nach hinten gebogen, nach innen geht ein schmaler Spalt in die Richtung auf das innere Ende der Hinter- kante. Das ventrale Fenster ist etwa dreieckig, mit abgerundeten Ecken (Fig. 58).. An der äußeren Kante stehen beide Fenster durch einen schmalen Spalt mit einander in Zusammenhang. Die dorsale Wand zeigt außerdem noch ein zweites, schmales und langgestrecktes Fenster; es liegt etwa in der Mitte zwischen dem Hinterrand des sroßen Fensters und der hinteren Grenze des Pigments, und verläuft, nahe der Außenkante beginnend, über die halbe Breite des Auges nach innen, wobei es mit der hinteren Grenzlinie des Pigmentes etwas konvergirt. Außerdem sind in der dorsalen Wand hinter der spaltförmigen Bucht des großen Fensters zahlreiche kleine Lücken in der Pigmen- tirung vorhanden, die wie bei Carinaria dicht bei einander liegend die Wand siebartig durchbrechen (Fig. 57). Auf der ventralen Seite liegen ähnliche Lücken, aber in viel geringerer Zahl, nicht weit von der Außenkante nach hinten vom Fenster (Fig. 58). Der Hinterkante des Auges sitzt eine kielförmige Nervenleiste der ganzen Länge nach auf; dieser Kiel nimmt von innen nach außen segen den Abgang des Sehnerven hin stetig an Höhe zu. — Der Querschnitt des pigmentirten Theiles des Auges ist hinter der Linse rundlich und flacht sich nach hinten ab (Fig. 60). Ich füge hier die Maße des Auges einer etwa 7 cm langen Pferotrachea mutica bei: die Länge der Augenachse betrug 1,46 mm, die größte Breite des Auges 1,48 mm, der Durchmesser der Linse 0,54 mm. GEGENBAUR bildet auf Taf. VII, Fig. 1 das Auge von Pierotrachea friede- riei ab, das demjenigen von Pf. mutica sehr ähnlich ist. Die kleinen Unter- schiede in der äußeren Gestalt und im Umriss der großen Fenster sind wohl auf die Verschiedenheit der Arten zurückzuführen. Die kleinen Pigmentlücken giebt die Abbildung nicht wieder; doch bin ich überzeugt, dass sie auch bei jener Art vorhanden sind und von GEGENBAUR übersehen wurden. Das Auge liegt wie bei Carinaria in einem kapselartigen Raum, an dessen Wand es durch die Muskeln befestigt wird, die an dasselbe ansetzen. Ich habe bei dieser Form den Verlauf der Muskeln an Totalpräparaten genauer untersucht; doch mögen mir immerhin dabei einzelne Muskeln entgangen sein, die von den breiten Augenflächen nach der dorsalen oder ventralen Kapselwand abgehen; Schnittpräpa- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 441 rate habe ich nicht zugezogen. Außerdem habe ich von den Muskeln bei Carinarıa und Piterotrachea coronata in einer Anzahl Skizzen Notiz genommen, und werde sie hier vergleichsweise besprechen. Der Muskelverlauf ist in Fig. 57 eingezeichnet, auf welche auch die hier in () gesetzten römischen Zahlen weisen. Am auftälligsten ist ein großer Muskel, der am inneren Cornearande ansetzt, und sich verbreiternd nach innen verläuft, wo er in zahlreichen Einzelfäden in die Gallerte einstrahlt (I); an der Stelle, von wo diese Ausstrahlungen ausgehen, läuft ein Nerv zwischen letzteren hindurch, der vielleicht einige Fasern an den Muskel abgiebt, jedoch nahezu unvermindert auf der anderen Seite aus ihm heraustritt (Fig. 57 n). LEUCKART hat diesen Muskel schon genau beschrieben; er bezeichnet ihn als Vorwärts- zieher; auch GEGENBAUR erwähnt ihn. HENSEN dagegen hält das Gebilde für einen Nervenplexus. Ich kann mich dieser Deutung nicht anschließen: das Aus- sehen an frischen Präparaten ist genau das gleiche wie das der übrigen Mus- keln. Außerdem kommt auch bei Pferotrachea coronata und Carinaria ein Muskel von gleichem Verlauf vor, der sich ebenfalls der ganzen Erscheinung nach nur als Muskel deuten lässt. Ein zweiter viel kleinerer Muskel setzt sich im vorderen Drittel der inneren Seitenkante an (II) und verläuft nach innen und vorn, ein dritter ebenfalls kleiner Muskel (III) inserirt an der Hinterkante nahe ihrem inneren Ende und verläuft nach vorn, letzterer ist von LEUCKART als zweiter Vorwärtszieher beschrieben. Bei Pierotrachea coronata finde ich auch diese beiden Muskeln in nahezu entsprechender Lage, den ersteren nur etwa in der Mitte der Innenkante inserirend; da jedoch die Innenkante hier verhältnis- mäßig viel länger ist als bei Pferotrachea mutica, sind die drei beschriebenen Muskeln ziemlich weit aus einander gerückt. — Bei Carinaria fand ich an der äußeren Seite des Cornearandes, dem zuerst genannten Muskel gegenüber inse- rirend, zwei ansehnliche Muskeln, von denen der eine fächerartig ausstrahlend nach vorn, der zweite als kompaktes Bündel nach hinten verläuft und offenbar der Antagonist jenes anderen ist. Bei den Pterotracheen konnte ich nichts Entsprechendes nachweisen. — An der hinteren Kante des Auges heften sich eine Anzahl Muskeln an; der eine (IV) geht von der hinteren äußeren Ecke nach außen und vorn; er kommt in ähnlicher Weise den beiden anderen Arten zu; bei Pferotrachea mutica wird er mit (D) gleichsinnig eine Drehung des Auges bewirken. Ihm entgegengesetzt wirkt ein Muskel, der von der Mitte der Hinter- kante nach innen geht (V). Außerdem setzen an die hintere Kante des Auges bei Pierotrachea mutica zwei (VI und VII), bei Pterotrachea coronata und Cart- naria zahlreichere Muskeln an, die nach hinten verlaufen. Auf der dorsalen Fläche des Auges entspringt bei Pierotrachea mutica ein nach hinten gerichteter Muskel, ein Rückwärtszieher, etwas hinter dem schmalen, hinteren Fenster (VIII); ein entsprechender Muskel ist bei Pierotrachea coronata vorhanden, und wird von GRENACHER erwähnt und abgebildet. Dass meine Aufzählung nicht voll- ständig ist, erscheint mir desshalb wahrscheinlich, weil ich für den Einwärts- zieher I einen entsprechend starken Antagonisten vermisse; es könnten allerdings II, V und VIII zusammen als solche wirken, indem sie eine Drehung des Auges hervorrufen, bei der das Vorderende nach außen rückt. Durch das mannigfach kombinirbare Zusammenwirken dieser Muskeln kann das Auge in ausgiebiger Weise bewegt werden; näher auf die Wirkung der einzelnen Muskeln einzu- gehen lohnt jedoch kaum die Mühe. - 449 | Richard Hesse, Im Allgemeinen ist dies Auge völlig so gebaut, wie das von Carinaria. Dabei ergeben sich aber in den Einzelheiten mannigfache Abweichungen. Die Cornea legt sich der Linse an (Fig. 59, so dass kein prä- lenticularer Raum bleibt. In ihrem Bau verhalten sich Cornea, Linse und »Glaskörper« völlig so, wie bei Carinaria. Die Dickenverhältnisse der Augenwandung sind hier etwas andere (Fig. 59). Die Pigmenthaut ist da, wo sie an die Cornea ansetzt, dünn, ihr Epithel niedrig. Nach hinten zu wächst die Höhe des Epithels im Gebiete der Fenster. Hinter den letzteren steigt dieselbe ziemlich unvermittelt um ein Beträchtliches, ohne dass die Augenhülle sich entsprechend verdickte, und nimmt auf der ventralen Seite noch allmählich zu bis zum Rande der Retina, während sie dorsal lange gleich bleibt und erst kurz vor der Retina plötzlich zunimmt. Überall finden wir zwischen den basalen Theilen der Epithel- zellen intraepitheliale Nervenzellen gelegen, wie wir sie schon von Carinaria kennen lernten. Auch hier sind sie von zweierlei Art: kleine birnförmige Zellen mit nur einem Fortsatz, dem Nervenfortsatz, der direkt oder mit geringen Umwegen zum Kiel verläuft; und da- neben in geringerer Menge größere multipolare Zellen. Durch Be- handlung des überlebenden Auges mit Methylenblau lassen sich diese Nervenzellen sehr leicht darstellen (Fig. 61 und 62). Besonders die unipolaren kleinen Zellen imprägniren sich leicht; man sieht an einem solchen Präparat eine Menge solcher Zellen; ich hatte Präparate, wo sie noch dichter lagen als in den Figuren wiedergegeben ist. Sicher aber ist hier nur ein Theil dieser Zellen gefärbt; auf Schnitten sieht man ihre Kerne in der Basis des Epithels oft dicht neben einander liegen (Fig. 65 rz,). Die multipolaren Zellen scheinen spärlicher zu sein und färben sich schwerer; häufig ist ihre Imprägnirung mit Farb- stoff matt und unzulänglich, die Nervenfortsätze sind oft nicht ge- färbt, ihre anderen Fortsätze fast stets undeutlich und verschwimmend. Fig. 62 zeigt, wie weit diese Zellen bis gegen die Cornea hinaufgehen. Ich habe in den Figuren nur Theile der Fenster mit solchen Zellen abgebildet, weil sie sich auf dem hellen Grunde am besten abheben; aber auch in den pigmentirten Theilen bis herunter zur hinteren Pig- mentgrenze sind die unipolaren Zellen sehr zahlreich. Die multi- polaren Zellen habe ich an Methylenblaupräparaten hauptsächlich in der vorderen Hälfte des dorsalen Fensters gefunden. Der Boden der Augenhöhlung erscheint da, wo die Retina liegt, plötzlich verengert durch die Verdiekung der dorsalen und ventralen Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 443 Wandung. Es entsteht dadurch eine rinnen- oder grubenartige Ver- tiefung, welche die Retina enthält. Diese ist in ihren Grundzügen eben so gebaut wie bei Carinaria: die Sehzellen tragen Sockel, die über die Grenzmembran hinaus in den Augenraum hineinragen, und jeder Sockel trägt am Ende einen Satz von Plättehen. Doch ist die Zahl der Sehzellen hier zahlreicher. Wie dort sind sie zu Gruppen angeordnet, deren Sockel je eine langgestreckte Leiste von dreieckigem Querschnitt bilden. Die einzelnen Zellen sind wiederum in Reihen senkrecht zur Längsrichtung der Leiste gestellt, so dass die Plättchen- sätze über einander stehen in Streifen, die der Sehachse parallel laufen (entsprechend GRENACHER’S »Stäbchen«). In diesen Streifen sind die einzelnen Plättchensätze oft ziemlich eng verbunden, so dass sie ihren Zusammenhang auch dann bewahren, wenn sie von ihren Sockeln losreißen. Die Zahl der Sockelgruppen ist fünf; vier stehen ventral und ihre Plättchensätze sind dorsal gerichtet, die eine dorsale Gruppe dagegen kehrt dieselben nach der Ventralseite; zwi- schen der ventralen und der dorsalen Gruppe ist eine Lücke, in der das Augenwandepithel nicht zu Sehzellen umgewandelt ist: sie ent- spricht dem Retinaspalt GRENACHERs im Auge von Pierotrachea coronata. Die hinteren (äußeren) Enden der Sehzellen ziehen sich in Ner- venfasern aus, ein Verhalten, das hier deutlicher zu erkennen ist als bei Carinaria. Die Zelle verjüngt sich an ihrem Ende und geht ohne Bildung seitlicher Wurzelausläufer in den Nervenfortsatz über. Zwischen den Sehzellen stehen Zellen mit mehr länglichem, dunkel färbbaren Kern, die wie bei Carınarıa als Sekretzellen auf- zufassen sind und zusammen mit den der Retina zunächst benach- barten Zellen der Augenwand die Deckmembran der Retina ab- scheiden; sie finden sich vor Allem zwischen den einzelnen Gruppen von Retinazellen, am zahlreichsten zwischen der vierten und fünften Gruppe, von der ventralen zur dorsalen Seite gezählt, in dem »Retina- spalt«. Die Membrana limitans ist hier eine zusammenhängende, einheitliche Haut von wechselnder Dicke im Querschnitt, ganz wie eS GRENACHER von Pierotrachea coronata beschrieben hat. Die kleinen Pigmentlücken in der Augenwandung verlangen auch hier unsere besondere Aufmerksamkeit. Sie sind von sternförmiger Gestalt und gehen da, wo sie dicht stehen, wie auf der dorsalen Seite, nicht selten mit ihren Strahlen in einander über, so dass auf Flächenansichten zwischen den drei derartig kommunieirenden Lücken nur eine einzige Pigmentzelle zu’ stehen scheint (Fig. 63); Schnitte 444 Richard Hesse, belehren uns jedoch, dass die einzelnen pigmentirten Zellen. viel schmäler sind und dass es offenbar ein Bündel von Pigmentzellen ist, deren verschmälerte Basaltheile dicht an einander rücken und dadurch weite Intercellularräume im basalen Theil des Epithels schaffen (Fig. 65). Wo die Lücken weniger dicht stehen ist es auffällig, dass in den sie zunächst umgebenden Pigmentzellen der Farbstoff dichter angehäuft ist als in der weiteren Umgebung (Fig. 64). Der Raum jeder Lücke wird eingenommen durch eine flaschenförmige Zelle, die von Pigment frei ist (Fig. 69 nsz%); sie ragt mit einem verschmälerten Hals zwischen die freien Enden der Pigmentzellen; ihr tiefer gelegener verdickter Theil liegt in den basalen Intercellularräumen; er enthält den großen runden Kern mit deutlichem Kernkörperchen, und zieht sich mit seinem basalen Ende in eine Nervenfaser aus, die in der Basis des Epithels gegen die Hinterkante des Auges läuft. Das freie Ende dieser Zellen trägt ein dickes Bündel feiner Stiftchen, die in den Augenraum hineinragen; sie sitzen der Zelle direkt auf, ohne dass ein Sockel vorhanden ist. In meinen Präparaten sind sie von einem schmalen hellen Raum umgeben, der nicht vom Emplem eingenommen wird; an die pigmentirten Nachbarzellen setzt sich dagegen die Sub- stanz des Emplems direkt an. — Flimmerzellen können wir hier, innerhalb der zähen Masse des Glaskörpers, kaum vor uns haben; ihr Übergang in eine Nervenfaser erweist sie überdies als Sinnes- zellen. Das Prineip ihres Baues ist völlig das gleiche wie bei den Nebensehzellen von Carinaria: große Zellen mit Stiftchensaum und Nervenfortsatz; ich sehe sie daher auch hier für Sehzellen an und nenne sie wie dort Nebensehzellen. Über ihre Zahl und die Dich- tigkeit ihrer Anordnung kann man sich nach den Abbildungen der kleinen Pigmentlücken (Fig. 57) eine Vorstellung machen; auch auf dem Längs- und Querschnitt durch das Auge (Figg. 59 und 60 zsz) sind sie dargestellt. An der ventralen Wandung konnte ich sie ebenfalls auf Schnitten nachweisen, wenn sie auch dort viel spär- licher sind, wie ja schon aus der geringen Zahl der Pigmentlücken hervorgeht. Die Nervenfasern aus allen Theilen des Auges, von der Retina, den Nebensehzellen und den intraepithelialen Nervenzellen, laufen an der Hinterkante des Auges in dem Kiel zusammen; dieser sitzt dem dorsalen Rande der Hinterkante auf. Dort ziehen sie gegen die Ab- gangsstelle des Sehnerven hin. Auf dem Querschnitt durch den Kiel sieht man, dass die Fasern hier nicht in einem einheitlichen Bündel verlaufen, sondern in mehreren parallelen Linien angeordnet sind, die Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 445 ihrerseits wieder hakenförmig sich einbiegen; besser als eine Be- schreibung zeigt dies Fig. 59. Ob die Fasern verschiedener Her- kunft durch diese Anordnung von einander gesondert sind, weiß ich nicht zu sagen. C. Das Auge von Pterotrachea coronata. Dieses Auge ist von GRENACHER vorzüglich beschrieben und durch ausgezeichnete Abbildungen erläutert worden. Da jedoch dieser Forscher nur konservirtes Material zur Bearbeitung hatte, so konnte er Manches nur unvollkommen erkennen, Anderes musste ihm ganz verborgen bleiben. Daher ist es wohl nicht überflüssig, hier noch- mals auf dasselbe einzugehen. Die äußerlichen Abschnitte des Auges sind im Allgemeinen wie bei den bisher beschriebenen Formen: Corneatheil, Mittelstück und Boden des Auges (Figg. 66 und 67). Im Besonderen zeigt die äußere Gestalt viel Ähnlichkeit mit der des Auges von Pierofrachea mutica. Der Corneatheil ist sehr groß, so dass die Linse mehr als bei den anderen Arten von außen sichtbar ist. Am Mittelstück sind die beiden Seitenkanten, im Gegensatz zu Pterotrachea mutica, nahezu parallel, und die äußere übertrifft die innere nur wenig an Länge. Die pigmentirten Wandungen sind sowohl auf der dorsalen wie auf der ventralen Seite von einem Fenster durchbrochen, wie bei Pterotrachea mutica; auch ist das dorsale Fenster mehr viereckig, das ventrale mehr dreieckig, wenn auch nicht so ausgesprochen wie dort, und die Fenster hängen am äußeren Rande zusammen, hier durch eine breite Kommunikation; bei beiden ist die innere Ecke spitz ausgezogen. Das dorsale Fenster wird durch einen dunklen Pigmentstreifen (Stria opaca HENsEN’s) in einen größeren vorderen und einen kleineren hinteren Theil gesondert; der Pigmentstreifen sreift ein Stück weit auf das ventrale Fenster über. Die Beschaffen- heit dieser Fenster haben sowohl HENSEN wie GRENACHER genau be- schrieben und abgebildet. Dagegen ist Beiden ein schmales, lang- gestrecktes Fenster entgangen, das auf Dorsalseite parallel dem Hinterrande des großen Fensters, etwa in der Mitte zwischen diesem und der hinteren Grenze des Pigments, quer über das ganze Mittel- stück läuft und nach innen sich verschmälert; es entspricht dem kleinen dorsalen Fenster bei Pierotrachea mutica. Wie bei mutica finden wir auch hier außer den Fenstern noch kleinere Pigmentlücken, die jedoch nicht punkt- oder sternförmig, sondern in Gestalt zahlreicher schmaler Streifen auftreten. In ihrer 446 7. Spiehard Hesse, Vertheilung aber finden wir wieder Ähnlichkeit mit Pterotrachea mutica. Am dichtesten liegen sie auf der dorsalen Seite des Auges, dicht hinter dem großen Fenster, vom Innenrand bis über die Mitte der Dorsalfläche hinaus. Sie verlaufen hier parallel zu einander, etwas schräg zur Längsachse des Auges gerichtet, und stehen so dicht, dass sie oft nur durch eine Reihe pigmentirter Zellen von einander getrennt sind (Figg. 66 und 78): nach außen und innen nehmen sie an Länge ab. Ganz ähnlich gestaltete Pigmentlücken begleiten den inneren Rand des großen Fensters auf der Dorsalseite; sie sind aber kürzer als die vorigen und stehen weniger dicht. Schließlich finden sich auch auf der Ventralseite des Auges solche Pigmentlücken, am Hinterrande des Fensters, wo sie vom äußeren Rande über drei Viertel des Auges hinweglaufen; die äußeren verlaufen etwa parallel der Augenachse, die innersten senkrecht zu ihr, dazwischen liegen einige in Übergangsrichtungen; sie stehen wenig dicht, von viel Pig- ment getrennt; wie bei den Lücken auf der Ventralseite von Piero- trachea mutica sind sie von Pigmentzelien umgeben, die dunkler gefärbt sind als ihre Nachbarschaft (Figg. 67, 76 und 77). Die hintere Kante des Auges verläuft in einem nach hinten kon- vexen Bogen; ihrer ganzen Ausdehnung nach trägt sie einen Kiel, aus welchem am Ende des äußeren Drittels der Sehnerv seinen Ur- sprung nimmt; gegen diese Stelle hin nimmt die Höhe des Kiels von beiden Seiten her beträchtlich zu. Hier seien noch einige Angaben über die Größe des Auges eingefügt. Bei Individuen von 19 cm Länge war das Auge 3 mm lang, bei solchen von 23 cm etwa 3,3 mm, bei solchen von 26—29 cm maß ich 4 mm Augenlänge; so große Augen, wie sie LEUCKART sah, von 21/”’” — 5,64 mm Länge, fand ich eben so wenig wie GRENACHER An einem Auge von 4 mm Länge hatte die Linse dass die Netzhaut der Eledone der Hauptsache nach aus einer einfachen Lage von Sinneszellen besteht, die an ihrem basalen Ende in einen feinen Fortsatz ... auslaufen<, der zum sanglion optiecum geht, so muss dem gegenüber auf die unbestreitbare Priorität GRENACHER’sS nachdrücklich hingewiesen werden. GRENACHER hat zuerst die Cephalopodenretina als ein einschich- tiges Epithel aufgefasst. Die Stellung der Limitanszellen in diesem Epithel erscheint nach seinen Ausführungen nicht ganz klar; er erkennt senau, dass sie die Reihe derjenigen Epithelzellen fortsetzen, die den Zwischenraum zwischen Retina und Corpus epitheliale einnehmen, er präeisirt ihre Rolle bei der Bildung der Limitans; aber ihr Verhältnis zu den stäbchentragenden Retinazellen, den Sehzellen, hat er nicht »auf den Begriff« gebracht. v. LENHOssEK hat dies gethan, wenn er für die Limitanszellen den Ausdruck »indifferente Epithelzellen« gebraucht und sagt, »dass die Sehzellen mit ihrem ... kernhaltigen protoplasmatischen Körper eigentlich unter dem Epithel liegen«. Einer Änderung der Benennung für die Limitanszellen in »indifferente Epithelzellen< möchte ich aber nicht zustimmen; dieser Name ist zur Erläuterung der Stellung dieser Zellen gut, aber der GRENACHER’sche Name ist so bezeichnend, dass er völlig zu Recht besteht. — Es ent- spricht sonach das Ende der Sockelregion GRENACHER’S der freien Oberfläche des Epithels; die Stäbchen, die nach innen davon liegen, sind als Fortsätze der Epithelzellen aufzufassen; die »Grenzmembran« dagegen ist nichts Anderes als eine Basalmembran. Diese Anschauung lässt sich entwicklungsgeschichtlieh unschwer begründen. An dem Auge eines Sepia-Embryos, in dem die Linse erst eine zapfenfürmige Gestalt hat, ist die Retina ein deutlich ein- schichtiges Epithel, dessen schlanke Zellenleiber von einer bis zur anderen Grenzfläche sich ausstrecken, während die runden Kerne sich Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 459 in zwei Reihen anordnen. - Stäbehen sind noch nicht zu erkennen, eben so wenig eine Grenzmembran, welche die Zellenlage durch- setzte; nach außen schließt eine scharf begrenzte Basalmembran das Epithel ab. Diesen Charakter behält die Retina noch längere Zeit bei: in Folge zahlreicher Kerntheilungen, die alle in nächster Nähe der freien Epitheloberfläche vor sich gehen, mehren sich ihre Zellen; die Kerne werden länglich und ordnen sich zu drei, vier und mehr Reihen an. Es treten dann auch die Stäbchen auf, zunächst als ganz kleine zapfenförmige Ausläufer der Zellen auf der inneren Fläche des Epithels; zugleich erkennt man eine ganz dünne Membran, die von ihnen emporgehoben wird und noch durch Fäserchen mit dem Epithel in Verbindung bleibt: es ist die Limitans (Fig..83«). In der Mitte der Retina ist das Bild ein wenig anders als an den Seiten; die Entwicklung ist dort schon etwas weiter fortgeschritten, die Stäbchen sind etwas länger, und, was mir wichtig erscheint, es liegen zahlreiche Kerne dicht an die Basalmembran herangedrängt (Fig. 83). In einem weiter fortgeschrittenen Entwicklungsstadium des Auges, das dem in Fig. 684 oben bei KorscHELT und HEIDER (Entwick- lungsgeschichte) nach BOBRETZKY abgebildeten Auge von Zol:go ent- spricht, sieht man zuerst ein der »Grenzmembran« entsprechendes Gebilde auftreten (Fig. 854 din); es liegt aber im Gegensatz zu dem Verhalten in der fertigen Retina ganz basal, und die Mehrzahl der Kerne liegt nach innen davon, nur wenige nach außen; dagegen ist die scharfe basale Begrenzung des Retinaepithels, die Basalmembran, nicht mehr vorhanden. Auf weiteren Entwicklungsstadien nehmen die Zellkerne nach innen von der »Grenzmembran« ab, die nach außen von ihr mehren sich. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese ganze Veränderung darauf beruht, dass die Zellen des Retina- epithels mit ihren basalen Enden durch die Basalmembran hindurch- wandern: die dichte Anlagerung der Kerne an diese Membran (Fig. 83) ist die erste Andeutung davon; in späteren Stadien kann man nicht selten Stellen finden, wo ein Kern zur Hälfte innerhalb, zur anderen Hälfte außerhalb dieser Membran liegt (Fig. 84 bei 7), also gerade in der Durchwanderung begriffen ist. Dieser Process dauert so lange an, bis die meisten der Zellen mit dem größten Theile ihres Plasma- leibes nach außen von der Membran liegen, diese also ganz gegen die Stäbehenseite der Retina gerückt ist und nur noch die Limitans- zellen nach innen von ihr stehen. Die Retinazellen sind also, wie v. LENHOSS£R recht vermuthete, ins Bindegewebe eingewachsen; die »Grenzmembran« ist nichts Anderes als die Basalmembran. Damit 460 Richard Hesse, erklärt es sich ohne Weiteres, dass zwischen den kernführenden Enden der Sehzellen Bindegewebsfasern und Blutgefäße in großer Menge liegen (Fig. 86a und 5 von Eledone). | Aus dieser Entwicklung der »Grenzmembran« wird auch auf den Bau derselben ein Licht geworfen. Sie ist nicht, wie v. LENHOSSER sagt, eine Cuticularbildung, die von dem basalen Ende der Limitans- zellen ausgeht, sondern sie ist bindegewebiger Natur. Sie ist nicht gleichmäßig verbreitet, derart, dass jede Limitanszelle gleichen Antheil an ihr hätte; vielmehr macht ihr Flächenbild völlig den Ein- druck eines Bindegewebsnetzes (Fig. 85), in dem hier und da, beson- ders wo Gefäße verlaufen, Kerne eingelagert sind. Überall sieht man auf Querschnitten durch die Retina bei entsprechender Färbung die Theile der Membran mit Bindegewebsfasern in Verbindung treten, die ihrerseits mit dem Bindegewebe nach außen von den Enden der Sehzellen verknüpft sind (Fig. 86a und db). Ja, bei Illex coin- detii finde ich gar nicht selten Kerne von Limitanszellen, die durch die »Grenzmembran« nach außen hindurchragen (Fig. 87). Ich gebrauche fortan für das Gebilde, das GRENACHER in der ‚Cephalopodenretina als » Grenzmembran « bezeichnet, den Namen Basalmembran. Die Änderung wäre an sich nicht nöthig; sie wird nur wünschenswerth, wenn man das Heteropodenauge zum Vergleich heranzieht. Dort hat GRENACHER in entsprechender Weise eine feine Membran als Grenzmembran bezeichnet, die man derjenigen bei den Cephalopoden nicht gleichsetzen kann: die Grenzmembran im Hetero- podenauge liegst in der Verlängerung der inneren Cuticula, welche die freien Enden der an die Retina angrenzenden Epithelzellen über- zieht; eine solche Grenzmembran musste im Cephalopodenauge an der Basis der Stäbchen, am inneren Ende der Limitanszellen liegen. Bei Scaeurgus tetracirrus, wo die Retina-Elemente am wenigsten zahl- reich sind (vgl. die Zahlangaben am Ende dieses Abschnittes), finde ich am Rande der Retina, wo die Zellen besonders locker stehen, an der Basis der Stäbchen eine deutliche Grenzmembran, die derjenigen im Heteropodenauge völlig entspricht, und für die ich diesen Namen auch anwenden möchte. Zwar geht GrEnAcHEr’s Bearbeitung der Cephalopodenretina zeitlich derjenigen des Heteropodenauges voraus. Wenn aber doch einmal wegen dieser Discordanz eine Änderung vor- genommen werden muss, so will ich sie lieber hier eintreten lassen, wo ich von GRENACHER’s Auffassung mehrfach abweiche, als bei dem Heteropodenauge, wo ich mit ihm in vollster Übereinstimmung bin. Aus dieser Auseinandersetzung geht mit Nothwendigkeit die Fol- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 461 gerung hervor, dass die Sockel im Heteropodenauge mit dem, was GRENACHER in der Cephalopodenretina Sockel nennt, nicht homolog sein können. Die ersteren sind Auswüchse der Zellen über ihre ur- sprüngliche Erstreckung hinaus, wie die Stäbchen im Cephalopoden- auge, und liegen nach innen von der Grenzmembran; die »Sockel« im Cephalopodenauge sind dagegen die intraepithelialen Theile der Sehzellen, sie liegen nach außen: von der Grenzmembran, wo eine solche vorhanden ist, zwischen dieser und der Basalmembran. Ich glaube, dass man für diese Theile der Cephalopodensehzelle keinen besonderen Namen braucht, und lasse jedenfalls den Namen »Sockel« für sie fallen. Die äußere Pigmentzone durchsetzt, wie v. LENHOSSEK angiebt, sowohl die Sehzellen wie die Limitanszellen, und ist nicht auf erstere beschränkt. Für die Verlängerung der Sehzellen, die von den beiden euti- eularen Halbröhren eingeschlossen ist, hat GRENACHER in Überein- stimmung mit BABUCHIn und HEnsen den Namen Stäbehen gebraucht; ich behalte ihn bei. Im plasmatischen, die cutieulare Röhre aus- füllendem Theile dieses Stäbchens kann man bei genügend intensiven Färbungen, wie sie uns durch die neueren Hämatoxylinmethoden er- möglicht werden, auch auf Querschnitten durch die Retina (Längs- schnitten durch die Stäbchen) häufig jene feine Faser verfolgen, die GRENACHER nur auf Querschnitten sehen konnte. Nach außen konnte ich sie auch in dem intraepithelialen Theile der Retinazellen nach- weisen (Fig. 88 nf zeigt dies bei Scaeurgus), und bei günstigen Prä- paraten, die ich von Eledone habe, kann man sie auch weiter in der Zelle entlang laufen sehen. Im Stäbchen schlängelt sich die Faser mannigfach (Fig. 89) und endigt am inneren Ende dicht unter der Limitans mit einer Verdiekung. Dieser Endknopf ist besonders günstig bei Illex eoindetii zu sehen, einer Art, bei der die innere Pigment- zone fehlt: hier sind die Knöpfehen sehr groß und färben sich mit Eisenhämatoxylin dunkelblau; die an sie ansetzende Faser kann man weit hinein in das Stäbchen verfolgen (Fig. 89). Aber auch bei anderen Arten lässt sich das Endknöpfehen nachweisen, selbst bei solchen, welehe die innere Pigmentzone besitzen; bei diesen erscheinen sie deutlich an den Stellen, wo der helle Streif die Retina durchzieht, den Rawırz (33) zuerst bei Sepia erkannte: hier ist das Pigment von dem Knöpfchen zurückgezogen (Fig. 91, mittleres Stäbchen). Entpig- mentirte Präparate möchte ich desshalb nicht für das Vorhandensein dieses Gebildes ins Feld führen, ‚weil man einwenden könnte, das 462 | Richard Hesse, je Substrat der hier angehäuften Pigmentkörnchen habe sich gefärbt und täusche einen Endknopf der Faser vor. — Das Endknöpfehen ‚erinnert an ähnliche Verhältnisse bei den Stäbehen der Aleiopiden, nur dass man dort die Faser innerhalb des Knöpfchens noch ver- folgen kann, was man hier nicht vermag. Wie dort sehe ich auch bei den Cephalopoden in dieser Faser eine Neurofibrille. v. LENHOSSER hat die Fasern in Stäbchen und Zelle nicht finden können; GRENACHER selbst betont freilich, dass nur ausnahmsweise günstige Präparate ihm diese Bildungen gezeigt haben; ich habe sie dagegen mit den von mir angewandten Methoden, die ja auch v. LEx- HOSSEK schon zur Verfügung standen, häufig darstellen können. Den prineipiellen Widerspruch v. LENHOSSER’s gegen das Vorhandensein solcher Fasern habe ich schon oben erörtert. Hier komme ich nun auf den Hauptpunkt dieser Auseinander- setzung: ich halte diese Neurofibrille für das lichtreei- pirende Element der Sehzelle. GRENACHER hat diese Möglich- keit erwogen; er sagt: »wenn nicht eine ganze Fülle von anderen Thatsachen und Erwägungen dieser Auffassung prineipiell im Wege ‚stünden«, würden »eine ganze Reihe von Cephalopoden zu ihren Gunsten vorgeführt werden können, nämlich alle jene, bei denen die innere, dicht unter der Limitans gelegene Pigmentzone fehlt, die Nervenfaser also wie bei den Aleiopiden dem Lichte ausgesetzt ist«. Sehen wir, was er dagegen einwendet. »Die ganze Fülle vergleichend-anatomischer Thatsachen weist noch immer einzig und allein auf die Stäbchen in ihren verschieden- artigen Formen, als die allein konstanten, dem Licht überall zugäng- lichen Elemente hin, die wir als unentbehrliche Vermittler der Licht- empfindung in Anspruch zu nehmen haben«, sagt GRENACHER, und an einer anderen Stelle äußert er sich über die Natur der Stäbchen dahin, »dass dieselben ... überall als von besonderen Zellen nach Art der Cuticulae abhängige Bildungen auftreten«. Diese Anschauungs- weise ist zunächst von Hensen (14) deutlich ausgesprochen: er stellt fest, dass die Stäbchen der Cephalopoden Cuticularbildungen seien, »und bei den Heteropoden und Peeten deutet das Verhalten der Stäbchen auf die gleiche Entstehungsweise«. Auch für die Stäbehen der Säugethierretina ist HEexsew geneigt, sie als Cutieularbildungen anzusehen — für die übrigen Wirbelthiere würde dann wohl das Gleiche zu gelten haben. Für GRENACHER fiel dann besonders die ganze Masse der Arthropoden ins Gewicht, deren Rhabdome er als Cuticularbildungen deutet. Dazu kommen noch die Aleiopiden und Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 463 die übrigen Raubanneliden, so dass allerdings bei den damals genauer untersuchten Sehorganen kaum eines war, in dem nicht stäbchen- artige Cutieularbildungen eine Rolle spielten. Aber von diesen Stäbchen enthält dasjenige der Alciopiden eine Neurofibrille im Inneren der euticularen Röhre, die schon durch GREEFF bekannt wurde; bei den Raubanneliden konnte ich eine eben solche durch Stäbchen und Sehzelle verfolgen. Am Peecten-Stäbchen ver- misse ich, wie oben aus einander gesetzt, die Cuticula, dagegen ist die Neurofibrille in ihm seit Hewsen bekannt, und wenn auch an- sefochten, besteht sie doch zu Recht. Die Plättchensätze an den Sehzellen der ZZeteropoden lassen sich wohl kaum als cutieulare Säume auffassen; ich habe oben versucht, sie als verschmolzene und verdickte, in ihrer Konsistenz umgewandelte Enden von Neurofibrillen zu deuten. Für die Rhabdome der Arthropoden haben JOHANSEN (Zool. Jahrb. [Anat.] Bd. VI, p. 445) und Parker (29) sich dahin geäußert, dass sie keine Ausscheidung, sondern »eine lebende Modifikation des Protoplasmas« der Retinulazellen seien und ich habe oben angedeutet, dass ich eine ähnliche Auffassung wie bei den Plättchen der Hetero- poden auch für sie begründen zu können glaube. Was schließlich die Wirbelthierstäbehen anbetrifft, so bin ich allerdings noch ganz ohne eigene Erfahrung und wage kaum die Möglichkeit zu erwägen, ‚ob der nicht unbestrittene Achsenfaden etwa als lichtreeipirende Neuro- fibrille aufgefasst werden kann. Dagegen sind seither eine ganze Anzahl Sehorgane bekannt ge- worden, an deren Sinneszellen Cuticularbildungen ganz fehlen. So sind zunächst bei den stäbchenartigen Bildungen, die sich als Aus- wüchse der Sehzellen über ihr freies Ende hinaus darstellen, nicht überall eutieulare Hüllen bekannt: ich erinnere an die oben bespro- chenen Stäbehen von Lima und Pecten, oder an die etwas abweichen- den Verhältnisse von Siphonostoma diplochaetos; hier sind aber überall Neurofibrillen im Stäbchen vorhanden. Weiter fehlen Cuticulae an den Sehzellen der Planarien und allen nach diesem Typus gebauten Seh- organen: hier haben wir als lichtreeipirende Elemente nach meiner Auffassung ebenfalls Neurofibrillen anzusehen, nicht eine, sondern viele in einer Schzelle, welche jede mit einer Anschwellung, dem »Stiftchen«, an der Zellperipherie endigen. Schließlich ist auch in den epithelialen Augen, wie einerseits dem segmentalen Auge des Palolowurms, andererseits den Komplexaugen von Sabella, Bran- chiomma und Arca das recipirende Element der Sehzellen keine 464 | Richard Hesse, Cntieularbildung, sondern dort eine einzelne dicke Neurofibrille,‘ hier wahrscheinlich ein Bündel von feinen Neurofibrillen. Es ist also kein Grund mehr vorhanden, Cutieularbildungen als wesentliche Bestandtheile der Sehzellen, als recipirendes Element an- zusehen. Vielmehr sehen wir in allen aufgezählten Beispielen Neuro- fibrillen, meist mit verdickten oder sonst modifieirten freien Enden, als Theile der Sehzellen wiederkehren, und dürfen desshalb mit sroßer Wahrscheinlichkeit sie als nothwendiges Organulum dieser Zellen ansehen, und in ihnen den recipirenden Endapparat erblicken. Desshalb glaube ich, dass auch in den Stäbchen der Cephalopoden- retina die Neurofibrille als lichtreeipirender Theil fungirt. Der andere nicht minder schwerwiegende Einwurf, den GRENACHER dieser Deutung entgegenhält, bezieht sich auf diejenigen Cephalo- poden, bei denen eine innere Pigmentzone in der Retina vorkommt. Der »schützende Pigmentgürtel vor den Nervenfasern« müsste diese ganz vom Licht absperren, die Thiere wären blind, wenn die Fasern der recipirende Theil wären. Wir werden sehen, wie auch dieser Ein- wand sich völlig befriedigend aufklären lässt, und die Pigmentver- -hältnisse, die hier gegen diese Auffassung ins Feld geführt werden, vielmehr eine nicht unwichtige Stütze für dieselbe bilden, wenn man Thatsachen in Erwägung zieht, die allerdings zu der Zeit, wo GRE- NACHER’S Untersuchungen entstanden, noch nicht bekannt waren. Zuvor will ich jedoch die Schwierigkeiten für das physiologische Verständnis des Sehvorgangs besprechen, die sich bei GRENACHER’sS Anschauung ergeben. Auch damit bringe ich nichts Neues, GRENACHER selbst hat sie mit so vorzüglicher Klarheit erörtert, dass ich nichts Besseres thun kann, als seiner Darstellung zu folgen. Weglassen möchte ich diese Erwägungen nicht, da sie ja der gegentheiligen Auffassung, die ich vertheidige, zur Stütze dienen müssen. Für (GRENACHER ist das — im Allgemeinen viertheilige — Rhabdom die Perceptionseinheit. Dieses steht aber mit vier Zellen in Verbindung, welche sonach mitsammt ihren vier Nervenfasern einer gleichartigen Einwirkung ausgesetzt wären. Da aber jede Zelle zu zwei Rhab- domen in Beziehung steht, so haben die einzelnen Rhabdome mit jedem ihrer unmittelbaren Nachbarn einen gemeinsamen Leitungs- draht; wenn auch jedes mit vier Nerven verbunden ist, so stcht doch jeder dieser Nerven nur halb in seinem Dienst. Das sind Wechsel- beziehungen, »die das Verständnis des Sehvorgangs nicht unwesent- lich erschweren«. Die Folge davon ist, dass »differente Reize auf unmittelbar benachbarten Rhabdomen durch die partiell gemein- Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 465 same Leitung wahrscheinlich nieht voll ihrer Differenz entsprechend zur Empfindung gelangen werden, sondern erst dann, wenn ihre Pro- jektion auf Rhabdome erfolgt, welche keine gemeinsamen Nerven- asern mehr erregen«. Dabei sieht GRENACHER noch absichtlich ab von dem Umstand, dass sich zahlreiche Rhabdome unter sich ver- mittels ihrer Kante vereinigen zu einer einheitlichen, nur von un- regelmäßig geformten Kanälen durchsetzten Masse. Dadurch wird die Erklärung natürlich noch weit mehr erschwert. Alle diese Schwierigkeiten fallen fort, wenn man in den ceuti- eularen Bildungen, welche die plasmatischen Stäbchen einscheiden, nichts sieht als ein Stützgerüst für diese, und dagegen als lichtreei- pirendes Element die in Zelle und Stäbchen verlaufende Neurofibrille betrachtet. Nun komme ich zu den Pigmentverhältnissen der Cephalo- podenretina. Wenn man die in Alkohol konservirten Retinae der ver- schiedenen Arten betrachtet, so springt ein Unterschied in ihrem Aus- sehen sofort in die Augen: bei /llex, Loligo, Todarodes und Scaeurgus ist die Retina silbergrau bis gelbgrau gefärbt; ihr Rand hebt dadurch sich in dem aufgeschnittenen Auge von Lolgo scharf gegen das Pigmentepithel der präretinalen Zone ab, die das Corpus epitheliale ringförmig umgiebt (Fig. 90). Dagegen sind die Retinae von Zeossia, 'Sepiola, Sepia, Octopus und Eledone tief braunschwarz. Bei diesen letzteren finde ich überall, mit alleiniger Ausnahme von Sepiola, einen quer durch die Retina verlaufenden helleren Streifen, dessen Richtung genau der Zone entspricht, in der auf der Außenseite die Nerven- fasern das Auge verlassen um zum Sehganglion zu gehen. RAwıtz (35) hat diesen Streifen zuerst nachgewiesen bei Sepia, fand ihn aber nicht bei Zledone und Sepiola. Es leuchtet nun sogleich ein, dass diese beiden Gruppen, die mit heller und mit dunkler Retina, auch der Lebensweise nach zusammengehören: /llex, Loligo und Todarodes sind pelagische Formen, die in so fern keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht machen, als sie fortwährend in Bewegung sind. Da- gegen sind Sepia, Octopus und Eledone ausgesprochen littorale Thiere, die sich bei Tage in Schlupfwinkeln verbergen oder auf dem Boden ruhig liegen, und Nachts auf Raub ausgehen. sScaeurgus ist eine Tiefenform. Wie sich Rossis und Sepiola stellen, weiß ich nicht. Untersucht man diese verschiedenen Retinae auf Schnitten, so zeigt es sich, dass bei der ersten Gruppe das Pigment auf die Limi- tanszellen und die zwischen ihnen gelegenen Theile der Sehzellen be- schränkt ist, dass aber die Enden der Stäbchen davon frei sind (Fig. 91, 466 x. 2 Riehard Hesse, rechte Sehzelle).. Bei der zweiten Gruppe dagegen zieht sich das Pigment von den Stellen, wo es bei jenen vorhanden ist, in feinen Körnchen durch das Stäbchen hinauf, die Neurofibrille entlang, und folgt genau deren Schlängelungen, um dann am Ende eine dichte Hülle um das Endknöpfchen der Fibrille zu bilden (Fig. 91, linke Sehzelle). Die dicht neben einander liegenden dunkel umhüllten End- knöpfchen erscheinen dann als die Pigmentanhäufungen der Autoren, welche die innere Pigmentzone zusammensetzen; dieser oberfläch- lichen Lage von Pigment ist das dunkle Aussehen derjenigen Retinae zuzuschreiben, denen eine solche Pigmentzone zukommt. GRENACHER hat diesen Unterschied in der Pigmentirung bei Zoligo und Octopus schon erkannt, aber irrthümlieh auch Sepia die innere Pigmentzone abgesprochen, was Rawırz richtig stellt. — Da wo der hellere Streif die dunklen Retinae durchzieht, hat sich das Pigment von den Knöpfehen der Neurofibrillen zurückgezogen, umgiebt aber immer noch in zahlreichen Körnchen die Fibrille selbst. Auch an den lebenden Tintenfischen kann man Unterschiede in der Fär- bung der Augen erkennen. JATTA (18) sagt, dass bei den pelagischen Arten die Farbe der Augen blau sei, bei den littoralen roth oder gelb. Das Blau kommt offenbar dadurch zu Stande, dass die äußere Pigmentzone durch das trübe Medium der Stäbchenschicht geschehen wird — also ähnlich wie an der blauen Iris beim Menschen. Das rothbraune Pigment der inneren Pigmentschicht mag roth erglänzen bei auffallendem Lichte — wie eine gelbe Färbung entsteht, weiß ich allerdings nicht zu erklären. Rawıtz (35) hat nun gezeigt, dass in der Retina von EBledone, die nach längerem Verweilen im Dunkeln unter Lichtabschluss ge- tödtet wird, das Pigment aus der inneren Pigmentzone fortgewandert ist und sich gegen die äußere Pigmentzone zurückgezogen hat (Fig. 91 rechts). GRENACHER (12) vermuthet wohl mit Recht, dass die Pig- mentwanderung an der Faser innerhalb des Stäbchens entlang geht. Ich konnte das Ergebnis der Pigmentverschiebung an der Retina einer Sepia beobachten, die ich zwei Tage in der Dunkelkammer hielt. Schon BApuchin (2) hat die Dislokationsfähigkeit der Pigmentsubstanz er- wogen; aber die Prämissen, durch die er darauf geführt wird, sind nicht zu- verlässig. Er sagt: »Obwohl die Stäbchen bei Sep:a beinahe beständig von einer Schicht Pigment überdeckt sind, so stieß ich später doch auf Exemplare, wo diese Schicht gar nicht vorhanden war; dieselbe Erscheinung wiederholte sich auch bei Zoligo.« Das Letztere erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich. Uber die Ursache der Pigmentverschiebung findet sich keine Angabe. Das giebt uns den Schlüssel zur Erklärung für das verschiedene Verhalten des Pigmentes in den Retinae der verschiedenen Arten. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 467 Sepia, Bledone und Octopus sind Thiere mit üächtlicher Lebensweise, die ihre Augen also hauptsächlich des Nachts brauchen; die reei- pirenden Theile müssen daher sehr reizbar sein, damit sie schon durch die geringen Lichtmengen, die bei Nacht in sie eindringen können, genügend stark affieirt werden. Am Tage würden so em- pfindliche Thiere durch die Überfülle des Lichtes ganz geblendet sein, wie man das z. B. von den Eulen sagt: der Schutz gegen solche Blendung wird erlangt durch die Wanderung des Pigments, das sich um die Nervenfibrille und in besonders dichter Menge um das End- knöpfehen derselben anhäuft. Die Thiere sitzen dann unthätig in ihren Schlupfwinkeln und würden in der That völlig blind sein, wenn nicht im Bereiche des hellen Streifens, der die Retina durchzieht, die Endknöpfehen der Neurofibrillen frei von Pigment blieben. Es ist sehr wohl möglich, dass die Endorgane in diesem Gebiete weniger reizbar und für das Sehen im Dunkeln desshalb weniger tauglich -sind, und dass bei den nächtlichen Ausflügen der Thiere die Nach- bartheile der Retina für den hellen Streifen eintreten müssen. — Bei den pelagisch lebenden Cephalopoden jedoch, die auch den Tag über in Bewegung sind, würde ein solcher Pigmentüberzug über die Neuro- fibriller und deren Endknöpfchen dem Thiere direkt schädlich sein, da ja das Sehen entweder nur auf einen Theil der Retina beschränkt oder direkt behindert würde. Es wäre aber möglich, dass im direkten Sonnenlicht auch hier Pigmentverschiebungen einträten. Die Wanderung des Pigments würde nur eine mangelhafte Er- klärung finden, wenn man in den Rhabdomen GRENACHER’S die licht- receipirenden Elemente sehen wollte; denn sie würden durch die in ihrer Längsrichtung einfallenden Lichtstrahlen doch getroffen werden, da ja die innere Pigmentzone nicht zusammenhängend ist, sondern aus einzelnen Pismentanhäufungen besteht, die zwischen den Rhab- domen liegen. Die Pigmentstränge zu Seiten der Rhabdome würden weder eine Abblendung noch eine optische Isolirung desselben be- wirken. Völlig unerklärt aber bliebe der helle Streif in den Retinae der littoralen Cephalopoden und das Verhalten des Pigmentes in ihm. Dagegen leuchtet es ohne Weiteres ein, dass der Überzug der Neuro- fibrille durch Pigment ein wirksames Mittel gegen zu starke Reizung derselben durch intensive Beleuchtung ist, oder bei völliger Um- hüllung eine solche Reizung ganz verhindert. Da die Neurofibrille im Stäbchen geschlängelt verläuft, nicht genau in der Achse desselben, so werden einerseits die Strahlen, die in der Achsenrich- tung des 'Stäbchens einfallen, nicht die ganze Fibrille durchlaufen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 31 468 | Richard Hesse, andererseits können Strahlen, die an dem Endknöpfchen vorbeigehen, sehr wohl noch Theile der Neurofibrille treffen, theils direkt, theils dadurch, dass sie von den cutieularen Wänden des Stäbcehens ent- sprechend reflektirt werden. Wenn sich nun das Pigment auch nur über einen Theil der Neurofibrille herüberzieht, so wird damit doch schon eine Verringerung des Reizes bewirkt, die entsprechend gesteigert werden kann, bis zur völligen Einhüllung auch des Endknöpfchens. Das also, was in Bezug auf die Rhabdome durch die Art der Pigmentvertheilung nicht erreicht werden kann, wird in Bezug auf die Neurofibrillen sehr leicht erreicht: eine Abstufung der Blen- dung derart, dass bei großer Helligkeit nur wenige, bei geringer Be- leuchtung möglichst viel Lichtstrahlen zu den reeipirenden Elementen gelangen können. Unsere Erklärung der besprochenen Schwierigkeit ist also: die Cephalopoden mit innerer Pigmentzone sind Nachtthiere, und am Tage ist ihr Sehen auf den hellen Streifen der Retina beschränkt. Also auch diese Erscheinungen sprechen für die von GRENACHER verworfene Deutung, die ich wieder aufnehme, und ich glaube, dass somit nichts mehr gegen, Alles für die Auffassung spricht, dass die Neurofibrille im Stäbehen der Cephalopodenretina das lichtreeipirende Element der Sehzelle ist. Damit ist die Einheit gegeben, die man etwaigen Zählungen der Retina-Elemente zu Grunde legen kann. Um eine Grundlage zur Ab- schätzung der Sehschärfe bei den Cephalopoden zu geben, habe ich eine Anzahl solcher Zählungen vorgenommen. Ich benutzte dazu ein ZE1Ss’sches Ocular-Netzmikrometer mit !/; mm-Theilung. Da die Ver- theilung der Elemente eine sehr gleichmäßige ist, so ist die Zählung sehr einfach: die Auszählung der Quadrate ergiebt nahezu gleiche Zahlen, und der Durchschnitt schon relativ weniger Zählungen (50 bis 100) gewährt eine genügende Genauigkeit. Am angenehmsten ist es, bei den dunklen Retinae die Pigmenthäufchen der inneren Pigment- schicht zu zählen; aber auch die Stäbehen lassen sich da, wo sie recht regelmäßig stehen, mit Sicherheit zählen. Bei Ermittelung der. folgenden Werthe ist allerdings auf eine Schrumpfung der konser- virten Retina nicht Rücksicht genommen, eben so wenig auf eine Zusammenschiebung der übrigens mit warmem Wasser gestreckten Schnitte. Daher sind sie wohl etwas zu groß ausgefallen; aber ich glaube nicht, dass die Abweichung von der Wirklichkeit groß ist; auf einige Tausend kann es dabei freilich nieht ankommen. Es stehen auf dem Raum eines Quadratmillimeters bei: Loligo 162400, Eledone Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 469 106000, Sepia 105600, Zllex etwa YVO0O, Octopus 64000, Todarodes 61000, Rossia 60000 und Sceaeurgus 26000 Stäbehen. Die Tiefen- form Seaeurgus hat also die bei Weitem ‘wenigsten. Diese Zahlen zeigen uns, wie erstaunlich. scharf das Sehvermögen dieser Thiere sein muss. Wenn wir für ein Auge von Sepia vom Durchmesser des Menschenauges die Zahl der lichtreeipirenden Einheiten berech- nen, so erhalten wir, die Retina als Halbkugelschale angenommen, die außerordentliche Zahl von über 70 Millionen Stäbchen, eine Zahl, deren Bedeutung uns erst klar wird, wenn wir bedenken, dass die Zahl der reeipirenden Einheiten für das Menschenauge inssesammt auf etwa 0 Millionen zu schätzen ist. Tübingen, Ende April 1900. Verzeichnis der angeführten Werke. 1. Sr. ApırHy, Das leitende Element des Nervensystems und seine topographi- schen Beziehungen zu den: Zellen. Erste Mittheilung. In: Mitth. aus d. Zool. Station zu Neapel. Bd. XII. 1897. p. 495—148. 2. A. Bapucuin, Vergleichend-histologische Studien. I. Über den Bau der Cephalopodenretina. In: Würzburger naturwiss. Zeitschr. Bd. V. 1869. 3a. TH. BEER, Die Accommodation des Fischauges. In: PFLÜGER’s Archiv. Bd. LVIII. 1894. p. 523—650. 3b. Ders., Die Accommodation des Auges bei den Reptilien. Ebenda. Bd. LXIX. 1898. p. 549: 4. Ders., Die Accommodation des Cephalopodenauges. Ebenda. Bd. LXVI. 1897. p. 541—586. 5. 0. BürscHuı, Notiz zur Morphologie des Auges der Muscheln. In: Fest- schrift des naturhist.-medie. Vereins zu Heidelberg. 1886. 6. J. CARRIERE, Die Sehorgane der Thiere. München und Leipzig 1885. 7. Ders., Über Molluskenaugen. In: Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXIII. 1889. p. 378—402. 8. C. GEGENBAUR, Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig 1855. 9. E. GÖPPERT, Untersuchungen über die Sehorgane der Salpen. In: Morphol. Jahrb. Bd. XIX. 1892. p. 250—29. 10. H. GRENACHER, Abhandlungen zur vergleichenden Anatomie des Auges. I. Die Retina der Cephalopoden. In: Abhandl. der naturf. Gesellsch. zu Halle. Bd. XVI. 1884. 11. Ders., Desgl. II. Das Auge der Heteropoden. Ebenda. Bd. XVII. 1886. | p. 1—64. ve 12. Ders., Über die Retina der Cephalopoden, In: Zool. Anzeiger. Bd. XVII. Nr. 480. 189. Sl 470 13. 14. 15. 16. 17. 23. 24. Richard Hesse, M. HEIDENHAIN, Cytomechanische Studien. In: Archiv für Entwicklungs- mechanik. Bd. I. 1895. p. 473—577. V. Hensen, Über das Auge einiger Cephalopoden. In: Diese Zeitschr. Bd. XV. 1865. R. Hesse, Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei nie- deren Thieren. I. Die Organe der Lichtempfindung bei den Lumbrieiden. In: Diese Zeitschr. Bd. LXI. 18%. II. Die Augen der Plathelminthen, insbesondere der trieladen Turbel- larien. Ebenda. Bd. LXII. 1897. V. Die Augen der polychäten Anneliden. Ebenda. Bd. LXV. 189. J. 8. Hıckson, The Eye of Spondylus. In: Quart. Journ. of Mier. Seience. N. S. Vol. XXII, 1882. p. 362—364. TH. H. Huxtey, Morphology of the Cephalous Molluseca. In: Philosoph. Transaect., Vol. CXLII. Pt. 1. 1853. p. 29—63. G. JarTA, I Cefalopodi viventi nel golfo di Napoli. In: Fauna und Flora des Golfes von Neapel. 23. Monographie. Berlin 1896. G. KALıpE, Vorläufige Mittheilungen über Studien am Gastropoden- und am Peetenauge. In: Zool. Anz. Bd. XI. Nr. 294 u. 295. 1888. W. KEFERSTEIN, Malacozoa cephalophora. In: Bronn’s Klassen und Ord- nungen des Thierreichs. Bd. IH. 2. Theil. 1862—1866. K. KısHINouYE, Note on the Eyes of Cardium muticum Reeve. In: Journ. College of Science, Tokyo. Vol. VI. 189. p. 279—283. F. KopscH, Mittheilungen über das Ganglion opticum der Cephalopoden. In: Internat. Monatsschrift für Anat. und Physiol. Bd. XVI 1899. A. Kronn, Fernerer Beitrag zur Kenntnis des Schneckenauges. In: MÜLLER’S Archiv. Jahrg. 1839. p. 332. Dazu Nachtrag in: FRORIEP’s Neue No- tizen. Bd. XXV. 1843. p. 41. Ders., Über augenähnliche Organe bei Pecten und Spondylus. In: MÜLLER’s Archiv. Jahrg. 1840. p. 381—386. M. v. LENHOSSER, Zur Kenntnis der Netzhaut der Cephalopoden. In: Diese Zeitschr. Bd. LVIII. 1894. p. 636—660. R. LEUCKART, Zoologische Untersuchungen. III. Gießen 1854. F. LeypıG, Anatomische Bemerkungen über Carinaria, Firola und Amphi- cora. In: Diese Zeitschr. Bd. III. 1851. p. 325—332. W. A. NAGEL, Der Lichtsinn augenloser Thiere. Jena 1896. G. 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Erklärung der Abbildungen, Abkürzungen: D, dorsal; Z, innen; V, ventral; 4, außen; au, duge; bg, Bindegewebe; baf, Blutgefäß; bgk, Kern einer Bindegewebszelle; bk, Blutkörperchen; bm, Basalmembran; c, Cuticula; eircf, Cirkulärfasern; cobg, bindegewebiger Theil der Cornea; coep, Corneaepithel; diz, distale Zelle (der Pecten-Retina); dm, Deckmembran; empl, Emplem; ep, Epidermis; 9, Gehirn; gm, Grenzmembran; gopt, Ganglion opticum; k, Kiel (des Heteropodenauges); !, Linse; lim, Membrana limitans; limz,, präretinale Limitanszelle; limza, intraretinale Limitanszelle; m, Muskel; mbk, Kern eines Myoblasten; mf, Muskelfaser; R, rostral; C, eaudal. n, Nerv; nez, Costalzelle; nf, Nervenfaser; nfi, Neurofibrille; no, Sehnerv; nsz, Nebensehzelle; | nszk, Kern einer Nebensehzelle; nzı, unipolare Nervenzelle; nza, multipolare Nervenzelle; pep, Pigmentepithel; per, Periostracum; pk, Kern einer Pigmentzelle; pz, Pigmentzelle; s, Septum; sc, Septum cellulare; st, Stäbchen; sti, Stiftehensaum; sz, Sehzelle; szk, Kern einer Sehzelle; ta, Tapetum; tak, Kern des Tapetums; zwk, Kern einer Zwischenzelle; zws, Zwischensubstanz zwischen Stäbchen (im Pectenauge); zwz, Körper der Zwischenzelle. Tafel XXV. Figg. 1—6 beziehen sich auf Arca Noae. Fig. 1. Zwei Einzelaugen, nach einem entpigmentirten Präparat. 471 den Links drei Kerne von Pigmentzellen (pA); links oben in der Ecke intercelluläre, schlingenförmig umkehrende Faser. Vergr. 850fach. Fig. 2. Zwei Sehzellen; bei * ist die scharfe Abgrenzung des aufgetriebe- nen Schaltstückes gegen den hinteren verschmälerten Theil der Sehzelle, der die liehtreeipirenden Elemente enthält, deutlich. Vergr. 850fach. Fig. 3. Querschnitte durch den inneren Abschnitt zweier Einzelaugen. Die Punkte an der Peripherie der Pigmentzellen (»z) und zwischen diesen und der Sehzelle sind die Querschnitte intercellulärer Fasern. Vergr. 850fach. Fig. 4 Flächenschnitt durch ein Komplexauge. Bei x eine Stelle, wo zwei benachbarte Sehzellen nur durch eine Pigmentzelle getrennt sind. Vergr. 850fach. Fig. 5. zu zeigen; nach einem entpigmentirten Präparat. Vergr. 850fach. Radiärschnitt durch ein Komplexauge, um die intercellulären Fasern 479 | Richard Hesse, Fig. 6. Schnitt durch den Mantelrand, senkrecht zu dessen Längsrichtung, mit Auge. Vergr. 180fach. Figg. ”—13 beziehen sich auf Lima squamosa. Fig. 7. Ein Stück des Mantelrandes mit drei Augenflecken. Vergr. 4fach. Fig. 8. Einzelner Augenfleck, nach dem frischen Präparat. Vergr. 80fach. Fig. 9. Medianschnitt durch ein Auge, senkrecht zum Mantelrand; der Ver- lauf des Nervus opticus (no) zum Mantelnerven (n) ist nach einem anderen Schnitt eingezeichnet. Die Pfeile Xa und XD zeigen die Richtung, in der die Quer- schnitte auf Fig. 10a und 5 senkrecht zur Ebene des Papiers geführt zu denken sind. Vergr. 7Ofach. Fig. 10a und db. Zwei Querschnitte durch das Auge (Richtung der Pfeile Xa und 5 in Fig. 9. Verg. 80fach. Fig. 11a und d. Sehzellen und. Pigment-(Sekret-)Zellen der Augenwand, b nach einem Präparat, das deutlich die Neurofibrille im Stäbchen und ihre Fort- setzung auf die Sehzelle zeigt. Vergr. 600fach. Fig. 12. Pigment-(Sekret-)Zellen von der schmalen Außenkante des Auges, ohne eingestreute Sehzellen. Vergr. 600fach. Fig. 13. Querschnitte durch die Stäbchen; in 5 ist die Neurofibrille auf dem Querschnitt deutlich; die Masse des Emplems zwischen den Stäbchen ist hier etwas geschrumpft. Vergr. 700. Figg. 14—33 beziehen sich auf Peeten und Spondylus. Fig. 14. Schema des Auges von Peeten jacobaeus im Medianschnitt, mit möglichster Anlehnung an die Präparate. Vergr. etwa 160fach. Tafel XXVI. Fig. 15. Auge von P. tigrinus im Medianschnitt. Das mit * bezeichnete Stäbchen enthält zwei Neurofibrillen. Vergr. 520fach. Fig. 16. Auge von Spondylus gaederopus im Medianschnitt. Vergr. 43öfach. Fig. 17a—e. Zellen aus der Linse von P. jacobaeus, mit Radiensystem. In d ist die Zellmembran vom Plasma abgehoben, die Radien sind an ihr haften geblieben und durchsetzen den Spalt. Vergr. 800fach. Fig. 18a. Äußerster Schnitt durch die Vorderfläiche der Linse von P. mazimus, senkrecht zur Sehachse, mit den sich kreuzenden Muskelfasern. Vergr. 280fach. 5, Rand eines weiter innen gelegenen Linsenschnittes mit den Muskel- fasern. Vergr. 600fach. ec, Myoblast mit einem Stück der zugehörigen Muskel- faser von der Vorderfläche der Linse. Vergr. 600fach. d, Medianschnitt durch die Cornea und den äußersten Theil der Linse, um die Myoblastenkerne und deren Unterschied gegen die Kerne der Linsenzellen zu zeigen. Vergr. 520fach. Fig. 19. Seitlicher Schnitt durch das celluläre Septum von Spondylus, parallel der Augenachse; zwischen den schräg getroffenen Zellen des Septums sieht man die Intercellularlüicken und in jeder den Schrägschnitt durch eine Nervenfaser; am inneren Rande sind Nervenfasern auf längere Erstreckung sichtbar. Vergr. 600fach. Fig. 20. Retina von P. aratus im Medianschnitt; die Zwischensubstanz zwischen den Stäbchen ist in diesem Präparat nicht erhalten. Vergr. 520fach. Fig. 21. Linke Hälfte eines Medianschnittes durch die Retina von 2. aratus; das mit * bezeichnete Stäbehen enthält zwei Neurofibrillen. Vergr. 600fach. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 473 Fig. 22. Zwei Stäbcehenzellen aus den Seitentheilen der Retina von P. aratus. Vergr. 600fach. Fig. 23. Querschnitte durch die Stäbchenzellen von P. aratus, aus einem seitlichen Schnitt durch die Retina. Die mit * bezeichnete Sehzelle enthält zwei Neurofibrillen. Vergr. 800fach. Fig. 24. Distale Zellen der Retina von P. maximus im Medianschnitt: da- zwischen drei Zwischenzellen. Vergr. S00fach. Fig. 25. Ende distaler Zellen der Retina von ?P. jacobaeus im Median- schnitt. Vergr. 800fach. Fig. 26. Distale Zellen der Retina von Spondylus, mit Centralkörperchen (?) neben dem Kern. Vergr. 800fach. Fig. 27. Linker Rand eines Medianschnittes durch die Retina von P. pusio. Vergr. 800fach. Tafel XXVII. Fig. 28. Theil eines Medianschnittes durch die Retina von P. jacnhaens. Stäbchen etwas schematisch. Der distale Nerv (n) hat das Septum durchbohrt, ist aber noch durch eine dünne Lage desselben, die von den einzelnen Nerven- fasern durchbohrt wird, von der Retina getrennt. Vergr. 800fach. Fig. 29. Rand eines Medianschnittes durch die Retina von P. jacobaeus ; zeigt das Verhalten der Fasern in der Randzone. Vergr. 800fach. Fig. 30 und 305. Stücke aus einem Medianschnitt durch die Retina von Spondylus. Vergr. 600fach. Fig. 3la und 5. Schnitte durch die Stäbchenregion von P. jacobaeus, a, näher den Stäbchenzellen, d, näher der Deckmembran. Vergr. 700fach. Fig. 32. Stäbchen, Tapetum mit Kern und Pigmentepithel aus einem Median- schnitt durch das Auge von P. jacobaeus. Die Stäbchen und die Zwischensub- stanz zwischen ihnen etwas schematisch. Vergr. 600fach. Fig. 33. Kern des Tapetums von ?. jacobaeus auf einem Schnitt senkrecht zur Sehachse. Vergr. 600fach. Figg. 34—82 beziehen sich auf Heteropoden-Augen; die Schnitte senkrecht zur hinteren Kante der Augen (dorsoventrale Längsschnitte) sind alle so orientirt, dass die Dorsalseite (D) links, die Ventralseite (7) rechts liegt; die arabischen Ziffern bedeuten die Nummern der Sehzellgruppen in der Retina. Figg. 34—56 beziehen sich auf Carinaria mediterranea. Fig. 34. Kopf des Thieres mit den Augen, von der Dorsalseite. Natürl. Größe. Fig. 35. Rechtes Auge, von der dorsalen Seite gesehen, unter mäßigem Druck gezeichnet. Vergr. 20fach. Fig. 36. Das gleiche von der ventralen Seite eben so. Fig. 37. Querschnitt durch das Auge in der Höhe des Pfeiles XXXVI/ in Fig. 35. Das Emplem ist nicht eingezeichnet. Vergr. 3öfach. Fig. 35. Dessgleichen in der Höhe des Pfeiles NXXVIII. Der äußerste und innerste Theil der Retina sind durch den Schnitt getroffen; die punktirte Linie deutet den Verlauf der übrigen Retina an, auf die Schnittebene projieirt. Vergr. 35fach. Tafel XXVIII. Fig. 39. Dorsoventraler Längsschnitt durch das Auge, etwas schematisch. Die Nebensehzellen der ventralen Wand sind nicht eingezeichnet. Vergr. 3öfach. 474 Richard Hesse, Fig. 40. Zellen der. Pigmenthaut, nahe dem Cornearande, mit bürstenartig aufsitzenden Bündeln von Sekretfäden. Vergr. 400fach. Fig. 41. Querschnitt durch die ventrale Augenwand, aus einem Längs- schnitt durch das Auge (an der Stelle XZI in Fig. 39). Vergr. 400fach. Fig. 42. Flächenschnitt durch die gleiche Stelle der ventralen Augenwand. Links geht der Schnitt ein Stück weit durch die inneren Theile des pigmentir- ten Epithels (pep); im größten Theile des Schnittes sind jedoch von den Epithel- zellen nur die zu säulenförmigen Gruppen vereinigten Basaltheile getroffen, theil- weise gerade in der Gegend, wo sie die Kerne (p%k) enthalten; sie erscheinen als dunkle Inseln zwischen den multipolaren Nervenzellen. Vergr. 400fach. Fig. 43. Hinterkante des Auges, senkrecht zu ihrer Längsrichtung ge- schnitten, dorsale Seite. Ein Kiel ist deutlich abgesetzt. Man sieht aus dem dorsalen Epithel ein Nervenbündel (*) kommen, welches dann in das Binde- gewebe (**) umbiegt; seine Fasern (***) verlaufen weiterhin nahe der Oberfläche der Hüllhaut. In der Serie lässt sich der Zusammenhang der besternten Nerven- züge leicht nachweisen. Vergr. 300fach. Fig. 44. Ein Stick der hinteren Kante des Auges, von der Dorsalseite gesehen; nach einem frischen Präparat. Man sieht das ziemlich oberflächlich gelegene Nervengeflecht /*** der vorigen Figur), darunter den Zellstrang (nzı der vorigen Figur). Vergr. 90fach. Fig. 45. Das gleiche; durch Behandlung des überlebenden Auges mit Methylenblau haben sich einzelne Fasern des Nervengeflechtes gefärbt. Der Zellstrang ist als leicht gefärbtes Band sichtbar. Vergr. 90fach. Fig. 46. Schnitt durch die Retina, senkrecht zu ihrer Längserstreckung, ventrale Seite der hinteren Augenkante. Rechts oben würde sich etwa Fig. 41 anschließen. Vergr. 400fach. Fig. 47. Ende zweier Sockel, von einem Schnitt wie Fig. 46. a, nach einem Sublimatpräparat; d, nach einem Formolpräparat. Vergr. 800fach. Fig. 48. Ende von vier Sockeln auf einem Schnitt senkrecht zur Augen- ‚achse. Vergr. 800fach. Fig. 49. Die Sockel einer Gruppe auf einem Schnitt wie vorher, um ihre seriale Anordnung senkrecht zur Erstreckung der Retina zuzeigen. Vergr. 600fach. Fig. 50. Schnitt durch die Retina senkrecht zu ihrer Längsrichtung, im äußeren Winkel des Auges. Der Kiel ist hier deutlich abgesetzt. Vergr. 180fach. (Die Pfeile x und y deuten die Grenzen von Fig. 51 an.) Tafel. XXIX. Fig. 51. Ein Stück, wie es durch die Pfeile xy aus der vorigen Figur aus- geschnitten wird, stärker vergrößert, um die Retinazellen der dritten Gruppe (3) zu zeigen. Vergr. 650fach. Fig. 52. Schnitt durch die Retinazellen der dritten Gruppe im äußeren Zipfel der Retina; der Schnitt läuft den Pfeilen xy in Fig. 50 parallel, senk- recht zu den beiden vorigen Figuren. Rechts ist eine der Retinazellen gerade an ihrer dorsalen Fläche gestreift, so dass ihr Stiftchenbesatz quer durchschnitten ist. Vergr. 650fach. | Fig. 53. Nebensehzellen aus dem äußeren Winkel des Auges, in der Nach- barschaft der Retina gelegen. Vergr. 600fach. Fig. 54. Kleine Pigmentlücke von der ventralen Augenwand; *, der helle Streifen, der sich von dort nach hinten zieht und dem Körper der die Lücke durchbrechenden Nebensehzelle entspricht. Vergr. etwa 300fach. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 475 Fig. 55. Nebensehzellen auf einem Schnitt durch die ventrale Augenwand (dorsoventraler Längsschnitt durch das Auge). Vergr. 450fach. Fig. 56. Nebensehzellen von der dorsalen Augenwand, dicht beim Hinter- rand des Fensters. Richtung des Schnittes wie bei voriger Figur. Vergr. 400fach. Figg. 57—65 beziehen sich auf Pterotrachea mutiea. Fig. 57. Rechtes Auge von der dorsalen Seite gesehen, in seiner Kapsel, mit den ansetzenden Muskeln; für die römischen Ziffern an den Muskeln vgl. den Text. Die Pfeile ZIX bezw. ZX bezeichnen die Ah der Schnitte, die in Fig. 59 und 60 dargestellt sind. Vergr. 6öfach. Fig. 58. Dasselbe von der ventralen Seite. Vergr. 6öfach. Fig. 59. Schnitt durch das Auge, etwa senkrecht zur hinteren Kante (dorso- ventraler Längsschnitt), in der Richtung von Pfeil ZIX in Fig. 57, senkrecht zur Papierebene. Etwas schematisch. Vergr. 90fach. Fig. 60. Querschnitt durch das Auge, in der Richtung von Pfeil ZX in Fig. 57, senkrecht zur Papierebene. Vergr. 90fach. Figg. 61 und 62. Unipolare und multipolare Nervenzellen aus dem Gebiete des dorsalen Fensters, nach Methylenblaupräparaten; die benachbarten Theile der pigmentirten Augenwand sind durch einen leichten Ton angedeutet. In den kleinen Skizzen der Augen sind die abgebildeten Stellen umrandet. Vergr. 300fach. Tafel XXX. Fig. 63. Lücken in der Pigmentwand des Auges von der Dorsalseite. Vergr. 300fach. Fig. 64. Dessgl., von der ventralen Wand. Vergr. 280fach. Fig. 65. Schnitt durch die Augenwand (dorsoventraler Längsschnitt durch das Auge) mit Nebensehzellen; nach außen von diesen liegen unipolare Ganglien- zellen (nz}). Vergr. 210fach. Figg. 66—79 beziehen sich auf Pterotrachea coronata. Fig. 66. Rechtes Auge von der dorsalen Seite gesehen. Der Pfeil ZXIX giebt die Schnittrichtung des in Fig. 69 abgebildeten Querschnittes. Vergr. 30fach. Fig. 67. Das Gleiche von der ventralen Seite. Vergr. 30fach. Fig. 68. Längsschnitt durch das Auge, schematisch. Die Muskeln (m) am ventralen Rande der Cornea würden auf einem so geführten Schnitt nicht mehr getroffen sein; sie liegen an der äußeren Kante des Auges und dehnen sich zwar noch auf die Dorsal- und Ventralseite aus, reichen aber nicht bis zur Mitte derselben. Die Linien wv, rs und xy geben die Lage derjenigen durch die Fenster einfallenden Lichtstrahlen an, die der Retina am nächsten kommen. >< Stelle des schmalen hinteren Fensters auf der Dorsalseite. Vergr. 4öfach. Fig. 69. Querschnitt durch das Auge in der Richtung des Pfeiles ZXIX an Fig. 66. Die Ausbuchtung bei x entspricht der Wandverdünnung des schma- len hinteren Fensters der dorsalen Wand. Vergr. 6öfach. Fig. 70. Intraepitheliale multipolare Ganglienzellen aus der dorsalen Augen- wand, nach einem Methylenblaupräparate; die nebenstehende Skizze zeigt ihre Lage. Vergr. 200fach. Fig. 71. Muskelzellen aus der dorsalen Augenwand, nach einem Methylen- blaupräparate; der durch einen leichten Ton angegebene pigmentirte Streifen entspricht der Stria opaca des dorsalen Fensters. Vergr. 6öfach. Fig. 72. Plättchen der Retinazellen, mit den benachbarten Theilen der Az. | Richard Hesse, Sockel, von ihrer Breitseite aus gesehen. Pfeil ZLXXIIT giebt die Schnittrich- tung von Fig. 73. Vergr. 1000fach. Fig. 73. Schnitt durch die neben einander stehenden Plättcehenreihen, senk- recht zur Richtung des vorigen in der Ebene des Pfeiles ZXXIII. Veırgr. 1000fach. Fig. 74. Ein kleiner Bezirk von Bindegewebe aus dem Kiel des Auges. Vergr. 1000fach. | Tafel XXXT. Fig. 75. Schnitt durch Kiel und Retina senkrecht zu deren Längsrichtung, um die Bindegewebselemente in beiden zu zeigen. Vergr. 280fach. Fig. 76. Pigmentlücken nahe der hinteren Grenze des ventralen Fensters. Vergr. 8fach. Fig. 77. Zwei Pigmentlücken von der ventralen Seite, stärker (400fach vergrößert. . Fig. 78. Pigmentlücken hinter dem dorsalen Fenster; in der rechts da- nebenstehenden Skizze zeigt das dunkel getönte Rechteck die Lage. Vergr. 400fach. Fig. 79. Dorsale Augenwand hinter dem Fenster, senkrecht zur Augenachse geschnitten; zeigt die Nebensehzellen und nach en davon Kerne unipolarer Nervenzellen (nz). Vergr. 700fach. Figg. 80—82 beziehen sich auf Oxygyrus keraudreinii. Fig. 80. Rechtes Auge von der Ventralseite gesehen. Vergr. 60fach. Fig. 81. Dorsoventraler Längsschnitt durch das Auge. Vergr. 7Ofach. . Fig. 82. Retina, Kiel und Sehganglion, nahe der äußeren Augenkante senk- recht zur Längsrichtung der Retina geschnitten; die beiden punktirten Linien (no) zeigen den auf den Nachbarschnitten verfolgbaren Verlauf des Sehnerven zum Ganglion. Vergr. 11öfach. Figg. 8—91 beziehen sich auf die Retina der Cephalopoden. Fig. 83. Querschnitt durch die Retina eines jungen Sepva-Embryos. a, mehr gegen den Rand, d, aus der Mitte der Retina. Vergr. 500fach. Fig. 34. Querschnitt durch die Retina von einem etwas älteren Sepva- Embryo; bei + ist ein Kern auf der Durchwanderung durch die Basalmembran begriffen. Vergr. 500fach. Fig. 85. Basalmembran von sSepia elegans im Flächenschnitt; links sind die Querschnitte der Sehzellen mit ihren Neurofibrillen eingezeichnet. Vergr. 700fach. Tafel XXXTII. Fig. 86a und 5. Querschnitte durch die Retina von Zledone moschata ohne die Stäbchenregion, um das Verhalten der Basalmembran und ihre Verbindung mit dem Bindegewebe außen von der Retina zu zeigen. Vergr. 700fach. Fig. 87. Theil eines entpigmentirten Querschnittes durch die Retina von Zllex coindetii, zeigt einige durch die Basalmembran hindurchragende Limitanszellen. Vergr. 700fach. Fig. 88. Theil eines entpigmentirten Querschnittes durch die ns von Scaeurgus tetracirrus; an der gezeichneten Stelle haben sich in Folge eines Risses die intraepithelialen Theile der Retinazellen zwischen den Limitanszellen her- ausgezogen; die Basalmembran (dr) ist mit dem darunter liegenden Bindegewebe im Zusammenhang geblieben. Vergr. 800fach. Unters. über die Organe der Lichtempfind. bei niederen Thieren. VI. 477 Fig. 89. Inneres Ende der Stäbchenzone aus der Retina von Iller coindetit. Vergr. 800fach. Fig. W. Vorderwand des Auges von LZoligo vulgaris, von innen gesehen; es folgen sich von der Mitte gegen die Peripherie: die Linse (2), das rothbraune Corpus epitheliale (cep), die schwarze präretinale Zone (prz) und die hellgraue Retina. Natürliche Größe. Fig. 91. Schema des Baues der Cephalopoden-Retina: es sind drei Seh- zellen dargestellt (die Zellkörper nach v. LENHOSSER), zwischen denen vier Limi- tanszellen liegen; die Sehzellen tragen die Stäbchen, zwischen denen hindurch von den Limitanszellen Sekretfäden zu der Limitans gehen. Stäbchen und Seh- zelle sind von einer geschlängelten Neurofibrille durchzogen, die innen zu einem Knöpfchen verdickt ist, außen in die von der Sehzelle ausgehende Nerven- faser eintritt. Nach außen von den Limitanszellen liegt die Basalmembran, durch welche die linke Limitanszelle hindurchragt. Die- Pigmentirung zeigt in den drei Stäbchen verschiedene Zustände: rechts ist das gewöhnliche Verhalten bei den pelagischen und der Zustand der Dunkelretina bei den littoralen Formen dargestellt; das linke Stäbchen zeigt den Zustand der belichteten Retina der littoralen Formen außerhalb des hellen Streifes, das mittlere stellt das Gleiche dar im hellen Streif, wo das Knöpfchen der Neurofibrille pigmentfrei ist. Nachtrag zu den ‚„‚Experimentellen Untersuchungen an meroblastischen Eiern“, Von WI. Schimkewitsch (St. Petersburg). Bezüglich einiger Angaben, die Färbung von Loligo-Eiern intra vitam betreffend, welche in meiner Arbeit (diese Zeitschr. Bd. 67 p. 495 und 496) mitgetheilt wurden, ist eine wesentliche Berichtigung nach- zutragen. Zu der Zeit, wo die Merocyten sich auf Kosten des Dotters besonders lebhaft ernähren, färben sie sich in der That unter der Einwirkung des Methylenblaus intra vitam homogen; das Proto- plasma wird dabei manchmal intensiver gefärbt als der Kern. Was nun die Färbung intra vitam der übrigen Zellen betrifft, so wird diese nicht, wie ich annahm, durch die Färbung der Chromatinkörnchen bedingt, sondern beruht auf einer ganz eigenartigen Erscheinung. Es zeigen sich nämlich in der Nähe des Kerns kleine Körnchen, welche demselben Anfangs dicht anliegen, in späteren Entwicklungsstadien aber, wenn sie größere Dimensionen annehmen und in beträchtlicheren Mengen auftreten, sich in den verschiedensten Partien der Zelle vor- finden. Es ist außerordentlich wahrscheimlich, dass diese Körnchen Partikel des Dotters darstellen, welche unter der Einwirkung der assimilirenden Thätigkeit des Kerns eine Metamorphose durchgemacht haben. Der Dotter normaler und durchaus gesunder Eier wird sowohl durch Methylenblau wie auch durch Neutralroth nur in geringem Grade gefärbt, während die oben erwähnten Körnchen unter der Ein- wirkung dieser beiden Farbstoffe eine außerordentlich intensive Fär- bung aufweisen. Bei Zusatz von Sublimat und Essigsäure setzt sich das Methylenblau in diesen Zellen in Gestalt von Stäbchen ab, welche durch ihre Form oft an Chromosomen erinnern. Diese Körnchen sind in den Zellen des Keimes fast bis zu dessen letzten Entwick- lungsstadien zu finden, und persistiren am längsten im Epithel der Nachtrag zu den »Experimentellen Unters. an meroblastischen Eiern«. 479 Ventralseite des Rumpfes und Mantels, ferner im Epithel des Trichters wie der inneren Oberfläche der Arme, und eben so im Epithel der Kiemen und Flossen. Eine intravitale Färbung zeigen auch die Gra- nulationen in den jungen Chromatophoren und die Flimmerzellen, welche ziemlich früh in dem äußeren Epithel des Mantels des Embryo in Gestalt isolirter, aus einer, zwei oder mehr Zellen bestehender In- selchen auftreten. Das Neutralroth, welches ebenfalls die Körnchen der oben erwähnten Zellen wie auch die jungen Chromatophoren färbt, wirkt auch in späteren Stadien der Entwicklung noch auf den (wahrscheinlich drüsigen) Inhalt der Epithelzellen der dorsalen und der lateralen Oberfläche des Mantels, der Seitenflächen des Rumpfes wie der äußeren Oberfläche der Arme; eben so giebt das Neutral- roth in diesen Stadien eine Färbung intra vitam der Zellen des Unterhautbindegewebes, indem es sowohl die Kerne dieser Zellen, wie auch ihr Protoplasma färbt. Der drüsige Inhalt der Epidermis- zellen wird auch durch Methylenblau schwach gefärbt. Es ist vollkommen richtig (p. 493, Anmerkung), dass die Färbung intra vitam mit Methylenblau die Möglichkeit giebt, das allererste Auftreten der Organe festzustellen, indem die erste Anlage der meisten Organe sich vor Allem durch stärkeres Auftreten der erwähnten Körnchen in den Zellen des betreffenden Körpertheils kund giebt, d. h. durch erhöhte Ernährung der Zellen der zukünftigen Anlage. St. Vaast, August 1900. Beiträge zur Histologie und Embryologie des Vorder- darmes der Vögel. I. Vergleichende Morphologie des feineren Baues. Von K. E. Schreiner (aus Christiania). Mit Tafel XXXIII—XXXVII und 11 Figuren im Text. Einleitung. Vorliegende Untersuchungen über den Vorderdarm der Vögel waren Anfangs nicht zur Veröffentlichung bestimmt, nur als ein Prakti- kum während des Studiums von Prof. Orper’s Lehrbüchern der ver- gleichenden mikroskopischen Anatomie, um dem Verfasser Gelegenheit zu geben, sich ein selbständiges Urtheil über diese Sachen bilden zu können. Bald brachte mir doch das Durchgehen meines Materials neue Details, denen ich weiter zu folgen für lohnenswerth hielt. Wenn FÜRBRINGER in seiner großen Arbeit über die Morphologie der Vögel Folgendes sagt: »Es ist klar, dass die morphologische Ausbeute, welche eine an Vögeln angestellte Untersuchung gewährt, nur eine bescheidene sem kann. Bei einer Abtheilung, welche bei aller Höhe und allem Reichthum der Ausbildung doch nur eine sehr einseitige und in ihren Bahnen bereits sehr bestimmte Entwicklungs- richtung des Sauropsidenstammes zur Erscheinung bringt, wird man von vorn herein auf jene unendliche und immer von Neuem den Untersucher entzückende und fesselnde Mannigfaltigkeit und größere Freiheit bedeutsamer Differenzirungen verzichten müssen, welche die niederen Formen der Wirbelthiere oder gar der noch tiefer stehen- den Thiere darbieten« (VIII, p. 839), dann gelten diese Worte um so mehr in Rücksicht auf eine Reihe von Untersuchungen, deren Material eng beschränkt ist, und die nur einen Theil eines einzelnen Organsystems umfassen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIN. Bd, 32 482 - _K.E. Schreiner, Wenn ich jetzt diese Untersuchungen veröffentliche, dann geschieht es mit voller Klarheit über die starke Begrenzung ihres Werthes, aber auch in der Hoffnung, dass sie einige Lücken in unseren Kennt- nissen dieser Verhältnisse auszufüllen vermöchten. Während dieser erste Theil die vergleichend-histologischen Unter- suchungen, zwischen denen nur einige embryologische Data aufge- nommen sind, da fötale und postfötale Entwicklung oft in einander übergehen, umfasst, wird der folgende Theil sich mit der Entwick- lung des Vorderdarmes eingehender beschäftigen. Um die Übersicht zu erleichtern, habe ich, so weit es möglich war, den Stoff in drei Abschnitte zu theilen versucht. Was die historischen Übersichten betrifft, muss ich hervorheben, dass diese lange nicht erschöpfend sind. Nachdem in Opper’s Lehrbüchern Jedem in dieser Hinsicht ein so ergiebiges Material zur Verfügung steht, finde ich es unnöthig, jene in zu großer Breite zu behandeln, obwohl der Untersucher selbst nicht versäumen darf, sich mit der einschlägigen Litteratur genau bekannt zu machen. Wo auch in anderen Specialarbeiten ausführliche Litteraturübersichten sich finden (z. B. bei CAzın über den Magen) habe ich nur das absolut Noth- wendigste, sowohl in meine Übersicht als in mein Verzeichnis auf- genommen. Die Arbeit wurde von mir im Wintersemester 1899—1900 im anatomischen Institut zu Würzburg ausgeführt. Für den mir hier mit größter Bereitwilligkeit überlassenen Platz im Laboratorium, so- wie für die große Liebenswürdigkeit, mit welcher er mich während dieser Arbeit sowohl durch seinen werthvollen Rath, wie durch die Erlaubnis zur ausgedehnten Benutzung seiner Bibliothek in jeder Weise unterstützt hat, erlaube ich mir an dieser Stelle Sr. Excellenz Herrn Geheimrath von KÖLLIKER meinen ehrerbietigsten Dank auszu- sprechen. Eben so bin ich Herrn Professor STÖHR für seine meiner Arbeit zu großem Vortheil gereichenden Winke in hohem Maße verpflichtet. Herrn Prosektor Dr. BrAaus, der die ganze Zeit mich mit größter Freundlichkeit und Aufwendung selbstloser Mühe geleitet hat, kann ich nicht genug danken. I. Oberflächenepithel und Drüsen. A. Ösophagus. Historische Übersicht. Das Epithel der Osophagusschleimhaut zeigt bei Anser domesticus nach LeyviG (XVII, 1854) deutlich eine untere noch weiche, wenig verhornte und eine äußere stärker verhornte Schicht. Die Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 483 Schleimdrüsen sind nicht wie bei Säugern von traubenförmiger Gestalt, sondern haben die Form von runden Säcken und besitzen radiär gestellte Scheide- wände, so dass sie sich wie Schlauchdrüsen, die von einer gemeinsamen Hülle umgeben sind und in einen Punkt ausmünden, ausnehmen. In der Histologie von Leypıe (XVII, 1857) finden sich auch einzelne Be- merkungen über den Schlund der Vögel. Im Plattenepithel desselben findet er, dass die Zellen Fettpünktchen zum Inhalt haben, die namentlich im Kropfe (z. B. der Taube) sehr zahlreich werden. Die Schleimhaut zeigt sich sehr kon- stant mit Drüsen versehen. Bei Strix passerina sind sie. am Beginne des Schlundes äußerst zahlreich und stellen längliche Schläuche dar, beim Reiher (Ardea cinerea) sind sie kürzer, aber dieht an einander gedrängt, beim Auerhahn rücken sie ziemlich weit von einander weg, bei der Taube treten sie erst gegen den Kropf hin auf und sind hier von der Form einfacher oder mit Septenbildungen ausgestatteter Beutel. a Hasse (XII, 1865) untersuchte die Taube. Nach einer Schilderung der makroskopischen Anatomie des Ösophagus, zu welchem er auch, wie Huxtry, den Drüsenmagen rechnet (eine Auffassung, die er jedoch in seiner nächsten Arbeit als einen Irrthum bezeichnet), folgt die Beschreibung des mikroskopischen Baues. Von Drüsen ist in der Schleimhaut des Kropfes und im Ösophagus superior keine Spur vorhanden (entgegen LEYDIG’s früheren Angaben). Ösopha- gus inferior ist dagegen reich an Drüsen. Was diese betriift, so haben sie das Aussehen einer bauchigen Flasche mit langem, engem Halse. Der Ausführungs- gang ist lang und schmal, zeigt dasselbe pflasterförmige Epithel, wie die Schleim- haut. Das secernirende Organ zeichnet sich durch eine reiche Faltung aus. »Das Epithel der Drüsensubstanz ist ein pflasterförmiges. Es sitzt den Fal- tungen in einfacher Reihe unmittelbar auf und scheint in lebhafter Vermehrung begriffen, denn man sieht den Raum zwischen dem Epithel zweier Falten voll- kommen, ohne auch nur den geringsten Zwischenraum zwischen sich zu lassen, von polygonalen Zellen ausgefüllt< (p. 118). Der Kern scheint in den meisten Fällen der einen Wand anzuliegen. — Die Veränderungen des Kropfes während der Brutzeit werden so geschildert. Nach Grmm (XI, 1866) haben die Drüsen des Huhns eine mehr oder weniger birnförmige Gestalt und bestehen aus vielen ceylindrischen Schläuchen, welche, einer dicht neben dem anderen gelagert, den gerade zur Oberfläche aufsteigenden Ausführungsgang umgeben und in ihn einmünden. Die einzelnen Schläuche sind durchgehend von einem Cylinderepithel ausgekleidet und von einer strukturlosen Membran umhüllt, während die Ausführungsgänge eine Schicht abgeplatteter Zellen besitzen. Das Epithel der Schleimhaut ist ein geschichtetes Pflasterepithel. Im Kropfe fehlen die Drüsen. Der Ösophagus von Haliaetus albieilla (Fischadler) unterscheidet sich nur wenig von dem des Huhnes. Doch fehlen Kropf und Drüsen. KrEem (XVI, 1871) findet beim Huhn die Schleimhaut von einem geschich- teten Pflasterepithel bedeckt, die obersten Zellen tafelförmig, durch eine breite Zwischensubstanz von einander geschieden; die Zellen der mittleren Lagen sind polyedrisch, die der tiefsten Schicht rundlich. Die Drüsen sind Schläuche, die in der Mucosa sitzen, in ihrem Grunde zeigen sie fünf bis sieben und noch mehr halbkugelige Ausbuchtungen, so dass sie acinösen Drüsen ähnlich sehen. An gehärteten Präparaten trifft man die Cylinderzellen der Drüse gewöhnlich leer, nur der abgeplattete Kern ist zurückgeblieben. Im Kropfe ist das Epithel wie im Ösophagus, die Drüsen fehlen hier. 32* 484 | K. E. Schreiner, Nach REnAUT (XXVIII, 1879) sind die Ösophagusdrüsen der Raubvügel (Thurmfalke) einfache Beutel, deren Fundus glatt und von klaren, eylindrischen Zellen austapeziert ist. Bei den Enten ist die Epitheloberfläche der Drüsen durch Falten, die unvollständige Scheidewände bilden, vergrößert. Die nächste Arbeit, die sich mit dem Baue des Ösophagus beschäftigt, ist von PostmAa (XXVI, 1887) geliefert. Die von ihm untersuchten Vögel sind: Larus argentatus, Alcedo ispida, Cypselus apus, Nueifraga caryo- eataetes, Turdus merula und die Taube. Bei Larus und Alcedo sind die Drüsen einfach- tubulös, mit wenig verengtem Halse, bei Cypselus sehr zahlreich, tubulös, mit einem sehr engen, langen Halse. Bei Nueifraga sind zahlreiche Drüsen auf den unteren Theil des Ösophagus beschränkt, ihr Bau stimmt mit dem der bei der Taube vorkommenden überein. Bei Turdus findet man im ganzen Ösophagus kleine tubulöse Schleimdrüsen. Während man bei Larus über die ganze Wand des Ösophagus, sowohl am Anfang als am Ende desselben, Drüsen begegnet, kommen sie bei der Taube dagegen nur auf den Falten vor in dem Theile des Ösophagus, der zwischen Drüsenmagen und Aus- mündung des Kropfes liegt. Der Bau der Drüsen ist auch von dem derjenigen bei Larus verschieden. Hier sind dieselben lange oder ovale Drüsen, deren Lumen durch fünf bis acht Zwischenwände in Abtheilungen zerlegt wird. Die Drüsenzellen sind ceylindrisch, haben einen hellen Inhalt und einen runden oder ovalen Kern. Der Drüsenhals ist, wie die Oberfläche der Schleimhaut, mit Pflasterzellen ausgekleidet. In der Arbeit von Cazın (IV, 1887) über den Magen der Vögel findet man zwei Zeichnungen von dem unteren Theile des Ösophagus von Chelidon urbiea (Fig. 12 und 13) ohne Beschreibung. TEICHMANN (XXXI, 1889) bringt in einer Arbeit, deren Aufgabe haupt- sächlich eine physiologische war — die Wirkung des Kropfdrüsensekrets auf die Nahrung — auch einige anatomische Angaben über die Drüsen der Taube. Er findet dieselben nur in der Gegend, wo der Kropf in den unteren Theil der Speiseröhre übergeht, und hier nur in den Leisten koncentrirt, während die Strecke zwischen zwei Leisten drüsenfrei ist. Diese Leisten unterscheiden sich von den Falten des Kropfes und der Speiseröhre dadurch, dass sie beim Aus- dehnen des Gewebes nicht verstreichen. Wo die Leisten im unteren Theile der Speiseröhre enden, kommen die Drüsen überall in der Wand zerstreut vor, sind aber hier kleiner. Die Drüsen gehören zur Klasse der zusammengesetzt-schlauch- förmigen. Das Epithel ist ein einschichtiges, hocheylindrisches. Die Zellen- grenzen sind sehr deutlich, nur das obere, dem Lumen zugewandte Ende der Zellen erscheint nicht scharf abgegrenzt. Der Ausführungsgang liegt gleichsam in dem umliegenden Epithel eingegraben. In dem Ösophagus der Krähe und im Kropfe des Huhns meint der Verfasser dieselben Drüsenformen wie bei der Taube gefunden zu haben. RUBELI (XXIX, 1890) untersuchte Huhn und Taube. Die Drüsen des ersteren charakterisiren sich als niedrige Taschen mit engem, kurzem Halse und weitem Bauche, deren Wand mit kleinen, etwas schlankeren, sekundären Taschen dicht besetzt ist. In diesen ist in der Regel kein weiteres Lumen vorhanden, um so geräumiger ist der centrale gemeinsame Sammelraum. An derjenigen Seite des Drüsenkörpers, welche an das Oberflächenepithel heranreicht, fehlen die sekundären Taschen, die einfache Wand wird aber von richtigen sekre- torischen Zellen bekleidet. Der centrale Sammelraum setzt sich durch ein kurzes, Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 485 triehterförmiges Stück, in dem die sekretorischen Zellen allmählich niedriger, zuletzt kubisch werden, bis ungefähr in die Mitte des Oberflächenepithels fort; von hier an führt ein ziemlich gleich eng bleibender Gang bis zur Oberfläche. Dieses letzte Stück wird von geschichtetem Pflasterepithel ausgekleidet. Die eigentlichen Sekretionsepithelien sind eylindrisch, sehr lang und senmal, besitzen einen wandständigen Kern und zeigen mitunter sehr schön gebogene Fußfort- sätze, welche sich der Wand entlang erstrecken. In den Lumina der Neben- taschen und im Sammelraume zeigt sich eine Masse, die aus Zellen und Kernen besteht. Bei der Taube haben die Drüsen ganz denselben Bau wie beim Huhn, sind aber erheblich kleiner. Das Oberflächenepithel ist bei den beiden ein ge- schichtetes Pflasterepithel. Bei GADow (IX, 1891) finden sich nur einzelne histologische Angaben. Die innerste Schicht der Schlundwand, die »Mucosa<, besteht aus vielfach geschich- tetem Epithel. Ist die Speiseröhre weit und für die Aufnahme großer Beute, wie Fische, eingerichtet, so ist die Mucosa sehr dick. Die tiefer liegenden Epithelzellen sind rundlich und haben deutliche Kerne; die mehr oberflächlichen Lagen bestehen aus platten Pflasterzellen. In dieser Mucosa kommen zahlreiche, dicht neben einander liegende Drüsen vor; es sind sehr einfach gebaute Schleim- drüsen. Nach Vo@GT und Yun@G (XXXI, 1889—1894) besteht die innere Schleimhaut bei der Taube aus zahlreichen Schichten von Zellen, die am Grunde runde Kerne zeigen, welche sich leicht mit Karmin färben, während die Kerne der oberflächlichen, verhornten Zellen abgeplattet sind und auf den Farbstoff nicht reagiren. In der Schleimhaut finden sich Drüsen, die mit zahlreichen Öffnungen aus- münden. Die letzte und auch ausführlichste Arbeit ist von BARTHELS (I, 1895) geliefert. Seine Funde werden im ÄAnschlusse an die meinigen später genauer erwähnt. Aus seiner Zusammenfassung möchte ich Folgendes wiedergeben: Die Histo- logie des Ösophagus der Vögel bietet mannigfache Verschiedenheiten. Die Zellen der »Mucosa»In den nachfolgenden Untersuchungen wird an manchen Stellen von den »Randzellen< die Rede sein, aber sie sehen sehr verschieden aus von den Abbildungen, welche über sie bei anderen Drüsen gebracht wurden. Bei den Vögeln sind diese Randzellen durchweg sehr klein, ich hatte den Eindruck, als stünde ihre Größe in einem relativen Verhältnis zur Größe der secernirenden Zellen; leicht färbbar, wie HEIDENHAIN .angiebt, fand ich die Randzellen 488 | K. E. Schreiner, nicht, sie waren fast immer schwächer tingirt, als die Zellen ‘des ihnen aufliegenden Drüsenepithels« (p. 661—662). Die erste Frage, die sich hier dem Untersucher entgegenstellen muss, ist: Gehören diese Kerne wirklich Epithelzellen und nicht vielmehr dem umliegenden Bindegewebe an? Präparate, mit Häma- toxylin und nach v. GIEson gefärbt, zeigen ganz deutlich, dass diese Kerne innen von der Bindegewebshülle der Drüse liegen, sie sind auch gewöhnlich nicht so platt gedrückt wie die der letzteren. Schon das Studium der Präparate, die man sich von erwachsenen Thieren verschafft hat, lassen die Entstehung dieser Zellen ahnen; vollständige Sicherheit bringt jedoch erst das Studium der Entwick- lung der Drüsen. Betrachtet man die in Fig. 1 wiedergegebene Drüse, so kann man deutlich sehen, dass das Mucosaepithel wie mantelförmig den oberen Theil der Drüse umgiebt; dieser liegt im Epithel eingebettet; nach dem Boden der Drüse zu wird dieser Mantel immer dünner und ein Stückchen unter der Mitte derselben lässt er sich in den einzelnen Schnitten nur als diese, oft weit von einander entfernte Kerne nachweisen. Die verschiedenen Drüsen zeigen dies Verhältnis mit größerer oder geringerer Deutlichkeit. An einigen kann man den Mantel länger, an anderen kürzer verfolgen. Es las jetzt nahe, die einzelnen, an dem Boden der Drüsen in zweiter Schicht liegenden Kerne als Zellen von gleicher Natur und Ursprung wie die des Epithelmantels aufzufassen. Wie man später sehen wird, bestätigt das Studium der Entwicklung der Drüsen diese An- nahme. Irgend ein Grund, diese Zellen als Regenerations- oder als sekretleere Zellen des Drüsenepithels zu betrachten, liegt nicht vor. Die Drüsenzellen behalten in allen wesentlichen Punkten ihre Form während der verschiedenen Sekretionsstadien bei; nur ihre oberen hellen Theile nehmen an Höhe und Breite zu, wenn die Zellen mit Schleim gefüllt sind, und werden wieder schlanker, wenn dessen Menge abnimmt. Was BARTHELS’ Abbildung (Fig. 35) betrifft, so bemerke ich, dass er hier — wie überhaupt bei den Vögeln — nicht die Zellen des Ausführungsganges gesehen hat. Das Drüsenepithel endigt in seiner Zeichnung plötzlich unter der Mitte des Ausführungsganges, und dieser wird dann von den Oberflächenepithelzellen ausgekleidet. Ich gehe nun zu der Schilderung der Verhältnisse über, wie wir sie bei dem jungen Vogel finden, sobald er dem Ei entschlüpft ist. Die Ösophaguswand besteht hier (Fig. 4) aus denselben Schichten Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 489 wie bei dem erwachsenen Exemplar; dieselbe ist aber, wie man sich denken kann, viel dünner, die Falten weniger hervorspringend, und was sie besonders auszeichnet, man bemerkt im Oberflächenepithel zahlreiche, größere oder kleinere, eystenähnliche Hohlräume von ver- schiedener Form, einzelne rund, andere ellipsoid und wieder andere nach der Oberfläche zu stark erweitert und in der Tiefe in eine schmale Spitze ausgezogen. Alle diese Cystenbildungen stehen im Zusammenhange mit .der Entwicklung der Drüsen. Die ersten Drüsenanlagen werden von soliden Zellenknospen, die von der Basis des Oberflächenepithels ein kleines Stück in das unter- liegende Bindegewebe hinabdringen, gebildet. Im unteren Theile dieser Knospe bildet sich ein kleiner Hohlraum, indem die Zellen aus einander weichen (Fig. 5, links). In den etwas älteren Anlagen findet man nun, dass die sich gegen das Lumen wendenden Zellen, welche die centrale Schicht der Knospe bilden, sich mit Schleim- farben tingiren lassen, und das Lumen ist in solchen Knospen mehr oder weniger mit dem producirten Schleim gefüllt. Da noch kein Ausführungsgang zu Stande gekommen ist, durch welchen dieser Schleim sich entleeren kann, so wird dieser zwischen die oben liegen- den Zellen hinaufgepresst; diese werden von dem Sekret durchtränkt und quellen auf (Fig. 5a), werden aber, indem die Sekretmasse an Menge zunimmt, aus einander gesprengt und gegen das umliegende Epithel hin plattgedrückt. Es bilden sich auf diese Weise im Epithel Hohlräume oder Cysten, die mit einer schleimhaltigen Flüssigkeit angefüllt sind (Fig. 55). Das Oberflächenepithel wird vom Cysten- inhalt stark hervorgebaucht und platzt endlich wegen des Druckes. Die Kommunikation mit dem Ösophaguslumen ist in Folge dessen ein- getreten, und der Inhalt entleert sich. Der obere Theil der Cysten- wand wird jetzt zum Ausführungsgang, und die vom Cysteninhalt früher komprimirten Zellen scheinen sich rasch zu schleimhaltigen Zellen umzubilden. | Bei den eine Woche alten Exemplaren fand ich nur einzelne Cysten übrig. Die Drüsen haben hier (Fig. 7) in den wesentlichen Punkten denselben Bau wie bei den erwachsenen Thieren. Man kann deutlich einen Drüsenkörper und einen Ausführungsgang unterschei- den. Sie weichen jedoch von den Drüsen des erwachsenen Vogels darin ab, dass das Epithel des Fundus nicht streng einschichtig, an mehreren Stellen aber aus zwei Schichten zusammengesetzt ist, einer gegen das Lumen zugekehrten, aus kubischen oder eylindrischen 490 . SR, Schreiner, Zellen mit runden Kernen und schleimhaltigen Obertheilen bestehen- den, und einer unter dieser liegenden Schicht, deren Zellen Spindel- form haben. Die Grenzen dieser Zellen gegen die ihnen aufliegen- den sind an mehreren Stellen ganz deutlich zu erblicken. Ihre Kerne haben die Form eines liegenden Ovals und sind von gleicher Größe wie die der überliegenden Zellen. Das Protoplasma färbt sich nicht durch Schleimfarben, es ist dem der tiefliegenden Oberflächenepithel- zellen ganz ähnlich, zeigt auch dieselben Tinktionsverhältnisse wie diese. Der Zusammenhang zwischen diesen in zweiter Reihe liegen- den Zellen und dem Oberflächenepithel geht aus Fig. 7 auch deut- lich hervor. Sowohl in dieser Zellenschicht, als auch in der das Lumen um- sebenden, finden sich zahlreiche Mitosen, in den Zellen des Aus- führungsganges aber nicht. Während des weiteren Wachsthums der Drüse rücken nun die Zellen so aus einander, dass sich aus der mehrschichtigen Wand ein einschichtiges Drüsenepithel bildet. Wenn die Zellen nicht in allen Richtungen von einander zu weichen vermögen, es mag nun sein wegen des Widerstandes des umliegenden Bindegewebes oder wegen des Daseins eines überschüssigen Bildungsmaterials, werden die peripher liegenden Zellen zwischen dem Bindegewebe und den an das Lumen stoßenden Zellen gedrückt, so dass sie eine komprimirte Form erhalten. Als solche Zellen fasse ich die früher bei den er- wachsenen Thieren beschriebenen Basalzellen auf. Larus fuscus. Der Bau des Ösophagus stimmt ganz mit dem von Larus canus überein. Die Wand ist bei dieser größeren Art dicker und die Falten sind höher, das Öberflächenepithel besitzt aber ungefähr dieselbe Mächtigkeit, und Form und Zahl der Drüsen sind ganz wie bei jenem. Sterna arctica (Fig. 5-10). Zur Untersuchung hatte ich ein eirca eine Woche altes Exemplar. Das Oberflächenepithel hat durchschnittlich eine Dieke von 55 u. Die polygonalen oder rundlichen Zellen haben große, runde Kerne, die oberste Zellenschicht ist nur wenig abgeplatte. Zahl der Drü- sen dieselbe wie bei Larus. Form und Bau derselben sind jedoch bei diesem jungen Thiere etwas unregelmäßiger. Theils sind sie kolbenförmig mit einem kurzen, breiten Halse (Fig. 9), und theils — und dies ist oft der Fall — sind sie röhrenförmig (Fig. 8); ja der Hals kann sogar breiter werden als der Drüsenkörper selbst, so dass der Diameter der Drüse von der Oberfläche nach unten allmählich Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 491 an Größe abnimmt. Die Halszellen und die Funduszellen sind ziem- lich verschieden. Die letzteren sind meistens kubisch oder niedrig eylindrisch, haben eine Höhe von 5—7 u und eine Breite von 4—1 u. Ihre Kerne sind rund, nicht selten trifft man sie in Theilung be- griffen. Die Achse der achromatischen Spindelfisur fällt meistens mit der der Drüsenwand zusammen. Diese kubischen Zellen enthal- ten keinen oder nur wenig Schleim, in den eylindrischen Zellen ist die Schleimmenge etwas größer. Nach oben zu nehmen die Zellen rasch an Größe zu und werden gleichzeitig mit Schleim gefüllt, wodurch die Kerne zusammengedrückt werden. In dem Halse, der den Ausführungsgang bildet, haben die Zellen eine Größe, die bedeutend die der Funduszellen der Drüse übertrifft, eine ovale Form und erreichen oft eine Höhe von 11 u und eine Breite von 6—7 u. Das Lumen des Ausführungsganges ist im Verhältnis zu der Größe der Zellen ein enges (Fig. 10). Trifft der Schnitt nicht senau die Mitte des Halses, so ist aus diesem Grunde kein Lumen bemerkbar. Im untersten Theil des Ösophagus, wo, wie wir später sehen werden, die Drüsen erst ausgebildet werden, haben diese einen Bau, der mit dem des eine Woche alten Larus canus mehr überein- stimmt. Die Zellen im Drüsenkörper sind höher, enthalten mehr Schleim, die Halszellen dagegen kleiner, ihre Schleimmenge ist zu- gleich auch eine geringere. Der oben geschilderte Bau der Drüsen ist also als ein vorläufiger anzusehen, als durch eine Arbeitstheilung der Zellen zu Stande ge- kommen. Es wird nämlich von den Drüsen der jungen Thiere so- wohl verlangt, dass sie Schleim produeiren, als auch dass sie sich vergrößern sollen. Nun machen wir die Beobachtung, dass die Hals- zellen die Hauptmenge des Schleimes produeiren, während die Fun- duszellen, sich mehr indifferent verhaltend, durch ihre Theilung zu dem Wachsthum der Drüse beitragen. Auf diese scheinbare Über- einstimmung mit den Verhältnissen, die wir in den Darmkrypten an- treffen, komme ich später zurück. Wie bei den jungen Exemplaren von Larus, die in gleichem Alter waren, kommen auch hier einzelne Cysten im Oberflächen- epithel vor, die an die Entwicklung der Drüsen gebunden sind. BARTHELS findet zwischen Larus canus und Sterna hirundo den Unterschied, dass die Drüsen bei der letzteren wesentlich dichter stehen (p. 684). 492 K. E. Schreiner, Alcidae. Uria grylle. Mein Material von dieser Art bestand aus einem erwachsenen Thiere und einem im Alter von ca. drei Wochen. Der Bau des Ösophagus stimmt sehr mit dem bei Larus ge- schilderten überein und eben so mit dem von Haematopus ostri- legus, der weiter unten näher behandelt werden wird. Fig. 20, die von der letzteren Art stammt, hätte eben so gut von Uria ent- nommen sein können. Die Drüsen sind kolbenförmig und stehen so dicht an einander, dass ihre Seitenflächen sich beinahe berühren. Das Drüsenepithel ist hoch eylindrisch mit basalliegenden Kernen; die Zellen des Aus- führungsganges sind kubisch oder etwas breiter als hoch; ihre Natur stimmt ganz mit der bei Larus überein. Von Aleidae hat BartHeLs Alca torda und Uria lomvia untersucht. Er macht auch (p. 685) darauf aufmerksam, dass der Bau recht ähnlich dem bei Larus ist. Colymbo—Podicipidae. Colymbus arcticus. Die Drüsen haben hier dieselbe Form und denselben Bau wie bei Larus und Uria. Sie sind aber kleiner, als man sie bei Larus vorfindet. Fig. 1 und Fig. 11 sind z.B. mit derselben Vergrößerung gezeichnet. Auch das Oberflächenepithel ist von geringer Mächtigkeit im Verhältnisse zu der viel diekeren Wand. Die Angabe Ganow’s (p. 670), dass die Epithelschieht im Ösophagus der Vögel, die große Beuten, wie Fische, aufnehmen, sehr dick sei, ist, wie BARTHELS auch für Phalacrocorax und Sula nachgewiesen hat (p. 682), nicht stichhaltig. Das Oberflächenepithel besteht aus kleinen, runden oder polygonalen Zellen, die runde Kerne haben; selbst die obersten Zellenreihen sind kaum merkbar abgeplattet. Das Epithel sendet runde Verdiekungen in das unterliegende Bindegewebe hinein, ungefähr einer jeden derselben entspricht eine Drüse. Der Epithelmantel über den Drüsen lässt sich deutlich bis über die Hälfte des Drüsenkörpers verfolgen, und die Basalzellen sind gewöhnlich leicht zu finden. Colymbus septentrionalis zeigt eine, mit der der vorigen Art übereinstimmende Ösophagusbildung. Podiceps auritus. Das Erste, was in die Augen springt, wenn man Fig. 12 — ein Übersichtspräparat über die Ösophaguswand dieser Art — betrachtet, ist die sehr große Zahl der Drüsen. Das Ober- flächenepithel sieht an mehreren Stellen nur wie kleine Inseln zwi- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 493 schen den Ausführungsgängen der Drüsen aus, und diese, die Keulen- form haben, liegen so dicht neben einander, dass die Wände sich gegenseitig zu berühren scheinen. | Fig. 15 zeigt den Bau der einzelnen Drüsen. Wie man hier beobachten kann, haben diese nicht genau Keulenform; die Grenz- linie des Epithels gegen das Lumen ist aber oft gefaltet. Dies Ver- hältnis wird dadurch hervorgerufen, dass die Zellen von verschiedener Höhe sind — Gruppen von hohen Zellen alterniren mit aus niedrigeren Zellen bestehenden. Die sekretorische Oberfläche der Drüse wird hierdurch vergrößert. In einige Drüsen dringen auch dünne Binde- sewebsleisten von außen hinein, die eine noch TS Faltung des Lumens zur Folge haben. Die Drüsenzellen selbst sind hoch eylindrisch, ihre Kerne liegen dicht an der Basis, einige sind rund, andere zeigen eine mehr kom- primirte Form, je nach der Sekretmenge der Zellen. Nach dem Halse zu nehmen die Zellen an Höhe ab und werden breiter. Die einzelnen Drüsen werden in ihrer oberen Hälfte von einem sanz dünnen Epithelmantel aus dem Oberflächenepithel umgeben. Diesen Mantel kann man an Längsschnitten oft nur schwer sehen, an Querschnitten ist er aber deutlich sichtbar; die Drüsen sind auch durch eine dünne, aus Bindegewebe bestehende Scheidewand geschieden. Zwillingsdrüsen sind nicht selten; sie kommen dadurch zu Stande, dass zwei Drüsenanlagen nur einen gemeinsamen Ausführungssang bil- den; von der Basis steigt die unvollständige Scheidewand in der Mitte der großen Drüse empor. An der oberen Endigung dieser Scheide- wand geht das Epithel der zwei Drüsenhälften in einander über. Während die Drüsen bei dieser Art viel größer als die bei Colymbus sind, und das Oberflächenepithel auch eine bedeutendere Dicke erreicht, sind die Muskelschichten, wie wir später kennen lernen werden, viel dünner als bei jenem. Anatidae. Anas Penelope (Fig. 14 u. 15). Das Oberflächenepithel, das von großer Mächtigkeit ist, sendet zahlreiche runde Fortsätze in das Bindegewebe hinab. Während die tieferen Zellenreihen aus kleinen runden oder ovalen Zellen mit runden Kernen bestehen, sind die oberen Zellenschichten stark abgeplattet und ihre Kerne lang und platt. Die gegen das Ösophaguslumen gekehrte Epitheloberfläche ist stark höckerig. Die Drüsen sind sehr groß und reichen oft bis zu dem inneren Rand 494 | K. E. Schreiner, der Muscularis hinan. Der Drüsenkörper ist nach dem Halse zu Stark sebogen, so dass an den Querschnitten durch den Ösophagus oft der Drüsenhals längs getroffen und der Drüsenkörper, ohne Verbindung mit demselben, quer getroffen erscheint. Gegen das Oberflächenepithel werden die Drüsen schmäler. An Querschnitten zeigen die Drüsen- körper eine runde Gestalt, ihr Lumen wird durch zahlreiche Binde- sewebsleisten, die sich von außen einschieben, vielfach getheilt, so dass man sie mit einer Fruchtkapsel mit unvollständigen Scheide- wänden vergleichen könnte. “Einzelne dieser Leisten theilen sich auch Y-förmig. Diese Scheidewände, deren Bindegewebsnatur man leicht, auch ohne besondere Färbungsmethoden, erkennen kann, vergrößern die sekretorische Oberfläche der Drüsen in erheblicher Weise. Die Drüsenzellen sind hoch eylindrisch, gewöhnlich mit nach der Basis zu plattgedrückten Kernen versehen. Die Zellen, aus denen die Spitzen der Vorsprünge in das Lumen zusammengesetzt sind, sind gewöhnlich nicht so stark mit Schleim gefüllt wie die übrigen, indem die ihrer Stellung nach prismatischen Zellen einen basalen, protoplasmatischen und einen nach dem Lumen zu sich wendenden, mit Schleim gefüllten Theil unterscheiden lassen. Eine Beschränkung des Vorkommens der Mitosen auf die Spitzen dieser Leisten oder auf deren Basis konnte ich nicht feststellen. — Der Drüsenkörper verschmälert sich nach oben zu und geht in den Ausführungsgang über. Am Beginne desselben nehmen die Drüsen- zellen an Höhe und Schleimmenge ab, und das Epithel wird mehr- schichtig. Die peripheren Zellen sind denen der tieferen Zellen- schichten des Oberflächenepithels, mit welchen sie zusammenhängen, ganz Ähnlich. Ein kleines Stück weit kann man noch die Fortset- zung der Drüsenzellen als innere Auskleidung des Ausführungsganges verfolgen. In der Höhe ist jedoch dieser Unterschied zwischen den centralen und den peripheren Zellenschichten ganz verschwunden, und der Ausführungsgang zeigt sich nur als eine Aushöhlung im Oberflächenepithel, von Zellen, die den umliegenden Epithelien ganz gleich sind, austapeziert. Bei Anas crecca treten ähnliche Verhältnisse wie bei A. Pene- lope zu Tage. Der geringeren Größe dieser Art entsprechend finden wir hier die Epithelschieht wie die Muskelschichten dünner; auch die Drüsen sind kleiner, doch ganz wie bei der früheren Art gebaut. Das Verhältnis zwischen Drüsenkörper und Ausführungsgang ist auch dasselbe. Unter den so gebauten Drüsen kommen aber einige vor, die den Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 495 anderen an Größe nachstehen. Ihre Wand wird nicht überall von dem einschichtigen Drüsenepithel gebildet, man bemerkt aber, dass das mehrschichtige Epithel des Ausführungsganges sich auf der einen Seite weiter nach unten fortsetzt, oft bis nahe an das untere Ende der Drüse. Durch dies mehrschichtige Epithel wandern, wie später ausführlicher erwähnt werden soll, zahlreiche Leukocyten vom Binde- sewebe ins Lumen der Drüse hinaus. Anas boschas. Bei einem jungen (ca. drei Wochen alten) Thiere fand ich den Bau des Ösophagus mit dem für A. Penelope beschriebenen übereinstimmend. Zahlreiche Mitosen kamen im Drüsenepithel vor. Die Spindelachsen lagen nach allen Richtungen. Somateria mollissima (Fig. 16). Das Exemplar, das ich unter- suchte, war ca. drei Wochen alt. Das Oberflächenepithel hat, wie bei den übrigen Enten, eine be- deutende Mächtigkeit, und die obersten Zellen sind stark abgeplattet. Zwischen den Falten der Schleimhaut schiebt es sich mit seinen interpapillären Verdickungen so tief in das Bindegewebe hinein, dass oft nur eine. ganz schmale Zone zwischen der unteren Grenzlinie des Epithels und der Längsmuskelschicht übrig bleibt. Ich habe so an mehreren Stellen einen Abstand von nur 15 u zwischen denselben gefunden. In solchen Fällen kommen hier natürlich keine Drüsen vor. Wird der Abstand größer, so dass für solche Platz gelassen ist, so sind diese wegen der Raumbeschränkung klein und von platt- gedrückter Form. Sie liegen dann mit ihrer unteren Wand der Längsmuskelschicht dicht an, ein Verhältnis, das man übrigens auch bei den anderen Enten finden kann. Form und Bau der Drüsen sind denen bei A. boschas gleich, doch ist, wie Fig. 16 veranschaulicht, ein Unterschied vorhanden. Die Zellen des Ausführungsganges sind hier nicht, wie bei den früher behandelten Arten, denen des umliegenden Oberflächenepithels ganz gleich, aber kubisch mit runden Kernen und ihr Protoplasma nimmt nach Färbung mit DELAFIELD’s Hämatoxylin einen leicht bläulichen Ton an. In Fig. 16 ist der Ausführungsgang nicht in seiner ganzen Länge bis zu der Ausmündung an die Oberfläche getroffen; ich habe aber an anderen Schnitten konstatiren können, dass auch der letzte Theil einen ähnlichen Bau zeigt. Ob dieser deutliche Unterschied zwischen den Ausführungsgangszellen und den Deckepithelzellen auch bei dem erwachsenen Thiere zu beobachten ist, kann ich nicht sagen: Bei der jungen Anas boschas konnte, wie oben erwähnt, dieser Unterschied nicht festgestellt werden. | 496 KR. E. Schreiner, Mergus serrator. Von dieser Art wurden eine Woche alte und neugeborene Thiere sammt einem Embryo, ca. sieben Tage vor dem Ausschlüpfen, untersucht. Der letztere wird, da ich nur dies einzige Stadium besitze, hier mit den anderen zusammen erwähnt. Die Verhältnisse bei dem eine Woche alten und dem neugeborenen Vogel weichen nicht so aus einander, dass sie besondere Besprechungen nöthig machen. Das Oberflächenepithel (Fig. 33 u. 34) zeigt dieselbe Beschaffen- heit wie bei den übrigen Enten. Die Drüsen sind von runder Form, schon bei dem neugeborenen Thiere bieten sich dem Untersucher die in die Drüsen eindringenden Bindegewebsleisten gut entwickelt dar. Die Zellen des Ausführungsganges verhalten sich denen bei Soma- eria beschriebenen ähnlich. Auffallend ist, im Gegensatz zu den Verhältnissen bei den übrigen Enten, die geringe Zahl der Drüsen. Man kann oft Querschnitte durch die Ösophaguswand untersuchen, an denen nur zwei oder drei Drüsen zu sehen sind. Der Ösophagus des Embryo besitzt ein stark verzweigtes Lumen (Fig. 17), das von einem Epithel, aus vier bis sechs Zellen- reihen bestehend, ausgekleidet ist. Von diesen hat die tiefste Schicht die größten Zellen. Von dem Epithel senken sich Zellenknospen in das unterliegende Bindegewebe hinein, in diesem stößt man auch auf runde Zellenhäufchen ohne Zusammenhang mit dem Oberflächenepithel, in einigen derselben auf ein centrales Lumen. Verfolst man durch Serien diese einzelnen Epithelkugeln, so zeigen sie sich, wie man voraus erwarten konnte, durch einen Stiel mit dem Oberflächenepithel in Zusammenhang stehend. Diese Knospen sind die Drüsenanlagen. Sie finden sich besonders zwischen den Falten und in den Seiten- partien derselben; an den Spitzen habe ich aber keine gesehen. In dem untersten Theile des Ösophagus sind die Knospen größer, ihr centraler Hohlraum steht durch den hier eben so hohl gewordenen Stiel mit dem Ösophaguslumen in Verbindung. Von Enten hat BArTHELS die Hausente und ein als »Anas« bestimmtes Exemplar untersucht, die mit einander im Bau überein- stimmen. Er findet die »Mucosa« dick und aus vielen Zellenreihen zusammengesetzt. Nur die untersten Zellen sind rundlich. Die Drüsen haben vielfach die Form einer etwas abgeplatteten Kugel, durch zahlreiche Leisten wird ihr Lumen vielfach zertheilt. Die Drüsen sind ausgekleidet mit sehr feinen und hohen Cylinderepithelzellen, die kleine, ganz runde Kerne aufweisen. Der Ausführungsgang der en Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 497 ‚Drüsen >»ist ungewöhnlich weit«, bei bedeutender Länge (p. 681 bis 682). Limicolae. Haematopus ostrilegus (Fig. 20). Die Mucosa mit ihren Drü- sen hat bei diesem Wadvogel denselben Bau, wie oben für mehrere Schwimmvögel beschrieben wurde. Die Drüsen stehen dicht neben einander und zeigen gewöhnlich eine Kolbenform; ihre Seitenwände sind oft schwach abgeplattet. Das Epithel in dem Drüsenkörper ist hoch eylindrisch, gewöhnlich mit Schleim so gefüllt, dass der Kern dadurch stark abgeplattet wird. Wie bei Podiceps beschrieben, sieht man auch hier, dass die Zellen in derselben Drüse nicht überall von gleicher Höhe sind, so dass das Lumen eine sanft gefaltete Form erhält. Die Halszellen sind klare, kubische Zellen, wie sie uns früher bei Larus entgegengetreten sind. Der Epithelmantel über der oberen Hälfte des Drüsenkörpers ist deutlich ersichtlich. Die im oberen Theile des Ösophagus befindliche, kropfähnliche Erweiterung besitzt eine diekere Epithelschicht, die Drüsenkörper sind hier kleiner, der Abstand zwischen denselben ist oft etwas srößer, die Ausführungsgänge länger und deren Lumen feiner. Totanus calidris (Fig. 18 und 19). Der Bau des Ösophagus ist dem bei der vorigen Art ziemlich ähnlich. Die Drüsen sind kolbenförmig, das Epithel im Drüsenkörper eylindrisch, im Halse kubisch. Zwischen den Falten haben die Drüsen oft eine mehr in die Länge gestreckte Gestalt, und der Ausführungsgang ist hier, wo die Epitheischicht gewöhnlich dieker zu sein pflegt, auch länger. Während die tieferen Halszellen kubisch und mit Schleim gefüllt sind, findet man sie hier nach der Oberfläche zu niedriger, weniger Schleim enthaltend und den umliegenden Epithelzellen mehr gleichend. Das Oberflächenepithel, das nicht sehr dick ist, hat runde oder ovale Kerne und zeigt gegen das unterliegende Bindegewebe eine ziemlich gerade Grenzlinie ohne Papillen. Dagegen breitet sich das Epithel mantelförmig über die Drüsen aus. In Fig. 19 hat man eine Drüse (d) vor sich, deren Epithelmantel mit dem Oberflächenepithel durch einen dünnen, soliden Stiel verbunden ist. Dies Bild wird dadurch hervorgerufen, dass der Schnitt den Ausführungsgang selbst nicht traf und nur durch dessen Wand ging, ohne das Lumen zu berühren. Im linken Theile derselben Figur bemerkt man einer Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Ba. | 33 498 > K.E. Schreiner, solehen Epithelmantel über einer Drüse (e) ohne Verbindung mit dem Oberflächenepithel. Hier ist nämlich der Schnitt noch mehr von der Achse der Drüse entfernt gefallen. Charadrius apricarius (Fig. 21). Die Schleimhaut zeichnet sich durch ihren Drüsenreichthum aus. Diese liegen so dicht bei- sammen, dass sie nur durch eine dünne kapillarführende Bindegewebs- hülle von einander getrennt sind. Sie sind länger als bei den zwei zuletzt beschriebenen Arten und haben nicht Kolbenform, sondern sind entweder ganz schlauchförmig oder ihr Fundustheil ist etwas aufgetrieben, so dass sie in Keulenform erscheinen. In diesen Theil der Drüsen dringen oft auch einzelne kurze Bindegewebsleisten hinein. Die Grenze zwischen Drüsenkörper und Ausführungsgang ist nicht scharf, sie gehen allmählich in einander über. Die Drüsenzellen sind in dem Fundus eylindrisch oder kubisch — Gruppen der letzteren wechseln mit solchen der ersteren ab — sie haben eine Höhe von 8S—11,5 u und eine Breite von 5—8 u. Man trifft sie gewöhnlich mit Schleim ganz gefüllt und die Kerne plattgedrückt. Nach oben nehmen die Zellen zunächst etwas an Höhe zu, um wieder gegen den Ausführungsgang hin niedriger zu werden. Die Zellen im letzteren variiren indessen bedeutend der Größe nach in den verschiedenen Drüsen. In einigen von diesen erreichen sie in der Höhe der Mitte des Oberflächenepithels eine Größe von 5 u und eine Breite von 6 «, in anderen Drüsen dagegen 12,5 u Höhe und 7 u Breite und sind mit Schleim ganz gefüllt. Wo der Ausführungsgang an der Oberfläche mündet, nehmen die Zellen wieder an Höhe ab, wie das Verhältnis durch Fig. 13 bei Podiceps wiedergegeben ist. Das Oberflächenepithel ist von geringer Mächtigkeit. Da die Drüsen so dicht stehen, kommen keine interpapillären Leisten vor, dagegen kann man hier, wie bei Podiceps, einen ganz dünnen, die Oberhälfte der Drüsen umgebenden Epithelmantel wahrnehmen. Tringa maritima und minuta zeigen einen mit einander ganz übereinstimmenden Bau des Ösophagus. Die Schleimhaut ist stark sefaltet und weist auch sehr viele Drüsen auf. Diese haben an den Spitzen der Falten dieselbe Form wie bei Totanus. Zwischen den Falten stehen die Drüsen dichter, sind länger und von einer Gestalt, wie bei Charadrius beschrieben. Das Drüsenlumen hat oft eine unregelmäßige Eorm wegen der Bindegewebsleisten, die in die Drüsen eindringen. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 499 Das Oberflächenepithel ist auch hier von geringer Dicke und zeigt runde oder ovale Kerne. Von Limicolae hat BarrHueLs mehrere Arten untersucht. Unter diesen erwies sich Scolopax rusticola zur Untersuchung recht günstig, und die Mehrzahl der anderen weichen im Bau des Öso- phagus von dem bei Scolopax gefundenen wenig ab. Basalzellen hat BArTHELS hier in großer Zahl gefunden. Er sagt von diesen (p- 679) ganz treffend: »Wo die Randzellen in der Nähe des Drüsen- halses an die Mucosazellen (d. h. die Oberflächenepithelzeilen) stoßen, die hier sich eindrängen, da ist es an manchen Stellen nicht möglich, zu sagen, ob eine Zelle zur Mucosa, oder ob sie az zu den Rand- zellen zu rechnen ist.« Eigenthümlich ist es, dass BARTHELS bei seiner Beurtheilung der »Randzellen« und ihrer Natur (p. 661—662) keine Rücksicht auf diese sanz richtige Beobachtung nimmt. In seiner Fig. 28 (Scolopax) findet man wieder das plötzliche Aufhören des Drüsenepithels an der Stelle, wo der Ausführungsgang beginnt. Passeridae. Sturnus vulgaris (Fig. 29). Ösophagus hat acht bis neun hohe spitze Falten. Die Schleimhaut, besonders die Epithelschicht, ist sehr dick und sendet zahlreiche kegelförmige Verdickungen von ver- schiedener Länge in das Bindegewebe hinein. Die Epithelzellen der obersten Schichten sind rundlich-polygonal, die der mittleren Schichten langgestreckt, mit ihren Längsachsen nach dem Ösophaguslumen zu sich wendend, und die Zellen der basalen Schichten wieder rund oder oval. Zwischen den Epithelvorsprüngen liegen die Drüsen; diese sind in die Länge gezogen, von unregelmäßiger, ovaler Form, nach dem Oberflächenepithel zu sich verschmälernd. Das Lumen ist in Folge der verschiedenen Höhe der Drüsenzellen und des Eindringens von Bindegewebsleisten gefaltet. Zwischen den Drüsen und den Epithel- vorsprüngen steigt das Bindegewebe mit Gefäßen empor. Die Drüsenzellen zeigen eine wechselnde Form. Theils sind sie eylindrisch oder kubisch, ca. 10 u hoch, theils mehr prismatisch, bis 27 u hoch und mit einem stark zugespitzten Basaltheil versehen. Die Kerne liegen in diesem letzteren, der einen wechselnden Proto- plasmagehalt ‚zeigt, und sind rund oder mehr plattgedrückt. In den prismatischen Zellen erhalten sie- durch die Gestalt der Zellen bei 33° 500 SERIE Schreiner, der Zunahme der Sekretmenge derselben ein pfeilspitzähnliches Aussehen. | Nach dem Ausführungsgange zu werden die Zellen niedriger und sind von knieförmig gebogener Form, mit dem zugespitzten Basal- theil nach unten und dem oberen Theil dem Lumen zu sich wendend. Im weiteren Verlaufe werden die Zellen kubisch, mit platt- sedrückten Kernen, und in der Mitte des Ausführungsganges sind sie spindelförmig, mit langen, schmalen Kernen. Sie unterscheiden sich deutlich von den umliegenden Epithelzellen, die von ähnlicher Ge- stalt sind. An Präparaten, die mit Hämatoxylin und Kongoroth oder an- deren Protoplasmafarbstoffen gefärbt sind, bleiben die Zellen des Ausführungsganges, im Gegensatz zu denen des umliegenden Epithels, ungefärbt, sie färben sich dagegen, wie die Drüsenzellen, durch Schleimfarben und lösen sich, wie man auch bei anderen Vögeln be- merken kann, während der Präparirung leicht als eine zusammen- hängende Zellenreihe von dem umliegenden Epithel ab. Wo der Ausführungsgang, der oft einen leichten Bogen beschreibt, an der Oberfläche mündet, hat sich häufig dieser Unterschied zwischen seinen Zellen und den Deckepithelien verloren. Über Sturnus vulgaris sagt BARTHELS, dass der Bau des Öso- phagus viel Ähnlichkeit mit dem von Museicapa zeigt. Von dieser sagt er (p. 669): »Die Drüsen sind sehr zahlreich, an manchen Stellen berühren sie einander nahezu, sie sind schlauchförmig, der Fundus ist wenig erweitert, der Ausführgang bei manchen so weit, dass ein Unterschied in der Breite oben und unten kaum besteht.< Der Be- sinn des Ausführganges ist »durch das Aufhören des Drüsenepithels deutlich markirt<. Wie oben geschildert, fand ich den langen Aus- führgang eng und konnte überall das Drüsenepithel bis nahe an die Mündung verfolgen. Turdus pilaris und iliacus. Der Bau des Ösophagus dieser beiden stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem bei Sturnus überein. Die Falten der Schleimhaut sind hier nicht so hoch, die Mächtigkeit des Oberflächenepithels nicht so bedeutend. Die Zellen des letzteren sind polygonal und haben rundere Kerne als bei Stur- nus. Schon in den tiefen Schichten abgeplattet, wie BARTHELS p- 669) angiebt, finde ich sie nicht (vgl. Fig. 30). Die Form der Drüsen ist wie bei Sturnus, ihre Zellen sind eylindrisch und im Ausführungsgange auch hier lang und schmal; sie lassen sich bis zur Mündung an der Oberfläche verfolgen. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 501 BARTHELS bezeichnet auch hier den Ausführungsgang als »ganz kurz und weit«e. »Die Drüsenzellen dringen in den Hals ein und hören plötzlich auf.« Wie man sehen wird, kann ich ihm in keinen dieser Angaben beistimmen. Seime Fig. 10 macht auch einen ganz befremdenden Eindruck. Passer domesticus (Fig. 23—27). Das Oberflächenepithel der Schleimhaut sendet meistens kurze, nicht sehr zahlreiche, runde Ver- diekungen in das unterliegende Bindegewebe hinein. Ihre Zellen sind rundlich oder polygonal, mit ziemlich großen Kernen. Die Drüsen liegen dem Oberflächenepithel dicht an, in gruben- förmigen Vertiefungen desselben. Sie haben eine runde oder ovale Form. Bindegewebsleisten dringen oft in dieselben ein. Das Epithel ist eylindrisch, kubisch oder prismatisch, das Aussehen der einzelnen Zellen variirt nach dem Sekretionsstadium (vgl. Fig. 27). Der kurze Ausführungsgang ist mit niedrigen Zellen mit runden Kernen ausgekleidet, die sich durch ihr helles, schleimhaltiges Proto- plasma von den umliegenden Epithelzellen unterscheiden (Fig. 26). Der bei Passeridae inkonstant vorkommende Kropf, den man bei P. domesticus findet, zeigt sich, wie schon auch frühere Unter- sucher hervorgehoben haben, nur als eine spindelförmige Erweiterung des Ösophagus, und seine Wand weicht nicht von dem sonstigen Baue desselben ab. Hirundo rustica (Fig. 28). Die Schleimhaut ist reicher an Drüsen als bei Passer. Sie haben eine ovale Form, doch oft mit einem ziemlich gefalteten Lumen. Das Drüsenepithel ist eylindrisch; bei dem Exemplare, das ich untersuchte, waren die Zellen mit Schleim stark gefüllt und mit basal liegenden, platten Kernen versehen. Die Zellen des Ausführungsganges, wie die des Oberflächenepithels stimmen mit den bei Passer geschilderten Verhältnissen überein. Coraciidae. Der Bau des Ösophagus stimmt bei Corvus cornix (Fig. 22 u. 23) und Pica caudata (Fig. 24) ganz überein. Das Oberflächenepithel dringt in recht zahlreichen, theils ganz schmalen, kegelförmigen, theils mehr halbkugelförmigen Verdickungen in das unterliegende Bindegewebe hinein. Die Mächtigkeit der Epithelschicht ist eine größere zwischen den Falten als an der Höhe derselben. Die Zellengrenzen sind deutlich, die oberen Schichten abgeplattet. | Die Drüsen, die dicht an der unteren Grenze des Oberflächen- 502 um Schreiner, epithels liegen, sind von ziemlich verschiedener Form; einige sind lang, ‚schlauchförmig, andere mehr oval oder rundlich, und wieder andere zeigen eine unregelmäßige Gestalt in Folge der Bindegewebs- leisten, die theils kurz und breit, theils feiner und länger in die Drüsen eindringen. Das Drüsenepithel ist eylindrisch, die Kerne basal liegend. Bei dem Exemplare von Pica caudata ließen sich die verschiedenen Sekretionsstadien der Zellen sehr deutlich verfolgen, da der obere klare Theil der Zellen sich scharf gegen den unteren protoplasma- tischen abhob (Fig. 24). Der obere schleimgefüllte Theil ist breiter als der protoplasmatische, die Grenze gegen das Lumen zu, wie ge- wöhnlich, scharf gezeichnet; es zeigen sich von der Oberfläche aus- sehend oft feine Schleimfäden, die sich durch das Lumen spinnen. Dem Ausführungsgange zu werden die Zellen niedriger und breiter, gewöhnlich kann man die Fortsetzung der Drüsenzellen bis zur Schleimhautoberfläche als eine Reihe von kleinen, kubischen Zellen, die sich von den umliegenden durch ihren hellen schleimhaltigen Obertheil abheben, verfolgen. Sie lösen sich auch, wie bei Stur- nus beschrieben, leicht während der Präparation als eine zu- sammenhängende Zellenschicht von dem umliegenden Deckepithel ab (Fig. 23). Einige Drüsen bieten jedoch ein anderes Bild dar, indem der er- wähnte Unterschied sich schon in der Mitte des Ausführungsganges verliert, und die Zellen in der oberen Hälfte desselben nicht merkbar von den umliegenden im Aussehen abweichen. Dass dies Verhältnis nicht einfach darauf beruht, dass das Epithel des Ausführungsganges während der Präparation verloren gegangen ist, habe ich mich durch den allmählichen Übergang der Zellenformen in einander, den man da wahrnimmt, überzeugt. Das Verhältnis ist also ein ganz anderes, als das BArRTHELS bei vielen Vögeln beschreibt, wo er findet, dass die Drüsenzellen im Anfangstheile des Halses ganz plötzlich auf- hören (vgl. seine-Figg. 2, 10, 12, 13, 16, 18, 28 35} Die Drüsen bei Corvus cornix schildert BARTHELS (p. 670) als flaschenförmig. Der Ausführungsgang, den ich immer ziemlich kurz gefunden habe, hat in seiner Fig. 16 eine ungefähr doppelte Länge als der größte Durchmesser des Drüsenkörpers, und ist in seinem ganzen Verlauf von einem Epithel ausgekleidet, das nicht vom umliegenden zu unterscheiden ist. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 503 Gallidae. Gallus domesticus. Der Ösophagus vom Haushuhn ist schon früher von mehreren Autoren untersucht und abgebildet worden, und ich habe nur wenig ihren Ausführungen hinzuzufügen. Den ganzen Ösophagus hindurch begegnet man ziemlich hohen Längsfalten. Im Kropfe kann man diese nur auf der Rückseite ver- folgen, während die eigentliche Kropftasche von mehr niedrigen, un- regelmäßig verlaufenden Falten durchzogen ist. Das Oberflächenepithel ist von bedeutender Dicke und sendet zahlreiche, rundliche Verdiekungen in das Bindegewebe hinein. Von den größeren derselben gehen auch mehrere kleinere aus, mit an- deren Worten, das unterliegende Bindegewebe bildet Papillen, die wieder Sekundärpapillen tragen. Die Zellen sind von polygonaler Form mit hervortretender Intercellularsubstanz und in den oberen Schichten stark abgeplattet. Die Drüsen, die dem Öberflächenepithel dicht anliegen, und über welchen man auf grubenförmige Aushöhlungen in dem Ober- flächenepithel trifft, sind ziemlich groß, von runder Form. Das Oberflächenepithel schiebt einen dünnen, kurzen Mantel über den unteren Theil des Drüsenhalses vor. Zwischen diesem Mantel und der untersten Schicht des Deckepithels dringt in die erwähnten Gruben das Bindegewebe mit seinen Kapillaren ein. Das Lumen der Drüse ist nur klein wegen der zahlreichen Bindegewebsleisten, die sich radial in diese hineindrängen und die sekretorische Ober- fläche derselben mehrfach vergrößern. Dem Ausführungsgange zu werden diese Leisten kürzer und das Lumen der Drüse nimmt an Größe zu. Die Drüsenzellen sind eylindrisch und mit Schleim stark gefüllt, die abgeplatteten Kerne liegen basal. Gegen den Hals zu werden die Zellen niedriger, mehr kubisch, um endlich nach der Oberfläche zu breiter als hoch zu werden. Sie färben sich mit Schleimfarben durch den ganzen Ausführungsgang, im Gegensatz zu dem umliegen- den Epithel, welches von diesen unbeeinflusst bleibt. Im Kropfe treten, wie BARTHELS schon beschreibt, die Drüsen nur auf der Rückseite auf, in der die Längsfalten sich fortsetzen; der Wand des übrigen Kropfes fehlen die Drüsen ganz oder kommen nur sehr vereinzelt hier vor. Lagopus subalpinus (Fig. 31 u. 32). Von dieser Art habe ich ein kaum eine Woche altes Exemplar untersucht. 504 K. E. Schreiner, Der Bau der Ösophaguswand stimmt ziemlich mit dem bei Gal- lus domesticus geschilderten überein. Das Oberflächenepithel ist von bedeutender Mächtigkeit. Die tiefliegenden Zellen sind rund oder oval, die höher gelegenen poly- sonal, in die Länge gezogen. Sie haben große, runde oder ovale Kerne, in welchen man gewöhnlich deutlich ein Kernkörperchen . wahrnehmen kann. Ihr Protoplasma enthält kleine Keratohyalın- körner, ganz wie es auch vom Ösophagus des Menschen beschrieben ist (SCLAVUNOS). Diese kommen jedoch nicht nur in den ober- flächlichen, sondern auch in den tieferliesenden Zellen vor. Die Zellen werden durch eine deutliche Kittsubstanz mit einander ver- bunden. Die Drüsen sind bei diesem jungen Vogel kolbenförmig, der Drüsenkörper hat runde Gestalt und liegt mit seinem Fundustheil der inneren Längsmuskelschicht dicht an. Dem Drüsenkörper schließt sich ein ziemlich langer Hals an, der entweder wie in Fig. 52 ganz im Oberflächenepithel eingebettet liegt oder in seinem unteren Theile nur von einem schmalen, von dem übrigen Epithel durch eine dünne Bindegewebsschicht getrennten Mantel umgeben ist. Die Drüsenzellen sind eylindrisch mit basalen Kernen, die am häufigsten rund, in einzelnen Zellen mehr abgeplattet sind. Gewöhn- lich lässt sich in den Zellen ein gegen das Lumen zu gekehrter, heller, mit Schleim gefüllter und ein basaler, protoplasmatischer Theil unterscheiden. Beide Theile gehen jedoch ohne eine scharfe Grenze in einander über. Häufig treten in Theilung begriffene Zellen auf. Nach dem Ausführungsgange zu nehmen die Drüsenzellen an Höhe ab und gehen allmählich in dessen Zellen über; diese sind im unteren Theile lang und schmal, mit ovalen Kernen. Die Längs- achse der Zellen liegt senkrecht zu der Oberfläche der Schleimhaut. Im oberen Theile des engen Ausführungsganges sind sie klein, ku- bisch, mit runden Kernen. Ihr Protoplasma, das feingranulirt ist, färbt sich durch gewöhnliche Protoplasmafarbstoffe wie die um- liegenden, in der Regel größeren Deckepithelien; durch Schleim- farbstoffe wird ihr gegen das Lumen sich wendender Theil schwach gefärbt. In dem Kropfe dieses jungen Vogels fand ich überall Drüsen, doch weniger entwickelt, sie waren klein, ihre Zellen kubisch mit runden Kernen und wenig schleimhaltig. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 505 Die Osophagusdrüsen, ihre verschiedenen Formen, deren Zusammenhang. Phylogenie der Drüsen. Wenn man Fig. 1 — ein Schnitt durch eine Drüse von Larus eanus — mit Fig. 14 oder 16 — Schnitte durch Drüsen von zwei Enten — vergleicht, fällt Einem ein ziemlich bedeutender Unterschied auf. Die erste Drüse ist klein, reicht nur ein kurzes Stück in das Bindegewebe hinein, ihr oberes Drittel liegt im Oberflächenepithel eingelagert. Der Drüsenkörper stellt eine einfache Blase dar, von eylindrischen Zellen ausgekleidet. Nach oben setzt er sich in einen Hals fort, der bis zur Ausmündung an die Oberfläche von mehr ku- bischen, schleimhaltigen Zellen, die sich von dem umgebenden Epithel scharf abgrenzen, austapeziert ist. Bei den Enten sind die Drüsen lange nicht so zahlreich, sind aber viel größer und strecken sich oft mit ihren unteren Enden bis ganz nahe an die Muscularis heran. Die oberen Theile liegen nicht im Oberflächenepithel eingebettet, wie die erst erwähnten. Die Wand des Drüsenkörpers ist nicht glatt, sondern mit zahlreichen Leisten versehen, wodurch die Höhle der Drüse in mehrere Seitentaschen getheilt wird. Vom Drüsenkörper aus führt ein langer Ausführungs- gang nach der Oberfläche der dicken Epithelschicht hin. Dieser Gang ist mit Zellen, die sich kaum merkbar oder gar nicht von dem umliegenden Deckepithel abheben und die keinen Schleim produeiren, ausgefüttert. Die Frage wird nun sein, ob man die mehr komplieirten Drüsen der Enten von den einfacheren Formen, die wir bei Larus treffen, ableiten kann. | Sieht man meine Figuren durch, so wird man zur Überzeugung selangen, dass eine solche Ableitung.ohne Schwierigkeiten sich nach- weisen lässt. Gehen wir von Larus zu Totanus, so stellen sich des letz- teren Drüsen mit denen von Larus in den wesentlichen Punkten über- einstimmend dar. Sie sind jedoch etwas größer, stehen nicht so dieht und die Halszellen sind etwas kleiner. Fassen wir die Verhältnisse bei Corvus und Pica ins Auge, so zeigt sich hier die Zahl der Drüsen kleiner als bei Larus und To- tanus, dieselben sind aber beträchtlich ausgedehnter, die sekreto- rische Oberfläche wird oft von kurzen Bindegewebsleisten, die sich in die Drüsen hineinschieben, vergrößert. Die Halszellen sind hier 506 ern Sehens klein, kubisch, enthalten nur wenig Schleim, und weisen nie, wie bei Larus, von Schleim plattgedrückte Kerne auf. Bei Turdus pilaris und iliacus trifft man die Zahl der Drüsen noch kleiner als bei Corvus. Die Wand der einzelnen Drüsen, die von bedeutender Größe sind, ist wie bei Corvus oft sefaltet. Der lange Ausführungsgang ist mit flachen oder spindel- förmigen Zellen ausgekleidet, deren Protoplasma aber auch hier von dem der umliegenden Zellen verschieden ist. Bei Sturnus vulgaris ist Form und Zahl der Drüsen im Wesent- lichen wie bei Turdus. Die Zellen des Ausführungsganges, der hier ‘eine größere Länge besitzt, sind mehr abgeplattet, und im obersten Theile desselben ist der Unterschied zwischen seinen Zellen und den Deckepithelzellen ganz aufgehoben. Kommen wir dann endlich zu den Enten, so treten uns die Drüsen noch größer entgegen, ihre Wände zeigen sich viel mehr gefaltet, und der Unterschied zwischen den Zellen des Ausführungsganges und denen des Deckepithels ist in der ganzen Länge desselben so gut wie verschwunden. Dureh die nebenstehenden schematischen Textfiguren habe ich den Zusammenhang zwischen einigen verschiedenen Drüsentypen Dextiie 1. Textfig. 2. Larus. Passer. klarzulegen versucht. Sie zeigen auf der einen Seite (1—3) die Ent- wicklung zu Formen, wie sie sich beim Huhn finden und auf der anderen Seite (1, 4—5) zu solchen, wie sie bei den Enten zu Tage treten. Die kleinen Drüsen, die wir bei Larus finden, produeiren na- türlich viel weniger Schleim als die großen bei Anas, aus diesem Grunde treten sie aber bei dem ersteren in viel größerer Anzahl auf, und wir sehen dort, dass alle Zellen der Drüse, sowohl die des _ Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 507 Drüsenkörpers, wie die des Halses, das Vermögen besitzen, Schleim abzusondern. Ja, wir haben z. B. bei Sterna beobachtet, dass die DETEIIFILTITIEEICHTRI Er3222. nn. BIZInSE A .e. - ] .. Textfig. 4 Turdus. 2 J EH nn © I Er SSSS SAY WZLLN Textfig. 5. Anas. Sekretion unter gewissen Bedingungen hauptsächlich von Zellen des Ausführungsganges besorgt wird. den 508 | K. E. Schreiner, Diese Übersicht zeigt uns nun, wie die. Drüsen an Zahl ab, an Größe aber zunehmend, sich von der Oberfläche entfernt und in das unterliegende Bindegewebe eingesenkt haben, und wie die Zellen des Ausführungsganges hierdurch ihr sekretorisches Vermögen verloren haben. Diese Umwandlung der Zellen des letzteren ist mit einer Ver- diekung des Oberflächenepithels Hand in Hand gegangen, so dass bei den Arten, bei welchen das Oberflächenepithel am dicksten ist, auch die Zellen des Ausführungsganges am meisten verändert worden sind. Den früheren Angaben über die Natur der Halszellen füge ich folgende Maße hinzu: | = ı Länge der Drüse - Zahl der Drüsen | er des von der an Be | in einer Wand- Drüsenkörpers | der Schleimhaut Snihhale | strecke von p | bis zum Fundus p | 1,07 mm Larus canıs | 0,075 mm | 0,182 mm 0.096 15 Turdus pilaris | 0,118 >» | 0,9217 % 0,172 10 AnasPenelope | 0320222 12.5.0492 2 | 0,353 | 5 Was die Zahl der Drüsen betrifft, so stimmen meine Resultate mit denen der früheren Untersucher überein. Wo dieselbe nicht schon in den oberen Theilen des Ösophagus ganz dicht stehen, da nimmt ihre Zahl, wie gewöhnlich auch ihre Größe, gegen den Drüsenmagen hin zu. Mit Recht hebt Oppeu (XXI, p. 91) diesen Unterschied gegenüber dem Verhältnis bei den Säugern hervor, bei welchen man die größte Zahl der Drüsen meistens in dem oberen Theile des Ösophagus findet. Es zeigt sich auch durch die Untersuchung von neugeborenen Thieren und Embryonen, dass die Drüsen in dieser unteren Partie des Ösophagus erst ihre volle Entwicklung erreichen. Fügen wir noch die Thatsache hinzu, dass die Drüsen bei einigen Vögeln (Psit- tacidae, Tauben) nur auf diese Region beschränkt sind, dann scheinen mir alle diese Verhältnisse für die Auffassung zu sprechen, dass die Drü- sen bei den Vorfahren der Vögel an dieser Stelle erst aufgetreten sind. Bezüglich der Zahl und Größe der Drüsen bei nahe verwandten Arten sind uns ziemlich große Variationen begegnet. Als ein Beispiel kann man die Verhältnisse bei Colymbus und Podiceps erwähnen. Bei dem ersteren sehen wir kleine, kolbenförmige Drüsen, bei dem letzteren dichtstehende, größere keulenförmige, deren sekretorische Oberfläche oft durch Bindegewebsleisten vergrößert wird — ein Unter- schied, der wahrscheinlich mit der verschiedenen Lebensweise dieser beiden Arten in Zusammenhang zu bringen ist, da Colymbus aus- schließlich Fischfresser, 'Podiceps dagegen hauptsächlich Insectivor Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 509 ist. Ein ähnliches Verhältnis findet sich unter den Enten zwischen Mergus und den übrigen Arten. Bei dem ersteren — auch einem Fischfresser — ist die Zahl der Drüsen ganz auffallend kleiner als bei den granivoren Enten. In der Beschreibung der Drüsen bei den verschiedenen Vögeln habe ich die Bezeiehnungen »tubulös« und »acinös« oder »alveolär« nicht benutzt, dadurch bewogen, dass bei einer großen Zahl von Arten die Form der Drüsen so variirt, dass sie an. einigen Stellen typisch alveolär, an anderen dagegen, wo sie dicht an einander stehen, ganz schlauchförmig sind; zwischen diesen Grenzen sind alle Übergänge vorhanden. Man sieht auch in der Litteratur, dass ein - Verfasser die Drüsen als »schlauchförmig« benennt (TEICHMANN, XXXL, p- 239), während ein_anderer (BARTHELS, I, p. 699) diese Angabe »als eine sonderbare und unrichtige Bezeichnung« tadelt, und her- vorhebt, dass »die Drüsen im Ösophagus der Vögel ausschließlich acinös sind«. Wenn man diese Bezeichnungen benutzen wollte, müsste man die meisten als tubulo-alveolär charakterisiren, was doch sehr wenig besagen würde. Ich kann nur HEIDENHAIN darin beistimmen, dass es von keiner großen Wichtigkeit ist, ob eine Reihe Drüsen schlauch-, keulen- oder kolbenförmig sei, wenn nur ihr sekretorisches Epithel ' dasselbe bleibt. Die Ösophagusdrüsen bei den Vögeln sind Schleimdrüsen, darin stimmen alle Autoren überein, und die Zellen zeigen alle die ge- wöhnlichen Eigenschaften der Schleimzellen. Man kann in, mit Schleim nur mittelmäßig gefüllten Zellen einen basalen, protoplasmatischen Theil unterscheiden, in welchem sich der Kern befindet, und einen gegen das Lumen zu gekehrten, hellen, mit Schleim gefüllten Theil, in welchem man das Protoplasma nur als ein feines Wabenwerk bemerkt. Die Grenze des letzteren Theiles gesen das Lumen zu trifft man immer scharf an, sie ist aber nicht von einer wahrnehmbaren, zusammenhängenden Membran oder Theca bedeckt. Das Größenverhältnis zwischen den zwei Theilen der Zelle wechselt nach dem Sekretionsstadium in der Weise, dass der proto- plasmatische Theil, wenn die Zelle mit Schleim gefüllt ist, bis zu einem Minimum um den gegen die Basis plattgedrückten Kern ein- geschränkt ist. Die Grenze zwischen den beiden Theilen zeigte sich . mir bei einigen Arten auffallend ausgeprägt (vgl. Fig. 24), so dass das Bild an Magenzellen erinnerte. 510 | K. E. Schreiner, An der Basis des einschichtigen Drüsenepithels treten bei mehreren Arten — ihr Vorkommen bei Anatidae und Gallidae habe ich nicht feststellen können — plattgedrückte Zellen auf, die Basal- zellen. Diese bilden, wie ich oben bei Larus ausführlich geschil- dert habe, die Fortsetzung desjenigen Epithelmantels, der sich vom Oberflächenepithel mehrere Zellenschichten dick um den obersten Theil der Drüse ausbreitet. Diese Zellen haben denselben Ursprung wie die Drüsenzellen und gehören der peripheren Schicht der für die Drüsenanlage be- stimmten Epithelknospe an, die vom Oberflächenepithel sich in das Bindegewebe hineinsenkt. Ich habe sie mit dem ganz indifferenten Namen »Basalzellen« bezeichnet; der Name »Randzellen«, den ihnen BARTHELS gegeben hat, leitet den Gedanken auf die bei Säugern so bezeichneten, speci- fischen, von den Schleimzellen verschiedenen Drüsenzellen hin. Man sieht, wie früher erwähnt, dass die Gedanken BARTHELS’ auch diese Richtung genommen haben. Ob diese Zellen vielleicht in dieselbe Klasse wie die bei den Säugethieren vorkommenden Korbzellen zu verlegen wären, ist eine andere Frage. Was die Verhältnisse dieser Basalzellen weiter betrifft, werde ich hier noch einen Specialfund anführen. Von den drei Exemplaren von Podiceps auritus, die ich zur Untersuchung hatte, konnte das eine erst zwei Stunden, nachdem es geschossen war, konservirt wer- den. An den Schnittpräparaten zeigte sich hier, dass das sekretorische Epithel sich als eine zusammenhängende Schicht sowohl im Halse als auch im Drüsenkörper losgelöst hatte. Ich fand nun, dass die mit dem ÖOberflächenepithel in deutlich sichtbarem Zusammenhang stehende Basalzellenschicht den Drüsenzellen bei ihrer Loslösung nicht gefolgt, der ursprünglichen Form der Drüse aber entsprechend, als eine einfache Schicht platter Zellen mit dem umgebenden Binde- gsewebe in Verbindung geblieben war. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen dieser Schicht waren nicht zu sehen. Die deutlichen ovalen Kerne der Basalzellen, die größer als die des umliegenden Bindegewebes waren, ragten in die zwischen dieser und der losge- lösten Cylinderzellenschicht gebildete Spalte bauchig hinein, und diesen vorspringenden Kernen entsprachen Einbuchtungen zwischen den Basaltheilen der Drüsenzellen. Dass diese Basalzellen hier eine zusammenhängende epi- theliale Hülle um die Drüse, außerhalb der Sekretzellen bil- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 511 deten, konnte an diesen Präparaten deutlicher als bei allen anderen von mir untersuchteu Vögeln beobachtet werden. Die Regeneration des Drüsenepithels geht überall im Drü- senkörper vor sich. Bei allen Arten, die mir bei den vorliegenden Untersuchungen zur Verfügung standen, habe ich ohne Schwierigkeit Mitosen im Epithel finden können. In größerer Menge kommen sie jedoch nur bei den jungen Thieren vor. Die in Theilung begriffenen Zellen nehmen eine runde Form an, der centrale Theil bekommt ein stark lichtbreehendes Aussehen und färbt sich nicht durch Schleim- farben, während der periphere sich durch solche färben lässt. Die Achse der achromatischen Spindel trifft man nach allen Richtungen liegend, ohne dass sie eine bestimmte Beziehung zu der Epithelschicht als Ganzes hat. Wie schon früher hervorgehoben, stehen bei den erwachsenen Thieren die Basalzellen in keiner Verbindung mit der Neubildung der Drüsenzellen. Die Verhältnisse bei den Vögeln stimmen, wie man bemerken wird, ziemlich mit den von BIZOZZERO und VassaLE! bei den Säuge- thieren geschilderten Regenerationsverhältnissen überein. Von den früheren Untersuchern beschäftigt sich nur RuBELI mit der Frage: Sekretion und Regeneration in den Ösophagusdrüsen bei den Vögeln. Er sagt hierüber (XXIX, p. 55): »Ich habe beim Studium meiner Präparate genügend Gelegenheit gehabt, mit Bezug auf die Sekretion Folgendes feststellen zu können: Die Sekretion kann nach zwei verschiedenen Modi vor sich gehen, entweder in der Weise, dass sich ganze Sekretionszellen aus dem epithelialen Verband loslösen und sich dem Sekret beimischen (Schwein, Schaf, Huhn und Taube), oder so, dass nur ein Theil des Zellprotoplasmas (Muein) ausgestoßen wird, nachdem an der freien Seite der Zelle die periphere Rindenschicht geschwunden resp. abge- sprengt ist (Pferd, Hund und Katze). Der erste Modus entspricht der HEIDENHAIN’schen Ansicht. In diesem Fall müssen verschiedene Möglichkeiten aus einander gehalten werden. Ent- weder grenzt die Zelle, die abgestoßen werden soll, unmittelbar an die Mem- brana propria und hat auch neben sich nur annähernd gleichartige Zellen; dann entsteht nach Abstoßung derselben ein Defekt, der nur von den Seiten her durch Nachdrängen der Nachbarzellen, in letzter Linie durch Verbreiterung der- selben oder durch Zelltheilung nach Ebenen, die zur Unterlage senkrecht stehen, zugedeckt werden kann. Oder am Fuß der sich ablösenden Sekretionszelle haben sich jugendliche Ersatzzellen, eventuell durch vorangegangene Theilung jener Drüsenzelle selbst, gebildet. Mag nun ‚der eine oder andere Modus der i Über die Erzeugung und physiologische Regeneration der Drüsenzellen bei den Säugethieren. VIrcHow’s Archiv für pathologische Anatomie. Bd. CX 1887. . 512 SER .NE. Schreiner, Regeneration in Frage kommen, so wird man doch zu gewissen Zeiten in sol- chen Drüsen einen größeren Reichthum von Kerntheilungsfiguren erwarten dürfen. Der Umstand, dass mir solche Bilder nicht aufgestoßen sind, ist je- doch, wie mir scheint, nicht beweiskräftig genug, um in denjenigen Fällen, in welchen sich das Sekret mit einer Menge von abgesprengten kernhaltigen Sekretionszellen durchsetzt fand, die Annahme fallen zu lassen, nach welcher die Sekretion hier in Abstoßung ganzer Zellen besteht. Ich fand ein solches Verhalten beim Schwein, Schaf, Huhn und bei der Taube, nachträglich auch beim Pferd.< Dasselbe Bild, in welchem das ganze Lumen der Drüse mit ab- gestoßenen Epithelzellen ausgefüllt ist, wie RUBELI beschreibt, auf welche Beobachtung sich stützend er seinen ersten Sekretionsmodus »feststellt«, tritt bei Vögeln wie bei Säugethieren nur, wenn das Mate- rial längere Zeit nach dem Eintreten des Todes fixirt wird, zu Tage, sonst nicht. Wir haben also die RugEur’schen Ersatzzellen, von denen er auch selbst keine Spur gesehen hat, nicht nöthig. Die Entleerung des Sekrets scheint ganz allmählich vor sich zu gehen. Eine Ausstoßung der Zellen oder ein Platzen der- selben habe ich nie bemerkt. Jede Zelle grenzt an das Lumen, und aus diesem Angrenzungstheile scheint der Schleim herauszufließen, während im Basaltheile immer neuer Schleim gebildet wird. Das verschiedene Verhältnis zwischen der Schnelligkeit der Entleerung und Neubildung spiegelt sich in der Form und den tinktoriellen Eigenschaften der Zelle ab. Sehr oft sieht man an Schnittpräparaten den coagulirten Schleim als feine Fäden von den Oberflächen der Drüsenzellen ins Lumen hinein führen und sich hier mit ähnlichen von anderen Zellen aus- gehenden vereinigen; die Zellen können in solchen Fällen das Aus- sehen von Flimmerepithelien haben. Eine Frage von einigem Interesse ist die Regeneration der Halszellen. A priori wäre an drei Möglichkeiten zu denken: Sie könnten 1) vom Epithel des Drüsenkörpers, wie die Oberflächenepithelien des Darmes von den LIEBERKÜHN’Schen Kryp- ten, oder 2) von den umliegenden Epithelzellen rekrutirt werden, oder endlich “ 3) durch Theilung im Halse selbst entstehen. Für die erste Annahme könnte der allmähliche Übergang der Zellen im Drüsenkörper und im Halse in einander sprechen, und weiter könnten als Bekräftigung dieser Auffassung Bilder gedeutet Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 513 werden, wie wir sie von Sterna kennen, wo die Halszellen groß, mit Schleim gefüllt waren, die Prisgur spe allen kleiner, oft in Theilung vorgefunden wurden. Die zweite Annahme würde sich auf die Wahrnehmung gründen, dass die Halszellen ursprünglick von den Oberflächenepithelzellen gebildet sind. Bei den erwachsenen Thieren habe ich im Ausführungsgange nie Mitosen höher gegen die Oberfläche zu, als man. diese im um- liegenden Epithel findet, getroffen. An dieser Stelle dagegen, also in der Höhe der Basalschicht des Obertlächenepithels, habe ich bei verschiedenen Vögeln, bei welchen die Zellen des Ausführungsganges sich durch ihren Schleimgehalt von dem umliegenden Epithel unter- scheiden, das Vorkommen von Mitosen noch feststellen können. Für die Annahme irgend einer Wanderung der Zellen aus dem Drüsenkörper gegen die Oberfläche zu, entsprechend dem ersten als möglich geäachten Falle, scheinen also keine stichhaltigen Gründe vorzuliegen. Die obersten Zellen des Ausführungsganges werden mit denen des Deckepithels abgestoßen, und die Neubildung der ersteren geht wie die der letzteren von den tief gelegenen Schichten aus vor sich. Dasselbe scheint auch der Fall zu sein bei den Arten, bei welchen ein Unterschied zwischen den Zellen des Ausführungsganges und denen des Deckepithels nicht besteht. Wachsthum und Absterben der Ausführungsgangszellen scheint also gleich rasch stattzufinden wie bei den Deekepithelien und im Zusammenhang mit diesen. Nachdem wir oben den Bau der Drüsen, die verschiedenen For- men derselben und den Zusammenhang dieser Formen unter einander betrachtet haben, bleibt uns noch übrig, was wir über die Phylo- genie dieser Drüsen sagen können, kurz zu erwähnen. Während die nahe Verwandtschaft der Vögel mit den Reptilien wohl jetzt als eine über jeden Zweifel erhobene Thatsache gelten kann, ist die Frage, ob gewisse Reptilienklassen den Vögeln näher stehen als andere, von den verschiedenen Autoren recht abweichend beantwortet worden; so hat man in den Dinosauriern, Pterosauriern, Lacertiliern und Crocodiliern die nächsten Verwandten resp. Vor- fahren der Vögel gesucht. (Es sei auf das Kapitel: »Über die Ab- stammung der Vögel aus dem gemeinsamen Stocke der Sauropsiden und ihre Beziehungen zu den Reptilien« bei FÜRBRINGER [VIII p. 1592] hingewiesen.) Was uns hier besonders interessirt, sind die Berührungs- punkte im Bau der Eingeweide der Vögel und der verschiedenen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIL. Bd. 34 ; 514 RK. E. Schreiner, Reptilienklassen. Hier kommen vor Allen die Orocodilier und Che- lonier in Betracht, vielleicht besonders die ersteren. Von den Oso- phagusdrüsen, wie überhaupt dem mikroskopischen Bau der Öso- phaguswand der Crocodilier, wissen wir aber leider nichts. Wir müssen uns also an die Chelonier halten. Von diesen sind beson- ders Emys europaea und Testudo graeca genauer untersucht worden. Bei Emys, mit deren Untersuchung ich mich auch selbst be- schäftigt habe, sind, wie auch die meisten früheren Untersucher zu- geben, eigentliche Drüsen nicht vorhanden. Die Wand trägt aber sowohl Längs- als auch Querfalten, und besonders oberhalb des Über- sanges des Ösophagus in den Magen stößt man auf grubenförmige Einsenkungen, die mit dem mehrschichtigen, an Flimmerzellen reichen Epithel des Ösophagus ausgekleidet sind. Bei dem Exemplare, das mir zur Verfügung stand, war das Epithel zweischichtig, die der Oberfläche zu gelegenen klaren Zellentheile färbten sich alle mit DELAFIELD’s Hämatoxylin. Bei Testudo graeca kommen ausgebildete Drüsen vor. Diese sind von OPpEL (XXI, p. 86—87) genau beschrieben; sie haben Flaschen- form. Die Zellen des Drüsenkörpers bestehen aus zweierlei Elementen: Becherzellen und Flimmerzellen. Im Ausführungsgange schwinden die Flimmerzellen, die Becherzellen werden niedriger und gehen in ein kubisches Epithel über, welches zur Oberfläche führt. Das Ober- flächenepithel ist mehrschichtig und wird von einigen Untersuchern als ein geschichtetes Pflasterepithel, dessen oberflächliche Schicht niedrige Schleimzellen darstellt, geschildert. OrrEL macht auf das eigenthümliche Verhältnis, dass Flimmer- zellen in den Drüsen zwischen den Schleimzellen vorkommen, auf- merksam. Er schließt aus diesem Funde, wie mir scheint mit vollem Rechte, dass diese Drüsen bei den Reptilien als Neuerwerbungen auf- zufassen sind. Dieser Schluss stimmt ja auch vollständig mit dem Bilde bei Emys überein. Von den einfachen Einsenkungen des Ober- flächenepithels bei letzterer lassen sich aber nach meiner Ansicht die Drüsen bei Testudo leicht ableiten. Während die Epithelaus- kleidung dieser Drüsen den Charakter des Oberflächenepithels von Emys bewahrt hat, scheint dieses letztere bei Testudo in der Weise verändert zu sein, dass es seine Flimmerzellen verloren und sich zu einem mehrschichtigen Deekepithel umgebildet hat, wo- durch sein schleimsekretorisches Vermögen im Vergleich zu dem Epithel bei Emys zurückgegangen ist. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 515 Vergleichen wir nun die bei Testudo dargestellten Drüsen mit denen, welche wir bei den Vögeln kennen gelernt haben, so fällt uns auf, dass von diesen die bei Larus und verschiedenen anderen Vögeln vorkommenden sowohl in der Form als auch im Bau am meisten denen bei Testudo gleichen. Die Ableitung der ersteren von den letzteren lässt sich nach meiner Ansicht nicht schwieriger durehführen, als die Ableitung der Testudodrüsen von den Epi- theleinsenkungen bei Emys. Ä | Es tritt uns nur hier eine noch größere Differenzirung zwischen Oberflächenepithel und Drüsenepithel entgegen als bei Testudo. Ersteres hat sich bei den Vögeln als ein mächtiges Deckepithel aus- gebildet und sein schleimproducirendes Vermögen, das. schon bei Testudo abgenommen hatte, gänzlich verloren, das Epithel der Drüsen hat seinerseits den Charakter des Oberflächenepithels, der sich bei Testudo noch durch das Vorkommen von Flimmerzellen zwischen den Drüsenzellen manifestirte, vollständig eingebüßt und sich zu einem rein schleimprodueirenden Drüsenepithel entwickelt, das durch einen Hals mit der Oberfläche in Verbindung steht. Die Zellen des letzteren stehen in vielen Beziehungen dem ursprünglichen Oberflächenepithel nahe. Wir sehen so, dass der Unterschied zwischen den Drüsen bei Testudo und z. B. denen bei Larus nicht viel größer ist als der - zwischen den Drüsen des letzteren und den bei den Enten vorkom- menden. Die Entwicklung der komplieirteren Formen bei den Enten, der zu folgen wir oben versucht haben, bezeichnet nur ein weiteres Fort- schreiten anf dem Wege, auf welchem wir von Testudo zu Larus gelangt sind (vgl. p. 549). In diesem Zusammenhange möchte ich auch auf den Bau der Drüsen, die im Endtheile des Ösophagus bei Larus canus und einigen anderen Vögeln vorkommen, welche später auch erwähnt werden sollen (vgl. p. 528 und Fig. 6), hinweisen. B. Magen. Historische Übersicht. Drüsenmagen. BiscHorr (1838) ist nach BERGMANN der Erste, der den zusammengesetzten Bau der Drüsen gesehen hat. Moin (1852) hat das Verdienst der richtigen Ansicht Eingang verschafft zu haben. GLAETTLI (X, 1852) sieht bei einigen Vögeln die zusammengesetzten Magendrüsen aus einer Menge cylindrischer kleiner Blindsäcke aufgebaut, welche sich gegen einen centralen Kanal öffnen. | KAHLBAUM (XV, 1854) findet im Drüsenmagen einfache und zusammen- 34* 516 FESE K. E. Schreiner, gesetzte Drüsen. Bei Hühnern sind die Drüsen größer als bei anderen Vögeln. Die schon bei Batrachiern und den beschuppten Reptilien sich findende - gruppenweise Anordnung der Magendrüsen finden, nach LEyDıG (XVII, 1854: XVIII, 1857), ihren schärfsten Ausdruck im Drüsenmagen der Vögel, indem hier eine größere Anzahl von Schlauchdrüsen durch eine gemeinsame Hülle zu einem abgeschlossenen Packet verbunden wird. BERGMANN (H, 1862) findet an der Innenfläche des Drüsenmagens eine auf dem Epithel liegende homogene Schicht, die vielleicht als ein Gerinnungspro- dukt zu deuten ist. Die Schleimhaut ist mit zierlich angeordneten Papillen und Kanten der Leisten versehen. Die Thäler zwischen den Leisten enthalten eine Menge von rundlichen oder ovalen Vertiefungen, welche man als Drüschen an- sprechen könnte. Bei nicht wenigen Vögeln kommt ihnen der Charakter von kleinen Drüsen wohl sicher zu. Die eigentlichen Magensaftdrüsen sind nicht so gleichmäßig einfach, wie MoLın es meinte. Man muss zwei oder drei Typen unterscheiden. Erster Typus: Alle Drüsenbläschen münden direkt in den Centralraum. Zweiter Typus: Die Drüsenbläschen münden durch untergeord- nete Ausführungsgänge in den Hauptausführungsgang, welcher sehr kurz sein kann (Staar, Sperling, Krähe etc... Dritter Typus: nicht sämmtliche Drüsenbläschen münden durch einen Hauptkanal in die Magenhöhle, sondern eine Anzahl kleinerer Ausführungsgänge neben einander bewirkt die Ausleerung des Sekretes (Cypselus apus). An der inneren Oberfläche des en der Taube erhebt sich die Schleimhaut, nach Hassz (XIH, 1865) zu papillen- und leistenförmigen Hervor- ragungen. An Flächenschnitten erscheinen diese als Kreise oder länglichrunde Figuren, bedeckt von dem der Schleimhaut eigenthümlichen Epithel, einem ein- fachen cylinderförmigen. Auf der inneren Oberfläche finden sich ferner die punkt- oder spaltförmigen Öffnungen der Ausführungsgänge der kegelförmigen Drüsen. Diese zeigen in der Tiefe ein pflasterförmiges, gegen das freie Lumen und den Ausführungsgang hin ein cylindrisches Epithel wie das der Schleim- haut. Die Drüsen sind nicht einfach, sondern ein Packet solcher von schlauch- förmiger Gestalt. Die einzelnen Schläuche laufen wie Radien zu der Achse des ganzen Packetes. Das Cylinderepithel der Drüsen bildet die unmittelbare Fort- setzung des Epithels der Schleimhaut ins Innere des Packetes hinein. Das schleimige Sekret des Vormagens besteht aus lauter Zellen, und zwar zum größten Theil aus pflasterförmigen, wie das Epithel der Drüsen. In einer späteren Arbeit (XIV, 1866) hat HAasse mehrere Vögel nntersucht. Beim Huhn sind die Drüsen flaschenförmig, zusammengesetzt aus einer Menge einzelner schlauchförmiger Drüsen. Das sie auskleidende pflasterförmige Epithel zeigt dasselbe körnige, granulirte Aussehen wie bei den Tauben. Die einzelnen Zellen sind kugelrund. Auch hier scheinen die bei der Taube vorkommenden leistenförmigen Erhabenheiten zwischen den einzelnen Drüsen nicht zu fehlen. An Querschnitten der Drüsen sieht man inmitten des freien Lumens, gegen welches die schlauchförmigen Drüsen ‘ausstrahlen, mit einem hellen, höheren Cylinderepithel bekleidete Vorsprünge. Der freie Hohlraum mündet dann durch einen längeren Ausführungsgang. In der Tiefe der Schleimhaut senken sich einfach schlauchförmige Gebilde in diese hinein; deren Lumen ist namentlich im Grunde ein sehr geringes, hier ist das Epithel pflasterförmig, nach oben wird es mehr cylindrisch. Auch bei der Taube sind diese Gebilde vorhanden. Bei Psittacus undulatus waren in den Drüsenpacketen nicht wie bei Huhn Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 517 und Taube zweierlei Epithelformen zu unterscheiden, sondern überall nur das pflasterförmige Drüsenepithel. Bei Fringilla canabina war das Drüsen- epithel theils ein granulirtes, pflasterförmiges, theils, und zwar in dem Hohl- raume, ein mehr eylindrisches. Beim Sperling traten ganz ähnliche Verhält- nisse auf. Das Pflasterepithel des Ösophagus setzt sich, nach Grıua (XII, 1866), bei Phasianus gallus eine Strecke weit in den Drisenmagen fort und geht all- mählich in ein Cylinderepithel über, diesem liegt eine strukturlose Schicht auf. Die Schleimhaut enthält zwei Arten von Drüsen. Die zusammen gesetzten Drüsen sind im Anfange des Magens unilobär, später multilobär. In jeder Drüse findet sich ein Hohlraum, in diesen münden unter einem rechten Winkel zahl- reiche cylindrische Schläuche, von einander durch eine strukturlose Membran geschieden und von runden, stark granulirten Zellen ausgekleidet. Der Hohl- raum der ganzen Drüse besitzt nur in dem der Mündung nächsten Abschnitte die Beschaffenheit eines Ausführungsganges, die-Wandung wird hier von Epi- thelzellen, welche der Oberfläche des Magens gehören, gebildet. Die einfachen Drüsen finden sich zwischen den Ausführungsgängen der zusammengesetzten, haben eine ceylindrische Göstalt und enthalten bis zum Grunde hin Cylinder- zellen. Die Magenschleimhaut des Fischadlers hat einen ähnlichen Bau; die zusammengesetzten Drüsen sind hier aber nur unilobär. WILCZEWSKI (XXXIV, 1870) untersuchte den Magen von Taube und Elster. Die Schleimhaut besitzt ein großes Cylinderepithel und zeigt eine Menge kleiner, schlauchförmiger Drüsen, die ein Cylinderepithel haben, welches bis auf eine gewisse Tiefe mit dem der Magenschleimhaut identisch ist, auf dem Grunde sind diese Zellen kleiner und trüber als die an der Mündung. Zwischen diese Drüsen drängt sich der Ausführungsgang der großen Magendrüsen. Diese bestehen aus einem Hauptgange und einer Menge von Nebengängen, welche - ziemlich senkrecht in den Hauptgang münden. In seinem unteren Theile bildet dieser eine Menge kleiner Ausbuchtungen, die um so zahlreicher werden, je tiefer man vordrinst. Die großen Cylinderzellen der Schleimhaut dringen in die Mündung des Hauptganges ein und bekleiden ihn bis ungefähr zur halben Höhe der Schleimhaut. Von hier an beginnt das ihm eigene CÖylinderepithel, dessen Zellen eine regelmäßige cylindrische Form haben, scharf begrenzt, wenig trüb sind und einen deutlichen Kern, der stets an ihrer Basis sitzt, aufweisen. Die Nebengänge sind schmale Gänge, die mit einem Epithel polygonaler Zellen be- kleidet sind. Häufig vereinigen sich zwei solcher Gänge in ihrem Verlauf und münden gemeinschaftlich in den Hauptgang. Die Zellen sind äußerst vergäng- liche Gebilde, von ungefähr kubischer oder polygonaler Gestalt, das Protoplasma stark granulirt, trüb und dunkel. Der Kern liegt central. Das Cylinderepithel des Hauptganges dringt öfters in die Nebengänge ein. : Bei Vögeln hört, nach Kein (XVI, 1871), beim Übergange des Ösophagus in den Drüsenmagen das geschichtete Pflasterepithel des ersteren mit einem ge- zackten Rande auf, und an seine Stelle tritt eine einfache Lage cylindrischer Zellen. Die Oberfläche der Schleimhaut zeigt eine große Zahl von knopfför- migen Erhabenheiten, an deren abgerundeter Spitze die Eingangsöffnung zu den Drüsensäcken zu erkennen ist. Außerdem zeigt sie eine nach abwärts zu- nehmende Menge mikroskopischer Zöttchen, Fältehen oder Leistchen, welche der Ausdruck zweier an einander stoßender und neben einander ausmündender kurzer Schläuche sind. In der unteren Hälfte des Drüsenmagens nehmen die einfachen Schläuche gegen das zwischen diesem und dem Muskelmagen gelegene 518 K. E. Schreiner, Zwischenstück in dem Maße an Zahl zu als die Drüsensäcke an Größe abneh- men, Was den Bau der zusammengesetzten Drüsen betrifft, eitirt KLEIN BERG- _ MANN’s Angaben. REMOUCHAMPS (XXVIL, 1880) beschreibt die Drüsen von Rhea ameri- cana. CATTANEO (III, 1884) ist der Erste, der ein größeres Material untersucht hat. Dies scheint aber für eine histologische Untersuchung, was Konservirung betrifft, wenig geeignet gewesen zu sein. Die Oberfläche der Schleimhaut ist entweder glatt oder mit »Villic versehen, das Epithel bei einigen Vögeln mehr- schichtig, bei den meisten einschichtig; an den Tafeln des Verfassers wird es immer als kubisch dargestellt und an den Spitzen und der Basis der »Villi« ganz gleichartig. Von den Falten und den zwischen diesen ausmündenden Blindsäcken, welche schon BERGMANN und HaAssE genauer beschrieben, wird nie gesprochen; die Figuren beweisen auch, dass CATTANEO dieselben nicht ge- sehen hat. Die zusammengesetzten Drüsen bilden entweder eine Schicht oder zwei solcher. Ihre äußere Form bei den verschiedenen Arten wird zuvor be- schrieben; genauere Angaben über den Bau desselben fehlen jedoch. Die Drüsenzellen werden als rund, bei der Taube tropfenförmig geschildert, sie haben ein granulirtes Protoplasma und einen runden Kern. Die ausführlichste Arbeit über den Magen der Vögel verdanken wir CAzıN (IV, 1887). Nach ihm sind die Drüsen des Vormagens bei den meisten Vögeln uni- lobär, multilobär beim Huhn, der Gans und noch einigen. Die Drüsen sind immer nur in einer Lage angeordnet (gegen CATTANEO’s Angaben). Jede uni- lobäre Drüse und jedes Drüsenläppchen der multilobären wird durch eine An- häufung von blindsackförmigen Schläuchen gebildet, die von granulirten Zellen ausgekleidet sind und sich in eine Centralhöhle ergießen, welche als gemein- schaftlicher Ausführungsgang dient. In den multilobären Drüsen münden die Centralhöhlen der Läppchen in eine gemeinschaftliche Höhle, die sich wieder selbst in den Magen öffnet. Die Oberfläche der Centralhöhle, die meistens mit unregelmäßigen Falten versehen ist, wird bis zur Mündung der Drüsen bald von einem gewöhnlichen eylindrischen Epithel (Huhn, Schwalbe), bald von einem Schleimzellenepithel überkleidet (Sperling, Taube, Ente u. m.). Bei den Drüsen, welche auch Schleimzellen enthalten, münden die Drüsenschläuche, anstatt sich direkt in die Höhle des Läppchens oder der Drüsen zu Öffnen, im Allgemeinen durch Vermittelung von weiten und kurzen Sammelröhren, die regelmäßig von Schleimzellen ausgekleidet sind. Die Drüsen enthalten so zwei Zellarten. Dieselben sind niemals in demselben Schlauche gemischt, sie sind aber lokalisirt, und zwar die einen in den Drüsenschläuchen, welche an der Peripherie der Drüsen liegen, die anderen in ihrem centralen Theil, d. h. in der gemeinschaftlichen Höhle und in den Sammelröhren. Die Schleimhaut trägt breite, dicke Falten, die sich koncentrisch um die Ausmündungsstellen der Drüsen reihen. Die Blindsäcke sind oft wenig entwickelt. Das Oberflächenepithel ist prismatisch, nach dem Grunde der Blindsäcke zu an Höhe abnehmend. PostmA (XXVI, 1887) beschreibt den Drüsenmagen bei denselben Vögeln, deren Ösophagus er, wie früher erwähnt, untersucht hat. Beim Larus argen- tatus unterscheidet er in den zusammengesetzten Drüsen dreierlei Epithel: Der Ausführungsgang besitzt hohe Cylinderzellen, wie die Magenoberfläche, der Centralraum der Driüse ein Cylinderepithel mit kleinen Zellen, die einen cen- tralen Kern besitzen; das Epithel der Drüsenschläuche ist stark granulirt; es sind polygonale Zellen mit central gelegenem Kern. Neben den zusammen- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. 1. 519 gesetzten Drüsen kommen zahlreiche Gruben vor, diese besitzen ein kleinzelliges. Epithel und scheinen kleine Drüsen zu sein. Die Schleimhaut ist glatt. Bei der Taube findet der Verfasser den Drüsenmagen so, wie Home (1814) ihn beschrie- ben hat. Bei Alcedo ispida kommen auch, was ältere Untersucher (MECKEL, 1829) geleugnet haben, zusammengesetzte Drüsen vor. Die Angaben von BERG- MANN über die Drüsen bei Cypselus apus bestätigt der Verfasser. Die kleinen Drüsen unterscheiden sich auch von denen bei Larus, indem sie gewunden verlaufen und sich verzweigen. Der Drüsenmagen von Turdus merula ist wie der der Taube gebaut. Die Drüsenschläuche, welche die zusammengesetzten Drüsen bei Nucifraga caryocatactes bilden, vereinigen sich zu Ausführüungs- gängen, welche dann in das Centrallumen einmünden. TEICHMANN 'XXX]J, 1889) findet im Drüsenmagen der Taube nur eine Art von Drüsenzellen, und zwar sind diese den Belegzellen des Säugethiermagens sehr ähnlich. Bei der Krähe hingegen, einem kropflosen Vogel, enthält der Drüsenmagen auch Gruppen solcher Drüsen, wie sie im Taubenkropf vorkommen. Genaue Angaben über den Bau des Drüsenmagens vom Huhn, Kanarien- vogel und Falken hat OPrpeL (XX, 1896) gegeben. Muskelmagen. Aus der ziemlich großen Litteratur über die Schleimhaut des Muskelmagens soll hier nur erwähnt werden, dass MoLin und BERLIN (1852) wohl die Ersten waren, welche die »Hornschicht< in Verbindung mit den Drüsen brachten. Diese Lehre wurde durch die Arbeiten von LEyYvıG (XVII, 1854 und XVIH, 1857), FLower (VII, 1860), CURSCHMAnNN (V, 1866), HAsse (XIV, 1866), GRIMM (XH, 1866) und WILczEwSKI (XXXIV, 1870) bestätigt und durch neue Details auch über die Drüsen ausgedehnt. Von späteren Untersuchungen nenne ich die von CATTANEO (HI, 1884) und Cazın (IV, 1887). CAZIN referirt in seiner Arbeit ausführlich die Angaben von CATTANEO und kritisirt diese auch so genau, dass ich einer nochmaligen Anführung der- selben überhoben zu sein glaube, besonders da ich mich in allen wesentlichen Punkten dieser Kritik Cazıy’s anschließen muss. Die Drüsen findet Cazın bald gleichmäßig in der Schleimhaut verbreitet, bald in parallele Reihen gestellt, bald in Bündel gruppirt. An ihrem geschlos- senen Ende sind sie meist etwas angeschwollen. Die Hornschicht stellt nur eine Fortsetzung der schleimigen Auskleidung des Drüsenmagens dar. Man kann in derselben die Produkte der Sekretion der Blindsäcke unter der Form von Säulchen und die Produkte der Sekretion der Schleimhautoberfläche daran, dass sie die Säulehen unter einander verbinden, deutlich unterscheiden. Die Unterschiede, welche die Struktur der Hornschicht bei den verschiedenen Vögeln zeigt, ent- stehen nur aus der Anordnung der Blindsäcke. In der intermediären Zone bildet die Schleimhaut zahlreichere Blindsäcke und weist bei den meisten Vögeln im Allgemeinen ein diekeres Schleimsekret auf als im Drüsenmagen, und die Pro- dukte der Sekretion der Blindsäcke bilden in demselben gewundene Bänder. Mit dem Verhalten zwischen Sekret und Drüsenzelle beschäftigt sich die Arbeit von WIEDERSHEIM (XXXIII, 1872). Er sieht das Lumen der Drüsen von einer glasartigen Materie gefüllt, welche nicht homogener Natur ist, sondern von parallelen Streifen durchzogen erscheint. Diese Streifen stellen die Sekretström- chen der Drüsenzellen dar. Das Verhältnis des einzelnen Sekretströmchens zu der Sekretzelle schildert er (p. 444) folgendermaßen: »Jeder Sekretfaden zeigt an seinem peripheren Ende eine kolbenartige Verdickung, welche sich bei starker Vergrößerung als ein kleines Hohlgebilde darstellt. Dieses legt sich 520 | K. E. Schreiner, demjenigen Abschnitte der Zelle an, weleher dem Drüsenlumen zugekehrt ist, und erzeugt dadurch eine Kappe oder Schale, welche der Zelle aufsitzt.< »Die Zelle ruht auf diese Weise in der Sekretschale, wie irgend ein Gegenstand, z. B. in der gekrümmten Hohlhand.« Über die Drüsen im Muskelmagen des Ballen sagt OPPEL (XX, 1896, . p. 213): »Die Zellen zeigen sich geschlossen und in keiner Verbindung mit dem Sekretströmchen, ich bin daher nicht im Stande, den interessanten Angaben der Autoren über die Verbindung einzelner Sekretströmcehen mit einzelnen Zellen bei anderen Vögeln etwas beizufügen.« Eigene Untersuchungen. Drüsenmagen. Gallidae. Gallus domestieus. Ich beginne in diesem Abschnitte mit . der Beschreibung des Drüsenmagens beim Huhn, da das jederzeit und reichlich zur Verfügung stehende Material von dieser Art eine mehr allseitige Untersuchung möglich machte, während die schwierigere Beschaffung der anderen Arten dies nicht in dem Maße erlaubte. Im untersten Theile des Ösophagus — an einem Längsschnitt durch -die Übergangsstelle von Ösophagus in Magen betrachtet — stehen die großen Drüsen dieht an einander, dann folgt eine Partie, in welcher im inneren Bindegewebe sich keine Drüsen finden, die aber, wie später beschrieben werden soll, bedeutende Leukocyten- ansammlungen enthält. Hier sind die Papillen, die sich in das Epi- thel heraufschieben, länger und zahlreicher als höher im Ösophagus, und die Dicke des Epithels ist geringer. Plötzlich hört nun das mehr- schichtige Epithel auf und macht dem einschichtigen des Magens Platz. Diese Veränderung des Epithels ist von einer Faltung der Schleimhaut des Magens begleitet. Schon mit einer Lupe kann man eine Faltung der Oberfläche des Magens deutlich unterscheiden und bemerken, dass diese Falten um Erhöhungen in der Schleimhaut, die in punktförmige Öffnungen endigen, koncentrisch gereiht sind. Eben diese Falten sind es, die uns an Längsschnitten begegnen. Die erste Falte, die wir antreffen, ist mit einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, in das jedoch einzelne Partien mehrschichtigen Osophagusepithels eingebettet sind (Fig. 49 öfe). Zwischen dieser Falte auf der einen und dem zusammenhängenden Ösophagusepithel auf der anderen Seite befindet sich eine Grube, die sich nach unten in einen kleinen Blindsack fortsetzt; diese ist mit einschichtigem . Cylinderepithel austapeziert, das nach der einen Richtung die Fort- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 521 setzung: des Faltenepithels, nach der anderen des basalen Ösophagus- epithels darstellt. Die Zellen, die die Spitzen der Falten bekleiden, haben eine Höhe von ca. 30 u und sind von prismatischer Form. Ihr Basaltheil ist schmal, nur zwischen 1,5 und 3 «. breit, leicht granulirt, in ihm liegt der ovale Kern; der obere Theil der Zelle ist breiter, homogen und enthält das Sekret. Einzelne von diesen Zellen sind noch schmäler als die erwähnten, ihr Basaltheil färbt sich intensiver, und der lange und schmale Kern nimmt auch eine dunklere Färbung an, als die der anderen Zellen ist, die verschwommen auftritt, so dass man das Chromatingerüst nicht erkennen kann. Unter dem Kern treten in diesen Zellen oft kleine Vacuolenbildungen auf. Alles deutet darauf hin, dass man es mit komprimirten, absterbenden Zellen zu thun hat. Folgen wir nun den Zellen von der Spitze der Falte nach unten zu, so bemerken wir eine Abnahme der Höhe nach der Tiefe, die jedoch mit Verbreiterung verbunden ist, wobei man den oberen Theil oft knieförmig zu dem basalen gebogen vorfindet. Der sekrethaltige Theil der Zellen nimmt hier an Größe zu, um nach unten mit der Höhe der Zellen wieder abzunehmen. In den Blindsäcken, die an der Basis der Falten liegen, sind die Zellen kubisch, 5 « hoch, ihr Protoplasma färbt sich gleichmäßig, wie der Basaltheil der oben liegenden Zellen. Der Kern dieser kubischen Zellen ist rund, oft trifft man ihn in Theilung begriffen. Die Zellen der einander gegen- überliegenden Wände stoßen hier fast an einander, so dass man ein Lumen kaum wahrnehmen kann. Die Grenze des Oberflächenepithels gegen das Lumen zu ist immer scharf, der sekrethaltige Theil wölbt sich leicht hervor. Über den Zellen liegt eine Sekretschicht, die sich oft von den Zellen ab- löst und kleine Hervorragungen, die den Einsenkungen zwischen den konvexen Oberenden entsprechen, bildet. Diese Sekretschicht setzt sich nach unten fort und kann wie die Obertheile der Zellen durch Schleimfarben gefärbt werden. An Präparaten, bei denen DELA- FIELD’s Hämatoxylin zur Färbung angewandt wurde, sind die Ober- theile der Zellen ganz bis zum Grunde der Spalten blau gefärbt wie die Sekretschicht selbst. Die Zone des Epithels, die diese Farbe trägt, nimmt von der Höhe gegen die Tiefe zu allmählich ab, so dass man in den Blindsäcken nur eine ganz schmale Partie der Zellen blau gefärbt vorfindet. Werden nun Serienschnitte, die der Oberfläche der Schleimhaut parallel gelegt sind, untersucht, ‘so findet man in den ersten die 522 OR. E. Schreiner, Querschnitte der Faltengipfel, geht man weiter, so treten die Aus- führungsgänge der Drüsen und die um diese koncentrisch angeord- neten Falten zu Tage; solche, die den Ausführungsgang wie ge- schlossene Ringe umgeben, kommen nie vor. Das Bild könnte man mit dem vergleichen, das man durch einen Querschnitt einer Blatt- knospe erhält. In der Mitte zwischen zwei Drüsen haben die Falten einen mehr geraden Verlauf. Nachdem wir in die Tiefe gerückt sind, können wir dieselbe Umwandlung des Epithels der Falten, die wir an Längs- schnitten gesehen haben, erkennen. In größerer Tiefe angelangt zeigt sich uns das Bild, dass die langen Gruben zwischen den Falten sich in kürzere Blindsäckehen auflösen, die auch koncentrisch um den Ausführungsgang geordnet sind. Figg. 46 und 47 stellen dasselbe Verhältnis bei Larus canus dar, der Unterschied zwischen dem Huhn und diesem besteht darin, dass die Falten bei dem Huhn zahlreicher sind und der Abstand zwischen denselben ein geringerer ist. Die zusammengesetzten Drüsen gelangen beim Huhn zu einer außerordentlichen Entwicklung. Sie sind, wie frühere Unter- sucher hervorgehoben haben, multilobär. Mehrere Drüsenläppchen — oft fünf — haben einen gemeinsamen Ausführungsgang. Fig. 48 — ein Schnitt durch den Drüsenmagen von Lagopus subalpinus, unter schwacher Vergrößerung betrachtet — stimmt ganz auch mit den Verhältnissen beim Huhn überein. In jedem Drüsenläppchen präsentirt sich eine große Centralhöhle, die mit denen der anderen kommunieirt. Diese Centralhöhlen öffnen sich in einem gemeinsamen Ausführungsgange an der Oberfläche der Schleimhaut. Um die Cen- tralhöhlen herum sind die Drüsentubuli radial gereiht. Wir werden zunächst diese Drüsentubuli betrachten. Fig. 51 giebt einen Querschnitt durch einige von solchen wieder (der Schnitt ist also der Achse der Centralhöhle parallel gelegt). Die einzelnen Tubuli liegen, wie deutlich sichtbar, dicht an einander, nur durch dünne Bindegewebswände getrennt. Sie sind nicht ganz rund, sondern von einer unregelmäßigen, polygonalen Form. In dem ziem- lich großen, von einem einschichtigen Drüsenepithel ausgekleideten Lumen befindet sich ein kleinkörniges Sekret. In Fig. 52 sind die Drüsenzellen unter stärkerer Vergrößerung gezeichnet. Auffallend ist zunächst die Gestalt der Zellen, welche gewöhnlich die einer Halb- kugel oder eines Kegels ist. Ihre gegen das Lumen sich kehrenden Theile liegen einander nicht an, ragen aber frei in das Lumen hinein. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 523 Die breiteren Basaltheile der Zellen stoßen zusammen, und die Gren- zen der einzelnen Zellen sind hier oft nieht wahrzunehmen, da die Zellen membranlos sind. | Der erste Gedanke, der sich Einem aufdrängt, ist, ob diese Form wohl als ein durch die Konservirung entstandenes Kunstprodukt an- zusehen ist oder nicht. OPPpEr, der in seiner Fig. 173 (XX, p. 206) ein Stück aus einer Drüse des Drüsenmagens vom Kanarienvogel wiedergiebt, wo die Zellen eine ähnliche Gestalt zeigen, stellt sich auch gleich skeptisch und sagt: »Ob dies (nämlich dass die Zellen nicht mit ihren Wänden sich berühren) auch im Leben der Fall, oder durch die Konservirung entstanden ist, vermag ich nicht zu ent- scheiden.«c Diese Frage habe ich, so weit es möglich war, zu be- antworten versucht, indem ich die Fixirung und Nachbehandlung mit möglichst großer Sorgfalt vornahm. Die sofort nach dem Tode heraus- senommenen Stücke des Drüsenmagens wurden auf Kork aufgespannt und in kleine Theile zerkleinert. Da nun die Fixirung in Sublimat- Essigsäure, absolutem Alkohol, Pikrinsäure, HERMANNs und FLEM- MInG’s Flüssigkeiten, Chrom-Formol und Chrom-Osmiumsäure immer dieselben Erscheinungen hervorruft, besteht für mich kein Zweifel, dass diese mit der Form der lebenden Zellen übereinstimmen. Sicher ist jedoch, dass diese Zellen sich ziemlich schwer gut konserviren lassen; sie lösen sich leicht von der dünnen Bindegewebswand und gegenseitig von einander vollkommen ab. Wo man an Schnitten die Spalten zwischen den einzelnen Zellen ganz bis zu dieser Binde- sewebswand eindringen sieht (wie es z. B. auch der Fall an einigen Stellen in der oben erwähnten Figur von OPPEL ist), da liegt nach meiner Meinung ein durch die Behandlung hervorgerufenes künst- liches Gebilde vor. Als beste Fixirunssflüssigkeiten für diese Drüsenzellen habe ich Sublimat-Essigsäure, FLEMMInG’s Flüssigkeit und Chrom-Formol ge- funden. Den Figuren 52« und 5 liegen Präparate, die nach Chrom-For- molfixirung mit Eisenalaunhämatoxylin und Bordeauxroth gefärbt wurden, zu Grunde. Die Zellen zeigen, wie früher erwähnt, die Form eines Kegels oder einer Halbkugel, einige sind wieder mehr kubisch. In der Mitte der Zelle oder der Basis etwas genähert liegt der große runde Kern, in welchem man ein deutliches Kernkörperchen bemerken kann. Die Zellen enthalten Körnchen in verschiedener Menge. Einige sind mit solchen fast angefüllt, in amderen kommen sie nur als eine ober- . 524 KR. E. Schreiner, halb des Kerns liegende Zone vor. Der obere Theil und ihre Wand- schicht sind in den meisten Zellen homogen, ohne Körnehen. Die Menge der letzteren und die Gestalt der Zelle scheinen mit einander in einem gewissen Zusammenhang zu stehen, ohne doch das Allein- bestimmende für die Bildung der Form zu sein. Wo die Zellen mit Körnchen dicht angefüllt auftreten, ist die klare Wandschicht nur ganz dünn und die Form der Zelle beinahe kubisch; wo aber die Körnchenmenge eine geringere ist, erreicht ge- wöhnlich die Wandschicht besonders im oberen Theile eine größere Dicke, wobei die Zellen mehr eine Halbkugelform annehmen. Da end- lieh, wo die homogene Schicht am Oberende der Zellen noch mächtiger ist, treten diese in Kegelform auf. In solchen Zellen ist die Körn- chenmenge nur eine geringe. Von dem homogenen Obertheil lösen sich ziemlich große rundliche Kugeln ab. Diese repräsentiren so das Sekret der Drüsenzelle. Man findet also in diesen Zellen, wie in vielen anderen Drüsen, dass das Sekret erst als Körnchen gebildet wird, und dass diese sich wieder zu dem endlichen Sekret auflösen. Wie früher erwähnt, fehlt eine Membran der Zelle, eine Theca oder Crusta konnte ich hier auch nicht unterscheiden. Das Protoplasma, das die Körnchen umgiebt, ist, wenn diese, schwarz gefärbt, die Zelle füllen, nicht leicht wahrzunehmen. Über- differenzirt man aber die mit Eisenalaunhämatoxylin gefärbten Schnitte und färbt mit Bordeauxroth nach, so zeigt das Protoplasma deutlich das Bild eines Wabenwerkes! um die jetzt ungefärbten Sekret- vacuolen. An Präparaten, bei welchen zur Fixirung FLENMING's Flüssig- keit oder Sublimat-Essigsäure zur Anwendung gekommen ist, haben die Sekretkugeln wie auch die Wandschicht der Zellen eine mehr wabenartige Struktur, was aus Fig. 55 (Drüsenzellen von Sterna arctica) zu ersehen ist. Die Sekretkugeln, die im Lumen liegen, schließen hier oft einzelne Körnchen ein oder solche, die zu Fäden verschmolzen sind. Wahrscheinlich stimmen die Bilder, die man durch Chrom-Formolfixirung erhält, mehr mit den vitalen überein. Durch Kongoroth und Eosin färbt sich das Protoplasma der Drüsenzellen intensiv. Es frägt sich nun: Sind in diesen Zellen Sekretröhrehen nach- zuweisen? ! Es handelt sich natürlich hier um ein grobes Wabenwerk, nicht um ein solches im Sinne BÜTscHLr’s. Beiträge zur Histol. und Embryologie .des Vorderdarmes der Vögel. I. 525 So weit mir bekannt ist Rına Monti (XIX, 1898) die Erste, die die Gor6ı-Methode zu diesem Zwecke angewandt hat. Ihre Arbeit wurde mir erst bekannt, nachdem ich selbst diese Methode versucht hatte. Unser Erfolg ist ganz derselbe gewesen, unsere Deutung der Bilder geht aber vollständig aus einander. Das Netz, dem man in solchen Präparaten begegnet, fasst RınA Monti als ein pericelluläres Sekretröhrchennetz auf, von welchem jede Masche eine Zelle umschließe. Dies Netz stehe mit dem Lumen des Drüsentubulus in Verbindung, ohne dass jedoch jede einzelne Masche in dieses direkt einmünde Die Figuren 12 und 13 von Rına Monrti stimmen mit meiner Fig. 53 ziemlich überein. Was diese Verfasserin aber als »un canale centrale commune« (Fig. 13a) deutet, ist gar kein Centrallumen, sondern nur ein geschwärztes Kapillar- sefäß oder die dünne Bindegewebswand zwischen zwei Drüsentubuli. Ganz ähnliche Verhältnisse treten auch in meiner Figur (x) zu Tage!. Das Sekret selbst tritt nie geschwärzt auf. Wieder und immer wieder habe ich die Schwärzung desselben versucht, und die Re- sultate dadurch kontrollirt, dass ich zugleich mit den Drüsenmagen- stücken Magentheile eines Säugethieres eingelegt habe. Das Resultat war aber immer dasselbe: Während das Sekret in letzteren mit den Sekretröhrehen sich imprägniren ließ, zeigte sich dasjenige des Drü- senmagens nie tingirt, nur das Netz trat immer geschwärzt hervor, eben so wie die Nerven des Magens. Wenn schon dies Verhältnis einen Verdacht an der Natur dieser »Sekretröhrchen« erwecken muss, bringt die genauere Untersuchung volle Gewissheit. Erstens ist hervorzuheben, dass nie runde Quer- schnitte von diesen »Röhrchen« vorkommen. Unterwirft man nun weiter mit stärkerer Vergrößerung eine solche Masche einer genauen Betrachtung, so zeigt es sich, wenn man den Tubus ein bischen hebt und senkt, dass hier nicht von einem in derselben Ebene liegenden Netze die Rede sein kann, sondern von Palissadenbildungen, die die Zellen umgeben. Das Bild ist also durch Silberniederschlag zwischen den Zellen hervorgerufen und von derselben Natur, wie man es auch an anderen Epithelien finden kann. Ein engeres Netzwerk kann an 1 Wenn CATTANEO (UI, p. 58) die Drüsenschläuche bei der Taube so schil- dert: »Ciascun tubo & formato da due serie di cellule glandulari, a forma di goceia, che stanno disposte ai due lati di un sottile eondotto cilindrico«, und er (Taf. IX, Fig. 10) die dünne Bindegewebswand zwischen den Tubuli als »con- dotti< bezeichnet, so erhellt aus dieser Thatsache, dass er in ähnlicher Weise die Gebilde total missverstanden hat. . 526 - _K. E. Schreiner, denselben Präparaten z. B. auch zwischen den Zellen der Central- höhle auftreten. | Wirkliche Sekretröhrchen aufzufinden, ist mir nie, weder mit der Gor6I-Methode noch mit Hilfe anderer Färbungen, gelungen. Wie die oben geschilderten Goter-Bilder zu Stande kommen, wird man durch die Vergleichung von Fig. 53 mit Fig. 56, die sich zu _ einander wie ein negatives und positives photographisches Bild ver- halten, mit Leichtigkeit verstehen. Was die Regeneration der Drüsenzellen betrifft, so kommen nicht selten auch bei den erwachsenen Thieren Zellen in Theilung begriffen vor. Die Mitosen treten überall in der Drüse auf, die Achsen der Spindeln liegen nach den verschiedensten Richtungen (vgl. Fig. 55). Die centrale Partie der Zelle weist während der Theilung keine Körn- chen auf, solchen begegnet man aber häufig in dem peripheren Theile. Steht die Achse der Spindel senkrecht zur Basalebene der Zelle, so ergiebt sich als Resultat der Theilung eine Zelle mit zwei über ein- ander liegenden Kernen. Der oberste Kern wandert nach unten zu, so dass die zwei Kerne neben einander zu liegen kommen, und dann erst beginnt die Einschnürung des Protoplasmas. Die Centralhöhle der Drüsen ist mit einem einschichtigen Cylinderepithel (Fig. 54) ausgekleidet. Die Zellen, die von wechseln- der Höhe sind, haben ein feingranulirtes Protoplasma, in welchem nicht, wie in den eigentlichen Drüsenzellen, Sekretkörnchen zu er- blicken sind. Der obere Theil dieser Zellen färbt sich, wie für das Magenepithel beschrieben, mit Schleimfarben, jedoch ohne dass dieser Theil von dem basalen sich so scharf abgrenzt, wie es bei diesem der Fall ist. Dasselbe Epithel wie in der Centralhöhle senkt sich auch ein ganz kleines Stück in die Ausmündungspartie der Drüsen- tubuli hinein und bekleidet die Wand des an Querschnitten sich ge- faltet zeigenden Ausführungsganges. Nach der Mündung des letzteren zu geht es in Oberflächenepithel der Magenschleimhaut über. Die Verhältnisse, die ich bei Lagopus subalpinus vorfand, sind mit den beim Huhn geschilderten so identisch, dass ich eine specielle Beschreibung für unnöthig erachte. Anatidae. Anas boschas (Fig. 36). Die zusammengesetzten Drüsen sind hier unilobär, ihre Tubuli um die ziemlich weite Centralhöhle herum radial angeordnet; die Zellen der letzteren hoch eylindrisch oder prismatisch, mit basalliegenden, komprimirten Kernen und einem Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 527 hellen Protoplasma versehen. In die Centralhöhle öffnen sich kurze Sammelröhren, deren Epithel eben so beschaffen wie das der Cen- tralhöhle, aber nicht so hoch wie dieses und mehr eylindrisch ist. Diese Zellen hören nach der Peripherie zu plötzlich auf und machen den eigentlichen Drüsenzellen Platz. Gegen die Oberfläche setzt sich die Centralhöhle in einem Aus- führungsgange, der denselben Diameter, wie sie selbst hat, fort, und endet an einer Erhöhung der Schleimhaut, nach welcher hin sich deren Falten biegen. Die Zellen des Ausführungsganges sind denen der Centralhöhle ganz gleich, nehmen aber an Höhe etwas ab, um in das Öberflächenepithel des Magens überzugehen. Mit diesem stimmen sie sowohl in ihrer Form als auch in ihrem Verhalten Farb- stoffen gegenüber überein, sie lassen sich beide durch Protoplasma- farbstoffe nur schwach tingiren, durch Schleimfarben gar nicht. Färbt man z. B. einen durch die Übergangsstelle vom Ösophagus in den Magen selesten Längsschnitt mit DELAFIELD’s Hämatoxylin, so nehmen die Zellen der Ösophagusdrüsen eine stark blaue Färbung an, das Ober- flächenepithel des Magens, das die obere Hälfte der Falten bekleidet, sowie die Centralhöhlen- und die Ausführungsgangszellen der zu- sammengesetzten Drüsen bleiben ungefärbt; nur die Obertheile der Zellen, die die untere Hälfte der Falten auskleiden, werden von dem Farbstoffe beeinflusst. Dies Verhältnis ist also von dem, welches wir beim Huhn fanden, verschieden. Wie aus der Vergleichung der Figg. 49 und 58 hervorgeht, unter- scheidet sich das Oberflächenepithel des Magens beim Huhn von dem bei den Enten auch in dem Punkte, dass der sekrethaltige Theil bei den letzteren im Verhältnis zu den basalen größer und breiter ist als beim Huhn. Dieser Theil ist auch hier geradlinig abgeschnitten, nicht konvex. Die Oberfläche dieser Zellen ist auch hier oft von einer dünnen Sekretschicht, die sich nach dem Grunde der Blindsäcke fortsetzt, bedeckt. Das Epithel der letzteren ist, wie beim Huhn, ein kurz cylindrisches oder kubisches, das Protoplasma feingranulirt, das Lumen ganz fein. Bei Anas Penelope und A. crecca (von welchen Arten ich erwachsene Thiere untersuchte) zeigen sich genau dieselben Erschei- nungen, wie die bei Anas boschas beschriebenen. Nur haben die Sammelröhren der Drüsen eine größere Länge als bei A. boschas. Bei Mergus serrator und Somateria mollissima waren die Blindsäcke im Anfangstheil des Drüsenmagens erheblich ausgedehnter 528 RK E. Schreiner, als die nachfolgenden, ihr Lumen zeigte sich weiter. ‘Die hier kurz angedeuteten Bildungen werde ich im zweiten Absehnitte ausführlicher behandeln. Laridae. Larus canus. Bei der Beobachtung eines Längsschnittes durch den unteren Theil des Ösophagus und den Anfangstheil des Magens lässt sich keine bestimmt gezogene Grenze zwischen beiden Partien, wie es bei den Enten der Fall ist, unterscheiden; der Übergang ist vielmehr ein allmählicher. Wir sehen die Ösophagusdrüsen näher an einander rücken, schmäler und länger werden, die in die Epithel- schicht eindringenden Papillen an Höhe zunehmen, so dass die Dicke dieser Schicht abnimmt (Fig. 6). Der früher (unter Ösophagus) be- schriebene Unterschied zwischen dem Oberflächen- und Drüsenepithel tritt mehr und mehr zurück, indem die Zellen der oberen Schicht des ersteren kubisch, später eylindrisch werden und sich durch Schleim- farben in ihren oberen Theilen färben lassen. Die Zellen des Drüsen- körpers ihrerseits verlieren ihr klares Aussehen; werden feingranulirt und zeigen Färbstoffen gegenüber dasselbe Verhalten, wie das Ober- flächenepithel. Dies wird endlich einschiehtig, und hier au: dann die eigentliche Magenschleimhanut. Dieser allmähliche Übergang des mehrschichtigen Ösophagus- epithels in das einschichtige Magenepithel ist von gewissem Interesse, in Folge der Analogie mit den Verhältnissen bei vielen niederen Wirbelthieren. | | Zwei Querschnitte durch die Schleimhautfalten und die zwischen diesen ausmündenden Blindsäcke sind in Figg. 46 und 47 wiedergegeben. Das Oberflächenepithel stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem des Huhns überein, und die oberen Theile der Zellen lassen sich wie die über ihnen liegende Sekretschicht durch Schleimfarben tingiren. | Die großen Drüsen sind unilobär, die Drüsentubuli liegen radial, doch mit einer leichten Biegung nach oben zu, um die runde Central- höhle gereiht. Die Epithelzellen der letzteren sind im unteren Theile kubisch, von derselben Höhe wie die Drüsenzellen, große, runde Kerne enthaltend. Ihr Protoplasma ist feingranulirt, weist keine Sekret- körnchen auf, ein schmaler Saum des oberen Theiles färbt sich durch Schleimfarben; sie sind in Folge dessen den Zellen der Blindsäcke sehr ähnlich. Die kurzen Sammelröhren haben dasselbe Epithel. Nach oben zu geht die Centralhöhle in den Ausführungsgang über, dessen Zellen höher sind als die im unteren Theile der Central- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 529 höhle befindlichen und nach oben, indem ihre schleimhaltigen Ober- theile an Größe zunehmen, in das Magenepithel übergehen. Aleidae. Uria grylle. Die nach oben leicht gebogenen einzelnen Tubuli der zusammengesetzten Drüsen münden in Sammelröhren ein, deren Epithel kubisch ist und von einer geringeren Höhe als die der Drüsen- zellen; die Kerne dieser Sammelrohrzellen haben runde Form, ihr Protoplasma besitzt ein helleres Aussehen als das bei Larus be- schriebene. Mit dem Zunehmen des Diameters der Sammelröhren erreichen auch die Zellen eine bedeutendere Höhe. Von einer eigent- lichen Centralhöhle wie bei Larus kann hier nicht die Rede sein, da die Drüsentubuli, immer mehrere zusammen, in breiteren Sammel- röhren sich vereinigen, welch’ letztere in einem gemeinsamen Aus- führungsgange, dessen Zellen eylindrische oder prismatische Form und dieselbe Höhe, wie die der Oberfläche des Magens besitzen, aus- münden. Die Schleimhaut bildet um die Ausmündungsstellen der Drüsen Falten wie bei Larus, die Spalten zwischen diesen lösen sich wie - gewöhnlich in zahlreiche Blindsäcke auf, die auch hier ein kubisches Epithel mit runden Kernen und- feingranulirtem Protoplasma besitzen. Bei dem jungen Thiere, das ich untersuchte, fanden sich in der Tiefe einer Anzahl von Blindsäcken Drüsenzellen. vor, die sowohl was Form, als auch was Tinktionsverhältnisse betrifft, ganz dasselbe Bild zeisten, wie die Zellen der großen Drüsen. Solche Blindsäcke waren im Anfangstheile des Magens besonders zahlreich, doch auch sonst zu sehen. Denselben Bau haben auch einige den Ausführungs- sängen der großen Drüsen am’ nächsten liegende Blindsäcke und sleichen den nebenliesenden, in den gemeinsamen Ausführungsgang der zusammengesetzten Drüse mündenden Drüsentubuli sowohl in Größe als auch in Bildung.. Unter den Blindsäcken sind diejenigen, die sich um die zwischen den großen Längsfalten des Drüsenmagens ausmündenden Drüsen sruppiren, von bedeutender Länge. Der Übergang: der Ösophagusschleimhaut in die des Magens geht hier auf kürzerer Strecke vor sich als bei Larus. Doch zeigt sich auch der Vorgang, dass die Zellen in den Schleimdrüsen des Öso- phagus sich so verändern, dass ihr Protoplasma aus einem basalen dunkleren und einem oberen, helleren, von dem ersteren sich deut- lich abhebenden Theil besteht. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 35 530 Ä K. E. Schreiner, Podicipidae. —Podiceps auritus. Die Schleimhaut des Magens ist wegen der großen Drüsen von bedeutender Mächtigkeit. Dieses Zunehmen ihrer Dicke vom Ösophagus an kann in verschiedener Weise vor sich schen. Bei einem Exemplare waren die ersten zusammengesetzten Drüsen ganz klein und bestanden nur aus wenigen Drüsentubuli. Die Größe nahm dann nach unten gegen die Mitte des Drüsenmagens hin allmählich zu. Bei einem anderen Exemplare aber war schon die erste Drüse sehr groß, und die Schleimhaut des Ösophagus stieg hier, ganz wie bei Lagopus subalpinus durch Textfig. 10 dargestellt, schräg nach oben, den Seitenflächen der ersten Drüsen entlang. Die Drüsentubuli sind radial um die ziemlich weite Centralhöhle angeordnet. Das Epithel der letzteren ist ein hohes, prismatisches, an dem ein klarer Obertheil und ein schmaler, protoplasmatischer Basaltheil deutlich zu unterscheiden ist. Nach oben geht dies Epithel in das der Oberfläche über, welches jedoch nicht so hoch wie das erstere ist und dessen Oberenden nicht von derselben Durchsichtig- keit und Klarheit sind. Die Blindsäcke haben ein weites Lumen. Eine genauere Beschreibung der Verhältnisse bei dieser Art und bei Colymbus durfte ich nicht geben, da dieser Theil meines Mate- riales während des Transportes leider etwas gelitten hatte. Passeridae. Passer domesticus. Die Falten der Schleimhaut sind kurz und breit, die zwischen ihnen einmündenden Blindsäcke ungefähr eben so lang, wie die Falten hoch sind. Ihr Lumen ist deutlich wahrnehmbar (Fig. 42), von kubischen Zellen ausgekleidet, und ent- hält ein homogenes lichtbrechendes Sekret, das sich in die dünnere Sekretschicht, die die Oberfläche der Schleimhaut bedeckt, fort- setzt. Die einzelnen Tubuli der kurzen und breiten zusammengesetzten Drüsen sind nach der Oberfläche hin gerichtet und Öffnen sich in Sammelröhren, die von einem eylindrischen Epithel mit hellem Proto- plasma und basalen Kernen bekleidet sind (Fig. 41). Diese Röhren endigen wiederum in weiteren derartigen Sammelkanälen. Unter diesen ist der centrale der größte und besitzt ein gefaitetes Lumen, um ihn liegen kleinere Röhren. Ein eigentlicher Centralhohlraum kommt so nicht zu Stande. Die peripheren vereinigen sich mit der Beiträge zur Histol. und Embryologie. des Vorderdarmes der Vögel. I. 531 centralen Höhle und gehen in den gemeinsamen Ausführungsgang über. Diese Erscheinungen werden leicht klar werden, wenn man den Längsschnitt (Fig. 35) mit den zwei Querschnitten (Figg. 39 und 40) vergleicht. Während die Zellen der Sammelröhren breit cylindrisch sind, mit basalen Kernen und einem hellen Protoplasma (Fig. 41), sind die in dem Ausführungsgange (Fig. 43) von wechselnder Höhe, so dass der Gang ein gefaltetes Lumen erhält. In den Zellen unter- scheidet man deutlich einen basalen protoplasmatischen, in welchem der ovale Kern liegt, und einen oberen sekrethaltigen Theil. Der Übergang zwischen den Zellenformen der Sammelröhren, denen des Ausführungsganges und denen der Oberfläche geht ganz allmählich vor sich, der Übergang der Zellen der Sammelröhren in die eigent- lichen Drüsenzellen findet ganz plötzlich statt (Fig. 41). Bei Hirundo rustica, Turdus iliacus und pilaris erweist sich der Bau des Drüsenmagens in den wesentlichen Punkten mit dem bei Passer geschilderten übereinstimmend. Sturnus vulgaris. Hier treten die Falten der Schleimhaut höher auf als die bei Passer und stehen dichter. Die Blindsäcke sind auch hier ungefähr von derselben Länge wie die Höhe der Falten. Ihr Lumen ist deutlich, in der Tiefe am weitesten, das Sekret ist gut wahrzunehmen. Von einigen Krypten aus lässt sich das Sekret bis zur Oberfläche als ein spiralförmig gewundener, in das Sekret dieser letzteren eingedrungener Faden verfolgen. Die zusammengesetzten Drüsen sind denen bei Totanus cali- dris, auf den ich später zurückkommen werde, sehr ähnlich. Der Bau ist am leichtesten durch das Vergleichen eines Längsschnittes, ähnlich dem in Fig. 37 von Totanus wiedergegeben, mit Reihen von Querschnitten klar zu erkennen. An den tiefsten von diesen kann man nur die mit gekörnten Zellen versehenen Drüsentubuli, quer in der Mitte und schräg in der Peripherie -durchgeschnitten, unter- scheiden. Kommt man aber weiter nach oben, so wird die Peripherie der Drüse von den eigentlichen Drüsentubuli eingenommen, während man in der Mitte einige quer durchschnittene Sammelröhren antrifft, deren Epithel durchaus mit dem entsprechenden bei Passer überein- stimmt. An einigen dieser Sammelröhren tritt das Epithel auf der einen Seite als ein eylindrisches »Sammelrohrepithel«, auf der anderen dagegen als gekörntes Drüsenepithel auf. Diesem Bilde entsprechend kann man auch an Längsschnitten bemerken, dass der Übergang der zwei Epitbelien in einander in .einem Tubulus nicht immer in der- 35* 532 K. E. Schreiner, selben Ebene sich abspielt, sondern oft ein bischen früher auf‘ der einen Seite als auf der anderen. Nähert man sich der Oberfläche, so nimmt die von den Sammel- röhren eingenommene Partie an Ausbreitung zu und die peripherische, von den Drüsentubuli eingenommene, entsprechend ab. Die centralen Sammelröhren weisen jetzt einen größeren Durchmesser auf und werden von solchen, die kleineren Kalibers sind, umgeben. Noch weiter nach oben zu befinden sich in der Mitte der Drüse einige sroße Sammelröhren, deren Wände stark gefaltet und in ein gefäß- reiches Bindegewebe eingelagert sind. An ihre Außenseite schließen sich einige kleinere Röhren an, und endlich wird die äußerste Peri- pherie von einer schmalen Zone von Drüsentubuli eingenommen. Dieser letzte Theil verschwindet in den folgenden Schnitten voll- ständig. Die centralen Sammelröhren, meistens drei an Zahl, nehmen die peripheren auf und gehen in drei neben einander liegende Aus- führungsgänge über. Erst in der Ebene, in welcher die Blindsäcke zwischen die Falten ausmünden, oder noch höher, vereinigen sich diese drei Gänge zu einem einzigen Gang, der an der Oberfläche mündet und dasselbe Epithel wie das bei Passer geschilderte besitzt. Schnitte durch die Drüsentubuli sind in Figg. 56 und 57 wieder- gegeben. Limicolae. Tringa maritima. Die zusammengesetzten Drüsen (Fig. 44) sind an der Basis breit, die Seitenwände liegen hier einander dicht an, nach oben verschmälern sich die Drüsen ein wenig. Die End- stücke der einzelnen Drüsentubuli nehmen einen nach der Oberdäche hin leicht gebogenen Verlauf. Sie sammeln sich in Kanälen, die mit einem aus granulirten Drüsenzellen und zwischen diesen zerstreut liegenden hellen Zellen von derselben Höhe wie die ersteren bestehenden Epithel ausgekleidet sind. In dem distalen Theil dieser Sammelröhren sind die Drüsenzellen in Majorität; nur einzelne helle Zellen kommen zwischen ihnen vor, nach oben nehmen aber diese an Zahl zu und die Drüsenzellen schwinden. Diese Sammelröhren münden in größere Gänge, die die Mitte der Drüse einnehmen und von welchen bald der centrale die übrigen an Kaliber übertrifft und in den Ausführungsgang übergeht. Ihre Zellen sind cylindrisch, die des Ausführungsganges (Fig. 45) haben prismatische Form, wobei der Übergang der einen Zellform in die andere ein allmählicher ist. In den Zellen des Ausführungsganges begegnet man Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 533 einer ganz schmalen, protoplasmatischen Hälfte mit einem ovalen Kerne versehen und einer breiten oberen von hellem Aussehen. Die Höhe der Ausführungssangszellen ist größer, ihr Aussehen klarer als das der Magenzellen. Zwischen diesen Drüsen stieß ich auf einzelne Doppeldrüsen, welche nicht bis an die Museularis mit breiter Basis heranreichten, sondern die Gestalt eines Doppelkegels, sich nach oben und unten zuspitzend, besaßen. Die zwei Drüsenkörper wurden im unteren Drittel durch Bindegewebe deutlich von einander getrennt. In der oberen Hälfte war aber dies Bindegewebe eben so fein wie in ge- wöhnlichen Drüsen, so dass durch dies allein nicht entschieden werden konnte, ob die hier liegenden Drüsentubuli der einen oder der anderen Drüsenhälfte angehörten, was vielmehr nur durch die Richtung der Tubuli zu bestimmen war, indem diese von der dünnen Scheidewand aus einen divergirenden Verlauf nach der Oberfläche zu hatten. Die Sammelröhren, in die die Drüsentubuli mündeten, lagen nicht in der Mitte jeder Drüsenhälfte, sondern nach der Mittelachse des gemein- samen Drüsenkörpers zu verschoben, so dass in dieser Partie die Enden der Tubuli eine fast gerade Richtung erhielten. Die Sammel- röhren liefen in zwei neben einander verlaufende Ausführungsgänge ein. Um die Mündungsstellen der Drüsen sind die Falten der Schleim- haut koncentrisch angeordnet und zwischen diesen treten die mit einem kubischen Epithel ausgekleideten und ein feines un be- sitzenden Blindsäcke aus. Die den Ausführungsgängen der zusammengesetzten Drüsen am nächsten liegenden Blindsäcke sind jedoch an ihrem Grunde oft nicht von diesem kubischen Epithel bedeckt, sondern von Zellen, deren Form und Verhalten Farbstoffen gegenüber ähnlich denen der eigent- lichen Drüsenzellen sind (vgl. Fig. 445). Dass diese einfachen Drüsen- tubuli in keiner Verbindung mit den Ausführungsgängen der zusammen- gesetzten Drüsen stehen, geht sowohl aus Längs- als auch aus Quer- schnitten durch die Schleimhaut klar hervor. Die Blindsäcke, die solche Zellen enthalten, sind gewöhnlich länger und breiter als die übrigen. Nach der Ausmündungsstelle zu werden diese granulirten oder richtiger gekörnten Zellen von den gewöhnlichen kubischen Blindsackzellen abgelöst. Der Übergang zwischen diesen zwei Zell- arten ist nicht immer ein stark ausgesprochener, indem die Drüsen- zellen nach oben oft kleiner werden, ihre Granula mehr und mehr verlieren, und die Zwischenräume ihrer oberen Theile an Größe nach und nach abnehmen. 554 | K. E. Schreiner, Bei Tringa minuta treten die großen Drüsen länger und schmäler auf, als dies bei Tr. maritima der Fall ist. Die Drüsen- tubuli, die dieselbe Richtung einhalten wie bei der letzteren Art, münden in eine ÜÖentralhöhle, die einen Durchmesser von nur 40 u hat und in den Ausführungsgang übergeht. Ihre Zellen sind eylin- drisch mit ovalen basalliegenden Kernen und einem hellen Proto- plasma ausgestattet. Diese gehen dann durch die Zellen des Aus- führungsganges in diejenigen der Oberfläche über. Die zwischen den Falten mündenden Blindsäcke sind lang, mit einem ganz engen Lumen. Oft theilen sie sich dichotomisch; granu- lirte Drüsenzellen, wie bei der letzteren Art, habe ich hier nicht finden können. Charadrius apricarius. Lange und dünne Drüsen; die Tubuli, radial zur Achse angeordnet, münden in eine Centralhöhle, deren Diameter ea. !/;, desjenigen der Drüse beträgt. Von Sammelröhren kann man hier kaum sprechen, sie sind jedenfalls nur von ganz un- bedeutender Länge. Die Zellen der Centralhöhle sind eylindrisch mit basalen runden Kernen und hellem Protoplasma. Die Drüse mündet mittels eines Ausführungsganges, der denselben Durchmesser wie die Centralhöhle hat, an der Oberfläche. Die Blindsäcke haben ein deutliches Lumen, mit Sekret aus- gefüllt und mit kleinen kubischen Zellen bedeckt. Haematopus ostrilegus. Die zusammengesetzten Drüsen sind sehr lang, dazu ziemlich schmal, wurstförmig, stehen dicht an ein- ander. Die einzelnen zur Achse der Drüse radial gestellten Tubuli münden entweder durch ganz kurze Sammelröhren gleich in die Centralhöhle ein, deren Diameter ungefähr den vierten Theil desjenigen der Drüse beträgt, oder mehrere vereinigen sich in Tubuli von größerem Ka- liber, mit gewöhnlichem Drüsenepithel bekleidet, welche nach der Oberfläche zu gebogen, parallel zur Achse der Centralhöhle verlaufend, früher oder später durch ein kurzes Sammelrohr eintreten. Das Epithel dieser Haupttubuli ist, wie erwähnt, granulirt wie das der Endstücke der Drüsentubuli; doch zeigen sich oft die Zellen ganz plattenförmig mit langen schmalen Kernen; auf Färbungen reagirt ihr Protoplasma vollkommen wie das der Drüsenzellen. Das Epithel der Centralhöhle und der kurzen Sammelröhren ist eylindro-prismatisch, die Kerne liegen basal, das Protoplasma hat helles Aussehen. Dasselbe ist bei dem Epithel des kurzen, sich der Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 535 Centralhöhle anschließenden Ausführungsganges der Fall. Dieser zeigt an "Querschnitten dasselbe Bild, wie für Tringa maritima durch Fig. 45 wiedergegeben. Die Falten der Schleimhaut sind wenig ausgebildet, stehen weit von einander. Ihre Basis hat an Querschnitten einen stark gefalteten Umriss und sie lösen sich nach oben zu in mehrere freie, zottenartige Vorsprünge auf. Da die zusammengesetzten Drüsen sich nach: der Oberfläche wenig verschmälern, sind auch in Folge dessen die Blindsäcke dem entsprechend ganz kurz gerathen. | In Folge der bedeutenden Größe der ersten zusammengesetzten Drüse, der man vom Ösophagus ausgehend, zuerst begegnet — ganz wie dies für Lagopus durch Textfig. 10 dargestellt ist — bildet die Schleimhaut hier an Längsschnitten eine stark schräg aufsteigende Linie. Diese Partie wird aber hier nicht, wie bei Lagopus, von der Ösophagusschleimhaut, sondern von der Magenschleimhaut ein- genommen. Letztere trägt in diesem Falle lange kegelförmige Zotten, an deren Basis die Blindsäcke ausmünden. Diese sind hier bedeutend länger als zwischen den großen Drüsen. Ihre Achse bildet mit der Ebene der Oberfläche einen Winkel, indem ihr unterer Theil nach dem Ösophagus hin gerichtet ist. Sie sind mit einem kubischen Epithel versehen, ihr Lumen ist deutlich erkennbar und tritt be- sonders weit in den ersten, die wir hier antreffen, auf. Die Zellen sind, wie die der Oberfläche, mit einer Sekretschicht überzogen. Am Grunde vieler dieser Blindsäcke finden sich zwischen den kleinen kubischen Zellen zerstreut liegende gekörnte Zellen gleich denen der zusammengesetzten Drüsen. Durch ihre starke Affinität zu Farben, z. B. Kongoroth, heben sie sich scharf von den übrigen Zellen ab. Ihre Anzahl ist gewöhnlich nur eine geringe, sie können jedoch bis ungefähr ein Drittel des Blindsackes ausfüllen. Das Sekret dieser Blindsäcke hat dann dasselbe gekörnte Aussehen, wie man es in den zusammengesetzten Drüsen findet. Zwischen den zusammengesetzten Drüsen sind mir derartige Blindsäcke, wie bei Tringa maritima, nicht begegnet. Totanus calidris. Wie aus Fig. 37 hervorgeht, bestehen die großen Drüsen aus einem peripheren von Tubuli mit granulirten Zellen und einem centralen von Sammelröhren mit hellen Zellen eingenommenen Theile. Wie bei Sturnus genauer beschrieben, münden die nach der Oberfläche zu gerichteten, verästelten Drüsentubuli in Sammelröhren, 536 K. E. Schreiner, von welchen die centralen den größten Durchmesser haben, aus. Diese vereinigen sich nach oben zu in derselben Ebene, in der die untersten Enden der Blindsäcke liegen, zu einer ampullenförmigen Erweiterung, aus welcher der Ausführungsgang nach der Oberfläche aufsteigt. Die Zellen der Sammelröhren sind erst kubisch; mit dem Zu- nehmen des Durchmessers der Röhren werden sie cylindrisch, ihr Protoplasma ist hell, die Kerne basalliegend, plattgedrückt. In den obersten Theilen der großen Sammelröhren nehmen die Kerne eine mehr ovale oder runde Gestalt an, während die Zellen hier höher, schmäler, von prismatischer Form sind. Der basale Theil des Proto- plasmas unterscheidet sich deutlich von dem oberen klaren. Die Zellen des runden Ausführungsganges besitzen auch Prisma- form, sind von wechselnder Höhe, wodurch das Lumen gefaltet wird. Sie gehen nach oben zu allmählich in die Oberflächenzellen über. Ihre Oberenden färben sich auch, wie die der letzteren, durch Schleimfarben. Nach unten hin wird diese Färbung immer schwächer und hört, wenn man eine kleine Strecke in die größeren Sammel- röhren hineingedrungen ist, ganz auf. Die Falten der Schleimhaut sind mehr entwickelt als bei Haema- topus. Die um die Ausführungsgänge der großen Drüsen koncen- trisch angeordneten Blindsäcke haben wie gewöhnlich ein kubisches Epithel, ihr Lumen ist mit Sekret ausgefüllt. Coraciidae. Der Bau der Drüsen bei Corvus cornix und Pica caudata ähnelt ganz dem bei Totanus geschilderten. Die Blindsäcke zwischen den Falten erreichen eine bedeutende Entwicklung und sind im Besitze eines ziemlich weiten Lumens, das ein lichtbrechendes Sekret enthält. In ihrer Tiefe sind sie etwas angeschwollen und nicht selten in zwei Theile gespalten. Die Zellen sind klein, eylindrisch, mit einem runden basalen Kerne versehen. Ihr Oberende zeigt gegen das Lumen eine scharfe lichtbrechende Grenze. Diese Grenzlinie verläuft oft wegen der schwach konvexen Oberfläche der einzelnen Zellen leicht wellenförmig. Das Sekret ist gewöhnlich homogen. In einem weiten, nach unten stark geblähten Blindsacke von Pica konnte ich jedoch an einem dünnen Längsschnitte den Sekretstrom von den einzelnen Zellen ausgehend an mehreren Stellen in der gemeinsamen Sekretmasse verfolgen. Diese hatte da- durch eine fächerförmige Struktur, da der von jeder Zelle producirte Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 537 - Theil derselben mit einer breiten Basis sich dem Oberende der Zelle anschließend nach der Mündung hin an Breite immer abnimmt, um sich endlich mit den anderen, von den übrigen Zellen ausgehenden Sekretströmcehen zu dem aus der Mündung hervorragenden faserigen Pfropfen zu vereinigen. Muskelmagen. Die Schleimhaut des Muskelmagens ist derjenige Theil des Vorder- darmes, der am meisten untersucht worden ist. Ihr Bau stimmt, wie Cazın auch hervorhebt, bei allen bis jetzt untersuchten Vögeln sehr überein. Die Unterschiede, die hier in Betracht kommen, sind nur quantitativer Natur. Es wird desshalb, um über diesen Bau einen Überblick zu bekommen, im Folgenden genügen, nur zwei Arten zu betrachten. Somateria mollissima. Die Oberfläche der Schleimhaut (Fig. 65) trägt in Reihen angeordnete, an Sagittalschnitten kegelförmig vor- springende Papillen, zwischen welche die Schleimhaut sich in Krypten hinabsenkt, in die verzweigte, tubulöse Drüsen münden. Über der Oberfläche der Schleimhaut liest die hier bedeutende Sekretschicht. Parallel zur Oberfläche zelegte Schnitte orientiren am leichtesten über die weiteren Details. Jeder Drüse entspricht ein Bündel von vier bis sieben Endstücken, die gruppenweise, von den Nachbarbündeln durch Bindegewebe ge- trennt, angeordnet sind (Fig. 64). Die Zellen der einzelnen Tubuli sind kubisch, haben einen großen, runden Kern und durch die ge- wöhnlichen Protoplasmafarbstoffe stark tingibles (feingranulirtes), aber keine wie die Zellen der zusammengesetzten Drüsen des Drüsen- masens durch Eisenhämatoxylin färbbare Sekretkörnchen enthaltendes Protoplasma. Die Tubuli besitzen ein feines, mit hellem Sekret gefülltes Lumen. Nach oben hin sammeln sich diese Endstücke in größere Tubuli (Fig. 65), so dass die Zahl der in Gruppen geordneten Tubuliquer- schnitte von unten nach oben immer mehr abnimmt, während ihr Lumen immer srößer wird. Die Zellen werden etwas höher, ihre Oberenden heller und ihre Grenzlinien gegen das Lumen zu stark liehtbrechend. Weiter nach oben vereinigen sich wieder diese größeren Tubuli und öffnen sich gemeinsam in die Magenkrypten, die wie die - Drüsen in Längsreihen vorkommen. Die Zellen sind hier niedrig eylindrisch, haben einen runden Kern und ihr Protoplasma besteht aus einem ganz hellen Obertheil und einem dunklen Basaltheile. Der 538 | K. E. Schreiner, erstere zeigt ungefähr dieselben Verhältnisse in Liehtbrechung und Tinktion wie das im Lumen liegende Sekret, so dass die Grenze . zwischen beiden Theilen nicht gleich zu unterscheiden ist. Die Größe des klaren Theiles ist in den einzelnen Krypten etwas verschieden. Das Oberende der Zellen ist gerade oder leicht konvex und ragt ins Lumen schwach hinein (Fig. 66). Wie sich nun die freien Papillen der Schleimhaut bilden, geht nur aus der Oberfläche parallel gelegten Schnitten klar hervor. Genauere Angaben hierüber habe ich bei den früheren Unter- suchern nicht gefunden. Die in Längsreihen liegenden Magenkrypten verschmelzen mit ihren Nachbarn in derselben Reihe (Fig. 66) und verursachen da- durch die Bildung von Längs- leisten mit dazwischenliegenden ss Längsspalten. Dann vereinigen sich gleich nachher von den ur- sprünglichen Magenkrypten, die jetzt als stundenglasähnliche Aus- buchtungen in den Längsspalten wahrnehmbar sind, zwei und zwei neben einander liegende benach- barter Spalten, so dass die Fal- ten in eine Reihe freiliegender Papillen getheilt werden. Diese haben Anfangs konkave Seiten- flächen, nach der Höhe zu werden sie kegelförmig. Dieses bloß durch Worte nicht leicht aus einander setz- Textfig. 6. bare Verhältnis habe ich durch die ganz schematisch gehaltene Textfig. 6, in welcher Drüsen, Kıypten und Spalten schwarz ge- zeichnet sind, klarzustellen versucht. In dieser sind die einzelnen differenten Schichten der Magenwand durch partielle Entfernung in Form einer Treppe gleichzeitig zur Anschauung gebracht. Die Papillen sind von einem Epithel ausgekleidet, das in Form mit dem gewöhnlichen Magenepithel übereinstimmt (Fig. 60). Nach unten zu setzt sich dies Epithel in das der Krypten fort und letzteres wieder in das der Drüsen, indem der helle Obertheil immer kleiner wird und in den tieferen Partien der Drüsen nicht zu unterscheiden ist. m BD = = zz = = x EZ Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 539 Was das Sekret betrifft, das die Oberfläche bedeckt, so. setzt es sich, wie schon längst bekannt, aus der Sekretion der Krypten mit Drüsen und des Epithels der Papillenoberfläche zusamnien. Letzteres, das auch abgestoßene Zellen in größerer oder geringerer Anzahl enthält, liegt im ersteren eingebettet (Figg. 60 und 65). An Schnitten, senkrecht zur Oberfläche des Magens gelegt, wird so die. Sekret- schicht von parallelen abwechselnd hellen, aus den Krypten kom- menden und mehr trüben, mit den Spitzen der Papillen in Zusammen- hang stehenden, oft leicht gebogenen Bändern zebildet. An der Oberfläche parallelen Schnitten treten die Querschnitte der Papillen als runde, in das sonst homogene Sekret eingebettete, stärker gefärbte Inseln zu Tage. Die den einzelnen Drüsentubuli entsprechenden Sekretsäulchen, welche Cazın bei der Ente beschreibt, habe ich hier nicht auffinden können. Bei Mergus serrator und Anas crecca sind die Drüsen nicht verästelt, sondern jede von den in Gruppen geordneten Drüsen ent- spricht eine Magenkrypte. Bei Laridae (Figsg. 67 und 68) sind sie auch nicht getheilt. Jede schlauchförmige Drüse, an ihrem Ende leicht geschwollen, endigt in eine Krypte. Nach der Oberfläche zu schmelzen die Magenkrypten, wie bei Somateria, zusammen, und zwischen ihnen kommen die Papillen zu Stande. Die Zellen der Krypten und Drüsen stimmen mit den entsprechen- den bei Somateria überein, sind aber nicht eylindrisch, sondern kubisch oder etwas breiter als hoch. Die Oberenden sind gerad- linig abgeschnitten oder leicht ins Lumen hineingewölbt. Einer genaueren Untersuchung der Zellen durch dünne Schnitte tritt die Sekretschicht sehr lästig in den Weg. Diese Schwierigkeit habe ich zu umgehen versucht, theils dadurch, dass ich für meine Untersuchungen junge Thiere auswählte, theils dadurch, dass ich die Sekretschicht nach der Fixation und Härtung ganz entfernte. An der von Larus fuscus auf diese Weise beseitigten Sekret- schicht ragen die zahlreichen, den Krypten und Drüsen entsprechenden Zäpfchen hervor. Deren untere zugespitzte Enden sind biegsam, _ kommen in allen Winkeln zu den Oberenden vor und brechen leicht ab. Die Oberenden sind dagegen fester und verlaufen in gerader Richtung. Die Oberfläche der Zäpfchen, an denen keine Zellen haften, ist fast ganz glatt, nur stellenweise sind kleine Unebenheiten sichtbar. Dem entsprechend ist die Verbindung der Zellen in den Krypten und Drüsen an den zugehörigen Schnitten nicht aufgehoben. 540 2. K. E. Schreiner, Deutliche Eindrücke der Zellen in die Sekretmasse hinein waren bei Larus eben so wenig wie bei den übrigen Vögeln, die ich unter- suchte, wahrzünehmen. Wo die Drüsen verästelt sind, wie z. B. bei Somateria, ließ sich die Sekretschicht schwieriger ablösen und an den Sekret- zäpfchen hafteten hier nicht ganz selten einige Zellen. Wurden diese aber durch Kalilauge entfernt, so boten die Zäpfchen ganz dasselbe Bild wie bei Larus. Intercelluläre Spalten sah ich in den Drüsen selbst nie. Verhältnissen, wie sie WIEDERSHEIM beschreibt, gelang es mir nicht zu begegnen. Die Drüsen sind an den Längsfalten des Muskelmagens bei Larus länger als in den Einsenkungen zwischen denselben. Die Sekretschicht erweist sich auch als etwas verschieden an diesen Stellen. Zwischen den Falten, ist das Sekret des Papillenepithels und das der Krypten und Drüsen meistens zu einer homogenen Masse, in welcher man das Produkt des ersteren von dem des letzteren nicht unterscheiden kann, verschmolzen. In der über den Falten selbst liegenden Sekretmasse tritt um so deutlicher, je höher man nach dem Gipfel zu kommt, der Unterschied zwischen der Sekretion des Kryptenepithels und der des Papillenepithels hervor, indem die Zellenbestandtheile sich dem Sekret des letzteren immer mehr bei- mischen. Die Erklärung dieses Verhältnisses ist wohl darin zu suchen, dass das Sekret der Krypten und Drüsen hier schon unter den Pa- pillenspitzen theilweise erstarrt ist, und dass diese um die Papillen empordringende Masse eine Desquamation der Zellen derselben her- vorruft. Oft treten in der Sekretschicht mit der Oberfläche parallel ver- laufende, stärker gefärbte Linien zu Tage. Diese, die dadurch zu Stande gekommen sind, dass dem Sekret des Papillenepithels hier eine große Menge celluläre Bestandtheile beigemengt sind, lassen sich wohl dadurch erklären, dass die Sekretion der Krypten mit ihren Drüsen nicht immer gleich rasch vor sich geht. Tritt diese m - geringerem Umfange auf, so schmilzt das Sekret der Krypten mit dem der Papillen zusammen; ist sie aber eine größere und das Sekret schon etwas erstarrt, dann tritt, wie oben erwähnt, die Desquama- tion der Papillenzellen auf. Es erübrigt noch, die sogenannte intermediäre Zone zwischen dem Drüsen- und Muskelmagen zu erwähnen. Die Schleimhaut nimmt da, wo die zusammengesetzten Drüsen Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 541 aufhören, an Tiefe stark ab, ihre, um die Drüsenöffnungen sich reihenden Falten werden hier in frei endende Papillen getheilt, zwischen welchen die Blindsäcke ausmünden. Letztere nehmen an Zahl und Länge stark zu (Fig. 61), und da wo die Drüsen des Muskelmagens verästelt vorkommen, zeigen auch in dieser Zone die Endstücke der Blindsäcke kurze Zweige, deren Zahl und Länge nach dem Muskel- magen hin sich vergrößert (Fig. 62). Die Sekretmenge der Blind- säcke und der Oberfläche ist bedeutender als im Drüsenmagen und von zäherem Wesen, so dass das Sekret einen zusammenhängenden, an der Oberfläche festklebenden Überzug der Schleimhaut bildet. In diesen mischen sich dann, wenn man sich dem MusSelm n weiter nähert, die zelligen Berkdniktheike der Papillen. Die Grenze zwischen Drüsen- und Muskelmagen ist also keine scharf ausgesprochene, und es ist unmöglich zu entscheiden, was als letzter Blindsack des Drüsenmagens und was als erste Drüse des Muskelmagens aufzufassen ist. Epikrise. Die Frage, welche nach dieser detaillirten Beschreibung der Magenschleimhaut sich uns aufdrängen muss, scheint mir in erster Linie die zu sein: In welchem Verhältnisse stehen die im Drüsenmagen beschriebenen Blindsäcke zu den zusammen- gesetzten Drüsen derselben Magenabtheilung und in wel- chem Zusammenhange stehen sie mit den Drüsen des Muskelmagens? Bei mehreren Vögeln (Uria, Tringa, Haematopus) sind uns am Grunde dieser schlauchförmigen Gebilde, die ich mit dem indiffe- renten Namen »Blindsäcke« bezeichnet habe, Zellen begegnet, die ganz mit den, granulirte Sekretkörnchen enthaltenden Zellen der zusammengesetzten Drüsen identisch sind. Zahl und Vorkommen dieser Zellen sind sehr wechselnd. Was man aus diesem Funde schließen kann, ist, dass die im Drüsenmagen vorkommenden Blindsäcke und zusammengesetzten Drüsen desselben Ur- sprungs sind und genau zusammengehören. Meine Resultate bekräftigen also vollständig die von OPpEL (XX, p- 155) geäußerte Ansicht, dass die beiden Drüsenarten des Drüsen- magens der Vögel der einen Fundusdrüsenart der Reptilien entsprechen. Wie hat sich nun aber der gegenwärtige große Unterschied zwischen diesen Anfangs gleichartigen Gebilden entwickelt? Stellen wir uns vor, eine ursprünglich ebene Magenschleimhaut 542 K. E. Schreiner, mit gleichmäßig vertheilten Krypten und einfachen, schlauchförmigen Drüsen, wie wir sie bei mehreren Reptilien vorfinden, würde sich, ‚um eine Vergrößerung ihrer Oberfläche zu erreichen, grubenförmig: einsenken, so fänden die Drüsenenden, dadurch aus einander wei- chend, die günstigsten Raumverhältnisse für ihre Verzweigung und für ihr Wachsthum. Durch eine solche, stellenweise auftretende Einsenkung der Schleimhaut würde ein Bild wie in der nebenstehenden Texfig. 7 zu Stande kommen. Setzt sich nun die Einstülpung weiter fort, theilen sich dann die Drüsenschläuche, so dass mehrere ) N \ | von solchen in je einer Magen- 5 ® krypte endigen und tritt in der . centralen Partie dieser Einsenkung, wo der Platz am meisten beschränkt \\ wird, eine Reduktion des die Kryp- Li 7 ten umgebenden Bindegewebes (*) Most ein, verbunden mit einer Verschmel- zung einzelner Krypten (‘), so wird dadurch ein Drüsenkomplex hervorgerufen, wie wir ihn nach OPper’s Beschreibung bei Thalassochelys cearetta vor uns haben. Die Drüsenschläuche münden bei dieser mittels centraler Ausführungsgänge, während einzelne sich direkt an der Oberfläche entleeren. Zu diesem Bau bilden die bei mehreren Vögeln, z. B. Tringa maritima, gefundenen Verhältnisse nur eine weitere Entwicklungs- stufe!. Die Zahl der einzelnen Drüsenschläuche ist hier größer, ihre Verästelung reicher und das ableitende Kanalsystem mehr zur Mitte des Drüsenpackets koncentrirt. Von Interesse sind weiter die zwei Übereinstimmungen mit den Erscheinungen bei Thalassochelys, die ich bei Tringa maritima gefunden habe. Erstens kommen bei Tringa im Anfange der Sammelröhren helle und granulirte Zellen gemischt vor (mit absoluter Sicherheit habe ich dies bei anderen Vögeln nicht konstatiren können), ein Verhältnis, welches an und für sich nicht so auffallend ist, da ja die zwei Zellenarten von gleichwerthigen Mutterzellen sich ursprünglich diffe- ! Es muss hier hervorgehoben werden, dass OPpEL (XX und XXIII) der Erste ist, der auf die prineipielle Übereinstimmung zwischen den Drüsen von Thalassochelys und denjenigen der Vögel aufmerksam gemacht hat. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 543 renzirten; bei den meisten Vögeln scheint aber die lokale Trennung zwischen beiden Zellenarten streng durchgeführt zu sein. Der zweite Berührungspunkt ist der, dass eben die Blindsäcke, welehe den zusammengesetzten Drüsen am nächsten liegen, in diese selbst aber nicht hineingezogen werden, so häufig die für diese cha- rakteristischen granulirten Zellen enthalten. Die Grenzen des Kom- plexes sind also nicht immer scharf gezogen. Ähnliche Verhältnisse machen sich an der Übergangsstelle des Schlundes in den Magen geltend. Diese Partie bietet für die oben untersuchten Vögel kein für alle geltendes, prägnantes Bild, indem dieselbe bei jedem Vogel dureh ihren fortwährend wechselnden, gleichsam fließenden Zustand ein anderes Aussehen annimmt. Bald wird diese Zone von der Öso- phagus- bald von der Magenschleimhaut eingenommen. Bald sind in letzterem Falle hier zusammengesetzte Drüsen zu erblicken, bald nicht. Nun finden wir bei dem untersuchten Exemplare von Haema- topus in dieser Gegend oft Drüsenzellen in den Blindsäcken, sonst im Drüsenmagen aber nicht. Die Rückbildung der schlauchförmigen Fundusdrüsen außerhalb der Koncentrirungsstellen hat wegen der schwankenden Verhältnisse keinen festen Boden gefunden. Die Ursache der Koncentrirung der Drüsen bei den Vögeln und die dadurch bedingte kolossale Vergrößerung der sekretorischen Ober- fläche ist oft früher hervorgehoben worden. Sie ist darin zu suchen, - dass ein großer Theil der ursprünglich nur chemisch wirkenden Schleimhaut zu einem mechanisch arbeitenden Organe umgebildet ist. Der Vorgang ist also dem bei Manis javanica bekannten analog, wo die mit einem geschichteten Pflasterepithel bedeckte Magenober- Näche dieses zahnlosen Thieres als ein Verkleinerungsorgan der Nah- rung dient, und die Drüsen in große Packete gesammelt sind. Es ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass, wenn früher von der Übereinstimmung im Bau zwischen den Drüsen bei Vögeln und gewissen Cheloniern die Rede war, auch diese nur als eine Konvergenzbildung anzusehen ist. Dass ähnliche Drüsenformen bei den gemeinsamen Vorfahren sich gefunden haben, kann man sich, wenn man die gegenwärtigen Verhältnisse bei anderen Chelo- niern, Crocodiliern und Lacertiliern im Auge behält, nicht leicht denken. Wie früher geschildert, zeigen die zusammengesetzten Drüsen _ einen etwas wechselnden Bau, das Prineip ist jedoch immer dasselbe, und die einzelnen Formen gehen in einander über. Bei Anas boschas, wo eine deutliche Centralhöhle vorhanden 544 | K. E. Schreiner, ist, münden die weiten Drüsentubuli, radial zu ihr gereiht durch ganz kurze Sammelröhren in sie hinein. Bei anderen Enten (A. Pene- -lope und A. crecca) sind diese Sammelröhren etwas länger. Bei Haematopus kommt eine schmälere Centralhöhle vor, in welche die Drüsentubuli entweder durch ganz kurze Sammelröhren hinein sich öffnen oder durch längere, die erst ein Stück nach der Oberfläche zu der Centralhöhle parallel verlaufen und dann in diese eintreten. An Querschnitten trifft man in Folge dessen in der Mitte der Drüse ein großes Centrallumen und um dieses herum mehrere kleinere Röhren. ' Bei Passer können wir nicht mehr von einer Oentralhöhle spre- chen, da die Sammelröhren hier in zwei oder drei größere Gänge münden, die in der Mitte der Drüse liegen. Erst im oberen Theile derselben vereinigen sich diese größeren Röhren zu einem gemein- samen Ausführungsgange. Bei Totanus und Sturnus ist das Verhältnis ein ähnliches. Die zahlreichen Sammelröhren nehmen nämlich die centrale Partie der Drüse ein, und bei Sturnus vereinigen sie sich erst ganz nahe an der Ausmündungsstelle an die Oberfläche zu einem gemeinsamen Gange. | Betreffs dieser Drüsentypen scheint es mir, dass man diejenigen, denen wir bei z. B. Tringa maritima, Sturnus, Totanus und anderen begegnen, als mit dem ursprünglichen Baue am meisten über- einstimmende und als aus diesem mehr geradlinig entwickelte Formen anzusehen hat, während die Drüsen, die sich durch eine große Cen- tralhöhle auszeichnen, als sekundär hervorgegangene, durch Ver- schmelzung und Reduktion der Sammelröhren entstandene Bildungen zu betrachten sind. Als ein Zeichen dieser Verschmelzung treten hier die einzelnen Drüsentubuli mit erheblich größerem Durchmesser auf als die Tubuli der ersteren Formen. Was die dem Sammelkanalsystem angehörenden Zellen betrifft, haben wir gesehen, dass sie in Ausbreitung und Aussehen viele Variationen darbieten. Bei Larus sind sie klein, kubisch, mit großen Kernen und einem fein granulirten Protoplasma, dessen Oberende Schleimreaktion giebt. Beim Huhn sind es hohe, prismatische Zellen, die den Oberflächenepithelien des Magens in vielen Beziehungen gleichen, bei den Enten lange, schmale, helle Zellen, bei einer Reihe anderer Vögel (Passeridae, Coraciidae, viele Limicolae) Zellen, die in Bezug auf Form und Aussehen in den unteren Partien der Drüse mit den Schleimzellen in den Ösophagusdrüsen übereinstimmen, Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 545 sich aber nicht wie diese durch Schleimfarben färben lassen, und in dem oberen Theile der Drüse dem Oberflächenepithel mehr ähn- lich sind. | Eine genauere Beziehung zwischen Vorkommen und Aussehen dieser Zellen und der Nahrung des Thieres scheint wohl plausibel, doch vermag ich nicht auf Grund eines so beschränkten Materials wie des meinigen eine solche näher festzustellen! Die in den zusammengesetzten Drüsen vorkommenden granulirten Zellen mit den Belegzellen der Säugethiere zu vergleichen, wie ein- zelne Untersucher es unternommen haben, findet kaum irgend eine Stütze in der mikroskopischen Anatomie; die ersteren scheinen eben so einseitige Differenzirungen der ursprünglichen Magendrüsenzellen nach einer Richtung hin zu sein wie die letzteren nach einer anderen. Nachdem wir im Vorhergehenden gesehen haben, dass meine Resultate die von OPPEL geäußerte Meinung, die Blindsäcke und zu- sammengesetzten Drüsen des Drüsenmagens seien als ursprünglich gleichartige Gebilde, der einen Fundusdrüsenart der Reptilien homo- log aufzufassen, vollständig bestätigen, so bleibt uns nun noch übrig, einen kurzen Blick auf die jetzigen Formen der rückgebildeten Fundusdrüsen, die Blindsäcke, zurückzuwerfen. Wir haben diese recht variirend bei den untersuchten Vögeln sefunden. Bei einigen (z. B. Huhn) trafen wir sie als Epithelröhren, deren Lumen kaum wahrnehmbar ist, da die Zellen mit ihren Ober- enden einander fast anliegen. In diesen Röhren kommen ziemlich häufig Mitosen vor, während solche oberhalb der Mündung erheblich seltener sind. Diese Epithelschläuche scheinen hier nur als Rege- nerationsherde des Oberflächenepithels zu dienen. Bei anderen Vögeln (Passeridae, Coraciidae, einigen Limi- colae) sind die Blindsäcke weiter, oft getheilt, und ihr Lumen ist mit einem Sekret angefüllt, das in der Farbreaktion nicht mit dem von den Öberflächenepithelien produeirten übereinstimmt, da es sich nicht wie das letztere durch Schleimfarben, sondern z. B. durch Pikrinsänure und durch Eosin färben lässt und in nicht geringem Maße dem Sekrete der Drüsen des Muskelmagens ähnelt. Hier 1 Wenn TEICHMAnNN (XXXJ, p. 242) sich hierüber so äußert: »bei der Taube enthält der Drüsenmagen nur eine Art von Drüsenzellen (eine Anschauung, die also HassE 25 Jahre vorher als unrichtig nachgewiesen hatte), und zwar sind diese den Belegzellen des Säugethiermagens sehr ähnlich. Bei der Krähe hin- gegen, einem kropflosen Vogel, enthält der Drüsenmagen auch Gruppen solcher Drüsen, wie sie im Taubenkropf vorkommen«, so kann man wohl diese ziemlich unbegründete Vermuthung unberücksichtigt lassen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 36 BAG K.‘E. Schreiner, müssen also die Blindsäcke als Drüsen bezeichnet und im Vergleich zu den Schläuchen der zusammengesetzten Drüsen als junge Gebilde angesehen werden. Nach dem Übergange des Drüsenmagens in den Muskelmagen hin nehmen diese Blindsäcke bei allen Vögeln allmählich die Natur der Drüsen des letzteren an. Aus diesem Verhältnisse kann man indessen — ich schließe‘ mich hier OppEL an — nicht ohne Reser- vation die Blindsäcke des Drüsenmagens mit den Drüsen des Mus- kelmagens gleichstellen, wie CAzın es macht. Da nämlich die Reptilien Verschiedenheiten zwischen den Drüsen der Pylorus- und der Funduszone aufweisen, scheint es mir nach der systematischen Stellung der Vögel zu den Reptilien unmöglich, die- jenigen Formen bei den Vögeln als primitiver zu betrachten, bei welchen solehe Unterschiede nieht so stark hervortreten. Nach dem Verhältnis der übrigen Organisation der Vögel zu den Reptilien ist eher anzunehmen, dass die Formen bei weit von einander divergiren- den Drüsen im Pylorus und Fundus eine Fortsetzung der Reptilien- zustände bilden, und dass da, wo ein kontinuirlicher Übergang zwi- schen beiden Zonen besteht, eine Konvergenzerscheinung vorliegt. Es wäre also nach dieser Anschauung die Übergangspartie so zu Stande gekommen, dass die Drüsen der einen Zone aus dem bei Reptilien realisirten ursprünglichen Typus sich progressiv entwickelt haben — zu Drüsen des Muskelmagens —, während in der anderen Zone eine regressive Metamorphose eingetreten ist, welche die früher abweichende Form sekundär in eine der der ersteren ähnliche zu- rückverwandelt hat — zu Blindsäcken des Drüsenmagens. Man kann sich andererseits auch denken, dass die Überein- stimmung der beiden Drüsenformen in der intermediären Zone darauf beruhe, dass die zwei Gebilde sich hier weniger von einer ursprüng- lichen und gemeinsamen Magendrüsenform entfernt hätten, und dass also hier nie eine scharfe Grenze zwischen.den zwei Formen gezogen gewesen wäre. Im Zusammenhang mit der Rückbildung derjenigen Fundusdrü- sen, die nicht in die großen Packete hineingezogen werden, und der Entwicklung eines nur mechanisch wirkenden Pylorusmagens steht wahrscheinlich die Oberflächenvergrößerung durch Faltenbildung der Drüsenmagenschleimhaut. Die Spalten zwischen diesen Falten müssen als einseitig zusammengeschmolzene Magenkrypten aufgefasst wer- den. Die halbmondförmige Anordnung dieser Falten zu den Aus- mündungsstellen der zusammengesetzten Drüsen ist wohl mit der Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 547 koncentrischen Einstülpungsweise der SeulnmLan] in Verbindung zu bringen. il. Bindegewebe und Iymphadenoides Gewebe. A. Ösophagus. Historische Übersicht. Hasse (XXIH, 1865) ist der Erste, der darauf aufmerksam macht, dass das Bindegewebe der ganzen Ösophaguswand eine ZU- sammenhängende Masse bildet, indem es von außen zwischen die Muskelschich- ten eindringt, um sich in den Falten auszubreiten. Dasselbe ist reich an elasti- schen Fasern. Aber besonders ist dies der Fall bei einer äußerst dünnen Schicht, die zwischen der Längsmuskelschicht und der »Propria« liegt. Diese Schicht nennt HaAssE »Nervea«. In dem untersten Theile des Ösophagus finden sich Ach Kein (XV], 1871 beim Huhn mehr oder weniger scharf begrenzte Lymphfollikel, die et) außerhalb der Drüsen liegen, oder zwischen diesen bis nahe an das Epithel reichen. RenAUT (XXVIN, 1879) beschreibt, wie bei den Enten das periglanduläre - Bindegewebe sich mit Leukocyten infiltriren und zu einem retikulären Gewebe verändern kann, so dass die Drüse in dem cavernösen Gewebe gleichsam ein- gegraben liegt. Auch die Blutgefäße führenden Bindegewebsleisten, die sich in die Drüse eindrängen und die sekretorische Oberfläche derselben vergrößern, können mitunter mit Leukocyten ganz infiltrirt werden. Solche Leisten sind nicht mit dem gewöhnlichen Drüsenepithel bedeckt, sondern nackt oder mit platten Zellen überzogen. Mit diesen Leisten kommen dann die Drüsenzellen in Berührung und bilden an Schnitten um sie einen Kranz. Wegen der großen morphologischen Bedeutung, welche dem Iymphadenoiden Gewebe hier beim Auf- baue der Drüsen zukommt, schlägt RENAUT vor, diese Drüsen als Ilympho-glandu- läre Organe zu bezeichnen. RUBELI (XXIX, 1890) sagt p. 49: »Was das Vorkommen von lIymphadenoi- dem Gewebe betrifft, so konnte ich bei Huhn un& Taube nichts nachweisen, was diesen Namen verdient.« Über Leukocytenansammlungen im Ösophagus sagt GLInsky (XI, 1894) p- 929: »Bei den Wasservögeln, z. B. bei der Ente, Gans, findet man im mittle- ren oder unteren Drittel der Speiseröhre sowohl abgesonderte Follikel, wie auch Einlagerungen von einem diffusen adenoiden Gewebe vor, aber nirgends ist diese Eigenthümlichkeit so scharf ausgeprägt, wie in der Übergangszone aus der Speise- röhre in den Vormagen, wo auf einer bedeutenden Ausdehnung die Grundlage der Schleimhaut in eine adenoide Substanz mit zahlreichen deutlich abgegrenz- ten Follikeln verwandelt ist. Das Epithel der Oberfläche ist dieser Gegend ent- sprechend in seiner Dicke an Leukocyten ungewöhnlich reich. Eine kontinuir- liche Schicht dieser letzteren bedeckt die freie Oberfläche des Epithels, wo man wandlose Kanälchen findet, durch welche die Emigrirung von Leukocyten aus tiefer gelegenen Schichten vor sich geht. Auf Grund der großen Ähnlichkeit der Struktur dieser Region mit der Struktur der Mandeln und der sog. Tonsilla pharyngea LuscHKa’s schlage ich vor, diese Region Tonsilla oesophagea zu nennen.« In den Noduli hat GLinsky Keimcentren mit Mitosen gesehen. BARTHELS (I, 1895) beschreibt das Bindegewebe bei den meisten Arten als feinfaserig. In seiner Beschreibung der Osophaguswand bei Larus eanus sagt 36* 548 | K | K. .E. Schreiner, er p. 684: »Diejenige Schicht des Bindegewebes, welche zwischen den Drüsen gelegen ist, und stellenweise auch noch eine dünne Lage unter dem Fundus derselben, ist sehr reich an Kernen und man sieht fast keine Fasern, während die darunter liegende Hauptmasse des Bindegewebes grobfaserig erscheint und arm an Kernen.< Auch bei Alea torda zeigt sich das Bindegewebe, welches die Drüsen umgiebt, reicher an Kernen. In seiner Zusammenfassung heißt es weiter (p. 686): »Das Ende des die Drüsen umgebenden Bindegewebes zeigt vielfach einen besonderen Verlauf.< Eigene Untersuchungen. Man kann in der Ösophaguswand zwischen einem äußeren, einem intermuskulären, und einem inneren Bindegewebe unterscheiden. Das äußere Bindegewebe — Hassz’s Adventitia — liegt auber- halb der Muscularis und ist reich an größeren Gefäß- und Nerven- stämmen. Nach innen dringt dann das Bindegewebe zwischen die Muskelschichten hinein und wird hier zu dem intermuskulären Bindegewebe, dessen Fasern meistens einen zum Lumen radialen Verlauf haben und zwischen den Muskelbündeln ein dichtes Flecht- werk bilden. Tiefer dem Inneren zu folgt sodann das innere Binde- sewebe, das den Raum zwischen der Längsmuskelschickt nach außen und der Epithelschicht nach innen zu ausfüllt. Dies letztere Bindege- webe repräsentirt bei den meisten Vögeln die Hauptmasse der, wie es scheint konstant vorkommenden Längsfalten. Bei Gallidae sehen wir jedoch, dass die innere Längsmuskelschicht in diese eingefaltet und das innere Bindegewebe hier von geringerer Mächtigkeit ist, während das intermuskuläre Bindegewebe zwischen der Ringmuskel- schicht nach außen und der Längsmuskelschicht nach innen einen an Schnitten kegelförmig aussehenden Vorsprung in der Mitte der Falten bildet (Fig. 31). Dieses ganze zusammenhängende Bindegewebe ist fibrillär. Die Fasern des inneren haben hauptsächlich einen mit der Basalschicht des Oberflächenepithels oder der Drüsen parallelen Verlauf, sind aber in der Mitte der Falten radial zum Ösophaguslumen gelegen. Im Bindegewebe treten elastische Fasern auf, von deren außerordentlich großer Zahl nur die WEIıGErT’sche Elastinfärbung ein klares Bild zu geben vermag. Von dem äußeren Bindegewebe dringen diese Fasern zwischen die Muskelbündel, die sie durchsetzen, und wo sie besonders stark sind, in die Falten bis zu der Epithelschicht, die Drüsen umgebend, hinauf. | Während die Hauptmasse des inneren Bindegewebes ziemlich arm an Gefäßen ist und nur größere enthält, zeichnet sich das um Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 549 die Drüsen liegende durch seinen Reichthum an Kapillaren aus, die bis zur Basalschicht des Epithels empordringen und die Drüsen umranken. | LH Bei den meisten oben beschriebenen Arten begegnet man hier Leukoeytenansammlungen, und dieser Theil des Bindegewebes erhält hierdurch das Aussehen eines adenoiden Gewebes. Da wo sich keine Leukoeytenansammlungen finden, ist auch kein Unterschied zwischen diesem Bindegewebe und dem umliegenden, von der größeren An- zahl der Kapillaren abgesehen, zu bemerken. Um die Drüsen herum ist das Bindegewebe dichter zusammen- gedrängt, eine »struktur- und kernlose Membrana propria« habe ich bei den Vögeln nicht unterscheiden können. Was das Vorkommen von Leukocyten im Bindegewebe be- trifft, so zeigt dieses große Differenzen bei den verschiedenen Arten, und bietet so viel Interessantes, dass ich es für nicht unangebracht erachte, diese Verhältnisse im Zusammenhang durchzugehen. Bei einigen Arten, wie Larus, Uria, Colymbus, Totanus, liegen durch den ganzen Ösophagus hindurch Leukocyten zwischen den Drüsen, an einzelnen Stellen in verschwommen begrenzten Häuf- chen sich sammelnd. Besonders da, wo es zu solch größeren An- sammlungen kommt, wandern die Leukocyten theils durch das Drü- senepithel und theils durch das nicht sehr dicke Oberflächenepithel, das aus runden, wenig verhornten Zellen besteht, durch, indem das letztere bei einer solchen Durchwanderung in großem Maßstabe das Aussehen eines rarefieirten Epithels annimmt. Bei anderen Arten, wie Sturnus und Turdus und noch mehreren, kommen auch Leukocyten überall im Ösophagus vor, aber nicht als eine diffuse Infiltration des Bindegewebes, wie bei Larus, sondern sie treten in mehr oder weniger scharf begrenzte Häufchen gesammelt auf, die den Drüsen dicht anliegen. Von diesen Häufchen wandern die Leukocyten in großer Anzahl in das Oberflächenepithel und in die Drüsen hinein, in ersteres nur ein kleines Stück weit vordringend. In den oberen, verhornten Zellen sind sie nie anzutreffen. Was die Einwanderung der Leukocyten in die Drüsen betrifft, ist Folgendes zu bemerken. Von zwei Drüsen, die neben einander liegen, kann die eine ganz frei von Leukocyten sein, während das Epithel der anderen von solchen so durchsetzt ist, dass die Grenze desselben sesen die Leukocytenmasse nicht unterscheidbar ist, und während die eine Seite einer Drüse ganz frei ist, kann die andere ganz durchsetzt sein. Während die Bindegewebshülle einer Drüse eine 550 | K. E. Schreiner, scharfe Grenze zwischen dem Drüsenepithel und dem adenoiden Ge- webe bildet, sind in anderen Drüsen einige Leukocyten durch diese eingedrungen und liegen zwischen den Basaltheilen der Drüsenzellen. In anderen Drüsen wiederum bemerkt man das Eindringen einer größeren Zahl von Leukocyten, und so kommen dem Untersucher alle Übergänge bis zu den Drüsen, in welchen man die Grenze der Drüsenzellen gegen das Bindegewebe nicht mehr wahrnehmen kann, zu Gesichte (Fig. 29). In solchen finden sich dann die durchgewan- derten Leukocyten auch im Lumen. Auch im Ausführungsgange sind Leukocyten zwischen seinen Zellen und zwischen diesen und den umliegenden Epithelzellen zu sehen. Drüsen, von Leukoeyten so durchsetzt, dass ihre Zellen von einander losgerissen in der Leuko- cytenmasse liegen, begegnet man nur selten. Gewöhnlich färben sich auch die Drüsenzellen, zwischen welchen die Leukocyten liegen, mit Schleimfarben. Bei der Mehrzahl der Enten, die ich untersuchte (Anas boschas, Anas Penelope, Somateria mollissima, Mergus serrator) wies die Schleimhaut des Ösophagus nicht überall Leukocytenansamm- lungen auf, während ich solche konstant in der Übergangszone aus dem Ösophagus in den Drüsenmagen vorfand. An dieser Stelle bilden die Leukocyten theils gut abgegrenzte größere und kleinere Noduli, theils mehr diffuse Infiltrationen. Diese letzteren Leukocytenanhäufungen sind, wie oben ange- führt, erst durch GLINskY genauer beschrieben und mit dem Namen Tonsilla oesophagea bezeichnet worden. Die erwähnte Region stimmt in ihrem Baue mit den Zungen- und Gaumenmandeln der Säugethiere in höherem Grade überein, als aus der Beschreibung und Abbildung GLinsky’s hervorgeht. Eine Abbildung von einer solchen Tonsille bei Anas boschas ist in Fig. 35 wiedergegeben. Das Oberflächenepithel bildet hier mehrere tief hinabdringende hohle Zäpfchen, deren Lumen sich an der Oberfläche öffnet. Bei dem meiner Fig. 35 zu Grunde liegenden Präparate stand zwar das Lumen des hier wiedergegebenen großen, mittleren Balges nicht in Verbindung mit der Oberfläche, in den folgenden Schnitten war jedoch die Verbindung hergestellt. Die Wand des Zäpfchens wird von einem mehrschichtigen Epi- thel, das den tieferen Zellenreihen des Oberflächenepithels ganz ähn- lich ist, gebildet. Diese Bälge liegen in einem adenoiden Gewebe eingelagert, welches durch straffe Bindegewebszüge gegen die unter- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 551 liegende Muscularis und die auf der einen Seite liegenden zusam- mengesetzten Magendrüsen scharf abgegrenzt wird. Von den Noduli und dem übrigen adenoiden Gewebe aus sind die Leukocyten in großer Menge in die Balgwände eingedrungen und durch diese hindurch in das Lumen gelangt, in welchem an dem unteren Ende auch Hornkugeln vorkommen. Wo die Bälge an die Oberfläche münden, liegen auch große Ballen von Leukocyten als eine zusammenhängende Masse. : An mehreren Stellen ist die Epithelgrenze des Balges gegen das adenoide Gewebe wegen der starken Leukocyteneinwanderung verwischt. Auch in die unteren Schichten des Oberflächenepithels sind die Leukocyten eingewandert, seine Grenze ist jedoch überall deutlich erkennbar; die Menge der Leukocyten ist hier oben auch eine geringere als tiefer nach unten in der Schleimhaut. Außer dem großen Balg, dessen Zusammenhang mit dem Ober- fächenepithel in der Figur deutlich sichtbar ist, kann man neben ihm im adenoiden Gewebe solide oder hohle Epithelkugeln, die nicht | in Verbindung mit dem Öberflächenepithel stehen, unterscheiden. Diese sind theils Bälge, die vom Schnitte tangential getroffen sind (z. B. der rechts liegende), und deren Verbindung mit der Oberfläche man in den folgenden Schnitten feststellen kann, theils kann man diese Verbindung nicht sicher erkennen, nur durch die hier stark auftretende Leukoeytenansammlung, die das Bild eines den Balg fort- setzenden und nahe an das Öberflächenepithel reichenden Streifen bietet, vielleicht ahnen. Ähnliche Bildungen im untersten Theile des Ösophagus habe ich beim Huhn gefunden. Das adenoide Gewebe streckt sich aber hier auch in den Anfangstheil der Magenschleimhaut hinein. Dasselbe war mit Anas Penelope und crecca der Fall. Bei Mergus serrator habe ich an der Übergangsstelle vom Ösophagus in den Magen außer Bälgen, wie die bei Anas boschas beschriebenen (Fig. 35), auch Krypten gefunden, deren Wand haupt- sächlich von Magenepithel gebildet ist, zum Theil aber auch von Ösophagusepithel, das sich an Schnitten oft wie Inseln zwischen dem ersteren ausnimmt. Durch diese von Ösophagusepithel ausgekleideten Wandtheile geht die Leukocytenwanderung vor sich (Fig. 34). In dieser Gegend, in welcher sich bei Anas boschas die Bälge mit den Noduli vorfanden, zeigten sich nun bei Somateria mollis- sima solche nicht, dagegen war diese Stelle von dicht an einander liegenden, großen Drüsen mit stark gefalteten Wänden ausgefüllt, 552 | K. E. Schreiner, deren Fundustheile sich fast bis zur inneren Längsmuskelschicht hinab erstreckten. Erst.als ich die Grenze zwischen Ösophagus und Drüsen- magen überschritten hatte, traf ich hier auf ähnliche Erscheinungen wie die bei Anas boschas im untersten Theile des Ösophagus beob- achteten, indem die zuvorderstliegenden Blindsäcke des Magens, die außerordentlich erweitert waren, sich nach unten zu in Bälge fortsetz- ten, von demselben Aussehen wie die bei Anas boschas gefundenen. Die ganze Tonsillenbildung war gleichsam nach dem Anfangstheile des Drüsenmagens verschoben, und die erste zusammengesetzte Drüse des letzteren lag hier nicht so nahe an der Übergangsstelle aus dem Ösophagus in den Magen wie bei Anas boschas (vgl. Textfie. 9). Als Beobachtungen von einigem Interesse bringe ich noch die bei Anas crecea gemachten, die ich schon oben (p. 495) kurz schil- derte, in Erinnerung. Bei dieser Art fand ich außer Tonsillenbil- dungen von großer Mächtigkeit im Endtheile des Ösophagus auch Leukocytenansammlungen um viele, höher im Ösophagus gelegene Drüsen herum. Diese Drüsen sind von den gewöhnlichen dadurch verschieden, dass ein Theil ihrer Wand nicht aus dem gewöhnlichen Drüsenepithel gebildet wird, sondern aus einem mehrschichtigen Epithel besteht, das den tieferen Schichten des Oberflächenepithels, mit: welchen auch dieser Wandtheil in direktem Zusammenhange sich befindet, ganz ähnlich ist. Eben um diese Theile der Drüsen zeigen sich die Leukocytenansammlungen, und durch dieses mehr- schichtige Epithel findet ihre Wanderung statt, indem sie das sekre- torische Epithel der Drüse so gut wie unberührt lassen. Wir haben also hier eine Kombination von Drüse und Balg vor uns. Die untersten Ösophagusdrüsen zeigen beim Huhn in dem der Tonsille anliegenden Theile ganz dasselbe Bild, indem diese Partie ein jedenfalls zweischichtiges, ganz von Leukoeyten durchsetztes Epithel aufweist, die andere Seite aber gewöhnliches Drüsenepithel ohne Leukocyteninfiltration. Dieser Übersicht der behandelten Speeialuntersuchungen will ich noch hinzufügen, dass sie überall einer bedeutenden individuellen Variation unterworfen sind. Es frägt sich nun: Sind wir im Stande, diese Details unter einen allgemeinen Gesichtspunkt zu sammeln und eine Antwort auf die Frage nach der Bedeutung der Leukocytenansammlungen in der Schleimhaut des Ösophagus! und der Auswanderung von dieser aus zu geben? | Tale ‘1 Ich betone ausdrücklich, dass ich hier nur vom Osophagus spreche. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 553 Ich werde nicht auf alle Theorien, die über diese Punkte auf- gestellt wurden, eingehen, das würde zu weit führen. Eine Auf- fassung, die mit der meinigen am meisten übereinstimmt, finde ich bei OPPEL in. seiner Behandlung des Lymphgewebes des Darmes an- gedeutet, er sagt hier (XXI, p. 422): »Es wäre auch noch eine andere Auffassung möglich, die ich jedoch vorläufig nicht zu der meinigen machen kann, und die ich daher nur kurz, ohne auf ein Für und Wider einzugehen, skizziren möchte. Diese Möglichkeit wäre: Den Leukocyten des Darmes kommt überhaupt keine Bedeutung für .die Verdauung zu. Die Leu- koeyten kommen nur in die Darmmueosa, weil sie dort eine Quelle guter Ernährung finden. Aus demselben Grunde entstehen im Darme als Bildungsherde von Leukocyten die Noduli des Darmes« Zu diesen Worten möchte ich nur beifügen, dass die Leukoeyten in der Ösophagusschleimhaut außer guten Ernährungsverhältnissen auch einen guten Platz für ihre Ausbreitung finden. Wir sehen bei den Vögeln oft, wie erwähnt, die größte An- sammlung der Leukocyten in der Übergangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Hier bieten sich eben auch die besten Raum- verhältnisse für ihre Ansammlung. Die Wand verdickt sich nämlich oft hier ganz bedeutend wegen des Auftretens der großen, zusammen- getzten Magendrüsen. Diese Verdickung trifft besonders das Binde- sewebe, indem Epithel- und Muskelschicht aus einander weichen. Bei den Enten tritt sie ganz plötzlich ein und ist bei der großen Länge der ersten Magendrüsen sehr erheblich. Bei mehreren anderen Vö- geln ist das Verhältnis hier ein anderes. Bei einem Exemplare von Podieeps auritus, dessen Magendrüsen eben so groß sind, wie bei den Enten, fand ich zunächst diese Verdickung der Wand allmählich vor sich gehend, da die ersten zusammengesetzten Drüsen klein sind und im Anfangstheile des Magens nach und nach an Größe zu- nehmen. Hier begegnet man keinen großen Leukocytenansammlungen, wie ich annehme, in Folge des Mangels von günstigen Raumverhält- nissen. Dasselbe ist der Fall bei Lagopus subalpinus und vielen anderen Arten, wo auch kein Raum für größere Anhäufungen übrig bleibt. Die schematischen Figuren werden diese Verhältnisse ohne weitere Erklärung deutlich machen. - Was nun die Auswanderung der Leukoceyten selbst betrifft, so kann ich in dieser nur eine Folge der Neigung zum Wandern, die den Leukocyten zukommt, erblicken. Sie wandern, um Nahrung zu suchen, dorthin, wo ihnen der geringste Widerstand entgegentritt. 554 | K. E. Schreiner, Textfig. 9. Somateria mollissima. 57 Textfig. 10. Lagopus subalpinus. 1, innere Längsmuskelschicht; 2, Ringmuskelschicht; 3, äußere Längsmuskelschicht; 4, Ösophagusepithel; 5, Magenepithel; 6, Öso- phagusdrüse; 7, zusammengesetzte Magendrüse; 6, Balg. Wir finden vonLeu- kocyten dicht umge- bene Drüsen, ohne ir- send eine Einwande- rung zwischen den Zellen derselben entdecken zu können; in die daneben liegenden Drüsen hin- segen sind Massen von Leukocyten einge- wandert. Ist das Ober- flächenepithel dünn, so sehen wir die Leukocyten ganz durch dasselbe hin- durchdringen, besitzt es eine größere Dicke, tre- ten oft zahlreiche Leu- kocyten in den tiefen, aus jungen Zellen be- stehenden Schichten auf, in den obersten, mehr verhornten Schichten jedoch keine Leukocyten mehr — Verhältnisse, die alle nur durch die Her- vordrängungskraft der Leukoeytenund.dieWider- standskraft des Epithels, resp. seiner Hüllen, an den gegebenen Stellen zu erklären sind. In Bezug auf die Ton- sillenbildungen bei den Enten fasse ich die Bälge als Drüsenanlagen auf, die nicht zur Entwick- lung gelangt sind. Hier- mit stimmt ihre Form iiberein, weiter der Um- stand, dass man da, wo Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 555 bei einer Art (z. B. Anas boschas) solche Bälge vorkommen, bei einer anderen Art derselben Familie (z. B. Somateria moll.) ent- wickelte Drüsen von eben so großer Länge wie diese vorfindet; ferner spricht dafür, dass man Drüsen begegnen kann, in welchen die eine Wand Drüsenepithel trägt, die andere aber wie ein Balg gebaut ist (z. B. beim Huhn im Endtheile des Ösophagus, bei Anas crecca auch sonst im Ösophagus). Warum diese Drüsenanlagen oder Theile derselben nicht ihre volle Entwicklung erreicht haben, und wesshalb eben in dieser un- teren Region am häufigsten die Entwicklung zurückbleibt, das ver- mag ich nicht zu erklären. Vielleicht kann die Ursache davon darin liegen, dass die Leukocyten hier sich schon in einem so’ frühen Ent- wicklungsstadium ansammelten, dass sie die Ausbildung der Drüsen in erheblichem Maße beeinträchtigten. Nehmen wir nun an, diese mangelhafte Entwicklung werde mit der Zeit ganz konstant, so dass aus diesen Drüsenanlagen nie ausgebildete Drüsen entstehen, dann haben wir hier eine Bildung vor uns, die vollkommen mit den Verhältnissen bei den Zungenbälgen und Pharynxtonsillen der Säugethiere übereinstimmt. Und in Folge dessen muss sich uns die Frage aufdrängen: Sind nicht auch diese letzteren Bildungen in ähnlicher Weise entstanden, sind nicht auch diese als durch die Zeit rückgebildete Drüsen aufzufassen? Die nähere Prüfung dieser Frage gehört aber nicht hierher. Welche Bedeutung für den Organismus hat wohl die Ein- und Durchwanderung der Leukocyten ? Hier liegt der Weg für Hypothesen offen und, wie bekannt, sind die Versuche, diese schwierige Frage zu beantworten, auch in großer Zahl unternommen worden. Mehrere von den gegebenen Erklärungen scheinen mir mehr genial als befriedigend. Wenn z. B. Fresch (VI, p- 286), der, wie bekannt, zuerst den Zusammenhang der Ausfüh- rungsgänge der Ösophagusdrüsen mit Noduli bei den Säugethieren senauer beschrieben hat, die Möglichkeit hervorhebt, dass die Leuko- ceyten den Zweck haben könnten, durch ihr Auflösen die secernirte Flüssigkeit zu verändern, damit diese weniger leicht durch Diffusion wieder in die Körpersäfte zurückkehren könne, und damit sie gegen- über den Gewebselementen eine weniger differente, weniger reizende chemische Beschaffenheit erhalte, so ist wohl in erster Linie hervor- zuheben, dass man sich die Drüsenzellen kaum als todte thierische Membranen, durch welche jede Flüssigkeit »diffundirt«, zu denken hat; ferner dass es, wie oben geschildert, Fälle giebt, in denen man 556 | | K. E. Schreiner, im größten Theile des Ösophagus die Drüsen vollständig ohne um- liegende Noduli antrifft, und in denen also die Gewebselemente gegen . den »chemischen Reiz« des Schleimes ganz ungeschützt sind. RuBELI (XXIX, p. 60) sagt über diese Frage Folgendes: »Wenn wir annehmen, dass die Anwesenheit von Leukocyten im Stande ist, die Entwicklung von Mikroorganismen an allen diesen Stellen. hint- anzuhalten, so greifen wir damit zunächst auf diejenige Eigenschaft dieser Gebilde zurück, welche wohl am wenigsten bestritten ist, nämlich auf ihre Bedeutung als Phagocyten.< RuBELI denkt sich auch, dass nicht nur die lebenden Leukocyten, sondern auch die zer- störten eine derartige Konservirungswirkung ausüben könnten. In einer solchen Erklärung erbliecke ich nur eine falsche Beruhi- sung, da sie ein Unbekanntes durch ein anderes Unbekanntes zu erklären sucht. Stimmt übrigens diese Theorie, auf den Menschen an- gewandt, mit unseren Erfahrungen überein? Sehen wir nicht viel- mehr, dass die Tonsillen eben die Eingangspforte mehrerer Kontagien repräsentiren? Und dürfen wir überhaupt in der Phagoeytose eine ausschließliche Konservirungserscheinung für den Organismus sehen? Wenn ich.mich nur auf die Resultate meiner Untersuchungen stütze, dann scheint mir Alles, was ich sagen kann, Folgendes zu sein: Wenn die Leukocyten in die Ösophagusdrüsen in großer Menge ein- dringen, wird die Funktion der letzteren wahrscheinlich beschränkt und das Resultat in so fern für den Organismus ungünstig, da die Drüsen in Folge dessen die Arbeit, wie sie sonst könnten, wohl nicht mehr zu leisten vermögen. Wo die Drüsen in größerer Anzahl vor- kommen, wird doch die Wirkung kaum von größerer Bedeutung sein. Ob die Leukocyten ins Oberflächenepithel einwandern, wird kaum irgend einen Einfluss haben, sofern diese Einwanderung nicht in ausgedehntem Maßstabe stattfindet — ein Fall, den ich niemals zu Gesicht bekam. Was endlich die Tonsillenbildungen betrifft, so scheint die Einwanderung hier jedenfalls zu theilweiser Resorption und Rückbildung dieser rudimentären Drüsen zu führen (vgl. z. B. die bei Anas boschas gefundenen, nicht in deutlich erkennbarem Zusammen- hange mit dem Oberflächenepithel stehenden, Epithelmassen). Das- selbe wird wahrscheinlich auch der Fall sein mit den bei Mergus an der Übergangsstelle in den Magen und im Epithel des letzteren sich befindenden Inseln von mehrschiehtigem Epithel. Diese Wirkung der Leukocyten lässt sich mit unseren sonstigen Erfahrungen über Rückbildungen von Drüsen und anderen Organen in Einklang bringen, Processe, die ihr schönstes Beispiel in der Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 557 Metamorphose der Insekten darbieten und in drei Phasen verlaufen: 1) Schwächung des Gewebes aus irgend einer Ursache, 2) darauf folgende und dadurch bedingte Einwanderung der Leukocyten, 3) Zer- störung des Gewebes durch das Überhandnehmen der Leukocyten. B. Magen. Historische Übersicht. Levvie (XVII, 1854) sagt in seiner Beschrei- bung des Drüsenmagens bei Anser domestieceus: »Das Bindegewebe der äußeren Umhüllung, welches sich auch durch die Muskellage fortsetzt und sie - dadurch in Bündel abtheilt, bildet jetzt nach innen von der Muskulatur das Gerüst der Drüsen« (p. 331). Die Tunica propria der einzelnen Drüsen ist die unmittelbare Fortsetzung dieser Bindegewebsscheide. Hasse (XIII, 1865) beschreibt ähnliche Verhältnisse ‘bei der Taube. Die Adventitia ist reich, die Propria arm an elastischen Fasern. Nach Grimm (XI, 1866) ist beim Huhn das Bindegewebe, welches die Drüsen und die zwischen diesen befindlichen Gefäße aufnimmt, im Drüsenmagen fein faserig und spärlich mit elastischen Fasern versehen. Im Muskelmagen bildet das lockere Bindegewebe große Maschen zwischen Schleim- und Muskelhaut. Kreis (XVL, 187) beschreibt im Drüsenmagen beim Huhn, dass ein spär- liches, lockeres, submuceöses Gewebe zwischen dem Grunde der Drüsensäcke und der Muskelhaut liegt. Dies steht nach außen mit den Septa der Muskel- bündel in Zusammenhang und dringt nach innen zwischen die einzelnen Drüsen- packete und in die Mucosa hinein. CATTANEO (III, 1884) findet bei einigen Vögeln Noduli zwischen den Drüsen des Drüsenmagens. Im Muskelmagen bei Gallinula chloropus beschreibt er das Vorkommen von zahlreichen elastischen Fasern in dem Bindegewebe zwischen Drüsen- und Muskelschicht. Die Muskelbündel des Muskelmagens werden nach Postma (XXVI, 1887 von Bindegewebe umgeben; dies steht nach außen mit Serosa, nach innen mit der dünnen Bindegewebsschicht, die sich unter den Drüsen befindet, in Ver- bindung. OPPEL (XX, 1896) stellt im Muskelmagen vom Falken ein Stratum com- paetum dar. Dies scheint bindegewebiger Natur und besitzt spärliche Kerne, welche eine regelmäßige Anordnung zeigen. Diese Schicht, die eine gleich- mäßige Dicke aufweist, liegt unter den Drüsen des Muskelmagens. ÜPPEL äußert sich über diese und ähnliche Schichten weiter so: »Ihre Bedeutung mag vielleicht darin liegen, dass sie (vielleicht elastischer Natur) die Wirkung der Musecularis mucosae zu ergänzen oder zu ersetzen vermögen.«< Ob das Stratum eompactum elastische Fasern enthält, lässt OPrEL als offene Frage stehen. Eigene Untersuchungen. Wie im Ösophagus, so kann man auch im Magen zwischen einem äußeren, einem intermuskulären und einem inneren Bindegewebe unterscheiden. Während das äußere und intermuskuläre Bindegewebe des Drüsenmagens sich ganz wie das entsprechende im Ösophagus 558 - BiB Schreiner, verhält, so überspannt das innere Bindegewebe hier in Folge der Dicke der Schleimhaut einen größeren Raum und lässt sich wegen des Auftretens einer Muscularis mucosae in eine Submucosa und eine Tuniea propria theilen. Das submucöse Bindegewebe umgiebt die Drüsen, setzt sich in diese als dünne kapillartragende Scheidewände zwischen den einzelnen Tubuli fort, um gewöhnlich unter den Zellen der Central- höhle und zwischen den Sammelröhren eine etwas stärkere Dicke zu erlangen. Nach unten treten seine Fasern in das intermuskuläre Bindegewebe und nach oben in die Tunica propria über. Diese Submucosa ist sehr reich an elastischen Fasern, die um die großen Drüsen förmliche elastische Hüllen bilden. Man sieht an mit der WEIGERT’schen Färbung behandelten Tangentialschnitten der Drüsen, wie die elastischen Fasern, in mehreren Schichten liegend, sich nach allen Richtungen kreuzen und auch in die dünnen Wände der einzelnen Tubuli hineindringen. Wo die Drüsen auf der inneren Längsmuskelschieht ruhen, da strahlen die Fasern des intermusku- lären Bindegewebes in diese Hülle hinein, die nach oben, wo die Drüsenwände gewöhnlich aus einander weichen, mehr locker wird, wobei die elastischen Fasern denselben Verlauf haben wie die Muscu- laris mucosae und in die Propria übergehen. Die letztere, die den Raum zwischen den Ausführungsgängen der zusammengesetzten Drüsen ausfüllt und das Stroma der Schleimhaut- falten bildet, ist im Gegensatz zu der Submucosa von mehr reticu- lärer Struktur und enthält nur selten elastische Fasern, weist aber zahlreiche Kapillaren auf, die nach den Spitzen der Falten empor- steigen. Sowohl in diesen Kapillaren, als auch freiliegend in dem Bindegewebe stößt man oft auf eosinophile Zellen. Diese dringen auch zwischen die Epithelzellen der Faltengipfel hinein. In Fig. 50 bemerkt man auf diese Weise, wie solche Zellen im Epithel eine Höhle verursacht und die Epithelzellen zur Seite gedrückt haben. Außer diesen polynukleären Zellen kommen auch mononukleäre, srößere und kleinere Leukocyten im Bindegewebe frei vor. Oft sind diese zu größeren, diffusen Ansammlungen oder mehr begrenzten Noduli vereinigt, was besonders oft im Anfangstheile des Drüsen- magens der Fall ist, wo die im untersten Theile des Ösophagus vor- kommenden, oben beschriebenen Leukocytenansammlungen sich in die Tunica propria des Magens fortsetzen können. Sonst kann man auch solchen Noduli um die Ausführungsgänge der großen Drüsen und um die angrenzenden Blindsäcke begegnen. Die Leukocyten, die Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 559 hier den besten Platz für ihre Ausbreitung vorfinden, wandern oft durch das Epithel der Ausführungsgänge und gelangen in dessen Lumen. Beim Huhn fand ich um einige solche Ausführungsgänge eine so bedeutende Ansammlung und Durchwanderung, dass eine Unterscheidung der Epithelgrenzen des Ganges sehr schwierig war. In der Submucosa haben die Leukocyten nur beschränkte Raum- verhältnisse für ihre Anhäufung, und in der That trifft man nur selten auf Noduli, die dann zwischen den Drüsen an den Stellen, wo ihre Wände aus einander treten, liegen. Gewöhnlich sind diese Noduli durch die Hüllen der Drüsen scharf begrenzt. Nur einmal stieß ich beim Staar auf einen Nodulus, der sich durch diese Hülle in die Drüse hinein fortsetzte. Das Bindegewebe, das unter den Zellen der Centralhöhle vor- kommt und die Sammelkanälchen umgiebt, ist in seinem Bau dem der Tunica propria gleich. Beim Bindegewebe des Muskelmagens knüpft sich das Haupt- interesse an das von OPPEL beschriebene Stratum compaetum. Die Betrachtung eines Querschnittes durch den Anfangstheil des Muskelmagens von Somateria mollissima (Fig. 63) zeigt uns unter den Drüsen eine Bindegewebsschicht mit polygonalen, eckigen Kernen und einer ziemlich homogenen Grundsubstanz. In dieser bemerkt man Muskelfasern, die hauptsächlich ringförmigen Verlauf haben. Durch die Anwendung der Elastinfärbung tritt in diesem Bindegewebe ein sroßer Reichthum an elastischen Fasern hervor, welche die Muskel- bündel umspinnen und zwischen die Drüsen emporsteigen. Kommen wir von dieser Region nach derjenigen der Reibplatten (Fig. 59), so können wir keine Muskelfasern in dem direkt unter den Drüsen liegen- den Bindegewebe mehr entdecken. Hier treffen wir die Drüsen in ein glasartiges homogenes Gewebe, das den Raum zwischen ihnen und der Ringmuskelschicht einnimmt, eingebettet. Dies Bindegewebe kann uur als ein elastisches bezeichnet und mit den elastischen Mem- branen der Arterien verglichen werden. Jedenfalls habe ich keine anderen Bildungen gesehen, die einen so gewaltigen Reichthum an elastischen Fasern aufwiesen. Diese verlaufen meistens in einer mit der Längsachse des Magens zusammenfallenden Richtung. Zwischen ihnen kommen Bündel vor, die senkrecht zur Oberfläche liegen und zwischen die Drüsen hinaufsteigen. Welche Entwicklung dies Stratum compactum erreichen kann, darüber giebt Fig. 67 eine Vorstellung. Bei Larus fuscus ist so ein sehr großer Theil der Längsfalten des Muskelmagens aus ihm 560 RE, Schreiner, gebildet. Auch die Schleimhaut selbst wird von demselben Gewebe, in welchem die Drüsen eingebettet liegen, zusammengesetzt (Fig. 68). Gefäße kommen hier nur in geringerer Zahl vor. Nach außen setzt sich das elastische Gewebe zwischen die Muskelbündel fort und diese liegen, ganz wie die Drüsen, in dem- selben eingelagert. Die Entwicklung dieses Gewebes im Muskelmagen steht natür- lich in direktem Zusammenhange mit dessen Funktion. Bedenken wir, dass die Drüsen hier zwischen einer harten Sekretschicht (innen) und einer außerordentlich entwickelten Muskelschicht (außen) gelegen sind und zwischen diesen gepresst werden, so müssen wir wohl an- nehmen, dass diesem elastischen Gewebe die Rolle zukommt, das Umknicken der Drüsen zu verhindern und gleichsam als federndes Polster zu dienen, und dass der Theil dieses Gewebes, der zwischen den Muskelbündeln liest und dieselben wie eine Mörtelschicht um- kleidet, die Aufgabe hat, eine große Konsolidirung derselben zu Stande zu bringen. Was das äußere Bindegewebe des Muskelmagens betrifft, bildet dies, wie bekannt, bei vielen Vögeln den sogenannten Sehnenspiegel, der aus einem derben, fibrösen, sehnigen Gewebe besteht. Il. Die Muskulaiur. Historische Übersicht. A. Ösophagus. Nach KanıpAaum (XV, 1854) besteht die Museularis aus einer inneren Längs- schicht und einer äußeren Querschicht. Bei Gallina findet sich noch eine äußere Längsschicht. LEYDIG (XVII, 1854) beschreibt bei Tetrao urogallus zwei glatte Muskel- schichten, wovon die äußere aus Längs-, die innere aus Ringmuskeln besteht. In der Bindesubstanz der Schleimhaut verlaufen nach der Länge des Ösophagus Züge glatter Muskeln. — In seiner Histologie (XVII, 1857) hat LEYDIG einen Durchschnitt des Schlundes von Ardea cinerea abgebildet (Fig. 168, p. 313). Die Muskelhaut besteht hier aus zwei Schichten, einer inneren Längs- und einer äußeren Ringmuskelschicht. | HasseE (XIII, 1865) findet bei der Taube eine äußere Ring- und eine innere Längsmuskelschicht. Während er so den Verlauf der Muskelschichten richtig beschreibt, stimmen seine Figg. 1 und 2 nicht zu einander, indem die Ringmuskel- schicht in Fig. 2 sich nach der Tafelerklärung innerhalb der Längsmuskel- schicht befindet, was wohl so zu erklären ist, dass der Verfasser nicht einen Querschnitt, wie es angegeben wird, sondern einen Längsschnitt durch die Wand vor sich gehabt hat!. ! Diese Figuren sind von GADow (IX, Pl. XXXV, Fig. 52 und 53) mit der Korrektur aufgenommen, dass die Längsmuskelschicht an beiden nach außen, Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 561 GRIMM (XII, 1866) beschreibt beim Huhn eine äußere, dünne Längsschicht und eine innere, diekere Ringschicht. Die Schleimhaut enthält noch eine Schicht von der Länge nach verlaufenden Muskelfasern. - In der Muskelhaut des Fisch- adlers liegt die Schicht von Ringfasern nach außen, die aus longitudinalen Fasern gebildete nach innen. Kreis (XVI, 1871) beschreibt beim Huhn, wie GRIMM, eine Museularis ex- terna aus zwei Schichten, einer äußeren Längs- und einer inneren Ringschicht, bestehend. Dazu kommt die Muscularis mucosae, welche außerhalb der Drüsen eine zusammenhängende, aus längsverlaufenden Muskelfasern bestehende Schicht bildet. PostmA (XXV], 1887) beschreibt bei Larus argentatus, Taube, Alcedo ispida, Cypselus apus, Nucifraga caryocatactes und Turdus merula zwei Muskelschichten, und zwar nach innen eine Längsschicht und nach außen eine Ringschicht. Nach RuBELI (XXIX, 1890) besteht die Muskulatur beim Huhn und der Taube (diese werden vom Verfasser gemeinsam behandelt) aus zwei Schichten. »Außen findet sich im Gegensatz zu den Säugern eine Ring-, und innen die Längsfaserschicht« (p. 46). Und weiter (p. 47): »Die Schleimhaut ist nicht be- sonders dick und besitzt eine verhältnismäßig starke Muscularis mucosae.« An seiner Fig. 7, Taf. II (Taube) befindet sich »ein Theil von der äußeren Muskel- schicht«, in »Submucosa« liegend. Nach seiner Fig. 6, Taf. II (Huhn) scheint die auf »>Submucosa« folgende Muskelschieht eine Ringschicht zu sein, was nicht mit dem Texte (siehe oben) stimmt. GApow (IX, 1891) kennt, wie es scheint, nur zwei Muskelschichten. Er sagt (p. 670): »Es ist bemerkenswerth, dass bei Vögeln und Reptilien die Quer- schicht aus Muskelfasern nach außen, die Längsschicht nach innen liegt, wäh- rend bei den Säugethieren das Umgekehrte der Fall ist.« Nach Vo@gT und Yun@G (XXXIL, 1889—1894) wird bei der Taube die Muskel- haut aus einer inneren Längs- und einer äußeren Ringschicht gebildet. BARTHELS (I, 1895) giebt genaue Angaben über die Mächtigkeit der Muskel- schiehten bei mehreren Vögeln. Eine äußere Längsschicht beschreibt er beim Huhn, Phasianus colehicus, Tetrao tetrix, Dromaeus Novae Hol- landiae, Phalacrocorax carbo und Sula bassana. B. Magen. Drüsenmagen. Zwei Muskelschichten, eine innere Längs- und eine äußere Ringschicht beschreiben: LeyDie (XVII, 1854) für Anser domestiecus, Hassz (XII, 1865) für Taube, Hasse (XIV, 1866) für Huhn, GRIMM (XL, 1866) für Haliaetus albieilla, | CATTANEO?! (III, 1884) für alle von ihm untersuchten Vögel. die Ringmuskelschicht nach innen gekommen ist, was wieder nicht mit dem Texte p. 670 stimmt. 1 CATTANEO nennt die innere Schicht Museularis mucosae. Dass die zwei Schichten eine verschiedene Faserrichtung ‘haben, hat CATTANEO nicht gesehen (ef. seine Figg. 1 und 2, Taf. VI, Fig. 2, Taf. VII, Figg. 3 und 4, Taf. VIM) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 37 —& 562 K. E. Schreiner, ° Drei Muskelschiehten, eine innere Längs-, eine Ring- und eine äußere Längsschicht beschreiben: GRIMM (XII, 1866) für Huhn, Kein (XV], 1871) für Huhn, CaAzın (IV, 1887) für Huhn, PostmA (XXV], 1887) für die von ihm untersuchten sechs Arten. Vosr und Yung (XXXH, 1889—1894) für Taube, BARTHELS (I, 1895) für Huhn, OPPEL (XX. XXIL, 1896) für Huhn, Taube, Kanarienvogel,Falken. Cazın! (IV, 1887) beschreibt noch eine Muscularis mucosae im Drüsen- magen. Diese wird durch Muskelbündel gebildet, welche bald zerstreut sind, bald eine dickere Schicht bilden und nicht zwischen den zusammengesetzten Drüsen und der Muskelschicht liegen, sondern innerhalb der Drüsen. Also liegen die zusammengesetzten Drüsen in der Submucosa. Bisweilen findet man zwi- schen den zusammengesetzten Drüsen Muskelbündel, welche eine Fortsetzung der Muscularis mucosae zu bilden scheinen und die Drüsen als eine ziemlich lockere kontraktile Hülle umgeben. OÖPpEL (XX, XXI, 1896) erkennt auch diese Schicht als eine Muscularis mucosae an. Muskelmagen. Die sparsamen Angaben über die Muskulatur des Muskel- magens betreffend, so stimmen die meisten Untersucher darin überein, dass diese aus einer mächtigen Ringschicht und einer inneren Längsschicht besteht, indem die äußere Längsschicht des Drüsenmagens beim Übergange in den Muskel- magen schwindet. LeypıG (XVII, 1854) beschreibt die Muskelfasern des Muskelmagens bei - Columba als eine Übergangsstufe zu den quergestreiften darstellend. Die kontraktile Substanz der Fasern ist nicht rein homogen, sondern zerfällt in quere Stückchen (XVIIL, 1857). Nach Hasse (XIV, 1866) beruhen solche Bilder »auf einer Täuschung, die ihren Grund darin hat, dass der Schnitt durch die dieke Ringfaserschicht eine Anzahl von Bündeln oder Fasern in schräger Richtung trifft< (p. 9). GRIMM (XII, 1866), Postma (XXV]. 1887) und Cazın (IV. 1887) schließen sich HAssE an gegen LEYDIG. Nach Cazın beschreibt CATTANEO in einer Arbeit von 1883, die mir nicht zugänglich war, die Muskelfasern bei Ardea, Larus und Gecinus als nicht homogen, sondern in neben einander liegende Segmente getheilt. Eigene Untersuchungen. Der gegebenen Übersicht füge ich meine eigenen Untersuchungen in Form einer Tabelle hinzu. Ich hebe hervor, dass die unten an- geführten Zahlen natürlich nur von relativem Werthe sind, sie wechseln nach Individuum und Lokalität. 1 Wenn OPPpEL (XX, XXIII) CATTANEO die Priorität einräumt, diese Muscu- laris mucosae entdeckt zu haben, kann ich ihm darin nicht beipflichten. In CATTANEO’sS Arbeit (III) habe ich keine Erwähnung von dieser Schicht gefun- den, weder im Texte noch in den Tafeln. Vielleicht hat aber Kreın (XVI, 1571, p. 397) diese schon gesehen. es Vorderdarmes der Vögel. I. 563 1 18 c stol. und Embryolog i e zur H Yen IS . c Beitr 221700 wur 7900 [opung vupozurg - "TIOO ww TI00 ppPpung aJufdzurg jppungp oufozurm [Ppung 9ufozurm pppung sujozurmy [Ppung aufozurm jppung aufozurg [ppung 9ufozur Salz „H N r0° 0 - 9700 291.00 = Te00 - 9000 a TLO'O = 7500 - 7700 - 9700 : “Bio 291010 8700 urun 8800 rC00 Aa) 831.0 1280 LTELO 7800 LOL SIT O 208.0 960 0 800 LIT O v8 0 87.0 7900 E67 0 898.0 0830 808 0 0090 9880 898.0 1880 E6L0 6840 UNO 0m L 1) E70 0 £9E.0 960.0 008.0 100 200 260 0 8600 KR) LE0O 200 980 0 70.0 687.0 LE0 0 E00 G200 080 0 7700 T9T.O 7700 L0LO "Foo 7°0.0 0910 UL 70 0 110.0 0200 700 SIT O E00 E00 T20°0 700 1200 T80°0 Te00 1300 00 9700 T800 TOO GE0 0 2800 2800 LOL 00 6800 - &500 E700 »90.0 uw EF00 LOL O0 087.0 TLLO 898.0 980.0 207.0 2OTO 808.0 TeE0 LOFO 960.0 LOTO ara) E6L0 »°0.0 sE80 che E610 orT0 138.0 8590 0080 180 TLTO 8340 UL 86V ) 1200 2070 980°0 19T 0 E00 200 760.0 SILO 960.0 7200 »90.0 790.0 097.0 770.0 180.0 LOTO 9200 7700 970.0 980.0 9800 ital) 8ILO LOT-O vIe0 uU opt {0) 0200 20TLO rI80 8180 7700 SITO TSTO 7120 895.0 LOL LOLO 960.0 E61 0 960.0 070.0 93.0 r9LO0 8LTO SIT O TLLO GLTO 898.0 - 080 OPTO 2870 um TeE Ü "IOTLT, 9SUnf 7 | ‚Snurdjegns sndoserg SNOTISIWOP KNLTLH9 vyepne9 VOILd XIUIO9 SNALON BONsSmI OPUnITH SNITIKSIWOP AISSUT KNIBIIL SUP-ILT, SLIBJLd SNPpAnT, SLIBSTLA KNUIMIS vInumm BOULLT, BULIBTU BOULL], SNLABILLÄB SNLIPLAIRUNI STAPIED SNURJO T, SNSITLLISO SNÄOILWORTT 7 TOIBLIIS SNSTIN ; BULISEIJJOUL BLIOIBUOR BBD8oN FRUVY BI) STUV adopuag SeUuV suyLıng Sdo9Ipog SIpzu -0114u99da8 snquLAToN KNITDAR SNAqLLAION) oAas vn EONDAIR BUIOIS snosnz SU.IET SNUR) SNAVT J eJodug >41 4ysTgaspogsnu -SSUGT UOAKINLB OP +yaTqds -[7OysnWJUur op uosn 1a. uop UOUISIMZ UISBWU9ISNIA wosnin uop aoyun AyoTos[ogsnusZug”] uadsuut 1op -[oNSnussug] UNE AOp +DIyqDB -[Joysnusury I9p wog uop UAUISIMZ snswydosg a nn nn nn nn nn nn nn nn nn oe g uop ur spar99dg yuotgosjogsnusdug| aop NOT 37* 564 | KoE. Schreiner, Ich habe die Mitte des Ösophagus und die Mitte des Drüsen- magens für meine Messungen gewählt. Bei allen Vögeln meines Materials wird die Muscularis des Ösophagus, mit Ausnahme der zwei Galliden (Gallus domesticus und Lagopus subalpinus), aus zwei Schichten, einer äußeren Ringschicht und einer inneren Längsschicht, gebildet. Von diesen beiden ist die Ringschicht die mächtigere und über- trifft die Längsschieht — ich sehe hier von den Faltenleisten der- selben ab — bis ins Vielfache (z. B. bei Anas Penelope). Die zwei Muskelschichten liegen einander dicht an, und das Bindegewebe, das sie trennt, ist selten von größerer Dicke, als dasjenige, welches uns zwischen den einzelnen Muskelbündeln der Ringschicht entgegen- tritt. Letztere bildet in den Falten der Ösophaguswand keine Ver- diekung, dagegen erhebt sich hier fast konstant die Längsmuskelschicht in, den Falten entsprechenden, Leisten, die an Querschnitten als kegel- oder pyramidenförmige Vorsprünge in diesen zu Tage treten, so dass der Abstand zwischen dem Gipfel und der Basis dieses Kegels oft ganz erheblich die Dieke der Schicht zwischen den Falten übertrifft (vgl. Uria grylle).. Auch in den Falten liegt die Längsschicht der Ringschicht dicht an. Man kann also nicht sagen, dass die Längs- schicht den Windungen der Schleimhautfaltung folgt. Bei den zwei Galliden begesnen wir im Gegensatz zu den übrigen, die wir betrachtet haben, drei Muskelschichten im Öso- phagus, indem sich noch eine äußere Längsschicht der Ringschicht außen anschließt. Während diese äußere Längsschicht der Ring- schicht dicht anliegt, so sitzt die innere nur in den Einbuchtungen der Schleimhaut zwischen den Falten der Ringschicht direkt auf, oder ist von dieser durch eine dünne Bindegewebslage getrennt, in den Falten selbst aber entfernt sie sich, der Gestalt der Falten ent- sprechend, weiter von der Ringschicht, wobei, wie an Querschnitten ersichtlich (Fig. 31), dadurch zwischen ihr und der Ringschicht an diesen Stellen ein kegelförmiger Raum, von Bindegewebe ausgefüllt, entsteht. In der Kropftasche, wo die Falten nur niedrig sind, liegt beim Huhn die innere Längsschicht der Ringschicht dicht an und treten auch einige ringsverlaufende Fasern zwischen den längs- gerichteten Bündeln der ersteren auf. Diese innere Längsschicht besitzt eine Mächtigkeit, die bald der der äußeren ungefähr gleichkommt, bald, z. B. im Kropfe, be- deutend hinter derselben zurücksteht. Wenn wir die Dieke der inneren Längsschicht derjenigen Vögel, Beiträge zur Histol. und Embryologie. des Vorderdarmes der Vögel. I. 565 die auch eine äußere Längsschicht besitzen, mit der Mächtigkeit der Längsschicht bei denjenigen Vögeln vergleichen, die nur eine längsver- laufende Schicht haben, wobei die Ringschicht aber dieselbe Dicke aufweist, wie bei den ersteren, dann sehen wir, dass diese innere Längsschicht bei den ersten Arten dünner ist und dass erst die zwei Längsschichten zusammen die Mächtigkeit der einen Längsschicht der letzten Arten erreichen. Vgl. z. B. in der Tabelle die Verhält- nisse bei Tringa minuta und Lagopus subalpinus; diese haben beide eine 0,107 mm dicke Ringschicht. Die Mächtigkeit der Längs- schicht der ersteren aber beträgt 0,054 mm, während die innere Längsschicht der letzteren 0,025 mm und die äußere 0,032 mm dick sind, also zusammengelest ungefähr dieselbe Dicke wie die einzige Längsschicht bei Tringa besitzen. Verfolgen wir nun vom Ösophagus aus den Lauf der Muskel- schichten nach dem Drüsenmagen zu, so zeigt sich uns, dass bei den Arten, bei welchen die Muscularis schon im Ösophagus aus drei Schichten gebildet wird, sich diese direkt auf den Drüsenmagen fort- setzen und hier eine unter den großen Magendrüsen sich befindende Muskelhaut mit dieht auf einander liegenden Schichten bilden. Kommt jedoch die Muscularis im Ösophagus zweischichtig vor, so sind die Verhältnisse anders geartet. Bei einem Theile dieser Vögel, z. B. allen von mir untersuchten Schwimmvögeln, bemerkt man im untersten Theile des Ösophagus oder gleich im Anfange des Drüsenmagens eine Abspaltung einiger Muskelbündel von der Ringschicht. Diese Bündel haben erst einen schrägen Verlauf (Fig. 33), dann legen sie sich aber zu einer der äußeren Wand folgenden, zusammenhängenden Längsmuskelschicht zusammen. Die Mächtigkeit, die diese Schicht erreicht, ist, wie man aus der Tabelle ersehen kann, etwas verschieden, gewöhnlich steht sie hinter derjenigen der inneren Längsschicht bedeutend zurück und ist nur eine geringe. Bei einer Reihe anderer Vögel (Repräsentanten der Limicolae, Passeridae, Coraciidae) erweist sich dem Untersucher an Längs- schnitten durch den Drüsenmagen dessen Muscularis oft nur aus zwei Schichten bestehend, wie im Ösophagus und keine äußere Längsschicht ist an diesen zu erblicken. An anderen Schnitten bemerkt man je- doch in dem Bindegewebe, das der Ringmuskelschicht nach außen zu aufliest, längsverlaufende Muskelfasern. Diese verschiedenen Resultate haben, wie Querschnitte lehren, darin ihre Ursache, dass die äußere Längsmuskulatur hier nicht eine zusammenhängende 566 ,K=E. Schreiner, Schicht bildet, sondern aus im Bindegewebe isolirt ver- laufenden Muskelbündeln besteht. Während bei Corvus cornix die äußere Längsmuskulatur als eine zusammenhängende, durchschnittlich 0,011 mm dieke Schicht auftritt, so besteht sie bei Pica caudata aus einzelnen, isolirten Bündeln, die in der Mitte des Drüsenmagens eine zwischen 0,006 und 0,012 mm schwankende Dicke und eine zwischen 0,030 und 0,085 mm wechselnde Breite besitzen. Bei anderen Vögeln, z.B. Tringa maritima und minuta und Sturnus, erreichen diese Bündel oft nur die Hälfte dieser Breite, so dass deren Zwischen- räume größer werden. Sie sind im Anfangstheile des Drüsenmagens, wo sie sich von der Ringschicht, ganz wie es früher bei den anderen Vögeln beschrieben ist, loslösen, am deutlichsten zu erkennen. Nach dem Muskelmagen zu werden sie dünner und ihr gegenseitiger Ab- stand wird größer. Nur bei Totanus calidris vermisste ich die äußere Längsmuskelschieht vollständig. Man hat also im Verhalten der äußeren Längsmuskulatur fol- sende Variationen: 1) sie bildet im ganzen Ösophagus und Drüsenmagen eine deut- liche Schicht (Gallidae); 2) sie tritt erst im unteren Theile des Ösophagus oder Anfangstheile des Drüsenmagens auf und macht eine zusammenhängende Schicht von geringer Mächtigkeit im Drüsenmagen aus (Anatidae, Aleidae, Colymbo-Podicipidae u.m.); 3) sie bildet im Drüsenmagen keine zusammenhängende Schicht, sondern tritt als aus isolirten Bündeln bestehend auf, welche wegen ihrer Kleinheit oft nur schwer zu entdecken sind (einige Passeridae, Coraciidae, Limicolae); 4) jede Spur einer äußeren Längsmuskulatur fehlt beim Vorder- darme (Totanus calidris). Was die zwei anderen Muskelschichten im Drüsenmagen betrifit, so verläuft die Ringmuskelschicht gewöhnlich bei sich gleichbleibender Dicke durch den ganzen Drüsenmagen hindurch. Wo der Ösophagus in den Magen übergeht, verdickt sich bei einigen Vögeln, z. B. Laridae und Golymbidae, die Ringschicht hier bedeutend, um wieder im Drüsenmagen abzunehmen. Die innere Längsmuskelschicht, die unmittelbar unter den Drüsen liegt, umgiebt bei einigen Vögeln, z.B. Sturnus, Turdus, Huhn u. a. m., die großen Drüsen schalenförmig, bei anderen zeigt diese Schicht unter den Drüsen nur leichte Eindrücke. An Schnitten, die senkrecht zur Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 567 inneren Oberfläche gelest sind, kann man in ersterem Falle an dieser Schieht zapfenförmige zwischen die Drüsen in der Höhe emporragende Verdiekungen erblicken (vgl. die Tabelle): Wo die innere Wand des Magens hohe Längsfalten bildet, z. B. bei Laridae, Aleidae und Colymbidae, da schiebt sich die in- nere Längsschicht leistenförmig in diese hinein, ganz wie in die Falten des Ösophagus. Diesen Längsfalten entsprechend ist so- wohl die Ringschicht als auch die äußere Längsschicht verdickt; so finde ich z. B. an einem Querschnitte durch den unteren Theil des Drüsenmagens bei Larus fuscus die Dicke der Schichten zwischen den Falten in den Falten innere Längsschicht 0,107 mm .1,712>mm Ringschicht 0,749 » 1,498 » äußere Längsschicht 0,054 » 0,128 » Zwischen innerer Längsschicht und Ringsschicht verlaufen dann größere Gefäße. Im Drüsenmagen treffen wir auch eine Muscularis mucosae, die zwischen dem Oberflächenepithel und den zusammengesetzten Drüsen verläuft. Die Hauptmasse dieser Muskelfasern liegt in einer zur Ober- fläche des Magens parallel laufenden Ebene. Die einzelnen Fasern kreuzen sich nach allen Richtungen und verlaufen oft kreisbogenförmig in koneentrischer Anordnung um die Ausführungsgänge der zusammen- gesetzten Drüsen. Aus dieser Ebene, in welcher die Fasern eine mehr oder weniger dichte Schicht bilden, steigen einzelne Züge in die Falten hinauf, über die Mitte derselben hinaus habe ich sie aber nicht verfolgen können. Wie Cazın beschreibt, kann man auch in einzelnen Fällen, wo die zusammengesetzten Drüsen nicht dieht an einander liegen, sondern durch diekere Bindegewebswände getrennt sind, Muskelbündel bemerken, die sich aus der horizontal gelegenen Schicht loslösen und zwischen den Drüsen verlaufen, z. B. bei Podi- ceps. Eigentliche kontraktile Hüllen um die Drüsen habe ich jedoch nie beobachtet. Diese Muskelbündel haben mehr den Charakter ein- zelner Züge. | Die Muscularis mucosae variirt in ihren Verhältnissen ziemlich bei den verschiedenen Arten, und die Stelle, an welcher sie zuerst auftritt, ist auch eine wechselnde. Bei Uria grylle finde ich so schon in dem untersten Theile des Ösophagus einzelne längsverlau- fende Muskelfasern unter den Drüsen liegend, deren Zahl nach dem Drüsenmagen hin zunimmt, um in dessen Muscularis mucosae über- 568 RK. E. Schreiner, zugehen. Das Verhältnis zwischen der inneren Längsschicht und .der Museularis mucosae gestaltet sich auch verschieden. Einen konstanten Zusammenhang am Anfangstheile des Drüsenmagens zwischen diesen beiden, so dass man sagen könnte, die innere Längsmuskelschicht spalte sich hier in zwei Schichten, eine über und eine unter den zu- sammengesetzten Drüsen liegende, habe ich nicht feststellen können. Bei den meisten Vögeln war überhaupt gar keine solche Verbindung wahrzunehmen, bei anderen, z. B. Lagopus und Anas boschas, habe ich an dieser Lokalität einzelne Bündel sich von der Längs- muskelschicht ausscheiden und schräg aufwärts sich in die Muscu- laris mucosae verlierend emporsteigen gesehen. Eben so bemerkte ich bei einem Huhn in der Mitte des Drüsenmagens ein ziemlich dickes Bündel, das sich durch mehrere Schnitte verfolgen ließ und von der inneren Längsmuskelschicht nach aufwärts zwischen zwei zusammengesetzte Drüsen aufstieg, ohne jedoch in Verbindung mit der Museularis mucosae zu treten. Der Verlauf der Muskelschichten im Muskelmagen ist, wie bekannt, ziemlich komplieirt und eignet sich wenig für eine bistole gische Untersuchung. Was ich darüber mittheilen kann, ist desshalb sehr wenig. Bei einer Betrachtung eines Längsschnittes durch den letzten Theil des Drüsenmagens und den Anfangstheil des Muskelmagens von z. B. Somateria mollissima kann man deutlich, die Muskelschichten betreffend, nachweisen, dass die äußere Längsschicht sich bald in die Ringschicht, die sich im Muskelmagen rasch verdickt, verliert und in das dieser Schicht aufliegende, straffe Bindegewebe allmählich übergeht. Die innere Längsschicht lässt sich aber noch weiter in den Muskelmagen hinein nachweisen. An der Übergangsstelle rückt die Senken hen näher an die Musecularis heran, da die großen Drüsen verschwinden, und macht man hier auch die Wahrnehmung, dass Bündel von der Museularis mucosae sich der inneren Längsschicht anlegen und zwischen ihre Fasern eintreten. In dieser Region begegnet man solchen auch zwischen den Fasern der Längsschicht und zwar mit Ringverlauf (vgl. Figg. 61 und 62) und einzelnen Fasern, die perpendiculär nach oben zwischen die Endstücke der Drüsen emporsteigen. Bei Somateria waren schon im Endtheile des Drüsenmagens unter den zusammengesetzten Drüsen einzelne ringverlaufende Bündel zu bemerken, und im An- fangstheile des Muskelmagens bildeten diese eine zusammenhängende, über der inneren Längsschicht liegende Schicht (Fig. 63), von dieser Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 569 durch das elastische Bindegewebe getrennt. Diese ringverlaufende, dünne Schicht kann man hier als eine Museularis. mucosae auffassen. Nach der Reibplattenregion zu verlieren sich sowohl die Museu- laris mucosae als auch die Längsschicht, die in der Ringmuskulatur derselben aufgeht. Die Anordnung dieser Muskulatur, wie sie an einem Querschnitte durch die Mitte der Reibplatten bei einer Ente .hervortritt, ist aus Fig. 59, die keine weitere Beschreibung nöthig macht; klar ersicht- bar. Von dem Verhalten der einzeinen Muskelbündel wird später die Rede sein. Während so in dieser Region der Verlauf der Ringmuskelschicht an Schnitten leicht zu verfolgen ist, wird dies schwieriger da, wo die Reibplatten beginnen, und wo diese Schicht zur Achse des Lu- mens nicht senkrecht verläuft, sondern mit ihr alle möglichen Winkel bildet, indem ihre Bündel vom Sehnenspiegel ausgehend fächerförmig ausstrahlen, wie man es schon an makroskopischen Präparaten unter- scheiden kann. Der Unterschied zwischen der Lage der Muskelschichten der Vögel, besonders im Ösophagus und der bei den Säugern ist, wie es auch mehreren früheren Untersuchern auffiel, der, dass bei den meisten Vögeln die Ringschicht nach außen, die Längsschicht nach innen zu gelegen ist. Eine Erklärung dieser Verhältnisse hat - erst OPPEL zu geben versucht. OPrEr’s Auffassung, wie er sie (in XX, 1896; XXII, 1896; XXIV, 1898) vorlegt, ist im Ganzen folgende: Bei einer Reihe von Vögeln (Gallidae, Phalacrocorax, Sula und mehreren) kommen im Ösophagus drei Muskelschichten vor, näm- lich eine äußere Längsschicht, eine Ringschicht und eine innere Längsschicht, im Drüsenmagen bei den meisten Vögeln dieselben drei Schichten und noch eine dünne Muskelschicht zwischen der Ober- fläche der Schleimhaut und den zusammengesetzten Drüsen. Von diesen Schichten stellt die äußere Längsschicht mit der Ringschicht die eigentliche Muscularis dar und entspricht der Muscularis im Vor- derdarm anderer Vertebraten. Die innere Längsschicht ist aber als eine Muscularis mucosae anzusehen. Im Drüsenmagen erhält man also nach dieser Anschauung eine doppelte Muscularis mucosae, und zwar eine tiefe unter den Drüsen und eine hohe über denselben liegende Schicht. Bei allen Vögeln ist im Drüsenmagen die Sub- mucosa fast vollständig verschwunden, im Ösophagus finden wir sie bei den Vögeln, die drei Muskelschichten besitzen; bei welchen die 570 | "K. E. Schreiner, äußere Längsmuskelschicht rückgebildet ist, da ist auch hier bei der Submucosa eine Rückbildung eingetreten, und die Museularis mucosae liegt der Ringschicht unmittelbar auf. In ihren Grundzügen deckt sich wohl die Auffassung Oprer’s von den Muskelschichten mit der meinigen. Wenn ich dennoch seine Nomenklatur nicht aufzunehmen gewagt habe, so haben mich Gründe, die ich im Folgenden zu rechtfertigen versuchen werde, dazu bewogen. Fassen wir einen Schnitt durch den Ösophagus eines Vogels mit zwei Muskelschichten, z. B. Totanus calidris (Fig. 18) ins Auge, bei welchem die Längsmuskelschicht (ns) mächtig entwickelt, der Ringmuskelschicht (rms) direkt aufliegend auftritt, dann wäre es, wenn wir nur auf die vorliegenden Verhältnisse Rücksicht nehmen, unnatürlich und mit dem, was wir gewöhnlich unter einer Museularis mucosae verstehen nicht übereinstimmend, diese Schicht als eine solche zu bezeichnen, und eben so was den Drüsenmagen betrifft, wenn wir, wie oben erwähnt, bei Larus fuseus die Längsschicht in den Falten beinahe 2 mm dick und den größten Theil derselben ein- nehmend vorfinden. Folgen‘ wir aber der Nomenklatur von OPPErL, dann bedienen wir uns einer phylogenetischen Nomenklatur. Wir setzen voraus, dass die Längsmuskelschicht des Ösophagus früher als eine dünnere Schieht, von der Ringschicht durch eine Submucosa getrennt, den Falten der Schleimhaut gefolgt ist, ferner, dass diese Rückbildung der Submucosa und Zunahme der Längsschicht mit einer Rückbildung einer früher existirenden äußeren Längsmuskelschicht Hand in Hand gegangen ist, mit anderen Worten, dass die Verhältnisse, die wir beim Huhn und einigen anderen Vögeln in der Anordnung der Muskel- schichten finden, gegenüber den z. B. bei Totanus vorkommenden als die ursprünglicheren zu betrachten sind. Wir haben im Folgenden diese Auffassung zu prüfen und die Frage zu beantworten zu versuchen: Wie ist bei den verschiedenen Vögeln die abweichende Anordnung der Muskelschichten zu Stande gekommen? Aus früher erwähnten Gründen können wir bei den Cheloniern auf Erscheinungen, die auf den richtigen Auslegungsweg führen können, zu stoßen hoffen. Bei Emys, die in mehreren Beziehungen, was den Darmkanal betrifft, als ein Repräsentant eines primitiveren Stadiums angesehen werden kann, sind die Verhältnisse folgendermaßen geartet: Der ganze Ösophagus und Magen besitzt eine gut entwickelte Ringmus- Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 571 kelschieht. Von dieser Schicht sehen wir im unteren Theile des Ösophagus sich Muskelbündel abspalten, welche sich dieser auflegen und eine deutliche Längsschicht bilden, die sich auf den Magen fort- setzt. Kurz oberhalb des Magenanfangs nimmt das innere Binde- sewebe wesen der Ausbildung der Magendrüsen an Dicke stark zu, wobei man in demselben Muskelfasern wahrnehmen kann, die der Ringschicht etwas näher liegen als dem Schleimhautepithel. Beim Beginne des Magens nehmen diese Muskelbündel an’ Zahl zu und bilden eine Musecularis mucosae, deren Hauptmasse Längsverlauf hat. Diese Schicht liegt unter den Fundusdrüsen, von der Ringschieht durch ein Bindegewebe, das als Submucosa zu bezeichnen ist, geschieden. Aus Verhältnissen, die den beschriebenen ähnlich waren, wobei aber die Längsmuskelschicht im Ösophagus nicht eine so große Aus- breitung besaß, haben sich die, welche wir bei den Vögeln finden, wahrscheinlich entwickelt. Fassen wir nun die Gebilde, wie sie z. B. beim Huhn auftreten, ins Auge, so müssen wir annehmen, dass die außerhalb der Ring- muskelschicht liegende Längsschicht vom Magen sich über den ganzen Ösophagus, auch den oberen Theil desselben, ausgebreitet hat, und dass weiter die bei Emys am Übergangstheile zum Magen sich be- findende Muscularis mucosae an Dicke und Verbreiterung nach oben hin zugenommen hat, und dass die hier im Magen liegende Muscu- ‘ laris mucosae durch die starke Größezunahme der Fundusdrüsen bis zur Ringmuskelschicht herausrückte, während das submucöse Binde- sewebe ganz zurückgebildet wurde, und ferner, dass wegen der sroßen Zunahme der Mucosa und in Folge des Vorgedrängtwerdens der ursprünglichen Muscularis mucosae sich eine andere über den zusammengesetzten Drüsen entwickelte. Ob diese letztere aus dem Bindegewebe neu entstanden oder aus einer Abspaltung von der Längsmuskelschicht hervorgegangen ist, lasse ich unbeantwortet. Dass bei einigen Vögeln einzelne Fasern von der Längsschicht am Anfange des Drüsenmagens in die Muscularis mucosae übertreten, wie ich als ein inkonstant vorkommendes Verhältnis bemerkt habe, darf ich nicht als einen entschiedenen Beweis für die letztere Auffassung an- sehen, da es sich hier ja eben so gut um eine sekundäre Verbindung handeln könnte. Wie haben nun die Verhältnisse sich entwickelt bei den Vögeln, die keine äußere Längsmuskelschicht im Ösophagus besitzen, bei denen aber die innerhalb der Ringschicht liegende Längsschicht eine bedeutende Ausbildung erlangt hat und, stait den Faltungen der 572 Ä K. E. Schreiner, Schleimhaut zu folgen, der Ringschicht dicht anliegt, und bei welchen die äußere Längsschicht im Drüsenmagen nur wenig oder gar nicht zur Entwicklung gekommen ist? Das Verhältnis kann Anfangs, wie oben für das Huhn ange- nommen, entstanden sein. Die Vorfahren dieser Vögel hätten dann auch im Ösophagus drei Muskelschichten, wovon die innerste eine Muscularis mucosae repräsentirte, besessen. Der weitere Entwick- lungsgang wäre der, dass die äußere Längsmuskelschicht sich wieder zurückgebildet hätte, um zuletzt ganz aus dem Ösophagus zu verschwin- den, und dass die Muscularis mucosae desswegen, kompensatorisch an Mächtigkeit zunehmend, bis zur Ringschicht vorgerückt wäre (oder vice versa: die Muscularis mucosae hätte an Dicke zugenommen und die äußere Längsschicht sich darum als überflüssig zurückgebildet). Für eine solche Auffassung könnte das Verhalten der äußeren Längsmuskelschicht im Magen bei diesen Vögeln sprechen. Bei allen scheint diese Schicht aus dem Muskelmagen verschwunden zu sein, bei einigen tritt sie noch im Drüsenmagen als eine deutliche Schicht auf, und so sind alle Übergänge vorhanden zwischen Vorkommen und gänzlichem Fehlen der Längsschicht. Am Ösophagus sind solche Übergänge nicht nachgewiesen, so dass bei den einen Vögeln die Längsschicht sich über den ganzen Ösophagus ausbreitet, bei den anderen nur über die Übergangsstelle vom Ösophagus in es Magen; und so lange solche Übergänge hier nicht aufgefunden werden, werden wir noch an eine zweite Möglichkeit denken müssen: Die Verhältnisse bei diesen Vögeln können sich selbständig aus den primitiven so entwickelt haben, dass gleich vom Anfange ab die vom Magen aus sich in den untersten Theil des Ösophagus hinein- erstreckende Muscularis mucosae an Dicke zugenommen und sich über den ganzen Ösophagus als eine der Ringschicht aufliegende Längsschicht ausgebreitet hat. In Folge eines solchen Wachsthums dieser Schicht wäre bei den Vorfahren dieser Vögel die äußere Längs- schicht nie über ihren ursprünglichen Ausbreitungsbezirk weiter hin- aus gekommen; mit anderen Worten wären also die Gebilde, die wir auf der einen Seite beim Huhn, auf der anderen bei Totanus treffen, durch eine divergente Entwicklung aus primitiven Verhält- nissen, denen ähnlich, die wir bei gewissen Reptilien finden, hervor- gegangen. Welche von diesen beiden Annahmen die richtige ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Die ziemlich große Variation in der Mus- kulatur des Ösophagus bei anderen Wirbelthieren, z. B. den Fischen, Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 573 zeigt, in wie hohem Grade diese Muskulatur umwandelbar und an- passungsfähig ist, wie ältere Schichten sich zurückziehen und neue sich ausbreiten können — Verhältnisse, die uns zu einer gewissen Vorsicht in unseren Schlussfolgerungen mahnen müssen. S Jedenfalls können wir wohl sagen, dass die innere Längsschicht bei allen Vögeln eine der im untersten Theile des Ösophagus gewisser Reptilien vorkommenden Muscularis mucosae homologe Schicht dar- - stellt, und dass diese Längsschicht bei den Vögeln, die drei Muskel- schichten besitzen, mehrere Eigenschaften einer Muscularis mucosae bewahrt hat, so dass eine Benennung derselben mit diesem Namen sich vertheidigen lässt. Was aber die Längsschieht derjenigen Vögel betrifft, die im Ösophagus nur zwei Muskelschichten besitzen, so muss diese als eine den zwei Längsschichten der ersteren homodyname Schieht angesehen werden und, wie auch die innere Längsschicht des Drüsenmagens, ihrer Natur und Lage nach der äußeren Mus- kulatur zugerechnet werden. _ Übergangsformen zwischen glatten und quergestreiften Muskelfasern, wie sie Levvıq (s. oben) beschreibt, sind zwar im Muskelmagen nicht anzutreffen; was aber diesen Angaben zu Grunde liest, sind doch sicher nicht, wie HassE meint, Schrägschnitte — von solchen hätte sich LEYpıG gewiss nicht täuschen lassen — sondern die Verdickungsknoten der Muskelfasern, die hier im Muskelmagen auffallender sind als an anderen Stellen des Darmkanals. An Querschnit- ten durch den Muskelmagen treten sie in zahlreichen, etwas unregelmäßig parallel ver- laufenden, lichtbrechenden Li- nien hervor. : An gefärbten Schnitten zeigen sich diese Linien intensiver tingirt als die zwischenliegenden Müuskel- Texihe al Mn Unker Blarloren Var ie größerung zeigen die einzelnen Bindegewebe schwarz. . | Muskelfasern in diesen Linien | polygonale »homogenisirte« (wie SCHAFFER sagt, XXX, 1899, p: 228) Verdickungen. a a In Betreff der einzelnen Muskelfasern muss ich hervorheben, dass 574 | | "K. E. Schreiner, es mir nie gelungen ist, wirkliche Intercellularbrücken bei den Vögeln nachzuweisen. Zum Schlusse möchte ich auf die Anordnung der Muskelbündel in der Reibplattenregion des Muskelmagens aufmerksam machen. Wie aus Fig. 59 — Lupenvergrößerung — hervorgeht, verlaufen die Mus- kelbündel ringförmig zur Achse des Lumens, indem sie sich an dem Sehnenspiegel inseriren. Die parallelen Bündel sind von dem früher erwähnten Bindegewebe umgeben. Legt man aber den Schnitt senk- recht zur ersten Schnittrichtung, so erhält man ein Bild wie in Text- figur 11 dargestellt ist, wo die eigenthümliche, beinahe mathematisch genaue Anordnung der Muskelbündel in polygonalen Feldern in die Augen fällt, eine Bildung, die wahrscheinlich bestimmten mechani- schen Gesetzen entspricht. Würzburg, im April 1900. Litteraturverzeichnis, I. Pu. BArTHELS, Beitrag zur Histologie des Ösophagus der Vögel. Diese Zeitschr. Bd. LIX. p. 655. 189. II. ©. BERGMANN, Einiges über den Drüsenmagen der Vögel. REICHERT’S u. Du Bois-REeymonD’s Arch. für Anatomie u. Physiol. 1862. p. 581. II. G. CATTANEO, Istologia e sviluppo dell apparato gastrico degli uccelli. Atti.della Soc. Ital. di Se. Nat. Vol. XXVIL°p. 90. Anno 1884. IV. M. Cazın, Recherches anatomiques, histologiques et embryologiques sur l’appareil gastrique des oiseaux. Annal. des science. natur. Zool. 7 serie. I By2 Sp. IA 189% V. H. CURSCHMANN, Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. Diese Zeitschr. 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Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Osophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 250. Fig. 2. Larus canus, erwachsen. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Funduszellen einer Drüse. Sublimat-Essigsäure, Häma- toxylin-Eosin. m, Mitose einer Drüsenzelle. Vergr. 250. Fig. 3. Larus canus, erwachsen. Aus einem Längsschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Querschnitt durch die Mitte eines Drüsenhalses. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 250. Fig. 4 Larus eanus, neugeboren. Aus einem Querschnitt durch die Mitte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. cy, Cysten im Oberflächenepithel. . Vergr. 47. Fig. 5a u.d. Larus canus, neugeboren. Aus einem Querschnitt durch die Mitte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. cy, Cysten im Oberflächenepithel; s, koagulirtes Sekret derselben; e/, Centrallumen einer Jungen Drüsenanlage; ag, aufgequollene Zellen des Oberflächenepithels; dr, eine ältere Drüsenanlage, tangential getroffen. Vergr. 200. Fig. 6 Larus canus, eine Woche alt. Aus einem Querschnitt durch den untersten Theil des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, DELAFIELD’s Häma- toxylin. Vergr. 300. Fig. 7. Larus eanus, eine Woche alt. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 333. Fig. 8. Sterna aretica, eine Woche.alt. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat- Essigsäure, Hämatoxylin -Eosin. Vergr. 661. u Fig..9. Sterna aretica, eine Woche alt. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Drüse mit einer Funduszelle in Theilung begriffen. Vergr. 667. Fig. 10. Sterna aretiea, eine Woche alt. Aus einem Längsschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Querschnitt durch die Mitte eines Drüsenhalses. ‘Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 667. Fig. 11. Colymbus areticus. Aus einem Querschnitt durch die Mitte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Himatoxylin-Kongoroth. Vergr. 250. Fig. 12. Podiceps auritus. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Himatoxylin-Eosin. Vergr. 47. Fig. 13. Podiceps auritus. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 333. ‚Fig. 14. Anas Penelope. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Osophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 47. (Nur ein Theil der Ringmuskelschicht eingezeichnet.) Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 577 Fig. 15. Anas Penelope. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 105. Fig. 16. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Quer- schnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Häma- toxylin-Eosin. Vergr. 105. Fig. 17. Mergus serrator, Embryo, ca. 7 Tage vor dem Ansehen Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essig- säure, Hämatoxylin-Eosin. dr, Drüsenanlagen. Vergr. 85. Fig. 13. Totanus ealidris. Aus einem Querschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr: 60. Fig. 19. Totanus ealidris. Aus einem Querschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Drüsen zwischen zwei Falten. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Nur der Ausführungsgang einer Drüse (a) ist seiner ganzen Länge nach getroffen. Die anderen Drüsen (, c, d, e, f, y) sind mehr oder weniger tangential durchgeschnitten, und zwar qg am meisten von der Mittelachse entfernt. Vergr. 105. Fig. 20. Haematopus ostrilegus. Aus einem Querschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin- Kongoroth. Vergr. 200. Fig. 21. Charadrius apriearius. Aus eineni Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 60. Fig. 22. Corvus cornix. Aus einem Querschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 60. Fig. 23. Corvus cornix. Aus einem Querschnitt durch die untere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 105. Fig. 24. Pica caudata. Zellen aus einer Ösophagusdrüse. Schnittpräpa- rat. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. a, von dem Anfange des Halses; d, von dem Drüsenkörper. Vergr. 250. Fig. 25. Passer domesticus. Aus einem Querschnitt durch den Kropf. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 47. Fig. 26. Passer domesticus. Aus einem Längsschnitt durch den unte- ren Theil des Ösophagus. Querschnitt durch die Mitte eines Drüsenhalses. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 333. Fig. 27. Passer domesticus. Aus einem Längsschnitt durch den unte- ren Theil des Ösophagus. Funduszellen einer Drüse. Sublimat- Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 498. Fig. 25. Hirundo rustica. Aus einem Querschnitt durch den mittleren Theil des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Häimatoxylin-Eosin. Vergr. 85. Fig. 29. Sturnus vulgaris. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 70. Fig. 30. Turdus pilaris. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 200. Fig. 31. Lagopus subalpinus, eine Woche alt. Aus einem Querschnitt durch die obere Hälfte des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Himatoxylin-Eosin. Vergr. 47. Fig. 32. Lagopus subalpinus, eine Woche alt. Aus einem Längs- schnitt durch den unteren Theil des Ösophagus. Sublimat-Essigsäure, Hima- toxylin-Kongoroth. Vergr. 393. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIIL Bad. 38 B78 ee) K. E.- Schreiner, Fig. 33. Mergus serrator, eine Woche alt. Aus einem Längsschnitt durch die Übergangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Sublimat- Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. d, die letzte Ösophagusdrüse. Vergr. 70. Fig. 534. Mergus serrator, eine Woche alt. Aus einem Längsschnitt durch die Übergangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Sublimat- Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. a und 5, zwei Blindsäcke, von welchen b so- wohl Magen- als Ösophagusepithel enthält. Verg. 70. Fig. 35. Anas boschas, ca. zwei Wochen alt. Aus einem Längsschnitt durch die Übergangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Sublimat-Essig- säure, Hämatoxylin-Kongoroth. dr, letzte Ösophagusdrüse. Vergr. 85. Fig. 36. Anas boschas, ca. zwei Wochen alt. Aus einem Längsschnitt durch den Drüsenmagen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 85. Fig. 37. Totanus ealidris. Aus einem Längsschnitt durch den Drüsen- magen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr: 60. Fig. 383. Passer domesticus. Aus einem Längsschnitt durch den Drüsenmagen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 85. Fig. 39. Passer domesticus. Querschnitt einer zusammengesetzten- Drise in der Höhe mit a Fig. 35. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergt: ‚85. Fig. 40. :Passer een, Querschnitt einer zusammengesetzten Drüse in der Höhe mit db Fig. 38. Sublimat-Essigsäure, Hämatezplin: -Kongoroth. Versi. 8. Fig. 41. Passer domesticus. Aus einem Querschnitt durch eine zu- sammengesetzte Drüse. Übergang der granulirten Drüsenzellen in die klaren Zellen der.Sammelröhre. Sublimat-Essigsäure, Himatoxylin-Kongoroth. Vergr.498. Fig. 42. Passer domesticus. Querschnitt durch einen Blindsack aus dem Drüsenmagen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 498. Fig. 43. Passer domesticus.. Querschnitt durch die Mitte eines Aus- führungsganges einer zusammengesetzten. Drüse. Sublimat-Essigsäure, Häma- toxylin-Kongoroth. Vergr. 498. Fig. 4.. Tringa maritima. Aus einem Längsschnitt durch den -Drüsen- magen. Sublimat- -Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. 5, Blindsack, der granu- lirte Drüsenzellen enthält. Vergr. 105. Fig. 45. Tringa maritima. Querschnitt durch .den A unse einer zusammengesetzten Drüse. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 109. Fig. 46. Larus eanus, neugeboren. Aus einem Schnitt der Oberfläche des Drüsenmagens parallel gelegt. In der Mitte befindet sich der Ausführungs- gang einer zusammengesetzten Drüse. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 300. Fig. 47. Larus canus, neugeboren. Aus einem Schnitt der Oberfläche des Drüsenmagens parallel gelegt, tiefer in der Schleimhaut als Fig. 46. Sublimat- Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 300. : - Fig. 48. Lagopus subalpinus, eine Woche alt. Aus einem Längs- schnitt durch den Drüsenmagen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. A. : Fig. 49. Gallus domesticus. Aus einem Längsschnitt durch die Über- sangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Spitze einer Falte. FLEMMING’s Flüssigkeit, Safranin. öfe, Ösophagusepithel; e, a Zelle. Bee, 390. Beiträge zur Histol. und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. I. 579 Fig. 50. Gallus domesticus. Aus einem Längsschnitt durch die Über- gangsstelle vom Ösophagus in den Drüsenmagen. Spitze einer Falte. FLemming’s Flüssigkeit, Safranin. Ao, Hohlraum in dem Magenepithel, von eosinophilen Zellen gefüllt. Vergr. 333. u Fig. 531. Gallus domesticus. Querschnitt durch einige Tubuli einer zusammengesetzten Drüse. FLEMMING’s Flüssigkeit, Safranin. dw, Bindegewebs- wand zwischen den Tubuli; 5, Blutkapillaren derselben; s, Sekret. Vergr. 85. Fig. 52a u. db. Gallus domesticus. Aus einem Längsschnitt durch die Tubuli einer zusammengesetzten Drüse. Chrom-Formalin, Eisenalaunhämatoxilin- Bordeauxroth. dd, Kern in der Bindegewebswand; ri, rothes Blutkörperchen. Vergr. 1000. Fig. 53. Gallus domesticus. Aus einem Längsschnitt durch die Tubuli einer zusammengesetzten Drüse. Nach GorGr behandelt. In drei Tubuli ist das Lumen (2) zu sehen. Nach unten sind sie tangential getröffen. n, Niederschlag an der bindegewebigen Wand der Tubuli oder an Blutkapillaren derselben. Vergr. 370. Fig. 54. Gallus domestieus. Aus einem Querschnitt durch eine zu- sammengesetzte Drüse. Zellen der Centralhöhle. Sublimat-Essigsäure, Häma- toxylin-Eosin. Vergr. 300. | Fig. 55. Sterna aretiea. Aus einem Längsschnitt durch die Tubuli einer zusammengesetzten Drüse. Sublimat-Essigsäure, Eisenalaunhämatoxylin. s, Sekret. a, Vergr. 1000, 5 und ce, Vergr. 498. Fig. 56. Sturnus vulgaris. Tangentialschnitt durch einen großen Tubu- Jus einer zusammengesetzten Drüse. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongo- roth. Vergr. 1000. Fig. 57. Sturnus vulgaris. Querschnitt durch einen Endtubulus einer zusammengesetzten Drüse. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Vergr. 1000. Fig. 58. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Quer- schnitt durch den Drüsenmagen. Spitze einer Falte. Sublimat-Essigsäure, Häma- toxylin-Eosin. Vergr. 498. Fig. 59. Anas erecca. Aus einem Quersehnitt durch den Muskelmagen in der Region der Reibplatten. Sublimat-Essigsäure, Karmin. ssp, Sehnen- spiegel; sie, Stratum eompactum; dr, Drüsen; ss, Sekretschicht. Vergr. 5. Fig. 60. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Längs- schnitt durch den Anfangstheil des Muskelmagens. Spitzen zwei Papillen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. 5, Zellenreste im Sekret des Papillenepithels. Vergr. 498. 5 Fig. 61. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Längs- schnitt durch die Übergangsstelle vom Drüsenmagen in den Muskelmagen. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. s, Sekret des Oberflächenepithels; bl, Blindsack. Vergr. 105. Fig. 62. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Längs- schnitt durch die Übergangsstelle vom Drisenmagen in den Muskelmagen, dem letzteren näher als Fig. 61. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Eosin. 5/, Blind- sack (oder Drüse); s, Sekret des Öberdlächenepithels; s%, Sekret der Krypte. Vergr. 105. Fig. 65. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Querschnitt durch den Anfangstheil des Muskelmagens. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin- | 38* . 580 K. E. Schreiner, Beiträge zur Histologie ete. der Vöögel. T. Kongoroth. s, Sekret des Oberflächenepithels; s%, Sekret der Krypte und der Drüse; Ak, Krypte; dr, Drüse; e, Endstücke einer Drüse. Vergr. 105. Fig. 64. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Schnitt durch die Schleimhaut des Muskelmagens, der Oberfläche desselben parallel ge- legt. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. e, Endstücke einer Drüse: m, Muskelfaser. Vergr. 250. Fig. 65. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Schnitt durch die Schleimhaut des Muskelmagens, der Oberfläche desselben parallel ge- legt. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. s, Sekret der Drüse. Verg. 250. Fig. 66. Somateria mollissima, zwei Wochen alt. Aus einem Schnitt durch die Schleimhaut des Muskelmagens, der Oberfläche desselben parallel ge- legt. Sublimat-Essigsäure, Hämatoxylin-Kongoroth. Die Magenkrypten vereinigen sich, und Papillen entstehen. Vergr. 300. Fig. 67. Larus fuscus. Aus einem Querschnitt durch den Muskelmagen. Die Sekretschicht entfernt. Sublimat-Essigsäure, Eisenalaunhämatoxylin. dr, Drüse; ste, Stratum compaetum. Vergr. 47. Fig. 68. Larus fuscus. Aus einem Querschnitt durch den Muskelmagen. Die Sekretschicht entfernt. Sublimat-Essigsäure, Karmin, WEIGERT’s Elastin- färbung. drl, Drüsenlumen; el, elastische Faser. Vergr. 300. Inhaltsverzeichnis, Seite Einletune» 0.0. nn. . 481 I.. Oberflächenepithel. und Drüsen. . . Se 482 A. Ösoplasus 00 ea ie sc 482 B. Magen... 0.0. 000. ..0002 e e e 515 II. Bindegewebe und Iymphadenoides Gewebe. . 2 rEE 547 A. Ösophasus . ... 0... 547 B. Magen... u. wel. un En 557 III. Die Muskulatur . 0.2... 0020000 560 Litteraturverzeiehnis. . .' ..... .ce...00. 2a 574 Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. Von | W. Redikorzew. (Aus dem Zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XXXIX—XL und 7 Figuren im Text. Das Studium der Litteratur, welche über die Ocellen der In- sekten vorliegt, zeigt, dass dieses Thema schon lange die Aufmerk- samkeit einer Reihe Forscher auf sich lenkte; nichtsdestoweniger blieb der Gegenstand bis jetzt verhältnismäßig wenig bearbeitet. Ich slaube mich nicht zu irren, wenn ich diese Thatsache vor Allem den Schwierigkeiten, rein technischer Natur, zuschreibe, welche der Erforschung dieser Organe oft kaum überwindbare Hindernisse ent- segsensetzen. Alle, die sieh mit Arthropoden beschäftigten, wissen, welche Mühe die Anfertigung einer Schnittserie häufig bereitet, wegen der oft so dieken Cuticula.. Wenn wir uns zur vorhandenen Litte- ratur über die Ocellen wenden, so fällt auf, dass die Mehrzahl der Arbeiten sich mit Arthropoden beschäftigten, die eine verhältnismäßig dünne und weiche Cuticula besitzen (Arachnoidea, Coleopterenlarven) oder mit solchen, welche einer periodischen Häutung unterworfen sind, und daher zu gewissen Zeiten ebenfalls neugebildete weiche Cuticula besitzen (außer den ebenerwähnten, Raupen, Crustacea, Myriapoda etc... Das Imagostadium der Insekten wurde am seltensten unter- sucht, wesshalb wir hierüber die spärlichsten und ungenügendsten Angaben erhielten. So erwähnt z. B. GRENACHER in seinem großen Werk (1879) oft, dass ihm dieser oder jener Schnitt misslang, dass er nicht im Stande war Manches auf ihm zu beobachten und dess- halb genöthigt war, Mancherlei zu schematisiren und zu kombiniren, was auch aus seinen Zeichnungen genügend ersehen werden kann, welche — abgesehen von all’ ihren Vorzügen — etwas schemati- sirt sind. | 582 W. Redikorzew, Die Cutieula wird bekanntlich nur von wenigen chemischen Reagentien angegriffen und die Behandlung erfordert äußerste Vor- sicht, weil beim Eindringen der Flüssigkeit ins Innere (durch natür- liche oder künstliche Öffnungen) alle Weichtheile rasch zerstört wer- den. In den meisten Fällen erschwert das Vorhandensein sehr dieker Chitinlinsen die Anfertigung der Schnitte noch mehr. . 0 - Die vorstehenden Erwägungen, aus denen folgt, dass noch mancherlei Zweifel über den Bau der Insektenocellen bestehen und ein erneutes Studium auf diesem Gebiet nicht unerwünscht sein dürfte, veranlassten mich, auf den Rath meines Lehrers Prof. BürscHLı, zu versuchen, den Gegenstand noch einmal zu. untersuchen. Herrn Prof. BürschLı sage ich bei dieser Gelegenheit meinen tiefsten Dank für seine stete Mithilfe und Kontrolle bei der Bear- beitung dieses Themas; auch Herrn Prof. Scuuserg bin ich, beson- ders für seine werthvollen technischen Anweisungen, zum Dank ver- pflichtet. Ich halte es ferner für meine Pflicht an dieser Stelle Herrn H. BrrzeL (in Lützelsachsen) meinen Dank auszusprechen für die Lieferung des reichen Materials von Bienenpuppen. Als Material für vorliegende Arbeit dienten mir ausschließlich die Ocellen von Insekten. Leider war der Sommer 1899 sehr regne- risch, wesshalb ich nur über spärliches Material verfügte. Die ge- sammelten Insekten wurden dekapitirt und in frischem Zustand konservirt; als Konservirungsflüssigkeiten dienten: 1) Pikrinschwefel- säure, 2) Pikrinessigsäure, 3) Chromessigsäure (nach FLemume: 1%, Chromsäure 70 ce, Eisessig 5 ce und Wasser 90 ce), 4) koncentrirte Sublimatlösung, 5) koncentrirte ‘Sublimatlösung mit 2°/, Essigsäure, 6) Platinchloridehromsäure (nach MERKEL: 1°, Chromsäure 100 ee, 10/, Platinchlorid 100 ee, Wasser 600 ee). Als die besten ergaben sich die 1, 2, 4 und 5 dieser Flüssigkeiten. Was die Platinchloridehrom- säure betrifft, so verwirklichte sie nicht die Hoffnungen, welche ich an sie knüpfte, da diese Flüssigkeit von GRENACHER besonders warm empfohlen wird. Die konservirten Objekte wurden ausgewaschen und in 70°/,igem Alkohol aufbewahrt; später in Paraffın eingebettet und nach verschiedenen Richtungen in Schnitte zerlegt. Die eigen- thümliche Anordnung der Ocellen am Kopfe des Insektes (siehe darüber unten) erschwerte die sichere Orientirung der Schnitte. Die genauesten Medianschnitte des mittleren Ocellus wurden auf Sagittalschnitten durch den Kopf erhalten. In manchen Fällen sind Querschnitte durch den Ocellus besonders entscheidend für gewisse Fragen. Das Vor- handensein der harten Cuticula erlaubte nicht die Schnitte dünner als Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 583 10 u zumachen, wenn es sich darum handelte, eine vollständige Serie zu bekommen. Die Bienenpuppen, welche eine sehr dünne Cuticula besitzen, wurden dagegen 5 u und selbst dünner geschnitten. ' Da die weitere Behandlung und Färbung der Präparate in der Regel nicht von den üblichen Methoden abwich, so gehe ich nicht senauer hierauf ein; nur eine, anscheinend .nicht oft verwendete, Fär- bung will ich erwähnen, welche sehr gute Resultate ergab. Es ist dies die, namentlich von MAURICE und SCHULGIN (Embryogenie de l’Amaroecium preliferum, Annales des Sciences naturelles, 6. Serie, T. XVIL, pp: 6—7) empfohlene Kombination von Boraxkarmin und Bleu de Lyon. Das Objekt wurde 24 Stunden lang in toto in Borax- karmin auf dem Wärmschrank (ca. 45°) gefärbt und dann 1—2 Stun- den mit 1/,iger Salzsäure extrahirt. Hierauf wurde in gewöhnlicher Weise eingebettet und geschnitten; die Färbung mit Bleu de Lyon wurde dann auf dem Objektträger vorgenommen und die Schnitte mit Wasser aufgeklebt, um die Mitfärbung des Klebstoffes zu ver- meiden. Bleu de Lyon verwendete ich in sehr schwacher Lösung (Y,%/, in 70%/,igem Alkohol) und ließ das Präparat nicht länger als 1—2 Minuten darin. In dieser Weise wurde eine vorzügliche Doppel- färbung erreicht. Nach Extrahirung des Boraxkarmins blieben nur die Kerne gefärbt; die Nervenfasern und Stäbchen färbten sich stets sehr intensiv blau; das Plasma der Zellen färbte sich ebenfalls blau, aber nicht so stark, so dass die Stäbchen und Nerven immerhin deut- lich hervortraten. Die Cuticula ist in ihren älteren Partien immer mit Boraxkarmin roth, — in jung abgelagerten dagegen von Bleu de Lyon blau gefärbt. Als Macerationsflüssigkeiten habe ich bei gelegentlichen Ver- suchen, die histologischen Elemente der Ocellen zu isoliren, folgende Flüssigkeiten verwendet: :Kochsalzlösung mit !/,%/, Essigsäure (auf dem Wärmschrank); 0,005°/, Chromsäure (in geringer Quantität, so dass das Objekt mit der Flüssigkeit nur bedeckt war); ganz schwachen Alkohol (10%,); sehr stark verdünntes Eau .de Javelle. Als Mittel zur Entfernung des Pigmentes wurde Salpetersäure (25°/,) mit gutem Erfolg angewendet, indem ich sie auf die Schnitte unter dem Deckglas wirken ließ. Die schon gefärbten Präparate werden dabei natürlich entfärbt und erfordern also nachträgliche Neufärbung. Außerdem verwendete ich. Chromsalpetersäure (nach der. Angahe JANDERr’s: Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie ete. XV, Heft 2, 1898, pp. 163—165). Diese Flüssigkeit wirkt sehr langsam aber sicher. — Zum .vorgängigen Erweichen der Cuticula für Schnitte benutzte 584 | _W. Redikorzew, ich Eau de Javelle. Dasselbe ist hierfür sehr geeignet, erfördert jedoch äußerste Vorsicht; das betreffende Objekt darf der Flüssigkeit keinen Zutritt ins Innere gestatten, da sonst alle Weichtheile rasch zerstört werden, bevor die Cuticula im mindesten erweicht ist. Um diesen Übelstand zu beseitigen, verschloss ich die Mund- und Hals- öffnung des vom Körper abgetrennten Kopfes immer sehr sorgfältig mit Paraffin. Eine bistorisch-kritische Übersicht der Litteratur unseres Themas glaube ich hier nicht geben zu sollen; die Angaben anderer Forscher sollen bei der Darlegung meiner eigenen Beobachtungen berücksich- tigt werden. 1. Allgemeines über Vorkommen, Stellung und Zusammensetzung der Ocellen bei den Insekten. Ehe wir die feinere Zusammensetzung der Ocellen betrachten, möge das Vorkommen, ihre Stellung, Zahl und Gestalt kurz besprochen werden. Die Ocellen können bei Insekten entweder während der ganzen Lebensperiode vorhanden sein (Pedieulidae, Aphaniptera), oder nur im Larvenzustand (Coleoptera, Makrolepidoptera und die Mehrzahl der Mikrolepidoptera), oder sie finden sich nur im Imagostadium (Diptera, Hymenoptera, mit Ausnahme der Ten- thredinidae). Es kommt jedoch auch vor, dass sowohl die Larve wie das Imago ein und desselben Insekts Ocellen besitzt (einige Mikrolepidopteren, Neuropteren, Tenthredinidae unter den Hymenopteren). Nach den Angaben von Wırrem (1897) sind dagegen die bei Collembola vermutheten Ocellen in Wirklichkeit zusam- mengesetzte Augen von euconem Typus. Nach ihrer Lage kann man die Ocellen in zwei Gruppen bringen, nämlich die der Scheitelocellen und die der Seitenocellen, d. h. solche, die am Scheitel des Kopfes liegen und solche, die an seinen Seiten stehen. Die letzteren sind allen Insekten und Insektenlarven eigen, welche der facettirten Augen entbehren (Aphaniptera, Pediecu- lidae, Larven, Raupen); wo dagegen zusammengesetzte Augen vor- handen sind, nehmen die Ocellen in der Regel die Scheitellage zwi- schen den facettirten Augen ein. Zwischen der Lage und dem feineren Bau des Ocellus besteht ein gewisser Zusammenhang. Die an den Seiten des Kopfes sitzenden Ocellen haben gewöhnlich einen ein- facheren Bau und bestehen nur aus einer kleinen Zahl von Zellen. Die am Scheitel angebrachten Ocellen dagegen besitzen einen viel Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 585 komplieirteren Bau. Eine Ausnahme bilden die Tenthrediniden- larven, deren Ocellen an den Seiten des Kopfes liegen, aber nach dem Typus der Scheitelocellen gebaut sind. | Die seitlichen Ocellen kommen gewöhnlich in großer Zahl vor, indem sie an den beiden Ecken des Kopfes, unweit von der An- heftungsstelle der Mandibeln, einen Kreis, ein Oval, oder eine Kurve bilden (Textfisg. 1 u. 2). Bei den Insekten stehen diese seitlichen exttig: 1: Textfig. 2. Fig. 1. Sphinx euphorbiae (Raupe). Kopf von der linken Seite Fig.2. Mamestra brassicae (Raupe). Kopf von der rechten Seite. Ocellen in gewissen, oftmals jedoch in ganz unbedeutenden, Entfer- nungen von einander; bei den Myriapoden kommt es bekanntlich vor, dass diese Ocellen so dicht zusammengerückt sind, dass ihre Linsen mit einander zusammenfließen wie die Facetten der Cornea im zusammengesetzten Auge (Scutigera z. B.). Die Zahl dieser seitlichen Ocellen ist sehr verschieden und kann zwischen 5, 6, 7 und mehr an jeder Seite des Insektenkopfes schwanken. Bei den Coleopterenlarven sind die Ocellen gewöhnlich dichter zusammengerückt; bei den Lepidopterenraupen ist der Ab- stand zwischen den einzelnen Ocellen beträchtlicher. Die Raupe der Tenthredinidae hat nur zwei seitliche Ocellen, je einen großen an jeder Seite des Kopfes. Die Scheitelocellen stehen in den meisten Fällen genau auf dem Scheitel zwischen den beiden facettirten Augen; zuweilen rücken sie übrigens mehr gegen die Stirn herab (Mikrolepidoptera). Die Zahl dieser Ocellen ist entweder zwei (Mikrolepidoptera), oder drei (die Mehrzahl der Insekten mit Scheitelocellen).. In ersterem Falle sind sie symmetrisch angeordnet, im zweiten beobachtet man in der Regel, dass der mittlere oder Medianocellus etwas nach vorn gerückt ist und dadurch mit den zwei seitlichen ein Dreieck bildet, 586 0. W. Redikorzew, dessen -Spitze nach vorn gerichtet‘ ist (Textfigg. 3, 4 und 5). : Die Gestalt des in dieser Weise. gebildeten Dreiecks ist von dem Grad des Abstandes der einzelnen Ocellen von einander, resp. der Breite seiner Basis abhängig. Wo die facettirten Augen sehr dicht zusam- mengerückt sind und der Scheitel daher sehr schmal ‚erscheint (Dip- tera, besonders bei Männchen, Textfig. 5), sind die hinteren paarigen Ocellen sehr nahe zusammengerückt und daher ist der vordere Winkel des Dreiecks sehr spitz; bei Insekten mit breitem Scheitel (wie z. B. Libellulidae) scheinen dagegen umgekehrt alle drei Ocellen fast auf einer geraden Linie zu liegen. Die Lage der Scheitelocellen zum Gehirn, mit dem sie durch die zugehörigen Nervi optiei verbunden sind, ist verschieden; während Textfig. 3. Textfig. 4. Textfig. 5. Fig. 3. Leria serrata. Kopf von oben. Fig. 4. Apis mellifica (Puppe). Kopf von oben. Fig. 5. Syrphus balteatus 5, Kopf von oben. der vordere immer in der Medianebene des Kopfes angebracht und etwas ventralwärts geneigt ist, richten sich die: lateralen Ocellen ‚ebenfalls etwas ventralwärts und nach den entsprechenden Seiten. Damit hängt auch der Bau dieser beiden Ocellenarten zusammen; während der Medianocellus vollkommen symmetrisch gebaut ist, ist jeder Lateralocellus, in den meisten Fällen, in sich asymmetrisch und spiegelsymmetrisch mit dem der anderen Seite. Re Bei Besprechung der von mir ermittelten Resultate ‚werde ich, um vielfache Wiederholungen zu vermeiden, die Ocellen der einzelnen von mir untersuchten Insektenarten nicht gesondert beschreiben. Ich ziehe es vor, den Bau der 'Ocellen im Gesammt zu betrachten, d. h. die die Ocellen zusammensetzenden histologischen Elemente nach einander zu besprechen, indem ich jedes Mal die Abweichungen an- merke, welche die oder jene Art geliefert hat. | Zur vorläufigen Orientirung über den allgemeinen Bau. will ich Untersuchungen über den Bau ‘der Ocellen der Insekten. 587 diejenigen Elemente aufzählen, welche an der Zusammensetzung des Ocellus Theil nehmen, in ihrer Reihenfolge von außen nach innen. Es sind dies: 1) die Linse, 2) der Glaskörper, 3) die Retina. und 4) der Nervus opticus. Dazu gesellen sich noch die an die Linse srenzende Cuticula der allgemeinen Kopfbedeckung, ferner die dem Ocellus anliegende Hypodermis, welehe gewöhnlich eine pigmentirte Verdiekung bildet (sog. Iris); dann diejenigen indifferenten. Zellen, welche zwischen den Retinazellen auftreten und eben so auch zwischen den Nervenfasern sich finden, und endlich das Pigment, welches theils in den Retinazellen, theils zwischen denselben abgelagert ist. In der weiteren Besprechung gehe ich auf die Ocellen der Dy- tiscuslarve und der Lepidopterenraupen nicht näher ein. Die ersteren übergehe ich desshalb, weil ich sie wegen mangelnden Materials nicht eingehend studiren konnte, und da das, was ich. von ihrem Bau beobachtete, mit der Darstellung PArren’s (1887 2). übereinstimmt. Von den Lepidopterenocellen untersuchte ich die Ocellen der Raupen von Vanessa Io, Sphinx euphorbiae und Mamestra sp. Hier vermag ich ebenfalls den Angaben von PANKRATH (1890) nichts Wesentliches hinzuzufügen. | 2. Die Linse. Die Linse, welche als Fortsetzung und lokale Verdiekung der _ allgemeinen Cuticularbedeekung des Kopfes erscheint, erreicht bei allen untersuchten Insekten eine beträchtliche Entwicklung, sowohl nach außen hervortretend als ins Innere des Ocellus eine starke Her- vorwölbung bildend (Figg. 1, 24, 25, 26, 27%). Der Grad der Kon- vexität der Linse ist verschieden und das Verhältnis zwischen äußerer und innerer Wölbung ist ebenfalls kein gleichmäßiges; in der. Regel ist die innere Linsenfiäche stärker gekrümmt und bildet eine Kugel- fläche von kleinerem Radius als die äußere. | Von der Gestalt des Ocellus hängt auch die Form der Linse ab. In den vollständig symmetrisch kugelförmigen Ocellen der Oimbex- larve und den medianen Scheitelocellen der Mehrzahl der Insekten ist sie gleichfalls völlig symmetrisch (Figg. 1, 26, 27). In den asym- metrisch gebauten lateralen Scheitelocellen der Mehrzahl der Insekten ist die Linse ebenfalls asymmetrisch. Das gilt insbesondere von ihrem gesen die Retina gerichteten Segment, das auf Frontalschnitten des Kopfes mehr oder weniger dreieckig erscheint, da es medianwärts sehr stark vorspringt und sich von da gegen außen allmählich abflacht (Fig. 24). Die Richtung der Längsachse einer solchen Linse weicht 588 | _ W. Redikorzew, daher sehr beträchtlich von der zur Kopfoberfläche senkrechten‘ Rich- tung nach außen ab. Da, wie schon oben angegeben wurde, auch die - Achse des Medianocellus nicht genau senkrecht oder radial zur Scheitel- fläche steht, sondern etwas ventralwärts geneigt ist, so dass der Winkel, welcher die Längsachse dorsalwärts mit der Kopfoberfläche bildet, kleiner ist als der entsprechende ventralwärts gelegene Winkel, so steht auch die Linse dieses Medianocellus nicht genau senkrecht, sondern etwas ventral geneigt zur Scheitelfläche. Bei den der Häutung unterworfenen Insektenlarven kann man während der Vorbereitung zur Häutung die beiden Cuticulae beob- achten, d. h. außen die noch nicht abgestreifte alte und unter ihr die neugebildete. In diesem Falle ist die letztere immer sehr weich und färbt sich mit Reagentien viel intensiver als die erstere; sie ist auch weniger stark pigmentirt und zeigt eine deutlichere Schichtung. Die Linse der neuen Cuticula ist, so lange die alte noch nicht ab- seworfen, weniger stark nach außen vorgewölbt als später, vielmehr auf ihrer äußeren Oberfläche bedeutend abgeplattet (Fig. 25 Z); die alte Cutieula ist auf der Zeichnung nicht ausgeführt. An dem Rand der Linse, wo diese in die Cuticula übergeht, ist diese bei vielen Insekten (Apis, Fig. 27, Vespa, Cimbex, Fig. 26) eingebuchtet und erzeugt eine Art von mehr oder weniger tiefer Rinne, welche die ganze Linse umzieht. Diese Ausbuchtung ist durch eine pigmentirte Verdickung der Hypodermis (Iris) ausgefüllt. Sowohl in der Cutieula als in der Linse kann man mit Leichtig- keit eine Schichtung unterscheiden, in so fern dies in der ersteren nicht durch starke Pigmentirung verhindert wird (Allanthus z. B.). Man kann in der Cuticula stets drei solche Schichten unterschei- den: die äußerste Schicht, welche als eine sehr dünne gelbe Lage über die ganze Cuticula und auch über die Linse ohne Veränderung hinzieht. Diese Schicht (Figg. 1, 24, 25, 26, 27) ist von Natur etwas gelblich und wird bei der Färbung der Schnitte meist nicht tingirt. Darauf folgt eine zweite Schicht. Sie ist in der Regel pig- mentirt, hellgelb bis tiefbraun oder schwarz und verliert diese Pig- mentirung erst beim Übergang in die Linse. Wo die Cuticula im Ganzen hell gefärbt ist (Cimbex grün, Perla schmutziggelb), findet sich um die Linse herum dennoch ein Ring dunkelpigmentirter Cuti- cula (Figg. 1, 25, 26). Die innerste Schicht endlich, welche un- mittelbar an die Hypodermis angrenzt, ist meistens nicht pigmentirt. In verschiedenen Ocellen ist die Dicke der mittleren und inneren Schichten verglichen mit einander verschieden; bald ist die mittlere Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 589 bedeutend dicker als die innerste (Cimbex, Figg. 1, 26), bald ist es umgekehrt (Calopteryx, Fig. 24; Perla, Fig. 25). Inder Linse fließen die beiden inneren Schichten zusammen und lassen sich von einander nicht abgrenzen. In der inneren Schicht ist stets eine feine senkrechte Streifung bemerkbar, zuweilen auch eine feinere Schichtung; in der mittleren Lage ist diese Struktur nur auf schwach pigmentirten Cuticulae bemerkbar; sie existirt jedoch, aller Wahr- scheinlichkeit nach, überall. Man kann dies aus dem feineren Bau der Linse schließen, welche in ihrem äußeren Theil, — der Fortset- zung dieser Lage — ebenfalls fein geschichtet erscheint. Die innerste Lage färbt sich viel intensiver als die mittlere, was auch in der Linse zu bemerken ist, welche in ihrer äußeren Partie nicht so stark tingirbar ist als in der inneren. Die feine Schichtung der Linse tritt manchmal mit großer Deutlichkeit durch ihre ganze Dicke hervor (Cimbex, Perla, Fig. 25); in anderen Fällen erscheint nur die innere Partie der Linse deutlich geschichtet (Diptera). Nicht selten kann man beobachten, dass die einzelnen Schichten der Linse von einander abgeblättert sind, wodurch die lamellöse Zusammensetzung noch deutlicher hervortritt. Der Verlauf der Schichten in der Linse wiederholt in der äußeren und inneren Partie die Umrisse der entsprechenden Oberflächen. Während die äußere Oberfläche der Linse immer glatt ist, erscheint die innere oft leicht gekerbt oder besitzt, wie das nämlich an den asymmetrisch gebauten Linsen der lateralen Scheitelocellen der Fall ist, beträchtliche Ausbuchtungen und Vorsprünge (Figg. 1, 24); hier wiederholen die Schichten alle diese Unebenheiten und zeigen mehr oder minder starke wellenartige Biegungen. Wie erwähnt, kann man in der Cuticula außer der Schichtung noch eine senkrechte Streifung beobachten (Fig. 1). Ich glaube nicht, dass diese Erscheinung von Porenkanälen der Cuticula herkommen kann, weil diese Streifen nicht selten (z. B. bei Cimbexlarve, Fig. 1) bogenförmig durch die ganze Dicke der mittleren und inneren Schichten der Cuticula hinziehen; ferner fallen sie in der mittleren und inneren Lage nicht zusammen, sondern sind ganz unabhängig von einander und außerdem sind sie zu fein und nur bei Anwendung starker Ver- srößerungen nachweisbar. Sie für Poren zu halten ist nicht möglich, weil sie auch keinen doppelten Kontour erkennen lassen, was für Poren nothwendig wäre. In der Cutieula trifft man Porenkanäle, aber viel gröbere, welche als Ausführgänge der in der Hypodermis einge- schlossenen Drüsen dienen, als Basalkanäle der Haare, Borsten ete. 90 iyzel 25D esNostwsoRedikorzew, Ich habe .die feinere Struktur der Cutieula nicht näher unter- sucht. Man darf übrigens vermuthen, dass wir analoge Erscheinungen vor uns haben wie in den von anderer Seite! 'eingehender unter- suchten Cuticulae der Crustaceen und Anneliden, sowie in dem Cellu- losemantel von Cynthia. Die Streifung der Cuticula oder des Cellulosemantels wird dadurch erklärt, dass die Waben der Grund- substanz sich an gewissen Stellen in gerader Linie anordnen. Diese feinere Struktur kann natürlich nur bei der Anwendung sehr starker Vergrößerungen nachgewiesen werden; bei schwacher Vergrößerung dagegen ist die wabige Struktur überhaupt nicht mehr mit Sicherheit erkennbar und die Stellen der regelmäßig angeordneten Waben er- scheinen nur als feine Streifen. Ä Was die Porosität der Linse betrifft, welche für die Araneinä von GRUBER (1880) und BErRTRAU (1886) beschrieben wurde, so muss ich sie für die Insektenlinse auf das entschiedenste. verneinen. Auch GRENACHER (1879) weist darauf hin, indem er sagt, dass er die bei den Spinnen vorhandene Porosität der Linse bei Insekten nie ge- funden hat. Ich habe die Ocellen von Araneinen nicht untersucht, und obgleich ich keinen besonderen Zweifel an der Richtigkeit der Untersuchungen genannter Forscher hege, will ich doch bemerken, dass auf den von ihnen gegebenen Figuren die fraglichen Poren ent- weder gar nicht abgebildet sind, oder als solche nicht erkannt wer- den können. Außerdem’ seheint es mir, dass das Vorhandensein von Poren in der Linse die Vollkommenheit derselben als lichtbrechen- den Apparat stören müsste. -Porenkanäle finden sich, wie bemerkt, in der Cuticula, aber sie gehen nieht auf die Linse über, eben so wenig wie das Pigment und die auf der angrenzenden Cuticula häufig in großer Menge vorhandenen Haare und Borsten (z. B. bei Apis). In der Linse einiger Insekten sieht man kleine Hohlräumchen verschiedener Gestalt, welche hauptsächlich mn Centrum angehäuft sind oder mehr in der inneren Partie. In der Linse des Ocellus von Apis ist das Vorkommen dieser Höhlen äußerst wechselnd (zuweilen fehlen sie gänzlich) und eben so ist ihre Zahl sehr verschieden. Ihr Aussehen erinnert auffallend an Spalten oder Sprünge, welche beim Austrocknen einer I Masse sonbenen (RENACHER Be p- 59) 1 0. BürscaLı, Untersuchungen über en insbesöndere ne Struk- turen nichtzelliger Erzeugnisse des Organismus und über ihre Beziehungen zu Strukturen, welche außerhalb des Organismus entstehen. Leipzig 1898. B. SUKATSCHOFF, Über den feineren Bau einiger Cutieulae und der Spongien- fasern. Diese Zefusche Bd. LXVI. 3. Heft. 1899. Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 591 beschreibt und bildet ab eine solche Erscheinung in der Linse des Ocellus von Vespa und erklärt ihr Auftreten ale durch die Konser- virung hervorgerufene Gerinnung und dabei entstandene Volnmen- änderung. | 1a wine Ganz anderer Art sind die Hohlräumchen in der Linse des Ocellus der Cimbexlarve (Fig. 2). Hier sind sie von bestimmter Form, fast alle von gleicher Größe und mit einer gewissen Regelmäßigkeit. an- Seordnet, kreisförmig, entsprechend der Gestalt der Linse. Sie sind hauptsächlich um den Mittelpunkt der Linse koncentrirt und ‘werden gegen die Peripherie immer seltener. Die Hohlräumehen sind: meist etwas länglich oval; sie liegen entweder vereinzelt oder zu zweien, eng an einander gerückt, so dass nur ein schmales Brückchen von Linsensubstanz zwischen ihnen bleibt; die einander zugewandten Seiten zweier solcher Räumchen sind abgeplattet, während die abge- wendeten mehr oder weniger gewölbt sind. Diese Hohlräumehen sind: sehr winzig (0,002 mm) und nur bei Anwendung der Immersion bemerkbar. | diad Lanooıs (1866, p. 31) erwähnt in der Linse von Schmetterlings- raupen feine Fasern mit einem 0,004 mm großen Kern, welche kreis- förmig um den Mittelpunkt der Linse angeordnet sein sollen. Er giebt nichts Genaueres an, weder über die Herkunft noch über die Natur dieser Fasern. Diese Angabe erscheint mir sehr zweifelhaft, - um so mehr als ich nichts derart in der Linse der Raupen beobachtet habe. PankrartH (1890), der diese Augen sonst sehr genau unter- sucht und geschildert hat, erwähnt diese Thatsache auch nicht. Die Linse, wie die Cuticula überhaupt, ist ein Produkt der Hypo- dermis. Auf frühen Stadien ist die Linse von der allgemeinen Cuti- cularbedeckung noch nicht unterschieden (Figg 29, 33). Später wird die Cutieula fortdauernd von der gewöhnlichen Hypodermis abgeson- dert, die Linse dagegen wird von dem aus letzterer differenzirten Glaskörper gebildet. Bei der Entwicklung des Ocellus von Apis mellifica sehen wir, dass die erste Andeutung der Linse sehr spät erscheint. Wenn der Ocellus der Puppe schon sehr weit in: seiner Entwicklung fortgeschritten ist, so dass sich schon das Pigment in den Retinazellen und der Iris abgelagert hat und die Stäbchen schon ausgebildet sind, existirt die Linse noch nicht, oder erscheint höch- stens als kaum bemerkbare Verdickung der Cutieula, welche kon- tinuirlich in die angrenzende übergeht (Fig. 36). Erst nach der vor- letzten Puppenhäutung erhält die Linse eine bedeutende Stärke, welche jedoch hinter der Dieke der definitiven Linse noch 'zurück- 592 "W. Redikorzew, bleibt, indem besonders die innere dem Glaskörper zugewendete Partie noch schwach entwickelt ist. Erst bei dem Ausschlüpfen des Imago aus der Puppe (der letzten Häutung) erscheint die Linse voll- entwickelt (Fig. 27). Auf allen diesen allmählichen Stadien kann man den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Glaskörper- schicht und der Linse verfolgen. Während der Glaskörper der jungen Puppe eine sehr hohe (0,125—0,130 mm) Zellschicht darstellt (Figg. 29, 30, 32, 33, 34, 36), die Linse dagegen sich fast gar nicht von der Cutieula unterscheidet, hat ersterer bei der erwachsenen, zum Aus- schlüpfen bereiten Puppe bedeutend an Dicke abgenommen. Die Linse aber ist umgekehrt sehr dick geworden. Der Imagozustand der Biene schließlich zeigt uns eine sehr niedrige (0,005 mm) Schicht von Glaskörperzellen und eine Linse von gewaltig entwickelter (0,140 mm) proximaler Hervorwölbung (Fig. 27). Indem wir die Maße dieser beiden Theile vergleichen, finden wir, dass die Dieke der Linse des Imago im Ganzen fast genau mit der Dicke des Glaskör- pers und der Linse der Puppen übereinstimmt. Daraus wird klar, dass beim Übergang in den Imagozustand die Linse nachträglich auf Kosten der Glaskörperschicht gebildet wird. 3. Hypodermis in der Umgebung des Ocellus. Ehe wir zur Besprechung des Glaskörpers übergehen, wollen wir den Bau der dem Ocellus benachbarten Hypodermis, aus welcher der Glaskörper entsteht und mit welcher er in stetem Zusammenhang bleibt, kurz besprechen. Die Hypodermis umkleidet überall den Körper unmittelbar unter der Cutieula und besteht aus hohen prismatischen Zellen mit in der Mitte liegendem Kern. Außer diesen gewöhnlichen Zellen sind in der Hypodermis noch Drüsenzellen vorhanden, zuweilen von sehr be- deutender Größe, so dass sie mit ihren proximalen Enden über die Hypodermisschicht hervorragen. An der Grenze von Hypodermis und Ocellus verdiekt sich die erstere und bildet einen Wulst (Figg. 24, 27, 33, 35, 36 /r;, der manchmal zu einer Falte gebogen ist (Fig. 26) und in die rinnenförmige Einschnürung zwischen Linse und Cutieula hineinreicht. Diese Stelle der Hypodermis erscheint immer mehr oder minder stark pigmentirt und unterscheidet sich im Bau ihrer Zellen etwas von der übrigen Hypodermis. Die Zellen sind nämlich höher und stehen zum Rand der Linse senkrecht eben so wie die Zellen der Hypodermis zur Cuticula senkrecht stehen. Die Lage dieses Theiles der Hypodermis um den Ocellus herum und seine Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 593 Pigmentirung geben Veranlassung, denselben als eine Art von Iris anzusehen, wie wir diesen Theil, der Kürze wegen, auch fernerhin nennen werden. 4. Der Glaskörper. Die Glaskörperzellen sind etwas verschieden im Ocellus von Larven und Puppen (Perla, Cimbex, Apis) und in Ocellen des Imago gebaut. Im ersteren Falle (Figg. 4, 5, 25, 26, 29, 30, 32, 38, 34, 39, 36 G/k) erscheinen sie als stark verlängerte prismatische Gebilde (oder besser gesagt abgestutzte Pyramiden, weil der Basal- theil der Glaskörperzellen an der Retina etwas breiter ist als der distale an die Linse grenzende). Die Glaskörperzellen liegen sehr dieht an emander und erscheinen im Querschnitt als polygonale fünf- oder sechseckige Gebilde (Fig. 3). Den Kern sieht man immer mit senügender Deutlichkeit; er ist verhältnismäßig klein und befindet sich in der basalen Partie der Zelle, welche der Retina zugewen- det ist. Der Glaskörper des Imago unterscheidet sich bei den von mir untersuchten Insekten (Apis, Allanthus, Eristalis, Syrphus, Leria) von dem eben beschriebenen der Larven und Puppen durch seringere Höhenentwicklung seiner Zellen (Fig. 27). Sie sind sehr niedrig; ihre Höhe übertrifft nicht ihre Breite, oft ist das Umge- kehrte der Fall. Im Querschnitt erscheinen sie ebenfalls als dicht an einander liegende fünf- oder sechseckige Gebilde. Thompson (1878, p. 578) leugnet die Existenz der Glaskörper- sehieht im Ocellus von Eristalis tenax; nach seiner Meinung soll die Retina der Linse unmittelbar anliegen. Indessen ist diese An- gabe irrig: die Glaskörperschicht ist im Ocellus von Eristalis eben sowohl vorhanden wie bei allen Insekten. Die von GRABER (1880, p. 64-65), PurcErL (1894, p. 8) und HENTSCHEL (1899) beschriebene sogenannte »präretinale« Membran konnte ich nur bei Dipteren finden; bei anderen von mir untersuchten . Insekten habe ich nichts davon gesehen. Im Ocellus von Eristalis und Syrphus kann man wirklich das Vorhandensein einer beson- deren durchsichtigen Membran, welche zwischen Retina und Glas- körper eingeschaltet ist, beobachten. Diese Membran wird aus zwei Lagen sehr platter Zellen gebildet und die Ränder beider Lagen gehen in einander über. Normaler Weise liegen ihre beiden Lagen dieht an einander und sind nur auf Axialschnitten durch den Ocellus, auf welchen die Membran aus ihrer normalen Lage gebracht wurde, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXYIH. Bd. 39 594 _W. Redikorzew, zu erkennen. Die beiden Lagen sind dann gegen einander ver- schoben und offenbaren dadurch ihre doppelte Bildung. Was den Bau dieser Membran betrifft, so ist sie bei den Dipteren, im Gegensatz zu dem, was GRABER und HENTSCHEL bei Araneinen und Myriapoden fanden, nicht strukturlos homogen, sondern zelliger Natur; die zu ihr gehörigen Zellen sind sehr stark abgeplattet und nur an der Stelle, wo der Kern liegt, etwas angeschwollen, so dass sie auf dem Längsschnitt sichelförmig erscheinen. Diese Zellen sind sehr groß und äußerst flach, daher trifft man die Kerne in großer Entfernung von einander und auf ungünstigen Schnitten können sie gar nicht getroffen sein; darauf beruht wahrscheinlich die Annahme, dass diese Membran der Zellen entbehrt. Bei anderen Insekten habe ich eine solche »präretinale« Mem- bran nicht gefunden und überhaupt keine scharfe Grenze zwischen Glaskörper und Retina bemerkt. Während bei Hymenopteren und Dipteren die Glaskörperschicht als eine gesonderte Schicht zum Vor- schein kommt, finden wir bei anderen Insekten (z. B. Cimbexlarve, Figg. 5, 26, Calopteryx, Fig. 24, Perlalarve, Figg. 4, 25), dass die Glaskörperschicht keineswegs von den distalen Enden der Retina- zellen scharf abgesetzt ist. Ihre Zellen schieben sich vielmehr zwi- schen diese und reichen manchmal sehr weit, so dass wir auf Quer- schnitten durch die distale Partie der Retinazellen die Querschnitte der basalen Enden der Glaskörperzellen (924) finden (Fig. 11). Als etwas eigenthümlich muss ich hier den Glaskörper des Ocellus der Cimbexlarve besonders erwähnen. Überhaupt zeigen diese Ocellen, im Vergleich mit anderen, viel Eigenthümliches in ihrem Bau, worauf ich noch hinweisen werde. Die Glaskörperzellen des Ocellus der Cimbexlarve unterscheiden sich von denjenigen anderer Ocellen mit hohen Glaskörperzellen nicht wesentlich; sie besitzen nur an ihrem distalen Ende, unweit von der Linse, eine halsartige Einschnürung (Figg. 5, 26). Das distale, der Linse anliegende Ende verbreitet sich wieder schirmförmig. In den durch diese Einschnürungen entstan- denen Zwischenräumen liegen noch andere ziemlich große abgerundete Zellen mit deutlichem Kern (Figg. 5, 26 Erz). Außerdem ist das distale Ende der Zelle etwas eigenthümlich beschaffen: es besitzt eine Art von dünnem Alveolarsaum (Fig. 5 s), bestehend aus sich dunkel färbenden Protoplasmabälkchen und dazwischen liegenden Alveolarräumen. Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 595 5. Die Retina. Die Retinazellen sind stark in die Länge gezogene spindelför- mige, d. h. an beiden Enden zugespitzte Zellen. Das distale Ende ist gewöhnlich länger ausgezogen, das basale dagegen verjüngt sich rasch. Dies hängt damit zusammen, dass der recht große Kern näher dem proximalen Ende liegt; die Stelle aber, wo der Kern sich be- findet, ist immer die breiteste und etwas angeschwollen. Die distalen Enden der Retinazellen, welche dem Glaskörper zugewendet sind, enthalten die Stäbchen, während die proximalen direkt in die Fasern des Nervus opticus übergehen. Der Kern der Retinazelle zeichnet sich stets durch seine bedeutenden Dimensionen aus, im Vergleich zu den Kernen anderer Zellen, welche in die Bildung des Ocellus eintreten. Daher sind die Kerne der Retinazellen immer leicht zu beobachten. Sie sind entweder ganz kugelig oder ellipsoidisch; stets mit deutlichem Nucleolus (Figg. 4, 7, 8). Das Protoplasma der Re- tinazellen ist in der Regel fein längsfaserig strukturirt (Figg. 7, 8). Von besonderer Wichtigkeit ist nun, dass die Retinazellen nicht gleichmäßig vertheilt, sondern zu Gruppen von je zwei, drei und vier Zellen vereinigt sind; mehr als vier Zellen einer Gruppe habe ich in den Ocellen der Insekten nicht beobachtet. Am häufigsten trifft man zwei und drei Zellen. In den Ocellen gewisser Arten finden wir stets eine konstante Zahl von Zellen in jeder Gruppe (zwei bei Perlalarve, Figg. 11, 12, vier bei Cimbexlarve, Fig. 14); in anderen eine verschiedene Zahl (Apis je zwei oder drei, Fig. 13; Calopteryx zwei, drei und vier, Fig. 10). Diese Gruppirung ist sehr deutlich, vor Allem auf den Querschnitten oder dort, wo die einzelnen Gruppen in einiger Entfernung von einander stehen und der Zwischenraum zwischen ihnen von jenem Zwischengewebe erfüllt ist, von welchem unten die Rede sein wird (z. B. Cimbexlarve, Fig. 26). Wie bekannt, sind die Meinungen über die Bildung von Gruppen der Retinazellen in den Ocellen der Arthropoden verschieden: einige Autoren leugnen diese Gruppirung der Retinazellen (GRENACHER, BERTKAU), andere dagegen gestehen diese Thatsache zu (LANKESTER für die Skorpione, PURCELL für Phalangiden, PATTEN für die Aci- liuslarve). GRENACHER, als Vertreter der ersteren Ansicht, macht dabei einige nicht zutreffende Angaben. Er schreibt z. B. den Re- tinazellen zum Theil zwei, selbst drei Kerne zu, während diese Kerne in Wirklichkeit einer ganzen Gruppe angehören; ferner nimmt | 33 596 W. Redikorzew, er an, dass jedes Stäbchen das Erzeugnis von nur einer einzigen Zelle sei, so komplieirt es auch gebaut sein kann. Indessen ist die Anordnung der Retinazellen in Gruppen (Re- tinulae) für mich außer Zweifel, da man sich von diesem That- bestand leicht an jedem mehr oder weniger günstigen Querschnitt der Retina überzeugen kann. 6. Das Stäbchen. Wie oben schon erwähnt, enthalten die distalen Enden der Retinazellgruppen (Retinulae) sogenannte Stäbchen. Die Stäbchen bilden sich an den Berührungsstellen der zu einer Gruppe vereinigten Retinazellen. Damit hängt auch die Form des Stäbchens zusammen. Wenn die Retinula nur aus zwei Zellen besteht (wie wir das sehr oft in der Retina von Apis, Perla oder Calopteryx sehen, Figg. 11, 12, 15), so besitzt das Stäbchen die Gestalt eines Plätt- chens (oder richtiger zweier meist ununterscheidbar verwachsener Plättchen, da jede Retinazelle eine Hälfte des Plättchens liefert); wo die Retinula aus drei Zellen besteht, erscheint das Stäbchen aus drei Plättehen zusammengesetzt, welche mit einander unter bestimmten Winkeln verschmolzen sind (Figg. 10, 15). Im Querschnitt erscheinen die ersterwähnten plattenförmigen Stäbchen als eine gerade Leiste, die zweiten — als dreieckige sternartige Figuren. Im Ocellus der Cimbexlarve (Fig. 14) wird jede Retinula von vier Retinazellen gebildet; dem entsprechend erscheint das Stäbchen aus vier halben Cylindermänteln zusammengesetzt; im Querschnitt bekommen wir eine viertheilige hufeisenförmige Figur, deren Arme zur äußeren Fläche der Retinazelle gerichtet sind und welche mit ihren gewölbten Theilen im Mittelpunkt der Retinula unter einander verschmolzen sind. End- lich liegen in dem Ocellus der Dipteren (Eristalis tenax, Syr- phus, Fig. 17, Leria serrata) die distalen Enden der Retinazellen sehr dicht an einander, so dass jede dicht und allseitig an ihre Nachbarinnen angrenzt. Im Querschnitt dieser Region berühren sich die Retinazellen dicht mit einander als sechseckige Gebilde (Fig. 15). Dem entsprechend nehmen die Stäbchen die Form ausgehöhlter sechs- eckiger Prismen an, deren Boden und Deckel offen ist, und die im (Querschnitt als ein regelmäßiges zusammenhängendes Netzwerk von Sechsecken sich zeigen. | Da die Stäbchen nur an Stellen gebildet werden, wo sich die Retinazellen seitlich berühren, so ist die Frage, wie weit sie in proximaler Richtung hinziehen, von selbst gelöst. Dort, wo die ein- Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 597 zelnen Retinazellen, welche an der Zusammensetzung einer Retinula Theil nehmen, aus einander weichen, was ungefähr in der Höhe der Kerne stattfindet, dort hören auch die Stäbchen auf, indem sie all- mählich in die Zellmembran von gewöhnlicher Dieke übergehen. Da die distalen Enden der Retinazellen sich auf eine beträchtliche Strecke berühren, so nehmen die Stäbchen beinahe ?/; der ganzen Zellenlänge ein. Dieses Verhältnis bleibt auch an dem peripherischen Rande des Ocellus bestehen, wo die Retinazellen viel kürzer sind als in der Centralpartie, weil dort auch die Stäbchen entsprechend kürzer sind. | Dem über die Stäbchen Bemerkten wäre noch hinzuzufügen, dass die Stäbchen der mittleren und basalen Partie der Retinula ihrer Breite nach der Gesammtbreite der sich berührenden Zellen ent- sprechen, welche sie erzeugen; am distalen Ende verschmälern sie sich mehr und wir bekommen dadurch das Bild, welches auf den Figuren 11 und 12 dargestellt ist. Auf Fig. 12 sehen wir, dass auf den Querschnitten durch die mittlere und proximale Partie der Stäb- chen diese letzteren die Grenze bilden zwischen den Retinulazellen auf der ganzen Ausdehnung ihrer Berührungslinien, während der Querschnitt durch die distale Spitze der Retinazellen (Fig. 11) uns zeigt, dass hier das Stäbehen nur einen Theil der Berührungslinie bildet, und zwar den mittleren oder axialen Theil; nach außen von ihm dagegen grenzen die Retinazellen mit ihrer gewöhnlichen Ober- fläche an einander. Auf macerirten und zerklopften Präparaten der Ocellen der Bienenpuppe begegnet man zuweilen einzelnen Retinulae mit zerstörter basaler Partie (Fig. 16), so dass das basale Ende des Stäbchens her- vorragt. Dieses freie basale Stäbehenende erscheint nun in der Regel wellenartig oder ziekzackartig hin und her gebogen. Diese Erschei- nung dürfte dafür sprechen, dass das Stäbchen in normalem Zustand, im Zusammenhang mit den übrigen zugehörigen Zellen der Retinula und den übrigen Bestandtheilen des Ocellus gewissermaßen der Länge nach gespannt ist. Wir finden also, dass man die einzelnen Stäbchen nicht, wie GRENACHER meint, für Erzeugnisse je einer einzigen Retinazelle an- sehen kann; sie sind ein Produkt der Ausscheidung einer Gruppe von zwei oder mehreren Retinazellen (Retinula), und stellen also ein eben so charakteristisches Rhabdom dar, welches aus einzelnen Rhabdomeren zusammengesetzt ist, wie die Rhabdome, welche im facettirten Auge innerhalb jeder -Retinula angetroffen werden. 58 WW. Redikorzew, Das Protoplasma der Retinazellen ist in der Nachbarschaft der Stäbchen etwas anders beschaffen. Hier bemerkt man nämlich, dass dem Stäbchen entweder eine ganz dünne Schicht besonders großer Waben anliegt (Calopteryx, Fig. 6), welche wir als eine Alveolar- schicht bezeichnen können, oder man beobachtet beiderseits des Stäb- chens eine breite, mehr als die Hälfte der Zellenbreite einnehmende Zone, mit deutlicher querer Anordnung der Waben (Perla, Figg. 4, 11, 12a). Diese letztere Zone charakterisirt sich noch dadurch, dass sie viel schwächer gefärbt wird als das übrige, die Peripherie der Zelle bildende Protoplasma, welches seinerseits aus längsangeordneten Waben besteht. 7. Der Sehnerv. Das basale Ende jeder Retinazelle geht in eine Faser des Nervus optieus über. Feine, gut gelungene und gut geführte Axialschnitte, sowie auch Macerationspräparate lehren uns, dass jeder Retinazelle eine Nervenfaser zugehört (Figg. 7, 17). Da das Stäbchen immer an den Berührungsstellen der distalen Theile der Retinazellen einer Gruppe (oder Retinula) auftritt, also zwischen die Zellen der Retinula eingeschlossen ist, so kann keine Rede sein von einer direkten Ver- bindung des Stäbchens mit einer Faser des Opticus. | Unter den Insektenocellen wurden bis jetzt nirgends invertirte beobachtet, wie das bei einigen Arachnoideen und Crustaceen der Fall ist; in den Ocellen aller untersuchten Insekten verbinden sich die Nervenfasern mit den basalen Enden der Retinazellen. Ich kann aus den Präparaten mit voller Bestimmtheit schließen, dass, wie gesagt, das basale Ende jeder Retinazelle unmittelbar und ‚kontinuirlich in eine Nervenfaser übergeht. Ob in dem Leib der Retinazelle noch eine Fortsetzung der Faser besteht, ist schwer zu entscheiden. Nur in den Retinazellen des Ocellus von Calopteryx splendens fand ich sichere Beweise dafür, dass die Nervenfaser nicht nur einfach in die Retinazelle übergeht, sondern dass in deren In- neren ein Gebilde zu sehen ist, welches sich ziemlich tief in die Retina- zelle verfolgen lässt und wie eine Fortsetzung der Faser erscheint. Bei seitlicher Betrachtung der Retinazellen bemerken wir eine helle, ziemlich breite (0,008 mm) Linie (Fig. 18 N.opt.), welche die Fort- setzung der Faser des Nervus opticus darstellt und in der Retina- zelle hinzieht, auf mehr als ?/, ihrer Länge. Auf den Querschnitten durch die Retinazelle (Fig. 19) sehen wir neben dem Kern der Re- tinazelle den Querschnitt durch die Nervenfaser (N.opt.). Die Fort- Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 599 setzung der Nervenfaser in der Retinazelle verläuft zunächst im basalen Theile der Zelle innerlich und streicht dicht neben der Oberfläche des Kernes vorbei, distal, vor dem Kern, tritt sie an den inneren Rand der Zelle, wo sich ja auch das gemeinsame Rhabdom aus- bildet. Die Verbindungsart der Nervenfaser mit der Retinazelle, welche BERTKAU (1886, p. 627) im Ocellus gewisser Spinnen beschreibt, wo- nach die Nervenfaser sich nicht mit dem basalen Ende der Retinazelle verbindet, sondern in dieselbe etwas höher, in der Kerngegend, ein- tritt, habe ich in Ocellen von Insekten nicht beobachtet. Eben so habe ich von der Verbindungsart der Nervenfasern mit den Retina- zellen, welche Pırrex (18872) beschreibt, nichts beobachtet. Die Nervenfasern sollen nach PaTrEx die Retinazelle umspinnen, d. h. sie dringen zwischen die Zellen ein und breiten sich an deren Ober- fläche aus, indem von ihrem Hauptstamm, der längs verläuft, seitliche Zweige abgehen, nach Art der Endigung der Nervenfasern in den Muskelzellen bei gewissen Vertebraten. Die einzelnen Nervenfasern eines Ocellus, welche die Retina- zellen innerviren, vereinigen sich in ihrem rückwärtigen Verlauf gegen den Sehnerv zu mehr oder weniger dicken Bündeln, die schließ- lich zum Nervus opticus zusammentreten. Der Nerv jedes Ocellus zieht entweder selbständig bis zum Gehirn oder vereinigt sich unweit vom Ocellus mit den beiden anderen zu einem gemeinsamen Nerv (Diptera). Der Zerfall des Opticus in einzelne Bündel und das Aus- einanderweichen der letzteren in einzelne Fasern — entsprechend der Zahl der Retinazellen — findet unweit von der Eintrittsstelle des Optieus in den Ocellus statt. Die axialen Fasern ziehen direkt zu den axialen Retinazellen, die seitlichen, viel längeren Fasern dagegen biegen äquatorial aus und treten successive mit den Retinazellen in Verbindung. Je weiter sich diese gegen den Äquator ziehenden Bündel der Nervenfasern von der Achse des Ocellus entfernen, desto mehr nimmt ihre Dicke ab, indem sie successive Fasern zu Retina- zellen abgeben (Figg. 25, 26, 27, 36). Die einzelnen Nervenfasern treten in den Bündeln nur zusammen, verschmelzen dagegen nicht etwa unter einander. Die Optiei gehen vom hinteren Theil des Gehirns aus und ziehen schief nach vorn und dorsal zu den Ocellen (Textfig. 6, p. 611). Der Optieus des medianen Ocellus entspringt aus dem Gehirn stets mit zwei Wurzeln (Textäg. 7, p. 612), die sich jedoch zu einem Stamm vereinigen; zwischen diesen beiden Wurzeln tritt eine große Trachee a 600 - W. Redikorzew, hindurch, welche über das Gehirn in den vorderen Theil des Kopfes zieht und dort in eine Anzahl von Ästehen zerfällt. Der Nervus opticus ist von einer Hülle umkleidet. Diese Hülle hat denselben Bau wie die Hülle (Membran), welche den gesammten Ocellus um- kleidet und welche ich weiter unten noch eingehender besprechen werde. Von dieser Hülle entspringen Fortsätze nach innen, welche um jede Nervenfaser eine eigene, höchst feine Hülle bilden, von deren Anwesenheit man sich leicht auf den Querschnitten (Fig. 23 überzeugen kann. Auf dünnen Querschnitten durch den Nerven oder seine Zweige bekommt man daher ein Netzwerk zu Gesicht, welches von diesen Hüllen gebildet wird; die scheinbaren Zwischenräume dieses polygonalen Netzwerkes sind nichts Anderes als eben die ein- zelnen Nervenfasern, welche sich stets viel schwächer färben als die Hüllsubstanz. Auf der Fig. 23 sind die Nervenfasern, der Übersicht- lichkeit wegen, nicht entsprechend dem wirklichen Thatbestand, mit viel dunklerer Farbe gezeichnet. Auf dieser Figur sieht man stellen- weise neben den Querschnitten durch die Nervenfasern große Kerne der Zwischengewebszellen (N). 8. Das Zwischengewebe. Zwischen den Retinazellen des Ocellus finden sich indifferente Stütz- oder Zwischenzellen, welche wir in ihrer Gesammtheit >das Zwischengewebe« nennen wollen. Die Zellen dieses Gewebes (Fig. 20) sind kugelig, birn- oder spindelförmig, mit deutlichem Kern. Der Raum der Zelle wird in der Regel nicht vollständig von Protoplasma erfüllt, es verbreitet sich vielmehr an deren Wand und bildet Züge, welche den Zellraum in verschiedenen Richtungen durchziehen und den Kern, welcher gewöhnlich im Centrum der Zelle liegt, halten; der Kern kann auch wandständig sein. Anscheinend sind diese Zellen außerdem mit einem flüssigen Inhalt gefüllt, aus dem sich schwach färbenden Niederschlag zu schließen, welcher den Eindruck einer zeronnenen Flüssigkeit macht. Charakteristisch für die Mehrzahl dieser Zellen sind die feinen Ausläufer, welche entweder von beiden zugespitzten Enden oder von drei Ecken der Zelle abgehen, je nach der Beschaffenheit der Zelle. Diese zarten Ausläufer ziehen zwi- schen den Retinazellgruppen hin und lassen sich manchmal sehr weit in distaler Richtung verfolgen. | Ihrer morphologischen Bedeutung nach sind diese Zellen sehr wahrscheinlich derselben Natur wie diejenigen, welche wir in den Augen von Würmern und Mollusken zwischen den Sinneszellen an- Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 601 treffen und welche als »Sekretzellen«, »Gallertzellen< oder »Stütz- zellen« gedeutet werden. Sie differenziren sich, ‘natürlich, wie die übrigen Zellen des Ocellus, aus den Hypodermiszellen. Auf früheren Entwicklungsstadien, wo die einzelnen histologischen Elemente des Ocellus noch nicht differenzirt sind, liegen diese Zellen in einer Reihe mit den Glaskörper- und Retinazellen, wie es in dem primitiver gebauten Auge der Würmer und Mollusken zeitlebens bleibt. Erst später, bei fortschreitender Entwicklung des ÖOcellus' werden sie basalwärts gedrängt und nehmen ihre definitive Lage in der basa- len Partie des Ocellus zwischen den Retinazellen. und zwischen den Nervenfasern ein. Ra ni Während die Glaskörperzellen sehr dicht einander anliegen, mit ihren Rändern sich berührend, sind die Retinazellen nur dort dicht zusammengerückt, wo sie zusammen eine Retinula bilden. Das ist ‚auch der Fall bei Dipteren, wo die sämmtlichen Retinazellen mit ihren distalen Enden ebenfalls dicht an einander liegen. In beiden Fällen sind es jedoch nur die distalen, stäbchenbildenden Enden der Zellen, welche sich dicht berühren; basalwärts weichen die Zellen meist aus einander und die dadurch entstandenen Lücken zwischen ihnen sind eben durch das Zwischengewebe erfüllt. In der Regel sind die distalen Enden der Retinulae einander so dicht genähert, dass sich zwischen sie nur die oben erwähnten zarten aufsteigenden Ausläufer der Zwischenzellen erstrecken können als äußerst feine Fasern. In der basalen Partie weichen die Enden der Retinazellen und besonders die der Retinulae weiter aus einander und es finden hier die Zwischenzellen ihren Platz. Die Ausläufer der Zwischenzellen anastomosiren mit einander: wir sehen daher auf Querschnitten durch die proximale Partie der Retina (Figg. 21, 22) nicht selten wie die einzelnen Retinazellen durch ein feines, oft sich auflösendes Netzwerk dieser Ausläufer allseitig umhüllt werden. | GRABER (1880, p. 68, 71—72) und BERTKAU (1886, p. 998 und 605) beschreiben in Spinnenocellen besondere bipolare Ganglienzellen, welche, nach der Meinung GRABER’s, als Vermittler zwischen der _Nervenfaser und der Retinazelle dienen, oder — mit anderen Worten — die Nervenfaser bilde, bevor sie zur Retinazelle trete, eine gan- slienzellenartige Verdickung. GRENAGHER (1880, p. 323—424) De- zweifelt die Existenz dieser Ganglienzellen. So viel ich nach den Zeichnungen von GRABER und BERTKAU schließen kann, sind diese Zellen, nach Bau und Lage, die eben beschriebenen Zwischenzellen. 602 W. Redikorzew, ud GRENACHER hat in so weit Recht, als er die Deutung dieser Zellen als Ganglienzellen für falsch hält; er irrt sich aber, indem er ihre Existenz überhaupt leugnet. Auf GRENACHERr’s Zeichnungen liegen die Retinazellen immer ganz dicht beisammen, ohne Platz für andere Elemente zu lassen. Beim Zerklopfen von Macerationspräparaten werden die Kerne dieser Zellen leicht isolirt und schwimmen dann herum. Wenn es die Kerne von Ganglien- oder Retinazellen wären, so würden sie nicht so leicht isolirt werden können, während sie aus den Zwischen- zellen ohne Mühe herausgebracht werden, dank des blasenförmigen Baues und des geringen Protoplasmainhaltes derselben. Die Deutung dieser Zellen als Ganglienzellen führte GRABER zu einem scharfsinnigen und weitgehenden, aber irrthümlichen Vergleich der Retinula mit einem einzelnen Element des Gehörapparates der Acrididae. 9. Die Umhüllungsmembran des Ocellus. Um die Beschreibung der histologischen Elemente des Ocellus abzuschließen, verbleibt uns noch die Besprechung der Membran, welche den ganzen Ocellus äußerlich umgiebt. Diese Membran setzt sich einerseits unterhalb der allgemeinen Hypodermisschicht des Kopfes und andererseits auch auf den Nervus opticus und das Ge- hirn fort (Figg. 24, 25, 26, 29, 36 Mor). In ihrer den Ocellus um- hüllenden Partie unterscheidet sie sich zuweilen nur durch sehr starke Pigmentirung von ihrer sonstigen Ausbreitung. Dieses Pigment, wie das der Iris, der die Linse umgrenzenden Cuticula und der einzelnen Retinazellen dient offenbar dazu, um die seitlichen Lichtstrahlen zu absorbiren. Diese Umhüllungsmembran wurde von allen Autoren, welche sich mit der Untersuchung der Arthropodenocellen beschäftigten, be- schrieben. Nur PAnkrArH (1890, p. 696) leugnet sie am Ocellus der Raupen, worin er sich jedoch sicher irrt. POLETAIEW (1886, p. 46) konnte sie bei Phryganiden auch nicht auffinden. | Ich muss betonen, dass diese Membran, im Gegensatz zu jener der Öcellen der Myriapoden und Arachnoideen, bei den Insekten nicht strukturlos und homogen erscheint, sondern aus Zellen besteht, welche der inneren Oberfläche des Ocelius dicht anliegen (Fig. 25 Mor). ‚Die Membran ist dünn und von gleicher Dicke auf ihrer ganzen Ausdehnung; ihre Zellen sind sehr groß und flach, so dass sie auf Schnitten nur an der Stelle, wo der Kern liegt, und die Zelle Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 603 dadurch etwas angeschwollen erscheint, mit Sicherheit nachgewiesen werden können. Von der Fläche gesehen, erscheinen sie als große polygonale Zellen mit centralliegendem Kern. Die Membran ist also ähnlich der zwischen Glaskörper und Retina bei gewissen Insekten liegenden »präretinalen« Membran beschaffen. 10. Das Pigment. Pigment findet sich hauptsächlich in den Retinazellen, doch begleitet es auch die davon ausgehenden Nervenfasern des Opticus noch ziemlich weit. Pigmentirt erscheinen auch diejenigen Theile der Hypodermis, welche in Form einer bedeutenden Verdiekung die Linse ailseitig umgeben (sog. Iris); doch sind die ebengenannten Theile nie so stark pigmentirt als die Retinazellen (Figg. 24, 25, 27). Sehr stark pigmentirt (bis tief-schwarz) ist ferner die vorhin erwähnte Membran, welche den ganzen Ocellus als dicht anliegende Hülle um- giebt (Fig. 24 Mdr) und sich dann unpigmentirt unter der Hypodermis fortsetzt. Auch die Fortsetzung dieser Membran auf den Optieus ist durchaus pigmentirt und erst beim Eintritt des Sehnerv in das Ge- hirn hört die Pigmentirung auf. Das Pigment tritt entweder in Form ziemlich großer Körner (Perla, Figg. 4, 25, Cimbex, Figg. 5, 14) auf, oder in ziemlich kleinen (Apis, Figg. 7, 8, 9, 13, 16, 27, 36, Calopteryx, Fig: 24), oder in sehr feinen (Syrphus, Figg. 15, 17). Mit der verschiedenen Größe der Pigmentkörner hängt auch ihre Farbe gewissermaßen zu- sammen: wo die Pigmentkörner sehr groß sind, sind sie schwarz, kleinere Körner sind braun und ganz kleine endlich hellbraun, ja gelb gefärbt. Die Vertheilung des Pigmentes zwischen den Fasern des Nervus optieus ist sehr unregelmäßig; wir treffen sowohl einzelne Körner als auch hier und da ganze Gruppen von solchen; meistens sind sie jedoch vereinzelt in großem Abstand von einander und werden mit der Entfernung von der Retina immer seltener. Die Zellen der Iris sind am gleichmäßigsten pigmentirt; sie sind durchaus von Pigment erfüllt (Figg. 24, 25, 27). In der Retina ist das Pigment nicht in besonderen Zwischen- zellen abgelagert, sondern in den Retinazellen selbst. Die wenigen Ausnahmen hiervon sollen weiter unten noch besprochen werden. Das Pigment koncentrirt sich gewöhnlich in dem Theil der Retina- zelle, welcher die Stäbchen bildet. Wenn wir z. B. Querschnitte ‚durch die Retinazellen des Ocellus von Apis betrachten (Fig. 13), so 604 - W. Redikorzew, finden wir jederseits des Stäbchens ein Häufchen von Pigmentkörnern in jeder der beiden Retinazellen, welche das Stäbehen erzeugen. Auf dem Querschnitt _ durch die Retina des Ocellus von Syrphus (Fig. 15), wo wir sechseckige Stäbehen vorfinden, ist das Pigment in der gesammten peripherischen Zone der Retinazellen vertheilt, indem es die sechseckige Figur des Stäbchens wiederholt. Die Thatsache, dass sich beiderseits der Stäbchenwände je ein Streifen von Pigment findet, liefert den Beweis, dass das Pigment nicht etwa zwischen den Retinazellen liegt, sondern in sie eingeschlossen ist. Selten ist das Pigment regelmäßig durch die ganze Länge der Retinazelle ver- theilt; in den meisten Fällen sammelt es sich entweder in ihrer distalen oder in ihrer proximalen Partie. Wenn wir z. B. einen seit- lichen Ocellus der Biene betrachten (Fig. 356), so finden wir, dass das Pigment in der der Kopfseite zugewendeten Region des Ocellus fast bis zum Distalende der Retinazelle emporreicht, während es in der dem Medianocellus zugewendeten Region in die basale Partie der Retinazelle hinabsteigt. In dem Medianocellus der Biene (Fig. 27) ist das Pigment der peripheren Retinazellen in dem Stäbchentheil koncentrirt, in den axialen Retinazellen dagegen in den basalen Ab- schnitten (vgl. auch die Texfig. 6, p. 611). Hinsichtlich der » Ausnahmen« von dem Angegebenen, sind be- sonders die Ocellen von Calopteryx splendens und der Cimbex- larve zu erwähnen. Die Retinazellen der Ocellen von Calopteryx splendens (Fig. 24) sind ganz frei von Pigment, es koncentrirt sich ausschließlich auf die Iris, die Hüllhaut des Ocellus und auf die Stelle, wo der Nervus opticus in die Retina eintritt und wo eine deutliche Verengerung besteht. An dieser Stelle ist das Pigment jedoch verhältnismäßig spärlich und steigt nicht weit empor in die Retina, noch in entgegengesetzter Richtung in den Nervus opticus herab. Die Hauptsache ist aber, dass die Pigmentkörner hier nicht in die Retinazellen eingeschlossen sind, sondern zwischen ihnen liegen. Ob es den Zellen des Zwischengewebes eingelagert ist, vermochte ich nicht sicher zu beobachten. Diese letztere Thatsache ist um so merk- würdiger, als sogar in den Ocellen der nächstverwandten Art, Ca- lopteryx virgo, das gewöhnliche Verhalten sich findet, nämlich das Pigment in die Retinazellen selbst eingelagert ist. Übrigens sind in allen anderen Beziehungen die Ocellen beider Art vollkommen gleich. Ich habe die Ocellen mehrerer Individuen von Calopteryx splen- dens untersucht, dennoch möchte ieh nieht mit Sicherheit behaupten, dass dieser Pigmentmangel der Retinazellen bei Calopteryx splen- Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 605 dens eine ganz normale Erscheinung ist, da die untersuchten Individuen alle am gleichen Tag und am gleichen Ort gesammelt wurden. | Im Ocellus der Cimbexlarve ist das Pigment äußerst stark entwickelt, die Körner sind sehr groß und es ist immer zwischen den Retinazellen, resp. den Retinulae angeordnet, ihnen dicht allseitig anliegend (Figg. 5, 14). Hier haben wir es nicht mit vereinzelten Pigmentkörnern zu thun, sondern mit echten Pigmentzellen, während im Ocellus von Calopteryx splendens zwischen den Retinazellen nur einzelne Pigmentkörner oder Gruppen von solchen beobachtet wurden. Dass es sich hier um Zellen handelt und nicht etwa bloß um spindelförmige Anhäufungen von Pigmentkörnern, wird dadurch bewiesen, dass man in diesen Anhäufungen Kerne nachweisen kann; allerdings trifft man diese Kerne sehr selten. Auf einem und dem- selben Querschnitte bemerkt man sie vielleicht nur in zwei bis drei Zellen mit Deutlichkeit. Dies hängt jedoch davon ab, dass erstens der Kern öfters durch das Pigment verdeckt wird (bei nicht genü- send dünnen Sehnitten), und zweitens davon, dass die Kerne auf verschiedenen Höhen liegen und daher auf einem Querschnitt nur wenige getroffen werden. 11. Allgemeines. Wenn wir versuchen die im Vorhergehenden dargelegten Resul- tate in kurzen Worten zusammenzufassen, so ergiebt sich etwa Fol- gendes: 1) Die Retinazellen sind zu Gruppen oder Retinulae von je zwei, drei und mehr Zellen zusammengestellt. Jede dieser Gruppen bildet ein Stäbchen oder Rhabdom. 2) Das Stäbchen ist ein Produkt der Absonderungsthätigkeit aller an der Bildung einer Retinula theilnehmenden Retinazellen. Es wird durch die Vereinigung einzelner Rhabdomeren zusammengesetzt und stellt also ein typisches Rhabdom dar. 3) Die Nervenfaser verbindet sich mit dem basalen Ende der Retinazelle und lässt sich zuweilen noch als einfache Fortsetzung in den Leib der Retinazelle verfolgen. | 4) Die Lücken zwischen den basalen Partien der Retinazellen sind durch besondere blasenförmige Zellen des Zwischengewebes aus- gefüllt, welche feine Ausläufer zwischen die distalen Theile der Re- tinazellen senden. 5) Die den Ocellus umgebende Umhüllungsmembran, sowie die 606 . ©W. Redikorzew, in den Ocellen der Dipteren vorkommende »präretinale« Membran sind nieht strukturlos, sondern aus flachen Zellen gebildet. Ich gehe nun zu einigen Folgerungen aus diesen Sätzen über. In der Litteratur begegnet man nicht selten Versuchen, einen Zusammenhang zwischen dem Ocellus und dem zusammengesetzten Auge festzustellen. Nach der Meinung der Autoren erscheint als das Haupthindernis, abgesehen von der Verschiedenheit im Bau der Cornea (im Fall des Ocellus eine einzige gemeinsame Chitinlinse — im facet- tirten Auge eine ganze Reihe solcher, nach der Zahl der Retinulae), die Ansicht, dass im facettirten Auge die Retinazellen zu Retinulae sich vereinigen, während dies im Ocellus nicht der Fall sein soll. Wie wir gesehen haben, ist diese Behauptung nicht richtig, da die Retinazellen der Scheitelocellen ebenfalls zu Gruppen zusammen- geordnet sind. Wir können daher das facettirte Auge nicht als einen Komplex von Ocellen, welche nach dem Typus des Scheitelocellus sebaut sind, auffassen. Anders verhält sich die Sache, wenn wir uns zu den Ocellen der Schmetterlingsraupen wenden. Hier sehen wir, dass der ganze Ocellus mit seinen sämmtlichen Bestandtheilen ungefähr einer Retinula im facettirten Auge entspricht. Wenn wir uns jetzt eine große Anzahl solcher Raupenocellen denken, welche neben einander gestellt sind, so erhalten wir ungefähr das Bild eines facettirten Auges. Das ist auch der Fall bei gewissen Myriapoden (z. B. Scutigera), wo die dicht zusammengestellten Ocellen auf den ersten Blick den Eindruck eines facettirten Auges machen. Wie schon oben erwähnt wurde, haben viele Insekten die Ocellen bloß im Larvenzustand; andere, welche im Larvenzustand laterale Ocellen haben, besitzen im Imagozustand Scheitelocellen; hier wird der Platz der lateralen Ocellen durch die facettirten Augen eingenommen, welche aber erst im Imagozustand zur Entwicklung gelangen. Wie CARRIERE (1885, p. 139 und 182) gezeigt hat, gehen die Ocellen dabei nicht unmittelbar in die facettirten Augen über, sondern sie werden reducirt, verschwinden und an ihrem Platz er- scheinen ganz unabhängig von ihnen die facettirten Augen. Eine Ausnahme bilden, meiner Meinung nach, die Tenthredi- nidae unter den Hymenopteren. Sie bilden schon dadurch eine Ausnahme, als ihre Larven, im Gegensatz zu den übrigen Hymen- opteren, Ocellen besitzen. Diese Thatsache findet ihre Erklärung in der Lebensweise dieser Larven. Die anderen Hymenopteren leben als Larven in Pflanzentheilen (Gallenwespen, Xylophaga überhaupt), parasitiren im Inneren anderer Insekten (Ichneumonidae), in Waben Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 607 (Apidae, Vespidae), im Boden (Grabwespen, Ameisen). Dadurch sind sie vor dem Tageslicht geschützt und entbehren außerdem der Be- weglichkeit. Es fehlen ihnen auch die Füße, Augen und das Pig- ment. Die Larven der Tenthredinidae dagegen leben auf Blättern verschiedener Pflanzen; dem entsprechend besitzen sie auber -drei echten Fußpaaren eine große Zahl (bis zehn Paare) sogen. »Pseudo- füße«, sind mehr oder minder lebhaft gefärbt und, was die Haupt- sache ist, sie sind mit zwei relativ großen Ocellen, Je einem an Me Seite des Kopfes versehen. Wenn wir nun kurz die Besonderheiten im Bau ihrer Ocellen in den Hauptzügen wiederholen, so finden wir folgendes Resultat: 1) Diese Ocellen sind, im Gegensatz zu anderen larvalen und lateralen Ocellen, nach dem Typus der Scheitelocellen gebaut, obwohl sie seitlich am Kopfe angebracht sind. 2) Zwischen den Distalenden ihrer Glaskörperzellen finden sich die zwischenliegenden Ergänzungszellen. 3) Die Retinazellen gruppiren sich stets zu je vier Zellen in jeder Retinula und bilden ein typisches viertheiliges Rhabdom. +4) Das Pigment findet sich nicht in den Retinazellen, sondern zwischen denselben und gehört echten Pigmentzellen an. Wenn wir die Ergänzungszellen des Glaskörpers mit den den Krystallkegel bildenden Zellen im facettirten Auge vergleichen, ferner die stete Anordnung der Retinazellen zu vier und die sie umgebenden Pigmentzellen in Betracht ziehen, so fällt unwillkürlich die große Ähnlichkeit dieses Ocellus mit dem zusammengesetzten Auge auf. Ihre laterale Lage spricht ebenfalls für diese Annahme. Wir müssen uns nur vorstellen, dass zugleich mit dem Abwerfen der Larvenhaut auch die Linse abgeworfen wird und an ihre Stelle eine ganze Reihe von Cornealfacetten tritt, welche, wahrscheinlich, von den schirm- förmig verbreiterten distalen Enden der Glaskörperzellen (Fig. 5s) absesondert werden. Es müssen dabei wohl auch die Krystallkegel des euconen Auges des Imago zur Ausbildung kommen, auch muss die ganze Retina sich etwas modifieiren, aber das wird nach Ver- gleich des Ocellus der Larve mit dem Auge des Imago nicht so auffallend und unwahrscheinlich erscheinen. | Betreffs des Sehvermögens des Ocellus glaube ich, dass dasselbe nicht vollkommen sein kann, wenn man das Vorhandensein einer unbeweglich mit der Cutieula verbundenen Chitinlinse in Betracht zieht und das Fehlen irgend eines Apparates, welcher im Stande wäre, die gegenseitige Lage der Weichtheile des Ocellus zu ver- 608 "W. Redikorzew, ändern. Aus dem Bau der Linse schließend, giebt es in der Retina ein verkehrtes Bild des äußeren Gegenstandes; aber aus den oben- erwähnten Gründen nur in bestimmter Entfernung, welche nur in geringem Maßstab schwanken kann. Alle näher oder weiter ent- fernten Gegenstände werden vom Ocellus aller Wahrscheinlichkeit nach nur undeutlich unterschieden, ohne klare Erkenntnis ihrer Umrisse. Über das Selivermögen der Arthropoden mittels der Oeellen be- sitzen wir sehr interessante und mühsame experimentelle Versuche von Prarteau (1888). Dieser Forscher ist der Ansicht, dass alle von ihm untersuchten Arthropoden mit den Ocellen nur sehr unvollkommen zu sehen vermögen. Myriapoden (I, p. 420—447) sehen sehr schlecht, und nicht nur von der Natur blinde (ohne Ocellen) Formen, sondern auch die sehenden benutzen mehr ihre Antennen und viel- leicht auch die Hautsinnesorgane (»sensation dermatoptique«) bei der Wahrnehmung der Gegenstände, als die Ocellen. Dasselbe kann man auch von den Phalangiden sagen (I, p. 588—594). Unter den Araneinen sehen die Jägerspinnen /Attidae, Lycosidae) am besten (I, p. 945—577), welche Gegenstände schon auf Entfer- nungen von 2—12 cm unterscheiden können; die klare Wahrnehmung der Beute beginnt übrigens erst auf 1—2 cm Entfernung und doch ' macht die Spinne manchmal falsche Bewegungen und der Angriff misslingt ihr. Die Sehweite der Skorpione (I, p. 98—987) be- stimmt der Verfasser auf 1 cm für die mittleren Ocellen und 2'/, cm für die lateralen. Die Raupen (II, p. 28—46) besitzen nur sehr geringfügiges Sehvermögen; dennoch glaubt PLarzar, dass die Ocellen mehr leisten können, als den Unterschied zwischen Licht und Dunkel wahrzunehmen. Die Entfernung, auf welche die Raupen den Gegen- stand mehr oder weniger deutlich wahrnehmen können, geht nicht über lcm hinaus. Eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung der Gegenstände spielen die am ersten Rumpfsegment sitzenden Tast- borsten, also wird auch hier das schwache Sehvermögen durch Tast- gefühl ergänzt. Bei den Imagines der Insekten (III, p. 395—457) soll die Rolle der Ocellen fast gleich Null sein. Die Insekten, welche ihrer facet- tirten Augen beraubt sind, benehmen sich in gleicher Weise wie solehe ohne Augen und Ocellen. Wenn nur die Ocellen beseitigt, die facettirten Augen erhalten sind, benehmen sich die operirten Thiere wie normale. Die Ocellen also, welche bei Myriapoden, Arachnoideen und Raupen als einziges Sehorgan vorhanden sind und Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 609 sehr unvollkommen funktioniren, hätten demnach bei den mit facet- tirten Augen versehenen Insekten ihre Bedeutung fast gänzlich verloren. Das Vorhandensein von Muskelfasern, die nach der Beschreibung einiger Autoren (BERTKAU - [1886], Turk [1843, p. 324], LANDoIs [1866, p. 36—37]) in den Ocellen der Arachnoideen und Schmetter- lingsraupen vorkommen, und einerseits an der Kopfbedeckung, anderer- seits am Ocellus sich befestigen, wird von GRENACHER geleugnet; oder, wenn diese Muskelfasern beschrieben werden, so wird doch ihre Anheftung am Ocellus bezweifelt (Purcerr, 1894, p. 36). Im Insektenocellus konnte ich nichts Ähnliches finden und es scheint mir ebenfalls die Existenz von Muskeln, welche zur Verschiebung des Ocellus oder zur Veränderung seiner Form dienen können, äußerst zweifelhaft. Einige Experimente erlauben uns den Schluss zu ziehen, dass das Pigment im Ocellus nicht nur die Rolle des Lichtabhalters und Strahlenführers spielt, sondern auch bei dem Process des Sehens selbst betheiligt ist. Bei Arthropoden, die im Dunkeln gehalten wur- den, sammeln sich die Pigmentkörner der Retinazellen in ihren basalen Enden, sich ganz aus- den distalen entfernend, und umgekehrt sammeln sie sich unter dem Einfluss des Lichtes an den distalen Enden an, die entgegengesetzten Enden fast vollständig von Pigment freilassend (STEPHANOWSKA, 1890, PurcELL, 1894, PARKER, 1896, 1897, 1899). Daraus muss man schließen, dass unter der Wirkung der Licht- strahlen eine Wanderung der Pigmentkörner innerhalb der Retina- zelle stattfindet. 12. Entwicklung der Ocelien von Äpis mellifica. Die Entwicklung der Ocellen habe ich, wegen Mangels an sonsti- sem Material, nur bei Apis mellifica verfolgt. Hierzu dienten mir die Puppen dieses Insektes auf verschiedenen Stufen ihrer Entwick- lung. Zum Vergleich wurde auch der Ocellus des Imago heran- gezogen. Die aus den Waben des Bienenstocks genommenen Puppen wurden dekapitirt und in frischem Zustand in die Konservirungs- flüssigkeiten gebracht. Nach Einbettung in Paraffin wurden sie nach verschiedenen Richtungen in Schnittserien zerlegt. In den meisten Fällen wurden zur Färbung Hämatoxylin und Orange, oder Borax- karmin und Bleu de Lyon verwendet. Die von mir erzielten Ergebnisse weichen etwas von den vor- handenen Ansichten über den Entwieklungsgang des Ocellus ab. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 40 610 | _W. Redikorzew, Ich werde die Resultate in chronologischer Reihenfolge dar- legen, d. h. den Ocellus nach den Fortschritten seiner Entwicklung zu beschreiben versuchen. | Die ersten Spuren der Anlage des Ocellus treffen wir frühzeitig bei: sehr jungen Puppen, die in der noch nicht abgeworfenen Larven- haut eingeschlossen sind. Hier erscheint der Ocellus (Fig. 28 Oec) als eine lokale linsen- oder kugelförmige Verdickung der Hypodermis und steht bereits mittels des Nervus opticus in Verbindung mit dem Gehirn. Die dem Ocellus angehörigen Zellen unterscheiden sich von den gewöhnlichen Hypodermiszellen nur dadurch, dass sie schmäler und länger sind. Pırten (1887 !, p. 212; 18873, p. 601) giebt an, dass bei Vespa der unpaarige Medianocellus aus einer paarigen Anlage entsteht und erst später, allerdings auf sehr frühen Stadien, in einen einzigen zu- sammenfließt. Ich konnte eine solche paarige Anlage des medianen Ocellus nicht mit Sicherheit beobachten (vielleicht waren die jüngsten von meinen Puppen doch nicht jung genug); ich bin jedoch geneigt, diese Angabe PATTEN’s zu unterstützen. Eine Thatsache habe ich nämlich mit Sicherheit gesehen: dass der Opticus des medianen Ocellus bei jungen Puppen seiner ganzen Länge nach doppelt ist, d. h., dass in diesem sehr frühen Stadium der Medianocellus durch zwei selbstän- dige Bündel von Nervenfasern innervirt wird. Bald verwachsen diese beiden Nervenbündel in ihrem distalen Theile mit einander und nur die an das Gehirn tretende Partie bleibt doppelt, eine mächtige Trachee zwischen sich fassend. Zu demselben Schluss über die doppelte Anlage des medianen Ocellus kann man auch auf anderem Wege kommen, nämlich durch die Betrachtung seiner morphologischen Eigenschaften. Wie oben, bei der Besprechung des Pigments, bereits erwähnt wurde, ist dessen Vertheilung in den Retinazellen der Ocellen un- gleichmäßig: im lateralen Ocellus (Fig. 36) steigt es in den Retina- zellen an der nach außen gewendeten Region des Ocellus in die distalen Enden der Zellen empor, während es in der inneren Region in die basalen Enden der Retinazellen rückt. Im medianen Oceilus (Fig. 27) sind die distalen Enden der an der Peripherie des Ocellus liegenden Retinazellen und die basalen Enden der im Centrum lie- genden mit Pigment erfüllt. Daraus ist zu ersehen, dass jede der beiden Hälften des medianen Ocellus, hinsichtlich der Pigmentvertheilung genau dem Bau eines Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 611 sanzen lateralen gleicht; mit anderen Worten, er scheint aus zwei lateralen Ocellen zusammengesetzt zu sein. Die nachstehende Text- figur 6 soll das im Bilde erläutern. Mit der fortschreitenden Entwicklung vermehren sich die den Ocellus bildenden Zellen sehr rasch und rücken in Folge dessen aus einander, indem sie sich in zwei oder mehr Reihen über einander anordnen. Diese mehrschichtige Anordnung kann nur dadurch er- klärt werden, dass die betreffenden Zellen keinen Platz mehr neben einander finden. Der Ocellus ist in dieser Weise viel dieker als die IN | if & upem: sn a = NN \ \ KK: Textfig. 6. Apis mellifica. Median- und beide Lateralocellen. Frontalschniti. Schema. Die Zeichnung zeigt die Pigmentverhältnisse der Retina in den Ocellen beider Art. Alle drei Ocellen sind in einer Ebene abgebildet; in Wirklichkeit liegt der mittlere weiter vorn. angrenzende Hypodermisschicht geworden und hat eine halbkugel- förmige Gestalt angenommen mit nach innen gerichteter Wölbung (Fig. 29). Zu dieser Zeit ist die Larvenhaut bereits abgeworfen. Schon an diesem früheren Stadium macht sich eine gruppenweise Anordnung der tieferen Zellen bemerkbar. Ferner entsteht eine Einsenkung an der Außenfläche jedes Ocellus, welche sich allmählich vertieft (Fig. 30). In dieser Einsenkung liegen beide Schichten des Ocellus in ihrer normalen Lage. Die ganze Er- scheinung macht den Eindruck, als ob die sämmtlichen Theile des Ocellus ins Innere des Kopfes eingezogen wären. Die an den Ocellus srenzende Hypodermis, welche schon früher sich allmählich zu ver- dicken begann, folgt dem Ocellus und krümmt sich auch einwärts. Nun tritt eine sehr eigenthümliche Erscheinung auf: sämmtliche Theile des Ocellus schnüren sich von den verdiekten Hypodermis- stellen ab und werden: ins Innere des Kopfes hereingezogen. An ihrer Stelle bleiben nun drei Löcher in der Hypodermis übrig, ent- sprechend der Zahl der Ocellen (Fig. 31 Zeh). 40* . 612 _W. Redikorzew, Zuerst erschien mir diese Beobachtung sehr zweifelhaft, da sie allen Angaben über den Entwicklungsvorgang des Insektenocellus Textiig. 7. Apis mellifica. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf der Puppe. Schema. M.oc, Medianocellus; 1.Loc, linker Lateralocellus; Zch, Loch, welches dem medianen Ocellus entspricht; Lch', dem linken Lateralocellus entsprechendes Loch; G, Gehirn; Antn, Antennennerv; Oes, Ösophagus; Bn, Bauchnerv; Ulg, Unterschlundganglion; Zbr, Labrum; Mnd, Mandibel; 1Mx, erste Maxille; 2Mx, zweite Maxille; Ct, Cuticula. widersprach. Ich habe jedoch viele Gründe für diese Thatsache an- zugeben: 1) Es sind an einem und demselben Kopf nicht nur etwa ein oder zwei Ocellen von der Hypodermis abgelöst, sondern stets alle drei zugleich; I 2) die Abtrennung findet immer auf dem gleichen Stadium statt wie man nach der Ausbildung der Ocellen und der übrigen Theile des Kopfes (facettirten Augen z. B.) sicher schließen kann; 3) die Art wie die Ocellen sich von der Hypodermis loslösen, d.h. die Beschaffenheit der Ränder der in der Hypodermis sich fin- denden drei Löcher, giebt keine Veranlassung zur Vermuthung, dass Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 613 hier etwas Pathologisches oder durch Schrumpfungsprocesse bei der Konservirung Bewirktes vorliege. Die Ränder der Löcher, wo die Hypodermis vor der Ablösung der Ocellen mit dem Glaskörper des Ocellus in Verbindung standen (Fig. 3l Hyp), zeigen keine Spuren von Verletzungen oder Zerreißungen irgend welcher Art, welche bei künstlicher Abtrennung zum Vorschein kommen müssten; sie sind glatt und haben scharfe Umrisse; 4) ich habe ferner eine große Anzahl solcher Präparate erhalten und, wie gesagt, alle von einem und demselben Entwicklungsstadium. Vor der Ablösung von der Hypodermis ist der Ocellus in seiner Ausbildung schon bedeutend fortgeschritten: Glaskörper- und Retina- schicht sind schon vollständig gegen einander differenzirt; in letzterer sind schon die Stäbchen angelegt und Pigment gebildet, obgleich noch nicht reichlich (Fig. 32). Als folgendes Stadium können wir das sekundäre Zusammen- wachsen des Ocellus mit der Hypodermisschicht betrachten. Da die Nervi optici der Puppe viel länger sind (Fig. 34), als diejenigen der Imago (Fig. 27) und alle Theile des Imagokopfes im Vergleich mit denjenigen der Puppe mehr an einander gerückt er- scheinen, so glaube ich, dass das erneute Zusammenwachsen des Ocellus mit der Hypodermis nicht in dem Sinne vor sich geht, dass der Ocellus zur Kopfbedeckung wieder emporwächst, sondern, dass die gesammte Kopfbedeckung zusammengezogen wird, sie verkleinert die Kapaeität des Kopfes und nähert sich zugleich den, nun nahe dem Gehirn liegenden und mit ihm durch die kurzgewordenen Nervi optiei verbundenen Ocellen. Ferner verstopfen die Ocellen die drei entsprechenden Löcher der Hypodermisschicht wieder und ihre Glaskörper verwachsen nun mit den verdickten Rändern der Hypodermis, welche die Löcher be- grenzen und die Iris der Ocellen liefern. Unvollständige Verwachsung des ÖOcellus mit der Hypodermis- schicht kann man zufällig auf einigen Präparaten mit Deutlichkeit beobachten (Fig. 33 *). Wenn die Ocellen schon vollständig mit der Iris verwachsen sind, ist bei genauer Betrachtung doch die Grenzlinie dieser Verwachsung bemerkbar (Fig. 36). Es kann sich nun die Frage erheben: wie ist es möglich, dass die Ocellen bei diesem Vorgang stets wieder so regelmäßig gerade in die Öffnungen der Hypodermis gelangen. Dieser Vorgang hat etwas Unverständliches und lässt daher gewisse Zweifel über die 614 . W. Redikorzew, Richtigkeit dieser Beobachtung. Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass sowohl die Verdiekung wie die Einwärtskrümmung der Hypo- dermisränder der drei Löcher bei der Wiederaufnahme der Ocellen vermuthlich von Nutzen sein können. Die fernere Entwicklung des Ocellus besteht in der fortdauernden Weiterbildung seiner einzelnen Theile, besonders der Stäbchen, und in der Ablagerung des Pigmentes, sowohl in den Retinazellen, als in der Iris und den übrigen pigmenthaltigen Theilen. Die Linse, welche früher als eine schwache Verdiekung der Cuticula auftrat, verdickt sich allmählich bis zu ihrer definitiven Dicke, womit die entsprechende Größenabnahme der Glaskörperschicht Hand in Hand geht. Die Kerne der Glaskörperzellen liegen schon von Anfang an in deren proximalen Enden. Am vollständig ausgebildeten Ocellus (Fig. 27) erscheint der Glaskörper als einschichtige, aus kubischen Zellen be- stehende Lage. Der ganze Entwicklungsprocess macht den Eindruck, als ob die distale Partie der Glaskörperschicht für die Bildung der Linse verbraucht wurde, und nur die proximale Partie, sammt den darin liegenden Kernen, übrig geblieben ist. Da mit der fortschrei- tenden Entwicklung des Ocellus und der Weiterbildung der Linse auch die Hypodermiszellen der sogenannten Iris an Dicke abnehmen, so darf man annehmen, dass diese Zellen bei der Ausbildung der Linse gleichfalls einen gewissen Antheil haben. Wir sehen also, dass bei der Bildung und Entwicklung des Ocellus der Biene folgende Erscheinungen sich besonders geltend machen. 1) Erste Anlage des Ocellus in Form einer lokalen Verdiekung der Hypodermis. Die den Ocellus zusammensetzenden Hypodermis- zellen unterscheiden sich noch nicht von einander, sind noch nicht differenzirt und von den übrigen Hypodermiszellen bloß durch ihre Größe und mehr diehtere Anordnung verschieden. 2) Die Differenzirung der Zellen des Ocellus in zwei deutliche Schichten: die distale Glaskörperschicht und die proximale Retina- schicht. Diese Differenzirung entsteht durch Auseinanderrücken der zuerst einschichtig angeordneten Zellen. Das Auseinanderrücken ist die Folge der schnellen Vermehrung der Zellen; die Zahl der Zellen wird so groß, dass sie sich nicht mehr in eine Schicht neben ein- ander lagern können. Dadurch entstehen zwei über einander gelagerte Schichten von Zellen. 3) Das Auftreten einer oberflächlichen Einsenkung oder Einstül- pung in der Ocellusanlage und allmähliche Vertiefung dieser Grube. Die Bildung der grubenartigen Vertiefung lässt sich ebenfalls dadurch Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 615 erklären, dass die rasch sich vermehrenden Zellen nicht mehr in einer geraden Ebene Platz finden und sich daher in einer gekrümmten anordnen. | 4) Die Ablösung der Ocellen aus dem Verband der Hypodermis. Auftreten der drei Löcher an der Stelle, wo die Ocellen sich befan- den. Der ganze Ocellus wird ins Innere des Kopfes hereingezogen, was von der Verkürzung der Nervi optici bewirkt ist. 5) Sekundäre Wiederverwachsung der Ocellenanlage mit der Hy- podermis an der füheren Stelle. Die das Loch begrenzende ver- diekte Partie der Hypodermis verwächst mit der Glaskörperschicht des Ocellus. Die Glaskörperschicht hat zu dieser Zeit ihre bedeu- tendste Entwicklung erreicht; die Linse dagegen ist noch gar nicht bemerkbar und an ihrer Stelle findet man eine Cuticularschicht von gleicher Dicke mit der des übrigen Kopfes. 6) Als definitive Entwieklungsstufe des Ocellus müssen wir den Ocellus des zum Ausschlüpfen aus der Puppenhaut bereiten Insektes betrachten. Die Linse wird sehr diek und die Glaskörperschicht ent- sprechend dünner. Die Irishypodermis verdünnt sich auch. Es werden die Rhabdome voll ausgebildet. Ich lasse jetzt einen kurzen Überblick der Angaben anderer Forscher über die Entwicklung des Ocellus bei den Insekten und verwandten Arthropoden folgen. Über die Entwicklung der Insektenocellen haben wir Angaben Von GRENACHER, PATTEN und ÜARRIERE. GRENACHER (1879) theilt nur Weniges über die Entwicklung des Ocellus bei der Larve von Acilius mit. Hier soll der Ocellus durch eine grubenartige Einsenkung, deren Boden zur Retina wird, ent- stehen. GRENACHER vermuthet ganz richtig, dass sämmtliche Theile des Ocellus durch Differenzirung und Auswanderung aus der Hypo- dermis hervorgehen. PArren (1887 2) stellt die Entwicklung des Ocellus derselben Käferlarve folgendermaßen dar. Es entsteht eine Einsenkung, welche sich allmählich durch Zusammenwachsen ihrer Öffnungsränder schließt; das in dieser Weise gebildete Bläschen schnürt sich jedoch nicht von der Hypodermis ab. Die nach außen schauende Wand dieser Blase wird in ihrer centralen Partie zum Glaskörper, in ihrer peripheren dagegen zur Iris. Die innere Wand der Blase entwickelt sich zur Retina. PATTEn (18871) hat auch die erste Anlage des Ocellus einer 616 . W. Redikorzew, Vespa beschrieben. Er beobachtete, wie schon bemerkt, die doppelte Anlage des medianen Ocellus aus zwei grubenförmigen Einsenkungen, welche hierauf mit einander verwachsen. Die weitere Entwicklung hat er nicht verfolgt. Er vermuthet nur, dass die Entwicklung der beiden Zellschichten des Ocellus (Glaskörper und Retina) entweder durch Einfaltung oder durch Auseinanderrücken (Delamination) der Zellen vor sich gehe, indem er den ersteren Vorgang für wahrschein- licher hält. Mit den Angaben CArRIERE’s (1886) über die Entwicklung der Ocellen bei Hymenopteren (Chrysididae und Ichneumonidae) stimmen meine eigenen Beobachtungen am meisten überein, besonders was die früheren Stadien der Entwicklung betrifft. Nach CARRIERE soll die erste Anlage des Ocellus als eine Verdickung der Hypoder- mis auftreten. Dieselbe differenzirt sich durch Auseinanderrücken der Zellen in zwei Schichten (Glaskörper und Retina). Ferner bilden diese beiden Schichten eine taschenförmige Einsenkung, welche mittels ihrer Ränder in stetem Zusammenhang mit der Hypodermis des Kopfes bleibt und zuerst sich seitlich unter dieselbe schiebt, später aber wieder die aufrechte Lage einnimmt, so dass die Längsachse der taschenförmigen Einsenkung senkrecht zur Kopffläche steht. Die beiden Schichten des Ocellus finden sich in der Tasche in ihrer nor- malen Lage. Von einer Ablösung des Ocellus von der Hypodermis berichtet CARRIERE nichts, obwohl er die Ocellen sehr nahe ver- wandter Hymenopteren untersuchte. Etwas genauer ist die Entwicklung der Ocellen bei den Ara- neinen, Phalangiden und Skorpionen untersucht worden. Dar- über haben wir Angaben von BournE (1883), HENTScHEL (1899), KısuinouyE (1891), LAnkEster (1883), Locy (1886), Mark (1887), PARKER (1887) und PurcELL (1894). Nach PurceELL soll der Ocellus der Phalangiden durch eine Einstülpung entstehen, welche sich von der Hypodermis zwar ab- schnürt, aber dieht unter derselben verbleibt. Die distale Wand der Augenblase verdickt sich, so dass sie in das Lumen der Blase stark vorspringt und dies sehr eng wird. Diese verdickte Außenwand der Blase entwickelt sich zur Retina, deren Zellen in einer Schicht an- seordnet sind und an ihren distalen Enden die Rhabdome bilden. Die Hypodermisschicht, welche die Blase äußerlich überdeckt, bildet den Glaskörper aus, welcher seinerseits die Linse absondert. Nach Locy und Mark soll, bei den Araneinen, eine vollstän- dige Abschnürung der Augenblase, welche durch schiefe Einsenkung Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 617 gebildet wird, stattfinden. Die Ränder der Einsenkung wachsen über der Blase zusammen und bilden die Glaskörperschicht. Die distale diekere Wand der Blase, welche aus mehreren Schichten von Zellen besteht, bildet die Retina, die proximale dagegen, welche nur aus einer Zellenlage besteht, wird von Locy in ihrer morphologischen Bedeutung nicht erklärt. Nach HEnTscHEL's Darstellung ist der Vorgang folgender: die Entwicklung beginnt mit einer Vertiefung der Hypodermis. Die Rän- der der so gebildeten Grube schließen sich vollständig, so dass eine Augenblase entsteht, welche mit der Hypodermis in dauernder Ver- bindung bleibt. Mit dem proximalen Pol dieser Augenblase steht der Sehnerv in Verbindung. Im Umkreis der Verbindungsstelle mit dem Optieus stülpt sich die proximale Wand der Augenblase zu einer ringförmigen Falte aus, welche endlich mit dem Sehnerv verwächst. Aus der äußeren Zellwand dieser Falte entsteht die »postretinale« Membran, während die innere Zellwand das Tapetum des Spinnen- auges bildet. Nach den Angaben Marr’s dagegen soll sich eine ähnliche ring- förmige Falte durch Einstülpung der proximalen Wand der Augen- blase in das Innere der Blase bilden und das Tapetum erzeugen. Während also Locy die Einstülpung von der Hypodermis sich loslösen und als eine Augenblase ausbilden lässt, findet HENTSCHEL nur eine gsrubenartige Einsenkung, welche ihre Verbindung mit der Hypodermis nie aufgiebt. | Wenn wir nun die Angaben der übrigen oben erwähnten For- scher über die Entwicklung der Ocellen bei Skorpionen und Spinnen zusammenstellen, so bekommen wir folgendes Bild: die medianen Ocellen der Skorpione und die vorderen mittleren Ocellen der Araneinen entstehen als eine Verdickung der Hypodermis, welche hernach eine Einsenkung bildet und sich schließlich zu einer taschen- förmigen Einstülpung entwickelt; diese Tasche liegt unter der Hypo- dermis und lest sich mit einer Fläche derselben dicht an. Aus dieser, der Hypodermis anliegenden verdickten Schicht entwickelt sich die Retina, aus der unteren, dünnen — die »postretinale« Schicht, welche noch eine den ganzen Ocellus umschließende Membran ausscheidet. Die über der Tasche liegende Hypodermisschicht bildet den Glas- körper und scheidet die Linse aus. Während die taschenförmige Ein- stülpung des Medianocellus der Skorpione sich von der Hypodermis nicht abschnürt, tritt dies dagegen bei den Spinnen ein und führt dadurch zur Bildung einer Augenblase. 618 N Redikorzew, Die Bildung der hinteren, mittleren und der beiden seitlichen Paare der Ocellen der Spinnen vollzieht sich in derselben Weise, nur mit dem Unterschied, dass die Stäbehen nicht an den distalen Enden der Retinazellen, sondern an ihrer centralen Partie gebildet werden, während die Kerne an die distalen Enden der Zellen rücken. Die seitlichen Ocellen der Skorpione entstehen als eine Ver- diekung der Hypodermis; dann erscheinen, der Zahl der Ocellen entsprechend, Einsenkungen, welche die Retina liefern; neben den Einstülpungsöffnungen liegende Zellen überwachsen diese Öffnungen und scheiden die Linse aus. Nach KıstuinouyE sollen die hinteren mittleren, sowie die seitlichen Ocellen der Araneinen sich in der- selben Weise entwickeln, mit dem Unterschied allerdings, dass die die Öffnung der Grube nach außen umwachsenden Hypodermiszellen eine Glaskörperschicht bilden, welche die Linse absondert. Bei den Myriapoden (Julus terrestris) sollen, nach den An- gaben von HEATHCOTE (1888), die Ocellen in ganz eigenthümlicher Weise sich entwickeln. Die Hypodermis verdickt sich an der Bil- dungsstelle des Ocellus, worauf ein Hohlraum in dieser kugelförmigen Verdiekung auftritt, so dass das Ganze als eine mit der Hypodermis in Verbindung stehende Blase erscheint. Während die distale Wand dieser Blase sich verdünnt und die Linse absondert, verdiekt sich die proximale und wandelt sich in die Retina um. Es giebt also im Allgemeinen zwei Ansichten über den Entwick- lungsvorgang der Ocellen der Insekten und Arachnoideen. Nach beiden soll der Ocellus Anfangs als eine offene grubenartige Vertiefung der verdickten Hypodermisschicht auftreten. Bei der weiteren Entwick- lung soll nun diese Grube entweder eine offene bleiben, oder sich zu einer taschenförmigen Einstülpung weiter bilden. Letztere bleibt entweder in stetem Zusammenhang mit der Hypodermis oder schnürt sich von dieser in Form einer geschlossenen Blase ab. Meine, nur bei Apis angestellten Beobachtungen sind nicht aus- reichend, um über die Entwicklung der Insektenocellen im Allgemeinen weitere Schlussfolgerungen zu ziehen. Jedenfalls aber folgt aus ihnen, dass bei der Entwicklung des Bienenocellus keine eigentliche Augen- blase gebildet wird, sondern der Ocellus, abgesehen von den beson- deren, in seiner Entwicklung auftretenden Komplikationen, die wohl keine allgemeine Bedeutung beanspruchen können, das Produkt der Differenzirung einer verdickten Hypodermisstelle ist. Heidelberg, im Juni 1900. Uutersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 619 Litteraturverzeichnis. 1886. P. BERTKAU, Beiträge zur Kenntnis der Sinnesorgane der Arthropoden. 1885. 1886. 1889. 1891. 1880. 1877. 1891. 1866. 1883. 1864. 1886. 1887. 1890. 1887. EEE = I. Die Augen der Spinnen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVIL . CARRIERE, Die Sehorgane der Thiere. München und Leipzig. . CARRIERE, Kurze Mittheilungen aus fortgesetzten Untersuchungen über die Sehorgane. 7. Die Entwicklung und die verschiedenen Arten der Ocellen. Zool. Anz. Bd. IX. . CARRIERE, Bau und Entwicklung des Auges der zehnfüßigen Crusta- ceen und Arachnoiden. Biol. 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In der Linse ist nur die äußerste dünne Schicht von den zwei übri- gen scharf abgesetzt; die mittlere und die innere dagegen sind zusammen- geflossen. Die mittlere und die innere Schicht in der Cuticula sind fein quer- Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 621 gestreift; diese Streifung geht in der Linse in eine Längsstreifung über; diese letztere ist nur in der proximalen Partie der Linse deutlich zu beobachten. Die an die Linse angrenzenden Theile der mittleren Schicht .der Cutieula sind stark pigmentirt (Zr). Vergr. 365. | Fig. 2. Cimbex sp. (Raupe). Centralpartie der Linse bei starker Ver- größerung. In der Grundsubstanz der Linse sind mehrere Vacuolen zerstreut, welche gegen die Peripherie der Linse an Anzahl abnehmen. Unter diesen Vaecuolen trifft man sowohl einfache ovale, als doppelte, deren einander zu- gewendete Flächen etwas abgeplattet erscheinen. Vergr. 1550. Fig. 3. Cimbex sp. (Raupe). Glaskörperzellen im Querschnitt. Die Zellen sind sehr regelmäßig, polygonal; in zwei von ihnen bemerkt man den Kern (N). Vergr. 850. Fig. 4 Perla bicaudata (Larve). Ein Stück von Glaskörper- und Retina- schicht im Längsschnitt. Oben an der Zeichnung sieht man die langen schma- len Glaskörperzellen (G!k) mit basal liegenden Kernen. Darunter befindet sich die Retinaschicht, welche aus Retinulae von je zwei Retinazellen besteht. Jede Retinula erzeugt in ihrem distalen Ende ein Stäbchen (St). Das letztere wird beiderseits von Protoplasmapartien der Retinazelle mit deutlicher querer Anord- nung der besonders großen Waben (a) begrenzt. In der proximalen Partie finden sich die Kerne. Das Pigment koncentrirt sich an der Stelle, wo zwei Retina- zellen einander berühren und besonders reichlich an der Grenze zwischen den einzelnen Retinulae. Vergr. 615. Fig. 5. Cimbex sp. (Raupe). Frontalschnitt. Proximaler Theil der Linse (Z), Glaskörper (G!%) und distaler Theil der Retina. Die distalen Enden der Glas- körperzelien sind etwas hervorgewölbt, dem entsprechend die proximale Fläche der Linse kleine Ausbuchtungen aufweist; an dieser Stelle bildet jede Glaskörper- ‚zelle eine Art von dünnem Saum (s), der aus einer Reihe kleiner Vacuolen und dazwischen verlaufenden Längszügen des Protoplasma gebildet wird. Weiter in proximaler Richtung sind die Zellen etwas eingeschnürt und in den auf diese Weise entstandenen Räumen sind besondere runde Zellen eingeschaltet (Er- gänzungszellen, Zrz). Die distalen Enden der Retinulae dringen etwas in die Glaskörperschicht ein, so dass die Glaskörperzellen mit ihren basalen Enden zwischen die Retinulae sich einsenken. Das Pigment ist, im Gegensatz zu den Ocellen anderer Insekten, nicht in den Retinazellen, sondern zwischen den ein- zelnen Retinulae abgelagert. Vergr. 430. Fig. 6. Calopteryx splendens (Imago). Das distale Ende einer aus zwei Retinazellen bestehenden Retinula. Flächenansicht. Zwischen beiden Retina- zellen ist ein Stäbchen (S2) eingeschlossen. Das letztere erscheint als eine ein- fache gerade Leiste. Das Protoplasma der Retinazellen bildet an der Berührungs- fläche mit dem Stäbchen eine schmale Alveolarschicht (a) von etwas größeren Waben; in den übrigen Theilen der Zellen sind die Waben kleiner und regellos angeordnet. Vergr. 1570. Fig. <. Apis mellifica (Puppe). Macerationspräparat, Eine aus zwei Retinazellen bestehende Retinula. Die Zellen berühren sich fast auf ihrer ganzen Länge; das Stäbchen (St?) ist daher sehr lang. Die proximalen Enden der Retina- zellen gehen unmittelbar in die Fasern des Nervus opticus (N.opt) über. Das Pigment (?,) ist nur in der distalen Partie der Zellen abgelagert und findet sich nahe bei dem Stäbchen. Vergr. 1565. Fig. 8 Apis mellifica (Puppe). Macerationspräparat. Eine aus drei 622 - 0. W. Redikorzew, Retinazellen bestehende Retinula von einer noch sehr jungen Puppe. Das Stäbchen ist noch nicht ausgebildet, das Pigment ist nur spärlich vorhanden. Vergr. 1565. Fig. 9. Apis mellifica (Puppe). Eine Gruppe von Retinulae, von wel- .chen jede aus zwei, bezw. drei Retinazellen zusammengesetzt ist. Der gemein- same Ast des Nervus opticus (N.opt) verzweigt sich in vier Ästehen, entspre- chend der Zahl der vorhandenen Retinulae. Vergr. 1560. Fig. 10. Calopteryx splendens (Imago). Eine Partie der Retina im Querschnitt. Distale, stäbehentragende Enden der Retinulae, von welchen einige aus drei, andere aus vier Retinazellen bestehen; das Rhabdom (St) der ersteren ist dreiflügelig, das der letzteren vierflügelig. Die einzelnen Retinulae finden sich in gewissem Abstand von einander, was noch deutlicher auf die gruppen- artige Anordnung der Retinazellen hindeutet. Vergr. 1670. Fig. 11. Perla bicaudata (Larve). Querschnitt durch die distale Partie der Retinazellen. Sechs Retinulae von je zwei Retinazellen und dazwischen liegende Glaskörperzellen (G/%) mit ihren Kernen. Die Stäbchen (2) bilden die Grenze zwischen beiden Retinazellen nur in der Mittelpartie von deren Berührungs- linie. Beiderseits vom Stäbchen macht sich die wabige Struktur des Proto- plasmas (a) besonders bemerkbar. Vergr. 965. Fig. 12. Perla bicaudata (Larve). Querschnitt durch die mittlere Partie zweier Retinulae. Das Rhabdom (St) bildet die Grenzlinie zwischen den beiden die Retinula bildenden Retinazellen. Beiderseits des Rhabdoms besonders deut- liche quere Anordnung der Waben des Protoplasmas (a). Vergr. 1480. Fig. 13. Apis mellifica (Puppe). Querschnitt durch die distalen oder Stäbehentheile einiger Retinulae; die meisten Retinulae bestehen aus zwei Re- tinazellen und besitzen daher einfach lamellenförmige Stäbchen (2); in der Mitte eine aus drei Zellen bestehende Retinula mit dreiflügeligem Rhabdom. Vergr. 1210. Fig. 14. Cimbex sp. (Raupe). Querschnitt durch die distale Partie zweier Retinulae. Jede Retinula besteht aus vier Zellen; das Rhabdom (2) erscheint daher auch viertheilig, indem jede Retinazelle ein, im Querschnitt hufeisenför- miges, Rhabdomer bildet. Pigmentzellen (Pg) liegen den Retinazellen an. Vergr. 1025. Fig. 15. Syrphus sp. (Imago). Querschnitt durch die distale Partie der Retinazellen. Drei vollständig gezeichnete und neun angrenzende nur ange- deutete Retinazellen liegen ganz dicht an einander. Die an ihren Berührungs- flächen zur Ausbildung kommenden Stäbchen ($?) erscheinen daher auf dem (uerschnitt als Sechsecke. Das in den Retinazellen eingeschlossene Pigment findet sich hauptsächlich an der Wand der Retinazellen und wiederholt deren sechseckige Form. Vergr. 970. Fig. 16. Apis mellifica (Puppe). Eine durch Maceration isolirte Reti- nula aus zwei Retinazellen bestehend. Die basalen Enden der Retinazellen sind künstlich abgerissen; das Stäbchen (2) ist in dieser Partie bloßgelegt und wellig gebogen. Vergr. 1569. Fig. 17. Syrphus sp. (Imago). Sagittalschnitt. Eine Partie der Retina. Die distalen Enden der Retinazellen sind alle dicht an einander gelegt, während die proximalen etwas aus einander weichen und den Zwischenzellen (Zez) Platz machen. Die proximalen Enden der Retinazellen (Rt) gehen in die Nervenfasern über, welche sich zu Bündeln vereinigen (N.opt). Vergr. 560. Fig. 18. Calopteryx splendens (Imago). Das proximale Ende einer tetinazelle.e In der Medianlinie der Zelle zieht eine Nervenfaser (N.opi) hin- durch. Vergr. 1025. Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. 623 Fig. 19. Calopteryx splendens (Imago). Die proximalen Enden zweier Retinazellen im Querschnitt. Neben dem Kern (N) sieht man eine Nervenfaser im Querschnitt (N.opt). Vergr. 1460. Fig. 20. Apis mellifica (Puppe). Eine Zelle des Zwischengewebes in Theilung begriffen. Das Protoplasma ist nicht gleichmäßig in der Zelle vertheilt, sondern bildet feine Züge. In der Mitte die Kernspindel. Vergr. 25%. Fig. 21. Eristalis tenax (Imago). Querschnitt durch die mittlere Region der Retinazellen (Rt). Die einzelnen Retinazellen sind allseitig von feinen Ana- stomosen der Ausläufer der Zwischenzellen (Zwz) umgeben. Vergr. 15%. Fig. 22. Eristalis tenax (Imago). Querschnitt durch die proximale Partie der Retinazellen (%£). Zwischen denselben befinden sich die Zellen des Zwischen- gewebes (Zıvz), deren feine Ausläufer sich allseitig ausbreiten. Diese Fortsätze anastomosiren unter einander und bilden dadurch ein Netzwerk um die Retina- zelle herum. Vergr. 955. z Fig. 23. Cimbex sp. (Raupe). Querschnitt durch die Fasern des Nervus optieus (N.opt). Jede Nervenfaser ist von feinen Fortsätzen der Zwischengewebs- zellen umsponnen, deren Kerne (N) daneben auch sichtbar sind. Vergr. 1020. Fig. 24. Calopteryx splendens (Imago). Frontalschnitt. Seitlicher (rech- ter) Scheitelocellus. Die Längsachse der asymmetrisch gebauten Linse (Z) steht schief zur eutieularen Kopfbedeckung. Die Linse ist allseitig von einer wulst- artigen pigmentirten Verdickung der Hypodermis (Zr) umgeben. Die Glaskörper- schicht (G/%) ist von der darunter liegenden Retinaschicht (R%) nicht scharf ab- gesetzt; ihre Zellen schieben sich vielmehr zwischen dieselben ein. An der Stelle, wo die Retina in den Nervus opticus übergeht, ist eine deutliche Einschnürung, an welcher eine starke Ablagerung des Pigmentes stattfindet. Die Retinazellen sind von Pigment frei. Der ganze Ocellus sammt dem Nervus optieus ist von einer sehr stark pigmentirten Membran (Mbdr) umgeben. Vergr. 460. Tafel XL. Fig. 25. Perla bicaudata (Larve). Sagittalschnitt. Seitlicher (linker) Scheitelocellus. Vergr. 240. Fig. 26. Cimbex sp. (Raupe). Frontalschnitt. Ein Ocellus nach Entfer- nung des Pigmentes. Die Hypodermis ist an der Stelle, wo sie eine pigmentirte Verdiekung (Ir) bildet, in eine Falte gebogen und geht in die Ausbuchtung der Linse hinein. In der distalen Partie des Glaskörpers (G@/Ak) sind zwischen die eigentlichen Glaskörperzellen noch besondere »Ergänzungszellen< (Zrz) eingelagert. Die Retina (Rt) besteht aus vierzelligen Retinulae. Vergr. 210. Fig. 27. Apis mellifica (Imago). Sagittalschnitt. Medianer Scheitel- ocellus. Die stark entwickelte Linse (Z) hat eine Einschnürung an der Stelle, wo sie in die Cuticula des Kopfes übergeht; diese rinnenförmige Vertiefung ist mit Iriszellen (Zr) ausgefüllt. Der proximalen Fläche der Linse liegt die Glaskörper- schicht (G7%) unmittelbar an. Diese Schicht besteht aus niedrigen kubischen Zellen mit deutlichem Kern. In der centralen Partie des Ocellus sind die proxi- malen Enden der Retinazellen (Ri) pigmentirt, in der peripheren dagegen die distalen. Vergr. 225. | Die Figg. 23—36 beziehen sich auf die Entwicklung des Ocellus bei Apis mellifica. : Fig. 28. Sagittalschnitt. Medianocellus einer in die Larvenhaut eingeschlos- senen Puppe. Der auf dem Schnitt getroffene Medianocellus (Oc) erscheint als eine linsenförmige Verdiekung der Hypodermis (Zyp). Die den Ocellus bildenden n 624 W. Redikorzew, Untersuch. über den Bau der Ocellen der Insekten. Zellen sind noch einschichtig angeordnet und unterscheiden sich von gewöhn- lichen Hypodermiszellen nur durch ihre größere Länge und diehtere Lage. Es besteht schon die Verbindung des Ocellus mit dem Gehirn mittels des doppelten Nervus opticus (N.opt). Vergr. 300. Fig. 29. Sagittalschnitt. Seitlicher Scheitelocellus. Beginn der Einsenkung, welche allerdings noch ganz schwach auf der Außenfläche des Ocellus ange- deutet ist. Die Glaskörper- und die Retinaschicht (G/% und Rt) haben sich be- reits differenzirt durch Auseinanderrücken der zuerst gleichartigen und in einer Ebene liegenden Hypodermiszellen. Vergr. 350. Fig. 30. Sagittalschnitt. Medianocellus. Stark ausgeprägte Einsenkung. Die den Ocellus begrenzenden Theile der Hypodermisschicht sind ebenfalls ein- wärts gekrümmt und zugleich beträchtlich verdickt. Vergr. 9. Fig. 31. Sagittalschnitt. Die verdickten, den Ocellus begrenzenden Partien der Hypodermis (spätere Iris’ und das Loch (Zch), das an der Stelle des ins Innere des Kopfes hereingezogenen Ocellus erscheint. Dieses Loch entspricht dem linken Lateralocellus. tz, Fettzelle. Vergr. 300. Fig. 32. Sagittalschnitt. In die Tiefe des Kopfes hereingezogener rechter Lateralocellus nach seiner Abtrennung von der Hypodermis. Vergr. 260. Fig. 33. Frontalschnitt. Die beiden Lateralocellen nach sekundärer Ver- wachsung mit der Hypodermis. An * die unvollständige Verwachsung mit der verdickten Iris. Vergr. 225. Fig. 34. Frontalschnitt. Die beiden Lateralocellen einer sehr jungen Puppe. Die schwach ausgebildeten Ocellen sind mit dem Gehirn durch die langen Nervi optiei verbunden. 7r, Trachee. Vergr. 9. Fig. 35. Frontalschnitt. Die beiden Lateralocellen einer alten Puppe. Die gut ausgebildeten Ocellen sind mit dem Gehirn durch die kurzen Nervi optiei verbunden. Der Hohlraum an * existirt in Wirklichkeit nicht, sondern wird durch den proximalen Theil der Linse ausgefüllt. Ntiopt, Nervus optieus des Median- ocellus. Vergr. 225. Fig. 36. Frontalschnitt. Linker Lateralocellus von einer alten Puppe. Die Linse (Z) ist schon bedeutend entwickelt. Die eingebogenen Theile der Hypo- dermis, die früher das Loch begrenzt haben (Zr), sind sehr stark verdickt, be- sonders der linke, und seitlich fest mit dem Glaskörper (G/%k) des Ocellus ver- wachsen. Die Glaskörperschicht ist sehr mächtig entwickelt und besteht aus stark in die Länge gestreckten Zellen. Die Retinazellen (Rt) sind deutlich in die Retinulae gruppirt, haben die Stäbchen (S?) voll ausgebildet und sind stark pigmentirt, wobei im linken Theil des Ocellus die Pigmentirung auf die distalen Spitzen der Retinazellen sich beschränkt, im rechten dagegen auf die proxi- malen. Vergr. 245. Beobachtungen und Versuche über die Verdauung und Bildung der Kohlenhydrate bei einem amöbenartigen Organismus, Pelomyxa palustris Greeff. Von Antonin Stole (Prag). Mit Tafel XLI und XL. Die vorliegende Arbeit wurde im Jahre 1592 begonnen, sodann während der folgenden Jahre bis 1599 fortgesetzt, wo dieselbe zu einem befriedigenden Abschluss gelangen konnte. Einen Theil der Untersuchungen habe ich während des Sommersemesters 1393 im Labo- ratorium des Herım Prof. O. BürscHaLı in Heidelberg ausgeführt. Ich erfülle hiermit nur eine angenehme Pflicht, wenn ich an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer für die mir zu Theil gewordene wissen- schaftliche Beihilfe meinen aufrichtigen und herzlichen Dank erstatte. In meinem Bestreben die Frage der Verdauung und Bildung von Kohlenhydraten bei Pelomyxa palustris zu erforschen erkannte ich, dass den Grundstein dieser Frage die Erforschung der sog. Glanz- körper (nach ihrem Entdecker GrEEFF) bildet. Diese in der Regel kugelig (zuweilen jedoch fast unregelmäßig) geformten Körper finden sich zahlreich und beständig im Plasmaleibe der Pelomyxa vor, was auf eine wichtige Rolle im Dienste dieses Organismus hinweist. Nach einer langen Versuchsreihe wurde in chemischer Hinsicht die Möglichkeit einer Identität mit verschiedenartigen Stoffen aus- geschlossen, indem z. B. durch die Mırzon’sche Probe die Nicht- existenz von eiweißartigen Stoffen in den Glanzkörpern nachgewiesen wurde, etc. Ich kam dann zu der Erkenntnis, dass die Glanzkörper aus einer Hüllmembran und dem von ihr begrenzten Inhalt bestehen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVII. Bd. 41 626 | Antonin Stole, welcher als Glykogen zu deuten ist, während die Hülle selbst aus einem schwer löslichen Kohlenhydrat zusammengesetzt ist. Der Inhalt der Glanzkörper hat eine Reihe von Eigenschaften mit den für das Glykogen charakteristischen gemein. In dem Folgen- den sollen sie der Reihe nach angeführt werden, während zugleich der Übersichtlichkeit halber auch die Bigenechann der Hüllmembran zur Sprache gelangen sollen. 1) Das Glykogen erscheint als ein amorpher, schneeweißer Kör- per. Eben so bieten sich die Glanzkörper der mikroskopischen Be- trachtung als glänzende, schneeweiße Körper dar. Diese weiße Beschaffenheit rührt von dem Inhalte her, denn die Hüllmembran ist im isolirten Zustande glashell, durchsichtig. Unter dem Polarisations- mikroskope wird keine Doppelbrechung an den Glanzkörpern beob- achtet, sie verhalten sich also wie isotrope Körper. 2) Das Glykogen ist im Wasser löslich. Der Inhalt der separirten Glanzkörper löst sich im Wasser auf, während die Hüllmembranen ungelöst zurückbleiben. Bei der Auflösung quellen die Glanzkörper vorerst unter sichtbarer Volumenzunahme auf. An größeren mit dünner Hüllmembran versehenen Körpern reißt diese alsbald durch, während der Inhalt in dem Wasser sich verliert, bis schließlich nur die ge- faltete Haut zurückbleibt. Bei kleineren und mit diekerer Membran versehenen Körpern findet kein Platzen der ersteren statt, vielmehr diffundirt der Inhalt durch die Hülle in das umgebende Wasser hinaus. In diesem Falle bewahrt die Membran bis zur Entleerung des Inhalts ihre glatte Oberfläche und ihre ursprüngliche Gestalt (vgl. Taf. XLII, es ir) . Die Auflösung des Inhaltes geht keineswegs bei allen Glanz- körpern gleich rasch vor sich. Das scheint einerseits mit der Be- schaffenheit der Hüllmembran, andererseits mit dem jeweiligen Zu- stande des Inhaltes der einzelnen Glanzkörper zusammenzuhängen. So fand ich z. B. an einem Individuum der Pelomyxa den Inhalt der isolirten, auf dem Objektträger im destillirten Wasser befind- lichen Glanzkörper innerhalb !/, Stunde sämmtlich aufgelöst; bei anderen Individuen brauchte es. dazu eines Zeitraums von 1/,, 2, 12, Ja sogar bis 24 Stunden. Zuweilen sind bei einem und demselben Individuum die Glanzkörper ungleich löslich, indem z. B. ein Theil derselben schon in 2 Stunden, ein anderer (größerer) in 12 Stunden und der Rest in 24 Stunden den Inhalt verliert. Es kommen schließ- lich Glanzkörper vor, deren Inhalt sehr langsam aufgelöst wird. So kamen Individuen zur Beobachtung, deren Glanzkörper erst im Ver- Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 627 laufe von 2, 3, ja mehreren Tagen ihren Inhalt aufgelöst hatten, wobei das angewandte destillirte Wasser jede 24 Stunden erneuert wurde. / Die Vermuthung, dass die Schnelligkeit der Auflösung- unter Anderem von dem Zustande der Glanzkörper abhängt, wird durch die Beobachtung gestützt, dass der Inhalt bei denjenigen Glanzkör- pern rasch aufgelöst wurde, bei denen seine Ansammlung kurz vor- her stattgefunden hat, während umgekehrt eine langsame Auflösung nur bei jenen Körpern sich beobachten ließ, bei denen eine frische Anhäufung des Inhalts nicht konstatirt werden konnte. Eine solche ist aber experimentell leicht zu erzielen, wie später mitgetheilt werden soll. 3) Mit Jod giebt das Glykogen eine charakteristische Färbung. Zum Vergleiche wandte ich ein aus dem Laboratorium des Herrn Prof. HORBACZEWSKI mir zur Verfügung gestelltes Präparat an. Auf einem Objektträger wurden die Glanzkörper im destillirten Wasser isolirt und vom Rande des Tropfens etwas Glykogenpulver zugesetzt. Der Zusatz einer Jodjodkaliumlösung bewirkte eine gleichzeitige und übereinstimmende, gleich intensive braunrothe Färbung des Glykogens und der Glanzkörper. Denselben Farbenton von derselben Intensität erhielt ich bei gleicher Versuchsanordnung mit einer Jodtinktur. Be- hufs eines weiteren Vergleiches verfolgte ich nun den Verlauf der Jodreaktion direkt unter dem Mikroskope. Bei behutsamer Behand- lung der unter einem Deckglase im destillirten Wasser befindlichen isolirten Glanzkörper mit der Jodtinktur trat zuerst eine weinrothe, dann aber mit der fortschreitenden Speicherung des Jodes immer mehr braunrothe Färbung zu Tage. Es färbt sich hierbei sowohl der Inhalt, als auch die Hülle. Davon kann man sich an solchen Glanzkörpern überzeugen, deren Inhalt vom Wasser rasch aufgelöst wird. An solchen Körpern berstet zuweilen während der Jodfärbung die Hülle und lässt den Inhalt hervorquellen. In solehem Falle lässt sich dann zweifellos konstatiren, dass beide Komponenten der Glanz- körper mit Jod gefärbt sind. Die Hüllmembranen für sich allein (ohne Inhalt), wie man sie erhält, wenn man frisch mit Inhalt ge- füllte Körper 24 Stunden im destillirten Wasser liegen lässt, färben sich mit Jod nur noch schwach braunroth. | 4) Im Alkohol ist das Glykogen unlöslich. Die Glanzkörper sind ebenfalls im Alkohol unlöslich, und zwar sowohl ihr Inhalt, als auch die Hüllmembran.. Davon überzeust man sich z. B. auf Grund des folgenden Versuches: Ein Theil der Glanzkörper von einem und 47” 628 Antonin Stole, demselben Individuum wird in destillirtes Wasser gebracht, der andere Theil in absoluten Alkohol übergeführt. Man findet dann, dass im destillirten Wasser im Verlaufe von 24 Stunden der Inhalt aller Glanzkörper gelöst wurde, während die im Alkohol beobachteten Körper selbst nach 24 Stunden total ungelöst bleiben. 5) In koncentrirter sowie verdünnter Kalilauge löst sich das Gly- kogen auf. (Diese Eigenschaft wird bekanntlich bei der Gewinnung des Glykogens aus der Leber benutzt.) Die Glanzkörper sind in der Kalilauge vollständig löslich und zwar betrifft dies sowohl den In- halt als auch die Hüllmembran derselben. 6) In koncentrirter sowie verdünnter Salzsäure löst sich das Gly- kogen auf. (Auch diese Eigenschaft wird bei dessen Darstellung aus dem Lebermateriale verwerthet.) Was die Glanzkörper betrifft, so löst sich in der Salzsäure nur ihr Inhalt, während die Hüllmembranen ungelöst zurückbleiben. 7) In einem Gemenge von koncentrirter Salpeter- und Schwefel- säure wird das Glykogen aufgelöst (es bildet sich Dinitroglykogen), eben so in koncentrirter Salpeter- oder Schwefelsäure für sich allein. Durch die drei genannten Reagentien wird an Glanzkörpern nur der In- halt aufgezehrt, während die Hüllmembranen ungelöst zurückbleiben. - 8 Gerbsäure schlägt das Glykogen aus seinen Lösungen nieder. Hiernach zu urtheilen, sollte also der Inhalt der Glanzkörper in Tanninlösungen unlöslich sein. Dass dies wirklich der Fall ist, er- hellt aus folgendem Versuche. Ein Theil der aus einem und dem- ‚selben Individuum isolirten Glanzkörper wird auf dem Objektträger in destillirtem Wasser behalten, der andere Theil in eine Gerbsäure- lösung überführt. Im ersten Falle ist innerhalb 24 Stunden der ge- sammte Inhalt der Glanzkörper gelöst, im zweiten dagegen bleiben sowohl die Membranen als auch der Inhalt der Glanzkörper ungelöst und es ändert sich nichts an der Sachlage, wenn man nach längeren Pausen das Tanninpräparat wiederholt durchmustert. Die Glanzkör- per sammt ihrem Inhalt bleiben auch fernerhin ungelöst. 9) Von Barythydratlösungen wird das Glykogen aus seinen Lö- sungen gefällt. (Es bildet sich eine Baryumverbindung des Gly- kogens.) Soll also der Inhalt der Glanzkörper aus Glykogen bestehen, so muss der erstere im Barytwasser unlöslich sein. Diese Voraus- setzung wird durch: das Experiment bestätigt. Die aus einem In- dividuum isolirten Glanzkörper, von denen sichergestellt wurde, dass sie bereits in !/, Stunde ihren Inhalt an das Wasser abgeben, wur- den zum Theil auf dem Objektträger in Barytwasser überführt. Nach \ Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 629 24stündiger Beobachtung und eben so an den folgenden Tagen habe ich sowohl die Hüllmembranen als auch den Inhalt der Glanzkörper vollständig intakt d. h. ungelöst vorgefunden. 10) Ammoniakalischer Bleiessig schlägt das Glykogen aus seinen Lösungen nieder. Auch in diesem Falle lässt sich also mit Sicher- heit schließen, dass der Inhalt der Glanzkörper, wenn er aus Gly- kogen bestehen soll, in ammoniakalischem Bleiessig unlöslich sein muss. Der Versuch wurde ähnlich wie mit Barytwasser ausgeführt; in der That fand ich, dass sowohl der Inhalt, als auch die Hüll- membranen der Glanzkörper in ammoniakalischem Bleiessig unlös- lich sind. AE | 11) Mit verdünnten Säuren erwärmt geht das Glykogen in Zucker (Glykose) über. Soll also der Inhalt der Glanzkörper aus Glykogen bestehen, so muss er unter den genannten Umständen dieselbe Ver- änderung erfahren. Den betreffenden Versuch habe ich in folgender Weise angestellt. Es wurde eine größere Anzahl von Pelomyxa-In- dividuen genommen, und zwar von solchen, welche neben zahlreichen Glanzkörpern meist keine Nahrung mehr enthielten. Nach sorgfäl- tigem Abwaschen in destillirtem Wasser und Zerreiben auf einem Objektträger wurde der so erhaltene Plasmabrei in eine kleine Eprouvette übergeführt und gleiche Theile destillirten Wassers und Salzsäure hinzugefügt. Nach längerem Erwärmen über einer Wein- seistlamme und schließlicher Abkühlung der Flüssigkeit wurde zu- erst etwas Kalilauge bis zur deutlich alkalischen Reaktion, sodann einige Tropfen einer FeHLıng’schen Lösung zugesetzt. Ein abermaliges kurzes Erwärmen ließ einen schön gelben Niederschlag von Kupfer- oxydul entstehen, als Beweis dessen, dass eine reducirende Substanz in der Flüssigkeit vorhanden war. Dieser Versuch ist keineswegs einwandfrei. Man kann einwenden, dass die reducirende Substanz möglicherweise aus dem Protoplasma, oder aus den Nahrungsresten, oder aber schließlich aus den Hüllmembranen der Glanzkörper stammte. Nichtsdestoweniger gewinnt das positive Versuchsresultat an Werth im Vereine mit den schon vorhin angeführten Übereinstim- mungen und mit der nächstfolgenden Beobachtung. Es war zuweilen möglich einzelne von Nahrungsresten gänzlich freie Pelomyxa-In- dividuen, welche zahlreiche und große Glanzkörper enthielten, aus- findig zu machen. Wurden solche Individuen auf einem Objektträger so zerrieben, dass die Glanzkörper möglichst isolirt lagen, so be- wirkte ein Zusatz von koncentrirter Schwefelsäure bei vorsichtigem Erwärmen zuerst eine Lösung des zerriebenen Materials und zugleich. 630 Antonin Stole, ein Rothwerden der so entstandenen Flüssigkeit. Später wurde die- selbe dunkel mit einem Stich ins Rothe, schließlich aber ganz schwarz. In einem glücklichen Falle, wo das zurückgebliebene Protoplasma eine größere Anzahl von Glanzkörpern umgab, konnte ich feststellen, dass die Färbung von jenen Stellen herrührt, wo die Glanzkörper vorhanden waren. Man sieht aus dieser Beobachtung, dass die mit Schwefelsäure erwärmten Glanzkörper denselben Veränderungen unter- liegen, welchen überhaupt Kohlenhydrate bei Erwärmung mit Schwefel- säure unterworfen sind, dass somit diese Reaktion die kohlenhydrat- artige Beschaffenheit der Glanzkörper bestätigt. Auch diese Beob- achtung gewinnt an Werth nur im Vereine mit den schon angeführten Übereinstimmungen, denn das gleiche Verhalten gegen Schwefelsäure zeigen auch andere organische Verbindungen. 12) Durch diastatische Enzyme: Ptyalin, Pankreas-Diastase und pflanzliche Diastase wird das Glykogen verzuckert, indem es in Mal- tose verwandelt wird. Ich beobachtete das Verhalten der Glanzkörper im Speicheldrüsensekret, im Wasser- und Glycerin-Auszug des Pankreas aus Rindern und in einer angesäuerten Lösung von Pflanzendiastase. Die Beobachtungen wurden an dem Objektträger bei Zimmertempe- ratur und bei erhöhter Temperatur vorgenommen. Bei Beobachtungen mit dem Pankreasextrakt wurde die Möglichkeit einer bakteriellen "Wirkung durch einen Zusatz von Chloroform ausgeschlossen. Ich fand nun in allen den eben genannten Fällen, dass der Inhalt der Glanzkörper bei Gegenwart von diastatischen Enzymen aufgelöst wird, während die Hüllmembranen ungelöst zurückbleiben (vgl. Taf. XLII, Fig. 18 u. 18%). Die Gegenwart der Maltose gelang es mir in Folge der Kleinheit des Gegenstandes und des umständlichen Ver- fahrens nicht zu konstatiren. il. Aus den angeführten Übereinstimmungen schloss ich, dass der Inhalt der Glanzkörper aus Glykogen und die Hüllmembran aus einem schwerer löslichen Kohlenhydrate besteht. Ich schritt sodann zur Beobachtung der Veränderungen, welche die Glanzkörper während des Lebens der Pelomyxa erfahren. An frisch vom Standorte (Ladvi bei Däblice nächst Prag) in Glasflaschen mitgebrachtem Materiale fand ich, dass die Pelomyxen Anfangs munter an den Glaswänden herumkrochen. Ihre Form war walzenförmig (genauer gesagt biskuit- förmig) und im Inneren des Plasmaleibes fanden sich nebst frischer Nahrung zahlreiche Glanzkörper, die von der Größe der Kerne oder Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 631 srößer als die letzteren waren. Später sah ich, dass in demselben Maße als die Nahrung im Wasser der Flasche verschwand, allmählich die Kriechbewegungen der Pelomyxen an den Glaswänden eingestellt wurden, so dass man späterhin immer zahlreichere kugelig zusam- mengezogene, fast unbewegliche Individuen im Schlamme des Gefäßes antreffen konnte. Zu dieser Zeit enthielt das Protoplasma der kugeligen Pelomyxa-Individuen nur wenig Nahrung mehr und die Glanzkörper erschienen kleiner. Schließlich, gewöhnlich nach einem Monat von der Zeit ab, wo das Material frisch aus der Natur herbeigeholt wurde, fand ich die Pelomyxen am Grunde des Gefäßes im Schlamme einge- senkt, den Plasmaleib kugelig zusammengezogen, unbeweglich, von blassweißer Farbe. Im Inneren des Plasmakörpers waren keine Nah- rungspartikel mehr vorhanden, man fand da nur Kerne, symbiotische Bakterien, ein Häufchen Sandkörner und Glanzkörper von wesentlich verändertem Aussehen. Erstens hat die Größe der letzteren bedeu- tend abgenommen, indem ihr Durchmesser nur zwei oder ein Sechstel der Kernbreite! betrug, zweitens war aber der Inhalt gänzlich er- schöpft, so dass nur die durchsichtigen Hüllen zurückgeblieben sind. Außerdem fanden sich die Glanzkörper nicht wie früher einzeln im Plasmakörper zerstreut, sondern gewöhnlich bildete eine kleinere oder srößere Anzahl derselben diehte, wie zusammengeklebte Gruppen von rosenkranzförmiger oder anderer, unregelmäßiger Gestalt. Mit diesen Erfahrungen ausgerüstet, trat ich nun an die Ausführung der entscheidenden Versuche heran. Am 9. Oktober (1893) wurden zwei mit nahrungsfreiem Wasser gefüllte und je ein isolirtes Pelomyxa-Individuum enthaltende schmale Glasgefäßehen in einem größeren Wassergefäße untergetaucht und beide mit je einem Deckgläschen lose zugedeckt, so dass die Kommuni- kation mit dem umgebenden wässerigen Medium nicht unterbrochen wurde Am Anfange des Versuches enthielten beide Exemplare eine Unzahl großer Glanzkörper, welche bei dem ersten Individuum im Maximum 10 Sechstel, bei dem zweiten im Maximum 20 Sechstel der Kernbreite maßen. Am 16. Otober wurden die der Nahrungs- zufuhr beraubten Exemplare mikroskopisch untersucht, wobei sich herausstellte, dass die Glanzkörper in beiden Fällen an Dimensionen abgenommen hatten. Bei dem ersten Individuum erreichte der Durchmesser der Glanzkörper maximal 7 Sechstel, bei dem anderen 1 Der größeren Übersichtlichkeit halber werden im Folgenden die Dimen- sionen der Glanzkörper stets auf den Durchmesser der Kerne als Einheit be- zogen. 632 E Antonin Stole, 10 Sechstel der Kernbreite. Hierauf wurden die beiden Individuen in die früheren Versuchsbedingungen zurückgesetzt und nicht früher als am. 23. Oktober durchmustert. Es ergab sich, dass die Größe der Glanzkörper noch mehr abgenommen hatte, während der Inhalt der letzteren vollständig erschöpft war. Bei dem ersten Individuum sank die Größe der Glanzkörper auf maximal 2 Sechstel, bei dem zweiten auf maximal 1!/, Sechstel des Kerndurchmessers. Im weiteren Verlaufe des Versuches fand ich bei abermaliger Durchmusterung des ersten Exemplares am 27. Oktober, dass die Dimensionen der Glanz- körper nicht mehr abgenommen hatten, da die Glanzkörper immer noch 2 Sechstel der Kernbreite maßen. Aus dem Resultate des angeführten Versuches muss geschlossen werden, dass die an Nahrungsmangel leidenden Individuen gezwungen wurden, das in den Glanzkörpern angehäufte Reservematerial anzu- sreifen, um dasselbe im Stoffwechsel wieder zu benutzen. Diese Ent- leerung der Glanzkörper ist aber mit einer Verkleinerung derselben bis zu einer bestimmten minimalen Größe verbunden. Außer diesem Versuche habe ich in verschiedenen Zeitabschnitten noch eine ganze Reihe ähnlicher angestellt, welche stets von dem gleichen Resultate begleitet waren. Im Folgenden sollen aus dem Protokoll noch 4 solche Versuche angeführt werden. 1) Ein im November 1896 in obiger Weise isolirtes und behan- deltes Individuum, dessen zahlreiche Glanzkörper am Anfang des Ver- suches im Maximum 10 Sechstel des Kerndurchmessers maßen, zeigte nach 14 Tagen eine weitgehende Erschöpfung und Volumenabnahme der Glanzkörper, indem die Breite derselben höchstens zwei Sechsteln der Kernbreite gleich kam. 2) Ein Individuum, welches am 26. November 1896 einem langen, mit dem Schlammwasser des Standorts gefüllten Kulturglase ent- nommen wurde, besaß eine Menge inhaltsreicher Glanzkörper, deren Größe im Maximum 7 Sechsteln des Kerndurchmessers entsprach. Zur üblichen Isolirung der Pelomyxa diente ein kleines, mit filtrirtem Schlammwasser bis obenan gefülltes Cylindergefäß, dessen Mündung zuletzt einen dichten Verschluss aus Pergamentpapier erhielt. Das Ganze wurde schließlich in einem großen Wassergefäße untergetaucht. Am 9. December fand die Durchmusterung des eingeschlossenen In- dividuums statt. Sein Plasmaleib erschien weiß, enthielt keine Nahrung und führte ausnahmslos nur inhaltsleere Glanzkörper, deren Breite höchstens 5 Sechstel des Kerndurehmessers einnahm. 3) Ein Individuum wurde am 23. April 1898 aus dem Schlamme Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 633 eines im März desselben Jahres mit frischem Materiale gefüllten Glas- gefäße isolirt. Es enthielt zahlreiche Glanzkörper, deren Breite im Maximum 3 Sechsteln des Kerndurchmessers gleichkam, während der Inhalt noch nicht resorbirt war. Die Isolirung geschah auf dieselbe Weise, wie in dem vorigen Versuche angegeben wurde, indem ein mit filtrirtem Schlammwasser und dem Thiere beschicktes oben zu- gebundenes Röhrchen in das ursprüngliche Kulturgefäß mit Schlamm und Schlammwasser eingesenkt wurde. Nach 5 Tagen untersucht erschien das Individuum vollkommen weiß, nahrungsfrei und enthielt vollkommen erschöpfte, kleine Glanzkörper, deren Breite höchstens 2 Sechsteln des Kerndurchmessers entsprach. 4) Ein Individuum wurde am 21. Mai 1898 einem Glase entnom- men, welches am 12. Mai desselben Jahres mit frisch vom Standort hergebrachten Materiale gefüllt war. Im Plasmakörper fanden sich zahlreiche Glanzkörper vor, deren Breite im Maximum 3 Sechsteln der Kernbreite entsprach, während der Inhalt noch nicht der vollstän- digen Resorption anheimfiel. Die Isolation fand in derselben Weise statt, wie beim Versuche 2 und 3 angegeben wurde. Am 24. Mai ergab die mikroskopische Untersuchung des nun vollständig weißen, fast nahrungsfreien Individuums, dass die Glanzkörper völlig erschöpft waren und nur 2!/, Sechstel des Kerndurchmessers an Breite maßen. Ich habe nachgewiesen, dass die Glanzkörper selbst bei voll- ständiger Aushungerung niemals aus dem Plasmaleibe der Pelomyxa verschwinden. Es verschwindet zwar ihr Inhalt, aber die Hüllmem- branen bleiben zurück, wenngleich deren Flächendimensionen bis zu einem Minimum abnehmen. Solche stark eingegangene Membranen werden mit Jod nur gelbbraun gefärbt, während, wie schon oben angeführt wurde, die vorher mit frischem Inhalt gefüllten durch Jod- reagentien eine schwach rothbraune Färbung erfahren. Diesen That- sachen lässt sich nur so viel entnehmen, dass während der Erschöpfung des Inhaltes und Hand in Hand mit der Verkleinerung der Membranen die letzteren gewisse, nicht näher zu charakterisirende Veränderungen erfahren. Zu dem vollständigen Ersehöpfen der Glanzkörper tritt noch ihr Zusammentritt zu kleineren oder größeren Gruppen, die Agglutination hinzu, wie ich durch direkte Beobachtung und an der Hand von zahl- reichen Versuchen sicherstellen konnte. Interessant ist hierbei noch der Umstand, dass die Agglutination der Glanzkörper schließlich von einer solchen der Kerne begleitet ist. Die mit stäbchenförmigen Bakterien bedeckten im Inneren einen kurzen und breiten, knäuelig 634 „Antonin Stole, gewundenen Chromatinfaden und oft größere, glänzende Kügelchen enthaltenden Kerne treten zu zwei, drei bis mehreren in Gruppen zusammen. Werden nun von Neuem solche Bedingungen geschaffen, dass die Glanzkörper sich mit Inhalt füllen können, so trennen sich die letzteren wieder nach und nach von einander und dasselbe ge- schieht auch mit den agglutinirten Kernen. Ob die Zusammenballung . der Glanzkörper einerseits und der Kerne andererseits in einer ursäch- lichen Beziehung zu einander steht, bleibt mir räthselhaft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Agglutination in letzter Instanz rein physikalisch-chemischer Natur ist. Ich stelle mir vor, dass bei voll- ständiger Aushungerung im Protoplasma ein einheitlicher chemischer Zustand entsteht, dem zufolge ein im Protoplasma vorhin gelöster klebriger Stoff sich niederschlägt. Hierdurch wird vorzugsweise die Oberfläche der Glanzkörper und der Kerne klebrig, so dass dieselben beim Zusammenstoß an einander haften müssen. Für diese Ansicht spricht ja auch die von mir gemachte Beobachtung, dass die Glanz- körper nicht nur unter einander, sondern zuweilen auch mit den Kernen sich fest vereinigen. Wenn diese Gruppen wieder einmal später in ihre Bestandtheile aufgelöst werden, falls nämlich die Glanzkörper Gelegenheit hatten sich mit neuem Inhalt zu füllen, so lässt sich dies in der Weise erklären, dass der Klebestoff in Folge veränderter chemischer Verhältnisse im Inneren des Protoplasmas wieder aufgelöst wird, wodurch eine Lockerung und schließliche Trennung der Glanzkörper und Kerne zu Stande kommt. Nachdem ich die Natur der Glanzkörper erkannt und deren Ver- änderungen im Verlaufe des Lebensprocesses studirt hatte, trat ich an die Frage heran, welche Nährstoffe auf die Bildung der Glanz- körper, insbesondere deren Inhaltes, Einfluss haben. Zu diesem Zwecke habe ich folgende Stoffe untersucht: 1) Kohlenhydrate und Glykoside, 2) eiweißartige Substanzen und 3) Fette. Bei meinen Versuchen wurde die als Kardinalbedingung betrachtete Regel be- folgt: die Verhältnisse in der Natur womöglich nachzuahmen. Es wurde theils frisch herbeigeholtes, in langen Flaschen aufbewahrtes (ich bezeichne die betreffenden Gefäße auch weiterhin als »lange«) Material verwendet, theils dauernd kultivirtes, welches in einem breiten und großen Glasbehälter (von 26 em Breite und 13 cm Höhe) sich befand. Dieses Gefäß (ich nenne es weiterhin stets das »große Gefäße) enthielt das vom Standorte (Lädvi bei Däblice nächst Prag) Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete, 635 mitgebrachte Schlammwasser sammt den darin befindlichen Pflanzen und Thieren, darunter zahlreiche Pelomyxa-Individuen. Das ver- dunstete Wasser wurde zeitweilig durch frisches Leitungswasser (Flusswasser) ersetzt, während in größeren Zeiträumen kleine Stück- chen Gelatine, Abschnitte reinen Filtrierpapiers und kleinere Baum- wollklumpen in das Gefäß eingebracht wurden. Unter diesen Ver- hältnissen kamen die Pelomyxen gut fort und man fand sie meist an den Papier- und Baumwollstücken angesammelt. Für die unver- ändert günstige Beschaffenheit des Kulturmediums sprach ferner das konstante Auftreten eines Oligochäten der Gattung Dero und das Fort- kommen der sonst in der Kultur sehr heiklen Infusorien der Gattung Spirostomum, welche am Standorte stets die Pelomyxa begleiten. Je nach Bedarf wurden einzelne Individuen entweder dem fri- schen Materiale oder der großen Zimmerkultur entnommen und dann in je ein kleines Glasgefäß isolirt. Die letzteren waren von drei verschiedenen Größen und Dimensionen, theils »kurz« (2 cm breit und 1!/, cm hoch), theils »lang« (1!/, em breit und 7 cm hoch), theils »schmal« (” mm breit und 5 em hoch). Um Weitschweifigkeiten zu vermeiden, werde ich künftighin nur diese abgekürzten Bezeichnungen anwenden. In das eine oder das andere kleine Glasgefäß habe ich Wasser je nach Bedarf aus den langen Gefäßen oder dem großen Behälter eingegossen, hierauf mit einer Pipette das Versuchsthier und dann die zu untersuchende Nahrung eingeführt. Die kleinen Gefäße wurden hängend oder stehend in den langen Gefäßen oder dem sroßen Kulturbecken dauernd untergetaucht gehalten. Diese Ein- richtung hatte den Vortheil, dass trotz der unerlässlichen Isolirung doch die Kommunikation des Versuchsthieres mit dem fast natür- lichen Medium der größeren Gefäße unterhalten werden konnte. Be- hufs besserer Isolirung habe ich zuweilen die kleinen Glasgefäße mit je einem Deckgläschen lose zugedeckt,. so dass durch die zwischen dem letzteren und der Mündung der Glasgefäße befindlichen kleinen Löcher der Austausch von Wasser ete. unbehindert stattfinden konnte. Es sei noch bemerkt, dass die Kulturversuche in den kleinen Gefäßen für sich oder gar unter dem Deckglase, wie ich dieselben in der ersten Zeit meiner Untersuchungen angestellt hatte, erfolglos waren, weil unter diesen Bedingungen Pelomyxa sich abnormal verhält und meist bald abstirbt. In dem Folgenden führe ich die Ergebnisse meiner Beobachtungen und Versuche an betreffs der Ernährung der Pelo- myxa mit A. Kohlenhydraten und Glykosiden, B. eiweißartigen Sub- stanzen und Glykogen, C. mit Fetten. 636 > Antonin Stole, A. Kohlenhydrate nnd Glykoside. Meine Untersuchungen habe ich vorerst mit der Weizenstärke und deren verschiedenen Zuständen, dann mit anderen Stärkesorten ausgeführt. Als Isolirungsgefäße dienten von den oben genannten drei Gefäßarten nur die »kurzen« und die »langen« Gefäßchen. Der Anfang wurde mit roher Weizenstärke gemacht, wobei ich natürlich früher unter dem Mikroskope mich vergewisserte, dass die Stärke intakt und somit für meine Zwecke brauchbar war. Je nach Bedarf wurde entweder volle 24 Stunden oder 1 Stunde, oder noch kürzere Zeit lang gefüttert, während die Beobachtung gewöhnlich nach 24 Stunden oder in kürzerer Zeit, oder aber in verschieden langen Zeit- räumen vorgenommen wurde Da fand ich nun, dass die mit roher Stärke 24 Stunden lang gefütterten Thiere, mit den Körnern so er- füllt waren, dass die andere Nahrung dagegen fast verschwand. Zahlreiche Körner ließen deutliche Korrosionen bemerken, ähnlich, wie man dies an der mit diastatischen Enzymen behandelten Weizen- oder Gerstenstärke sehen kann!. Auf den Taf. XLI und XLII, Figg. 1—16 sind die von Pelomyxen korrodirten Stärkekörner abge- bildet, wie sie nach 24stündigem, resp. kürzerem oder längeremAufent- halt im Plasmaleibe des betreffenden Versuchsthieres erscheinen. Ich fand an Weizenstärke folgende Modi der Korrosionen. a. Bildung von radiär von der Peripherie gegen das Centrum des Kornes verlaufenden Kanälchen und stellenweise Erweiterung der letzteren je nach der Löslichkeit der zu passirenden Schichten (Taf. XLI, Fig. 4 d; Taf. XLII, Fig. 16 e, f, s). b. Bildung von Hohlsegmenten, welche, von der Peripherie aus- gehend, gegen das Centrum des Kornes zu fortschreiten, während hierbei die bloßgelegten löslicheren Schichten stärker angegriffen werden, als die minder löslichen (Taf. XLI, Fig. 7a; Fig. 11 B, 2). c. Erweiterung der im Centrum des Kornes vorhandenen Risse je nach der Löslichkeit der von ihnen tangirten Schichten (Taf. XLI, is. 7 ge Sa, N DB Orayn. d. Erweiterung der auf der Kante des Stärkekornes befindlichen peripherischen Risse je nach der Löslichkeit der von ihnen tangirten ' Siehe die betreffenden Beschreibungen und Abbildungen für Weizen- stärke bei BARANETZKI, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, Leipzig 1878; ferner für Gerstenstärke: ARTHUR MEYER, Untersuchungen über die Stärkekörner, Jena 189. Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 637 Schichten (Taf. XLI, Fig. 112, 0,p, r; Fig. 134,5; Fig. 14 a; Taf. XLH, Fig. 15 A; Fig. 16 2). e. Bildung und Erweiterung von Kanälchen, welche in der Fläche der Schichten sich hinziehen (Taf. XLI, Fig. 14 9; Taf. XL, Fig. 16 B, e, u). f. Totale Auflösung einzelner Schichten, wodurch die Schichtung im Vergleiche mit intakten Stärkekörnern deutlicher wird, indem die minder löslichen Schichten von den leichter löslichen sich besser ab- heben (Taf. XLII, Fig. 16 A). Die angeführten Modifikationen kommen sowohl für sich, als auch mannigfach unter einander kombinirt an den einzelnen Stärke- körmern vor und betreffen hauptsächlich nur die größeren Körner. An kleineren Körnern fand ich, dass dieselben sämmtlich in gleicher Weise korrodirt werden, nämlich durch Erweiterung feiner Kanälchen und einer centralen Höhlung, mit welcher sie in Verbindung stehen Br Pie, 15:5, c; Fie.16%, 7, 0). Da die Form, welche die rohen Stärkekörner während ihres Aufenthaltes im Plasmaleibe der Pelomyxa mit der Zeit annehmen, mit derjenigen der durch diastatische Enzyme angegriffenen Körner Punkt für Punkt übereinstimmt, so muss geschlossen werden, dass die Stärke im Leibe der Pelomyxa verdaut wird und dass hierbei ein ähnliches, vom Organismus producirtes Enzym thätig ist. Es könnte aber eingeworfen werden, dass hier Bakterien im Spiele ge- wesen sind, die ja bekanntlich im Protoplasma und auch in den Nahrungsvacuolen von Pelomyxa häufig vorkommen. In der That findet man Bakterien zuweilen in solchen Vacuolen eingeschlossen, in denen Stärkekörner während längerer Zeit aufgelöst werden, doch ist diese Erscheinung keineswegs allgemein, denn auf der anderen Seite sind typisch korrodirte Körner häufig, an oder in denen keine Spur von Bakterien entdeckt werden kann. Dasselbe gilt auch von den Vaeuolen, welche sich um einzelne, in Auflösung begriffene Stärkekörner gebildet haben und welche in der Mehrzahl der Fälle bakterienfrei sind. Instruktiv war für mich noch ein zu diesem Zwecke eigens angestellter Versuch. Ich bot eine Portion Stärke- körner einem Pelomyxa-Individuum zur Aufnahme und isolirte letzteres nach einer Stunde in ein »kurzes< Glasgefäß. Ein anderes Gefäß von gleichen Dimensionen wurde mit etwas Stärke versetzt und beide Gefäße in den bekannten Wasserbehälter untergetaucht. Nach 4 Tagen (eigentlich 92 Stunden) habe ich die beiden kurzen Gefäße herausgenommen und deren Inhalt untersucht. Im ersten Falle fand 638 - Antonin Stole, ich im Plasmaleibe der Pelomyxa die charakteristisch angegriffenen Stärkekörner wieder, während im zweiten die frei liegenden Körner mit Bakterien besetzt waren. Auf diese Weise konnten also in den obigen Versuchen Bakterien mit der Stärke zur gleichzeitigen Auf- nahme gelangen und ich bin geneigt, das hin und wieder von mir beobachtete Vorkommen dieser Mikroorganismen im Inneren der Stärkevacuolen darauf zurückzuführen. Doch sind die durch Bakte- rien allein verursachten Veränderungen von denjenigen total ver- schieden, denen die Stärkekörner im Inneren des Pelomyxa-Leibes unterliegen. Somit darf man annehmen, dass die oben ausführlich besprochenen Metamorphosen der Stärkekörner sämmtlich von dem diastatischen, von der Pelomyxa abgeschiedenen Enzym herrühren, ob nun Bakterien dabei waren oder nicht. Die einzelnen Körner der rohen Weizenstärke werden von der- selben Pelomyxa in einem sehr ungleichen Tempo angegriffen. Wird z. B. ein Individuum während !/, Stunde gefüttert und nach 24 Stun- den untersucht, so findet man viele Körner intakt, andere nur schwach angegriffen, d. h. von schmalen radialen Kanälehen durch- setzt oder stellenweise seicht ausgehöhlt, die übrigen aber in ver- schiedener Weise stark korrodirt, resp. bis auf einen kleinen, von einer Vacuole umgebenen Rest aufgezehrt. Die Intensität der Stärke- verdauung im Plasmaleibe der Pelomyxa steigt mit der Zeit, wie der folgende Versuch lehrt. Es wurden mehrere Individuen gleichzeitig 4 Stunden lang mit Weizenstärke gefüttert. Nach 41/, Stunden zeigte ein Exemplar die Mehrzahl der Stärkekörner unverändert und nur einen kleinen Bruchtheil derselben schwach angegriffen. Ein anderes Exemplar wurde nach 29 Stunden untersucht, wobei schon zahlreiche Korrosionen verschiedenartiger Beschaffenheit und Stärke zu Tage traten, während bei einem dritten Individuum nach 6 Tagen eine noch größere Anzahl der Stärkekörner in mannigfaltiger Weise schwach bis stark (bis auf bedeutend ausgenagte Reste) korrodirt, resp. ausgelaugt war. Bestimmte Körner der rohen Weizenstärke können jedoch lange Zeit im Plasmaleibe der Pelomyxa verharren, ohne angegriffen zu werden. Von einigen diesbezüglichen Beobachtungen führe ich den folgenden Versuch an. Am 21. November 1894 wurde mehreren In- dividuen der Pelomyxa während 24 Stunden Stärke zur Aufnahme seboten. Hierauf kamen die gefütterten Thiere in den bekannten großen Glasbehälter, worin sie isolirt und mit etwas Humus bedeckt am Boden eines kurzen Glasgefäßes längere Zeit zubrachten. Am Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 639 6. April 1895 wurde ein Exemplar herausgefischt und die Unter- suchung ergab, dass noch mehrere Stärkekörner völlig unversehrt geblieben sind, während die anderen mehr oder weniger stark an- gegriffen waren. | Im Vorhergehenden habe ich festgestellt, dass die Körner der rohen Weizenstärke im Leibe der Pelomyxa verdaut werden, und es entsteht die Frage, wie sich hierbei die Glanzkörper verhalten mögen. Darüber giebt der folgende Versuch Auskunft. Es wurde eine größere Auswahl von Pelomyxa-Individuen getroffen, deren Glanzkörper sämmt- lich erschöpft waren und maximal zwei Sechstel des Kerndurch- messers an Breite maßen. -Ein Theil der Exemplare kam in ein »kurzes« Glasgefäß mit Weizenstärke, der andere Theil in ein ähnliches Gefäß ohne Stärke und beide Gläschen wurden auf 24 Stunden in den »großen« Glasbehälter neben einander gestellt. Am Ende des Versuches ergab die mikroskopische Untersuchung aller Individuen folgendes Resultat. Die ohne Stärke separat gehaltenen Thiere ent- hielten vollkommen unveränderte Glanzkörper, während die mit Stärke gefütterten neben zahlreichen, zum Theil bereits angegriffenen Stärke- körnern schon stark vergrößerte, auf maximal fünf Sechstel des Kern- durchmessers angeschwollene und mit Inhalt erfüllte Glanzkörper führten. Aus dem angeführten Versuchsresultate ergiebt sich der zwin- sende Schluss, dass in Folge des Fütterns mit Stärke die gänzlich erschöpften Glanzkörper mit neuem Inhalt sich füllen, während Hand in Hand damit eine Vergrößerung der Hüllmembranen stattfindet. Zahlreiche andere, verschiedenartig modificirte Versuche (vgl. Taf. XLII, Figg. 19 und 21) hatten ausnahmslos denselben Ausgang. Es mag gleich hier die Bemerkung Platz finden, dass der durch Stärkefütte- rung erzielte Inhalt der Glanzkörper von demjenigen des frischen Standortmaterials nicht verschieden ist, wie die mikrochemische Prü- fung ergab. Es mögen noch der Einzelheiten halber die Ergebnisse einiger hierher gehöriger Versuche mitgetheilt werden. Bei solchen Pelo- myxa-Individuen, deren Glanzkörper erschöpft und im Maximum auf 1!1/, Sechstel des Kerndurchmessers reducirt waren, fand ich, dass nach 24stündiger Fütterung diese Körper in der Regel bis auf maxi- mal 5 Sechstel der Kernbreite sich vergrößert hatten. Bei anderen in gleicher Weise und eben so lang gefütterten Exemplaren war das anfängliche Volum der Glanzkörper von 2 Sechsteln auf 5 Sechstel des Kerndurchmessers gestiegen. Auch die bereits mit Inhalt 640 - Antonin Stole, gefüllten, mittelgroßen Glanzkörper pflegen nach der Fütterung mit Stärkemehl sich zu vergrößern, wie aus den folgenden Versuchen erhellen wird. Drei Pelomyxa-Individuen mit inhaltsreichen, die Kerne an Größe erreichenden Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit Stärke gefüttert. Nach Ablauf dieser Zeit ergab die Untersuchung, dass in zwei Individuen die maximale Größe der Glanzkörper auf 8 Sechstel, in dem dritten auf 9 Sechstel des Kerndurchmessers ge- stiegen ist. Bei einem ähnlichen Versuche kamen zwei Individuen zur Verwendung, beide mit inhaltsreichen, mittelgroßen Glanzkörpern. Nach 24stündigem Füttern mit Stärke fand ich, dass die maximale Breite der Glanzkörper in einem Falle von 7, im anderen von 10 Sechsteln auf 15 Sechstel des Kerndurchmessers gestiegen war. "Im Folgenden führe ich noch einige Versuche an, welche zu dem Zwecke angestellt wurden, um das Verhalten der Glanzkörper bei mehrtägiger Stärkeverdauung zu studiren. Ein Individuum, welches ursprünglich nur inhaltsfreie Glanzkörper höchstens von 2 Sechsteln des Kerndurchmessers besaß und während 24 Stunden Stärke aufge- nommen hatte, zeigte nach weiteren 2X 24 Stunden die ersteren mit Inhalt erfüllt und stark angeschwollen, die größten bis 10 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite messend. Ein anderes Individuum mit völlig erschöpften, höchstens 1!/, Sechsteln des Kerndurchmessers brei- ten Glanzkörpern, wurde ebenfalls 24 Stunden lang mit Stärke gefüttert, und nach 18 Tagen (von Beginn der Fütterung an gerechnet) erwies sich die Breite der größten Glanzkörper als derjenigen der Kerne ent- sprechend. Bei einem anderen in Betrff der Glanzkörper vollkommen gleichen Individuum haben sich die ersteren unter denselben Verhält- nissen auf 7 Sechstel des Kerndurchmessers vergrößert. Ich habe auch mit solchem Materiale Experimente angestellt, welches zuvor absicht- lich in Folge Nahrungsmangels zum Erschöpfen der Glanzkörper gezwungen (siehe den zweiten Theil dieser Abhandlung) und hierauf 24 Stunden lang mit Stärke gefüttert wurde. Überall fand ich am Ende der Versuche, dass die Glanzkörper unter Volumzunahme sich mit neuem Inhalt gefüllt hatten (vgl. Taf. XLII, Figsg. 20 und 22). In solchen Fällen, in denen die erschöpften Glanzkörper schließ- lich zu Gruppen verklebt wurden, fand ich dieselben nach 24stündiger Stärkefütterung stets noch agglutinirt, wenngleich mit Inhalt gefüllt und vergrößert. Durch besondere in Mehrzahl ausgeführte Versuche habe ich mieh von der Konstanz dieser Erscheinung überzeugen kön- nen. Am Ende dieser Abhandlung sind unter Anderem auch die einen solchen Versuch betreffenden Abbildungen beigefüst (vgl. Taf. XLII, Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 641 Fig. 19). Nach einer längeren Zeit jedoch treten die Glanzkörper wieder aus ihrem Verband, so dass z. B. bereits nach 48 Stunden dieselben, sowie auch die agglutinirten Kerne meist isolirt liegen welfaf. XL, Fig. 21). | Ich war auch bestrebt die Schnelligkeit zu ermitteln, mit welcher die Füllung der vorhin erschöpften Glanzkörper vor sich geht, wenn nämlich Stärke zur Aufnahme gelangt. Diesbezüglich fand ich, dass ein reichlich mit roher Weizenstärke gefüttertes Exemplar von Pelo- myxa schon nach 3 Stunden deutliche Füllung und Vergrößerung der Glanzkörper aufwies. Es sei noch Einiges über das Auftreten von Vacuolen um die eingeführten Stärkekörner erwähnt. Ich halte dafür, dass das Er- scheinen oder Nichterscheinen deutlicher Vacuolen an der Peripherie der Stärkekörmer von der in der Zeiteinheit auf Kosten der Stärke- substanz produeirten löslichen Stoffmenge abhängig ist. Denn un- versehrte Körner sind im Inneren der Pelomyxa vom Protoplasma dicht umgeben. Die mechanisch angegriffenen, z. B. verschiedenartig angebrochenen Stärkekörner dagegen sind in der Regel in Vacuolen eingeschlossen, was darin seine Erklärung findet, dass durch das Bloßlegen der inneren Stärkeschichten ein intensiveres Angreifen des Enzyms ermöglicht wird. Die durch Enzymwirkung angegriffenen Stärkekörner führen entweder keine Vacuolen an ihrer Peripherie oder sind von einer deutlichen Vacuole umgeben. Im ersteren Falle halte ich dafür, dass in der Zeiteinheit ein geringeres Quantum lös- licher Stoffe zur Produktion gelangte als im zweiten Falle, und dass diese geringe Menge im Momente ihrer Entstehung vom umgebenden Protoplasma resorbirt wurde, so dass zu einer Vacuolenbildung kein Anlass vorhanden war. Die Löslichkeit der Stärke kann gesteigert werden, wenn man die Stärkekörner (in unserem Falle Weizenstärke) durch Hitze aufquellen lässt oder indem man Stärkekleister daraus bereitet. Wird solehe aufgequollene oder in Kleister verwandelte Stärke, nachdem letztere vorher getrocknet und zu Pulver verrieben wurde, einem Pelomyxa-Individuum während 24 Stunden zur Aufnahme ge- boten, so findet man in dem Plasmakörper am Ende der 24. Stunde eine Menge gequollener Stärkekörner oder Kleisterfragmente, welche sämmtlich in je eine deutliche Vacuole eingeschlossen sind. Bei fortgesetzter Beobachtung zeigt sich dann, dass die genannten Körper an Volum abnehmen, indem Hand in Hand damit auch die Vaceuolen an Umfang verlieren. Schließlich finden sich in dem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 42 643 - Antonin Stole, Plasmakörper nur noch kleine, von dieht anliegenden Vaeuolen um- grenzte oder dem Plasma direkt eingebettete Stärkeüberreste, welche zuletzt von Jod nicht mehr gefärbt werden. Hier muss ich noch bemerken, dass die rohen Körner der Weizenstärke, selbst wenn sie durch die Thätigkeit des Enzyms im Leibe der Pelomyxa bis auf undeutliche Reste verdaut wurden, am Ende dennoch die für die Weizenstärke charakteristische Jodreaktion geben. Hierin zeigt sich eine Übereinstimmung mit den Beobachtungen von BARANETZKI über die Einwirkung der Diastase auf die rohen Weizenkörner, welche ein deutlicher Beweis dafür sind, dass sogar in den Überresten jene löslichere Stärkemodifikation vorhanden ist, von der die charakte- ristische Färbung der intakten Stärkekörner durch Jod abhängt. Aus der angeführten Beobachtung, welche das Verhalten der gequollenen und gekochten Stärke im Plasmakörper der Pelomyxa betrifft, lässt sich schließen, dass die auf diese Art veränderte Stärke daselbst verdaut wird. Davon geben auch die Veränderungen, die man an den Glanzkörpern beobachtet, sichere Auskunft. Es zeigt sich, dass eben so wie nach der mit roher Weizenstärke vorgenom- menen Fütterung auch nach der Einführung der gequollenen oder gekochten Stärke die vorhin erschöpften Glanzkörper unter Volum- zunahme mit Inhalt erfüllt werden, und dass auch die inhaltsreichen Glanzkörper noch an Umfang zunehmen können. Der Einzelheiten wegen führe ich im Folgenden drei solche Versuche an. 1) Drei Individuen mit erschöpften Glanzkörpern, deren Breite höchstens 21!/, Sechstel des Kerndurchmessers maß, wurden 24 Stun- den lang mit gekochter Weizenstärke gefüttert. Am Ende der 24. Stunde fand ich, dass die Glanzkörper nunmehr mit Inhalt erfüllt . waren und im Maximum 6!/, Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichten. | 2) Ein Individuum, welches vor dem Versuche mit aufgequollener Stärke gefüttert wurde, zeigt nach vollständiger Verdauung der letz- teren die Glanzkörper mit Inhalt gefüllt, und was die Breite betrifft, höchstens derjenigen der Kerne gleichkommend. Von Neuem mit gequollener Weizenstärke während 24 Stunden gefüttert, vergrößert die Pelomyxa ihre Glanzkörper auf 10 Sechstel des Kerndurchmessers im Maximum. 3) Ein Individuum mit erschöpften, höchstens 1!/, Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichenden Glanzkörpern wurde wie- derum 24 Stunden lang mit gekochter Weizenstärke gefüttert. Am Ende der Fütterung erschienen die Glanzkörper mit Inhalt erfüllt und Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc: 643 deren Größe entsprach im Maximum 4 Sechsteln der Kernbreite. Ein anderes Individuum von gleicher ursprünglicher Größe und Beschaffen- heit der Glanzkörper zeigte die letzteren nach 24stündiger Aufnahme von ungekochter Weizenstärke auf bloß 3 Sechstel des Kerndurch- messers vergrößert. Den letztgenannten zwei Versuchen lässt sich entnehmen, dass die aufgequollene oder gekochte Weizenstärke im Plasmaleibe unserer Pelomyxa intensiver verdaut wird als die rohe. Es war mir auch von Interesse zu untersuchen, wie sich die durch Gefrieren der Stärkelösung dargestellte Stärke hinsichtlich der Verdauung im Leibe der Pelomyxa verhalten würde. Zu dem Zwecke ließ ich die Stärke mit einem Überschuss von Wasser kochen, filtrirte die Lösung und setzte das Filtrat der Kältewirkung aus. Hierbei fielen mehr oder weniger zarte faserige Klumpen aus, welche den zu untersuchenden Pelomyxen zur Aufnahme verabreicht wurden. Um die Stärkefasern im Leibe der Pelomyxa besser zu erkennen, wurde die Stärkelösung vor dem Gefrieren mit etwas Lackmus-, Cureuma- oder Kongoroth-Farbstoff versetzt, so dass die beim Gefrieren sich niederschlagenden Klumpen violett (Lackmus), eitronengelb (Curcuma) oder roth (Kongoroth) erschienen. Die Fütterung dauerte wieder 24 Stunden lang, nach welcher Zeit die Durchmusterung der ge- fütterten Thiere vorgenommen wurde, um später noch von Zeit zu Zeit wiederholt zu werden. Ich fand die Stäbchen entweder ohne Vacuolen oder von deutlichen Vacuolen umgeben, welch’ letztere dann gewöhnlich der Gestalt der Stärkepartikel entsprechend ebenfalls langgezogene Formen besaßen. Ferner ergab die Beobachtung, dass die Fäden nach längerem Verbleib im Plasmaleibe sich verkleinern, abrunden oder verschmälern, wobei ihre Ränder nach und nach immer undeutlichere und verschwommenere Kontouren annehmen, bis schließ- lich nur noch minimale Überreste im Inneren der Pelomyxa sich nach- weisen lassen. Die Verdauung der auf solche Art veränderten Stärke in unseren Versuchen ergiebt sich übrigens auch aus der Beobachtung der Glanz- körper, welche, falls ursprünglich erschöpft, sich unter Vergrößerung ihres Umfanges mit neuem Inhalt füllten. Von den diesbezüglich semachten Versuchen führe ich den folgenden an. Drei Individuen mit erschöpften und höchstens 2 Sechstel des Kerndurchmessers breiten Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit gefrorener (mit Kongoroth gefärbter) Stärke gefüttert. Nach beendeter Aufnahme erschienen die 42* Da 644 - Antonin Stole, Glanzkörper mit Inhalt erfüllt und erreichten im Maximum 4 Seclistel der Kernbreite. Bei den die Verdauung der Weizenstärke im Leibe der Pelomyxa betreffenden Untersuchungen war es nebenbei auch erwünscht zu er- fahren, welche Reaktion bei diesem Processe zu herrschen pflegt, ob neutrale, sauere oder alkalische. Zu diesem Zwecke eignete sich _ die schon vorhin genannte Anwendung von passenden Indikatoren, wie Lackmus, Curcuma, Kongoroth. Mit diesen Farbstoffen wurde Weizenstärke gefärbt und diese dann dem zu untersuchenden Thiere zur Aufnahme geboten. Von Zeit zu Zeit habe ich dann zugesehen, ob und in wie weit sich die Reaktion verändert hatte. In einem Falle wurde der Versuch vom 13. November 1894 bis zum 6. April 1895 fortgesetzt, während welcher Zeit die betreffenden Versuchs- thiere dreimal frische Nahrung erhielten. Rohe Weizenstärke lässt sich zuweilen mit Kongoroth färben und da fand ich, dass einige der eingeführten gefärbten Stärkekörner in rothen Vaeuolen einge- schlossen waren, obzwar schen deutliche Spuren der Enzymwirkung an den ersteren sich konstatiren ließen. Sehr gut lässt sich die sequollene oder gekochte Stärke mit Kongoreth färben. Ich er- mittelte, dass die in den Plasmakörper von Pelomyxa eingeführten . gequollenen Stärkekörner oder Partikel gekochter Weizenstärke zu- erst in rothe Vacuolen eingeschlossen werden, welch’ letztere dann später eine violette Färbung annehmen. Eben so findet man die schließlich zurückbleibenden Stärkeüberreste, einerlei ob sie dem gequollenen oder gekochten Materiale entstammen, rothviolett sefärbt. Aufgequollene oder gekochte Stärke lässt sich auf die Dauer ziemlich gut mit Lackmus färben (ich wandte den durch Dialyse ge- reinigten Farbstoff an), wenn man sie nach der Färbung austrocknen lässt. Auch die durch Gefrieren einer Stärkelösung dargestellte Stärke lässt sich mit Lackmus färben, wie bereits oben angeführt wurde. Ich untersuchte das Verhalten der mit Lackmus gefärbten gequollenen und »gefrorenen« Stärke im Plasmaleibe der Pelomyxa und beobach- tete, dass in beiderlei Fällen die Stärkepartikel zuerst von violetten, dann rothen Vacuolen umgeben waren, und dass auch die zuerst violett gefärbten Partikel schließlich (deren Überreste) rothe Farbe angenommen haben. Es kam noch die mit Curcuma gefärbte, ge- frorene Stärke zur Verwendung, wobei sich herausstellte, dass die betreffenden Partikel dauernd gelb gefärbt blieben. Auf Grund der hier angeführten Beobachtungen schließe ich, Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 645 dass bei der Stärkeverdauung im Plasmaleibe der Pelomyxa die Reaktion zuerst neutral, dann sauer ist. Außer Weizenstärke habe ich noch andere Stärkesorten und zwar: Kartoffel-- Palmen- und Reis-Stärke zu Versuchen über die Verdauung im Protoplasma der Pelomyxa herangezogen. Die erst- senannten zwei Sorten gehören zu den excentrisch geschichteten Stärkearten, von denen (besonders von der Kartoffelstärke) bekannt ist, dass sie lange der Diastasewirkung widerstehen und selbst nach langer Behandlung mit einem passenden Enzym keine so charakte- ristischen Corrosionsformen annehmen, wie die koncentrisch gebauten Körner. In der That, als ich Pelomyxen die beiden Stärkearten während 24 Stunden aufnehmen ließ, konnte ich an den Stärke- körnern selbst nach mehrtägigem ja in einem Falle sogar mehr- monatlichem Verbleib (letzteres gilt von der Kartoffelstärke) keine sicheren Spuren von Corrosionen und dergleichen nachweisen, woraus auf eine Verdauung geschlossen werden könnte. Auch die Reisstärke ist den Enzymen gegenüber ziemlich. widerstandsfähig. Doch fand ich, dass die betreffenden Körner naeh längerem Aufenthalt im Plasma- leibe der Pelomyxa in charakteristischer Weise angegriffen werden, nämlich so, dass radial orientirte Kanälchen und centrale mit diesen in Verbindung stehende Hohlräume entstehen, also just dieselben Ver- änderungen, die man an Reisstärke künstlich durch Behandlung mit einer wirksamen Diastaselösung erzielen kann. Dass alle drei oben angeführten Stärkesorten im Leibe der Pelo- myxa dennoch verdaut werden, selbst wenn anscheinend keine Ver- änderungen sich an den Körnern wahrnehmen lassen, darüber giebt die Beobachtung der Glanzkörper unzweideutige Auskunft. Es mag dies unter Anderem an dem folgenden Versuche veranschaulicht wer- den. Ich habe eine Auswahl von zehn Pelomyxa-Individuen getroffen, welche insgesammt erschöpfte und höchstens 2 Sechstel des Kern- -durchmessers an Breite messende Glanzkörper enthielten. Zwei Exem- plare wurden 24 Stunden lang mit Kartoffelstärke, zwei mit Palmen- stärke und fünf mit Reisstärke (und zwar im rohen und aufgequollenen Zustande) gefüttert, während das zehnte Individuum zum Zwecke der Kontrolle ohne Stärke aber unter sonst gleichen Versuchsbe- dingungen gehalten wurde. Nach beendigter Fütterung waren die Glanzkörper bei Gegenwart von Stärke sämmtlich mit Inhalt erfüllt und vergrößert, bei Abwesenheit von Stärke (im Kontrollexemplare) unverändert. Die Dimensionen der ersteren waren folgende: bei 646 - Antonin Stole, Gegenwart von Kartoffelstärke höchstens 3, bei Anwesenheit der Pal- menstärke 4, bei Vorhandensein der Reisstärke höchstens 5 Sechstel des Kerndurchmessers. Wurde nun hierauf das Kontrollexemplar mit Reisstärke während 24 Stunden gefüttert, so füllten sich die Glanz- körper mit neuem Inhalt und der Durchmesser stieg höchstens auf 5 Sechstel des Kerndurchmessers. Die Stärkekörner der Kartoffel sind im Leibe der Pelomyxa srößtentheils dem Protoplasma direkt eingebettet. Ich zerrieb einmal Kartoffelstärke auf dem Objektträger und fütterte damit 24 Stunden lang 2 Pelomyxa-Individuen. Nach vollzogener Aufnahme fand ich, dass die unversehrten Körner keine Vacuolen an ihrer Peripherie besaßen, während die durch Zerreiben beschädigten größtentheils in deutliche Vacuolen eingeschlossen waren. Die Erklärung liegt auf der Hand, denn durch die Entblößung der inneren Schichten wurde offenbar das Angreifen des Enzyms erleichtert, so dass mehr Lösungs- produkte in der Zeiteinheit entstanden sind, als bei den intakten Körnern. Zum Überfluss habe ich noch die durch Jod sich roth färbende Modifikation der Kartoffelstärke! zu Verdauungsversuchen an Pelo- myxa verwandt. Ich erhielt diese Modifikation durch 2stündiges Kochen der rohen Stärke in 2°/,iger Schwefelsäure, Absetzenlassen, Filtriren und sorgfältiges Auswaschen der Stärkeüberreste mit Wasser. Mit den letzteren wurden 24 Stunden lang vier Pelomyxa-Individuen gefüttert, welche vorher erschöpfte, höchstens 2 Sechstel des Kern- durchmessers breite Glanzkörper enthielten. Am Ende der Fütterung ergab die Beobachtung, dass der Plasmaleib mit Stärkeüberresten angefüllt war, welche meist ohne Vacuolen im Protoplasma einge- bettet lagen. Die Glanzkörper aber haben sich inzwischen mit Inhalt ‚gefüllt und ihre Größe war auf 5 Sechstel des Kerndurchmessers gestiegen. Nach 6 weiteren Tagen wurden drei von den genannten Individuen nochmals untersucht. Die Zahl der mit Jod sich roth färbenden Überreste hatte während dieser Zeit abgenommen, die Glanzkörper jedoch hatten sich in ihrem Aussehen und Umfang nicht verändert. Aus dem Versuchserfolg ergiebt sich der zwingende Schluss, dass auch die mit Jodlösungen roth färbbare Stärkesubstanz (hier aus Kartoffelstärke dargestellt) im Plasmaleibe der Pelomyxa verdaut wird. ! Die sog. Stärkereste oder Stärkeskelette, die nach A. MEYER hauptsäch- lich aus @--Amylose bestehen. Vgl. A. MEyER, Untersuchungen über die Stärke- körner. Jena 1895. 'p. 214. Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 647 Nach der Erledigung der Stärkeverdauung, trat ich an die Frage heran, in wie weit das nahe verwandte Kohlenhydrat, nämlich Cellu- lose, im Leibe der Pelomyxa verdaut werden könnte. Bei meinen Zimmerkulturen des genannten Organismus fiel mir auf, dass in dem sroßen, für Dauerkultur bestimmten Gefäße die darin befindlichen Pelomyxen mit Vorliebe auf dem sich zersetzenden Filtrirpapier oder Baumwolle sich aufhielten. Letztere Stoffe wurden absichtlich in das Gefäß hineingebracht, da es mir darauf ankam die natürlichen Verhältnisse der Pfützen des Standorts am Ladvı nächst Prag, in denen cellulosehaltige Pflanzenreste in Menge der Verwesung anheim- fallen, womöglich treu nachzuahmen. Die auf Papier oder Baum- wolle sich ansammelnden Pelomyxen enthielten, wie die mikrosko- pische Untersuchung ergab, eine Unmasse von Üellulosefasern, so dass andere Nahrungskörper dagegen fast in den Hintergrund traten. Hierbei erwiesen sich die Glanzkörper stets mit Inhalt erfüllt und sewöhnlich von sehr großen Dimensionen. Sofort stieg in mir der Gedanke auf, dass diese konstanten Verhältnisse der Glanzkörper in einem causalen Verhältnis mit der Verdauung der Üellulosefasern im Leibe der Pelomyxa stehen dürften und desshalb trat ich unverzüg- lich an die entscheidenden Versuche heran. Ich ließ Cellulosefasern aus chemisch reiner Baumwolle, aus Filtrirpapier oder aus Holz- cellulose von Pelomyxen aufnehmen. Nach längerer Zeit erschien der Plasmaleib mit diesen Fasern vollgestopft, doch von. irgend welchen Veränderungen war an diesen selbst nach längerem Aufenthalt im Protoplasma keine Spur zu entdecken. Werden die Fasern vor der Aufnahme mit Kongoroth gefärbt, so lässt sich konstatiren, dass ein- zelne Cellulosefasern in rothen Vacuolen eingeschlossen sind, was deutlich dafür spricht, dass die Fasern im Plasmaleibe der Pelomyxa gelöst werden. Dass die Lösungsprodukte aber thatsächlich auch assimilirt werden, darüber sollen die folgenden Versuche Auskunft geben. 1) Ein Pelomyxa-Individuum mit vollständig erschöpften, höch- stens 2 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichenden Glanz- körpern wurde 8 Tage lang in einem kleinen, »langen« Glasgefäße mit Cellulosefasern aus Baumwolle und Filtrirpapier gefüttert. Nach dieser Zeit enthielt der Plasmakörper eine Unmasse von Üellulose- fasern, während die Glanzkörper mit Inhalt gefüllt und auf 5 Sechstel des Kerndurchmessers im Maximum gewachsen waren. 2) Ein Pelomyxa-Individuum, nahrungsfrei und mit gänzlich er- schöpften Glanzkörpern von 2 Sechsteln des Kerndurehmessers, wurde 648 Antonin Stole, 4 Tage lang in einem kleinen, »langen« Glasgefäße mit Cellulose- fasern von chemisch reiner Baumwolle gefüttert. Die Untersuchung ergab hierauf, dass der Körper so zu sagen mit Cellulosefasern voll- gestopft erschien, während die Glanzkörper mit Inhalt erfüllt waren und höchstens 5 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite maßen. 3) Zwei Individuen, fast ohne Nahrungsreste und mit gänzlich ‚erschöpften Glanzkörpern von höchstens 2 Sechsteln des Kerndurch- messers, wurden in dem kleinen, »langen« Gläschen mit Cellulose- fasern aus chemisch reiner Baumwolle binnen 24 Stunden gefüttert. Die Untersuchung ergab hierauf, dass das Innere des Plasmaleibes von Cellulosefasern durchsetzt war und dass die Glanzkörper nun- mehr Inhalt führten und im Maximum 3 Sechsteln des Kerndurch- messers an Breite entsprachen. 4) Drei Pelomyxa-Individuen mit erschöpften, maximal 2 Sechstel des Kerndurchmessers breiten Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit Cellulosefasern aus Filtrirpapier gefüttert. Der Plasmaleib enthielt nach der Fütterung eine Masse von Fasern und bereits mit Inhalt er- füllte Slanzkörper, deren Breite 3 Sechsteln der Kernbreite entsprach. 5) Ein Pelomyxa-Individuum mit nicht erschöpften, höchstens 3 Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurde 24 Stunden lang mit Cellulosefasern aus chemisch reiner Baumwolle ‚gefüttert. Abweichend von anderen Versuchen habe ich hier das »lange« Isolirungsgefäß nicht unter Wasser des großen Kulturbehäl- ters gesetzt, sondern für sich allem aufgestellt. Nach der Fütterung erschien der Plasmaleib mit Cellulosefasern und mit Glanzkörpern von doppelter Größe angefüllt. 6) Ein großes Pelomyxa-Individuum mit erschöpften, im Maxi- mum 2 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichenden Glanz- körpern wurde halbirt. Die eine Hälfte ließ ich während 24 Stun- den Cellulosefasern aus chemisch reiner Baumwolle aufnehmen, die andere blieb unter denselben Bedingungen der Kultur, jedoch ohne Nahrung. (Es kamen wieder zwei Isolirungsgläschen zur Verwen- dung, welche in dem bekannten großen Kulturgefäße neben einander stehend untergetaucht wurden.) Die gefütterte Hälfte zeigte eine Menge von Cellulosefasern in ihrem Plasmaleibe und die Glanzkörper mit Inhalt erfüllt, 3 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite messend. Die andere, nicht gefütterte Hälfte ließ keine Veränderung an den Glanzkörpern wahrnehmen. () Zwei Individuen, das eine mit erschöpften, höchstens 2 Sechstel des Kerndurehmessers breiten Glanzkörpern, das andere mit nur par- Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 649 tiell erschöpften, im Maximum 3 Sechsteln der Kernbreite entspre- chenden Glanzkörpern, wurden halbirt. Je eine Hälfte der beiden Individuen bekam während 24 Stunden Cellulosefasern zur Aufnahme, die anderen zwei Hälften blieben ohne Nahrung. Zur Isolirung dienten zwei »lange« Gläschen, von denen vorher eins mit Cellulosefäsern beschickt wurde. Beide Gläschen mit je zwei Pelomyxa-Hälften wur- den in dem sroßen Kulturgefäß untergetaucht und neben einander aufgestellt, um die Versuchsbedingungen womöglich gleich zu halten. Nach 24 Stunden (von dem Beginn der Aufnahme ab gerechnet) ent- hielten die gefütterten Hälften eine Masse von Cellulosefasern in ihrem Plasmaleibe, daneben aber mit Inhalt erfüllte, bereits ver- srößerte Glanzkörper. Bei der Hälfte des ersten Individuums waren letztere 3 Sechstel, bei der des zweiten 5 Sechstel des Kerndurch- messers breit. Die nicht gefütterten Hälften dagegen besaßen voll- kommen unveränderte Glanzkörper. Ich ließ hierauf von den beiden Kontrollhälften Cellulosefasern derselben Provenienz wie früher auf- nehmen. Nach 27stündiger Fütterung enthielten die Plasmaleiber eine Menge von Fasern und bei beiden erschienen mit Inhalt erfüllte, deutlich vergrößerte Glanzkörper. Diejenigen der ersten Peloniyxa- hälfte hatten im Maximum 5, diejenigen der zweiten 5 Sechstel des Kerndurchmessers. 8) Zwei Individuen mit erschöpften, höchstens 2 Sechstel der Kernbreite erreichenden Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit Fasern von Holzcellulose gefüttert. Die letzteren wurden reichlich aufgenommen, wie die Untersuchung am Ende der 24. Stunde ergab, zugleich aber erschienen die Glanzkörper mit neuem Inhalt erfüllt, 8 Sechstel der Kernbreite erreichend. Die Fütterung mit Holzcellu- lose habe ich sodann 7 Tage lang fortgesetzt. Nach dieser Zeit fand ich, dass die Breite der Glanzkörper bedeutend zugenommen hat, in- dem sie im Maximum 12 Sechstel des Kerndurchmessers erreichte. Aus den angeführten Versuchen muss geschlossen werden, dass in Folge der Cellulosefütterung die Glanzkörper mit Inhalt sich füllen und an Umfang zunehmen, dass somit Cellulose im Plasmaleibe der Pelomyxa der Verdauung anheimfällt. Ich war auch bestrebt verschiedene im Wasser lösliche Kohlen- hydrate, insbesondere Zuckerarten und Glykogen, in das Innere der Pelomyxa einzuführen, um die Assimilationsfähigkeit dieser Stoffe zu untersuchen. Zu diesem Zwecke habe ich eine Reihe von Versuchen angestellt, welche sämmtlich dahinausliefen, die mechanische Auf- 650 „Antonin Stole, nahme der so überaus löslichen Körper auf irgend welche Weise durch Kunstgriffe dennoch zu veranlassen. Ich nahm pulverisirte, mit Zucekerlösungen und dergleichen getränkte Thierkohle, schloss die löslichen Partikel in Kollodiumhaut ein etc. . Die betreffenden Versuche waren aber von unsicheren Resultaten begleitet, so dass ich von dem weiteren Vervollkommnen der Methoden Abstand ge- nommen habe. Ich fiel sodann auf die Idee, die mit einem indiffe- renten Stoffe chemisch gebundenen Zuckerarten, wie es bei den Gly- kosiden häufig der Fall zu sein pflegt, zur Aufnahme zu verwenden. Ich nahm meine Zuflucht zum Coniferin, von dem sich ja voraus- setzen ließ, dass die eine Komponente, nämlich der Coniferylalkohol für den Organismus der Pelomyxa unschädlich sein dürfte. Die Wahl fiel auch desshalb auf Coniferin, weil dieses im Vergleiche mit anderen zu ähnlichen Experimenten ebenfalls tauglichen Glykosiden relativ schwerer löslich ist. Die Fütterung geschah in den »schmalen« Isolirungsgläschen. Letztere wurden mit dem Schlammwasser (des großen Kulturgefäßes) sefüllt, hierauf die Versuchsthiere eingeführt und Coniferinkrystalle eingeschüttet. Um die Lösung des Coniferins womöglich hintanzu- halten, fügte ich obendrein noch eine Schicht von indifferentem Humus oder von Thierkohlenpulver hinzu. Schließlich stellte ich das kleine Gefäß auf eine bestimmte Zeit unter den Wasserspiegel des sroßen Kulturgefäßes. Von den so angestellten Versuchen führe ich die folgenden an (vgl. auch Taf. XLII, Figg. 23 u. 24). 1) Drei Individuen mit erschöpften, höchstens 2, in einem Fall 21/,, Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichenden Glanzkörpern blieben 24 Stunden lang mit Coniferinkryställchen in Berührung. Nach dieser Zeit ergab die Untersuchung, dass bei den ersten zwei Individuen keine Aufnahme stattgefunden, wohl aber bei dem dritten, dessen Protoplasma zahlreiche Coniferinkrystalle, theils ohne deut- liche Vacuolen, theils in solche eingeschlossen, führte. Zugleich wurde konstatirt, dass die Glanzkörper nunmehr mit Inhalt angefüllt waren und im Maximum 3 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichten. Isolirt und im großen Gefäße weitere zwei Tage ohne Nahrung sich selbst überlassen zeigte dasselbe Individuum noch zahl- reiche Coniferinkrystalle in seinem Inneren, letztere sämmtlich von Vacuolen umgeben mit deutlichen Spuren der Auflösung, daneben aber auch viele Vacuolen mit nur noch flüssigem Inhalt, in denen offenbar die Krystalle sich total gelöst hatten. Zu dieser Zeit waren die Glanzkörper noch mehr vergrößert, indem die größten 5 Sechstel des Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 651 Kerndurchmessers erreichten. Nach weiteren 9 Tagen war keine Spur von Coniferinkryställchen im Plasmaleibe mehr nachzuweisen und auch die Glanzkörper waren bereits. kleiner, nämlich höchstens 4 Sechstel des Kerndurchmessers breit. 2) Zwei Individuen mit völlig erschöpften, im Maximum 2 Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit Coniferinkryställchen in Berührung gelassen. Hierauf unter- sucht erscheinen sie mit letzteren (ohne deutliche Vaecuolen) fast voll- sepfropft und führen jetzt mit Inhalt erfüllte, im Maximum 4 Sechstel des Kerndurchmessers erreichende Glanzkörper. Die beiden Indivi- duen werden hierauf isolirt, und weitere zwei Tage ohne Nahrung sich selbst überlassen. Am Ende des zweiten Tages erreichen die Glanzkörper im Maximum 5 Sechstel des Kerndurchmessers; Kıy- ställchen sind noch vorhanden und sämmtlich in Vacuolen einge- schlossen. Bei einem Individuum hat die Zahl der Kryställchen in srößerem Maße abgenommen, als bei dem anderen. 3) Ein großes Pelomyxa-Individuum mit erschöpften Glanzkör- pern von 21/, Sechsteln des Kerndurchmessers wurde in zwei Hälften zerschnitten. Die eine Hälfte kam in ein Gläschen mit Coniferin und etwas Humus, die andere in ein gleiches Gefäß ohne Coniferin, aber mit demselben Quantum Humus. Beide Gläschen wurden in dem bekannten großen Wasserbehälter untergetaucht. Nach 24 Stun- den wurde die Aufnahme von Coniferin unterbrochen, indem der eoniferinhaltise Humus gegen reinen ausgetauscht wurde. Nach Ver- lauf von weiteren 2 Tagen ergab die Untersuchung Folgendes. Die erste Hälfte enthält nur unbedeutende Nahrungsreste, dafür aber von Vaeuolen umgebene Coniferinkrystalle, ferner mit Lösungsprodukten erfüllte, sonst aber leere oder mit körnigen Anhäufungen versehene Vacuolen, und schließlich mit Inhalt erfüllte, im Maximum 5 Sechstel des Kerndurchmessers erreichende Glanzkörper. Die andere Hälfte hat sich inzwischen in zwei selbständige Tochterindividuen getheilt. Beide sind fast nahrungsfrei, enthalten nur wenig Humus in ihrem Leibe und führen, was die Beschaffenheit und Größe betrifft, voll- kommen unveränderte Glanzkörper. 4) Ein großes Individuum, fast nahrungsfrei und mit erschöpften, im Maximum den Kernen an Breite gleichenden Glanzkörpern wurde in vier Stücke getheilt. Zwei kamen in ein »schmales« Gläschen mit Coniferinkryställchen und Thierkohlenpulver, die beiden anderen in ein ähnliches Gläschen mit Thierkohle allein. Beide Gläschen wurden auf 24 Stunden in das »große« Kulturgefäß neben einander 652 | Ss Antonin Stole, eingetaucht. Hierauf untersucht, zeigen die beiden erstgenannten Theilstücke in ihrem Inneren nebst wenigen Thierkohlenpartikeln überaus zahlreiche Coniferinkryställchen, letztere sämmtlich in Va- cuolen eingebettet, daneben jedoch mit Inhalt erfüllte, vergrößerte Glanzkörper von höchstens 8 Sechsteln des Kerndurchmessers. Die beiden anderen Theilstücke haben sich während des Versuches zu einem Körper vereinigt, führten ein wenig Thierkohle, aber gänzlich unveränderte Glanzkörper in ihrem Plasmaleibe. 5) Ein großes Individuum mit unbedeutenden Nahrungsresten und nicht erschöpften, höchstens 2 Sechstel des Kerndurchmessers er- reichenden Glanzkörpern wurde halbirt. Die eine Hälfte kam in ein »schmales« Gläschen mit Coniferin und Humus, die andere in ein »langes« Gläschen mit Humus allein. Beide Gläschen wurden hierauf in den »großen« Behälter eingeführt und daselbst 24 Stunden lang in submerser Stellung neben einander gehalten. Nach dieser Zeit ergab die Untersuchung, dass der Plasmaleib der ersten Hälfte von zahlreichen Coniferinkryställchen (bis dahin ohne Vacuolen) durchsetzt war, und dass die Glanzkörper an Umfang zugenommen haben, indem die größten 4 Sechsteln des Kerndurchmessers entsprachen. Die andere Hälfte dagegen enthielt neben ein wenig Humus und der diesem entnommenen minimalen Nahrung Glanzkörper von maximal fast 3 Sechsteln des Kerndurchmessers, also nicht so stark vergrößert, als im ersten Falle. Hierauf wurden beide Hälften ohne Nahrung jede für sich in je einem langen Gläschen isolirt und letztere wieder in das große Kulturbecken eingetaucht. Nach weiteren 2 Tagen fand abermals die Durchmusterung statt, welche folgende Resultate ergab. Die erste Hälfte führt noch zahlreiche, sämmtlich von Vacuolen um- srenzte Coniferinkryställchen und noch mehr vergrößerte, im Maximum 5 Sechstel des Kerndurchmessers erreichende Glanzkörper, die andere dagegen hat letztere vollkommen unverändert und besitzt außerdem noch etliche Humustheilchen nebst einigen Baumwollfasern. 6) Ein anderes Individuum von beträchtlicher Größe enthält völlig erschöpfte Glanzkörper von zweierlei Dimensionen: die einen in Mehrzahl vorhandenen von höchstens 2!/,, die anderen von 3 Sechsteln des Kerndurchmessers. Dieses Individuum wurde in zwei Hälften getheilt; die eine kam in ein Gefäß mit Coniferin und Humus, die andere in ein ähnliches Gefäß mit Humus allein. Die beiden Gläs- chen wurden wieder in der bekannten Weise in das große Kultur- gefäß gestellt, wo sie 24 Stunden verharrten. Nach Verlauf dieser Zeit ergab die Untersuchung beider Fälle Folgendes. Die erste Hälfte Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 693 ist mit Coniferinkryställchen so zu sagen vollgepfropft, hat sämmt- liehe Glanzkörper mit Inhalt erfüllt und wiederum von zweierlei Größe, die kleineren, in Mehrzahl vorhandenen, von 3 Sechsteln des Kerndurchmessers, die größeren, spärlichen etwas größer als die Kerne. Die andere Hälfte enthält nebst Spuren von Nahrungsresten nur vollkommen unveränderte Glanzkörper. Aus den angeführten Versuchsresultaten erhellt, dass die Fütte- rung mit Coniferin an erschöpften Glanzkörpern stets eine Füllung mit Inhalt nebst einer Vergrößerung derselben zur Folge hat, und dass auch die bereits mit Inhalt versehenen Körper bei Verabreichung von Coniferin an Umfang zunehmen können. . Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass das Coniferin im Leibe der Pelomyxa assimi- lirt wird, indem höchstwahrscheinlich durch die Einwirkung eines dem Emulsin ähnlichen Enzyms eine Spaltung des Ooniferins herbei- seführt wird, so dass Coniferylalkohol und Glykose entsteht, welch letztere vom Protoplasma aufgenommen und in Glykogen überführt wird. Im Schlamme der pelomyxahaltigen Pfützen finden sich häufig isolirte Holzfasern u. dgl. vor, welche durch Maceration verschiedener Pflanzentheile (Laubblätter, Coniferennadeln etc.) entstanden sind. Da die verholzten Elemente der Pflanze unter Anderem auch Coniferin enthalten sollen, so ist die Annahme wahrscheinlich, dass dieses auch unter natürlichen Verhältnissen gleichzeitig mit der Cellulosever- _ dauung ein oder das andere Mal von der Pelomyxa verarbeitet wird. B. Eiweißartige Stoffe und Glykogen. Ich prüfte eine ganze Reihe von eiweißartigen Substanzen, welche ich von Pelomyxen aufnehmen ließ, um zu erfahren, in wie weit denselben ein Einfluss auf die Bildung der Glanzkörper zukommt oder nicht. Im Folgenden mögen die Versuche und deren Resultate je nach den zur Prüfung gelangten Stoffen angeführt werden. 1) Eieralbumin, durch Hitze koagulirt. Ich führte eine lange Reihe von Versuchen aus, indem ich die betreffenden Ver- suchsthiere mit pulverisirtem Albumin 24 Stunden lang oder noch länger fütterte. Die nach 24 Stunden oder in späteren Zeitabschnitten ausgeführte Beobachtung ergab, dass um die stets reichlich aufgenom- menen Partikel Vacuolen entstehen, indem das von ihnen einge- schlossene Albumin unter Volumabnahme nach und nach aufgelöst wird, dass aber hierbei die Glanzkörper unverändert bleiben. Von den stets von dem gleichen Erfolge begleiteten Versuchen führe ich folgende an. 654 - Antonin Stole, a. Ein Individuum mit erschöpften, höchstens 3 Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurde 24 Stunden lang mit Albumin gefüttert. Hierauf untersucht, zeigt es im Plasmaleibe sehr zahlreiche Albumintheilchen eingeschlossen, doch an den Glanz- körpern lässt sich keine Veränderung wahrnehmen. b. Ein großes Individuum mit erschöpften, im Maximum 2 Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurde 48 Stunden mit Albumin gefüttert. Letzteres erscheint bei der hierauf stattge- fundenen Durchmusterung in großer Menge im Plasmakörper einge- schlossen und größtentheils von Vacuolen umgeben, dagesen aber erweisen sich die Glanzkörper als vollständig unverändert. Das In- dividuum wird weiterhin isolirt und ohne Nahrungszufuhr 5 Tage lang sich selbst überlassen. Von Neuem angesehen, zeigt es zahl- reiche, große Vacuolen, in denen noch Überreste von dem aufgenom- menen Albumin sich vorfinden; an den Glanzkörpern jedoch lassen sich keine Veränderungen wahrnehmen. c. Ein Individuum, dessen Glanzkörper erschöpft sind und höch- stens 2 Sechstel des Kerndurchmessers erreichen, wird 8 Tage lang mit Albumin gefüttert. Hierauf untersucht, zeigt es zahlreiche von Vaeuolen umgebene Eiweißpartikel im Plasmakörper, doch keine Spur von Veränderungen an den Glanzkörpern. Es wird sodann mit Stärke gefüttert und nach 24stündiger Aufnahme untersucht. Jetzt sind die Glanzkörper mit Inhalt gefüllt und vergrößert, indem die größten 5 Sechstel des Kerndurchmessers erreichen. d. Zwei Individuen wurde während 24 Stunden Albumin zur Aufnahme verabreicht. Nach weiteren 24 Stunden, während welcher Zeit keine Nahrung mehr in den Plasmakörper gelangen konnte, fand die Durehmusterung statt. Im Inneren der Thiere befinden sich zwar zahlreiche Eiweißtheilchen, aber die. Glanzkörper sind unver- ändert. Nach Verlauf von 10 Tagen und bei Mangel jeglicher Nah- rungszufuhr erscheinen die früher eingeführten Albumintheilchen in Vacuolen eingeschlossen, aber die Glanzkörper sind unverändert. 2) Krystallisirtes Globulin = Pflanzenvitellin (bezogen von Dr. GrÜBLER in Leipzig). Ein Versuch mit dieser Substanz hat das- selbe Resultat geliefert, wie die Versuche mit Eieralbumin. Er sei in dem Folgenden angeführt. Fünf Individuen, darunter zwei große und drei kleine, mit erschöpften, höchstens 2, resp. 3 Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern, wurden 24 Stunden lang mit Globulin gefüttert und hierauf untersucht. Zwei Individuen sind im Verlaufe des Versuches zu einem Exemplar verschmolzen, 4 Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 655 alle führen zahlreiche Globulinkryställehen, doch überall blieben die Glanzkörper unverändert. Sämmtliche vier Thiere wurden hierauf isolirt und, nachdem ein wenig Humus zugesetzt wurde, erst in 4 Tagen untersucht. Hierbei zeigt sich der Plasmakörper mit Globu- linkryställchen angefüllt, enthält sonst fast keine andere Nahrung mehr, während die Glanzkörper unverändert erscheinen. Nach weiteren 10 Tagen sind noch zahlreiche Kryställchen im Inneren der Pelomyxen enthalten, wie die Untersuchung von drei Exemplaren ergab, jedoch von Vaeuolen umgeben und mit deutlichen Spuren der Auflösung, wie man nach den abgestumpften Kanten und ausgefressenen Flächen zu urtheilen vermag. Die Glanzkörper dagegen haben sich nicht verändert. | 3) Fibrin. Der Versuch mit Fibrin ist nicht anders ausgefallen als diejenigen mit Albumin und Globulin. Im Nachstehenden sind die betreffenden Details angeführt. Vier Individuen mit erschöpften, 11/, Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurden 24 Stunden lang mit pulverisirtem Fibrin gefüttert. Hierauf unter- sucht, zeigen sie in ihrem Inneren zahlreiche, theils in Vacuolen eingeschlossene Fibrintheilchen, dagegen aber völlig unveränderte Glanzkörper. Nach 5 Tagen isolirter Kultur wurde abermals die Durchmusterung vorgenommen, welche (bloß an einem Individuum) Folgendes ergab. Die Fibrinpartikel ließen sich immer noch im Plasmakörper unterscheiden, aber die Glanzkörper waren überall un- verändert. Dasselbe fand ich, was den letzten Punkt betrifit, an einem Individuum, welches weitere 7 Tage sich selbst überlassen wurde. Hier waren bereits die meisten Fibrinpartikel verschwunden, während die Glanzkörper keine Veränderung erfahren haben. 4) Kasein. Auch hier waren die Versuchsergebnisse nicht an- ders, als bei den vorhin genannten Körpern. Es mag hier der fol- gende Versuch angeführt werden. Einige Individuen mit erschöpften, im Maximum 1!/, Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanz- körpern, wurden 24 Stunden lang mit Kasein gefüttert. Hierauf untersucht, zeigen sie im Plasmakörper zahlreiche Kaseintheilchen eingeschlossen und sämmtlich von Vacuolen umgeben, dagegen die Glanzkörper unverändert. Die Fütterung mit Kasein wird hierauf 4 Tage lang fortgesetzt. Am Ende dieses Zeitraumes finden sich neben den mit Vacuolen umgebenen Kaseintheilchen gänzlich unveränderte Glanzkörper, wie die Untersuchung von zwei Individuen ergab. Von den letzteren wurde jetzt ein Exemplar zur Stärkefütterung verwendet. Nach 24stündiger Aufnahme erschien der Plasmaleib mit Stärke - 656 x Antonin Stole, beladen, die Glanzkörper aber mit Inhalt angefüllt und von höchstens 5 Sechsteln des Kerndurchmessers. Die anderen Individuen wurden durch 7 Tage mit Kasein gefüttert. Wie die Untersuchung eines Exemplars ergab, haben inzwischen die Glanzkörper keine Verände- rung erfahren, obzwar eine Anzahl Kaseinbrocken, sämmtlich in Va- cuolen eingeschlossen, im Plasmakörper vorhanden war. Die Fütterung mit Kasein wurde hierauf noch auf weitere 5 Tage ausgedehnt, doch mit demselben negativen Erfolg. Trotz der Anwesenheit von Kasein- theilchen im Plasmaleibe, welche, in Vacuolen eingeschlossen, sicht- lich aufgelöst wurden, hat sich an den Glanzkörpern nichts verändert. 9) Nuclein (von Dr. GRÜBLER bezogen). Die Versuche mit Nuclein waren von ähnlichen Resultaten begleitet wie im vorgehen- den Falle. Ein Beispiel mag dies illustriren. Drei Individuen mit erschöpften, höchstens 2 Sechstel der Kernbreite messenden Glanz- körpern wurden durch 24 Stunden mit Nuclein gefüttert. Nach voll- zogener Aufnahme erscheint der Plasmaleib mit Theilchen und größeren Krumen des Nucleins angestopft, doch an den Glanzkörpern lässt sich keine Veränderung wahrnehmen. Die Fütterung mit Nuclein wird sodann auf weitere 5 Tage ausgedehnt und nach Verlauf dieser Zeit ergiebt die Beobachtung eines Individuums Folgendes. Der Plasmaleib führt eine Unmasse von Nuclein, darunter größere Par- tikel zum Theil von Vacuolen umgeben, dageen aber völlig unver- änderte Glanzkörper. 6) Gelatine. Diese wurde im heißen Wasser aufgelöst und mit Gerbsäure ausgefäll. Mit den so erhaltenen Partikeln kamen drei Pelomyxa-Individuen in Berührung. Zwei größere Exemplare be- saßen mit Inhalt erfüllte, im Maximum 3 Sechstel des Kerndurch- messers erreichende Glanzkörper, das dritte (kleinere) war in so fern verschieden, als es etwas größere, im Maximum 4 Sechstel des Kern- durehmessers erreichende Glanzkörper führte. Nach 24stündiger Fütterung ergab die Untersuchung, dass alle drei Individuen eine Anzahl von Gelatinepartikeln, fast sämmtlich im Protoplasma ein- sehettet, enthielten, während die Glanzkörper unverändertes Aussehen und dieselbe Größe zeigten wie früher. Es wurden hierauf die be- treffenden Versuchsthiere mit etwas Humus, jedoch ohne Zuthat von Gelatine, auf 4 Tage sich selbst überlassen. Mikroskopische Prüfung ergab folgendes Resultat. Die früher eingeführten Gelatinetheilchen sind röthlich und größtentheils in Vacuolen eingeschlossen, die Glanz- körper dagegen unverändert. Diese Beobachtung bezieht sich nur auf die zwei ersteren Individuen, denn das dritte hat so viel Humus Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 657 aufgenommen, dass die Größenverhältnisse der Glanzkörper mit Sicher- heit nicht bestimmt werden konnten. Nach weiterer, durch 6 Tage fortgesetzter Kultur bei Abwesenheit von Humus und ohne Zuthat von Nahrung fand ich abermals (bei zwei Individuen) die Glanzkörper unverändert, obzwar sämmtliche Gelatinetheilchen bereits in Vacuolen eingeschlossen waren. Die Gelatine wird also sichtlich aufgelöst, wie aus dem weiteren Versuchsverlaufe noch besser erhellt. Denn nach weiteren 16 Tagen fanden sich im Inneren der Pelomyxa nur noch wenige Gelatinepartikel vor; diese waren sämmtlich in Vacuolen ein- geschlossen und meist von minimalen Dimensionen. Auch bei dieser Gelegenheit ließ sich keine wesentliche Veränderung an den Glanz- körpern wahrnehmen. Diese Angaben gelten für ein . einziges Indi- viduum, welches am Ende der l6tägisen Kultur noch am Leben blieb. Der zuletzt als Zuthat angewandte nahrungsarme Humus wurde hierauf gegen einen frischen, allerlei Nährkörper enthaltenden aus- getauscht. Nach 15 Tagen erscheint das letzte Versuchsthier frei von Gelatinetheilchen, dafür aber vollgestopft mit verschiedenen Nähr- stoffen. Es enthält jetzt vergrößerte Glanzkörper, deren Durchmesser im Maximum demjenigen der Kerne gleichkommt. Das Thier wird zuletzt noch einmal und zwar mit Weizenstärke 24 Stunden lang ge- füttert und sofort untersucht. Die Glanzkörper haben noch an Volum zugenommen, indem die größten bereits 3 Sechstel des Kerndurch- messers erreicht hatten. Die angeführten Versuche mit Eiweißkörpern zeigen, dass nach 24stündigem oder längerem Füttern mit diesen Stoffen die im Plasma- körper der Pelomyxa enthaltenen Glanzkörper keine Veränderung erleiden. Es unterbleibt also an den letzteren speciell die sonst bei anderer Fütterungsweise beobachtete Füllung mit Inhalt, welche ja ihrerseits wieder zur Vergrößerung der Hüllmembranen Anlass giebt. Daraus ist aber keineswegs die Folgerung zu ziehen, als ob auf Kosten der gelösten Eiweißstoffe kein Glykogen im Plasmakörper der Pelomyxa enistünde, nur so viel lässt sich behaupten, dass kein Überschuss an Glykogen gebildet wird, der sonst in den Glanzkör- pern sich anzusammeln pflegt. Nachdem ich bewiesen hatte, dass koagulirtes Eiweiß nach 24- stündigem oder selbst längerem Verbleib im Plasmaleibe der Pelo- myxa kein Ansammeln des Glykogens in den erschöpften Glanzkör- pern verursacht, machte ich den Versuch, Glykogen an koagulirtes Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXVIII. Bd. 43 h 658 - > Antonin Stole, Albumin zu binden und dieses von den betreffenden Versuchsthieren aufnehmen zu lassen. Zu diesem Zwecke wurde im flüssigen Hühner- eiweiß eine große Menge von Glykogen aufgelöst, das Eiweiß durch Hitze zum Erstarren gebracht und nach dem Austrocknenlassen pul- verisirt. Ein so präparirtes Eiweißmaterial wurde zu folgenden zwei Versuchen verwendet (vgl. auch Taf. XLII, Fig. 25). 1) Ein großes Individuum mit erschöpften Glanzkörpern, deren Größe höchstens diejenige der Kerne ein wenig übertraf, wurde in zwei Hälften zerschnitten. Die eine kam in ein »schmales« Gläschen mit Glykogen-Eiweiß, die andere in ein ähnliches Gefäß mit Eiweiß allein. Beide Gefäße wurden hierauf in dem großen Kulturgefäße neben einander so aufgestellt, dass sie ganz vom Wasser bedeckt ‚waren. Nach 24 Stunden ergab die Durchmusterung, dass die erste Hälfte (mit Glykogen-Eiweiß) zahlreiche Eiweißtheilchen in ihrem Inneren führte, nebst bedeutend vergrößerten Glanzkörpern, maximal von zweimal so großem Durchmesser, als die Kerne. Die andere Hälfte besaß ebenfalls zahlreiche Eiweißpartikel in ihrem Leibe, da- neben jedoch völlig unveränderte Glanzkörper. 2) Ein Individuum mit vollen, sroßen Glanzkörpern wurde län- sere Zeit bei Nahrungsmangel gehalten, bis dessen Glanzkörper völlig erschöpft wurden, indem deren Breite im äußersten Falle diejenige der Kerne um ein Kleines überbot. Hierauf wurden aus ihm zwei Hälften hergestellt, die eine kam in ein »schmales« Gläschen mit Glykogen-Eiweiß, die andere in ein ähnliches Gefäß mit Eiweiß allein. Dieses Eiweiß entstammte demselben Materiale, aus welchem man das Glykogen-Eiweiß hergestellt hat. Beide Gefäße stellte ich neben einander unter den Wasserspiegel des bekannten »großen« Kulturgefäßes. Nach 24 Stunden fand die Durchmusterung statt, welche Folgendes ergab. Die erste Hälfte ist so zu sagen mit Ei- weißkörnehen überfüllt und führt bereits mit Inhalt erfüllte, auf maximal 5 Sechstel des Kerndurchmessers angeschwollene Glanz- körper. Mit Jod behandelt färben sich die letzteren in derselben Weise, wie die mit Glykogen getränkten, in den Plasmakörper ein- geführten Eiweißpartikel. Die andere Hälfte lässt ebenfalls zahlreich eingeführte Eiweißkörner in ihrem Inneren erkennen, doch in diesem Falle erweisen sich die Glanzkörper als unverändert. Aus dem Ergebnisse der beiden angeführten Versuche muss ge- schlossen werden, dass das in den Plasmakörper der Pelomyxa ein- geführte, an koagulirtes Eieralbumin vorher mechanisch gebundene Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 659 Glykogen daselbst assimilirt und als Inhalt im Inneren der Glanz- körper deponirt wird. C. Fette. Es wurde eine Reihe von Versuchen angestellt, welche den Zweck verfolgte nachzuweisen, wie sich Fette im Plasmakörper der Pelomyxa in Bezug auf die Glanzkörper verhalten würden. Die be- treffenden Versuche sind äußerst schwierig, da es nicht leicht gelingt Fetttröpfehen in genügender Menge dem Plasmakörper einzuverleiben. Nachdem ich verschiedene Fette probirt hatte, beschränkte ich mich bei der Ausführung der entscheidenden Versuche fernerhin nur auf das Fett der Milch und das der Fische. Aus dem Fischöl wurde eine Emulsion im flüssigen Hühnereiweiß dargestellt, dieses zum Erstarren gebracht und nach vollständigem Austrocknen zu Pulver zerrieben, welch’ letzteres den Pelomyxen zur Aufnahme geboten wurde. Die Versuche mit Milchfett habe ich folgendermaßen arran- girt. In die mit Wasser gefüllten Versuchsgläschen ließ ich, nachdem die zu untersuchenden Pelomyxen eingeführt waren, mit Hilfe einer Pipette einige Milchtröpfehen vorsichtig auf den Bodengrund fließen und fügte obendrein rasch ein wenig nahrungsarmen Humus hinzu. Damit wurde erreicht, dass die Milchtröpfehen von den Humustheilchen festgehalten wurden und mitsammt diesen leicht in den Plasmakörper eingeführt werden konnten. Von den von mir ausgeführten. Ver- suchen seien folgende angeführt. 1) Drei Individuen mit erschöpften, im Maximum 2 Sechstel - des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurden in einem »schmalen« Gläschen mit Milchfett 24 Stunden lang gefüttert. Hierauf untersucht, zeigen sie eine Menge von Humustheilchen und Fetttröpf- chen im Plasmaleibe eingeschlossen, doch keine Veränderungen an den Glanzkörpern. 2) Von sechs Individuen mit erschöpften, höchstens 2 Sechstel des Kerndurchmessers an Breite erreichenden Glanzkörpern wurden drei in einem »schmalen«, drei in einem »langen« Gläschen mit Milchfett sefüttert. Nach 24 Stunden finden sich unzählige Humuspartikel und Fetttröpfehen im Plasmaleibe, doch an den Glanzkörpern ist keine Veränderung zu beobachten. Drei von den betreffenden Thieren wurden hierauf isolirt, d.h. vom Humus frei gehalten. Nach einiger Zeit fand ich, dass die Anfangs aufgenommenen Humustheilchen wieder zur Ausgabe gelangten, während zahlreiche Fetttröpfehen zurückgehalten wurden. Nach 10tägiger Isolation fanden sich nur 43* 660 s Antenin Stole, noch spärliche Fetttröpfehen im Plasmakörper vor,. während die Glanzkörper nicht nur erschöpft, sondern zu Gruppen verklebt (agglu- tinirt) angetroffen wurden. Hierauf ließ ich dieselben Pelomyxen noch einmal Milchfett aufnehmen. Nach 24stündiger Fütterung sah ich. eine große Anzahl von Humustheilchen und Fetttröpfehen im Inneren der Plasmakörper, doch von einer Veränderung der Glanz- körper war keine Spur zu bemerken. Die drei Individuen wurden sodann 4 Tage lang ohne Humuszusatz im Isolirungsgefäße gehalten, wobei ein Versuchsthier zu Grunde ging. Die beiden anderen Thiere besaßen bei Beginn des 5. Tages keine Öltröpfehen mehr und ihre Glanzkörper erschienen völlig unverändert. Bei nochmaliger Fütte- rung mit Milchfett fiel ein zweites Exemplar dem Tode zum Opfer, während das andere am Ende der 24. Stunde spärliche Fetttropfen neben vollständig unveränderten Glanzkörpern enthielt. 3) Drei Individuen mit erschöpften, im Maximum 21/, Sechstel des Kerndurchmessers erreichenden Glanzkörpern wurden durch 24 Stunden mit Fischfett gefüttert. Hierauf untersucht, zeigen sie im Protoplasma eine Masse von Eiweißpartikeln mit den darin einge- schlossenen Fetttröpfehen nebst einzelnen freiliegenden Fettkügelchen. Von einer Veränderung lässt sich an den Glanzkörpern nichts wahr- nehmen. Nach Verlauf von weiteren mehr als 24 Stunden trat, was den letzten Punkt betrifft, keine Veränderung ein, wohl aber er- schienen viele der noch zahlreich vorhandenen Eiweißpartikel sammt dem Fetteinschluss in Vacuolen eingebettet, was auch bei einigen der frei liegenden Fetttröpfchen der Fall war. Schließlich wurde noch während weiterer 8 Tage Fischfett zur Aufnahme verabreicht. Das Resultat war dasselbe, wie früher. An den Glanzkörpern wurde nichts beobachtet, was auf eine Füllung mit Inhalt und dergleichen deuten könnte, obzwar in zwei Fällen reichliche Eiweißkörnchen mit ihren Fetteinschlüssen nebst mehreren isolirten Fettkügelehen zur Aufnahme gelangten. Die angeführten Versuche lehren, dass nach einer 24stündigen oder längeren Fütterung mit Milch- oder Fischfett kein Inhalt (Gly- kogen) in den erschöpften Glanzkörpern angehäuft wird. Über den Physiko-Chemismus bei der Verdauung und Bildung von Kohlenhydraten im Leibe der Pelomyxa. Ich habe sichergestellt, dass die im Plasmaleibe von Pelomyxen befindlichen Glanzkörper aus einem Inhalt, der Glykogen ist, und Beobacht. u. Versuche: über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 661 aus einer Hüllmembran, welche ein schwerer lösliches Kohlenhydrat vorstellt, zusammengesetzt sind. Ich habe auch konstatirt, dass das Glykogen in den Glanzkörpern sich anhäuft, wenn die betreffenden Thiere mit reichlicher, aus Kohlenhydraten bestehender oder kohlen- hydrathaltiger Nahrung (Stärke, deren verschiedenen Modifikationen, Glykogen, Cellulose und Coniferin) gefüttert werden. Schließlich kam ich zu dem Ergebnis, dass das Glykogen, dieser wichtige Nähr- "stoff, in dem die für den Betrieb und andere Lebensvorgänge ver- wendbare potenzielle Energie angehäuft ist, bei Abwesenheit von Nahrung allmählich aus den Glanzkörpern schwindet und dass Hand in Hand damit auch die vitalen Vorgänge, die in der Bewegung ihren Ausdruck finden, abnehmen. | Ich halte dafür, dass das Glykogen im Inneren der Pelomyxa durch direkte Metamorphose der aus Kohlenhydrat zusammengesetzten oder dieses (chemisch gebunden) enthaltenden Nahrung entsteht und nicht durch Abspaltung von den Eiweißmolekülen des Protoplasmas. Den ganzen Vorgang von dem Beginne der Verdauung bis zur Bildung der Glanzkörper stelle ich mir folgendermaßen vor. Um die aufgenommene Nahrung wird vom Protoplasma eine srenzhaut gebildet, wodurch die Basis eines osmotischen Systems gegeben ist. Die Grenzhaut liest der Nahrung dicht an, oder aber erstere wird bis zur Vacuolenbildung gedehnt, im Falle nämlich, dass die Nahrung rasch genug aufgelöst wird. Durch die Plasmahaut müssen Enzyme hindurchtreten, nachdem dieselben von den im Proto- plasma enthaltenen Zymogen abgespalten wurden. Denselben Weg muss auch das zuerst neutrale, dann sauere, flüssige Medium ein- schlagen, in dem die Enzyme thätig sind. Durch die Einwirkung des Enzyms wird entweder das in der Nahrung chemisch gebundene Kohlenhydrat abgespalten, oder es wird ein zusammengesetztes Kohlen- hydrat zertrümmert, indem es in weniger komplieirte bis zu den ein- fachen Zuckerarten herabsteigend überführt wird. Die so adaptirte Nahrung diosmirt in Form von Zucker durch die Vacuolenhaut in den Plasmakörper hinein, wo sie entweder gleich in verschiedenen Lebensfunktionen Verwendung findet, oder aber sie wird, wenn im Überfluss vorhanden, nebenbei in den Glanzkörpern deponirt. Hierbei spielt, wie ich vermuthe, die Hüllmembran der Glanzkörper eine wichtige Rolle, indem nämlich der durch dieselbe passirende Zucker unter Mitwirkung des Protoplasmas in Glykogen verwandelt wird. Dieses schlägt sich dann bei Gegenwart einer sowohl in den Glanz- körpern, als auch im Plasma vorhandenen löslichen Substanz sofort 662 "Antonin Stole, nieder, in welcher Form es dann im Inneren der Glanzkörper maga- zinirt wird. Bei eintretendem Nahrungsmangel entwickelt der Orga- nismus eine Thätigkeit, welche auf die Ausnutzung des in den Glanz- körpern deponirten Glykogens hinausläuft. Aus dem Zymogen wird an der Grenze der Hüllmembran ein Enzym abgeschieden, welches durch die letztere hindurchtritt und das im Inneren angehäufte Gly- kogen wieder in Zucker verwandelt. Dieser diosmirt in das um- gebende Protoplasma und findet in verschiedenen Lebensvorgängen Verwendung. Es entsteht die Frage, wie und wann im Protoplasma neue Glanzkörper gebildet werden. Ich halte dafür, dass bei reichlicher Nahrung immerwährend neue Glanzkörper entstehen. Es spricht hier- für die wiederholt von mir gemachte Beobachtung, dass bei ergiebiger Fütterung neben größeren mit Inhalt erfüllten Glanzkörpern (dies lässt sich besonders gut beobachten, wenn erschöpfte und bereits agglutinirte Glanzkörper ursprünglich vorhanden waren) auch solche von minimalen Dimensionen auftreten, deren Gegenwart vor der Fütterung sich nicht konstatiren ließ, so dass angenommen werden muss, dass dieselben während der Assimilation entstanden sind. R. GREEFF, der verdienstvolle Protozoenforscher, von dem Pelo- myxa entdeckt und ausführlich beschrieben wurde!, hält die Glanz- körper für Sporen des genannten Organismus und vermuthet, dass dieselben von besonderen in den Kernen befindlichen runden Kör- perchen ihren Ursprung genommen haben. Die letzteren, ursprüng- lich solid, sollen unter gleichzeitiger Volumvergrößerung des Kernes sich in doppelt kontourirte Körper verwandeln, welche schließlich die Kernmembran durchreißen, in das Protoplasma übertreten, um . daselbst zu Glanzkörpern sich umzubilden. Die Ansicht GREEFF's über die Bedeutung der Glanzkörper wird durch die in dieser Arbeit angeführten Beobachtungen und Versuche widerlegt, und was die Vermuthung desselben Autors über den Ursprung der Glanzkörper betrifft, so muss ich dieselbe auch für gegenstandlos erklären. Wie schon GREEFF gezeigt hatte, befinden sich im Kerne besondere kuge- lige, schwach glänzende, ungefärbte und undurchsichtige Körper von verschiedener Größe. Sie können undeutlich und in größerer Zahl vorhanden sein, oder aber sie sind deutlicher, von größerem Umfang und geringerer Zahl. Im extremen Falle kann bei stark ausgehun- ! RICHARD GREEFF, Pelomyxa palustris, ein amöbenartiger Organismus des süßen Wassers. Archiv für mikr. Anat. Bd. X. 1874. Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 663 Serten Individuen ihr Durchmesser bis 21/, Sechstel desjenigen der Kerne betragen. In Essigsäure sind diese. Körper unlöslich, wie schon GREEFF konstatirt hat, eben so in Salzsäure und Salpetersäure. Ich halte dafür, dass die doppeltkontourirten Körper, die von GREEFF angeblich im Inneren der Kerne gesehen wurden, mit Glanzkörpern identisch sind, und dass hier in so fern eine Täuschung vorliegt, als höchstwahrscheinlich die mit dem Kerne verklebten, rudimentären Glanzkörper, als im Inneren derselben liegend angesehen wurden. Dass die im Inneren der Kerne auftretenden Körper mit den erschöpften Glanzkörpern nichts gemein haben, ‘davon geben mikrochemische Reaktionen sichere Auskunft. Ich betrachte die genannten Kern- bestandtheile für Stoffwechselprodukte der Kerne und möchte die- selben für fettartige Körper ansehen. Doch bestehen bei mir hierüber noch einige Zweifel, und so möchte ich mir eine definitive Ansicht für eine spätere Arbeit vorbehalten. Was die Entstehung neuer Glanzkörper betrifft, so muss ich mich bis dahin nur auf Vermuthungen beschränken. Ich halte dafür, dass bei ihrer Bildung zuerst die Hüllmembranen entstehen, indem aus irgend welchem, im Protoplasma befindlichen .Kohlenhydratmateriale oder nach Abspaltung eines solchen von dem Plasma unter bestimmten Verhältnissen ein minder lösliches Kohlenhydrat entsteht, welches sofort an Ort und Stelle niedergeschlagen wird. Die einzelnen, be- stimmte Dimensionen erreichenden Kohlenhydratniederschläge bilden die Basis der Hüllmembran für die neuen Glanzkörper. Mit der das Glykogen aus seinen Lösungen fällenden Substanz durchtränkt, fan- sen die Kohlenhydratniederschläge sofort ihre Thätigkeit an. Das aus der Verarbeitung der Nahrung stammende und in das Protoplasma transportirte Kohlenhydrat wird bei seinem Eintritt in die ausge- schiedene Kohlenhydratsubstanz unter Beihilfe von Protoplasma in Glykogen verwandelt, welches, sofort ausgefällt, mehr in der Mitte sich koncentrirt, während die festeren, primären Kohlenhydrattheile die Peripherie einnehmen. Die so entstandenen Glanzkörper können bei Gegenwart von genügendem Kohlenhydratmateriale im Protoplasma weiter wachsen. Neue Glykogentheilchen werden im Inneren depo- nirt, während die Hüllmembran durch Auf- resp. Einlagerung neuer im Plasma entstehender Theilchen des zur Ausfüllung gelangenden schwer löslichen Kohlenhydrates wächst. Beim Erschöpfen der Glanz- körper, wobei auch die Hülle sich zusammenzieht, erfährt letztere gewisse Veränderungen (wie die Jodreaktion erkennen lässt), aber deren Masse wird anscheinend nicht verringert. Bei manchen Glanz- 664 Antonin Stale, körpern jedoch scheint die Volumabnahme nicht mit dem Erschöpfen des Inhaltes gleichen Schritt zu halten, da vielfach leere Hüllen von bedeutendem Umfang angetroffen werden. Der Bildungsmodus der Glanzkörper macht auch einige abwei- chende Formen derselben erklärlich. So dürften die biskuitförmigen Glanzkörper durch paarweise, jedoch unvollständige Vereinigung zweier neben einander entstandenen Niederschläge sich gebildet haben (sind also keineswegs durch unvollkommene Theilung eines einzigen Glanzkörpers entstanden, wie GREEFF angenommen hat), während die unregelmäßig gebuchteten Formen vielleicht einer größeren Anzahl von neben einander abgeschiedenen Niederschlägen ihre Entstehung verdanken. Über die das Glykogen im Niederschlagszustande erhal- tende Substanz der Glanzkörper kann ich nur wenig Positives be- richten. Bei Isolirung der Glanzkörper und Überführen letzterer in reines Wasser dürfte diese Substanz allmählich nach außen diosmiren, so dass hierdurch die Auflösung von Glykogen ermöglicht wird. In jenen Fällen, in denen durch besondere künstliche Lösungsmittel der Inhalt der Glanzkörper rasch sich verliert, dürfte der das Nieder- schlagen des Glykogens verursachende Körper seine diesbezüglichen Eigenschaften durch die Einwirkung der Reagentien eingebüßt haben. Ich habe auch einige Versuche angestellt, welche den Zweck verfolgten zu erfahren, ob die Diosmose der supponirten, Glykogen zum Abscheiden bringenden Substanz an isolirten, im Wasser liegen- den Glanzkörpern sistirt oder wenigstens beschränkt werden könnte. Ich prüfte verschiedene Lösungen in der angedeuteten Richtung und fand, dass die Glanzkörper, von denen ich mich überzeugte, dass sie ihren Inhalt rasch an Wasser abgeben, denselben in gesättigter Koch- salz-, Asparaginlösung, in starken Lösungen von Zucker, Glykogen und Eieralbumin nicht verlieren, dass folglich die Diosmose der das Glykogen im Niederschlagszustande haltenden Substanz und hier- durch die Lösung des Glykogens unterdrückt wird. Die Wahrnehmung, dass im Protoplasma der Pelomyxa zeitweilig einzelne Glanzkörper durchgerissene Hüllmembranen besitzen, lässt mich vermuthen, dass die Hüllmembran keineswegs dauernd in Aktion verharrt, sondern dass dieselbe nach längerer Thätigkeit dem Ver- derben anheimfällt, wodurch auch der Glanzkörper zu Grunde geht. Ich nehme desshalb an, dass die so eingegangenen Glanzkörper durch neue ersetzt werden, deren mögliche Entstehungsweise oben ihre Besprechung erfuhr. Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate etc. 665 Schluss. Es bestehen derzeit wenig Arbeiten, welche mit der Assimilation der Kohlenhydrate bei den Amöben sich beschäftigt hätten, und diese betreffen ausschließlich nur die Verdauung der rohen Stärke. GREEN- woop! und MEISSNER? sind hierbei zu einem negativen Resultate gelangt. Dem gegenüber haben HArToG und Dixon? aus Pelomyxen nebst einem peptischen auch ein diastatisches Enzym gewonnen, was mit meinen Beobachtungen und Versuchen im Einklang steht. Meıss- NER hat auch ein Experiment mit Pelomyxa angestellt, indem er derselben 24 Stunden lang rohe Reisstärke zur Aufnahme darbot, welche während dieser Zeit sich nicht verändert haben soll. Ich vermuthe, dass die Ursache der bisherigen negativen Ergebnisse le- dielich in den unzureichenden Versuchsmethoden zu suchen ist, und ferner darin, dass das verschiedenartige Verhalten der mannigfaltigen Stärkesorten den Enzymen gegenüber nicht gehörig beachtet wurde. Ich glaube, dass speciell bei den Amöben und bei den Sarkodinen im Allgemeinen die Fähigkeit der Verdauung von Kohlenhydraten und deren Bildung verbreitet ist, dass diese Processe jedoch nicht so deutlich wahrgenommen werden können, wie es bei Pelomyxa palustris der Fall ist. So fand ich z. B. bei Amoeba proteus, welche unter möglichst natürlichen Verhältnissen kultivirt wurde, dass dieselbe rohe Stärkekörner des Weizens, allerdings spärlich, auf- nimmt, um dieselben im Laufe der Zeit in einer für diastatische Enzyme charakteristischen Weise zu korrodiren. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen, was die Verdauung der Kohlenhydrate betrifft, stimmen größtentheils mit den an Plasmodien der Myxomyceten gemachten Erfahrungen und Versuchen überein. Erwähnt sei zuerst die gewiss auffallende Thatsache, dass nach REINKE und RODEWALD*! in den Plasmodien von Aethalium septi- cum Glykogen vorkommen soll. Ferner beobachtete WORTMANN? Korrosionen an Stärkekörnern, welche von Aethalium-Plasmodien auf- i On the digestive process on some Rhizopods. Journal of Physiology. VI. 1886. ? Beiträge zur Ernährungsphysiologie der Protozoen. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 1888. 3 On the digestive Ferments of a large Protozoon. Rep. 63. Meet. Brit. Ass. Ad. Se. Nach dem Referate im Zoologischen Jahresbericht. 189. * Studien über das Protoplasma. I. Untersuchungen aus dem botanischen Laboratorium zu Göttingen. 2. Heft. Berlin 1881. p. 33—34. 5 Vgl. DE Bary, Vergleichende Morphologie u. Biologie der Pilze. 1884. p. 487. 666 = Antenin Stole, » genommen wurden, und Lister! konnte die Verdauung der aufge- quollenen Stärke in den Plasmodien von Badhamia utrieularis konstatiren. Eingehender beschäftigte sich mit dieser Frage CELA- KOVSKY?, welcher Plasmodien von Chondrioderma difforme auf ihr Verdauungsvermögen der Stärke gegenüber untersuchte. Nach seinen Ausführungen wird aufgequollene Stärke bis auf Skelettüber- reste verdaut und rohe Körner der Weizenstärke fallen der Korrosion anheim, während rohe Kartoffelstärke sehr resistent erscheint. Er fand bei den genannten Veränderungen neutrale oder saure Reaktion und deutet auf die Möglichkeit der diastatischen Enzymwirkung hin. Was die Cellulose betrifft, so gelang es ihm nicht deren Verdauung im Plasmaleibe von Chondrioderma zu konstatiren (l. e. p. 244). Durch den Nachweis von bestimmten an der eingeführten Nah- rung wahrnehmbaren Veränderungen ist noch kein Beweis für deren Verwendung in Assimilationsprocessen u. dgl. erbracht. Es entziehen sich ja viele Veränderungen der Beobachtung, darunter auch solche, welche bestimmt mit einer Assimilation verknüpft sind, wie die Ver- suche mit excentrisch gebauten Stärkekörnern und mit Cellulosefasern lehren. Ein strikter Beweis, dass irgend ein Nährkörper assimilirt wird, liegt allerdings vor, wenn es gelingt einen causalen Zusammen- hang der eingeführten Nahrung, eventuell deren Veränderung, mit dem Auftreten von sichtbaren Assimilaten in demselben ein- oder mehrzelligen Organismus aufzudecken. Ich hoffe, dass mir dieses an Pelomyxa gelungen ist, und zwar einerseits durch den Nachweis der Beschaffenheit von Glanzkörpern, andererseits durch den Nachweis des Zusammenhanges bestimmter an ihnen beobachteten Veränderun- sen mit gewissen Veränderungen der eingeführten Nahrung. Ich bin der Ansicht, dass ich hiermit einen Weg für die exakte Erforschung einiger physiko-chemischer Lebensvorgänge bei den niedersten thieri- schen Organismen eröffnet habe, und hoffe, dass die relativ leichte Kultur-, Beobachtungs- und Versuchsmethode, die an dieser Stelle für Pelomyxa beschrieben wurde, es meinen Nachfolgern auf diesem Gebiete der biologischen Forschung ermöglichen wird, meine Beobach- tungen und Versuche jederzeit zu kontrolliren. Prag, im Mai 1900. ! Annals of Botany. London, Oxford 1888/89. Bd. II. p. 5. 2 Über die Aufnahme lebender und todter verdaulicher Körper in die Plas- modien der Myxomyceten. Flora oder allgem. Bot. Zeitung. Ergänzungs-Band. 1892. p. 242 —244. Beobacht. u. Versuche über d. Verdauung u. Bildung d. Kohlenhydrate ete. 667 Erklärung der Abbildungen. Tafel XLI. Fig. 1. Ein Stärkekorn der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern einer Pelomyxa beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 2. Ein Stärkekorn der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach OAstiindigem Füttern und weiteren 24 Stunden beobachtet. Gezeichnet bei 390facher Vergrößerung. Fig. 3. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und weiteren 2 Tagen beobachtet. Beniehugs bei 350facher V enSrößerung. Fig. 4. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in ae begriffen. Nach 24stündigem Füttern und weiteren 4 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 5. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 5 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 300facher Vergrößerung. Fig. 6. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 6 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 7. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 7 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 8. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 8 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 9. Stärkekörner der rohen Weizenstärke. Nach 24ständigem Füttern und nach weiteren 11 Tagen beobachtet. a—% in Verdauung begriffene, /, m un- versehrte Körner. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 10. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 12 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 11A. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 5 Tagen beobachtet. / und IZ in Nahrungsvaeuolen eingeschlossene Körner. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 113. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Nach 24stündigem Füttern und nach weiteren 13 Tagen beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 12. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. (theilweise in Vacuolen). Nach Istündigem Füttern und nach weiteren 43 Stun- den beobachtet. Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 13 A. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen (in Nahrungsvacuolen). Fütterungsdauer eine halbe Stunde. Beobachtet nach 24 Stunden (von dem Beginn der Fütterung an gerechnet). Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 132 und 13C. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen (größtentheils in Nahrungsvacuolen). Fütterungsdauer eine halbe Stunde. Beobachtet nach 2 (C') und ferner (B) nach 4 Tagen (von dem Beginn der Fütte- rung an gerechnet). Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 14. Stärkekörner der rohen "Weizenstärke in. Verdauung begriffen = 668 Antonin Stole, Beobachtungen u. Versuche über d. Verdauung ete. > (zum Theil in Vacuolen). Fütterungsdauer eine halbe Stunde. Beobachtet nach 24 Stunden (von dem Beginn der Fütterung an gerechnet). Gezeichnet bei Sölfacher Vergrößerung. Tafel XLII. Fig. 154 und 153. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen (zum Theil in Nahrungsvacuolen). Fütterungsdauer 4 Stunden. Beob- achtet nach 41/a Stunden und dann noch einmal nach 29 Stunden (von dem Be- ginn der Fütterung an gerechnet). Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 16. Stärkekörner der rohen Weizenstärke in Verdauung begriffen. Fütterungsdauer 4 Stunden. Beobachtet nach 6 Tagen (von dem Beginn der Fütterung an gerechnet). Gezeichnet bei 350facher Vergrößerung. Fig. 17. Glanzkörper: A vor, B nach 1stündigem Verbleib im destillirten Wasser. Vergrößerung ea. 180fach. | Fig. 18. Glanzkörper nach Einwirkung des Speichels. A nach 24stündiger Einwirkung, D nach 4tägigem Einfluss (oben die mit Speichel nach Zuthat von Glycerin und destillirttem Wasser behandelten Glanzkörper, unten die mit reinem Sekret behandelten Körper). Vergrößerung ca. 180fach. Fig. 18x. a ein Glanzkörper (doppelt) vor, 5 derselbe nach 4stündiger Einwirkung eines glycerinhaltigen Auszuges des Pankreas der Rinder - (mit Chloroform). Nach weiterer Einwirkung desselben, jedoch erneuerten Auszuges wird die Form 5 nicht weiter verändert. Vergrößerung ca. 180fach. Fig. 19. Glanzkörper. A vor dem Versuche (meist agglutinirt, 2 nach 24stündiger Fütterung mit roher Weizenstärke. K Kern mit agglutinirten (er- schöpften) Glanzkörpern. Vergrößerung mehr als 300fach. Fig. 20. Ein Pelomyxa-Individuum wurde 6 Tage lang ohne Nahrung ge- halten (Glanzkörper Anfangs voll, die größten eben so breit wie die Kerne). Hierauf wurde 24 Stunden lang mit roher Stärke gefüttert. « bis g Glanzkörper vor der Fütterung; A bis E dieselben nach der Fütterung; K Kern (mit Bak- terien). Vergrößerung ca. 600fach. Fig. 21. Ein Pelomyxa-Individuum wurde durch 48 Stunden mit roher- Weizenstärke gefüttert. A, Glanzkörper vor der Fütterung (im agglutinirten Zustande); 2, dieselben (theilweise agglutinirt) nach der Fütterung; Jı bis J3 Kerne (zum T'heil agglutinirt) vor .der Fütterung; X, bis Xs, dieselben nach der Fütterung. Vergrößerung ca. 300fach. Fig. 22. Ein Pelomyxa-Individuum. wurde durch 15 Tage bei Nahrungs- mangel gehalten und hierauf 24 Stunden lang mit roher Weizenstärke gefüttert. B, Glanzkörper vor, A dieselben nach dem Aushungern, Da dieselben nach der Stärkefütterung. A, und Ka Kerne nach dem Aushungern (agglutinirt). Ver- größerung ea. 250fach. Fig. 23. Hälfte eines Pelomyxa-Individuums wurde durch 24 Stunden mit Coniferinkryställchen gefüttert und nach weiteren 24Stunden beobachtet. A, Glanz- körper vor der Fütterung; D, solche nach der Fütterung; X, und Ks, Kerne. Vergrößerung mehr als 300fach. Fig. 24. Hälfte eines Pelomyxa-Individuums wurde durch 24 Stunden mit Coniferin gefüttert und hierauf sogleich untersucht. 4 Glanzkörper vor, DB nach der Fütterung; X, und Ka Kerne. Vergrößerung ca. 400fach. Fig. 25. Hälfte eines Pelomyxa-Individuums wurde durch 24 Stunden mit Glykogen (an koagulirtes Eiweiß gebunden) gefüttert und sogleich beobachtet. A Glanzkörper vor, DB nach der Fütterung; X, und Ka Kerne. Vergrößerung ca. 400fach. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift f.wiss.Zoologie Bd. 1XVI. > #19. 2. x E - A N j / E27 \ 9, Kig-l. 7 Ey MR Pe N N F% + > \ \ RS © 7: ---um R | I | > H IE NE arm H: SEHEN. ER - -7--- -- Alm we be = Frg.3. vd, \ 1.9 DE > p S N N | —# | at 7 | a ul, | st Rz ER \ I \ 12) ce); \ { | Sr x Ibe Ri & Sr a " dbc | N p, ee RS INN 22 TER ut TS 02, Verlag v.Wilhelm oe, RS “ r} 5 PR DIS, 2 Km un BR tn SL Fig.8. Rast hast, kdst 127 Zeitschrift [wiss Zoologie Bd. au I. Fig.2. an: d Fig.l. ee 777777 } ‚ bm = - N N ot ER 4 S - - alm be, 7, nr RB: r Fa pg at : IE, schla, u be 2ER tl Verlag v.Wilhelm Engelmann 1: 1% zig Ze Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. IX VII. Taf I. | Id) I, | | [ E3 = — pht---- | Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. IX Tl. Dirter mm Sec FSB Verlag X Wilhelm Engelmann inLeipzig Kt) BdAAXVII. gie /0o0olog Ss. . WIS Zeitschrüftl JS. ° oo ode 900 ERW d = “ etmer = ,2ulIp il. {" : Lith.Anst xE.A Funke, Zeitschrift [wiss.Zoologie Ba. I NV. ne » “- De: Ben 4 Hi h E Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd. INTZE vd. ulm, ulm ls hr sch ov mil u ul od, nd, 8. 7 “s Verlag v Wilhelm Engelmann inleipzig. 2 Er 1 Lith Anstv EA Mımke Leipeig, Hu nd Er 4 RR ‘ it. Zeilschrifi fwriss.Zoologie Bd. LAVIL. f T Fig. A \ \ Fig. & 3 | ! ] | h n mire miri l R er i H h mir ı mire Ge ı wol la mlı Fig.7. vd bg, sch. ds RR N 2 rund ui mii mitre nle e su „Wilhelm Engelmann ©! fi H r Ba a _ VIE = Zeitschrift f.wiss. Zoologie BdA.LA wer ® Ren! “ “o RE. 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LXVM: Zeitschrifl 1. wiss. Zoologte Taf XXXVN. © R,.o HD, 5 St, Toosesade EEE N TEEN, „009, 888.2 © & = PT; Fr = es, Su ee ERS x SP,2 Zoo 2laweaase ro. ee. © ER ° se } FAN & . © ee! / zZ Se aa, ee >> Rs, an. x @e' &2 © Sgo% = Dane Re oa a O2 St SER LEE. SERIE ao nB° SS a 208 9%, NEON 2, 8 ) BEIE NN ase { 9 ©, 0 RE ae a SS 2.0.0 eı® So 8 ERRUBEESZE II = |. 2 /00g8 o FEER NL} KRNc Ar} re S SI 0% \ 093 vo ar a8 TAN SO SS SS " 070 ® EIS a rein, IST © 0, 8, © © © ESS cp 5 IL 7 sa Yo Sa, a8 af 2 DR FAR TR BEL IITE er SS E} re et & il SC wc) Be er SE ET ER ER eo a, RS SS Ss zo I DR eo, eat q RR, N, Baron, LS RE Re A Re 2 . < = ; 2 BET or ae Na ae ER San Sesre gares) © y N as® Sa Res eo a KIE N) sen art ee zZ ES ER ZN ae} _ "Sweet e® 208 SL NEI IE Sara I N a EN SE ren DE = a S KR Fr HART ZEN ENTE LE Ep ® DIS ,oL Se & = seo E3 >. ee % e oe &s ver Aa Se u, = 60. 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Yerlng von Wilhelm Bman] ) Si Ei Ce An . —— En \ ) ro “ u | Fi . wi : nn. pt Kap. Tüh-Anst.v. Werner &Winter, Frankfnt® N. er Taf’ XL. Jeitschrift #55. NE SH \) Lau z 3 Verlag von Wuhelm Engelmann, Zeipzig, ‚gie Bd.EXVL wiss. Zoolo Verlag vWilhelm En j ne nke,Leipz hs! ı A! Lith.Anstr ®. gelmann In Leipzig. id | Verla q vWilhelm Engelmam inlem 2iQ. : Lith Anstv EA. Funke ‚Leipzig. _ WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Zeitschrift für begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Achtundsechzigster Band Viertes Heft Mit 10 Tafeln und 18 Figuren im Text. s hE # 2 a ati llonal Mus LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1900. Inhalt. = 3 Seite Beiträge zur Histologie und Embryologie des Vorderdarmes der Vögel. J. Vergleichende Morphologie des feineren Baues. Von K.E. Schreiner. (Mit. Taf. XXXIH—XXXVIU u 11 Pig, ım Dex 481 Untersuchungen über den Bau der Ocellen der Insekten. VonW.Redikorzew. (Mit Taf. XXXIX—XL u. 7 Fig. im Vext) er ee 581 Beobachtungen und Versuche über die Verdauung und Bildung der Kohlen- hydrate bei einem amöbenartigen Organismus, Pelomyxa palustris Greef. Von Antonin Stolc. (Mit Taf. XLI-XLIL) ...... 625 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- sedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Er- stattung der Herstellungskosten geliefert unter der Vorraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Der Nestling von Rhinochetus jubatus. Ein Beitrag zur Morphologie der Nestvögel und zur Systematik der Rhinochetiden von | Rud. Burckhardt in Basel. Mit 6 Textfiguren und einer Tafel. (Nr. XI.) Noya Acta der Kaiserl. Leop.-Carol. Deutschen Akad. d. Naturforscher. LXXVIL. 3). Gr. 8. In Comm. 2 5.—. 540,542 Zeitschrift | | für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Achtundsechzigster Band Erstes Heft Mit 10 Tafeln und 3 Figuren im Text. | LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 100. . Inhalt. Seite Neue und wenig bekannte rhabdocöle Turbellarien. Von Adolf Dörler.' (Mit.Taf. I—-IIl und 3 Figuren im Text.) . 22 To ee 1 Untersuchungen über die Bothriocephaliden mit marginalen Genitalöffnungen. Von: M. Lühe.' (Mit. Ta. IV— VL}. 212.2 We Be 43 Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. Von Paul Deegener. (Mit Taf, VILI_X.) 2 EI Por 113 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzuge gratis. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere mit Berücksichtigung der Wirbellosen von Carl Gegenbaur. Erster Band: Einleitung, Skeletsystem, Muskelsystem, Nervensystem und Sinnesorgane. Mit 617 zum Theil farbigen Figuren im Text. _ Gr. 8. 1898. Geheftet „2 27.—; gebunden (in Halbfranz) 4 30.—. = Der zweite Band erscheint voraussichtlich im Laufe des Jahres 1901 und wird ein Register über beide Bände enthalten. Ma da at Bd A ale Du m an nu nd Aa ZU lat u re De a di Zieitsehrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Achtundsechzigster Band Zweites Heft Mit 12 Tafeln. LEIPZIG Br Verlag von Wilhelm Engelmann 5 1900. Inhalt Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina Lillj. Von ‚Max Samter, ‘(Mit Taf, XI—XVL). 2, Dr 16° Sipuneulus nudus. Von S. Metalnikoff. (Mit Taf. XVII-XXIL) . . . 262 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicherer Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in deı Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blätterr beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Er- stattung der Herstellungskosten geliefert unter der Vorraussetzung. dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Lei pzig. Soeben erschien: Grundlinien der Anorganischen Chemie Wilhelm Ostwald. Mit 122 Figuren im Text. XX u. 795 $S. gr. 8. Gebunden in Leinen X 16.—, in Halbfranz .4 18.—. PROBLEME. Kritische Studien über den Monismus von Dr. Heinrich von Schoeler. er, 8,1900, 09 Zeitsehrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Achtundsechzigster Band Drittes Heft Mit 10 Tafeln und 6 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1900. Inhalt. Seite Neue Untersuchungen über die Nerven der Muskeln mit besonderer Berück- sichtigung umstrittener Fragen. Von Chr. Sihler. (Mit Taf. XXIII und XIV). 1.7002... ne nee en ne 323 Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. VI. Die Augen einiger Mollusken. Von Richard Hesse (Mit Tat- XXV_ XXXll und 1 Fig. im Text)... 379 Nachtrag zu den »Experimentellen Untersuchungen an meroblastischen Eierne. .:Von ‚Wl. Schinkewitsch... . . . we 478 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zuoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Er- stattung der Herstellungskosten geliefert unter der Vorraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Berlag von Guflav Fifher in Jena. Soeben erjchienen: Lehrbud) der vergleichenden mikvofkopif—hen Anatomie der Wirheltierr, Bon Dr. Albert Bppel, Brof. an der Univerfität Freiburg 1.8. IIL Band: Mundhöhle, Baudhfpeiheldrüfe und Leber. Mit 679 Abbildungen und 10 Tithograph. Tafeln. Preis: 36 Marf. Unementafel zur Entwickkungsgefchichte des Huhnes (Gallus domestizus) Bon Prof. Dr. 8. Geibel, Freiburg i. Br., und cand. med. finrl Abraham aus Bremen. Mit 3 Yithograph. Tafeln. Preis: 20 Marf. | — ———— — fs} INN | 316 6137